Jahrbuch für
Philosophie
und
speiculative
Theologie
J
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Jahrbuch .
FÜR k^^2C(
PHILOSOPHIE
UND
SPEKULATIVE THEOLOGIE
Hekausqeqbbbn
UKTSR
MITWIRKUNG VON FACHGELEHRTEN
Db. fiBNSI Ü0MH£B,
O. 0. PBOrBMOB AX DBB UNIVRB81TÄT IN BBB8LAV.
VI. JAHRGANG.
6
PADERBORN.
DkacK oiTD Veblaq ton Ferdinand SchOninob.
1892. f
Zwdpiiederlassungea : MtUwter i. W.. Osnabrttck und Miim.
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Inhalt des seelisten Bandea
Abhandlnnren.
tt, de Au^eüs - Stella; Syllabus Pü Pontiftois Noni in
unf%'ersa re pJulosophica iuxta moiitem 8. Thomae
AqumatiB recentiumque ])hiloHophoriiin . . 77. 246. 4Ö2
E. Ccimmer: De Christo Bncharistico 266
TJl. Esser, U. Pr. : Die Lehr« des hl. Thomas bezüglich
der Mögliolikeit einer ewigen Weltschöpf img. (Fort-
aetzunff. Vgl. V. 12^. 808) . . . 17G. 3%
Ii, Feldner. o. Pr. '. Das Verhftltnis der Wesenheit zu dem
Dasiein in den geschaifenen Dingen nach der Liehre
dm hL TbomM Ton Aqiün. (Forta«tnag. Ygl. II, 638.
III, l. IV, 61. V, 72. 195) 28. 208. 827. 886
|}. Feldner, O. Pr.: Die Orandprinoipien der Natavphilo*
■ophie 299
6. F«ldll8r, O. Pr.: Bioiitlcstelliiiiff«a der Anaiehten dee
neueeten XommeiiMtors de« bL Thomas toh AQvin 448
IL f^losSBOr: Zar BeUglonephüoBepliie 1. 160
M. 0l88818f : Sur Theorie deeBewnllrteetaie im allgemeineii
und derWillewIMheit im beeonderea 221
IL (}l088Ver: IMe FhUoeophie dee bL Tbomae ron Aquin.
Gegen Vroheobajiuner 867
M. 01i88Ber: OewiOiheit oder Bypofheee in der l^rage der
Bebwingung— blen der priematieoben Iteben . . . 810
IL €il088ier: A^^logetisehe Tendenaen nnd Biebtungen.
(FortselSMg. Vgl. IV, 889. V, 16. 166. 267) 418
6. tirapp: BeürigeBnrQeeeblohtedOTnenerenPbfloeopbie.
(Fortsetzang. Vgl. IV, 470. V, 86. 210) 272. 481
B. KadeHlVftk: Kennen unsere Begriill» auf Wahrheit An-
spraeb naehemt 64
P. Mahn: Die Xjstlk des Angelus Silesiua 472
A. Fartmnn : DieQjratemattk In deni^uaestiones diqmtatae
dee hl. Thomas von Aquin 48. 127
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iV Inhalt des sechsten Bandes.
Litterarische Besprechungen.
Seite
Cl. Bäiiniker: Baumann, Geschichte der Philosophie nach Ideen-
«rrhalt und Beweisen S87
M. Glossner : H. Sc b mi d k u uz. Analytische nud syntlietische
Phantabjp; Von Jer Abstraktion 99
F. Zitscher, Der Sobstan/liegriff 100
W. Kooch, Der Begrift der Wahrnehninng 101
E. Dornet de Vorpes, ('au^>t' efHcit^ntp et cause finale . . 102
Schell: Katholische Dogmatik. 2. Bd 369
R. Glund, Ord. Praed.: C. M. Schneider. Die katholische Wahr-
heit 9. und 10. Bd 378
A. K5niflr: Gloatz, Sic et nou. Die Probleme der christlichen
Glaubens- und Sittenlehre 377
C« M. Schneider: Kleffler. La rosiSii ietice natnrellr et In coii-
science religieuse 103
Ballauf, Die Grundlehren der Psycbologrie 105
Marquardt, De fundamentis principii illius retiexi ,Lex
dubia üQü obligaf 117
Marbach, Die Psychologie des F. Lactantins 118
Baut/, (iruiidy.üge der katli. Dngtnutik 120
Waffelaert, Confcssarius rite instrnctus ad impugnandam
blasphemiam 121
König: Der katli. Priester vor 1500 Jahren .... 12!
Berichte. J. l ebinger: Cl. Baeumker, Beiträge ztir Geschichte
der Philosophie des Mittelalters. Von Hamroerstein.
Gotte^-Beweise .'lOfi
Sit^uiigsberieht der St. Thomas-Akademie in Luzern von Kanonikus
Prof. Dr. N. Kaufmann 123
Zcitmhriftenschau 12n. 252 :^80. 508
»ue Bttcher und deren Besprechungen . . . 12>). 253. 381. 509
Dmckfehlerberiehtiirupr«
8. 268 Zeile 8 von oben lies: panis vinique.
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ZUR RELIGIONSPHILOSOPUIE. ^
Von Db. M. GLüSSNHR.
1, Das propheiieche Wort Simeons, Christus sei iTf>'*tzt
zum Falle und zur Erhebuüg vieler (Luc. 2, bewahrheitet
aicb zu allen Zeiten nicht allein im Leben, sondern auch in der
WiMexMcbmft. Die Philosophie kann an Chriatas, dem Eckstein
der Weltgeschichte» nicht gleichgiltig voribergeheo, de mofe sich
für oder gegen ihn entaoheiden. Daher das lebhafte Intereaae
an religionephilosopbiachen und apologetischen Untersuchungen,
das r^ich auch in unsern Tagen, in welchen der Kampf für und
wider Christus lebhafter al-* je entbrannt i^t , durch zahlreiche
litterariöche Erscheinungen von verschieden«:!! philosophischen
Standpunkten kundgibt. Wir greittsn aus der Fülle derselben
zwei Werke heraus, denen eine breite wissenschaftliche Grund-
lage nnd der moderne philoaophieche Standpunkt gemeinsam ist,
die sich aber wesentlich durch ihre Stellungnahme zum Gbristen-
tome nntencheiden, indem sie sich das eine kritisch und negativ,
das andere apologetisch und positiv zu Religion und Christentum
verhalten. Erschwert könnte unsere Aufgabe durch den Umstand
erscheinen, daf«i die eine der angedeuteteu S» iiriften nur erst
zum Teile vorliegt, während die andere sich als ein nach dem
Tode des Verfassers herausgegebenes Werk in einer Form dar-
stallt, die der lettten ToUendenden Hand entbehrt Da indes
die Mängel der Form in der religionsphilosophischen Schrift
Valkes den Inhalt, soweit es sich um klare und vollständige
Darlegung der Anschauungen des Verfassers handelt, nicht be-
einträchtigen, in der uns vorliegenden Darstellung der Anthro-
pologie Wfbfrs aber die (rrundlinien «piner ( Iesamtaut'taf^«^ng■
bestimml genug zu Tage treten, so k Kiiu n jene Umstände eio
wesentliches Hindernis für unser Urteil liarüber, inwieweit die
Negation des einen der genannten Schriftsteller begrüodet, die
' Metaphysik. Eine vissenschaftliche Begründung der Ootologie
de«" ^Christentums von Theodor Weber. Erster Band. £inleitaDg
uuü Aiiibropoloi^ie. Gotha 1888.
Wilhelm VatkoR FI el igionaphiloBophie oder sllffemeine
philosophisoho Theologie. .Vach Vorlesungen berftuagegeben von In'. Her-
manu G. S. Preifs. Ilonn 18B8.
Jahrbnoh (Ur Philosophie cte. VI. 1
uiyiii^Cü Ly Google
2
Zm Religioaapbilosopbie*
Verteidiguog des uoderu geluogeo mi, aicbt bilden. Deuo uuser
Interesne koDzentriert sich Tor allem darauf, in welchem Ver-
hältnis die moderoe vom Snbjakt ausgehende pMlosophisohe
Grondanftchaaung ihrer inneren Natur nnd Tendenz nach sn
Religion und ChriHtentam stehe.
Um noch ein andere» Bedenken zu beseitigen, so kündigt
^ich zwar Webers Unternehmen als Metaphysik, nicht als Religions*
})hilosophie an und will wiederholten Versicheruo^^cn znt'olge nieht
als letzteres gelten. Indes streift die^e Metaphysik nicht allein
überall religion^philosophische Probleme, sondern berührt selbst
die epecifieeh ohrntlteben Lebren und Yerfolgt überdies mne
ansgeeproohen apologetiecbe Abeichtp ao dafe wir uns ftlr roll-
kommen berechtigt halten, dieselbe als einen Beitrag zur Religiooe-
Philosophie su betrachten und von diesem Cfesichlspunkt an
beurteile D.
Weber legt grofsen Wen auf die erkeimtnistheoretische
Begründung. Es gilt, das Bewulstsein des Menschen in seinem
Werden zu belauschen und in allen seinen Kiementen mtx-
lysieren, oder es gilt die Herstellung einer in allen wesentlichen
Beaiebnngen ausgebildeten Erkenntnistheorie (S. 420). Dasselbe
Oewieht legt Vatke den erkenntnistheoretiscben Untersuchungen
bei, wie schon der denselben gewidmete Umfang beweist (Heligions-
phil. S. Ii) — 70). Der wesentliche Unterschied des geistigen, im
Selbstbowurstsein, das auf den substanziellen Grund der Er-
scheinung" zurückgeht, sich äufsernden DenkenB von der sinn-
lichen, in der individuellen Erscheinung befang-en bleibenden Vor-
stellung bildet die Cirundlage des Dualismus von Geist und JS'atur,
auf welchen .Weber sich stUtat, um den Kampf gegen den materisr
listischen und pantheistischen Monismus mit der begründeten
Hoffhuug^ auf Sieg an&unehmen. Das Bewufstsein ist ihm aber
nicht allein Ausgangspunkt, sondern auch Quelle und Kenn alles
Erkennena. Damit ist der St-imipunkt der raoflornon, mit Ab
schüttehing jeder äufsern Norm und Autoritär im Subjekte ihre
Stellung nehmenden Philosophie gekennzeichnet. Im Anschlufs
an Günther erklärt W^eber die philosophische Forschung als
völlig frei und unabhängig. £r rühmt von jenem seinem Ge-
währsmann, derselbe sei durch und durch antieeholastisch. Die
Methode der Scholastik sei ausgesprochen in dem Satse: philo-
Sophia ancilla theologiae. Günther aber sei so gut als irgend
ein Denker der neueren Zeit durchaus auf dem Boden der freien
vorausaetzungslosen For^rhTing-, seine Forschung wurzle einzig
und allein in der Erfahrung, der inneren nnd äufseren (Metaphys.
S. 33).
^ed by CjOOQie
Zor Religiofiiiphtioiopliie.
3
Denselben Stand])iiiikt uiiabhäng'ig'er Forschung" nimmt s^elbst-
verständlich Vatke m Anspruch. Anspielend an denselben »Satz
▼on der Magdrolle der Fhilosopliie SoTsert er eich dahin, die
philosoiihiaohe Betraohtang und damit dio Fhfloeopbie selbst sei
weder Herrin noch Magd, weder domioa noeh aacilla der Religion,
sondeni beide Seiten seien jede auf ihrem besondem Standpunkt
vollkomraen prleichberechtigt (Religionsphil. S. 122). Bezüglich
der l^uelle nllr^r Erkenntnis in der trtahrung aber spricht «ich
Vatke in unzweideutiger Weise dahin aus: „Wir bezeiclineii
alles, was über die Grenzen einer wirklichen Erkenntnis hinaus-
liegt, als transcendent, während wir alles in der Ereobeinung
sieb Darstellende als immanent oder als oausa immanens be-
aeichneo. Daher ist für unser Wusen die Seite des Unbedingten,
die als Poteni gefafst wird, da» Transcendente, d. h. immer nur
als YorausBetzung nnd durch einen Kückschlnrs vom Immanenten
zu begreifen, dagegen seine im Prozefs des Zeitlichon nlch offen-
barende Heite Gegenstand wirklicher vom Einzelnen zum All-
gemeinen fortschreitender Erkenntnis." (A. a. O. S. 115.)
Vatke betrachtet somit die Immanenz des „Unbedingten**
als eine netwendige Folge des Standpunkts der Brfthrnng. Hier-
aus erklart sieb sein Urteil über den SchöpfungsbegrüF. ,,Da»
Unbedingte, welches wir zuletzt in der ewig sich vermittelnden
Weise der unveränderlichen Einheit und göttlichen Offenbarung
get'nnden haben, "tf^llt dar, was auf religiösem Gebiete dnrrh
zwei Seiten ausgedrückt wird, niimlich durch Gott und Weit,
Gott als Princi}) oder Einheit aller Principien des Seienden,
Welt als harmonisch gesetzte Einheit desselben. Die Zusammen-
fassung beider Seiten Mt notwendig, weil das göttliche Princip
nur da ist mittelst der Offenbarung in der Welt; denn ohne eine
weltliche Vermittelnng wüfBten wir von Gott niohte; aber auch
an und fUr sich gehören beide Seiten ausammen, kraü der
Einheit des Idealen und Realen, der höheren Einheit und der
Differenz dr« begrenzten Endlichen. Trennt man beide Seiten,
was im Begnile ja möglich ist. erscheint Gott als die Totalität
der idealen Vermittlung, da diese allein die Einheit darstellt
die W^elt dagegen als die reale Seite, die als Vielheit, als ge-
sfialtenes Dasehi auftritt und daher eines Einheitobandes bedarf.
Aber in der Wirklichkeit ist diese Trennung nicht gegeben, und
auch die Anschauung von der Schöpfung und einem
Tor der Schöpfung einsamen Gott gehört nicht der Er-
fahrung an.* Beide Seiten sind in der Wirklichkeit mit ein*
ander verbanden." (A. a. U. S. 121 f.)
> Von uns untsrslriehsn.
4
Der von .tulHerer Autorität, auch der der guttiichea Offen-
barung unabhängige Staadpofikt deir Erfahrung alao verlangt, da
in dieser Ideales nnd Beales, Geistiges und Materielles unge-
trennt verbunden sind, die Einheit (TOttes und der Welt Die
Vermittlnng der Gotteserken ot nis durch die Welt ist demnach
mehr als dies, nämlich zug-leinh real»; Selbstvermittliing- (rotte«
durch die Welt; der Schöpt'ung''begrilf enthalt eine unwahre
Abstraktion und Trennung desjenigen, was in Wahrheit vereinigt
und eins ist.
Diesem pantheistischen Resultate «teht das von Weber von
demselben Standponkt antoritatsloser anf sabjektiTeErlUiraag sieh
sttttsender Forscbnng ans abgeleitete dnalistisoke Ergebais an-
scheinend schroflf gegeuüber. Mit fiecht wird von ihm gerade der
bohöpfangsbegriff als Angelpunkt der religiösen Weltanschaunng
zur Geltung gebracht. Derselbe Begriff aber sei auch wis?»en«*chafl-
lich gerechtfertigt; denn die durch das SelbstbewulstBein bezeugte
Existenz endlicher Substanzen sei mit der monistischen Annahme
einer einzigen Substanz, die in den endlichen Gei^iteru und in
der ^^atnr aar Ersoheionng konme, nnvereinbar. Welches dieser
entgegengesetaten Resultate nnn kann den Anspruch erhebenp
das legitime Kind der modernen, unabhängigen nnd ausschliefs*
lieh anf Erfahrung begründeten Wissenschatt an sein, der Fan-
theismus Vatkes oder der Dualismuf« Günthers nnd Webers?
Eine nähere Betrachtung' des Endresultat», zu welchem die
Weberscho Metaphysik gelang-L, nämlich ihres GottesbegrifF«,
mag uns hierüber Aui'scblurä geben. Nämlich getreu dem Au8>
gangspunkte von der Erfahrung nnd dem Bewnfstsein nimmt
Weber wie Vatke (Religionspfa. S. 114) in Gott eine Ent-
wioklnng an, die er allerdings teUs als eine ewige, teils als eine
rein immanente, durch den endlichen Geist und die Xatur un-
vermittelte, zu begreifen sucht „Wenn daher, wie wir im zweiten
Teile dieses Werkes darthun werden, der Denkg-eist auch aut
Gott den Gedanken der Unbestimmtheit oder Inditiercnz zwar
übertragen mufs, so ist nichtsdoatoweniger diese in jenem that-
sächlich doch niemals vorhanden gewesen, weil sie von Gott
selbst ohne jede fremde Mithülfe durch absolute Aktivität in die
absolute Bestimmtheit von Ewigkeit her nbergesetst worden/*
(Metaphys. S. 378.)
Die Annahme einer Entwicklung in Gott, die von Günther
einer Konstruktion" de-^ rhristlicheo Trinitätsgeheimnissen
verwendet wird, ist die Klippe, an welcher die wissenschaftlich«'
Begründung der üiitoiopie de«» positiven Cliristentnras" voui
modernen Staudpuukie, dem jene Annahme einer gottlichen Enl-
^ed by CjOOQie
Zur Religiou8j^ilo«ophie. 5
Wicklung allerdings nur zu 8ehr angemeäsen ist, soheitero. Für
Weber dürfle sich diese Klippe um so gefährlicher erweisen, als
seine Autlas»ung der Natur dem Panthri^mus eine Handhabe
bietet, um den von ihm vertretenen Dualibmuö aus den Anekeln
za lieben. Weber nämiich betrachtet die von ihm au^euummeucn
Etoaeikte deB oatüriicheo Seins, di« Atonie, tofls Svlittansen,
teils aber aaofa ala Enoheinungen einer einzigen Subetans. 6e*
setzt DUO, der Pantbeitt würde, aignmeDtieren : so veziig ein
Widersprocb darin liege, dafe das Atom zugleich Substanz und
Erßcheintingr sei. so wenig widerspreche die im SelbstbewufBtsein
sich bekundende buhstanziaiitüt de« oinzelnen Geistes der mo-
Distibchen Annahme emer einzigen Substanz, der göttlichen, zu
der sich die endlichen Geister als Erscheinungen verhalten: so
würde sich hiergegen von Webers Standpunkt um so weniger
etwaa Stichhaltiges Torbringen laasen» als die Annahme einer
Potsnsialitat in Gottj die im Begriffe einer göttlidien Eotwioklnng
notwendig impliciert ist, ein weiteres dem Pantheismus günstiges
Element enthält.
'2 Xnrhdem wir den Weberschen Ideeenfrans' mit oinem
die beiden Endpunkte verknüpfenden Klicke überschaut iiaben.
wollen wir sowohl den Plan des Ganzen als auch die wichtigsten
Grundlinien, beziehungsweise Grundbegriffe des bereitb zur Aua-
fdhrong gelangten Teiles desselben ins Auge ftssen. — Der
Plan des ganzen Werkes, dessen Rechtfertigang in der Stnleitaag
versucht wird, umfafst die Lehre Tom endlichen und unendlichen
Sein oder die Kosmologie und Theologie. Die Kosmologie ser*
r?tllt wiederum in zwei Teile, deren erster die Lehre vom syn-
thetibchen Weltlaktor. derf'n 7w<»!t('i" die von den ,, antithetischen"
Welttaktoren . dem Geisterreiche und der Natur, cuthält. Die
Theologie aber soll in die beiden Abteilungen von Gott an sich
und fron dem Verhältnisse Gottes zur Welt sich gliedern. Der
Torliegende erste Band stellt den ersten Teil der Kosmologie,
d. h. die Anthropologie in drei Ünterabtttlongen dar, namlioh
die Lehre vom Geist oder der Seele des Menschen (§ 7 — 15),
vom Leibe desselben (§ IG — 23) und von der Einheit des Geistes
und der Natur, der Seele und des Leibes im Menschen oder
ihrer Synthese (§ 24—28).
In dieser Gliederung: der Metaphysik scheint die seit WolfF
üblich gewordene Einteilung der sog. speciellen Metaphysik in
Kosmologie, Psychologie nnd Theologie hindurch, Ton welcher,
wie Vatke richtig ausführt (8. 04), anoh Kant Veranlassong
nahm cor Aufstellnng seiner bekannten drei Ideeen: Seole, Welt
nnd Gott, linr ist diese Einteilung bei Weber eigentümlich
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6
Zur ReligioosphiloBophie.
4
modiliciert dnrch den GiintherNchon Dualismus, der das geschatieDe
Sein dem guttlichen als absoluieo (jegen&atz gegeuubersteilt und
jenes weiterhin in die Gegensätze dee geistigen and natärliohen
tSeins, die im Uenaoben su einer „penonliohen" Einheit Ter-
bnnden sind, auseinander treten laTat Wir mömen ons hier mit
der Bemerkung begnügen» da& diete Dreiteilung einer vorgeb-
lichen speciellen Metaphysik, so allgemein sie auch verbreitet
ist, doch dem wahren Begriffe der Metaphysik wider*<pricht und
ihren letzten (irund auf die Verwechslung des Rationalen (wes-
halü bei Wollt" auch nicht von einer metaphysischen, j^ondern
rationalen Psychologie u. b. w. dit; Iwede ist) nüt doui Meta-
physiteben nartiddUhrt, in welcher die Piükraophie aeit ihrer
nnnatiirliehen Spaltung in eine rationalietiache und empiriatiache
Richtung belangen blieb.
Von den Grundbegriffen, die in der vorliegenden „meta-
physischen** Anthropologie zur Erörterung gelanjren, sind es vor-
züglich die Theorie des Bewulstsems und damit im Zusammen-
hange der Begriff vom Geiste, ferner die AntTassuug der Natur,
die Verbindung von Leib und 6oele im Menschen, der Ursprung
der Menaohenaeele und der Kenaohfaeit ttberhaopt, die uniiere
Aniknerkaamkeit in Anspruch nehmen.
Als den wichtigsten und fundamentalsten funkt seiner Auf-
gabe bezeichnet der Verf. selbst den wesentlichen Unteraohied
de« geistigen und sinnlichen Erkennens im Menschen, oder,
wie er sich ausdrückt, die Begründung eines Duaü'^inu'^ des Ge-
dankenb und spricht den Wunsch aus, dais diesem Gegenstände
vor uiiem „Auge und Autmerksamkeit" seiner „Richter'* zuge-
wandt sein möge i^Metaphys. 8. 420). Indem wir unserseits
dieaen Wunsch erfüllen und zugleich auch der Überzeugung
Ausdruck geben, dafs ein solcher Unterschied bestehe und daraus
mit Recht auf die Existenz immaterieller Substanzen zunächst
mit Rücksicht auf die menschliche >Seele geschlossen werde, dürfen
wir aber auch nicht verhehlen, dafs wir in der Würdigung der
Natur und Tragweite jenes „Dualismus" sowie den >yeiteren
daraub gezogenen Koüöe4uenzen nicht durchweg in Überein -
«itimmuDg mit dem Vf. uns beÜnden, sondern in wesentlichen
Dingen von ihm absuwetcheu uns genötigt sehen.
3. Treten wir an den ersten Punkt, die Analyse und
Theorie des Bewufstseius heran! Hit Descartea glaubt
W. im SelbstbewufstBein den festen Fol su besitzen, um den
sich die flüchti^-en Erscheinungen menschh'cher Ansichten zu
Hammeln vermögen, und das Mittel, „den seit Jahrhunderten ge-
walzten «Stein zum Stehen zu bringen*' (6. 14). Er nimmt daher
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Zur Be1igioQtpbiIo8ophie.
7
auch den allein vor der Thatsache des üeinor selbt^t gewissen
Ich älille blehendeu Zweil'el des t'raQ£68it»cUeu i^iiilo«opheu gegen
die venneintUob „Biiulasen'* Angriffe des für die ohristliche PhUe-
0ophie 80 sehr Terdientee Dr. A. Stöokl in Sohuiz 30 Anm. 8).
Daa eigene Bewnllitsein ist die einzige in nnd aoB tioh «elbst
gewieae Thatsache, die dem MeDdchen gegeben ist; diese That-
sache 7A\ crgriioden und klarzustellen ist daher der zu wandelnde
Weg, nicht, wie Kant ni> int , „eine Kritik der reinen Vernunft
in AuBehuug allm Erkeuutui!«se, ZU denen sie unabhängig von
aller Erfahrung bireben mag". (S. 14.)
Wie trotz Tielfaober Ausatelluagen an den philosophischen
Ansiofaten Desotrtes* im einseinen der aubjektlTe Standpunkt
dieses Pbiloeophen gerühmt und adoptiert wird, so gilt dies
übngODB auch von Kant, der daroh einen überaus genialen, glttck-
lichen Griff in der Kritik des menschlichen Erkennens eine none
Grundlage der Philosophie zugewiesen habe, die von den Spätem
verlassen wurde. (S. 290.) Man müsse deshalb zu Kant zu-
rückkehren und dessen Kritik durch eine Erkenntnistheorie des
Geistes vervollständigen (S. 291 J. Kani^ Xnuk habe Berechtigung
besüglicb des ainnliehen „Denkens", das allerdings in der Er-
scfadnang beiaagen bleibe und nicht anm Wesen Tordringe. Das
ainnliche müsse aber, wie G-iinther, ein zweiter Kant, nach-
gewiesen habe, vom selbatbewufsten, zur Substanz vordringenden
Denken unterschieden werden (S. 190). Kant ging von einer
falschen Unterscheidung der Form vom Stoft'e des Erkenuens aus
(!>. 66 ff.) und nahm an, dals der letztere nur aus Erfahrung
siaiijuie, die er mit AiiscbauuDg und Wahrnehmung verwechselte,
and wurde dadurch weiterbin zur falschen Unterscheidung eines
doppelten Selbetbewafstseins, eines empirischen und apriorischen
gehlhrt, um durch letsteres die Allgemeinheit und Notwendigkeit
der intellektuellen Erkenntnis zu begrün d n die er ans Erfahrung
nicht ableiten zu können glaubte. (S. 277.)
Die Substanzialität der Seele ist also nach W. GeiiHnstand
der Erfahrung, und dasselbe gilt ihm von der Erkeimniis der
KaLKgorieen iiberhaujit, ^'achdem die Seele diese in sich erkannt,
beurteilt sie nach demselben Mafsstab alles, auch das aufser ihr
vorhandene Sein. Daher gilt das Selbstbewnfstaein als die Ge*
bortsstatte aller dem Menschen vor dem Tiere eigentümlichen
geistigen Erkenntuis formen (S. ^9), als die eine gemein-
same (Quelle, der alle dem Menschen eigentumlichen subjektiven
Erscheinungen entspringen und der sie ihre Möglichkeit und
WirkVrhkeii zu verdanken haben (S. 376), als Princij» und
Mafbbtab aller anderen Erkenntnisse, in welche B«gionen der
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8
Zur Kellgiimtpliiloiophto.
boHtehendeD Wu kiichkeit der Geist mit denselben sich auch hinaus-
wagen mag (S. 78), somit als wahre und eigentliche Quelle der
VermiDft» so dafe demjenigen, der eio eraohöpfendes Verständnis
des Menschen besäfee, über die Beschaffenheit der Welt und
Gottes nichts Wesentliches verborgen sein würde (8. 132).
Diese Auffassung des Selbstbewurstseins unterliegt den ge-
wichtigsten Bedenken. Zweifellos ^iht sich in ihm die geistige
Natur der Seele kund, douu nur ein immaterielles Wesen ver-
mag- auf sich sselbst zu reflektieren (e «e in se rigira. Dante);
dugegeu ibt das kSelbstbewurätseiu ^war eine Betätigung der
Vernnnft> nicht aber die Quelle derselben; denn Tragweite nnd
Umfang der Vemuoft sind grofeer als die des Selbstbewufstseins.
Das letztere bezeugt uns unmittelbar nur die eigene Existena,
gibt aber nicht einmal unmittelbar Aufschlufs über die BeschaflSsn*
heit des in seiner Thätigkeit seiner selbst bewufsteu Wesens,
geschweige denn dn^ sie die Korm und Quelle aller objektivf^r
Erkenntnis eoihielte. Wir ■ furchten daher, W. habe mit I) >
cartes zwar einen den Angriften des Skepticismus staudhallewaeu
Punkt, auf welchem er Fufs fassen, keineswegs aber das Mittel
gefunden, um von ihm aus au weiteren Erkenntnissen fortau-
schretten. Neben dem auf die einzelnen Tbatsachen der Bxistenz
des eigenen Ich und seiner Erscheinungen beschränkten Selbst-
bewufstsein mufs vielmehr die Vernunft als selbständige Er-
kenritnisquelle , ans der die allgemeinen und notwendigen £r-
keuütüisse Hielseu. anerkannt werde«.
Hiermit hteht aucli die Beobar htung-. wie wir ur^pruDglich
den Sub stanzbegrif'f bilden, im Einklang; denn dieser wird
nicht aus dem Selbstbewufstsein (8. 70), sondern durch Erfahrung
ans der Objektivität entnommen, freilich nicht durch sinnliche
WahruolimuDg oder Erfahrung in solch bescbr&nktem Sinne, sondern
durch eine Betbätigung der Yemunflt, die nicht, wie Kant will,
apriorisch»^ Formen aut'Erscheinungen überträgt, sondern in diesen
und als Grund derselben das \V<>«pti und die Substanz erfafst.
Ohne diese utufassendert' Grunaiage des Substanzbeg-rifts in der
Vernunft wiire das Finden des JSubstau^seins in sich und da»
Übertragen auf die Anfsenwelt eine subjektive Thätigkeit der
Seele ohne allgemeinen und ootwendigeo Charakter und ohne ob-
jektiren Wert.
Eine objektive Erkenntnis wäre unmöglich , wenn das
Ich Princ ij) und Mafs^^tab uller Wahrheit wiire. da es in diesem
Falle allem ttir es Erkennbaren seinen eigenen Stempel aufprägen
würde, eine Koti>e4ueuz. die von Kant und Fichte (mit Rück-
sicht aut das apriorincae Ichj auch in der Tbat gezogen wurde.
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Zur Religionsphilosophie.
9
Sehen wir genauer zu, wie W. die Geistigkeit der Seele
zu gewinnen sucht, ho wird das Ungeniigoade seiner Bewn&tseins-
iheorie noch dentlirher 7.n Tace treten.
Ungenügend ini die Bestimmung des (jeiötöcinB durch den
Begrit! der eioheitlicheu Ganzheit und Subetanzialitui iiu Gegen-
ftiUze zu der angeblichen Zerteilung und Zersplitterung der Natur-
enbstanc in Atome. Der Atomiet betrachtet das Atom als eine
einheitliche Substanz und ein einheitliches Ganses. Werden wir
ihm deshalb zugeben, dafs er in diesem Atom, so lange er ihm
nicht Einfachheit und Immaterialität zuschreibt, ein Geintwesen
besitze? Die Annahme Webers, die Atome seien Bruchstücke
und Erscheinungen einer einzigen .Substanz, und aus diesem
Grunde könnten die darauf geschehenden Einwirkungen nicht
zuiu belbälbewurstbein führen, ist eine völlig willkürliche und
nur gemacht* weil ohne sie der .»Dualismus^ in die Brüche gehen
würde. Wäre aus dsm Selbstbewufetsein und der Erkenntnis
der über die Erscheinung hinausgreifenden Kategorieen nichts
anderes aU die einheitliche Gan7.heit der denkenden Substanz
zu ersehlieffieu, so würde e** um die N ertuidigung der Geistig-
keit und Unsterblichkeit der menschlichen Seele »chlecbt be-
stellt sein.
Ebenso ungenügend ist die Art, wie das Selbstbewui^i^em
und die Erkenntnis der Kategorieen durch Einwirkung von aufsen
zu erklären versucht wird. Dieselbe ist durch die mechanische
Weise, wie die „einheitliche und gancheitliche*' Substanz be-
handelt wird, geeignet, dem Materialismus in die Hände zu
arbeiten, umsomehr als der «Seele, wie wir sehen werden, um
ihre WrUindung mit dem Leibe zu erklären^ Räumlichkeit
zugeschrieben wird.
\ QU der Ertahrungsthatsache ausgehend, dafs dab meu»ch-
liche Belbstbewufstsein nicht ohne jegliche Einwirkung von aufsen
' die, wie W. zugesteht, nicht notwendig tou einem persönlichen,
selbstbewufsten Wesen ausgehen mnfs — zustande komme, sucht
W. aus der durch die Kufsere Einwirkung hervorgebrachten
Differenniening in Heosptivität und Reaktivität das Selbstbe-
wurbtsein tu begreifen, sei es dafs die Seele aus der Wahr-
nehuiung dieser ihrer vorgebliciien (irnivlkräfte oder der in ihr
hervorgebrachten Bewegung den Anstois zum Solbstbewulstsein
empfange. (6. 43 S.) Die Hewegung nämlich inhäriert ihr als
einer eioheitlioben Substans wie einem Princip und Subjekt, so
da& die Wahrnehmung dor Bewegung in der Unterscheidung
des Prineips von der ihm inhärierenden Erscheinung und der
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4
Zur ReligiootpbUosophie.
Beziehung der letzteren auf das erstere als den Grand, d. b. im
SelbstbewulstaeiD sich voUpTidet (S.
Unverkennbar sind die Lücken und Mangel in dieser Ab-
leitung. Eine mechanläche Einwirkung aul' ein Geistwesen ist
▼on vornherein undenkbar. Ferner, wie soll eine solche in einem
Wwes, von d^n wir weiter aiohto wissen, als daft es SnbsUuis
ist, tiberhaupt VorsteUnng eraengen? Die DifferenziieraBg in Re-
oeptivitfit und Reaktivität wäre hierzu nnr ausreichend, wenn
wir annähmen, dafs jedes Sein als s<Aohes schon auf Erkenntnis
angelegt sei. Die erste Wahrnehmung bleibt sonaoh unerklärt
Weiterhin ist die Unterscheidung von Erscheinung und Princip
in einer solchen Substanz tnr den Zu^riianer da. aber nicht tnr
die »Substanz selbst Man sagt uuä, der Iciigedauke, dst^ Selbst-
bewnfrtsein des Geistes bemhe anf einem in diesem vor sich
gegangenen Prosesse, dareh welcheif eine sweiAobe, wesenkHob
verschiedene Seite vor ihm selbst enthüllt und offenbar wird
(S. 324), nämlich seines Erscheinens und substanziellen Seins.
Jdit der Differenziierung von Erscheinung und Bubstanz ist
jedoch erst ein realer Unterschied, noch nirht aber ein solcher
tür das ?Subjekt gegeben, v.h sei denn, wie gesagt, man Hohaupte
die Einheit des Realen und idealen. Auch das Atom, dem W.,
hierin von Günther abweichend, 8abstanzialität zuschreibt, erfahrt
Sindrttcke von aufsen, auch in ihm findet die Oifferenziierung in
Substanz und Erscheinung statt, und doch gelangt es selbst
in den vollkommensten Verbindungen nach des Vt's. Theorie
nicht zum Selbstbewnfstsein.
Wenn Weber hipraiit' mit der bereits ancreluhrten Be-
hauptung antwortet, das Atom sei zwar fiuerseilis bubstanz, ander-
seits ab<;r doch wieder Bruchteil und Erscheinung einer solchen
und gelange daher nicht zum Selbstbewul^tseiD, so ist dies eben,
wie bemerkt wurde, eine unbewiesene und willkürliche Ver-
sicherang, die sndem einen Widersprach enthält, da, was Sub-
stanz ist, nicht sugleich Erscheinung einer andern Substana
sein kann.
Das Ich oder den Geist betrachtet W. vor jeder äufseren
Einwirkung und dadurch erfolgenden Ditit l < u/Jierung als ein
Sein ohne Vermögen, ohne Thätigkeit nnu Erschemung. In
dieser Abhängigkeit von fremdem Sein liegt die Üesehränkt-
heit desselben (S. 143 £). Der G^ist des Menschen ist ein
beschninktes Realprincip, weil er för all sein Wirken auf fremde
Einwirkung angewiesen ist Aus der Beschränktheit folgt die
Bedingtheit. i)u rch den Differenziierungsprozefs wird der
Geist Ursache und Wirkung zugleich (S. 14Ö), daher sei der
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Zur Eeligioo»pbil<Mopbie.
11
Ansdniek «MIIM 8ai relativ berechtigt. Jedes Eealprincip 8ei
caasa sui, sofern das sui auf die Erscheinung gedeutet werde.
Hierzu sei bemerkt, dafs der Sprachgebrauch den Ausdruck c.
sui nur bezüglich der freien Realprincipien gestatte: von Gott
aber könnte lu dem ömue, Uals das sui aul i^^räciieiuuDg
■ich besiehe, tberbaupt niehl aasgesagc werden» da w ihm ein
Gegenaets von Sobstans und £noheman|f nicht angenoDunen
werden darf.
An die Untersuchung äber die Beschränktheil und Hedingt-
heit de*^ Ich schliefst sich ein Exkurs über Form und Materie
an (S. löO ä'.). Die aristotelische Lehre, dal's beide nnp-eworden
s*jieü, hat W, völlig mifsversiauden. Form und Matera n tmlich
als Principien der werdeodeu und gewordenen Dinge können
allerdings nicht schlechthin enteteben, wohl aber konunt ihnen
Entstehen beaiebnngsweiee an, der llaterie, indem aie in und
mit den ersten geschaffenen Bingen geschaffen wurde, der Form
aber bei jeder Bntstehong eines Wesens durch Umgestaltung
den ^>toffes. Ferner schliefst die von Aristoteles gelehrte Ewig-
keit der Materie nicht notwendig die Annahme ein, dafs sie
ungeschaffeu, durch sich selbst sei; vielmehr liegt es näher,
Aristoteleb ao zu vcralehen, dal's er die Materie als ewiges Pro-
duki der 6chüpferiscben und bewegenden Thatigkeit Goltes be*
traebtete. l^och gröfseres Unrecht geschieht dem Stagirtten, wenn
ihm die Lehre nntersohoben wird, dafs der menschliche »o6g
dem Wesen nach mit der Gottl it identisch sei (A. a. 0.). Es
geht dies schon aus dem Grunde nicht an, weil Aristoteles den
göttlichen vovg als reine Thatigkeit, den menschlichen aber als
reine Potenz, bestimmt. Die Annahme der identitäi des Aktuellen
und i'ou^uzicileii aber widerspricht allen Principieu der aristoteli-
schen Metaphysik.
So mangelhaft wie der Ifachweis der Geistigkeit der
Mensohenseele, welche in die gansheitliche Substanaialitat des
selbstbewnfsten Ich gesetzt wird, ist der für die Unsterblich-
keit der Seele; diese nämlich wird ebenfalls aus der im ^^^elbst-
bewufstseiii sich kundgebenden Ganzheit und Ungeteiltheit ab-
geleitet («S. S3 ff.l Gibt sich >\^'nu, tragen wir, nicht auch im
sinnlichen Bewur^tsein ,,üaii/ht.!i und Ungeteiltheii" kuud ?
Ist also auch die Tierseele unsterblich? Wenn nicht, warum
die Meosohenseelc, ohne dafs zur Ganzheit und Ungeteiltbeit
noch etwas anderes, nämlich die Einfachheit nnd Immaterialitac
hinzukommt?
W. behauptet, Gott könne den Geist, den er doch auch
nach seiner eigenen Lehre aus Nichts schuf, nicht Temichten,
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12
was doch von der absoluten göttlichen Macht nicht gesagt werden
kann ( S. H7 und knüpft hieran einen Auställ gegen die tho-
miatiftche Auftasbuog der iSchöpfung und Erhaltung (S. 170),
die nicht unbeantwortet bleibün darf. Gegen die Lehre namlich,
die Erhaltung sei eine fortgesetzte Schöpfung, da ohne sie die
Dinge in lifichto sarttekfiUlen wttrden, wird eingewendet, sie
führet eroBtUch genommeo, &am Pantheisnins, indem dae Ver-
bSUnift der Geschöpfe zu (iott als das der Erscheinung zum
Wesen, der Wirkung zar Ursache gesetzt werde. Das letztere,
erwidern wir, ist richtig. Wir frage?) ?iber, ob denn da» Xov-
hältnis der iiinge zu (xott nicht notwendig als das der Wirkung
zur Ursache bestimuii wird, wenn man diefc.elben als von doli
geschaü'eu betrachtet, wie dies ja auch \V. thut? Dagegen ist
es etwas ganz andere», die Dinge als Sracheinungen Gottes
zu besUmmen; das letctere ist Pantheismos, nicht das erstere^
Die Wirkung einer Ursache ist weder notwendig ein Accidens
noch auch und zwar viel weniger notwendig ein Accidens der
wirkenden Ursache selbst. Geradezu unverantwortlich aber is^t
es, wenn W. den hl. Thomas zum Pantheisien ^«tempcit, weil er
sich des Ausdrucks Emanation bedient fS. 171). Wohin würdeu
wir kommen, wenn Worte für sich aiieiu, ohue Kücksicbt aut
den Sinn und Znswnmenhang, in welchem sie gebraucht werden,
schon genügten, um einem Autor, dessen Lehre überdies seit
Jahrhunderten der ausdrücklichen Approbation der Kirche sich
erfreut, den schwersten Irrtum aufsnbtirden? Die weiteren
Äufserungen Webers über die Thomasencyklika Leos des XIII.
sowie die „grandiose, verhanrrnisvolle Verirrung". in dio angeb-
lich ..der Kurz- und Leichtsinn'" des Jesuitismus die Kirche ge-
stürzt Iiai, entziehen sich der wissenschaftlichen Dii;>ku8sioD und
verdienen keine weitere Beachtung.
Derselbe Mangel an wissensohaftUcher Schärfe zeigt sich
in der Behandlung der SeelenTormögen. (S. 95 ff.) Zwar werden
die Widersprüche der Her hart sehen Lehre in diesem Punkte
treffend nachgewiesen und gezeigt, dafs die Vorstellungen nicht,
wie Uerbart annimmt. Kräfte sind; die eigene Ableitung der
angeblichen drei Seelen vermögen — Vorstellungs-, Gefühls- und
Willensvermogen, denen hinwiederum eine Zweiheit vuu < igcnt-
lichen beelenvermogeii — Ueceptivitat und itcaktivität zu Grunde
Hegen soll, kann einen wissenschaftlichen Wert nicht beanspruchen
(S. 104). Bpeoiell ist die Annahme, der Geist Terhalte sich im
Erkennen rein aktiv, unhaltbar, denn nicht nur im sinnlichen,
sondern auch im intellektuellen Vorstellen verhält sich die Seele
insofern raceptiv, aU das Erkennen, nicht wie das Begehren und
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Znr Religionspbilosophie. 13
Wolten durch eine Bewegung zum Gegenstände, sondern durch
die (ideelle) Aut'oahme der Form desselben zustande kommt.
Ans der im iSelbstbewolhtoero lu Tage tretenden Kausalität
wird weiterhin die Freiheit und Spontaneität gefolgert und da-
mit die wahre Wurzel der Willensfreiheit in der Nator der
Vernunft, die in der Erkenntnis des Allgemeinen einen allum-
fassenden Mafsstab do^ ^^eienden und Guten besitzt und dem
ihr entsprechenden Be^enreu (dem Willen) darbietet, verkannt.
Das bei dieser (Gelegenheit (8. 178) dem Sophisten Protagoras
gespendete Lob %%'iirde befremden, wenn wir nicht bereits wüfsteo,
wie W. selbst das loh vor Norm aller Erkenntnis erbebt, so
dab er sogar das Wesen Gottes au erkennen vorgibt, indem
er die Bestimmungen des selbstbewnibten loh auf Gottes Wesen
ftberträgt.
4. Vom Geistbegriff hinweg wenden wir un«t dem Natur-
begriff des Verfassers zu. Wie jener auf ilas .Selbstbewufst-
sein; oder wenn der Ausdruck gestattet ist, auf .las kategoriale
Denken, so ist dieser auf das sinnliche Erkennen oder, um mit
Günther und Weber zu reden, auf das begriffliche Denken ge-
gründet (8. 191). W. hält swar an der letsteren Ansdruoks-
weise nioht fest» da er nicht allein wie auob Günther dem Natur-
princip die vollendete logische BcgrifTshilduog- abspricht, sondwn
anch eine schematische Begriff'sbildung, die zwischen der sinn-
lichen Vorstclhmp' iind dem log-ischen Begriff in >!or Mitte liegen
und die höchste Leistung des I^aturerkcnuens sem soll, nicht
gelten läfsL Desuugeachtet glaubt er an dem Ausdruck „Denken'*
auch für die sinnliche Wahrnehmung und Vorstellung festhalten
nnd seiner Auffiissnng des Gehirns als Subjekt des Wahmehmens
sufolge Ton einem Benken des Gehirns reden au dürfen. Wir
erseheu hierin eine ungerechtfertigte Abweichung iFom Sprach-
gebrauch, nach welchem nur das Erkennen in Begriffen, Urteilen
nnd Schlüssen als ein Denken zu bezeichnen ist.
In der Bestimmung des Wesens der Natur im (iegensalz
zum Geiste bedient sich der \ f. des an sieh vollkommen richtigen
Gruudäatzes, dal's das Wesen den Erscheinungen entsprechen
mtae« unterlfifbt es aber, von diesem Gmndsats die konsequente
Anwendung auf die yersehiedenartigen Erscheinungen in der
Natur selbst zu machen. Denn wenn der Dualismus des selbst-
bewufsten und des sinnlichen Erkennens auf einen wesentUohen
üntorschied zwischen Menschen und Tier zn schliefsen zwingt,
warum nicht auch der '.v^sentliclie Unterschied zwischen den
Erscheinungen des tierischeu und denen des ptianzlichen Lobens
aut einen solchen von Tier und Pflanze, und weiterhin der
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14
Zur ReligiooBphilosophie.
wesentliche Unterschied zwischen pflanzlichen und unorganischen
Erscheinungen auf eine substanzielle Verschiedenheit den Organi-
schen vom Unorganischen? Statt dessen fafst W, in Abhängigkeit
von Günther wie dieser von Hegel sofort die Natur aU ein ein-
heitliches Bul>8LimzielIes Ganzes und schreibt diesem das, was nur
dem Tiere zukommt, die Fähigkeit sinnlichen Erkennens zu.
TrotB dieser ideftlistiechen AnfTasBuog der Natar nis eines
ihrem Wesen nach allgemeinen Seins bekennt sich W. sn
dem Dogma der atomistiscben Konstitution der Natur, in welcher
es andere Bewegungen alB mechanische nicht gibt. (8. 193.)
Eine allgemeine in den Gattungen und Arten sich be-
sonderude !Natursubi*ianz . die in Atome auseinandergeht, und
Atome, die sich Reibst als Subhlanznn verhalten (8. 204), sind
widerspruchb volle Autstelluugeo *, denn wab sich als bubstanz
rerhält nnd in sich den realen Unterschied von Snbstana und
Brscheinung ausprägt, kann nach der eigenen Theorie des Vfs.
nicht Erscheinung einer Substanz sein. Ferner enthalten jene
beiden Bestimmnngen Konzessionen, die eine an den Materialismus,
die andere an den Pantheitimn-, welche den dualistischen Bau
des Vis. ernstlich mit Einsturz bedrohen. Wenn mecbaniRche
Bewegungen m den Atomen dcB (rohirns Vorstellnngen, Gefühle
und BegehruDgen zu erregen imstande sind, so wird die That-
sache des Selhstbewnfstseins keinen sichern Damm mehr gegen
die materialistische Überintung bilden.
Das sensible Nerrensystem ist es, das Torstellt, begehrt
und fühlt (S. 261). Gegen die mechanischen Eindrücke auf das
Gehirn reagiert dieses durch Vor8tellungon fS. 2(52), Was kann
doch der Materialist mehr verlangen? Freilich sei, wie jenes
j^chche, unbegreiflich, dies gelte aber von jedem Geschehen.
Wir fragen: ist es nicht eben diese Unbegreit'lichkeit, aut
welche der Materialist sich zurückzieht, wenn er mit der Frage
bedrängt wird, wie mechanische Bewegung in selbstbewnfetes
Denken sich Ubersetie? Noch mehr! Der Materialist ist in der
Lage, in der Selbstbewufstseinstheorie Webers die willkommensten
Waffen tür seine destruktiven Lehren zu finden. Er kann
nämlich frfiirPTi, warum denn die Geistsubfitanz die in ihr er-
regten Ilt \s t'g^uug^en wahrnehme, nicht aber das Atom, olii^leich
in diesem alle Voraussetzungen dntVir ^ew-eben sind, namiich
die Difierenzüerung in Keceptivitat und lieaklivität sowohl als
anch die in Sabstans nnd Erscheinnng? Die Antwort» die W.
hierauf allein an geben weifs, ist klaglich genug. Der Geist
nehme seine Erscheinungen wahr, weil sie in ihm scharf ana-
gepragt sind, das Gehirn aber nehme seine eigenen Bewegungen
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Zor fieliffioiitphiliMophi«. 15
nicht wahr, bunderu von ihm auegeprägte Erscheiuuugeu, die
Bidit «eine Bewegungen nnd — die primAreii and iekundSren
Qualitäten! (8. S47 ff.) Und fragt maD, warum das Gebira die
£r«cheinnDgen als solche, die doch in allen müglichen Formen,
als Bewegungen, als Wahrnehmungen und als Qualitäten in ihm
nind, nicht wahrnehra«. so wird nns als Grund ano-ofrebrrn, weil
in ihm der (iegeogatz von Sub^^tanz nnd Ersehe munt,^ nicht zur
vollen Darstellung' komme; dies aber deshalb, vvtjil div. Atome
des Gehirns selbst zwar «Substauz, aber andererseits auch Er-
acbeinong einer tob ilmen als aolchen Terachiedenen Substanz,
eben der Ifatoranbatans aeien.
Mit dieser Wendung aber springt Weber von dem einen
feindlichen Boden auf einen andern noch gefiibrlichereD, den des
FantheiRmtis über, um nun von diesem seinerseits der Inkon-
sequenz JT^^ziehen zu wrrHen. Du g-ibst mir, '^o wird der Pautheist
argumentieren, die Existenz einer ailgemeiuen bubsianz zu, zu
der sich die Gattungen und Arten als Besondernngen und die
Individuen als Erscheinungen verhalten. Du gibst ferner zu,
daTs diese allgemeine Subetans auf Erkenntnis angelegt sei und
in ihren ToUkommeneren Daaeinsformen wirklich aar Erkenntnis
der Erscheinungen und Individuen gelange. Zugleich aber leugnest
du, dafs diese Bubstanz es zur vollen Selbsterkenotnis, zur £r-
faspnnfT ihrer selbst als eines Realgnmdes bringen, also der
M tnisnn s als allumfassendes, das menschliche Selbstbewufstsein
einnchiielsendes System, d. h. als Pantheismus bestehen könne.
Dem Selbstbewul'stsein nämlich könne nur eine individuelle, nicht
aber eme allgemeine Subetans au Grunde liegen. Wie aber,
wenn es sich mit den selbatbewufsten 6-eistem wie mit den
Atomen verhielte, die JOßh deiner Ansicht Substauaen, der
Differenziierung in Boceptivitat und I'r Aktivität ilkhig und doch
angleir-h Knichteile ein und derselben bubstanz sind^
Ferner sprichst du deiner allgemeinen Natursubstanz das
begriflliche Erkennen ab, obgleich du sie als realen BegritY, als
ein real Allgemeines betrachtest und dem Grundsatz huldigst,
dafs die Perm der Erkenntnis der Form des Wesens und iSeins
entsprechen miiaae. Bemerkst du dieaen Widerspruch nicht?
Mit dem begrifflichen Erkennen aber wirat du auch daa
kategoriale der Natursubstanz zugestehen müssen, denn die
Bildung eines allgemeinen Begriffs kann nicht ohne ein Über-
greifen über die Erscheinung ins Gebiet des Wesens und des
Grundes geschehen.
Was die letzte Konsequenz betrifft, so hat «ich W. der-
selben so weuig entzogen, dafs er gerade in diesem Punkte die
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Znr EeU|(ioiuplülo8opbie.
GüDthenohe Lehre reyidieren zn müiaen glaubte, indem er den
Sinnen weder eine eigentliche Begriffsbildung noch anoh dio
Bildung von allgemeinen zwiecheo der Eiuzelvorstellung und
dem logischen Begriff die Mitte haltenden .Schemata :i (wie Kant
uud (iüntber solche aonahmeQ) zuerkenui (S. 210 ff.). Damit
ist Weber der Wahrheit allerdings um einen bedeutenden Schritt
naher gekommen, hat aber sngleich auch jede Berechtigung zur
Annahme einer nrspränglich einbeitlioben und allgemeinen Natur*
BUbstanz verloren: eine Annahme, die eben durch den Gegensata
des „begrift'lichen'' Denkens, das die Signatur der allgemeinen
Naturfä'ih'-taii/ traf;'*^ nnd des ,, ideellen'', das der Natur dos selbist-
bewufsten Oeisies entspreche, motiviert wurde. Die inkunsequenz
Günthers, der die Hegeische ^Naturphilosophie adoptierte, ihre
Konsequenzen für den menschlichen Geist aber ablehnen zu
können glaubte, wird von W. noch dadurch vereoharft, dab er
die Snb^Btena eines real AUgemnnen beibehalt und doch die
Intelligibilität und davon unzertrennlidhe InteUektaalität desselben
in Abrede stellt.
Der von W. ^»-emachte Versuch, seine Ansicht von der
Substanzialitat der Materie mit der Lehre Günthers, der in ihr
nur eine Erscheinung sieht, zu vereinbaren, kuiHinL über den
Widerspruch nicht hinauä, dais derselben Substanz zwei Daseins-
weisen zugeschrieben werden, die eine vor der Differenziierang
in die Atome, die andere in den Atomen. Sind die letzteren
Snbstansen, so ist die allgemeine Natursubstanz nur logischer
Gattnngsbegriff, niobt aber ein.real Allgemeines im Sinne Günthers.
Wi'ber ißt mit Günther an und für sich und abg-esehen
von der nicht u^lücklichcn Begründung in vollem Rechte, wenn
er dem wesentlichen Unterschied des intellektuellen Hrkennens
vom sinnlichen, andern Theorieen z. B. auch der Baaders gegen-
über, dem der Geist zwar naturfrei, nicht aber natnrlos ist,
und der Unabhängigkeit des Geistes von körperlichen Organen
im Denken und Wollen das Wort redet. Indem er aber die
weiteren Weseneunterschiede von Tier und Pflanze u. s. w.
lengnet und in dieser Beziehung einer materialistischen Natur-
philosophie und pantheistischen Metaphysik die weitgehendsten
Konzessionen macht, stellt er den Dualismus a m (Jeist und
Körper wieder in Frage; denn wenn ein Komplex von Aiomen
ans dem Grunde die Erscheinungen des Lebens und Erkennens
in sich zu erzeugen vermag, weil in ihm eine einheitliche Sab-
stanz zur Erscheinung kommt, so ist der Pantheismus allein
konsequent, wenn er diese einheitliche Substanz zur vollen Selbst-
erfassong d. i. zum Selbstbewufstsein durchbrechen läfst, nachdem
^ed by CjOOQie
Zur ReligioDsphilosophie.
17
sie Hchon in der Pflanze und noch mehr im Tiere die ersten
Stuten der belbstveririneruug^ erreicht und somit an den Tag
gelejit hat, daPH ihr Veriinn»ernnf,'- und Zersplitterung in Atome
uur aiö ^iiLlel der Öelbbtverinneruug dieuen,
Weber »acht die Annahme einer einheitlioben NatnrsubBtanz
durch die Bemerkung sn Btülsen, dafe ohne solche das tbat*
sächliche Anfeinaoderwirken der Körper nicht stattfinden konnte
(S. 366). Dabei spricht er von dnem Anfeioauderwirken der
Atome und spendet Zeller grofses Lob wegen seiner Lehre, daf^
d'e Atome Erscheinnnpen einer einheitlichen Substanz ncien, nur
aei dies nicht, wie Zt^ller meine, die Gottheit selbst, Konderu die
ursprünglich einheitliche, in die Atome sich ditterenziierende
^^atarsubstanz (S. 389 £P.)- Nach dem Gesagten verdient ent-
weder Zeller dieses Lob nicht, da der Begriff einer allgemeioen
sich beisondemden Substanz ein üngedanke ist, oder wenn jenes
Lob begröndet und der Begriff einer real altgeinoiiK n und folglich
actu intelligiblen Substanz haltbar ist, so erscheint dor Tadol.
die Gottlicit an die Stolle der Natursubstanz g-csetzl zu haben,
nicht berLthligt, da eine weseutlich einheitliche Substanz in der
Erscheinung^ sich nicht verlieren könnte, »»onderu, wie Zeller mit
Hegel annimiul, schlief»lich /.um Selb^lbewurstsein gelaugeu
mfifste. Diese ^Möglichkeit eine« Anfeioanderwirkens aber —
nicht der Atome, ihren Begriff emutlich genommen, da solche
einer wirklichen Bewegung und Veränderung unföhig wären
sondern der Körper hat ihren Grund scbltelslich nicht in einer
Wesens- und Substanzeinheit derselben, sondern in der gemeinsamen
stofflichen Grnndlag'c oder der tlio Körperwelt umfassenden
subftanziellen Potenzi;i!itttt. Diese aber i^t nicht pin Allgeuieinen
und Intelligiblcfe, suudern an sich zwar bthLiiiimbartr, jederzeit
aber durch irgend eine Form bestimmter realer Weseosbestandteil
eines wirklieben Körpers.
In neue unanftösliche Schwierigkeiten Tcrwickelt sich W.
durch seine Theorie von den sensiblen Qualitäten. Mit
Locke betrachtet er dieselben als subjektiv, sieht sich aber durch
die uns bekannte AbUMtung" dos Selbstbewufslseins, um nicht di'>
Ba^is seines Dnalisnius zu untergraben, genötigt, jene Qiialiläten
als Wahrnt hniun^sbilder des (j(»hirns zu begreifen, die von seinen
cigueu liewegungeu verschieden bind. Das (jehirn, feugL uns \V.,
stellt nicht wie der Geist die ihm inhärent gewordene Bewegung
vor, da es sonst auch die Kategorieen erkennen würde, sondern
ein Wahrnebmungttbitd, das dem Qaalitsten kreis des atlicierten
Sinnes entspricht. Also sind die sensiblen Qualitäten Energieen
der öiune? Ebensowenig; denn in den Sinnen findet sich nichts
Jahrbuch fOr PbUotoptile cte. VI. «
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13 Zur Religionsphilosopbie.
aulser Atomen und mechanischcD Bewegungea. bind also die
ücnsiblen Qualiuiteo weder iie»chaffenheitoQ der Dioge ducIi
Bewegungea des Gehirns, so schweboD sie völlig grundlos in
der Luft.
Die sensiblen Qualitäten werden anf ein äufseres Objekt
bezogen und zwar infolge der von anfoen kommenden Anregung
(ö. 207 tt'.). Wir (rapcn: von wem werden sie nach anfscn
bezogen? Vom Gehirn! Eine Vorstellung' nach aufsen beziehen
und das Sein von ihr ausHugen, hoifst dies niclit urteilen? Also
urteilt das Gehirn, und es wird ihm eine logische Funktion
zugeschrieben, die nach W. selbst nur dem selbstbcwursteu
Geiste ankommen kann. Ferner: warum werden die vom Gehirn
selbsttbätig (denn ein passives sei es sinnliches oder geistiges
Erkenntnisvermögen betrachtet W. als bare Cnmöglichkoit; er-
zeugten Wahrnehmungsbilder nach aufsen bezogen? Weil sie
von anfson anjj-crept sind. Wie steht es dann mit dem Schmerze,
den Gelühlen, Ref^ohrnng-en u. s. w. ? Warum werden sie nicht
nach aufsen be/,ofz:on, da sie doch an<^ero^t werden? Das sinn-
liche W ah rntihuiuugb vermögen (nicht das Gehirn als bolche«* oder
die „Bi^imasse" des Gebirns, die weder wabmebmen noch vor-
stellen kann), das in und mit seinen Organen, den peripherischen
nicht minder als den centralen thätig ist, braucht seine Wahr-
nehmungen nicht nach aufsen zu beziehen, sondern ist mit ihnen,
wenn wir so f^ag-en sollen, von vorneherein draufsen, indoni eben
nur Änfseres wahrgenommen wird. An dieser ThaisiK-lif schei-
tern denn auch die vorgeblich nnzwoirt'lharien Er^a-binsso der
physiologischen Forschung, derzufolge Licht, Farbe, Ton etwas
Subjektives sein sollen. Wenn W. hierzu auch Bchmerz und
Lust rechnet (S. 228), so bedurfte es wahritch keiner physio-
logischen Forschung, um zn wissen, dafs Grefiihle dem Subjekt,
nicht riem Objekt angehören. Gerade der Umstand aber, dafs
das Bewnfstsein genau unterscheidet zwischen dem, was ihm'
angehört und wa'^ niclil, 'sollte den Philosophen zur äufsersten
Vorsicht mahaon und ihn abhalten, die Stimme der Natur Lügen
zu strafen.
Das für Giiuther (S. 23G fl'.) in Anspruch genommene
Verdienst, die notwendige Verbesserung der sensoalistisch-
skoptischen Erkenntnistheorie Humes vorgenommen zu haben,
indem er erkannte, dafs der menschliche Geist nicht allein
Wahrnehmungen kombiniere, sondern in den Kategorieen zu
ihnen einen neuen Inhalt hinznhring-e, können wir nach dem
früher Gesagten nicht anerkenruMi; denn ein Ii inzubringen
von realen, dem Geiste angchörigcu Bestimmungen zur äufserea
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WahrnehmuD^, ein Übertragen der Katcgorioen des Ich auf
jeglichen Denkinhalt bietet umaowenigor eine Garantie für die Ob*
jcktivitäl der nvS solche Wfi^-e entstehenden Anffa^suna- der
Aulsunwelt, als jene Beetiminungea 'nacli (iüuther) nur individuelle
Wahrnehmunn^en des Ich an sich selbst sind; in welcher Hinsicht,
wie cbentalU bereite hervorgehoben wurde, sogar Kaut durch
«eine Unterscheidung des reioen vom eropiriechen Bewursteein
gegen Günther im Vorteil ist Der Skepticiemns Hnmes aber
kann weder dnrch den Apriorlsmns Kants noch dnrch die Be-
-wnibtseinetfaeorie GÖnthers, sondern allein durch die Kineicht
überwunden werden, dafs die Vernnnft den intolligiblen Zu-
sammenhang- der Dioge aus dienen selbst, indem sie die Er-
scheinungen transcendiert, herauszulesen imstaude ist.
Wie dem Geiste, bo werden auch dem Leihe und überhaupt
dem StoÖe zwei Grundvermögen, Keceptivität und Aktivität,
zugeschrieben, sn denen als angeblich abgeleitete Yennögen die
des Vorstellens, Ftthlens und Begehrens hhiaakonimen. Die
letateren beiden werden als weBentHch identisch mit dem Vor-
stellungsvermögen betrachtet. Diese Identität sei jedoch eine
solche, welche die specitUche Diversität nicht aus-, sondern ein-
schlielse (8. 261 tT.), Diese Theorie der Vermögen kann nra-
soweniger befriedij^'^en, als gar kein festes und klares Princip für
die Unteri-cheiduDg derselben autjgestellt worden ist Iteceptivität
und AktiTÜSt sind ontologische ^stimmnngen, die einerseits (als
Potenzialität nnd Aktnaiitüt) in das Wesen selbst hineinspielen,
anderseits aber innerhalb der wirklichen Vermögen sich geltend
machen, indem Vorstellen, Begehren nnd Fühlen keineswegs
Äufserungeu ein und derselben Aktivität oder Reaktivität sind,
sondern das VorMellungs vermögen als roceptivcs, das Begehrungs-
voruiögen beziehungsweise als aktives Vermögen sich kundgibt,
während das Gefühl als selbslandiges Vermögen überhaupt nicht
betrachtet werden kann.
Beaüglich des sinnlichen Begehrens macht der Vf. Schopen-
haner gegenüber das Zugeständnis, es stehe nichts im Wege, es
aU Wille zu bezeichnen, weil es, wie der Wille des Geistes,
ein sei es in der Form des Gelühls oder der Vorstellung dem
Bewufstsein vorschwebendes Gut 7:u erreichen strebe (S. 1*72),
Diese allerdings nur den Spracligebraucli berührende Kunzessioii
kann ebensowenig als die Bezoichoung der sinnlichen Wahr-
nehmuiij^ durch „Denken" gebilligt werden. Der gewohuliche
Sprachgebraach gestattet weder das eine noch das andere.
Wenn wir aber den Ausdruck „Wollen'* selbst über das Gebiet
des animalischen Begehrens hinaus anwenden nnd Ton einem
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20
Zur Religioosphilosoptiie.
Regoenwollen u. dgl. reden, so iet sich jeder Vernünftige
bewufst, dafs da» Wort im bildlichen, nicht im eigentlichen Sinne
genotuiueii ibt.
Tiefer und in einer \ve*«cntlich irrtütnliclieu Auifas;<innfr liop-t
der ürund, wenn W. jede Art von Wirksamkeit Lebeu ueuui und
wnnch auch in dieser Uinsiefat Tom Spracfagebranehe abweicht
(S. 2iji>). Denn nach diesem apreohen wir zwar den Pflanxen
noch Leben sn, nicht aber den unorganiachen Körpern, es sei
denn wiederum im bildlichen Sinne. Den untersten Grad des
Lebens nämlich finden wir da, wo ein inneres Bewegungsziel
vorhanden ist, da» in der Sphäre des Individuums und der
Gattung durch Emührung, Wachstum uud Erzeugung- verwirk-
licht wird. Der allgemeine BegriÜ' des Lcbous aber ist dt;r der
Selbstbewegung, d. i. einer Bewegung, die in dem Bewegten
ihren Ausgangs- nnd Zieipnnkt hat Daher kann von einem
uniTersalen, Organisches nnd Unorganisches nmfiissenden Leben
nur anf pantheistischem oder (um uns eines Güntberscben Lieb-
lingsausdracks an bedienen) semipantheistischem Standpunkt
gesprochen werden
5. Geist und iS' Ulli r, Seele und Leib sind im Menschen
zu einer Einheit verbunden. E^ ist dies eine durch das He-
wufstHein bezeugte uuuuistöfsliche Tiiatsache. Welcher An aber
ist diese durch das ßewurstsein bezeugte Einheit? Ist sie
Einheit des Wesen», der Snbstans? Wenn ja, wie ist eine
Wesenseinheit zweier wesentlich von einander verschiedener
Substanzen, von denen jede ihre besondem Vermögen und Thätig-
keiten besitzt, möglich?
Die Einheit des BewuTstoseins weist auf eine Einheit des
Wesens hin, nicht aut irgend eine accidentelle Vereinigung
fertiger, iür sieh seiender Substanzen. Das eine ich führt die
körperlichen Zustände ebensowohl anf sich zurück wie die
geistigen Thätigkeiten des Denkens und Wollen«. Dieser That-
sache wird der Günthor^Webersche Dualismas nicht gerecht In
der Verschiedenheit der Tbattgkeiten liegt zwar ein hinreichender
Bew^gmnd, dem einen Ich, dem einen ungeteilten MensoheU'
wesen verschiedene Vermögen, geistige, von Organen unab-
hängige, und sinnliche, an Organe in ihrer Thätigkeit gebundene,
zu unterscheiden. Dagegen die letzteren aut eine selbständige,
mit dem selbstbewui'steu leb äufserlich vereinigte Substanz zu-
rückzuführen, dazu haben wir nicht allein keinen zwingenden
Grrund, sondern es widerspricht eine solche Annahme direkt dem
Zeugnis des Bewurstseins. Der Wesensuntersohied des Geistigen
und Körperlichen, die Geistigkeit der Mensohenseele gegenüber
^ed by CjOOQie
Bl
dar Materialilat «ller fibrigen Lebeosformen, mit andern Worten
der richtig rerstandone Dualismus von Geist und Natur wird
dadurch in keiner Weise gefahrdeL Denn in der Annahm^ daCl
©ine mit dein 8toffe zur Wowonseinheit verbundene g-eistige
Substanz. es nach der richtig-en Ansicht die menschliche
Seele ist, zugleich Princip geistigör und öiunliclier Kräfte und
Veriuögea sei, liegt nicht« Ungereioites und Widersprechendes.
Wir hatten demnach an der anbetonateHen Einheit des Menschen*
Wesens nnd dem wesentlichen Unterschied des Geistigen nnd
Körperlichen anmal fest
Allerdings bedarf es, um die Einheit des Menschen wesens
richtig zu begreifen, einer von der Günthorschen völlig ver-
schiedenen Auffa'^sunG- (\<^a Stoffes. Betrachtet man denselben
mit Günther als Erächeiuuug einer für sich vollkommenen Sub-
stanz oder gar mit Weber als einen Komplex von Atomen, so
kann die Vereinigung mit der Geistseele nur mehr als eine
zoiSlUge und änfserliche gedacht werden. Anderseits aber würde
man dem pantheistischen Monismus verfallen, wenn man den
Stoff als blofse Bewufstseinserscheinung eines geistigen Wesens
auffassen wollte. Die richtige begriffliche Bestimmung des
Stoffe? wird demnach in der Mitte zwi?schon diesen beiden
Extremen liegen. Mit andern Worten: der Stot! wird im Gegen-
sätze zur akluierenden und bestimmendeu Form als substaaziale
Potenz begriffen werden müssen.
Mit dieser Bestimmang iSllt xngleich die bekannte, auf die
Frage, wie Seele und Leib aufeinander wirken, sich erhebende
Schwierigkeit hinweg, die auf Weber mit yerstarkter Wucht
drückt, da er das Aufeinanderwirken der Atome nur aus der
Einheit der Substans, deren Teiisubstanzen sie seien, au erklären
weifö.
Die Möglichkeit der Vereinigung von Leib und Seele, be-
hauptet W.. ist in erster Linie darin begründet, dafs beide
Substanzen sind (S. ÜOb). Es haudnlt sich aber nicht um eine
beliebige Vereinigung, sondern dem Zeugnis des Bewufstseins
zufolge um eine Vereinigung au einem Wesen und einer
Substanz. Eine solche aber ist gerade zwischen Substanzen,
d. h. solchen Realitäten, von welchen jede fUr sich vollendete
Substanz ist, nicht möglich. Die Vereinigung zweier oder
mehrerer derartiger Substanzen könnte nur eine aufscrliche und
accidentelle sein, wie etwa die des Körpers und der Kleidung,
des Schiflers und des Fahrzougb. Die Möglichkeit einer orga-
nischen Verbindung körperlicher Atome setzt, wie wir des öftem
remahmen, nach Webers Annahme die Einheit der Natursubstana
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22
voraus. Dieser Grund dürfe jedoch nicht für die Vereinigung"
von Leib nnd Seele augetührt werden. Warum nicht? Weil
ia diesem Falle der Dualismus ieden Halt vcrloru uud die dünne
Scheidewand, die ihn vom Mum»mu» trenol, zerrissen würde!
So achwftcb isfc dieBor DuaUsmas begiündet! Ks bleibt daher
bei der ganz mchUBagenden BesttmmuDg, dafe Leib und Seele
sich unmittelbar berühren uod aneinander gefügt aeien: eine
Voratellung, die mit der Geisligkeit der aelbstbewufsten Seele
unvereinbar ist, da sie, wie W. auch ausdrücklich einräumt, die
Räumlichkeit der Seele vorausBetst» also den Daaliamus von einer
andern Seite gefährdet.
Dieser Punkt, das Verhältnis des Bewufj^tseins zur Aus-
dehnung, verdient eine beöonderc Beleuchtung, da Wober gegen
Zeller bemttht tat, an aeigen, dab nicht jede JBeivnretseinB-
eracheinung eines raumUcben Wesens unmöglich sei, sondern
nur das Selbstbowufstsein (trotzdem ist auch die selbBtbewufBto
Seele räumlich!). Gleichwohl dürfte Zeller gegen Weber inso-
fern im Rechte sein, als ein ausgedehntes Wesen als solchen
ohne eine einheitliclie und einigende beherrschende Form aucli
nicht zur elementarsten Erkenntniäthatie-keit eich zu erheben
vermöchte. Ohne eiue oiuiieiiliche Zusamtueutassung des Mannig-
faltigen iBt eine Vorstellung unmöglich. Wenn daher W. frägt,^
ob die vielen Emp^ndungen des Atomkomplezes, die beispiela-
weise von einem Menschen herrühren, insofern sie nach aufsen
an die Stelle des Raumes, woher die Bewegung ausging, bezogen
werden, nicht zu einer einheitlichen Vorstellung zusammenflicfsen
müssen, so antworten wir verneinend, denn jedes Atom würde
(falls es überhaupt vorstellen könnte) nur den Teil des Gegen-
standes, der auf es eingewirkt, vor.stollen, ein (Gesamtbild aber
küuute in keinem uud auch nicht m allen zusammen zustande
kommen, aufeer etwa in dem Sione, in welchem man auch sagen
könnte, dafs zwei Menschen, von denen der eine das Dach, der
andere die übrigen Teile eines Hauses wahrnimmt, beide zn>
samroen das Ganae sehen. [Nichtsdestoweniger ist sinnliche»
Bewnfstscin in einem materiellen Wesen auf Grund der einheit-
lichen, die Materie überragenden Fonii möglich, dagegen erfordert
Selbstbewufstsein eiue geistige Substanz, von der aber eben darum
Räumlichkeit und mechanische Bewegung ausgeschlossen äiad.
Da Weber der Seele direkte Räumlichkeit auschreibt, so
wirft er auch die Frage nach dem Sitae der Seele auf und
beantwortet sie mit Bücksicht auf den Einflufs, den der Geist
auf die Vorstellungen ausübe, die er in die der Sinnlichkeit
selbst unmögliche Form der Allgemeinheit bringe, dahlo, dafe
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Zar Rdigiomphiloiopbio.
23
die Seele mit alten Molekülen« in denen Vorstellongen n. b. w.
eotetoben, verbunden sein müsse. Zu gansten einer beschränkten
Ge>,'enwart der 8eele im Leibe wird anob die angeblich keinem
Zweifel mehr nnterliegende ADnahme angerufen, daf« die £m-
pfindnng'en nicht in den peripherischen Binnesorgancn , sondorn
im Ciehirn zuslando kommen. Die Thatsacho der Bezichimi; der
Empfindungen auf die tiulsereü Sinnesorgane beruhe auf unver-
meidlichen Illusionen, die sich jedocli keiueewegs mit ilelmholtz
aas nnbewnfsten Schlössen erklären liefsen. Unzweifelhaft be-
wiesen ist nach nnserem Dafürhalten in dieser Beaiebong nur
die Kotwendigkeit einer vitalen Verbindung der peripherischen
Sinnesnerven mit dem Gehirn, koineswegs aber, dalk die Sensation
nur im Gehirn stattfinde. lietrachlet man die Seele als Wesens-
form des Leibes, so hut die den Thatsachen ontsprechendsto
Vorstellung' nicht die geringste Scliwierigkeit, dafs in jeder
äeii$>ation Centralorgau und periphurisclier Sinn zumal in Thätig-
kcit treten. (Vgl. J. B. Meyer, Philoa. ZeiUragen. 2. Aull.
S. 184 ff.)
6. Gelingt es auf dem philosophischen Standpunkt Webers
nicht, die Vereinigung von Leib und Seele im Menschen in
befriedigender Weise zu bestiomien, so gilt dasselbe von der
Auffassung de» Verhältnissos der g-eistifren und sinn-
lichen Lebenserbciieinungon in der Einheit des selbst-
bewulsten I« h. im Auschlufs an den thi'ologischen, einer völlig vor-
öchiedeucu ideensphäre angehörigon Ausdruck commuoio idiomatum
wird angenommen, dafb Leib und Seele (Geist) jedes sein eigenes
Leben föhre, der Geist aber das Sein und Leben des Leibes in sein
SelbstbewnlbtBetn aufnehme. Wie jedooh der Geist fremdes Sein
und Leben in das eigene Selbstbewufstsein aufnehmen könne, bleibt
völlig unfafslich, und die Annahme selbst eine unbewiesene und
unbeweisbare Versicherung'. Freilich ist die Thatsache gewifs,
daf» (las eine Ich Geistiges und Sinnliches von sie!« aussagt,
eben dipso Thatsaehe aber ist mit deui Güntherschen Dualismus
zweier ."^ubstaDzeu, von denen jede ihr eigenes Sein und Leben
besitzt» unvereinbar und mufs aus ihr im Gegenteil geschlossen
werden, dafn dem Selbstbewufstsein ein einheitliches Sein und
Wesen au Grunde liege. Wir sagen: ein einheitliches, nicht
einfaches; denn eine Mehrheit (Zweiheit) von Wesenskonsti«
tutiven mufs allerdings angenomraen werden, wenn die Ver-
schiedenheit der {geistigen und sinniicluin Vermögen aua dem
einen Monschenwesen begreiflich geniaciit werden soll.
Zur couimuuicatio idiomatum wird vor allem die Begrilis-
bildung gerechnet, die darin gesucht wird, dafs die individuellen
24
Zur Religion 'Philosophie.
siDolichen VorstelluDgen durch den Goißt in die Form der
Allgemeinheit, d. i. des Begriffs erhoben werden. Kine nähere
Darleg'ung der Mö«^lichkeit diese» Vorgangs bleibt uns W.
schuldig. Von seinem Meister (iiinther aber weicht er darin
ab| dal's er die Begrifi'äbilduu^ nicht aut dan Ein^ubeu de»
(jeifitw in Leben nnd Bilden der Natur beschränkt, eondero in
ihm selbst die Anla^ cur Begriffsbildnng vorhanden sein IStst,
sofern in der Mannigialtigkoit seiner Erscheinungen und in
seiner kreatUrlicheo Snbatanzialität Antrieb und Aufforderung zu
einer «olchon geleg'pn sei. Durch diese Art von Fortbildung
wird das ohnehin lose Gofüge des Gunthorschou Dualismus noch
mehr gelooktirt. Dieser nämlich wurde urspriiugiich auf deu
Gegensatz des bcgriillichen und „ideellun" Denkens aufgebaut,
dem die beiden Healpnocipieo der allgemoineD Natursubstanz
und des indiTidoeUen selbstbewttfoten Geistes entsprechen sollten.
Weon nnn schon Günther selbst diesem Standpunkte nntreu
wnrde, indem er den formellen Gedanken des Allgemeinen nicht
der Jsatur, sondern nur dem Geiste, sofum er den Gedanken
der Natur gleichsam zu Endo denkt, vindicicrt, so gilt dies noch
mehr von Weber, in deswen AuHassung der specifisehe Unter-
schied des Natur- vorn ( ii-iHttis^j^cdankon duich jene Annahme
eines selbständigen Aiuriebn zur Begrid'sbildung wieder aut-
gehoben wird. Weber nähert sieb dadurch wieder der Scholastik,
die alles menschliche Denken im Elemente des Begriffes sich
bewegen laint, ohne jedoch die letzten Xonsequenzen zu ziehen
und namentlich der Einsicht sich zu erschliefsen, dafs zwischen
dem Denken der Kategorioen und df^in begri^FliVhcn kein Ges^en-
sal/ bestehe und kein Grund ^«.'gcbon h(!i, (hn iuf einen Uoter-
-chied von Verstand und Vornunlt auf/.ubaucu, denn sind die
ivategorieen etwas anderes als höchste Gattungsbegritle und die
Begriffe etwas anderes als konkretere Bestimmungon der
Kategor ieen?
Wie die Verbindong geistiger Erkenntnisvermögen mit
sinnlichen in dem einen Ich auf Güntberschem Standpunkt eine
befriedigende Erklärung nicht findet, so gilt dasselbe von dem
Widerstreit des Geistwillens mit deni sinnlichen Begehren und
lier Herrschaft dos ersleron über Hof^ierden und (j(d'iihk'. Denn
Gefühle, die einem anderen We^eu angeliüreu, kann das endliche
geistige Ich niiumcrmehr als die scinigen sich zueignen. Doch
(»eben wir hiervon ab und fragen wir bezüglich eines weiteren
hier einschlägigen Lehrpnnkts, ob denn Gott, wie Weber und
die Güntherianer annehmen, zum Urheber der Sünde giMnucht
würde, wenn er den Kampf zwischen GeistwiUen und sinnlichem
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Zur Beligiootphilosopbie.
25
Üegebren unpriisglieh gewollt, baraebungs weise zugelMsen hatte.
Wir halten eioen Bolchen Schluf« nicht fdr cwiDgead, denn der
Widerstreit der Konknpiaceuz gegen da8 Gesets des Geii^tes ist
an Bich nicht ^ünde. Sünde igt nur die Zustimmung dos Willens
zum Begehren wider das Gosetz. Vielmehr liegt in der von W.
selbst hervorgehobenen Bitllichen Aufgabe des Geistes, das
GelüsUi des „NaturwilloDs" nach der Norm des Gcsi;t/o8 zu
beurteilen (8. 3ö7}, die Möglieiikoit einer reiu uatürlichen Oi duung,
in welcher die troll kommene Harmonie zwischen dem Gesetze des
Oeistes nnd der Glieder nicht nrsprüngUche Mitgift, sondern eine
anzustrebende Autgabe für den Menschen hätte sein sollen.
7. In den beiden Fragen nach dem Drsprnng des
Menschen nnd der Menschheit befinden wir uns liäiifiger
in der ang-enehmen Lage, un-^ort^ I hfr^instimmung mit den von
W. vertretenen AüüicUten ausHprechen zu k innen. Zwar müssen
wir der von W. gegebenen üegriffsbestiiijiuuug der Zeugung,
die mit seinem Naturbegriff zusammenhängt und womach Zeugung
nicht Hensetsung des Gesengten dem Sein, sondern nur der
Form nach sein soll, unsere Zustimmung versagen; denn durch
Zeugung entstehen allerdings neue Wesen, zwar nicht aus Nichts,
Hoodern aus der Potenz des Stoffs, die durch die Kraft des Er-
zeugers und seiner Form ent!«]ir<'( hond aktuicrt wird. Auch die
Begründung des an sich volikomiuen walireu iSatzes, dals der
endliche Geist nicht zeugen könne, ersclieint uns mir»lungen.
Denn selbst der von W. als entscheidend betrachtete Giuud,
der erzengte Geist könne in der ToUkommenen Indifferenz, in
der er sich thatsachlich befinde» nicht als totale Emanation des
Erzengers hervorgehen, i^^t hinfällig nnd setzt die irrtümliche
Annahme voraus, dafs ein Hervorgang eines Geistes aus einem
yndern durch totale Emanation überhaupt möglirli sei: eine
Annahme, die wiederum von den Anbangerü Günthers ganz
widerrechtlich durch den theologi<ichen Hi'gritf der trinitarischen
Zeugung, die nichts weniger aU totale Emanation oder Selbst-
verdoppelung ist, gestützt zu werden versucht wird. Dagegen
verdient unsern ungeteilten Beifall die Art, wie die Einwendung
L Otzes, dafs die Kreatianer die sittliche nnd innige Bedeutung
des Verhältnisses swischec Eltern und Kindern durch Annahme
einer blofs körperlichen Seite der Generation vernichten, zurück-
gewiesen wird (8, .'i,')») ü.). Ebenso anerkennenswert ist die
Zurückhaltinii:, mit welcher die Frage, wann die einzelne Seele
geschaffen werde, behand(dt wird. halt es nämlich für
möglich und wahrscheinlicli, daU die Ei Schaffung alsdann erst
stattfinde, wenn der lebensfähige Keim zum menschlichen Leibe
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Zur KeligioDspbilotopbie.
«ich ausgebildet habe. — Entsteht die einzelne Monschenseelc durch
Schüptuug, 80 gilt die» um»omehr von den hceien der ersten
Menschen. Aber auch der menschliche lioib darf ursprüng-lich
nicht ulb I'rodukt der ^Nalurverwirklichuog gedacht, werden
(S. 362). Zudem wurde deoMelben die Unsterbliolikeit, wenn
auch als (juade yerlioken (S. 364), als eine Gnade jedoch, die
Gott dem ursprünglichen Menschen nicht Tei tragen konnte, sondern
erteilen mufste. Dieses von Gott ausgesagte Mtissea aber sohliefoe
die Bestimninng von anfscn, den Zwang aus, sei also innere
J^otwondigkoit, denn das göttliche Wollen sei durchweg mit sich
selbst Iii llariuonie und irei von jeder Veränderlichkeit (.^. 4u7).
liiese Theorie von einer durch Gnade und doch notwendig dem
menscblicben Leibe urspriioglich Terliehenen Unsterblichkeit ist
weder theologisch noch philosophisch haltbar. Die Unveräoder-
lichkeit des göttlichen Willens ist mit der Freiheit desselben
wohl vereinbar und zwar mit einer Freiheit, die nicht nur den
Zwang, sondern auch die Notwendigkeit ausschlielst, soweit das
Wirken Gottes nach aufsen in Frage kommt; denn frei besiimmt
der göttliche Wille den Grad der Vollkommeuheit der \\ eil im
allgemeinen und der geschaffenen Geister im besondern. Der
Begriü einer notwendigen Gnade aber cnlhäll einen Widerspruch.
Mit Unrecht schliefst daher W. aus der Ihataiohliek«! Sterb-
lichkeit des Leibes auf den ursprünglichen Fall des Menschen.
Wenigalens ist auch in diesem Falle der Schlufs ebensowenig
ein Bwingender, als da von der thatsächlichen zttgellosen
Konkupiaeenz anf einen nrsprünglichcn Zustand vollkommener
Herrschaft dos Geistes geschlossen wurde. Wir stoisen hier
wiederholt auf jone Ubergritie in theologische Gebiete, die der
GUulherschen riuiuäophic und Theologie gleich verhängoisvoll
geworden sind.
Der Versuch, dio Einheit des Menschongeschlcchtes
zu begründen, hängt zu sehr mit den wiltkürlichen Voraus*
Setzungen der Günthersohcn Spekulation zusammen, um auf all'
gemeinen Beifall rechnen zu können. Don ersten Menschen läfst
Weber in ursprünglicher geschlechtlicb' r Difl'ercnziicriing und
im vollen Wachstum ins Dasein treten und weist die Darwin-
Häckelsche Entwicklungätheorie zurück.
Redet W. der Erschafiung des Menschengeschlechtes das
Wort^ so will er dagegen tou einer Erschaffung der Tiere und
Pflanzen nichts wissen und polemisiert gegen die Unterscheidung
einer eigentlichen und uneigentlichen Schöpfung. Er bestrettet
selbst die Möglichkeit einer Erschaffung der Pflanzenwelt, da
nur die Ii^atursubstanz, nicht aber ihre Setzungen den Terminus
uiyiii^ed by
2or fieligiouphilotophie.
27
göttlicher Sohöpfangsthlitigkeit habe bilden können. Diese
Begründani^ überhebt nns einer eingehenderen Widerlegung.
Wir unterscheiden die Möglichkeit von der Thatsache. That-
sSchlich wurde die Pflanzenwelt aus den vorhandenen unorganischen
Stoffen hervorgebracht. Diese Hervorbringung- ist daher auch
nicht Schöpfung im strengen Sinn; sie erforderte aber mehr als
die allgemeine göttliche Älitwirkuug, ohne die keine geschöpf-
liche Kraft sich betbätigeo kann; denn eie besog eich, wie man
«ch zuweilen wohl ansdriiekt, auf einen Knotenpunkt dea
Werdens, war Hervorbringnng einer specifisch höheren Daseins-
fonn, die durch das Zasamnienwirken der der Pflanzenwelt
vorausgeschaffonen iinorganisolien Katurkraft*^ nicht erzeugt
werden konnte. In diesem bione kann und mul«* von einer
uneigentlichen Erschaffung der Pflanzen und Tiere geredet werden,
weil sie nicht in strengem Siuue Schöpfung oder Hervorbriuguug
aoB Nichts ist Insofern ist denn auch Polemik sowie ihre
speknlative Grundlage, die Annahme einer alle Naturwesen mit
Einschlufs der Tiere als ihre Teilsnbstaozen und Erscheinungen
setaenden Natursubstanz, ohne jede Berechtigung.
Über den Gedanken einer Entwicklung in Gott, mit welchem
W. den voriiegcndfTi ersten Band seines WcrkcH schliefst, haben
wir uns bereits au^g^ -prorh'^n und darin ein gefahrlichct» Element
crKuunt, dessen bich der i'uiiihuismus bedienen dürfte, um den
künstlichen Dualismus der Güutherscheu Schule in den Grund-
festen au erschüttern.
SchlieMch sehen wir uns noch au der Bemerkung genötigt^
(lafs W. den einer „wissenschaftlichen'* Begründung der Ontologie
des Christentums geziemenden Ton nicht durchweg festzuhalten
gcwufst hat, Bondcrn f*\oh wiederholt zu gehäHf?igen Ausfallen
irecren die katholische Üirche fortreifsen liefs. \V. (S. 171. 323»
DigiiizQ*T)y Google
DAS VERHÄLTNIS DER WESENHEIT Zü DEM
DASEIN IN DEN GESCHAFFENEN DINGEN,
NACH DER LEHRE DES HL. THOMAS
VON AQÜJN.
Von FR. GUNDISALV FELDNER,
Ord. Praed.
IIL
IHe Richtigkeit oder Wahrheit der Lehre dci hl. Thomas,
Es iflt schwer zu fassen, was F. Limb, mit dieser Unter-
eclieidiiDg eigentlich sagen will. Eine mit der Wesenheit real
i dentische Existenz im identischen und zugleich formellen
8inne einerseits; andererseits aber eine mit der Wesenheit real
identische Ezistena im identischen Sinne, das gleicht jedenfiills
der Sprache eines Sophismas* Wenn wir recht verstehen, und
wir bekennen, dafo es uns schwer fällt, ans diesem Satce einen
Sinn heransznfinden, so meint der Herr Antor, es gebe nnr eine
einzige Existenz, die im formellen und materiellen Sinne
(ratione subjecti) mit der Wesenheit real identisch ist Das ist
die Lehre des hl. Thomas und sämtlicher Thomisten. Etwas
aadcres wurde nie ^^elehrt. In Gült allein sind Wesoniieit
und Exibtcnz formell und niat(;rioll identisch ; in ^len Kreaturen
sind sie es nur materiell uJor ratiom; subjecti in quo
txistontia est. Welelier Thomist hat die« je bestrillen? P. Limb,
hingegen betont in seiner Hroschüre ununterbrochen, die Wesen-
heit sei real identisch mit der Existenz. Die Existenz ist die
Aktualität der "Wesenheit, und die Aktualität der Wesenheit ist
die aktuelle W'esenlu it ; also ist die Existenz die Wesenheit:
das ist der ständige Refrain des Herrn Aators. Wenn der Herr
Autor damit nur die materielle Identität im Auge hat, warum
spricht er dann nicht klarer? Wir wiederholen noch einmal:
liie materielle Identität hat weder S. Thomas, noch ein Thomist
Das Verhältnis der Wesenheit dem Dasein etc.
je geleugnet. Andererseits aber steht der Satz des P. Limb.,
in den Geschöpfen seien Wesenheit und Existenz nur materieU^
niohi formell ideBtieob, im offenen Widerspräche mit dem
Inhalte der gansen Broschüre. Denn dieser Inhalt bestreitet»
dab die Existens in der Wesenheit^ als dem Sabjekte, sei. Sie
sei TOB einem andern (ab alio), nicht aber in einem andern (in
alio). Hier erklärt der Herr Antor, sie sei mit der Weeenheit
materiell identisch. Materiell identisch istnnn aber dasjenige,
was in einem andern als seinem Subjekte ist nad infolge-
dessen Ton diesem Subjekte ausgesagt wird. Jedes Prädikat
mul's mit dem Subjekte, von dem es ausgesagt wird, in irgeml
einer Weise identisch sein. Wie kann diu Existenz des Ge-
schöpfes vou der Wesenheit desselben ausgesagt werden, wenn
sie mit derpelbcn nicht formell, sondern nur iuat<;riell iden-
tisch ist und dennoch eicii nicht in der Wesenheit, als ihrem
Subjekte, findet? Formell, gest<iht P. Limb., sind Weseniieit
und Sein nur in Gott identisch, materiell, rationo subjecti, auch
in den Kreatarea. Wir sind vollkommeQ derselben Ansicht wie
der Herr Autor. Allein, wie yerträgt sich mit dieser Behanp-
tnog der Tirtnelle Unterschied swiscben beiden? Die Bzistenz
soll in der Wesenheit^ als ihrem Subjekte, — denn das besagt
die materielle Identität, — und doch wiederum mit dem Sub*
jekte real identisch, d. b. das Subjekt sein. Eine solche Doktrin
ist uns nicht verständlich und widerspricht der allgemeinen
Lehre der Scholastiker von der formellen und materiellen
Identität Die reale Identität der Existenz mit dem Subjekte
selber ist ja nichts anderes uis die lorraelle Identität. Dieser
entsprechend i^t die Existenz nicht iu der Wesenheit, sondern
ist diese letzit rc selber.
Ferner schreibt P. Limb, au derbelben Stelle — wir miisscn
den Text um seines Inhaltes willen, im Oriiriiiale wiedergebt':»
— folgendes: Existentia, ut existenlia uon paLitur divcrsitiitcni
scilicet abstracto et in ordine ideali concepta: concedo;
concreto et in ordine reali spectata: nego. Hinc S. Thomas;
„esse inqnantum esse non potest esse diversum/' „sicut, aic
Ferrariensis, nec homo inqnantum homo diversificatur." Sed
■30 Das TerbiltDis der Wesenheit sn dem Dssein etc.
«xistentia „ralione diversaram nainrarum in quibua est," titiqne
„distinctu est", quoniuin reapse est ipsa natura in oidiau rtali
posita^ sicnt et houio „diversificatur" ratione diversorum indivi-
duoriim, Quia enim individna sunt „praeter esse" hominis,
inquantura etst homo. ideo ratione iudividiioriim „diversificatur**,
et sie esHc ,,potest diversificari, perg-it S. Thomas, per aliquod,
quod est praeter esae, sicut esse iapidis est aliud ab esse
hominis", „propter aliam efc aliam scilicet oaturam bominis et
lapidis", addit Fcrrariensis. Sicut igitur negari üon potest
^hominem inquantum bomo" est „diversificari" per individna,
qniboflonm re ipsa idem est, ita negari nequit, existentiam „ratione
oseeotiae" „diyersificari" qnacttm re ipsa idem est; qninimo prae-
sertim ob hano causam existentiae necessario dtstiogauntur eadem
ratione, qoa essentiae distingunntar, ut et homines eadem ratione
distingnuntur, qua individna distinguuntnr. Ergo qaia existentia
in rebus creatis est realiter ipsauet earnm essentia, existentia
necessario ronltiplicaturi non qnidem „ratione snl" sive ratione
ipsius esso, quatenus est commnne et abstractum, sed „ratione
adjuncti" i. e. ratione t^jiis, quod est. lla honiu quoque, quiu
in rebus ipsi« est realiter Plato vcl iSocratcs ( erte mnltiplicatur,
non quidem ratione sui. quatenus est homo nivc abstnictum,
^ed ratione individui i?ive ejus, quod est. Quod tjuidem respon-
sum assumtuui est ex citato S. Thomae loco atque ex supradictis
ad fatim liquet.
Die abstrakte Existenz und jene in der ideellen Ordnung
kennt keinen Unterscbied, wohl aber die konkrete und jene in
der realen Ordnung, so lehrt, meint also P. Limb., der heil.
l?homas an der Yorhin von uns angeführten Stelle. Der engliscbe
Lehrer weist an jener Stelle nach, dals die Engel, obgleich
specifisch ToUkommene für sieh bestehende Substansen, dennoch
an Einfachheit Gott nicht gleich kommen. Der Beweis des
Doctor Angelicus lautet: die Engel kommen Gott nicht gleich,
denn sie sind ausammengesetst, weil in ihnen das Sein (esse)
nicht identisch ist mit der snbsistenten Substanz. Von welchem
Sein spricht hier S. Thomas? Vom abf»trakten? vom Sein in
der ideellen Ordnung? Der Doctor Angelicus s^agt, das Sein
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Das Verhältnis der Wesenheit zu dem Dasein etc.
31
sei in ihnen niciit identisch mit dem „quod est". Sind die
ÜSngel vielleicht zusammengesetzt aus der subsistentcn Substaoz
«md der abstrakten Existenz? Oder aus der Substanz in der
realen und dem Beiti lu der ideellen Ordnung? Wenn S. Thomas
bemerkt, das Sein als solches sei Gott nicht eigentümlich,
denn anch die Kreaturen existieren, spricht dann der Heilige
vom abstrakten Sein, oder von dem Sein in ordine reali? Was ist
die Existenz? Das AUervoUkommonst«, antwortet S. Thomas.
Ist sie dies als abstrakte und in ordine ideali?. Die konkrete
Existenz unterscheidet sich, lehrt P. Limb. Allein wiedemm
müssen wir fragen, als Existens oder die Existenz als solche?
Wodurch unterscheidet sich in der realen Ordnnng und in
concreto das AllerTollkommenste vom AllorvoUkümmunstea?
Der hl. Thomas sagt ja ausdrücklich, das Öein sei Gott eigen-
tümlich, insofern es io ihm ohne Beimischung", ohne Potcntialitnt
sich findet, in den Kreaturen aber sei os gemischt mit einer
Fotentialität. Und es sind, wie schon ^'csagt, die existierenden,
nicht die möglichen Dinge, oder nicht die Kreaturen, bevor sie
existieren, von denen der englische Lehrer hier spricht, in dem
Zustande der Möglichkeit Bind »ie nicht gemischt mit dem Akte,
dieser fehlt ihnen ja gerade* Wie haben wir uns demnach diese
Mischung, diese Zusammensetzung zu denken? Etwa so, dafs
die Existenz selber halb Potenz, halb Akt sei? Keineswegs.
Dies ist undenkbar, denn dem Sein kommt es seiner ganzen
Natur nach zu, Akt, nicht aber Potenz zu sein. Überdies wäre
es dann nicht das AllerTollkommenste und könnte der Wesenheit
nicht die letzte Vollkomnenbeit Terleihen. Und doch vermuten
wir, genmfb der Theorie des P. Limb, die Sache nicht anders
aufzufassen. Entweder ist die Kreatur reiner Akt, actus purus;
oder es findet sich et was im GeBchöpte neben der Existenz,
das sich als Potenz erweist. Dies verwirtt der Herr Autor,
weil nach seiner Ansicht jeder sich selber widerspricht, der eine
Piibjektive Potenz anerkennt. Folglich bleibt nichts übrig als
die Existenz, die halb Potenz, halb Akt sein muff. Zwischen
actus purus, oder dem realen linterschiede der Wesenheit uod
Existenz, oder einem Monstrum, das in sich selber halb Potenz,
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Da» Verbiltnis der Wetenlaeit xa dem Dasein etc.
halb Akt ist, haben wir in dieser ADgelegeDheit unsere Wahl
zu treliun. i>a das erste immu|;lich, das letzte undenkbar ist,
80 folg't, dafs das Hein als solches, das reale, konkrete Sein,
davon ist die Rede, in sich selber nicht verschieden ist, wohl
aber UDterscbieden werden kann durch etwaH, was aufserhalb
des Seins liegt, also real von ihm unterschieden ist, nÜmlich
dnroh die Wesenheit Biese Wesenheit ist die Potentialität,
welche mit dem Akte verbundeii, alao dem Sein beigemischt
wird. Darum ist jedes Geschöpf ansammeogesetzt aus Wesenheit
und Existenz. Darum unteracfaetdet sich das Sein in den Cre-
sohöpfen, weil es mit gröfserer oder geringerer Poteotialität
gemischt ist. Daher ist nur Gott actus purus, denn in Gott ist
das Sein nicht mit Potentialität gemischt» Gottes Wesenheit ist
nicht Potenz, sondern Akt, real ideotisob mit dem Sein. Daher
sagen manche, bemerkt der hl. Thomas, Gott habe keine
Wesenheit Gott ist vielmehr die Wesenheit, gleichwie Er das
Sein ist. Das Geschopt li.u^'egun liaL eine Wesenheit und hat
eine Existenz. Folglich ist es zusainraeugesclüt aus Wesenheit,
als der Potenz, und aus dem Sein, als dem Akte. Die Existenz
für sich ist einlach, sowohl in den aus Materie und Form be-
stehenden Dingen, wie auch in den snbsistenten Substanzen.
Demnach kann sie schon aus diesem (irunde nicht halb Potenz
und halb Akt sein. Ein Einlaches kann niemals kontradiktorische
Gegensätze, wie Potenz und Akt es thatsachlich sind, in sich
vereinigen. Das eine kann nicht das andere konstituieren. Dies
würde aber in der Wirklichkeit eintreffen, wären Wesenheit nod
Existenz der Kreatur im formellen Sinne real identisch, oder
es bestände de fiwto nichts als der actus purus. „Dies ist nicht
der Fall/' erwidert uns P. Limb.^ ,jegliche Kreatur ist vielmehr
in mannigfacher Weise zusammengesetzt, nämlich: physisch
aus dem Subjekte und den Aceidenzen; logisch aus
Natur und Hypostase, Potenz und Akt** Der Herr Autor Ter-
gifst, dafs diese Zusammensetzungen diejeuige ans der Wesenheil
uud dem Seiu , uU zwei real uuterschiedeuen Teilen, zur
' 1. c. Seite 46.
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Dm VerhAltnis der Wesenheit so dem Dasein eCc
33
uotweudigen Voraussetzung,' haben. Sind Wesenheit und Kxisteoz
real identisch, so ist die geschaffene existente Wesenheit physisch
eiutach. 2s un lautet ein Gruudhatz der ^Scholastiker: das Ein-
Cache könne nicht Subjekt sein.^ Der hl. Thomas bemerkt
zu diesem Cirundsatze, er sei vollkommen richtig in Bezug auf jene
Form resp. Wesenheit, die in jeder Beziehung einlach ist.^ „Der
Begrifi' der Form steht im Gegensatz zum Begrifie des Subjekten.
Denn jede form als solche ist Akt; jedes Subjekt aber verhält
t^icb zu dem, dessen Subjekt ee is^ wie die Ifotenz zu dem Akte.
Jene Form also, die nur Akt iet, wie die göttliche, kann in
keiner Weise Sabjekt sein . . . Die geistigen Substanzen aber,
obgleich eubsistente Formen, sind in der Potenz, insofern sie ein
endliches, beschränktes Sein haben."^ ^Wenn Boethins Tom
Subjekte bezäglioh irgendeines beliebigen Aooidens spricht (nnlla
forma simplex potest esse snbjeotam), so ist dies ron jener Form
richtig, die derart einfkoh, dafssieanch ihre eigene Existenz
ist (quod etiam est suum esse), wie Gott Eine solche Einfach-
heit aber iindet sich weder in der .Seele noch im Engel." —
Aus dieser Stelle des cnglischcu Lehrers geht hervor, dal's jode
andere Zusammensetzung sich auf die Zusammensetzung aus
Wesenheit und Dasein stüzt. Sind diese beiden real idi ntiRch,
wie z. B. in Gott, «o kann die Wesenheit niemals Subjekt suiu,
im Verhältnisse der i'otenz stehen, lolglich niemals irgendeine
Zusammensetzung eingehen. Der virtuelle Unterschied genügt
nich^ denn im nächsten Artikel werden wir beweisen, dafs dieser
auch in Gott angenommen werden mulb. P. Limb, kann also,
den realen Unterschied zwischen Wesenheit und Existenz der
Kreatur leugnend, der Folgerung nicht entgehen, dafs die
Kreatur dann actus purns sein mnih, gleichwie Gott actus
purus ist Der Tirtuelle Unterschied ändert an der Sache nichts,
denn in der Wirklichkeit, de ftcto, d. h. unabhängig tou unserm
Denken ist und bleibt das GresckÖpf actus purns. Wer wider-
> 1. p. q. 50. a. 2. obj. 2. — de spirit. creat. a. 1. obj. 1. — de
anima. a. 6. obj. 1. — 1. dist. 8. q. 5. a. 2. obj. 4. ' de spirit. creat.
a. 1. ad lam. B cfr. de anima a. 6. ad lum. * 1. diät 8. q. ö. a.
2. ad 4nm.
Jaiirüucli für Fhilosoiibie otu. Vi. 8
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34 Du Terhiltnii der Wesenhdt m d«m Daseiii etc.
spricht sich dauü, derjenige, der die Wesenheit als subjoktivo
PotcDz verteidigt, durch die. real unterschieden, mit der Existenz
ein Geschöpf zusaiuiuengePcizt wird, oder derjenige, der diese
subjektive i'otenz bestreitet und trotzdem behauptet, das Cre-
Bchöpf sei nicht actus purus?
Ferner schreibt P. Limb, an der früher von uns im Originale
aagefährten Stelle, die Existenz sei unterschieden „ratione
diversamm natnnurom in quibus est," denn sie sei in der Wirk-
lichkeit die Natur selber, in die reale Ordnung gesetst — Wie
harmonieren die Begriffe in diesem Satse: „die Exiatens onter-
scheidet sich yennoge der Tersebiedenen Naturen, in denen sie
ist» denn die Exiatens ist die Natur selber"? Kann denn etwas
in sieb selber sein und sich eben dadurch unterscheiden, dafls es in
sieb selber ist? Sine solebe Tbeone ist der Philosophie unbe-
kannt „Inesse" bedeutet immer und überall in einem Andern»
als dem Subjekte, sein, ausgenommen es wftrde damit ein Drittes
zusammengesetzt. Wie soll also die Existenz in den Terscbie-
denen Naturen sein und doch zugleich diese Naturen selber
ausmachen?^ Zudem gesteht der Herr Antor hier wiederum zu,
dafs die Existenz in den Naturen bei, was er friiher beharrlich
geleugnet hat. — P. Limb, bringt einen Vergleich und sagt:
auch der Mensch unterscheidet sich vermöge der verschiedenen
Individuen. Weil nämlich die Individuen „aufserljalb des Seins"
des MenscbeD, insofern er Mensch ist» sind, deshalb unterscheidet
er sich vermöge der Individuen, und so, fahrt S. Thomas fort,
kann das Sein „Tersebieden werden" durch etwas, was anlser
„dem Sein" ist, gleicbwie das Sein des Steines ein anderes ist
als das Sein des Menschen, namlioh wegen der anderen Natur
des Kensoben und Steines, fugt Ferrariensis bei. Wie man also
nicht leugnen kann, »,da(h der Mensch, insofern er Mensch ist*',
durch die Individuen „Tersebieden werde", mit denen er der
Sache nach identisch ist, so kann man auch nicht bestreiten,
dals die Szisteas „vermöge der Wesenheit" sich unterscheide,
mit welcher sie jedoch der Sache nach identtscb i«t.**
' Gott allein ist in sich selber, und dadurch unterscheidet er sich
von allen Andern. <^uodl. 7. a. 1. ad l^*".
uiyiii^ed by
Das Verb<nis der Wesenheit zu dem Dasein etc. 35
Diesa Argumentation beruht auf einer Unrichtigkeit, näoilich,
dafs in den (resoböpfen Wesenheit und Suppositum real iden-
tisch seien. Der hl. Thomas lehrt:^ „In oreatnris essentia
realiter differt a supposito-, et ideo nnllus actna proprio de
eseentia praedicatnr nisi canaaliter". Da 8. Thomas hier seine
Sentens auf alle Geschöpfe ausgedehnt wissen will, andererseits
an vielen Stellen behauptet, im Engel seien Katnr und Snppositnm
nicht real, sondern nur unserm Verstände nach nnterschieden,
so müssen wir naher auf die Sache eingehen. Bas Suppositam
und die Natur können in swetlhcher Weise betrachtet werden.
Zunächst nur bezüglich def konstitutiven Principien beider. 80
aufgefafst, lehrt 8. Thomas stets, dafs in den materiellen Dingen
Natur und "Wesenheit sich real unterscheiden. Denn in diesen
matcriollen Dingen wird das Öuppositurn 1 onstituiuiL und indi-
vidualisiert durch die singulare Materie (ruateria signata), die
jedoch nicht zur Q,uiddität, Natur oder Wesenheit gehört, indem
sie nicht in der Definition der Wesenheit eingcBchlossen ist. Die
Definition eines Dinges aber bezeichnet dessen Wesenheit oder
Natur, in den Engeln hingegen wird das Suppositum nicht
durch ,,ein Anderes" konstituiert, sondern die Wesenheit selbeTi
die Natur der Engel ist durch sich selber individuell. Damm
sind Wesenheit und Suppositum der Engel , in der ersten Be-
deutung genommen y real identisch und unterscheiden sich nur
unserm Verstände nach. — Unter Suppositum versteht indessen
8, Thomas noch etwas Anderes als die indiTiduellen kon-
stitutiven Frincipien. In diesem Sinne bedeutet Natur nur
dasjenige, was durch die Definition ausgedrückt wird, das
Suppositum erfafet alles, was in der Sache selber thatsächlieh
ist* jyRatio personae est, quod sit subsistens distinotum, et
omni 8 eomprehendens, quae in re sunt Natura autem essen-
tialia tautum comprehendit." Da nun im existenten Geschöpfe
vieles sich findet, was nicht zur Wesenheit gehört, wie z. B.
die Existenz, die Accidenzen, so ist zwischen der Wesenheit
und dem Suppositum eines jeden Geschöpfes ein realer üuter-
» 1. dist. 6. q. 1. a. X, * cfr. 8. di«t. 5. q. 1. «. 8.
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36 Das Verhtiitais der Wesenheit su dem Dasein etc.
Bcbied. In Gott allein ist dieser Unterschied nur gemäfs unserer
Auffassung, oder virtuell, denn Gott hat kein Accidens und seine
jSxisteos ist real identisch mit der Wesenheit oder Natur. Daher
ist das Snppositam in dieser zweiten Bedentang in ihm real
identisch mit seiner Wesenheit In den materiellen Kreaturen
nntefscheidet sich also das Snppositnm von der Wesenheit
doppelt: nämlich sachlich und dem Verstände nach. Sachlich
in Bweifaoher Weise, innerlich und anfserlich. Innerlich, weil
das 8uppo8itum etwas wesentlich innerlich in sich schliefoty
die indiTidualiaierenden Principien, die in der Wesenheit nicht
enthalten sind. Aufserlieh aber, weil das ouppositum etwas
Kealos äufserlich in sich begreift, die Existenz und die andcra
Accidenzen, die nicht zum Öujipositum, in der ersten Bedeutung,
aber auch nicht zur Wesenheit gehören. .Sie gehören jedoch zum
Suppositum im /.weiten Sinne. Überdies ist der Unterschied gemärs
unserer Auft'asHuug vorhanden. In den Kngoln unterscheidet sich
das Buppositura von der Wesenheit nur zweitacli: äufserlich und
zugleich real, innerlich aber unserm Verstände nach. Innerlich, oder
das Suppositum in erster Bedeutung genommen, ist real identisch
mit der Wesenheit, der Unterschied ist nur ein virtueller.
Äurserlich hingegen, oder das Suppositum in zweiter Bedeatang
nnterscheidet sich Ton der Wesenheit real, denn Existenz nnd
Wesenheit, Ezistens nnd Snppositnm sind in jeder Kreatnr
real nnterschieden. In Gott endlich ist nur Ein Unterschied:
nnserm Verstände nach, denn die göttliche Katar ist durch sich
selber individnell, wie die des Engels, nnd überdies noch durch
sich selber, nicht durch etwas Hinzugetiic^tes existent
Da nun S. Thomas einerseits behauptet, in den Kreaturen
(also überhaupt) sei das Snppositnm von der Wesenheit real
unterschieden, andererseits aber lehrt, im Engel sei es nicht
real unterschieden, so stehen uns nur zwei Wege offen, um uns
Klarheit zu verschaffen, was er eremeint hat. Entweder wider-
spricht sieh S. Thomas fortwahrend, oder er hat das Suppositum
in der zweiten Bedeutung- im Auge, naoilich, insofern es auch
die Existenz und Accidenzen in sich schliefst. Ist aber das
Suppositum in diesem Öione real unterschieden Ton der Wesen-
uiyiii^ed by
Das VcrbAltnis der Wesenheit zu dem Dasein etc. 37
beit und dem Suppositum io erster Bedeatongy so ist die
Wesenheit des Geschöpfes real unterschiedea von der Existenz.
Wir babea also in dieser Stelle des hl. Thomae nicht blofo den
Sinn, sondern sogar das Wort, welches tob den Gegnern im
ganten hl. Thomas nirgends sich finden Uesen wilL In creatnris
soppoeitnm differt realiter a natara.
33^. V. Argument des hl. Thomas: Die Wesenheit der
Kreatar ist real von der Existenz unterschiedea, denn das
Geschöpf ist ein endliches beschränktes Wesen.
^..Imposihilo est, quod sit du])lcx osöo omoinu iusiaiiuin.
Esse t'nliii, ({Uüd üiuniuo est infinitum umncui periectiunem ensendi
comprehendit. Et sie si dnohiis talis adesset infinitas, non
invenirelur quu unum ab altcro ditVcrrot. Esse autera snbsistens
oportet esse infinitum, quia non terminatur aliqvio recipicnte.
Jmpossibilo est igitar esse aliqood esse subsisteoa praeter
Primum."
^,Infinitum quod se tenet ex parte formae non determinatae
per materiam, habet rationem perfectl lüud antem, qaod est
maxime formale omninm est ipsnm esse nt snpra oslensnm
est (q. 4. e. 1.). Onm igitar esse Divinnm non sit esse reoeptnm
in aliqno, sed ipse stt suum esse snbsktens, manifestum eety
qnod Dens sit infinitas et perfeotns."
*,,Kx hoc ipso qnod esse Bei est per se snbsistens, non
receptnm in aliqno, prent dieitor infinitnm, distinguitnr ab
omnibns aliis et alia remoTontar ab eo. Siont st esset
albedo sabsistens, ex hoc ipso quod non esset in alio, diflerret
ab omni albedine existente in subjeclo."
*.,Bed quia forma creata sie subsistens (sc. non recepta in
materia) habet esse, et dou est snnm esse, necenae est, quod
i|»>Km 1 jus esse sit receptum et contractuiu ad (icterminatam
naturam. ündc nun l oLt-yit eHS»^ infinitum simplicitor,"
*„Hoc est contra rationem facti, quod esscntia roi
sit ipsum ejus esse, qnia esse snbsistens non est esse
^ 2. coDtr. Gent cap. 52. ratio 3". ■ 1. p. q. 7. a. 1. * 1, C
ad da». « 1. c a. 2. • 1. c. sd l<"n.
uiyiii^Cü Ly Google
38
Das TerbiltniB der WeaenheU su dem Dweia ete«
creatnm. Unde contra rationem facti est, quod sit bimpliciter
inlimLum."
SjOmnis creatura eat ünita aimplicitcr, inquantum esse
ejus aon est absolote subsistens, sed limitatnr ad naturam ali-
quam, cui advonit. SabstaDliae iramatenales creatae sunt
l'initac secundum suum esse, sed infinitae, secandom
q^ttod eanim formae non sunt receptae in alio."
^„Illud quod habet esse absolatam, et nullo modo recep-
tum in aliquo, imo ipaemet est 8uiim esse, illod est infinitum
simpliciter. Et ideo essentia ejus in finita est, et bonitas
ejus, et quidquid aliud de eo dicitur. Quia nihil eonim limitator
ad aliqnid, sicat qnod reoipitar in aUqno Umitatnr ad capa-
oitatem qns."
'„Impoasibile es^ aliqnam esBentiam oreatam esse infinitam,
eo ^aod eeae tunm non est absolntnm et subsistens, sed
reoeptnm in aliquo. 8i enim esset esse absolntnm, non
differret ab esse dWino."
^,Omnis forma in aliqno reoepta, tenninatnr seoandnm
modum recipientis. Unde cum esse dmnnm non sit in aliqno
receptum, quia ipse est ßiium esse, secunduin hoc esse ejus
non est finitum-, et pro tanto dicitur ejus esseutia mfinita. '
Der englische Lehrer Ragt an diesen Stellen folgendes: Das
Sein, welches nicht in einem Andern, als seinem Subjekte, aul'-
genommen wird, ist unbeschrankt, ohne Grenzen, folglich unendlich.
Zwei Unendliche kann es nicht geben. Nun ist aber Gott un-
endlich. Daher mufs die Existenz, das Bein der Geschöpfe in
einem Andern aufgenommen sein. Die Wesenheit des
GesobÖpfes wird nicht in einem Andern, als dem SabjektOi anf*
genommen; die£xistenz hingegen moOi aufgenommen werden
in einem Andern, widrigenfalls sie nnendlioh wäre: folglich
sind Wesenheit und Ezistens in den Geschöpfen real anter*
schieden. Zn beweisen ist nun der erste 8ati, alle übrigen sind
aus den frühem Argumenten des Boctor Angelicns klar. „Ein
» 1. c. q. 50. a. 2. ad 4"»». s 1. dist 13. q. 1. a. 1. " 1. c. a, 2.
* de veritate q. 2. a. 2. ad 6"«». cfr, ib. q. 29. a. 3 c. — de potentia
q. 1. a. 2. ad 4«Mn.
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Das Verhältnis der WeseDheit za dem Dasein etc. 39
sidit in einem Andern anfgenommenes Bein ist nnendltch/'
Kehren wir noch einmal anrfiok anf die richtige Begriffs-
beetimmnng der Ezistens, des Seine ttberhanpt Bas Sein ist
eine Vollkommenheit, ist das Allenrollkommenste. Denn ein
jegUoh Bing wird ToUkommen genannt, insofern es* ist (aotn est).*
Die erste Materie ist deshalb das ünToUkommenste, weil sie fttr
dch nicht acta, sondern nnr in der Potenz ist Bas Sein bedentet
also Yollkommesheit, die höchste VoUkommenhett Es bezeichnet
folglich etwas Unbeschränktes, Grenzenloses, mithin Unendliches.
Das Sein, als solches, kann nicht verschieden sein. So hat, wie
wir früher g-esehen, »S, Thomas gelehrt. Und in der That,
wodurch soll das Sein, als solches, hu h unterscheiden? Entweder
durch eine neue Vollkommenheit oder durch eine Unvoiikommen-
heit, ein Drittes gibt es nicht. Durch eine neue Vollkommenheit
kann es sich nicht unterscheiden; es ist ja ohnedies schon die
letzte Vollkommenheit, eigentlich an sich nichts als Yollkom"
menheit. Überdies kann diese Vollkommenheit nichts ^enes
annehmen. Das Sein ist niemals aufnehmendes, sondern, wie
in der Kreatur, an^nommenes Fnnoip. Endlich, was könnte
das Sein auch anfoehmen? Jedenfalls etwas Positives. Allein
jedes FositiTe wäre wiederum das Sein. Es mülhte also sich
selber anfoehmen, eine nene Vollkommenheit, die es indessen
eben selber ist Unterscheidet es sich hingegen durch eine
UttTollkomroenheit, so kann diese nicht das Sein selber, sondern
etwas snm Sein Hinzugekommenes, anfser ihm Liegendes, aber
mit ihm Yerbnndenes sein. In sich selber beseichnet des Sein
eine VoUkoramenheit, nicht aber eine ünvollkomraenheit Diese
Beschruukuu^^ des Seins, bemerkt S. Thomas weiter,^ kann sich
auf eine dreifache Weise vollziehen. Durch Beitüguuf^ einer
Differenz, die der Möglichkeit nach (potentiai in der Gattung
eingeschlossen war; oder dadurch, dafs die gemeinsame Natur
in einem andern aulgenommen, und damit individuell wird; oder
dadurch, dafs ihm ein Accidens hinzugefügt wird. Das Sein
kann nicht beschränkt werden duroh irgendeine Differenz, denn
' efr. 1. contr. Oent. csp. 28. * 1. dist. 8. q. 4. a. 1. ad 2on.
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40 Das Verhältnis der Wesenheit zu dem Dasein etc.
die Differenz mUrste aufserbalb des 8eiiis stehen. Nichts aber
iat aufaerhalb des Seins. Darum, erklärt 8. Thomas, könne das
Sein niemals Gattung bilden. Ein Accideus kann dem Seio
ebenfalls nicht beigefugt werden, denn das Accidens ist wiederum
das Sein, folglich bleibt nur das Dritte übrig: das Sein wird
dadurch besohriuikt, dafe es selber in einem Andern auf*
genommen wird. Es wird besohränkt je naob der Fähigkeit
(capaoitas) des aufoehmeoden Subjektes.^ Diesbezüglich sagt
der hL Thomas: „Ipsom esse absolute oonsideratnm infinitnm
est Kam ab infinitis et infinitis modis partioipari possibile est
81 igitur alicujus esse sit finitum, oportet qnod limitetur esse
illttd per aliquid aliud, quod sit aliqualiter causa illins esse,
vel receptivum ejus." — Wir haben also hier noch einen
l'ernern Grund, wodurch dius Sein begrenzt, beschränkt werden
kann, nüralich: die wirivsaiuo Ursache. Das wirksame oder das
autnohniende Princip, diese allein können die Unendlichkeit des
Sems beeinträchtigen.
Ziehen wir nun ans diesen Grundsätzen die notwendige
Schlul'slölgerung. Kach P. Limb, sind Wesenheit und Existenz
real identisch. Damit ist gesagt» und der Herr Autor behauptet
es auch fortwährend, die Existenz werde nicht in einem Andism
au%enommen. Dann ist sie zufolge der Lehre des hl. Thomas
und auch sufolge ihrer eigenen Deftuition, als einer Vollkommen^
heit, nach dieser Richtung hin unendlich, weil durch keine innere
Ursache beschrfinkt Es kommt also nur die aufsere, wirksame
Ursache in Betracht S. Thomas behauptet, die Natur des
Engels sei unbeschrankt, unendlich, weil sie in keinem Sub-
jekte aufgenommen wird. Warum hat sie Gott nicht
beschränkt? Offenbar deshalb nicht, weil es in ihrem Wesen
liegt, diesbezüglich nicht beschränkt zu sein, und Grott die
^uLur oder Wesenheit eines Dinges nicht nach Belieben
andern kann. Weiiu also S. Thomas lehrt, das Sein, die Existenz
fcci an und liir sich unbeschränkt, so niuls dies tu der Natur, im
Wesen der Existenz begründet sein. Es fehlt daram auch die
* cfr. 1. contr. Gent. cap. 43.
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41
Beaclirankung duToh eine SuffieFe UraaDbe. Daraas ergibt eich
aber deoa die Kotwendigkeit, dafs die Existeiui, welche nicht
in einem Andern angenommen wird, nnendlioh ist
Bieee Folgerang labt eich keineswegs daraus ableiten, er-
widert P. Limb.^ „Gott hat nämliob ein nicht empfangenes
Sein, weil Er durch sich ist; die Kreator hingegen hat ein
erhaltenes, weil sie von einem Andern ist"
Wir dürfen zunächst nicht übersehen, dafa der Herr Autor
das Wort ,,irrcceptum" und „receptum" abtiiaiuls in der Be-
deutunp^ von nicht empfangen'* und „empfangen*' nimmt.
P. Limb, ieuirnet auch au dieser Stelle wiederum , dal's div.
Existenz der Kreatur iu einem Andern aufg-cnomnien werdo.^
Diese Anschauung' des Herrn Autors hat uns schon früher be-
schäftigt und wir haben deren Unrichtigkeit hinreichend aus
8. Thomas dargethan. ,,Gott hat ein nicht empfangenes Sein,
weil Er durch sich ist." Allein, warum ist Gott darch sich
selber? Warum hat Gutt nicht ein empfangenes Sein? Hierüber
erteilt F. Limb, keinerlei Anfechlnfs. Der englische Meister aber
fuhrt den richtigen Grnnd an: weil Gott, also Gottes Wesenheit,
seine eigene Existens, mit dem Sein real identisch ist (qnia
est snnm eese).* „8i esse Bei non est sna essentia, non antem
pars ejns esse potest, cum essentia divina ait simplex, oportet»
quod hujosmodi esse sit aliquid praeter essentiam ejus. Omne
antem qnod conTenit alicui, qaod non est de essentia ejns,
conTenit ei per aliqnam cansam. £a enim, quae per se non
sunt unum, si conjunguntur, oportet per aliquam causam
uniri". Den Gegensatz zu diesem göttliehcn, mclu empfangeneu
Sein bildet das kreatürliche. Dieses fordert eine Ursache, ist
mithin ein erhaltenes, ein von einem Andern verursachtes, weil
» 1. c. Seite: 4S.
• Omnis creatura liabet esse tiuitum. Sed esse non receptum
in aliquo oou est fiuitum, imo est absolutum. Ergo omnis creatura
habet esse receptum in aliquo; et ita oportet quod habeat duo ad
minus, scUicst esse et id qaod etss recipit (1. dist 8. q. 6. a. 1. arg.
Sum aed contra).
* 1. Gontr. Gent. cap. 22. ratio 8s.
Dig'itizea byJfcuogle ,
42 Das Verh<niB der Wesenheit zu dem Dasein etc.
es nicht in der Wesenheit des Geschöpfes selber, sondern
anfserhalb (praeter) derselben liegt, und darom real von ihr
nntersehieden ist Das esse ab alio ist in derselben Weise dem
esse a se en4gegengesetit» wie das non esse realiter idem dem
esse realiter idem. Ersteres bat Letsteres aar Voraussetaang.
Die Lehre des hl. Thomas ttber diesen Pankt lafet keinen
Zweifel so.
F. Limb, bemerkt femer an der Torbin oitierten Stelle, die
Existenz, allerdings die endliche, sei nicht bleib ans siok
selber formell und innerlich beschränkt, weil sie diese
bestiinaitc Vollkommenheit besitzt, hüiidcrn auch äufserlich
nnd \N' irksam werde sie beschränkt yoü ihrer Ursache, von
Gott nämlich, der sie hervorbringt gemäfs einer bestimmten Art
und \'ollkomtueulie»t.
Ks ist immer dieselbe ialsche Methode. Der Herr Autor
umgeht die eigentliche Schwierigkeit, setzt das voraus, was nur
auf Grund des realen Unterschiedes seine Richtigkeit hat, und
ai^umentiert dann gegen den realen Unterschied. Hier haben
wir abermals ein Beispiel. „Die Existenz, allerdings die endliche
(qnippe finita), ist formell und innerlich beschränkt»*' Wodarob
ist denn die Existenz eine endliehe? Hierüber sagt uns
P. Limb, niobts. Und dooh liegt in der richtigen Antwort auf
diese Frage die Entscheidung. Kein Thomist leugnet^ dafs die
endliohe Existena formell und inner lieb beschrankt sei,
weil sie eine bestimmte Vollkommenheit besitst Allein die
Existens, als solche, hat keine bestimmte Vollkommenheit.
Das Bein als solches kennt keinerlei Verschiedenheit, also auch
keine Bestimmung^ (limitatio). Warum hat also das end-
liche Sein eine bestimmte Vollkommenheit? Violleicht weil
es ein endliches bein iatV Und endlich hinwiederum ist es,
weil es eine bestimmte (liraitata) Vollkommenheit hat. Diese
Argumentation ist etwas schwor verstandlich. (.)der soll das
Sein deshalb eine bestimmte Vollkommenheit haben, weil es
geschaffen ist (ab alio)? Auch diese Annahme ist unrichtig,
> 2. eontr. Gent. csp. 62. ratio 1*.
^ed by CjOOQie
Das Yerbältnis der Wesenbeit zu dem Dasein etc.
43
denn, lehrt 6. Ihonuw:^ »Dem Seienden als solchem kommt es
nicht SB, dafs es ein Ton einem andern Teranaohtee Sein habe,
sonst v&re jedes Seiende von einem andern verursaeht" Zndem
hiefbe das die änfsere wirksame, nicht aber die formelle
innere Ursache angeben. Wir fingen aber zunächst nach dem
formellen nnd innern Fronde der Beschrfinkong des Beins.
Wamm ist also das Sein des Geschöpfes ein endliches, und
warum hat es eine bestimmte Yollkommenheit, mit einem
Worte: worin haben wir den formellen nnd innern 0mnd
zn Sachen y dafe das Sein der Kreatnr nicht unendlich ist?
P. Limb, hat darauf keine Antwort Merkwürdigerweise gesteht
der Ilerr Autor dies ciaigo Seiten Rpiiter offen ein. ^Nachdem
P. Limb, hier 2 ruudweg erklart hatte, die Existenz, allerdings
die endliche, sei formell und innerlich beschrutikt , weil
sie «iiesc bestimmte Vollkommenheit besitzt, schreibt der Herr
Autor bald darauf,' die Existenz werde vervielfältigt, also wohl
auch bestimmt, durch das Hervorbringen oder das Setzen aufser
seine Ursachen. Er könne sich, bemerkt er weiter, einen andern
Gmnd der Vervielfaltigong nicht denken. £in innerer
Grund sei dieser allerdings nicht Wie stimmen nun diese
swei Sentenzen nnd die auf Seite 51 äberein? Noch dazu
bemerkt der Herr Autor an der lotsten Stelle,^ die Yerviel*
fSltigang, also die Bestimmnng der Kreatur erhalte ihre Be-
nennung Yon der fiufsern wirksamen Ursache. Diese
Bestimmung (limitatio) des Geschöpfes ist demnach etwas B.ela*
tives. Was die Philosophie zu dieser Ansicht sagt, brauchen
wir nicht ansdr&cklich hervorzuheben. -P. Limb, gründet seine
Theorie von der formellen und innern, sowie von der änfsern
und wirksamen Beschränkung dos Seins der Kreaturen auf die
Lehre des hl. Thomas. Der Herr Autor schreibt niiiulich:*
,,8. Thom^ gibt für diese doppelte Beschränkung zwei Gründe
an, die sich aber auf ein und dasselbe Princip zurückführen
lassen. Das Sein Jeder Kreatur, lehrt S. Thomas, ist beschränkt
* contr. Gent. cap. 62. ratio 4». * 1. c. Seite: 4B. * 1. e.
Seite: »7. « 1. c. Seite: 67. • 1. c Seite: 49.
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44 Das Verhältnis der Wescnlieit zu dem D&seiu etc.
(determinutiiin) anf eins g-emäln «ler Gattiing- und Art. Einzig und
aUtiiu das Sein Ciottes ist schlechthin unendlich.' Denn da« Sein
jeglicher Kreatur ist eiu participierteä und darum notwendig
endliches nach Gattung und Art Jedes Dag ist dadurch,
dafs OS das Sein bat. Kein Ding also, dessen Wesenheit
nicht sein eig-nnes Dasein ist» iet dnrch seine Wesenheit,
sondern durch die Teilnahme an etwas (participaUone aliciqas),
nämlich an dem Sein (sciHcet ipsius esee). Was aber dnreh
Anteilnahme ist, das kann nicht das erste Seiende bilden.*
Ans diesem Gründe haben aveh die Engel ein partioipiertes
Sein» weil elnsig und allein Gottes Sein seine eigene Wesenheit
ausmacht'" So lauten die Texte des hl. Thomas nach P. Limb.
Nun sieht der Herr Antor ans dem Dargelegten folgenden
Sehlufs: Weil also da« Sein jeder Xreatnr ein» nach Gattnng
Qod Art endliches, und Tom Sein selber (dürtle wohl das
erstü Sein bedeuten) erhaltenes oder purticipiertes ist, darum
ist es nicht nur l'urmcll und innerlich, soudern auch äul'ser-
lich und wirksam ein beschränktes.
P. Limb, hat durch diese Stellen des hl. Thomas so tretfend
seine eigene Theorie widerlegt, dal's kein anderer Autor es
besser zu thun imstande wäre. Das Sein der Kreatur ist ein
nach Gattung und Art endliches. Lud warum dies? Weil es
ein partioipiertes ist. Und warum ist dieses Sein ein partioipiertes?
Weil die Wesenheit des Geschöpfes mit der £xistens» mit diesem
Sein nicht real identisch ist. (KuUa igitur res, cnjus essentia
non est sunm esse, est per essentia m» sed partioipatione
alioujns» scUioet ipsins esse.) Bas geschaffene Sein ist also
dämm ein endliches» weil es ein partioipiertes ist. Es ist aber
deshalb ein partidpiertes» weil es Ton der Wesenheit sich real
nntersoheidet Der' Gmnd» warum das Sein der Kreatur ein
partioipiertes genannt wird, ist also dem Doetor Angelicus
nicht das Von- einem Andem-sein» wie P. Limb, stets betont»
sondern das real Untersohieden-sein. Mit welchem Rechte der
» cfr. 1. p. q. 54. a. 2, » cfr, 1. contr. Gent. cap. 22. • cfr.
1. 2. q. 3. a. 7.
Das Verhtltnis der Wewnbeit sii dem Dasein etc.
45
Herr Autor seine Lehre aus diesen Stellen des englisoheii
Meisters herleiten will, vermögen wir absolut nioht an begreifen.
F. Limb, sagt ein^h: weil das Sein jeder Kreatnr ein nach
Gattung und Art endliches ist — warnm es dies sei, hat der
Herr Antor zn bemerken unterlassen — und weil es ein er-
haltenes (receptum) und vom Sein selber participiertes ist,
(loshjilb ist es nicht nur formell und innerlich, sundcrn auch
äui'serlicii und wirksam nin heHchränktes. Wir woUeu nun
einstweilen zugeben, es sei dem also. Dann haben wir immerhin
nur den Grund, warum dieses Sein äulserlich und wirkHam
(efticientor ) ein beschränkte« ist. Allein uns interessiert zuuuchst,
in Erlahrung zu bringen, warum es forme 11 und innerlich
ein beecbränktes sei. Diese Frage übergeht P. Limb, ganz und
gar mit Stillschweigeo. Die blofse Behauptung, es Terhalte sich
80, können wir nicht ohne weiters als richtig hinnehmen. Es
hat sich aber aus der Untersuchnng, die wir bis hierher gepflogen,
ergeben, dafii die aufsere und wirksame Beschränkung des
geschaffenen Seins dessen form eile und innere zur notwendigen
Voraussetsuog hat Ist nämlich das Sein des Geschöpfes nicht
dadurch beschränkt, dafs es von der Wesenheit aufgenommen
wird, d. h. also, ist dieses Sein nicht real von der Wesenheit
unterschieden, so kennt es keine äufsere wirksame beschrankende
Ursache, weil es ttberhanpt keine aufeere Ursache hat (Quidquid
aliquid habet per suam quidditatein nou habet ab alio, sed a
seipso).^ Ferner bemerkt der Ur.vr Autor, S. Tiiwuias citierend,
„das üeschöpf sei durch Anteiiuahme eines Andern, nämlich des
Seins selber." Was versteht ?. Limb, unter diesem Andern,
dem Sein pelhor (est participalione ali cujus, scilicet ipaius
esse)? Etwa die WcRenheit? Dann wäre der Sinn die.^er:
die geschati'ene Wesenheit existiert durch die Anteilnahme (par-
ticipatione) an sich selber? Das ist nicht recht verständlich.
Oder ist dieses Sein, an dem die Wesenheit Anteil hat, Gott?
Dann wäre Gott das participierte Sein der Kreatur. Das ist
< efr. 2. oontr. Qent. csp. S2. ratio 4*: f,EsB6 ab alio caosatnm
nou competit entl inqnantnm est ens,"
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46
Dm Verbiltiiis der Wetenliett tu dm Datein
abermals eine sehr bedenkliche Ansieht. Folglieh mufs dieses
Andere (aliquid), was die Wesenheit durch Anteilnahme besitzt,
etwas von der Wesenheit selber und von Gott real Unterschiedenes
sein. Diesca ist in der That die Lehre des hl. Thomas, und
P. Limb, murd, indem er den hl. Thomas anrutt, will er konse-
quent sein, ganz dasselbe verteidigen.^
Das Sein der Kreatur isfc demnach ein äufserlich und
wirksam beschränktes, weil es von der Wesenheit real unter-
schieden ist» and darum einer finibem wirkenden Ursache bedarf,
nra wirklich sa sein.
P. Limb, schreibt noch an derselben Stelle folgende Worte
des hl. Thomas nieder: „Alles Partloipierte verbSU sich aom
Partictpierenden wie dessen Akt Wie sehr auch immer eine
Form für sich subsistent ist (Engel), so mulb sie doch an dem
Sein Anteil haben (oportet, quod participet esse) weil auch das
Leben selber und dergleichen, wie Dionysius sagt (5. c. de div.
nom.), an dem Sein Anteil hat. Das participiorte Sein aber wird
beschränkt je nach der Fähigkeit (capacitaa) des Participierenden.
Daher ist Gott allein, der sein eigenes Dasein selber ist,
der unendliche reine Akt. In den intellektuellen Substanzen
hingegen findet sich die Zusammensetzung aus Akt und Potenz,
^ Mao bsscbte noch folgende Stelle: »Aliquid dicitur determiDatum
dupliciter. Primo ratione Unitatiouis; alio modo ratione distinctionis.
Essentia autem divina non est quid deterniinatum primo modo, sed
sernn!a modo, qnm forroa non limitatur nisi ex hoc, quod in alio
recipiiur, cui niatoiia commensuratur. In essentia autem divina non est
aliquid in alio rcceptum, eo quod esse ejus est ipsa div ina natura
sttbsiitens, quod in nulla re alia contingit. Nam quaelibet res
alia habet esse receptum et big Hmitatnni. Et inde est, quod etsenUa
divina ab omnibns diitingnihir per hoc, quod est in alio non recipi;
sicut si enet allqna albedo existens non in subjecto, ex hoc ipeo
distingueretur a qualibet albcdiae io subjecto existente, qnaniTis in ratione
albediais non esset recepta et sie nec limitata. Patet ergo, quod essentia
divina non est aliquid pcnerali in esscndo, cum sit omnibus aliis
distincta, sed solum in causaudo, quia id, quod est per se, ost causa
eorum, quae per se uou sunt. Uude esse per se subbisteos ei>i causa
omnis esse in alio reeepti.* (Qnodl, 7. a. 1. ad Inm.) efr. ib. a. 6.
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Das Verhaltaiä der Wesenheit zu dem Dasein etc.
47
oder ans der Form und dem partieipierten Seiu."^ Dazu
bemerkt nun der Herr Autor: „Da mit der objektiven Fotenz
jener Akt übereinstimmt, der dieser Fotonz entspricht, so folgt,
dafs der Akt Ton der Art sein werde, von welcher dio Potenz
ist, auf die er sich bezieht. Von jener Art wird also das par-
ticipierte Sein von Demjenigen »ein, der das Sein selber ist
(nlio Ton Gott), Ton welcher Art die Yorbeigehende objekÜTe
Potens ut Aagenftcheinlich wird also das parttoipierte Sein
beschränkt nach der Fähigkeit des Partieipierenden
und der Seinsakt ist notwendig ein endlicher. Da nun die Form
oder Wesenheit des Engels nicht durch sich selber existiert, nnd
dämm nicht ihr eigenes Dasein ist, hat sie das Sein von
Gott dnreh Anteilnahme und so ist der Engel snsammengesetat
aus der Form und dem partieipierten Sein."
Kiuig-e kurze Bemerkungen zu dieser BeweistÜhrung des
P. Limb, wurden vollständig genügen. Zunächst suchen wir
abermals vcrcrebens nach dem innern formellen Grunde der
Beschränkung des i'>eiu8 der Kreaturen. Denn eigentlich hat
Gott, der das Sein selber ist, es also geordnet, dafs das Sein,
der Akt, mit der objektiven Potenz, der Wesenheit nämlich,
übereinstimmt» derselben entspricht. Der Akt ht derselben Art
(tale est esse participatum) wie die vorausgehende Potenz (qualis
erat praevia potentia objeotiva). Wenn das Bein sich nach der
objektiven Potenz richtet, dann mn&te dies im Ideale so vor-
gebildet sein. Die ideale Existena stimmt also mit der idealen
Wesenheit 'tlbereia Dann ist offenbar in der idealen Ordnung
die eine nicht real identisch mit der andern. Infolgedessen
kann sie es anch in der realen Ordnung nicht sein. „Das
participierte Sein, bemerkt P. Limb., wird beschrankt nach der
Fähigkeit des Partieipierenden.'' Was haben wir uns unter
diesem das Sein „Partieipierenden" zu denken? Offenbar die
objektive Potenz, die subjektive bestreitet P. Limb. Dann
ist die existente Kreatur zusammengesetzt aus der objektiven
Putenz, dem Möglichen, und der aktuellen Existenz. „Der Engel,
* cfr. 1. p. q. 76. s. 5. ad 4a>n.
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48 Die Systematik in den Qtmestlonee diapataUe etc.
lehrt der Herr Autor, iet sneamineDgesetst ans der Form und
dem participierten Sets.*' Bas heifst mit andern Worten:
der Engel ist Kusammengesetzt ans dem Akte, dem participierten
fSein und der Wesenheit, wie sie früher war. Allein das, was
nie t'riiher war, inög-lich, ideal, ist sie jetzt nicliL mehr, ^\'ie
küuneü wir deinauch im existierenden Eugel Poiauz und parti-
cipiertes Sein annehmen, wenn die subjektive Potenz vcrworteu
wird? Jede ZusammenRetzung erweist sich dann als uuinnglich.
Auch clor UnLcrschird zwischen der niü^lichon Wesenheit, in
der objektiven Potenz nämlich, und dem participierten Sein hat
den realen Unterschied awischen Wesenhoit und Existens za
seiner notwendigen Voraassetzung. Nur weil diese beiden real
unterschieden sind, war die Wesenheit früher objektiv möglich.
Sind sie nicht real nntersohieden, so ist die Wesenheit jeder«
zeit notwendig.
Bas 8ein der Kreatur ist also dadaroh beaohraokt» dafs es
in der realen Wesenheit , als ihrem entspreohenden Subjekte,
an f genommen worden ist Dieses ist der formelle und
innere Grund, und nach diesem richtet sich dann der äufsere
und wirksame.
Die eingehende Priifhng der Beweise des englischen Meisters
zeigt uns demnach, dafs die Lehre, welche 8. Thomas verteidigt,
nicht bluTü nicht evident falsch, sondern dals s-ic überhaupi
nicht falsch, vielmehr durchaus begründet und richtig ist.
'-HS'-«
DIE SYSTEMATIK IN DEN QUAESTIONES
DISPUTATAE DES HL. THOMAS VON AQÜIN.
Von Kanonikus Professor A. PÜKTMANN.
Die Quaestiones disputatae^ oder konnte man deutsch sagten
„die gelehrten Untor8Uchunf:en" galten von jeher als das
gelehrteste spekulative Werk des hl. Thouiaä. 6ic enthalten
» In licii alten Ausgaben gowfthnlich olnip Optiszahl, meist nach
den Kommentaren zu den Sentenzen des Petrus Lombariius eingefügt,
oft aodi oinseln ediert.
^ed by CjQQQle
Die SjtUmatik in den QuaeBtionea dispntatoe ete.
49
die AbhaiidlnngeD : de ]K>tentia, de malo, de spiritoalibiiB crea-
tnria, de anima,, de unione Verbi incaraati, de virtutibas and de
Teritate.^ Der Porp nach sind sie gehatten wie die Kommentare
SU den Sentenzen nnd die Quaestiooes der Somma theol., nämlich
nach der wesentlich aristotel. Methode vorgehend: durch die
difBcultatc^ zu dem Antoritätsbewcis, rationellen Beweis im
corpus articuli und der rti.sponsio ad isingula; aber nun das alles
viel weitläufiger und eiolärblicher, oit mit zehn, zwanzig Ein-
wänden, deren vorläufiger Erledigung und Aufbringung neuer
SSchwierigkeiten» mit viel sahlreicbero AntoritStatexten nnd
priocipiellen Erörterongen, die <a Abhandlaogen, oft auch mit
reichem dogmen- und philosophiegeachichtlichem Haterial an-
wachsen; 80 dafs man begreift, wie im Unterschied dazu Thomas
in der Einleitung" zur Summa theol. sagen kann, dafs er da nur
schreibe? ad eriuiitiouem incipientium mit Vermeidung der multi-
plicalio quai'stionum , brevitor ac dilncido. Danach erscheinen
die Quaeätiones disputuUu als gciehriu lielauuntersuchungen
Über eitneliie Fragen dw Philoaopbie und speknlativen Theologie
fiir Fachgelehrte nnd nicht pro incipientibne geachrieben, die ala
solche weaentlich auch beigecogen werden milaoen ala erklärende
weitläufigere ParalielsteUen zu den kUrzem Anaführungen in der
Summa. Deslialb erachtet man dieselben auch gemeiniglich als
Einzelabhandln np:rn über die verschiedensten Gegenstände, ohne
weitern innern iogischeu oder sysLematischon Zusammenhang, und
in dieser Meinung ging anfänglich auch der Verfasser vorliegender
Arbeit an deren kursorische Lesung. Bald aber drängte sich
ihm die Idee auf, es Hege doch diesen Terechiedenen Unter-
anchungen eine logiache Finheit, ein innerer Znaammenhang, eine
Art System an Grunde. Es sprechen dafilr aam Tomeherein
einige Wahrscheinlichkeitsgründe.
L Wahrscheinlichkc itsgriinde. Betracütct man nämlich
zunächst nur ganz obortlächlich die Titel der verschiedenen
Quae^^liones , so fallt sogleich auf, daCs der Abhandlung de
venULe, weiche eine Erkenntuiblehre im grofsen ist, die ganze
Erkenntoiaweiae Gottes und der Kreaturen betrachtend, die
andere Abhandlung de potentia entspricht» welche im Unterschied
an der Erkenntnis, von .der göttlichen Macht abhandelt, der
innergötÜiohen in der Zeugung des Logos, und der auf die
Kreaturen bezogenen in der göttlichen Weltschöpfung, l'rhaltung
und Wunderwirksamkeit. Nun müchto man nur noch vermuten,
ob denn nicht der Untersuchung de veritate oder de vero auch
> Su die Keiheufolgc in der edit. Vivett ; andere anders.
jAhrbttcb nir Pbilofophle etc. VI. i
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50
Dfo SystooiAtik in den Queitiones dispntatae etc.
eine solche de boao entopreohey «o dafii dann, Ton der Trinit&t
auBgehend, über Macht» Weisheit und Güte abgehandelt wäre.
In der That beginnt von qu. 21 der Untereuchung de veritate
an ein ganz nener Gegenstand, der nicht mehr unter diesen
Titel paföt, nämlich de bono und zwar Mhulich wie de veritate
vorgehend: de bono in communi und dann über die Güte und das
Woileu in Gott, de voluotate JJei und hierauf absteigend über
die Güte und Witleiiathfitigkeit im Kreatttrlioheik de libero arbitrio,
de passioDiboe eto. Bedenkt man nnn, was sich noch zeigen
wird, dalh die jetzigen Titel erst später hinzugekommen sind, so
mäfste hier cp. 21 offenbar ein neuer Titel stehen, nämlich de
bono oder de voluntate und dann hätte man m vorläufig- drei
AbhandluDfT' Ti, dio zusammen ein (.xauzos, ein System zu bilden
scheinen: de potentia, de veritate und de voluntate. — Ahnlich
verhalt cö sich mit der Untersuchung de malo und de virtutibus.
Obwohl nämlich dieselben in den gewöhnlichen Ausgaben sehr
auseinander stehen, nämlich die entere an zweiter, letatere an
runfter Stelle, so gehören sie doch innerlich susammen. Ilenn
beide gehen ganz gleich vor: die eine handelt zuerst ab de
virtutibus in communi und dann über die einzelnen Tugenden;
dio <\rei g"öttlichen und die vier Kardinaltugenden; und ähnlich
die andere zuerst de malo in communi und dann über das Boso
im einzelnen: die sieben IlauptBÜndon. 8o scheiuen auch diese
zwei Abhaudluugea zusamoieu ein Ganzes zu bilden, wenn sie
auch nicht beieinander stehen, da ja so wie so, wie bereits
angedeutet wurde, die Aufeinanderfolge dieser Werke in den
verschiedenen Ausgaben eine sehr Terschiedene ist. — Schwie-
riger freilich dürfte ein Zusammenhang zwischen den drei andern
Werken: de spiritualibus creaturis, de anima und de unione
verbi incamati zu finden sein, doch wird sich zeigen, dnlV^ wie
«in roter Faden durch sie Ein Grundgedauke sich hindurclizielit:
der von der unio, von irgend einer Vereinigung, sei es der
bypostatischen oder formalen oder logischen. Und so glaubte
der Yerfosser durch diese Torl&ufige Betrachtung der Titel, der
Anordnung der Materien, einem groben einheitlichen System auf
der Spur zu sein, einem genialen höhern Gedanken, von dem
aus eine Unzahl von verschiedenen Wahrheiten in absteigender
Beihc betrachtet würden.
Es schien ihm das noch mehr zur Wahrscheinlichkeit sich
zu erheben, wenn er die indoles, die ganze Geistesriohtung des
grol'sen hciiigeu Lehrers in Betracht zog. Ks ist vielleicht nie,
in der ganzen Geschichte der Philosophie seit Aristoteles, ein
einheitlicherer Denker, ein grölserer Systematiker aufgetreten,
^ed by dooQle
Die Systematik io den Quaostioues disputatae etc. 51
als der hl. Thomas. Von höchsten allgemeinen Princlpien aus
leitet er gewühnlich eine ganze Reihe von Wahrheiten ab (man
vgl. 7.. B. nnr, wie er ans dem Einen Gedanken Dens actus
•yurua die ganze Gotteelehre deduziert). Ein Axiom durchzieht
«Ib Kerngedanke einen ganzen Traktat z. B. qaod inferiora
regnntar per snperiora die gewaltige Abhandlung do gabernatione
mnndi. Monnmentale Systeme, die nicht ihresgleiohen haben,
ftiod die awei Sammen und das einheitlich geachlossene, fast wie
ein Kechnungsexempel sich abwickelnde Compendium theologiae.
Wie sollte nun diener Riesengeist, der allcB von höchsten Ge-
fichtnpunkten aus einheitlich betrachtete, nicht auch bei seinen
Q,uaüstionü8 disputatae einen einheitlichen Plan gehabt haben,
wo schon die äufsere Anlage darauf hinzudeuten bcheint? Wie, weuu
s. B. die drei Traktate: de potentia, de Teritate» de yoluntate Yon
höchstem Standpunkt, vom tnnitariaohen Leben Gottes aus, Macht,
Weisheit und Liebe zuer}«t in Gott und dann absteigend in den
Kreaturen betrachten wollten? — Aber freilich, dann sollten
anch diese Abhandlungen in einer Art geschichtlichen Zusam-
menhangs vcrfaföt sein. Die Geschichte und Umstände der
Abtat»äUDg sollieu diese Vermutungen bestätigen. Das ihun sie
aber wirklich, wenn man die gelehrten dissertatione» criticae^
des P. de Bubeis in Betracht zieht.
IL Historische Gr ttn de. — In dem IL cap. der
Oiasertatio XL über die Autenticität, Integrität etc. der Werke
des hl. Thomas handelt der gelehrte Dominikaner: de tempore
et loco der Abfassung der Quaestiones disputatae. Nachdem er
gezeigt, dafö die zuverlässigsten Nachrichten hierüber lierriihren
von Piolomatuis Lucensis, einem Schüler und Keisegelahrtcn des
hl. Thomas, kommt er nach dessen Mitteilungen zu folgendem
llesuluit: 1) Vom Jahre 125ü au (unter dum Poulihkat
Alexander IV. 1254 — 61) als nach Beilegung des Kampfes des
Wilhelm de Sancto Amore gegen die Kinoriten, wegen Zulassung
derselben zur LehrthStigkeit an Universitäten, Thomas das
Doktorat empfkngen hatte, las und schrieb er in Paris, wie
Lucas sagt: per biennium de veritate, nachdem er vorher,
noch als Baccalaureus, den ersten Kommentar zu den Sentenzen
des Lombarden ausgearbeitet hatte. Es macht den Eindruck,
als wollte der hl. Lehrer mit diesem grofsen Werke de veritate
gleich im Anfang seiner öffentlichen Lehrthätigkeit gleichsam
das erkenntnisthteretisohe Fundament für seine weitem speku-
latiTon Arbeiten legen. — 2) Vom Jahre 1261 an (unter dem
• Abgedruckt im I. fid. der neuen römischen Thomss-Amgabe.
4"
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52 Die Systematik in den Quaestioaes disputatac etc.
Fontificat Urban IV. 1261 — <'4) schrieb er dann, nach demselben
Ptolomaens Lucensis liulien im Auftrag des Papstes: Die
Kommcuiure lu (^uutuor Evangeiia, das Otiiciuiu Corpori» Ghrieti,
und contra errores GraficoniQi, and dann fSkrt er föit: isto
aatom tempore, tenens Btudinm Romae, quasi totam Philosophiam,
eiTe moralem sive Batoralem exposuit et in «oriptnm sea com-
mentum redeg-it; sed praccipuo etbicam et mathematicam (lege:
nietaphysicam) quodam singulari et novo modo tradendi. Scripsit
etiam icmpore cjusdein Pontificis libruuj „contra Gentiles" et
quaeationeB de anima. 80 finden wir hier ein ferneres Werk
der quaestiones dispulalae erwähnt; und zwar eutstand diese
psychologische UntersucbuDg offenbar im Zusammenhang mit
jenen novo et eingnlari modo gehaltenen philosophieehen Vor«
leanngen in Eom. — Darauf unter Clemens IV. (1265-^68)
be^^nnt Thomas die Ausarbeitung der Summa tfaeologica, bald in
Rom, bald in Perngia, bald in Viterbo in den Schulen seines
Ordens wirkend: schreibt aber daneVten. wieder nach den Mit-
teilungen den Piolomaeus, und zwar nach dem Jahre 1265 die
quaestiones dit?putatae: de spi ritualibus crealuris und de
malo et virtutibus. Letztere werden ausdrücklich miteinander
erw&bnt und erscheinen also als ein susammcngehörigcä Ganzes,
obwohl sie in den Ausgaben gewöhnlich auseinander liegen. —
3) Vom Jahre 1269—71 ist Thomas wieder in Paris, wo er
die Summa theol. fortsetzt, wozu Ptolomaeus weiter bemerkt:
hoc etiam tempore (sc. unter dem Pontifikat Gregor X. 1271 — 76)
disputavit quaestiones de Potentia Doi et creaturao, und
de Rubels lügt bei, in Ausle^uii^ von ähnlichen Erwähnungen
bei üuilelmug de Tocco und Echatdus: hinc demum conticitiir,
teriiam partem Uuaestionum (i. e. de potentia) Parisiis elucubrasse
Thomam ab anno 1269 cadente ad annum 1271* — Damit ist
Ort und Entstehungszeit aller Quaest. disput. erwähnt mit Ans-
nähme der Abhandlung: de unione Verbi inoarnati.
De RubMS b^erkt darüber im I. cap. der genannten Dissert:
dafs dieselbe hie und da unter den andern Abhandlungen ohne
besondern Titel enthakeu gowe-^tMi sei und dal's sie Kciiurd in
der Autzählung der ältesten Manuskripte ausdrücklich erwähnt
und zwar, was wichtig, uebeu den QQ. de anima, de virtutibus,
de unione Verbi incamaU, de spiritualibus creaturis. Danach
ist sie also auch höchst wahrscheinlich im Znsammenhang mit
diesen in Italien entstanden. '
überblicken wir nun diese geschichtliche Abfolge der Ent-
stehung der einzelnen Quaestiones disput., so ist dieselbe der
Annahme einer systematischen Ordnung günstig. Wir haben
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Die Systematik in den Quaestiouea disputatae etc.
53
danach zwei Gruppen von Werken: diejenigen, die in Paris ent-
standen, und diejefligen, die in ilalien abgefafst wurden. Nun ist
zunächst klar, dafs de malo et virtulibns ziifiammen ein (lanzes
biiiieo, wenngleich aie iu den Ausgaben weit aubciuauder iicguu,
ind«Di die kieinerii Werke de ftoima eto. swiaoben hioeia^
gescbobeD sind; denn me finden sich in den hietoriecben Angaben
immer zusammen erwähnt: de malo et (!) TirtutEbne und Bind
anch g^leicbzeitig nämlich Tom Jahre 12()5 an entstanden, abge-
sehen davon, dafs, was hier in der his^torischcn Begründung' noch
nicht in Bflraeht komiut, sie auch iuneilicli zusammengehören.
— Loser ist der Zu«*a!umeiiliaii;j^ btM den kleiuuru QuaeKtinTUis ;
de anima, de »piritualibut» crealuri« und de unione Verbi incaruati.
Immerhin iat daA bemerkenswert, daf» sie alle während dem
Aufentbalt in Italien entstanden und zwar zaemt de anima io
Born» unter Urban IV., dluin de i^iritnalibna creaturis io Peragia
oder \lterbo unter Clemens IV. und wahrscheinlich zuletzt, weil
anch zuletzt erwähnt, ebendort de unione Verbi incarnati. So
iHt wenigstens ein zeitlicher Zusammenhang da, Thomas konnte
in Einem Gedankenziig si< ah-^t fafst habeti; und vielleicht dafH,
was aus innern (.Trnnden sieh wahrscheinlich machen lassen wird,
je das folgende Werk eine i'orttsetzung und höhere Krönung den
Torberigen dantellt, de anima dnreb de apiritnal. creat. nnd
dieses doicb de unione Verbi. — Am offenbarsten ist der Zn-
sammenhang zwischen den zwei grofscn Werken: de Teritate
und de potentia, wenngleich hier die historische Aufeinanderfolge
und die Anordnung' in den Ausgaben dagegen zu sprechen
scheinen, in letzrf ren steht nämlich g*-\v^hnlic'li die Abhamllung'
de potentia an erster, de veritalo sogar an letzter Stelle. Allein
wir haben schon gesehen, dafs auf diese Anordnung in den
Auegaben nichts zu geben ist, indem sie wechseln und nicht
Ton Thomas herstammen. Zudem ist zeitlieh gerade umgekehrt
de Yeritato zuerst, de potentia zuletzt entstanden. Aber nun
möchte vielleicht gerade dieses zeitlich weite Auseinanderliegen
der Entstehung beider Werke gegen ihre innere Einheit und
Zusammengehörigkeit (Sprechen. Und doch nicht, wenn wir etwa«
die lokal»' Einheit dt-r Kntstehuni: crwitgen. Beide Werkt; sind
numlich in Paris cntstatulen, daa eine de veritate im Anfang der
ötieotlieheu Lehrthütigkeit des hl. Thomas an der dortigen
Unirersität, das andere am Schlufs derselben. Sollte nun nicht
der grofse Systematiker bei seiner Rückkunft nach Paris sich
seiner dortigen ersten jugendlichen Wirksamkeit erinnert und
mit einer gewissen Wehmut an diese schönen Tage zurückgedacht
haben; mnfste damit nicht sein Geist wieder da anknüpfen, wo
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54
Die Sjttenatik in den Quaettionea dispotela« ete.
er bei dem ersteu Autuuüiait uulgeiiört^ mufäte er Bich nicht
wieder «i aein grofsee Werk de Yeritate erionm und konnte
er da niciit den Gedanken fassen, w wftra von hohem Inteteese
nnd ein Absehlnr« seiner Jngendarbeit, wenn er in Ergänzung
und Erinnerung an jene nun aach das andere geistige Grund-
vermögen neben dem Intellekt, nämlich den Willen, ähnlich wie
jenen behandeln würde I So wird dann die Einheit den Ortes
und die psvBchologische Einheit der Erinnerung an alte frühere
Zeiten zu einem äufpern ü runde der innern Einheit der Werke,
die diese, wie sich sogleich zeigen wird, wirklich besitzen. «
Und so erhebt in der That die historisebe Betrachtung de loco
et tempore der Eotstehnug der Qoaest disput jene Torlänfige
Vermutung, i s möchte in ihnen eine Systematik enthalt' n >ein,
an höherer Wahrscheinlichkeit» gibt ihr einen äafoem Anhalts-
punkt, eine historische Unterlage. Uiul'zwar lassen sich danach
zwei Systeme unterscheiden: sicher bilden ein Ganzes df malo
et virtutibus; ebenfalls de veritate et potnntia; nnd 2u^umuJen
gehören, wenn auch lockerer, die drei andern Abhandlungün : de
anima, de spiritualibus oreaturis und de unione Verbi incamati.
Was so SU hoher Wahrsofaeinlichkeit erhoben ist» lafst sieh aur
Gewifsheit steigern durch innere Gründe, nämlich durch die Dar-
legung der Systeme selbst
III. Innere Gründe; die Systematik der Quae-
stiones disputatae im einzelnen. — Wenn nun im
Folgenden die wirklich vorliegende Svsfomatik der einzelnen
Quaest. disp. dargelegt werden will, wodurch dann aus innern
Gründen unsere These «erwiesen werden soll, so ist dabei aller-
dings einleitend au bemerken, dafs diese Systematik nicht eine
so scharf und streng geschlossene ist, wie etwa in der Öumma
theoL oder gar im Compendinm theologiae; Tielmehr sind die
Quaest. disp. wesentlich als das au fassen, was sie sind, als ge*
lehrte I)etailuntprs»nr>hungen, als eine Art ,,Monofrrnphiccn" im
modernen JSinu, und da sind denn gewisse Digressionen un-
answcichlich, bei <leiicn der systematische Zusammenhang jeweilig
wieder in etwas gestört wird; das schlieCst aber nicht aus, dafs
doch im groTsen nnd ganaen ein Werk ein grofser einheitlicher
Gedanke durchsieht, gleichsam wie der rote Faden sich durch
dasselbe hindurohaieht, oder wie eine architektonische Grund-
form dasselbe beherrscht, die bei allen UnregelmäTsigkeiten des
Baues im einzelnen, doch immer wieder hervortritt. — Es soll nun
dieser Nachweis zuerst bei dem Werke veraucht werden, bei dem
die Einheit am wenigsten er.sichLlieh, nämlich bei den drei kleinem
Abhandlungen: de aoima, de spiritual. creat. und de unione Verbi.
uiyiii^ed by
Die Systematik in den QoiestioiMs ditpntatae ete.
55
1. Die Qaaastiones dispatatae: de anima, de spiri-
tnalibiiB creatnria und do unione Verbi incarnati. —
Geschichtlich hat sich gezeigt, dafs das zuerst abgetar^tc derselben:
de anima, das letzte dagegen: de unione Verbi ist; und in dieser
Reihenfolge; de aoima, de spiritualib. creat. und de unione Verbi
müsbCQ sie doshalb auch geordnet sein, wenn auch die gewöhnlichen
Ausgaben de spiritnal. creat. vorausstellen und diesem de anima
folgeo lassan. Nnn aber wird sieh seigen, daßi de anima die Seele
besonders betrachtet in ihrer Verbindung mit dem Leibe als forma
corporig; de spiritualib. creat. die geistigen Wesen bes. die Bogel
wieder in ihrer möglichen Verbindung mit körperlichen Wesen und
ob sie deren formae sein können; und endlich de unione Verbi
handelt von der höchsten Verbindung, nämlich nicht nur einer
>>eele oder eines reinen Geiste» mit einem Körper, sondern des
Logos selbst mit der körperlich-geistigen menschlicheu xsatur.
So zieht sich der Grundgedanke von der Union, von der Ver-
einigung eines höhem Geistigen mit einem Niedern, nnd zwar
in einer Steigerung von Mensch^ Engel, Logos durch das Ganse.
Betrachten wir das im einzelnen.
a) Die Quaest. disput. de anima ist nicht etwa wie das
gleichnamige Werk von Aristotelps eine vollständige Psychologie,
riondern behandelt einzig die, Frage über die 6eele in ihrer
Kinheit und V^erbindung mit dem Leib als forma und dem ent-
sprechend dann umgekehrt in ihrer Trennung vom Leib, also
alles betrachtend unter dem einen Gesichtspunkt der Form.
Vnd Ewar handelt der ganze Traktat, der in einer qnaestio
unica enthalten ist, in den ersten 13 art. über die Verbindung
der Seele mit dem Leib als forma corporis und von art. 14 bis
21 über den Znstand der vom Leibe getrennten äeele oder der
anima separata.
Als grundlegend fiir den ersten Punkt wird L'-leieh ein-
leitend uusgctuhn, daia die k3eele die forma subütauuuiis oder
Weeensfonn des Leibes ist» die ihm sein individaeUes 8ein das
hoc aliquid Terleiht art. 1 und zwar so sehr ist sie forma corporis,
bestimmt mit dem Leibe verbunden zu sein, daih es zunächst
gar nicht ihre Au%abe ist, getrennt vom Körper als anima
separata 7M existieren, wenn sie auch niit d«!in Intellekt nicht
ganz in ihn untergetaucht ist, und einntens getrennt von ihm
subsi^tieren kann. a. 2. Darum, weil die geistige Seele forma
corporis ist, so ranfs es auch so viele geistige t^eelen geben als
belebte Körper; es gibt deshalb nicht einen einzigen inteilectus
possibilis oder eine TornttnfUge receptive Seele für die ganze
Menschheit, was gegen Averroes betont wird; a. 3. noch auch
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5Ö
Die Systematik in den Quaesüones disputatae etc.
einen cinzi«ren thiiliguD abstrahierenden Verstand odnr intellectus
agens für alle, was gegen Avicenua g-ilt. a. 4 u. 5. 1hl aber so die
vernünftijsre Seele weftentlich forma corporis, ro darf man in ihr
selbst nicht wieder unterscheiden zwi»cheu Materie und Form;
a. 6. weil dann die Form das Weeen und die Art eines Dinges
bestimmt, so können offenbar Engel und Menschenseele nicht
der gleichen Art angehören, da der englii*che Geist gar nicht
bestimmt ist, Form zu sein. a. 7 and umgekehrt ist der mensch*
lifho Leib hoRtitural und pausend eingerichtet, Mnterii; od«?r Organ
der vern\inttit;on Seele zu sein; nämlich durch die Sinne, weU lie
dem Geiste das Denkniatcrial verinilleln. a. 8. Und eben darum
besteht auch kein Aliitelgliod zwisciiuu Leib und Seele, wie die
Trichotomisten meinen, sondern die geistige Seele ist unmittelbar
Form des Leibes und erhält Ton diesem die £tn?rirknngen.
a. 9. Deshalb ist auch die Seele in gewissem Sinne in toto
corpore et qualibet parte ejus. a. 10 RhenAo sind die anima
rational!», sent^ibilis und vcgetabilis nicht drei verschiedene Seelen,
wie die Platoniker wollten, sondern nnr drei Seiten oder Bc-
thätigungsformen der einen geistigen Seelensubstanz; a. 11 und
darin wurzeln auch die verschiedenen Seelenvermög-en, die nach
den Objekten der Thätigkeilen unterschieden werden, a. 12 u. 13,
Ist HO die Verbindung der Seele mit dem Leibe als die von
Form nnd Materie bestimmt, also als die vollkommenste, die sich
in snsammengcsetzten Dingen findet, so mufs nun allerdings auf
der andern Seite betont werden, dufs die Seele nicht so mit dem
Körper verbunden ist, dufs f^ic nicdit auch nach ihrer Trennung
vom Leibe für f^ich fortexistieren, suhsistieien kcinnte. Sie ißt
unsterblich a. 14, und da denn ^eht der hl. Lehrer auf die Be-
trachtung der Fragen betreffs der auima separata über: ob sie,
obwohl die Sinne ihr nicht mehr das Denkmaterial vermitteln,
doch denken könne a. 15, ob sie in oder aulser der Verbindung
mit dem Leibe andere animae separatae erkenne, was im letatern
Fall bejaht wird a. 16 n. 17, ob sie noch natürliche Dinge er-
kenne a. 18, ob in ihr die sensitiven Seclenvermögen fortdauern,
was Thomas (im Unterschied z. H. von Dante) leufj-net a. 19,
weshalb dann die weitere Frage aulgeworten wird, ob sie niehts-
des>towcniger auch Konkretes erkenne a. 20, und wie sie von
einem körperlichen Feaer, dem sog. Fegfeuer leiden könne a. 21.
— Man sieht, die ganse Abbandlnng de anima ist in der That,
wie einleitend bemerkt wurde, näherhin eine Abhandlang de
tinione animae ad corpus und sogar der zweite Teil über die anima
«eparata ist nur die Kelirncito des ersten und unter demselben
formalen Gesichtspunkt betrachtet. Ähnliches läfat sich nun auch
^ed by CjOOQie
Bie Systematik io den Quaestioues disputatae etc. 57
▼on dem zweiten Werke der oreten Grnppe Dacbweisen, es iet
da wieder weaeotlicb die Frage um die QDio der geistigen
Kreaturen.
b) Die Quaest. disput.: de s j) i r 1 1 ii a 1 i b u s creaturis. —
(1 quaest. mit Ii urt.) Unter spirituales creaturae wind hier
»owobl die reinen Geister aln auch die geistige Seele ver8tanden.
Und über letztere werden wesentlich wieder die gleichen Fragen
aufgestellt wie im Torhergebenden Traktat: ob sie ansammeD-
gesetat sei ans Materie und Form a. 1 ob sie mit einem Körper
verbunden werden könne a. 2 ob, wie die Trichotomisten meinen,
dnreb ein medium oder unmittelbar a. 3 und ob sie ganz in
allen Teilen des Körper« sei. a. 4. — Von da geht dann der
VerfaBser auf die rein geistigen Wesen über und tragt: ob es
Quu auch geistige SubBtauzeu gebe, die nicht mit einem Körper
verbunden sind; a. 5 ob aber dieselben vielleicht, wie die Platoniker
meinten, als formae mit den Himmelskörpern verbünden werden
können, was negiert wird a. 6 wie überhaupt keine geistige Substana
mit einem andern Körper etwa einem ätherischeu als forma ver-
banden sein könne, als mit einem solchen, wie ihn der Mensch habe,
weil nur ein solcher '!< in Denken durch die Sinne das Material
zu subministrieren vurmüge a. 7. Sind aber i^o dii; Kngel geictip-o
Substanzen, die nicht al« formae eine materia intonuieren, so
folgt daraus, dafs, weil nur durch die Gleichheit der Form ver-
schiedene Wesen derselben Art angehören, ein jeder Engel
gleichsam eine eigene specios Inr sich bildet, a. 8. — Und nnn
kommt wieder die Sprache auf den Menschen, offenbar in dem
Zusammenhang : wenn also die reinen Geister in keiner Weise
als formae sich mit einem Körper, auch nicht einmal mit einem
ätheriHchen verbinden, ob dann nicht vielleicht doch eine höhere
;:eistig-<? Substanz als intellertn» possibilis, a. S> oder agens, als
allg-enieine Menschheitsseele wenigstens das Denken im Menschen
besorge und sich dann wirklich irgendwie mit dem menschlichen
Leibe ▼ereinige, a. 10. Da beides abgewiesen werden mnfs,
indem die einzelne Menschenseele das ganse Denken, durch Auf-
nahme der Phantasmen und durch die Abstraktioosthätigkcit etc.
besorgt, SO folgt dann aber für sie, dafs an ihr yerscbiedene
öeelenvermöfj^en 7m unterscheiden sind. a. 11. —
Es koniiut initrr dioeiii Ziisnnimenliang der Verlasser wieder
auf ähnliche Fragen zurück, wie im vorigen Traktat, nml es
ergibt sich daran» einerseits, dafs allerdings die zwei Arbeiten
nicht ein geschlossenes System zusammen bilden, sonst wären
diese Wiederholungen nicht eingetreten. Anderseits lafst sich
aber doch nicht leugnen, dafs ein einheitlicher Gedanke durch
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58
Die Systematik in den Quaestiooes disputatae etc.
beide Qnaestionen sich hindurch zieht, nämlich der von der
Vcreiniguug' von poi'^tiircn mit körpfrh'chen «Subptanzou, also der
vou der unio. AUbh ward auch in dii n r zweiten Abhandhinfj unter
dieser KückKit ht behundelt; nur, wahrend iu der ersten einzig*
die Vereinigu der Menscbenseeie mit dem Körper in Betnoht
kommt» wird hier die Frage weiter geetelU: nämlich wie kaon
überhaupt eine geistige Hubstans mit einer körperlichen Bich
verbinden, und dann roufste allerdings einiges aus der Abhandlung
repetiert werden und es verhält sich dieser Traktat dann zum
vorherigen, wie das Allgemeinere zum Hesondern, wie der
Gattungs- zum Artbogriff. Und nun wird, abfichliefsend, über
das noch etwas llöliero» und Allgemeinores g-estellt, nämlich
weuQ gelragt, worden ist: wie verbindet sich die ^eü6cheu»eele
mit dem Leib» wie können möglicherweiee höhere geistige Sab-
stanaen mit Körperlichem sich Terbinden (was im Sinne von
forma und intellectus agens abgewiesen wird), so kann man nnn
noch fragen: wie konnte sich Gott selbst mit dem Menschen
verbinden resp. iakarnieren and darüber handelt der folgende
Traktat
c) Quaetit. disput.: de unioue \ erbi incarnati (qu. unic.
5 art.). — Es werden hier fünf Fragen aufgestellt: utrum unio
Verbi facta sit in persona, a. 1; utrum in Christo sit una tantam
hjpostasis. a> 2; utrum Christus sit unum naiuraliter yb\ dno.
a. 3; utrum in Christo sit nnnm tantam esse» a. 4; nnd utrum
in Christo sit una tantom operatio. a. 5. — Wie diese Fragen
beantwortet werden, kann dem Theologen nicht zweifelhaft sein :
dafs die unio in Christus eine hypostatische, dafs in ihm deshalb
nur eine Hypostase, dafs darum die beiden Naturen miteinander,
wie Cyrill von AK-xandrien sag^te, eine fiwö/c rpvütxr/, ein nnnm
naiuraliter (oiehl ueutraliter, wie einige Ausgaben faUch haben),
ein einheitliches Ganzes unum tantam bildeut das aber doch nadi
den awei ▼erbnndenen Saturen awei Bethätigungs weisen hat, ist
kirchliches Dogma und wird hier philosophisch besonders mit
genauer Begriffsbestimmung von persona und natura (cf, a. 1)
aufigeführt. Und zwar dies m detailliert und fiir sich, dafs man
an einen Zusammenhang mit den andern zwei Traktaten kaum
denken wird. Hält man aber den Titel unio mit dem (irnnd-
gedanken der vorigen zwei Arbeiten zusammen, zieht man zugleich
dabei den historischen Znsammenhang iu Betracht, so ist es doch
zum mindesten wahrscheinlich, dafs Thomas hier cum AbschluTs
der andern awei Traktate «ne höchste unio hinstellen und
gleichsam seigen wollte: bei der geheimnisvollen Beziehung von
Geist nnd Körper tritt eine Verbindung als unio formalis ein
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59
twiscbeo MeDSoheneeele and Leib; nicht eine solche, etwa ala
intellectiis agrens zwischen reinen Geistern und Menschenwelt:
wohl aber die horhste nnio bypoHtatira zwinchen Loffos und
Menscheunatur, wodurch die vollkonmienstc^ X'erbindung von
Kreatur und Gottheit erbracht wird, ho dafs dadurch, wie der
hL Lehrer an anderer Stelle tiofsinaig ausführt: perficitur per
hoc qoodammodo totins operie divioi nniTersitaBf dum homo, qui
est nltiino ereatas, cireulo qnodam in mnm redit priDoipinm, ipei
reram fHinoipio per opus incaroationis nnitne. CompODd. theoL
cp. 208. -
Dafs aber hier so weitlänfig- über die mögliche oder iinniög"-
iicbe Union geistiger oder göttlicher Substanz mit der Mnterie
abgehiindfcit wird, mag darin seinen Gnind haben, dal» der
Gruudirrtum des Avbrroi»mu8, der damaligen i'alächeu Zeit-
Philosophie, gerade darin lag» dafs er in paotheietisolier Weise
einerseits eine üoeahl Ton Verbindangen höherer und niederer
Emanationen Gottes mit Natur und Menschen annahm, anderseits
dann aber doch die Möglichkeit der unio hypostatica in der
Inkarnation verwarf. Unser Traktatencyklus ist eine tiefgehende,
nicht polemisch vorgehende, aber positiv beweisende Widerlegung
dieser Ansicht. Ist dabei immerhin daö System mehr verhüllt
und nur io diesem Grundgedanken gelegen, so tritt ein solches
dentUch hervor in den zwei Abbandinngen de virtutibos und
de malo.
2. Die Qnaeetiones dispntatae: de virtntibiis and
de malo. — Die zwei Abhandlungen stehen wieder in den
gewöhnlichen Ausgaben nicht beieinander, sondern zuerst de malo
oric!) den (]nnf^tione8 de potentia und dann, weit davon entfernt,
nach den soeben behandelten kleinern quaestiones und vor de
Verität© die de virtutibus, ho dal's damit der Zusaramenhaug
uübegreiflicherweiso zcrribhen wird. In der edit. Vives (Bd. 14)
sind daan dann noch die einaelneo Quaestiones de ▼irtutibus als
ebensoviele qnaestiones unicae mit gleicbmäfeigen Titeln hin-
gestellt^ als ob sie so yiele kleinere opascnla waren, die weiter
nicht zusammenhangen. Dagegen wissen wir nun aber aus der
Geschichte (vgl. oben die dissert. critic. des de Rubels), dafs
beide Abhandlungen y,nsan)niengohören : denn immer werden sie
ZU-tianimen erwähnt: de malo et (1) virtutibuH; ebenso sind sie
ofi»?nbar nacheinander in Italien entstanden und zwar vermutlich
zuerst de malo, weil immer zuerst aufgezählt und wohl auch
praktisch anm Gebranch der Pönitentiare anerst gewünscht,
dem dann das andere de virtntibns der Vollständigkeit wegen
beigefdgt, aber wahrscheinlich, weil weniger zum praktischen
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60 Die Systematik in den Quacstiones dispotatae etc.
Gebrauch bostimrat, kürzer gehalten wurde. Logisch nelbst-
verf^tfindlich {j:ehÖrt de virtutibus so gewils voraus, als das Ponitive
vor dem jS'egativen nteht, und so "wollen wir auch im iblgeDdcn
die zwei Werke inhaltlich betrachten. Es wird sich dabei zeigen,
dafs sie xnsammen ein kurzes Compendim der Moral darstellen
und zwar nach der ganz gleichen Anlage: indem snerst de
virtutibus in communi, dann von den drei göttlichen Tugenden
und den vier Kardinaltugenden im besondem abgehandelt wird;
ebenso im andern Traktat zuerst de raalo in communi ('de causa
nuili etc.) und dann von den sieben Hauptsiiuden iru besondem,
so daf^ hier der Beweis aus iDDern Griindcn für das övsteiu
ohne weiters klar liegt.
a) Die Quaei^t disput: de yirtutibns. — Dieser Traktat
besteht ans fänf quaestiones: qn. 1 de virtutibus in commnni;
qn. 2 de caritate; qu. 3 de correctione fratema; qu. 4 de spe;
qu. 5 de virtutibus cardinalibus. Offenbar liegt nun hier die
Systematik darin, dafs, wie in der Summa Iheol., zuerst
über die Tugenden im allgemeinen abfrehandelt wird, daun im
besonderu; und zwar zuerst über die drei göttliche«; vorab über
die Liebe als die Form aller Tugenden, speciell die Liebe üottep,
dann über die Liebe des Nächsten, insbesondere in der Form
der correctio fratema; hierauf wird die Hoffnuog behandelt;
dagegen fallt auf, dafs der Glaube nicht aufgeführt wird; das
Wahrscheinlichste ist, dafs Thomaa diese quaestio absichtlich
ausgelassen bat, weil er bereits darüber eine quacst. disput
geschrieben hatte, nämlich qn. 14 in de veritate und sich hier
nicht melir wiederholen wollte. Nach deu drei ^'■öttlichen
Tugenden kuiutnen die Kardinallujrendeu zur Hehaudlun|j: . so
(iaiH die iüot QuueslioueH ein zu^amuieugütichlo.sseueä ^laozes
bilden. — Es würde nun au weit fähren, die einzelnen Artikel
im besondem su betrachten, doch dürfte es von Interesse sein,
deren innern lo^schen Gedankenzusammenhang zu skizzieren,
indem sich daraus zugleich ergibt, wie die quaesL disp. Parallel-
steilen zu den betrcfTtMiden Partiecn der Summa tlieol. bilden,
dieselben ergänzen und zu deren Erklärung; herang*ezogen werden
müssen. — In der .Xbhancilung de virtut. in rouimuui wird
zunächst gezeigt, dafs die Tugend ein habitus, nicht nur ein
guter Akt ist a. 1, welchen habitus der hl. .\ugustiDUs richtig
so definiert: ,»virtus est bona qualitas meotis, qua recto vivitur,
qua nemo male utitnr, et quam Deus in nobis sine nobis operatur'*
(sc in virtut. infusis) a. 2. Als habitus hat die Tugend die
einzelnen Seelenpotenzcn zu Trägern a. 3, insbesondere die
irascible und concnpiscible Potenz a. 4, während alle Tugenden
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Die Systematik in den Qaaestioues disputatae etc.
61
zuletzt im Willen wurzeln a. 5. Insofern die Tugend ein liabitus
iiii. kann man auch von intellektuellen, nicht nur moralischen
Tugenden (Tüchtigkeiten) sprechen und zwar gibt es solche für
die praktische a. 6, und theoretische Vernnnil a. 7. Die Anlage
iür die Tugend liegt in der Natur, allein sie mufs durch das
meoscbliche Zotbun angewöhnt werden a.'8, was durch wieder-
holte 8etsan(p des gnten Aktes geschieht, a. 9. Es gibt aber
auch von Gott eingegossene Tugenden, die vermehrt werden
können a. 11. AU diese Tugenden nun werden passend eingeteilt
in die drei p:öttlichen und die vier Kardinaltnirendcn a. 12, und
da>* Wesen der letzlern setzen die Alten richlifi^ in ein gewisses
Mittel zwischen dem Zuviel und dem Zuwenig- a. 13.^
Unter deu eingegosbenon oder göttlichen Tugenden uuu ist
die erste die Liebe Gottes (qu. unio. de caritate). 8te ist
etwas von (iott durch Gnade im Menschen Bewirktes, nicht etwa
der hl. Geist selbst a. 1, und bildet geradeso die Form aller
Tugend, insofern jede gute Thätigkeit nur wahrhaft tugendhaft
und gut i^t, insofern sie in letzter Intention durch die Liebe
auf Gott }i!Ti geordnet ist a 3. Deswegen schliefet auch die
i*chwere ^?nndü die Liebe Goiies auR, weil durch sie eine Tren-
nung von Gott eintritt, durch Dahingabe Gottes an ein endliches
Gut a. G, dagegen schliefst die Liebe Gottes die Liebe zur
Kreatur nicht aus, sondern ein, insofern sie um Gottes Willen
und nach Gottes Willen geliebt wird, doch ist das spedfische
Objekt der christlichen ^'ächstenliebc die veruüullige Kreatur,
weil nur diese mit uns in der Vereinigung mit Gott auch end-
g'ültig vereinigt werden knnn a. 7; weil t^ich dann (Jottes Abbild
auch im Feinde lindet, ist auch dieser um Gottes AVillcu zu lieben,
in bosonderiT Weise aber nur ex consilio. a. 8. Dabei besteht
eine Ordnung der Liebe, so zwar, dafs die JSächsteu auch zu-
nächst Gegenstand der christlichen Liebe sind. a. S^. Die voll*
kommene Ifachstenliebe jedoch ist Rat, nicht Pflicht, und soll
bes. durch die Stände der Vollkomffinheit spec. den Episkopat
ausgeübt werden a. 11. — Zur christlichen Nächstenliebe gehört
dann auch, wo nötig, die corrcctio fraterna (qu. unic.) a. 1. Doch
ist auch hierbei eine Ordnung- der Pflicht vorhanden, i^o zwar,
daff» !7i erster Linie dazu die Vorgesetzten gehalten sind. a. 2. —
Die zweite der götti. Tugenden ist die Hoffnung (qxi. un.
de spe). Sie ist eine wirkliche und besondere Tugend, deren
Fomak>bjekt die göttliche GHIte, das Materialobjekt aber die
ewige SeUgkeit ist. a. 1. Sie setzt die Liebe voraus a. 3 und
« ef. 8. tb. L ]I qu, 66 ff.
62 Die Syitenatik in den Qnaettioncft ditpautte ete.
ündet sich nur in statu viae. a. 4. — Logisch und theologisch
vor Hoffnung und Liebe steht die dritte der göttlichen Tugenden,
der Glaube; wantm Über deneelben an dieser Stelle nicht ab-
gebändelt wird, wurde bereits angedeutet. Bystematiscb müfiite
er unbedingt in diesem Zusammenhang zur ^Sprache kommen,
allein, weil der hl. Lehrer darüber weitläufiger abbandelt in den
quaest. disput. de verltate, so scheint hier absichtlich dieser
Gegeu&tand übürg'angcn worden zu sein Au diu g'öttl. Tugenden
reihen sich an die «og. Kardiuiiltiig-enden und darüber handelt
endlich noch die letzte quaest. unic. de virLuLibu» cardiDälibus.
£8 werden dieselben richtig untersobieden in: Xlngheit, Gereeli*
tigkeitp Starkmut und Mafsigung a. 1, sie stehen mileinander in
einem innem Zusammenhang, so dafs, wer die cino im wahren
Sinne besitzt, die andern auch irgendwie besitzen mufs a. 2,
woraus sich eine gewisse aequalitas virtutum ergibt a. 3, weil
dann die Kardinaltugeudon die Grundbestimmungeii der sittlichen
Tüchtigkeit ausmachen, so bleiben sie auch in irgeudwelcher
Weise in patria. a. 4. — Hiermit schlielst Thomas die Abhand-
lung de virtutibus; dafs dieselbe eine einheitliche systematische
Abhandlung ist» ergibt sich aus dieser kurzen Überoidit und ans
der Analogie mit dem Sioralsjstem der Summa, das wesentlich
diesem gleicht, dagegen ist dort das Ganze weiter ausgeführt,
während hier, ganz den quaest. disput. entsprechend, einzelne
Punkte weitläufiger besprochen sind. Gleichsam die uegative
Seite dieses Traktates bildet der folgende de malo und gehört
eben deshalb systematisch hierher.
b) Die Quaest. disput.: de malo. — Es zählt derselbe rori-
laufend 16 quaestiones und ist im ganzen viel gewaltiger angelegt
als der vorhergehende; ob vielleicht deshalb, weil dazumal be*
sonders auch noch die tische Lehre vom Bosen gegen das
dualistische Albigensertam zu überwinden war, mag dahingestellt
sein. In grofsen Zügen wird abgehandelt über das Böse Vibcr-
hnT]]it qu. 1, das moralisch Hose im besondern qu. 2, dessen
aiiseiiige Ursache qu. 3, insbesonders die Ursiinde qu. 4 u. 5,
dessen Imputubilität qu. 6 u. 7, und dann von deu einzelnen
Hauptsünden qu. 8^16, wo das Ganze beschlossen wird mit
einem Hinblik auf das eigentliche Reich des Bosen: de daemonibus.
qu. 16. — Qq. 1 bietet» wie bereits angedeutet, die eigentliche
metaphysische Begrifl»bestimmung von Bob. Das Böse ist nicht
eine Substanz, was gegen den Dualismus betont wird a. I,
sondern der Mangel an etwas, das da sein sollte, und hat inso-
fern immer ein bonum als Träger üd«!r Subjekt a. 2, wie dieses
auch die accidentelie Ursache des Bösen ist. a. 3. Es wird
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Die SystwnaÜk in den Quaestiones dJspntotae etc.
63
passend eingeteilt in ein malum poenae et culpae, d. i. Übel und
äünde a. 4, und vou letzterer ist nun im beeonderü zu haQdeln.
Die Sünde qn. 2 ist ein freigewolltee Böse«, wo aber die Kootro«
▼erae aufgeworfen wird, ob es niobt indifferente Handlungen gebe
a. 4-~~6; sie wird speciflscli geändert durch die circuiuBtantiae
äpeciem mutantes a. 7 ff., als Böees ist auch sie wie das Natur-
übel ein Defekt an der Natur a. 11, aber ni<>m:il8 wird dadurch,
was wieder gegen den Dualismus betont wird, die ganze Katur
korrumpiert a. 12.
Zur tiefern WesenbbeHiirnmuug eines GegeuHtaudes gehört
Tor allem die Untersnohung des Grundes, und davon bandeln
qiiae. 3 de oansa peecati und qoae. 4 u. 5 de pecoato originali.
Es wird 20 dem Zweck nntersncht^ inwiefern Gott Ursache der
Sflnde genannt werden könne: nur im permissiven Sinne qu. 3.
a. 1 u. 2 (wichtig für die Lehre von der praemotio physica:
utrum actio poccati sit a Deo); inwiefern der böse Feind Ursache
der Sünde sei: a. 3 — 6 soUicitierend nicht aber zwingend;
inwiefern ignorantia a. 6 — 9, infiruiitaa a. 9 — 12, roalitiaa. 12 — 15
die büude vcrächulde, vermehre oder vermindere. Gleichsam
eine Art Ifaturgrund der Sünde ist die Erbsfüide, darum hierüber
qa. 4t n. 5, und swar qn. 4 über das Wesen der Erbsande,
qn. 5 über die Folgen derselben. — Endlich gehört zur allge-
meinen Wesensbestimmung der Sünde die Untersuchung nach
deren Impntabil ität. Diese* aber wnrzclt in der WuhltVelhoit,
darum hierüber weitliiufig q'i. r> de libero arbitrio, wor;iiit" die
Schwere der öünde näher bestimmt werden kann qu. 7, de pecoato
veniali resp. mortalL
Hiermit ist die allgemeine Abhandlung über die Sünde ab-
geschlossen; offenbar aber entspricht diesäbe systematisch der
quaest de virtntibna in commnni in dem pandlelen vorigen
Traktat Und wie nun dort hieranf folgt die Betrachtung der
sieben Haupttugenden im besondern, nämlich der drei göttlichen
und der vier Kardinaltugenden, ro auch hif»r die Behandlung der
sieben Hauptsünden, was gleichsam den zweiten Teil desGan/pri
bildet. Die Analogie zwischen beiden Traktaten ist dadurcii su
uuflalleud, dafö schon daraus sich zur Evidenz ergibt, dafs sie
ansammen gehören und Ein System bilden. Qnae. 8 begründet die
Bicbtigkeit der Einteilung der Hanptsünden in die sieben: inanis
gloria, invidia, aeidia, ira, avaritia, gnla, luxuria, indem ans ihnen,
wie aus sieben Sündenwurzeln, alle andern Sünden stammen, weshalb
sie eben Hauptsünden genannt werden, auch weil sie den psychischen
passiones der irascibilitas und concupisoibilituR cTit^prechen. Von
qa. 9 — 16 werden dann diese Hauptsünden im einzelnen betrachtet.
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64 Können unsere Begriffe aof Wahrheit Ansprach machen?
Die ganze Abhandlung aber wird beschlossen mit einer
Betoacbtnng des Böeen gleichsam Tom höchsten nnd lettten
Standpnnkte aus, nämlich qu. 16 de daemombus, ihrem ersten
Sändenfall a. 1 — 4» dessen Folgen für sie a. 5 — 7, und fortan
für die Menschen, durch die dämoniscbeD Inrestationen a. 7 — 12.
Ks ist dies der denkbar gewalt^g^te Abschlufs der Betrachtung'
des mysterium iuiquitatis, der d'w lotzieu uud tiefsten Blicke iu
das Kuich der Finsternis thnn läfsL. ]Jie zwei Traktate aber
de malo et virtutibus bildeu zubammeu eiuc eiuheitlicb bystematisch
geordnete Moral, die wegen des ebenso einfachen als eigenartigen
Aufbaaes und der Tiel&chen DetailausfÜbrungen auch jetzt noch
die Aufmerksamkeit der christlichen Ethiker erwecken dürfken.
KÖNNEN UNSERE BEGRIFFE AUF WAURUEIT
ANSPRUCH MACHEN?
Von Db. EUG. KADERAVEK.
Eßtsprechen uuberen Bögriffen Gegenstände an
sich nnd iu der Wirklichkeit? Um dieso Frage zu beant-
woriüii, können wir vom allgemeinen und wirklichen Zweifel
nicht ausgehen. Denn wir hätten keinen Boden, aul welchem
wir stehen könnten; wir mUfsten, um forschen zu können, uns
der durch den Zweifel gänzlich in Frage gestellten Begriffe
bedienen; wir wären Richter der Wahrheit, diese wäre unserem
Richtersprncbe unterworfen und mufsten warten, ob wir sie an«
erkennen oder nicht Dem gegenttber ist su bemerken, daCi der
Geist des Jleoschen die Wahrheit nicht schafft, sondern findet,
daTs er sie nicht beherrsch^ sondern vielmehr unter ihrer Herr-
Schaft steht; ehe er weüh, was sie ist, offenbart sie sieh ihm
und erzeugt in ihm die Erkenntnis, dafo sie ist. Damm ist der
allgemeine nnd wirkliche Zweifel verwerflich. Dafs es also
Dinge an sich gibt, dafs sie sich dem Menschen offen-
barcu, dalö ci- .sit) zu. erkenutsu imstande ist uud auch
wirklich erkeaut, kann nicht bezweifelt werden. Der
^ed by CjOOQie
Können unsere Begriffe auf Wahrheit Anspruch machen? o.>
Mensch ist eich der NötipiDg bewiifet, die AufRenwelt für vahr
zu halten. Er kann sich swttr diesem Bewufstsein dadurch ent-
ziehen, dafe er aof das, was unabhängic^ von aller Forschung in
^bm ist und g«eobiebt> niobt aebtet, sondern alle seine Anfmerk-
tamkeit der Forsobnng anwendet; dämm kann er eiob dnrob
Grübelei in einen wirklicben Zweifel an dem Dasein der Dinge
anfser ibm hineinarbeiten. Jedoch gelingt es ibro nur auf
Augenblicke. Denn das Bewnibtsein der Nötigung wird stets
▼on neuem sidi ibm aufdringen und seinen absoluten und wirk-
lieben Zweifel an dem Dasein der Dinge an sieb ibm als
unerlaubt und unmöglich darstellen. Damit ist aber die Sache
noch uichl abgelhau. Der keusch hat oiu :hm nutürlichos
Bedürfnis, was er erkennt, durch Fürschung auf die
letzten Gründe aurückzu führen. DemgemäPs hoü lüiher
untersucht werden, warnm und wie unseren Bogriften
Dinge an fiich entsprechen. Die Antwort wird über den
Wert unserer BegritVc entscheiden. »
£be wir die Begriffe zum Gegenstande der Untersuchung
macben, ist es notwendig, die sinnlichen Vorstellungen einer
näheren Kritik zu unterwerfen. Was aber die Begriffe anbelangt,
so kommt bei ihnen die Erkenntnis der Wesenheiten der Dinge
und swar der allgemeinen Wesenheiten in Betracht Deshalb
serfSllt diese Abhandlung in swei Abschnitte:
1. Warum und wie erkennen wir in den sinn*
liehen Vorstellungen die Erscheinungen der wirk-
lioben Dinge?
2. Warum und wie erkennen wir in den Begriffen
die allgemeinen Wesenheiten der wirklichen Dinge?
1.
Die Veriniitrl i;ng der daukton und unmitlelbaren Wuhr-
nehmnng einer Aulfienwelt erfolgt nicht nur Ton Beilen des
Subjekte«, sondern auch von 8(?iten der Auisenwelt, so
dafii wir zwei Principicn, ein matcriales und ein formales,
anerkennen müssen, welche zur Uervorbringung eines Wahr-
nebmungsaktes zusammenwirken; der Charakter als vitale
Jahrbaeta Itti PUloiophte «te. VI. »
66 Könnon aiwero Begriffe aaf Wahrheit Anapruch macheo?
Eikunntnis flielnt dem Akte von soiten der orkennendeu Fähigkeit
zu, während sein Charakter aU Daratellung- des Ubjcklcfl vom
Obiektti herrührt. Wir wollen uns hier mit der zweiten Ver-
raitteluug besehöüig-en nnd fVa<,'en, worin din von anfsen kommendep^
Bewegungen, welche diese Verraittoluog auBmachen, ihren Grund
haben. Die Antwort lautet: Ganz gewiPn in einer wirklich
exiälierenden Aufsenwelt. Dann aber Bind die Vorstellungen
kein leerer Schein, sondern Zeichen, die uns von einer
wirklich existierenden Aufsenwelt die zaTerlässigete und
genaueste li^achricht geben. Es besitzt zwar der qualitative
Inhalt nnserer Wahrnehmungen mit mechanischen Bewegungen
nicht die mindeste Ähnlichkeit; jedoch dürfen wir daraus nicht
schliefsen, dafs die Vorstellungen blofae Symbole der Aufsenwelt
sind. Denn unsere Erklärungen müssen eich nach den That-
sacben richteni nnd eine Thatsache ist es, dafs die Sinneswahr^
nehmung uns formell darstellt, was ist oder geschieht. Somit
ist die sinnliche Vorstellung nicht blofs ein Zeichen, wie
die ^Schrill, sondern auch ein wahres Abbild aufserer
Diügü. DalV> iiiiu die Dinge der Aulkcuwelt wirklicii so sind,
wie der fürmclle AVahrnehranngsinhalt uns dieselben darsteÜL,
davon können wir uii« aul' Ibljurende \\'eise überzeugen:
Die Natur bezweckt in dem mechanischen Prozesse etwas
Bestimmtes. Dieses Bestimmte ist der normale Erfolg des
Prozesses. Dieser normale Erfolg ist die unabweisbare Über>*
Zeugung, dafs die Dinge wirklich so sind, wie sie uns durch
den formellen Wahrnehmnngsinbalt unter normalen Verhältnissen
zum Bewufstsein gebracht werden. Eine falsche unabweisbare
Überzeugung aller Menschen kann aber von der Natur nicht
bezweckt werden.
Anormale Verhältnisse können zwar zum Irrtnme Veran-
lassung geben; jedoch wir vermögen dieselben von normalen zu
unterscheiden nnd unseren Irrtum zu berichtigen. Es gibt vier
Hanptquellen der Irrtümer: Die Verwechselung und Vermischung
der Wahrnehmung mit der Empfindung, die Beschränktheit
dessen, was uns von der AufBcnwclt zum Bcwulstsein komuieu
soll, der beschrauktü ivreis der Bedingungen, unter denen wir
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Können untere Begriffe nnf Wahrheit Anspruch naehen? 67
jene Kenntois erbaUen sollen, die uranfan^Uche UnToUkommenheit
and Bildsamkeit unserer aDgeborenen WahroebmungsiahigkeiteD.
Folglich will uns die Natur nicht belttgen; accidentell kann sie
Irrtümer Teranlassen» welche wir, wie die Erfahruog lehrt, er^
kennen und berichtigen. Schliefalich nehmen wir auch an, dafs
die iS'aiur uqs von vorüberein, nicht blols uccidcntell tausclii.
Daraus m ulkten wir achliefsen, dafö Gott, der Urheber der Welt,
die Dinge und uns schlecht und unharuioiiibch erschaffen hat,
dafs er entweder die Welt nicht besser machen konnte oder
iiDB täuschen wollte. Vor diesen Konsequenzen schaudert die
menschliche Vernunft.
Was bis jetst gesagt worden ist» gilt von jenen körperlichen
Eigenschaften, welche nur durch eines Sinn zur Wahrnehmung
gebracht werden können (scnsibilia propria). Anders verhält es
sich mit körperlichen Eigenschaften und Erscheiniingswesen,
welche nicht ausschliefblich an einen Sinn gebunden sind
(sensibilia commnnia). Da kann ein Irrtum eintreten, wenn
z. B. die Gröfse eines Dinges blob mit den Augen wahrgenommen
und beurteilt wird. Die Schuld aber trifft nicht die Natur,
sondern den unbesonnen wahrnehmenden Menschen. Dieser
Irrtum kann leicht behoben werden. Auch dann können wir
irren, wenn wir unter den Erscheinungen etwas anderes rer-
iiiuten, als ihnen in der AV irklichkeit zu Grunde liegt; denn es
gibt Jjiugc, welche dem Aufsern nach einander iihnlich sind.
Jedoch ist es auch hier dem Meusohou möglich, den Irrtum zu
vermeiden.
Von welcher Art ist aber das wahre Abbild auCserer Dinge,
für welches wir die sinnliche Vorstellung mit Recht halten? Da
keine wirkliche Ähnlichkeit zwischen der Vorstellung und dem
vorgestellten Dinge obwaltet, so müssen wir die Natur des
Abbildes aus dem Zwecke beurteilen, wozu es da ist; es
dient dasu, die erkennende Jf'ähigkeit au determinieren, auf dafs
diese das aufsere Objekt unmittelbar sich darstellen könne; es
beetebt in einer Konformität des Mittels aum Zwecke, so
dafo swischen dem änfsern Objekte und dem Erkennt-
nisakt eine Übereinstimmung in der Darstellung, nicht
6'
Digitizea by LjüO^Ic
69 Köimeu uasere begriffe auf Wahrheit Aasprach machen?
aber in der NaLur obwaltet Die Ähnlichkeit darl also nicht
in dem physikalischen Eindruck gesucht werden, welchen die
änfaeren Dinge nach den mechanischen Gesetzen hervorbringen^
flODdern sie afßoiert die erkennende Thätigkeit, welche in ihr
als ihrem Produkte ausläutt. In dem Organ knüpft «eh an die
meohaniaohe Einwirkung eines Anftendinges eine teleologiaohe.
Inaofem nämlich der Kerr materiell Ui, emptSngt er einen
materiellen Eindruck and tritt nach dem Grade der von anben
konmienden Irritation in einen entsprechenden ExdUitionflsastand
fiber. Weil er aber anfeerdem ein lebendiges, mit Erkenntnis^
krait ansgerttstetes Organ igt, so wird er an einer Titalen pnd
psychischen Thätigkeit angeregt, durch welche die Erkenntnis-
der Aufsenwelt zustande kommt. 80 tritt das Mechanische
als Mittel hinter den Zweck zurück, der Zweck steht
im Vordergrunde. Die mechanische Erklärung reicht nichi
hin, und die teleologische, welche zu derselben hinzutritt, hindert
den Physiologcu durchaus nicht, den mecbaDischen Prozefo in
den I*iervea zu studieren.
Dafs die Teleologie wirklich und objektiv, kcia
blofs subjektives, psychologisches Gebilde ist, beweist die Meta-
physik a posteriori aus unleugbaren Thatsaohen. Es sind sowohl
die Bestandteile der Welt zweck- und planmäfsig an einander
disponiert» als auch die ITatnrkrafte in ihrer Wirksamkeit ttberall
auf bestimmte Zwecke hingerichtet mit der Bestimmung, dafs sia
dieselben durch ihre Wirksamkeit realisieren sollen.
In unserem Falle besteht die Teleologie darin, dafe einer*
seits die mechanischen Wirkungen, welche an unsere Sinne
anschlagen, keine bleiben Wirkungen sinnlos waltender Kräfte
sind, sondern auch darum geschehen, dafs sie in unseren von
der Seele belebten Organen die Erkenntnis der Dinge hervor-
rufen, dar» anderseits unsere Organe dazu eingerichtet und
bestimmt sind, infolge jener Wirkungen auf ihre eigene Weise
thatig zu sein und den Gegenstand, von welchem jene Wirkungen
herrühren, erkenntnismäfsig darzustellen. Ist es denn vcrnuntt-
widrig, aus guten Gründen zu behaupten, daTs, da die Dinge ni
den göttlichen Ideen ihren Ursprung haben, sie darauf angelegt
^ed by dooQle
Können unsere Begriffe auf W&brbeit Anspruch macheu ? 69
«ind wahrgenommen sn werden, dafs sie nm ihrer Thäfcigkeit
willen existieren, um tteh selber nach aafsen mögliohBt za ver-
braten und auf Anderes verändernd einzuwirken, nm Anderes sich
xa Teiihnliohen und die eigenen jBigenfiobaften anderen Dingen
ndtanteilen, dafii die Dinge, welche Gegenstand dieser Wirkungen
sind, als Antwort eine ihnen eigene Tha%keit entfUten?
Anoh widerstreitet der auseinandeigesetstea Theorie daroh-
•ans nicht die Behauptung der Physiker, dafo die Farben, formell
genommen, Eigeasebaften des laobtes sind, welches Ton der
Sonne als Lichtquelle auf die Körper föllt; denn dabei bleibt es
sicher, dafs die Dinge selbst^ welche rot oder grün erscheioen,
-die bestimmte Ligenschaft besitzen, welche sie im SonnüüliGht,6
rot oder grün erscheinen läfst, und dafs die Farben nach ihrer
materiellen Seite aufser uns bleibende Eigenschaften der
Korper sind und an den Körpern wirklich «ichtbar werden.
Ahnliches läist sich auch vom Schalle sagen, in welchem durch
das Gehör die Art und Weiae eines (jeachehens zum Bewafsl»
. sein gebracht wird.
2.
Während wir durch die Sinne in sinnlichen Vorstellungen
BrBcheinungen der wirklichen Dinge wahrnehmen, sind wir dnroh
den Verstand imstande, die Wesenheiten der wirklichen Dinge, die
iäubjekte der Erscheinungen in Begriffen su erkennen. Von den
Wesenheiten bilden wir allgein«ne Begriffe, die sogenannten
üniTersalien, weil wir die Dinge nur yermittelst ihrer Ersohei-
nnngen erkennen und ihre Wesenheiten yoti den Erscheinungen
abstrahieren; wenn stuiL Ulsscu unser Versuud die Wesenheit,
wie das Aulto die Erschein uugen anschauen könnte, so würden
wir sowohl die wesentliche Beschaffenheit als auch das wesent-
liche Sein der Dinge an sich erkennen und sie auch nach diesem
Wesentlichen in ihrer Einzelheit unterscheiden.
En entsieht nun die Erage, ob die Allgemeinheit der
Begriffe den Wesenheiten der Dinge zukommt.
Das Allgemeine ist das Eine, das geeignet ist, in Vielen su
«ein. Dafs die ÜniTersalien existieren, ist durchaus nicht su
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70 Kdnaen unsere Begriffe aat Wahrheit Anspruch machen?
bezweifeln; es ist nur die Frage, wo und wie sie existieren.
Darauf antworten uns die NomioaUsteD, die übertriebenen Bealieten
und die gemäTsic^n Realisten.
Indem die Nominalisten die Begriffe nar als Breobeinnngea
dee Geifitee, ohne ihre Beiiehnng auf die Oegenat&nde gebörig
2U würdigen, betraoHten, sind sie der Meinung, dafe das Allge-
meine nur entweder in den Worten oder in den Begriffen
existiert Die übertriebenen Realisten berileksiehtigen bin-
wiederum niebt die Bescbaffenbeity welcbe unsere Begriffe dnrcb
die Natnr des denkenden Geistes erbalteu ; nach ihnen sind also
die allgemeinen Begriffe als solche, in ihrer Allgeraeinheit ge-
nommen, objektiv real. Die gemafsigLen Itoaliston stelica
zuletzt den Grundsatz auf, dals durch die Erkenntnis von dem
Erkennenden und dem Erkannten in dem Ki k^ nnenden ein Bild
des Erkannten nach Weise des Erkennenden gezeugt wird;
folglich ist das Allgemeine seinem Grunde nach in den Dingen,
seinem formalen Sein nach im Geiste. Aus der Vergleichung
dieser drei Ansichten geht hervor, dafs die zwei ersten einander
widcrRprcchen, während die dritte den Mittelweg einschlägt.
Nominalisten sind: 1. die Btotker, welcbe dafür halten, dafs
nur das £inaelne reale Existena habe nnd das Allgemeine nor als
sabjektiyer Gedanke in ans sei; 2. die Skeptiker und Bmpiriker
des Altertnnis nnd der Nenaeit; d. Eunomins nnd andere Arianer»
welche behaupteten, dafs die ?eraohiedenen Begriffe, durch welche
wir das göttliche Wesen denken, dnrohans keinen Grund im
Gegenstände, sondern nnr in unserer Denkweise haben nnd, wie
verschiedene, eine und dieselbe Sache bedeutende Namen nur mannig-
faltige Zeichen eines Gegenstandes sind; 4. Roscellin (II. Jahrh.),
welcher, wie man vermutet, lehrte, dafn die allgemeinen Begriße
blols allgemeine Namen sind, womit wir eine Gesamtheit von Dingen
beneuneu, dafs alle Untersclicidung, welche wir an den Dingen
vornehmen, blofs eine Unterscheidung im Denken sei, da in der
Objektivität uns nur geschlossene Einheiten gcgenuberlreten ;
Abälard (12. Jahrh.), Ockam, Durand, Buridan (14. Jahrb.), Biel
(15. Jahrb.); die einen sahen das Allgemeine in blofsen Worten,
die anderen in Begriffen; daher Nominalismus im engeren Sinne
^ed by CjOOQie
Können omMre Btgriffo naf W«brh«it Anaproch maeben? 71
und ConoeptnaUftiniiB; 5. die Kanteche Schule, welche sieh von dem
mtttelaiCerUchen KommaUsmns haapteSohlioh nnr dadareh «nter-
scbetdett dafs sie beetimmter und Bcharfsinoiger naohsaweisen
sacht, weshalb nosere Begriffe und das anf ihnen ruhende Denken
nur als BrscheinuD^ in uns Geltung haben und in den Dingen
mit Dichten eine ihnen entsprechende Natur und Wesenheit
YorausRclzen soUnn, diils sie aber zweitens auch vor der
Folgerung, zu der diese Behauptung nötigt, sich nicht scheut,
sondern geradezu erklart, es ^cho kein Erkennen über die Er-
fahrung'- hinaus und Iblglich keine MotaphvBik, dafs sie also
konsequent und sr honung-sloB alle Folg-ernuf^en aus dora Nomi-
nalismus ^ieht, während die mittelalterlichen Nominalistcn den
phiiosophischon Nihilismus, welchem Kant huldigt, nicht gelten
lassen wollten. Kants Anhänger ist in dieser Hinsicht Herbart,
indem er folgender Meinung ist: Allgemeine Begriffe, in denen
wir so völlig oingeschiossen sind, dafe es ganz unmöglich ist,
aus ihoeu herauszugehen, sind nur Totalvorstellongeu, Koste
eines vielmals wiederholten Vorstellens, deren sich jeder gana
UBwillkQrlich bedient, nur Abbreviaturen der Auffassung, nur
Hilfsmittel des Denkens, welche ftir sich keine Bedeutung haben,
sondern durch ihre Beaiehung auf das Einaelne eine Bedeutung
erhalten; das Allgemeine als solches liegt also gar uicht in
der Sphäre des GewuPsten; diese» ist das Einzelne, Individuelle,
auf welches «ich d.is Allgemeine bezieht, ho dafs das letztere
für jedcu nur iusol'eru Bedeutung hat, al« er in dem individuoll
Gegebenen die Gegenstände nachweisen kann, von welchen er
«!en allgemeinen Begriff anwendet: die Aüg^e.nieinheli ist rein
subjektiv, im Kmzelncn s(»lh«t {««t nichts dergleichen.
Lbertriebene oder trau sc en dentale Realisten sind: 1. die
Platoniker des Altertums, welche meinten, dafs, wenn wir all-
gemeine EcgrifTe denken, wir universale und für sich bestehende
Formen, Ideen schauen; 2, Skotus Erigena im 9. Jahrhundert;
Wilhelm von Ohampeaux im 12. Jahrhundert, welcher lehrte,
dafs jeder allgemeine Begriff ganz in jedem der Individuen»
welche von ihm befofst werden, wesentlich sei, dafs dem Wesen
nach unter den Individuen derselben Art kein Unterschied sei,
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72 Kuoaea amere Begriffe auf Wahrheit Aosprucb machea?
sondern ihre Verschiedenheit nur auf der Menge der AcoU
duntien beruhe; Gilbert von Porree, Amalrich von Chartres,
David von Dinanto. 'i. Die Scotisten und Formalisten im 14.
Jahrhandert» welobe behaapfeeten, dafo » wakrend nach der
Lehre der Flatoniker auTaer den Binseldiogen die Idee oder
Weeenheit derselben ala ein Allgemeinea in der Wirklichkeit da
ist, — a) in den Einseldingen selber die Wesenheit als das
Allgemeine in dem fiesondern da ist» b) dalb die formale Einheit^
die Einheit der Wesenheit, welche jedes Ding dadurch hat^ dafs
es in ihm eine bestimmte Natur gibt, a!» jene ansusehen ist,
durch welche die Dinge allgemein sind, c) daf« die Individuen
sich von einander nur durch Accidentien unterscheiden. 4, Die
Pantheisteu, nach welchen das Besondere nur eine Erscheinung
des Allgemeinen, des Göttlichen ist; die im Formalismus fiufserst
koDbe^uüüten Identitätsphilosophen der iS'euzeit, nach welchen
Gott die Einlieit des Allijean inen und Besonderen ist und sich
in die Natur oder sichtbaren Geist und in den Geist oder an-
sichtbare l^atnr differenziert. 5. Die Ontologen, welche behaupten,
dafa dem menschlichen Geist eine auf unmittelbarer Anschauung
des göttlichen Seins beruhende Idee Gottes innewohnt, dafs alle
anderweitige intellektuelle Erkenntnis durch diese Idee Gottes
in uns bedingt ist, da Gott als das absolute allgemeine Sein alle
Ideen der Dinge in sich sohlieist, dafs die sinnliche Erfahrung
uns bleib Teranlafst, uns in unserer Sohannng gerade jener Idee
in Gott zuzuwenden, welche dem jeweiligen Gegenstande der
Erfahmng entspricht
Gegenüber diesen zwei Extremen, dem Nomioalismus und
dem übertriebenen Realismus, bestand und besteht der gemäfbigte
Realismus, welcher miL der ullgcmc i;i inenschlichon Auffassung'
übereinstimmt und dahin lautet, dai« uu« Allgemeine seinem
Grunde nach in den Dingen, seinem torraalen Sein nach im Geiste
ist. Er wurde von Aristoteles wissenschaftlich begründet, von
den hl. Vätern festgehalten, von den meisten und namhaftesten
Scholastikern, besonders aber vom hl. Thomas v. Aquin, aus-
gebildet Bei ihrem Entstehen überwand die Scholastik sowohl
den stoischen Nominalismns, den Koscellin zu verbreiten suchte.
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KöDoen untere Begriffe auf Wahrheit Anspruch machen? 73
den platonischen Kealismas, zu dem Gilbert von Porrde sich
huMigt Im 12. nod 13. Jahrhunderte ist der märsige und
" echte Re«lwmiu die allein herrschende Lehre. Im 14. Jahr*
handelte treten die alten Irrtümer in veränderter Gestalt wieder
nnf; sie konnten wohl Unmho nnd Streitigkeiten stiften, aber
wa keinem bedentenden Anhange, geschweige denn tur Herr-
schaft in den theologischen Schalen gelangen. Gegenüber dem
Nominalismns, fdr welchen kein Scholastiker von Bedentong
Partei nahm, nnd dem Fonnalisrons der Scotisten war nnd blieb
der Realismns des hl. Thomas an allen Zeiten die in den katho-
lischen Schalen gewöhnliche Lehre, nnd dem Nominalismus ist
80 wenig, als dem Formalismus je gelungen, ihn zu verdrfiog^cn;
denn sie fürchtetea sich vor dem Skepticismug, zu dorn der
NominalismuB führt, und vor dem Pantheismus, der aus dem
Formulismus hervorgebt. Seit dera 1(5, Jahrhunderte gibt es unter
den katholischen Scholastikern keine Nominalisten, und nur wenige
Formalisten, die überdies ihre Lehre wesentlich gemildert haben.
Was sollen wir von diesen drei Ansichten halten? Die
gemeinsame Quelle des skeptischen Nominalismus und des
platonischen ftealismos finden wir in der irrigen Ansicht, dafs
unser £rkennen nur dann Wahrheit habe, wenn die Dinge in
nns seien, wie sie in sich sind. Dagegen stellen die maftigen
Bealisten den aristotelischen Grondsata anf, dafs durch die Er-
kenntnis vom Erkennenden und Erkannten in dem Erkennenden
ein Bild des Erkannten nach Weise des Erkennenden
gezeugt wird. Insbesondere fehlen die Nominalisten darin, daft
sie die B^grifife einseitig nor als Erscheinnngen des Geistes,
ohne ihre Beziehung anf den Gegenstand betrachten; die Uber-
triebeuen Realisten darin, dafs sie die Beschaffenheit, welche
unsere Begriffe durch die Xatm des Geistes, der sie hervor-
bringt, erhalten, nicht berücksichtigen und das reale Sein, das
die Dinge m sich haben, dem idealen, das sie im fM Miionden
Geiste erhalten, gleichsetzen. Allein die gemärsigtcu Ueali^teii
überwinden in dem citierten ahstoteüschen Grundsatze beide
Einseitigkeiten.
Gegen die Nominaiisten, welche die Allgemeinheit
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74 Können unsere Begriffe auf Wahrheit Anspruch machen?
blofs in die Worte vorlegen, ist folgendes einsuwenden :
1. Worte sind Zeichen der Begriffe. Also können sie nicht
allgemein sein, wenn aacb die Begriffe, derpn Zeichen sie sind,
nicht allgemein sind; denn es vfire etwas im Zeichen als solchem»
was nicht in der bezeichneten Sache wäre. 2. Wenn das Wort
deshalb allgemein wird, weil es nach nnd nach auf mehrere
Individnen beaogen wird, so wird es nnr so viele Individnen
bezeichnen, als uns in der Wirklichkeit bekannt geworden*
Jedoch beaeichnen wir dorch ein allgemeines Wort nicht nnr
bereits bekannte, sondern überhaupt alle daseiende, ja sogar
auch nur mögliche Individnen einer Art. Also kann es nicht
blofs allgemeine Worte gobeu. 3. (jciragi, warum, wenn wir
ein neues Individuum derselben Art antreffen, wir es durch
dasselbe Wort bezeichnen, antwortet der Xomiualist: Weil es
anderen ähnlicii zu sein scheint Jedoch können wir diese
Ähnlichkeit nicht erkennen, wenn nicht durch einen allgemeinen
BogriÜ. Also erfordert die Anwendung desselben Wortes zum
TorauH einen allgemeinen Begriff.
Die Nominalisten, welche die Allgemeinheit blofs In
die Begriffe verlegen, kJinnen auf diese Weise widerlegt
werden: 1. Wie die Worte Zeichen der Begriffe sind, so sind
die Begriffe Zeichen der Dinge. Aber ein Zeichen als solches
kann nichts haben, wenn es nicht auf irgend eine Weise im
bezeichneten Dinge ist Also mufo auch die Allgemeinheit eben
darum, weil sie in den Begriffen ist^ auf irgend eine Weise auch
in den Bingen sein» Welche Weise es ist, werden wir später
erfahren. 2. Die Wissenschaft ist eine Wissenschaft über die
Diuge, nicht über die Begriffe. Jedoch ist das Allgemeine der
eigentliche Gegenstand der Wissenschaft. Also müssen auch die
Dinge irgendwie uligemein sein. 3. Die ^'o min allsten geben zu,
dafs wir Individuen wahrnehmen, welche unter einander überein-
stimmen, dal'ji wir denselben BegriÜ' darum auf mehrere Individuen
anwenden können, weil wir in ihnen eine Ähnlichkeit entdecken.
Nun aber könnte diese gegenseitige Ähnlichkeit der Individuen
von uns nicht erfaTst vTerden, wenn wir in ihnen nicht selbst
etwas bemerkten, was an sich betrachtet auf gleiche Weise in
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Können unsere Begriffe anf Wahrheit Anspruch machen? 75-
allen sich vorfindet. Darin aber besteht das Allgemeine. Also
miifß da» Allgemeine irgendwie in den Dingen sein.
Auch der übertriebene oder transcendentale Realie*
mae ist Terfeblt, Denn 1. was anitor dem Geiste existiert, ist
bestimmt; nnn ist aber das Allgemeine als solches nioht bestimmt»
Folglich existiert das Allgemeine als solches nicht anlher dem
Geiste. Die übertriebenen Realisten müssen also, wenn sie
konsequent sein wollen, den Unterschied awischen dem Bestimmten
oder dem IndiTidmim und dem Unbestimmten oder Allgemeinen
anfheben; sie müssen das Individnnm in dem Allgemeinen anf-
g-ehen lassen, das Individuum leufjncn. 2. Wir denken alles
als überhaupt seiend; der Hegriff das überhaupt Seienden
ist aber der allgemeinnte und bildet die allgemeinste Einheit
aller besonderen BegriiTe. Folglich mui's es nach dem über-
trieben ti Realismus in der Objektivität ein allf^^emeinos, uii sich
ganz und gar unbestimmtes Sein geben, welches durch eine ihm
selbst immanente Tbätigkeit zu den besonderen Beinsstufen sieb
nach und nach determiniert und endlich unter gewif^scn Accidentien
znr indiTidnellen Erscheinung tritt. Es ist aber anmittelbar erident,.
daJb eine solche Ansicht falsch ist.
Wenn nnn der Nominalismns nnd der übertriebene Realismns-
nnhaltbar sind, so mnfs jeüe Ansicht wahr sein» welche dies»
swei Extreme yermeidet nnd den Mittelweg einschlägt Und dies
thnt der gern äfs igte Realismus, welcher behaoptetr dafs das
Allgemeine nicht blofs in den Worten nnd Begriffen, sondern ancb
in den Dingen ist, dalb es aber anders in den Begriffen, anders
in den Dingen ist. In der objektiTon Wirklichkeit der Dingo
erscheint der Inhalt des Allgemeinbegriffes individualisiert und
vervieliHlugL; im Denken hat das All^euieine seine abstrakte
Form. Es ist seinem Grunde nach In den Dinpren, seinem
fornialcn Sein nach im Geiste. Wir unterscheiden also in
dem Aligemeinen die Sache selber von ihrer All^'-emeinheit. Die
Sache, welcher die Allgemeinheit zukommt, ist in den Dingen,
nämlich ihre !Natur oder Wesenheit; die Allgemeinheit aber ist
zwar ihrem Grunde nach in eben dieser Xatur enthalten, aber sie
besteht als solche doch nnr durch die Betrachtung des Geistes»
uiyiii^Cü Ly Google
76 Können nnsere Begriffe anf Wahrheit Aospruch macheii?
Worin liegt aber der Grund, weshalb die Dinge all-
gemein sind? Wir müssen den nächsten und letzten Grund
unterscheiden. Der nächste ist die Möglichkeit der Verviel-
fältigung. Es werden nämlich Dinge derselben Art nicht dadurch
vervielfältiget, dafä ein der Zahl nach selbes Wesen unter ver-
^hiedeoen Individualitäten da zu sein anfängt, sondern dadurch,
•dafs mehrere Dinge entstehen, welche sich in der Wesenheit
vollkommen gleich, der Individualitiit nach aber verschieden sind.
£8 wird also die Weienheit ebenso wohl die IndiTidaalitat
TervielfSItigfey und die Dinge haben nicht eine, sondern nur
einerlei WesenheiL In der Wirklichkeit bilden demnach Diage
■derselben Art eine reale Vielheit^ die swar unter sich jenes Ver-
hältnis der Einerleiheit^ aber nicht das der Einheit haben. Diese
bekommen sie erst im erkennenden Geiste, weil dieser wegen
jener Binerleiheit des Wesens sie in einem Begriffe snsammen-
fafflt. Kh gibt also in den Dingen eine doppelte Einheit, die
Einheit der Wesenheit, welche die formale genauiiL wird, und
■die Einheit des Daseins, die mit der individuellen zusammentäilt.
Die dorn Allgemeinen eigenlümliche Einheit hat zwar in der
BeschafTenheit der Dinge ihren Grund; aber wirklich oder voll-
endet wird sie nur durch den erkennenden Geist.
Der letzte Grund, weshalb die Dinge allgemein sind, ist
•die Geschöpf lieh keit der Dinge. Denn ihre Katur ist allgemein,
weil sie vervielfältigt werden kann; sie kann aber nur deshalb
Tervielfältigt werden, weil die individuelle Eigentämlichkeit der
Dinge nicht ihr Wesen selber ist; dämm ist aber ihre Individnalität
-von ihrer Wesenheit Terschieden» weil es auch ihr Sein ist, und
■eben deshalb dieses em safSlliges, bedingtes, gesohöpfliohes ist
Folglich ist der allgemeine Charakter der Dinge in ihrer
Wesenheit tief begründet.
So sichert einerseits der gemtUbtgte Realismus das selbstan*
dige, in sich abgeschlossene Sein des Individuums ; anderseits
waiirt er die Realität des Allgemeinen.
Was in dieser Abhandlung gesagt worden ist, ist ein Reweis
4arür, dafs unsere Begriffe auf Wahrheit Anspruch machen können.
uiyiii^ed by
SYLLABUS PII POXTIFK IS XOXI IN UNIVERSA RE
PHILOSOPHICA iüXTA M£NT£M S. THOMAE
AQUINATIS RECENTIUMQUE PHILOSOPHORUM
per Prof. Dr. Guileluium De Angelis-Steila NeapoliUQuni
evolutus.
Übi primniD Byllabnt Pii IX typit fait «ditns, aliqaa ad
rem dissorere mihi in mentem vesit. later tot dieeimilia, illfr
ad philosopliiam spcctantia eleg-i, uti qiiao meis stiidiis mcoquo
ingenio favcrent. In (juo opere persolveudo, Auntii Sig-norcllii,
celeberrirai philoäophi conHiHo. Philippi l'elusi a ISecreüs, (jieri
quotidiana ioBtantia, ac pracsertim Archiepiscopi Riarii-Sfortiae
munificeDtissima solertia, qui mihi suam patefecit bibliothocam,
quo lurgius in opus praediotmn incnmberen» fni adintas. Igitar
pene omnes meae aetatis phUosophos perlegi» eoademqne profunde
coDsului, ut mea scripta, nisi perfecta, tarnen prae viribus digesta
viderentnr. In S. Thomam primo incubni, qui in tenebris spleo-
dida fax, in dubiis rebus dnx oronibus adfuit; illins philofophiara
per inultOB annos edidici, juvenesquo edocui, et merilo ejus
(ioctiinas raaximi t'eci, uti qui meam excoluerat adoloscentiam,
uiea luipieret scripta. Utiuam Aquioatis praecepta aseecutus
eaaem, id mihi gaudio, poBteriB oommodo forot! Sod iam omnia
parata erant, jamqne onnota pablicam Inoem Tirara animo gan-
debam. Ife misemml Mirabitia annt conailia Dei} Domna mea
opnlenta, claria maioribus orta, repente omnem rem familiärem
amisit, omnibnj'qnc fuit divitiia exnta, mihiqne Tita maximo
mocrore fracta vivenda. Ad hoc niatro orbaUis, qua nulla imilior
sub 8oIe molior Ti;<ta, no)>!ii j^enerc edita. ac luulto iiiagis j^raostanti
ingenio praedita iuiL, plurimis auuis ejuhuiodi iacluram compluravi,
et quoties recordor» rix tacrimis abstineo. Uis vitae tempestatibnB»
niüla spes, nnllnm anxilium, nnlla tos amica, quae me tot
tantiaqne malis überaret Tandem anrora emicoit, dies optata
adfuit» Dena e oaelo prospexit» et mnltis post annis opus lucem
videt. Sed mco Archiepiscopo Gulielrao Sanfelic io gratiam
refnram, ptudia toto roriatti forit, ingcnia omni cura tiietur et
optime de < lf>ro ac populo est meritus. Igitur aniraadvertite et
iaTete. Cumsque catholici iuterest suam fidem et verbo et opere
Digiiizeci by Google
78 Syllabua Pii Pontificis Noni in imivena re pbilosophica etc.
paaconim bui» bciiptib vindicare. Ilinc mua 8eutenüa KeligioDem
dcfendere, eiueque eigua latiuä ioferre, quam plurimos hoetes ad
Christi OTÜe comparare, foit Res erit de philoKophia, de qua
qnisqae loqoitur, qaamque omnea excolant^ sed noa uti coiqne
i < las; et eaepisBiinc scicDtiae erroribaa refertae dant operam;
ideo ad verum coleadum eingulos me reYOcatunini spero. Utrum
lueum propositnm sim assecutus noscio, scripta ostendent; an
argumeuta (.^uibus ular siüt ürraissima, sub iudice Iis, veritas
<'om)irübabil. lutcroa raag-nopere mea refert officio dilig'entiesirae
itbum perruucluiu, alque oiunia, i^ualiueumque biut, Deo, Deiparae
hunüllimia preotbua commeodare. Vos tarnen lubenti animo hoc
jnenm opus ezctpiaUs, ecriptori faveatis rogo. Valete.
Kullmn anpremoni; sapientissimiim, providentis-
simumqae Numen exsistit, ab hac rerum umTeraitale
distinctum, et Dous idciii est ac rerum natura Pt
idcirco immulationibiis obiioxiiis, Deiiscpic reipna iil
in liuininc cl mundo, atque oiiiniu Dens sunt, et
ipciittistmam Dei habeat »ubstantiam; uc uua eademque
res eat Deua cam mundo, et proinde Spiritus oum
materia, uecefwitaa cum liberiate, yerum oum falao,
boDum cum male, et instum cum iniuBto.
Alloc Maxima quidcm, 9. Junii 18G2.
rhilosophiae systemata, quae saeculo undevicesimo vitam
habuerunt, ad cclectismiira, mysticisrauni, rationaHsmuin, panlhcis-
mum revocai-j milii vidünLur. Ratio autem, l'uiuiumeiuuin, oiunium
systematum couclusio nulli uiiquaiu dubium, quin ia ])auLlieismo
roponantur. Methodis enim Gassendi et Condillaciiii malerialibmum
olentibua abaolutia, aetaa piocellae instar tenebroaum caelum
luatrantia adfntnra erat, quae hominia mentem cum Oeo una
eademque ratione misceret. Haec quidem in eclectismo Royer*
Collard, auglici scriptoris reperitur, penea Gallos queque,
Victoria Cousinii opcru, liiit jtert'ecta, quare scientiae nuncium
dare, historiam colere oporLebat. Sed Cousinii eclectismus tandem
in Pantheismum transiit. Ipse enim instituit rationis analysim,
in qua recensitis quae ad intinilum et linitum spectant, bas sen-
tentiaa non unam ab altera gigni, sed unnm idemque eaae Tindicat.
Ad hoc omnia rationia humanae elementa rationi divioae tribui»
quasi ipsius integralea partes, aaserit. Unitaa enim, apud
Cousinium, absqne multiplioitate coocipi nequit; neque unitaa
individua in se permanens, ac non continno oxtra sc ovoh-ens
esse potest Idera de 1)öo ac cobmo^'-ouia jjantlif^isticas uobis
sententias exhibet. Dei enim vita, inquit, est reposita in motu,
quo ab uuo ad varium transit, et invicem a vario ad unum
uiyiii^ed by
Syllabus Pii Pootificis Noni in uoiversa ro pbilosophtca etc. 71)
redit. Praeteren T)e\\s mnndi est causa necessuria, et Ipse ex
86 in opera sna. loiub iu se periiiaiieus, trausit. >ionne igitur
pHutlieismus lu mutuo trauäilu JJei in muudum cousibtit? Eius-
modi Conshin pantheismos, ecleotismi gratia renovatus, magis
magisqao Jonffroy et Damiron» Michelet» Lerminier» Goizot opera
fait eTolutns. Hia de eolectiemo diotie, qaod ad Galliae mysti-
ciamom attinet, notam item pantheisticam incurrit. Henricus
CDim a Saint-Sinion ejusmodi doctrinas de Deo ac mundo edocebat:
Deu8 unus est, inquiebat, Ij^se est oraiiia, quae redticiintiir in
Daum. Manifestat autem se duplicitcr, »piritus et materiae
instar, uti intelligentiam et vim ee ostendit. Quare Dens homo
est in rebus finitis, amor est Bei simiiitudioe, sub diversa specie,
quaei BpiritOB et materia, inielUgentta et yIs ee evolvit. Einsmodi
doctrina pantheistioas quidem aenteDtias de familia, aocietate,
deque universa religione tenet. Quae omnia Petras Leroux,
Carolus Fourier, ac demam La-Mennais suis scriptis perBolvemnt,
eisque eupremam vicem attulerunt. Quod aJ rationalistnum att;ti»'l
ulterius non est tcnii)iis tcrendum. Namijue hI ratio humaua
cuiuscumque veri CBt invontrix et arbitra, ratiunis diviDae cmanatio
est per&picicndaj bed ubeiiuii de iiac re iu abbuidiä pantheismi
acholüs agemuB. Jam vero si UDivena pbilosophiae scientia,
paulisper a CathoHciB dootrioia reoedeoB, in pantheisiiiuiii toit
dilapsa, merito ad Petri aedem apectabat, acieutiain in Bnblinie
attoilere, sophiamata detegere, remedia opportuna comparare.
Hinc Pius IX, praecellens imaj^o in maximo pontificatu, Alice.
Maxima quidem, [). Junii 18G2, anathcmate multavit: Nullum
Bupreiiiiiui etc. uti »upra dixi. Noe e.v^o revereuliae gratia in
Petri cathedram, cum Petro vcritatem comprobamus. S. Thoma
Aqninate tarnen pasaim utemur, qui a Paulo Y iure meruit
adpellari Bplendidisaimas oatbolioae Fidet athleta, cuiaa Bcriptomm
clypeo Eccleaia militaaa baereticorum tela felidter elidit In
India qoi bene perpendit vetuetiora panthcismi monumenta
repperit. Kx codicibus eiiini Yedantibus intelligitur Brahma
esse solnrn, caetera ludibria; Brahma tantura realitatis dote,
rcliqua pliantasTiiatis spccio poliri; IpKumessii uti araneam aeternam,
quae ereatiuiiis tclam e smu suo contiuuo educit, et invicem in
ae reducitj sive uti molem argillaceam, cuius tormae hiiul singula
creata; sive ooeanom, cniuB fluotua est mnndua unirenaB.
Dioitur quidem Brabma bis evolntioniboa Mayam aiye maieriam,
dein Trimoartim ez Vionoo et Siva compositum genuiBae; Brahma
autem copulans se Mayae originem typis duobus Mahabouta, pro
spiritibus, ac Pradjopati, pro materia, dedisse dieitur. In Graccia
autem, et rectiua iöami, Pytbagoras pantbeiamum primua iavexit.
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1
80 Syllabas Pii PoDtilicis Noni in unirersa re philosopbica etc.
Menas enim, aiebat, Diadem gignit, Dias Yero ac Menas Triadem
creant. Qiiae doctrina clariua significat unura in multiplex
tranbt'ormari, multiplex autom, nempe univcräum rerum naiuram,
diTionm unnm resoindere. Qaae omnia diffotias, popularram
Fytbagoraa ergo, Tiroei Locrensis atqoe OoelU LncaneDaia, fiierant
evoluta. Ad hoo schola eleatica ortum babnit» qua Xenophaoea
floruit, qui e prinoipio De nibilo nihil fit dedooebat» oihil posse
ab alio produci, omnia unum idemqno esse. Accedit autem
Parmeiiidos iuxta illud: Quod co^^it it atque cogitatur, postea
Zeno ac Melissus Samiiis eadeai vindicarunt, Scd cum
Alexaudriau Ptolomei bibliüthecas, studia excoieodi causa, iosti-
toiseent, noirersa Graecorum scientia iavenes crudiendos imbuiU
Igitur Jttdaei, Gnostioi, Keoplatonioi euas academias paotheisiDiim
olentes oondideniDt Gnosüd eDÜn uDitarH UDum ae primnia
principiuro admiscrunt, de qao aubstantia sive apiritnalia aive
materialis manabat, uti Apelles, Valentinus, Carpocrates, Epbi-
phaniiis adsernerunt. Daalistae vero duplicem siibstanliam
opinabautur, de qua cetera tluebant, sed in hoc omnos con-
venicbant, quod BvS-oq, primum ens, Almrn gignat, qui cum
patre ignoto UXrjQOjfia, tkcloretu istius mundi visibilis At/fiiov^y**^'
procreet Uis rebus qaidemTabalaJadaeorum est aceenienda, nempe
dootriDamm orieataliam ayatema cnm illis 8aori Teztua interciaia^
qaae omnia emanatismum Tindioant: uti apud De*Gerandum videri
poteat ^eapiatonismus autem, Piotino, Froolo, Jamblioo ac
Porphyrie ducibus, docebat unnra esse principiura fineraque
cuiusque rei, omnia existentia in le nua esse vel illa exui, uti
plus minusve ad unura accedunt; (pia rationo Deum, hominem,
mundum per inadem unitatis, iulelligeutiae animae invicem
oomparabat Saeonlis yero mediae aetatia, Carole H. optime d&
Boientiia nierito, Sootua Erigona in opere: De dmatone natnrae^
pantbcismum renovaTit. Ipte enim natoram in qaataor genera
distribuit. Primum naturam creantemi altorum oreatam, tertinoi
creatam qiiac non creat, quartum noc creantem nequc croatara
naturuni complectitur. Drin imivrrsa rcriuu natura, tlummis
instar, quod in rivulos sitiusij ie delabitur, a Del natiira minirae
differt. Huius systematis populäres Amoury de Ohartres, Aimuricus
CarnoteDsi«, David de Dinando fuerunt Öaeculo autem XIV
Frater Echarius post Sootnm Erigenam mysticismum pantheiamo
▼aide affinem excolnit Myeticiamua enim est üla philosophandi
methodaa, qnae perfecta rernm cognitionem menti humanao ineaee
ex quadam mystica, sive arcaoa eins cum Deo coniunctione
adserit. Saecula dein XVI Jornanua Brunns in opere: Deila
causa, prinoipio ed uno dofendit Deum esse omnia aive extantia
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Sy Ilabus Pii FonUficis Noni in univcrsa re philosophica etc. Sl
»ive possibilia, com oronia in se coraplectatur; Tpsuni esse rerum
esseütiam causaraque: nno verbo rationera divinam in universo
ifiäuit'e&lai'i. Sueeulo tandem XVll lienedictuä Öpiuoza, cogui-
ttonem sabstaotiae ab Ontologia Desoartes mutaaiiB, docnit, nnam
eete aabstantiam iofinitis attribotis pollentemy qnae se per
extenaoaem et iotelligentiam evotvit; nndo spiritas et materia
provnniunt: nam aliarum subBtaDtiarum prodnctio repngnat. Hie
de historia dictip, ad veritatnm vindicandam transeamiis oportet,
üniversa panlheistanim doctriua ad unum principiuiu categoricuia
potest reduci; ad >*nb«tantinp unitatem, ciusquc cum rebus nni-
ver&iö ideDtitaleuj, ad uiuiüpIiciB et varii, finiti atque intioiti
negationem, ut uoam et identioam substanUam adstruant, revocari
lioet Yenim eoimTero unitaa et identttaa aabstantiae Talde
ratioai opponitur. Saae, seeuDdam pantheiami fautore«, omaes
hommes sunt uoiim intelligenB, et qnoaiam TolODtas iDtellectum
conseqaitnr, sunt unum volens; inde unum est ena intollectu et
voluDtate praeditum. Intellectioncs vero hnnilnumqtio volitionog
sunt diversae, alter enim intelligit (^uae uou ego, ego intelli^'^o
(juae non alter, hinc patet non posse hominesesse unum intelligeuß
et uoum voleoä. 8. TbomaH, 1^ q. 79. art. V ioquit; iDtellectus
agens est aicut Inmeo, non autem eat idem lamen in diversia
illnminatia, ergo non eat idem inteUoctas in diTerais hominibus.
Yeritaa haius quaestionia ex hia dependet 8i enim intellectua
non easet aliquid animae^ aed esaet qnaedam sabstantia eeparata,
anü8 BBset intellectns omnium homlnum. öi vero intellectus pit
aliquid animae, ut quaedam virtus ipsiiis, neoesHe est dicere, quod
sint plures intellectns, secundnra pluraliiuimn animarum, quae
muluplicuDiur secuDdum muiuplicalionein homiDum. Ad hoc
diff«rentiae, qnae diveraaa rernm apeewa conatitnant, oppositae
ittter se annt, uti extenaio et cogitatio. Admisaa igitur unica
Bobstantia, in bao ana diverai nodi foturi eaaent; atqui nihil hoe
eat absurdiu»; ergo unica substantia in omnibus, quae intelligat
et velit, baudconcipi potest. Panthcistan tamon, ad hoc cavendum,
M«*«erTinf, ülnd unicum ens indeterrninaUim et illiniitatura esse,
sed seipsnm circumscribere, cum in qualibet lormarum modum
vivendi accipiat. Contra iliud unicum ens vei realisBimum vel
idealis&imnm concipitur. Si prirao modo habetur, in singulia
formia ratio entia cironniBcripta ad illnd ena conolpienda eatet:
hoc poaito, realitas abaolata minueretor, qnod certe repugnat,
cum unaquaequc evolutio, hoc ipso, OBset entis primi realisBimi
negatio. Si altero modo putatur, tum idem subiectum immetatum
esset ac finibue definitnm, qnod est contradictoriiira in uno
eodemque subiecto concipere. Hoc enim admisso principio,
jAhrbueh fttr PhllMophie ete. VI. 6
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. 83 Syllabns PH Pootiftels Noni in aoirem re pbilosopliie» €te.
Duu8 noD esset negative indctermiuatus dicendus, aempe quod
eiu8 esMDtia ab alio non recipitur, sed privative tatitam, videlioet
cam Dens acta hoc vel illnd ene oon ait, natura antem ita eat
coraparatus, ot hoc Tel ilhid cna sit. Quo nihil imperfectlus in
Deo concipi potest. S. BonaTentnra inqnit: Eiusmodi infinitam
privative dcnotat pcrfectionis pr!v?\t,ionem. Et S. Thomas de
Ver. q. 11 docet: Deim dicitur infinitus negative, qnia scilicet
eius csflentia ])or aliquid non limitatur. Omni« enim forma in
aliquQ recepla, terininatur iuxta modum recipientis, unde cum
£§86 diTiniim non sit in aliquo receptom, quia Ipae est annm
esse, secundam hoc Ssse snnm non est finitnro, et pro tanto
Eius esaentia dicitur infinita. Acoedit qnod, admissa bac unica
Bubstantia, quae in divina eubstantia conststit, Bei cognitio
foedissima fieret. S. Thomas ait: Si Dens est esse omnium, non
magiö dicetur v^rnr Laj)is est cns, quam Lapis est Deus.
Praeterea Dens ti m rsHet inimitus, quia vcl ex rerura fmitimarum
coUectione cxurgeret, vel esset indefinitUH, quod sine fine se
explicet; et lainon utrumque Infiniti notioni repugnat. Ad rem
Fenelon scribit: Non ai rinviene nella totaUti degU esseri finiti
l'immutabiliti, Tunita, la perfesione suprema» belle oaratteristiclio
deir infinito. Imperoccbe qnesto tutto, che et si Tnole spacciare
per il vero infinito non e un fantasma «n essere astratto:
raa non e ne altro puo easero, tuorch^ la collezione dolle parti.
qui udi se le parti si ranovono, il tutto devc egualmente mnoversi.
Ora im tutto ranj^^iantcsi non pu?> mai adequare l'idea, chi-
ubbiamo dclT inftnito. 2seque Deus sanclissimus csuel, aum
omnia facinora, quae in mundo patrantur, essent Deo conscribenda.
omnia vitia aacra fcrent 8aint-8imon hac in re sie loquitnr:
11 male per Tuorao non lo c gia in se ntesso, percbö al pnnto
di veduta deU* Infinito tutto e baue, perche tutto c uno. Demum
Deus ex repug-nantibus qualitutibus constaret; esnct cnim cxtensu»
et co^itans, corporcus et eimplex, ünitus ot infinitus, perlectuR
et iiuj)ortofttiR, roalis et uIo-aWü, atqni nil hoc est absurdius
in Deo; ergo nou polcHL unica coucipi substantia, u qua universa
rernm natura maoet. Sed adTersarii instant: 8i plures substantiae
darentor praeter infinitam, quibosdam dotibns Ipsae poUerent,
quae uoicae substantiae deessent: ita Spinosa in definitiono
substantiae. Sed negatur suppositum. Perfectiones eoim dnplioiti
sunt generis. Nonnullac sunt simpliciter simplices, quae iuxta
S. Anseirai verba: In unoquoquc melius e«t esse quam non esse,
nuUnm praeselerentcs delodum, uli vita, sapieniia. Aliao anteni
qualiLales defectnni iuciudunt, et dicuntur secundura quid: e.
gratia, moveri, raliocinari. His antehabitis, perfectiones primae
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SjUabas Pii Pontilicis Noni in unifen» re phUoMpUcA etc. 63
«peciei iürmaliler in Deo coDtiDeutur, Bed Becundum uui notioDeiUi
noD BeeondiuD %iiod oreatom haemt Ad ran S. Thomas
1* Sea. d. 11 q. 1* aoribit: Qaidqaid est entitatis et bonitatia
in creatoris, totam est a Creatore; imperfeetio autem non est ab
Ipso, sed aocidit ex parte creataramniy in qnantnm sant ex oihilo.
Unde oportet quod nobllitates omnium croaturarum inveniantur in
Deo nobilissimo modo, et sine aliqua impert'ectione. Perffctlones
vero secundum quid emiaeDter in Deo contioentur, unde Augustinus
ajebat: Omnia possunt dici de Deo, nihil digoe dicilur de Deo.
Nihil lattns b&c inopia. Quaeris coDgruum nomen, non invenis;
iioaeiis quoquo modo dicerot omnia invenis. Perfectiones ergo
creataranim absolnto modo inTeniantor in Deo, non nno eodemqne
aecnndnm Pantheistas, neque perfectio aliqua est in creaturis,
i^uae infinita ratione non inveniatur in Deo. Sed ad alterum
principiuin, ad negationem nempe realitatis Universi, gradnm
lacimus. Vedantisiae in rebus finitis ludibrinm conspioiaiiL;
Elcalae contradicliones, Neoplatonici realitatem ideis taaLuiu ad-
e>cribuDt, quas dicunt in supremo uno inesse; Erigeua, Bruoub
omnia componta realitate orbari adserunt Demnm Germaniae
transcendentales Kantisna philosophia ezoulti, in mnltiplioi, nempe
ia universo ta ^patpoutva (omperiunt Hoc vero principium
experientiae repngoat Ex intima enim experientta nil oertins
est, quam esae in nobis subiectum cogitanp, quod porrsona et
conscientia adeo sibi propria pollct, ut alteri communican neqiu at,
quiu dof-tniatur. 8i onim mcae cogitationcs et aÜcctub iiuei
vana^ iallacebquü liiuöiones admittantur, illico luea conscientiä
eraoescit; ex experientia igitur edocemur nostrum ro fy^
aliqnid realiter existens, ab iUa nnica sabstantia distinotnm. Ad
hoo quotidie experimnr aliqnid existere quod nobis non inhaeret,
tarnen in nos agit, aliqnaodo sine nobis, quandoqne contra nos;
ergo alia in univcrRO existunt a nobis distincta. Quod autem
hacc omnia sint substantiae, patet, quia illud quod in alio est.
vi substantia non est, agere non potest, nisi per illud quod est,
ucmpe per ßubstantiaro. Multiplex igitur et finitum, quouiam
agit, realitate pollet, et est ab unica substantia dislinctum.
Lsibnitz enim in opere: De primae philosophiae emendatione et
notiooe snbstantiae, scribit: La forza operante ed attiva & ad
ogni sostansa inerente, di tal che non pnö stare an momento
Kolo, scnza che operi; e cio e Tero &i rapporto alle sostanze
dette corporali, come a quelle fpirituali. Ma uel mondo evvi
un' infinita di azioui, diiinjuc evvi ancora un' iüfinitit di sostanze.
Hoc autcni Kantii juincijiium ])ermulta incurrit irioomraoda. Et-
cnim becundum Fichte ^airo^ti'Otf univeräi ontur au actu quodam
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^4 SjlUbm Pii PooUfidft Noni in univern re pbilosopUeft etc.
libero siibiecti cogilantis; atqni ignoti nalla capido; ▼olnota« ergo
noD polest flecti ad hanc illnsioDem coDoipieodam, niBi in ideis
intellectas illa nniversi procedat. Tantum abest igitur ut actna
qnidem libnr crcator repraesentationis mnndi visibilis es8e possit,
ut pnfius hanc prn* oinitem cxqnirat; quare Universum non allqni i
phaeDomenicuai sed reale esse mlertur. Demum si noBtrum ego,
munduB exterior, ea quae in nostro auimo ac mundo fiuut, pbaenomena
essent, non minus focdaDei cognitio exurgeret. ^'amqne cum in iilu
hypothe»! nuUum, praetor Deaniy sit anbiectum cogitans, illanonea
tlla«, nonnni in Beam oadere poBsunt; Dons ergo perfeetiBBiroua
illuatoni se enbicerct, quo nihil abanrdiue. His praemiBsis, ita
argumentum conficimus: 8i finitnm, multiplex, univerea rerum
natura realiter sunt: certe non una est substantia, scd quot in
universo conspiciuniur. Nequc vero dicundum est, qnod notio
cntis simpliciter Deo plonissimc couveniat, ideo D' u-^ unioa
öubätaotia, cetera sine illusiones, uam S. TliomuB 1*^ tien. dm.
dooet: Aliquid potest dioi proprium alioni« Tel quia ipBi ita con«
▼enit, nt null! alü snbiecto convemre posait (at cum dicitur
proprium hominis esse risibile, quia nolli alü extianeo a natura
humana oonvenit), \e\ quia illud, quod de BuMeoto praedicatur^
et si aliis subiectis quoque convcniat, tarnen eo modo, quo ipsi
convenit, nulli alü Mibiocto convenit (ut cum dicitur hoc proprium
esne aurum, quia uou habet admixtionem alterius metalli). Jan>
vero de substautia Dei idem ac de Esse eius diccndum est; nam
quemadmodum Esse est proprium Dei, non quod res creatae nou
Bint entia, Bed eo quod esae illo modo, quo est in Deo, nuHi
oreatae naturae oonvenit; ita Beua propria BubatauUa dicitur^
non quod roB creuta non sit substantia, aed quia cum nihil
aliud recipiat productionem substantiae, secundum quod dicitur
de Ipso, ideo propter diversum modum praedioaodi, non dicitur
'^ubatantia de Deo et creaturis univore sed analogice. Sed
videamus quidem corollaria, quae e pantheiBrao couficquuntur.
Hoc systema tendit ad scepticismum; bi enim l'acta iDviocibili
couBfuentia inter fallacoB iliuBionea adseribuntur; ei univeraua
totuBy cuiuB realitas negari neqnit» inter pfaaenomena adnumeratnr,
humana mens de sniB viribuB merito diffidens, in scepticismum
labitnr. Pantheismus autem ad fanatismom dncit. Ratio enim
humana juxta Pauthei^^ta^', est subümior illius unioae substantiae
r-volfitio. ndeo ul illi vitanti, iiitelii^ontiam, iibertatem assignet;
neni]>c III verum natura homo est Dens, perque hominem Dous
Buam vUam vivit. Iliuc illud Michelet saepius a novatoribus
repetitam: 11 pensiero diTioo altro non e, che Tidea del popolo.
Hino VinoentiuB Gioberti (genti, modi e ooUo) merito inferebat:
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Sylltbut PU Potttiflcii Koni in nnitrena ra pbU4»opfa!ca €te. 85
Da Lutero fino al di &o»tri, la deifieaaioiie detl* uomo fit Toggetto
finale di ogot inaoTazione filosofiea e religioaa. Oome Amedeo
Fichte tatti rinDOTareao ia modo spesso senza saperlo, raotica
•nggestione del aerpeate: Eristis aicat DiL Ducit tertio ad
rationalisrmim. ^^i ^»miiia sunt iinius Ideae evolutiones, quae
praesertira per huininam ratiouem evolvitur, dediicitnr, quod
omnia, (}iiae r;itioQis or iinem pratHcr^rodianLur, tamquaui advvarov
^iot traduceoda; ideo auL m} ätena dogmata prorsus siüt deoeganda,
ant iaxia rationia ▼ires explicanda. Barnch Spiaoza in Saori»
Biblüs aibil agoovit, quod vires homanae ratioDiB praetergrede-
retnr, et si quid supra repperit^ in nnmero mythonim recenauit
Amadeus Fichte sooüque de Trinitatis mysterio oolloquentea
aiebant, Absolutum in ubbtracto esso Patreiu. in concreto Filium,
<im suimet conscieDtiam haben'^ dal S. iSanctum. De Incarnatione
vero inrjuiebant, comparitioneiu Absoluti idealis in humanitate
Incarnationem esse. Uegel uutcm docebat: II fatto invisibitc
del processo eteroo deüa vita divina, la quäle penotraudo uel
finito resta iri ancora finita. Vonno haeo omnia de mysteriis
ao veri« auperaatnralibna comprobant pantheismum ad tationalis-
mnm dnoere? Pantbeietae antem ad athcistnum viam sterount.
Saue Dens ad anam existentiam neceaaario requirit, quod sit
pertectissimns non contradictorius, neque aliquid abstractnm > itara
recipiens ab evolntionibuR Universi, at(|iii id pautlieistae adtirinant,
i'Vf^o per eos idea conlradictoria Dei existentiam doncgat, at<n',e
alheismum profitetur. i^aotheismus quidem auimarum imuiui-
lalitatem negat Fantore« enim Hegeiii ot bcbelliogü arbitrantur,
ita animas ab nniea aubatantia absorptnm iri, nt auam existentiam
amittant Fonrieriatae, Üanaimoniani metempaychoain defendonty
quae certe metbodus aniinae immortalitati opponitar. Pantheistae
etiam libertatem humanam dirunnt. Omnia oiiim ex tatali ne-
cessitate eveninnt, omnia necessario evolviintur; nulluni ergo
discrimen adest mter vilium et virtutcm, bouuiu et malum, cum
omnia ad unum reducantur. En verba klaret, Baggio sul Panteismo:
Ti raccbeta pure, o uomo agitato dai rimordi, tutto e nocessario,
perehd aconaarti? Aceuaa in cambio ii conoorao delle cagioni,
eonfeaaa non aver tn fatto altro cbo obbedire alla tua natura.
Innassi allo spettacolo di tutti gli errori, delitti e sceUeratesze,
il panteista ripeteru: tutto e buonO| percbe tutto e Dio. Amara
derisione, assnrda e dosolante dottrina. che il sollievo del pianto
nega all intblice cd il rimorso al dulitlo. Unod Bi ita s»» res
habet, praestat tliesim couticrre cum illa Pii IX quaerimonia contra
hujusQiodi erroreiu: Quo nihil demeuüuH, nihil magis impium, nihil
contra ipaam rattonem repngaantina excogitari unqnam poteat.
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1)6 SyUabtM Pii PoalificU Koni in oiiiTers» re phUMophie» etc.
l>e Germamkie panihMtmo,
Kondum di«6 adent» qua pantheisma« biatoriam, scientiaiii»
literas, arte« moderaretur. Sed (jermania primum specimen huins
detectionis a vero l'utura erat Gallia enim licet inl'ectn dnetrinis
pautheiäticis, abhorrebat tuiuen a tut tantisque erroribus viadi-
candis; sed in Italia benigoo vultu Germaniae doctrinae fueruot
exceptae. Namqae academiao, gymoosia, theatra pantbeUmam
redoleiity uti qni bumanitatis prog^reaam aiqne cnUui reapondeat
Igitnr, nt omaia de pantbeiamo aiot completa, Gerraaniae ayate*
mata aggrediar. Sane Ancillon, saggio di filosofia» tuit opinatna
Germaniae transcendentales, doctrinis JCantiaDis imbutoa, plu&
aequo ülas evolvisse: igfitur abs re non orit incoptnm a Kantio
aggredi. Emanuel Kaotius duo in humaDa cognitionc animadvertit :
subiecttim enim et obiectum. "Primnra est forma iiusiranim
cognitionuiü , alteruiu est malena, Obiectum uobia solum in-
taitiones pbaeDoiiieDioaa exbibet, aubieotam Teio per aaas nottonea^
illia intnitioDibaa Titam» proprietatea voitatia, neoeaaitatia, uni-
Yersitatis tribuit Hidc in aoatria cogoitionibaa aliqutd eotitatta
eaae debet^ mens tarnen introapioere tantnm pbaenomena dcbet,
quippc cog-nitionis alac ad animnm snblevandnm extra facta haud
sulticiunt. Quod si cognitio id andere velit, in «iio anirao quasdum
ideas absolutas rcpperit, nti Doi, universi, spiritus, quae nostraui
cognitionciH Hl üderantur. Ex quibus facillimo desumitur, obiectum
comparari pio subiecti arbitrio, ipsum qnoque causas et substantia»
omnea creare. Amadena Ficbte ita de ano fycD loquitor: Sub-
iectam co^tana tantum exiatit» quod fona et origo eniuaqoe
realitatis exiatit; unde aola propoaitio evidentiae immediatae
enunciatur: To lyci par toi kym. Ad cognitionem vero rov iym
oportet, ut animu» ab otnni'buf* rebna circumstantibu» abstrahat.
In hac abstractione mtuemur x6 t'/aj, quod nondum absolute est
ac rcalitate pollet, «ed in co8:nitionc oportet obiectum cogiluium
cum »ubiecto cogitante idenuiicari. in hac idenulale zd iycj
conatitatt originem enräaoamque rei. En primigemns actaa rov
lyaj pnri, ex quo conaeqoitar eyolntio nniTerai, aen zov fyw non
pari; qoae quidem evohitio inter pbaenomena tantam eat coUo-
canda. Fridericna Scbelling contra omnem realitatem aobiecto
denegavit, et unam existentiam, aetcrnam, immntabilem esse ad-
mi&it, in qua purum verum consistit. Ad cogoitionem huiu«
abBoUitae existentiae oportet, ut homo ad omuia indiÜerens actum
purum liberumque eliciat, minime tarnen conscientiae teatimonio
obnoxium, quo eziatentiam absolutam iotuetur, quae eat Deu»^
principium nniiatia ao bcatitndinia. Uuod ai imperfecte Dens
Tideatnr deficientia intuitna, id eTonit, qaia bomo nondum a rebna
uiyiii^ed by
dyllabus Tii PoDtificis Kooi in uuiversa re pbiiosophiua etc. 67
circumstantibus est omnino abstractus. In hac intuitione cogniiio
idem est cum exitit^mtia. Xani cum psse absolutuui sit uniias
perfecta, et necessai lu maDiieBtaadum, opus cüt ut alii coDsucietur,
ii6mpe hnmanae co^nitiooL Per Iiaao identiteton esse absolntmii
pcoprietates miiltiplicia et varü induit Hegel demom, per vwam
idealieniDm tmaaceodeDteleiD docnit nnnm ease ens onm cogita-
tione ideoticum, quod est neque subiectum neque obiectum, sed
cogitatio seu Idca, vel proprius Idca-Ens, quae quidem in se est
absoluta et indcterminata, sed deüoitur in suis evolutionibus.
Haec Idea-Ens, inquit, dnpüci attributo ornatur, extensione et
cogitatione, per t^usie attributa est item spiritus el materia, eäse
et Idea, Deus et mandus, itixta illud: Üuidquid est ideale est
reale, et quidquid reale eat ideale, liomenta vero ad bas evo*
lationes eomplendas triplioia assigDat In primiB esse indnit se
qnalitatibus abstractis, et eiit epocha logica; dein in mundo
apparet, et erit natura, postea evolutiones prosequitur, et erit
Spiritus. Ad eiusmodi esse intuenduin oportet abstrahi ab
extensione et cogitatione, priniani rcducendo ad invisibile
punctum, sc'cundain ad notionem mdistinotam. Iiis expositis,
ad veritatcin traoseamus oportet. Omnibut» Gcrmauiae pantheistis
est illud Neoplatonioorum principiom, ideas noetras a rebus non
dtstingui» et subjectum oogitans atqne objecturo cegitatum unum
idemque esse. Iffos falsitatem buius principii ( um 8. Thema com»
probamus. Ipse enim (con. gen. Ub. IV c II) ita urgumentatnr.
Inlellectio in primis non est eadem cum rc iiitellccla, qiiia mens
non solum intelligit rem, eed per lacultatem in seipsam rodeundi
qua pollct, intellipit intellectionem rei, ex quo fit, ut nou solum
scieuliae rorum existaut, sed etiam scientia cognitionis rerum
confioi possit. Seoundo intelleotio distioguitur ab intellectu, sive
a «objecto oognoscente, qoia si intellectus idem esset cum in-
telleotiooe, ipse nuoquam in poteatia, sed Semper In actu foret
Uoc est Semper cognosceret quidquid cognoscit, nequo unqaam
novas cognitioncs adquircret, quod certe absouum. Tertio in-
tcllectus a rc intellecta discriminatur, quippe quod res intellccla
oät principium, per quod eam auima intelligit. Quare Balmes
/FilosoHa fondamenlale) scribebat: Haec distinctio intcr subiectum
et rem cogaitam apparet, cum mens seipsam suasque actiones
Qognoscat; ipsa enim se diyersa ratione affeotam cognoscit, et
se, tamquam obieotom eognitum, sibi tamquam subiecto cogooscentis
opponit. Sed ad Fichte gradum specialem facimus. Hic etsi
»ibi magis coastare videatur, tarnen non minora incommoda
offendil. Principium to tyo> purum, ex cuius actione libcra
omnia creari obiecta commcmoraty monstruosa quaedam est
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88 SyWttbiis Pü Pootificis Nooi io umTersa re pbilosophica etc.
chituaera. Revera mens no^-tra, ope iinivcrsae abslractioni.s ad
iy(0 puri conceptioueni ancendit; alqui abstractio siut; subiect««
nun potcHt coaiicj, quod iÜaai cooficiat, et obiectum circa quod
versetur; ergo puri xov iyco conceptio oriri dod polest, nisi
sttbiecli et obiecti realitas praestltaatar. Atqai, iuzta Fichte,
haec sunt amavenda; ergo intuitio rov fym oriri nequit ex anioii
abatractione. Ad hoc actus libore Toleadi exoriri Dequit sioo
aliqiio pracvio obiceto, in quod voluntas feratur; ergo taatum
abcsi, ut über actus voliintatis ait repraesentationum causa, ut
siue aiiqua praevia reprae^eulatione exercen nequeat. Hoc
principiuui ad idcalisraum tendit; nam reaiis exist^ntia totius
tioiveri^i pcuitus denegatur, contra iiiud quod expcrieotia odocel;
atqui boe idealiamum dioit^ ergo, poaita realt eziateiiüa reram,
poDitur cognitio. Ad eceptieismQm inclinat Licet eaim in
egcisiiio absolatoy ego ait niiica realitas» fona cuioscainque rei.
concluditur tarnen Bpiritum non esse ncque me esse t6 ^/o>;
atqiii pubincti co<,'itantis deneg'ata realitate, omiiis |M>v;i;niudatur
«fienlia. cr^'-o hoc sysUmia in sceptifisinuru labuur. Kinod ad
Scht Uin^'- ailiiu.'f. int<;llceHjali8 iliä iüluitio, tjua ad absoliitum
eouteiuplanduiu ahburgimus, conscientiae tesltmouio miniuie Bub-
iicitur; atqui cognitio, quae oonsdentiaa testimonio non sabeat,
neque detegi oeqoe existere potest» ergo commeotitia est eius*
modi Absoluti iotuitto. luxta Scbelliog, absolatum est ens a
coDcretis rebus penitu» abstractam, tarnen fons et origo totia«
realliati«;; ergo contundit ordincm roalcm cum ideali, abatractum
cum concreto: eo raagis quod absolutum id g^enns est Deos:
ergo Deus mnot idcalissirous et concreüsäimus, quo nihil deteriue.
>Sche]ling autem statuit Ens absolutuui necestsario mauirestandum.
alioquin personalitate careret; Universum ergo inferendum est
Deo Titam, pcrscnam et exiateDtiam tribuere. Philosopbaadi
ordinem perverit; uod enim a Deo ad res creataa descendimus,
8cd potius a robiiH creatt- l ! Deam assurgimus. Contra autem
Hegelium: Idea absoluta priadpium est oaiuscumquo cognitionis;
atqni idoa non potost haben, nisi obicctum ali'juod spectct, cum
ipsa »iL reinacsentatio alicuius rei; erj^o Idoa absoluta non potest
esse priücipium totius cognitionis. Ad iioc Idea-Ens pollet et
extensiono et cogitatione, per quae atlribuia Heipsuiu cvolvit;
atqui hase attributa setpsa destruunt, cum aliquod extensum non
possit cogitare, et vieiesim aliqood cogitans non possit esae
extensum; ergo haec idea est aliquod coatradictorium; eo magis
quod eiusmodi Idea-Ens sit Dens; ergo non solom Dens esset
aüqnod contradictoriura, sed etiaai cx rcnim finitimaniin collcc-
tioue exurgeret: quod, iuxta Fenelon, est absurdissimum* Demum
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Sjrllabul Pü Poatifieii Noni io noirorsa re Philosophie« etc. 89
ordiaem idealem cum reall confuodtt: quippc aliud e»t idea, aliad
realitas; si unam idemque sunt, nullum esset discrimen inter
aabiectuin cogitans et rem cogitatatn. His de Biogolia expoatUSy
oportet ut Dei notionem iuxta hos philosophos praebeainus. Penes
Fichte: Dens est rh lyoi purum, qiiod soipsum creat, et quod
vice quadam »«am pra* e]«'r tioDem luit exorsiis: ila enim ioquitur:
De Crcatione Dei. Dens autem, Fichte mquit, est nostrae nientis
ludibriiim : iyu purum euim et non purum huut quaedam pliae-
nomeQü. Penes Schelling: Deus est aiiqiud potentiale coQliQUO
eToWeDSy ut ad actum perveniat; unde illa blasphamia: Gott ist
im Werdeo: Bous est in fieri. Alibi eoim dizit: Deum esse
priTationem abaolntam, aen memm nihil; quare Okeu Deum
fflaganm nihil appellaTit Penes Hegel: Absolatum, aut Idea-Ens
est aliqnod privative indeterminatum; Deus ergo esset aliquod
imperfectum, oam privatio imperfectionem designat; quapropter
conclu>'it Ideam Ens esse nihil ; ergo lieus esset cns non ens.
Si Idea-Ens est nihil, Deus idco esset nihil, hinc Wilmius monnit
Deum oriri ab actione; vacui super vacuum et nihili super uihilum.
Attameo, doceote Harchov de Penohen (Storia della Filosofia
tedesca) Germaniae pantheiätae 6ua nystemata coaptarunt reli-
Ipioni, politicae, aoientüs» artibus; proinde operae prettnm est
comprobare, ntrnm pantheiamua humane progressui respendeat.
Ipsi enim dicnnt primaevam hominia reli^ionem eaae feticiamum,
dein Brabmismum, postea Paräismnm, dein Aegyptiorum cultum,
Judaiamum, postremo Christianismum, quem velunt sublimiorem
actum Spiritus in rc theologica; quia revelatio non luit actus
longinqni Dei, sed per dogmata Trinitatis, Incarnationis, Deus
nobis valde appiopinquavit. His enim positis, ita argumenta
praebemus. Iuxta Germaniae pautheistas, Christianisrans est valde
hominum progreöüui accomüdatu», quippe revelatio abboluti eöt
dintnrna ac contioua; atqui christiaDismus perfeotisaime paotheismo
«dveraatur. Quia enim denegabit chriatiantamum emanatiamo atque
pantheiamo opponi? Quia enim dicet Pentateucum, Prophetaa,
bagiographos, postremo Novum teetamentum suspicionem uUam
pantbeismi praebere? Si enim idem est Deus in Lege, in Prophetis,
in novo Foedere, nos pro omnibn» illud Gencseos afTercmus: In
principio rroavit Deus caelum et terram: hebraico idiomate:
Bereich il bara Elohim et hascharaaün) weei haarez; in (juo te'^ti-
monio Deus omuino distinguitur a »iia creatura, uetjue oiusdcm
öubstantiae horainom esse emanationem comprobat. Id quidem
streuue autiqua Syuagoga atque historia Josephi coiupiobavil;
id qnidem Joannea in suo evangelio est testatua: In principio
erat Verbum, et Verbum erat apnd Deum, et Dena erat Vorbum;
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!H) Syllabos Pii Toutificit Noni in unirersa re pbilosopbicA etc.
hoc erat in principio, oninia per ip»um facta sunt: graece kxol^s,
creata sunt. Erjro si Christianisinus hominiira ruhr.l respondet,
sequitnr panthcismum non esse coraparatum ad homines excolendos.
Ad hoc ai pantheiBnius socictati aptetur, non minora ubstucula
ofiendit Difficillimum est enim pautheiBtis libertatem cum aucto-
ritate, iure atque olflciis componere-, et ipse LeroQX diffiealtatem
hnios problematis confitetor. Kam si omsia tnnt Absolttti evth
lotiones, plus minoBTC «e manifestantis; qoooiam in re publica
magis id ^nns eToIuUones babentur, necesse erit oivem absorptum
iri a «statu, atque hinc iura imraetata roanare, ideoqne illas utopias^
renovari, quac saeculo XVllI socictat^'m peKsuiudoderuDt, et
sanguinc conspersere, Haec omnia possunt in SSansimonismo civil!
videri, at(]ue iu doctrinib politicis Hegel, uti docet Lormiuier;,
aooidtaa ergo, iiosttis Germaniae paDtheistarom doctmis, dirne-
retnr. Si autem pantheiamuB eiuamodi aoientiis aptetar, maximum
detrimentum humano progreBsui aifert 8i enim acienlia est per>
nobilis absolati evolatio, Mqnitnr acienUa« dogmata esse divina,
omniaque qiiac ennt snpra Kcientiam vel illi contradiciint, omnino
esse deneganda. Igitur invorecundus Strauss mysticismus,
ratioiialisniUB novatorum unmoderatur, erit honore afficiendus,
quo nihil absurdiu» atque deterius. Adde quod paotheistao veri-
taÜB progressum profitentur, adeo ut quod hodio Tcrum, cras sit
falsuffi, quod hodie falenin, cras veram: quod idem est ao sdeotiae
omne certitndinia critorinm auferre, noqae principia qnaedani
immutabilia constituere; atqui hoc scepticismum iadicat; ergo
Pantheismus in doctrinis scientificis ad scepticismum tendit. >Si
deraum pantheiVinus artes excolat, malum deterrimnm proveniet.
Ars euim, pantheistaruni sontentia, est divina nianilestatio: artitex
enimvero in opcre condcndo a superis illustratur; lu-uiniie a?>,
dumiuodo vivis coloribus ideaiu praecouceptam siguiiicul, uuihem
moduin excedit, Dalli roensnrae «nbiicitur, ideoque imago, licet
tbedissimay Tivide idcam spectans, erit sacra. Qaae inverccnodial
Knac patet qua de causa imagines torpisBimae solemotter circum-
ferantnr ac benigno visu excipiantnr. Qaae cam tta Be habeant»
transcendentalcs complcmcntum jnrium, scientiam autonomam,
reiigioncni üniversitariam somniati t'iieruut; putarunt 'juiucm
artes, veluü sol tenebras longiKsime viucil, öic esse ctiereudas.
Fourieristae quidem maxiuia nobis fuerunt auspicati. Jso6 autem
cum mala pessima GalHae saDsimonismi, Stranss my thismi periclitati
foerimuB, philosophiam thomiBtioam Tindicamus, proinde religioaia
tuta principia toeinnr.
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SjIIabol PH Pooiifleit Nosi io unimsa re pbilosopbiea otc S)l
HumaDa ruliu, uuiio proreus Dei retfipectti habito,
xinicns est vert et falsi, boni et mali arbiter, sibi ipsi
est lex et natnralibas sais viribita ad bominnm ac
populoram bonam earandani snfficit
Alloc. Mazina qoiden, 9. Jnnü 1862.
Omnes veritates ex nativa humanae rationis vi
dcrivant; hinc ratio est princeps norma, qua homo
cognitiooem onuiium cuiuscamque i^eaeris veritatum
assequi postiit ac debeat.
Epitt encycl.: (^^li pluribus, 9. Novembris 1840.
Epist. encycl. : Sineulari quidero, 17. Martii 1866.
Alloc. Maxi'ma quiaem, 9. Junii 1862.
Ante oiuöia, ab historia huius rei ordiamur oportet.
Froiajroras Abderites enim asserebat, iuxta Heracliti doctiinam,
quod Dihil staret, scd oinaia, HumioiB instar, proÜuereul, DuUa
eaaet immobilia eaaenUa, nulla absoluta et QnivenaHB veritas, sed
taotam relatSyar omnis scieDtia oompiebenaio oaturae immutabflia
non esaety sed aenaos ex motu corpomm exortua» ideoqae cnrasqne
hominis sensus aut opinio unica omnis veritatiH regula est. Haeo
qudem opinio, quod veritas noa ab inteilectn divino, sed humana
procederet, a Democrito etiara et Epicuro habita tult; qui
edocebant oninem 8ci>ntiam ex atomis temerc vaganlibn«? pro-
cedere. Hobbes ettam in eamdein eoncossit senteuliam, (^uippo
dixit, originem omnium cogitatioimm t s-o sensnm, nuüam anirai
conceptioaem, quae non t'ueril ante geniia in öensu vel tota simui
▼el per partes; imaginationem, intellectuin, reminiscentiam, et
pntdenttam, quod ad rationem apectat» esse compatationem sive
additionem et anbtractionem oominum generalittm , qnae ad
sigoifieatiaDeiii nostramm eoaoeptiODnm recipinotar. Caiiearäa
ad rem aiebat: ^i hoc ita est, ratiocinatio a nomiaibiis procedet,
nomina ab imaginatione, et imaginatio ab organorum motu. Mena
ideo nil aliud erat, nisi molus in qtiibusdara partibus corporis ;
ex quibus patet oranera veritatcm desumi a sensu et ratione,
nuUo Dei respectu habito. Ad hanc sententinni access^it auctor
historiac naturalis, dicens nmnem veram cognitionem esse sensum,
omuem scicntiam esse exporieDLiam, idea» abstractas principia
cognitionia dod esse, neque in illia quidquam reponi, praeter
templum errori sacrum. Bemum Garteaiua non omnem abaolutam
Terilatem denegaTit, tarnen omnia vera a De! arbitrio manare
asseruit. Hia ita de historia praestitutis, ordo quaerit nt a
definitione incipiamus. Com Augnstino veritas deüniri poteat^
qna ostenditur id quod est; cum Hilario: verum est declarationem
aut mar^ifpstationeni esse: item cum Augustino: veritas est summa
similitudo principit, quae sino uUa dissimiiitudiae est; cum Anselme;
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H2 SylUkus Pii Pontificis Noai in UDi?er&a re phiiosopbica etc.
veritas est reotitado sola menie perceptibilis; com Avicenna:
veritas cuiusque rci est proprietas sui esse, qnod stabilitam
«8t ei; demum cum Boetio: veritas est adacquatio rei et
intcllcctu^. Ex quibus d^ iinitionibus patet veritatem in hoc
consis^tere . uempe in inteliectu , secundum quod apprehendit
rem ui e^i, v,i io re, secundum quod habet esse coutbrmabile
intellectai. Aquinas aiebat (q. XVI art 1*^): Cam verum sit in
iotollecto» secandom quod oonformatar rei intellectae, neeease eat
•quod ratio Yori ab intellectit ad rem intolleotam dorivetar, nt
ree etiam iotellecta vora dicatnr, aeoandam quod habet aliqnem
ordinem ad intellcctum. Aquinas autom atebat hoc maxime in-
veniri in Deo (q. XVI art. \'): Eaae eins aon solum eat oonforme
suo intellcctiii, sod otiani est ipsura suum iutelligere, et simm
intelligcre est measura et causa omnin altcriiis esse, et omnis
altcritis intelleclus, et ipse ebt suum esse et inteUigere. Unde
sequitur quod noii solum in ipso sit veritas, sed quod ipse 8it
8umiuu et lueosura omuium veritaLuiu. Adde, si veritas eat
«ecundum quod rea habet ordinem ad iotellectam, seqaitur qnod
unaquaeque roa yera absolute dicatur, secandam ordmem ad
intellectam, a qoo depeadet AqninaSy q. XVI art aiebat:
Ke« intellecta ad mtellectum aliqnem potest ordiaem habere vel
per se vel per accidens. Per se quidem habet ordinem ad
intellectum, a quo depeodet secundum snum esse; per accidens
autem ad intellectum, a qno cog-niscibllis est; sicut si dicaraua,
quod domus comparatur ad intellectum artiticis per so, per accidens
auLeui comparatur ad intellectum altcrius a (juo non dependet
Judicium autem de re, non sumitur secuuduiu id, quod inest ei
per. se; unde unaquaeque res dicitur vera absolute, secundum
ordinem ad iotellectum a quo dependet; atqai rea natnralea
dependent ab intellecta divino, aecundnm qnod aaaeqnuntor
similitndinem apecierum, qnae annt in mente divLna; dioitnr enim
vem« lapia, qni assequitur propriam lapidis naturam, secnndnm
praeconceptionem intellectus divini, ergo intellectna divinue eat
mensura cuiuscumquc vcritati». Accedit, (juod unumqnodquc in
<juantum habet de esse, tantum est coguoscibile. Aquinas, ibidem
art. III ad 2., Non ens, licet non habet in sc unde cognoscatur,
tarnen cog-uoscitur, in quaiitum intelleclus tacit illnd cognoscibile;
unde verum lundatur in eute, in quaulmn non ens eat quoddam
«ns ratioui», apprehensum scilicet a ratione. Omnia enim suum
esse a Deo partieipant per creationem; ergo et a Deo qnidem
«nam partieipant yeritatem, ideoqne Dena est canaa et menanra
■cuiuaqne veritatis. Aqninas ad rem, ibidem art VI: Cum veritas
per prius eit in intellecto, et poBterins in rebus, secundum quod
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Syllabus Pii Pontifids Noni in onirersa re pbilosophic« etc.
ordioantur ad iotellectum divinum, hinc st loquamur de veritute
proQt e&t in iutellectu, secundum propriain rationem, in nuilti»
intellectibiis creatis sunt multao veritateB. Si vero loquamur do
▼eritate, Mcovdum qood 6»t in reboe, «ie oinne» suat Terae noa
prima Teritatey cnl QDamqnodqne assimilatnr Becundum saam
Teritaiem. Et sie licet plvros aint esBeatiae vel fonnae rerom,
tarnen nna et Terita» divini intellectue, Beenndam quam omne»
ree denominaatiir verae. Adde, veritatia proprietates luculeoter
viudicapt Doarn opsc mensuram et cansara veri. Vcritas enim
coDcipitur ut intimta, idquc vel sola geometria, quae circa figiiras
et abstractos extensioDiB modos occupatiir. »atis declarat. lutioitae
quippe figiiraruni sunt species, et inliiiitae cuiufilibet figurae
proprietates et ügururuui mter bo ratioue». Ad hoc vurita» est
aetema. Qnis enim flibi persuadebit, ante Euclidem, Archimedem
oeteroBqne geometrasi propoaitiones, quamm veritatem detezerant»
▼eraa non fnisBe, ant ftaisse ad Teritatem Tel fateitatem in*
difierentes? Igitnr erant Terae, anteqaam detegerentnr , neqne
tempus ullum concipi potest» qno figurae geometricae, triaogulum
exempli gratia, certam formam nou baberent, vel relatio certa
non esset inter trianguli latera, quae cum omni tempore exstiterit
et demonstrari potuerit, a geomotriB non creata sed detecta fuit.
Verität est res universalis. Essentiae enim rerum earnmque
rationes, etiarosi in mcntibus existant, Hand tamen ullo modo
commutantur, sed in omnibus unins modi eiusdemque generit»
anat Quemadmodnm nnnm enmdemqne Tnltum infinita Bpecnla
refenmty nniua boHb imaginem innnmeri ocnli ehnul eonftpicinnt;
nnam eamdemqne Tocem mille aun» andinnt; ita inftaita men-
tinm mnltitado nnam eamdemque andit vocem Bempiteroi verbi,
easdem rernm immntabilea fonnaa videt, eadem aetema Ince
illustratur, cuius radü in mnndum Universum spiritualem, non
secus ac öolares in lolura orbem corporeum, diü'unduntur. V'eritas
est res necessaria et immutabilis, scilicet perpetuo et constanter
eaiitrn. quae eicut uunquara esse coopit, ita nunquam esse aut
eodem modo csso dobinit. Fuc omnes geometrae peroant, non
idoirco geometricae rationes peribnnt; universus mundus evanesoat^
et omnea qnae in eo ennt intelligentiae oocidant; impoBBibile
tamen eiit, rationee, qnae nnnc ab iUis intelligentüa dare et
evidenter percipinntur, salvae incolnmeeqne non permaneanL
Nnllum igitur dubium, quin yeritatem conoipiamuB, ut quid
aetemnm, infinitam, universale, necessarinra et immutabiie. Ex
bis antcm patet veritatero bis dotibus praeditam, esse modnm
m< litis necessariae, inmiutabilis et aeteniac, ideoque in Deo con-
sistere. Nam quidquid reale et positivum est, vel substantia
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Syliabus Pii Pontificis Noni in unirem re Philosophie« etc.
vel subfttantiae est modo«; ergo veritas iDfioita, immntabUis,
aeterna, necessaria vel snbataatia vel aliouina aabstaotiae modus
C8S0 dcbet. Haec autcm Rubstantia, quaecumqiie est, pariter
intioita. imruutabilis, aeterna, necessaria sit oportet, eiusdem
nempe generis, cains est veritas, quao in ipsa innititur. Verum
lepu^-oat omniuo, quod substantia finita, contingens, j)articulan8,
uiuubiliä hit tundameDtum mudi infioiti, aeterui, immutabiliä,
necesaarii; 6t eDim duUo modo potest aeteronm in tempoTineo iDnitf,
infiDitum in fioito, uniTersale in partioalari, oeceMarimn in con*
tingente; proinde Dens soIub est noica veri mensnra. Ad boo
•1 praedietae Teritatea eeseDt Bubatantiae finitae, oontingentea,
mutabiles, eammqne modi; posita ipsamm destructione, veritates
quoque periturac essent. KxttTjcta onim lucc pcrcunt colores:
destructo corpore, Tnotns nr orit. Sed veritas nulla ratione
inlerire potest; ventaa ergü meutern iuüoitam .supponit, suipaius
mensuram causamquo. Praeterca omnis res est vera, quia habet
fonnam propriam naturae suae; ideoque intellcctus, in quantum
€8t cognoscensi dicitur rexm, eecnndnm qnod per aiiniUtadinem
rei cognitae, indicat de oonformitate rei ad propriam naturam
et formaiD. Res autero habent propriaa formaa ab aeternis
archotjpia atquc diTiois exemplaribus, quae in rcrum oreatione
ad actnm reducuntur; ergo intellectus apprehendil verit;iN^ra.
<luaiulo res iiUellectni divino couiparut, in quo rernm excmplaria
conti nentur; idcirco inteilectus divinum ml, a quo vcritale» pro-
cedunt Veritas dein in rerum essentiis innititur, hinc ad
absolute illam cognoäceuuaui, oportet iDqulrere uou quod rei sit
accidentale, sed quod etaentiale. Jam vero 8. Tbomaa, de yerit
qq. die. IV, docet: Veritas quae dicitur de rebus in oomparatione
ad intellectum bumanum, est rebus qnodammodo aoeidentale;
quia posito, quod inteilectus humanus non esset, nee esse posset,
adhuc res in Bua easentia permanerent; sed veritas, quae dicitur
de eis in comparatione ad intellectum divinum, eis inscparabiliter
communicatnr. Non enim mibsistere possnnt, nisi per intellectum
divinum ea8 in esse producentem; ergo inteilectus hnraanns tunc
verum apprehendit, »ecundum quod iudicat de rebus luicllectui
diTino respondentibus. Per prius enim inest rei Teritas per
comparationem ad intellectum divinum quam bumanum; cum ad
intellectum divinum comparetnr quasi ad causam, ad bumanum
autem, quasi ad cffectum, in quantum inteilectus a rebus seien-
tiani accipit. Hanc quidem doctrinam luculenter Taparellius
expressit: Chi mi assiciira che i miei giudisii intorno all' ordine,
siano conformi ai giudizü del ^upremo Fattore? Mc uo n'^sicura
la natura stessa del mio intelletto; imperocche che cosa e
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SylUbttS Pü Pontifici« Noni in noi?eraa re phUosopbica etc. 95
intellettoV e la naturale tendenza ai vero, ogm intellotto dunque
ha una direzione contbrme, giacche nno v. ii vero, duiique la
direzionc dcl mio intellelto e coalörmü u quella dell* intelletto
divioo; altrimenti il mio intelletto, tendenza al vero, tondorebbo
al non Tero, il che aarebbe coDtradittorio. Potra danqae
traTiare il mio, porobi limitako» ma per Datnra egU ^ noimo
cot divino, pnb noa essere senaa anatarani. Legittima
^ dunque la illazione, con cui dalle mie nozioni ragionevoli iH'
feiisco i decreti divini, e ripugna che V Äutore deir univerao
abbia volnto ein, in che io cooobco disordinc. Intclloctus t>rL^o
DOster in veri nrf|ui8itione intellecttii divino est rontbrin in iiis.
^'eque dicere valel, quod, absquü Dei notione, nonnuUii sunt
Vera, quae Semper in 8ui uotionc consistnnt; uti ratio circuli et
quadrati. I>eu8 enim el'ticere nequit circulum ghsq quadralum
▼ei eontra. Sed adTenarioa fallit; hoe enim probat renim
-eaeeatias a Bei Tolantate non pendSre, non iam habere ease
isdependenter a Deo. TapareUins ad rem, nota XXVII, inqnlt:
Per pooo che io vi rifletta, trovo che Tessere del quadrato
dipende necewariamente daU* essere divino. Infatti quando io
dico: il qnadrato e non rotondo, attribuisco al quadrato iin essere,
ed essere ünito, perche cscludo ii rotondo, vhe A pur ancho csso
un essere. Or Tessere tlnito e quello che piirtecipa dell' essere
assolnto; dunque il quadrato parteoipa IcHsere infinito, pero
dipende da lui, come ogni derivato dipendo dal principio, da cui
deriva .... Quindi so si pretende, che il quadrato, pur quanto
Die non esiatesse, avrebbe da un principio di easere, per eoi
ripngoerebbe al rotondo» qneato ö nn ammettare, oUre a Bio,
qaalohe altro Eaaere etemo e neceaaario; dippiu ö nn realizzare
delle astrazioni di noatra mente; giacch^, coroe nota il Sig.
i^aUoppi, che cosa e mai possibilita interna, impoaaibilita iotema,
noces^ita intorna, se non il potcr«, rimj)otcnza, la nccessita, in
cui una mente trovn di congiunj^ere certi ternaiui? Son
dunque astrazioni della meute codeste, e se voi supponete per
un uiomento, che uiuna raente esista, cessera ogni potcnza, ogni
impoteui^a, ogni necessita. Ma siccome ripugna che cebäi di
«alstere la Hente iofinita, perciö ripugna che ceaai di eaietere
in eaaa la interna poaaibilita delle coae. Dal che ai vede non
eolamente, che tntte le veriti neceaaarie dipendouo da Bio, ma
anche in qual modo eaae ne dipendono. Si vede cio h prima che
i'esaere delle verita neceaaarie dipende dall* Essere divino, da
cui partecipano Tessere loro liroitato; secondo che la loro attualita
eterna dipende daiV Intelligenza divina, in cui ab aeterno
«uasistono. Cum vero huc perveoerimua, plaoet nonnulla aub-
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96 Syllibns PH Pontificit Noni in universft re pbilosophica etc.
jüngere de modo, quo noBtra mene se habet quoad veri notitiaiD.
8. Thomas brevi omnia complectitnr: Sciendnm qnod ree aliter
comparatar ad intellectnm praticnm, aliter ad speculadonem*
Intelteetiis eaim praticus causat res, uodü est meoeoratio rerum»
qaae per ipsum tinnt; sed intellectns specuiativus, qnia accipit
a rebns, est quodammodo motus ab ip«is rebus, et ita res raen-
snraut ipsura. Ex quo patet, quod res naturale», ex quibua
ioteilectuB nobler scieDtiani accipit, mensurant intellectum nostrum^
sed mensuraDtur ab intellectu divino, in quo sunt oronia creata,
•icut omnia aiüfidata in intellecto arttfieit. Sic ergo iotellectiia
divinns est mevenraDs noo meDsaratna, res aatem nataraUa
mensnraDS et menaDrata, ied intelleotos noster est mensaratna»
non mcnsurana qoidem res naturales, sed artificiales tanium. His
demonstratis, consequitur, si Deus est veri falsique mcnsnra, esse
quidem boni et raali arbitrum; nam boniim a vero vim habet uti
roalum a l'alt^o; consequitur quidem rationein uon csso Kihl ipsi
legem, et eulficere suis Daturalibns viribus ad bonurn liuuiinura
curandum; etenim ratio a Deo le^em accipit, cum lex aliquid
▼eritatas sit^ eamqoe hominibas applioat Sed praeatat pauca de
absurdis cousequentiia hnias systematis persequi. Haeo enim
thesis ponit res noa procedere ab aliqao intellectu per oreationem^
sed tantum a casu; qua doctrina nihil absurdins. Aquinaa
scribebat: antiqui philosopbi species rerum naturalium non duce-
bant procedere ab aliqno intellectu, sed eas provenire a casu.
Et quia considcrabant, quod verum importat comparationem ad
intellecturu, cogebantur veritatem rerum constiluere in ordine ad
intellectum nostrum. Qua de re ratio non est princeps uorma,
qua homo cognitionem omoiiim ouiuscomquo generis veritatam
assequi possit. Adde hoc systema dnoit ad omnia absnrda
cohonestanda. 8i enim inxta Protagoram: Qaod alicul videtar
est Terum; procnl dubio seqnitnr errorem et quaeque alia absurda
sab qnadam veri ratione a siiia cultohbns eomprebeadi; igitur
omnia abHurda et contradietoria cuiuf^que generis essent vera.
Praeterea ideaiismum novatores vindicant, Klenim ni veritas
rerum, secundum quod habent ordinem ad iutellectum divinum,
illarum existentiara nobis patet'acit; quia, iuxta S. Thomam,
unumquodque in quautum habet de esse, in tantum est cognos«
cibile; seqaitur, si rerum Teritaa tantom in noatra mente esset»
et rernm quoque existentia fotura esset: quod certe idealismum
dicit Hoc systenui quidem ad sensismnm desoendit. Si enim»
inxta Heracliti doctrinam» omnia continuo flaxu agitantur, et
sensus solus has perennes rerum vicissitudines comprehendit,
ideo cogoitioois criterium est cuiuscumque sensus; et ex bisioria
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Syllabus Pii Poutificis Noni in univeraa re philosophica etc. 97
iotelUgimnt omoet prae&tos pbilosopboB in Bensismum devenisBc.
Qoare in nostram fenm sententiam coocesserant pbilosopbiy qui
in antiqtjis sapientinm nomen menierunt; uti Plato, coius rocntem
»ic exprcssit Cicero: Essentiaa Plalo negat gig'ui, Rcd 8rTnp(;r
esse, el ratione et iotelligcntia contineri. Aristottileä quidcm hoc
idem docuit: Formam neu Bpeciem rei nemo facit, nec ea gene-
ratiir ullo modo. iJcamm Tuliius dö legibus loquens idem
vindicavit. Ad rem Aagnstinae aiebat: Omne verum ab illo est,
qai ait: Ego sttin Teritas .... (^aisqne bonns Ternsqoe
Chmtiaaiw, Domini sm esM intelligat, ubicnmque inTenerit»
veritatem. S. Anselmus, Dialogns de Yeritate, AUgister: An
pntas aliqnid esse aliquaado aat alienbi, qnod aon Bit ia Bomnia
▼eritate, et quod inde son accessen't, qnod est in quantum est,
a«t quod ])OHBit aliud esse, quwm qnod 'ün rst? — Dlscipnlus: Non
est putandum. — Magister: (aiuidquid igitur vcie est, io quaQtum
\\or e«*t, quod ibi est. Discipolus: Absolute concludere potes,
4uia uiüue quod est, vere est, quoniam non est aliud, quam ibi
est — Magister: £^t igitur veritas in omnibus, quae sunt
eaBentia, quia hac Baut, quia in aamma veritate Bant Igitar ot
noB qnidem cam BjUabo Pii IX conclndimuB rationem non eoBO
uaicnm veri et falsi boni et mali arbitrnm, neqne esse prinoipem
normam oognitioms otnninm cninaque generis veritatum.
Neganda eet omnie Dei actio in bomlaeB et
mnadum.
AUoc. Maxima quidom, 9. Junii 1862.
Uti nobis mos est, huius tractatus ordiuem ab historia inci-
p;amu8 oportet. Hylozoitae, uti Thaies, Anaximene«, Anaximander,
contendebant inateriam muudi esse aeternum, atque ingenita vi
pollere, qua omnis varietas rerum muodauarum est effecta.
Atondoi yero, nti OemoeritaB, EpiearaB^ Leucippos, senBernnt
particnlas materiae Bemper eztitiBBe, et ex illarain fortuita eon-
enrsLone mnndum cbbo effectom. Plate, uti testatur Martin opero
Le Tim^y ex bac absurda re abbonrens, statnit Detira oondidiBee
materiam neque interminatam neque oboattcam, sed ordinem in
materia choalica statuisse, co qnod corpora elementaria primo ex
SB dif»crrvit, dein ita composuit, ut harmonia mundi eihiigeret.
Altera senteatia est eorum, qui contendunt rounduni ila extitisse,
uti in praesentia conspieitur, uti Arihiotele», sicuti videtur in
opere Julii Siniüü, de Deo Aristotelis, qui docuit: Douiu neque
materiae, ex qua mundus constat» nec ordinis, qui inter res est
materialee, aactorem foisBe, eed ita in qnodam mnndi puncto
conBiBtere, ui, cum omnia moveat, omnium Bit peoituB igaaruB.
Tertia eet Banctomm Patrunii quam S. Tbomaa prosequitur, ntl
Jbilirlraeh Ki Phltotoplito «to. VI. 7
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98 Syllabus l'ii Poutiticis Soni in universa re philosopbica etc.
Clemens Alexandrinus, Dionysius Älexandrinus , Mnxiraus,
S. Basilius, S. Augustinus senserunt Hi euim vindicant niundum
non eHöü ab aeterno, sed a Deo factum in tempore et ex uihilo,
ßcilicet uon ex aliijuu materia praeiacenti, atque cum mundo
teiupus quoque suum habuisBe priocipium. Quarta demum a
neoplatomois reperta foit, qui, nt diserepaatei Bententias inler
86 Boeiarent» dooaerant niiindnm esse aeternum, sed a Deo ab
aeterno creatnm. Philosopiii recentiores autem, qui religionem
cbristiaDam sant profeasi» prae Tlribns defeoderunt miindam a
Deo esse creatum in tempore, sed in ratione reddenda non omnes
convenerunt. Carte>»ins enira, Des principe« do la Philosophie,
creationem mnndi cum aLumorum doctrina < omponere cupiens,
dixit niuntlüiu fuisse conflatum ex atnmoruui coocursione, sed
Deum esse auctorem et maleijae et mutus. Alü vero repellentos
christianism! Teiitatem aeseraeraat vel mmidam extilisM qaaUs
niroc est, uti anctor da Syst^e de 1a natore» atqoe HelTetias,
rBsprit de la loi, vel sensim fbisse efformatam ex ▼! materiae
maeta» ati Beshnerus, antiqna systemata in medium reoenaentes.
Inter has sententias medium locnm habait, quae statuit mnndum
a Deo fuisse ab ueternitate creatnm, uti Orig-encs alüque a
8. Lactantio connncmorati. Media vero aetate Echan; atque
inter recentes iiobinet, Voltaire, Saisset, Henriens Martin,
Essai de la philosophie religieuse, eamdem sententiam vindi-
oaraa^ tamea ee expediernat üla ratione, qnod aeternitas muadi
noa esset permisoeDda aeternitati Dei, quippe prioia erat solom
relatiTa, seennda absoluta. Oeniqae Baeehneras, aliique Ger-
maniae materialistae teneat nallam aliam vim existere, nisi
qaae materiae inhaereat; quare colitgant mundam 9Z vi ipai
materiae iasita evolatam. (Seqoitor.)
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LITTERARISCHE BESPRECHUNGEN.
1. Analytisehe und synthetische Phantasie. Voa Dr. Hans
Schmidkunz. Halle a. d. S., Pfeffer. 1881).
2. Von der Abstraktion» Von demaelben Verfasser. Halle
o. 8. w. 188y.
3. Der Snbstanzbe^riff. Ein Beitrag zur Geschichte und Kritik
der philosophischen Grundvorstellungen. Von Dr. Ferdinand
Zit'^chor. 1. ITo.ff. Leipzig, Fock. 1881).
4. Der Be^'ritr dei' Waln-nehnjung. Eine Stndie znr P^vcbo-
logio und Krkcnntniätheorie Ton Dr. Wilhelm £ noch. Ham-
burg, Carly. 1890.
5. Cause et'ftciente et cause finale par E. Dornet de Vorj^^e^.
Extrait des annale» de philosophio chrolienne. Parin l<58i'.
1. Ohne in eine Untersnchiing über das Verhältnis von Phantasie und
Tentaod nntor sieh wie snm 8«b5nen und Ästhetischen einsngehen, vielnwhr
oinfiich <hn ..modernen" BotrrifTdor Phantasie und ,,das, was wir produktive
Einbildungskraft (S. 8) nennen" voraussetzend, behandelt <lie erste nntor (hn
vorliegenden Schriften die verschiedenen „Bewegungsrichtungen'* der i'iiau-
tssie im kfinstleriichen Schaffen ondGeniofsen und führt sie auf Analysis
nnd Sjnthesis zuniek. Der GeiTTi^^trui l wird in einer mehr ^ikizzenhaften^
sber vielseitigen und anregenden Weiso unter Anführung zahlreicher Aus-
spffidM von Dichtem, KSnstlem und Ästhetikern zuerst im besondern,
d.h. im engem, ästhetischen Ernse dargestellt (S. 1—20), dsnn anknüpfend
an die aristotelische Tifhro von einem mohrfachon nQorepov auf einer
breiteren Grundlage, indem aucii die „aUgeineinen Verhältnisse aufserhaib
dse KnnstbesirkM, welche fOr die ästhetischen Behauptungen (des Vfs.) als
Analogieen aufgestellt werden können" (S. 31), in Betracht gezogen werden.
Als s'ilfhe worden erörtert: Realprund und Krkonntniagrund, Dctluktion
und Induktion , Einzelnes und Allgeraeiucs, atuilvtischo und synthetische
UrteBo n. s. w. Der Vf. ist sich indes der nahen Berührung des Analo-
pisrhen mit '\'~rn Aquivolcen bewufst und lobt den Aristoteles, dor die in
ksit inn Nsehdrock hervergohoben hsbe, während sidi die neuere Philosophie
ziemlich rflcksichtalos gegen solche Verschiedenbsiten verhalte (S. 21). Im
dritten und vierten Teile geht der Verfasser auf das Verfahren der
schaffenden (8. 33— 59) wie der geniefscnden Phantasie (S..54— 70) näher
im, Die flbrigen Teile der Schrift verbrsiten sich flber Ähnlichkeit und
Verschiedenheit der ästheti?rh"n Analysis und Synthesis mit den gleich-
namigen Verfahrungswei.sen der theoretischen Vernunft (..Beziehung zur
Erkenntnis") und mit den schaffenden Thätigkeiten der Natur" sowie über
die Frage nach dem Werte. Der Vf. räumt der anslytischen Methode mit
Rücksicht auf Ordnung, Anschauliehkeit, Zusammenhang, auf Verst in Inis,
Reichtum der Association^ und Wahrheit den Vorzug ein, schlieist aber
mit dem Ooetheschen Worte, dsfo nur Analyse und Synthess snismmen,
wie Aus- und Einatmen, das Leben der Kunst möglich machen (S lÖS).
Wir halten es ffir fiberflüssig, ansdn'icklich zu bemerken, dafs wir den
erkenntnistheoretischen Staodpunkt und die psychologischen Voraussetzungen
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100
Littcrarische Besprechungen.
des Vfs. nicht teilen. Sympathisch aber berührt nns dio nürksicht, welche
auf die aristoteiiscbon Tbeorieen über Kunst und künstlerisches Schaffen
genommen ist (vgl. S. 49. S. 102). Alles in allem genommen enthält die
oebrift einen nützlichen Beitrag zur angewandten Methodik.
2. Eine interessante Studie über das Wi'scn der Abstraktion (S. 3
—2^) und die Grenzen von konkret und abstrakt (ä. 25—42). Im ersten
Teile eoiner Abhendlong eadit der Yf. ein gemeinsamee, die mediiedeiien
Weisen der Abstraktion zugamraenfassendos Merkmal und glaubt daeeelbe
weder in dem negativen des Weglasscns (dor aristotelischen dtpaiptatg)
noch in der Verallgomeinerung, sondern in dor psychischen und logischen
„Yeret&rknng**, durch die das Absehen und Weglassen erst ermöglicht
werde, zu finden. Diesi-s Element dor VerRtärkting darf nach dem Vf.
weder einfach der Auf merk sa tu k ei t gleichgesetzt werden, noch bedeutet
es eine IdofiwLitensitfttssteiprung; vielmehr liege eine Neu bildang Tor.
„An Stelle der roten Dinge m der Natur schaffen wir un.sor Geistespndakt
— die abstrakte R5te, und sind durch nichts behindert, dasselbe gegen
alle Einmischungen abzugrenzen." (8. 17.) Im Abstrakten ist, was im
Konkreten nebeneftdilieb, vertwrgen, impUdt war, m den Voideigmnd |pe>
treten, offen, entwickelt, explicit fiowordon. (S. 19.) Die Sprache bestätig©
dieses Resultat durch dio Aussrheidung der konkreten »ind abstrakten
NamoD, die Bezeichnungen von Gegenstand und Attribut. „Wie wir seiner-
lelt geaehen haben, dafs diese logische Verstärkong niebt dine eine gleich-
zeitii^o nejrierende Thätifjkrit vor sieh ^'elion kann, so erfahren wir es auch
hier; die Kosten jener Verstärkung der Mitbezeichnung zur Bezeichnung
mvft die ursprüngliche onmitteibare Beceidmnng tragen, der Gegenatud
des konkreten Namens. 1^ weicht seinem Attribut. Die Seele hat extensiv
verloren, was sie intensiv gewann." (S. 37.) — Dafs indes der Verf. sein
Trobleu) nicht in der ganzen Tiefe erifafst, scheint er selbst mit den Wortea
einsogeetehen : „Wir Urnen bei weiterer Yerfolgang dieeea.Problema tief
in das^'anz nah verwandte von Materie u nd F o rm hinein." (S. 34.)
Ein tieferes Eindringen fuhrt zur Erkenntnis, dafs die wnhro Natur der
Abstraktion in der Vergeistigung des Sinnlichen, alsu in der Erhebung des
Materiellen in eine höhere Sphäre, d. h. aus der potenziellen in die aktuelle
Intelligibilität besteht. Eine solche findet statt, sowohl wenn wir die
Eigenschaft für sich in Unterscheidung von ihrem Träger, als auch wenn
wir das IndiTidonm durch einen aUganeinen Begriff anffassen. Je nndi
der stufenweisen Vergeistigung oder Entsinnlichung worden dann auch die
Grade der Abstraktion zu bestimmen sein. — Erfreulich ist die Art, wie
der Vf. auf die grofsen Scholastiker, besonders den hL Thomas von Aquin,
XUekaiclit nimmt; eine tiefor «ndringende Untersudinng würde ihn, wie
wir nicht zweifeln, mit der Abstrakt!. «nstheorie des genannten Donker»
inniger befreunden und auch zu einem besseren Verständnis der aristotelischen
Auffassung der Abstraktion ffihren.
3. In den landläufigen Vorurteilen über die Scholastik ist dagegm
der Verfasser des Schriftclit ns über den Sultstanzbegri f t befangen, wenn
er von einer Wüste der Schoh^tik realistischer oder nomnialistischer Ten-
dcnx spriebt, in welchen das grofre, tou den Elenten au%eworfene ProMem
vom Sein des Einen und Vielen überhaupt nicht mehr verstanden wordea
sei. Sogar der nif^taiiJiysischt« Trieb des Verstandes, der im unaufhörlichen
Wechsel der Erschcinungou das Beharrende, das Identische, das Seiende,
das wahrhaft Wirkliche suchte und su dief^em Zwecke den Seinsbegriff
formulierte, scheine in der öden unfruchtbaren Wortkräraerei erloschen. Dio
Scholastik sei nie darüber ins Keine gekommen, ob gewisse Worte, wie
z. B. genus, spedes, proprium, aoddens u. s. w. für blolse Worte oder tflr
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Litterarische Besprechungen.
101
Realitäti^n . Wesenheiten, Substanzen zu halten seien. (S. 11. 12) Den
Beweis für dimo Behauptungen bleibt der Vf. schuldig; wir können ihn
übrigenB dahin belehren, dafs die klassische Scholastik über den letzten
Pankt vollkommen im reinen war imd die üniversalien (i^enus a. 8. w.)
weder als Worte noch als Keulitäten, sondern als in der Wirklidikeit wohl-
begrüQdete Verstandesgebilde ^zweite Intentionen} betrachtet, eine Auffassung,
für die der Verf., dem die platoiiisobe und anetotelisehe Ootologie ein
T.Labyrinth" ist, lUlerdinga kaum ein Verständnis besitzen dürfte. — Wenn
der Vf. trotz sein?« eloatischen Standpunktes seine Er5rtorun<»on an die
empiriatischen Theorieen Loekes anknüpft, so motiviert er dies mit der
„epochomacheoden Bedeutung'' dee LocKeschen Versuchs über den mensch*
liehen Vrr^t nid, in welchem zum ersten Male (?) dieses Werkzeug des
Denkens zum Gegenstand der Untersuchung gemacht und die psychologische
Analyao, die in Kant ihren Abschlufs gefunden habe, eröffnet worden eei.
(8. 1.) Substanz iat ihm ein ,,8elh8tgenug8ames, autonomes, absolutes
Ding*'; da er aber nur „Kräfte" und einen allgemeinen Kau^nhusammen-
hang oder vielmehr die allgemeine Form der Kausalität als «ias wahrhaft
Seiende anerkennt, so entbehrt nach seiner Ansidit der Snbstanzb^^ff
nherhaiipt der objektiven Realität. Der Begriff der f^ciKtij^en Substanz löst
sich ihm in das Solbstbewtifstsein als dem ..einheitiicli idealen Ueziehungs-
punkt aller Vorstellungen, dem subjektiven Mittel- und Schwerpunkt unserer
Vorstellungswelt", der Begriff der körperlichen Substanz in den „rein for^
malen Begriff von einem letzten Gnmde der Dinge" überhaupt auf (S. 69*.
Geistiges und körperliches Sein aber sind ihm dasselbe, da angeblich in
beideii die glichen Kräfte nnd Gesetze walten. — Den Beweis fttr seine
AoffMamig MSheint der ^' rf. in den Verlegenheiten und Widersprüchen zu
suf^hen . in welclie T,o('ko durch den Substanzbegriff und seine Anwendung
auf die empirischeu Dinge geführt wurde. Uiergegen aber ist zu erinnern,
dars soldie Verlegenheiten und Wideraprftehe nur dann entstehen, wenn
man entweder, wie Locke, nacli einein sinnlich-einiiirischon Ursprung des
Substanzhc^rriiTs sucht, oder, wie der Vf., einen SubstanzbegrilT xu Grunde
legt, mit welchem entweder das Dasein von Subätanzon überhaupt oder
wenigstens verlndeiUdier, dem entstehen und VerReben ontenroffener
Snbatansen unvereinbar ht.
4« Die an vierter Stolle angeführte „Studio" über dio Wahrneh-
mang entfallt in fier Kapiteln eine von Scharfsinn nnd Kenntnis der
neueren Littcratur aongende Erörterung des Bogriffs der Wahronhraung
sowohl im allgemoinen a1'^ aueh nach seinem Verhältnis zu d u Be^'riff'en
dar Erkenntnis, Vorstuliuug, Anschauung, Erinnerung, Emptiudung, ins-
besondere aber des Denkens (8. 4l~91), endlich des Geftthls nnd Willens.
Die Absicht des Vf.s geht dahin, den Anteil, den die verschiedenen Seelen-
funktionen (ura den heutzutage so vielfaeh bestrittenen Begriff von Seelen-
Yermögon zu umgehen) an der Waiirnehmung nach des Vf.s Ansicht haben,
aufzuzeigen und so den Unterschied derselben von Empfindung, Erinnerung
und Denken, ja selbst von Gefühl und Willen als cinr n tliofsenden zu
erweisen. Thatsächlich also 4Üant die Schrift dem Bestreben, dem Monis-
mus auf psychologischem Gebiete Vorschnb su Msten. — Soweit es sieh
um den Anteil der Erinnerung und des Deokeas an der Wahrnehmung
handelt, vermag der Verfasser soincn Erörterungen einen Schein von Wahi^
heit zu geben, der seinen Grund in der Zweideutigkeit des Wortes Wahr-
nehmung hat. Die Sprache nimlich gestettet uns nicht blofs zu sagen,
ich nehme Rotes. Hartes, Weiches u. s. w., sondern nirh, ich nehme einen
Stern, eine Wiese, eine Uhr, einen Menschen wahr. An der letztem Art
Ton Wahrnehmung haben zweifellos Erinnerung und Donken wesentlichen
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102
Anteil. Der Trugsclilufs imn, dessen sich Physiolo^rim uinl Philo?r>pbpa
häufig schuldig machen, lie^'t darin, dafs sie die in Bezug auf Walirn li-
DiOQg im letstano 8inoe richtige AufTassan^ auf die erste, allem Erinnern
und Denken Torarif^i hrndo Erfassung in livi luellor Sinncsobjekte (Farben,
Töoe u. s. w.) anHenden. Begünstigt wird dieses Bophisma durch das
bemeh«nde, wiewohl der natfirUehen Überaeugung widerspndMode Yor-
urtoil, dafn die Empfindung subjektiver Zustände aller objektiven Erkenntnis
(Wahmohmung) voranpeho. dafs ilso einer die letztere be^irnindenden
„Objektivatiou" bedürfe, die dann als Work des urtoileudeu oder schlie-
ftecden Denkens, der Spontaneität, schliefslich des Willens hingestellt wird.
— Zur BegründuriL' imsnrr- TVtr-il- fü nn f!i ■ sophistische Art, wie Wahr-
nehmaog und Eriuuerung cmauder geuäbcrt uud fast identiti^iert »erden
in der BemOTkung, das gegenwärtige Objekt Bolirumpfe fast (!) zu
nichts zusammen, wenn es nicht reichlich mit Erinnerungsinhalton ausge-
stattet werde (8. t>2). Die Stutzen der sophistischen Dialektik des Verf.
bilden teils der Mangel eines festen Princips behufs Unterscheidung der
Seelenfunktionon und Seelenvermögen (man vgl. was S. 94 über das Gefühl
gesagt ^vird\ t ilg Homonymieen (na h Aristoteles die Quelle zahlreicher
Irrtümer) wie die gleiche Bcseiobnung des Tastsions und der Affekte durch
Geftthl (8. 95). — Henrorgebobon Terdient fo werden, dsfe der Yerfasser,
obgleich der Psycholofrie Brentanos (in ihrem späteren, empirischen Stadium,
d. h. der Schrift: Psychuloj^e vom empirischen Standpunkt) nicht un-
sympathisch gegenüberstehend, doch an seiner vorfehlten Theorie des Urteils
eine im allgemeinen trelTende Kritik übt (S. 81 ff.).
ö. Der hervttrru'f'n ff franzfisischo Motaphysiker E. Dornet doTorfjes
bietet uns eine eingehende, durch Scharfsinn und Grelehrsamkeit aus^ezeich-
Bete Abhandlnng (Iber dfo wirkende imd finale Unaehe, die sieb den
Freunden dos Jahrbachs durch ihren Anschlufs an Aristoteles und den
hl. Thomas empfiehlt und, so viel an ihr lie;,'t, beweist, wie die peri patetische
Philosophie über die nationalen (iegensätze in der Philosophie zu erheben
geeignet ist. Die inhaltsreiche Schrift zerfällt in sechs Kapitel. Das crate
handelt iin illjremeinen über Begriffe, universelle Wahrheiten und Axiome.
Das zweite Kapitel erörtert au^übrlich das Kausaiitätsprincip in dor Be-
aebrinkung auf die wiricende Ursache. Dieses Princip nnteradieidet aidi
von dem in neuerer Zeit fonnnlierten priticipium rationis sufficientls, das
nicht klarer ist, als jenes, und selbst (ios HoweiRes bedarf (p. 33). Das
Princip der Kausalität resultiert aus dem Begriffe der Thätigkeit, dessen
wir in innerer Erfahrung gewife eind. Kein Thon ohne Subjekt; das Subjekt
aber, das Princij) des Thuns ist, heifst Ursache, wenn es sich um eüi
Wirken nach auTsen handelt; die hierdurch entstehende Wirkung wird als
BoldM dnrcb die Nenbeit, die Tbatsache der Verftndorung erkannt.
— - Die Veriinilerlichkoit der Dinge, denen das Sein nicht wesentlich, son-
d"rn zufällig ist, führt zur notwendigen Annahme einer höchsten, göttlichen
kuusalit&t (Kapit. 3). Diese wird nach ihrem Dasein, nicht nach ihrem
Wesen erkannt; nnter den Beweisen ffir jene« ist der teleologiaehe der
populärste, der atis der KaiisaUerlvnüpfung geschöpfte der strengste nnd
fruchtbarste (p. 69). Dem von der Bewegung entnommenen, auf den un-
bewegten Beweger schliefsenden hat dor hl. Thomas die vorzüglichste Form
gegeben , }]id< in er gerade auf sein Ziel losgeht. Treffend ist die Kritik
des Anselmschen Arguments. Den späteren Versuchen jffiigonüber , dem
letzteren durch eine eingeborene Gottesideo eine feste Grundlage zu geben,
bewandert der Yf. die Besonnenheit der grofeen SdiolastilEer, denen ea co
wenig als einem Malebranche an geistigem Schwung in Besng auf göttliche
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Din^ fohUr. rlie sich aber nirbt verleiten liefsen, Geffthla «a die Stalle
der Vornunft und Wissenschaft zu setzen (L. c).
Im vierten Kapitel wird gegen Leibnitz und Malebranche die wirk-
liebe Aktivität nnd Kaosalität der geschaffenen Dinge nachgewiesen. Die
kartösianische Beweguni!sthoorie, die von P. S^rrhi in seiner Studio ühor
die Einheit der NAturkrufie ihre voilBtändige i:intwickelung erhielt, bedarf
«iiiAr wwentlidMQ Umgestaltung. Di« arototetiMhe ZorficUttbrnnir der
Bewegung auf ein Unbewegtes in einer tiflfeo, fast mathematischen Erörte-
rung ist allen m empfehlen, die wie P. Se<'chi es für absurd halten, dafs
Bewegung in der Materie eiueu anderen Grund als wieder Bew^ung iiube
(p. 79). Bewegung ist nicht Zustand, sondern Übergang, Veränderung;
ihre Erhaltuni^ bedarf der fortdauernden wirkenden Ursache, ist ohne aktive
Kraft in den Körpern nicht zu erklären (p. 81 f.). — In Wirklichkeit ist
swsT alles bestimmt, determiniert; gleichwohl besteht nicht abaolnte Not»
wandi^eit, sondern nur bedingungsweise. Das ZusaramantnÜBD der grobaii
Kaasalreihcn I r^flarf der Determination. Die Naturureachen mfisscn ent-
weder, um wirken zu können, einen AnstoXia von auTson erhalten, oder
vwlnngen wenigstens einm Stoff, einen G<^renstinid fttr ihre KrsftilaCwning.
Der Vf. führt uns durch die rerschiedenen Gattungen geschöpflicher Kau-
salität hindurch bis hinauf zur Willensfreiheit, die or mit Recht als aktive
Indifferenz begreift, deren Wurzeln in der objektiven Indifferenz der parti-
koliren Gfltar nnd der aabjektiTm der Salbatbestinuntingsmseht des Wulens
liegen.
Das sechste oder Schlufska^itcl enthält eine kurze Betrachtung der
Finalursache , die in den Intelligenzen als Zwockthätigkeit, in den
übrigen Wesen als Zielstrebigkeit sich äufsert und dunr mit Recht
▼on Ari<;toteIes unter die ersten und wesentlichen Bedingungen des Seins
geiahlt wird (p. 1 1—136).
Wenn wir aneb Punkte von nicht nntefgeordneter Bedeutung hervor-
heben sollen , in denen wir von der Ansicht des Vf. abweichen , so ist es
unter anderen die Bezeichnung^ der scholastisr-hon Theorie von Materie und
Form als einer Hypothe*»©, die einseitige Begrundunf^ des Kausalitäts-
prindps durch innere Erfahrung, vor allem aber die Auflassung des mensch-
liehen Intellekts fines aktiven Verm5f]fenf? , dessen Thäti^keit nur der
Anregung und Geieg<4uheit der Sinne bedürfe, um die Idee des i:>eins (die
durch die YarataadMthitigkeit unmittelbar repräsentiert werde) zur Ffllle
der Ideeen sn gestalten. Auch halten wir die Bemerkungen über die
eingebomen SinnesenrrL'ieen der modernen Wissenschaft nicht für /.iitrefTend.
Überschwenglich und mifsverst&ndlich ist die Bezeichnung der Geschöpfe
als von Oott gedaehter und durdi Denken gefestigter (verkörperter, qu il«
Solidifie) Modi und Fif^uren.
Die geistvolle, wenn ixnrh f«ntolniT|5<.y]en Naehkliinj^on , wie uns
scheint, nicht ganz freie, im güuzen auf der soliden üasis kirchluher
Wissenschaft sich bewegende Studie sclilielkt mit eiaem begeisterten Rück-
blick auf die alles mit ihrer CrSgenwart durcbdiingende nnd belebende
abaolute göttliche Kausalität.
Ingolstadt Dr. M. Qlofsner.
Menrl Kleffler: La eoDseienee nainrelle et la conseience
r^lif^ease. Paris, Fischbacher; Gendrs, Stapelmohr. 1890.
Der VorfuRser dieser Ahhandhinj,' steht nieht auf dem Buden der
fibematnrliehen Offenharung. Er will gegenüber den Ansj>rü<-hen <ler Reli-
gion die Itechtti des persönlichen oder natürlichen Gewissen« waliren und
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104
liittenriKlie Betprechangra.
dem Privatarteil es anheimstellen, über die Dogmen und über das Geaetx
Gottes zu richten. „Der Glaube in Chmtof war Instinkt da fei 1I9
J. Ch. fut instinctive), der in den Aposteln Ergebnis der Belehrung
(doctrinaire), der des Mittelaitors war auf Dogmen gegründet« dm in der
N«iiseit wird mehrmid nMiir d^rTernanft «ngepafst {ratiosmil«), d«r
wahre Glauhe aber niufs <ler logische (loj^quo) d. h. er nnifs durch die
Vernunft klar formuliert uo<I durch das Gewissen bestätigt sein (nottement
formnlee par la raison et coufirmee par la eonscienco). Die letzte Art von
Glauben allein kann die Versöhnung herbeiführen mit dem Instinktglauben
Christi und kann ihn vprvoll ständigen, ohne den Sinn« zu ändern" (S. 7).
Diese Ideeen werden in 7 Abschnitten entwickelt. Sie sind betitelt: Die
Einleitung, wo der Verf. mdnen Stendponkt klarlegt;^ des allgemeine
Gewissen fla ronscienco universelle'i : — das l(i»?i6che Gewissen; — Fata-
lismus und Freiheit; — das Gewissen und das Evanfjeliiun; — mein Heil;
wo gezeigt wird, daf^ «las Gewissen es nicht gestattet, das Heil der
Menschen von einem aufterhnlb befindlielien Plincip abhängig sa maohen;
— das Gute und Böse: — Znjsaramenfassunj; und Schlufs.
Der Verf. spricht furtwährcnd von der Vernunft und iliren unaataat«
baten Beteten. Nan, es taetet diaee Beeilte niemand an, wie eben der
Verf. und jene wissenschaftl. Richtung, weh her er an^eliört. Am wenigsten
denkt der christliche Glaube daran, die Vernunft zu liKcnj^en oder ^nr derselben
ihr Göbiet stroitig zu machen. Der Verf. würde dies leicht erkannt haben,
wenn er nicht immer unbestimmt von der Vernunft gesprochen hätte.
Unsere, die menschliche Vernunft, ist eben nicht die Vernunft schlecht-
hin. Wir unterschreiben es ohne alles Bedenken, wenn der Vernunft nicht
xugemntet werden soll, die Biehtsehnnr ihroe Wirkens aoAerhalb ihrer
s«lljst zu finden, oder wenn der Glaube am Ende, das religiöse Gewissen,
zusaininenfalh^n soll mit dem Wissen oder dem natfirlichen Re'wu fstsein.
Aber damit ist nicht genagt, dai's unsere Vernunft nicht naturgetnüis
und nach ihrer eigenen Beetimmung eine B/^pel fflr das Erkennen anlker»
halb ihrer >e!bst finde.
Oder ist denn unsere Vernunft die Vemuuft? Wäre dies der Fall, so
mttftte sie als im hödisten Grade ToUkmnmen dastehen, so twar, dafe in ihrem
Boreiche eine höhere Vollkommenheit ausgeschlossen sein würde. Dies aber
wird durch die panzo Geschichte des mensehl. Forschens bereits f^eleu|]fTiet : es
ist gar nicht mitwondig, auf das Woson unserer Veniunft und den ihr eigens
entsprerhciulen Krlienntnis(;e;;en8tand einzugehen. Was heute „als das
endliclie Erj^ebnis wissenschaftl. Forschung" betrachtet wird, das verwirft
man morgen und erklärt« man stehe hier vor einem Uätsol, dessen Lösung
der Zukunft Torbebalten sei Niemand spricht ja so gern von dem „steten
Fortschritte wissenschaftlicher Entwicklung, dessen Ende nio])t abznsehen
sei", wie der Verf. und dessen Kichtnnp. Was aber unvollkommen und
noch weiter entwicklungsfähig ist, dies bedarf im entsprechenden liereicbe
der Existenz von etwas Vollkommenem und der Ent^ricklung Unfähigem.
Gäbe es kein Licht, zu dessen Wesen es jjehört, hell zu sein und das
deshalb inimor und im höchsten Grade heil ist, von dem alle Helligkeit
abhängt, so gäbe es kein mdir oder minder bell erienebtetes Zimmer, das
noch immer heller werden kann. Gäbe es keinen ^let\schen, dessen Natnr
nämlich es ist, Mensch zu sein, so würde man nicht von Menschlichem
sprechen, was ia im selben Grade mohr oder minder menschlich ist, als
es dem Wesen „Mensch** nahesteht. Trägt etwas nicht dies in seinem Wesen
eingeschlossen, dafs es das Sein der Existenz hat, sondern kann es, von
seinem Wesen aus betrachtet, sein oder nicht sein, so mois es Sein em*
pfangen Ton aufsen her, nämlich von jenem Sein, dessen Natar oder Wesen
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e> ist, zu existieren und dn^ deshalb nicht andora Tentandon Verden kann,
aU daXiB es Sein liat oder vielmehr das Sein ist.
Nim •beoso; fcum miBeie Yeniiinft bald meibr bald weniger, bald gar
nieht «iton' n, so bttteht notwendig ein* Vernunft, lioron Wesen es ist,
immer und alles %n erkennen. Denn w^e jot^t erkennt und jetzt nicht,
dessen Wesen ist es nicht, den ersten Grund oder Anstois für das £r-
kmineii in sich an baben, aonat wfirde aa. aowie ea ja aeia Waaan immer
behält, immer auch den Grand Itlr alles Erkennen in sich hahen, denn es
w;iro oben selbst dieser Grund für das Erkennen: ist ja doch jegliches
Ding das, wovon es das Wesen in sich hat. FulgUch mufs unsere Ver-
niinfk, dia bald erkennt und bald nicht, bald daa erkennt, bald jenea und
sonach e«? nicht in sich hat, immer und die ganze Wahrheit zu erkennen,
von auTscn her bestimmt werden für das Erkennen. Es mufs eine Vernunft
bestehen, die durdiaoa nnd dam ganzen Weaan nach Vemonft tat, die
Tollea Erkennen ist und somit aach aelber als der erste mafsgebende Gegen-
stand lies ei?"nnn Erkennens dasteht. Unsere Vernunft selber also in ihrer
allseitigen Abhängigkeit zeigt notwendig auf den BosUtud einer unendlich
aalbstindigen, gans nnd gar voHkomroenoD, nnd swnr dem anverftnderlichen
Wegt'n r i !i vollkommenen Vernunft, von welcher nn erator Stolle die
Erleuchtung aller andern Vernunft abhingt.
Bei dieser ewigen Venrnnft, die altein als die Vernunft bezeichnet
werden kann, weil ihr Erkennen ein völlig unbeschränktes ist und allea
andere Erkennen vernrBacht, pribt es keine Geschi ' l' tilieit von (riauben nnd
Wissen. In ihr ist alles oder vielmehr sie ist alles U issen. Sie ist ihre eigene
Regd. Dieaem Wiaaen der Urrernonft, alao Gottoa, ist alter Glanbe unter-
geordnet. Aber unsere Vernunft, eben weil erfahrun-^'sgemäfs unvoll-
kommen, streht nach VoUendnn«;, und diese kann ihr nur worden vermittelst
dee Eintiu&soö der Urvernunft. Da besteht also ein Unterschied von Glauben
und Wiaaen, inaoweit beim Glauben der Grund <les Erkennens einzig in
der ürvernnnft bleibt, von wo die Erleuchtung kommt; beim Wissen aber
der Grund, warum es so iat und nicht andere, in unserer Vernunft aelber
ist. Und natürlich steht dn der Glaube bSber ala daa Wiaaen . weil ein
Erkennen um so höher iat, je höbttr sein Grund ist. Der Glaube ist daa
denkbar höcJiste Erkennen für un^^f^r«^ Vernunft, weil sein bestimmender
und maCagebender Grund der denkbar höchste ist, soweit nämlich der
nntfliliche Bereildi daa Erkennena in Betraeht kommt. In Chriatoa war
der Glaube Wissen, weil Christus, als Gott st-iner Person nacli, die Urver-
nunft selber ist; und de.<ihalb erscheint seine Lehre v. n voraheroin vernflich-
tcnd für unsere Vernunft; im selben Mafso, wie unsere Vernunft von Natur
verpflichtet ist, nach der eigenen Vervollkommnung zu streben.
Das Genisst'u i>t ein ,,all^'omoine8 (universelle)'*, insofern die Grund-
sätze betrachtet werden, nach denen der einzelne sein Wissen auf das
praktische Hand^ nnwendet; ea iat dn peraOnlidiea, inaoweit jeder dfeae
Anwendung maebt unter aeinen peraönlirhen, völlig bestimmten Umatänden
nnd Verhätniaaen, nnter aeiner eigenaton Verantwortunor
Dr. C. M. Schneider.
JDr. Ludivig BaUattf: Die Grandlebren der Psychologie
vnd ilire Anwendnuj^ anf die Lehre von der Erkenntnis,
2, sehr vermehrte Aufl. Göthen, O. Schulze, 18^0.
Dieses Werk beabsiehtiii^t zuvorderst, die L<->!er in die He r b ar tschen
pavchol()giacbea Forschungen einzuführen, se duis sie in den Stand gesetzt
aeMn, noch <Ue achwieri^ren Unterauohuugeu diesea Piiiloaophen an vez^
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litttnumehd Becpnchnngcn.
stehen. Ei will aber indem jenen, die nicht in der Lnge sind, sich ein-
gobender mit der Psychologie zu beschäftigen, einen gewissen AbschloTs
für ihre psychologischen Kenntnisse bieten. Der Herr Verfasser ist Schulmann
und wendet sich doshalb vorzugsweise an seiue „Kollegon, diu aus dem
Yolksschullebrerstande mit einge6cblo8aan*^ Di« Beurteilung, welche Har^
hart findet, wird eich im grafien Gänsen «nch auf Ballaofa Grandiebrai
auwenden lassen.
Mao mag nnn über das eigene philo«. Irrstem Hartmanns denken, wie
man will, — wir sind gcwifs die letzten, die sich demselben anschließen
niöfhten, — in der Kritik der anderen Systeme trifft er gewöhnlieh das
Kichtigc. Und so vorsagen wir auch nicht seine Berechtigung dorn Urteile,
das er über Herbart fällt und das sieh in die Worte zusisrnnienfassen
läfst: „ErM I i I ' II Ir> l>iirftigkeit an spekulativem Lie^'i n^-'half* \ind
„ängstliche kieinkiämerei. die den Schein der Kxaktheit erwecken will*'
(Gesamm. Anfs&tze 8. 563). „Herbart baV% so HarUnann weitm', „dies
erkennen wir gern an, im einzelnen gewisse borechtigto Seiten zur Geltung
gebracht, die vorher vernachlässigt waren. Gefrenüber der inhaUIii hon Ästhetik
dos Idealismus betonte er die Notwendigkeit der Betrachtung der auf die
rein formalen Verhältnisse bezüglichen ästhotisclien Urteile. Aber indem
er die gesamte Schönheit der Natur und Kunst zu einem vürn-j: inhalts-
leeren Formalen machen wollte, verirrte or sich in eiuo zehnmal ärgere
Einseitigkeit, als die Vermu^llssigung der fehl formalen Veriiiltnisae von
Seiten der iilealistischen Ästhetik gewesen war. Gegenüber der Vernunft-
rooral Kants und der Gefühlsmoral der Schotten stellte er den sittlichen
Geschmack im weiteren Sinne als etlüsches Princip auf. Indem er aber
die Bedeutung aller flbrigcn ethischen Principien verkannte und dem Ge-
schmack anstatt einer relativen eine absolute Berechtigung zuschrieb, schuf
er eine Karikatur der £thik. In der Psychologie bekämpfte or mit Recht
die Vielheit der Kantschen 8?elenverm(^n, obwold er ntA sowohl in dieser
Einheitstendenz mit Fichte , Sclielling und Hegel auf gleichem Wege be-
fand, als auch mit Hegel den Fehler teilte, den Willen in seiner ursprfing-
liehen und der des Vorstellcns mindestens koordinierten Bedeutung zu
verkennen und aus dem Prozefs der Vorstellungen als Besultat ableiten tn
wollen. Si hlimmer als dies aber war, dafs er ^am in die von K:.u)t uhrv-
wundeuo rationale Psychologie und in die metaphysische Einfachheit ihres
Ssolenwesens surGflkfiel una da(h «r ans dieser Voranssetcung die ESnfsdi-
beit der p&ychisehen Funktion In jedem Augenblicke folgern zu müssen
glaubte , was mit der Erfahrung in auffälligem Widerspruche steht. Der
auf ganz unhaltbaren Voraussetzungen errichtete mathematische Teil semer
Psychologie ist der sddagendste Beweis für das vorangestellte allgemeine
Urteil über Merbart."
Man kann ia gegen Einzelheiten in diesem Urteil manches einwenden,
wie X. B., dafs Uartmann die Art und WeiM, wie Herbart die Einfaitbbeit
der psychischen Funktion«! nimmt, nicht genau wiodeigegoben habe. Aber
die eifjenf»earteto Stellung, welche Herbart mit seinem Sy.t;tem in der
doutscbtjn Philosophie einnimmt, hat der Philosoph des Uubewuisteu unsere
Erachtens richtig gekennzeichnet. Es wäre nun verfehlt, zu meinen, dafe
Ballauf sich mechanisch ntier sklavisch anlehne. Er stellt allerdings keine
eignen Grundprincipion und keine eigene Metbode auf. Aber er verkennt
in keiner Weise, dafs mit dem Herbartschen Fundamente für psychologisohe
Forschungen keineswegs <!;is h tztc Wort gesprochen ist. Üarin liegt die
Bedeutung der Ballauf>t ht u Arheit. Der Verf. ist gewohnt, selbständig
zu denken, das verrät jede Zeile seines Buches. Er täuscht sicli nicht
fiber den Charakter der eigenen Bogabung. Zur Auffindung eines ganx
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neuen Sjatenis findet er sich nicht f,'edgnet. Aber er versteht es sehr
gut, den MaCsAtab seiner persönlichen Bcobachtunj^en, der Ergebnisse aus
d«r modernen Naturwissenschaft und des vorurteilsfreien Denkens philo
sophischer Gröfsen an die Horbartsche Philosophie oder besser an deren
Besultate kritiscli anzulegen. Man lernt aus dorn Buche, wie viel den
Uorbartscbea jPrincipieu noch fehlt, um geeiicnet zu sein, dais sie alle
Thatsaelieii des Seelenlebsns erklErm mlor aaeh nur genttg<enden Anftebltif«
geben über das Wesen der Seele. Dor nHchterne Emst in seinem Forschen,
seine grofse Bclesenheit in der entsprechenden Littoratur, eine feine Beob-
achtungsgabe, vorurteilsfreies kritisches Urt«il, verbunden mit der Abwesen-
heit jeglicher Anniafsung und mit dnar klaven, dorehnditigen Darstellun^s-
^aU, iH-fäLi^'oii den Verfasser, dem Leser zu zeigen, ein wie frrofses Fohl
für die psychologische Forschung die moderne Philosophie noch zurück-
erlassen hat & sind venig Punkte im ganzen Buche, weiche für den
Verfasser durchaus unzweifelhaft feststehen. Fast übonll macht er mit
lobenswerter Offenheit auf tlie Schwieri>,'keiten aufmerksam, welche mit
einer betr. Behauptung verbunden sind. Er will nur vorarbeiten für einen
grofiwn Umachwang in den psychol. Untcrsaehangon, den er ron einer
naiven Zukunft erwartet. Diesen Zweck hat er sicher erroiclit.
Der Verf. ist, wie bereits bemerkt. Schulmann. Es ist ja bekannt,
wie gerade Herbart als Grundlage für die moderne wisscnsch. Pädagogik
angesehen wird. Dies veranlafst uns, in unserer kriti<tchen Bcsprochuug
eingehender zu werden und zumal an einigen der HerJmrtschen Prin* i|.ion
Stt prüfen, ob denn dieses philos. Syst^ in der Tbat einer gesunden
Entwicklimg der pädagogischen Wissenschaft dienen kann. Damit derLsser
weifs, woran er sei, stellen wir von vornlioroin unsere Ansicht folgenderniafsen
fest. Die Einzelheiten im Herbartschon System, welche naeh Hartraanns
spüitischer Ausdrucksweise ,,nur trockene Schulmeisterseelen befriedigen
köimen, mögen sich soldie aaeh hie und da anf das Katheder ▼erirren**,
l'f ^tr itcn wir nicht, obf^leieh wir denselben nicht den liolien wissonsch.
Wert beimessen, wie dies Ballauf thut. Wir behaupten aber, dafs die
Prindpien Herbarts für die wissenschaftliche Päda^^ogik, zum mindesten,
keinen Wert haben, wenn uicht verderblich sind. Möge man dazu
fibergehen, die, sojjpn wir einmal so. mathematischen Schenuita Herbarts an
die Principien der Alten anzuknüpfen, deren hauptsächlicher Vertreter Thomas
ist; dacn werden andb die Horbartechen Bestimmungen, die alle Sufser-
liehen Einzelheiton der psychol. Erscheinungen regeln wollen, Wissenschaft!.
AVert erhalten. Nur eben dann erlangen solche Einzelheiten wi?«?enschaftl.
Bedeutung, wenn sie als Anwendungen aus allgemeinen Principien sich
ergeben.
Zuerst aber ski/.zieren wir den Inhalt des Bnliaufschen Buchns. Der
Stoff wird in 7 Abschnitten verarbeitet. Der erste behandelt die Vorstel-
lungen and deren (iegenstände: das Selbstbewufstsein. das Ich, die Trennung
?on der Aufsenwclt, den Begriff der Seele und der Fsycbologie. Der
zweite Abschnitt hat zum Gej^enstande die Leuf^nung von eigengearteten
Seelenvorro(»geu. Der dritte Abschnitt schildert den Vorstellungsverlauf
und seine Ergebnisse im allgemeinen : also die sinnlichen Wahmebraungen,
die einfachen Emptindungen, die Erinnerungsbilder, ihr Auftauchen, ihr
Verschwinden, dio Bildnu^r von VorstelIunp:^roihnn, von Vorstellungsmasser.
die Verschmekunj,' des Gleichen, Ctefdiile, Bestrebungen, die Möglichkeit
des itufsercn Handelns, <iie Mitwirkung der leiblichen (ilieder und die
AfTekto. Dt r vierte Abschnitt ist «b r Entstehung der Vorstellungen von
Kaum und Zeit gewidmet. Der fünfte geht über zum Denken, insoweit
dieses die sinnlicbeo Vorstellungen verarbeitet. Es kommt da sur Sprache
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Litterariacbe Bogpreckungea.
<lie Natur der freien» dor allgemeinen Vorstellungen, der B^riffe und
ürlefl«, der. Begriff vom Sein, von üfMushe und Wirkung, vom MSgliclieii,
Wirklieben, Notwendigen, die Zahlenlehre, Gröfsenlehro , die Geometrie,
Mechanik, Wissen, Ahnen, Glauben und zuletzt der Verstand und wie ron
Verstandosbildung die Bede sein kann. Der innere Sinn, die Apperzoptionv
das Empfinden, Wollen. Handeln, Leiden« Vernunft, Freiheit, SelbstbcwnA^
sein, Ideeenbilduiif^ findet seine Stelle im sechsten Abschnitto. Der siebente
endlich bespricht allgemeinere Fragen, wie Idealismus, Materialiunus, dM
Eigenschafton und den Wosenteharaktor eines Atoms, die Einheit und den
Sitz der Seele, die Verbindung des Seelenlebens mit dou loiMichon Tbätig-
keiten, Ermfidiing, Schlaf, Unstcrbliehkf>it. Den Schlwfs bildet die Ergän*
zuug Uur Ueberzeugiing von der ii^inhoit und Eitifitchlieit der Seolo durch
den Glauben und die Widerlegung der Ijotieaehen Einwflrfe g^en die
diesbezii^Uchon Ansichten Herbiirts.
Wollen wir nun die thomistischon Grundprinoipien , welche hier in
Frage kommen, korz vorlegen, so ist natnigeniin das erste jenes, welches
für das Erkennen als mafsgebend betrachtet werden mufs. Thomas lormo-
lieft 03 mit den Worten des Aristotolos und überhaupt aller alten Philo-
sophen: „Das tliatsächlich Erkennende ist das tbatsäciüich Gekannte'*;
int^igens actu est intellectnm in actu. Wir können wohl sagen, dab auch
<lie moderno Philosopliie die Einheit des Erkenneoden und Erkannten als
Grundlage des Erkenneas festhält, so dafs dieses Princip an sich allge-
meine Oeltnng hat. Ea kommt nur darauf an« su erklären, wie soleha
Einheit, welche fitr das Erkennen erfordcrlidl ist, von Thomms ■ufgefaf^t
wird. Die Schwicrißkoit nämlich beginnt, wenn dargelegt werden soll, in
welcher Weise das, was aulsen ist, eine Einheil wordo mit dem Erkennen-
den, also in denjenigen, der erkennt, eintrete. Bei Herbart ist hier das
subjektive AufT;isspn durchnus mafsj^ebend. ..Wir versetzen das Gesehene'*,
so heifst es bei Ballauf oft, „unbedingt nach aufsen". VVodurch? Durch
Angewohnheit Es soll dadnrdi dorn Idealismus, der sich um das Einzeino,
Besondere gar nicht kümmert^ vorgebeugt werden.
Thomas geht einerseits so weit wie kaum ein anderes phil. Svst/»ni in
der AuiTa^äung der Einheit. Die letztere ist für ihn eine vollständig
unbedingte, insofern das, was im Erkennbaren madit, dafa es erkennlMir
ist, durchaus das Eine, Selbe ist im Erkennenden, was da macht, dafs
dieser das bestimmt Vorliegende erkennt. Andererseits aber trennt or auch
80 streng wie kein anderes Sjstom die Aufsenwelt als das Erkennbare vom
Erkeunen<leu. insofern das wirklich bestehende Sein, welches erkannt wird,
uirJit das wirklich bestehende einzelne Sein des Erkennendnn sein kann.
Erläutern wir dies aui vernnnf tigen Erkennen. Wir betonen jedoch
vorerst ausdrücklich, dafs der Gmndsats derselbe bleibt ffir alles Er-
kennen, aucli für das sinnliche: Das, was aufsen macht, daf^; etwas sicht-
bar, hörbar etc. ist, dieses Eine, Selbe, nicht etwa blofs ein einfaches Bild
oder ein Abgians davon macht im Sehenden, HSrenden, dals dieser hört
oder sieht. In der That! \\'as wird denn so recht eigentlich vernünftig
erkannt? Darin sind auch alle finit?. Nämlich das Allgemeine im Dingo
ist Gegenätand dor vernünftigen Erkenntnis. Ist nun das Ding, welches
da vorliegt, in seinem Wirklichsein etwas Allgemdoes? Es ist, gemftfs
seinem Wirklichscin. ^escliiedon von ;tl!< tn anderen; rv^; ist nichts von dem,
was andere Dingo sind; es hat seine ei^gene, wie auch immor beschaffene
Sdbständigkeit: also das, was im einzänen Apfel z. B. macht, dafs von
ihm der allgemeine Gattungsbegriff ..Apfel" ausgesagt wird und dafs der
einzeino Apfel snmit Sein hat nnd ein Glied des All ist; dies ist nicht
dasselbe, wie das, was diesen selben einzelnen Apfel zu einem wirklich
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Litterariacbe Besprechungen. 10^
bestehenden macht. Denn nach der ersten Anffassung ist **t eins mit allen
andern Äpfeln, und nach der zweiten ist er geschieden von allen aadeni.
Wenn also, wie dies alle sagen, der Gegenstand Temfinftiger Kemitiua
das AUjfeineine ist, ro bedeutet die« im gepebrn.-n Fnllo nicnts andere«,
aia da^ der einzelne Apfel nur insofern von der Vernunft erkannt wird,
■1b «r ia sieb das Iwt, was die ürsadie iat doa Qemeinmtnen mit allen
aadern Äpfeln und vermittelst dessen dio Ursache des Gemeinsamen mit
allen Dingon. Der einzelne Apful ist zwar direkt Ge^'cnstand des Erken-
nens, aber einzig unter der Form und dem Gesiditspunkte dieses aUgemeinen
MomeiiU; wie auch dns Aoge direkt den alobtb«nn «inidnen Gegenstand
siebt, aber mti^r der Fonn t .>lchtbann nnd nicht ioaoweit dieeef aelbe
GefMiatnnd hürbax oder fühlbar ist,
Aneh darin sind nlle einig, dafe man dieses Moment, wodardi im
Dinge das All<,'emeino, als Grundlage der AuBsage des Gattungsbegriffs,
herj»estellt wird, dio Substanz, das Wesen oder die Natur nennt«
Diese Substanz also im einzelnen Dinge, das Wesen, die Natur oder dio
allgenicino Gattungdbroi ffir das etnielne WirUidiaein ist all eine lelbe,
nicht durch irgend welches Bild oder irfr^n l ^vrlnhen Ab-jjlanz, im Erken-
nenden und heifat da, insoweit sie die Vernunft für den wirklichen einzelnen
Erkrantnisakt formt, Idee. £s besteht Mer keine Glmcbheit, keine Ähn-
lichkeit, sondern absoluteste, unbedingteste Einheit oder Einselbigkeit.
Eine Gleichheit oder Ähnlichkeit besteht zwischen dem aufsen befindlichen
W'irkiiuhsein, dem Einzeldinge, in weichem die Substanz die Zugehörigkeit
aar betr. allgemnnen Gattung herstellt, auf der ein«i Seite nnd dem einaelnen
Brkenntnisakt innerhalb des Erkennenden, in welchem Akte die Idee die
allgemeine Form ist, dio auf das Einzeidiag aufsen richtet und deshalb ein
eaee intentionale (in aliquid tendore, auf etwaa sidi richten) hat, auf der
andern Seite. Danach kann auch, d. h, mitÜftckalcht anf das Einzeln- Wirkliche
auf beiden Seiten, von einem Bilde pegprochen werden, insofern der wirkliche
£rkeontnisakt ein Bild ist des einzeln aufsen Bestehenden. Aber was das
allgemeine Moment aafaen nnd innen anbelangt, waa da an6en an einem der
allgemeinen (Jaltung entsprechenden Sein fonnt und innen zu tindii ent«
Bprechcnden Erkenntnisakte, dies ist durchaus ein und dasselbe; nur dafa
ee aufsen formt gem&fs dem Stoffe, der das Sein der Gattung im einzelnen
tragen soll, und innen gemUa don Vernunftverraögen , das erkennen soll;
wie die eine selbe Form dessen, der sich im Spiegel beschaut, im Spiegel
ist und auÜBen, nur ist sie im Spiegel gemäis der Eigenheit des ülasea
«nd anAen gemila dem 8dn des Bebauenden.
Wird gefranst, wie denn die Substanz aufsen znj?leich tlio Idee innen
sein kann, so ist die Antwort sehr leicht. Was aufsen dio Dingo scheidet,
was überhaupt macht, dafs das eine Ding nicht das andere ist, dies ist
das Wirklichsoin, dio Einzelexistenz. Diese aber ist nicht im Erkennenden.
Dor Apfel bleibt seinem Wirklichsein nach Apfel. Dio VerL'unft wird nicht
der einzelne Apfel, der einzelne Stein, der einzelne Stern, den sie erkennt.
Aber wodurch dieser Apfel eine ist nüt den tanaend andern nnd nodi eins
sein kann mit endlos tausenden andern .\pfoln; wodurch dieser Stein, tlie.ser
Stern eins ist mit endlos vielen andern Sternen oder Sternen; durch das
allgemeine Gattungssein, also durch dio zum Apfel-, Stein-, Stemsoin he«
stimmende Form ist er auch eins mit dem Erkennenden. Dieeo Sttbatan-
tielle Wesensform ist weder das einzelne Wirklichsein, son?;t ^'aho es nur
einen Apfel, nur einen Stein, nur einen Stern, wie es nur eine solche
Gattungsform gibt; noeh Tvrieiht tS» das einsdne WiAliehsein, sonst würden
endlos viele Apfel, Steine, Sterne bestehen, da ja von Seiten der (lattungs-
form dem nichts entgegensteht, dafs sie in endlos vielen Einzeldingen sein
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littefiriMha Bfipra&ungcn.
kann. Diese zum Gattanggseiu be&timmeudo Weransforro ist eben not*
wendig im Stande eines Verm5gens für daa wirUicbe Sein der Existenz.
Von ihr allein aus ist es ni' Iit ^ ils inr)t,'lich. dnfs ein f^nt sprechendes EinzoMing
existiert Sie sohliefot in üch ein das Nichts für die einselne Wirklich-
keit, Insoweit «le eben nicht notwendifc mit dieaer vorbanden ist. Die
Wirklichkeit kommt von wo anders her. Ist aber die Substanz oder ge-
nauer diese boRtimmonflc Wesensform indiffen-nt ffcgen den einzelnen wirk-
lichen Bestand, kann sie ebenso gut unter t>ulchen bestimmten einzelnen
Yerhiltniaeen sein wie nnter andern, so steht dem nicht das mindeste ent-
^gon, dafs sie ebenso gut in der Vernunft, j^omSfs deren Wesenscharakter,
zum einzelnen Erkenntnisakte fomt, wie sie aufsen gemäTs dem Wesens*
Charakter des betr. Stoffes >nm wirklieben einzelnen Apfel-, Stein-, Stemaein
formt. Ähnlich ist ja mach dto eine selbe königliche Macht im Könige,
wie in den beliebig za verviclfältijfenden H Zimten. Aber im Kr^niape ist sie
gemäi's ihrer Fülle, in den Beamten je iiac-li deren Stufe; sie ist überall
je nach der Beschaffenheit deejenigen, der sie trägt Das eine selbe Ge-
wicht macht, dafs difse Wapschale hinanf- und jene herab<^eht. Warum?
Das Gewicht bildet blofs die Möglichkeit, das Vermögen für das wirkliche
Heraufgolien da und das wirkliche Herabgehen dort DaOs hier diese
Wirklichkeit im einzelnen besteht» dort jene, dies IiAngt ?on der Terfassang
der beiden Wagsrhalen ab.
Wir können noch weiter gehen. Wer über diesen Erkenntnisgrundsatz,
wie ihn Thomas aaffa(irt, mit Emst nachdenkt, wird finden, dab derselbe
weit f^cniipf ist, um das positiv Wahre in allon modernen Systemen in sich
zu enthalten. Wir haben oben gesagt, das einzelne Wirklichsein könne
nicht ▼on der bestimmenden, allgemeinen Wesensform im Dinge verursacht
werden, sehon weil diese ganz gleichgültig dagegen ist, hier oder dort, In
dieser oder jener Zahl der Wirklichkeit nach, nnter solchen oder anderen
einzelnen Umständen zu sein. Nun ist aber dieses einzelne Wirklichscin
der direltte oder materielle Gegenstand des Temanltigen Erkennens, insoweit
nämlich das Wirklichscin erkannt wird unter iler Form 1 r unter deni
Mafse des allgemeinen oder des substantiellen Vermögens im Dinge. Ich
erkenne nämlich den einzelnen Menschen nicht vermittelst der Vernunft,
insofem er 6 oder 7 Fufs hoch ist, insofern er am 3. oder 4. Mai geboren
ward u. 8. w., dies alles hat keinen Grund in der inneren Substanz oder
im Wesen „Mensch'S Ich erkenne vermittelst der Vernunft vielmehr, warum
er einen Körper, warum er Sinne, warum er FrMheit n. dgl. hat; dies hat
seinen bestimmenden Grund nämlich in der Gatlunf^sform Mensch". Was
also erkennt die Vernunft am Ende direkt als ihren (materialen) Gegen-
stand? Das, was nicht von der bestimmenden Richtung der Vernunft
abhängt; das, was nicht die in ihr bestimmende Form ist.
Drücken wir uns ganz bestimmt ans. m ist <lcr direkte Gf^nstand
unserer erkennenden Vernunft, soweit die in ihr bestimmende Form allein
in Betraeht kommt, daa Niohtsein, das, was vom Gharalcter des allgO'
meinen Gattungsseins nicht berührt wird; das Einzelne, Wirkliche hat
vor der erkennenden Vernunft vielmehr ein Nic-htsein wie ein Sein, insoweit
es nicht geregelt wird durch den EinÜufs der Gattung. Die Aufsen-
weit existiert nach diesem Erltennen, wenn es anf sich selbst beschränkt
wird, nicht; und deshalb kann ich auch bei meinem vern'infti'_"^n Krkcnnen
vom Einzelnen, Wirklichen absehen. Dafs etwas in |X):iitiver Wirklichkeit
anfser mir existiert, diese Erkenntnis ist eine nnmittelbar den Sinnen
gedankte und erst mittellmr der Vernunft. Damit die positive Wirklichkeit
aufsen ein direkter Gegenstatid vernünftiger Erkenntnis werde, bedarf ca
zuerst eines vermittelnden Schluases auf die wirkende, allgemeine Ursache
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III
de« äoinä, iinil iu dieser Ursache ist die Vernunft dann nicht mehr blolses
Yensögen, sondern Wesenheit, Thatsächlichkeit, Einzelsein selber.
Darntn beginnt TbomM seine Beweise tBr das Dasein Gottes mit (ieiu
sensit ronstat, aliqnri fnnvfri. Durch vernunftg«?mäfsoii SrbUifs f^plan^'t
er von dem positiven \V irkUchseinf soweit es der tiinn wahruimnit, zu dem
positiven WirkUcbssio, welebss Tcm sieh ans O^panstand der Vernunft ist
Es ist dies an orster Stelle jenes Wirklichsein. welches Wesenheit und
deshalb Allgemeinheit ist: Gott. Von Gott erkennt die Vernunft dann
nur, dafs Er ist. Denn für eine Vernunft, deren natürlicher Gegenstand
* das Allgemeine ist, was nicht einzt'lno Wirklichkeit, sondern vielmehr
gleichgültig dagegen ist. kann nicht natürlicher Ge^'enstand sein jenes
Allgemeine, was notwendig als Thataachliclikeit oder einzelnes Wirkliohsein
dasteht An xweiter Steife iet dasjenige posfÜTe Wirkliehsein Gegenstand
der VornunftorVonntnis. welches nur unter Gottes verursachender Kraft
U'steht; wie» thatsächlich Sichtbares nur dadurch dies ist, daff? es vom
Lichte berührt ist. So ist das Wirklichsein, als Gegenstand unserer ver-
nünftigen Erkenntnis unter der Form des AUgemmnen, mit Rücksicht auf
dieso Form selber, also mit Rücksicht auf (h'e allgemeine Idee in der Ver-
nunft, vielmehr ein Niclitsein. Es wird zu etwas Positivom erst, wenn es
belogen wird anf die rerarsachende Kraft des ersten Urgrundes.
In dieser Weise aufp'fafst hodeiitet der an die Spitze gestellte Er-
kenntnisgrumlsatz die richtige Mitte zwischen einseitigem Idealismus und
beschranktüiu Realismus. Es wird das Aursenboündliche thatsächlich ge*
kwiDt. Denn die innere Richtschnur für das Erkennen ist eben die Rieht-
schivir auch aufscn für das Sein genüifs dem (ilattnngsbegrifTe und weiter geht
unser vemfioftiges Erkennen nicht Andererseits aber ist das Erkennen
durcbaos etwas Inneriidies, innerhalb der Veninnft sich Yoll^hendes.
Denn nur in dem Mafse erkennt die Vernunft, als aie in sich betliätigt ist
durch die Idee, d. h. durch die Wesensfonu für das Sein. Was aber kann
dem Auge innerlicher sein als das Lichtbild, durcli welches es sieht; was
kann dem Holze innerlicher sein als das, wodurch es Holz ist und nicht
Stein; nns kann dem beleuchteten Zimmer innerlicher sein wie das Liclif '
Tiiomas gibt hier noch einen weiteren Fingerzeig, um die Bedeutung des
InnerlldiMi beim Erkennen eindringlieh Tonol^n. Nicht wird, so sagt
er des öfteren, die Verimnft eins mit der Idee oder der Substanz aufsen,
wie der Leib eins winl mit der Seele, wo ein Drittes entsteht» was weder
Leib noch Seele ist. Nein, die Vernunft eelLer erkennt.
Die Voroonft unterscheidet sich Ton der Ide^;, wie ein Vermögen sich
unterscheidet von seiner Bethätigung; wie z B. eine Violine, «lio niclit
gespielt wird, sich unterscheidet von derselben Violine, wann sie gespielt
wild. Die ganae Yemnnlt wird mm Gegronatande, den aie erkennt, d. h.
dessen Wesennform in ihr als zur Thätigkeit bestimmende waltet. Die
Vernunft im Gärtner wird in diesem Bereiche, im intentionalen oder i'li^alen,
zur Pflanze und er erkennt alles andere in seiner Eigouscliaft als Gärtner
nur insoweit dieses Andere Besiebung hat inr Pflanze. Niemals kann sonach
die Vernunfl /«ri (legenstäntlc nrkennen . sie seien denn iu einer idealen
JEUnheit miteinander verbunden; denn sie wird ganz zu dem, durch dessen
F^rm sie bethfttigt wird. Der Girtner beeorgt die Pflanse, wie wenn er
selber Pflanze wäre; der Musiker besorgt sein Instrument, als ob er selber
dieses wSre; der Leiter von Menschen soll sie leiten, will er anders der
eigenen Vernunft folgen, als ob das Beste derselben sein eigenes wäre und
iure Anla^ seine eigenen.
Das ist ein fruchtbarer Grundsatz für die Pädagogik, der aber nur
ans der tbomistischeo Aufifassung von der durch das Erkennen geforderten
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11$
lättvrtrisehe BMpmthiuigian.
Einheit ffiflften kann. Denn danach vennittelt eben daa Srkennen dno
Eintritt der aufsen bestehenden Verhältnisse in uns, so dafs >,'onati das
Eine, Selbe in uns mafs^bend wird, was in diesen Verhältuissen als Maf«
und Richtdcbnur dasteht. Fulgt man dem Herbartschen Svstoai, so muCs
der hirleate Sabjektiviamus folj^en. Die Begriffe werden dann von nna
nach auf^^on vorsetzt; dio sintilichen Vorstellungen sind unser eigenstes
und alleinig«'» Erzeugnis, danach allein können wir Terfahroo; was aaÜBea
fttr Anlagen, für Bedßrfniaae heateben, gelangt nicht tu nnaerer Kenntnin;
was wir uns vorstellen, das venetien wir nach anfsen. Leider herradien
solche Ansichten als raafs^'obende in der modernen Schulleitung. BQreau-
kratiscber Zwang ersetzt die Anbequemung an die Bedürfnisse der Kinder :
„So denke ich mir den mmachlichen Gent, alao mnfe er so aon*': aUe
Einflüsse von aufsen, die solche Anschauiinf^ ändern lionnten, gelten als
nicht vürhumlei). Man stellt sich ein (Jefü^e der nienschliehon Fäbigkeitea
her und da hinein miisäcn nun allo Grundsätze für die Heiehrung und
Erziehung eingezwängt werden. Es gibt keine Seelenvermö^eu , wird laut
verkündet. Also sind alle Kinlnr m n J^ntur einander gleich, denn die
menschliche Seele ist ja in allen dieselbe. Die menschliche Gattung, welche
dnrcfa die Seele eben hergestellt wird, iat ja in allen Monaeben dieaelbo.
Flaio iat nicht mehr und nicht minder Mensch wie Thersitea; Cfisar nicht
mehr und nicht minder wie ein gewöhnlicher Soldat; das kleine Kind von
einem Tage hat als Mensch genau dieselben £ecbte wie der erfahrene Greis.
Die Teracliiedenen Grade von SeetenvermSgen machen die yeraehiedenbeit
unt< r il 'ti Menschen aus. Aber, so wird j,'eßa»,'t, Seelenvermögen <^bt es rir ht *
„Nur Seele existiert und diese hat in allen Menschen denselben Sitz, nämlich in
einem Punkte des Gehirns." Also gibt es auch von den Menschen selber aus
keine Verschiedenheit, ansgenommen höchstens eine solche, die von anlben,
▼on den Umständen, von der Anf^ewülinim^' kommt. Deshalb kann man
getroet scbabionisieren in der Schule, I'läne für ^iwv/.b grofse Eeiche auf-
•teilen, nach denen man nm 8 Uhr dies, um 9 Uhr jenes, nm 10 Uhr wieder
anderes vornimmt; beileibe darf man nicht etwa da ein paar Minuten
zusetzen und dort absetzen. Alles nach der Schablone, wie sie ein An-
hänger Herbarts für sich ausgedacht, der da meint, allo Menschen mülsteri
dnrebaua aein, wie er uch die Einrichtung der menscbl. Natur roratellt. ,,Br
versetzt eben", weil er die regierende Gewalt hat, ,,.<?eine Vorstellung nach
aufsen", mag darüber auch der Zweck der Schule durchaus vereitelt werden.
Es kann kein gröfserea Verderben für Schulen gedacht werden, als solcho
Ansichten, wonach die übrigen Menschen blofs Maschinen sind, tia leitenden
Principien zu machen für <\v' Erziehnng Ton Weaen, die von der Natar
selber mit Ereiheit begabt worilen.
Und worin Infoert sich dieee Freiheit bereita beim Kinde? Darin, dafa
es dem Eintlusso Gottes untersteht, der allein freie Wesen, dem Vermögen
der Freiheit gemäfs, zu ihrem jedesmaligen Zwecke geleiten kann. Freisein
heilst: nicht un natürliche beschränkte Ursachen gebunden sein. Das Her-
bartache System will die Erziehung freier Wesen binden an die eigenen
subjektiven, willkürlichen Vorstellungen, die dann wieder am En(ie mit
mathematischer Genauigkeit von unkontrollierbaren Vorgängen im einzelnen
Individuum abhängen. Willkür besteht da blofs mit Rücksicht auf die
andern, die geleitet werden sollen; nicht mit Rücksicht auf -die leitende
Person selber. Für den Quell aller wahren Freiheit, der allein, diesem
höchsten Vorzuge gemäfs, joden nach dessen Weise führen kann, hat das
Herbartache Syatem keinen Fiats. Religion iat in deroaelben GeffihI, nicht
frei von der Vernunft <,'otraf;enü Unterwürfigkeit unter die höchste Vernunft.
Der Glaulie dient beim Herbartachea Syatem nur dazu, Lücken zu stopfen
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littflvaiisebe fietpracbungeii,
113
Dsd Widoniprfiehe zu verhüllen; er ht nicht das einzig würdige Thor für
Mae der menschlichen Natur voll entsprechende Erziehung.
Wir haben r^hnlb oben nicht ohne Absiclit f-rwähnt, wie gemäfs der
ihomiatitohen Auäaüsung daa natürliche £rkeiiueii notwendig auf Gott
Migt, wir mSditcii aagen, mit d«n ertten Beginne an. Da« Wirkliche
wird ja direkt erkannt. Wirklich aber ißt etwas nur, insowoit es unter
der wirkenden üraächiichkeit der reinsten Wirklichkeit steht, die nichts ist
als thataächlichea £rkenneu, Gott selbst nämüch. Da ist das Thor weit
offen, ao wdt «w WirklidiM «xiatiert, für den Zutritt Gottes. Da werden
die Eindrücke von aafsen her an erster .Strll.v geregelt durch (Jott, den
Ur^ofiU aller It'reiheit Wer von Gott alao. ak der erütieitenden iücht-
•dmur, M der EnMiiing ud beun ünteniehte «bneht, der titht eben ab
von der natürlichen, objektiven Lage der Dinge und stellt an die Stelle
der lebendig einfliefsenden Freiheit den kalten Zwang, der da für den
Unterricht dor Kinder eben soi<he Schablonen formt, wie für das Abfeuern
f<m Flinten und Kanonen.
2. Dif Selbsterkenntnis?, das S e 1 V) s t be w u f e t - e i n . das Ich macht
im Herbaitachen Öjsteme viele Schwiongkciteu und kann am Ende gar niclit
fliUirt werden. DieToransaetzung uärnli« h, Ton der dk» betr. Untemehnngen
auggehen, ist falsch. Deshalb kann auch das Ergebnis kein befriedigendea
sein. Da? Ich wird nicht unmittelbar gowufst oder erkannt, sondern vermittelst
der eigt)Utru Ihuijgkeit und denmach vermittelst der Gegenstände, auf welche
die dieebeifigliehe Tbiitigkeit sich richtet So lautet ein weiteree Princsp
de« Amiinaten. Ich kann mein eigenes leb f r?t dadurch erkennen, dal's
ich tiberhaupt etwas erkenne. Und ich kann nur erkennen, wenn ich einen
wlmiobareD Gegenstand ror mir habe. Ich untereoheide loidi ah handelnde
Person von anderen dadnrdi, d&fa mein Erkennen zu mir zurftckkehrt,
nachdem ee sich auf etwas anderes gerichtet hat. Ich erkenne dann mich als
handelnden oder erkennenden und das andere als daa Gekannte. Ks ist
faljich, ron einer „Spaltung des Idi** an anreeben, iniowtit ich erkenne,
dals ich nii ht bin das, was ich erkrnnc. Es ist auch falsch, von einem
fonnellen Gegensatze, wie zwischen Schwarz und Weifs, zu sprechen beim
Ul und Nieht-Idi, so dafe alles andere nur das Nicht-Ich wäre und nur
eeweit erkannt würde; wie Fichte das thut. Ich erkenne nicht zuerst, dafs
ich erk^ne. also mein Ich, und dann, dafs anderes besteht. Gerade umgekehrt
erkenne ich zuerst änderet und auf Grand dessen erkenne ich meine eigene
Tbatigkeit. Illee tirat die tifiiohe Erfahrong dar nnd ebeoeo keount ea
Jem Weeenscliarakter der menschlichen Natur zu. Das Kind erkennt vor-
6rst vieles andere, ehe es weils, dal's es überhaupt erkennt; es spricht
nent Ton sich in der dritten l'erson , nümlich wie eü gehurt , dal's die
andern ea Munen, ehe ee dain ttbogeliti an eagen: Ich will daa; Ich
Irage das.
Dmu Wesenächarakter dor meneohlichen Natur aber kommt es zu, wie
vir eben geeehen, dafe sie, an dch betrachtet, nicht foa Tomherein einsehie
Wirklichkeit eei; sonst gäbe es ja nur einen wirklichen Menschen, wie es
nur eine menschliche Natur iriht. Die menschliche Natur an sich ist nur
■n Vermögen für daa 6mu im euuuhita Menschen, ein Vurniogen, welchem
dnealbe buibt in allen einietaien Menschen und der Grund ist, dafs vom
Menschen ausgesagt wird, er sei Mensch. Also ist auch daa Ich kein>s
99fa thatsächüches Selbstbewui'staein oder, wie auch immer, etwas thal-
■lulidi CMwantea, eondem der eonitigen menedilichen Natnr bedarf
der Beth&tigung durch Erkenntnisakte, wenn es auch, als berechtigtea
Vtmiugen für lias Selbstbewufstsein, mit der menschlic hen Natur zu sein
MgioDt. Im Kinde besteht das Ich, aber es ist noch nicht bethätigt.
iahKfeoeb nr Phlleio»hie eie. VI. $
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littenriadi« Bespreehungan.
Dosfaalb erfitttt sich anoh das Kind aller Bedite, die mit «mr freien
Persönlichkeit verbondon sind, wie z. B. des Recbtee, eriien so köiUMi,
trot7.dem es seine Freiheit noch nicht beth.itii^^^n kann.
Weit ontfernt. dafa ia dein Ich eine SpalLuiig uder cIq GogeiuaU äei.
inaofem ich erkenne, was ich nicht bin. oder erkenne, dafs ich nicht tbätig
bin, besteht zwischen lifm ei^enr'n Irh , ;\!-: drm vi B'^tli iti^jedrl.'u. und
dem Nicht-Itih, uämiich tien andern Cii^enatäudea die Beziehung wie
switdien YervoUlEoiiminungsrähigeiii iiit4 VerroUkommiieDdeni. Dadnroh, daJk
and insoweit ich anderes erkenne, alw insoweit meine Vernunft durch die
Idee bethätifjt wird, erkenne ich, 'wie viel ich erkennen kann, wie umfassend
alao mein Ich igt. Dan Ich, als Vermögen für freies Selbstbevvurst&ein iii
mir, ist der Entwicklung nnxugiUiglich, es ist in indivisibili, es ist gleichwie
die menschliche Natur immer dasselbe. Aber dahi leb, als bothätisrtes
Selbstbewufstsein, kann noch weiter entwickelt werden durch zahlreichere
and eindringlichere Erkanntnisakte. leb kann immer mehr sehen, sIb wie
grobes Feld der Thätigkeit mir meiner Natur nach otTeu steht und SMiadi
kann die Gröfse des in mir befindlichen Vermögens für das Sein und
Erkennen immer offener vor mir U^n. BewuXster oder unbewufster kana
mir etwas ssin, je nachdem die Kenntnis davon mehr oder minder msia
Erkenntnisverinoi^en durchdringt und ich mir diese meine Kenntnis zum
(jregenataude meines Erkonntnisaktes maohe. Nur da, wo das Sein selber
und das Wesen Erkenntnisakt, wo also nidits erkannt werden kann, wie
das ttgenc Sein oder was unter der Terarsacheoden Kraft desselben steht
und soweit es darunter steht; nur da, einzig also in Gott, i-t 4as Erkennen
des eigenen Ich ein unmittelbares, d. h. nicht durch das hrkenneu vou
etwas andorm vermitteltee.
\iu li dieses Princip Herbarts — und in dieser oder jener Modifikation
der ganzen modernen Philosophie — vom unmittelbaren Erkennen des eigenen
Ich bringt, denen die es vertreten froUich unbewufst, verderbliche Frfichte in
der modernen PAdagogik hervor. Das Erst- oder unmittelbar Erkannte mufs
ja das Mafs und die Kichtschnur sein für alles nachher Erkannte, wie
das Licht, was da an oriter Stelle und unmittelbar Gegenstand des Sehens
ist, das Mah and die Sjohtsdinar ist fftr das Sehen von allsm tthngsn.
Somit wird das Irh in den leitenden Mittelpunkt von allem Erkennen ein-
gerückt, was ja auch nichts anderes ist wie eine Folge aus dem vorher
behandelten Princip, aus der einseitigen Subjektivität nämlich der Vor-
stellungen und Begriffo. Oer Mensch betrachtet sich gemäfs diesen Ideeen.
als uh er Outt w:ire, dessen Ich illoin, wil reine Thatsichiichkeit und
sonach reine Kraft, aUe andere Kenutuis Guttcs miüit.
Die moderne Pidago^k stellt viAt an die Spitze das Wohl der Jugend,
sonderji solbsürlitip einseitige Bestrebungen. Da soll die Sehulo oiner poli-
tischen Partoirichtung dienen, dort der Gormanisierung oder Kussitizierung
oder sonst einer Sprache, dort wieder der Lioblingsansicht eines Schnlrats oder
eines Ministers. Kemunorationon, höhere Stellungen, Furcht vor Tadel und
Alinli<lies sind die Motive, weHhaib man sieh beinahe um nichts anderes
kümmert, als dalls die Jugend einen gewissen Firnis von Phrasen und aus-
wendig gdemten Formeln erhftlt,mit4Mmman glftnion kann^wihiend das Hers
leer bleibt und, hinausgeworfen in den Strudel der Welt, sich m daa Erste.
Beste hält, was ihm begegnet. Gep^en jenes Ich, von dem allein jedes andere
Ich bethätigt und gefestigt werden kann, schliefsen Priucipien , wie die
Uerbartsehen, ab; sie kennen als Ictztgiltige Instanz nur das eigene Ich,
dem alles andero dienen mufs. Deshalb koiin- n Sclutl 'n, welche narh der-
gleichen pädagogischen Principien geleitet worden, Gutt und die KeUgion
nur all MekenhlliiMr oder als Proonkt der Heofihelei, nieht aber als dsn
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littonuMi« Betpnchttngeo.
115
Born, ans dem innete Kraft und inneres Leben in die jugendlichen Herzen
fltrtmt.
3. Vorn unf t und Sinn stehen, nach allen Meinungen, beim Mensciien in
einem innigen WechseherbältnUse. Es handelt sich nur darum, zu bestimmen,
weldMT Alt dietM T«fliftltiii8 lel HeilMft nimmt bloft, wie im Grande
genommen die ganze moderne Philosophia, einen graduellen Unterschied
an. l)if* Vernunft ist ihm ein wtitcr fntwick'^lter Sinn und der Sinn if-t
ihm eine etwas weniger ausgebildete Veriiuntithatigkeit. Er kennt keine
andara Weise, allgemeine Begriffe zu gewinnen, aU die Induktion. Dar
Sinn vergleicht weniger -inzelne Fälle und kuinmt somit nicht zu einer
schiechtbm amfasaenden Allgemeinheit. Die Vernunft vergleicht mehrere
«deher «iaialnar Fälle, kann aber ebenfalls nie gewifs sein, dafs sie zu einer
wirklidiaa Allgemeinheit gelangt ist; es könnten doch noch Besonderheiten
vorkommen, die sich in die betr. Allgemeinheit des aufgefafsten Begriflfes
nicht einfügen. Aua dieser Behandlung von Sinn und Vernunft folgt von
teibat, dnfb Herbart rieh die Yemflnraga Tfaätigiceit aus der sinnlichen
entwickeln läfst, sie gewissermafson über dieselbe aufbaut. Die sinnliche
ist, sozusagen , der Quell, die Ternünftige der aus dem Quell gewordene
Strom.
So ist m nicht bei Thoma». Da nntersdieidet sich die Thfttigkeit dar
Sinne ihrem ganzen Wpsen nach von jener der Vprmtnft, die letztere h;ingt in
ihrem Tbäti|^u in keiner Weise ab von den Siuuen. Sowie der tiegen-
itand auf beiden Seiten ek eigener, besonderer iai, der da erkannt irinl,
bd der Vernunft das Wesen oder das Moment des Allgemeinen und bei den
Sinnen das Bt'??^ tkUto oder Einzelne mit seinen charakterigti.^clun Kigen-
schaften des hörbaren, Sichtbaren, Duftenden, Schmackhaften, i-uhlbaren;
10 ist aaeh die ThStif^keit anf beiden Seiten eine eigene, baaondeie, diesem
Gegenstan<le ent-j r liende. Die Sinne nehmen von Natur ihren Gegenstand
fof und die Vernunft empfängt mit Naturnotwendigkeit und als Voraus-
setzung aller ihrer Tiiiitigkeit oder vielmehr als deren lirun<llage, freilich
sich selber unbewufst, das Wesen oder dio Substanz der Dinge in sieh.
Sowir- .la- Wpsrri in pin<nrj Dinu'n niflit ein Ergebnis von dessen Kigensrhaften
ist, sondern vieimehr denselben zu Grunde liegt; äbuUoh ist die Tbäligkeit
der Yenianlt kein Ergebnis derjenigen der ffinne, sondern vidmefar bestritt
die latatere nm der vernünftigen Thätigkeit willen.
Die eigentliche Thätigkeit der Vernunft nämlich hat den Zweck, die
Substanz oder die Wesenheit im vorliegenden Dingo, welche, unbewufst, mit
Natnrnolwendii^t, losgeldst dnrdi dsa praktiMdisQ Verstand, den intel-
lectns {»racticus, von der Wirklichkeit o(ler «Uii Einzelheiten, welche sie
anfsen begleiten . sich in ihr, in <ior ^'erIlu^ft nämlich, bt-foi l- t, -iieser
gegenw&rttg zu halten. Es existiert ja keine allgemeine Gattuug al» all-
gemeine, sie mufs in rinera Eioteldinge sein. Und so kann sie auch nieht,
da eben dio Dinge so erkannt worden aollf^n wio sie siml, vernünftig erkannt
werden, aufser sie, die Gattung, erscheine in einem Einzelsein und unter
den fänsrifsAllliiisasB d«r Wiiftlicblnit Dia liebt wird nidit geaeben,
sei dem dab ea anf einen besonderen, einzelnen Gegenstand falle. Und
ähnlich wird die Gattangsform , die Substanz, nicht erkannt, es f*ei denn
»10 werde wiedergestraMt von Einzelheiten, wie solche sie in der W irklich-
Hit begleiten.
Dazu nun dient die Thätigkeit der Sinne. Dio Idee, als die das Erkennen
bestimmende Fonn, ist in der Vornuntt kr;ilt naturuotwendigon. nnlicwnfsten
Wirkens. Aber da sie ganz und gar allgemein und sonach nicht im mindesten
ftrdieExisteni bestimnit ist, da sie auch wesentlich Form, nämlich formende
Sobstans anfsen ist nnd nicbt für sieb allein, ohne eiaselne Wirklichkeit,
«•
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116
LittoisfiMhe B«t]in«lraiifeii*
betteht, so kann sie nur erkannt werden, wenn sie inmitten der Einiti^
heiten <\o^ wirkliclion Bestandes ah formende vorstellt wird. Di»' Sinne
stellen ein Bii(i dieser Einzelheiten, also der besonderen stofflichen ^Vl^kilchkeit
her. ünd darin wird nun der Yenranft dfie «i|^eiM, in ihr rcrborigwie Idee
jjefr-n^värtig. DieSinn» alsoäimi ftirdas menschliche vernünftige Erkennen not-
wendig, einzig Tom Gegenstände aus, ex parte objecti, nicht vom Thätig-
tein selber ans» ex parte agentis. Sie helfen nicht der Verounlt, daft sie
ihn epealfieehe ThEtigKdt entwickeln könne; sie sind nicht ex parte elip
cientis actum. Sie vertreten die Stelle desjoni^n, der dem Lesenden das
Buch vorhält. Dadurch erlangt der Lesende nicht im mindesten die
Fähigkeit, wonach er lesen kano. Vermag er nicht in leeeo« eo kann kein
RiK'h ihm helfon, welches man ihm vorhölt. ünd doch, will er lesen, so mufs
er ein Buch haben. Nacii dieser Seite hin ist letzteres durchaus notwendig.
Nur jene Temnnft also bedarf keiner Sinne oder ähnlicher Mittel, daitä
die der Gegenstand im einielnen voigehalten wird, vermittelst deren a&a
dar: Gei-;tiK'(* lesen k«ui, die da seibat ihr eigener Gegenstand, ihiem gaoseii
Wesen nach, ist.
So bleibt die Vemnaft dnvefaana selbstfadig in ihrer Thitigkeit nnd
trotzdem bleibt ihre Verbindnnj' mit den Sinnen eine nat irlii ^io, sowie es
natürlich ist, dafs die Vernunft die allgemeinen Wesenheiten in den Wirk-
lichkeiten der siditbaren Welt liest. Es kann allerdings noch andere Mittd
geben, als die Sinne, um das Buch herzustellen, in welchem die mengchliche
Vernunft die geistige Wahrheit liest. Aber im Kf>r»;iche der Natur ist sie an
die Sinne zu diesem Zwecke gewiesen. \S it sind mit den Herbartechen
Beehnungen Aber den mathematisch genau gcregeltMi Ein€afe der AoAen-
weit auf die sinnlichen Vorstellnn<j^en einverstanden. Wir möclit' d I iria sogar
noch weiter gehen. Aber wenn dann Herbart auch auf die Vernunft mit ihren
Anschauungen aus diesen Rechnungen schliefst, als ob diese Anschauungen
nur ein Ertrebnis wären des Einflusses von Seiten der Anfsenwelt, so irrt er. Br
vor<,Mrst (i inn (fnrchaus der freien SpHt-^tfindifikeit der Vernunft, die allerdinj»!
nicht darin besteht, von den Einhussen und Bestimmungen der Anfsenwelt
ganz und gar unabhingig an seui, soll sie doch die INnge erkennen, wie sie in
(ler Wirklichkeit sind. Aber diese Selliständii^keit im Thiitii^.sein der Vernunft
Ptniiubt sich dagegen, von jenen Einflüssen mascliinenmäfsig abhan^^ zu
sein, welche auf die Sinne wirken. Die Vernunft liat eben einen eigenen
Gegenstand ihrer Kenntnis und dieser kommt nicht atif dem Wege der .
Sinne in sie: er hat seinen eifjonen Weg, wie das I i lit seinen eiirenen
Weg hat in das Auge, der Ton in das Gehör. Wie vielmehr die Jugen-
sdiaften eines Dinges, die Gegonstinde der sinnlidien Kmintnia, ihre
Richtschnur zu erblicken haben im Wesen dieses selben Dinges, dem
Tre^enstande der vemfinfti^jen Kenntnis, so ist die letztere, M-eit entfernt,
in sklavischer Abhängigkeit von den sinnlicheu Vorstellungen ^u stehen,
vielniehr berufen, diese sinnliehen Vorstelinngen ana eigener I^ft, gegebenen
Falles, zu berichtigen.
Auch hier lükt sich leicht auf die pädagogische VerderbUcbkeit des
Herbartacfaen Princlps Aber das Verhiltma von l^n und Vemnnft hin*
weisen. Man rühmt sehr die Methode des .\nschauung8unterrichts. Die
Methode ist ja sehr richtig, wenn ihr mit Mafs «refnlgt wird. Legt man aber
auf dieselbe, ah auf die einzige I>)8ung aller Schwierigkeiten beim Unter-
richten, als auf die einzig Thfire für das Eindringen von Licht in die
Vernunft des Kindep, C ^vidit, so erscheint sie im höchsten Grade verderb-
lich. Denn sie führt dtiun zu einer Mechanik des Unterriohtous, die sowohl
in den Kindern hloAe Automaten sieht, als anoh den Lehier nur nach
auisea blicken IfiCrt als auf die Richtschnur heim Unterridbtsn. Wenn
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littenrisdie BMpnehangm,
117
«noh Herburt „in der Seele aelber niehte fcMUit, was rein aas rieh solhat
«inen neuen T.ebeosinhalt schaffen, was eine neue F^lj^p von Zuständen rein
aas sieh reibst beginnen könnte*'; — so hindwt dies nioht, daCs in der
WiiUiehkeit deVAniiiiift in ridi die tligeowliiflii Meaen selbstiiMiig eneugt,
welche dami kfiffc der Mitarbeit der Sinne im Gegenstande, wie solchw,
gemäfs seinem wirklichen Einzelbestande, durch die Phantasie vorgehalten
wird, sich selbst das in ihr rohende geistige Vermögen vergegenwärtigt.
Wenn mwA Ml eelber im Anfuige unbewiiftt, hat das Sud dodi eine tob
den Sinnen unabhängige, selbständige Richtschnur in sich, nach welcher
das ;iufsorIich Geschaute aufgenommen vrird. Die.^e Selbständigkeit in der
Verarbeitring des durch die Anschauung Gebutenen macht, dafs kein Kiud
in dorselUen Weise wie das andere von der Methode des Lehrers profitiert.
Solche Verschiedenheit zu beachten, ist geradp die Hauj tarlieit des Lehrers.
Herbart aber leugnet eben die Grundlage, auf der eine derartige Ver-
■eUedenheit erwichst: die selbständige Aoffassnng von selten des vernünf-
tigen G eistet). Auch von dieser Seite her ist die Schablone das LosungA-
wort für das ünterrichten nach Herbartschen Principien. Eine Abrichtaog
der Kinder kann da verbürgt werden, kein Fortschritt ihres Geistes.
Wir Iwrahren blofo noeli folgende Ponkte im Horbartsdieii Lehrrrstem, die
aber nichts als Folgemngen sind ans den bisher dargelegten Grundprim ipien.
Herbart l^nenet Soelenvermogen ; — und am Ende stellt er in Wirklii'hkeit
so viele auf, wie Nerven oder Nervenfasern sind. Denn die Seele sit/.t für
ilm an einem Punkte des Gehirns. Also nur vermittelst der Nerven und
deren Bestandteilen kann sio r!i;unndungen aufnehmen; sie ist ja nicht
s. B. im Fnfse, der Kälte emptiudet Diese selbe menschliche Seele ist
bald etwas Geistiges, badd ist sie die Empfindungen selber, bald ist (S. 76)
Seele und Lrib wie Kolbeuttange und Schwungrad bei der Dampfmaschine.
Sie ist imr graduell rerschieden von der Tiersoelo und hat mit dieser die
gleiche Unsterblichkeit; es können alle Seelen nach der Trennung vom
Lsibe wieder ra Boliinaterial filr beliebige Tenrendung wercton.
Wir geben dem Verfasser des vorliegenden Werkes recht, woim er
sehr oft b^^i <»*^inen Darlegungen Zweifel ansdrückt, ob denn dies der wirkliche
Weg zur Wahrheit sei. Dies bezeugt seine geistige Unabhängigkeit uud zu-
gMeh, wie die Herbartschen Prindpien ihm doch nicht das unverrückbare Ideal
einer Grundbjrp f-:ir pRyr]ir>l(>ni^:' --^ind. Jlit ?niner Geistes^ffh! rfo wäre er viel
weiter gekommen, wenn er seine Forschungen auf das Fundament der Alten
aufgebant hätte. Wir sind zudem durchaus nicht der Bfeinung, die ver-
derblichen Folgen für die Volksschulen, die wir eben angedeutet, träten
fkberall ein, wo (Irr Lehrer die Herbartschen Principien als Grundsätze für
die Pädagogik aammmt. Die Natur der Dinge ist eben starker als alle
Tbeorie ond fetbieCet in der Pnuds Anwendungen, die man tbeoretisch
machen möchte. Die Herbartschen Principien nun sind, im Gegensatze zu
denen des heil. Thomas, durchaus gegen die Natur der Dinge; rie sind
zumal gegen die Natur der menschlichen Seele.
Pro/. />r. Julius Marquardt: De fiiudamentis prin-
dpü illiu reiflxi: Lex MIm mom obligat. Brambergae
1889.
Den index lectionum der theologischen Lehranstalt zu Braunsberg für
das Winterssfflester von 1689 leitet eine Abbandlnng ein flbev das Orand*
princip des Prob.ibilismus : lex dubia non obligat. Der Verf. (ibergeht den
Haaptpankt der Frage. Nicht danun handelt es sich nämlich, daTs ein
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Litteransehe Bespreciiangeii.
Gesetz, welches nicht hinlänglich gekannt wird, keine uubtidingt verpflich-
tende Kraft hat, sondern diee steht in Frage, ob, im Falle mehrere Irründe
sprechen fttr die Existenz des Gesetzes als für die Nichtexistenz, dann der
Mensch gegen das 'lefi'^tz handeln ilarf. Und da hätt»' (h^r Vorfa^ser diV
Entacheiduflg uu hl. Alpboosua geluaden, der von den i^liatLÜ>teD ja uberaua
hoefa erhoben irird. Im raonle 8;jrstMiis heiliit es : OofOdai opinio, qnaa ttet
pro lege, videatar certe probabilior, ipsam omnino sectiui tenemur; nee
possiimus tunc o|»po«iitam. <juao stat pro lihortate, sm]>lecti. Ratio, qui*
ftd licite operaudum debemus in rebus dubua veriiatem inmiirere et se^ui.
At ttbi veiitu ol«» ioTeiiiri iwqnit, tenemur implecti edtem opinionem
illam quae propius ad veritatem acocdit, quae est opinio proba-
bilior. . . . Äd licite operandum non sufäcit sola probabilitas . . . ^
unde in praefata dissertatione f als um reputavi effiatum illnd oommime
inter Probabilistas, nimirum: iQui probabiliter agit» prudenter agit*.
Es ist dies eb^-n uich ein Gosot/, dafä die menscliliche Freiheit eine
Temünftige ist und somit dem Urteile der Yemunlt zu folgen bat Di»
Vernunft nun vermiUelt den Grand fClr das moralieefae Handeln; wie weit
demnach «twas begründet erscheinet, soweit ist es vernünftig. Wo also mehr
Grunde sind für dio eine Seite, wie für die c^eijenüberstohende, ist C8
grundlos, ieuteiür, im Gegensätze zur ersteren, auzubängeu. Dieses GdseUb
ist kein zweifelhaften.
Der \rerfas8er fülirt zudem den hl. Thomas an, indem er dessen Texte
80 aus dem Zusammenhange losreifBt, dals der Sinn verändert wird. Th.
allerdings (17 de verit. 3): NuUus ligatur jper praeceptum aliquod
nisi mediante soientia üUus praecepti; aber er fügt liinzu — und diea-
wird, wie nach ausdrücklicher Übereinkunft, von allen probaMlistischea
Autoren ausgelassen ~ nisi quatenus teuetur scire praeceptum,
und wie dies zn verstehen, ertrllrt er im Verfolge des Artäela. Danaeh-
hat nämlich Patutius ganz, recht und Sylvins i'S. 10 und 11) widerspricht
ihm durchaus nicht, wenn er sa^'t; T/e;_'es divinas ab aeterno promulgatas
fuisse et u.sque ab aeterno obiigandi httbuisse virtutom (Kraftl, priusquani
creatorae legem audireut et cognoscerant. Von vornherein nämlich ver-
j/fli ht "n die Gesetze Gottes, die hier gemeint sind. Sobald der 31« i]> h
zum Gebrauche seiner Vernunft kommt, ist er nämlich verpflichtet (teuetur)^
dieselben zu kennen, sowie er verpflichtet ist. nach seinem mit der Natar
und somit von Gott gegebenen letzten Zwecke zu streben und darüber
nachzudenken. Patutius also spricht von „virtute", während Sylvia.> be-
tont, daXa die erwähnten Gesetz actualiter nicht binden von Ewigkeit^
SSe kjlinnen ja ganz wohl die Kraft haben, sa binden, von Ewigkeit; aber
sie binden that.saclilich erst, wenn jener existiert, der gebunden werden,
soll. Der Verfasser würde jedenfalls zu einem andern Resultate gekommen
sein, wuuigsteus mit Eücksicht auf Thomas, vvuuu or nicht der Gewuhuheil
der Probabilisten gefolgt wSie^ blolii kune, ans dem Zuaammenhange ge-
rissene Stellen anzuführen, anstatt dem Zusammenhange selber zu folgen..
Im Angelicus findet sich kein Artikel, den im Zusammenhange die Proba-
bilisten, auch nur von ferne, für sich anführen könnten.
Ür* Friedrich Marbach: Die Psycholo/^ie des Firmianns
Lactautins. Ein Beitrag zur (üescliiclite der Psyclitilogie«
Halle, Pfeffer,
Wir haben hier einen wertvollen Beitrag zur Losung von Schwierig
keiicu au8 der Psychologie vor uns, soweit die Geschichte der diesbezüg«
liehen Forschungen solche Lösang erleichtern kann. Der Beitrag ist uob
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littanritohe BeipnehiiiigcD.
119
m wcrtroUer, als er sich von der Verquick ting dee Lehre des Lactanz mit
dan oft höchst konfusen Ansichten der modernen Wissenschaft über di»-
men'jfhlichf» Seele freiliSlt. Es worden objektiv die einzelnen Meinungen
des tferuhmten Rhetors aus dessen Öchriften vorgelegt und damit der
prakÜMlw Btuvis gefilhrt. wie MHigf das Chrittentnin SIfentlich, mit aller
mujjlichen Beatiramtheit , Stellunf? nahm für die Wahrhoiton, welche die
t>lofse natürliche Vernunft w!ss<>nschaftlich beii^ründen k;uni und dio deshalb
bereits vor Christus von einzelnen Philosophen, wenn ain h unvollkommen^
^'«fanden Warden. Kboib war dM Christentum alaHoli^Mon vom römi.'^chen
Weltreiche anerkannt, wurde nach den verschiedensten Seiton hiix
dargethan, daüs der geoffenbarte Glaube der innigste Freund ist alles des
CMitm and Wahren, was in d«B nenaehL Ftotchungen lioh findet
Nach einer Einleitung, die von diesem Gesichtspunkte ausgeht, be>
handelt im er^^ten Teile der Verfnsser die Realität, die Substanz, die Ent-
stehung, die Einheit, den Sita und die Thätigkeit der Seele, <Ue Sinoes-
phrsiologie, Sprachtfaeorie and Erkenntniaffthigkeit dea Heoedien. Au»
»iieser einfach n Aufzählung ist bereits zu ersahen, wie reichhaltij^ die
Ausbeute ist, welche in den <las Sein der Seele betreffenden Fraj^en der
Verf. gemacht hat. Wenn er Zweifel zu haben scheint, ob Lac. tanz nicht
in der That die Seele fiir etwas Körprliches gehalten habe, oder wenn er
darauf hindcntet, daf^ der betr. KirchonHchriftsteller mit sich seibor in
diesem Punkte noch nicht einig geweaen sei, so möchten wir betonen, daTs
b«l den Alten oorpnt fiberbanpt sehr oft für Snbetanx, für etwts In sich
SelhatindigM genommen wird, nicht gerade immer im Migeren Sinne für
etwas Ansgedehntes. Dahin gebort die bekannte FrRf?e Tertullinns: ,,Wer
leugnet, dafs Gott ein Körper sei", quis neget, Deum esse corpus? £s ist
j»naeii der ganzen Lehre TettnlUana gar nieht daran in «weifein, daft er, mit
allen Obrigen Vätern, Gott für l iiuMi rrinen Geist gehalten hat. T^'nd so werden
auch körperliche Eigenheiten, wie dunn, dicht, oft von der Seele im über-
tragenen Sinne ausgesagte ^Vu8 die Einheit und den Sitz der Seele an-
belangt, so hat der Verf. übersehen, dafs Laetana, i^eieliwie die gesamten
Vater, unterscheidet zwischen der Substanz — anima — oder dem Wesen
der Seele und deren Vermögen. Die Vermögen haben, je nach ihrer Thätig-
feeH, eineD veteehiedeBen m In den Tereraiedenen Oi^nen. Die Bnhctanx^
der Seele tet überall im Körper ganz. Das Vemunftvermögen oder der
Geist — mens — hat seinen Sitz im Gehirne, wie Lactanz raeint. nicht
weil ee, dem Wesen seiner Thätigkeit nach, an den Ort gebunden wäre^
aondeni weil die Phantnaiebilder ihm den Gegenstand aeiner Thätigkeit
vorhalten, kraft <\pron es das Allgemeine oder die Ideeen abstrahiert von
d«i einzelnen im Stoffe befindlichen Wirklichkeiten. Interessant ist, wio
der Verfasser die Stellen hervorhebt, in denen Jjactanz die Erschaffung
Mder einzelnen Seele von selten Gottes betont. Man sieht, wie mit Besag
darauf «iie An^ii^htf^n fl^s Origenes ber^it-^ in ilcr Kirche tibenviindon waren..
Wir möchten jedoch nicht so allgemein i;ehaupten, ein grofser Teil der
KiieheiiYiter m dem Kreatinniemna entgegen. Von eigentliehen , an-
erkannten Kirchenv&tern könnte hier nur Auguatin in Betracht kommen.
Dieser aber behauptet nicht den Generatianismus, sondern betont blofs die
Schwierigkeiten, welche der Kreatianismua den Verteidigern der Erbsünde
kietet; er wül aieh aber weder für die dno noch für die andere Smte ent-
scheiden. — Spricht Lactanz von der Bewegune ier S^le, su ist dieser
Ausdruck im weiteren Sinne zu verstehen; wie nämlich Aristoteles und
nach ihm Thomas sagt, dafs intelligere ebenfalls quoddam moveri sei. in
dem Sinne, dafs die Vernunft in Thätigkeit tritt, nachdem sie im Vermögen
dalär, also nidit thätig, war. Daa inteliigoro oder geistige Veratehen wird
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120
Litt^rarisolie B«>spreohungen.
<b ah actus perfeeti bezeichnet und die »toffli' h-^ B'^wpErnn^r vrn Ort ru
Ort als actus imperfecti, insofern nämlich die Vernuuft ih&üu ist, um su
leiten oder zu bestimmen und zu rollenden, der Stoff aber bewegt wird»
nm foo aoTsen her j^eloitet und bestimmt zu werden.
Der zweite TmI bespricht das Handeln der Seele und dab« den Wert-
unterschied zwischen Beeie und Körper, die Wilien^freiheit, den Unterschied
«wis4diwi Menaeli nnd Her, di* Affskte Im allgemeinen, den Zom, die Un>
Bterblichkeit und doron Beweisgründe , mit denen Lactanz den Lucrez
widerlegt. £s dürfte hier noch mehr wie im ernten Teile betont werden,
dafö Lactanz kein dogmatischer oder philosophischer Autor ist. der den
Ziredc litt, sehwierige Punkte aus der Philosophie oder Dogmatik vorzu-
legen und 7U erläntr^rn Lactanz schreibt für die grofse Öffentlichkeit.
8ein Zweck ist vorzugsweise ein apologetischer. Duidi eine glänzende
rhetoTiaeh« Form sacht er die cbristHebe Wahrheit ancib fftr Ungläubige
freniofsbar zu raadien. Es kann da ^anz wohl vorkommen, dal's vor der
strengen theulogischon Kritik manclie seiner Ausdmckswei&en oieht zu be-
«tehen vermag, wenn sie auch, richtig und zumal nach der damaligen
AnffMeangr erlllrt, einen angemMeenen Sinn lalasaen.
Idc, Jos. liautz: Omndzü^e der kath. Dogmatik. Zweiter
Teil: 1) Die Lehre vou Gott dem SehOpfer; 2) die Lelire
von Gott dem Erlöser. Mainz, Kirchheim; 206 S.
Es ist viel enthalten auf verhältrüämäi'si^ wenigen Seiten. Aber man
kann nicht sagen, dafs unter der knappen Form dis Korrektheit des Inhalte
leidft. Wnr die kathnlische Lehre nach ihren verschiedenen Snit^n hin
klar hingestellt, positiv begründet und die £inwände dagegen kurz und
bündig zurückgewieeen aelim will, dem iet mit dieeeo „Grandtfigen** ge-
dient. Ein eingehenderes Studium kann sich j^auz wohl daran anschlieräen ;
denn der Verfasser verzeichnet mit Sorgfalt und guter Auswahl die ein-
«clilagliche lättentur. Tiefere spekulative Erurterungou darf man freilich
nicht hier surhon: der Verfasser schliefst sie bereits durch den Titel an«.
Die Lelif" v. n (J.tt Ai^m Schöpfer behandelt der Verf. in vier Abteilungen.
Dieselben liaben den Titel: Die ächöufung im allgemeinen, die Werke dei
fidiöpfung im beeoiMteren, die gOtil. vorsehnng, die Sfinde in der Menedien*
weit. Es kommen also da zur Sprache die Freiheit der Woltschöpfung,
<lie Zeitlichkeit der Welt, das biblisrhc Sechstagowcrk mit Znrfickweisung
des Darwinismus, die Entstehung der menschlichen So^de, der UuUjrschied
«wilohen Natürlichem und Übernatürlichem, die Ur-Gerechtigkeit im Pan*
diese, der Siin l' ufall der Engol, die Erl)siinde und im Anschlüsse daran
-die unbefleckte Empfängnis. Im zweiten Teile wird die Lehre vom Erlöser :
den beiden Nataren und ihrer hypoetatteehen Einigung behandelt tmd im
Anschlüsse daran das Werk des Erlösers , die Erlösung im allgemeinen und
das dreifache Amt Christi, besprochen. Keine der zahlreichen an dieee
Punkte sich anschliefsenden Kontroversen ist unberücksichtigt gelassen. Die
Leime von der Cr-Gerochtigkelt, der Erbsande und der nnbefleekten Em*
pfänpnia hätte an Klarheit und innerem Zusammenhange noch gewonnen,
wenn sich der Verf. streng an Thomas gehalten haben würde« der bekannt-
Uoh, mit allen alten Sdiolaatikem, annimmt, das Weeen der Ür-Qeieehtig-
keit habe sich im Bereiche der natürl. Kräfte gehalten, ihr Ursprung
aber sei «in übernatürlicher, nämlich die heiligmachende »rn idc in Adam,
und danacii sei die Ur-Gerechtigkeit selber etwas ÜbematuriicUes, aliquid
«npematttzale, wenn anoh ihrer Substanz nach keine gmtia.
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Idttonriicli» BMpittchaiigeiL
121
«T« WaffeUnati CenfeuariM rii« iutttafiis id im-
pVfniaidan ^UlSttkaniiail. Brngis, Yandenberghe-Denattz,
1889.
Mit der logischen Schärfe, reichen Beleseaheit und der gereiften,
ernsten Urteilskraft, welcho den Vnrfasjjor auRzeirhner, b«^kärapft in diesem
Schriftchen der rühmlichst bekannte Moralist zu Brusge die äüode der
Gotteslästerung, indeni er dem Beiohtrater die wahre Benweie dieeer Sttade
lehrt, sowie die Art und Wpirp ihrer Pethätiganp. und ihm «lie Itesten
Mittel an^bt, mit den verschiodenon Klaaeen der Gotteelästerer zu deren
fihite im Bfiidititahle zu verkehren. Es handelt sich hier um eine wahre,
leider immer weiter um sieh greifende moralisuhe Pest Und nicht am
wenigsten befördern jene Boiohtvritor diese Pest, die, weil die Sünde der Oottes-
lieteruDg eben so bautig und gowohnheitsmälsig begangen wird, nelber nadi
«ad tuiflii aicli die Schwefe denelbeD ^rbefyen und nicit mit dem gehörigeD
Ernste dagegen auftreten. Leider helfen darin iminche Moralbücher.
Mögen recht viele BeicJitväter dieses Schriftchea letien. Keiner wird ea
vhne Nutzra für seine Seele aus der Hand legen.
JPr. Arthur Könifh Professor der Theologie: DeP katho-
lische Priester vor 1500 Jahren. Priester und Priesiertum
nach der Dar8tellun<; des h. Hieronymus. Breslau, Adcrholz.
Verübende Schrift ist der fast unveränderte Abdruek einer Reihe von
Artikeln, die im „Schlesischen Pastoralblatt" voröflfeutlicht \vurden. Wir
wflnediteo, dala sie in jedee Frieeter» Hände käme, so belehrend und
herzerwMmtpnd ist sie. Es kann «^ar niclit fehlen, dals dnr Priostr-r, welcher
diese Stellen aus Hieronymus, wie sie der Verfasser verätauduisvoil gemäXs
den prieeterHdica ObUeflienheiten mlteinaiider veriranden hat, nieht nnr
lie.'t. sondern tief betrachtet, vun heiliger Begeisterung für seinen erhabenen
Beruf erfüllt wird. Wir sauren, man soUe diese Stellen betrachten. Wir
heben damit nur hervor, was mit den da augeführten Worten des heiligen
Kirchenlehrers wie etwas SelbstverständlidieB verbunden ist. Man kann
eben keine der vor^elcf^ten Stellen lesen, ohne unuillkürlioh in da^ '■i.r'?ne
Herz zu greifen. Vergleiche anzustellen und entsprechende Vorsatze zu tapsen.
Man eprioht henteiitei^ viel ▼om verderolichen EinfliiBae dee Stute-
kirolientums und fordert die unbeschränkte Freiheit der Kirche. Gewifs
mit vollem Recht. Aber worin besteht die or«to Bedingung, um diesem
Kinlinsfte vorzubeugen, ohne welcho keinerlei Kuinpf gegen solches unbe-
rechti<:T ~ I jnimschen des Staates in kirchliche Verhältnisse etwas nützeu
kann? Der Priester achte sieh selb.^t. Er halte seine priosterliche Würde
für zu grofs, als dafs er bei staatlichen Behörden um eine gute Pfründe
oder dne höhere Stellang betteln gehe; dednrdt eetct er den von Gott ihm
fibertragenen Stand der Verachtung aus. Deshalb betonte Leo XIII. in
seinem Briefe an den Erzbischof von K5ln, iri w< li lioni er aussprach, er
hätte die Anzeigepflicht, unter noch zu besUmmuuUen Modalitäten, dem
Steete zu^'egt-tndeo nnd so den editns zum Frieden geOffnet; der Papst,
:i:rr'ri v.ir. K t nt'^, es seien ja nun <lie Priesterseminare wieder offen, in
wei(;hem die Kandidaten des Priestertums mit echt prieeterlichem Geiate
•rflint werden htenen.
I>eo Xni. wies damit auf den Anteil hin, den jeder Priester dadurch,
dafs er seine Würde achtet und damit dem echt kathol. Geiste cfenür^t, an
der Paraljsiemng alles unberechtigten Einflusses von selten des Staates
nehown Junn. Sei jeder Friester, im Bewafetiein der Aoserwihlung von
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122
L?tteraris«"he Bes]irecbnngcn.
oben her, dio ihm zu teil i^owordcn, innerli<-h unabhlngig; dMUi Itt dtOi
sog. Staatskircbentiime (ior GifUahn auegebrocbea.
Wir müssen je<les Extrem vermeiden. Das eine ist so gefährlich wie
das andere. Bis hinauf zur Wahl der orstea Diakone bat die Kirehe stets
©inen gewissen Anteil an der Auswahl ihrer spedellen Diener den Laien
bewilligt. Die Art und Weise dieses Anteils ward, je nach den Uib-
•tfinden, frai bettimiiit von der bOdbsten kirdilidien Obri^'k^it Nie bat die
Kirche gewollt, dafs ihr Priestertum eine vom Volke ab^jeschlossene Kaste
sei, die sieh rein aus sich ergänze. Das finden wir wohl bei vielen Sekten ;
jedoch nie bei der Kirche Gottes. Diese will im besten Sinne des Worte«
eine Volks-, eine katholische Kirche sehi, wo dte OlAufaigen folgen den
einmal aufgestellten Priestern, diese il r, wie Augustin in seiner Rej^l
sagt, „in ihrem Herzen zu Füfsen liegen den Gläubigen'' und deren Bestes
allein zur mafs^febenden Richtschnur ihres Handelns machen. Das besondere
Priestertum in der Ivircho dient dem Allgemeinen , kraft dessen jeder
Gläubige sich selbst, nämlich seinen Besitz, seinen Körper und seinen Willen,
geistiger Woiso aufopfert dem Allmächtigen. Dies ist dio heilige £inheit,
welche die Kraft der Kirch« bildet Viecher Priester am vorsfiglicbttMi
un<l am eifri»,'sten dient dem Besten der ihm anvertrauten Seelen und des
l^anzi^ri fhrisllichen Volkes, der wird seiner Würde und, Mtsen wir dam,
geiiuT iiurdö, am ersten gerecht werden.
Diese Gedanken wurden unwillkürlicli in unaerm Innern lebendig, als
wir in dieser neuen, p-isterliebenden Schrift des Horm Verfassers die Worte
lasen, mit welchen üieronymus die Erhabenheit der priesterlichen Würde,
die Wichtigkeit nnd den weiten ümfang der dasn erfonlerlea Vorbereitung,
die dem Priester nötigen Tugenden und die hocherhabenen, schwerai
liegenheiton des priestorlichen Amtes schildert. Die Bildunj?^ cles HeraaiMI
durch die schwersten Tugenden ist da niuht minder crheibcht wie dfo
Bildung des Verstandet durch alle Arten von Wiisensdiaft lUn darf
beim I'rifster niebt fragen, was ist ihm notwendig; .nan miifs da vielmehr
fra{,'en, w;is ist ihm nicht notwendig. Profan Wissenschaft j^'ozienit sich
iVir den Priester ebenso gut wie die eigentl. theologisoho Wissenschaft.
Der Verfasser charakterisiert kurz, aber treffend dio Frage nach dem
Kutzi 11 ler heidnischen Autoren tiir (I mi Trii ster. Dies steht ja nicht in
Frage, ob (iberhaupt <lie sog. klassischen Autoren gelesen werden sollen.
Wer die« bestreiten wollte, wftrde ddi mit dem ganzen ehrietl. Altertum
nnd mit der ganzen Scholastik, den Aquinateft an der Spitze, in Widern
Spruch setzen. Aber dies ist verkehrt, dafs man die klassiseljen Autoren
zur Grundlage aller weiteren Entwicklung im Schüler macheu wüL Das
Chriatentnm soll danach erst sidi aafbaaen aof der sog. klassisehen Rüdung.
Wollte man der Weisung folgen, die der hl. Hieronymus gibt und zuerst
das Herz und den Verstand des Knaben stufonweiso durch di-> Wahrlieiten
der heil. Schriften bilden, wie dies von unserm XirchenleLirei 6. 22 ge-
schildert wird, so wiirde daa Stodinm dos klassischen Altertums vielmehr den
Gesichtspunkt les Scbfilers erweitern, als dafs es denselben j' t^t -ft beengt
und ihn von der Wertschätzung der Übernatürlichen Offenbarung abzieht.
Der Sebikler wttrde den Sinn auifassen, welcher den mjthologiiehen IdNML
des Altertums, gemäb dessen ernstesten Vertretern selbttr, iattSunHint, w&lii«nd
er jetzt oft genug nur das Läppische und T'^nreine ui selbigNi behilt ttnd
allmählich sein eigenes Uorz dadurch verdirbt.
Es ist vellständiii^ Terfebli. unreifen Kindern als Geistesnahning Ideeen,
dio sich im Ovid ..der auch im Horner <AeT Virgil finden, z'i bieten; es
mlUste d'»n!i damit zum mindesten Hand in Hand 'j-'^h'Mi, und zwar niif
Seiten ein und denselben Lehrers, die ernste unu an^iehentle i:.infithruug m
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Sttzungüberidit der St ThomaB-Akademie.
123
die Rchöoea Wahrheiten des Chhätentums, wie solche in den h. Schriften
nad in il«o Büchern der Väter sich find«. Oegen das klaaaia^ Heidon-
tum, welches so viel fnuhtbare Ideeeo, einzig mit Hilfo der natttri. Vor
nanft, erkannt hat und in gewähltester, unerreicht dastehender Form vor-
iat niemand« der von wahrhaft katholischem Geiste erfüllt i«t. Aber
gwen das verdorbene Heidentum, gegen welches die ersten Leuchten
selber der heidnisr^h' n Wnsenschaft und Kunst gekämpft li.iben, mufa sieh
lader Cbnat und jegUcher, der den fortscbritt des Menschengesohiedits
liebt, mit aller Eiäft wenden. Diews verdorben» Heidentan beateht daiio,
dafä man den Menschen abschliefsen will gegen alles Höhere, Geistige; und
besonders heutzutage besteht es darin, dafs man die sogen, klassischen
Autoren mit aller Gewalt in Gegensatz bringt zum Christentum und somit
aum wenifcsten die gröfsto Indiffereuz gegen die Olfenbamng ans ihnen
schöpft, w ilii * ri l loch in Waiirlieit die I>ehren dieser letzti^ren die Samen*
kömer der natürlichen Vernunft nur befruchten können und zu höherem
Leben befähigen.
Hiavonymus leUMr war ja in der ganzen klassischen Litteratur. wie
kanm je einer, bewandert Aber i)un diente sie, um desto höht>r zu schätzen
die Weisheit Christi, wdoh« berufen war, der schönen form der Alten erst
iluwi «ogeoieeaenen, den ICenioliengeiat beeeligonden Inhalt zu gehen.
£a wäre sehr zu wünschen, dafs solche Aussprüche über das katholische
Pri«®terarat und dessen erhabene Obliegenheiten auch aus andern Vfitern
gesammelt würden. Derartige Arlnnten wurden geeignet sein, jenen Geist
echt priesterlicher Opferwilligkeit und innerlicher Unabhängigkeit wieder zn
entzünden, welcher in den Jahrhunderten der grofsen christliche:! V t^r
so Btouuenawertes laistete. Der Herr Verf. hat sich durch seine Schrift
Anapmeh aof Dankbarkeit ron selten eines jeden Priesters erworben.
noiatoif, Commeni, Kieia Sehleiden.
SiUugsbericbt der St. TlieHas-Akadeaie in Luxem. 1889
und ibm
Das genannte Institut hielt im Jahre 1339 sielten Sit/.iiii;:en : drei
öffentlirho. vr. 1- fieia nicht nur die Aktiv-, sondern auch die P is-iv-Afir.'li ler
an denen nur die Aktirmi^lieder sich beteiligen. Die erste dffentliehe
Bitzung fand im grofeen Saale des Priesterseminars statt den 12. März.
An derselben hielt der Hochw. Herr Vice-Präses Portmann, Prof. theol.. einen
Vortrag über „Freiheit und Toleranz" nach den Grundsätzen der EncjkUka
Panst Lee Xm. „de lihertate hwnana*' (vd. KathoL 8ehw«lMr>Blitter 1880.
2. Heft . — In der zweiten öffentlichen Sitzung, den 18. Juni, hielt Hoehw.
Herr Pfarrer Bieri von Komoos einen Vortra*^ über .. h'f ^V^ltsf■h^•pfung aus
Xichts nach der Lehre des hl. Thomas". (S. cout. Guat. i. il. c 15. lü.)
fir aaigte dahei, wie der hl. Lehrer die Irrtümer des modernen iMaterialia»
mu8 zum roraus wid* rli -t hat (vd. KathoL Schwz.-Bl. 1890. 1. Heft). —
Hieran sohlofs sich eiu Vortrag vom Hochw. Herrn Präses N. Kaufmann,
Pkiof. philoa., fiber Giordano Bruno, sem Leben und seine Lriire. DerVor>
tragende wies nach, dafs die Lehre des von d^ Freidenkem gefeiorten
Bruno eine Verbindung des materialistiscben Hylozoismus mit pantbeisti!^eher
Afteimjrstik enthalt, und der tiefere Grund der Bruno-Feier in Kom darin zu
sadien ist, dab derNolaiMr als YorUnfer dea modernen Monismoa hetnohtet
wird. „Viß moniitiiefae Wisseoichaft in Dentsehlasd erkennt im Pantheismna
Ur. C. M, Schneider.
124 Sitzungabeiidit dei St. TliODi«>>Aka(l«niiei
G. BmiKMi die antizipierte modernfl Naturphilosophie", so schrieb dar
bekannte Danvinianer Professor Hiickel an das romische Festkomitee, an
dessen Spitze der Materialist Moleschott stand ivd. Xatb. ächwz.-Bi 1889.
8. H«Ai). — "bk dar diittao Mfenflidian Sitiung, den 96. November, spradi der
HcM.hw. Herr Sekretär Thürinp, Prof. theo!., über „das Autoiititaprincip in
der meneclilichen Ciesellschaft". fS. th. II. II. Qu. 104 u. 105 Kr zeigte,
wie wichtig die Betonung des Äutuiitätsprincipa gegenüber den modernen
Umsturztheorieen der Sozialdemokraten ist. — Ferner trug der Hodiw. Herr
Pf irrnr GfOtcr von Ballwil vor Aber „die MonOetotiatik und ihr« Bedeu-
tung iür die bozialethik**.
la den Sitsmigeb der AktiTmitglieder wurde der Dii|ratetioii Ober daa
jeweilen vorgetragene Thema besondere Aufmerksamkeit geschenkt, während
in den öffentliehen Sitzungen in der Rorrel keine Diskussionen frebilteo
werden. In der Sitzung vom 2ö. Januar referierte Herr Portmanu über
die Encyklika Leo XHL ,J>e Ubertate hnmana" ; er zeigte dabei, wie sehr
die T/'hren Aquinaten vom Oberbaupte der Kirche in diesf r hrrrlif hf^n
Kundgebung des nhilosophisch und theologiaGh hoohgelnldeten Pap6tes
berfldEeieht^t weraen. Den 8. Apifl leferfeite Herr Thfiäng In Fettaeteoag
der letztjähngon Erörterungen in betreff der Anthropologie des hl. Thomas
über dessen Lehre von den menschlichen Seelen vermögen inj all^'emeinen
^. th. 1. i^u. 77 u. 7ÖJ. — Den 29. Oktober hielt Herr Portinann einen
Vortrag ftber daa System in den Quaestiones disputatae dee hl. Thomas.
Dieser Vortrriir. 'Icn der Verfasser in erweiterter Form in dieser Zeitschrift
zu veröffentlichen gedenkt, wird ohne Zweifel anr^n zum Studium des
bedentnngevolien Werkea, diu oft weniger berCkikrieht^ wird ala dS» beMen
Summen des hl. Lehrers. — Endlich in der Sitzung vom 27. November
sprach Herr X. Kaufmann über den Positivismus des französischen Phi-
losophen August Comte. (Veröffentlicht in den Kathol. Schweizer-Bl&ttem
1880. 2. Hft.)
Im Jahro 1890 wurden acht Sitzungen Imlton : Irri öffentliche und
f{lnf der Aktiv-Mitglieder. In der ersten öffentlichen iSitzung, den 11. Mära,
apraflli Herr Portmann Aber „den höchstro Abschlofs der menaoUiehen
^kenntnis nach der Lehre des hL Thomas". (S. theol. L Qu. 88.) — In
der zweiten Sitzung, den 17. Juni, sprach Hochw. Herr Seminarregens
Segesser, Prof. theol, über „die Bestimmung des Menschen*', „de fine
houinb" (8. ÜieoL L H. Qa. 1—6); Herr Qrlter trug sodann die Fort-
=rt?ung seiner Arli^^it fiber die Moralstatistik vor. — In d-'-r flritt^n 5ffont-
lichen Sitzung, den 18. November, führte Herr Thünng die Lehre des
Aquinaten fiMr die Willensfreiheit vor „de libero arbitrio". (S. theol. I.
Qu. 88. ef. I. II. Qu. 10.) £r widerWte dabei auch die Einwürle modemer
Gegner, — Sodann referierte Herr N. Kaufmann über die Sitxnng der
philosophischen Sektion der Görres-Gesellschaft zu Augsburg, den 8. Sept
1890, oeeondera Uber Beinen Vortrag „daa Ksnaalitfttaprindp vnd aeue
Bedouturii; in der Philosophie". (Wird Im philoe. Jabrbndi dar GSnea-
Gesellschaft veröffentlicht werden.)
In den Sitzungen der Aktiv-Mitglieder wurden folgende Themata be-
handelt: In der Sitzung Tom 81. Januar trug Herr Thttring vor über die
intellektiven Vermögen der menschlichen Se^'Te „de potmitiis intellectivis"
(S. tbeoL L Qu. 79); den 28. Februar sprach Herr Ii. Kaufmann über die
Thitigkeiten dee Intellektee (8. theol. f. Qn- 84 ff.) vnd referierle dabei
über seine Kontroverse in botreff der thoraistischen Erkenntnislehre mit
Pfan-f r Isnikrahe (v<l. Philo« Jahrbuch der G.-G.). — Den 17. Juli führte
Herr Piarrer Grüter ein Bild vor von der Kanzelberedsamkeit des be-
itthmten Predigen in der Notre Dane in Fiuia, F. Meneabr« 0. P.; er
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ZeiUcbriftenBebftii.
Migte, wie sehr dieser ICanzelredoer die Lehre des hl. Thomas in seinen
Yintitigm bsrÜdEiiditigt. — Dm 9B. Oktober wurde im AnscblaA an einen
bezüglichen Vortrag des Herrn Thürint,' disputiert über die Lehre dea
A<|uinateTi mn der Willensfreiheit. — Endlich den 16. Dezember gab Herr
jt'yrtiiiaiiii iui Anschlufs an seinen früheren Vortrag über die Quaest. disput.
ein gpeeielles Beferat über die Quaest. „da Veritate".
Möge die St. Thonias-Akademif in Luzem, welche zwar in hrsi hndenen
VerhiÜtiüssen wirkt, aber, wie der Leser aas dem obstebeuden Bericht ent-
mihmaii kann, eine dellwwiifate^ wiesenaehafUiehe Tbätigkeit entfaltet^
onter dem hohen Ftotehtofat der tixdilicbea Lehraotorftftt atettfort beafefloa
gedeihen.
Lazern, im Dezember 1890.
N. Kaufmann, OinoQ.
Pfof. pbiloa^, d. 2. FrfiM«.
Z£iTSCHRIFT£NSCHAU.
Zeitooluriften für Philosophie and spekulative Theologie.
Annales de pMlosophie chreticntie. CXXI, 6. u. 6. Heft, CXXIT,
1. Ueft 1891. M. m-hert: La mütaphysique de V inconscieut 401. Ch.
Charaux: L' Angelus 43(K Ackermann: La notion de liberte chez les
gnnds plülosophes; — chez 8. Thomas et les scolaatiquee (Fortsetzong;
Tgl. Y, 510 diopp!; Jalirb.) 448. Am. Frauchi: Le rritirisme et la scienoe
moderne 497. Ih. DesdomU: La oontradiction radicaie du detenninisme
584. X. €M'Lapruiii€: I* pldloMphie et le temps pvteent 686. A. Sar-
6ms; Des sjmboles mathematiquM qae Ton pourrait employer en logique
553. CXXn, 58. P. Derennea: La dirision des facnltV's de Täme d'apres
les scolastiques 567. A. Ackermann: Les facultes de i ame chez les andens
et chez les modenies 6M. Dornet äe Vorqea: La peroeption et la psycho-
logio thcraisto: des sens externes; de la vue 6. Van den Gheyn: La
dehnition de la reUgion d'apres S. Thomas 36. G. Lechcdas: La geomethe
des espaces u parametre posiüf 75. Mgr. d'Huht ; Besome des Conferences
de Netre-Dame: Lee fondements de la moralite 80.
IMttis Thomas. Vol. IV. (Annus XI) 11. — 14. fasciculus 1891
P. de Grooi: De auctoritate S. Thomae Aqu. 161. 193. A. ItoUlU: Com-
mentiria in quaeationee D. Ühomae 8. tbeoL ni qn. 1—96 (Foraetinng;
Tgl. Y, 510 a. a. 0.) 165. 196. J. S. Chabot: Commentaria in quaestiones
D. Thomae S. theol. I <|u 27—43 (Fortsetzung; TgL V, 610 a. a. 0.) 169.
201. J. It. P.: Quarta via 6. Ihomae ad demonsfarandam Dei existenUam
(Fortsetniag; Y, 510 a. a. 0.) 172. J. B.: De ünraaeolata B. M.
Virguüs oonceptione (Fortsetzung; vgl. Y, 5ln n a. 0.) 174. 21)5. Semeria:
Analjsis actus fidei iuxta Ö. Thomam et iuxta recentiores theologos (Fort-
setzung; Tgl. V, 510 a. a. 0.) 182. 208. Ermoni: Commentarium in
Oposculum S. Thomae Aqu. De Terbo (Fortsetzung; Tgl. Y, 510 a. a. 0.) 177.
Vinati: Belationum df^finitio ft (livi'»io ad meutern S. Thomae 1R5. Krmom:
Existentia dei et philo6ophu6 christianus 214. Becundus conventus oecu«
memeiia doetoram cathonconim 218. Bphemaiidom peitnetantiom de ze
phüoeopbica ac tbtologim annna reoeniio 222.
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126
Neuo Bttcher und derra fiMpredkungmi.
PUloMpblsehes Jahrbuch. IV. Band 2. Heft 1881. Kaufmann:
Das Kaii8alitSte|Mrino{p trad tein» Bedratnng fSr die Pblloeophie (S<^iiCi;
vgl. V, 511 a. a. 0.) 106. GutberUt: Der Kampf um die Willeuafreiheit
(Schlufa: virl X, 255 a. a 0.) 119. Wölfl: Lotees Metapbjraik 138. ThM:
Das FuQdamcuUiiprineip aller Wisseuschaftan 161.
B. Aus Zeitoohriften yermitchten Inhaltes.
Stimmen aus Mnria-Laaeli. XL, 3. H^ft Granärrath: HhA oa-
<iugmatischo Cliristaitimi tSchlufs; vgl. V, 511 a. a. 0.) 274.
Theolo(ri»olie Qnartelaehrift. LXXIII. i. Heft 1891. Schanz: Dia
Kirche und die Bakramcnte 3. Koch: Die Auktorität det hi. Augoatia lO
der Lehre von der Guade und Prädeatiuatiou 95.
NEUE BÜCHER UND DEREN BESPRECHÜNOEN.
Alavx: Le problkna religio ux aa XIXe siMe; bespr. hi den ÄntuUea
de philos. ehret. 121, 696.
BMnmker: Das Problem der Materie in der griechischen Philosophie
(vgl. Y, öli a. a. 0.); bespr. vou Adlhocli im Phüos. Jahrbuch 4» 172;
von Offner fai der Litt. Bmtdtchau 17, 76 (Schliifr).
Baninanii: Geschichte dor riii! '^nphio nach Tdt'Oon<i:ohall und BetreiMo.
ixOth) l'^W; bespr. von Braig ini rhüo<. Jahrbuclt 4, 163.
Dul[>ante: Coii4>6ndiuin theologiae <logmaticae specialis. Trient 1^90;
besprochen ▼on Morgott in der Litt. JRund$duM 17, 108; im AuifutHnm
Vlll.
Dörholt; Die Lehre von der Geuugthuung Christi (fgL Y, 511 a. a. 0.) ;
liespr. TOD Seiler in der Litt. Bundsehau 17, 139; im .^«^lutMiiia Tin, 44.
Klbel: Tlieologia moralis. Pad«it»oni 1881; betpr. In der Litt, Bund'
aeftau 17, 143: im Attgustinus VIIT, 34.
Lehmkuhl: Theologia moralis. 6. Aufl. Freiburg ld90; benpr. im
Auffustinus VlII, 42.
Lorenzell!: Philosophii> thr^oretioae institutiones seciünl'ini doctritias
Ari'itotilis t t 8. Thomae tntditae. Bomae 1890; beaprochea im Dism
Thomas 4, 190.
NaTiUe: Le libn aridtie; be8|v. iu doi A$malw de pMloa. eftrft.
121, 477
iNavUle: La acience et ie materialisme. Paris 1891; bespr. in deo
Annale» de phitoe. t^it. 121, 699.
Pesch: Gott und Götter, fieibuig 1890; beepr. von Gutberiet im
Fkt'/os. Jahrbuch 4, 185.
Preyer: Wissenschaftliche Briefe von Gustav Theodor Fechuer und
W. Prever. Leipzig 1890; bespr. von Pfeiffer im FhitOB. Jährbnek 4, 168.
Schuler: Dor Materialismus. BerUu 1890; beepr. tob Perser in den
Stimmen aus Maria-Laach 40, 343.
Vau den Oheyn: La religion, son origine et sa defiuition. Gand 1891 ;
beepr. in den Annalea de phÜos. ehret. 121, 602.
Werner: Der Paulinism des Irenaus. Marburg 1889; beepr. TOU
Funk in der Theol. Quartatuchriß 73, 151,
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DIE SYSTEMATIK IN DEN QUAKSTIOXKS
DISPUTATAE DES HL. THOMAS VON AQÜIN.
Von Kanonikus Professor A. PORTMANK.
■et
3. Die Quaest. disput.: de veritate uud de potciiLiu-
— Das ausgesprochenftte und grofsartigste System der quaest.
disput bilden nnbedlogt die zwei» auch extensiv gröfsten Ab-
handlnngen de ▼eritate nnd de potentia. Die geschichtHche
Betrachtnog hat gezeigt, dafs die erntere im Anfang der öffent-
lichen Lehrthätigkeit des Heiligen in Parie, die letztere am
Schlufs der^lben eben dort entstanden ist tind gleichsam die
logische Ergänzung der erstem bildet; ebenso daA» von cp. 21
de verilalo an ein panz, neuer Abschnitt de bono beginnt, der
nicht mehr unter deu allgemeinen Titel pafst. iJaruus schlössen
wir, dafs unter den zwei Aufschriften de veritate et potentia
eigentlich drei Abhandlungen enthalten sind: de veritate, de
bonitate oder volantate nnd de potentia , welche von cp. 8 de
potentia an geschlossen werden mit einer Betrachtung der
Trinität, die die drei Potenzen: Macht, Weisheit und Güte in
urhildlichcr Vollkommenheit und persönlich darfitellt. Eine über-
sichlliche Darlegung beweißt nun auch au8 Innern Gründen die
svHtcmatijiiche Zusammengehörigkeit der drei Traktate. Logisch,
nämlich unter dem ( jesichtspnnkt der trinitarischen Urbildlichkeit
würde dabei in erster Linie in Betracht kommen: de potentia,
weil die Uaeht dem Vater appropriiert wird, allein methodische
Gründe lassen nns hier besser historisch vorgehen, um zn sehen,
wie das gante System ans dem ersten Ansatz, sich ergänzend,
heranswächst nnd so kommt zuerst in Betracht:
a) Die qunost. disput. : de veritate. Wie bereits be-
merkt, geht die Abhandlung de veritate eij^ontlich nur bis zu qu. 21
onler besagtem Titel, von wo an dann de bono beginnt; nur bis
hierher wollen wir daher auch hier den (jegenntand betrachten.
Und da zeigt sich denn, dafs dieser Traktat vielleicht die uni*
ver8t3ste Brkenntnislehre ist, die jemals geschrieben wnrde, die
in gewaltigen Konturen die ganze Erkenntnisthatigkett von den
höchsten bis zn den niedrigsten Intelligenzen in absteigender
Beihe zeichnet: in Gott^ seinen Ideen^ dem Logos der Providenz
Jfthrlmdi Ar PUloMpM« «t«. VI. I
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12Ö
Die Systematik in den ^uaestiooes disputatae etc.
und FrädestinatioD, qu. 1-^8; in den Engeln und ihren ab-
«tcigendon Erleuchtung'en und Lokationen, qn. 8 u. J); ira Manschen
und zwar nach seiner iintiirlichen und ubernatiirlichen Erkenntnis-
weise und gegenseitigen Heiehrung: in Vernunft, Glauben, Ekf*ia>e,
uratändliclier und jenseitiger Erkenntnis, qu. 10 — 20; und endlich
in der MeuKchheit Christi, in welcher sich wieder alle abbteigend
betrachtete Erkenntnis der Kreaturen in höchster Einheit sammieU
und mit dem Ausgangspunkt, der göttlichen, hypostatiaoh verbindet,
qu. 30. Dies in kurzen Zügen die grofsartige Konzeption dee Ganzen.
Eingeleitet wird daaeelbe durch eine Abhandlung über die
Wahrheit im allgemeinen, de "veritate, qu. 1. Es wird der
Begriif der Wahrheit bestimmt: sie ist nicht schlechthin identisch
mit dem Sein, sondern bezeichnet eine Beziehung dazu, nämlich
die adaeciualio rei cum iulellectu od. intcllectus cum re (sub-
jektive und objeklivo Wahrheit), a. 1. Man kann nun die ilioge
zunächst auf da» göttliche Denken beziehen. Insofern sie alle
in Gottes Geist ideell vorgebildet sind, ist die Wahrheit primär
in ihm, die göttlichen Ideen sind das Mafe aller Wahrheit^ die
Dinge emd nur ineofem wahr, als sie ihnen entsprechen» and
die menschliche Wahrheit ist erst eine sekundäre, aus den in
den göttlichen Ideen begründeten Dingen entnommene, a. 2. Sie
besteht wesentlich in dem richtigen Urteil, a. 3; darum gibt es
in Mott cig-entllcli nur Kino Wahrheit, im mensclilichen Intellekte
t?oviele als richtige Urteile, a. 4; die \Vahrhf>it der Dinge ist auch
in Goltes Ideen eine ewige, dagegen in dem menschlichen Denken
eine zeitliche und veränderliche; in den Dingen selbst liegt etwas
Ewiges, ihr begriffliches Wetien, und etwas Zeitliches, die kou-
tingente Veränderlichkeit, a. 5 u. 6. Endlich, da alle Wahrheit
der Dinge in Gott begründet ist^ stammt auch alle Wahrheit von
ihm; in der subjektiven Aufbahme derselben dagegen in den
menschlichen Geist, ist zwar kein Irrtum im Sinneneindruk, wohl
aber in dem falschen Urteil des Geistes, a. 8 — 12. Nach dieser
Begriffsbestimmung der Wahrheit von höchsten Gesichtspunkten
aus werden nun die verschiedenen Erkcnntniaweison der Wahr-
heit näher untersucht; zunächst die tJ^iHtliche.
a) Von der göttlichen Eriienntnis, de scientia Dei handeln
qu. 2 — 'S. In kühnem Gedankenflnge crheiit sich hier der heiiisje
Lehrer ^u. den höchsten Ahnungen des absoluteu Erkeuncnb und
betrachtet dasselbe zunächst an und tur sich, qu. 2, dann in der
göttlichen Ideenwelt, qa. 3, die ausgesprochen ist in dem Logos,
qo. 4, und endlich in den Plänen der Vorsehung, qu. 5, und
Prädestination, qu. (>, die gleichsam niedergeschrieben ist in dem
Uber Titae, qu. 7. Auch nur ein flüchtiger Überblick über den
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Die Syitematik in to Quaettiones dispaUtie etc.
129
Inhalt dieser Quästlonen zeigt die Reichhaltigkeit und die lo-
gische Vollständigkeit der grandiosen Untersnchnng.
In qn. 3 de scientia Dei wird einleitend gezeigt, dafs das
göttliche Erkennen real eins ist mit seinem Wesen und dämm
ehenso absolat und uneDdlich wie dieses, a. 1. Dann aber fragt
-es sich nach seinem Objekt; und dieses iet zuerst Gott selbst,
die göttliche Selbsterkenntnis, a. 2, dann das Xreatürliche, a. 3,
und nun wird nachg^cwiesen, he^^ondprn gegen die Avorroisten,
dafs (Jolt auch die einzcluen eigentlichst erkennt, a. 4
u. 5, und nicht nur das, sondern auch alle bloPsen Möglichkeiten,
a. 7 — 11, beijouders dann auch die zukünftig freien Handlungen
der Geschöpfe, a. 12 n. 13, und das Bdse, a. 15, was eben von
den Averroisten geleugnet wurde.
Als im Welfsohöpfer mufs in Gottes Erkenntnis besonders
die Erkenntnis oder der Plan der Weltdinge gelegen sein, die
Betrachtung dessen fährt r.n einer christlichen Ideenlehre.
Qu. 3 behandelt dieselbe viel weitläufiger als die parallele qn, 15
der ^5. theol. Sie umfarst 8 art, wie jene nur 3, insbesondere
wird die gegen ditj platonische Ideenlehre wichtige Frage näher
untersucht, ob die Ideen sich decken mit den Gattung« und
Artbegrilfen oder ob sie auch auf die accidcntia und siugularia
gehen und wird letzteres bejaht, a. 7 u. 8. — Biese göttliche
Selbsterkenntnis nnd Ideenwelt wird nan ausgeproohen im Logos,
und so kommt in diesem Znsammenbang die Logoslehre zur
Sprache, qn. 4. Es wird EunScbst entwickelt, wie die göttliche
Etkenntnis zu einem persönlichen Ausdruck gelangt, a* 1 — 4;
beson !ers schön und tiefsinnig aber ist die Ausführung, welche
die Logoslehre unmittelbar mit der Tdcenlrhro kombiniert: wie
T^Smlich der Vater im Logos den Begritl oder d ( Idee jeglicher
Kreatur aussprir-ht, a. 4 wie die Dinge deshalb sogar wahrer
im Logos al8 in sich selbst sind, a. (), und so in ihm gleichsam
Leben und geistigen, ewigen BtjbLand habeu, a. 8. —
Wird die göttliche Erkenntnis kombiniert zugleich mit dem
Willen, so entsteht daraus die Vorsehung nnd Prädestination,
woTon <(tt. 5—8. Die Lehre von der Providenz, qn. 5, wird hier
nicht in der Ausdehnung gelehrt wie in dem gewaltig konzipierten
Traktat: de gnbernatione rerum der Summ, theol. Doch werden
immerhin einzelne Punkte genauer als dort untersucht, besonders
wie sich die Vorsehung auch auf die vrrnunftloaMn Wo^en aus-
dehne und die Defekte in ihnen keine Instanz gegen jene bilden,
a. 3 — 5, f»pec. (>. Dabei kommt wie in der Summ, der Gedanke
zur AustÜhrung, dafs Gott teilweise uumuieibur die Plane seiner
Vorsehung austührt, teils mittelbar, besonders durch die Engel
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130
Die Systematik in den Quaestiones disputatae etc.
und dies insbesondere auch rücksicbtlich der körperlichen Krea*
turen, a. S — 10. — Die Yorsehung bezüglich des ewigen Heiles-
der vernünftigen Kreaturen wird Prädestination genannt und
daYon handeln qu. () u. 7. Auch diese Abhandlung «timmt so
ziemlich mit der gleichnamigen in der 8amm. theol. I qu. 2^
u. 24, nur bietet die Betrachtung des liber vitae hier 8 wie dort
3 art. und wird iusbesonders das AppropriatioDsverbältniä dem-
selben Kum Logos näher untersucht. ^ 8o wird also in den
QQ. 2 — 8 die Wahrheit und Erkenntnis snnacbst von höchsten
Gesichtspunkten ans in Gott selbst nnd nach all ihren Beaiehnngen
betrachtet: als scientia theoretica in der göttlichen Selbsterkenntnis
und als practica in der Providenz und Prädestination. Von da
steigt nun der hl. Lehrer hinab za der Betrachtung der geschöpf-
lichen Wahrheit und Erkenntnis, und zwar zunächst der obersten
und höchsten in den Engeln.
ß) Die Abhandlung de cognitione angelorum umlalöt qu. S-
u. 9 und gliedert sich in eine Betrachtung der englischen Erkenntnis
an und für sich, qu. 8, und der Milteiluog der Erkeuntais an andere^
qu. 9. — Was den erstem Fnnkt anbeuifit, so werden wesentlich
die gleichen Fragen anfgestellt wie in der S. theoL, nnr ist hier
die Abhandhing über die Gotteserkenntnts eine viel eingehendere
als dort Es bestimmt nämlich der hl. Lehrer die Erkenntnis
der Engel näher nach ihrem Objekt: als Erkenntnis dessen»
was über dem Engel, Gott; dessen, was in ihm, die Selbst-
erkenntnis; und dessen, was unter ihm ist, Mensch und Natur.
Über ihm erkennt der Engel Gott, a. 1 — 6, aber durch seine hlofs
natürlichen Erkenntuiskräfte schaut er nicht eem Wesen, soudtirn
erkennt ihn nur analog, a. 1. Das Wesen Gottes erkennt aucli
der reine Geist wie die Seligen nur durch das lumen gloriae,
ohne es jedoch anch so jemals ganz an begreifen, a^ 2 n. S; in
dieser Gottesschan erkennt nnn der Engel auch die Ideen der
Dinge nnd darch sie mittelbar die Dinge selbst, aber nicht alle,,
sondern nach Mafsgabe der mehr oder weniger vollkommenen
Gotteserkenntnis, a. 4 u. 5. — Die Selbsterkenntois des reinen
Geistes ist eine Selbstdurchschauung seiner einfachen Goisr'^ub-
stanz, a. 6 u. 7 ; die materiellen Dinge aber erkennt er durch
anerschaffene Ideen, und da kommt denn die Theorie von den
anerschaffenen Ideen der Engel zur Entwicklung, ähnlich wie in
der Summe, a. ö — 12. Mit der Aubtuhiuijg, dafs die Geister bei
aller Vollkommenheit ihrer Erkenntnis doch nicht das Zukünftige
nnd die innem Gedanken des Menschen erkennen» a. 12 n. 13,
wird die Grense derselben angegeben. Die ganze Untersnchnng^
wird geschlossen mit der Bestimmung der angustinischen Ans-
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Die Systematik in den Quaestiones disputatae etc. 131
•drücke cognitio matntina und vespertina, *!. i. die englische Er-
keDQtnis der Dini^e dwch die behau der göttlichen Ideen oder
duich die eigeuen ideen, a. 16.
Der leitende tiefsinnige (jedanke über die illuminatio und
iocutio au^eioi'uuj, qu. ist der wie in der buuiLue, dai'ä eine
Erleuehtang imiiMr nar von oben naoh unten ausgeht, aUo Ton
■den hohem Eogelkreieen auf die niedern, die dadurch auch eine
purgatio ab ignorantia erfahren, a. 1—7 u. of. S. theoL L qu. 106.
— V^on der Betrachtung der Erkenntnis der Engel steigt der
■englieohe Lehrer hinab zu der nächetniedem, nämlich derjenigen
•des Menschen.
y) De cog-nitione humana handeln qu. 10 — 20. Es ist
eine vollständige philosophisch tlieologische Erkonntnislehre, aber
auch da wieder nach absteigender Ordnung angelegt: indem
zuerst die Erkenntnis betrachtet wird, die au die nächsthöhere
der Engel angrenzt: de mento, qu. 10, und die Mitteilung der-
-eelbeii an Niederere analog der locutio angelor.: de roagistro,
qu. 11; dann deren hbernatürliohe Erhebung in der prophetia,
-qu* 12 f dem raptns, qu. 13, und dem fldes, qu« 14» hierauf, wieder
abeteigend, die ratio inferior, qu. 15, die synderesis, qu. 16, und
eonacientia, qu. 17, und endlich, noch auf die andern Erkonntnis-
weisen des Men«irhen vor- und rückwärts schauend : de cogni-
tione primi hominis, qu. 1 und de cognitioue auima^^ po'-t mortem,
€}U. in. Es if^t das eine so grolsartige Konzeption drs ganzen
(iegenstandes, gleichsam auf deduktivem Wege abw.uu steigend,
daib wohl keine gewaltiger aut'gclai^ie und uuiversaler gedachte
Erkenntnislebre aufzuweisen «ein dürfte.
Mit der Abhandlong de mente tod der Vernunft^ qu. 10,
■knUpft, wie bemerkt, Thomas unmittelbar an die vorher betrach-
tete oognitio angelor. an, indem nach seiner Ansicht es in der
Natur so geordnet ist, dafs das Höchste der nächslniedern species
der Kreaturen in einer höchsten Analogie an das Niederste der
nächsthöhcrn species anstreift (cf. qu. 15 a. 1). Und so ist ihm
der mens das höchste im menschlichen (jeiste, ilhid quod e8t
uUibsimum in virtutc ipsius, a, 1, darum aber doch nicht, wie
später gezeigt wird (ibid. qu. 15), eine von der ratio spezifisch
verschiedene öeeleupottiuz oder gar im pseudomystischen Sinn
«liquid divinum, sondern das Vermögen der ruhenden, oder nach
Analogie der intuitiven Erkenntnis der Engel, der kontemplativen
Betrachtung der höchsten Wahrheiten nach dem sohliefsenden
induktiven Aufstieg der ratio. Er ist insofern nicht die Seelen-
sobstanz, sondern deren höchste Potenz, a. 1, welche, weil man
ein sinnliches und geistiges Gedächtnis unterscheiden mufs, auch
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132
Die Systematik in den Qaaestioiies ditpotatae etc.
ihre habitue iu sich autbewahrt, a. 2 u. 3. Es wird nun d&!>
Objekt der Verannflerkenntnie beatimint» rfickabhfllcti deeeen^
wae unter ihr ist, das Materielle, was in ihr iat» die 8elbat>
erkenntnis, a. 8. u. 9, und was über Ihr ist, die Gotteeerkenntiii».
Weil die AbetraktioD den Menaoben vom Sinnlicben auBgehl^ eo^
mufB sie auch Materielles erkennen, a. 4 u. 6, aber dasselbe nur
durch die binne und Vorstellung konkret, von sich aus aber
abstrakt auffassen, a. 5. Weil dann der men« oder die Ver-
nuDt't die höchste Seelenpoieiiz ist, so mufs iu ihr»^r höchsten
BetbauguQg, aläo im Gottesgedaoken, vor allem ein Abbild der
Trinit&t gelegen aein, a. 7, und mit ihrem Auge, obwohl ea dnreb
die Sünde verdunkelt ist (a. 9. c 6), vermag der Mensch zwar
nicht Gott zu achauen, a. 11, aber doch mit Gewiübhett eeine
Exiatens zn beweisen, a. 12, dagegen uicht die Dreiheit der gött-
lichen Personen» a. 13. ^ Wie nun die Erlenohtungen der hohem
Eng^cl durch illurainatio und locutio an die niedern mitg'eteilt
werden können, so können die Engel selbst wieder belehrend
ant' den Menschen und der aktuell die Weisheil bei»it£eude
Mensch aui den andern, der dieselbe erst potentiell besitzt, als-
Lehrer erleuchtend einwirken. In diesem Zusammenhang wird
dämm, qu. 11, de magistro abgehandelt^ eine Qoaeatio, welch»
mehr noch als die parallele der 8. theol. I. qu. 117 a. 1 manche
interessante pSdagogische Gesichtspunkte eröffnet.
Immerhin vermag aber doch alle kreatiirlichc Beiehrang den
Menschen nicht über eine blofs natürliche Erkenntnis zu erheben;
das vermag nur Gott durch seine höhere Erleuchtung in Pro-
phetie, raptus, und hdcs und so wird dann in dicBom Gedanken-
gang die höhere, übernatürliche Erkenntnis de« Menschen
betrachtet. Und zwar vurub: de prophetia, qu. 1:^. Die Pro-
phelie ist nächst dem raptns die höchste Erlenohtuug, die der
Mensch hienieden erhalten kann; welche gleichsam die Mitte
hält swiachen der Tisio beatiftca in den Seligen und der gewöhn-
liehen Glaubensgnade, die aber selbst wieder verschiedene Grade
hat. Als mehr in die Theologie gehörend wird der Gegenstand
im allgemeinen weitläufiger in der Summa behandelt, (cf. II. II.
qu. 171 — 175), doch werden einzelne spezielle höchst interessante
Fragen hier einläfslicher besprochen, wie: ob es auch eine nalür
liehe Disposition zur Trophetio gebe, h. 3 u. 4, was abgewiesen
wird; ob der Prophet im Spiegel der Ewigkeit schaue, a. 6, in-
wiefern der menschliehe Geist durch Erleuchtung der Sngel anr
Aufnahme des göttlichen prophetischen Lichtes disponiert werde»
a. 8, und je nach dem Vorherrschen des letztem der prophe-
tische Znstand ein vollkommener sei and dgl. a. 7 — 14; —
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Die Systematik iu deu Quaestiones disputaiae etc.
13a
Hüher noch als in der Proplietie ist die übernatürliche Erleuchtung
im raptu8, in der „Entrück nn^", qu. 13, a. 1 — 5. Im Begriff
„EntrückuDg" liegt die abstraciio a senBibuB und die momentane
visio beaUfica. Nach 2 Cor. 12. 2 hatte dioBc der hl. Paulus,
und es ist nicht konYenient für ihn, den VdlkerapoBtel, dies nicht
anzanehmen, wo schon etwas Ähnliches yom grdJsten Propheten
des Alten Bundes« Moses, angenommen werden muls, nach Nnm,
12. 8. — Der gewöhnliche Grad der übernatürlichen Erleucbtung-
endlich ist der Glaube. Die Untersuchung de fide qu. 14 be-
hrindelt, wie das flir eine Erkenntnislehre entsprechend ist, hier
mehr uur die psychologische und noetische Seite des Gegen-
standes und entspricht insofern besonderB der qu. 1, 2 u. 4,
der gleichnamigen Abhandlung iu der S. th. iL IL, wu aauebeu
dann mehr noch die theologischen und moralischen Fragen zur
Betraobtnng kommen. Dagegen sind dann die psychologischen
Fragen hier am so weltlänfiger nnd einlSfilieher besprochen : Es
wird die Definition, credere est cum asseusu cogitare, begründet^
a. 1, die Bestimmung des Glaubens Uebr. 11, 1 fides est sub*
•>taijtia rcnim sperandarum, argumentum non apparf^ntium speku-
lativ gerechtfertigt, a. 2, die Scelcnpotunz , die Trägerin des
Glaubens ist, bestimmt, a. 4, die Freiheit desselbeu verteidigt
a 3, diu Frage über lebendigen und toten Glauben lichtvoll
erörtert, a. 5, G u. 7, bei der Bestimmung des Objektes des
Glaubens, a. 8, besonders auch die Kontroverse disputiert utmm
fides possit esse de rebus soitis, was Thomas negiert, a. 9, und
endlich wird die Notwendigkeit des Glaubens sum Heile, und
zwar eines mehr oder weniger cxpliciten, bewiesen, a. 10 u. 11^
wo dann auch die tröstliche Entwicklung vorkommt, dafs Gottes
Vorsehung jedem Menschen, auch dem Heiden, die notwendigen
Stücke des Glaubens vermittle vel per internam inspiralionem,
vel per ali([uem fidei prae<licatüreni, et", a. 11 ad. 1. Der Glaube
aber ist durch ailc Zeiten derwelbe: die wahre Keligion in der
▼or- und nachchristUohen Zeit, die nur in der Zahl der Offen-
barungen nnd deren Definitionen gewachsen, sich aber nicht
innerlich Terandert hat, a. 12.
Nachdem so die übernatürliche Erleuchtung nnd Ergänzung
des höchsten intellektiven Teiles des Menschen, des mens, er-
örtert ist, steigt der hl. Thema«* zur Betrachtung des niedcrn
Teiles des Intellektes, nämlich des Verstandes hinab in der
qu. 15 de superiori et inferiori ratione. Er fuhrt aber da e"leich
aug, waä gegen alle Fseudomystik wichtig ist, dai's au und lur bich
Verstand und Vernunft nicht verschiedene Seelenvermögen, sondern
nur Terschiedene Bethätigungen derselben Potenz sind, insofern
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134 Die Systematik in den Quaestioaes disputatae etc.
man nämlich das abstrakte Denken und Sohlleftien Veretand, die
kontemplative Betrachtung der xu höchst erschlossenen Wahr-
heiten oder (las höchste Schlieftien und Denken Vernunft nennt,
a. 1 11. 2. In diesem Ziisurarnenhaug wird dann die Entwicklung-
des Erkenntnisprozesses geschildert und besonders im Verhältnis
zu Engel und ^atur der Gedanke ausgeführt, dafä im Meubcheo
die Erkeuutnis der Dinge über und unter ihm sei: per modum
cognoacentit. Weil nun bo der Verstand mehr auf das Irdische
und damit auch auf die praktische Thätigkeit geht, so kommt
deswegen wohl hier auch die Frage auf die moralische Impa>
tabiiität der iotellektiven Thätigkeit, a. 3, utrum in ratione supe-
riori vel inferiori possit esse peccatnm etc., a. 4 u. 5; und das
leitet dann konsequent über zu der Abhandlung-: de syndi-resi
et ci»nscientia, indem »ich hier eine Krkenutnisthätigkeit rück-
aichUith der ojierabilia gleitend nmeht.
Die Synderesis qu. lü oder das moralische liewuletseiu
ist der habitus der obersten moralischen Prinzipien, anal<^ dem
habitas der oberBten Denkgesetze. Zu beiden gelangt der Mensch
mit einer gewissen Unmätelbarkeit, nicht so fast durch diskur*
sives Denken, und hat insofern, wie mit dem mens, wieder etwas
an die nächsthöhere Erkenntnisstufe der Engel analog Angren-
zendes: „CS hat die Menschenseeio in dem, was in ihr das Höchste
ist, etwas, womit sie an-riLift an das, was sonst der Eogelsuatur
eigen ist, dafs sie mim lieh einiges unmittelbar und ohne Unter-
suchung erkennt" und dahin gcliörl eben auch die Erkenutui»
von Gut und Bös, a. 1. Und wie es io den obersten Denk*
Prinzipien keinen Irrtum geben kann, sondern erst in deren
Anwendung, so ist auch in der Sjnderesis keine Sünde, sie zieht
immer zum Guten et remurmurat malo, widerstrebt dem Bösen.
Sie ist insofern eines jener welterhaltenden und ordnenden
Prinzipe, die ein Reflex der unabänderlichen lex aetcrna sind
und in der so selbst etwas Ewiges liegt, a. 2. Sic kann darum
auch niemals im Menschen ganz, ausgelÖHclit oder veriilgt werden
a. 3. — Diu Auwendung der obersten moralischen Prinzipien
auf den einzelnen Fall aber besorgt das Gewissen. De consci-
entia handelt darum qu. 17. In ihm kann nun allerdings ein
Irrtum eintreten, wie auch die Denkgesetze im Schlüsse falsch
angewendet werden können, aber auch die scientia erronea Ist
bindend, a. 1—5.
Nachdem im Bisherigen die Erkenntnis des Menschen be-
stimmt worden ist, wie sie sich verhält itn gegenwärtigen Zu?;tand,
erübrigt noch, dii sL'lbt! zu bestimmen in wesentlich verschiedeneu
Zuständen^ und das ist vor dem jetzigeu der Urständ, und nach
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Die Systematik in den Quaestioacs dispuutae etc.
135
dem jr tzigöD der ZuBtaod der abgeschiedenen Seelen. Von ersterm
haadelt: qu. 18 de cognitione primi hominiä in statu
innocentiae. Nun ist gewifs, dafs die Erkenntois dos ersten
Men^chell eine vollkommenere war, als die des jetzt geborenen;
und zwar eine vollkoinmenere übernatürliche wegen der hohem
(juadenerieuchtung; uud eine vollkommenere nalürliclic wegeu der
Stellung^ Adams als Erzieher der Menschheit Immerhin hat er
aber doch nicht das Wesen Gottes geschaut, a. sondern er
mtttste ihn nach seiner natürlichen Erkenntnis, wie auch wir darch
die Kreaturen erkennen, doch hatte er daneben nooh eine höhere
Ootteserkenntnis durch Inspiration, die sich aber nicht zur visio
beatifica steigerte, a. 2, insofern fand sich in ihm auch der Glaube,
a. .3. Alb Erzieher der Menscliheit dann niuPste er von dem eine
aktuelle Erkenntnis besitzen, zu was er die Menschheit erziehen
sollte, alf»o immerhin ein(j explicite Erkenntnis von dem, was in
den I)enki)rinzi})iru im]>licile enthalten ist, dagegen nicht von
tlem „was mau aus den ersten i'nnzipien nicht erschliefsen ivauu,
2. B, die zukünftig freien Handlungen", a. 4. Die Engel ver-
mochte Adam, wie Thomas sagt ut mihi videtur, nicht sn schauen,
a. 5, dagegen, weil im Urständ keine corrnptio bestehen konnte,
durfte in seinem Intellekt keine falsitas, kein Irrtum, was eine
corruptio des Intellektes ist, bestehen, und die Verführuog mufs
also bei ihm vom Willen den Anfang genommen haben und dann
erst die Tfinsehung auf den Intellekt übergegangen sein. a. C.
Die Kitulrr Adams würden anrh im niolit gefallenen Zu^trind
der alluiaiilichen Aktualisierung der Erkenntnis durch Erziehung
bedürftig gewc!<en .sLia, a. 7 u. b. —
Der urständlichen Erkenntnis, als der vor dem jetzigen
Zustand y steht gleichsam entgegeu die nach der jetzigen Er-
kenntnisweise, also die Erkenntnis der abgeschtedeoen Seele.
Davon handelt darum die folgende qu. 19 de cognitione
animao post mortem. Weil diese nicht mehr mit dem Körper
verbunden ist, dieser aber dem Denken durch die Phantasmen
oder Vorstellungsbilder gleichsam die Materie subministriert, so
möchte man meinen, sie könne nicht mehr erkennend thatig sein.
Allein die Menschenseele als forma subsistens hat etwas mit den
niodern Katurforraen und etwas mit den Engeln gemein, und
ätwar nach ihrem Abscheid mehr mit den Engeln. Darum ge-
staltet sich dann auch ihre Erkenntnis analog der der Engel:
und vollzieht sich deshalb einerseits mit den beibehaltenen species
intelligibiles, und anderseits durch von Gott eingeprägte Ideen,
a. 1, durch welch letztere besonders sie auch Einzelnes, Konkretes
an erkennen vermsg. a. 2.
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Die SyeteniAtik in den Quaeitiones ditpoUtte etc.
ö) JE^achdem so m absteigender Ordnun^f die Erkenn^nie der
Kreaturen betrachtet worden ist, wird zorn Scblufs gleichsam
noch einmal alles zosammengefiirBt und wie in einen Brennpunkt
gesammelt in der Betrachtung der Erkenntnis der menschlichen
^atur Christi: de seien tia animae Christi, qu. 20. Es ist
darunter selbstverständlich nur zu verstehen die Erkenntnis Christi,
insotern er Mensch ist, nicht eoine AllwisscDheit als fiott, also
die ErkenulDirt der vernünftigen Seele Christi. Eine solclic Er-
kenntnis im Unterschied von der göttlichen im ubur anzunehmen^
weil in ihm neben der vollen göttlioben aoch die vollständige
menschliche Katnr mit Leib und Seele und ihren Betbätigungs-
weisen ansuoehmen ist» a. 1. Diese menschliche Seele Christi
war nun aber von dem ersten Moment der Inkarnation an nicht
nur mit allen natürlichen Gaben, sondern auch mit aller Fülle
der übcrnatiirlif hen (inaden ansgestattet. Deslialb befand sie sich
Hchou hienieden in statu viae in der Anschauung (jottes. Und
so kam Christus eine doppelte Krkenntuisweise auch als Mensch
zu, eine natürliche und eine übernatürliche, und zwar stand die
übernatürliche höber als die Gaben der prophetia, dos raptus und
fides, und die natürliche hoher als die Adams als Ersiehers der
Menschheit Durch die übernatürliche Tollkommene Erleuchtung
schaute und schaut die Seele Christi habituell den Logos, a. 2.
Mit der natürlichen Erkenntnis, deren Vollendung nach einigen
darin bestände, „dafs in der «Seele die Anordnung des ganzen
Kosmos abgebildet wäre*', hatte Christus „eine Wissenschaft (tlinch
göttlic!ip Kingielsung renp. anerschaffener Ideen), die voUkomLuener
war ais die im paradiesischen Urständ und sogar als die der
Engel nach ihrer natürlichen Erkenntnis," a. 3. In der Anschauung
des Logos schaut dann die Seele Christi nach ihrer ttbernatUr-
liehen Erkenntnisweise auch die Ideen der Dinge im Logo», „deshalb
erkennt sie in ihm alles Gegenwärtige, Vergangene und Zukünf*
tige'', a. 4, dagegen, weil selbst die Seele Christi etwas End-
liches ist, erfafst sie nicht alle unendlichen Möglichkeiten der
göttlichen Ideen und ihrer Abbildlichkeiten und erkennt darum
auch nicht alles, was Gott erschaffen und wirken konnte, a. 5.
Und auch mit der natürlichen Erkenntnis reicht zwar die Natur
Christi soweit als überliaupt die jSatur reichen kann, aber nicht
zum Unendlichen, und zum Übernatürlichen nur durch die ge-
^\ schilderte Gnadenerlouohtung und soweit als diese reicht, a. 6. —
Und so erscheint die Erkenntnis der menschlichen Seele Christi ah
der Inbegriff aller kreatürlichen Erkenntnis, sowohl der Engel
als der Menschen, sowohl der natürlichen als der übernatürlichen,
die selbst wieder zurückbiegt wie in einem Zirkel in den Ur>
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Die Systematik in den Quaestioaes disputatae etc. 137
BpriiQg aÜPH Wissens, in (iott, durch die hypostatiscbe Union mit
dem Logus.
Die g-anzc. Erkenntnis der Kreatnren aber alellL sich nach
den AusfuiiruDgcu den gewakig augclegicu Iraktutes dar: als
nichto andere«^ denn als ein kreatftrUoher Ausflufs des göttlichen
Lichtes der Erkenatnis^ der, gleichsam als ein ^leihendes Licht
der Gottheit'', in absteigender Beihe in immer geringerer, be-
schränkterer, diffenzierterer und das Kiedero vom Höhern er-
leuchteter Weise wirkt, bis er sich wieder in Eins sammelt im
MUurokosmos Christus.
h') Die quaent disput.: d o voliint;itc (resp. bonitate).
— Nacbdom im \ üilicrgehenden die Erkenntnis in ihrer
licheD Urbildlichkeit und io ihrer kreaiurlichen Nuchbiltilicükcil
und natürlichen sowie übernatürlichen Verzweigung dargestellt
worden ist, geht der hl. Lehrer mit t^u. 21 auf ein ganz neues
Thema Über, das mit de Tcritate gar nichts au schaffen hat,
sondern das Yon dem andern geistigen Grandvermögen, dem Willen,
und Bwar in seiner Eigenschaft als Streben nach dem Guten
abhandelt und das wir deshalb aas innem nnd ans historischen
Gründen als einen eigenen Traktat von dem de reritate aus-
schieden. Da, WIR sich früher g'ezeigt hat, die allgemeinen Titel
erst später über die (Jiifi»\st. disput. gesteilt worden sind, und
sich der de verifato uilcubar von qu. 21 an als unzutreffend er-
weist, 80 lu huiüü wir uns die Freiheit, mit gleichem oder mit
besserm KechL als diu Frühem dieser Abhandlung eine eigene
Überschrift zu geben, und zwar analog zu de veritate : de volun-
tate oder de bonitate. Die Anlage des Ganzen ist auch innerlich
gaas analog der de veritate: £s wird zuerst der Begriff von
Gut und dem Strebevermögen oder Willen festgestellt, qn. 21
0. 22; dann der Wille in Gott betrachtet, qu. 23, hierauf dessen
^eRchüpfliches Nachbild im Menschen, und zwar vorab in seiner
natürlichen Ausstattung, nach seiner höhern gcisti^'-en Seite, qu, 24.
und nach seiner nifHern sinnlichen ISeite, de sensualitate, qu. 25,
and de passionibu^, qu. 20; dann dessen übernatürliche Erhebung,
qn. 27, de gratia und Heilung, qu. 28, de justificatione impii;
die Abhaudlung wird auch hier gebchlossen aiil der hocUbtcn
kreatfirlichen Zusammenfassung der Willensthätigkeit in Christus,
qn. 29, de gratia Christi —
Wie im Traktat de Tcritate zuerst der Begriff „wahr" fest-
gestellt wurde, weil die Erkenntnis auf das Wahre geht, so also
auch hier einleitend der Begriif „gut'': qu. 21, de bono (in
commnni), indem das Objekt des Willens das Gute ist. Es ent-
spricht die Quaest. der gleichnamigen qu. 5 der S. theol., nur
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138
Die Syttematik In den QuaetUones disputaUe etc.
duls hier einige Fragen geRtcllt werden, die dort nicht, vrie z. B.
ätatt wie dort: utrum bouuiu sit prius 4uaai euä, bu hier: utrum
bonam secundum ratioaem eit prius quam verum, vielleicht gerade
aus dem ayatematiacben Grande, am damit die Abhaadlangp de
bonitate anmitteibaier an die de veritate ansofttgen. Aaob wird
hier» der ganzen deduktiven Entwicklung von höchsten Gesichts-
pankten ans entsprechend, alles Gute als ein Abglanz des Ur-
^ntrn dargestellt: utnim omnia sJnt bona bonitate prima, a. 4.
— im einzelnen wird die Hegrirt'sbestimmung de«^ (^nton nach
althergebrachter Weiae und ähnlic h wie in d. 8. tneol. gegeben:
Gut ist an und tür sich eins mit Sein, nur dals der BegritF gut
noch eine Relation zu Sein hinzufügt, nämlich das „erstrebens*
wert aein", bonam est ens inqaantam est appettbile »vel respectam
perfeotivi", a. 1 ; insofern sind sie Wechaelbegrilfe, oonvertantar,
a. 2, weil das „Erstrebenswerte" die Erkenntnis voraassetzt» so ist
41och ngnt*' begrifflich später als verum, a. 3, lerner weil Sein
und Gut sich decken, so ist alles gut, insofern es Sein hat, nnd
durch sein eigenes Sein, nicht etwa, w^'e der Pantheismus meint,
durch das allgemeine göttliche Sein, wohl aber dnrch Nachbildung
•desselben, a. 4 u. 5, speziell besteht das bonum creaturae in
luodo, »pecie et ordine. a. (). (cl'. S. ih. qu. 5 a. 5).
Indem so das Gute als ein ens inquantnm est appetibile
hingestellt wird, (Uhrt dies nun über an der Betrachtung des
-dem Guten entsprechenden Vermögens. Wie dem verum die
ficientia, so entspricht dem bonam derappetitus boni,der voluntas
eder das Strebe vermögen; davon qa. 22. Schön und tiefsinnig
wird gezeigt, dafs alles irgendwie nach dem Gnten strebt und
darum auc h indirekt aber nicht direkt alles nach Golt, a. 1 u. 2,
dagi'gen eine « igcutliehe Willensthatigkeit im strengen Sinne
tiudet feicii nur in den vcrnüntiigeu Wesen; und so wird dann
im folgenden über die Willensfreiheit abgehandelt, und zwar:
-a. 3 u. 4 über den üoterscbied von Willen und- Intellekt, von
höberm und niederm Strebevermögen; a. 5— 7 ilber die Freiheit
iles Willens; a. 8 über den physischen Einflufs Gottes auf den
Willen; a. über den moralischen EiDflnfs der Kreatur auf den-
selben; a. 10 — 12 über das Verhältnis von Intellekt und Willen
nach ihrer Würdigkeit nnd gegenseitigen Abhängigkeit; a. 13 — 15
über die verschiedenen liethatigungen des Willens : iiitentio, electio,
vuluüLas directa et indirecta. En sind dicb Fra^^i n, die zum Teil
weilläufiger iu der S. theol. 1. qu. 80—83 und I. il. t|u. ü — 17
behandelt werden, wozu sich aber in den quaest disp. wertvolle
Farullel:<tülleo finden.
Nachdem so das StreboTermögen, das dem Guten entopricht
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Die Systematik in den Qjaeitiones diiputatae etc. 139
wie das Erkenntnisvermögen dem Wahren, bestimmt ist, wird
nun die WiUenstbätigkeit, ähnlich wie früher die Erkenntnis, ab-
eteig^end vom höchsten, betrachtet, also zuerst in Gott: qu. 2^
de voluntate Dei. Weil nun das btreben um so freier ist,
je mehr es in einer g:ei8tigen Substanz wurzelt, um so unfreier
je meVir ea im Körperlichen uüd Konkroteu gebunden ist, und
weil die Freiheit des Willens weseutlich die Geistigkeit der
Subatanz zur Voranssetzung bat, so mafä Gott Willen, und
swar als das allergeistigste Wesen, anch den aUerfreieeten Willen
habeo» a 1. üicht an sieh, wohl aber in seinen Wirkungen anf
die Kreatur kann man dann an ihm unterscheiden einen voluntas
antecedens und conseqnens, und einen Tolnntas bcneplaciti und
si^i, d. i. die Willensäufserung, a. 2 u. 3. — Mit dieser Unter-
grheMnng ist bereits das Verhältnis des göttlichen Willens zur
Kreatur angedeutet, und da denn wird des nähern ausgeführt,
dafH der Wille Gottes in seiner Tbiitigkeit auf die Schöpfung
durchaus frei ist, a. 4, dafs er auch wegen seiner 1 liveiauder-
Uchkeit die Freiheit der Kreaturen liiclil aufhebt, a. b. V ergleicht
man nmgekehrl den geschöpf liehen Willen mit dem gdtkliohen»
so hat er för seine Biohtigkeit oder Gerechtigkeit sein 31 afs und
Vorbild im göttUehen, rnnfs sieh aber unter der Leitung der
sekundären Kegel, der Vernunft» demselben frei konformieren,
a. 6—8.
Damit ist nun die Uberleitung gewonnen zur Betrachtung
des kreatürlichcn Willens. Entsprechend der Abhandln nfr de
veritate niiü'stf mm auch hier zuerst der Wille der Engel zur
Bc.«pref linn^-; koiiincn. Gerade da aber zeigt sich, dafs die
AbhuudiüDg de voiuoiate mehr nur eine nachträgliche Ergänzung
zu de veritate und darum kürzer gehalten ist, weil dieser Funkt
übergangen und gleich znr Untersuchung Über den menschlichen
Willen fortgeschritten wird: qu. 24 de libero arbitrlo. Kaoh*
dem in qu. 22 über das Strebeyermögen im allgemeinen und
dessen Binteilnng und Relationen abgehaadelt worden, wird nnn
hier die Anwendung aufs einzelne gemacht und g^ezeigt, dafs wie
in Gott Willen und zwar freier Wille sich findet, so auch im
Menschen, in diesem aber ein höheres und niederes Strebever-
niögen. Von ersterem, dem freien Willen, handelt diese Quaestio,
von letzterem die folgenden zwei. Zuerst wird der Beweis für
die menschliche Willensfreiheit geleistet und dieselbe verglichen
nach unten mit dem Strebeyermögen der vemunftlosen Wesen
und nach oben mit der noch ToUkommenern des absoluten Geistes,
Gotti a 1~4; dann wird das Vermögen näher bestimmt, in
welchem die Willensfreiheit wurzelt» a. 4 — 7. Ein Vermögen
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140 Die Systematik io den Quaestiones disputatae etc.
kann einen habitus zur guten oder bösen Bethätigung sich an*
eignen, darum davon ira folg'cndcn. Weil nun der kreatnrliche
Wille als f-olciier konting'ent und deli.'klibel ist, f^o ist boi ilim
tiicbt Ua« Siindif^en können ausgeschlosäen wie bei Gott, a. 7, und
80 ^v^rd dann untcrsucbt, wie ein guter habitua durch natürliche
und übernatürliche Mittel gowonnon, a. 8 — 10, wie aber auch ein
böser babitns, aber hienieden nicht eine Notwendigkeit snm Sttn-
digen angeeignet werden kann, a. 10 — 12, woraus sich auch er-
^bt, inwiefern die Gnade snm Enthalten von Bosen, a. 12 — 14,
nnd zum Ausüben des Guten notwendig int, a. 11 u. 15.
Von dem f:reiRti{]::pn Slrobevcrmögen oder dorn freien Willen
ist verschieden und tieter stehend das Binnlichf StrfHpvprmögen,
die vis appetitiva eeusibilis. und davon handeln, wieder ubsteigand,
qu. 2t) u. 20 de sensnalitate et passionibus. Die sensualitÄ»
geht aut da» äinolich Angenehme, das delectabile, und inbol'ern Kon-
krete, während der geistige Wille auf das bonnm als solches geht;
insofern steht sie tiefer als die Willensfreiheit» aber hoher als
die Naturnotwendigkeit; nnd man nnterseheidet an ihr eine dop*
pelto Seite, die concupi'^cibiUtas, d. i. da» schlcchthinnige Streben
nach einem sinnlichen Gute, und die irascibilitas, d. i. der Wider-
stand gegen dem erstrebten Gut im Weg-c stehende Hindernisse,
a. 1—4. Da« sinnliche Strebnvermögeu macht sich vorretlexiv
^reitend, darum, solang-t; es dem Urteil der Vernunft vorausgeiit,
kann in seiner unrichtigen Bethätigung uur eine lülHtliche Schuld
liegen, anders dagegen bei vollem Bewnfsteein der Venranft;
dagegen besteht infblge derTTrsände eine corruptio, ein krankhafter
Znstand in der Sinnlichkeit, der ohne Wunder hienieden nie
ganz geheilt wird, a. 4—7. — Der sensualitas entsprechen in
der Seele gewisse passiones, Leidenschaften, qu. 25, day ist eine
Abhängig"keit nnd Verändeningr der Zuständlichkeiten des Leibe?
von der Seele und umgekehrt, weil diese forma und motor
corporis ist; a. 1 — 4. Und zwar untorscheideL man besonders
vier Leidenschaften: HoHoung und Furcht, welche der Irascibi-
litüt, und Freude und Trauer, welche der Concupiscibilität ent-
sprechen, a. 4^6. Von der Vernunft beherrscht und recht geleitet
sind die Leidenschaften als solche noch nichts Böses, sondern
sogar etwas Gutes, die unter Umstfiaden selbst ein höheres Ver-
dienst zur Folge haben, a. 6—8, weswegen sie sieh in ihrer
inkorrupten Gestalt auch in Christus finden, a. 8 — 10.
Wie im Traktat de verilate gezeig-t wurde, dafs die natür-
liche Erkenntnis übernatürlich erhoben wird durch prophetia,
raptus und fides; so wird nun auch hier die übernatürliche Er-
hebung des Willens geschildert. Es geschieht dieselbe durch die
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Die Syatenwlik in den QtiaoBtionei diapnUtae etc.
Ul
Gnade, und so kommt in diesem Znaammenhang die Abhandlung
de gratia, qu. 27 n. 28. £b hat aber die Gnade auf den Willen
eine doppelte Wirkung, eine positive und eine negative: die Heili-
gung und die Rechtfertigung-, und so liarvlelt denn qu. 27 de gratia
Hanctificante und qu. 28 de justificatione impii. — In den Aus-
gaben ist qu. 27 nnr de «2;ratia betitelt; es sollte aber streug
genoininen beifseu: de grutia banctihcauto odur grulum tkciente,
denn nnr von dieser, also von der positiyen Seite der Gnaden-
wirksamkeit handelt die Quaestio. Es wird gezei^^i, wie die
Gnade eine übernatürliche Zugabe zu den natürlichen Gütern
in der Seele de» Begnadigten, aliquid creatum, gleichsam der
Same der einstigen Verklärung; und nicht uur die Gunst Gottes
ist, a. 1, es wird die Kontroverse berührt, inwiefern Gnade und
Liebe Gottes dasselbe seioo, a. 2, es wird als alleinige causa
«fiiciens der Gnade Gott hingestellt, a. 3, während die ordent-
liche causa in^trumentalis derselben die Sakramente sind, a. 4,
endlich wird das Subjekt der Gnade näher bestimmt und als solches
die ganze Seelensnbstanz bezeichnet (cf. Scotist Kontroverse),
a. 5 — 7. — Die negative Wirksamkeit der Gnade int die Sünden-
nachlassung oder die Rechtfertigung. De justificatione impit
handelt darum qu. 28. Es ist die Quaestio ein kurzer Abrife
der Rechtfertigungslehro: Wesen der Rechtfertigung, a. 1 u. 2,
Vorbereitung zur Rechtfertigung, a. 3 — 6, Verhältnis von Recht-
fertigung und Gnadeneingiefsung, n. C^~\\ wo besonders der Ge-
danke ausgeführt wird, dafs logisch und kausal das Frühere die
Eingieikung der heiligmachenden Guade ist, woraus dann die
SündennachlasBung tblgt.
Den Traktat sdiliefst die Abhandlung: de gratia Christi,
qu. 38. Es entspricht das wieder der systematischen Anordnung
der quaest. de veritate. Wie dort in absteigender Ordnung gezeigt
wurde, wie die göttliche Erkenntnis kreatürlich nachgebildet
wird und dann alle geschöpfliche Erkenntnis in Christus sieh
NviediT gleichsam wie in rincm P)i(niupunkt Hammelt und am
volikoninienslen darstellt: so wurde hier im Bisherigen ausg-efuhrt,
wie die göttliche Willensthätigkeit im kreatürlichen ^Streben, ins-
besondere im freien Willen seine geschöpf liehe Nachbildung findet,
und zwar am höchsten in dessen übernatürlicher Erhebung durch
die Gnade; und nun wird wiederum abscbliefsend nachgewiesen,
Nvie der Inbegriff aller Gnade für sich und die Menschheit sich
in Christus findet, so dafs er, auch unter dieser Rücksicht be«
trachtet, nicht nur in der Erkenntnis, nach seiner menschlichen
Natur der Abschluls der Schöpfung ist, in w*elchem sich die in den
vielen Kreaturen zerstreuten Strahlen der göttlichen Abbildlicbkeit
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142
Die S^stemalik in deu Quaestiooes disputatae etc.
wiederum in Eins sammeln. Im einzelnen wird zuerst srezeigt,
daf« in Christus seiner menschlir'heTi Natur nach wegen der
hypoRtatischen Union mit dem Loi^os, sich die Fülle der habi-
tuellen (TQadc findet, so dais er durum schon in statu viae die
visio beatiiica besafs, a. 1 — 4; dann wird Christus betrachtet als
Haupt der Kirche, und ausgeföhrt» wie diese Gnadenfiille nicht nor
für ihn persÖDlicb gegeben ist» sondern Ton ihm als dem Haupte
nun auch hiniiberflutet in seinen mystischen Leib, die Kirche;
a. 4 — 6, und endlich wird dargethan, dafs Christus wegen dieser
seiner Gnadenfiille und hypostatischen Union unendlich verdienst-
liche "Werke vollbring'an und, weil Haupt der Kirche, sie stellvertre-
tend für die Sünden der ^lenschheit Crotl autopfern konnte, a. (5 — 8.
So wird auch diese Abhandlung de voluntale wieder in
universalster Weise durch die Darstellung der höchsten Keg-na-
digung des Willens in Christus abgeschlossen und es erübrige
nan nnr noch, die andere Seite dea Willens, die Macht, in ihrer
gottlichen Urbildlichkeit im Vater and ihrer kreatürlichen Kach-
bildung zu betrachten; dieses aber thut der letste Traktat der
quaest. dispute : de potentia.
c) Die quaesi. disput: de potentia. — Nach den histo-
rischen Ausführungen sind die quaest. disput. de potentia der
Zeit nach '/ulotzt entstanden, nämlich innert den Jahren 12G9 — 71
zu Paris, während «ie in den Ausgaben gewöhnlich an erf?ter
Stelle stehen. Aus der zeitlich spätem Entstehung schlössen wir,
dafs sie als eine Art beabsichtigter Ergänzung zu den quaest.
de veritate zu fassen sind, und das ergibt sich nun auch aus
einer Betrachtung ihres Inhaltes und Gedankenganges. — Die
swei Grundyermögen des Geistes, des göttlichen sowohl wie dea
kreatürlichen, sind Erkenntnis und Willen, und davon handelten
die Traktate: de veritate und de voluntate. Der Wille aber hat
eine doppelte Seite: er ist einerseits Strebe vermögen, Streben
nach einem Gute, und dieses behand(?lten die qunpsr • de volun-
tate; er i-st aber anderseits auch Macht, Kraft, Thatkrafi, Scliöpfer-
und Schallensmacht; und es ist das eine ebenso wichtige Seite
desselben; er ist nicht nur voluntas, sondern auch potentia; im
Krealiirlicheu könnte man vielleicht sagen: ersterem entspricht
besonders die Concnpiecibilität, letsterem die Irascibilität; im
Göttlichen sehen wir das erste besonders dargestellt in der
Liebesthatigkeit der Bauchung des hl Geistes; das zweite in
der Zeugungs- und Schöpfermacht des Täters. Von letzteren^
muffte also noch abgehandelt werden, wenn die grofsen Traktate
de veritate und voluntate ihre vollständige logische Ergänzung
finden sollten, und das Ganze mufate schiiefsen mit einer urbild*-
V
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Die Systematik in den Qnaestiones disputatae etc.
143
liehen BegrtioduDg der drei kreatürlichen Seelenpotenzen in der
Trinität selbst: in der Macht des Vatere, der Weisheit des Sohnes
und der Liebe des hl. Geistee. Diesen Absoblufs aber bietet in
der Tbat der Traktat: de potentia.
In 10 4uaost. wird darin nämlich abgehandelt: zunächst von
der Macht resp. Allmacht Gottes im allgemeinen, qu. 1, de potentia
Dei; dann von der innergöttlicbcn Zeugungsmacht, qu. 2, de po-
tentia generativa in diyinis und von der göttl. 8ohöpfermacht
nach anfaen, qn. S, de creatione, und, qn. 4, de ereatione materiae
in formis; dann von der Allmacht in der Welterhaltung, qn. 5, de
conservatione rerum in esse a Deo; und in der Wnnderwirksam-
keit, qu. 6, de miraculis; das Ganze aber wird abgeschlossen und
gekrönt mit einem Abrifs der Tnnitätslehre, qn. 7, de divinae
essentiae simplicitate, qu. 8 de relationibiis in divinis, qu. i> de
peröooie divinis und qu. 10 de processioDe divinarum personarum.
In qu. 1 de potentia wird wieder zuerst, wie in den andern
zwei Abhandiungen der Begriff von verum und bonum, so hier
der von potentia festgestellt, aber, wie durch den ganzen Traktat
allen bedeutend kürzer, woraus man den ergänzenden Charakter
deeeelben abnehmen kann. „Die potentia liegt Tor allem in dem
Wirken, in der operatio: weil nun Gott reine Wirklichkeit oder
forma, so mufs ihm; vor allem potentia zukommen/' a. 1, und
zwar ist seine Macht eine unendliche oder Allmacht, die nicht
ihre Grenzen, sondern nur ihre Bestimmung hat an dem logisch
und metaj>hysisch ]\!ö^'^l:rhi n, a. 2 — 7. — Am höchsten und voll-
kommensiun bcthätigt sich nun, um vom Allgemeinen zum Ein-
zelnen überzugehen, diese göttliche Wirksamkeit in der inner-
göttlichen Zeugungsmacht, qu. 2, de potentia generativa in divinis.
»In der Natur einer jeden Wirksamkeit liegt es n&mlich, so viel
als möglich sich andern mitzuteilen, auf anderes ttberzugehen;
die gotUiche Natur aber ist reinste Wirklichkeit, und so kommt
ihr auch die Selbstmitteilung am Yollkommensten zu," diese aber
iHt durch Zeugung, a. 1. Nachdem nun diese geistige Zeugung
theologisch näher bestimmt, a. 2 — 5, und als die vollkommenste
Frucht der göttlichen Wirksamkeit uud Allmacht hingestellt
worden ist, a. 5, so wird dieselbe selbst wieder als der Grund
nnd das Vorbild der göttlichen 8chöptermacht dargestellt, a. G,
und damit der Ubergang gewunuen zu:
qu. 3 de creatione. „Die Schöpfung ist die erste Wirkung
der göttlichen Allmacht" heifst es gleich einleitend zu dieser
Qoaestio, und wird damit das Folgende als „Wirkung" der gött-
lichen Macht hingestellt In 19 art. wird abgehandelt über die
Schöpfung aus Nichte, als eine ausschUefsliche Wirkung Gottes
Jabrbach fBr Phtlowphle etc. VI. 9
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14:4 Die Systematik in den Quaestioues disputatae etc.
a. 1 — 7, über das Verhältnis von Schöplung und Entstehung der
Dinge spec. den Ursprung der Seele (Kreatianismus), a. 7 — 13,
(wo auch a. 7 die göttl. AllwirkHümkeit behandelt wirdO: endlich
über die ioi Mittelalter viel kpntrovertierte Frage von der Zeit-
lichkeit der WeltsohöpfliDg» a. 13 — 19. Die folgende qu. 4 de
creatione materiae informiB mit 2 art ist nur als eine Ergänzung
zur TerbergeheDden sa fassen, womit nur um so energischer aller
Dualismus und Hylosoismns zurückgewiesen wird. Erscheint so
die Schöpfung als die erste „Wirkung*' der göttlioben Maohl
nach aufsen, so die Erhaltung: der Dinge als die zweite.
Die iTÖttliche Weltcrhaltung ist gleichsam eine fortgesetzte
Weltschuplung und deshalb eben eine fernere Bethätig^ang der
göttlichen AUoiacht. Qu. 5 de conservatione rerum in ei»ae
bestimmt dieselbe nsher, und swar, a. 1— 5, positiv und negativ:
die Erhaltung» die aus der Kontingens der Weltdioge gefolgert
wird; und die AnnihUationi die nnr die Kehrseite der Erhaltnng
ist, darum auch nur Gott sukommen kann, aus teleologischen
Gründen aber nicht angewendet wird. Von a. 5 — 10 wird daoa
gefragt, ob die Welterhaltuug auch ihr Ende habe, wenigstens
rücksichtlich lies motus coeli, der nach aristotelischer Auffassung
ewig und von dorn überhaupt alle Generation und Korniption
im Sinnlichen abhängig wäre; und da denn kommt gleichsam
die Kehrseite der Frage über die Zeitlichkeit der Weltschöpfuag
in Betracht: nfimlicb, ob dss Ende der Welt ex ratione bewiesen
werden könne, und auch hier neigt sich Thomas der Ansicht an,
dalk wir dSS mehr nur aus dem Glauben wissen, magis fide
tenetnr; eine Meinung, welche die moderne Natarwissensohafk
kanm mehr teilen würde.
Die letzte unralttolbare und ausschlipfsliche Thätigkeit der
göttlichen Allmacht im Kreatürlichen ist die Wunder Wirksamkeit,
und davon handelt noch qu. (5 de miraculis. Es wird Äuuachst
der Bügriff dot> Wunders teätgestcUt: es ist eine unmittelbare
Wirkung der göttlichen Allmacht in der ^'atur. die von dem
gesetsmäfAigea Natnrlanf abgeht, a. 1 — 3. Deshalb können Krea-
turen, Engel oder Heiligte in eigener Kraft nicht Wunder wirken,
sondern nur auf Gebet hin, orando, a. 3; potestatiye aber, d. L
ohne Gebet auf eigenen Befehl hin, durch die Gnadengabe der
Wnnderwirksamkeit. wodurch der göttliche Befehl über die Xatur
durch sie an die Natur vermittelt wird, gleichsam wie das Sonnen-
licht durch die erleuchtetB Lufi an die Erde, ,,und es ist da^
nicht zu verwundern, da ja umgekehrt (iutt auch die Natur ia
< Eine der wichtigsten Stellen in der Kontrorerss Aber die prse*
motio physica.
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Die Sytteoatik io den Qnaeetioae« diapatilM etc.
145
den SakrUDenten snm iDstrament der Gnadenmitteilnng an den
Menschen gebraachen kann," a. 4. Noch weniger als die gaten
GeSsler Yennögen die Dämonen in eigener Kraft eigentlioke Wunder
zn wirken, auch benatzt sie Gott nicht als Werkzeuge seiner
Wunderwirk«?imkf>it wie die Engel und Heili<j'en; dafr»'gen ver-
mögen sie wo^^Lii ihrer höhern natürliclien Kratt lu ier Natur
Wirkungen hervorzubringen, durch Bchnelie Veränderung oder
durch Sinnentäuschung, die dein oberflächlichen Blick des Menschen
als Wunder erscheinen könnten, es aber in Wirklichkeit üjcht
sind, sondern nur Kunststücke, artes oder signa» a. 5. (Hier wird
nton anok mit dem snsammenhängend ein Exkurs eingesohaltet
über die Frage, inwiefern Geister, gute oder böse, Körper an-
nehmen und darin bandeln können oder nicht, a. 6 — 9.) Die
gaine Abhandlang aber wird geschlossen mit der Untersuchung
über die Disposition zum Wunderwirken resp. zu dämonischem
Blendwerk. Die Guten disponiert ein fester Glaube zum Wnndpr-
wirken. insoTfM'n auf denselben hin eher jene Guadt ii;j^ai)e der
BetehlsvermiLthing- an die Natur verliehen wird und bte mäch-
tiger und unabhängiger über der !Natur dastehen, a, iK Die
Bösen aber vermögen durch magische Künste zwar nicht die
D&nonen an awingea und sieb dienstbar an machen; das können
nur der Natur naob über ihnen stehende, also Gott und höhere
Dämonen, wohl aber sieben sie sie damit an, weil ihnen solche
Zaubereien angenehm sind und sie sioh gerne darein mischen, a. 10.
Damit ist die Abhandlung de potentia abgeschlossen. Ent-
sprechend den zwei andern Traktaten: de veritate und de "voluntate
VTHren nun auch hier noch die geschopt lichen Abbilder der gölt-
liehen Macht wie dort der Weisheit und des Willens zu be-
trachten. Thomas übergeht die», um mit qu. 7 — lÜ sogleich,
wiö sich zeigen wird, zu einem gemeinsamen Abschluis aller
drei Abhandlungen durch die Trinitätslehre überzugeben. Auch
daraus ergibt sich der blofs ergänzende und darum kfiraer ge-
haltene Charakter der qaaest de potentia. Es ist su bedauern,
dafs diese Ausführungen sich hier nicht mehr finden, es konnte
dadurch der Traktat mit dem de veritate an Grofsartigkoit wett*
eifern; doch läfst sich durch die Analogie mit jenem immerhin
das Schema für diesen einigermafscn ahnen und andeuten. In
absteigender Reihe würde otl'enbar zunächst in Betracht komnion
die Macht und Kraft der Engel, die ja nach der Bibel besonders
als die potentes virtute erscheinen, und deren Mitwirkung bei
der göttlichen Welt^chöpt'uug und Üegieruug. iJauu tblgte die
Betrachtung, der Nachbildung der göttlichen Alaoht in der Mensch*
heil Als Nachbild der Macht überhaupt würde sich hier dar-
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146 Die Syatematik in Ueo i^uaestiooes diBputaUe etc.
stelien dio potcstas voluntatls als solche; Bpezteli ale Imitation
der potestas geuerativa in divinis (qu. 2) ,,alle Vaterschaft im
Himmel und auf Erden" Eph. 3. 15, insbesoadere die übernatür-
liche in der Regeneration durch die Gnade: ein Schatten der
guttlichen Schöptermacht wäre die arg, die Kunslthutigkcii ues
ilentehen, uad ODdlich ein aoh waches Abbild der göttKehen Welt-
erbaltung und Regierung die Herncberthatigkeit im Irdiaohen;
in der Wnnderwiricaftinkeii aber, wovon der Soblufe der qo. 6
nooh explicite abhandelt, greifl Gott selbst mit seiner Allmaebt
in die Menschheit ein und erhebt den Wunderthäter als sein
Werkzeug zum höchsten Nachbild seiner Macht, wo dann wieder
ChriHtu8 als der Inbegriff krcatürlichcr Macht spec. aU der höchste
Wunderthäter hingestelii werden koante.
Kaohdem mit qu. 6 die Ausführungen de potentia abgeschlossen
Bind, mnra es jedermann auf den ersten Bliek auffallen, wie non
Ton qu. 7 an bis an Ende anf einen Gegenstand übergegangen
wird, der mit der „göttlichen Macht" gar nichts gemein hat Da
wird abgehandelt qu. 7 de divinae ossentiae simplicitate, qu. 8
de relationibus in divinis, qu. 0 de persoois divinis, qu. 10 de
processione divinarum perBonarura. Off'^nbar gehe n diese Dinge
logisch nicht mehr unter den Titel de iiulentia, sowenig aU früher
die de voluntate unter den de veritate, und man hätte somit
auch hier scheinbar das volle iiecht, dafür eine eigene Überschritt
an wählen, etwa: de simplicitate divinae esseatiae et de plnra-
litate personamm. — Allein, die Sache etwas naher besehen,
steht doch dieser Abschlnf« der qnaest disput in einem viel
nähern innerlichen Bezug zu dem Vorhergehenden als man, ober*
flächlich betrachtet, meinen möchte; nur darf man nicht diese
quaestiones nur als einen Alischlufs der quaest. de potentia f\iSf5en,
sondern als einen solchen aller drei Traktetc: de veritato, de
voluntate und de potentia, gleichsam als eine Krönung des grofsen
ganzen Werkes.
£s erhellt das aas Folgendem: Offenbar ist der hl. Lehrer
in den drei Abfaandlnngen tob drei Eigenschaften Gottes ana-
gegangen, dio mit der Trinitat in näohster appropriativer Be-
ziehnng stehen: von der Allmacht, Weisheit und Willen resp.
Liebe, und hat dann auf deduktivem, absteigendem Wege geseigt,
wie sich diese Eigenschaften im Kreatürlichi n bethätigen resp.
geschöpflich nachgebildet werden. Was war nun logisch nfiher
gelegen, als, nachdem gleiciisam die prisiuatische Strahlenbrechung
dieser Eigenschaften im Geschöpflichea nachgewiesen war, diese
Strahlen wieder in Eins zu fassen und zu zeigen, wie sie in
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Die Systematik in den Quaestiones disputatae etc. 147
der gotUichen Einfachheit als wie in ihrem Brennpunkt zusammen-
laufen und in der Trinität ihr höchstes Urbild, ihren Prototypus
finden? So möchten wir dicsß letzten Tier Quaest. nicht so fast
als einen Absehluf^ der qiiarst. de potentia lassen, denn vielmehr
als eioeü solchen aller drei Abhandlungen: de veritate, de volun-
tate und de potentia. Kiue kurze Barateliung des Inhaltes der-
selben Wild das beslätigeo.
Die Qnaeat 7 de divinae ewentiae slmpHeitate mil ihren
11 art. serfallt in drei Teile. Art. 1 — 4 beBtimmt scblechtbin
die Einfachheit dos göttlichen Wesens; art 4 — 8 föhren ans,
dafa in Gott bonum, jastnm et sapiens real eins seien; während
art 6 — 11 die Beziehungen dieses göttlichen einfachen Wesens
zu den Kreaturen bestimmen. Sogleich mufs nun auflallen,
warum gerade für diese drei Ei^^enschaften, das bonura justura
et sapiens, die reale Einheit nachg-e wiesen wird. Es entsprechen
nämlich diese drei Eigenschalieu den bisherigen drei Trakt Ueu:
das sapiens dem de veritato, das bonum dem de vuiuutuiu und
das justum dem de potentia. Es wollen also damit diese im
Vorhergehenden vereinseli betrachteten Eigenschaften wieder in
Eine snsammengefaOit werden, und wahrend früher deren Ah-
bildlichkeit in den Kreaturen nachgewiesen wurde, so wird nun
hier von art 8 an abstrakt und prioci^ell das Verhältnis, die
rclatio der drei Eigenschaften zum Ereatürlichen festgestellt Dafs
die Quaest. de simplicitate divinao cssentiac gerade so angeordnet
ist und nicht anders, wie etwa in der 8umm. theol. I qu. 11,
dürfte wohl deutlich beweisen, dafs dieselbe mit Rücksicht auf
das Vorhergehende und nicht abstrakt und abgesehen davon
geschrieben wurde.
In dem ^chlufoartikel der qu. 7 werden die relatiooes ad
ereatnras als solche temporales genannt An diesen Gedanken
knüpft die folgende qn. 8 an und handelt von den relationes,
qoae dicantur de Deo ab aeterno. Es sind dieselben gleichsam
das Urbild jener zeitlichen zu den Kreaturen. Sie sind real
von einander unterschieden und haben eben deshalb die Drei-
persönlicbkeit der (jottheit zur notwendigen Konsequenz, a. 3
u. 4, — Von diesen Personen hrindelt darum qu. de ^lersonis
diviiH!^. ii-s wird zunächst der rersonenbegriff genau lestgestellt;
das Verhältnis von Person und Substanz, a. 1, der Begritrvon Person
im Luterächied zu jSutur, u. 2, und dann die Anwendung auf die
Trinität gemacht nnd gezeigt, dafs infolge der realen Verschieden-
heit der Relationen eine Mehrpersönlichkeit in Gott aogenommen
werden mnfs, a. 3— 5, die richtig mit Zahlenbegriffen und zwar
mit der Dreiaahl näher bestimmt wird, a. 5 — 9. — Diese Drei-
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148
Die Systematik ia den i^uaeütioues disputatae etc.
persönlichkeit und die reale Verschiedenheit der Kelationea ia
Gott bat aber t>elböt wieder ihren tietera Grund in den sog.
Proceesiones oder Produkten von Erkenntnis und Liebe, und davoa
handelt endlich noch qu. 10 de processione divinarum personamm«
Anch hier wird merst der Begriff Ton proeeMio bestimmti a. 1,
daan gesei§^ wie göttl. Erkenntnis ond Liebe swei innere gei-
stige Produkte haben, a. 2, vrie sich prooessio und relatio zu
einander Terhalton, a. 3, und dann besonders noch den Griechen
gegenüber das filioque im Ansgang* des hl. Geistes bewiesen,
und gezeigt, dafs, wenn man dasselbo aufgeben würde, man auch
nicht mehr den Pcrsonenuuterschied von Geist und 6ohn ieet>
halten könnte, a. 4 u. 5. —
In kurzen Umribbcn wird in dieser W eise hier eine Trioi-
tätslehre snm Scblosee geboten und dieselbe logieoh nnmittelbar
angeschlossen an das Vorhergehende durch die Zutammenstellang
der Begriffe Yon relationes temporales und aetoroales. 6o wenig
nun auch im Binaelnen der qnaest. de trinitato auf den Zusammen-
hang mit den quaest. de potentia et veritate Bezug genommen
wird und joder artic. eine Abhandlnn-r Inr sich zu sein scheint,
so ist doch durch jene Zusammenstellung der ewigen und zeit-
lichen Holationon (iottes das Ganze als solches mit dem Vorigen
verbunden und im Zusammenhang gedacht. Es werden die zeit-
lichen Relationen durch die ewigen begründet und die Weisheit,
Crüte und Macht als suhöehst abgeschlossen dargestellt in den
ewigen Produkten der göttlichen Erkenntnis und Liebe. Damit
aber ist der großartigste Absohl ufs der quaest. disput. de veri»
täte et potentia gewonnen, der sich denken läfst. Gleichsam wie
in einem gotischen Dome die drei Grundformen Kreuz, Spitz-
bogen und IStrebepteiier unzähligcmal durch den ganzen Bau
durchgeführt und variiert sind und alles zuletzt gipfelt und zu-
sauimeuUiuft in der Kreuzblume: so ist in diesen drei gewaliigeu
Traktaten gezeigt, wie die drei göttlicheu Grundeigeuscbafteu :
Allmacht» Weisheit und Liebe in absteigender Reihe im 6e-
schöpflichen immer mannigfaltiger nachgebildet werden, in dem
göttlichen Wesen aber in absoluter Einfachheit bestehen und
hi r in ihrer unendlichen Vollkommenheit und fruchtbaren Über-
lülle zu den persönlichen Produkten der Weisheit und Liebe in
Logos und im hl. Geiste führen. So erscheint dann die Trinität
als der höchste Abschhifs und das ewige Urbild der drei kreatür-
licheu Gruudvermögeu und höchsten Bethätigungsweisen des
Renschen: Macht, Weisheit und Liebe.
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Die Systematik ia üeu (^uaeätioues disputatae etc. 149
Durch die bisherige Analyse der quaest. diep. des hl. Thomas
dürfte sich nun auch aus innern, nicht nur aus Wahrs^fhelnlich-
keits- und äufsern historischen Gründen ergeben habnn, clafs
wirklich in diesen scheinbar lose aneinander gereihten Ahhaud-
luDgeii ein einhtiitlicher Grundgcdunke herrscht, der sie zu drei
einbeitlicheo Systemen znaammenfu^ i , am wenigsten hervortretend
in den quaest diepat: de anina» de epirtnalibna creatoris und
da aoione Verbt incarnati, wo der Gedanke von der nnio das
bindende Moment ist; klar nnd dentlieb in den quaest.: de vir*
tutibna ei malo, die ein kurzes Kompendium der Moral bieten;
grandios nnd in der höchsten Einheit abschliefsend in den quaest.:
de veritate et potentia. Es hat diese kurze Übersicht zugleich
auch bewiesen, dafs die Quaest. disp. ein reiches Material für
Parallelstellen zti der Summ, theol. bieten, EinzcltVa^cn viel weit-
läufiger ausführen und so für da» iSiudium des hl. Thomas nicht
ungangen werden können. Darob die zwei Eigennehaften der
„Unteraoebongen'* aber: die minutiöse Detailarbeit und die ein-
beitliebe großartige Anffassang ersoheint der englische Lehrer
ebensowohl als der gröfste Gelehrte wie als der gröfste Syste-
matiker seiner Zeit und hat, unter dieser Rücksicht betrachtet,
eine gewisse Ähnlichkeit mit den g^rofsen Malern des Mittelalters,
wie mit einem Giotto und Orrairna, die einerseits mit einer fast .
j)einlichen Genauigkeit alle kleinHten Details ihrer Werke au»tiilirlen
und aiiderbeitii in ihren grofsen cyklischeu i)ar;^i:cllungen diese
Details zu einem gewaltigen, Himmel und Erde, Heils- und Welt-
gesohiehte nmfossenden Gassen snsammenfilgten. Halt man end-
lich die Systeme der Qnaeationes aosammen mit den andern der
Snmro. theol., der Somm. pbilof>., des Compendium theol. und
des thomist. „Kateebismns**, so beobachtet man, dafs besonders
zwei Grundgedanken die systematische Weltauffassnng: des enp:-
li«rhen Lehrers beherrscht haben: entweder alles /u betrachleu
imier der Rücksicht der Trinilät: so im Katechiöums, Kompendium
und den (^uaestioues; oder aber unter der Rücksicht der Tri-
nität und Cbritiiologie: von Gott, durch Citristu», zu Gott, so in
der 6nmm, tbeol. und pbikie. Höchte nnsere Zeit bei ihrer
weitgebenden Detailforschung in der Wissenschaft an dieser ge-
waltigen Systematik des Aquinaten lernen, oenerdings das Viele
nad Einaelne zu einem einheitlichen Ganzen znsammenznfögen,
von einem einheitlichen höhern Gesichtspunkte ans zu betrachten,
der auch jetzt noch kein anderer sein kann als der des hl. Thomas:
der des ohristiichea Lehrbegriües.
-9— <{ig>—
ZUR RELIGIONSPHILOSOPHIE. *
Von Dr. M. GLOSSNER.
Im Gegeusatz zu Webers Dualismiu vertritt die BeUgions-
Philosophie Vatke» den Standpunkt des paDtheistischen Monismus.
Trotz gelegentlicher Folemik gegen Uegel vermag sie doch die
Abhäng'ig'keit von dem ^'ewakig-on Logiker do« Pantheismus nicht
zu verleugnen. Ea ist daher auch die vorg-ebiiche vollständige
Voraussetzungslosigkeit und Freiheit von jeder Autorität und
Tradition leerer Schein ; denn es wird nicht blola ein Gegebenes,
aU zu durchdringendes und zu bcgreituodcs Material der religions-
philosophischen Forscliang (S. 1 f.), soDdern ein beatimmter philo*
sophiseher Standpunkt vorausgesetzt, der an den Antor daicb
»^Tradition" gekommen ist^ und an dem er wie an einer nnan-
tastbaren „Autorität" festhält
Zwar sucht Y. seinen philosophischen Standpunkt zu recht-
fertigen und der gesamte erste Teil der umfangreichen Schrift
ist diesem Versuche gewidmet. Wie nämlich Weber seine
dualistische Rechtfertigung des Christentums, bü baut auch V.
seine monistische Auffassung und Kritik der ileligion im allge-
meinen und des Christentums im besondern auf der Grundlage
einer bestimmten Erkenntnistheorie auf. Als die richtige
Erkenntnistheorie aber gilt ihm eben nur die aonlstisehe. Die
Hauptdifferens aller pfailophiachen Sjateme und unmittelbar aller
Religionen liege in der verschiedenen Darstellung des Verhalt'
nisses des Idealen und Realen. Der SchöpfungsbegrifT sei nicht
philosophisch» denn die l*hilosophie habe niebt mit Wundem su
thun. Allgemein (?) verstehe man unter real das Auscinander-
seiende, im Raum Erscheinende. Reales und Ideales aber seien
untrennbar, nach dem Tode uiiisse die Seele wenigatens einen
neuen Leib haben, ,,da eine nackte Soole auch in der Religion
nicht denkbar ist". Am nächsten sei daher öchelling der Wahr-
heit gekommen, sofern er bestrebt war, Ideales und Reales so
zu fassen, dalk eines das andere als Ifoment an sich hat. (8. 24.)
Geistiges und Materielles, Form und Stoff sind sonach im Frinoip
> Wilhelm Vatkes Religionsphilosophie. — Religionsphilosopbie
von Dr. L. W. E. Rauwenhoff, weilaiu! Professor in Leiden. Übersetit
und herausgegeb. von Dr. Hanne. lödU. Vgl. Pfl ei derer, die religions-
pbiloiophtscben Werke von Rauwenhoff und Marthiean. Jahrbttcher
fOr protettantigcke Theologi«: 1888. 1. Heft S. 1 ff.
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Zur Beligiostphilotoplile.
151
ein und daaselbew Wenn man in der Vorskallun^ Gottes in ganz
Abstrakter Auffassung ein Ideales (d. b. nach unserem Sprach*
gebrauch ein reines Geistwesen) sehen wolle, ro spreche dagegen
der lebendig» Zusammenhang Gottes mit der Welt; die Erfahrung
gebe UHR ein solches abstrakt göttliches Wesen nicht, erfahrunga-
mafsig kennen wir Gottes Offenbarung- in der Welt. (S, 30.) Diese
Äufserungen lauten charakteristisch genug:. Nur Erlahrnnpscr-
kennen ist reales Erkennen und gibt über Dasein und W i kli !i
keit Aufschiufs. 2s uu haben wir weder von reinem (juisLseiu
noch von einer Schöpfung aus Nichts Erfahrungs-, d. i. intaitiTC
Erkenntnis, also wird durch keinen dieser beiden Begriffe etwas
real Denkbares erkannt Diese der nenereu Philosophie eigen-
tümlichen ,«PrincipieD'' gelten als ausgemachte Wahrheiten und
bilden die leitende Norm für die folgende erkenntnistheoretische
l>arstellnug, die wir in den flüchtigsten Umrissen kenn-
Zffichncn wollen. Die tntersuchting zcrtalll' in empirische Psy-
cholojjfic und metaphysische Principienlehro. Obg-leich dor Vrf.
die Wahrnehmung von der Vorstellung, mit d<;r man sie von
Carte.sius bis Kant vermischt habe, unterscheidet, so tafst er
dach da.s Wahruehmeu als getrübtes Vursiellen aut' und stellt
sich auch hierin auf die Seite des philosophischen Rationalismus.
Bewurstsein ist Selbstrermittlung eines Aligemeinen durch ein
Besonderes. Denken und Erkennen sind Tcrschieden» Anschauung
ist der eigentliche Ausgangspunkt bei allem Erkennen.
Die metaphysische Erklärung- des Erkenntnisprocesses um-
fafot den Grund des Bewufstseins, das Verhältnis des Uewufst-
seins in der Sinnenlhiitigkeit zur objektiven Welt, Raum und
Zeit, die Kategorien, schlicfslicli die Zusammenfassung des Ganzen
als Inhalt der sich selbst vermittelnden Vernunft. V.
bekämpll den kritisch skeptischen Idealismus, gibt aber zu, dafs
die iiJinne das Objekt assimiliereud (wie Ahuliches im Verdauung»»
procefs geschieht) verSndem, dagegen unterscheide der Verstand
Subjekt und Objekt und erkenne nicht nur die Erscheinung,
sondern auch das Ansicb. Man könnte fragen, ob nicht im
Etenken der Gegenstand ebenfalls verändert werde, und wenn
nicht, wie wir darüber Gewifsheit haben können? V. entgeht
auch in der That nicht dem Idealismus, denn die sich selbst
▼ermittelnde Vernunft ist keineswegs das Ansich der Dinge.
neircii Kant werdeu die Begritllichkeit und Objektivität von
Raum 11 n 1 Zeit, fcovvie die Objektivität der Kategorien verteidigt.
Treffend in geschichtlicher Beziehung ist die Bemerkung, Kant
habe Wolffs Einteilung der Metaphysik — Seele, W^elt und
Gott au „Ideen** erhoben.
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Zar Eeligionsphllosophie.
An die Darstellung der Erkenntnislehrc schliefst sich
zweiter At bohuitt der Vorbereitung eine ßynlhetische Eütwickluog
der Principien alles Seins und alles Wissens- Drei üntersuchun-
gen »iüd darin eingeschloesen 1. über die einfachen Principien,
2. die konkreten Dinge und ihr g^genseitigee Verhältnis, 3. die
höheren Einheiten. Die einfachen Principien sind das Sein
und die Existens mit ihren Formen Quantität, Qualität, Bewegung,
£xietierende8 Sein hesteht nur in Abhängigkeit von denkenden
Weben-, Bewegung aber findet sich auch im absoluten Sein, denn
auch dieses raufs in den Procefs der Entwicklung", hUo der Ver-
änderung eintreten. Die konkreten Dinge kommen nach den
Kategorien von Substanz, Ursache nnd Wechselwirkung in Be-
tracht; keine Substanz ohne Accidenzen, weshalb die höchste
Einheit nicht (mit Spinoza) aU Substanz begritlen werden könne.
Vom Standpunkt der Kausalität und Wechselwirkung sei ein
allgemeiner notwendiger, jeden Zn&U ausschliefsender Znsammen*
bang ansanehmen, wiewohl der höhere Standpnnkt der folgenden
ITntersoohnng die Begriffe des Zwecks nnd der Freiheit fordere.
Die höheren Einheitsfbrmen nämlich seien: Zweckbestimmung,
die Thätigkeit der Universalien und die Einheit des Unbedingten.
Di ' Telf'olog'ie des Verfassers ist die pantheistische, die
sich weigert, den letzten Schritt in dies^er Richtung zu thun,
nämlich auf eine selbstbowufste, zwecksetzeudc Intelligenz über
der Natur zu schliefsen; denn nnbewnfste, immanente Zweck-
ihuii^koit, wie sie den Organismen zukumint uud auch im
tierischen Instinkte sich ünfeert, kann ohne ein sie begründendes
swecksetsendes Denken nnd dieses nicht ohne Bewufstsein be-
gfriffen werden. — Dagegen nimmt der Verfasser mit Recht an,
dafs das ganze Universum zweckmäfsig gestaltet sein müsse,
da die zweckmäfsige Entwicklung der Organismen vom Vor-
handensein geeigneter Mittel abhängig ist. Aufserdem aber
führt zu derselben Auffassung der Begrifi der wesentlichen
Form, iintf^r den auch die unorganischen Körper fallen und den
V. st'lhst mit dem ZwuckbegriÖ' in Beziehung setzt. Die Zweck-
bestimmung nämlich ist ihm allgemein der abstrakte Aufdruck
der höhereu Einheit als Form: ein Vermiiiuis, das zur Betrach-
tung der Universalien fährt Das Allgemeine existiere awar
nicht für sich, sondern Ycrbunden und vereint mit dem Beson*
deren, somit als das Ideale in den Dingen, das mit dem Realen
den umfassendsten Begriff bilde. Die Objektivität der Univer*
salten gebe sich darin kund, dafs das ideale Priocip das ord-
nende und gestaltende ist, durch welches erst ein bestimmter
Gang der Katur und höhere G-esetzmäfäigkeit vermittelt ist.
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Zur Religioiupbilosopbie.
153
(S. 98.) Es gebe aber keioen allgemeiDen übergreifenden Be^
griff, aUo auch nicht eino solcho Idee, und das Unbedingte sei
aus diesem Grunde in ilpn Universalicn nicht zu tinden.
Heg-el finde das Unendliche in der einfachen Kategorie
des Seiendtm zwar zu trüb, aber doch im ganzen richtig. „Un-
endlich ist, wat> in seiner Unterscheidung von anderem kein
wirklich Begreazendee gegenüber hat» sondern im anderen eine
JBraoheinttng seiner selbst findet" (8. 99.) G-egen diese monistische
Beatimmung des ünendUchen ist sn erinnern, dafs eine endliche
Erscheinung des Unendlichen eine 8elbstbegrenzung bedeuten
'Würde, die unmöglich ist. Ist dagegen das Endliehe schöpferisches
Produkt des Unendlichen, so kann nicht gesagt werden, dafo es
durch ein ihm Geir*'Ti überstehendes bet^ren/t wnrde.
In der Bestimmung des Unendlichen verwirft \'. den Stand-
punkt der iSubstanz (iipinoza). der Kausalität (Schleiermacher),
den er mit dem kosmologischen den ThcismuH verwechselt, der
zwecksetzenden Vernunft, weil eigentlich die Teleologie (als
Scblufo anf eine BwecksetMude Intel 1 ige uz) eine blofse Form
zum Prineip erhebe und eine Intelligens ohne Materie überhaupt
nicht denkbar seL Diese letztere Behauptung entspricht aller-
dings dem monistischen Standpunkt der Identität des Idealen
und Realen, nicht aber der Wahrheit; denn im Gegenteil ist
die Intelligenz nur als immaterielle Substanz denkbar.
Auch die Hegelöchen Bestimmungen der höchsten Einheit
als absolute Iduu und abHoluter Geist befriedigen V. nicht, denn
dies seien lauter endliche BestimmuDgen, Da» Unbedingte sei
ewige, iiber&chweogliche Potenz. Jjiese aber sei nicht ais Aktus
ZU denken, da jeder Aktus eine Veränderung voraussetze. Es
seien daher swei Standpunkte notwendig. Der eine fasse das
Unbedingte als uuTeranderliche Einheit, der andere mit demselben
Recht als Evolution. „In der That ist Evolution ond Potensialitat
in ewiger Weise verbunden, und beides geeint bildet erst den
bestimmten Begriff des Unbedingten." Bewufstsein ist nicht
höchste Konzentration, sondern nur Erscheinung dt;«^ Unbedingten.
(Tloichwohl spricht V. von unbedingter Freiheit des Willens im
Unbediugtun, sofern dieses selbst alle Bedingungen seines Daseins
und sich selbst alle Schranken setzt. „Ks ist dieser Punkt fder
sich selbst vermittelnden Einheit; eb^u nur theoretisch zu be-
stimmen, nie zu durchleben, weil überschwenglich und unbegreif-
bar." (8. ISl.) Gleichwohl Yerwirfk V. den Sohöpfungsbegriff
gerade aus dem Grunde, weil er nicht erfahren werden kann»
nicht zu durcblebeo ist. Die richtige Konsequenz wäre der
Fositivismus. Der Verfasser sieht dieselbe nicht und bleibt so
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154
zwischen Hegel und den Positivisten In einer nnhaltbaren llitte
schwebend.
Das Resullat des ersten Teiles ist nach seiner negatifen
Seite die LeiignuDg eines überweltUcheo, persÖDlichen Schöpfors
der Welt, nach seiner positiven ein Pantheismus der Immaneaa
im strecg^sten Sinne, denn was wir von Gott erkennen, ist nur
seine Erscheinung', seine owigc Evolution. Ein zweiter Teil
wäre nun eigentlich übertiiissig-; denn gibt es keinen Gott, den
ich anbeten kann und dessen Willen ich mich unterwerfen uiuls,
so ist die Religion Täuschung und kein ernsllicher Gegonätand
der Wissenschatt. Doch der Vrf. schreibt eine ßeligtonsphilosophie:
folglich mnfs ein sweiter Teil folgeo» der von der Religion handelt.
Die Darstellung der Religion und Theologie serf&llt in
einen theoretischen nnd geschichtlichen Teil. Jener handelt rem
Wesen der Religion, das auf Grand der tbatsÄchlichen Religionen
zu bestimmen gesucht wird. Der allgemeine Begriff der Keligioa
ist nach V. nicht von den niedersten, sondern von den höheren
Formen zu abstrahieren. Die Religion ist ein geistiger Proze/s,
eine innere Veriniltluug des eudliciien und unendlichen Geiates,
iht uretisch betrachtet als Manifestation, denn die WeUbetrachtuDg
kauu dou üedauküu (joUes nicht geben, und nur durch Gott
kann man von Gott wissen, praktisch als Aufnahme des gött'
liehen Princlps in den Willen nnd die Gesinnnog. In der
Religion ist also a) das Moment der Manifestation. Manifeatiersn-
des Princip nnd Objekt, dem manifestiert wird, sind im Akt der
Manifestation eins, eines (Gott) ist nicht ohne das andere
(Menschengeist). Der menschliche Geist nimmt eine äufserc
Manifestation nie unmittelbar, sondern nur durch SelbstmanifestatioQ
auf, und jeder einzelne ist nur ^~ih\'j, von aufsen emptangene
Ulieubarung kraft der im iSelbstbevvufstsein vollzogenen Mani-
festation sich anzueignen.
^ach der praktischen ISeite (Aufnahme des göttlichen Trin-
cips in die G-esinonng) tritt der nnendliche Wille dem endJichen
als gebieterisch gegenüber, die Autonomie wird gleichwohl nicht
aufgehoben» weil das Göttliche im Menschen das Gesetz gibt
Es bedarf kaum eines näheren Nachweises, daÜi diese
Auffassung der Religion das Wesen derselben zerstört; deno
ist Gott und Mensch eins, so betet der Mensch in Gott sich
selbst an, wie er nach der praktischen Seite sich selbst das
Gesetz gibt. Soll also auf diesem Standpunkt nofh ein Kuli
bestehen, so kann es nur der der liumanilät sein; denn die
höchste uns zugäugliche Manifestation des Göttlichen ist der
Mensch.
Dil
Zur Heligioaspbilosophie.
155
Anstatt dem Verl*, auf seinem nächsten Wege, der Dar>
Stellung der Religion in ihren psychologischen Erscheinungs-
formen des Gefühls, der Anschauung (Vorstellung, Denken) und
(Ich WillenR zu folgen, wenden wir uns, um das Bild der .nifser-
balb der kaLiroiischen Kirche augenblicklich herrschenden religiuiib-
philosophischen KiciiLuDgun zu vervoUhLandigen, dem sorgtältig
gosohriebencn und in seiner Art vorzüglichen Werke des nieder-
lüDdiachon Gelehrton Ranwenhoff zu, der in einem ühnliolien
VerbfUtnia au Kant» wie Yatke an Hegel ateht Zwar ist der
KationalismuB» der weder vom Bupernaturalismue noeh auch von
einer Schöpfung aus ^^ichts etwas wissen will, beiden gemein-
sam; dagegen spricht sich Eanwenhoff Über die Erkennbarkeit
des letzten Grandes der Dinge mit jener skeptischen Reserve
aua, welche die kritische iSchule kennzeichnet.
Die Religionsphilosophie RauwenhüÜ's zerfällt in drei Teile
und behandelt 1. den Ursprung und die Entwicklung, 2.
\\ esen und itecht, 3. die Erscheinung der lleligion und
dea religiösen Glanbens. Obgleich der Yrf. einen bestimmten
erkenntnistheoretischen Standpunkt einnimmt, so gelangt derselbe
doch nichty wie bei Vatke, an eioer besonderen systematischen
Daratellnng, sondern nur zo gelegentlicher Aussprache, bleibt
also Voraussetzung, die indes aua dem Inhalt dea Werkes un-
schwer sich abstrahieren läfst.
Dem kritischen Standpunkt R.'s, der eine objektive Gottes-
erkenntnis ausschliefst, entspricht der subjektiN-e Mafsstab, der
bei der Untersuchung über den Ursprung der Religion ange-
wendet wird. Vorauezusetzon sei, dafs, was überhaupt als Re-
ligion anerkannt werden soll, von derselben Art sein müsse, wie
das» was uoa als Keligion gilt. Wie der Embryo aus dem er-
wachsenen Organismus, so seien die ersten Regungen der Beligion
nach der entwickelten Form su beurteilen. Die Beligion dürfe
weder aua einer aupemataralistisch verstandenen göttlichen Offen-
barung, noch ans einem ursprünglichen keimhaften Gottesbewufst-
sein, noch aus dem Kausalitätstrieb abgeleitet werden; das letztere
nicht, weil in dieser Erkläraug der Gruod, warum ^'ir höhere
31 ächte verehren, nicht angegeben, und die Religion uls Ver-
staudessache aurgetufst werde, da sie doch zuvor Sache des
Gemüts und der in seinem Interesse gestaltenden Piiantasie sei.
Die von Feuerbach und anderen gegebene Erklärung aber aus
einem Konflikt dea Selbatgefdhls mit dem l^otgefdhT könnte es
nur SU dem Versuche bringen, höhere Mächte im Kampf mit
der Natur au Bundesgenossen au gewinnen, oder auch au pro-
metheischem Trotae dem Urheber der Naturordnung gegenüber,
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15G
Zur Religionsphilosopbie.
nicht aber 7ur "Religion, die Verehrung- übersinnlicher Macht ist.
Der Ursprung der Religion müsse vielmehr in dem fTeliihl der
Achtung, das Bowohl Dankbarkeit als Ehrfurcht und Furcht seia
konnte, und das man nicht zu bcharl bestimmen wollen darf,
geäuchl werden. DietieH Gefühl wurde zuerst im Verbal tniä zu
höher »tebeiideii Mensdieii geweckt und daoD auf Neturweien
liberiragen, die ala lebeodige Wesen vorgeetellt wurden. Ib
der Aobtung aber Hegt ein eiUUobes Moment Der Anfimg der
Religion fallt also zusammen mit der ersten Entwicklung de«
Sittlichen im Menschen. Religion bringt zum Sittlichen die Vo^
Stellung einer iibcrpinnlichen Macht hinzu, ist aber nicht eine
Frage der Weltanschautinn-. wie ISaturismus und Aniraisnui»»,
sondern eine Frage der peraoulichen Beziehung zu einer iu aer
Welt vorausgesetzten Macht, die deshalb in jeder Weltanschau-
ung, die eigentlich materialistische ausgenommen, vorkommen
kann. (6. 67.)
Betraebtet man die Religion nnd den religiösen Glanben
in ihrer Entwicklung, so erscheint dieselbe nach R. von zwot
Faktoren abhängig: 1. der Ausbreitung der Natorerkenntm«.
die Rolange mit der Religion vereinbar ist, als wenigstens die
Möglichkeit des Glaubens an eine übersinnl : ' Macht,
sei OS auch nur eine objektive sittliche Ordnung (deuu mit einem
blolsen Rittliehen Ideal vermag allerdings Religion nicht zu be-
stehen) anerkannt wird^ 2. der iortsch reitenden siulichen Eni-
wicklnng, die ihre Kabrang ans den viel sablreioberea eittliehen
Uotiven des persönlichen, Familien» nnd socialen Lebens sieht;
denn die staatHch-poHtischen Verhältnisse sind snnacbst rechtliohe
und werden zu sittlichen vielmehr durch Einwirkung der „na-
tUrlicben Pflichten", „Gesellschaft und Staat sind an und für
sich nur Rechtsverhältnisse, keine sittlichen Verbindungen."
(S. 89.) Das Sittliche kann nicht in (legeueatz zur Religion
treten, das sittliche Ideal nicht über den Willen Gottes gestellt
werden, weil der Einflufs der iioheren Sittlichkeit notwendig
die religiöse Vorstellung umgestaltet. „Das sich läuternde sitt*
liehe Bewußiisein setat sich fortwährend in Yeredeltes Gotfeesbe-
wnCstsein um.'* (S. 91.) In dieser Entwicklung wird dem ger^
manischen Geiste eine ganz besondere Bolle in dem Sinne zu-
geschrieben, dafs er in der Anwendung des religiösen Prinoips
noch über das Christentum hinausgehe, die Religion weniger
iranscendent als Verehrung des Unendlichen, denn als Heiligung
des Eniilichen auflassend. Wie man sieht, gestattet der ..etliische"
Staudpunkt des ,. germanischen" Religionsphilosophen eine biß
an die äufbersten Grenzen gehende VertlücUtiguug des Gottes-
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Zur Religionsphiiosophie.
157
begriff«, den er doch als „übersionliche Macht", die den Gegen*
stand der religiösen Verohrnng" bildet, nicht ganz entbehren
kann und will. Doch enthalten wir uns noch einen Augenblick
der Kritik und vernehmen wir noch, wie d»'r Vrl'. über die „Ent-
wicklungsgesetze" der Religion und des religiösen Glaubens sich
äursert. Er iiudct, dal» iluo Krkenntnis und FebUitelluDg eine
besondere Schwierigkeit darbiete ; die bisherigen Versuche hätten
nicht weiter aU zur Anfetellung yon Gesetsen geführt^ die der
^stigen EntwioklQDg überhaupt zakommeo. Gleichwohl träten
drei EigeDtiimlichkeiten der Religion dentlieh erkennbar henror,
die götlUohe Autorität, die sie für sich beanspruche» die Be-
deutung der Persönlichkeit und der Kultus, der, urspröngUoh
ein Ausdruck des Glaubens, allmählich, wenn das allgemeine
J^'üblen und Denken sieh ihm entfremdet» zu einem Hindernis
dee Fortschritts werde.
Werfen wir auf die im Obigen skizzierte Auffassung des
Ursprungs und der Emwicklung der lleiigioo eiueu kritischen
Blick, so können wir dem bekannten deutschen Religionsphilo-
eopbon Pfleiderer nicht beistimmen, wenn er zwar die positive
Seite derselben bestreitet, soweit die Religion nicht allein ttber>
haupt aus dem „Vemunftgefübl der Pietiit", sondern aus dem
sittlichen Bewufstsein abgeleitet werde, die negative Seite aber
als richtig zugesteht. (Jahrb. für protest. Theologie 1888,
Heft 1.) Denn es kann weder der wirkliche O^^prnng der that-
sachlicheo Religion aus göttlicher Olleubarung, noch auch die
Möglichkeit einer natürliche n Iveliglon durch Anwendung des
Kau-^alitätsprinrips auf die Thaisuchen der äufseron und inneren
Eilahruug ma i'ug betitritteu werden. Was das letztere betrifft,
•0 ist allerdings die Religion nicht blofse Yerstandessaohe, son-
dern vor allem auch Sache des Willens und selbst des Geükhls,
aber Wille und Gefühl setzen die Erkenntnis Gottes voraus und
diese ist absolut gesprochen, auf dem Wege der Kausalität er-
reichbar. Was aber die thataächliche Religion betrifft, so weisen
ja gerade die zugestandenen aus der Geschichte abstrahierten
«ogenannten Eigcntümlir-hkeiten der R"l!irion, der Anspruch auf
göttliche .\utorität und die Bedeutung der PersÖülichkeit auf
einen positiven Ursprung der Religionen aus göltliclier Otlenbarung
hin. Das Zeugnis der Geschichte stimmt hiermit übereiu, denu
je weiter wir die religiösen Vorstellungen der historischen Völker,
die hier allein in Betracht kommen können, zurttckverfolgen, desto
wahrer und lauterer treten sie uns entgegen. Die religiösen
Vorstellungen der Semiten, Indogermanen, Ägypter, Chinesen
gleichen konvergierenden Strahlen, die auf den Punkt einer
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158
Zur Beligioiupbüosophie.
gemeiiisamen moootbeifttiBehen UrraligioQ sarttokweiBeii, too dem
sie ausgegangen siod, um in Ihrer wetteren Bntwicklnog statt
sich zu Ter?oUkommnen, vielmehr in Onalismiu, Polytheismaa
and Hjrthologie aoBzulaufeo.
Die eigene positive Erklärung, die Rauweohoff vom Ur-
sprung der Religion gibt, ist begrifflich und historisch gleich
unhaltbar. JSicht die reineren sittlichen Begriffe fuhren zu ge-
läuterten Vorstellungen von Gott, sondern umgekehrt. Es sei
hier nur an d^n Buddhinmus eriuncrt, dem iL eine hohe biiüiche
Bedeutung beimifat) der aber jenen veredeladen Einflafe auf die
religiösen BegrifTe, die man nach R.s Theorie von ihm erwarten
mnfete, nicht ausgeübt hat. Auch PAeiderer ist der Ansicht,
dafs „sittliche Idealbegriffe" nicht Voraussetzung, sondern Folge
religiösen Götterglaubens" seien. Um auch die Auffassung diesm
Ileiigiünsphilosophen, der in dem modernen Chorus den theoso-
phischen oder, wie andere siigren würden, panentheistischcn Stand-
punkt vortritt, beizutligon, so erkliirt er da^ , .religiöse Ehrl'urchts-
gofiihl'* aus einer Vurbioduug dos Aiitgctulas mit dem Abhängig-
keitsgefühl iu ihrer Beziehung auf die übermenschlichen Wesen
der primitiven Kataranscbauungi jenes sei Qnelle aller socialen
Verpflichtnngsgefiihle geworden. Obrigens könnten Religion und
sittliches Gefühl als natürliche Gottesoffenbamng gedacht werden,
worin „sich unser Gebundensein an die weltordneude Vernunft
des göttlichen Willens unmittelbarder Menschheit fühlbar machte."
(Jahrbiichcr n. s. w. 8. 7.) I>ie Ansicht, Gesellschaft und Staat
seien an sich nicht sittliche, «(inderü nur rechtliche Y^erbindungen,
sei positivistisch und zu verwarfen, denn Staat und Recht lassen
sich uiciit aus Utiiitutsgruuden ableiten: eine Keiuerkung, die
wir nur billigen können, so sehr auch die sonstige Auffassung
Fileiderersy seine Fassung des Offenbarangsbcgriffs nicht ausge>
nommen, gegen unsere tfberzengnngen verstöfst
Wie Vatke betrachtet auch Ranwenhoff die Religion in
den drei psychologischen Erscheinungsformen des Verstandes»
Gemütes und Willens, denen als ebensovielo Entartungen der
Intellektualismus, Mysticisrmis und Moralismus entgegenstehen.
Kach R. ist der lutellektiialisinus teils rationalistisch, teils or-
thodox, jener verkenue die gemülliche Seite der Religion, könne
aber um so nützlicher für die Belebung des Sittlichen sein, dieser
aber lege ttbermafsiges Gewicht auf den Inhalt des Glanbens,
wodurch das Thun beeinträchtigt werde (S. 110). — Als eigent-
liche Sphäre der Religion betrachtet R. das Gemntsleben. GefUhl
sei etwas rein Formelles, das der Bestimmung durch ein hinzu»
tretendes Objekt bedürfe; demnach sei das religiöse Gefühl eio
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Zar Religionsphiloaopbie. 15Ü
BewegtwerdeD dee lonein durch etwas Übersinnliches; einseitig
snr Geltuiig gebracht, gestalte es sich zum Mysticismas, zn dessen
allgemeinsten Merkmalen das Streben nach unmittelbarer Ver-
einiguntr mit dem Gegenstände der Verehrung g-ehöre, woher
die Neigung- der ilyHtiker zu panthcistischer WellaDschauuug. —
Die einseitige Herrschaft des Willeus im lieligiösen ist Moralis
raus, für die wahre Religion verhängnisvoll, weil bic diu uuiu
mystica, den Gemüt^drang nach inniger Beziehung zu Gott und
damit die grobe Triebkraft Terkeent» um die Sttttiohkeit Uber
die Legalitat binanaaiihebeii» doch der Beligion nicht in dem-
selben Grade gefiUirlioh, wie Intellektnalismas nnd Mystioiamns.
(3. 207.)
Diesen psychologischen Formen reihen sich die theolo-
gischen, d. h. die verschiedenen Vorstellungen von der Gottheit
an, die i^o^vohl iur die Klassifikation als besonders für die Dar-
ßtelhing der Entwicklungstormen der Keligion einen Exponenten
"Von hervorrag-ondor Wichtigkeit bilden. Über die religiösen
Vorbtellungeu des primitiven JdeDschen sind nacli Kuuwenhoti',
der sich in diesem Punkte gans Ton den Prinoipien der Dar-
winistischen EntwicUnngstheorie leiten lafst» nnr Vennntnngen
*aofiBnsteUen: um einige psychologische Wahrseheinlichkeit an
erreichen, brauchen wir nur niedrig genug zu denken, um an-
nehmen zu können, dafs er wirklich damit begonnen. Auf sol-
cher Grundlage behauptet R., daß» „die Entstehung der Religion
auR dem Zn«amracntrefFen der naturistischen und aniTnistischon
NaturLiiis! hauung mit drm Entstehen etwelcher sittlicher Ge-
mütsbewegung im Monsi hen erklärt werden mueüe." fS, 130.)
Das Ursprüngliche ist wohl Henotheismus, d. h. Verehrung eines
Gegenstandes ohne Polytheismus; dieser mi^ entätaodeu sein
durch Erweiterung des Gesichtskreises des Eioaelnen oder durch
Znsammenfhssung der tou mehreren verehrten Gottheiten. —
In der letstea Bemerkung liegt eine gewisse Wahrheit Die
Geschichte aber lehrt uns, dafs der Monotheismus an der Wiego
der Menschheit stand, und diese infolge des sittlichen Verfalles
in Polytheisrnns verfiei Der „Henotheismus'' aber ist ein un-
haltbarer Begriff.
Strenggenommen nicht eine theologische Eorm, sondern
philosophische Weltaaschaunni^ ist nach R. der Pantheismus^.
Man kann tragen, ob mit dem Pantbeisuius auch Religion be-
stehen könne. „Gähnt hier so fragt R. anläfslich des Mysti-
cismus des Angelus Silesius — nicht der Abgrund des Atheis-
mus, an dessen Bande die pantheistische Mystik sorgloe spielt?'*
Die Schwierigkeit sei nichts wie es eine pantheistisohe Mystik
Jahrlmob flr PhllMopfcl« «tc. VI. 11
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160 Zar Beligionapbilosopbie.
gebe, denn diese erkläre sich aus Überreizung des Gefühls als
pathologische Erscheinung, wobei religiöse Motiv»^ mitwirkBam
söicn: sondern die Schwierigkeit liege in dor Frage, ob mit
dem Monismus Religion, die den (ifgensatz von <ioU und Mensch
voraussetze, bestehen könne, un 1 t.ie steigere sich dadurch, dafe
die moderne Wissenschaft ihre Eriuige gerade ihren uioDiötibchea
YoraaaMtsungea ta ▼erdankeo glaube. (8. 150.) Der Vrf. JSTst
die Frage an diesem Orte ungelösl. Seine Antwort aber geht
dahin, da& der Religion die Oberaeogmig Ton einer objektiTaQ
stttHoben Weltordnung genüge. Wir werden hieraof snrüok-
kommen müssen.
Der Monotheismus — führt R. weiterhin aus — mufs vom
Hrnf^theisiuus unterschieden werden, womit viel Mifsverstand
weggeräumt werde. Jener aber sei entweder kosmologischer
Monotheismus, richtiger Monarchianismus, wenu ein Gott über
die Viülheit der Götter erhoben werde, oder ethischer Mono-
theismus (Religion der Propheten, die nach B. den früheren
henotheistiaehen JehoTaknltoa in dieeem Sinne umbildeten), mit
welchem die Menechheit den Weg einaohlog, anf dem sie die
Religion aur höchsten Entwicklung bringen konnte im Christen-
tum, das „Weltreligion im Sinne eines christlichen Universalia-*
mus" ist Das Bedürlois des n li^-iösen Gefühls befriedige aber
nicht die deistische Autfa«^*nng- des Monotheismii«, fwomit R den
Glauben an einen ühorweltlichen fSchÖpfer, also gerade den wahroa
christlichen Theismurt meint), sondern der Theismus, d. h. die
Verbindung der Transcendenz und Immanenz, die jedoch nur
als negative Bestimmungen zu nehmen seien und zwar, was die
Theorie betrifft» von einem blofe h3rpothetiBchen Charakter. Der
Vrt seigt sich, wie wir sehen, gegenüber den fersehiedenen
Auffassungen des Christentums sehr weithenig, nur gegen daa
Christentum, wie es sich selbst gibt, das supernaturaUsüsehe
des sich offenbarondeo persönlichen Schöpfers exk!ut>iv.
Ebenso exklusiv gegen den Schöpfungsbegriff verhält eich
auch Vatke Er wendet si^^h flogen die Vorstellung einer zeit-
lichen Schoptung- aus dem Grunde, weil die ewig waltenden
göttlichen Lein nsituichte unmöglich vor einer solchen zeitlichen
Schöpfung geruht haben könnten. (S. 162. j Dieser Kiuwaud
hätte Gewicht, wenn die Schöpfung statt als das freie und zeit-
liche Produkt einer ewigen Allmacht als Wirkung eines Ter-
änderliehen und in die Zeit fallenden Thuns begriffen wfirde.
Der Gedanke einer solchen Macht übersteigt swar unser ge-
samtes Wahrnehmen und Vorstellen, rnnfs aber angenommen
werden, wenn wir nicht den Widerapritohen des Fantheismus
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Zur Religionsphilosophie.
161
verfallen wollen. — AU erete Erschein ung^Bform der Keligion
betrachtet auch Vatke das GeHihl, wiewohl er den Inhalt des-
selben aus der Intelligenz stammen läfat. Im Gefühl schliefst
tiich das bubjekt mit seinem Inhalt in ein« zusammen; „das
(itfuhl setzt seinen Inhalt als das die gauz;e g^eistigo innere
Öpituic Durchdringende, nicht als objektive, sondern als unmittel-
bar subjeklive, zusammengeschlossene einheitliche Bestimmiheit.'*
Ware diese Bestimmung des Gefühls riohtig, so könnte es ent-
weder ein religiöses Gerdbl überhaupt niobt geben» oder es
mürste, wenn es ein solches gäbe, dasselbe als die übentengendste
Bestätigung des Pantheismus gelten. Mit keinem Worte ist wohl
mehr Mifshranoh getrieben worden, als mit dem Worte (lerühl.
Wir haben an dicsnm Orte keine Theorie des (ielühls zu geben.
Es genügt, zu bemerken, dafs das Gefühl nicht ein selbständiges
Vermögen, sondern eine Beelenstimmung ist, die nicht biofs vom
Begebren, beziehungsweise Wollen unzertrennlich, sondern als
Zustand desselben an begreifen ist und daher ebenso wie alles
Begehrea nnd Wollen ein wenn auch noch so nnklares Vorstellen
sur notwendigen Voranssetiang bat. Daher kann kein Fühlen
den Namen religiös beanspruchen, das nicht anf einer Vorstellung
des Göttlichen als eines vom Fühlenden Verschiedenen beruht.
Der Abschnitt über die Religion „im Elomento des Den-
kens" in V.s Religionsphilosophie enthält eine Kritik der lie-
weise für Gottes Dasein. Charakteristisch ist die Art, wie diese
Argumente von den drei Autoreu, mit denen wir nns beschäi-
tigen, behandelt werden. Auf die Stellung, die Banwenhoff nnd
Pfleiderer an denselben einnehmen, werden wir ausführlicher an
reden kommen. Hier handelt es sich am eine veigleiohende
KebeneinanderstelluDg. Von der Annahme eines Unterschiedes
Ton Denken und Erkennen ausgehend, stellt R. die Beweis-
barkeit dp^ Daseins Gottes in Abrede, weil Wirklichkeit nur
durch Erkennen, nicht durch Denken erreicht werden könne,
erkannt aber werde nur durch W^ahruehmnng, die immer sinn-
lich isL V. dagegen behauptet vom Hegelschcn Standpunkte
der Identität des Denkens und Erkennens, die ihm zugleich
Binheit des Denkens nnd Seins ist, diese Beweisbarkeit» be*
wiesen aber werde nur ein immanenter Gott» der Gott des
Pantheismns. Pfleiderer endlich setzt an die Stelle jener Iden*
tität die Wesenseinheit von Gott und Menschen und glaubt auf
Grund derselben einen dem Menschen wesensähnlichen, der Welt
teils immanenten, teils sie transcendierenden Gott erschUeisen
zu können.
Vatke also nimmt wie Hegel die Argumente für Gottes
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163
Zar BeligtODspbilosophie.
1
Dasein in Schutz; gegen Jakobi insbesondere bemerkt er, dafs
er die Beweiskrafl derselben mit recht anbedeutenden Grändea
bestritten habe, nämlich weil das Unbedingte nicht aus dem Be-
dinr^t(?ii geiolgert werden, also dadurch bedinget sein könne : es
handiti »ich aber nur um ein Bcdingtseiu für das dihkurnive
Denken: was vollkoniuien zutrifft. Dagegen ist er der Meinung,
jene Argumonte bewieäen nicht, was man ehedem damit beweisen
wollte, eine traDscendeDte Gottheit, Boodem ein immaneotes Un-
bediD§fte8. Obgleich er an Hegel tadelt» dafii er, den Wert der
Be^ffe ttberaohätsend, das ontologiaobe Argument fürdaahocliate
gehalten, geht er doch selbst von dem nämlichen Argumenta
ans, das allein nicht blofs die Notwendigkeit des Unbedingten,
wie angeblich die übrigen Beweise, sondern die Realität des-
selben beweise. Der Sinn, der diesem Argumente untergoleg-t
wird, ist, wie bei Hegel, der pantheistische. „So liegt also in
der Manifestation Gottes, welche das Wibsiin von ihm und seine
Existenz umt'afst, der tiefere öinn dos outoiogischeu Beweises,
das freilich Anselm auch nicht einmal ahnte. Es ist ein Beweis
des göttlichen und menschlichen Geistee in ihrer Vermittelung/*
(8. 186.)
Sicherlich hatte der hl. Anselm von den kttnftigen Schick-
salen seines Argumentes keine Ahnung. Es spiegelt sich darin
die Geschichte der modernen Verirmng^n. Deskartes schlieCst
aus dera vermeintlich klaren und anschwnlichen (intuitiven) Be-
griff' Gattes auf das Dasein; Kant acceptiert die Voranssctznng"
insiftern. lU nach seiner Aleinung, wenn ein Beweis für Gottes
Dasein geluhrt werden könnte, dies nur auf dem ontologischen
Wege möglich wäre, nämlich durch ein uuuiitleibatcs Ergrüiieu
des Daseins durah den Gedanken, bestreitet aber das Zutreibn
dieser Voraussetaang. Hegel endlich nimmt das Argument io
dem Sinne wieder auf, dals in der That der Gedanke unmittel-
bar das Sein ▼erblirge, weil der Begriflf das wahrhaft Seiende
sei. — Bemerkenswert ist V.8 Urteil über die Kantsche Fassung
des moralischen Beweises: er findet sie schwach und angebildet,
mehr hnho dio ältere Form desselben für sich, aber auch dieso
müsse onloiof^isch, d. h. immanent vorstanden werden.
An die Kritik der Gottesbeweise reiht sich bei V. dio
Darstellung der verschiedenen Formen der religiösen und theolo-
gischen Erkenntnis. Er unterscheidet zwei abweichende Rich-
tungen, nach der einen, metaphysischen, liegen Atheismus, Ban-
theismus, Oeismu^ Theismus, nach der anderen, n&nlich der
Seite des Verhältnisses der Vernunft zu Gott — Rationalismus
und Supernaturalismns. Der Theismus hat nach V. vor dem
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Zur Keligioflsphilosophie.
163
DeismiiB die immuente Thätigkeit Gotten Torava^ ist aber eben
cor für den populären Standpunkt Die Tbeosopbie ist Speku-
la tiyer Ration alismüs, in der inadäquaten Weise der Phantasie
and des Gefühls gefarst.
In dem Abschnitt«, der dio KeligioD im Elemente des
Willens behandelt, ist es der Begriff des Bösen, der unsere
Aufmerksamkeit aui sich zieht. Der Standpunkt der „Autonomie^*
gestattet nicht, in der Übertretung des Gesekaes^ dem UngehoiBam
gegen den göttlieben Willen das Wesen der Sünde «t erblioken.
Vielmehr wird die Sünde nnd das Boss im Verhalten des Be-
sondern zum Allgemeinen gesucht Gnt ist jede Thätigkeit,
welche die harmoniBche Gliederung des menschlichen Geistes in
dor Gemeinschaft fördert, das ihr Entgegengesetzte ist böse. Wie
nahe lieirt da der Gedunko, dafs das Gesetz des Staates als
der absoluten Form „der harmonischen Gliederung des mensch-
lichen Geistes in der GomcinschatV bestimmt, was gut und was
böse ist ! Wie nahe berühren sich Hegel und Hobbes, Paniheis-
mus und Materialismus auch in den Fragen der Moral nnd
Politik I — Die Harmonie der moralisohen Persönliohkeit wird
geietat in die ünterwerftiDg nater die sittliohe Weltordnnng, in
der der Geist nur seine eigene Katar erkennt^ also sich selbst
bestimmt — Gott gegentlber ist der Mensch frei, weil ihm Gott
nicht wie ein hökerm Wesen gegenübersteht» sondern sich als
immanentes Princip verhalt durch die der menschlichen Natur
mitgeteilte Seite des Unbedingten, die dfMi höhere Wesen des
Menschen selbst ist. — Wir brauchen kaum zu sagen, dafs
diese Bestimmungen nicht die Keligioa, sondern die „Irrreligion
im Elemente des Willens" bedeuieu.
Intellekt und Wille einigen sich zur harmonischen Beligio-
«tit in der Frömmigkeit. Hiervon bandelt der Absebnitt:
daa religiöse Selbstbewafstsein als Einheit oder die wirkliobe
Beligion als Frömmigkeit Die Tersobiedenen Breobeimingen des
privaten wie öffentlichen religiösen Lebens kommen hier aur
Sprache, die Erörterung aber bietet kein anderes Interesse, als
die Art und Weise, wie die Äurseningen der Frömmigkeit und
die Formen des Knltus ihrrs wahren Gehaltes entleert und in
die Formeln des pant heistischen feysteme gekleidet werden. Ein
Beispiel mögn genuinen. Als solche« diene dio Bestimmung des
Glaubens. Der Glaube ist „nichts anderes aia die sich einfach
in sieh aelbet Termittelnde Frömmigkeit, die anf sich bembende,
einftohe fromme Gesinnung/' (S. 845.) — Die Vollendang des
religiösen Lebens ist in der Idee des Beiebes Gottes ausgesprochen.
Wae macht ans dieser Idee die pantbeistisobe Weltansohaanng?
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104 Zur KeUgiougphilosophte.
Daa ewige Beieli GoUeB gewiont einen „konkreten Hintergrund''»
wenn „man nnsor Sonnensystem nur für ein Moment im All, in
der Zeit fTcwonlcn und in der Zeit vergehend, aber nnondhch
viele Sc iincnsyeteme ebenfalls für Offenbarungsstättcn des GeisteV*
hält; d rin las Ewipe ist nur im Zeitlichen offenbar, Seele und
Leibiiciikeii bildcu die Basis des Ueistigeo. Was die persöolicbe
Unsterbliobkeit betrifft, so hört hier ein eigentliches Wiaaen aof;
„religiös aber ist die Formel : der Geist ist in Gott» womit eben
die endliche Individaalitat anfgehoben ist, der Geist aber för
die ideale Totalität erhalten wird/' (S. 28ü.)
Bevor wir auf den sweiten, besonderen Teil des Vatkeschea
Werkes eingehen, wenden wir uns zu Rauwenhoff zurück, der
d«'r Fra^e vom „Wesen und Recht*' der Religion einen der
umtangreichsten und sorgfaltigjiten Abschnitte seines Werkes
widmet. Der Gedankengang entfaltet sieb ungefähr in folgender
Weise :
Das Recht des religiösen Glaubens ist nicht von dem Nach-
weis der objektiven Wahrheit des Gottesglaobens abhangig za
machen, sondern nach dem liafiwtab der Wertsobatsaog, worauf
die Yerehrong der fibersinnlichen Macht beruht, an beurteilen.
Das unbedingte Pflichtbewufstsein ist Grundlage des religiösen
Glaubens. Gegen die objektive Bedeutung dieses Bewnfstseins
kann die von Kant und Fichte bewiesene Falschheit des Dog--
n(ati»iti\i8 nicht als lastLuiz angeführt worden; denn obgleich wir
zunächst nur Bewulstscinsthatsachen erkennen und daher all unser
Erfahren und Wissen auf dem (ilauben an die Übereinstimmung
unserer YorsteUuugen mit der vorausgesetzten Wirklichkeit bo-
mbt^ anf dem Vertranen anf das Geseta unseres Gastes, das
sieh mit Notwendigkeit geltend macht, so kann doch die Be-
rechtigung dieses Glanbens nicht bestritten werden, wenn man
nicht an der Möglichkeit aller Erkenntnis absolut verzweifeln
will Der ans der Subjektivität des Pflichtbewnfstseins ent-
nommene Einwand ist also nicht berechtigt. Ebensowenig aber
ist die Berufung auf die Wülkürlichkeit der Werturteile statt-
haft; denn ist diese bezüglich des sinnlich Angenehmen und
Unangenehmen nicht zu leugnen, so läfst sie sich schon weniger
vom Ästhetischen behaupten, vollends aber ist das sittliche Urteil
(freilich nur nach seiner formellen Seite, die Pflicht um ihrer
selbst willen au thun) ein schlechthin Notwendiges, ans snfSlligeo
ITrsachen (Vererbung, Gewohnheit) nicht an Erklärendes. „Wenn
die einaige Erklärung, die dem gegenübersteht, die des Srolu-
tionismns, sich nicht hinreichend erweist, dann ist man wohl
genötigt, ans dem Faktum des Pflichtbewnfstseins auf eine darin
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Zur Keligioosphilosopbie.
165
»ich offeubarcT^ le Bittliche Anlage des Menscbeo zu schUersen.*'
(S. 21 ü.) Das unbedingte Pllichtgefühl aber, das sich als ein
(lesetz üDserer Natur geltend macht, an welches wir ebenso
^laubeu muäsen, wiean unser VVahrnehmungt»- und Denkvermögen,
erforden eme lolche BeBohftffeDheit der Welt, dars dieses darin
beetehen kaoo. Wir masBee daran glaaben: ein Glaube, der
Postulat heifot, weil er „das wirktidie Sein des Postulierten
enthält" Der Glaube an eine sittliche Weltordnnng ist also
eine Forderung, ein Postulat des unbcdingteu Pflichtbewiifstseins,
und zwar das einzige Postulat. Kant täuschte sich also darin,
dufs er auch das Dasein Gottes, die nienHchlicho Froiheil und
die Unsterblichkeit der Seele als Forderungen des rrtichlbewulst-
öcins betrachtete und dafür Glauben postulierte. In jenem Glauben
an eine sittliche Weltorduuug liegt dan Wesen der Religion.
An diesen Ausführungen Rauwenhoffs übt Pfleiderer eine
wohlbereohtigte, aber niobt geuug umfassende Kritik. Über den
fandamentalen, erkenntnistbeoretiseben Irrtom, dafs allem £r*
koDiien des Wirklieben ein Glanben und Vertrauen an Grunde
^ege» geht Pfl. mit einem Stillschweigen hinweg, das, wie es
scheint, als Zustimmung zu deuten ist. Seinerseits aber vermirst
er die klare Bestimmung des rhetorischen BegrifTii der sittlichen
Weltordnung", die thatsachlicli bestehende sei nicht Gegenstand
religiösen Ghiubuns, als ideale gefafst aber sei sie subjektiv,
nicht aber ohjekuve übersinnliche Macht. Ks helfe auch nichts, wenn
mit dein Begriff der sittlichen Weltordnung der de» öutengesetzes
vertauscht und dieser an einem allgemeinen Katar und Geist
omfaasenden erweitert werde. Mit alledem sei der Positirismus
nicht an überwinden. Die Ordnung sei Produkt einer Macht,
niobt selbst die postulierte übersinnliche Macht» die auch nach
Ranw. Gegenstand religiösen Glaubens sein solle. Denken wir
uns aber die übersinnliche Macht als ordnendes Wesen, so haben
wir „Gott" gedacht. (Jahrb. u. s. w. B. l.*^ f.)
An die Erklärung des religiösen Glaubens schliefst Kauw.
die Rechilertigung desselben an, die in der Verteifligung der
Teleologie besteht, wobei aber der Schlufs von dei Zweckmafsig*
keit auf eine zwecksetzende Ursache als nicht konkludent ver-
worfen wird. R, bleibt bei der allem Setenden als organisieren-
der Faktor innewohnenden Petena stehen. Aus diesem Ab-
schnitte möge eine uns speoiell interessierende Äaberang tiber
den SujiematnraUsmns hervorgehoben werden. Die Geschichte
des Supematuralismus, meint sei seit der Renaissance eine
Leidensgeschicbto, auf der einon Soitn stehe der Kalholicismns,
der den Supernaturalismus immer mehr zu belesügen und ab-
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166 Zur Balii^ontpUloiopliie.
zurundeo uuche, was er übrigens mit zunehineader Aufopterung'
der Frömmigkeit und Wahrheit (die Begittndang für diese Be-
haaptnog bleibt E. eohnldig) beaaklt hilbe, während der Pro-
teetantitmiu durch sein eigenes Prinoip immer weiter eef der
schiefen Ebene fortgeirieben werde» nnbewafiit geschäftig, das
System, da8 er nicht preisgeben will, zu onterminieren. (S. 273.)
Der dritte Teil des Rauwenboffschen Werkes handelt von
den ErscheinuDgen der Religion in Dogmen und Kulthandlungen.
Das Resultat der Kritik des Gottesbegriffs ist ein ne^atires, die
objektive Reulität deHselbeo, das Dasein Gottes kaou nach R.
nicht wissenHchaftlirth bewicHen, § 1 A, auoh nicht durch philo-
sophische Spükulatiou bestätigt werden (B), die Glaabensvor-
stellongen, den Gottesbegriff eingeschlossen, sind Tielmebr Er-
eignisse der dichtenden Phantasie (D).
Die Kritik, die K. an den Argumenten fiir das Dasein
Gottes ttbty richtet sich gegen die Fassung, in welcher sie tod
Pflei derer vorgotragen werden. Die von letzterem hiergegen
versuchte Verteidigung kann nicht als durchweg glücklich be-
zeichnet werden. Die Kantschen Vorurteile, in die auch Pfl.
verwickelt ist, heinraen wie schwere Ketten seine Schritte. Zu-
nächst wird bemerkt, dafs von der Philosophie nicht mathema-
tisclie und natu rwissenschattliche Beweise verlangt werden dürfen,
sondern nur der Nachweis der zur Annahme einer Hypothese
bestimmenden Vernunftgründe (Jahrb. a. a. O. 8. 16). Was
den kosmologisohen Beweis betrilft, so würde der Sohlnlb toq
einer Vielheit Ton Kräften und Wirkungen auf einen einheit-
lichen Realgrund, wie er von PH. gefalkt wird, allerdings, wie
Bauw. einwendet, nur die Existenz einer welttmmanenten Snb-
staijz Kpf^Tünden, nicht aber die Existenz Gottes, wie der religiöse
Glaube sie fordert. Den Ausganp-spunkt bilden aber nicht end-
liche Wirkungen und Kräfte, zu denen die iSuhntanz gesucht
wird, sondern die endlichen, veränderlichen und zufailigen Wesen,
die eine von ihnen verschiedeue Ursache, also einen über- und
aufoerweltlichen Gott yoraassetaen: ein „tfber" und „Aufser",
das fireilich nicht sinnlich genommen, aber auch nicht, wie TOn
Pfl. geschieht, durch eine paoentheiBtische AufEassung Ülusoriseh
gemacht werden darf. — Die Bemerkungen Pfleiderers Uber
die Berechtigung des teleologischen Beweisgangs sind zwar nach
ihrem speciellen Inhalt begründet, werden aber wieder ihrer
besten Kraft beraubt durch die Zurückführung der Objektivität
des Erkennen» auf einen Parall»^lisraus der subjektiven und ob-
jektiven Ordnung. — Mit Recht wird inbesondere gegen den
Einwand RauwcnhofTs, durch Annahme göttlicher Zwecke werde
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Zur ReligiuQätihilosopbie. 167
Gott vermenschlicht, geltend gemacht, ilafH es zwischen den von
R. behatiptt tcQ Extremen, entweder auf die Analogie der njensch-
lichen Zw tickthätigkeit zu verzichten, oder Gott auf die Linie
des Menschen herabzuäetzon, ein Mittleres gebe, nämlich die
göttliche Zwecktbätigkeit nicht aU eine deliberative, sondern
als eine ininitiTe bu denken. Nor yertnigt lieh mit der An-
nahme einer bewnfiiteo» sweokselsenden Intelligens nicht der von
Pfl. einf^enommene Standpunkt einer Injmanens, mit welcher er
vergeblich die Transcendenz sn Terbinden sacbt, da auf diesem
i^taDdptiakt Immanenz und Tranaoendena wie Bealität nnd Idea>
Utät eich verhalten würden.
Durch die, auch von PH. aiit i kannte Kantscho Lehre, dafs
Wirkhchkt ii nur erfahrt n wt r lcn k inne, von K. in die Enge
getrieben, spricht Pfl. von uinfi imUüibaren Erlahrung durch
Öcblüsee und meiut, dalb es in einem gewissen binne eine £r*
fahmng Ton Gott gebe. Hier zeigt sieh die ganse Unhaltbarkeit
de« Pfl.sohen Staadpnnkte der an Terbindenden Immaaens nnd
Tianeoendens; denn sofern Gott immanent ist und gewissem
tSinne" erfahren wird, ist er nioht wahrhaft Gott (wir reden
vom Standpunkt Ffl«B), sofern er aber transcendent und wahr-
hatt Gott ist, kann er nur erschlossen, also (vom Standpunkt
Pfl «) nicht wahrhaft erkannt werden. Mit Recht rügt R die
lakonBcquenz PH.h der vom Sittengesctz auf einen Urheber,
also eine letzte Ursache schliefst, obgleich er dem koaiuologischen
Argument einen solcheu Schlufs nicht gttstatten will.
Der erkenntnistbeoretiscbe Irrtum, dafs die Objektivität
der Erkenntnis nicht dnreh das unmittelbare oder mittelbare Be-
ftlimmtwerden des Subjektes durch das Objekt» sondern durch
den Farallelismus der Ordnung des Brkennens mit der Ord*
unng des Seins garantiert werde, tritt recht scharf in der Art
hervor, wie Pfl. das ontologische Argument behandelt. Ausgehend
Ton der (Vatkcs Ansicht cntjjegrengesetzten) Annahme, daff^
diPHCH Ar^jument die Notwendigkeit den Daseins Gottes be-
weise, behauptet Fti., der Nerv desselben liege in der Überein-
stimmung- unseres notwendigen Denkens mit dem wirklichen
^in. Kant» Kritik habe zu dem Resultate geführt, dafs die
Gesetze unseres Denkens nioht ans der Erfohrung stammen und
doch mit dieser susammenstimmen: eine Thatsache, die sich nur
tut der unserem Denken und dem Weltdssein gemeinsam au
Grunde liegenden Einheit von Denken und Sein erkläre. Nicht
gane mit Unrecht urteilt Rauw. von dieser Fassung, da(^ sie
mit dem wirklichen ontologischen Argument nichts als den Namen
gemeinsam habe. Dieses sucht aus dem Begriffe Gottes das
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168 Zur BeligloDtphilotopbie.
Dasein va folgern, eetst also Torana, dafa dumh Denken objek-
tives Sein erkannt werde ; der Irrtnra deaaelben aber liegt diu-in,
dafo ein Gottesbogriff aufgestellt wird, der allerdings das Dasein
UB^lioierl» dessen innere Möglichkeit und Realität aber nicht
erwiesen ist. Ist das Dasein eines denkbaren Höchsten ander-
weili^r t'eslgcHtellt, so folgt freilich die Notwendigkeit dircies
Daseins; das ontalogische Argunieut setzt also das zu Tif wei-
sende voraus und macht &ich einer petitio principii schuldig.
Gröfsere Zugeständnisse gegenüber dem theoretischen Hechte
dea GotteagUnbena macht» wie anch Ffl. hervorhebt» B. in dem
Absohnitte über die Gottesvoratellnag (S. 522 f.), inaofem er
einräumt» dafs teleologisches Wirken dem Ursprung nach we-
nigstens för uns nnr durch die Beziehung auf eine bewuföte
Intelligenz denkbar sei. Zwar versäumt R nicht, fnach Pfl.s
Ausdruck) Vor^»o^|P•o zu treffen, um sich durch die Uebauptnnir,
das Hiiiiibi i ;^'chen zu einer göttlichen Intelligenz und eiueoi
göttlicheü Willen beruhe auf dem Drang der Phantasie, auf
seiueu hkepticmmus zurückzuzieheuj hiergegen aber lege seine
eigene Oaratellong, dennfolge jener Drang yielmehr ein nnab-
weialiohea Bedttrfnia des Denkens iat» Verwahrung ein.
Weiterhin sucht R. naehsuwetaen» dafs eine BesUmmang
dea Wesens Gottes durch die Attribute der Ewigkeit, Heiligkeit
und Liebe nicht zulässig »ei, selbst wenn das Dasein Gottes
wissenschaftlich sichergestellt werden könnte, denn Ewigkeit sei
ein negativer liegiilf, Heiligkeit und Liebe aber könnten ohne
Anthroj)omorphi8raii8 nicht auf Gott übertragen werden. — Auch
diese Positionen sucht PH. zu verteidigen, jedoch, was die Ewig-
keit betrifft, keineswegs mit Glück, denn indem er in das gölt^
Hohe Bewufatsein ßuceession hineintragt» serstört er die Unver-
anderliobkeit Gottes und hebt damit, wie R. seigt und wohl
Ton selbst einleuchtet, den Begriff der Ewigkeit auf. Dagegen
weist er den Angrilf K.s auf die göttliche Heiligkeit, deren
Begriff er mit Sittlichkeit im Sinne von Pflichtgemäraheit ver-
wechselt, die Ciott allerdings nicht zukommen kann, siegreich
zurück. Seine Bemerkungen aber über die göttliche Liebe sind
durch seinen panentheistischen Standpunkt, auf welchem Wesens-
einheit und reales Wechselverhuituis zwischen Uott und Menschen .
angenommen wird, getrttbt
Ala Kern des Vorsehongsglaubens beliraohtet B.. den Glau-
ben an eine sittliche Weltordnong, in deren Dienst aller Kausal-
zusammenhang stehe, und hSlt deahalb eine Theodicee für UO«
nötig. Derselbe Glaube bilde auch die Grundlage des Erlösungs-
glaubens. Sünde und Erlösungsbewufstaein seien nichts anderes
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169
ais das Hewufstseiu eines gewissen in uns vorhandenen \ erh ilt-
nisseB von Wirklichkeit und Ideal, und aller Erlösangsglaubo
Vertrauen auf die stet« tortst hrt lende Verwirklichnn^ des Ideals
in UD8. Der Glaube endlich au emc persönliche Fortdauer nach
dem Tode entbilte anfter dem animisiitchen ein religiöses Moment,
namlicb die Hoffnong anf VerwirkUcbuog des sittliclieD Ideals.
Für diese sei eine psyoboto^selie Voraussetenng anzttnebmen,
die jedoch nur Produkt religiÖBor Bichtang, nicht philosophiRcher
BeweiefÜhruDg eei. Doch laäse sich als Grund der Vemüofitg-
keit des Unsterblichkeitsglaubens der Gedanke ang-cbcn, dafs
die sittliche Persönlichkeit, in welcher das Sittliche zur vollen
Herrschaft gelangt i»t, nicht durch einen physischen Procef«
vernichtet werde.
Der letzte AbHchuiU des K.achen Werkes behandelt den
Kultus und die religiöse Gemeinschaft Der einseitig ethische
Standpunkt des YrC, dem die Gottheit eigentlich nur die dich-
terische Personifikation der sittlichen Weltordnnng ist, macht
ihm insbesondere jedes Verständnis des katholischen Kultus un*
mSglicb. Der Kultus ist ihm aussohlicfslich Produkt der Phan-
tasie, anschaulich gemachter Glaube, der sich der Zucht des
Denkens entzieht Gleichwohl nimmt der Vrf. vom religiösen
Standpunkt das Bittgebet in Schutz Den specifischen Charakter
der religiösen Gemeinschalt sucht er in der Einheit der Glau-
bensüberzeugung und dem Verlangen, nach dieser Uberzeugung
das Leben zu gestalten. Die naturgemäCseste Form der religiösen
Gemeinschaft sei die örtliche, natttrlich gewordene, selbständige
Gemeinde. Vom (supematuralistischen) Kirchenbegriff urteilt der
Yff.» daTs ihm der sittliche Charakter fehle» daher seine Änderung:
Wehe der Religion wegen der Kirche, und das Schlnfswort : die
Kirche hat ausgedient» die Gemeinde kann au ihrem Bechte
kommen.
Wir verlassen Rauwenhotf mit dem Eindnick, dafs sein
von Kant beherrschtes Denken in der Auffassung der Religion
selbst noch hinter dem Königsberger Philosophen ziii uckbleibt
und die groläen geschichtlichen Thatsachen der Religion, des
Christentums und der Kirche als ungelöste Rätsel suräckläfst
Die Absicht» durch einen sweiten» historischen Teil das Werk
abBUBChliefsen» hat der Tod vereitelt — Wir wenden nns au
Vatke znrhck, der uns eine Geschichte der Religion und au«
gleich den Beweis gibt» dafs der naturalistische Pantheismus
jene Bätsel zwar an zerhauen» nicht aber zu lösen vermag.
„Nach synthetischer Erkenntnis a priori", jener von Kant
eingeführten Erkenntnisweise» die sich unter den Händen seiner
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170
Zur ReligioDspbiloäophie.
Narlifolg:er zur Konstruktion a priori, der mit Recht verrufenen
,,ß*'i:[ lilsromantik" gestaltete, lafetV., dem Zeugnis der Ofeschichte
zum Trotz, die Menschheit von unten auf aus einem Zustand
tierischer Roheit zur Freiheit und Geistigkeit eich entwickeln,
zu welchem Behuf das Alter der Menschheit auf ein paar Hundert-
tausende geschatst wird. Als ente Stufe in der religiösen
Entwicklnogf wird die Natorreligion und iwar sonschst der
FetiftchUmns der sog. Naturrölker aogenonmien. Über dieses
binauB beseichne einen Fortschritt sowohl die chinesische Reli*
gion als auch die altarische Moral, die nicht mehr darcbwe§^
als Naturreligionen gewortet werden dürfen. Die chine«'«eh<»
Religion Hei reine Verslandesroligion, die Taolehre aber inohr
ein Fortschritt der Philosophie als der Religion. Die chiueaiiche
iSittlichkeit ist wesentlich VerHtandesberechnung. (Über die
chinesische iieligiou vgl. man V. v. iStraufs u. Tornoy, der all-
cbinesische Monotb^nms 8. 9 iF.)
Vom BrabmanisobsD System urteilt Y., es sei oiebt Mo-
notheismus. Brabm ist Qrsprttngtiob Agni Brabmanaspsti, Herr
des Gebetes, dann Produkt des Gebetes, der böebsten Abstrak-
tion, mit dem Gedanken des Betenden eins. — Der Baddbismiis
entstand aus der Negation der brahmanischen Anschauungsweise
und ist nicht Gottlosijrkeit, fla il;ts Looro, woraus die Welt wird,
das vom Geiste erlafste reine ^ein ist. Der Buddhismus bleibt
in der Form der Substanz, erreicht nicht die des Geistes (8.
360 f.). Der Religion der iranischen Völker sei eine einfachere
Naturanschauung vorangegangen, der Dualismus des Ahuramazda
and Angromainyus ein rein praktiscber, das beide umfassende
Frinoip aber, die Zrvaua Akanua, sei reioe Abstraktioa. Die
persische Religion gilt V. als die erste tou weltgeschichtlicher
Bedeutung, durch ihren von ihm behaupteten Einflofs auf Juden-
tum und Christentum.
Von den arischen Religionen geht V. den sewitischfn
sogenannten Naturrelitrioren über. Die Semiten werden durch
das Vorherrsciien des \ erstandes charakterisiert. Im Einzelnen
siehe die babylonische durch ihr astronomisches System höher,
dagegen sonst tiefer als die erauisehe Teieoiogie. Bei werde uIh
Lebenssnbstanz gefafst und daher Hylitta, ursprünglich Erdgöttin,
als weibliches Princip ihm beigesellt Der mittelsemitische
Melkartb wird mit Simson susammeogestellt und als Baal —
der Sonnengott -- erklärt. Die ägyptisobe Beligton sei noch
ein ungelöstes Problem, für die religiöse Gesamtanscbauung seien
wir noch immer auf die klassischen Quellen angewiesen; Osiris
sei Sonne, Isis Erde, nicht Mond. V. verkennt, wie man sieht»
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Zar fieligioDsphilotophie.
171
die xweifellMen Spuren einer der geschleclifliclieB Differenxüemng
and HerabsiehuDg des GöttlicheD in den Natnrprocefs voran-
gehenden reineren Anffaeenng. — Auf eine solche weist auch,
wie ana V.s DarstelluDg Belbst erbelit, die griechische Religion
hin, in welcher V. die relicriö^e Entwicklung auf die höhere
Stufe „des onHli<^hen Geistes und der geistigen Suhjekti^itHt''
sich erheben lalst. Der Polytheismus ist hier sekundär, die
spatere Frucht der Mythentnliiiing ; die Götterwelt Hesiods und
Uoroers Ergebnis reÜekuereuder und dichteriBcher AnschauungB»
weiee. Wie die arische in Indien, so stellt die griechische
Religion ein ürwesen, Gott scbleohtbin, an die Spitse^ das nicht
in den Proeefs des Endlichen eingeht. — In der römischen
Baügion, die durch GeiBterglanbe und Mangel an Mythen sich
charakterisiert, präge sich die praktische Richtung des römischen
Geistos aas. Für die — vom Vrf. als das Ursprüngliche nach
,,Principien a priori" fingierte — - römische Naturreligion sei man
auf Schlüsse auö der allgemeinen Analogie der religiösen
üiDt Wicklung, angewiesen. Der allgeraeioen Form de» Welt-
reichs gibt auch nach V. erst das (JuristeDtum tiefen, unend-
lichen Gehalt
Nicht daa£rste, sondern die höchste Vollendnng ist nach
d* Yrt der Menotheismns. Von der eranischen Liohtreligion
ausgehend habe er sich snerst in einem kleinen Kreise eines
anbedentsnden Volkes entwickelt. £r sei teils aus vorhandenen
Elementen, teils durch absolute Krhebuog des Geistes» and da
der Geist darin sein eigenes Wesen ergreife, durch
Offenbarung Gottes entstanden. (S. 485.) Die geschichtliche
Darstellung, die der Vrf. auf Grun l der um jede Tradition un-
bekümmerten destniktiven Bibclkriiik ^\hi, verkehrt die (Ji lnung
lex ei prophotae in daa Gegenleii; der i'eutateuch ibt apaier als
die prophetischen Bücher: so verlangt es die innere Entwicklung
dea Geistes. Y. Yermifst im alten Testamente die rein ideale
Anfiassnng des Geistes, die sich übrigens auch bei den alten
Philosophen nicht finde; Aristoteles lasse den Geist von anfsen
in den Leib kommen. Gott erscheine in der Schrift als über-
weltlicher Geist im Liohtgewand nach seiner Transcendenz, nach
seiner Tmmanpnz aber als bewegender Geist. (Woher dann das
Verbot, von (jott ein Bild zu machen? — Aristoteles aber liilst
die menbcliiiche Seele von aufsen in den Leib kommen, gerade
weil sie wehren ihrer Immaterialität nicht auf dem Wege der
Zeugung tiuibielien iiann.) In der Schöpfuugbgeschichte Ündet
V. siohi Gesohiohte, Bondem „Beligionsanschaanng", was im
Grande ein verblümter Aasdmck für Mythe ist Ben Abschnitt
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172 Zur ReligionsphUosopbic.
über das Christentum (S. 51 (> if.) eröffiiet ©in unwürdiger Aus-
lall g't^ji^en die katholische Religion, dessen verletzender Ton
gegen den sonstigen wiHseuschattlicheu Charakter dieser „Reli-
gionsphiloBophie" grell abbtichL (Ähnliches S. 314 uud 35b.)
Charakter und Entstehung des Christentumä vverdeu so erklärt;
Grundprincip derselben ist die Idee der Mensohwerduog Gottes,
die am Ende dee bis dahin gewesenen Weltlanfe eintritt snr
Erlösung ans der Gewalt des Böeen; es stehe also der arische
Dualisrnns mit der ErAcheinnug Gottes anf Erden im genauesten
Znsammenhang. Das Christentum habe praktisch begonnen mit
der Vorbereitung auf eine Umgestaltung des Gottesreiches, woraus
sich erst die Umgestaltung der Lehre als Gebot der Notwendig-
keit ergeben habe. Die aprioribtische Konstruktion des Christen-
tums (das nicht aus einer pantheistisch gemeinten Idee der
Menschwerdung Gottoä, sondern ans der gottmonschlichen Per-
son Christi begriffen werden will), wird darch eine sersetaende
Kritik der Quellen des Christentums geatfltst Da die Briefe
des Apostels Paulus (die in die Jahre 52—61 verlegt werden)
in schroffem Widerspruch mit der obigen Annahme stehen und I
das wunderbare Wesen Christi darin vorausgesetzt wird, fo I
verlangt die vom Vrf. geübte Logik des Unglaubens, dals die
vorgebliche Umgestaltung der Lehre in der kurzen Zeit vor der
Thäligkeit Pauli vor sich gegangen sei. j
Über die hypothetische evangelische Urschrift sowie diu
Unterscheidung der beiden Riobtnngen, der petrinischen und
paulinisohen (die durch das Zugeständnis, dars sie in keiner
Schrift sur reinen DaisteUung gelange, wieder hinfällig gemaobt
wird) gehen wir mit dieser Andeutung hinweg. Aus den vo^
handenen Quellen, gesteht V., sei der Ursprung des Christen-
tums schwer zu ergründen ; anerkannt sei, dafs Christus die
Logosidee auf seine Person nicht anwandte, nls Messias habe er
eich erst bei seiiieai Einzüge in die HauptstaUi kuüdgegehen, in
frühere Reden sei erst nachtraglich die messianischc Beziehung
hineingetragen worden. Dem wirklichen Verlan f gegenüber (den
V. und die Kritik der Hegelsohen Schule wohl besser kennt als
der Lieblingsjünger des Herrn) stellte sich Johannes am un-
günstigsten. Gleichwohl wir ! seine geistige Erhabenheit ge-
rühmt — Die Behauptungen V.s richten sich durch ihre Willkür
von selbst. Johannes, der Apostel, i^t »'ntweder nicht der V^er-
fasser des vierten Evangeliums — iaon erhebt sich die Frage,
ob 08 dem einstimmigen Zeugnis dea Altertums uud dem Selbst-
zeugnis des Evangeliums zum Trotz ein anderer sein kunne? — !
oder Johannes, wenn es erlaubt ist, Göttliches mit MenschHohem ;
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Zur Religioiitpliilosopbie.
173
cn TergteioheD, der Platon des christlicben Sokrates, ist ein
Yerriiokter Schwärmer, wenn mobt ein freoher Betrüger. V.
gleitet leichtfertig ttber alte diese Sohwierigkeiten hinweg.
Die Brsobeinnngen des Auferstandenen gelten V. als Visi-
onen der Jünger, die sie hatten, als gie sich wieder ihrem ein-
fachen Gewerbe hingaben. — V. gibt sich alle Mühe, die (Tott-
iieit Christi und den Peraonunterschied in Gott ans dor S( Ii ritt
hinwegzudeuten, seine eigene Darstelluug' aber zeigt, dals bei
Faiiliis und Johannes über die Gottheit Christi nicht hinwegzu-
komnaen sei. Wo es nicht mehr angeht, zu leugnen, wird die
Hegelwhe Ontersoheidiing yod Aosobaanng und Begriff an Hilfe
gemfen. — Das Verhältnis Christi sum ßeist wird in das des
IndiTidoellen anm Allgemeinen umgedeutet, Christus habe sterben
müssen, damit der Geist komme; nicht der historische Christus,
sondern der Geist, Gott als immanenter, sei Gegenstand der
Anbetung. (Biblisch ist allein die Lehre, dafs die Sendung" des
Geitites die Verklärung, nicht aber die Vernichtung der
Individualität Christi voraussetzt.) Bei Paulus erscheine der hl.
Geist aU die höhere Form des ScIH^Umjav lübiseinB, 1 Cor. 2,
d — 12 liege „otfenbar die EiuiieiL des iiu Menschen vvirkeuden
höchsten Princips mit demselben Princip ausgesprochen, welches
in Gott das Belbstbewnfstsein bildet'* (8. 557.) Die Einheit
sei jedoch nur in der Form der Vorstellung gegeben.
y. Termag sich die Oberweltlichkeit Gottes nur räumlich
2n denken und wendet daher gegen die Unterscheidung imma-
nenter nnd transcendenter Beziehungen in Gott ein, Gott sei
Idee also nicht im Räume. (S. 559.) -= SrhliefHlich wird
als Kern der biblischen Lehre von der Person ( iinsti und der
Trinität bezeichnet: die lebeudige Gotlesidee als geistiger Lebens-
procefs, alles andere seien Elemente der Anschauung, die kirch-
liche Entwicklung aber habe sich durch falsche Verstandeskoü'
•eqnensen von der einfachen lebendigen Tiefe der biblischen
Ansehanong entfernt, (S. 566.)
In demselben Geiste und nach der nämlichen, d. h. ratio»
naliskisch-spekulativen und pantheisüschen Methode wie die Per-
son wird auch das Werk Christi behandelt und gedeutet. Die
Vorstellung von einer stellvertretenden Sühne sei deutero jesa-
janisch, der Knecht Gottes eine Personifikation der frommen
Theokratie (!). Die Ktellverlretende (ienugthuung sei von den
Vätern raythologisf h, von Auselm juridisch, erst von Öocin rich-
tig, d. i. ULiorahscli gedeutet. AU bchlufsurteil über die biblische
Theologie der iBrlösung ergibt sich V. folgendes: es sei „nicht
zu Terkennen, dafs darin aofserordentlioh tief geistige Elemente,
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174
Zar ReligioDsphilosophie.
aber daneben doch anoh ytele teÜB nnTermittelte, eobroffe Ge-
gensätze, teils sinnliob angeflcbante und ungeistige Züge gegeben
Bind.** (& 575.) Diese angeblich ungeistigen Züge aber existieren
nur in der Phantasie des „spekulativen" Rcü^ionsphilosophen,
der allen Krnetes der Schrift, z. B. die .Aorstf ilung'* imputiert,
das Paradies sei eiue Abteilung des Hades, nur durch eine Klnft
von der (iehenna getrennt. Und der Öchol's Abrahams ist dana
wüiii auch wörtlich zu neiimcul
In der Eotwioklnng der chrktUofaen Bellgion nach der
Lehre nnd socialen Gestalt werden drei Abschnitte nntersohie-
den; der erste umfafst das Urehristentnm mit seinem Hanpt-
wendepnnkte, der Christianisierung des Staates, sowie die Zeit
bis zum Beginn des Mittelalters, dieses bildet das zweite Haaptp
Stadium. Endlich die dritte und herrlichste Periode des Christen-
tumö hefrinnt mit der Reformation. „Die gegenwärtige Zeit freier
wissenschaftlicher Erkenutnis ist in Beziehung: auf die Eutwiek-
lung des Christentums die vollendetaLe." (S. 5iS0.) Bekanu il n h
hat StraufM, Vatkes Gesinnuugsgenosse, gefragt: Sind wir uoch
Christen? und darauf im Namen der modernen „Kultor" mit
Nein geantwortet V. sieht es Yor, die Maske des Christentoma
noch länger bu tragen, nnd was andere als »»Selbstsersetaitn^
des (protestantischen) Cbristentnms" hinstellen, als dessen höchste
Bläte zu feiern.
AU allgemeines Resultat der kirchlichen Lehrentwicklung
wird angegeben, dafs die einfache Lehre des (Mnistentums nicht
wissenschaftlich (d. h im Geiste Hfprelsrhrr Spekulation ), son-
dern durch Verstandesspekulationen lortg^ebildct worden und in-
foige dessen der unaufgelöste Widerspruch entslaudeu und aU
Mysterium verehrt worden sei. (S. 58*).) Um den Geist, der diö
sahireichen Einwände, die V. gegen die Kirchenlehre erhebt,
beseelt^ beurteilen sa können, föhren wir nur eine Probe an.
Gegen die Unterscheidung innerer nnd änfserer Besiebongen,
▼on welchen die letsteren gemeinsam sind, sofern die drei Per-
sonen als eine Wesenheit und Nator nach aufsen wirken, wird
geltend gemacht, das opus ad intra sei ja die Einheit uud opus
ad extra nichts als die Ditferenz (S. ÖÖÖj : eine Bemerkung, die
den Hegeischen BegnÜ von der sich selbst verwirklichendeTi
und in die Vielheit eingehenden Einheit zum Mafsstab der Jvir-
chenlehre machL — Von gleicher Art sind die Kinwondungea
gegen die Lehrentwicklung des Dogmas der Inkarnation. Wenn
Christus als ToUständiger ICensch und wahrer Gh>tt bestimmt
wird, so hiefse das Gott auf die eine und den Menschen auf die
andere Seite stellen, als ob der Mensch ohne Gott ToUkommen
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Zur Religioniphilosophie.
175
und Gott ohne den Menschen real sein könne (8. 595).
In ChristaB itit naob V. die Person oder das entwickelte Selbst-
bewafetsein (?) von der potenziellen Basis im Logos zu noter-
scheiden, der Person kommen also die Eig^enschaften des Log"09,
Allmacht u. h, w. nicht zu. Christus ist demnach für \'. nur eia
hervorrag^euder .Mouach. „Der Unterechied Christi uad der
GläubigcD bef^toht altein in der historischen Priorität Christi, in
dem AusgezuiciiDeteD seiner Persönlichkeit, iu dem Urbpruag-
liGhen seines Gektesbewnfrtseiiis und in dem Gewaltigen seiner
geistigen- Einwirkung anf alle späteren Zeiten, Dnroh diese
Anffaftsnng Tom Gottmenschen hat sich V. das Verständnis der
Lehre von Gnade nnd Freiheit sowie von der Kirche gänzlich
muneglieh gemacht; die Kirche sei als Heilsanstalt infolge des
grofsen nnd nachhaltigen Eindrucks gestiflet worden, den die
Erscheinung Christi, eeine GröT-e im Leiden hervorgebracht. Die
Neuschöpfung geschehe ^\ lrksa^l durch die göttliche Substanz,
im einzelnen, durch die (jcnieinschalt, die ihren Ausgangspunkt
in Christo und seinem Tode habe, werde sie angeregt. — Für
die siebtbare Kirche, ihre Allgeroeinheit, Einheit, Heiligkeit zeigt
Y. kein Verständnis^ wiewchl er engesteht^ dafo der 8taat der
Kirohe als der Trägerin und fiescbtttserin der eoht christlichen
Gesinnnng hednrfe, ohne welche kein Staat wahrhalt gesnad nnd
krSftig sich entwickle. (8. 632.) Fiir die innere Sphäre fordert
er ToUe Selbständigkeit der Kirche. — Den protestantiBchen
Begriff der sichtbaren Kirche sucht V. vergeblich von seinen
inneren Widersprüchen zu befreien. Die himmlische Kirche ist
ihm nichts weiter als die höhere göttliche Verklärung der Welt
Die Schrift dürfe nicht ferner als bindende !Norra geltend ge-
macht werden, eiu neue» Evangelium des Geistes sei es daher
auch, wonach die Gebildeten der neuereu Zeit sich sehnen. Wie
fitr die wirkliche Kirche Christi hat V. auch keinen Sinn fiir
die ehristliche Vollkommenheit» fiir Colibat nnd Mönehtnm, oV
gleich er zugibt, dafo diese Richtung bei den vortrefflichsten
Xannem gefunden werde. (S. 637.)
Das umfassende und an Details überreiche, zugleich aber
vielfach aphoriBti«»ohe. der letzten vollendenden Hand entbehrende
religiös-philosophische Werk schliefst mit der Darstellung des
Mohammedanis Iii US (S. 640 ff.), der nach einer früher (S. 307)
gegebenen Charaktori-tik in der „abstrakt« ^>ton und sinnlichsten"
Weise, aber ohue eigeiuliche Onginalitttl die Einheit üüUes fest-
gehalten nnd die Immanenz Gottes bis auf eine ungenügende
Form aufgehoben habe.
Wenn wir das Bild, das sich Tor unseren Augen tou dem
JslirlNwli ittr FUlofopU« sie. Yf. it
176 Lehre d. Iii. Tiiuiuag üb. d. Möglichkeit einer ewigeu Weltscböpfung.
^^^egenwnrtig-Rn Stande der auf modernen i'riacipien beruhenden
Halipi in-^])hilo8üphie entrollte, mit einem prüfenden Blicke über-
schauen, »o i»l ea zunächst der Mangel an Origtualität, der uns
auflTäUt Wir erhalten auch hier den Bindmck, dafs der Kreis-
lauf der modemeii phUosophiaetien BnkwioUung geaehloMen »t
Kant» Hegel, Sohelliiig — KritioismaSy Pantiieisniiiey Theoeophit-
mus mÜHsen abwechselnd den Schlttasel darbieten, der die Rktsel
der Keligion nnd des Christentums erschliefsen soll. Eine weitere
Überzeng-nng aber drängt sich auf, dafs keines jener Systeme
den genannten iz:rofsen Thatsachen gfrcrht zu werden vermai^:
Gründe genug-, um uns in dem Bestrehen zu bestärkea, die
Philosophie auf soiulereu GruDdlageD, als der moderne Gedanke
bietet, aufs neue aufzubauen.
DIE LEHRE DES HL. THOMAS BEZOGLIGH DER
MÖGLICHKEIT EINER EWIGEN WELTSCHÖPFÜNG.
Von Fr, THOMAS ESSER. Ord Pracd.
HL
Von dem Begriff der bewirkenden oder hervor^
bringenden Ursache ftna wurde yeraacht, die UnmögUcbkeit
einer anfangelos eraobaffenen Welt darzuthun, ioaofem ee scheint,
dafs dieselbe notwendig ihrer Wirkung vorangehen müsse. Es
wurde jedoch bereit« früher auf den Unterschied zwischen ali-
mählich und Bofort eintretenden Wirkungen hingewiesen.
Handelt es sich um eine Hervorbringung der eröteren, so inufs
allerdings die wirkende Ursache vom Beginn des Werdenspro-
zesses an vorhanden und thütig sein : sie geht also notwendig dem
scbliefslichon Eintreten der beabaiohtigten Wirkung der Zeit nach
▼orans. £rfolgt aber das Eintreten einer Wirkung sogleich,
so ist es nicht unbedingt notwendig, dafs die Uraaehe der
Dauer nach ftüher da sei: Licht und Leuchten a. B. sind an-
gleich. Die schopfenache Thätigkett Gottes aber setst ihre Wir^
knng sogleich; y,unde dicunt— nämlich dieVerteid^r der Mög-
lichkeit einer ewigen WdtaohÖpfnng — quod non sequitur ex
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Verhältnis zwischen Ursache und Wirkung.
177
neoesBitate, ei Dem est euita Mtiva mmidi, quod ut prior
oMtndo dnratunie.'* (811111. theoL Icnl oiL ad 1; Contr* Gent
loa Ott ad 1.)
mAiioIi diese Begrttndniig kann — 80 sagt Herr Froh-
«chammer (S. 527 f.) — nicht als etiehhaltig gelteu, ja mufo
für den theistischeii Standpunkt sogar als bedenklieh erscheinen.
AUerding.s gibi es Verhältnisse, bei welchen L'i'üache und Wirkung-
gleichzeitig' ^^ind, allein da sind sie denn zugleich gewissermatsen
identisch oder so wesentlich miteinander verbunden, dafs nicht
ein Kausalitäts-, sondern vielmehr ein Inhüronz- oder Konsubstan-
tialität« -Verhältnis gegeben ist. Dies Verhältnis findet in der
That auch bei dem Gleichnis statt, das Thomas zur Verdeut-
liehung beibringt Das Licht nämlich als Ursache, und das Leuch-
tan als Wirkang sind freilich gleiohaaitig, allaiD nnr daram, weil
beides notwendig znsammengehört nnd das eine ohne das andere
gar nicht gedacht werden kann; denn das Wesen des Lichtes
als solches besteht eben im Leuchten, nnd wo dies nicht statt-
findet, kann auch von einem Liebte nicht die Bede sein. Das
Oleichnis wlirde also nnr dann anf das VerhSItnis Gottes zur
Schöpfung anwendbar sein, wenn Gott und Welt in einem not-
wendigen, wesentlichen Zusammenhange stundcu, so dals Gott
ohne die Welt gar nicht gedacht werden könnte, wie etwa pan-
theiöüsche und halbpantheistischc Aultässungcn annr-hmen."^
Es hält nicht schwer, zu zeigen, dafs diese Ausführung auf
^ioem MifsTerständnis beruht. Das Tom hl. Thomas angeführte
Beispiel ist kein „Gleichnis", sondern ein Vergleich, und der
Vergleichungepnnkt liegt einsig und allein in dem Zugleich-
«ein von Wirkung nnd Ursache. Das ist der Zweck, für wel-
4shen der Vergleich angeföhrt wird: an neigen , dafs es eine
Ursache geben kann, die mit ihrer Wirkung gleichseitig ist.
Der beigebrachte Fall ist ein Beispiel, in welchem das Be-
hauptete unleugbar sutrifft. Da nun aber „ab esse ad posse
▼alet flla^o", so ist mit dem einen Fall die ganze Behauptung
unwiderleglich bewiesen. Wenn Fruhbchamuier albu den Ver-
* Gerade so heüjt es bei Krause 1. c, p. 19 n. 3.
12«
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178 Lehre U. Thomti flib. d. Möglichliftit eber ewigen WdttehOpfung.
gleich auf die Art und Weise ansdehnt, wie aiis der anere-
führten Ursacbo die Wirkung hervorgeht, so geht er über das
TOS) hl. Thomas Behauptete bioans.^ Was der Aqainate sagt, ist
auseehUefsUch dieses: Zorn Wesen der Unache gebort es nicht,
es ist mithin Hiebt absolut notwendig» dab dieUnaobe ibrar
Wirkung seitlich Toran^ebe. Und dafo dieses bewiesen ist^ kaan
Frobscbammer selbst niobt leugnen. Denn er sagt: MAllerdiaga
gibt es Verbültnisse, bei welchen Ursache und Wirkang gieich*
zeitig sind" — beispielsweise: „Das Licht als Ursache und das
Leuchlen als WirkuDg sind gleichzeitig." Ist das yegebüu, daiiii
ist der vom hl. Tbomae als zu beweisen aul'gestellte Satz unan-
tastluir, (irii'ö nämlich eine aut'augrtloHe SchÖpfuDg' auf Grund de»
BegrilTs der bewirkenden Ursache nicht als unmöglich be-
wiesen werden kann. Weiter gehen seine Behauptungen nicht»
Um Wabracbeinlicbkeit oder Unwahrscbeinlichkeit, Konveniens.
oder InkottTenieas handelt es neb ihm niobt, sondern ledigUeh
nm innere Möglichkeit oderWiderspmcbslosigkeit Übrigens hatte
aneb die bloise£rwSgang, daCi Gott nicht in demselben 8inae
(nnivoee) wie die OescbÖpfe Ursache ist» Herrn Frobscbammer
1 Allerdings kann man, wenn man einen andern Zweck im Auge hat^
auch diesen Vergleichungsponkt heranziehen. Das that der hl. Auga-
stinni nad andere Tftter, wenn sie in dem Gebsimnls der aHerbeiUgtten
DteilbltiglEeit das VerbUtnis des Sohnes snm Vater (gegen die Arianer)
wa erkliren soeben. So sagt s. B. 6t^ AogosCln: |»Qaoniodo, inqult sli*
qsis, sslenras (Pater gennit) aeterattsi (Filism)? Qnomodo flaama tem*
poralis genemt hMsm temporalem. Coaeva est aatcm flsmma gsnanuis
lud qoam genorat, nec praecedit tempore flamma generans lucem gencK
ratftm, sed ex quo incipit flamma, cx illo incipit lux. Da mihi flammam
sine luce, et do tibi Deum Patrem sine Fiüo" (In Jtiau. Evang. cap. 3.
tract. 20 n. 8). — Und wiederum: „Ipse Arius dixisse fertur: Si filius
est, natus est; si natus est, erat tcmpus, quando non erat ühm; nou
intelligenä eliam natum esse Deo sempiternum esse, ut sit coaeternus
Patri Filius, sicot spleedor qui gignitnr ab igne atqne diffssdltnr, eoaems
est illi, et esset coseleroas» si esset igsis aeternss* (l>e THoit. üb. 6
cap. 1 n. IX Aber such bei diesem Oebraach des sng^bbrten Ver-
gteiebes erklftrt der Bischof too Bippo sosdrOcklicb: nHabeat ista simi*
litudinem, non babent omnimodam seqaslitatem* (Serm« 117 [De verb.
Evaog. Josn. c. 1]. n. 18).
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Das Licht ist wahre Ursache des LMdMeai.
179
abhaltoD Mllmi, tob dem, was bei geiobilpfliclieii TTrseohen der
¥wX\ imt, sn eoUieben, daft dasnelbe bei Gott als Umohe sich
•beneo Terhalle. -
Übrigens könneTi wir mit dem b1. Aug-nstinns aaoh einen
andern Vergleich (= Beispiel) anfuhren, dar mit dem obigen
aut' g-anz gleicher Stufe steht, und aut den der Vorwurf des
Xerrn Frohsohammer gar nicht angeweudet werden kann. Dioser
Vergleich ist vom Spiegel der Wasserfläche hergenommen. Dafs
das Wasser die äber oder an ihm befindUohen Gegenstände wieder*
•piegel^ aetsi der heiligte Angnstinoa als aas der Brftdiraiig be>
kannt Toraoa: „Ponamae eigo aliqnid aatam eaper aqaam, Telat
Tiigaltam aot herbam, noaae cum imagine saa naioitar? Kox
nt incipit exiafcere^ indpit eom illo exietere imago ejas: aon prae-
eedit naeoendo Imaginem avam . . et taoien imago ab iUo^ ooa
illnd ab imagiae. Kaioitür ergo onm inagine soa, et simnl esse
incipiunt virg^ultum et imago ejus. ISum^uid non latcris, imagi-
nem e««e de illo virguito genitum? ... Si Semper virgullum,
Semper et imago de virgulto" (Serm. 117 [De verb. Evang. Joan.
1] D. 12). Hier kann niemand behaupten, dafs „das eine ohne
das andere gar nicht gcdaoht werden kann", und dafs das Wesea
der Pflanze darin bestehe. Im Wasser wiederzuscheinen. Eben-
•oweDig legt sieh also eine paatheistiBche oder halbpantheistiBehe
Aaflkseong nahe.
Damit köaaten wir ans der ICflbe überheben, andere Ein-
wendnngen gegen die Tom hl. Thomas beispielshalber aoge-
Ahrten Fälle (Lieht nnd Lenohten, Fener und Wfirme) sn be-
rücksichtigen. Indessen wollen wir zum Überflufs, bevor wir
weiter gehen, noch einige derselben erwähnen. — Der Kard.
Toletus leugnet, dafs es Bich in den gegebenen Beispielen um
ein wahres Verhältnis von Ursache und Wirkung bandele. Er
ssgt: ,,Ultima dispositio ignis, qnae indooitar onm forma ignis,
mm est effectns ab illa forma, sed ah eo, qnod gfeneFat(seil. igaem);
fttmtliter Testiginm simnl onm pede isoipiens aon fit a pede, sed
ab eo qai pedem feoit; et eodem modo de sola et Inmine di-
oeadnm* (loe. cii Venet 1586 fol. 219 a t). — Also das Lenohten
mid WSrmea als Wirknng soll nicht anf das Lioht nnd Fener
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180 Ldm d. kL Thomu «K 4. UOgUekkiil aioer evigteii Wetctehöpfuif ,
als üraaehe zurttckgefilhri werden, Bondeni auf Stahl und Fener-
etein, die den zündenden t iiüken geschlagen! Das nennt Nazarius
(loc. cit) manifeste faleum. Mag mau liumlicli auch Leuchtea
und Wärmen alö Eigentümlichkeiten des Lichtes und Feuers
autiaaseD, ho kann man docli nicht umhin, dieselben als von der
Wesensform beider verursacht zu denken: „Proprium cnim
non 68t de essentia rei, sed ex principiis eseenttalibus speciei
causatur" (S. Thom. 1. q. 77 a. 1 ad 5 ; of. a. 6 ad 2 et 3).
In dem Einwurf liegl mithin eine Verwechielnng von neoheler
nnd eigentUeher Uieaohe mit der entferntem und miltelheien
TJrMohe. Ee iet eine fakohe Anwendung dee Gmndeatne: „canea
eansae eat etiam oanaa cansati.'' Bai» waa Ton der Weieneform
herrtthrt^ wird der Ursache zugesohrieben, welcher die Weeene*
form ihr Dasein Terdankt Aber kann wohl derjenige, der mir
einen Spiegel vorhält, im wahren und eigentlichen Sinne als die
Ursache meines Hüdes im Spiegel bezeichnet werden? Oder iai
es das Erdreich, welches die Pflanze am Each horvoibring-t, das
zugleich deren Wiedel spif'fj^tdD im Wasser verurHaf iii ? Allerdings
setzt die Pflanze, um ihr Spiegelbild hervorbringen zu können,
zweierlei voraus» nämlich erstens das Erdreich, in welchem sie
das Dasein empfSngt, und zweitens die Wasserfläche, welche ihren
Eindruck in sich aufnimmt nnd wiedergibt Das ist aber nicht
der Fall, weil aie (besttglioh dei Wiederapiegelnt) Uraache iat^
sondern nur, weil aie eine so be ach äffe ne Ursache iet, nSm-
lieh eine aolche, welche ihr Sein nicht ans aich hat» und deren
Wirksamkeit einen yorliegenden Stoff Toranesetat Setae also
eine Ursache, die aus eich iet, und deren Wirken Schaffen ist
(Gott), und es ist kein Grund abzusehen, weshalb dieselbe nicht
von Ewigkeit ihre Wirkung hervorbringen könne. — Wenn es
darum wahr ist, \s as Kard. ToletuR sagt, dafs d^ „argumentum
püiits^imum" für die Ansicht vou der Unmöglichkeit einer ewig
erschaflenen Weit darin liegt, „quia est inintcUigibile, causam
etBcientem veram coaeternam cum eifectu faoere", so hat dieselbe
in der Ihat eine schwache Grandlage.
Bezüglich der Fufsspur und des Fufsee findet eich die
gleiche Einwendung auch bei Frohschammer (a. a. 0.) und
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lieht und I^eoobten smd gleichzeitig.
181
bei Krause (L o. n. 5): „Bestände dies Verhältnis ewig, wäre
es anfaagsloe^ so wäre es kein KanuUTerh&liiuSy aondera ein ein-
faohea Seine YerhiltniB(Mwnples eeeendi ▼le'':Kran8e)wie das der
ttebeneinander liegenden Stanbntome, da niemals die FufiBspnr
▼om PnAe heireigebreolit worden wfire, sondern iminer nur be-
stünde." — Von einer Fnfsspar reden, die nicht vom Fnfse
wäre, scheint nns eine contmdiotio in terminis zu sein. Der
hl. ÜöDaveatura, dcti man iü UDserer l^rage gcni gug-en deu
hl. Thomas aufspielt, bat gegen diesen Vergleich der Plau niker
nichts eiuzuwendeu s. oben S. 375). Ebensowenig der Iii. Au-
guetinos, der ihn zuerst mitteilt (s. oben b. 1^8). Übrigens geben
wir gern zu, dais die vom hl. Thomas gebrauohten Veigleiohe
viel zutreffender gewählt sind.
liooh müssen wir eine auf Grand des Fortschritts der
VTissensehaft gemachte Nörgelei an dem Vergleich Tom Licht
und Lenchten henrorheben. Herr Langen tastet nämlich sogar
diesen Veigiuiofa als solohen an: „Dab der hier Torkommende
Vergleieh mit dem Liohte auf einer onriohtigen Vorstellnng be-
ruh i, braucht wohl kaum bemüikt eu werden".' Ahnlich sa^t
Herr Krause (1. c. p. 19 n. 3): „Hujus nostrae actatis seieiiiia
physica negat, lucem et iiluminaLianem nnius tt mpuris csso**.
Herrn rrohschammer, der doch überall so wacker l'iir die „mo-
derne Wissensohaft" eintritt, kommt an der Dichtigkeit des von
HL Thomas gebrauchten Vergleiches an sich gar kein Zweifel,
„denn dss Wesen des Lichtes als solches besteht eben im Lench-
ten"; ^dns eine kann ohne das andere gar nicht gedacht werden**.
Und wirklich ist die i,nnrichtige Vorstellnng*' nicht auf Seiten
des Aquinaten an finden. Wahrscheinlich dachten die genannten
beiden Schriftsteller in ihrem Eifer, mit dem Fortschritt der
Wissenschaft gleichen Schritt zu halten, an die Zeit, welche die
Verbreitung oder Fortpflanzung der Lichtstrahlen erfordert.
Davon redet der hl. Thomas aber nicht. Allerdings braucht z. B.
das Sonnenlicht 8 Minuten und 13 bekunden, bis es zur Erde
gelangt; das schliefst aber keineswegs aus, dafs Licht and Leaohten
* ThiHBSB von Aqoin von der phflss. HOgUehkelt einer ewigen Welt-
sehApfung. Enpsa 1665. 8. 6 Ann. 8.
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188 Lftbre d. U. Thonit 4ft. 4 MAgUeUnil «iiiif efrlgm WetfiehOpfoiif .
mn sich gleichzeitig sind; noch lenket die neuzeitliche Physik»
dafs beide notwendig und daher unzertrennlich mit einander ver-
bunden sind. „Caeterum — so fügt Herr Krause (n. 4^1 hinzu
— qiiae bodie est naturae oogDitio, loci» percepfcio posterior est
locis existentia. (Von lucis peroeptio ist, wi« gesagt, beiiD
bL TbomM keine Bede.) Actio Mlim prodootiTa, qiwe compre-
bendit orefttionem, boc babet prepriuii, ot tettdtt »d nm eliqnam
procreasdem, qnte extra oaneam g%m et ooUooari debeat (Alio
Sobaffeo» oder vielmebr die actio qaae eomprehendit creatioaeiD,
beifet „te ädere ad rem aliqnam procreandam"; es ist siebt das
procreare selbst! üad swiscben dem Akt des Bchaffisas xaA dem
y^extra causam gigni et coDocari" mnfs — wahrseheiolich (ttr das
tendere — Zeit verlauleu!) Qnapropter causa et effectus nun-
quam possunt coincidere, nihil refert, utrum actio feit insLantanea,
an per motmu fiat". — Wenn helbst wirklich in den vom eng-
lischen Lehrer gebrauchten Vergleichen Ursachf» und Wirkung
nicht schlechthin gleichzeitig wären (was man bezüglich des
ans dem hl. Augustinus angeführten Beispiels wohl zugeben mnCi),
so würde das doch der Beweiskraft der Vergleiche aicht den
genngsten Sintrag thnn. Denn die Venögerang des Eintritts
der Wirkung hatte dann in Yerbaltaissen ihren Grand, welche
in dem yergliohenen Falle niobt statfffinden. Da6 sidi nSm-
lieh awischen den SohSpfer nad sein Gemacht m überwindende
Schwierigkeiten einschöben, oder dafii die von Gott ansgebenden
Geschöpfe eines Mediums bedürften, nm wirklich an werden» ist
ga,r nicht denk bar. Auch in dieser Beziehung dürfte also nicht
vergessen werden, dafs Gott und die Geschöpfe nicht univoce
Ursachen sind.
Herr Froh.schammcr geht indesKen noch weiter und leugnet
überhaupt, dafs die Bchöpfong in instanti geschehen sei. „Dafs
die Schöpfung als ein instantaner Akt an denken, ist selbst niobt
bewiesen, im Gegenteil alles, was die notiere Naturforschung in
dieser Besiehnng erkannt bat, deutet daraaf hin, dafs durchgängig
in der Weltbildong das Gesets der Allmahlichkeit geherrsobt
hat . . . Es konnte also wohl gedacht werden, dafs auch beim
ersten Entstehen der Welt dem Stoffe ebenso wie der Form nach
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Die Scköpfoog ist eine ugenblidcliche Wirkung.
183
AUrnftblicb stattfand , oo dab ea iwar keines seitliehen Hin*
vmd fierberafens Ten Seiten des herrerbringenden Scbdpfers be-
durfte, wohl aber des lekticben Terlanfes Ton selten der wer-
dienden Sohöpfaag selbet ^ sehen in Bemg anf ibr stoffliehes
8ein und Werden, das ja zndein gar nicht ohne alle Form ge-
dacht werden kann. In dietiem Falle ial daua die Zeit dem
Schoptiing^^akte selbst fichon immanent. Und raan kann nicht
wohl sagten, das Stoilliche jedeut'a]!» luulste au^^eTihlicklicb ganz
sein oder nicht sein, ein Mittleres sei nicht möglich: denn da bei
dem Vollkommenen, z. B. dem Organischen, bei der Entwickelnng
TOB einem Mehr oder Minder die Rede sein kann, da es faktisch
eo atatlftadet» so kann dies wohl aneh bei der Bildung des Un-
▼oUkomnenen, des bleib SteffUoben nicht als unbedingt iinm$glieh
aasgeechlossen werden'* (8. $28 f.).
Es bedarf kanm der nShem Früfoag, nm die Ungereimtheit
dieser Bntgegnnng cn erkennen. Von dem Begriff der
Schöpfung ist die Augonbl icklichkoil des Werdens
durchaus unzertrennbar. Wenn Frohschammer meint, der
hl, Thomas folgere diese Angenblicklichkeit des Entstehens ans
dem Umstände, dafe es „keines zeitlichen Hin- und Herberatens
von Seiten des hervorbringenden Schöpfers bedarfie**, so ist das
wohl kanm die riebtige AufTassung dessen, was der Aqninate
lehrt. An der Ton FrohBcbammer berührten Stelle (0[niso. de
aetemit mnndi) erklärt er lediglioh den ünterschted swisehen
aUmfiblieh nnd sofort eintretenden Wirkungen. Balb die Scböpfiing
eine Ursache sei, welche ihre Wirkung eofort und nicht in allmah*
lieber Entwickelnng hervorbringe, beweist er daselbst durobaus
nicht, sondern setzt es als selbstverständlich und einleuchtend
voraus. Die biofse Erklärung der Verschiedenheit genügt ihm,
um zu schliefsen: „Ergo non repugnat — mehr behauptet er ja
nicht als: es ist innerlich nicht unmöglich, es liegt kein Wider-
spruch darin — ai poaator causa prodacens subito, non prae-
cedere dnratione cansatum suum". Wenn er nun fortführt: „"Hto
potest huic rationi obviari, quia Dens est causa agens per to-
lontatem^' — eo besieht sich das nicht auf den Untersats des
Bjllogtsmus Or^^B^ Um» est cauea produoens effectum sunm non
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184 Lehre d. hL Thomas üb. d. Möglichkeit einer ewigen Wellschöpfung.
per motiim, »ed subito"), aondem auf den angeführten ächlufiK
Batc GfBrgo non repugnat . . /*). Wäre nämlich Überi^gnu^
Bötig, 80 rnüfste diese dem Sntoohlafs notwendig zeitlich vonuh
gehen. Wir hfitten daoD ja swei auf einander feigende Akte.
Mitbin könnte in diesem Falle die Soböpifiing, trotanleni Handlung
nnd Wirkung (oreatie actiye et paseiTe snmpta) sngleioh wiiren,
nicht ewig sein. Diesen Einwurf macht der Heilige mit der Be-
merkung hinfSlUg, dafs es in Oett eben kein Überlegen nach Art
nnentschloesener und der Beratong bedtirftiger Menschen gibt,
dafs vielmehr in ihm Wollen und Ausführen ein und dasselbe
sind. — Dals aber Schöpfen mit di in augenblicklichen Setzen
einer Wirkung (der »Schöpfung im pabsiven binne, des Geschöpfes)
gicichbüdeutend ist, geht daraus hervor, dafs es das Hcrvor-
bringeo desÖeins aus Nichts ist. Oder ist es kein Widersinn,
sich das Sein ans dem liichtsein entwickeln an lassen? Die
Entwicklung mulh doch einen Anfang haben, einen terminns a
qno, nnd soll dieser terminns das Nichts sein? Das ist gegen
den altgemein als einleuchtend angenommenen Sata, dalh Ma
Nichts Nichte wird. In dem Augenblick, wo etwas wird da
wo vorher (sive tempore sive natura prius) nichts war, haben
wir ScböpiuQ^. So unTollkommen also auch das nneret ins Da-
sein gerufene Sein — wenn man will, als Samen nnd Anbag
einer langen Entwickelung — sein mag, immerhin ist seine Her-
vurbriiif^^uug üinc augenblickliche. Und in dieser Hervorbringiiug
ist der ganze fcchupfungsakt beschlossen und abgeschlossen. Die
etwa folgende Entwickeliniß- ist nicht mehr Schöpfung. Das ist
so evident, dafn Frohschammor in merkwiirdigem Widerspruch
mit sich selbst nur wenige Zeilen nach der oben cillerteo Stelle
sagt, im Schöpfungsakt sei das Nichts sogleich über-
wunden au denken. Deshalb war es bei den Scholastikern
ausgemachter Grundsata, dafo die Schöpftmg nicht unter die Ver-
finderungen gerechnet werden könne. (Vgl. S. Thom. 1. q.
45 a. d.) Was sollte auch das sein, was awischen dem Nichts
nnd dem Sein in der Mitte ISge? Veränderung und Entwicke-
Inag ist ja ein Dnrchg a n ^ durch Zwischenstufen. Welche Zwischen-
stufe aber könnte es geben awischen Sein und Nichtsein ? Wenn
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Dm Scb^pAnifsakte ist die Zeit aiebt immaoent. '
FrohMhammer neiiit, man könne nicht wohl tagen, da»
Stoffliehe muffte angenblioklieh ganz sein oder niohi>
sein, ein Mittleres sei nicht mögliob, so ist das eine
offenbare Zweidentigkeit, Die Äquivokation liegt in dem Aus-
druck „ganz sein". Dieser kann zweierlei bedeuten, nämlich
erstens: überhaupt sein (Gegensatz; nicht sein) und in diesem
dinne ist es, wie gesagt, ein Widersinn, zwischen „ganz sein'*-
nad y^aichtMin" ein MittlereB ansnnehmen. In diesem Sinne aber
mnfa der Anedmok genommen werden, wenn Ton Sehöpfhng
die Rede ist, welche eben in der Setsang des Beins besteht
Frobaohammer dagegen nimmt den Ausdruck in einem andern
Sinne, namltcb gleichbedeutend mit: toII kommen sein (Gegen-
satz: unvollkommen, unentwickelt, iingelbrmt eeinj; und so ist
es klar, dafs zwischen „ganz («=» vollkommen) -sein" und ,, nicht-
Sein" tuwas in der Mitte liegt, nämlich die Entwickelung des
etwa keimartig Geschatl'enen. Aber diese Entwickelung ist eben
nicht Schöpfung. Geschaffen wäre in diesem Falle nur jenes
keimartige Sein, nnd dieses wäre notwendig augenblicklich
(und gans) da gewesen, wo Torhor nichts war.
Auf das> was Frohaohammer sonst noch in demselben Zu*
sammenbange sagt, mUseen wir Tentichten weiter dnsngeheiu
Nur noch ein Wort über seine Behauptung, dafs die Zeit dem
SchöpluDgsakLc selbst schon iiumanünt sei.^ Das ist
nicht an dem. Der 8chöptiing-8akt ist gerade so ewig wie der
SchÖpfnngswi lle, und beide sind gleichowig mit dera Schöpfer
selbst. „Kovitas divini eifectus non demonstrat novitatem actionis
in Deo, cum actio sna sit sna eseentia". „Nihil prohibet dicere
actionem Dei ab aeterno fnisse, effeotum autem ejus
non ab aeterno, sed tvnc cum ab aeterno disposuit*'. „Nam
Kbeeso bsdenkHeh ist der von BoYillns (sls dritter) angefahrte
Beweis: «Com duplex alt divina opsiatio, qaaedam qoidsiB natoralis et
eootnbstaatialis, alia Tero incooinbttantiatis et Toinntaria: iUan solani
isteniitate, iitam Tero tempore aut aero volomns este metiendan. Dl-
Tinus enim aresniia et interior Processus aeternas, exterior vero tom-
|»OffaUs aut acTiternus". Alto die göttliche Handlung selbst soll seitlich
•efai und die Zeit oder das aevun als MaA salasienl
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186 Lehre d. hL Thomas fib. d. Möglichkeit einer ewigen Wduchöptusg.
«ab volantato diyina cadit dod solum qiiod ijnt effectns mt, aed
qnod tane mi Hoo igitor ToUtiuii qnod est: tnno crestnm
«■60 — BOn retardfttery qnia tano inoeptt emtora mab, quando
Dens ftb aefcemo dispotnit" (B. Thom. Contr. Grat )ib. 2 eqpi 3$).
Herr Langen (a. a. 0. & 6 £) weist den hier in Rede
stehenden Einwarf, dafs Gott als Ursache der Welt derselben
der Dauer nach vorangehen müsse, samt dessen Widerlegung-,
als philosophisch unzulässig" gänzlich ab. ..Sobald ich frage, ob
Gott Tor der Welt sei, habe ich einen Zeitbegritf auf ihn über-
tragen, was unzulässig ist/' — Das dürfte wohl kanin so sein.
Wir können vielmehr in der aus der Offenbarnng uns be-
kannten Sohöpflingalehre gar nicht nmhin, an behaupten, dafh Oott
▼er der Welt ist. Der hL Thomas sagt schleehthin: ,,Deiis est
prior mnndi doradone*' (1. q. 46 a. 1 ad 8). Daa heifot aber
dnrohans nicht, den Zeitbegriff in Gott selbst hineintragen, noch
auch Zeit vor der Zeit annehmen. Was damit gemeint ist, sagt
der Aquinate dBuilich: „to prins non desigDat prioritatem tem-
poris, sed aeternitatis. Vel dicendum, quod designat aetemitatem
(offenbar ein bchreibt'ehler iur prioritatem) temporis imagiaati
et non realiter ezistentis: sicut cum dicimus: supra ooelom nihil
est TO snpra designat locum imaginatam tantnm, seonndnm
^nod possibile est 'imaginari dimensionibus ooelestts corporis di-
mensioacs alias saperaddi". Was Langen an seiner rerkehrtea
AnfiEhssong bringt, ist das HifsTerständnis aweier Fnakte, nämlich:
1. des gegenseitigen Verhältnisses von Zeit und Ewigkeit^ nnd
2. des eigentlichen Wesens des „göttlichen Wirkens" nach aufseo.
Er sagt: „Es ist hier wohl ins Auge zn ia^sen, dafs wahrend
das endliche Wesen und Wirken der Zeit angehört, das gottliche
Wesen und Wirken ein ewiges ist; Zeit und Bwigkeit aber Be*
griffe sind , die in keinem Verhältnis zu einander stehen". —
Dals Zeit und Ewigkeit in irgend euiem Verhältnis an einander
stehen, ergibt sich wohl schon daraus, daft beide in einem ge-
meinschaftlichen genns, der D auer, übereinkommen, wenngieich
sie zwei Torschiedene Arten Ton Daoer sind. Des nahem liegt
ihr gegenseitiges Verhältnis darin, dafs Zeit und Ewigkeit, trotz
ihrer Verschiedenheit^ zugleich bestehen (coexibiuut). Der hl.
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Gott war im vollen Sinne vor der Schöpfung.
187
ThomM «rkUkrt diese „proporfcio aeternitatii ad totam tempom
dnntionem^ folgendeniiAbeB : „Cdih eaae aetenii rnrnqnani defi-
oat, ootlibet tompori Tel iaetaati temporia praeaeatiatiter aden
aeteraitaa . * • Qnidqaid igitar ia qaaeunqne parte temporia eat^
coexiatit aeterao, quasi praeaena eldem, etei respecta alteriaa
parti« temporo sit praeteritum et futonmi" (Coutr. Gent lib. 1
cap. GG). Also „Dci aeLernitaö omuia lempora includil, üou (^uod
ipse varietur per praesens, praeteritum et tiiturum" (1. q. 10
a, 2 ad 4); oder „Aetemitas tota simul existens ambii tolura
lempus; unde omnia quae sunt in tempore, sunt Dco ab aeterno
praeaotttta" (1. q. 14 a. 13). Wie wir also mit philosophischer
Genauigkeit aagen: Gott war Yor einem Jahrhundert, so müsaen
wir aaeh sagen: Gott war, bevor die Welt war. „Ab aeterno
ordinata som, et ex aattqais» anteqaam terra fieret** (ProT.
23V ^ n^^^ nnd „boTor" drttekt nnr den Standpunkt des
Spreeheaden ana, in keiner Weise aber Zeit anf selten Gottes.
£a wird damit seine nnToriinderliebe und nnbesokrüakte Daner
beieiehnet, die sieh iiber alle verSoderliche und beschrinkte
Daner, nod darüber htnans, erstreckt: „praeseottallter totnm tem-
poris decursum attingit et transcendit" (Quaest. disp. De
Poitjütia q. 1 a. 5 ad 2). Deebalb sagt der hl. Augustinus
von der unverauderlichen Natur Gottes, dafa, obgleich sie „non
recipiat fnit et erit, snd tantuiii fjst. . , tarnen propter muta-
bilitatem lemporum in quibus versatur nostra mortaiitas et nostra
nrotabilitas, non mendaciter dicimos, et fuit (Doos), et erit» et
est Fnit in praeteritis, est in praesentibus, erit in fbtoris.
Fnit, qnia nnnqnam defuit; erit, qaia nnnqnam deerit, est^
qnia aemper est (Traet 39 in Evang. S. Joan. n. 5). Gott ist
^ Auf GruDd eioes ähnlichen biblischen Anspruches läCst der hl.
Augustinns die Manich&er wegen des hier in Rede stehenden Irrtums hart
an: »Dieaat ergo vobis, quid dizstit Apostolos Faalns: .Agaitiooem Tsri-
taüs qoae est sseondom pietatsn Dei in spem Titas asternae, qasm pro-
nlstt non neadtz Doos ante tempore aeteraa' (1. Tit. 1,3). Aetsma
snim tsmpora quid ante m habere potaemnt? Hoc ergo cogaotur ex>
ponere, ut intelligaut se non iatelligere, cum temere volunt reprehendere
qtiod diligcnter qnaerere debaerunt" (De Oeneti contr. Manicb. lib. 1
cap. 2 n. 3).
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lÖä Lehre ± hl. Thomas Qb. d. Möglichkeit einer ewigen Weltschöpf ung.
also thatsäoblich vor der Welt. ,,Nec ta (Dem) — wie dmelbe
hL Ao§^tiiiiiB andenwo erklärt -»tempore tempora praecedti;
«lioqnin non omnia tempora piaeoederae; eed praeoedie omnia prae*
terita oelsitiidiiie Semper praesentii aetemitatis" (Coofess. üb. 11
cap. 18 II. 16).
Ebeneowenig ni der Bina aatrefiead, in welobem Langea
(mit Kahtt) bebanptet, daa götfiiche Wesen nad Wirken sei ein
ewiges. Das ist die Kehrseite des vorher gegen Frohsohammer
Gesagten. Für die hier in Kede stehende Frago ist das gött-
liche Wirken in sich (entitative) zu imLerscheiden von der
durch dasselbe zu setzenden Wirkung (termiDative).
was Gott nach fisinem ewigen, unveräuderlicheo Willensentschlufs
hervorbringt, tritt ein zu der von ihm gewollten Zeit — wie os
bei den täglich ei^chaÜcnen Monschenseelen offenkundig ist. Der
terminus des göttlichen Willens ist also gerade so zeitlich, wie
die von ihm hervorgebrachte Wirkung (die creatio passive sumpta)
selbst Besüglieh seiner Wirkungen naoh anfsen gebort demnaoh
das gottUohe Wirken, sofern wir anf das Eintreten seiner Werke
sehen^ der Zeit nnd nioht der Ewigkeit an. Mit vollem Keohte
würden wir also s. B. sagen: Gott hat heute eine Mensoben-
seele erschaffen; Gott hat heute ein Wnnder gewirkt n. s. w«
Nieht als ob das Wirken selbst erst heute stattgefunden hatte,
soudorn weil das Gewirkte erst heute eingetreten ist. Mit
demselben liechte, sowohl theologisch wie philosophisch genau,
sagen wir also auch: Gott hat die Welt im Anfang erschaifen,
und er selbst war, bevor er die Welt schuf.
ä. Aus der oigentürnücheD Natur der hier in üede stehen*
den Hervorbringung selbst hat man einen Beweis gegen die
Möglichkeit einer Schöpfung von Ewigkeit herzuleiten versucht,
insofern Sehaffen ein Hervorbringen ans l^ichts ist^ welches —
sagt man — als gleichbedentend mit nach dem Nichts au ver^
stehen ist — Der hl, Thomas antwortet in aller Kttrae: Aller*
dings hat jener Ansdrock unter Voraussets nng der Offen-
barung diese Tragweite; an sich jedoch awingt er ktineswegs
SU jenem Verständnis, da vom Standpunkt des blofben Denkens
der Begriff ausKichts seine volle Bedeutung behalt, wenn er
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»A«t nichtt** Mbi «n sieb blofs:. .nicht ans etwas*'. iÖU
«Itt 9,11 ieht aas etwas" Tentanden wird. So aber schliefiit der
▲nadrnok, wie bereit» frtther gesagt, nicht notwendig ein, dafe
das Nichts dem Sein vorangegangen sei (Sum. theol. 1. c. ad 2;
Contr. Gent. 1, c. a l 2). „TuLüst enim dici, sicut et Avicenna
dtcit; (jiiod non esse ])raecedat esse rei — non duratione, sed
natara; quia Tidelicet, si ipsa sibi relinqueretur, nihil esset, esse vero
eolum ab alio habet. Quod enim estnatnm alicni inesse ex seipso,
nainraliter prius eompetit ei eo qnod non est ei natom inesse nisi ab
«Uo'^ lUthin »^non oportet» ex ipsa ratione productionis» eed
« Teritate qnam fides snpponit» quod prins non foerint (oreatn-
raeX postea in esse prodierinf' (De Potentia l e. ad 7).
Diese Widerlegung scheint dem Herrn Frohsehammer „anf
einem tiefen Mangel der tbomistischon Wissenschaft, auf einer
wißsenschatUich nicht zu rechtfertigenden, iubbcbondere durch
neuere XaturtbrKchung widerlegten AulTaRsunf»- der Natur der
ScbopiuDg zu beruhen. Im Wesen der Jvreatur soll sich ein
Prins nnd Posterius secundom ordinem naturae unterscheiden
lassen, jenes soll das sein, was dem Dinge dnroh sich eigen ist,
dieses da^enige, was es anderswoher hat* Ans nnd dnrch sich
eelbst habe nnn die Kreatnr nichts, da sie alt ihr Sein dnroh
Gott habe, nnd demnach sei das Prins der Kreatnr secnndnm
ordinem natarae das Nichtsein, das Nichts. Man sieht wohl so-
gleich, dafs dies ein übernötigtes Räsonnement ist, das sich selbst
aufhebt. Ist einmal von der Kreatur die Rede, so ist schon
vorausgesetzt, dafs sie selbst ist, und dal's ihr eig-enstes Wenen
das Bein, nicht das Nichts ist Weun also einmal davon die
Rede ist^ was die Kreatur hat und yon sich hat, so ist dasWesen
schon als seiend und positiT gesetst» nicht als Nichts, denn ist
das eigenste Wesen derselben das Nichts, so kann davon eben
anch gar keine Bede sein. Ist das Snbjekt aufgehoben, so kann
man ihm anch gar keine Prädikate mehr anschreiben, weder po-
sitiTo noch negati?o, und anch von einem Prins nnd Poeterins
kann keine Rede mehr sein. Es ist also nicht möglicii, als das
Natürliche der Kreatur das Nichts zu bezeichnen, da sie viel-
mehr erst als Kreatur, als Geschaffenes natürlich ist" (S. 531 \
An die in „der Thomisüschen Wissenschaft" gelehrte Yer-
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1^0 Lehre d. hU Thomas flb. d. Möglichkeit eioer ewigen Weltschöpfung»
SOhiddenheitdodWesens eines Dinges Yonaeioem Dasein scheint
Herr Frohschammer nicht gedacht za haben, als er die vorstehen-
den Worte niedenobrieb. ,Jet einmal Ton der Krenfenr die Rede»
so Ist aohon Tormnagesetsl, dnfii sie eelbel ist^ — i. h« ext*
■tierti Von anderen, alt den Jetst wirklioh Torhandenen G©-
•ohSpfen kann iob also nksbi reden? Und der Begriff, daa Wesen
,,Oesoh5pf' ist ein Niobts? Doofa wir bSren nocb stanneoawerteie
Dinge. „Der Kreatnr eigenstes Wesen ist das Sein, niobt das
Nichts". Also zwischen Sein (= Exi stieren) und Kichts gibt
es kein lliuleres? Das ideale Sein, das Mögliche, weiches so-
wohl in der Idee und Macht Gottes als io unserer Erkenntnis
wirklich ist, ist tlir Frohschammer nicht vorlianden. Und das
Existieren ist der Kreatur eigenstes Wesen? bie existiert al^o
vermöge ihres Wesens; sie hat das Sein aas sich; das Existieren
'ist ihr wesentlich, also notwendig, also unverlierbar! Ist da»
die Anffaasnng der „nenem Katorwissenscbaft" von der Katnr de»
Oescböpfbe? Aber ihr anm Trots nnd ebne tn fUrabten, von ihr
wideilegt an werden, sagen wir: nnn nnd nimmer ist da»
eigenste Wesen der Kreatnr das Sein. Aber ebensowenig
ist „das eigensteWesea derselben das Kiehts". Wenigslens wird
so etwas niobt in der „Tbomistisoben Wissensebaiti^ gelebrt Wa»
der englische Lehrer sagt, ist einzig und allein dieses: „ponitnr,
(juod natura ejus (seil, creaiuraej est talis, quod esset nihil, si
sibi reliuqueretur". Das hcifst doch nicht: das Wesen oder die
Natur der Kreatur ist das Nichts; vielmehr ist der Sinn dieser:
Die Natur oder das Wesen oder dor Beg:riff des Uoschöpfesi
schliefst das aktuale Sein nicht ein, m. a. W.: Wesen und Da-
sein sind im Geschöpf zwei verschiedene Dinge, oder noch an-
ders ausgedrückt: Geschöpf sein heilst, das Sein (Existieren)
Ton einem andern baben (Bsse non babet ereatnr» nisi ab aüo).
Ans sieb also nnd ebne sebÖpfeHscb bervorbringende Ursaobe
wäre es in der Weltwirk liobkeit nichts (sibi antem reliota
in se eonsiderata nibil est). Unde — so schlieftt der Aquinate
— prins natnraliter inest sibi nihil quam esse, d* b. natnrgemSft
oder seinem Wesen nach kommt dem Geschöpf eher das Niobts
(nämlich in der Urdnung der aktuuleu Wirklichkeit oder der
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Unterschied zwischeu idealem u. realem Sein des Geschöpfes. 191
änfserB Jb^atar) als das Basein zo. Das inest bezieht aich also
nioht «af die existierende Kreatur, wie Frohschammer vor-
aussetzt, sondern aof den Begriff, das Wesen (nataraliter) de»
Oeschöpfea. Und daa Niohts ist oicht^ wie Frohaohammer meinV
der Gegenaats sn Sein, sondern ui Baaein, m. a.W. es drttokt
den Mangel des Seins in der uns umgebenden WeltwirUichkeit^
nioht aber den in der idealen Ordnung ans. ,rErgo oportet, ^uod
seoundum naturam suam esset non ens, nisi a Beo esse heberet'*
(In II Seni Bist 1 q« 1 a. 5 ad 3). In dem Wesen des G-e-
Rchöpfes ibt also das aktuale Sein nicht beschlossen; aus sich
würde es dieses nicht haben; iial ua dabbcibe, so ist es nur von
Ooii.^ Wa8 kann also Veriänglichea darin liegen, wenn gesagt
wird: „prius inest unicuique naturaliter quod convonit
«ibi in sc, quam quod solum ex alio habet?" Es ist Iblg-
lich ein doppelter Fehler, welcher sich durch diese liemorkuDgen
Frohschammers hindurchzieht: ein Verkennen des Unterschiedes
awisohen Wesen und BaseiUi und ein Kicht verstehen des Unter-
sohiedes swisohen tempore und natura prius. Beides susammen
findet sieh in dem Sata anagedrückt: ^Ist das Subjekt aulge*
heben, so kann man ihm auoh gar keine Prädikate ausohreibea
. . . und auch von einem prius und posterius kann keine Bede
mehr sein". Bie Worte : „Ist das Subjekt an%ehoben'S können
in dem Zusammenhange, in welchem sie gebraucht werden, lo-
gisch nur hoifson: handelt es «ich um die ^satur (das Wesen)
eines nicht existierenden Subjektes. Bei Frohschammer je-
doch drücken sie das Isichts aus. ISimm das aktuale Dasein
von den Geschöpfen fort, und es bleibt nach ihm das Nichts
librig. Von dem .Lichta aber kann nichts ausgesagt werden.
> Es ist ein himmelweiter Untersehied swisefaen den beiden 6e*
hauptoofsn: Creatnrae ez se conTsnit non esssnnd:Creatnrae
non ex BS sonvenit esse. Das LetatMTS wQrde bloft heiftsa, die
£iiiteDz komme dem Geschöpf nicht vi essentiae suae, sondern nur von
sehen einer äufsern Ursache r.n, m. a.W. dasselbe sei ein ens al> alio.
Das Krslcre aber Jfiffsp: das Geschöpf ist einWesen, welches das Exis-
tieren ausschliefst, welches also in kölner \\ Ok", auch nicht durch eine
äuTsere Ursache, zur Existenz gelangen kann; das Dasein ist mit seiner
Natur unvereinbar.
JahtM flfar mioMphto tta. Tl. It
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1 93 Lehr« hl. Thomas ab. d. Möglichkeit einer ewigenWeltsehÖpfiuif.
Hier ist Frohschararacr offenbar im Widrrsiiruch mit dem g-e-
ftunden MenftcbeDYerstande. Oder äadet es Dicht jeder eialeach-
tend, wenn gesagt wird, die Teile eeieii der Natur (oder dem
Begriff) nach früher al» da» ans ihnen sneanmengeselate Game?
Und doch wird hier, wenigateos wenn ea aich am ein organi-
ach es Gansea handelt, daa „frtther Mtn** Ton nicht extatiereadea
Snbjeton (also dem „Kichts*') anagesagt! Oder — nm auf mn
Mher gebrauchtes Beispiel zorttcksokommen — ist die Sonne
nicht der Natur nach t'rühcr üU das Leuelittiu uud Warmen?
Hier wird dus „triihcr sein" von der nicht leuchtenden, also von
der nicht existierenden Sonne ansgesagt. Damit ist jeder ein-
verstanden ; nur f robschammer würde sagen : Ist einmal too der
Sonne die Rede, so ist schon vorausgesetzt, dafs sie ist nnd
leuchtet, also kann von einem frtther oder spater mit Bezog aaf
ihr Sein nnd Lenchten keine Bede sein. Bafs dieses ein „über-
nötigtea Rasonnement'* ist, liegt aaf der Hand.
In einem Artikel ttber „die Frage über Beweiabarkeit oder
Unbeweisbar keit des Anfangs der Welt in der Sobolastik" im
Katholik (1861. Erste Hälfte S. 060) wiid zugegeben, daff*
das „ex nihilo" zunüchöt und in eröter Linie von der Leugnnnfr
eines vorliegenden Stoffes zu verstehen ist. „Allein — - so wird
dann fortgefahren — dies ist denn doch, wenigstens ia sekun-
därerWeise, ebenfalls in dem Ausdruck „ex nihilo" ausgesprochen,
dalh, bevor Gott die Weh schuf, nichts anfser ihm vorhanden
war, woraus er sie hfitte erschaffen kennen. Bs mufs also doch
dem Sein des Gescböpflicheo oder vielmehr dem Eintritte dieses
Seins ins Dasein ein sohlechthimges Nichts vorausgedacht und
vorausgesetzt werden. Und zwar kann dieses prius des Nichts
vor dem ISein kein hlofaes priu.s secundum naturam sein;
denn in diesem Falle rnüfste da» Nichts, wie Albert der Grofse
mit Recht «agt, ein konstitutives Princip der Natur des Geschöpf-
lichen selbst sein, was nicht leicht zulässig erscheinen dürfte,
selbst wenn man die Sache so auffafst, wie Thomas es gethan.
Denn wenn man auch sugeben mufs, dafs das geschöpfliche Sein,
falls es sich selbst überlassen würde, nichts sein, d. h. ins
Nichts zurückkehren würde, so kann man deshalb doch nicht
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Das Nichts ist kein Sems-Frincip der Geschöpfe.
193
ragen, daTs du liiohto du konstitatiTes Frinoip des goschöpf-
lielieB SeioB sei Es btoibfe somit niohto anderes ttbr%, als jenes
prins des Kiohts Tor dem 8ein als ein prins seenndnm du*
rattonera snftnfassen, d. b. die Zeit, resp. das eiste ^^etst*'
der Zeit, a parte ante durch ein schlechtiniges Nichts begränzt
sein zn labten, f?o zwar, dafs dieses Nichts dann durch den Ein-
tritt ins Dasein, womit auch die Zeit in der Wirkhchkeit auf-
trat, negiert werde . .
Die einzige Begründung dieser Darlegung scheint uns in der
mit „denn" eingeleiteten Äafserung des sei. Albertus Hagaus
«Q liegen. Wir müssen nns dieselbe daram in ibrem wabren
und Tollen Sinne Teiigegemrirtigen. An der frfiber von nns
angeffibrten Stelle (Snm. tbeol. p. II iract, 1 qnaest 4 membr. 2
art 5 partic. 1 qnaest ineid. 2) sncbt der grofse Albert der
Unterscheidung zwischen prioritas naturae und prioriiaä dura-
tionis auszuweichen, um darzuthun, dafs das „ex nihilo" not-
\vendi»r als „post nihiium" zu verstehen sei. Zu diesem Be-
hüte sagt er: Was der Natur nach einem Ding vorangeht, kann
nur eines seiner natürlichen Principien sein, also etwas, das in
dem Ding selbst wirklich ist, und das als zn ihm gehörig Ton
ihm ausgesagt wird* Wenn also bebanptet wird» das Nichts
sei der Natnr nach fHiber als das Geschöpf» so mnibte das Nichts
-ein natürliches Prinoip des Geschöpfes» etwas in ibm Befindliches
und zu ihm Gehöriges sein. Das ist aber ganz undenkbar.
Wird demnach gesagt, das Geschöpf werde ex nihilo, so muls
das ex eine zeitliche Autein uidoitolge, und nicht eine blofse
Beziehung der Gedanken btHicuton,
Bei der Zerlegung diebur Bewei&iuluruQg halten wir uns
nicht bei der Frage auf» ob die Fassung des „prius natura^' im
Obersats nicht etwa au enge ist» da das fehlerhafte derselben
«OS einem andern Grunde sofort in die Augen fSllt Bs Hegt
nämlich in ihr eine Verwechselung Ton Werdens-Principien mit
Seins-Principien. Bekanntlich fiibrt die peripatetische Schule
unter den Werdens - Principien der auf dem natürlichen Wege
(d. h. durch generatio) entstehenden Dinge die privat io an,
und doch ist es nie jemanden in den Öinn gekommen» zu sagen,
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194 Lehre d. U. Thomat flln d. M ög lielikelt einer ewigen WdUchöpfuog.
die privatio sei in den gewordenen Diügen und werde von
ihnen ausgesagt Das ist nicht möglich, weil es sich ja nicht
am ein Ding» etwas wirklich Bestehendes handelt. In derselben
Weise nun, wie die privatio sich zu dem natürlichen Werden
der Dinge verbäli, verhält aioh das liiohto eu den dordi Er-
schaffang enteteheaden Dingen» Es kann, wenn man will, ala
ein Werdene-Prinoip, nicht aber als ein Seina-Prinoip der-
selben beseiohnet werden. Ist es aber ein soldies, so folgt niob:^
was der sei. Albertus folgert^ nämlich» dab es in den Oesohöpfen
sein müsse und zu diesen als ein Wesensbestandteil gebore.^
Gerade durch ihre Behauptung, dafs in dem Begriff der
iichöptuiig die Worte „aus ^SiciiU" gleichbedeuieud seien mit
„nach ^i'iehts" bereiten sich unsere Gegner, wohl ohne eich dessen
zu versehen, unlösliche Schwierigkeiten. Was ht-ilsi denn das:
„nach dem Nichts"? Etwa dafs vor der fcichöpfung das Ivicht*
dagewesen sei? Aber dasein kann nur ein Etwas. Oder
soll es die Dauer des JNiohtseins («iprins secandam duratio^
nem'*) ansdrttcken? Aber auch danern kann nnr ein Etwas,
nicht das Nichts. Überhaupt können wir von dem Nichte keine
Eigenschaften oder Tluitigkeiten aussagen — auch ,,begrensen"
kann es nicht — ; das Einzige, was wir Ton ihm wisseni ist eben,
dafb es Nichts, d. h. die Abwesenheit irgend eines Seins, ist*
Soll also das Nichts dem geschaffenen Sein to ran gegangen
sein? Aber wenn ihm nichts vorangegangen ist, so ist es offen-
bar immer gewesen. Nichtö war Irulior aib das geschafiene Seiu^
also kann der Begriff des Nach auf die Schöpfung gar nicht
angewendet werden. Keine irgendwie mit ihr gleichwertige Dauer
war vor der Weltzeit. Sagen, Gott habe die Welt tausend Jahre
irüher ersohait'en können, hiefBe etwas TiiÖnclites behaupten.
1 Vgl Isidoras de Iiolanii, In Averrolttas de aetemitate
mondi Ubrl qoatnor (completi anno 1518), Ub. lY in fia. fislmant 1680
f. SO a t.
» Aus dem oben Gesagten ist hinlänglich klar, dafs „Niclits" hier
im Gegensatz zum realen Dasein genommen wird. Wir wiederholen dieses,
um einer etwaigen Unterscheidung zwischen idealer und realer (Zeit-)
Dauer vorzubeugen. Ks ist von selbst klar, dafs diese Unterscheidung
uns Aber ein priui in Gedanken nicht hioausbringen wflrds»
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Sehwierigkeit, den Anfang der Welt in erklftren.
195
Oder bildet man eich etwa nach Art der MaBicbaer ein, dab
awiachen der Ewigkeit und der SohÖpfong» oder Ton Ewigkeit
bis vom „Anflrag" nnendtiobe ZettlSafe rerflossen seien? Wie
unterscheiden sich denn achliefslich diese beiden Sätze : „von
Env ;fr k(;it her" und „im Antauge"? — Aus diesem In gaiif.'; gibt
t'B keinen andern Ausweg als durch Znn'ickg-ehcn auf las Ver-
hältnis der Ewigkeit Gottes zur Dauer der Wi ltdluge, wie wir
es oben erklärten. DieseB wird Bich uns aber kaum aus der
Philosophie allein ergeben. Nur die mit der Offenbamog be-
kannte Philosophie kann hier sicher gehen. Damm sagt der
hl. Thomas mit Beobt» dals unter Voraossetsaiig der Offen-
bar n Dg die Worte „aus Nichts" gleichbedeutend seien mit „nach
Ifiehta", nicht aber ans sich. Habe ich einmal ans der OfFenba-
rang die Gewiflbheit: ,Ja prinoipio crearit Dens coelam et ter-
ram", dann kann ich auf jenen Höhen des Denkens nnd Sinnens
Toranschreiten, ohne vom Schwindel erfiifst sn werden. Das
Philosophieren allein wird mich nicht zum Ziele führen.
Diese Schwierigkeit, sich, Jiclbst unter Annahme der Oß'eu-
harung, einen klaren BegritT von „Anfang" zu machen, erklärt
CS wohl, warum manche im Lauf der Geschichte ulaie Bedenken
die Thatftache der Schöptung annahmen, aber an der Frage
nach dem „wann" und an der Antwort: »im Anfange" schei-
terten. Wie bereits angedeutet» waren diese Worte, dem Zeugnis
des hl. Angnstinns zufolge, den MaDichäern gana unTerstsndlich.
,,Si in prinoipio aliqoo temporis fecit Dens coelam et terram —
so fragten sie ^ quid agebat, anteqnam faceret coelam et terram?
Et quid ei subito placait facere quod nunqaam antea fecerat per
tempora aetema?^^ Das war wohl der Grund, weshalb der
hl. Aagostinns die Worte ,,in principio" viel lieber auf Christas
deutete, als von der Zeit verstand. „Uis respondemufl. De um
in prinoipio fecisse coelum et terram — non ui prinoipio
temporifl. sed in Christo, cum Verbum esset apud Patrem per
qnod facta et in quo facta suntomnia... »Sed etsi in priacipio
temporis Deum t'ecisse coelum et terram oredamus» debemos
> S. Ang, De Oenesi contr. Msntch. lib. 1 csp.2 n.8i — cf. Coa-
fess. lib. 11 csp. 10. 12. 90.
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196 Lehre d. hl. Thoraas üb. d. Möglichkeit eioer ewigeu vveltschöpfung.
utiqne intelligcre quod ante piinoipiiim temporis hob «rat tem-
pns . . (Ibid.).
la äbnliober Weite wie die Maniehäer irrte anoh Origenes^
indem er lehrte, die Welt könne keinen An&ng gehabt bähen,
▼i^mehr rntteee die Vemnnft annehmen , es seien immer Ge-
schöpfe dagewesen, da Gott sonst nicht immer Herr geweeen
wäre: „Qoemadmodum pater non poteet eaee qnis, «i fiUns non
sit, neque dominiie qnis esse poteet eine posseseiooe, sine servo:
ita ne omnipotena qnidem Deu» dici polest, &[ non sint in quo«
exerceat potentatum; et ideo, ut omnipotena oatendatur Deui»,
omniu subsistere necesHe est. Nam öi quis est, qui velit vel
saernla aliqua vel spatia transisse, vol quodcunqu© alind nomi-
narc vult, cum nonduiu facta essent quae facta sunt: ainc dubio
hoc OBtendet, qaod in Ulis saecnlis yel spatiis omaipotens non
erat Dens, et postmodnm omnipotens factos est, ex qao habere
coepit in qnos ageret potentatum; et per hoo videbitur profeotnm
qoendam aooepisae . . • Qnod si nnnqnam est» quando non om-
aipotens fnerity neoessario snbsistere oportet etiam ea per qnae
omnipotens dicitnr, et semper habnerit in qnibas exercnerit po-
tentatum , .
Origenea hatte diese Lehre in der Bchnle des Apostaten
Ammonins Sakkas eingesogen, von dem anch deesen Anhänger
und ^Nachfolger, die Neuplatcniker, «iic.Tclbe iibiiikamuü.^
Diese wenigen geBchichLlichen Thataachen genügen, um diu
Behauptung Stockls^ zu widerlegen, die Frage nach der Er-
schaffniicr als solcher sei ungleich schwieriger als die nach dem
Wann der Erachaflung oder dem Anfang der Welt. Alle ge-
nannten nehmen nämlich die Schöpfung der Welt von selten
Gottes unbeanstandet an» aber einen Anfang der geschaffenen
' De Princip. IIb. 1 eap. 2 n. 10. — VgL Methodlas von Olyn-
pos, Es librorde creatis {nepl ytvQf «fr) excerpta (HigDc, Patrol.
grsec t. 18 col. 834 ff.) q. Haetlns, Origeniaaa, IIb. 9. qoasat. 12 d. 4
(Coton. 1665, p. 165).
' Vgl. ZacliariasMitylenes, DisputAliodemandi opificio (Migne
Patrol. graec. t. 65 col. 1011 ff.).
' ^Die thomistifiche Lehre vom Weltautang iu ihrem geschieht!. Zu-
bammenbaDge". Katholik. Juiirg. löS'ö. I. 451 f.
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Irrtümer bezüglich des Anfangs der Schöpfung.
197
Welt ▼ermoohtsD sie nicht sn Tentahen. Da wo der hl. Angur
•tum« die beioiohDeton Iirtttmer gefliasenWoh bekämpft» tngt er
gftns dieMlbe Lehre ver wie der hL ThonuMi den SVkki hier
bekämpft Ton doojenigco, welehe deshalb von einer ewigen
Welt reden, weil sie die Schöpfung lengnen, sagt er: sie reden
UnvuniuulV „Qui hoc dicunt, si munduiu aeternuui sioe ullo
iailio, et ideo ncc a Ueo i'actum videri volunt, nimis aversi sunt
a veritate, et letali morbo impietatis insaniunt. Exceptis cnini
prop!ujti( is vocibuu, mundiiB ipse ordinatisäima »uä luutabilitate
et luobilitate, et viaibiliuio ouiuium pulcherrima specie quodara-
modo teoitus et ÜMtom se esae, et noonisi a Deo ioeflfabiliter
atqne invisibiUter magno, et ineffabiliter et inTisibiliter pulohro
fieri ae potniaae praolamat^ Von denjenigen dagegen, „qui a
Deo qnidem faotnm fiifentnr, non tarnen eura Tolnnt temporia ha-
bere, aed anae creationia initium'', sagt er nioht, da& aie etwaa
Unmdgliehea nnd ünTernünftigea behaapten, vielmehr ancht er
aie auf Umwegen an widerlegen.^ — Einer der Gründe, weahalb
Slockl daa Gegenteil behauptet, dafa ea nämlich minder aohwie-
rig sei, den Anfang der Welt, als deren Erschaffung zu
eikcnueii, ist dieser: „da ja zu jenem Hchon der Charakter der
Zeitlichkeit, der der Welt eigen ist, uns hiuieitet". Allein diese
Worte enthalten eine petitio principii. ZeitUchkeiL ist nichts
anderes alö da« Dauern von Veränderuug-en. Was hier in Frage
ateht^ ist diesem : ob diese Dauer notwendig einen Antaog haben
miiaae. Das wird aber hier als selbstToratändlich vorausgesetat
nJe Tondaria bien aa?oir, aagt Leibnita, commenC on pent demon-
trer qne tonte ancoeaaion renferme nn premier ioataDt". Und
wiederum: „La auite dea choaea eat toujouia contingente, aoit
qa'il 7 ait en an commencement on non".' — Stöokl aagt weiter:
„Zum Begriff der SehöpftiDg aoa nichta hat aioh keiner der an*
tiken Philoaophen vollkommen erhoben; den Anfang der Welt
dagegen hat Plato gelehrt*'. (Logisch mttfiite es wohl heifoen:
„V o i l k 0 w m e u gelehrt".) — Hiergegen ist zunächst za bemerken,
< De civit. Dei Hb. 11 cap. 4 n. 2. — Vgl. 8. Thonas, Osler An-
ÜUirung des hl. Augustinus 1. q. 16 a. 2 ad 1.
' Lettres k Bourguet. Oeuvres ed. Dateos. II 337 ff.
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li^S Lehre d. hl. Thomas üb. d. Möglichkeit einer ewigen Weltachöpfimg.
tl&fe Plato eine ewige Materie annahm,^ dafs also, auch wenn
«r für die BUdong der Welt ans dieser Materie einen An-
teng forderte, dieser Anfang dnrebans ▼ersohieden ist von
dem Anfong, der für nns in Frage steht Unsere Frage tat
diese: Mnfs jedes ons ab alio (alles Geschaffisne ist näm-
lich ab alio nnd nicht a s e), was inmier es sei» notwendig
nach jenem aliad sein. Von dieser Frage können wir die pla>
tonische Materie nicht ausschliefsen. — Dann aber ist es auch
zweifelhaft, ob Plato überhaupt einen Anfang der Welt ge-
lehrt habe, A pule jus sagt von ihm: ,,Hunc quidem mundum
nunc sine initio esse dicit, alias originem habere natunique
esse. Nulhim autem ejus exordium atque initium esse, ideo
qaod Semper fnerit; natlTum vero videri, quod ex bis rebus to-
Üüs substanlia et natura constet, quae Tinscendi sortitae sunt
qnalitatem" (De dogmate flatonis 1. 578). Und Marsilins
Ficinas (Compend. in Timaenm cap. 13) schreibt: „Bi
interroget, nnroquid apnd Platooem mnndns fiierit sempitemiis,
respondeo equidem, interpretibns Severo, et Attico, et Plntarcho,
aliisque, nt Frocnlns narrst, multis» non faisse Semper; sed tnter-
prettbas Crantore, Plotino, Porphjrio» Jamblicho, Procnlo et ple*
risque alüs, Semper quidem ftiisse, et fbisse Semper a Deo, immo
fluxisse. Deum enim scraper esse ajunt, mundum vero fieri
«emper et Huerc; ac pi initio tempori« carentem consideraveris,
ingenitum dici mundum, sin autem perpetuum a Deo ejus effluxum,
assidue genitura : ncquc minus ex Deo penderc, si dependerii pende-
atqne semper, quam si aliquando coeperit dependere, vel desinat".
Wir machten vorher auf die Schwierigkeiten aufmerksam,
die sich unseren Gegnern daraus ergeben, dafs sie vom Stand-
punkt des bloisen Denkens ans fordern, das Nichts müsse nicht
blofs der Natnr, sondern anch der Daner nach dem Sein Toran-
< Auf Grund dsiaen gehen Braeker, Bitter (Geseh. derchristl.
Philos. I. 301 ff.) u. a. sogsr soweit su sagen, dafs einige griechitdie
Väter ilio Lehre Piatos von einor nngeschaffenen Materie angenommen
hätten. enfgcgengesetzte Lohre der Väter s. bei(Baltus), Defense
des SS. Tel (>s accuses de Platoniame, Paris 1711. lir. 3. chap. 9 und U
(p. 319 ff. und 334 ff).
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Verdrehung des Standpunktes.
199
gehen. Könnte es wohl etwas Kindlicheres geben, als ans die
Lösung dieser Sohwierigkeiten znsohieben zu wollen? Man tränt
in der Tbat kanm seinen Augen» wenn man bei P. Stentrop
(Das Bogma Ton der seitliehen Weltschöpfung . gegenüber der
oat&rliehen Erkenntnis. Innsbruck 1970. S. 51) liest: »»Sehen
denn diese Gelehrten nicht, dafs dieses Zugeständnis" — (so nennt
er unsere Unterscheidung zwischen prius naturü und prius du-
ratione) „eben den Satz enthält, dem sie auszuweiciiea wünschen,
nämlich es sei dem Ueschoptc we?icntlich , einen AnCaii^^ suineß
Seins zu haben? Oder verlangen sie etwa zum Anlange des
Heim, dafs das Nicht-Sein dem Bein der Dauer nach voraut'gehe?"
(JSor sechs Zeilen vorher hat er gesagt, dafs wir auf Grund
jener Unterscheidung leugnen, dafs „gefordert werden könne»
daih das Nicht -Sein dem Sein auch der Dauer nach vorauf-
gehe"; und jetzt fragt er uns» ob wir diese Ton uns abgewiesene
Forderung s teile nl Er bekämpft uns, weil wir im Begriff des
Geschöpfes einen Anfang nicht eingeschlossen finden ; und
4ooh fragt er uns» ob wir zum Anfange des Seins Torlangen,
dafs etc.!) „Dann wäre ja der Anfang unmöglich nnd Anfangs-
losigkeit notwendig. Denn abgesehen ihivou, dafs es sinnlos ist,
von einer Dauer des ^\icht- Seins zu spruchen, kann es oÜ'cubar
vor dem Dasein irgend eines Geschöpfes keine reale zeitliche
Dauer geben, nnd somit kann das Nicht-Sein der Welt durch
keine reale zeitlicho Dauer von ihrem Sein getrennt sein. Wäre
es also zum Anfange der Welt notwendig, daüs ihr Nicht-Sein
ihrem Sein der Daner nach voraufginge" (was wir» wie ge-
sagt> leugnen» und unsere Gegner behaupten)» „so wäre der
Anfang der Welt unmöglich. Und das werden doch jene nicht
behaupten wollen» die uns in dieser Frage widersprechen zu
müssen glauben" (Nein, der hl. Thomas» dem P. Stentrop hier
widersprechen zu müssen glaubt, behauptet das nicbi Aber
wie er selbst seiner Folgerung, für deren logische Richtigkeit
wir nieht eiuzustchen haben, entgeht, ist seine Sache). „Es
bleibt ihnen also nichts anderes übrig, als den Satz zuzugeben,
es sei dem Geschöpf wcrtuntlich, einen Anfang seines Seins zu
haben» und tblgiich könne es nicht anfangslos sejpi'' (Vorher hat
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200 Lehre d. hL TbouM fib. d. MOgliehlMit einer ewigenWeltteliöpfuDg.
©r gefolgert, „der AniaDg der Welt wäre unmöglich". Aua
der Unzuläösigkeit dieser Behauptung folgert er nun: das Ge-
schöpf mufü einen Anfang haben, es ist ihm wesentlich, aa-
zufaogeD. Nach den Regeln der Logik folgt aber aas der Leug-
nuDg der Unmöglichkeit einer BehauptuDg nur deren Mög*
Uohkeit; ?. Stentrop aber leitet frischweg dorenNotwendigkeit
daraoi ab. Etwa «o: £• ist nnaiiUiBsig wa bebanpten: ^^LaohoD
ist für deo Meoaehen nvraögliob"» alao folgt: „LaAben iat für
den Hensehan notwendig^; ar mafa laohen; et ist ihm we-
Ben tu oh, au laohen).
Von dieser Dialektik liefert F. 8toatriip ana noch weitere
Proben: „Bw Sata: das Niobt^in des Gesoböpfes geht seinen
Sein der Natur nach Toranf, besagt nicht allein und nicht zu-
erst, dafs wir diib üeBchÖpf als nicht -seiend denken kurmen,
oder dafs wir dasselbe als nicht-seiend denken müfsten, wuuu wir
diu JitiliDgung- »eines Seins als nicht gesetzt betracbteu würden,
sondern es besagt zuerst, dafs wir mit objektiver in der Natur
der Sache gegründeter Notwendigkeit als das erste des Ge-
schöpfes nicht das Sein, sondern das Nicht-Sein zu denken haben'^
(N. B.y als das erste zu denken haben; die Aufeinanderfolge
liegt nur in unseren Gedanken; ea handelt sioh um ein natnii
priuSy nicht ein duratione prius). „Oboigehen wir die Fragoiy oh
da, wo als das erste'' (natura, nicht duratione) „nicht das Sein,
sondern das Nicht-Sein au denken ist, Anfangslosigkeit denkbar
sei, weil ja die Antwort auf diese Frage für jeden denkenden
Geist auf der Hand liegt" (sicherlich wird jeder denkende Geist
die Frage bejahen); „auf etwa^ anderes Uiöchtcn wir hiuweisou,
das unsere ganze AufmerKftüujkuii verdient. Das Nicht-Sciu des
Geschöpfes ist nur >>'«'£rHtion des Wirklicii-öcins, nicht aber Ne-
gation des Möglich-beiüs ; uii Gegenteile bei und mit dem Nicht-
Sein des Geschöpfes mufs die Afürmation des Jlöglich • Seiiw
bestehen, da das Sein-Können unerläTsUche Bedingung des Seins
ist Folglich -verändern wir unsern Satz nicht wesentlich,
wenn wir anstatt des Nicht-Seins des Geschöpfes sein MögUch-
Sein setsend dieses als das Erste" (aber doch nur natura;
sollte es heirsen duratione, so läge darin eine petitio principii)
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VcnradIwIiiBf dar piioritM iifttiirae mit der ptiofiiM temporif. 201
^luMtoUeo, das wir vom Geschöpf sa deoken haben. Da nrnt,.
wie wir oben bemerkteo, die Notwendigkeit dieaes Denkens
ihren Grund nicht im Subjekt, sondern im Objekt hat, und
da Bomit, was diesem Denken entspricht, nicht von der bub-
jektivität ins Objekt hineingetragen wird, bunderü im Objekt
iiegt uud mit ihm gegeben ist, eo haben wir in dem Sein des
Geschöples eine oioht nur thatsächliohe, sondern auch eine unter
jeder liücksicht weaentUche Beziehung auf sein Möglich -Sein
alfl sein Erstes anzuerkennen. Wer ▼ermag aber nun ein ^Sein,
dem eine derartige Beziebnng wesentlich ist, als ein anfaagaloeea
sa denken?" (Antwort: jeder denkende Geist» anmal wenn er
bedenkt, dafs die Högliohkeit des Geschöpfes in keinerWeise
,4ni Objekt" begründet ist, dafs sie yielmehr ein Etwas ledig-
lich und ausschliefslicii in der Macht Gottes und iu unserer Ei-
kenntnis ist) „Ein anlangsloses Sein ihL meinem EcgriÜe nach
jenes, welches so ist, dai's es nicht früher sein konnte; ein Sein
hingegen, das auf sein Möglich-Sein als sein Erstes bezogen ist,,
ist seinem Begriff nach jenes, welches so ist, dafs es stets früher
aein konnte" (Welcher salto mortalel Also der Begriff des
MögUcb-Seins ist gleichbedentend mit dem Begriff des Früher-
aein-könnena? Knn und nimmer. Möglich-sein ist entgegen^
gesetst sn Notwendig-sein oder Ans-sich-sein, sohlie&t aber in
keiner W^eisc irgend eine Zeilbeziehung (früher) ein. Nur weil
bei unserm Gegner unvermerkt der BegrilT „sein Erstes" aus
tiinem prius natura in ein jinus duratione übergcgaD^'cii ist,
konnte er einen solchen Schluls s&ieheo. Weichen andern zu-
lässigen Sinn kann man aber mit der Redensart „dafs das Ge>
schöpf auf sein Möglich-Sein als sein £rstes bezogen ist", ver-
binden, als diesen: Dem Geschöpf ist das Sein nicht wesentlich,
also mnlb es eine Uisacbe geben, von deren Mächtigkeit (potentia
snbjectiTa et activa) das Geschöpf sein Dasein hat Die auf selten
des Geschöpfes selbst entsprechende Möglichkeit ist nichts an*^
aerti» als non repugnantia. Sie ist nichts Reales, das zeit-
lich vor dem daseienden Geschöpf da ist. 2^ur in der ^acht
Gottes und in unserer Erkenntnis ist sie etwas Wirkliches). „Und
diese Begriffe werden wir doch wohl, so lange die Denkgesotze
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Lehre d. hl. Thomas Ql>. d. Möglichkeit einer ewigen WelUchöpfoog.
noch irgend eine Geltung haben, nicht als identische betrachten
können^' (80 lange die Denkgesetze beobachtet werden, wird
man gegen eine solche Verdrehung der Begriffe sich Terwabren).
Bafe solche Gegner in der Lehre des hl. Thomas „nichts
«l8 Widersprüche« (S. 50) und „offenbare Ungereimtheit** (8.53)
sehen» ist offenbar die beste Empfehlnng derselben. Aber pro-
testieren mttssen wir, wenn P. Stentrnp (8. 50) glaubt, „dala
aneh unsere Gegner die Widersprüche sahen; gesteht doch selbst
der hl. Thomas (1. q. 45 a. 2 ad 3), dafs die Schöpfang eine
Beziehung des Geschöpfes cum 8chSpfer cnro quadam noTitate
essendi einschiiefse!" In dem geraeinten art. 3 ad 8 redet der
hl. Thomas von [der Schöpfung , wie sie der (Jiicabai ung zu-
folge w irklich iät, nicht von der hier in Hede stehenden mög-
lichen Schöpfung.
Wir berührten schon oben in Kürze die Bedenken gegen
die ^röLjliobkeit einer von Ewigkeit erschaffenen Welt, die ans
dem Umstände herkommen könnten, dafs die Schöpfung ein auf
Erkenntnis beruhender Willensakt Gottes ist
Dem Anaxagoras wird die Meinung zugeschrieben, daft
der Henrorbringung der Welt als einem auf Intelligent beru-
henden Akt ein Entwurf oder ein Plan habe Toraufgehen müssen,
wie ja auch jeder andern Handlung eines mit Intelligenz han-
delnden Wesens eine Idee als Prineip zu Grunde liegen müsse.
— pjnein Heiden kaun niau eine solche uullirü})oniorphistische
AnffasKung des göttlichen Intellektes leicht naehBehen. Dieselbe
findet sich aber anch bei Christen. Der vierte von Bovillus
in unserer Frage vorg^ebrachto lieweisgrund lautet nämlich: „Tm-
pUcat contradictiooem creaturam esse ab aeterno, et eam esse,
ereaturam. Nam creatnra, ut faujusmodi, est opus et opificium
creatoris» divisum et separatum ab ipsius oreatoris aubstantia, et
neqnaqnam ex illa, sed ex nihilo et non ente ab eo productum.
Atqui omne opus cum a mente prodeat sui Opificis, debet ipeius
Opificis mens et voluntaria operis causa, ipso suo opere tarn
substantia quam duratlone eise eminentior et prior: quemadmodum
humanam meutern, ounotarura suarum notionnm opificem, dicimus
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Gott braucht vor dem Schaffen jiicbt zw überlegen, 20^
natura et duratione OQDOtie sali notionibus 66«e priorem, et ali>
qiiamdiu siibeistere iDanem et yaeaam, postea Tero eaDdem anapte
indiutria Tarüs speoiebvs propria replere et exor&are aorinia.
8ic et ditina mens dioenda est aliquamdin, nt ab aeterno ei
toto primo aero enbstitisse aola, tanqvam exteriore creatararmn
opere inan» et yacna, qnae demnm vitro omata partnrivit Et
sicuL qui dixerit aliquam notionem ac speciem incsse iiumanae
menti a natura, negat illam esSB liunia-nae mentiH opificiura; ita
t;t qui bünserit aliVimni creatiirara auL eese, aut potuisse tieri ab
aeterno, ncgat eandem creatu^aiu esm divinae mentis opua".
Handelte ea sich hier, bei der Schöpfung, um einen In»
tellekty dessen Tbätigkeit sieb in diakuraiver Weiae vollzöge»
dessen Oberlegen in Planen und Bereohnen Zeit in Ansprach
nähme, so möchte dieses Argument einige Kraft haben; hier
aber — »non de neoessitate conoludit". Der göttliche Intellekt
antersoheidet sich eben hierin wesentlich vom menschlichen, dafs
er mit eiiiüm einzigen^ Blick alles Erkennbare, Priücipieu wie
Folgerungen, Ursachen wie Wirkungen, Möglichkeit wie Wirk-
lichkeit, Zweck und Mittel, in der voUkomrueüsltiu Weise durch-
schaut (1. q. 46 a. 2 ad 3). Za dem „quemadmodum — sie"
des BoYillns antworten wir also in echolastischer Form: nego
paritatem. Daau ist die Äufserung „diTina mens dicendaest
aU^aamdin snbstitisse • . . sola'' sehr bedenklich.
Viel starker könnte man das vorstehende Argument von
selten des Willens Gottes darstellen, indem man dartbate, da&
jedem Willensakt die Indiiferenz zu handeln oder nicht an han-
deln, 80 oder anders zu handeln voraulgehcu inülate.^ — Aber
gerade von diesem (jceichispunkto aus zeigt sich uns am deut-
lichsten der Unterschied zwischen dem prius natura und dem
prins tempore, den wir oben betonten. Dafs nämlich in Gott
ein seitliches Kacbeinander der Indifferena und des Wollens na-
1 So meint u. a. 'Marsilius de Ingben (Tn II Sent dist. 1 q 1
a, 2): ,,Quoniam rausa naturalis non est uecesse, quod tempore jtrae
cedat effectum buum, ut patct iu splendore solis, qui est in podem inetauti
cam ipso 8ole a qtio proccdit; caeterom causa quae opcratur per iiber-
tstem necease est tempore praecedat &uum eiTectum".
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204 Lelira d. M. ThamM AK d. M^lf chkeit einer ewJgaiiWeltfehdpftiiif .
möglich ist, liegt auf der Hand: alle seine WilleosüntscbUisse
sind, wie alles übrige in ihm, ewig. Die Indifferenz in boii be-
steht also darin, dafs er in jenem prins naturn, welches wir
seiner EntschlielHung vorauf denken, nicht iwit ^saturnotwendig-
keit auf eines, sei es das Schaffen oder das l«ichc-8chaÖ'en, da»
ÖO- oder Anders-schaffeo , angewiesen ist, sondern aus aiob
tmentsehieden in Bezug auf beidee iat Die Entscheidung zu
«inem ane ihnen kann also nicht tob seiner Katnr als aotoher
herkommen, sondern nnr von ihr, insoweit sie sieh selbst
bestimmt, d. h. Ton der freiea Wahl seines Willens. Diese
EntBobeidong oder dieser Entsohlnlh ist indessen, wie Torher ge-
engt, ebenso ewig wie die Natnr Gottes selbst
Dagegen lte(^ sich jedoch in folgender Weise utreiten.
Die Freiheit des Schöpferaktes ertorden uoiwendig, dafs Gott
die Welt auch habe nicht- schaffen können. Wenn aber Gott
von Ewigkeit gescliutlen hätte, liefne sich dieses nicht aufrecht
halten. Man könnte nicht sagen: er habe nicht-schatien können,
bevor er thatsachlioh schuf, denn damit würde man ja Zeit ¥or
der Weltschöpfung sugeben, diese also als ewige preisgeben.
Man könnte ebensowenig sagen: er habe nicht-scbaffen können,
als er sehof. Denn unter der Voranssetsnng, dafs Gott schafft,
kann er nicht nichfe-sohaffen. Jedes Ding ist ja, insoweit es ist,
notwendig. Wenn es ist, und solange es ist, kann es nicht an-
gleicb nichtrsein. Endlich lielhe sich anch nicht sagen: Gott
habe nicht-scbaffen können, nachdem er einmal geschaffen hatte,
denn das hiefse ja Unmögliches möglich, nämlich etwas Ge-
schehenes ungeschehen machen. — Diese Ausfiihrung enthält ein
ganzes Nest von Unrichtigkeiten oder Mifsverständnissen. Un-
zweifelhaft erfordert die Freiheit eines Aktes die Möglichkeit
des Gegenteils, also hier in Gott die Möglichkeit nicht zu schaffen.
Diese Möglichkeit bliebe aber in Gott ungeschmälert, auch wenu
er von Ewigkeit geschaffen hätte ^ie wäre vorhanden gewesen
vor der Schöpfung — nicht der Zeit, sondern der Natur nach,
insofern die Schöpfung jiioht der Katnr, sondern dem Willen
Gottes entstammte, also nicht notwendig, sondern firet wäre, mit-
hin, wenn Gott nioht gewollt hStte, nicht erfolgt wäre. — Anch
^ kj i^uo uy Google
UneoUchiedenbeit u. Wollen fallen io GoU uiclit au&eiuauder. 20d
mit der Scböpiuog besteht diese Möglichkeit, nicht zu schaffen,
fort, zwar nicht in sensu composito, als wena Gott beides zu-
gieioh könote: ichaffiBa and nieht-schaffen, sondern in sensu di-
▼iao, ioBofem er, anob wenn er eines thut, doch die MegUobl^eit
<Nler Fähigkeit bewahrt, geiondert das andere an tbnn. Die
ünmdgUehkeift» beides angleich an thnn» liegt vielmehr auf
«eitea der Wirkung als der Ursaobe, insofern dss Gesets des
Widerspmcbes es vnmögliob macht, dafs beides zugleich werde.
Die Ursache dagegen TerblUt sich als könnend nntersohiedslcs
zu dem einen wie zu dem andern. Die Aaswahl des einen ist
also eine A 11 8Ü b u ng, aber keineswegs eine Ve r n i chtu n g der
Freiheit. Der Auswahl lolgt allerdings auf Seiten des Ausge-
wählten hypothetische Notwendigkeit.^ Dafs eine solche Not-
wendigkeit aber nicht mit der i?>eiheit in Widerspruch steht,
dieselbe nicht ausschliefst, ist klar. — In dem angeführten Sinne
(in sensu diviso) besteht die Freiheit Gottes auch fort nacb
der erfoigten bchöpfong, nicht so (in sensu oomposito)^ dafs er
die geschehene Brschaffong nngesofaehen machen könnte : sondern
ao> dafs die lüicktschöpfang, an sich ond absolut betrachtet^ stets
in seiner Gewalt nnd Freiheit gestanden, und dafs nor ein freier
Willensentschlnb ihn snm Gegenteil bestimmte.
Gregorios von Eimini* — schon der dritte von uns
angeführte grofse Scholastiker aus dem Augustiner- Orden, der
in dieser Frage völlig mit dem hl. Thomas übereinstimmt —
«agt in der BoHinwortung des vorstehenden Kiiiwurf'os ; man
könni la derselben Weise ebensogut eine Ketzerei beweisen,
näiuhch, dafs Gott niemanden vonKwigkeit vorherbestimmt (prae*
destiniert) habe. Hätte er nämlich jemanden vorherbestimmt —
so könnte man in dieser trügerischen Öpitsfindigkeit darthnn
*■ Kseh den Orandssts: „i|&iimqiio4qae, dum eit, neeeiis est
csss" — bitte die Welt also, aneh wenn sie alt vwig sogenonmien warde,
aar bedioguDgsweissKotwsodjgksit gehabt, nämlich nur unter der Vorani-
Setzung des von Gott .«ap&ngenen Seins. Das Empfangen des Seiai
wSre also der Natur nach (nicht der Zeit nach) dem Haben des
Seins Toratif^ogan^rn Nur darcb einen Triij^i^chiurs lieCie Sich allO SOS
der Ewigkeit der ^^ pit ihre Notwendigkeit herleiten.
* In II S«nt. üist. 1 q. 3 a. 1.
^ kj .1^ uy Google
Dm Verhiltnia d«r WeMoheit lO Htm DMem He.
— 80 könute dieses nicht anders als notwcucli^^ geschehen
sein: das aber kann oftenbar nicht zugegeben werden. Die Not-
wendigkeit der YorherbcstimEQUDg aber würde sich mit derf»elben
Leichtigkeit ergeben, wie die Notwendigkeit der ewig erschatienen
Welt: Gott hätte ja nicht niobt-vorherbesUmmen können, ala er
vorherbestimmte; ebensowenig vorher oder nachher; elao war
die Vorherbeetimmaog notwendig. — Damit ist der vorstehend
widerlegte Einwnrf vollends ad absurdnm geführt Gngorina
Arinlnensis macht aber anch noch auf die nnrtchiige Yorstellnng
anfinerksam, die ihm an Grande liegt. Man bildet sich nämlich
ein, die Ersohaffong habe in einem bestimmten Zeitpunkt^ einem
Augenblick, stattgefunden. Nor so nSmlich kann man reden Ton
Etwas, das in oder vor oder nach jenem Augenblick der Fall
gewe&i'D wäre.
Das ist der Fehler, in den die G-egoer des hl. Thomas
in (lit'Sür Frag-e am luiuligHten fallen, dafs sie von der aU 8ell>s>t-
vcrstäudlich aut'goi'afston Annahme ausgehen, die bohöptung der
Welt habe einmal, in einem bestimmten Augenblick,
in einem ersten „Jetzt** stattgefanden, während dieses doch
erst an beweisen wäre, da es sich um die Widerlegung der An-
nahme einer Ton Ewigkeit geschaffenen Welt handdt
DAS VERHÄLTNIS DER WESENHEIT ZU DEM
DASEIN IN DEN GESCHAFFENEN DINGEN,
NACH DER LEHRE DES HL. THOMAS
VON AQUIN.
Von FR. GUKDISALV FELDNER,
Ord. Fraed.
III.'
JM0 £0dmiitung diesen renle^i Unterschiede» im Jjehrt^sUm
des englischen Meisters,
Es erscheint befremdend, dafs der hl. Thomas in seinen
Werken so oft über den realen Unterschied swischen der
Wesenheit und dem Dasein des Geschöpfs spricht Mehrere
^ kj .1^ uy Google
Das Verhftltuia der Wesenheit zu dem Dasein etc. 207
Stellmi, in denen dor Docter ADgelicna ex profesao über dieae
Wahrheit sieh iaÜMrt^ hahen wir bereits kennen sn temen 6e*
legenheit geftiadeo. Ko6k grofoer indessen ist die Anzahl jener,
in denen 8. Thomas andere Fragen erörternd, aach diese be-
rührt. Schua diese Thatsache alluin beweist, dafs dem englischen
Lehrer ganz besonders am Herzen liegt, den realen Unter-
schied auföcr allen Zweifel zu stellen. Dieser Unterschied mafs
folglich ia den Augen des hl. Thomas seine tiefe Begründung
nnd grofso BedeatuDg haben.
Und in der That verhält es sieh so. Der hL Thomas
will nSmlieb dnroh diesen realen Untersofaied in den Kreatnreo
den liaehweis liefern, dafb Gott in jeder Besiehnng Ten den
Gesehöpfea sieh untersoheide, indem seine Wesenheit real iden-
tisch ist mit seinem Dasein, nnd dafs auf Grnnd dieser realen
IdenUlal in Uott auch allü^ audcre, was wir vou ihm uubsagen,
mit den Kreaturen nichts gemGinsam habe, vielmehr über
allem Geschaffenen stehe. Schlagen wir den Index der Summa
contra gentes aui', so werden wir manche sonderbare Fragen
finden, z. B. ob in Gott eine passiTO Potenz, also ein aufnehmen-
des Prineip sei? ob Gott materiell, oder ob er ein Körper sei?
Ob er das formelle Sein für alles, oder doeh wenigstens die
Porm eines Körpers bilde eto. An mehreren Stellen spricht
er Ton Gelehrten, die den Versuch wagten, Gott mit den Erea-
torstt resp. mit der Welt zu identifizieren, oder wenigstens auf
il^eüd eine Weise in eine substanzielle Verbindung zu bringen.
So erklart er unter andern:^ Der Irrtum einiger alten Philosophen
bestand darin, dafs sie behaupteten. Gott sei von derselben We-
senheit wie die Dinge. Sie lehrten nämlich, alles sei schlechthin
eins (nnnm simpliciter) und untersoheide sich höchstens nur ent-
sprechend der Ansicht des Parmenides, gemais unserer sensitiTen
Auffasanng. Diesen alten Plulosophen folgten auch einige neuere
wie David von Dinant Dieser teilte die Dinge in drei Teile
sie: in Körper, Seelen und ewige getrennte Substanzen. Das
1 2. dist. 17. q. 1. a. 1.
JahrbMh IBr FhUofophl« eto. VI. u
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^8 Das Verfa&liois der WeMolwit la dem Oaa«fn etc.
erste Unteilbare, woraus die Körper konstituierl werden, nannte
er; „vXrj"; das erste Lnteilbare, wodurch die Seelen konstituiert
werden: „vovg" oder Verstand; das erete Unteilbare io den
ewigen Substanzen: „Gott". Allein diese drei aeten ein und
daeaelbe. Darana folge dann, dATa allea der Weaenheit nach
Eins aei. Andere dagegen irrten etwas weniger, indem «e be-
haupteten, Gott sei Kwar nicht die Wesenheit aller Dinge, wohl
aber der intellektiTen Sabatansen. Dieser Irrtum hatte
den Anaxagoraa snm Urheber, der einen aklea bewegenden Ter-
atand annahm.^ Einige sagten, dnroh armselige Gründe bewo-
gen, Gott sei ron der Substanz eines jeden Dinges. Andere
behaupteten, er sei die erste 2klaterie (David von Dinant)," wieder
andere, er sei die Form jedes Dinges.
Es ist eelbstverständlich, dafs 8, Thomas solchen Irrlehren
gegenüber mit dem cranzen Gewichte seiner Autorität die Rechte
und Eigenschaften Gottos verteidigt hat. Gott darf nicht so
besohaffea, also geartet sein wie die Kreaturen. Gott nimmt
weder etwaa auf, noch kann seine Wesenheit in einem andern
aufgenommen werden, denn er ist das Sein.
Unsere Ansicht geht demnach dahin, dalb jene Autoren,
die der Frage ttber den realen, oder virtuellen Unterschied der
Wesenheit und Ezisteni in den Geschöpfen keine, oder doch
nur eine geringe Bedeutnag beilegen, die Tiefe der Wahrheit
des realen Unterschiedes nicht erfhfst und dämm die Tragweite
derselben unterschützt haben. Selbst Dominicus Solo, welcher
der Trage, ob real, oder nicht real unterschieden, keine allza-
groise Bedeutung zuschreibt, betont nichtsdestoweniger, daran
müsse unter allen Umsliinden lestgehalten werden, dafs Gott
▼on der Kreatur sich unterscheide, indem das Sein Gottes
dessen Wesenheit ausmacht, was bei den Geschöpfen nicht
der Fall ist Examinieren wir die Stelle des Soto genau, so
werden wir finden, dafs auch er fSkt den realen, niemals för
den Tirtuellen Unterschied eintritt Von geringer Bedeutung
ist ihm nur, ob dieser Unterschied als real sicut res a re, oder
« de veritate. 9. 31. a. i., l. c Gent. cap. 17, 20, 26, 27.
Dis Veriialtuiä der Wesenheit zu dem Dasein etc. ^09
sicot res a modo gefafst werde.^ IndesBea ist letzterer ebeafaila
real, nicht Tirtaell.
Die Frage» ob in den Geschöpfen die Weseobeit sich TOm
DMein real oder Tirtaell nntorsobeide, iet ia der Tbat toh böehater
ond enteehaidender Bodentang, E§ bandelt aioh bier, ao haben
wir in unserem ersten Artikel gesagt, nm die Bekampfiing des
Pantbeiamns oder Monismus» Dieser reale üntersobied
bildet die Scheidewand awiaoben Gott und den GesebÖpfon.
Darom wird der englisebe Lebrer nicht mide tu erklSren:
„essentia Dei est esse ejus"; „Dens est suum esse"; .,Deu8 est
per üuam essentiam"; „esse convenit Deo essentiaiiier". Das
Gegenteil lehrt S. Thoraas von den Geschöpfen, und er weist
ununterbrochen darauf hin, dafs dies bei keiner Kreatur sich
anders verhalte, wie vollkommen sie auch sonst sein möge. Ebenso
gewifs ist die andere Tbatsacho, dafa die Thomieten diese Frage
ernst anfgefafst haben. In kürzem oder läogem Traktaten be-
leocbtea und prüfen aie die Argumente dca engUsohen Meisters
nach jeder Bicbtnng bin* Capreolua, der Fürst der Tbomisten
s. B. bat bierüber eilf Blfitter in Grolsquart njedergescbrieben,
und die Zahl der Einwurfe gegen den realen ünterscbied be-
trägt daselbst nicbt weniger als 40. Ebenso ausfttbrlicb beban-
debi diese Frage Cajetan im Kommentar über das Opusoulum
de ente et essentia. Sie haben hierin nur das Beispiel des
eoglischen Meisters nachgeahuiL. P. L. bemerkt in der Vorrede
zu seiner Broschüre, dafs die Frage weder au und für sich, noch
im Lehrsystera des hl. Thomas von irgend einer gröfsern Trag-
weite sei. Gleichwohl hat der Herr Autor diese Frage auf 71
leiten untersucht^ und, wie er selber erklärt, sich bestrebt, die
akademisebe Jugend mit der Lehre dea Doctor Angelious bekannt
* Die Stelle lautet : Neu est rei tasti nomenti haae diatlnctioaem
aut coacedere aut negare : dunmodo non negetur differentia biter nos
et Deum, quod esse sit de essentia Dei, et non sit de psseatia
creaturar». Sfcut qui nei^aTerft sessionein distingui a sedecte nihil
magnnm nepabit, dummodo Tum roncedat, sedere esse de psseutia ho-
minis. Haue rnim antiqui appcilabant distioctionem realem et forte
docte. (.üb. proedit. de substantia q. 1..)
14*
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210
Dm VerlUlltiiis der Wesenheit zu dem Dasein etc.
in machen. So ganz ohne Bedeatamg scheint also die Saobe
dem Henm Autor selber niobt m sein. AUerdingi gibt et
pbiloaophiao^e Lefarbttober, die nniere Fnge kaam borftbren.
Einige Zeilen im Kleindntok, eher eine Anmerkung nie eine
eigentliche Erörterung, du ist alles, was sieh in Schriften dieser
Art Torfiodet. Diese ErscheinnDg stiebt siemiteb stark ab ge-
geDÜbcr dem Vürgehen des englischen Meistere, vind wir be-
fürchten darum nicht ohne Grund, dafs den genannten Autoren
die Frage nicht hinreichend klar geworden ist.
Wir wollen in diesem Artikel nachzuweisen versBcbeSy
dafs der hL Thomas aus dem realen Unterschiede zwischen
der geschaffenen Wesenheit und Ezisteas auf die reale Xdeiir
tität der göttlichen Wesenheit und Bzistatts sehliebt» und ge-
rade hierin den absoluten allseitigen ünterschied Gottes von
den Kreaturen findet
A. Gott, seinem Wesen und Sein nach, durchaus
unterschieden von den Geschöpfen:
Hanptbeweis: In der Kreatur sind Wesenheit und Existenz real
unterschieden, in Gott sind sie real identisch*
32« a) Argument: Gottes Käme lautet: ,Aui est" Dies
ist der Ihm „eigentümliche" Name.
„Quarta ratio potest sumi ex verbis Ayieennae in huoo
modum: Quod, cum in omni quod est sit considerare quiddi-
tatem suam, per quam subsistit in natura determinata, et esse
«imm, per qnod dicitur de eo quod esl in actn, hoc nomen res
imponitur rei a quidditate sua, secundum Avioennam; hoc nomeo
qni est Tel ens imponitur ab ipso actu essendi. Cum autem
ita si^ quod in qualibet re creata essen tia sua dif ferst s
suo esse, res illa proprio denominatur a quidditste sus, st
non ab actu essendi» sicut homo ab humanitate. In Deo
autem ipsum esse suum est sua quidditas. Et ideo nomes,
quod snmitnr ab esse, proprio nomiuat ipsum, et est propriuin
nomen ejus: sicut proprium nomen hominis quod sumitur a quid-
ditste sua."*
' 1. diät. ö. q. 1. a. 1.
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Dm Yerb<iu» der Wesenheit zu dem Dasein etc.
211
Der Gnmd, wanuii Gott den Namen: „Q,^ ^* ist
alfo dem hl. ThomM die reale Identität swieohen Gottes We-
senheit nnd Dasein. Weil diese beiden real identisoh tind>
wird die Benennung nicht Ton der Wesenheit, sondern Tom
Sein heigenonmien. In Folge dieser Identit&t ist der Name:
„Qni est** Gott eigentttmlioh, d. h. er kommt Gott allein und
ansschliefslicb zu, keinesweg» aber irgend einem Geschöpft!.
Dagegen läfet sich nun tblg'endes einwenden : Waa eincyn Wesen
„eijsrentüralich" ist, das kommt diesem allein zu. Das Sein aber
ist üiehl Gott allein eigen, denn die Kreaturen sind ebenfalls,
haben auch das Sein. Dieser ISchwierigkeit begegnet Ö. Thomas
mit den Worten:^ wenn man sagt, etwas komme einem Wesen
„oigentümlich" %n, so kann man dieses im doppelten Sinne ver-
stehen* Will man mit dem Ausdrucke: ,^gentilmlioh" alles
Fremde von der Natur des Subjektes ausschlieCben, wie wenn
man s. B. sagt, das nstbile sei dem Menschen »»eigentflmlieh'*,
weil es nur dem Hensehen, keiner andern als der menschlichen
Natur inkommt» so darf man diesbesttglich nicht behaupten, das
Sein sei Gott „eigenttimlioh". Denn nicht blofo Gott, auch die
Kreaturen sind oder existieren. Will man dagegen mit der
Bezeichnung: „eigentümlich'' ailes Fremde von der Natur des
Praedikates fernhalten, wie wenn man z. B. sagt, dieses sei eigen-
tümliches (eigentliches) Gold, weil ihm kein anderes Metall bei-
gemischt ist, so ist in dieser Auffassung das Bein Gott „eigen-
tiUnlicb". Dem göttlichen Sein ist nämlich nichts beigemischt,
weder ein Mangel, noch eine Privation, noch eine Potentialität
Das Sein der Kreatur hingegen hat eine Beimischung. Bigen-
tttmlich und wahr sind identisch, denn wahres Gold nennen wir
daqenige» dem nichts anderes beigemischt wird« Diese Ant-
wort dee englischen Lehrers beweist abermals, dab Gott aus
dem Grunde „Deijenige, der ist*' genannt wird, weil seine
Exiztens real identisch ist mit der Wesenheit. Denn nur in
diesem Falle wird dem Sein nichts anderes — Fremdes, extra-
neum nennt es B. Thomas — beigemischt, findet sich m Gull
* 1. e. ad lom.
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212 Das Terb<ais der Weseoheit sa dem Davcin etc.
keine PoteotiaUtät. Das genule Gegenteil haben wir bei den
Geschöpfen ininneliineii. Beren Sein ist niolit real identisch,
Sendern real nntefBChieden von der Wesenheit Damm ist
ihrem Sein eine Petentialität heigemischtt deshalb ist der ihnen
y^igentOmliche'' Name nicht das Sein oder Tom Sein heigeleitet»
sondern von der Wesenheit. Der den Geschöpfen „eigentüm-
liche" Name drfickt mithin die Wesenheit ohne das Sein ans.
Aus dieser Beweisführung des engliecben Lehrers folgt
also bestimmt und klar, dafs der reale Untergcbied zwischen
der Wesenheit und Existenz des Geschöpfes den direkten Ge-
gensatz bildet zu dem Wesen und Dasein Gottes. Gott i^L sein
eigenes Dasein und dies ist Ihm „eigentümlich''. In der Kreatur
sind Wesenheit und Existenz real nntersohiedeo, und dies ist
dem Geschöpfe ,|eigentttmlioh". Was besagen nun jene Worte:
„in qoalibet re creata essentia sna düTert a sno esse?" Etwa
dieses, dafii die Kreatnr ihr Sein von einem andern habe?
Davon sagt S. Thomas nicht ein Wort. Was bedentet dann
der Gegensate an diesen Worten: jjn Deo ipsnm snnm esse
est sna essentia?" Vielleicht soyiel als Gott sei durch sich (a
se), nicht Ton einem andern? Dieser AuflEassnng bedient sich
der Doctor Angelicus, soweit uns bekannt, niemals in irgeud
einem seiner Werke. Dann folgt aber zur Evidenz, dula jene
Worte den innersten formellen Grund augeben, nämlich:
das Sein Gottes sei real identisch mit seiner Wesenheit. Dar-
aus erst ergibt sich die zweite Wahrheit, Gott sei durch sich
selber^ nicht durch ein Anderes. Man darf also in der Unter-
suchung nicht dabei stehen bleiben, dab man sagt: Gott sei
ein (ttr und durch sich selber Seiendes^ und darüber hinaus
habe man keine weitere Frage au stellen und auch keine mehr
au beantworten. Kein, wir müssen bis sum letaten Grunde Tor-
dringen. Warum ist denn Gott ein (ttr und durch sich Seien-
des? Wdl er seine eigene Existens, weil diese letstere mit
Ihm real identisch ist Damm heifst Gott das Sein, ist Br nur
das Sein.^ Das uuigekehrte Verhältnis greift in den Geschöpieu
* cfr. de ente et essentia cap. ö.
^ kj i^uo uy Google
Das Verhältnis der Weseuheit zu dem Daseiu etc. 213
Platz; denn in den Kreaturen sind Wesenheit und Dasein real
unterschieden. Der hl. Thomas beruft »loh hier nicht darauf,
dftCi die Kreaturen von einem andern seien (entia ab alio),
eondem darauf, dafs die Wesenheit von der Kziatens sich real
nnteiecheide. Dieser Grand ist dem Dootor Angelioos mafs-
gebend difttr» daCh die Xfeator nach der Wesenheit» nioht aber
aach dem Sein neigentilffllioh" benannt verde. Es wird schwer
geiingeni ohne Gewalt eine andere Auslegung den Worten des
engUsehen Heisters angedeihen an lassen. Wir bestreiten selbst^
▼erstandlich nicht, dafs Gott „ein Seiendes durch Sich/' die
Kreatur hingegen ,,ein iSeicudeij durch ciu Andere.-:»" ^^euannt
"werden kuuüe. Was "wir behaupten ist: da(s dieses nicht den
formellen innersten Grund davon bilde. Dieser Grund ist
vielmehr der vom hl. Thomas hier angeführte. Die Philosophie
muXs die innersten, letzten Gründe klarlegen, sonst wird
sie ihrer gro&en erliabenen Aufgabe nioht gerecht. Wenn nun
8. Thomas von diesem, in den Geschöpfen realen Unterschiede
ans den wichtigen Sdünfo sieht auf die reale Identität des
Wesens und Daseins Gottes, wie kann man dann behaupten, diese
Frage, ob real oder virtuell unterschieden, habe keineswegs ein
Interesse von Belang? Soll es ittr die Philosophie, die erste
und höchste der menschlichen Wissenschaften von keiner grolhen
Bedeutung sein, ob in ihr die entfernten oder aber die letzten
und LiciäLeu Grunde iiireu yuUl-u Aufdruck finden? Wir be-
zweifeln sehr, dafs eine derartige Ansicht im Ernste viele Ver-
treter linden könne. Allein hier handelt es sich nicht um die
tiefsten Gründe über die geschati'eueu Wesen, sondern um den
innersten Grund, warum Gott seines gleichen nicht kennt, mit
den Kreaturen keine Gemeinsamkeit hat Die nämliche Ansicht
vertritt 8. Thomas an einer andern Stelle, und zwar mit der>
selben Begrttndnng. Was wir eitleren, betrifft eben&lls den
Namen Gottes. ^„Hoc nomen: ,»qm est^ tripHcl ratione est
mazime propriom nomen Dei. Frimo qaidem. propter sni signi-
ficationem. Non enim significat formam altqaam, sed ipsum
> 1. p. q. 13. a. 11.
214
Du Verbiltnlt der WeMnheit so dem Dtiein ele.
esse. Lüde cum esse Dci sit ipsa ejus esseuiia, et hoc
culli alii conveniat, ut eupra ostensum est q. 3. a. 4., mani-
festum est, quod inter alia nomma hoc maxime proprie nomiiiat
Deum. Unuraquodque enim denorainatnr a sua forma. —
Secundo proptei* ejus universalitatem. dituolibet enim alio no-
mine determinator aUqais modus substantiae rei. Sed hoc Domen:
„Qai eaV* nallum modum cssendi detennisat» sed se habet in-
detenninate ad omnes. £t ideo nomisat ipsvm pela^s snb-
Btantiaa infinitam.^ — Tertio ex ejus eoneignifioatioBe. Sigm-
fioat enim eeee in praeeenti. Et hoc maxime proprie de Deo
dicitur, etijas eeee aoa novit praeteritam vel fatamm.''
Ea aeigt sich auch hier ganz dentUoh, dafe der Dootor
ADgeh'ciis seine Beweisführung anf den realen Unterschied
zwischen der Wesenheit und Existenz aufbaut uud dauu weitere
Schlüsse zieht Das „Qui est" bezeichnet nicht eine Eorm, son-
dern dm Sein, die Existenz. Jedes Wesen wird aber von Beiaer
Form benannt. In Gott ist das Sein real identisch mit der
Form oder Wesenheit, ist also nichts anderes als die Form sel-
ber. Darum wird Gott vom Sein benannt. Diese Benennvng
ist Ihm am allermeisten „eigentümlich", weil in keiner Krea-
tur die Wesenheit real identteoh iat mit dem Bein.
Ben dritten Beweis hat B. Thomaa sohon in dem von uns Tor-
hin angeführten Bache Uber die Bentenaen berflhrt. Daselbst
sagt nSmlich der Doctor Angelicns» dea Argumenten vom hl.
Hieronymus erwähnend: „Jenes Ding wird TOllkommen genannt,
welches nichts außerhalb seiner selbst hat. Unser Sein hat
etwas aufserhalb seiner selbst, dcnvi es fehlt ihm etwas, utim-
licb das, was schon vorüber ist, und das, was in Zakunfl sein
wird. In Gott findet sich dieser Mangel nicht, denn Er kennt
weder Verganpfüheit noch Zukunft. Sein Dasein ist folglich in
jeder Beziehung ein vollkommenes. Darum kommt Gott das
Sein „eigentümlich" zn.^ Wir wollen nicht länger bei diesem
Beweise des hl. Thomas Terweflen. Boviel geht jedoch iweifets*
* efr. de potentia q. 10* a. 1. ad 9"«. * efir. de veritate q. 21.
a. 4. ad 7»».
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Das Verhältnis der Wesenheit zu dem Dasein etc. '2lb
olune «Qch ans dieMm Aignmeote honror, dafa vir zwischen
Wesenheit aad Exitteas des GeschÖpfee eiaea realea üater-
adued eetiea milMea. Der eaglieche Lehrer sagt aieht, dafe ia
Bezug aaf die Wetten heit etwas vergangen oder zukünftig
sei, sonÜLtn es gilt dies iu ßetreff des Seins. Unser Sein ha*".
Bolange an dauert und wiru noch in Zukunft von dieser oder
jener Dauer sein. Man kann also nicht safren, die Welt war
UQgetäbr 8000 Jahre lang Welt und wird noch so und 90
viele Jahre lang Welt sein. Die Wesenheit selber, als solche,
uaterliegt nicht der Zeit. Allein das Seia, die Existeas
der Kreatarea aaterliegt der Zeit, die Weseaheit selber aar
hinaichtlioh der Exiafeeas, die sie besitzt. Gottes Seia hiagegea
wird aar beieiohaet ia der Gegeawart der Ewigkeit, dena
deaeea Sein kennt weder Vergangenes noch Zukünftiges. Das
dritte Argument des hl. Thomas ist es jedoch nicht, wus uns
hier beschädigt, sondern das erste lenkt unsere Aufmerksamkeit
auf sich. Die Gott eigentümliche" Epncnnung wird vom Hein,
nicht von der Wesenheit hergenommen, weil das Sein Gottes
adt seiner Wesenheit real identisch ist. Das Sein ist also in
Gott anoh das koastiiative Friazip, die Form der Weseaheit^
ist die Weeaaheit seiher. Bei dea Gesohöpfea iat dieses aioht
der Fall Damm heaeaaea wir die Geschöpfe gemäfo ihrer
Wesenheit aieht aber aaoh ihrer Bxisteas.
Die Benennung eines Dinges folgt unserer Kenntnis von
demselben.^ Nun erkennen wir Gott nicht, wie er iu sich ist,
wie beschaffen die Wesenheit, von ^velcher Gott, wie jedes an-
dere Ding, benannt wird, in sicii seiher ist. Damm können wir
Gott auch nicht mit jeaem Namen benennen, der seiner Wesen-
heit vollkommen eatspricht. Deaaoch müssen wir irgend eiaea
Itimea aaswtUilea. Da aan alle aadera Namea eia bestiauates
aad partikalares 8eia beteichaea, dieaea sie unserem Zwecke
sehr aavoUkommea. Oer Name: „Der ist" (Qai est) bedeutet
absolates, aioht daroh Beigabe eiaes Aadera beschrSaktes Beia.
Mit Recht bemerkt daher Danmsceaas, dieser Name beseichae
» 1. p. q. 13. a. 3.
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216
Das Verbaltuis der Weseoheit 2u dem Da:sem etc.
nicht, was Gott ist, soodcrn er bedeute ein uterloses Meer der
SubstanSy das keine Grenzen hat Indessen stellt auch dieser
Name das ^tlLiobe Sein nor sehr nnTollkonunen dar, weil er
von den Kroatnren hergenommen» abstrahiert iat Die Geeohö{»fe
vergegenwfirdgen Gott mangelhaft. Der Käme »Qni est" be-
aeiohnet das göttliohe Sein ebea&lla sehr nnyoUkommeD, weil
er dasselbe angibt nach Art eines Konkreten und Zasammeoge-
setaten. Allein mit den andern Namen gelingt es ans noch
weniger, Gottes Sein begrifffich so bestimmen. Sagen wir
z. E., Gott sei der Weise, so linden sich in dieser Bezeichnung
zwei Unvollkommen luMten. Die eine ist auf Seite des konkretea
beins selber, v»io nie bich au( h iru Namen: ,,Qui est" offenbart,
die zweite ist auf Seite deö eigentlichen BegriÜt h. Weisheit".
Denn die krcatürliche Weisheit erreicht nicht das Wesen der
göttlichen. Weil also alle andern Namen noch weniger ans-
sagen, was Gott ist^ als der Name: ,,Qni est*', deshalb ist dieser
Gott angemessener und «»etgentttmlicher**. Gehen wir daher
daran, von Gott uns einen Begriff la bilden, so denken wir uns
alles Körperliche nnd Geistige, wie es in den Kreaturen tot*
banden ist^ tob Gott hinweg, und es bleibt in unserer Auffiuaung
nichts als die Esistem, das „qui est'^ Dies ist aber etwa«
nemlich Konfuses. Wir mttssen folglieh noch weiter Toran-
schreiten, nnd auch die Existenz, wie die Geschöpfe sie
besitzen, vou (moLl negieren.^
Ans der Art und Weise, wie der englische Lehrer hier
argumentiert, lässt sich ohne bchw^ei igkeit ein richtiger bchluFs
ziehen auf die Bedeutung, welche der Doctor Angelious dem
realen Unterschiede zwischen Wesenheit und Dasein der Kre>
aturen beilegt Wir wollen Gott kennen lernen, und swar Gotl»
wie wir Ihn unter diesem Begriffe ihssea. Nicht einen mate-
rialtstischen oder pantheistischen, einen mit der Welt ▼erwaoh*
senen, in die Materie unlergetanohten, oder duroh nnsem Ver-
stand erst herroigebracbten, oder auch einen sieh selber her-
Torbringenden Gott wollen wir kennen lernen nnd betrachten.
> cfr. 1. dist. 8 q. 1. a. 1. ad Sum uod 4u>u.
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Dm VerbAltnis der Wesenheit za dem Dasein etc. 217
Kein, Gott mah g&iitHoh nntenohiedeii, rnnfe anderer Art
vein als die Geschöpfe. Da nnn nnser Denken hier auf Erden
nieht ein intnitiTes ist» sondern in abstrakten Begriffen sieh be-
wegt, so ist der Weg zur Erforschung des göttlichen Wesens
von selber vorgezeichnet. Em dreifacher Weg, lehrt S. Thoraas,
führt uns zu der in tliesciu Leben uub möglichen Kenntniß der
W^esenheit Gottes.^ Zunächst müssen wir alle UnToUkommeu-
heiten, die wir in den Geschöpfen finden, von Gott fernhalten*
Dann alle Vollkommenheiten, in deren Besitce wir die Kreaturen
sehen, Gott ansohreibea. Die erste and wichtigste ans allen,
dem Werte, der Bedentaog mu^h, ist aber, wie der englisohe
Lehrer gans mit Baoht hervorhebt, das Sein, die Existons. Die
Bxietons ist das AllerToIlkommensto. Indessen würde anch das
8ein der Geschöpfe uns keinen genauen Begriff Ton Gottes We-
seüheil beizubringen imfetande bcm, denn dietieö Sein, mit der
Existenz Gottes verglichen, ist ein sehr unvollkommenes Abbild,
in der Kreatur ist es real Ton der Wesenheit unterschieden,
in Gott aber real identisch. Der Schinfs Ton der Kreatur
anf Gott ist dämm nur ein analoger.
Über dieses analoge Verhältnis der Kreatur sn Gott
änfbert sieh 8. Thomas in folgender Weise:* »"iimik kann an-
nriigUch etwas von Gott nnd den Geschöpfen im nnivoken Sinne
anseagea. Denn so oft eine Wirkong der Kraft der wirkenden
Ursache nicht frleichkommt, nimmt sie die Ähnlichkeit de^
Agens nicht in der nainUchen Art auf, sondern bleibt dahinter
zurück. Was in der ^^ irkung- g-eteilt und vervielfahig-L eröcheint,
das enthält die Ursache m einfacher Weise und auf dieselbe
Art. Alle kreatürlichen Vollkommenheiton,'[die in den Geschöpfen
geteilt nnd TerrieUEltigt sich Torftnden, existieren in Gott geeint
nnd einlach. Sagen wir nun irgend eine Vollkommenheit von
der Kreatnr ans, so beaeichnet der Käme jene Vollkommenheit
als eine solche, die dem Wesen nach Toa andern nntersehieden
ist Wird s. B. der Name: „weise" vom Mensoben ausgesagt,
> contr. Gent. csp. 14. ' 1. p, 18. a. 5. c. — 1. contr. Gent,
m^ 82. ratio 1«.
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218
Das Verhftltnia der Wesenheit zu dem Dasein etc.
so bezeichnen wir damit eine von der Wegenheit, oder Potenz,
oder Existenz des Menschen anterMbiedene Vollkommenheit.
Damit umschroibt und umfafst gleichsam dieser Kanie die da-
darch beiaicfaneto Baohd. Dies i«t jedoch in Besag auf Gott
niobt der Fall. In Gott bleibt die beseiebiiete Saohe nmimlklbt
und sie übertrifft die BeseicbBaog durob den Kamen. ^ Daran«
folgt, dafs z. B. der Name: „weise*^ niobt in derselben Beden*
tung von Gott nnd dem Menseben ausgesagt werden kann. Bas
Nämliche gilt von andern Aussagen. Man kann also nichts nnivok,
d. h. dem Namen und Begriffe nach Gleiches- von Gott und
der Kreatur aussagen. Selbst der Begriff Bubstanz z. B. kann
von Gott nicht „eigentlich" ausgesagt werden. Denn der Narae
Substanz" ht vom Ünterstchen (Bubfitando) hergeleitet. Fhcr iies
bezeichnet die Substanz eine Quiddität, die von ihrem Sein
real untersohioden ist (quae est aliud ab esse ejus). Dieses
(io Substanz nnd Accidens) ist daher die Einteilung des ge*
sohaffenen Beienden. Nimmt man jedoob die Snbstans in einem
weitem Sinne, so kann mnn Gott eine Snbstans nennen. Sie
ilberragt indessen alle geschaffenen Snbstaaaen in Betreff der
Vollkommenkeit» die der Snbstans ankommt» dafs sie namlioh
nicht in einem andern ist nnd dergleichen mehr. In Gott wird
darum durch das Prädikat und Subjekt real gans dasselbe ans-
gesagt wie überhaupt in allen, was wir von Gott behaupten,
liarum herrscht überall nur Analogie.* Geraäfs des univoken
Begriffes darf man Homit nichts von Gott und den Geschöpfen
aussagen. Da man nämlich in der Sache zwei Dinge in Betracht
ziehen mufs, nämlich die Natur oder Quiddität des Dinges und
ihr Dasein, so ist es notwendig, dafs in allen begriHlichou Glei-
chen (nulTOcis) eine Gemeinsamkeit dem Begriffe der Natnr,
nicht aber dem Sein nach platagraife. Eine Existenz ist nnr
in einer Sache. Daher ist das Verhältnis der menschlichen
Natnr (bnmanitatis) bezüglich des Seins in zwei Wesen nicht
ein nnd dasselbe. So oft also das Sein selber die dnrch den
» 1. p. q. 4. a. 3, — 1. c. q. 3. a. 2. — q. 13. a. 2. « 1, p. q.
13. a. 5. — ib. a. 10. » cfr. dist. 8. q. 4. a. 2. ad 1«»".
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Dfts VerbäUois der Wesenheit zu dem Dasein etc.
219
NaoMD bezeichnete Form bildet, kommt ea nicht im univoken
Siime sn. Damm wird auch Seiendee (eiie) nicht «nivok aue-
gesagt Weil aan allea» waa immer wir tob Gott aiusagen,
•ei es lifatar oder Form, das Dasein selber ausmacht — weshalb
anoh maaohe Philosophen sagen, Er sei ein Seiendes nicht. in der
Wesenheit, ein Wissendes nieht dnrch die Wissenschaft n. s. w.
nnr damit man Torstehe^ dafii Sr selbst nicht ein Anderes als
sein Dasein bilde etc. — deshalb kann man nichts yon Gott
uud den Geschöpfen in univoker Weise aussagen. ^ Wollten
wir auch aunehmcD, dai's die g'eschafienen Dinge ganz dieselbe
Form erhalten, wie die hervorbriDgeudo Ursache sie besitzt, es
wäre dennoch eine univoke Aussage nicht möglich, denn sie
hätten diese Form nicht in Gemäi'sbeit der nämlichen beinsweise.
In Gott existiert nichts, was nicht sein Dasein, also mit ihm
real identisch wire. Dies trifft bei den Geschöpfen nicht zu.'
Wie sehr daher anch eine Kreatur Gott nachahmt» sie bringt
es doch nie dahin, dafa Gott und ihr etwaa anf dieselbe Art
ankomme. Alles daa, waa verschiedenen Dingen «nem und
deoBaelben Begriffs nach anteil wird^ ist ihnen gemeinsam ver-
möge des Begriifos der Snbstana oder QnidditfiL Sie nnd aber
Terscbieden in Bezug anf das Sein.* Was indessen in Gott sieh
tinde^ das ist sein eigenes Dasein. Gleichwie z. B. die Wesen-
heit in Gott idcntiech int mit dem Dasein, ebenso ist auch die
Wib&enschalt in ilim identisch mit dem Wissend-sein. Gleichwie
also das Sein, wclcht^s jeder Sache ei^^cü ist, keinem andern mit-
geteilt werden kann, ebenso ist es unmöglich, dafs eine Kre&tur
dahin gelange, etwas in derselben Weise zu besitzen wie Gott.
Und ebensowenig ist es möglich, dafii aie dasselbe Dasein er-
halte. £twaa Ähnliches können wir anoh bei den Geschöpfen
wahrnehmen. Wfiie s. B. in Petras der Mensch nicht nnter-
schieden Tom Daaein dea Menschen, so kdnnte man niemala
den ICenschen von Petras nnd Panlna nniYok anssagen» denn
sie besaben ein Terschiedenes Sein.^ Grott Ycrhält sich gana
» cir. 1. üist. 35. q. 1. a. 4. c ' cfr. 1. contr. Gent. cap. 32.
ratio 2*- ' cfr. de potentia q. 7. a. 7. c. * cfr. de veritate q. 2. a. 11.
220 Dti Ytfliiltiiia d«r WeMobdt sa dem Diwin eta
anders /um iSem als irgend ein (ieschöpf. Denn Er ist sein
cigenos Da^ioin, was man von keiner Kreatur behaupten kann.
Darum wird auch daa Rein von (jott xmd der Kreatur nie uni-
Tok ausgesagt, noch weniger etwas anderes, was man aussagen
könnte. Das erste von allen, was man aussagt, ist dae 8eia.
Zeigt sich nun schon im ersten eine Versohiedenheit, so mnb
es aeeh in allen andern der Fall sein.^ Dens man darf niobt
▼eigessen, dafs jene DingB, indsfaen der Saiasmodna yerschie-
den isti nioht In einem gemeinsamen Sein, wie der Katnrphiki-
soph des Sein Teisteht» ÜbeTeinkommen. Anden Yerhalt es sieh
mit dem Sein, welches der Logiker im Ange bat* UniTOO
kennen also die Aussagen yon Gott nnd den Geschöpfen nioht
genommen werden, weil die Definition dessen, was von der
Kreatur ausgesagt wird, sich nicht deckt mit der Definiiiüu
dessen, was man von Gott aussagt. Die UniToken müssen aber
in dernelben Definition übereinkommen.^
Aus dieser Boweislührung des englischen Lehrers ist er-
sichtlich, welche Tragweite der Doctor Angeiicus dem realen
Unterschiede zwischen der Wesenheit und dem Dasein der Ge-
schöpfe beimiist Das Sein der Kreatnr hat mit dem göttliohea
Sein nnr eine, und swar sehr schwache, sehr nnToUkommene
Ähnlichkeit. Wir wissen von Gott weder, was Er Ist,^ d. h. wir
können weder seine Wesenheit, noch sein Dasein, wie es in
sieb besohafien ist Diese Wesenheit und dieses Sein sind
Gott „eigentümlich".* Die Art der Beseichnung in den Ans-
sagen, die wir über die Dinge machen, folgt unserer Anfiassungs-
weiso. Die Aussagen bezeichnen die Konzeption von den Dingen,
die wir begreifen, wie Aristoteles bemerkt Unser Verstand faUt nun
das Sein in der Weine auf, wif» er es in den GeRchöplen, woraus
er seine Kenntnisse schöpft, tiudet. In den Geschöpfen ist aber
das Sein nioht snbsistent, sondern es inhäriert. Und doch
bat unsere Vernunft geftinden, dafs es ein subsistentes Sein
' cfr. de potentia q. 7. a. 7. ' cfr. 1. c. ad 1««". " ffr. Compend.
Theol. cap. 27. ' cfr. 1. p. q. 3. a. 4. ad 2"". — i. coutr. bunt. cap. 12.
— ib. 8. GSp. 89. — de potent 7. a 2. ad * de Teritats q. 21.
a. 4. ad 7v».
Zur Theorie des Bewulsueius im AUgemeioen etc. 221
gibt Obgleich Bon das Wort: Sein naoh Art dee Konkreten
beseicbnet^ so aohtot unser Veratand doch nichts wenn er Gott
das Sein beilegt» anf diesen Modos der Beaeiohnnng, eoadem
anf das» was dantit beseichnet wird.^ Wenn wir also rem Sein
der Kreatur, dem Vollkommeneten* in den GeaebopfeD, anf das
Sein Gottes schlieiben, dessen Besebaffenbeit erforseben wollen,
80 dürfen wir nicht bei dem Sein des TorzÜgliohsten Geschöpfes
fitehen bleiben. Das Sein Gottes ist gau^ audcicr Gattung
und Art. Ja, es ist über alle Gattungen und Arten. Der
Öchlul» ipI darum nur ein analoger und sagt mehr, was Gott
nicht als was er ist.
>-«S>-<
ZUR THEORIE DES BEWUSSTSEINS IM ALLGEMEINEN
UND DER WILLENStREIHEiT LVl BESONDEREN. ^
Ton Db. M. glossner.
Unter den Thatsaclieo des Bewulstseins ist es die Freiheit in unseren
NftDdlangeo, die vor allen soderen dureb ihre «rissensdisfltliebe Bedentung
un l ihr prakti-rhes Interesse die Aufmerksamkeit des Forsclifrs und den
.-»cbarfsinn des Moralisten und Apologeten in Anspruch nimmt. So mächtig
aämiich auch das Bewulstsein freier Selbstbestimmung in unseren über-
legten Hsndlangen sich geltend macht, oDd obgleich Freiheit die Gruod-
Im^'c df'9 gesamten individurllen nnfl «^ocinlrn siftHchoii Lebens bildet,
&a geataUet sich doch dieselbe Freilieit zum wisseuscbatUichen Problem,
■olMdd sie lu gewisien Wskrheiten, id es der physiksliscben und psycho-
logischen, sei es der metaphysischen Ordnung in Beziehung gesetzt wird.
In der letzteren Beziehung igt es die Erkenntnis Abhängigkeit, in
welcher alles Gescbatfeue im Sein wie in der Thutigktit von (iott, der
ersten und allumfassenden Ursache, gedacht werden mufs. Mit dieser
Abhftnirigkeit »cheitit rinn wirkliche freie Sclbstbestimmiinjr nicht zusammen
bestehen zu könueo. Freiheit — so scheint es — bedeutet soviel als
Unsbh&Dgigkeit; SellNtbestimnioDf scblieftt so wird tob Tielen be-
hauptet — das Bestimmtwerden durch irgend eine andere auch die
b^tchste Unscbe aus. Wie bekannt, geben die theologischen Schulen in
* de potent, q. 7. a. 2. ad Tum. « 1. c. ad 9"«».
* Fr. OttndlialT F'«>ldn«»r, O. P. Die Lehre de» M. Tliomas von .\qniij
über die Wiliensfreilieit der vcrnünHij^fn Wosi-n (Jrae 1>-;mi. — Henri BerKSon,
Ewai sor les donnees inimMlates de la conMlence, Paria ie89. - U. Bcrgvon.
Quid Aristotelefl de loco senMril. Paria ISN. — Or. J. Wolff, das BewaMsem «nd
•eia Ol^t. BerUn 1S8S.
^ kj .1^ uy Google
222
Zur Theorie des BewaXBtsoins im Aii^umeineu etc.
der Behaodluog und Lftsuag dieses ProUleois verscbiedeoe Wege, lü der
engeren tbonistiBchen Sehnte wird der göttliche Btnfludi mf den freien
Akt der geschaffenen Intelligenzen als Voransbewegung (praemotio, prae-
determioatio) des Willens zur Selbstbestimmung Ruf?efafst, ein zweifellos
ffenialer Gedanke, vorausgesetzt, dafs er sicli ohne Widerspruch durch-
fuhren l&Tst.
1. !' Fi' hin er, der sich in seiner neuesten Schrift über die
Wlllensfreiheii der veroOnfiigea Wesen nach der Lehre des hl. Thomas
anft neue nie einen giUndUehen Kenner der Sdiriflen dee «igKsdken Ldirem
erweist, führt den eben angegebenen Grundgedanken des tbomistischea
Systems in dem Sinne aus, dafs der geschaffene Wiüo als ein in gewissem
Sinne passives Yermögeu, aus dem Zustand der Passivität und Poten-
zialit&t in den der Aktualität tthergefllhrt «erden niflise, nm die Thlliff-
keit, die von einem aktiullrn Princip, vom Vermögen im Akte, aasgeht,
SU Selxen. Zu diesem Zwecke untersucht der Verfasser zuerst die Natur
dei Willens, sowie das Wesen und die Orondlage der Freiheit. In der
Definitiou des Willens bildet das Genus die Neigung za einem (von der
Vernunft) vorgestellten Objekt; die Differens aber liegt darin, dafs der
Wille diese Neigung sich selbst gibt oder bestimmt. Auf diese Selbst-
bettimnung legt der englische Lehrer das Haoptgewieht, besteht aber
andererseits obrnso rntsrhiodcn auf der praomotio pbysira (S. 12). Der
Wille, obwohl eiu weseotiicU geistiges Vermögen, ist doch nicht an sich
Veninnft, sondern der Vernunft teilhaft, sofern er von ilir geleitet wird
nnd ihr gehorcht. Objekt des Willens ist eine Sache nie Qot, sofern sie
als solches durch das Erkenntnisvermögen dem Wülen vorgestellt wird.
Im Objekte hat das Wollen des Guten im Aligemeinen seinen Grund.
Dm Objekt, das erkennte Out bewegt den Wilwn nor objeictiv, speei*
ficierend, nicht subjektiv, selbst Gott als dem Wiüpn diirrli das Erkennt»
nisvermögea vorgeitelltes Gut bewegt denselben nur objektiv, nicht sub»
jektiv, da er hienieden nicht seinem Wesen nach erkannt wird (S. 12 ff.).
Durch das Wollen des Guten im Allgemeinen ist die Natur des Willens
bestimmt: der Wille will das Gute im Allgemeinen notwendig. Diese
Notwendigkeit betrifft jedoch nur das Objekt und es ist nach dem Wort-
lint des eoglisdien Leiirers nldit nn eine snbjidttive NotwendiirW^ (qnoid
exercitium actus) zu df■nl^pn. Hinsichtlich des Aktes ist der Wille jeder-
zeit frei; in dieser Beziehung ist von einer Notwendigkeit überhaupt nicht
die Rede. Diese Lehre ist entscheidend für die ganze Frage und bietet
den Scblussel zur Vereinbnrang von physischer Vemoshewegoag and
Freiheit (S. 30).
Die Lehre des hl. Thomas von der Naturnotwendigkeit des Willens
iit in den twei Sitsen ausgesprochen : 1. die Notwendigkeit boi^t sidi
auf kein in der Wirklichki it vorhandenes Gut, selbst Gott wird hienieden
nicht mit Notwendigkeit gewollt; das notwendig gewollte Gut im Allge-
meinen ist daher nicht objectum quod, sondern ratio volendi. 2. Qnoad
exereitium actus ist der Wille vollkommen frei selbst im WoÜen der
Glürksoüpkeit, Der Verf. bestreitet daher die Ansicht, dafs Gott den
Willen subjektiv (per modum agentis) zum i/uten im Allgemeinen bew^e.
Wäre dies der Fall, so wOrde der Wille immer acta wollen nnd könnte
nur durch Gewalt von diesem aktuellen W^ollen (der Glückseligkeit) ah«
go7.ogen werden; nach dem hl. Thomas aber will der Wille nicht immer
actu das höchste Gut.
Eine natürliche und notwendige ist die Neigung zum Objekte nnr
formaliter, nicht materinliter, sofern jedes Gut, das begehrt wird, ratione
boni begehrt wird, kein üut aber materiell als dieses Gut, denn hienieden
^kj-.i^uo uy Google
Zar Theorie des Bevrafittemi im AUgemeineo etc.
223
kann der Mensch seine Glflckselipkcit in den versclnodensten Gütern
tucbeo. — Die natürlicbe Notweudigkeit verstöfüt also uicbt gegen die
Fnibeit and die Behauptung ihrer UoTeremtiarkeiC darf nicht mit dem
Hinweis aof Jansenius als unzulässig liingestellt werden. (Diese Beiner-
kacg ist richtig; denn d'w. natürliche Notwendigkeit bildet ja das Fun-
dament der Freiheit; dagegcu darf die Freiheit nicht formell als
Freibeil vom Zwange bestimmt werden, wesbälb es Tadel verdienen
wnrdp, wenn man die Vereinbarkeit ron XotwendipVeit utkI Frpiln^it
ohne jede Biaschr&nkung behaupten und die pbyäica praemotio,
damit verteidigen wollte, dafe tie dem Willen keinen Zwang aoferlege.)
S. 24 ff. Freiheit bezeiclinet nicht einen Habitus, auch nicht Toten/
und Habitus in eins zusammeegefafs!, sondern eine Potenz absolut ge-
nonmieu. hie ist nichts anderes alo (ias geistige Strebevermögen in Be-
aieiiang lur Vernunft (S bbi Der Wille ist Sitz, Subjekt, die Vernunft
"Wurzel, Ursache der Freiheit. „Im Wollt'n als Pntfn:'. nls gfistigem
Vermögen der Seele liegt formell die Freiheit der vernünftigen Wesen/
8. 62. Um das innerste Wesen der Willensfreiheit au erkennen, ist die
aktive und passive Potenz zu unterscheiden. Der Wille ist in doppelter
Hinsicht passiv, sofern er zuerst in Potenz ist und in den Akt übergeben
laufs, um thiitig zu Sein, nnd sofern seine Thätigkcit in ihm aufgenommen
and er dorcb sie vervollkommnet wird. Die Autwort auf die Frage,
welche Indtffereos dem Willen wesentlich sei, läf^t sich in folgenden
Sitzen geben: 1. die objektive und zwar aktive Indiiferenz ist für die
Freiheit der geistigen Wesen absolut notwendig ; 2. znr Freiheit, an and
für sieh genommen, gehört nicht, dafs der Wille, objektiv oder subjektiv
passiv oder privativ inriiffercnt sei, die rein aktive und positive
Jndifferenz reicht dafür volikommeu hin. S. 69. I^ie aktive Potenz ver-
bilt sieli der Thitigkeit als einem Aeddens gegenQber passiv, weil sie
Subjekt ist, d m dii srs A ridpns inhäriert. „Aus dieser Lehre folgt
mit strengster otweudigkeit, dafs in den Geschöpfen zum
Unterschiede von Gott die aktive Potenz und der Akt oder
die Thitigkeit sieh real unterscheiden." — 3. Die eigentliche
und formelle Indifferen?:, durch welche die Freiheit konstituiert wird, ist
die aktive; in den Geschöpfen ist jedoch diese aktive Indifferenz mit einer
Potenatalttit oder passiven Potent verhooden. In diesem passiven Zo-
Stande kann die Freiheit des "Willens nicht ihren formellen Grund haben;
dieser liegt vielmehr in einer besondern HeschatTenbeit der aktiven
Potenz, des Willens in actu, der seine Thätigkcit aus selbsteigener Be>
stinmong ansaht oder unterl&fst. (S. 75.) 4. Die aktive Indifferenz, die
per se konstitutives l'rincip der Freiheit ist, bezieht sich oi^rrntlich nur
auf die Thitigkeit, den Akt (indifferentia exercitii), nicht auf den Uegen-
ttand (indÜf. specilleationis) 8. 77. 6. Die aktive Indifferens in Bezug auf
die Thitigkeit schliefst per aeddens die Indifferenz hinsichtlich der Ob-
jekte ein und hangt f lM-nso per accidens dsvon nb DiV letztere ist die
erste, entfernte (iruiuilage, radix libertaiis, nicht aber luruiell und we-
teatlieh die Freiheit. 8. 81. Die praemotio physica erhebt den Willen
»TIS (IfTTi Zust^iul der Potenzialität in den der Aktualität, beeintrichtigt
also die Freiheit nicht, da diese formell dem Willen in actu zukommt,
der infolge der gOttUchen Toransbewegung zwar nnfehlbar, aber selbst-
tbitiff die Thitigkeit setzt. 8. 83 Objekt der Wahlfreiheit ist alles,
was durch das Wollen des Endziels und des Guten Oberhaupt nicht be»
ftimmt ist, also die Mittel zum Endziel, die Tbatigkeit selbst (als ein
partikalires Out) endlich die Hinordnang sam Endaiel, Indem der Wille
Hiebt allein nach dem wahren, sondern attch nach dem Scheiagute streben
Jahrbuch Ittr PhllMophie etc. VI. 15
^ kj .1^ .. uy Google
22i
Zur iheorie des BewuisUeiog im Allgemeinen etc.
kaoo. Im Weien der Freiheit aber ist so wenig die Mtelicbkii^ du
BMe ta woHeo^ ah dfe UnabbAogigkeit eingetehlMBen. Denn vat dba
Letztere betrifft, so ist nicht alles, was Priooip ist, erstes Princip,
Tielmehr voUzipht sich die freie Selbstbestimmung des endlichen Willens
nar unter dem Einäufs der göttlichen Vorausbeweguag, die im Sinne des
hl. Thomas keinniregs in einer ootwendigea tubjektivm Bettimmiiiig des
Willens zum Guten im All^renieinen zu suchen ist. S. 109 ff.
Haben wir bisher im ersten Kapitel an der kundigen Hand des
Verf. die Lebre des bl. Thomas Aber den Willen als Potenz keasea
gelernt, so fflhrt uns das zweite Kapitel in die Bestlmmuogen Ober die
Thatißkpü des Willens ein. Dio üntersnchnni^ erstreckt sich Aber
den WilicQsakt und das Verhakuis der Tbätigkeit zu ihrem Priocip,
uro dareh dfe Erkenntnis, dafls nar der Wille im Akt Prindp der Thft-
tigkrit ri. dem dritten Kapitel, das ex profpssn vom Einflufi Gottes auf
den kreatUrlicben Willen handelt, die (Jrundlasre zu unterbreiieo. Der
Wille ist Thätigkeitsprincip als wirklicher Wille — voluntas iu acta; um
aber dies zu sein, mufs er aus dem Zustande der Fassirittt und Potea-
zialität in den dor Aktualität und Aktivität nh^rgeführt werden. Diese
Überfahrung, in welcher sich der Wille passiv verhält, ist das Werk der
praeraotio physica, die deshalb zwar nicht xettlieb, wohl aber nrsacUidi
dnr Tbätigkeit des freien Willens vorangeht. Dagegen verhält sich der
Wille iu actu nicht mehr rein passiv, sondern ist selbstthatig. wenn auch
in kausaler Abhängigkeit vom göttlichen Kiuflufs, der jedoch in diesem
Betracht zum concnrsus simultaDens wird, sofern er nicht mehr allein,
sondern mit dem Willen xnsammen wirkt. In dieser Auffassung ist die
allgemein anerkannte Wahrheit wirklich zur Geltung gebracht, <Ufs alles
Sem and alle VoUkommeDhett des Geseböpfes ans Gott stammt, wftbrend
nach der Theorie des blofa simultanen Konkurses vielmehr umgekehrt der
göttliche Einflufs selbst durcl! die t,'H«rbApflirhp Thätigkeit eine formelle
und vervollkommnende Üestimmung erfahren wurde. Aber auch die ge-
schöpfliche Freiheit bleibt aufrecht, denn an die göttliche Vorausbewegung
ist die Tbätigkeit zwar unfehlbar, aber nicht notwendig geknüpft, da die
Potenz des Gegenteils vorhanden bleibt und so wenig aufgehoben wird,
als dies geschähe, wenn der Wille dnreh sieh selbst aus dem Zustande
der passiven Indifferenz zur Aktualität sich erheben würde. Ha das Ge-
schöpf nicht l irrnfll zwar und bestimmend, wohl aber stofflich in die
göttliche Aktion eiazufliefsen und ihre naturgem&fse Wirkung zu vereiteln
▼ermag, so kann die SQnde in keiner Weise Oott sugeredinet werden,
und bietet üliprh:iiipt in diosrr Hinsicht das thomistischr System dor
Thcodicee keine gröfseren Schwierigkeiten, als die entgegenstehende der
rein simultanen Mitwirkung. (S. 145 — 271.)
Unumwunden mufs anerkannt werden, dafs dem scharfsinnigen und
schlagfertigen Verf. die Widerlegung der Ansicht, dafs die göttliche
Vorausbewegung im Sinne des englischen Lehrers sich auf das notwen*
dige und natQrlicbe Wollen des Oaten im Allgemoineo besefarinke, toII-
komriT^;! gelungen ist. Man hat sich hierfdr mit Unrecht auf 1. 2. qu.
y art. (j ad 3 berufen. In dieser Stelle liegt nicht, was man in ihr zu
finden glaubte, dafs Gott den Willen nur zum WoUeu im Allgemeineu
bewege. Ks ist hier von der verschiedenen Art und Weise die Rede,
wie Gott im Reiche der Xatnr tin ! der Gnade wirkt. Deus movet
voluntatcm hominis sicut universalis motor, ad universale objectam vo-
luntatis, quod est bonnm, et sine hae nniversali motione homo non
potest aliquid velle; sed homo per rationem determinat se ad volendum
hoc vel illud, quod est rere bonnm rel apparens bonnm. Sed tarnen
^ kj i^uo uy Google
Zur Theorie des BewuTstseiDS im Allgemeinen etc.
225
iflterdum specialiter Dens movet aliquos ad aliquid determinate volendum,
qjiod est bonum, sicnt in bis quos movet per gratiaro, nt infrn direttir.
l>fta universale darf ia diesem Texte, soiern es von Gott ausgesagt wird,
sieht in dem Sinne dea nnifmnle io praedicando* sondern mnA in dem
dos un. in ransnnrjo crnnmmfn worden, d'ott howegt, will der englische
Lehrer sagea, in der natürlichen Ordnung innerhalb der Spb&re des aiU
gemeinen, natürlichen, des Vcrnuuft-Gutes, an welchem jedes partikuläre
Gnt participiert and zwar so, dafs der ge8chö))fUebe Wille seiner Natur
entsprechend sich selbst hetbätigt, frei unter den vprschipdenon zu dem
Endziel wenigstens anscheinend nicht im uotweodigea Zusammenhang
»tehenden Gütern w&hlt. Dagegen in der abematOrlicnen Ordnung bewegt
er zu einem speziellen, d. i. übernatarlichen Onto^ fne es seiner speziellen
Liebe entspricht. Ks ist sonach die Bestimmung zu den einzelnen Akten
in der natürlichen Ordnung nicht ausgeschlossen, sondern nnr gesagt,
diüi Oott in dieser Ordnung den Willen genilfii dem nilgemeinen, d. i
in aller natOrlichen Willensthätigkeit gewollten Gute, dem bonum ratio-
nale im Unterschiede vom flheruatürlichen Gute bewegt. Es entspricht
daher sowohl der Lehre des hl. Thomas als auch der Wahrheit, wenn
der Verf. der göttllelien Kansalltftt einen bewegenden und bestimmenden
Eiuflufs auf die einzelnen Akte des Willens zuschreibt. Ein f ilrber
Kiotluia kann die F'reüirit nicht schädigen, da sie wesentlich nicht iu
der passiven Indifferen;;;;, über welche die praetnotio physica den Willen
empcurhebt, sondern in der aktiven Indifferenz besteht. Gleichwohl bleiben,
wie es bei einem Problem von solcher Tiefe und Weite r:;tür]irh erscheint,
sowohl bezüglich der Lehre des hl. Thomas als der Sache selbst Schwie-
rigkeiten bestehen, die eine weitere PrAfnng und Untersuchung erheischen.
Dahin gchdrt die Frage, wie der Wille in actu und der thatige Wille
sieh verhalten, ob denn der Wille in actu real von der Thiitigkeit des
Willens sich unterscheide und nicht vielmehr der Wille eben in der
Tb&tigkeit Wille in aeto sei. (Vgl. 2 dist. 89 qu. 1 art. 1.) Femer, wenn
der Wille, sofern er durch die praemotio aktuiert wird, sich passiv ver-
hält, die bestimmte 1 hätigkeir nhpv unfehlbar ans dem Willen in actu
hervorgeht, wie ist diese gleichwohl ein Werk freier Selbstbestimmung?
Eodlieh lehrt der hl. Thomas, daA der Wille vom Wollen des findswMäs
zum Wollen des Mittels sich bewegt, so dafs es scheint, dafs der Wille
im Ubergange von der Potenz in den Akt keineswepn nur passiv, sondern
aktiv sich verhält. — Wir halten nun allerdings dafür, dafs diese Fragen,
soweit es die Natur des Geftenstandes erlaubt, in Übereinstimmung mit
den vom Verf. darf^elegten Lebren des hl. Thoraas beantwortet werden
kdonen, und erinnern zu diesem Zwecke nur au die zwischen Suarez und
der Tbomistenschule ventilierte Kontroverse, ob es möglich sei, dafs ein
auf einem indifferenten Urteil bernbender Akt der inneren Nötigung
uoterliegcu könne. Die Thomisten verneinen diese Frage mit Mfcht und
bezeichnen damit den Punkt, in welchem die Kechtfertignng der prae-
nietio phys. gesnebt werden mufii. Diese nflmitch Iftfst die eigentliche
Wurzel der Freiheit, die in dem znflUligon und als solchen erkannten
oder (genommenen Vt rhältnis der Mittel zum Zwecke liegt, unangetastet
liQü bezieht sich ausscbiiefslich auf die Hebung der der geschOpfUchen
Ffeiheit anhaftenden Unvollkommenheit, d. i. der Potena'alitit und Passi-
^'ität, ohne deren Überwindung eine Bethätigung der freien Wahl unmög-
lich ist. — Die Schroffheit, die man in der Darstellung, die der Verf.
von der thouiistischeu Lcbre gibt, finden wollte, ist nur scheinbar und
erklirt sich daraus, dafs jede firOrterung eine fortschreitende ist und
die ia Betradit kommenden, die volle Ansicht der Sache nur in ihrer
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226
Zur Theorie des bewufstseins im Allgemeiaen etc.
Verbindnnc: CDthakoiden Momente nicht /mnal za geben venna;^' Wie
i»chüD angedeutet, lat aiifser dem p^ysischeii das moralische, ideale Ver-
halten der Seele im Akt der freien Seibstbestiminang ins Aoge zu fasseo.
Wie Gott die Mittel ztim Zwecke frei wS'thlf, jpdocli nhno rpalen Über-
gang vom JNichtwoUen zum Wollen, so wabit auch der Wille frei, jedoch
indem er von der üotbfttigkeit sor Thitifkeit ftbergeht: ein Übergang,
den er nur in Kraft göttlicher Vorausbewegung vollzieht. Um die ge-
schöpflirbe Freiheit m verstehen, tnfissen wir auf die göttliche rekurrieren,
unbekUaimert um den h.inwaud, dies heilae das Bekannte und Käber-
liegende durch das Fernere und Unbekannte erklären wollen. Wie
Aristoteles [Pol. IV (VII) IJ iu der Bestimmung der Glückseligkeit und
ihres Uotertchiedes vom Glack sich auf das Zeugnis der Gottheit beruft,
so aind wir befugt, us der Freiheit des absolot akCoalen göttliebeB
Willeiii, in welchem ein realer Übergang aus der Potenz in den Akt
nicht statttindet. anf die Freiheit des geschöpflichen Willens unter dem
Einflufs der praemotio pliysica zu schliefsen, deren Ziel und Effekt dabin
gehen, den Willen m freier Selbatbestimmnng in Bezug auf alle partika-
Iflren Güter zu rrliohen. Wir haben aber aufser der Ordnung der c.
efüciens die der c. ünalis zu beachten. In beiden Ordnungen der Ursachen
ist Gott fflr den geschaffenen Willen die höchste und darin liegt die
Oewibr seiner Freiheit. Indem der Wille gerade unter dem Eioflof«
der physischen Vormisbewegung und durch sie beffihipt, frei zwischen
den partikulareu Gütern wählt, ist die Vorausbewegung wahrbaU, was
sie dem Sinne der Tbemlsten und des Meisters sellwt gemäfs sein soll,
einr N'oransbewegiing zur St Ibstbeweguug und Selbslbeätimmung, und
der freie Akt eine selbatthätige Bewegung des Willens vom Wollen des
Zweckes (des höchsten Gutes) zum Wollen der Mittel.
2, Die in P. Feldners Schrift nachgewiesene Notwendigkeit der prae-
motio pliysicft, um die gescbopfliche Freiheit über den /n^^tand der
Passivität uud Potenzialität zu erheben, erfährt eine merkwürdige, wenn
«ich keuDieswegs intendierte Reebtfert^og dareb die Abhindlung Berg-
sons — Essai sur les donuces immediates de la conscieiice
Paris lööSi — , deren ilauptiuhalt und eigentlicher Zweck die Verteidigung
der Willensfreibeil gegen den physischen Determinismus der Materialisten
ondden psychologischen dt>r Associationstheorie bildet. Als Grund^'e iauke
dieser Schrift nämlirli Irif^t sich ancrtdicn, dafs der Mensch nur insofern
frei sei, als er unabhängig von Kaum und Zeit, oder wie wir sagen
kftnnen, von Passivität and Potensialittt sich betbitift Bergson ist mit
den Gegnern der Deterministen nicht einverstanden, sondern wandelt seine
eigenen Wege, die an Kaut und die Verteidiger der sog. intelligiblen
Freiheit erinnern. Freiheit ist nach Ii. nicht das Vermögen, zwischen
gkkik nöKlfeben Th&tigkeiten zu wählen, sondern zu handeln, wie es der
iT^nerstpn Statur und Tendenz drs Ich, der individuellen Persönlirhkeit
entspricht. »Wir sind frei, wenn unsere Akte aus unserer ungeteilten
PersOnUebkeit hervorgehen, wenn sie diese cnm Ausdruck bringen, wenn
sie zu ihr im Verhältnis jener undefinierbaren Ähnlichkeit stehen, die
man zuweilen xwischen dem Künstler und seinem Werke gewahrt. Hier-
gegen wird liiun ohne Grund anführen, dafa wir in diesem Falle nur dem
allmächtigen Einflufs unseres Charakters nachgeben. Denn unser Cht*
rakter sind wiederum wir selbst; es wäre aber kindisch, schliefsen zn
wollen, das eine übe auf das andere einen Druck aus, weil es uns gehel,
die Person in swei Teile tn serspalten, in des Ich, das flBblt oder denkt,
und das Ich, das handelt . . . Mit einem Worte, kommt man übereio,
jeden Akt frei zu neaoea, der aus dem Ich uud dem leb allein hervor-
^ kj i^uo uy Google
Zar Theorie des Bewuittseina im Allgemeinen etc.
gebt, so ist (irr Met, der das Gepr&ge unserer Persönlichkeit trägt, wahr-
hmfi frei; deDQ unser Ich allein wird den Anspruch der Vaterschaft
dmrmn erhebea.'' (p. 131.)
Um diese Auffassung aufrecht zu erhalten, vollzieht B. mit Kant
<l^n Kaiserschnitt an den Daten des Bewurstseins und unterscheidet einen
doppelten Anblick (aspect) des Ich: ein fundauieuiaies Ich, das den Be-
dingungen der emplriscliea, aeUliehen Dauer entrQckt ist, in
welchem sich alle (Jefflhle, Gedanken u. s. w. dynamisch durchdringen,
und ein schalteobafies in die nac]t Analogie des äufseren Raumes als
boDoiogenes Medium gedachte Zeit projiciertes Ich. (S. 96.) „ Dieses tun-
dament«le leb, wie ea ein noTwAndertea Bewofstsein wabraehmen wQrde,
wieder zu finden, bedarf es r inpr kräftigen Anstrengung der Analyse, um
mit ihrer Hilfe die inneren und lel)endigen psychologischen Thatsacheu
losgetrennt von ihrem in einem homogenen Kaum zuerst gebrochenen
dann festgewordenen Bilde hinzustellen. Mit andern Worten: unsere
Wahrnohmungen, Kmj'tindTingen, Gedanken. Willensrecrnnirrn hiotpn sich
unter einem doppelten Anblick dar: der eine klar, bestimmt, aber unper-
tönlich, der ander« verworren, unendlich beweglich und unaussprechlich,
mü sieh die Sprtebe teioer nieht bemächtigen und ihn ihrer zeitlichen
Form nicht anpassen kann, ohne seine Bewegliclikeit zum Stillstand und
ihn ins Bereich des Allgemeinen zu bringen" (seiner indifiduellen ächat-
tiening aa entkleiden) S. 97.
Den Weg zu diesem Ziele sucht sich der Verf durch die Unter-
scheidung zweier Formen der Vielfachheit (Multiplicität) und zweier
Formen der Daner zu bahnen, unter deren Einfiufs jede Thatsache des
Bewofecaeim ▼ertebiedene OesUtIt and Anseben annebme, „je oaebdeoi
man sie im Schofse einer bestimmten oder verworrenen Multiplicitüt, in
der qualitativen Zeit, in der sie entsteht, oder in der quantitativen Zeit,
iu die sie projiciert wird, betrachtet." (A. a. 0.)
Dem dritten Kapitel, das das eigentliche Thema der Schrift be*
handelt, werden zu diesem Zwecke zwei vorbereite n Ir Kapitel voran-
gestellt. Das erste (S. 1— 5Ö) behandelt die Intensität der psycholo-
gischen Zustände, das zweite (§ 57—105) ihre Multiplicität und den
Begriff der Daner. Das erste Kapitel enthält äufserst scharfsinnige
Untersuchungen ührr das Intrr;sive und Extensive, Ober die tiefer liegenden
GefQhle. über Muskelanstreugung, Über ^affektive und repräsentative
Enpfinonngen* -~ des Tones, Dmckes und Gewichtes, des Lichtes, endlieli
über Psychophysik. Um auf einige Einzelbeiten einzugeben, so bemQbt
sich der Verf. zunächst den Begriff der intensiven Gröfse zu eliminieren
und ihn teils auf qualitativ-psychische, teils auf quantitativ-r¨iche
Bestimmoogen aorOeksafftbren. Der Ausgang wird von der Frage ge-
nommen, ob die herrschende Ansicht, dafs rein innere Zustände durch
Intensit&tsgrade sich unterscheiden, die vielleicht (wie die Psychophysiker
in der Tbat annehmen) sogar gemessen, numerisch bestimmt werden
kftnneo, richtig sei. Der Verf. ersiebt bierin einen sehr dankten Pnnkt
end ein viel schwierigeres Probl'-m als gewöhnlich angenommen wird,
(p. 1.) Man kann fflr den Hegrilf der ^.Intensität" zwei Krkliirungen
suchen, die i'ilc entspricht der gewöhnlichen Annahme, dafs B. eine
Sensation aus aktuellen Graden der Intensität sich zusammensetzt, also
der höhere Grad nicht erreicht wOrde, ohne dafs die niederen Grade
aktuell durchmessen wären. Diese Ansicht bewege sich in einem circulus
yitiosns; denn sie setxe voraus, dafs der intensive Grad die minder
intensiven enthält, dufs sie sich also wie Zahlen und extensive Gröfsen
verbalten, die sich aufeinaDderlegen lassen und so meftbtr sind.
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228
Zur Theorie des BewuCsUeins im AUgemeineo etc.
würde sich datm nur fragen, wie man die Zu- nnd Ahnabme erkennen
könne, d. h. man stQnde wieder vor der urspruogttcbeu Frage, ob die
Intensit&t eine Gröfse sei. Die swelte Erklirong, wornach di« iBtCDsitlt
zwar eine Gröfse, jedoch von eigener Art ist und von der rxtmsiven
GrOfse sich dadurch unterscheidet, dafa sie nicht gemessen werden kann,
umgehe die Schwierigkeit, statt sie an lösen; denn wo ein Mehr imd
Minder vorhuiden ist, da könne mid mQste nach einem gemeinsamen
MaTse gesucht werden. Nun könne man sich dip intpnsivp (;röf*t> unter
dem Bilde einer virtuellen Ausdehnung, gleichsam eines komprimierten
Raunes vorstelleii. Aaf dlmem Weg» gelange man saniehat tu dm
Versuche, die Intensit&t nach il-^r Zafil und (Iröf^r der objektiven Ur-
sachen zu bestimmen. Wie sollen aber auf demseihon Wege die Inten-
sitäten rein innerer Zustände bestimmt werden, die ganz allein von uns
und nicht von einer äufseren Unaebe aosgehen? Überdies reden wir in
der bestimmtesten Weise von grftfsorpr und geringerer Intensität, wenn
wir innere Zustände ohne jede Rücksicht auf die äufsere Ursache uq-
mittelbar vergleichen, t. B. den Sebnera, den uns daa AaareüiMn eines
Zahnes und den uns das eines Haares verursacht. Zwar könnte die Er-
klärung aus der UrÖfse der äufsereu Ursachen in dem Sinne der neueren
Theorie, dal'a alle sensiblen Qualitäten auf elementaren Bewehrungen be-
roh^, foT^ebildet and angenommen werden, dafs wir bei Sehätzunn; der
Intensitäten von einem unbf stimmtrn Vorgefühl jener „nT^rhrmischen"
Arbeit geleitet werden. Uiergegeu aber sei zu erinnern, dafs uus in dor
Sensation nidit die etwa so Grande liegeoden molekAhirea Bewegungen
gegeben sind, und dafs wir vielmehr von der Intensität der Sensation auf
die Grf^Tse der Arbeit schliefsen, so dafs die Frage wiederkoUrt warum
wir voii eiuer höheren Intensität sagen, sie sei grofser als die andere.
(S. 1-5.)
Der Verf. sucht nun im weiteren sowohl an den sog. ticfcrt n ^h-
fnhlen als auch an der äufsereu Anstrengung und den dazwischen liegenden
Zostinden der Seele an zeigen, dtfs die Annahme venebiedener Intensi-
täten qualitativ gleicher Zustände auf einer TäuschttOg beruhe, die ent*
weder aus der damit verbundenen gröfseren oder geringeren räumlichen
(organischen) Ausbreitung oder aus der Verwechslung um der Multiplicität
einfacher Zastinde, die das ßewnfstaein nicht klar unterscheidet, entsteht
(S. 5-23.) Wie verhält es sich aber rr.it den einfachen Empfindungen?
Auf diese dOrfte die erstere Erkläruugsart Anwendung finden. Wir
schätzen die Intensität eines Schmerzes nach dem Interesse, den ein
gröfserer oder kleinerer Teil des Organes daran nimmt. (S. 27.) Reprft»
sentative Empfindungen aber messen wir nach der Gröfse des pfav^isrhen
Eindrucks. Wir assuciiereu mit einer gewissen Qualität der Wirkung
eine gewisse Quantität der Ursache. Bei Dmek nnd Gewicht ist es nicht
das Wachstum der Empfindung, sondern die Empfindung des Wachsturas,
deren wir uns bewulst sind. Gewohnt, die Farben der Dinge für unver-
änderlich zu halten, deuten wir die durch Veränderung der Lichtquellen
entstandenen qualitativen Unterschiede quantitativ, d. b. als Intensität.
Darnach i)egreift man den Simi Irr ])hntoTnetrischen Experimente. —
Die rsychophvsik beruht auf dem unbeweisbaren Postulat, daiä die Sen-
sationen, welche Irontinnierlich wachsenden objektiven Lichtpunkten ent-
sprechen, durch quantitative Differenzen unterschieden seien. Den Gegneru
der Psyrhophysik aber, die Intensitäten annehmen und ihrr< ^!pfsbarkeit
bestreiten, ist zu sagen, dafs Sensationen entweder reine Qualiiateu ohne
Intensit&t sind, odar daft, wenn es intensive Gröfsen gibt, dieselben
meftbar sein müssen. (8. 34—56 ) Diese Bemerkung weist indes selbst
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Zur Theorie des BewufsUeins im Aiigemeinea etc.
229
auf den Irrtum bin, in dem der Verf. befangen ist. Die iuteositäi kauu
gerade deihilb wdl lie niclit e&tenBtfe, tmm lixtmtlh Gt^iw ist, uur
indirekt, Mi es naeh der Dmcbe oder nach der Wtrkttng, gemesaeo
werden.
Das zweite Kapitel baodelt vou der Multiplicitftt der psycbiicheu
ZutlBde, anf di« nach des Verfassers Ansicht der Begriff der Zahl
ksise Anwendung tindnt , weil iu jf Jer Zahl Ausdehnung impliciert
ist — toute idi'e claire du nombre impiique uoe visiou daos l' cspace
(p. 60). Aus diesem Gründe sei Ündurcbdringlichkeit nicht blofs eine
phjrsische, erfahrungsm&fsige Eigenschaft der Körper, sondern eine logische
S'otwcndij^keit, dif ?if !t aus der Nanir der Zweiheit and Zahl, doren
Üegritf das Nebeueiuauiier im Kaum eiu&cbliefst, ergibt. Daher sei das
Klement, das die Zeit aflblbar (sscAbar) macht, ans dem Raum in sie
c-iupodruiigen. und nifisse die Zeit von der D:iuer, die kein räumliches
Kiement entijail, unterschieden werden. — Die Bedeutung der Idealit&t
des Raumes sei übertrieben worden. Kant verwerfe die Auffassung dts
Raiimea als blofse Abstraktion, lasse aber demselben soviel Realität als
der SeFisntidTi selbst. Übrigens sei die von Kant gegebene Lösuug spittleni
uicht eruiitUcfa bestritten worden. Auch die Lokalzeichentheorie müsse
itraaomehr der Aktivität des Geistes, der das als qualitative HeterogeDeitftt
Gegebeue unter der Form der Homogeneität wahrnimmt, einräumen, je
mehr sie die Verschiedenheit der Eindrücke auf die Net/haut durch zwei
Punkte einer homogeneu Oberfläche betone. (S. 72.) \oin Ilaume, der
ursprOnglichen Form eines homogenen Mediums dringe die Coocepüoa
♦ iru's solchen in die Vorstellung der Dauer und ergebe die Zeit. Aus
diesem ürunde seien nicht zwei Formen der Homogeneität auaunehmeo,
oodi veniger kOnoe der Raum auf die Zeit surflckgefAbrt werden, wie
die schottische Schule versuchte, denn der Gedanke einer reversiblen
Reihe in der Zeit involviere bereits die Vorstellung des Raumes. Die
.vierte Dimension'^ der Zeit entspriugc aus dem gegenseitigen Verhältnis
der iufsereo Bewegung, in welcher keine Dauer, und der inneren Succes-
sion, die ohne wahres Auseinandersein ist, Dauer und lU wepung sind
Synthesen des Geistes und nicht Dinge (p. 90). — Eine doppelte äucces*
sion ist zu unterscheiden, die rein psychische in den Bewurstseinsznständen
an sich, und die seitliche fOr die Vorstellung des Subjekts in einem
homogenen Medium vorgehende. Dem unmittelbaren Hewuftssein stellt
sich die Dauer als ein Qualitatives, nicht ais (Quantität dar und bewahrt
diese Form, solange sie nicht einer symbolischen, von der Ausdehnung
genommenen Form weicht. Die psychologische Analyse entdeckt hinter
dem Ich mit genau unterschiedenen Zustanden ein Ich, in welchem die
Succession Verschmelzung und Organisation bedeutet.
An dieser Theorie von Zahl, Zeit, Bewegung und Raum haben wir
auszusetzen, dafs der Hanm, '^tatt auf Quantität und Ort zurückgeführt
zu werden, als Form autgetaist wird, die nur durch subjektive Synthesis
in die Wirklichkeit hineinspielt. Das menschliche Handeln ist keineswegs,
wie der Verf. will, von rriumlichen und zeitlichen Bedingungen an sich
vollkommen unabhängig. Wir wissen aber, dafs jene Auffassung der
Theorie des Verf. vou der Freiheit die ürumllage schaffen soll. — Was
dagegen Zahl, Zeit und Bewegung betrifft, so geben wir zu, daA in Zahl
und Zeit (der „iriliFrhen" nämlich, oder der durch die Bewegung der
Himmelskörper gemessenen) ein quantitatives Element enthalten ist, das
ans der Bewegung stammt, tofem diese Ortsverftnderung ist. Denn Zeit
ist Zahl der Bewegung nach dem Früher und Später, Zahl aber entsteht
dnieh Unterbrechung der KontinnitAt, ist also diskrete Qoantitilt, weshalb
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230
Zur ibeorie des Bewufgtseios im Allgemeioea etc.
das Eiemect der Zahl, die nuiueriscbe Eioheit von der traosceodeoUlea
(ontologischen) zu anterscheideo tet.
Folgeu wir indes dem weiteren Gedankengange des Verf., der mit
Hilfe seiner IV**! immun jjpn von Succession und Zeit den DcterminisTn is
uberwinden zu können glaubt. Die Einwürfe gegen die Freiheit beruh^a
auf einem felichen Begriff von der MoUiplieität der Bewofttseinsthataachen.
Betrachte man zuerst den physischen ÜeterminisirtK, so verliere die re-n
kinetische Erklärung der physischen Erscheinungen von Tag su Tag ao
Boden. Die jüngsten Experimente Hirns besOglieh der Gaae legen nm
nahe, da Ts die Wärme noch etwas anderes als Bewegung der Moleküle
ist. Die Undulationstlieorie nnd die Hypothese vom Lichtäther scheinen
unvereinbar mit der liegelniafsigkeit der Planetenbewegung und den
Phänomenen der Teilang des Lichtes. Die Frage der Elasticitit der
Atonip orrpc'n srll ~t nach den glänzenden Hypothesen William Thomsooa
unüberstc'igliche Schwierigkeiten. Endlich sei nichts problematischer ala
die Existenz des Atoms selbst Nach den immer zahlreicheren Eigen*
sehaften, mit denen man es bereichern mufste, zu urteilen, möchte man
geneigt sein, im Atom nicht etwas Wiikliche.«, sondern den materialisierten
Niederschlag der mechanischen Erklärungen zu ersehen. Zwar scheine
das Gesetz der Erhaltung der Kraft, unabhängig von atomiatisehen Vor-
stellnngen, die Determination dor Hewufstseinsphllnomenp nach sich zu
zieLen. Ks frage sich aber, welche Ausdehnung diesem Gesetze zu geben
sei. In seiner gegenwärtigen Gestalt scheine es nicht einmal auf alle
pkysikalisch«cliemiBeben Erscheinungen anwendbar. Ferner wenn die
Molekülarbewf^pnng: mit einem Nichts von Bewnfstsein Sensation schaffen
könne, könnte dann nicht auch umgekehrt Rewufstaein Bewegung schaffen
aus einem Niehta von kinetischer oder potenzieller Energie?
Wenden wir nns dem psychisclien Determinismns oder der Assncia-
tion^thcorie zu, so besteht ihr l'nreclit darin, daf'j sie zuerst das quali-
tative Element des zu vollbrinj^enden Aktes eliminiert und nur was
geometrisch und unpersönlich daran ist, beibehält. Frei ist nicht, was
unabhängig auf der Oherfl.lchn der Seele treibt, wie z. U. die Thätig-
keiten im hypnotischen Zustand, sondern was sich mit dem fundamentalen
Ich identificiert. Daher «ind die wahrhaft freien Akte selten. Frei ist,
was ans dem Ich allein stammt und mit ihm verschmilzt. Der Irrtum
des Deterministen und die Illusion des Verteidigers der Freiheit bestehen
gleichniafsig darin, dafs sie vou Überlegung und Wahl redend und einen
geometrischen Symbolismus unter einer Art von Wortkrystallisation ver-
hülle! 1. 1< n Vorgang der Deliberation und des Entschlusses in ein dem
Raum homogenes Medium — die Zeit — verlegen, wodurch er deu Ge-
setzen mechanischer Kansalität verflUU. Der Wählende bat zwei Wege
vor sich; dafs er den einen mit Ausschlufs des anderen einschlägt, mufs
schon im Ausgangspunkte bestimmt sein, also besteht keine Freiheit:
dies ist die Argumentation des Deterministen. Dagegen wendet der Ver*
teidiger der Freiheit ein: dieselbe besteht trotzdem, weil mir das Be-
wnfstsein sagt, dafs ich ebenso gut einen nndern und entgegengesetzten
Weg einschlagen konnte. Der Verf. glaubt den Streit zu schlichten, in*
dem er den ganzen Vorgang der nach Analogie des Ranmes vorgestellten
Zeit entrückt. „Die zwei Fragen.- wenn die zwei Partieen gleich möglich
waren, wie fand eine Wahl statt? wenn nur eine davon möglich war,
warum hielt man sich für frei? laufen immer auf diese hinaus; ist die
Zeit Raum?'*
Wie werden wir uns zur Frage stellen? Allerdings kann von den
beiden Fällen der Alternative, dem Entweder-Oder immer nur der eine
I
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Zur Theorie des Bewafstseins im Allgemeinen etc. 231
realisiert vrerdpii, und es ist eine Absurdifät. wpnn ein Autor neuesten
Datums (v. Kelde>rg. das Gefühl als Fundament der Weltordnunp) als
freies Haodelo nur eiu solches gelten lafst, das im selben Momente ge-
•etst ond tofgehoben wird. Die Freiheit kann daher auch nicht sora*
flauen experimentell festgestellt w^rrlrn Sir- i];irf ubpr anrh weder einem
Mechanismus der Association von Vorstellungen überantwortet noch in
einem Ober Überlegung und Wahl erhabenen fundamentalen oder reioen
Ich gesacbt werden, BOiidero ruht in einem höheren, geistigen Vermögen
der Seele, das sich «war unter materiellen I^i liii^rnpfTf^rt. aber auch zu-
gleich, wie wir sahen, unter dem erhebenden und btrireienden Kintlurs
Qoites, des erstes nnd absolut Freien, «eil Aktaalen nad Immtteriellen,
bethfttigt. —
Drr Drt- rmiriist j;:ibt indes, fUlirt der Verf. fort, seine Sache nocli
nicht verloren, Ent^e^not mau ilini, die vollzocene Handiung erscheine
zwar als notwendig, weil sie unter den Hedingungt^n des Hauroes sich
darstelle, betrachte man sie aber als eine zukünftige, so sei sie zufällig
und frei: so rfkurriert er auf eine Intelligenz, die den zukünftigen
Erfol? als einen notwendig eintretenden voraussehen würde. Dieser Wen-
dung begegnet der Verf. mit der Bemerkung, dafs eine solche Intelligenz,
um die £ot8cheidung sicher vorauszuwissen, an die Stelle des handelnden
Willens selbst treten, die Zukunft also für sie in Ge^'enwart sich ver-
wandein mOXste, da ans dem Charakter des üandelnden nur eine wahr-
lebehiKehe Erkenntnis gesebflpft werden liOnnte, die Kenntnis aller ein-
fiiefsenden Umstände aber einer Identificierung mit dem Handelnden gleich-
kommen würde. ^T'm eino Kmj findung adäquat 771 prliätzen, rnnfste man
alle ihre Phasen uurciigcmacht und dieselbe Dauer augenommen haben.
Wenn man also frigt, ob eine snkOnltige Handlasfr Torantgeseben werden
könne, idenlificiert man. ohne es zu merken, die Zeit, die in den exakten
Wissenschaften in Frage kommt, und die sich auf eine Zahl reducieren
läfst, mit der reellen Dauer, die anscheinend Quantität, in Wahrheit
aber Qonlilit ist, und die man nicht nm einen Augenblick verkQnien
kann, ohne die sie erfQllenden Thatsachen zu m od ifi eieren." (p. 150.)
Die Deterministen ziehen sich scliliefslich auf das Kausalprincip
zurück. Daher ist dieses ihr Princip selbst anzugreifen. Mit der Frei-
heit nnYereittbar ist dieses Princip in der Fassung, die ibm durch die
kartesianische Fiiysik und die Philosophie Spinozas gegeben worden ist,
und der die T n li nz innewohnt, die Successionsverhültnisse in solrho der
loh&reuz zu verwandeln. Die Pr&formation der Wirkung in der Ursache
wird in dieser AnflTassung anter einer natbematiscben Form, sls Identitftt.
vorgestellt. Näher unserem (»eiste aber liegt eine andere Auffassung
jener l'raformation, derzufolge sin nach einem vom unmittelbaren Be-
wufätsciu genommenen Bilde als Übergang von der Vorstellung durch
eine Anstrengung (effort) zur Verwirklichung gedacht wird. Hier erscheint
iVie Wirkung in der Ursache nur als ein Mögliches, als eine verworrene
Vorstellung, auf welche die entsprechende Aktion vielleicht auch nicht
folgt. Beide Auffassungen sind mit der Freiheit vereinbar, die erstere
bedingungsweise, falls der wesentliche Unterschied des physischen Gc-
^^chchens und dos psychischen Tlin lolns im Auge behalten wird, die
letztere da si<^ di.' Koutiugenz ni die Natur selbst einflihrt.
Wir glauben weder die eine kartesianisch-spinozistische noch
such ganz die andere (leibni^scbe) Auffassung billigen zu können. Der
Kausalzusammenhang beruht weder auf einem Princip mathematischer
IdeoUt&t noch auf einer im Princip selbst liegenden Zufälligkeit. Sieht
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232
Zur Theorie dea BewafsUeins im AligemeiacQ etc.
man von den Bcsonderhcüeo physischen und psycbischen Wirkens ab,
so lle^t im Kausalprincip nur dies, dafs jede Wirkung notwendig eine
Ursache hat, nicht aber dafs die Ursache ihre Wirkung notwendig lier-
vorbringt. Es k&nu demnach notwendige und freie Ursaclxr'n ;jpl)en. Das
Freie aber ist nicht identisch mit dem Kontingenten, \^iewobl ea cor
XontiDgens (dei Objekte der freien HtodJung) in notwendiger Korraln^
tion steht.
TTnspf schliei'siiches Urteil fll)er die geistroichon Rü-onnf-mf^nt«; Borg-
sons gebt dahin, dafs sie unter dem Zeichen des schrolien Üuaiismus von
Physischem und Psychischem stehen, der die Philosophie Deseartes'
charakterisiert und in anderer Ferra im System Kants wiederkehrt Denn
auch Kant ühpilicfert wie Descartes die (phänomenale) Körperwell ganz
und gar dor Matlirmatik und dem mechanisch-aufgefafsten ^us&Iprincip,
wenigstens soweit es sich um die konstitutiven, nicht um regolntive Prin-
cipien IianJelt. WiUireiiii aber bei Kant durch di" ^ AnsrhaMtmn'sform'^
der Zeit, die dem Kaum analog gedacht und mit diesem dem mechanischen
Princip überantwortet wird, der Mechanismus in die psychische Welt
hiueinspielt und dadurch die Freiheit genötigt wird, sich in die unerkenn-
bare Spltäre des Ansich zu flüchten, sucht Bergaon die Region der Freiheit
als Sphäre der reinen Succession, in der die <^ualit&teD sich nicht bestimmen,
sondern durchdringen, worin also im Gmnde «bis Oesets der Kaosalittt
abrreiert ist, zu fassen. In dieser Auflfassung ist aber eber"'o wie bei
Kant der Begriff und die Thatsache eines freien Handelns innerhalb der
und auf die Körperwelt aufgehoben. Das Ich ist frei, swar nicht ah blofses
Nounienon, aber doch nur, sofern es von jeder Beziehung zur Körperwdt
losgelöst ist. Worin liegt der Fehler dieser Theorie? Eben in jenem
Dualismus. Auch in der physischen Welt herrscht nicht ausschlicfslich
der Mechanismus nnd die mechanische in die mathematische Fonnel xo
fassende Kansalität. Die Natur ist ein Reich der Formen und individu-
ellen Wesen, denen der Mechanismus nur als Mittel der Verwirklichung
dient. Daher findet sich in der Natur nicht ausschliefslich Notweudigkeit,
sondern auch Kontingenz, und gestaltet sie sich auf diese Art smn pas*
senden Schauplatz für das Handeln vernünftiger und freier Wesen.
Noch weniger iat die „Natur**, das „Physische" im Menseben selbst
ein absolutes Hindernis dcü freien Ilaiuiclns; zwar nicht frei, ist es der
Vernunft und Freiheit teilhaft, sofern Vernunft uud Freiheit die Herr-
achatt darüber führen. Die höchste Gewähr der Freiheit aber liegt, wie
wir sahen, in der Kraft und dem wirksamen Beistand, den sie aus Gott,
der Quelle der Freiheit und ihrem Endsiel sehdpft.
8. Das Problem des Ranmes, das in den üntersnchangen der eben
vorpefü'irtnn Schrift cir r tief eingreifende Rolle spielt, hat derselbe Ver-
fasser zum Gegenstand eiuer besoudern, sehr verdienstvollen Abhandlun;^
gemacht unter dem Titel: Quid Aristoteles de loco senser it. Lut.
Par. IdSi). Dero Standpunkt, den der Verf. in der Theorie des Bewufstseins
einnimmt, getreu, g:lanht derselbe, dafs die Schwierigkeiten, auf welche
Aristoteles bei seiner Untersuchung des Raumbegriffs stiefs, allein durch
die Kantsche ünterseheidong der Form nnd der Materie, sofern sie mehr
der Erkenntnis selbst als den erkannten Dingen angehören, überwunden
werden können, und tindet darin einen Kntschuldigungsgrui <) filr den
Stagiriten, dal'-» diese Unterscheidung neueren Datums sei und tast von
gestern datiere (S. 78). Jene Schwierigkeiten aber enthielten den Grund,
warum Aristoteles, den Kaum umgehend, den Ort in den Vordergrund
stellte (S. 1). Kr fafste nämlich den Raum als Ort, in welchem die
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Zor Theorie des BewvfiiUeini im AUgemeiaeii etc.
233
Dinge sind und sieb bewegen, wifareod die Neueren mit Kant die Er-
kenDtiiis in Form und Inhalt scheiden und daher dio Qualitäten (den
uiaunigt<igen Inhalt der Rmpfiodung und Wahrnebinung) für raumlos
halten uod nicht nur die Dinge in wiame, sondern nneh den Raam in
den Dingen sein lassen. Indem die Ausdehnung von den physischen
Qualitäten geschieden wurde, mnfste nicht blofs ein Wf>hnort für die
Körper, sondern auch ein Ort für die Qualitäten, durch welche sie eine
Aasdehnung erlaogteOf gesucht werden, woraus hervorgebt, dafs es sich
für die Neueren nicht mehr um den Ort, sundern um den Raum handle.
Der Raum im modernen Sinne als eine Form, die sich mit der Materie,
d. b. den sensiblen Qualitäten verbindet, trägt daher, auch wenn alles in
einer endlich«! Welt erfallt ist, dun Charakter des Vet ren und Unend-
Itcben, "^dft'rn er r:'trr;!irh mir als ?^(»rm liotrachtet wird. Eine Folpe
dieses Kaumbegntti» ibi die Möglichkeit leerer H&ume, die zwar kerne
physische, wohl aber eine mathemstisehe Existens besitsen wOrden, nim*
lieh in einer vom Stoffe getrennten Form. Aristoteles aber wurde durch
Sän oietaphysisches Princip, dafs alles Sein nach Qualität und Quantität
bestimmt und auch thätig sei, gehindert, dies zuzugeben. Dazu kommt
ein Tfillig versehiedener physikalischer Standpunkt. Wihrend die moderne
Auffassung ilie Hewegung rein mechanisch und mathematisch hehandelt.
nahm Aristotrk^ r|ualitativ«' T-nterschiede in der Hewegung selbst und
ihrem Ziele, üeiu Urte au uud erhielt üo statt des Kaumes» nach Gröfse
und Qualität bestimmte Orte. Der aristotelische Ort existiert nicht vor
den Körpern UV-^ Ii* um. den sie einnehmen), sondern entspringt vielmehr
ans der Ordnung uud Disposition der Körper.
Die aristotelische Auffassung des Ortes wurde durch die Leibnizscbe
Monadologie in den Begriff des Raumes übergeleitet. Nach Leibnia
resultiert der Raum aus der Disposition der Elemente wie nnrh
Aristoteles aus der natUriicben Ordnung und Verwandtschaft der Körper
der Ort. Leibnia lOste den kontinuierlichen Zusammenhang des Körpers,
in welchem die Teile nur der Potena nach vorhanden uod nur potenziell
im Orte sind, in ein Aggregat von Monaden auf, deren Menge in ein
verworrenes Bild der Ausdehnung zusammendiei'st, wie unsichtbare Wasser-
tropfen tu fiirbigen Wolken sich susammenballen. „Wenn wir die ari-
stotelische Unterscheidung von Akt und Potenz, soweit sie sich auf den
Ort bezieht, hin wegnehmen, so zeig^ ?^ich sogleich die Verwandtschaft des
Gries mit der Ausdehnung, und wir haben nicht mehr mit Aristoteles,
sondern mit Leibniz zu thnn." (8. 77.) Mit jener Ünterscheidnng (des
.Aktuellen und roten/irllrn) fallt auch die aristotelische Lösung der Frage
einer uuendlichen J'eilharkeit der Körper; es fcch«Mnt dann der Vernunft
gemafser, daf^i die Ausdehnung weniger aus den Teilen seihst als aus dem
Verhältnis derselben zu einander entsteht. (Ebd.) Wie also der Ort aus
der Disposition der Körper, so wird die Ausdehnung aus der Zusammen-
setzung der Teile entstehen, uod wir werden nicht weit von Leibniz entfernt
sein, der unausgedehnte Teile annahm^ in dem kontinuierlichen und un-
endlich teilbaren Bilde der Ausdehnung aber nur einen verworrenen
Schein erhlickto, ilcr ans der Vielheit tinteilbarer und unkörperlicher
l:Uemente entspringt. In der Unterscheidung von Akt und Potenz liegt
der Knoten der aristotelischen Lehre, sofern sie den Ort von der Ans-
dehnung trennt.
Aristoteles wQrdc unserem .\utor zufolge Tadel verdienen, wenn er
sich der Frage, die er durch seine Theorie vom Orte wegzuschaffen
suchte, (d. i. der Schwierigkeiten des ahsointeu Raumbegriffs) nicht he-
wubt gewesen wäre. Er ahnte aber die Schwierigkeiten voraus, die aus
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234 Zur Theorie des Bewufatseias im Allgemeiaea etc.
uoscrcm freiea uad (voa aller Materie und Qualit&t) losgelögten Kaume
eatspringen, und hielt %\€ für onfiberwindlich. Er ▼ollte den von Lencipp
uod Demokrit vorzeitig emancipierten Raum ia der Weise anf dea Körper
reduciereo, dafs an die Stellp de? Raumes dor Ort, an die Stelle des nn-
«ndlicbea Schauplatzes der Heweguog das Eiogeschlos^easeia begreuzter
DiDge in begreuzten Diogeo trat Durch dieten Kunttgriff begrab er,
wenu man so safu n soll, nicht bloib den Raum in den KOrpeni, tosdom
auch die Krago selbst.
Dies iät im weseotlicheo das Resultat der Schrift Bergsoas. Wenn
wir seine geschichtliche Ski7:ze weiter verfolgen, so mufste die Leibnizscbe
Auffassung notwendig zu der Alternative fuhren, dafs der vermeintliche
Schein eiuer koniinuierlicbea iiorperwelt entweder in einem >viiklicben
leeren nnd abtolnten Räume, oder fn einer 8tth>ktivott Anedmunngsweite
begründet sei. Das Erstere ist die Lehre der neueren Atomisten, flassendi
an der Spitze, das Letztere die Kants. Das Kntwickluiipsziel dor Kantseben
Ansicht aber ist der Idealismus, d. b. die Leugnuug der Existenz einer
Körperwelt in einem noch schrofferen Sinne, als wir sie bereits hei
Leibniz finden: d rn tri't Vei diesem die Ansdehnung immerhin rf rli
Schein wirklicher Webea, also in einem gewissen Sinne als etwas Uhjek-
tives anf, so werden in dem nachkintschen Idealismas jene Wesen und
der Schein der Ausdehnung zumal in das vorstellende Subjekt hineingezogen
und als immanentes Produkt einer unendlichen Erkenntnis- und Willens-
thätigkeit betrachtet. — Wenn der Verf. selbst das Kesultat seiner For-
schuagen Ober die aristotelische Lehre Vom Ort und seinem Verhältnis
zum Räume fflr ein dem Stagiriten nnpiinsf'>e"^ b<, so sin-^ ^vir der ent-
Spgengesetzten Ansicht; denn was wir als deu ivern derselben betrachten
Arfen, dafs Aristoteles durch seine Definition des Ortes, ohne in die
sp&tere subjektive Auffassung zu verfallen, die Schwierigkeiten des absc-
Ittten RaumbegrilFs vermied, spricht zu Gunsten der aristotelischen Theorie,
in welcher mit Recht genau uaterschiedea wird, was die Neueren im
Begriff des nRanms" xasammenwerfen , Ausdehnung, Ort, Lage: eine
Verwirrung, die zur idealistischen Auffassung Kants und den Irrtümern
des ehemaligen rationalistischen und gegenwärtigen positivisUacben Pha>
nomenalisrans führte.
In der Darstellung der aristotelischen Lehre vom Orte le?t der
Verf. zuerst die Gründe dar, durch welche Aristoteles die Existenz des
Ortes zu beweisen sucht (I). Hierauf folgt die Erörterung der Schwierig-
keiten des Orts- nnd Ranmbegriffs (II), denen der Grandgedanke gemein-
sam ist, dafs der Ort etwas tür sich Bestehendes sei, was Aristoteles
durchaus nicht zugibt. — Nachdem ferner gezeigt ist, dafs der Ort weder
der Körper selbst noch ein Bestandteil oder eine F^igenschaft desselben,
noch ein nach Entfernung des Körpers entstandenes Leeres BCi
gelaugt die bekannte aristdtelische Definition des Ortes als der unbewegf-
lieben Grenze des Knthaitenden oder Umgebenden (IV. V. VI) zur Dar-
stellung. Bezüglich der Bestimmung des „Umgebenden* gibt der Verf.
den aristotelischen Gedanken mit den Worli n :r !er: Mouilis res in re
mohilt si moveainr, baec autem contineatur in niohili tertia, mobiles
roobilium rerum terminos halerous, per quos si progrediendo transierimas,
terminnm quem prtmum in itinere nostro reperiemus esse immobilem, eum
vere locum esse statnemus fp. 49). I'as Streben muh dem nntürlichpH
Orte ist oicbt als Anziehung zu erklären, sondern so zu verstehen, dafs
die Erde im Wasser a1« ihrem natflrlichen Orte ruht, in einem andern
Hlt'mtnte aber sich bewegt. Jedes Element setzt sich zu den übrigen
gleichsam von selbst in jenes Verhältnis, das seiuer Stellung zum Ganzen
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Zur Theorie des Bewufstseias im AlljTfmoiuen etc. 235
uad dem Nutzen desselben entspricht. In voürm Sinne des Wortes ist
der allumfasseude Himmel Ort. Jenseits des Hinimeis aber kann weder
ein Ort noch ein Körper seiu; denn da durch die Elemente die Toteuz
der Materie voIlBtftadig tktaiert ist, bo würden dti jenteics des Himmels
befindlichen Elemente ihrem natürlichen Orte in unserer Welt zustreben,
und es w&re demoach do<A nur eine, nämlich diese bestimmte gegeu-
virtige Welt. IntereBBftnt ist die Lösung der Schwierigkeit (Vll u. VlII),
dftfe nach Aristoteles die Elemente und der Himmel, der uoiTemle Ort,
seihst iu Bewegung sind. Der Himmel ist unbewegt ah Gaiizps. bewegt
micb 8emea Teilea. Während nämlich in der geradlinigen Bewegung die
Teile durch das Ganse, ist io der Kreisbewegung das Ganze durch die
Teile bewegt. Die Elemente aber, obgleich beweglich und bewegt, ver-
bal tpn sich insofern ähnlich wie der Himmel, als sie gewissermafsen durch
Yerwaudtschaft ein Ganzes, bildend, nach den Teilen — in einander über-
gehend — sich bewegen. Ahnlicbes gilt vom Körper bezflglieh des ersten
oder närhsten Ortes, indem snine Bewegung eine Kreisbewefjung erzeugt,
die sich innerhalb einer unbewegten Grenze vollzieht, so dafs auch der
erste Ort uicht „durch das Entweichen des einge^chlo^eneu Dinges,
sondern durch die Gegenwart des innerhalb derselboi Oiensen bewegten
Kreises zu den Ehren des Ortes gelangt'*. S. 71,
4. Als ein durch äuiseren Umfang, eine breite Erfuhrungsgrundlage
und Bcbarfsinnige Krörterangen im. .einzelnen bedentendes Werk erscheint
die Schrift von Dr. J. Wolff: Uber das Bewufstsein und sein
Objekt. Berlin 1889. Als das Problem, das den rirs'pnRtanrl meiner
Untersuchung bilden soll, bezeichnet Wold das formal psvchische Element,
«was Mn jedem Vorgang des Erscheinens, des Psychiscbwerdens, an der
eisfiichen Perception wie an der Betrachtung des Wcltganzen und der
Reaktion darauf, formal betrachtet, ürbestandteil ist.** (S. 14.1 Als
solches gilt aber das Bewufstsein, dessen „mysteriöser Begriff freilich
einen Aristoteles and dessen grofsem Nachfolger im M. A. Thomas Ton
Aquiu noch fehlte" (S. 24), und das sich durch ein Interessiertsein, Be-
fangensein. F'"iirf't\vas-sein. Inaiisi)ru( hgennmnien-seiti cliarakterisiert, jedoch
nur in den Eiü^iflakten der Denk-, üefuhls- und Willensformeu Dasein
hat. Bewnfstsein ist Gattungsb^riff der psychischen Phänomene und steht
vollkommen ehenbtlrtij tla, wenn nicht mit dem Begriff des Seins ilher-
haupi, so doch mit dem des aktual Existierenden. Mit diesem ist ihm
geroeinsam, dafs sich keine Differenz angeben läfst, die nicht selbst wieder
unter den Begriff des Bewuf^tseins fiele. Ist das Bewufstsein Gattungs*
begriff der psychischen Akte, so kann es nicht als cinf sei es abtrennbare
oder untrennbare Qualität dieser Akte aufgefafst werden (S. 42 ff.). Mit
der Intensität ändert sich nicht notwendig die Farbe u. dgl; dagegen
mit dem Bewufstsein des Hungers der Hunger selbst. Zeugnis gibt auch
die Sprache als Ausdruck der Volksphilosophie; man sagt wohl, die Farbe
hat Intensität, nicht aber das Emptinden hat Bewufstsein, sondern die
Sede hat Bewnlstsein. „Es ist also das innigere Verhältnis der Gattung
«1 den Arten" (S. -IG)
Wir müssen gestehen, dafs uns die Argumente des Verf. nicht zu
überzeugen vermochten. Dafs iu allen psychischen ^im engeren Sinne mit
Ansschluls des Vegetativen) Akten eine ideale Beziehung auf ein Objekt
enthalten sei, erkannte man längst, unterschied aber mit Hecht rine
zweilache derartige Beziehung, erstens des idealen Innewohnens (durch die
Form, das Bild), zweitens der idealen Bewegung zu dem Gegenstande,
und nahm dementi>i>rechend swei Arten von Seelenvermögen, apprebensive
und appetitive (affektive) an. BewuTstsein aber betrachtete man alB eine
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236 Zur Theorie des BewuX:iueioä im AllgemeiDea etc.
Funktion der apprcbeu&iveo Vormögen, als ein Erfassen des Krfas&eQi,
(I. b. als eine Apprehension der psychischen Akte, mftf en. diese nun ap-
preliensive oder appetitito Akte Mio. Der Verf. ist sich des Widerspruchs
Mgfin diese ATifTtis«;nnp; liewuT^t und erhebt FPÜ'st don Einwand, daf*
In den Strebeakten kein Selbsterfasseu statttiodf, glaubt sieb aber ieichi
dimit tbfindifn sa kAnneo, indem er ttatt MErfaisen* ein «ndercs Wort:
,dA8 luteressiertsein" setzt: „Verraten wir nar, dafs wir gegen eine (ui>
passende (!) Vorstellunj? von Bewufstsetii kämpfen; denn i!;is ist ja immer
der Fehler, dai« man Bewufstsein fflr einen Erkeootnisakt halt . . . Be-
wofttsein de« FOblena, Wollena ist niebt reflektierendes Wissen nai dtt
Fahlen und Wollen, sondern Fühlen des Fühlens, Wollen des Wolleas
in einem Akte, mit einer allgemeinen Ausdrucksweise nloteressieriseia
am Interessiertsein" (8. 94).
Gleichwohl vermag sich der Verf. dieser von ihm bekimpften Alf-
f '-siini,'^ ( J:ifs BewuTstsein Erkennrn des Erkennens, Köhlens. Beprehrcn«;
sei) &ü wenig zu eutxieben, dai^» er üie in seiner Widerlegung der Au-
nähme unbewufster psychischer Ph&nomene stillschweigend Qberall Toraai*
setst, was ihm allerdings insofern nahe lag, als er den realen Unter-
schied der Seelenvrrni?'f2Tn in Abrede stellt und jeden psychisflien Akt in
untrennbarer Weise aU »ineu solchen des £rkennens, Fühlens und Woüeoi
sagleieh «ifliifst. Mach des Verf. Ansieht ist jeder psychische Akt in-
atchst Erkenotnisakt und als solcher unmittelbar sich selbst erfassend ;
da er nun znma! auch Akt des Füblens und Wollens ist, so erfafst er
sich selbstTcrstaudlicb auch nach dteseu beiden Seiten seines einheitlichen
Seins nnd von einem anbewofsten psychischen Akte kann deshalb weüer
keine Rede sein. — Olme uns in eine Widerlegung duser Lehren ein-
zulasseu, weisen wir nur auf den Irrtum )iin. iJrr tnis ds r AT'nahmp einer
direkten, unmittelbaren Selbsterfassuug zuuachst des Lrkeunttusaktes zu
Grande su liegen scheint. Wir glauben den FundAnentalirrtum der Be-
V ufstseiusilieorie des Verf. in der Ansicht suchen zu müssen, dafs scbon in
der Sensation, der ersten und ursprOnglichsten Erkenntnistbatigkeit nicht
ciu uufäeres Objekt, saudern eine Bcwufätseinsthatsacbe erfafst oder wahr-
genommen wird. Zwar spricht der Verf. von einem Aufaereo Objekt, dsi
mit dem psychischen Akt gleich ursprOnirUrh erfafst wird meint aber
damit nicht ein reales, körperliches, sondern ein phänomenales Objekt,
d. h. den psychischen Akt selbst, sofern er ein Objekt repräsentiert, oder,
wie der Verf. sich ausdrückt, auf ein reales Objekt „hinweist". „I^
unmittelbare Bewufstsein zeigt, und zwar nrsprflnpllch, nicht nur innere
Fh&nomene, oder besser gesagt, und ich setze diese Verbesserung ab-
sichtlich SU dem tehlechteren Aoadrack hinto, nicht nor Phinomene als
innere, sondern gleichzeitig andere als ftuf^ere; dafs beide Phänomene
der Seele sind, also in dem Sinne innere, bleibt df\bei unangefocliten."
S. IIb. Die objektive Bestimmtheit des Aktes «.ücholastisch ausgedrückt:
die speeies) wird hier mit dem Objekte selbst verwechselt DadoKh
allein wird es ermöglirf t, dem Alctn zwei Objekte zumal zuzuweisen: den
Akt selbst und das im Akt Frscheiucnde, den Spiegel gleichsam und das
bpiegelbild. Das uufsere Objekt des Verf. ist nicht der Koiper selbst,
sondern sein intentionalcs Sein in der Seele, dns allerdings nur in unser*
trennlicher Einheit mit dem Akte selbst erkannt werden kann, während
nach unserer .Auflassung, in welcher der körperliche üegcnstaud (die
sensible Qualit&t) selbst und als erstes erfafst wird, die Erkenntnis da
Aktes nur durch eine Art von Zurückbeugung, durch einen weiteres
refl«sen Akt (genauer, loweit es sich um das sinnliche Bewofotsein handelt),
Dlgltlzed by Google
Zar ThMii« Bewufstseins im AUgtm«iiiea efec 237
darch den gleich zeiUfen Akt einet taderen (inneren) SeelttiTermOgeni
n Stande kr-unnn.
Mit der Auuabine, dafs der uräprQngliche LrkeuiituiMgegensUod die
Objekts vorttellu Dg, nicht das von ihr verschiedeue reale Objekt
selbst biUip, stellt sich Irr Vi rf. principiell auf den Boden der sobjek-
timtischen modernen Philosophie. Hiermit ist die Quelle verschiedener
fär uus uoaAQehmbarer Lehren bezeichnet, die wir im weiteren Fortgang
kennen lernen werden.
In seinem hh -/.n piner gewissen Grense wohl berechtigten Kampfe
f^en das Unbewuläte (4. Kap. S. 100 ff.) schieüst der Vert. weit über
das Ziel hinaas, indem er nicht allein schlechthin nnbewnihte psychische
Akte und Zustände leugnet» sondern auch das habituelle Bewufstsein
in Abrede stellt. Denn wenn wir aiirh unbedingt einrftrimen. <\nl'-i jeder
psychische Zustand actu bewulät werUeu könne, so lalbt sich doch durch
nidite beweisen, daft er schon als solcher notwendig acta bewoftt sei;
vielmehr weist die Thatsacbe des Gedächtnisses auf das Gegenteil hin.
Vergehens bemüht sich der Verf.. das Gedächtnis aus materiellen
Spuren im Gehirn zu erklären; denn abgesehen vom intellektuellen Ge-
diehtnie ereebeint es als nnmftglieh« dafs sinnüche Vorstellongen dnreh
materielle Zustande des Gehirns aurijewahrt und wieder hervorgerufen
werden, es sei denn man rüume dem Materialismus gi rade/u ein, dafs die
Vorstellung nichts weiter als materielle Gebirnbewegung sei. Die Wen-
dung, durch welche der Verf. diesem Einwand zu entgehen sucht, enthüt
die l'irhtTiii^ cinrs unbekannten jjhysisrh ii Geschehens und legt aufser-
dem eineu weiteren wanden Punkt in tieiucr Seelenlehre hlofs, nämlich
das Verhftltnis der Seele zum Leibe, worauf wir spSter zu reden kommen.
»Aber wir sprechen ja von materiellen Spuren nur in dem Sinne, dab
das, was nnn in den Crntraltpilnn hiriht, irgend eine im? Allbekannte
Form physischen Geschehens iät, dals also nicht nur das Subjekt, sondern
auch jene eegemuwte Spor etwas Materielles ist, die psychischer Znstand
nar dnrrh ein anderes Subjekt, die Psyche wird" (S. 213).
Im einzelnen enthalten die \Viderlegunci»n des Unbewufsten manches
Beachtenswerte. Überzeugend ist der Nachweis, da£s bei Schätzungen
Ton GrOfsen and Entfemangen nicht unbewofste Schlosse, sondern Asso-
ciation en im Spiele sind. Dagegen kann es nicht gebilligt werden, wenn
der Anschein erweckt wird, als ob bei aufmerksamem Sehen statt des am
Orte vermuteten wirklichen Objektes wenigstens teilweise ein f liawtusic-
bild geeebant wOrde. Interessent ist die Untersuchung, ob minimale Reize
unbewufst wahrgenommen werden. Mit Hecht nimmt 'irr Verf. an. dafs
eine Wahrnelimung solcher Heize überhaupt nicht statttiude. Wir gehen
weiter und sagen, dafs es weder eine Wahrnehmung minimaler Reize
noch minimale Reize selbst gebe, vielmehr jeder sinnliche Eindruck wirkt
als ein Ganzes und wird als ein Ganz»"^ wahrgenommen, — Dnl^ Drnrk
und Wärme den veranlassenden Ursachen nach nur quantitativ verschiedeu
«eien, wird keineswegs in der vom Verf. behanpteten Allgemeinheit an-
genommen (8. 144). Ferner ist durch keine Analogie glaubhaft la
machen, dafs einfache Elemente wirkliche Ausdehnung hervorbringen.
In einer an den vom Verf. hochgeschätzten Lotze erinnernden Weise
wird CO erklftren versacht, wie die Seele Teranlafet werde, iufsere Be-
wegungen durch ganz heterogene Formen, wie Farben und Töne vorzu-
stellen. „Das ist der richtige Vorgang, dafs das Subjekt a jenes b ver-
anlsfst, in sich den iihnlicben Zustand selbst zu erzeugen, wie ihn a hat.
Ber eneofte Znstand wivd ein der Art nach gleicher sein bei homogenen
Bingen, also wenn nnivoke Ursachen wirken.* Die Seele aber als iqaivoke
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238 Die Theorie des Bewur&toeinB im Allgemeiuen etc.
Ursache werde veraulai'st, in der An ihrer Formeu die materielle Speeles
zu reproduciereo (S. 160). Wir fragen, was damit gesagt sein solle: in
der Art ihrer B'ormen? Die Formen der Seele sind Wahrnehmen, Vor-
stellen, Fnhlrn, Ho{Tr>)jren, nicht Farben und Töne. Diese bilden d(»n
Inhalt des Wahruehmens u. s. w. £s handelt sich aber nicht um die
Formen der Reprodnktton, eondem an den Inhalt, mn Parben nnd TOO0.
Woher stammt dieser, wenn er ^veder mit den Formeu des Subjekts noch
mit denen des Objekts (der materiellen Liewepung) etwas Gemeinsames
bat? Auf diese FrAge bleibt der Verf. die Autwurt schuldig.
Das iol^rende (6.) Kapitel ist dem Beweise der Existent einei
wufstseinssubjekts gewidmet. Mit Qberzeugenden Üründen werden ver-
schiedene Theorieeu, die das Ich als blofscn Namen, als Empüudtuigs-
oder GediebtniBTorstelloag, nie Relation, als Produkt der sieh Terket-
tendcu Vorstellungen, als Qualität oder Modus des Aktes auffassen,
zurückgewiesen. Lopiscli betrachtet trage zwar das Ich seinen Grun!^ in
bich selbst, dies genüge aber nicht, es werde eine metaphysische Ursache
erfordert, da sich eine reine Erscheinung des Denkens nicht ^rorstellen
lissp; tlas Ich müsse das Reale sein, wodurch so etwas v^'n- ürkf nntni?
entsteht. Auch von einer andern Seite, wenn man das Ich aU Wechsel-
wirkung betrachte, folge dies; denn eine lolebe erfordere ein sieh selbst
Wirkeudes (?), Reales; der Versuch des „wohlverdienten und hochver-
ehrten Pliilosophen* (I.Otze), der Schwierigkeil, sich selbst tragende
Verliaitaisäe zu denken, durch die Bemerkung zu entgehen, wir wüXeten
eben nicht anzugeben, wie die Welt gemacht würde, verlange Vendekt«
Idstung auf die Denkpesetze (S. 220).
Wir können selbstverständlich es dem Verl. nicht wehren^ wenn er
auf weiten Umwegen auf das Ziel lossteuert, das imdi nnaerer Ansicht
auf geradem Wege erreichbar ist. Hat man doch nicht unrichtig gesagt,
nicht immer sei die gerade Linie die kQrzf <;te: noch weniger aber \kUt
sich behaupten, daTs der gerade Wog immer zum Ziele führe, da er
durch Hindernisse versperrt sein kann. Fflr den Verf. ist ^n solcbes
Hinderuis, das ihn abhält, den geraden Weg zu gehen, thatsächlich vor-
handen. Es besteht darin, dafs er alles Bewufstseiu, alles Erkennen für
phänomenal h<. In der sinnlichen Wahrnehmung wird daher seiner
Anaaebt «ifolce twar ein äufseres, nicht aber ein reales Objekt wahr-
genommen, oder mit andern Worten : wir stellen ein inneres Phänomen
als ein ftolkeres vor. Dieses ^innerlich'' äuf^ere Objekt weist auf ein
wirklich äuü^eres bin, das nur mit Wahrscheinlichkeit durdi einen Sehlnfi
von der Wirkiiii^r auf die Ursache erkannt werden kann. Denigemfif>
kauu der Vort. auch das Ichbewufstseio nur als ein phänomenales auf-
fassen und bedarf daher des weitläufigsten von ihm aufgewendeten Ap-
parates, um etwas zu beweisen, was nach der gewöhnlichen Ansicht eines
Beweises nicht bedarf. Führt nun aber der vom Verf. rinrrrsrlila^^en'^
Weg wirklich zum Ziel? Ist der Beweis eines realen Bewuiitseins&ubjektä
von ihm erbracht? Wir fttrcbten, das mtehte trots des aufgebotenen
Scharfsinns nicht der Fall sein. Und zwar werden wir in unserem
Zweifel gerade durch die scheinbar sehr wertvollen Resultate der Unter-
suchung bestärkt. Wir erfahren nicht allein, dafs eiu reales, suhstan-
siellea Subjekt besteht, sondern dafs dieses Subjekt eins und einfach
sei. Die*^e Einfachheit des Bewur^tseinssubjekts ist es, was uns
Bedenken einüölst und die Frage nahelegt, ob in den versachteu Nach-
weis nicht irgend eine Tintchung sich eingeschlicben habe. Man spricht
von Bewufstsein und Bewurütseinssubjekt. Wir verlangen aber, dafs man
switchen ainnlichem und inteUektueliem BewulSstsein, «wischen dem Be>
^ kj i^uo uy Google
Die Theorie des Bewufstseins im Allgemeinen etc. ^39
wuTstsein obue Zusatz uud dem Selbstbew ufstKpin untmcbeide: Von
welchem rpdet der Verfasser? Im bisherigen war überall nur vom sinn-
hcheo Üewuistseia die Kede. Läfst sich nun der Beweis erbringen, dafs
das Subjekt des sinnlichen Bewufstseins einfach 8eiV Wir halten das
Oppontejl für vahr. Kann das sinnlich bewul^te Subjekt eine einfache
bubst&us sein, wenn, wie der Verf. im weiteren annimmt^ der Leib mit*
empfindendes Princip ist? Aus der Yerbinduug von Leib and Seele, von
körperlichem Organ und Wahrnehmungsvermögen resultiert ein einheit-
lich os, keineswegs aber ein einfacheB Princip der Erkenntnis und des
Bewulätseius. Man wird uns erinnern, daTs es nicht allein am irgend
aiii BewiifetseiD, tondera ma das Ich, den Mittelpunkt aller psychisdien
Pti&nomene sieb handle. Out! Damit aber weist man auf eine weitere
empfin'lliche Lücke der vorliegenden Bewufstseinstheorie hin, nämlich die
m&Qgeiade Unterscheidung des sinnliehen Bewulistseins vom iiülbstbewuXiBt-
tein. Vom leb, dem Triger des SellMtbewofotseint behaupten aneb wir
nicht blofs Einheit, sondern auch Einfachheit; denn nur ein einfaches,
d. i. immsterielleB, preisfiges Wesen ist des Selbst hewuCstsoins fähig. Die
GrOnde aber, die uns hierbei bestimmen, liegen nicht in der Art und
Weiae, wie das Ich erscbeint, in der Form eines einfachen Mittelpunktes,
!u wpVhfm, wie im Cenlruin eines Kreises dir liadien, dif jisychischea
i'hauoineue zuaammen laufen und sich durchdringen, sondern sind anders-
wo zu suchen. Gegen den Grundsatz zwar, das Ich sei an sich so, wie
es erscheint, ist nichts einzuwenden, wenn es in dem Sinne verstanden
wird, daf-> Jie Art und Weise des Wirkens dem Srin nntspreche, also
den Rflckschlui's auf das Sein gestatte. Und et)eti auf Grund dieses
Principe Bcblieften wir, dafa ein Wesen, denen Thätigkeit auf tieb selbst
reflektiert, einfach, d. L immateriell sein müsse, ohne jedoch deshalb eine
Vielheit der Verirtöflren auszuschh'efsen. — Den Schlüssen des Verf.s aber
von dem phänomenalen Ich auf das reale Ich dürfte eine Vorstellung
▼om erstem an Gmnde liegen, die den von ihn mit Recht bekimpften An>
schauungen verwandt ist. Man stellt sich das Ich unter dem mathematischen
Hilde einps Punktes vor und trägt dann die Eigenschaft der Einfachheit
vom phauomenaleu auf das reale Ich, den Träger des bewufstseins über.
(Vgl. S. 285.) — Was vom Selbstbewofbtsein gilt, darf jedecb nicht aof
das Bcwur-stsfin ttberhanpt Obertragen werdnn. Dem Tiere darf Be-
wnfstsein nicht abgesprochen werden. Werden wir ihm deshalb Selbst-
bewufstsein auschreibeu? Als Träger des tierischen Bewufstseins, das
ein rein sinnHcbes ist, kann nieht ein einfaches, geistiges Wesen ange-
iiomincü werden. Dasselbe gilt vom inimittelharen Trä::^rr des sinnlichen
Bewufstseins im Menschen, dem sensitiven Seelenvermögen, das in allen
üinen Verzweigungen nicht als ein rein geistiges, immaterielles, sondern
als organisches Vermögen zu denken ist.
Der (TnTnd<^atz, da«? reale Ich sei so, wie es erscheint, ist noch
einem andern Mifsverständiiis ausgesetzt. £r kann nämlich in dem Sinne
verstanden werden, daft das Beirafttsein nnmittelbar die BeschalFenbeit
seines Trägers ofifenbart, dafs wir also durch das Selbstbewufstsein nicht
allein unserer Existenz, sondern auch der einfachen, geistigen Natur der
Seele uns bewufst seien. Eine solche Annahme ist unbegründeL Im
Selbstbewufstsein erfassen wir nns als daseiend, sofern sich eben das
Dasein in der von anfaen angeregten Thätigkeit bekundet; denn die Spde
i%t in dieser Thätigkeit sich selbst unmittelbar präsent als deren Pnncip:
ihre eigene Beschaffenheit aber erkennt »ie nur durch eine auf die Thä-
tigkeit gerichtete Reflexion, durch Schlafsfolgerungen des Verstandes
geoifs dem Grundsatze, dafs das Wesen nach der Xh&tigkeit so henrteilen
Jahrboeh flir FbUosopbie cto. VI. IS
240 Die Theorie dei BewufttseioB in AUgeiii«tae& etc.
sei. Weun also der Verf. die Existenz des BewuTstseia&tragers dank
Schlulsfolgieninf , die BeBebaiTeiilieit denelben «her namittdlitr dafeh dit
Zeugnis des Buwiifstseins erkannt werden läfst, so dürfte das umgekehrte
Verhältnis der Ausdruck der Wahrheit sein, nämlich, da(s das DaseiD
des (realen) Subjekts aus dem Bcwufstsein unmittelbar, die BeschaffeD-
heit deuelben nur durch Schlufsfolgernng erlcaiuit werde.
Wenn die Substanz der Seele, wie der Verf. annimmt, das scblecht-
bin Unbewul'ste ist, so läfst sicli nicht ahs(^hf»n, warnm die von ihm
augeweuiiete Methode, um ihr Dasein zu erkennen, ui die&em Falle Ztt
einem eicbercren Reaialtate fahren soll, als in jenem der ErfcennUiii des
den äufseren Phänomenen zu Grin dp lipprnden Realen; vom leltteren
nämlich sollen wir keine sichere, souderu nur eine wahrscheinliche £r*
kenntnis gewinnen können. (S. Schiufa des 12. Kap.) Die vorgebrschtea
Argumente sind denn auch keineswegs geeignet, anf allgemeine Asfr-
kennnncr rocbnen zu dürfen Gegen das Argument aus der Kontinuität j
des Bewulütseiui), die nur durch die Substanz des leb bergesteiit werue
<WM wchlieh allerdings richtig ist) kOnnte die Einwendung erliotei
werden, dafs es Bewufstseinsformen geben könne, die wie vom Raum so
auch von der Zeit unabhäugig seien. Der sclmn oben j/enannte Schrift-
steller (v. Feldeggj behauptet dies vom Gelahle. AUdauu wäre eioe
BewuDitMinakontinaitftt ohne ein realeSt Babstuislenet Ich möglich. Wie
will der Verf. von seinem Standpunkt, dem zufolge jeder psychische Zu-
starit! solcher liewafst ist, abgesehen von seinem Erkanntwerdes«
«lie&en Einwand widerlegen?
Wir sahen, dafs nach des Vttf.'e Ansicht ein Ausgedehntes uekt
Träcer des Bewufstscins sein könne. Derselbe wirft sich nun vom scho-
lastischen Staudpunkt ein: die Theorie, dafs jedes Ding eins sei durch
seine Form, könne in dem Ausgedehnten eine wirkliche substanzteUe
Einheit finden und es cum Träger des Bewnfstseins machen, und ant*
Worte* hierauf: „man gebe acht dabei; für diese Theorie ist eben jVnc
einfache Form Sul^ekt, nicht die Elemente, welche sie verknüpft. Wir
können diese Erklärung und Entschuldigung nicht gelten lasien. Die
„einfache Form" ist nach scholastischer Auffassung Träger des Selbst-
bewufstseins, dapregco ist das „Zusammengesetzte**, wie bereits bemerkt
wurde, Träger des sinnlichen Bewufstseins. Die Möglichkeit eines eia-
heitlicnen und doch nicht einfachen Subjeltte kann f&r das sinnliche B«'
wufstsein nicht bestritten werden. Denn dieses ist der Gattung nacb
vom siimürhi II Wahrnehmen nicht verschiedpti. Für das letzter»' a^fr
mufs geradezu ein zusammengesetztes, weuu auch durch die Form tu:
suhstansiellen Einheit gestaltetes Sul^ektals notwendig gefordert werden;
denn nur in einem solchen kömifn zusammengesetzte Kiudrdcke anfjte-
nommen und zu eiuem einheitlichen Ganzen verknüpft werden. Det
wahre Grund, warum der Verf. nicht nur ein einheitliches, sondern eis
crinfaches Bewufstseiussubjekt annimmt, liegt darin, dafs er das Bewuf&t-
*-f'in überhaupt als S(>!)isterfMSS!iTif^ rlenkf, dio freiMrh nur in rinetn ein-
lachen Träger stattüudeu könnte, da sie ohne lietiej&iou, deren em za-
eammoigeaetstet Wesen nnfthig ist, nicht an stände kommen könnte.
Die beiden folgenden (6. u. 7.) Kapitel behandeln daa Olyekt des
Bewufsf «leins. Vom inneren wird das änfsere (als äufseres angeschaute)
Objekt unterschieden und die Ursprünglichkeit des letzteren uacbgewieseu.
Das rein innere Objekt besteht in den drei psychischen ilnffa«iun|i-
weisen des Urteilens (einfachen Anerkennens), Fühlens und Wollens in
einem und demselben Aktp, indem jone drei Weisen der Thatipkeit der i
Seele oder der mentalen luexisteuz nur verschiedene Zustande und Modi
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Zur Theorie des BewoditMiof im AligemeiiieD etc.
241
einM und desselben Ph&nomeos seien (S. 322). Wie der Verf. zu dieser
Thporio trolanüt, ist narh dem Bisherigen nicht schwer pinztisohrn Das
sich in jeUem Akt erlassende einfache BewaIgUeins8ub|ekt kann gleich-
seHif eb» nar einen Akt heben, da in ihm real venelifedene Vermöfen
nicht Torhanden sind. Die Dreiheit der psychischen Funktionen aber hat
der Verf. einfach aus der hprrscheoden Ansicht aiifpenommen. Die An-
uabme dnea sinnlichen Urteils endlich als einfacher Anerkennung erklürt
stdbi danus, dab der Verf. zunächst nur eine tabjektive Bevafatielna-
thatsnchc wahrgenommm wrr lrn isfst, die erst durch ein instiiiktlfes
Urteil — einfache Anerkeanung zur objektiven WahrnehmunfT wird.
Schreibt mau, wio wir es ihuu, der Seele eine Mehrheit real ver-
schiedener Vermögen ztt, ao liegt keine Schwierigkeit darin, dafs sie
gleich/citii! mehrere Akte setze. Auf diese Art erklären vir die That-
aache, dafs wir gleichzeitig mit der Wahrnehmung uns derselben auch
bewnfst sind, obgleich der BewofttaeinBakt vom Akte der Wahrnehmung
Terschieden ist und nicht deto äufseren, aondern einem ioneren Sinne
angehört. Der Vprf. beruft sich für seinen psychischen Monismus auf
die Analogie der Bewegung mit den uuabtrenubareu Zust&oden der
Richtung und Intensität. Voratellen und Begehren (Wollen) Terhalten
sich aber vielmehr wie zwei verschiedene Arten der Bewegung, nicht wie
Bewegung und Modus der Bewegung. — Die für die bekannte Dreiteilung
(die sich dem Verf. im Grunde zu einer Vierteilung von Vorstellung,
urteil, Ffihlen and Wollen gestaltet) rerauchten Beweise sind nicht flber-
aeugend. Wenn z. B. das Gefnhl als Wertschätzung bezeichnet wirl so
kann die bchatzun? auf den Krkouitniswert (diP Wahrheit) oder den
Besitze&wert (das Gute) bezogen werden; in dem einen Falle wird es
snm Urteil, in dem anderen sum Streben (dem Wollen) gehören. Kbenso
wenig entscheidet, was Über die Mischung der Urteile, Gefühle und
Strebun^en g»'sagt ist; im „Psychisch-Intentionalen*^ gibt es Uberhaupt
nicht Mischungen, sondern nnr Verbindungen. Im Heimweh z. B. ist die
Freude der Krinnerung an die Heimat mit der Trauer über die Ent-
behrung dervplhen verbunden, nicht aber za einem Dritten, daa weder
Freude noch Trauer w&re, gemischt.
Die «alte^ Lehre, daa ftofsere Objekt sei nicht Zustand der Seele,
sondern wirklicher Gegenstand, findet Verf. etwas unverständlich, sie
gebe in einem Satze das zu, was sie leugne (8. 334). Diese „alte" Lehre
unterscheidet eben zwischen dem Gegenstande, den, und dem Mittel
(der Speeles oder Intentionalen Bestimmtheit des Subjekts) , durch
welches wahrgenommen wird. Das Letztere ist selbstverständlich im
bubjekt, nicht so das Krstere. Übrigens ist <iirsn Lehre ewig alt und
ewig neu; denn sie bildet die allgemeine Überzeugung, der der Verf. seihst
huldigt, sobald er die Feder und den Philosophenmantel ablegt. Oder
behandelt er etwa die Speise z. B. als „äufseres" Dhjekt in seinem Sintie
und dem des modernen Idealismus als ein Phänomen von einer besoudern
Art des Phttnomenseins, als inneres jedoch ftnfserlich angeschautes Phä-
nomen? Den Widerspruch, in den man die Seele dadurch rerwickelt,
dafs man sie ihren eigenen Ziibtand als ein Äufseres anschauen läfst,
sucht man durch den ^Hinweis" auf ein 2>iichtich zu lösen. Also doch
ein Nichtich! Warum darf dann nicht sofort jenes ,ftnAere* Objekt selbst
dieses Nkhtich, genauer eine wirkliche Qualit&t desselben sein? Soll es
doch sogar na Nichtphänomen repräsentieren! (S. 335.) Ich frage:
ist denn nicht eben dies die »alte, etwas unverständliche'^ Lehre, dafs
das Brkenntnisbild etwas anderes als es selbst ist, repriaentiert,
allerdings nicht ein ,yNicbtphtnomen*, aber auch nicht ein inneres
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242 Zur Theorie des BewufstseiQs im AUgemeLaea etc.
subjektives Pb&nomeD, sondern ein äoiseres objektives Phänomen, niinlkh
dl« objektire Emhcinung, Qualitit eioes Körpers? Nor «ndeoten
soll jenes Phänomen ein von ihm Verschied eues! Das wäre also etwa
Herbarts Hinwei-^iinpr des Scheines auf ein Sein. Glaubt man denn das
jenseitige Sein, ^Uis man nicht direkt erreichen zu künuco zugibt, auf
solchem Umwege « irLichen zu könoeD?
Der vom Verf. versurhte Krfuhrangsbeweis ffir snnp Annahme,
äufseres und inneres Objekt seieo in einem Bewuiütsein vereinigt, ist
miftlungen, well er tnf einer Verwechslaog der Oleicbieitigkeit mit der
realen Einheit beruht. Unter solchen Umständen fehlt natfirlich dem
Verf. das Verständnis für die Lehre des hl. Thomas von <ter Priorit&l
der Erkenntnis des Objektes vor der des Aktes (ä. 339).
Nichts beweist mehr die Falschheit d^ rom Verf. TertteCenen
psvclmld^'ischpn Mimi'saius, als iltf s. 355 erwähnten Thatsachcr; uvA
gegeUeueu Erklärungen, denn wenn Uefühle eine von der der Vorstellung,
der sie zugehöreu, so gtoxiieh ▼ertcbiedene Intensität haben können, daTs
sie durch Association andere und zwar solche Vorstellnngen benrorrufeo,
die in einem anscheinend natürlicheren Verhältnis zu ihnen stehen, als
dies bezüglich ihres ursprünglichen objektiven Elements der Fall ist, so
ksan doch nnmOglieh der OefOhlsakt nft dem VorsteUoiigsakt ein nnd
derselbe sein. Di ■ Erklärnnp ärr pinPcJilägigen Thatsachen durch Asso-
ciation ist richtig, wenn aber ein derartiges Mifsverhältnis zwischen Vor>
Stellung und Gefühl statthaben katin, dafs durch Association das Gleich-
gewicht zwischen dem Intensireren Gefühl und der schwächeren Vor»
Stellung hergestellt werden mufs, so fnl^t nicht allein, dafs Gefühl nnd
Vorstellung verschieden sind, sondern auch, dals im Gefühl ein leibliches
Element eine Rolle spielt, aaft also Subjekt des Oelllhles ulelit die ein-
fichi' Substanz der Seele sein kann.
Sind wir bisher in der Ansicht festgehalten worden, dafs das psy-
chische Subjekt eine einfache Substanz sei, so scheint mit dem 8. Kapitel
„Von den Leibesempfindnngen* ein Scenenwechsel vor sich zu gehen. Es
sind die Leih es etil ]i fi n düngen , in welchen die Bewur^tii insbestandteile,
Akt als inneres Tbänomenf Objekt als äufseres in eiu , merkwürdig enges*
VerUUtiiis treten (S. 876). Jn ihnen ist der Leib empflndeodes Subjekt imd
empfundenes Objekt, und nur auf Grund dieser Empfindungen ist ein Kontakt
mit äufseren Objekten, eiue Wuhrncbmung von hingen, die von unserem
Leibe verschieden sind, einer räumlichen Krscht^muugswelt aufserhalb der
Seele möglich. Diese Wendung ist insoweit mit Befriedigung anfzunehmen,
bIs durrh sie die Theorie den wirkliclien Thatsachen und der natürlichen
Cberzeu^uug sich nähert, wornach der Sitz der Empfindung nicht aus-
schlieftlicb im Gentium, sondern naeb in der Peripherie, ämlieb dort,
wo f,ie lokalisiert wird, zu suchen ist. Der Verf. nimmt daher nicht eine
punktuelle Gegenwart der Seele im Leibe, sondern eine Art von Besee-
lung des ganzen Nervensystems au, eiue Aufi'assung, die der Wahrheit
nftber kommt, obwohl sie ans nicht genügt, da wir die Seele nicht allein
als Grund des sensitiven, sondern anch Ir? vepi-'tativen Lebens betrachten.
Wir sagten: eine Art von Beseelung uud deuteten damit bereits einen
Pnnkt an, der in der Theorie der Ijeibesempfindungen Bedenken erregt.
Denn der Verf. spricht zwar von einer substansieuen Einheit von Leib
nnd Seele, bringt es aber doch, wie es scheint, nur zu einer dynamischen
Verbindung, zu einer Kraftdurchdringung, einer Art vou communicatio
idiomstom, infolge deren der Leib sum mitempfindenden Prindp erhoben,
die Sn lc aber (der zur Ermöglichung eines solrhon Verko1it> virtuelle
Ausdehnung zugeschrieben wird) zur Wahrnehmung körperlicher (objek-
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243
tiver) Ph&nomene befähigt, also gh'irhaam das Objektivp zn einem 8uh-
jekiiveo und das Subjektive zu einem Ühjektivea gemacht wird. Wir
witwB nicht, ob wir den Oedaokeii des Verf.'t vollkoniiDen wfedergegebeo;
soviel aber steht fest, dafs die AufTassuug desselben von jener, welche
die Seele ah substanzielle Form des Leibes bestimmt, wesentlich ver-
sciuedeu i:it.
FasMO wir die sog. Leibesempfindungen selbst int Auge, so erhebt
sich dis Frage, wie wir die Ansicht, dafs der Leib Mitsubjekt der Em-
pfindnng sei mit der I.phrc von der Einfachheit des selbstbewufsten Sub-
jekts vereinbaren soUeu. Ist es aber die Öeele allein, die infolge eines
virtuellen Kontnktes die Zustände des Leibes empfindet, so TerhI't sieh
der Leib wie jede andere fremde Substanz sur Seele und von besonderen
Leibes^mptindongen, die /'wischen inneren und äufaeren Empfindungen
in der Mitte liegen, kauu kf^ine Rede sein. Der Begrifif der Leibes-
empflndoog in der vom Verf. ihm gegebenen Anffassong sebeint nns nn-
hallbar und verfehlt und die in Anspruch genommenen Tl atsat lirn einer
atderweitigen Erklärung bedürftig. Wenn die Einteilung der rh&oomene
iu physische und psychische erschöufeud sein soll, so können die soge-
nannten Leibesempfindungen nvr solche der ersteren oder letzteren Art
zum Objekte haln n. Sind sie von der erstem Art, z. B. Empfiodunj' von
Druck, W&rme, Kälte, so empfindet ein Teil des Leibes sinnliche Quali-
täten eines andern Teiles, und die betreffenden empfindenden Teile ver-
halten sich nicht anders zum empfindenden Priucip als fremde Rdrper.
Bilden aber dit' Hljcktr (Irr Eniptiniinncr yi'^yrhisrbr Akte (richtipfr Akte
des sinnlichen Wahroehmena, Begehrens), su hadeu wir vor uns Zustände
eines inneren Sinnes, des sensns commnnis der Alten, durch den wir
unserer Wahrnehmungen und sinnlichen Gefühle uns bewuf^tt werden.
Diespf innere Sinn ist es, durch d^n wir der wesenbaften Verbindung
mit dem ganzen Leibe und allen seinen (Jrgaueu uns bewuist siud und
ihn von jedem fremden Körper unterscheiden; denn die Organe, mit denen
wir sehen, hören, tasten, sind unsere Organe, sind im vollen Sioue des
Wortes Teile unseres Selbst. Auf diesen ijuipren Sinn, den sensus com-
niuoiS) dessen Verzweigungen gleichsam üic aufsercn Sinue bilden, läfst
sieh weitaus die Mehrzahl der „Leibesempfindungen** des Verf.s lurtkdc-
fflhren. Diesrr innere Sinn ist jedoch nicht, wie der Verf. vr n seinem
Leibessinn annimmt, die Bedingung aller objektiven Wahrnehmung,
vielmehr ist seine eigene Üeth&tigung durch äufsere Wahrnehmung bedingt.
Weitere Annahmen des Verf.s, wie die apriorische Rnumwnlimeh-
mung, d. h. die Wnhrnehmung der eigenen R¨ichkeit des wahrneh"
mentlen Priucips, um mittels derselben das äufsere 01>jekt als ein räum-
liches wahrzunehmen, fallen damit von selbst Dafs das sinnlich wahr-
nehmende Princip ausgedehnt im Räume sein mfisse, steht uns anfter
Zweifel; denn nur unter dieser Bedingung vermag es räumliche Eindrflcke
snfzunehmen. Hieraus aber folgt keineswegs, daf*« es zuerst seine eigene
Kaumlichkeit erfassen müsse, um die fremde wahrnehmeu zu können;
dt nn die Wahrnehmung gesehiebt nicht dadnrch, dalk Riumlichkeit real
im Wahrnehmenden ist, sondern dadurch, dafs sie intentional in ihm ist;
in der letzteren Weis'' ali-r manifestiert sich mittels des materiellen
Kontaktes den biunen zuuachst das äufsere Objekt nicht aber ihre eigene
Beichaifenheit.
Das nennte Kapitel ^Üher die Raumanschauung in unserem Leibe''
PTithält den Versuch, eine ursprüngliche, allgemniiio imd unbestimmte
Kaumanschauung in der Lcibesperception nachzuweiseu, aus der sich die
i44 Zur Theorie des Bewiafiitsdu im Allgemeinen etc.
Gleichheit der einzeinen Stonesrumne ^fdr Auge, Tastsiuu u. s. w.)
erldäre, und welche die Ornndlege fQr die sentiblea Qnnlititen bilde.
Dafs heterogPDC Sinnesqualit&teo dieselbe Haumfirschauung zur
Darstollting briugeu, erklärt sich nach unserer Ansicht daraus, daft der
Rnani (Quantit&t, Ort, Zahl) al« leDiibile eommiine von den mtchfedeneo
Sinnen zugleicli mit den cigentümliclien Siiincs<»!ijekteii wahrgenouimeo
wird, der olijektive Kaum aber überall und für jeden Sinn derselbe ist.
Im folgenden (10.) Kapitel sieht sich der Verf. genötigt, seioe Be-
1 i iuptung, dafi dieInnerl«ibosempfinduDgen dif* Grundlage fQr die &u£ier6a
W jIirTu hmungen bilt^on, auf die mechanisr^bt- Qualität citiznscbränkfn und
zuzugestehen, daTu dies bezüglich der übrigen Qualitäten nicht der Fall
sei. Damit ist in die Gesaatansehannng des Verf.8 eine breite Bresche
gelegt und zugleich zugestanden, dafs die QualitJkten der höheren Sinne
von seinem Standpnnkt schlechterdings nicht erkl&rt werden können.
Denn da Farbeu und Töne u. 8. w. einerseits mit den äuf^eren Veran-
lassungen (den Bewegungen des realen Objekts) nichts gemeinsam haben
sollen, anderseits aber auch den iunereu psychischen PhAuomenrn ; Vor-
stellen, Fahlen, Wollen) als ein UrsnrQngliches und Heterogenes gegen-
flberstehen, so ist man einfach anner stände, von ihnen irgend eine
Rechenschaft zn geben. Sie entspringen dem Nichts, ohne dafi eiaie
Schöpferkraft vorhanden wire, die einen solchen Ursprung sn reefatfto''
tigen vermöchte.
Das elfte Kapitel beschftftigt sich mit dem begrifft iehenluhaU
rlf s B.^wuf3t8ein<^. i)erselbe gebort nncli des Verf.s der Lockeschen ver-
wandten Ansicht der Reflexion, eiuer höheren fiewufstscinsforro an, die
an die Stelle des Intellekts iu der gewöhnlichen Auffassung oder an die
dt>s Kantschen transcendentalen Ich tritt. Die TorzOglichsten uud ur-
sprünglichsten Begriffe gelten als aus der iunercn Frfabruug abgeleitet.
So soll das Kausalprincip bereits im ursprünglichen Üewur:it8ein empfanden
und daraus mit Ijeichtigkeit durch Rineiion erhotien werden, denn der
primäre Akt sei nach allen seinen Teilen reflex bewufst; in erster Linie
aber sei es die subjektive Seite des Hewufstseins, die den Inhalt der
Reflexion bilde, den sie alsbald auf das äufsere Objekt übertrage (S. 580),
gleichwie im Sinnlichen die Erkenntnis der Aufsenwelt durch die Inner-
leibescmpfindnng vermittelt ist. — Von der Leichtigkfit unt] rr?i>rün;cr-
lichkeit der Selbsterkenntnis spricht der Verf. in eioer Weise, wie die
T'ythagorSer ron der Sphftrenmnsik; wegen der rar Gewohnheit gewor^
denen Vertrantbeit mit ihr vernachlässigen wir sie. — Die Reflexion
schafft keinen Inhalt; er liegt bereits aktuell vor im primären Hewufstseiu,
Wie kommen wir aber dann zu allgemeiuen und notwendigen Urteilen,
die keine Erfahrunj: als solche gewähren kann? Indem Kant die ün-
möglifhkeit einsah, auf Irm Wege Lorkcs aus der Reflexion oder inneren
Erfahrung solche Urteile zu erklären, setzte er an deren Stelle dag
transcendentale Ich und die snbjektiTen Vemnnftformen , da ihm die
wahre Natur der Abstraktion unbekannt blieb, obgleich er die Unfähigkeit
der Lockeschen erkannte. Auch die Abstraktion des Verf s ist nicht die
dff alten Schule, des Aristoteles uud der klassischen Scholastik. Zwar
soll sie solche Teile ausscheiden, die der Sinnenerkenntnis fßr sich
unbrkaTint wnrrn 'S. TiOO ) ; ihr Procefi gebt aber nicht so vor sich, daf-i
zuerst eine i*'uuktioo thätig wäre, die das Material, das Objekt 8cha£ft
und dann naehher eine kime, die die Erkenntnis tomthme, vielmehr
ist jeder Reflexions- (Ab8traktions)-akt zugleich ein Urteilsakt (S. 691).
Durch diese spontane, natürliche Ab<itraktion werden die ursprünglichsten,
durch künstliche die übrigen liegriffe gewonnen. — Diese Unterscheidung
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245
bestHtTjrt <^f\s Urteil, das wir soeben ühor die Abstraktioustlionrir dp«?
Verf.s getälU babea. Durcb Vergleicbuog („kQustlicbe'^ Abstraktiou)
kllren md Terdeotlicbra wir die «egriife. Die Art aber, wie wir sie
gewinnen, also der Vorgang der Abstraktion ist für alle ein und derselbe
nnd zwar allerdings eiue gewisse NeuscbafTimtr aus sinnlidieni Material
durch die Kraft und das Licht des wirkeudeti Verstandes.
Das letzte (zwölfte) Kapitel handelt von der Wahrhaftigkeit des
Bewur>t8eins bezüglich seines Objektes. Wie sie ihren Ursprung in in-
nerer £r£aliraDg babeo, ao seböpfeu nach des Verfa. Ansicht die höchsten
VeniirafUaioiBe loeh ihre Gewiftbeit und Sieherheit aae innerer Erfiibrong.
Die unzweifelhafte Gewifsheit der inneren Erfahrungsthatsachen reicht
jedoch nicht aus, um d^r Allgfincinhcit und Notwendigkeit der Vernunft-
axiome die feste Gruuüiage zu bieten. Die vom Verf. gegebene Bestim»
mnng dea Sinnet des Kausalprineipt scheint nna awnr richtig; es ist aber
in diesem Sinne nicht durch innere Krfaliriinp, soudrn. durch das Licht
der Vernunft verbürgt. Die Evideuz, auf welche der Verf. zuletzt sieb
bemft, ist in den Vernuoftaxiomen nicht die des Bewofstseins, nicht die
Art, wie die Bewufstseinsphänomene der Seele sich darstellen (S. 617).
Der Verf. stellt folgende Skala der (iewifsheit auf: der mit sich
selbst identische Akt ist absolut sicher; das äubjekt ist durch die not>
wendige Xerreintion mit dem Akt gesichert, das ftoftere, d. i. er*
scheinende Ohjekt i t mit einer der Vf-rbindung mit dem Akte ent-
sprechenden bicherheit garantiert; dagegon nicht das äufsere Objekt im
Sinne eines realen, wirklich vorbandeneu Gegenstandes; denn die Sinne
erfassen nnr Phänomen*», Objekte, die solche in ihnen nnd für sie sind,
die aber wirklich auf auf^ierhall) <]rr Seele vorhandene Ohjfkte hin-
weisen. Von der Aufsenwelt haben wir kein Wissen, wir glauben an
•ie. Dies da« tebliefsUche Resultat, nachdem wir dem Verf. durch das
Gcstrüpfie mühevoller und subtiler Unterbuchungen mehr als sechshundert
Seiten hindtirch gefolgt sind. Statt jeder weiteren Bemerkunir srhliefsen
wir mit der 1 rage, üb jene „alte" Ausicht, die der Verf. j,etwa3 uuver-
Bt&ndlicb findet", dafs in der Sinnenerkenntnis das unmittelbar erkannte
f>f;i.lcT nicht das Bild, die Tntr>ntior, der iflral" Kepräbentant — oder
weicbeu Ausdrucks man immer sich bedienen mag — , sondern der reale
Qegenstaod — der ROrper nneb seinen wahrDebmbnren Eigenachafteu
— sei, nicht doch den Vorzug vor den modernen idealistischen Vorur-
teilen verdiene? In jedem Falle steht sie in Harmonie mit der Stimme
der Natur und bewahrt uns vor einer der verhängnisvollsten tbeoretlHchen
Verimingen, dns Ich in eine Traumwelt einzuspinnen, die ihm, je weiter
es forscht, um mit Hchelling an reden, die Wirklichkeit in immer weitere
Ferne rückt.
SYLLABUS PH PONTIFICIS NONI IN UNIVERSA RE
PHILOSOPHICA lUXTA M£NT£M S. THOMAE
AQUINATIS RECENTIUMQUE PHDLOSOPHORUM
per Prof. Dr. Guilelmum De Angelis-Stella Neapolitanum
evolutus.
Deducunt vero mundum sensim elformatum fuisse, proinde
notionem crcationis usso prorsus absurdam, quia creatio viadicat
vim extra mundum positam et ab oiooi materia sejanctam. finarratia
Bententiii^ philoBophorum de hac gravissima quaestione, Iheoriam
creaiiouib, quam fides catbolica uos edocet, ot scbolastici iuxta
patres defendoraoty rationi nnioe oonrenire Tindioemna oportet.
Kt in primis ntimur argumentia indireotia. Sana, nt origo nrandi
explioetar, dice&dnm, Tel quod muadaB ait aeternos ratione ma-
teriae sive ratioae formae; red qnod materia ait aeteroa, et Dens
formam in tempore sit clarg-itus; vcl quod muadus sit Dei ema-
natio; vel deniqne a üeo sit e nihilo eductus, et in ordinem
redactus; atqui hariiin scntontianim priores falsae sunt diccndae:
erg"0 ultima est vindicanda vora. Equidem utraque hypothesis
de materia »ivo iat'urmi sive forma praedita, quod ua mgeaita
omnino repuguat. Si enim materia esaet tnfeota, certe neceaai-
tate auae natorae ezisteret, ideo et imiaatabilia quoqoe eaaet
Qaidqaid oerte non eat ab alio» est ingenitum, adlicet es ae;
neque mediam aliquod inter haec duo potest excogitari: üti
8. AugustiDQB» & Oyriilaa Alexandriaaa» 8. Anselmue vindicamot
Quod autem est ex se, necessitate suae naturae existit, atque
est iramiitabilc; ergo materia aeterna esset immutabilis; atqui ex
adversarioriiin cont'esHiont; hoc dici neqnit; ert;o materia non
est vindicanda aeterna. Ex quo vidon iure auliquos patres philo-
sopbis defeQöoribuü ueternitatis auilenao objecisse, quod ipsi
materiam Deo aeqaalem facerent, ac deos binos permiBcerents
ita Theopbilaa« Athenagoraai Hetbodina, Ambrosina, ao aignanter
TertaUiaoQB, qui Hermogeni ita reapondebat: Qnis enim aiina
Dei census qnam aetemitaa? quis aliua aeternitatis statu s qaam '
Semper fuissc et futuram esae ex praerogativa nullius initii atque
finis. Ita Hermogenes dn08 deos infert: materiam parem Deo;
certe adaequabitur Deo materia, cum aeterna censetur. öecunda
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Syllabas PH Poottficis Noni in uniTem re phiiosopbica etc. 247
▼ero mtentia ita oppu^natar: 8i materia informie non eaael a
Deo facta, nil certe Dens in ipsam agere potuisset Nam ut
Deus hnic informi raateriae formam largitus fuisnet, ipsa Deo
frnt siibiicienda ad tnrraam recipiendani; atqui raateria quae est
iagecita non potest pn »venire ab aliqua causa antciriori, neque
nlli cansae exteriori »ubiici; ergo materia iutbrmis nuUa ratione
concipi poteöt Sic argumentatus fuit S. Juatiniis in Phitoncm,
et Tertallianus in Hermogenem, his verbis: Egu prima et Ego
ante omnia, et Ego a quo omnia, pare» foimns . . . sine anctore,
eine Deo. Qnte tue Deo subneit oontemporali ooetaneo? Praeterea
ai materia OMet iogenita» nihil ex ea fieii potoieset Etenim Sd
qnod est iogvsoittim, nuUam admittit matationem; atqui nihil ex
eo, quod est incapax mntationis, fieri potest Namqae illud ex
quo aliqiiid fit, mutatar in id quod fit; ergo eoneludebat Lactan-
tius: Materia si facta non cBt, nn fieri ex ea quidqnani qtiidem
polest. I>'"nique cnm Drun infmita polleat pot'mtin, certe non
est putandum in creatione mutidi materia praeexistenti eguisse,
sicuti caeteri opifices in suis operis peragendis. S. Thomas,
1* p. q. XLV art. II: Respondoo dicendum, quod nun «olum
oportet considerare emauationem alicuiua entis parlicularid ab
aliqno partioulari ageute, sed etiam emanationem totius entis a
causa unirerealt, quae est Deus. Et haue qnidem emanationem
desigaamns nomine creationis. Quod antem prooedit secundom
emanationem partieularem, non praesupponitur emanationi, sicut
si generatnr homo, non fuit prius homo, sed homo fViit ex non
homine. ünde si oonsideretur emanatio totius entis universalis
a primo principio, impossibile eHt, qnod aliqnod ens praesuppo-
natnr huic emauationi. Idem auleni est nihil, t|nnd nnllum ens.
Sicut igitur ^^eneratio liominis est ex non euLc, quod est non
homo; ita creutio qiiac est emanatio totius esse, est ex non ente,
quod est nihil. Ita argumentatus est Athanasius adversus Pla-
tonem, 8. Greguriu;» ^Wssenus, Ambrobius, Augustinus ac Ber-
nardus, qui ita loquitur: Frnstra phitosophi materiam quaerunt,
non eguit materia Dens. Non enim offleinam quaesivit, non
artifioem. Ipse per se, in so omnia fecii Quare de nihilo nequit
uoqoam aliqnid fieri. Quod si repugnat materiam, quoonmqae
modo coneipiatar, ingenitam esse, repugnat quidem ingenttas dari
atomos, qnippe et ipsae, licet insecabiles, sunt materiae partes.
• Sed licet dentur atomi ing-cnitac, certe evenire non potuit, quod
et sing'alae rcn et iinivcrsa mundi compages elliceretur. Certe
ex adhuc dictis, quod est ingcnituiu nuUam patilur rnutulionom ;
ergo si atomi tbrtjnt ingenilae, esbent qindem immutabilcs, ideoquc
nihil de ipsis etformari potoisset. Kquidem res corporeas non
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248 Syliabus Pii Pontificis Noni in uuiversa re philosopbica etc.
possc efformari ox atomis, praeter Lactantium , damus vadem
iS. Augustinum : Si concesseris est»e :itomos, coucesseriis etiatu
cODCursu fortuito seipsas pcllere et agitare, nura et illis fas est
concedere, ut inter se atomi Ibrtnito concurrent»^»* rem aliquam
ita coDticianty ut eam iurmä mudiüceDt, Rgurä deieimiueot, aequa-
Utata potiant, oolore iHuttnot^ amms vegetent A fortiori idem
dicaiur de rebus ratione ntentibus: ita LMtantios: Patemiis artna
et 08Ba et nerYos et Bangniaem de atomis posse ooncresoere.
Soqnid sensas, cogitatio, memoria, meos, ingenmm, qaibiis sea-
sibus ooagmeDtari possunt? Quomodo ergo sine ratione cöeuntia
efficere possnnt aliqnid rationale? erf?'> nefpie aliquid materiale
neque aliquid spintuale ab atnniis concurrentibus ettici potuit.
Quod 8i nulla ex rebus mundanis atomi eiTormaruDt, a tbrtiori
loLaiu inundi compagem coagmentare neqniverunt. Ouncta eoim
quae in mundo eunt, perfectissimo fioium nexu coDtiaentur; ergo
abaurdam est, tarn mtram ordinem atqne rerum barmoniam for-
tnito atomomm coocnrsu adscila fvisse. Lactaotias aiebat: Qno
igitiir consilto, qna ratione de confaBo acervo se atomi congre-
gavernnt, ut ex aliis terrae inferius conglobarentur, caelum
deeuper tenderetur, tanta sidemm varictate distinctum, ut nihil
uuquara ornatins possit cxcogitari. Tanta ergo qui videat et
talia, potest existimare nullo cffecta esse con^iüo, nulla Provi-
dentia, nulla ratione divina, sed ex atomis hubiilibuf* concreta
Gsae lau La miracula. Nonne prodigio Bimile est, aut uatum eäse
hominem qui haec diceret, aut extitisse qui crederet? Sed
praestat demonstrationi indirectae etiam directam soperaddere.
Res, qnae in mnodo exstant» non ex se sant, ergo sunt ab alio;
atqni hoc aliud non est nisi Bens, ergo res creatae sunt solnm
a Deo. Eqnidem illad, a quo res snmant suam esse, oportet
ut ßit ens a seipso, nempe per suam essentiara exiatens; hoc
aiitcm ens per esscntiam est Deus, quare Augnstinu« aiebat:
hjummum est illud bonum, cuiuH participatione sunt bona caetera;
ergo reH creatae sunt a Deo. Koliquum est ut demonstremus,
quomodo res a Deo esse suum iuibeaot. Dici non potest Deum
ex materia praexistenti res condere. Etenim causae naturales
materiam ezpostalant, tamqnam snbieotnm» e quo effeotam pro*
dncunt, qnia non prodnennt ens simpUoiter, sed dumtazat transmn*
tant ens; atqni Dens non solnm transmutat ens» qnod aliqno modo
iam existity sed ens simpHciter produdt; cum enim totam entts
pcrfectionem in sc contincat, ab co originem omnia entia et
proinde ipsa materin. quae et quoddam ens est, habent; ergo
Deus noü iadiguit materia ad res creandas, sed illas e nihilo
eduxit. Praeterea, iuxta S. Augustinum contra Flatonicos, etiamsi
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SylUbus Pii Poatificia Noni ia unirersa re pbilosophica etc.
Deus muttdam ex maleria iDformi condiderit, ipsam quidem e
nihilo evocavit Namquc omninra bonorum auctor est Dens; atqui
boniun non Bolum est id, qiiod l'ortiKim habet, 9,pA etiam quod
est capax recipiendi tormam; ergo »psa capacitas est nonnuUum
ens; ergo m Dens condidit mundum ex materia inibrmi, haec
etiam a Deo üxordium habuit ^ed haec omnia, ^uibuö Oeum
eme causam mnndl «ireotricein probaTimna, tarnen non probaot
Deom 6886 eaa8aiD materialdm ao formalem mundi. Primi erroris
David de Binando anctor fuit; secandam AlmericnB Oarnotensis,
ud penes S. Thomam poleat yideri, inetaaiavit. Ad hos erroras
repeilendos S. Thomae arguroentis qaidein utimar. Causa efTootrix
rei nl'Vnin« si ronvenit in specie cnm re quam efficit, ab ea
tarnen numero dislingnitur; qnia aliquid esse causam sui ipsius
repiiL'^nat, iiti homo rjni homiuoiii gigüit; alius est enini homo
qui gignil^ uUuä huiuo qui gignitur. Cum causa uuteiii inaLenaii
causa cffectrix ne specie quidnm convenit, quia causa materialis
denoiat aliqoid quod est in potentia, oanaa effectrix aliquid qaod
est in acta; proinde Dens, oausa effeotrix mnndi, non pottiü
neqne cansa materialis neqne formalia ilUos esse. Equidem cum
Deus sit caosa mundi infinite inteUigeoB, res mundanas e nihilo
ednxit secandam exemplaria earum, quae in se habuit. S. Thomas,
T. I" I). q. XLV docebat: Manifestum e«t ea qnae naturfilitf^r
tiuiii. dtitenninatas formas conseqni, Ilacc autem toriuariim de-
terminatio oportet, quod reducatur hicut in priinum {)rincij)iiim
in diviuam Sapicotiam, quae ordinem univcräi oxcogitavit» qui
io rerom distinctione consistiL £t ideo oportet dicere, quod in
dtTina Sapientia sunt rationes omnium rerura, qaaa snpra diximns
ideas. Qnamobrem Patres Origenes, Ensebins, Augustinus distin-
gnebant mundnm intelligibilem in mente Dei existentem a mundo
adspectabilL Et 8. Ansei mus animadvertebat: Qnare cum ea
quae facta sunt darum sit nihil fuisse, antequam fierent; quantnra
ad hoc, qnia non prout quod nunc sunt, nec erat, ex quo fierent;
non tarnen nihil erant quantum ad rationt-m tacientis, per quam
tiert^üC. His dictis ad complendas Rentcntias, quod muudus sit
ex aliqua materia praejacoote vel chaotica, vel proröuö dciermi-
nata; opus est ut explieemus illud effatam: ex nihilo nihil fit,
quo adversarii abutuntur, quodquo a Xenophane primo fuit in>
Tectnm. 8ane cum nihilom non existat, absurdum est, nihilum
etat» Tel oaosam etfictentem vel oausam materialem altouins rei;
quare si illnd effiitum alterutro sensu sumatur, verum est, aiento
B. Bonaventura. Cum dieitur ex nihilo aliquod fieri, potest in-
telligi dupliciter: aut tnat^-rialiter, ut ex ferro cultcllti'», aut
causaliter, ut ex patre üUud, aut ordinaiiter, uti de mane ht
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250 Sylialms Pii PoDtificis NoDt in uni versa re philosophier etc.
raeridies. Primis dnobus modis verum est ex nihilo nihil fieri,
tertio modo verum est aecundum uaturam. £x quibus laciie
pateäcit, creationem, cum sit productio rei in esse secuadom
totam Buam substautiam, posse dupüciter productionem e nihilo
appellari : primo, quia illud quod creatur, Don fit ex aliqua ma-
teria praejacenti ; «eonndo, qaia ratoquam dt oreatio, erat oihfliioi.
Priori ratione negator rem oreatam ordinem habere ad qaam-
Ubet materiam praejacentem. Altera Tero ratione asseritar rem
oreatam ordinem habere ad aihilum, qaatemiB illa euapte natura
est post uihilum, nti ex mane fit meridics. Eiusmodi autem
produclio rei in esse secnndum totam substantiam nuUi causae
iinitae convenire potest; quia omniR causa finita determinata
virtute pollot, et dctnrminatam poF^tulut limtautiam. Verum inter
et»6e et uiUii iutiuiUi udest dibtautiaj ergo oiQuis causa fini^i in
raa actione neeesnario reqnirit non nihil, sed aliqnod eese prae-
ezietene. Ex qnibos ooncladitnr ejnsmodi prodnotionem canaae
infittitae oonvenire. Deo eoim, nti cansae primae, primae effectas»
id est esse eimplidter, convenit; atqni esse, quod in creafcione
produoitar, est eBMe dmpliciter, quare S. Thomas aiebat: eoae
autem «impliciter per creationem cansatur, quae nihil pracsup-
ponit, quia r.r>n potest aliquid praeexiäterc, quod sit extra eus
simpliciter; ergo Dens de nihilo absoluto inundura condidit.
Devictis sententiis, quae asfiernnt mundum ex informi niateria
effectum, item quae teneut mundum t'uisse qualis nunc videiur;
Tindicata autem sententia, quae tenet mandnm a Deo per crea-
tionem prodässe, supereet nt in Keoplatonioos dimtcemns, qni
aesemot mandnm ab aeterno fnisse creatnm neoessario, ob ne-
ceesitatem cansae creantis. Quae quidem controversia est maximi
momenti; quia nonnulli increduli atque rationalistae pantbeiBmum
disftimulare cupientcs, creationem mundi haud negant, sed duo
paiitheinmi coroliaria amplectnntur, quae cum creatione pugnant,
nempe infinitatem atque actcrnitatom inundi. Heic tameu ad-
monemus uos uou disserere de celcbri quaestioau, au mundus
ab aeterno creari potuerit» diu agitata inter schoiasticos antiquos
reeentioresque, ac praetipue Scotistas, aoriter a S. Thoma de-
fensa, sed potins loqni de facto: ntmm mundns necessario ab
aeterno fuerit a Deo creatus. His positis, sie argnmentamur:
I^uili phiiosopho Christiane licet dubitare, quin Deus ronndnm io
tempore creaverit; nam ex Scripturarum testimonii» praesertim
intclligitur. e Genesi in primis, atque ab Innocentio III c. Fir-
mitor coüciln Lateranensis f'uit definitum. ^5cd quoniam philo-
Hophi, quibuscum conseriiuus, revelationcm divinani vcl aperte
deäpiciuut, vel si aduiillerc tiimulaat, maiu liiam lutelligunt, ideo
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SylUbus Pii Pontificis Noui in uoiveraa re philosophica etc. ^51
demoDstTamue sc r esse non ftusMy rauDdom ab aeterno eroari,
pmnde dogma oaiholioam de temporanea mandi daratione null»
argnmentis poBse oppagoari. S. Thomas sie directe ad rem
noötram argumeDtatnr, cont g. lib. II c. 31 : Rx efficiente nansa
sequitur, quod effectuui necoHse ^*!t esse ex hoc, (jUüd agentem
necesse sit agere; per actioueru euim agentis, etiectus a causa
efficiente dependet. Si igitiir ageutem non necesse est aprere ad
productioneui ctieclus, nee effectua necesse est übnüluie. Dens
aatem non agit ex aliqaa neceasitate ad oreaturarum produc-
tioDem . . . noD est igitar abtolate aeoeaaa ereataram ease^ na-
oeaeitate dependante a oanaa efficiente. Qnod argnmentani totam
anam yim ex eo peidpit, qnod Deua non eat cania neoeeaaria,
sed libera mnadi, qnia aicnt poterat a creatione mnndi abBtinere,
ita illam in tempore oreare potuerit: Qnod ita ae res babeat>
ita cum Aquinate diBserimuB: Si Dens est causa necessaria raundi»
id ex alterutro capite proveniat oportet, vel quod illtim producat
ex necesnitate naturae, non iain ex volnntate, vel quod producat
ex volnntate necessaria non libera. 6cd ueutrum dici polest ;
non primum, quia est comperta pantheiRmi conclusio, (juare
Döctor ait: Deus cum sit esscntia sua intelligens, per lutei-
lectnm agit Intellectna antem non agit aliquem effectum, nini
mediante Tolnotate, oaina obieotom eat bonnm intellectnm, quod,
nti finia, movet agentem. Dana igitar per Tolnatatem agit» non
per neeeaaitatem natnrae. Nec altemm polest probari; Aqninas
cnim acribit: Voluntas non ex necessitate fertur in ea, quae sunt
ad finem, ai fioie sine bis eaae pomit. Cum igitur divina Bonitas
sine alüs esse possit, quin immo neo per alia illi aliquid augeatur,
nulla inest in Eo neceBsita^*, nt alia velit eo quod j^nam velit
bonitatf-m. Ad Thomam quidem iiddimus S. AmbrnsitirLi, m opere
Hexaemeron: Plerique, qui coaeternum Deo uiuuduiu esse volunt,
asseriint ilium etiam sna bponte subsiBtere; at quamvis ejus
causam Deum esse fateantur, tarnen causam volunt uoa ex
▼olantate et dispositione sua, sed ita ut causa umbrae est corpus.
Adbaeret enim nmbra corpori, et fblgor Inmini, natnrali potins
Boeietate, quam ▼olnntate arbitra. Unc accednnt argumenta e
traditione deaompta. Omnea antiqni philoaophi, teste ipso Aristo-
tele aeternitatis mnndi aasertore, quamdam originem mundo tri-
bnemnt Quae quidem communis opinio non ope contemplationis
natnrae fuit ab eis inventa, scd ex traditione accepta; namque
agitur de re, quae mentes philosophorum mirum in modnm vexa-
verit Quare Genuensis scribebat: Quaecumque patet tellus,
omnique tempore vetusta, neque usquam interrupta traditione/
perauasum fuit homines atque hunc globum aliquam habuisse
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252 SylUbus Pii Poatificia Noni ia universA re pbilosopbica etc.
originem. Haue voritatem veterrimi populi Aegyptii, PboenicMt
Judaei, Persae, Chaldaei, Aethiopes, ?5cytae, ThraceB, Jones,
Graeci, Etnis^oi aliiqne aH occidentem solem vergontes, senserunt
Id Jndae, Siammsi h, Sinenses antiqui recentesque, id Peruviani,
^exicaai, totu^que bovus mundua acerrime voliierunt. Alterum
argumeDtum ex liiRtoria sacra et profana colligitur. Namquo
omnibufl est compertum, ea (^uae historiae scnptoi^s gentium
memoriae prodideront» eitra narrationam mosaioam eTeniese, <^iias
et 68t aatiqtitssima, et, propter hmnaaae ftdet moaiunenta, omnea
fidem mer«tar. LucretioB enim oeoinit:
Praatorea, ai nolla fnlt genitatia origo
Terrai et caeli, semperqae aeterna fuere,
Cur auj^ra bellom thebaniim et faoera Trojae,
Kon alias alii qtioque res cecinere poetae?
Quo tot larta viriim tolies cecidere. iiec unqaam
Aeiernift famae monumcutis inaita äorent?
ZElTbCHÜii IKiSbCHAü.
A. ZaitaohTlften fflr Philoeophle und apekulatlve Theologia.
Aonales de phllosophie ehrttlenne. CXXU, 2.-5. Heft 1891.
P. VaUet: L'h6r6dit6 113. Ch. Hütt: Coup d'oeil sur le vocabulaire
philosopbiquc contemporaiD 128. Dornet de Vorncs : La percr{)tion et Ia
j,«!vTlio!of!tp thonr^tf (Forts. vgl. VI. 12-") ds. Jahrb.) I3b. 3l-$7. F. />m.
iiuesmy: l^es preuveä de rexisteace de liieu reduites ä uae preure uniqae
161. Ä. Bardmg; Det Symbole« math^matiqnes quePon poarrait employcr
cu logique (Schlafs; vgl. VI, 126 a. a. 0.) 183. Encyclique de S. S. Lion
XIII sur Ia rondition des ouvriera 212. Mqr. D. Mercier: Lea deux
critiques de Kaut 269. A. Uavard: La tb^orie de Tevideace d'aprei
lletcartes 288. Ch, Braig: La mattöre 900. 468. Mouret et G. Leekeku:
Force et Masse 325. J. Gardnir: Los prircipes de Ia raison pure 3G1.
C. C. Charnitx: La civiü^niion et la Tcn^^'e 3<i9. Tif Broglie: Les vices
logiques du livre I de la guometric classique 387. J^. Maisonneute: La
psycbologie phvßiologique 406. A. Farfea: Theorie de la perceptioB
immediate d'apios Aristotr et S. Tlinüias 44L L.Jouviti: he stiitiment
moral; — le uecessaire et le coutiugcut 487. P.Hagey: La pbilosopbie
et le temps präsent 512. — Revue des livres. Revue des Revues.
Dims Tbonas. Vol. IV. (Annas XU] 15—16 Fascicalos. 1891. PM
Oroot: De auctoritate Aristotflis 22^k Moy. JiotrUi: ('ommcntaria in quAC-
stionea D. 1 homae S. tbeoi. HL qu. 1—26 (Forts, vgl. VI, 125 a. a. 0.) 230.
«T. B. Chäbot: Commentaria m quaettiones D. Tnonite S. theol. L qo.
27—43 (Forts, vgl. VI, 125 a. a. 0.) 233. K Ermoin: Existentia I»ei
et pbilosopbus christianus (Korts. vgl. VI, 125 a.a.O.) 235. J. B.: De
immaculata B. M. Virginia cooceptiune (Forts, vgl. VI, 125 a. a. 0.) 210.
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Neue Bücher uud deren Besprechungen. ^53
J* Sewfn'a . Analysis actus fidei iuxta S. Tb<mm et iuxta reeentiom
theoloKos (Korts. vgl. VI. 125 4. a. 0.) 242.
PhüoMphlflekee Jahrbneli. IV. Bd. 8. Heft 1891. Linsmder:
KntLAlt die chemisch • physikalische Atointhcorio WidersprQciie? 241.
Bäumker: Noch einmal zu Platons Timätia p. 51 E-p Tv2 U. 256. Frr/r:
Das Gesetz von der Erhaltung des Lebens 260. Grup^: Die logiseben
GftBge des Denkens 270. GuiberlH: Wondts STStem der Philosophie 281.
Zeitsehrift fttr exakte FhUosophie. XVJII. Bd. 3. Heft 1891.
^4. Tliüo : Ülier das zweite Ruch der allgemeinen praktischen Philosophie
Herbaits 241. St. Vdovan: Die psychologische Begründung der elemen»
taren Denktbiltigkeiten im Kähmen der Herbartscheo WeebselwirkiiDg
der Vorstelluogen 272.
B. Aus Zeitschriften vermisohten Inhaltes.
Jahrbücher fttr protest. Tluologrie. XVII Bd. 2—3. Heft 1891.
M. Sejfdä: Erkenntnis und Glaube bei Kattan (ForU. vgl. V, 511 a. a. 0.) 161.
^leiaerer: Die Theologie der Ritschlschen Schule nach ihrer religions-
pltilosophischon Grundlage 821.
Theologische Qnartalschrift. LXXllI, 2. Heft 1891. ÄV/t . Die
Auktoriiät des h). August iu in der Lehre von der Gnade und Prädesti-
natioB (Scblafa; vgl. VI, 126 a. L 0.) 287.
Stimmen aus Maria-Laach. XLI, 1. Heft 1891. Peseft; Die Okono*
mischen Lehren des üdarxschen äozialismas 23.
lüEUE BÜCÜEK UND D£K£^^ B£&PR£0HU:N6£N.
BSumker: Das Prol lf in der Materie in der griecb. Philosopln'e (vgl.
VI, 126 diosos Jahrb.); bespr. von Thüo, Z. f. exaUe Fhilos. 18, 330.
BonnliölTer: Kpiktet u. die btoa, Siutt{;art ISUO; bespr. v, Thilo,
ZeiUchr. f. ex. Phil. 18, 338.
Carri^re: i>i'^ sittliche Weltordsuiig, Leipaig IQ^l', bespr. t. Gut-
beriet, FhiloK Jahrb. 4, 312.
Goeonnier: I/ömc humaine, exfstenee et nature, Paris 1890; bespr.
V. Barberis, Ditsua Thomas 4, 248.
Dochemin: Expliration naturelle de Tattractioil nniTerselle, Paris
1891; bespr. v. Ann. de phil. diret. 122, 436.
Ihdlh^Brai^: Apologie des Christentoms, Freiburg 1889; bespr.
V. Gtnndtrath, Stimmen aus Maria-Laach 41, 94.
Enoeh: Der Begriff der Wa}iraehmung, Hamburg 1890; bespr. t.
Ehrenbergerj Zeüschr. f. ex. Flui. 18, 308.
Eriundt: Mechanismos ti. Teleologio, Leipzig 1890; bespr. t. GtiU
baUt, Phil. Jahih. 4, 302.
Feldner: Die Lehre des hl. Thomas v. Aquin über dio Willensfreiheit
(Vgl. ^^ 36:5); bespr. v. ^^chanz, TheoL Quai talachrift. '*3, 336; v. Glofisner^
Im. hundschau 17, 229.
Fischer: Gnindrifs der Philosophie als ßestimmungslehre, Wie^mdm
1890 ; bespr. v. Ehrenbergtr, Z. f. ex. Phil 18, 305,
Groos: Die reine Vemimftwissenschaft, Heidelberg 1889; bespr. v.
TkOo, Z. f. ex. Phil. 18, 312.
Härtel: Patristische Studien au Tertallian, Wien 1890; bespr. T.
Funk, Theol. QuartaUchr, 73, 312.
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I
254
Nene BOeher mid denn Beq^rechnogeB.
Jaliibueh für i^nlos. u. ^pekul. TLeolog. V, 3. Heft; be&pr. ?.
Schanz, Theol. Quartalschr. 7S, 3 IG.
Körner: Uie Seele und ihre XbAtigkAiteo, Leipsiff 1880; betpr. T. I
Flügel, Z. f. ex. Fhdos. 18, 296,
KrmaBe: Die Lehre des hl. BonaveDtara aber die Natur der ]ü}rper*
lieben u. geistigea Wesen u. ihr VerbftlUiis mm Thomiunat; beipr» t.
Oiossner, Lit. J^un'hrJi. 17, 235.
Ludwig: bpaziergänge eines Wahrbeitsaucbers ins Heich der Mjrttik,
Leipzig 1890; bespr. Quiherkt, Phäo$, JekHmA 4» 807.
lAiVmi Die Methode der Eiüt«i)iiDff bei PlatOD, Halle 1888; betp.
V. Thüo, Z. f, ex. Philos. 309.
Mach: Die Willensfreiheit des Menschen, Paderborn 1887; bespr.
8t^n», Thenl. Quartahdir, 78, 840.
Maiisbarb: D. Thomac Aq. de voluntate etappetitusensitifododlllll,
Paderboru 1Ö89; bespr. v. Glossner, TM. Rnnd/tchnH 17,
MUnsterberg : Die Associatiua succe&sivcr Voratelluugeii, Leiptig
1880: bespr. v. Männel, f. ex, Philos. 18, 301.
Pawllckl: Die (Ipschicbte der pricrh. Philosophie von Thaies bis
Aristoteles, Krakau 1690; bespr. v. liubczynski, Phüos. Jahrbuch 4, 31&
Peseh: Der Oottesbegriff in den heidnischen Religionen des Alter*
tnms. — Der Gottesbegriff in den beidnischen Beligionen der Neuzeit. —
Gott u. Götter, Freiburg 1886, 68, 90| bespr. ▼. Braig, ZAL JSmdtdimt
17, 176
Peeeb: Inttitotiones logtcale*, Freibarg 1860—90; bespr. GUsmetf
LU. Üundschau 17, 193.
S<'hmld: Erkenntntslehre. Freiburg hospr. v. Schanz, Ikeoi
(Quartalschr. 73, 341; v. Gutberkt^ LU. iiutuUchau 17, 172, 208.
Sehnldt: Das Gewissen, Leipzig 1889; bespr. v. Keppler, TM.
Quartahchr. 73, 3'24.
Sehneid: Xaturphilosopbic (vgl. V. 384); bespr. Ann. de pkäot.
chnl. 122, 194; von Kaufmann lu der LU. Mundadiau 17, 270.
Schneider: Das andere Leben, Paderborn 1880; bespr. SAm»
LU, Bundschau 17, )68.
Stein: Antike und mittelalterige Vorläufer des Okkasiooalissiiii,
Berlin 1889; bespr. Thüo, Zeitschr. f. ex. PhUos. 18, 309.
StSlzle: Abalards 1121 zu Soissons verurteilter tractatus de uultate
et trinitale divlna, Froihurp: IS'M; hospr. v. ÜT-h. fJt. Rundsch. 17, 198.
Walde: Die Giückseligkettsleiire der Ethik des Spinoza; bespr. t.
ThOo, ZeUtehr, f. e», Phiht. 18, 844.
WeUT: Das Bewufstseiu und sein Objekt (Tgl. Y. 512); bespr. v.
Scham, Jheol, QuatiäMur, 76, 662.
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DE CHRISTO £UCHARISTICO
Scripsit ERNESTUS COMMER.
Mirabilis ipso, qui mirabilia äolus efficit: uam pntua rerum
causa Deus secretiKsimus est.
Cuius Liaturam nemo nm iuce divina coUustratus unquam
perspicere valet, eiuB mysteria äiientium potius caroune deoet,
cum aecretom regis absoondere bonam ait
Saorameota chriatiana aaora aeoreta aaat: intellecto diffioile
Bommi regia aecretam aanotlsaimaiD, qnod fortiter eat oredeodum,
ni adoretnr amore^ tlmoreqne qnaereadnoi, nt pietate oredatiir.
Rebaa arcania obacaritaa oonvenit, qaa dmnae probantor:
quo magia interras agit, eo magis abditur mnndi craator» cuina
ipsae tenebrae luminiö patrem tegunt veste.
Christus taalae molia opus^ qnod Incarnutio fuit, Eu( huri-
ßliae sacraraento pereecutus est: quo Filiu« diviuns* inhumana-
tionis Opera plns intendit ac latias extendit, et iu terra quem
fitaa enraam ooafeceraty miro modo repetit, et Eachariationa ex-
areat ana mnaera, qui aoatra portavit locamataa oaera.
Andax igitur bqmBitio rei dmaiaaimae ait oportet ac aapplez,
Qt Intoea oealia hamilibna fortina splendeat e fide.
L .
1. Illustris ostensio gloriae divinats, cuius gratia Verbum
oamem euiupserat, per Eucharisticum Christum niaior est effecta.
Est ornuis in Deo ratio boni, cuius natura tm^e diffundit ab-
solute. Itaque qui äais ultimus ex sua boni täte causaque prima
simul oritur efUciens, propriam qooqae peraonam creato auo ter-
minaado dedit. Eocbariaticaa antem Cbriataa noane re vera
filioa prvidigna, qai noa patria tantam bona, sed ipaam bomtatem
piofiidit?
JabrlMieh flir PUloiopbl« ete. Tl« 17
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256
De Cbriito EoeluiriBtieo.
Ijivinitas occultaudo ae manifestatur, cuius Eucbaristia ve-
stigiuTü clarifisimum videtur.
£temm aummam bonum diviDum, cum iuDditus a materia
Uberrimum sit, naximuB actus iotelligeiidi penitaa eat Sed Cbri-
stne Enchariations eaaentia divina praeditna eadem aomet arcanam
praebet, qui neo videtar nao tangitnr, sed praeaena aub toi»
abaentia aubatantiae corporeaa apeciebna modo per intelleotiim
cogDoscitar elatnm fide coeleati.
Dens opHmoa e«t ipse aninn anbsistena esse, qaod fine eat«L
Cuiu8 inliniliouis quoque vestig-ium lumditur: nam Chvi^Lum, qai j
plennm totiuä ordiDis est supra Daturam totam constituti, coDtinet
Eucharistia.
lafioita divinitaa aequit immatari: aec Christas ipse cod-
▼eraione paais et vioi, qua eacraroentum cooficitar, nWo modo
tranaformatar. Sei intmutabilia interiora domtia illumiDat: et Eo- ,
chariatioiia, qni tranaaubstantiatioDe bonitatem aaam nobisean
commiinicavit» ad nos appropinqnana hob fit alius. I
Atqne Dens Immobil is, qoem mens noiformem preheodit, '
aeternas est. Nec qnt ooram sab speoiebus adest eine niotiiv
, . . . .... - I
fiubstantiam siiam vanat: cuius praesentia capiL luiiiüiii tinemqoe
solie ab accidentibus, beri hodieque nemper idem per saeouU j
manet.
I
£tiain acieatia summa puris^irni spiritas actionis divio^
aignia, qnae coacludnatiir in Eacbaristia, nobia inaigniter demon-
atrator.
Quae patet ia corporis divini ooDsecratioae, qaod de Viigiae |
aumptam paratnr ibi: pania enim ▼iaiqoo totae anbataatiae verbi \
poteatate malaotiir in Cbriati oorpaa et aaDgaiaem, qaae aaat in
ipsa diviaaVerbi sobststentia; sed qnae corpns illnd cireinnsiavt
aensibusquc Dostris percipiuutur, accideutia paois vioique non
desinnnt eose.
Eiusdem qnoqne Bcientiiic vis in posscssione corporis illiuN
qaod sab paucidsinia panis specie cootinetur, maxime splendet:
adest enim totum Christi corpus ibt conToratone^ sanguis antem
mro nexi, sed anima coniunctione, nec non unione divinitas ipML
Qnod nnuro corpna idemque plaribna eat in locia, plnribns is
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De Christo EndiAriBiico* 257
hoatiis, plnribus in proportionibiis. Ao licet sit in pinrimis et
locis et hostiis et partibne» tarnen in partes non dividitnr, »ed
in ee manet integrnm totam coniunctum.
Qnae aapientia Salomonia mazimi perceptione corporis ilUna
a comedendbn« apparet: corpna enim Domioi ne minuitur quidem,
dum uiuiidilur.
Sed intellectnm divinum voluntas sequitur, de cuins araoro
Inumphat Eucharistia. Christus enim scipeum suaque cuncta lar-
gis^ime tribuit: diligeuB ingreditar oa dilecii: ot omces siot unum,
nntrit omnea eemet ipso, paoemqne anmmam coneiliat^ donana ipae
donnmqne. St dolorea anoa et aeerbam mortem memoranda post
«• nobia relioquena exinanivit se, qni mitis est et bnmllis corde,
nt eolnm dilectomm bonnm procuraret Cnina etiam earitaa in-
stitiam liberalitatem miaericordiam demonatravit erga miaeros et
iofeliccB hominefl, in lecto flacrato dormit, sed cor eius vigilat
Et scirnus, in inaiius ci dudisse Falrfm cuncta, qui per Eu-
cbaristiara virtutera manifestaret omaipoLealeiü.
Infinito Deo nulla mcnäura par est: cuiu» enim vis nuilis
limitibüs coarctatar, est abique. Sed bniuana Christi natura pos-
sidet immenaitatia partem: ezaistit enim totna £ucbari8ticua totia
in apeciebua et in aingnlia eamm partibne innnmerabiiibna qnoqne
nee non indiTidnis, nt band diviana pinrimia remotiaaimiaqne looia
aaaiatere qneat et» nbiqne ai conaecrari poaaet, etiam poneretnr
nbiqne.
Itaque Christue rernm salns Incarnationin artificiam eaera-
mento huo »cqnitiir, quo res attributas Deo uubilissima« oston lt um
extendit eius g-loriain clarissiino, divinum bonitatem ditlü!?ilem
complevit, et mediis in rebus creatis, qua« eduxerat ex nihilo,
aol Eucharisticus pulcherrimo resplendet.
2. Sed idem Cbristoa Euchariatiooa ipae, qnod perfecit, opna
Incamationia intendit ultra.
Incamatna enim, qni aplendor gloriae aignnmqne ratum anb-
•taatiae PatriB eat» eine est imago, eui pnriflaimo motna non com-
petit Ipeo Dens absque divinitatia mntatione ihctna bomo: aed
in asBumpta natura plures mutationes l'iiero. Ex integro nec
noo in tempore Verbam caro lucuim, quod est a Deo factum.
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2&8
De Cbriito EttdiArittieo,
lugantiir 4iinl(!üj extreraa, vinculo tarnen nullo, sed hoiniuis et
Dei reapse üt baec unio. Euoharisticus vero Christus etiam nunc
mutatur: Dam consecratione novam praesentiae modimiy qao mar
giB mutaretar, sibt prodaxit Catas bamaoitaa ip«a qnidem» qualis
pati nequit, est in saoraineiito, s«d omnes ibi matationes Mbit»
quae cum stata ooograunt iaTiolabüh aam oam panü et Tini
speciabQB, quiba« mofcus iabaeret» Chrotas moretar et ad aegroa
reficiendos manibna aliesia fertar.
Incaraationia caosa oonatat ipae dapUet tantam nafeara: aed
alia dtio nacrameiiti anat» natnra corporia Cbriati neo aon earam,
(j[ua6 mittati paniB crant, accideDtium.
Verbum i\t caro, nec convertitnr in caroem, sed idem, qaod
erat, mancuH per uniprcnam perBonain secnm caraem coUigat, et
manet i actum, quod uon erat, nec desistit esse, quod erat. Pani»
autero caro Christi corpusque fit eius nec manet, qnod erat, sed
in Christi corpus et oaniem vere converaiM eat: itaqae £MStaa id
est» quod non erat, attamen desiit esse, qaod erat.
Corporatum Verbam, quod hominis utimmqae natoram cor-
pore nec non anima apiritali oompositam feoit nnam com persona
diviaa» oreataram remm reparavit nniToraitatem. Sed onmipo-
tentis opifids artifieio creatae naturae corporam pania Tiniqne
totae Tertantor in Christi corporis et sangoinis sabstantias, qoae
iam snbsistnnt in divina Verb! snbstantia, onm Christas bomo ina>
teriatus sola Filii divini persona sii; nec solum compositum panis
illins ipsum, sed utraque pars eiu« ita vertitur, ut omnia desinant
esse, quaniquam non redignntur in nihilum, lamvero Chntsius
hae mutaliune non producitur absolute quidem, sed tarnen re
Vera fit ex intcgro, quia novo modo, quo substaatia corporis
instar spirittiB habet, hic oonstituitar.
Christus igitur oorporatns homo caroque factaa eat: £aoha-
ristieos inanimam qnoqae nataram materia laotam coaTeraione
iota miraqne reddidit diTam.
Atqne per mysteriam prias acddentia aiagnlaria bamaaae
natarae oam persona Dei aant anita diyinaqae gandent existentia:
per alteram Tcro saoramentom, licet acoidentia panis et Yvai non
cessent esse, tarnen haeo ita cnm Deo conianguntur, ut £ucha«
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D« Chritto Bochtrigtieo.
rislfeani prieranteni yere conUneant. Itaque noro modo prin»
noii Ui^itato Christus rebus cum luiDimiti, quae non sunt, sed po-
liuH insuDt in altera tantum re, Bponte saa duris vinculis cod-
«tringitur.
Priore sacramento cuncta natura Serratoris humana fit di-
viDft» »ed integra »alva vereque remaiiet humaua: sed altera
oonversioDB eolae siibstaDtiae oorpomro penitiu in aliud tranaennt
ao desinant esse, quanim prorans aocideDtia sennbnB peroipienda
penaaneDt integrae aalvae veraeqoe apeoies perditoram oorporom
aenanaqoe noatroa affioere pergnnt
Incar&ati Chriati persona oomponitnr ex dnpUci natura, aed
Bncbariationa cum corporeie acddentibna nnitnr nova praeooniia:
qnae oompoaitio rebus ex disaimilioribns fere maioria bumititatta
atqne demiBmonis quid indicat.
liicarnaii Verbi Balutaris huniaüiias est iustrumoniuui, quo
divinitas agit, (juidquid mirabilium t'acit, et quaecumque valorifi
infiniti producit opera. 8ed per EncharisLicam conversionera rai-
Dima corporis uaturaÜB accideotia, quae romanseruDt, digoa sunt,
qnibus et lacaroataa ip»e divioaque maieakas eins iaatrameotie
atatur» Qoare speciea Cbriatam contiDentea, qnae Balaberrimos
offootaa aapicientibos et iangenUbns re Ter« praeatant» adorari
cnlto divino fas est: nam de qoo Tirlna exit^ «na vel fimbriam
veatimenti tetigiase aat est ad salntem aperandam.
Verbnm Patria divinum yerbo Virginia obediena bnmano
caro fit; nam Virgo melias ominata: fiat, inquit, mibi secandnm
Terbnm tonm, qnae «nbito virgo mater est de Spiritn Sanoto
faetaa Dixit aeternum Verbum priu» fiat, et cuncta de nihilo
creata sunt: quod idera tempore Vir^iuie ülius ex integro lactum.
Priraus ipse pastor almus verbum consccratioTiis lo( iiius sibi prae-
sens iterum f'actus est EucbaristM uh, nuum corpus in manibas
talit, aluit se semetipso vere, qui verbo qaoqae aacerdotia aab-
ditaa in sacramentum proteuuB venit
Tantä Verbi dignitas et amplitudo, qnod oreando rem sacram
ani corporis inbnmanationis ardnvm aegotinm coanimmat perfioit
peraeqnitor.
260
De Cbriito Euclutristieo.
3. Qtti plus InoaroationU iDtendic, oonditor Enoharistic»
extendit ad plares quoqae miracnloD Blapeiidam.
Semel enim pro nobit omnibn« incaraatos atqae passns «at:
Kucharisticus autem loties cum »ingulis omnibus lugatur, qaotiei»
sacramentuüi bujuunt, qui vcre portaiu n corpore Chrisliim.
IncarnatUH hoiiiinuui naturam communem secum coniunxerat
tactuB hoino siugularis: singulos homines Eucharistiou» »ecum
oopulat homo factua uoiverHus, vindex generis totioa.
Ad alteriua eniin penonam venit, quam aibi nexu. corporis
obligavit» ut usam rem moralia ordiaia arcta coDanelndine crearet
ex 86 dileotoqae.
Haec amioitia perfeeta, quo Dihil iDtimiaa excogitari poteat:
ipsB ae auis dbum mentia corporoum praebet, quo religioae an-
meotia aDimum divnm conatituat et myattoum oononbiiim coa-
iuDgat. Quisquis igitar Enchariaticiini Chriatam peioepit» eCfidtor
Christus alter,
Sed cum salutis uuctor suis 8e colligaverit, ii quoque, qui
parlicipoB eius fueruot, inter se phis plusqne vinculis düectionis
tbrti88imis iiniuntiir. In inultos igitur ipae crescit atque corpus
»ibi Dovum parat, cuius nienibra veri ChrisLiani formaüLur. Et
caias vivum corpus^ quod comeditar, aou miauitar, taioea divua
comea membria minaitur, qaae corpua etaa edere negliganty
getur Tero, dun mandltur a fidelibaa aervia.
Fru^fera vitia Ettcbaristioa, qaa Dei viTa fertar Ecdesia.
Unna Dana et unaa idemqne Christiie» qni ciboa uaoa nornm
ooipua animat, ad qnod fonnandotn oorporatna est et Bacbari*
aücna extendiiur. Cniua aummae locietatia gratia Dana Aomo
res olim geataa in terra hoyo Tivendi genere per eaeeola rapetii
stabil! namine Concors.
liaque qui rerum priucipium finisque, medium quoque cuucU-
runi, quas unigenitus Dei Filius in unum redegit.
II.
Humaoa Christi Tita septem partiboa distiactis, octava qua-
rum Tita Tidetur aetema, qoasi Septem sacramentia absoiTitur.
Qui conceptQs in matria sinn commoratns eat^ tum natua aequaevam
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De Christo Eueburlttico.
nobis infaniiam «aoravit, deiiide Nasaretbi cum familia sola« ab-
sconditua, tum prodiiL in publicum, porro passus eat et ad inferoü
quuque degceudit, et cxisiens a mortois ad asceusionis usquo
triumphum man^it m terra.
1. Cntus divinita« est de coelo, naturam sumpsit hnmanam
corruptione purgaudam. Corpus igilur humanum de inatoria lor-
matam foit, ut ipea natura per aseamptiooem curaretur. Qoi
vero de coelo terrena oepit accidentia, panem viniiiDqiie eibl cum
formit eoroin proprüs et inkimia e materia tfanssubetaattavit.
Qtti QDDditione naiarae fuerat in utero corporis femiuei, sed
aVirgine supra conditioaem oonceptus erat» idem naiuraÜbus in
aeeidentibuB saoramentii quod verbo supra conditionem naturae
perfieitur, ooram sistitur.
Cuins corporis concepitonem tota Trinitas peregit, eius Eu-
chariwtita quoque consecraLio totius TriDitatis elficientift oj)U8 est;
sed I)ei Vatrift virtuft, quao ChriBtus est Filius Dei, per sanctum
bp<nLum, qui Filii Spiritus ip8e, tbrmavit sibi corpus humanum,
quod ubHumpüit, idemque Fatrin Filius pauem, quem vertit in
suum corpus Eucban^üciiiu, per Spiritum iSanolum cousecrat
Ipsa vero corporis Domini conformatio sine mora fnit uno
cODceptionis nomento purfecta: panis autem vinique conversio
Terbia ooosecrationis prolatia statim tota perfioitnr nullo labentis
temporia motu.
Verbum Bei per animam corpus assumpsit, sed animam per
intelleotutn; quare corpus Christi iam primo momento conceptus
anima rationali toium fiiit asimatum. Conyersionis autem totius
primo momento iam snbstaotiae panis et vioi transeuot in Christi
corpua tjt sanguinem ■ quo facto reliuquuijLur acciatsüLia, quae
^acramenti lantum gratia ratiouoque cum Verbo componuntur.
Caro Christi conccpta nimul erat aasumptaque peuitus a
Verbo: corpora, quibus utimur ad sacramentum conticiendam,
simul etiam conTeriuniur ac per boo omnino cum Verbo iugantur.
Quae quidem Christi conceptio corpommqne traossubstan-
tiatio Vera miraoula totiua naturae Tires auperantia sunt effeota.
£i primam vitam post oonceptionem Dei Filius homo per>
feetus atque beatus in tenebris ventris matemi d^t, nec yelatns
De Christo EuebBristieo.
Kucharisticus in gremio «pecieram caliginoso vivere nobUcuiu
recueavit.
Mater pueruluin sub corde gereos omni lesÜDaüonö prope-
ravit ad £iiaab6th in montana» at tpsa Balulato Christas illomi-
narct praecursorem noodum natnm, et exitHans Uetitia ceciait:
magoificat aaima mea Domianm. Et lomima aetenii mioittei
aaotorem certae «alntift Eaeharisticuni favente Bei geaitrioe feit
ad illamiDandoB eos, qui sedebant in tonebris et in mnbra morti«,
ut Domionm com matre magni fttciant
Quae mater expectabat summo cum desiderio partum, ut
sibi fiiii facies ostcnderetnr, cni »uiuendo pü])uln8 christiasus, Dt
eiu8 vultu satietur, de8idfi-iiis praestolatur quoLidie.
2. lufäDtis aetatem primaevam Christus Eucharistioas rediit-
tegravit sedalo.
ITain vare natus «ae laesione doloreque matris yiigiB»
praeBto qaoqne Baoramento fit nnllo de coelia egredieoB mots.
Betblemae genitriois aWam reliqoit» qoia domuB paaiB oppidoD
dioel»atnr: ipse vero se panem ▼{▼um, qui de coelo deBceodtl,
et dizit et feoit.
In oppidulo peregre natus, qui per huraanitatera, quam suani
lecit, in aliena natura generatus erat, et in aram prodiit humileiu
sub aliena specio latus.
Idem ClirihtuH bomo nobilis abiens in regionem longinquani
pauper egebat io deversorio, nt mansiones in domo Fatris sm
nobis iDaltBB praepararet: egeoB amoriB EaohariBticas iogreditor
iD devenoriam noatraaii nt in nobis sib! cum Patre oondtt
aeternam nanBionem.
HiemiB asperitatam selegit, nt pner reoene natoB earniB af*
flictationem pro nobis pateretnr: qui frigore cordinm DOBtrorom
vehementiuH aduritur Eucharisticua, ut inilammet ea suae oari>
tatis igne.
Pusiius in jiranbüpio, quo pabula gregibus suppeditaotur, io
altaris tabula pascua suis ovibus ministratur.
Omuipotens Sermo faotuB infons Bine sermooe oabaos in
cnnia flevit: io aris Verbam caro faotom aine motu oorporis ac
Bine Yooe rnrana iaoet impotena.
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De Chriilo EuebartotioK
263
Qni diYinitatem reooDdidit in praesepio, Tel bomanitaiem
McrameDto celatam reliquit
Ibi iam oomprehendeDB aniroa divinitatis esncDtiam Hciüntia-
que plenus occultavit. cuacta: pati viucique nescius ac beatisBimas
bio nihil oBleodit gloriae, in quam sumniam venit.
Filins Virg-inis in Hede napientiae lactens mundum provi-
dcntaa regit, qui pro gratiis distribuendia ia Eucbariatioo aolio
nuUris Qtilur aapieokia.
Ibi loaeph, qoi propina aocedit ad vioero Patris, nutritiua
corporis adest, qaoiii patronam nyatici ani oorporia idem Doroinna
conatiiuit Enohariaticiis.
Adoratom Deom oatnm gloriati auot angeli, qoi miniatraoteB
Eoohariatieom ciromnataiit, et cui eoli regi aerrioDt, eine aaora-
menU Tigilee eaatodioot
Obriati primna adveaiaa ad omnium aalntein fide parandam
debnit occultus esse: sed et alter adventue Eucharieticuw decuit
dandestinus ad meritiiiu fidei pronioveDdum.
Selectis aut» m npectatoribus, per quos ad alion devüüiret,
pner natus manifebiandus erat, qui fidis quoque testibu», ut reli-
quorum fides roborotur, Euobahaticua paodiuir miraculis.
£t ortus oatensi muUiingea arbitri auot ex omoibus homimuu
condikiooiboa elecii, qui aalutem per Eocbariaticam Christi prae-
eentiaiD ad omoia mortaliom geoera penreotDram praedioereni.
Paatorea qatdem aimplices Tileaqne lodaeorum primidae fliere,
qnoa adTootiini regia ab angelia edoceri ooDgroit: magl vero
aapieotea potenteaqne gentium primitiae atella dnoe veoorunt ex
orientaKboa terrae partibna, nt orientem enpra natnram aolem con-
aalotarent fideliter.
lllos apobtoli saucLisöimi geutium pastore» et plurimi doctoreft
Ecciesiae, quibue arcanu ChriHti revelautur, ßccuti sunt: iKtorunj
vestigia reges ot prinoipeb numen Eucbarittttcuu) veueraute» ser-
Tare pio »olent.
Adoraverunt illi confeeeione Mei naium, quo« martyrea
Encbariatiae fidem profitentes aequaverunt iroitamine celebri:
qoae nranera tria contolerant iati, diligentor ab Eecleaia myatieo
freqnentantnr more.
264
De Chriilo Eucharittico.
Aurum uata regi, thus iocarnaU) Deo» myrrha patieDti lie-
paraloris haoianitati saot oblata.
Prirnnm quidem munus eapieDtiae virtutisqne com Üiesaaris
regom regi colendo tribuitar Eacbamtieo; «ed alterom crebria
cnm precibos offert reoondito Deo sacrameDti religio; terünzn
▼eio GhrisU) confernnt in cruce peDdenti, qai eaaram caeüe or-
Dandum moribuB faeiunt absqoe crnore.
Olim quae manera synagogu ferebat, luiuen, quod omen fidm
oensetur, et odorcä acccusos, quibus amor notatur, et panem,
qao spes »ig-natur, a magis iubtaiuata 8unt: qui pro lumJno cor-
poreo dtideruut aurum eapientiuu pleDiom iadicium^ thu» vero
signam caritatis peruaneDtis variare dou debueruat, sed myrrham
epM causa fortioris ex poenitentia tactae oumalaTerant. Ei aoio
qaideiD solemiiie ritue £ucbaristiam oelebrat, quae mereatia
amiimi nominie adoletur thure mascnlo ooUtorqae etillata de oor>
dibna contritie myrrha.
Magoa ad praeaepe iidus addoxerat tneolitam: »pleodoie
fidei magistro duceqae Stella loaris Maria fideliasima cultorea
EuchariBticam Dominum quauruut in cclla.
InuoceDtisbimus autem parvus circumcisuö esi eliubu san-
guino primo, qui somitur a fidelibas et a salvandis bibitur
epiritu.
Etiam Domioe Jeea, quo duloiue nihil hominibuSi nihil apud
Deum Potentine, nnnonpatue est» qui saoramento salTUt omnee.
Deo puerulus oxhibitue in templo, qnl templum elbi Deoqoe
maiuB oonetruxit oblatns coneeoratione^
Ab Herode cum matre per looa deserta fogit ad Acgyptioe
impios, cuius Ecclesia recondeos KuchariHticum Dominum pre-
mitur a diabolo, sed qua terra patet, diliuuditur, ui ad Jülariae
üUum convonatur impias orbis.
Et remao8it puer Jesus annoa duodecim natus Hicrosolymia,
quem pareotes in templo sedentem medios int er doctorea inve*
nemnt post triduum. Qui eum dixisset, in bis esse se, quaa
Patrie sui eint» oportere, remansit Euchariettciis in Ecolesia Dei
reperiendue inter medios eios dootores, qnoe de mysterio eno fecit
certiores.
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De Christo Euebtrittieo. ft^b
3. DoBcendit ankern cum parentibas Kasarethum, qaibns sab-
ditus, ut proficoret, vitam privatum per uuuos octodeciui duxil.
Et mater eius oiunia, quae locutus erat, verba couservabat tu
cordü. Qua« tertia ]uirs abscondiia vitao Jesu resumitur Eu-
charistia: quasi privatus cuim per saecuia reoonditur hic proti-
ciens apud bouiues aetate mandi gratiaqne. Qualis ctiain ino-
ratur in aede matria Laaretaoa, quam düexit uaice: nam Verbom,
qaod ibi caro factum, matri snbditam portonU doq desUtit per-
petrare.
Qui silentio Kasarethi solos oravit manibusque labomit
pareDtibmi obediens, solus quoque tranqmllis silentiis Eacbaristicis
pro nobis precatur et alliciendo peecalorcrt aleudoque laborat
obediens pareutum votis, ut absconditae cum Christo vitae fami-
liaris in Deo capiumiiH excniphim.
4. bcd Christus anoo trigesimo vitam pubUcam ttuscipieDS,
coias breve spatiam complevit operibus immortalibas, a Joanne
bapiisatns ea, qaae sant Dovae legis, ieioDua et tentatns io-
choavit, primnm tone orsna doeere neo non praedioare, Similiter
Enohariatieas cum baptiaatis ieiaois et tentatis asaidoiasime ver-
sator. lledius eaim yestram atetit, qoem tos nesoitis, Agoua
Dei, qnt tollit peccata mandi, perfioiens le^^em novam.
In mimduiu vemt, ut tuHtimonio vcrltati perbibito Hbcraret
hüuiiueä a peccatls, qnare familiariter iis utebatur, ut acccssus
ad Dcum per ipsum j)atüret. Js'equü solitariara tantuin vitam
traduxit Eucharistious, sed ruguuiu Dei praedicaos io publicum
processit, qaocum publicani quoque peocatoresque disoambebanU
Neqne vitam auateram maloit agere, aed adoptaos ipse eoosu-
etadinem nesttae conaimilem, faotas omoibaa omnia, pastor ad
OTea perditaa misaus, nt acoederent ad eum, dedit hominibus
fidaciam.
Christam in terra quidem paupcr TiTendi modas officio prae-
dicationie cougiuus dccuit, ut nos illiu» inopia divites essemus,
cuius sola divinitate corrigerctur orbis ttnruium. Qui pauper
Eucharisticus pulcritudmo, maiestato yloria relictiH documenta vo-
luatariao paupertatis, quae maximac videtur humiUtatis iadicium,
sab yilibua apeciebus dedit praeato.
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De Cbriato Eucbamtico.
Omnia legis saoratae pneeepta oapeMiTit, ut aactor ipse
legem yeterem conenmmarat in se, reliqnoe autem eerritio libe-
rarety qai ne summo qnidem sacramento eonfieieado neo non ad*
miniBtiando praecepia ritoa doti salataria aoWit
Etiam miraoula dootor ezcelleatissioras edidit, ut Beoa in
eo gratia non adopiioDis quidem eed nnionis esse raaaifestaretor,
et ut doctrina divina confirmaretur , quam roaximo sacramenti
prodig;io probavit, imo supcravit. Snd initium signorum fecit
IcsuH nutu raatrifi in Canae nnptiis aqua versa melius in viaum,
cum maius sui corporis praenutu^ii aret ostentum.
5. ChristuB passus est pro nobm, Tobis reiinquens oxeroplum.
Cuius labores duri, qoos pertulit, efe iaiqui oasus et aoerk»a sors
Eaoharistia quoqae stnpeodo miroque modo reaomantur.
Eteaim ligno se sinens afÜgi restitait id, quod primas pa-
rens contra mandatnm Bei capiena pomam ▼atitl Ugni anatoleiat,
et obediens ad mortem Fatri ftotna EncbaristiQam ftuctam Tel
dnlciasimam crncis ex arbore carpstt
Uui positas aram saper cnieotam de Kgnis fiMitam, qualis
odoribos holoeaastomm Toteram maltis fumabat olim, eolo cari-
tatis igoe combustus est eodom, quo »acrificiura euum cooBum-
matur adhuc incruentum. Sed qui sublimia in crucem celsam
snblatus est, Eticharisticiis ad se trahit euncta. Nam mors Do-
raini verum »aenTiciiiiu, quod sine sanguinis effumone repetendum.
Nccom vero Christi, qua separalur aniraa corpore, separatio cor-
poris et saaguinis Eucharistici conseqaeas yim verborom saoromm
rei memoria rcpraesentat
GaiuB divinitas patientis ne morte qaidem diseriminatar ab
anima neo corpore neo aangaine, sicnt nee diTinitas neo aaima
relioqait Eucbariaticum corpus atque eangainem.
In mortis anlein tridao Christas neu erat homo, qai pote-
state Yerborum consecrante conetitnitur non bomo, sed solnm
corpas et sangats solus, qnae nee viva nec mortua, sed aibii
uisi morum corpus mcrusque saoguis Domini praesentia sunt.
Tum sepelierunt eum , sicut mos est Judaeis scpclire: sed
cut consepelimur ia mortem, sepultus est accidontibus Eucba-
cisticis.
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De Christo fincharistico.
267
Involvenint Bindone munda corpus Jesu: lintco mundo
corpus operitur Eucbaristicum, quod para potius Buacipitur mente.
In borio sepultos est, qui morte »opuUaraque saa noa a
morte libera?ii, qua mnltabarnnr io horto parentia Adae, naao
sntem doroiieiis in horto roperitnr Eucharisttco.
Habitatione mortis alieoa reoonditas, qni pro salute camns
est aliomm, residet Eaeharisttoiis aedihos in alienis.
In Tita qni domo oarait^ etiam post mortem panper in alieno
sepnlero ponitnr et nndns a Josepho cooperitur: qnem panperem
nndomque snb aliena speote compleetnntar amatores Snobari-
&»ticura.
In noNti iuonnmento positiiB exciRO de petra, qui novissimo
quoque cuiumittitur, quod miniater ope coosecrationia e dura cor-
porutn mat«^ria pic sculpsit.
Cuiuä advolvilur ostio moautoeati aaxum magnum: nam
praeter Ettohanstionm sponsnm nihil in pectns nostrom licet pe-
netrare.
Oportet igitur omnia, qnae eirca oorpns Jesu sunt, esse
mnnda nova magnaqne.
I^eo Domini corpas aoima cassnm pnWeri sordido miseeri
potnit, qnod ad Tirtotem divinam monstrandam non est oormp-
tnm: enios ne resolotis qnidom speoiebns £noharist!cum oorpns
nec pntrescit neqne cineri miscetur.
G. Tandem Christus ad inlerua loca descendit et sanguinc
testamenti Hui äuos du carcere vinctos cmisiu Cuius anima nec
gencrc luolus eo, quo Corpora, sc i jxjtiiis quo spiritus puri rao-
veutur, ad inieroB desilüt, eiuH qiiO(^ue corpua ^iorioauni Qullo
> genere motus io sacrameotum deiabitur.
Ipse vero Obristns in sepulcro totas et in inferna quoque
sede totns erat et nbiqae, qui totns in saeramento, imo totns in
panis atqne totns in vini speoiebns.
8ed cnm partes infimas terrae penetraaseti statim piornm
cnpida salntis agmina Ince gloriae perfndit^ qni corporis sni pia-
cnlo Inentes animas igoe pargatorio sohit
7. Traditns propter delicta noetra resnrrezit propter insti-
ficationem nostram. A mortnis exstitit et per quadragiota dies
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368
adhuc cum suis mansit: revocatus Eocliaristu us novo praesentiae
feuere dux itineris per loca riescrta cum |K)pnlo sno manebit ad
saeoulorum finem.
Cuius corpus et auiraa viribus uaturae creatae propriis ite-
rum sccum coninngi non potoeroot, eed divioilate aaa potins
Cbrwtus ad vitam revocandus erat Qood corpas per nnitam
aeoQiD diTinitatem rmiimpait aoimain» quam deposnerat, et anima
pariter oorpna» qood dimieerat Itaqoe Chriitna ipae aoae resnr-
reotloDia stapandad cauaa» qni coiiTenioneiD noa mioai mirabilem
panie ia proprium oorpua et eaagninem viribus suis divinia ita
prodacit, ut, quae oonaeorantur, corpus et sangnis se praeaentia
mutuo petaut.
Quod Christi corpus post resurrectionem luit verum corpus
eiuhdem naturae, cuius prius fuerat, et integrum gloriosum cum
ipsifl qiioquo vulneruiu sacrorum ciealricibu» oxstitit: quod idem
vigens exhibetur fiucbaristicum nobiaque cooservatur.
Iii.
Homo Christus Jesus unieus inter horoioes et Deom medialor
est ipse via veritas vita: nam quibus doaa Dei distribuit et leges
dedit, et pro quibus de Tisceribus suis satiafeoit, ipse rex et
doctor et pontifex torbas mortalea cum Deo coniunxit
1. ünctus enim nexu cum Verbo Dei mirabili, qnocum vere
Teoit in unam persooam, regnabit iu domo Jacob in aetemum.
Qui Christus Eucharisticus idem reliqnos omnea ▼ems superaTtt
impenitor.
In quem Deus, quidquid potestatis atquo di^nitatis hominis
natura capere potest, ample contulit, Eucharisticus ipso, quam
sauguine suo l'undavcraL Ecclcsiam rej^it et ah hostibus tuetur.
Justus et clemeoB iu regno praeest, cuius memhra vitali
gratiae divioao rore rigat, qui verus in mundo Deus abscon-
ditus regoat Nam sacrosauota transsnbstaDtiatione dominator
rerom summua probatur atque aecnm consortes fideies in sode-
tatem pacificam, cuius ipae snmmum bonum, fida congregat manu.
Qui commnnione sui corporis ao sanguinis vivi coenatoo ho-
mines, in quibus ipse caput Tivom Titamque prodncena baeret.
269
iu diva inaioriH sui corporis m* lubra vn tit Quo fncto divina
virtuB angotnr, Chrhtns allus crcHcit, divmitas ad sanctos ho-
mioes extenditar, et hooore Dens nnn» trinusque oolitur Bumnio.
Kam famiiia ereatoris reconoiliata per Eacharisticom regem com
Patte, eaiua olim patrimoDittm prodiga diaaipaverat ipsa, Spiritu
qooqae aanctiasiino misso repletar leoitttr pacatnr.
Itaque Christas Jesus Bnoharistiens rex est et aogetornm
svoram» qmbas gaadio Yisas esoa faotns est» et ▼etemm quoqae
patmu» qQibns idem panis spei fnerat, qni redemptos sataiat
▼nltn.
Q,ai rex est apostolornm suorum, pro quibus amicis eifaderat
animam, ut fundamenta rog-ni pcronnifl «uper Eucharisticum lapi-
dem iaoerent tortPH in bollo constiiuii terrae principe«, in quam
SOOUti cxiit ponim praonunliaDa hiborern niaximnm Del.
Et idem rex iDartyrnm, qui vitam muüdi coulempserunt,
oorpora sua propter Deum tradidemot ad sopplioia pro Christi
nomine morientes, et in amore fraterno perstitemnt: una Semper
mens omnibos fait et nna fides, et nno pane fortitndinis omnes
roborati snnt
Qni rex EncbaristicDs coDfeesomm servornm bonorum fide-
linmqae laodatnr, qnos insios per vias rectas osteoso regno Dei
dednxit
Virgionm qnoque eponsamm sapientiam et prodenliiim rex
generoBQs: in quibu« enim Dens, cam rigilantes iovenerit, soliom
öibi posuit, eaa pcperit Eiicharistictira vinum.
Et rex magnuH oiUDinm sanctoniin, quorura viam novit ipse,
cnius calicem bibcrunt amici iJei facti : üam populut» est appro-
pinqiians ad eum: quae gloria sanctis omnibus, qui fratres con-
sortes te ooofitentar coooordibus aoimis, o beata Triaitas, o nna
divinitaA.
Ut antem rex in regno plaoida prosperitate iavetor, ad din-
tnmitatem dominatioaia expedit, ei credi nee non enm dib'gi:
aed nemo maiore princeps amore dignas, qaam qni faotas Eu-
oharistieos adeat^ nee magis oai creditur qaam vero veraciqne
Deo, qui sola Ade oogooscitar regnm rex omainm praesens.
£t amor Euoharistioos, qni taata passns est, orbari spooso
270 De Chritto EiwfaArittieo.
800 enara non patitnr Eoolesiam: nec nauta diTiniw abest a
Petri nave.
2. Houiines illi, qui viderant, Jesum muliiplicaUs panibuä
Biguum fecisse, dixeraot: hic est vere propheta, qui venturus e»t
ia mundum.
Itaque qui pastor udus generali refoctione popuU fidelia, idem
magister unu8 immittendo cogoittonem.
Neo qai docere debuit omnes et illamiaare, TemiD doout
aliud a te, aed aemet ipsam Teritaüa pLeDuin.
Qiiod Vorbum Patrts bomo faotnm noa omne Ternm verbo
docait, imo dooet axemplo factum neo fiotmn aanotitati« examplar
ipaum.
Eudiariaticna igitor doctor, qui lux muudi foit, ut omnam
Bei Tolontatem demonatraret, ipsiua Baorameuti miraoulia nniua
trioique Dei vestigia luslravit.
Quod opuö idem diviuae polontiao philodophiam quoquü na-
taraleni lucide declarat, declaraUui probat, probatam perficit^ et
aciem doeiliH ingeDti supcrat atqiie cogaitiooem lueoUa ädelis
ipsam Bupra oaturam fortiter eievat
Cbriatus enim aoa £aobariatioo8 docuit, ab accidentibaa lai
subBtantiam diflfere, qua» remaaeant altera aublata, nee Tim ae*
paratis eia inferri,
Edooet tum, quaramoauque rerum mutationem Dei potentiam
non exoedere, qui, qnidquid rei oraataa ait, in aliud mntare
poaait.
Inatroit deinde signo oouTeraioiiis mirao^ naturam oerporum
duabus substantiae partibus coii)])oni, quibns invicem coniunctis
uuuiü corpus naturale lial uou ma^aum vel parvum quidem, sed
aptum iiiaguitud im nec non epcns eadem. Quid extensa magni-
tudo Sit, ac quoiuodu ceLeris ifi qualitatibus öubiciatur, etiani
traditur, cum corpus verum JDomioi sacramcDlo praesto sit ex-
teosum, quod tarnen in loco apatii, quod eo repleatur, aon ex-
siatat.
f raeceptor Bnobariaticua etiam rerum maximum demoostrat
otdinem diTimiua inditnm mnndo^ out praeeat ipae, qui fecit» neo
anbeat» qui vel agere praeter illnm potia videtur.
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271
Fhiloeopbns antem dmntssinraSy qoi res natarales facÜB
mysticis deolaravit, et moreB ancU>ritate sumina praeoepit et
«nnotas Tirtntes exemplo coDfimaTit hnmilitatiB et demiwlonis,
caritatis et misericordiae, institiae prudentiae pietatis et religionis.
Bed qui, qao nos erudiret, opus arto ma^stra maximus in<
venil, ipse mentes mLciiLirt lUumiüaL euruiu, qui sacramento suo
öupplieitor utuDtiir: in quo speculo cultoree Eucharistiri ('hristi
Deum cogDOBcerc perdoceutur , ut eum, cuius ipai specuia facti
mnt, ita post vitam mortui em, sioat est ipae, specalaterea im*
mortalea videaat et beate Yiyant onm pace.
3. Etiam sacerdos ia aetenraiD seonndam Melchisedeeh regis
ordinem ChriBtas creditar creatoa. Omnis eaim gratiae dmnae
capat est Ipse, catas samnram ins poatifieiam plenis in gratiis
coDsistit, Qui pontitex fiUurorum bonorum per proprium sangui-
nem äemel iutroivit in eaocta, ('hrititus est una victiiaa propter
«iiogulare pretiura nostrfie redemptioniH.
Fidelis igitur sacerdos venit» ut voluatatem Fatris t'aceret,
dedit se pro mundi vita, Deam Tero, oai rigore iustitiae satis-
fecerat, per sacrifioium nobis propitinm reddidit £t ioge saori-
ficiam, siae quo nalla religio, flamea Euoharisticua ikoit Inte-
riori vero nota meatibns iraprossa» qua diviae coltoi maaeipaatur,
reliqui sacricolao partem captnnt illius saoerdotii: quo munere
destiuantiir. uL uiiDiHterio, quoLiub voluerint, consecrationeni faciaut.
(Jhrif?iuö autem ■^)rincep8 offert in propria Hjuicie wacruiii,
qui sub sacramenti speciebus res vat oblata. Qui cuasecraliooe
aoa destraitur aec mutatur, sed victima ponitur et oßertur: sed
eamptioae sacrum eoDSummatur, qua Christas sub speciebus ooa>
tentus et immutatur et ia saerameato desiait esse.
Quo sacTo piaeulum crucis comxaezaoratar, eo quidem aos-
ffiettpsi Beo Triao perficimur aeteraum muaus. Nam taatae
sauctiiutis haec ara Christi, ut in ea Spiritus Dei sauctus et dona
po})uli 8ui sanctificct et coruiu corda, qui Chriatum sumunt Eu-
charisticum. eomiLer emuudet.
Itaque per Eucbaristicam sacerdotem, quos expiavit, etiam
conBummantur, ut homiaes Dei aec aoa ia ipso Christo maiores
hooiixies efficiaatnr.
J$MnA Ar Fhllotopliie ele. Vh is
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272 Beitrage zur Geschichte der iieuereu Philosophie.
Ave rex Eucharistice, salye magister uoice» pontifex esto-
nobis in omne tempus aalutatas.
' Te diUgimi», impemtorom te facimiw, ImiUri te Tolanw
onmes.
Ta pater, amious, tu vero princepe, Bolnt dig^ua et forti»
et msttts et boons Jeans. Jo ta boIus paeter almna alens aüoe
tao oorporeu
Ta generia humaiii aingalaria amor et ingena dealderiam.
Exemplam militiae tn quidem, qoi praemiam qaoqae ykslD-
rum; imo tu nostra victritwi. iimaclum vincis.
Tuere nos, tuere reiupublicatn; nam bcnu tibi committimns»
quos aule serviisti, quo« nemo praeter -te soluui valet saWare.
Mirabilis enim, qui solus mirabilia facit ChristuB, unibri-
terum Bacrameotum coadidit> quo sol Eacharisticus radio« hu-
manitatis divioae, oe niroia oorusceDt, snaviter temperat.
Aat in ambraonlia eiua, quem deaideraveram, aedi, coioa mihi
ooeleatia fraotaa eat dnloia.
Ergo non ampliua in tenebria et io umbra mortis capti» aed
tUostrati potins hoc orto aole com viatoribaa in itinere frogem
Titae comedimaa, ut Tictorea in patria cum beatia angelia Ticturi
lamine fraaronr ipso.
Qiiod admirandum creditur, est mirabile credita; non est et
laudis abunde, quod non percipitur mente: sed oia^is miruin nihil
omnipotenti Deo.
»p<^(^^
BEITRÄGE ZUR GKSCICHTE DER NEUEREN
PHILOSOPHIE.
Von Db. G. GRUPP.
4. Her hart.
1. In Band V dieses Jahrbuches S. 223 ff. haben wir aus-
einandergesetzt, wie Herbart die ratiüualislischen Momlprincipien.
welche Kant alle verwarf, zu einem zusammenstimmenden Ganzen
verband. Er stellte das Princip der Gerechtigkeit (Hobbes^
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Beiträge stir Qcsehiehte der neueren Philosophie.
273
GrottQ»), den Wohl woUena (Smith), deryollkomiiioBheit(Wolf)» der
HÜtUohen Freiheit (Fichte) neben- und übereinander und bestimmte
ihre gegenKeitigen Verbältniese nicht nach logischen, Bondern nach
nRlli» tischen Gesichtspunkten der Ordnnnfr. Die Art und Weise,
wif er jene Principion in ÜHtluitische Foiravorhältnisse umzu-
wandeln weifs, ißt seiir ^-onial, aber im (irnndc genommen ebenso
vcrreblt, wie seine Verwandlung dos Geiöteslebeim in einen ma-
thematischer Berechnung zugänglichen Mechanismus.
Aaf pädagogiflcbem Gebiete hat die Herbart»ohe Philo-
sophie Erfolge erreicht, wie sie keinem neueren System zu teil
wurde. Bio Terdankt dies nicht so fast dem Umstände, dafs sie
d<;r £rziehung und dem Unterrichte den denkbar gröfsten Eiu-
dufH auf Anschauung und Charakter zuschreibt, als vielmehr der
eing-eliendcn Liebe, mit der «ich lleibart den pädagogischen
Fragen widmete. Dadurch hat er viel nachhaltif^er als sein Lehrer
Fichte gewirkt, der zwar auch dvs Erziehung'- den höchsteu Wert
Seilest«, aber in seiner Unkenntnis und Mil'saehtung der realen
Eiuzelheilcn und der beschränkten Ziele, welche die Wirklichkeil
erträgt, phantastische Forderungen und Hoffouugeu aussprach.
Unter den von Uerbart aufgestellten Eniehungsprincipien
greife ich als besonders wichtig eins heraus, nämlich die Viel-
seitigkeit der Interessen, welches den Unterricht erwecken
soll. Dieses Princip serlegt sich in zwei, in Vielseitigkeit und
Teilnahme. Der Lehrer soll vor allem Ttiilnahmc erwecken.
Es haudcdt sich weder in niederen nncli in liiifu-ren Schulen
darum, dul8 ein bestimmtes Qnnntum des Wiböuus erzielt wird;
viel wichliper ist dieWeckung- geistig^er Strebsamkeit, einer von
Lust und Liebe crtuUteu Teilnahme au den geistigen Gütern.,
von denen ein jeglicher Unterricht nur eine gewisse Vorahnung
geben kann. Freilich das Examen am Schlüsse eines jeden
höheren und niederen Unterrichtskursus macht es begreiflich,
dafs Lehrer und Methode zu quUlerischer Stofferfullnng zusammen-
wirken, hei dem Schüler die Aktivität lähmen und leblose Pas*
sivität erzeugen. Die Folge dieser anerzogenen Passivität ist
geistige Teilnahmslosigkeit, Htnraptsinn und Unbildung und die
Folge der Unbildung Intoleranz und Ungerechtigkeit gegen
höhere Debtrebungen. Freilieli droht dieHi» Gefahr auch dann
noch, wenn lebbat'te Teilnahme ohne Vielhuitigkeit der Teilnahme
erzeugt wird. Wo warmes Interesse für einen bestimmten Zweig
des geistigen Iiohens geweckt wurde, pflegt sich dieses mit einem
beschränkten Gebiet zu begnügen und das ist ja auch notwendig
und nützlich, sofern nur nicht die Toleranz und der achtende
Sinn für andere Gebiete verloren geht Das Detailinteresse und
IS»
274 Beiträge zur Geschichte der neueren Philoiophie.
dio beschrankte Meisterschaft mufs über in einer gewissen Viel«
seiügkeit des Interesses und Wissens ein Gleichgewicht fioden,
sonst wird selbst der Meister auf einem gewissen Gebiet ein
Barbar für andere Gebiete, und wird intoleraot, exklusiv nud
einseitig. Eiue gewisse V i c 1 t?e i tigk ei t des Interesses ist, daher
ebenso notwendig-, wie Teilnahme überhaupt. Wer nicht eine
gewibse Vielseitigkeil und Üeweglichkeit des (xeistes bewahrt,
die auch für Neues und Abweicheude« zugiiuglieh ist, dem fehlt
das» iutereääe au allem, wa8 über seinen beBcbiänklen Gesichw-
punkt hinausgeht, er wird ungerecht gegen andere und geneigt
za hlinden Yorarteileii. Wie viel Hab und Streit, Abneigung
nnd MirBganst erwächst daraus, dafs die Menschen sich so nii>
gern in die Anschanung und Lage anderer versetzen! Wie stok
und hochmütig sieht jene Sotfisanee auf alles hermb, was atli8e^
halb ihres Kreises steht! Und doch wie leicht ist jeder ge-
neigt dazu!
Es ist nun freilich ein schon theoretisch schwer za lösendes
und ein noch schw^iorigeres praktisches Problem, wie das Inter-
esse zu wecken und zu erhalten ist. Die Homiletik und Rhe-
torik gibt dem Redner die Auweisni^;: , wenn er anziehen und
für seine Ideen gewinnen wolle, inüs>e er lebendig, mannigfaltig
und schön d:ir«tellen, alles Abstiakle veranschaulichen und überall
die dem (jemiite z ugängliche Seite aufdecken. Ähnliches
gilt auch vom LutcrrichL, mehr noch aU ächönc Darstellung
wird man Anschaulichkeit nnd WKrme fordern dürfen. Wo kein
Zusammenhang mit den lebendigen Bediirfnissen des Herzens her-
gestellt ist, wird man Tergebens Aufmerksamkeit und Teilnahme
erwarten und erzwingen wollen.
Uerbart gibt einen andern Weg an, als den eben ange-
deuteten. Eine methodische Analyse und darauffolgende Synthese
soll Licht und Klarheit über den gegebenen Stoff verbreiten und,
was besonders wichtig ist, eine nach verschiedenen Richtungen
auslaufende Verknüpfung* soll den Stüft* in einen systematischen
Zusammenhang einreihen. Es war besonders Ziller, der diese
Seite der Herbartscheu Lehre weiter ausbildete. Der gesamte
Unterricht wird von diesem um Bystemaiische Alittelpuukle gre-
reiht, und auf diese Weise soll die besiehende Zersplitterung im
i'riucipe beseitigt werden. Diese Mittelpunkte müssen einesteils
das volle Interesse, welches der Unterricht erfordert, erregen
und wachhalten und andernteils einen logisdien Zusammenhang
und Fortgang ermöglichen. Man begreift leicht, dafe nur schwer
sich solche Mittelpunkte finden lassen, welche Anziehungskraft
und Weite genug haben , um auch die entlegensten Teile des
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Beiträge zur Geschichte der neueren Philosophie. 275
g'leichzeiti^ zn erteilenden Unterrichtes in lebendiger, log-ischer
und gemülliclier Beziehung zu erhalten. Wenn je ein Stoff hiezu
befähigt ist, m kann es nur ein religiöser Hein: das erkannte
Ziller wohl und gab denhalb z. B. den sechs letzten Jahren des
Volksachulanterrichtes je eine Periode der Oü'enbarungs- oder
Heitflgeschichte zum Mittelpunkt. 80 bat das dritte Schuljahr
die Patriarcbenseit, das yierte die Richter-, das fünfte die Königs*
seit, das sechste die LebeDsgescbichte Jesn» das siebente die
Apostelgesohichte, das achte die Reformationsgescbichte (!) und den
Katechismus zuro Ausgangs- nnd Zielpunkt dos gesamten Unter-
lichtes. Diesen Stufen voraus geht das Märchen im ersten und
Robinson im zweiten Schnljaiir. Ziller hat diese AiiMnanderfolge
der Unterriclii^fT*'g©D8täDde gewählt, um schon in der \ olksschulo
den kullurgeHchichtlichen Gang der Menschheit anzudeuten; denn
nach einer weitverbreiteten Voraussetzung mufs der individuelle
Bildungsgang den groben Bildungsgang der Menschheit rekapi-
tolleren. Wir lassen es dahingestellt^ ob es mit dieser Ansicht
seine Richtigkeit habe; auch abgesehen davon fordern die Anf-
stellnsgen Zillers an maanigffscher Kritik heraus.
Wir stiramStt vollstindig mit Pfarrer Herp:er oberein, dessen Schrift*
uns zur Besprechung vorliegt, wenn er die Märchen und Robinsonaden
aas der Selm i«^ verliannt wissen w?l! mul wenn er tlor alten Metliode einer
snccessiven, immer volleren Darbietung der gesamten hiblischon (tescliichte
das Wort redet. Dem Kinde gibt man nur den l'mrifd und den Keim,
um erst mit der Reife der Jahro den volleren Gehalt und das tiefe Ver-
stAndois zu ertehlieCieo. Berger bat ganz recht, wenn er sagt, das Kind
bsse die hiblisehs Oeschiehte gans „kindlich naiv" auf. Nur so leicht
ttbertrift man in dieiem Alter auf die hoben und erhabenen Gestalten
der hl. Getehichte die bescbHUikten Erfahrungen ood Anichaonogen des
kindlichen Gesichtskreises; einer späteren £otwicklungs8tafe erscheinen
sie daher leicht als dürftige, ärmliche und kleinliche Vorstellnngen , die
dem Intercssp entschwinden, wenn sie nicht mit ticf«^rem Hi !,:\l'r n fiiüt
werden. Mit Reelit sagt Ber/ij^er: „Von 1 t kindlic Ii luiivf n zu der männ-
lich-verständigen Auffassunpr der ewigen lleilswalirheiten müssen die Kinder
aber mit p&dagogischeui lakt bin ubergeleitet werden, sonst kommt eine
Zeit, wo sie religiösen SchiflTbnich leiden^ wo sie mit der Aufseren Schale,
die ihnen unbedenland erscheint, den kostbaren religiöien Kern als leere
Spren, slt tote Schlacke von sich werfen, wie das im ipitern Lebensslter
so oft getebieht."
An der Kritik Bergers vermiise ich einen Punkt, ich meine damit
' Über die Herbart*Ztllersrhon Grundsätze in ihrer Anwendung auf
den Keligionsunterricht. Altenburg. Dietz 1888.
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276
Beitrige nir Geschichte der Beaeren Philoiophie.
weniger die Behmidlmig der Refermationsgeticbtchta im achten ScLuijabr,
die nnn wohl nnch auf protettantiieheni Standponkt fttgüeh dorcb die
Getchtchte der Blflteieit des Mittelalters etc. ersetsen darf, sondern viel*
mehr die Zillersche Zurflcksetsoog des l&teebismnsimlerrkhtes. leb bin
freilich auch der Ansicht, dsfs der abstrakte, den Schüler leicht ermQ-
den«lc und dem tieftTn Sinn nach häufig ODTerstaniltMio Katecbismusinbalt
«liircli die Oft'enbarnnpsgrsphichto mehr erpänzt und organisch fff-lüt
wordp, als es liiiutif; crp«rhicht. Ich habe schon an einem an lr'. ;i ' 'rto
i.Ma?a/.in für l'ädngogiJ^ l88s S. 170) betont, dafs inan die Eigen schalten
(jottcs konkret an und auü bihliächen EreignisiiiMi entwicktiln solle, und
dabei gesagt: „Wm die systematische Darstellong des Katechismas dem
Verstand disknrsiv entfalten rnnfii, das ist in dem plastischen Gemild«
der Historie als Ganzes vereint, nnd mehr als dnreh einselne Siise, welche
das Gante serteilen, wird der jugendliche Geist dorcb die Intuition den
Ganzen bestimmt. Man kenn daher nie genug die erhabenen Bilder der
Offenbarung? grschichte vor Augen rflcken, aus denen doch all unser
systpniaf iHclies Wissen geflossen ist. Wie ans der Per<5on Christi, fo
wurden aus den Otfenharungen und Worten (»(»tf«; erst die d(»gmatischen
Säl/.e abireleitet , die der Katerhisrans in luice gibt/" AlU'in damit ist
nicht gemeint, man müsse den Katechismus in das letzte Siliiiljahr ver-
tlrängen. Schon von Anfang an soll vielmehr der dogmatische (iebait
entwickelt werden , ja die Quintessenz des Katechismus (der Glaube an
Gott, Christus und seine Kirche) mufs dem gansen Religionsunterricht so
Grunde gelegt werden, wie es s. B. in den musterbaften Kinderkitechesen
von Mey geschieht Was gessgt werden wollte, war nur das, man solle
In der von der Pädagogik verlangten Weise immer von der Anschau nng
ausgehen und zu ihr xurAckkehren, wenn es sich um abstrakte
Verhältnisse bandle.
JS, Schopenhauer,
Kant hatte das Weltphäuouiüu idealistisch erklärt, alles Be-
griffliche der Erscheinungen, 8ubstanz und Accidenz, Eigen-
schaflen, Gestalt und Grüfte, Form und Zweck, Einheit des
Ganzen und Vielheit der Teile, sn enbjektiven Deokformen er-
klärt, aber immer noch ein unbekanniea nnd nnbestimmbareB Ding
an Rieb übrig gelassen. Seine Nachfolger haben nun auch mit
diesem nnbekannteo Ding an sich aufgeräumt und die ganze
Welt aus apriorischen Begriffen erklärt, wie Fichte und Hegel.
Aber ihr VorÄuch widerstrebte all"n r«»!il!Htisch gesinnten Geistern
und es erhob sich aufs neue die Fra<j^o, was das Ding- an sich
sei. In der vorkantischon Zeit hätten auf «licso Frage die einen
geantwortet: teil« Materie, teils Geist, die audoru: entweder
Materie oder Geist. Die Materialisten erklärten alles au:» der
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Beitrftge zar Oescbichte der neaeren Philosophie. 277
MateriOi die Leibnitzianer aus dem Geist; die gesunde Philosophie
nahm awei Piiocipien snr Hand, Materie und Geist. Aof Kaoti-
-'•hf!in Boden war schon 'lurch die Fragestellung': was ist di\9.
i)ing an sich, welches «^nwnhl den rauterielleu als geistig'en
Kr^rheinungen zu (i runde hegi, ein Ilualismus ansg-esehlGösen
ynd OS handelte sich nur um eine Bestiruiniing dieses unbekannten
X in einem Sinne, welcher nowohl die Erklärung der materiellen
«U der geistigen PhSnomeoe Baliefik Siiie salohe BeiiimmuDg
vennchte nun SchopenhaoeT. £r wollte das Ding an siob weder
«Is etwas HaterieUes noch als etwas rein Geistiges gelten lassen
und von ihm ebenso sehr die Dunkelheit, Unselbständigkeit und
Änfserlichkeit der materiellen, als die Helle, Bewnfstheit und
Innerlichkeit »ies Lieistit^eji abwehren. Das Ding' an sich follte
etwas Mittleres, gleichsam in der Indifferenz zwisch«Mi (jeist und
Materie Schwebendes sein und als dieses Mittlere bot »ich ihm
der Wille. Dies ist die ^rofse Entdeckung Schupenhauens.
sStreng genommen hitlte sich nun Schopenhauer mit diesem oiu-
tiushen Dafe begnügen sollen, er hätte über den Willen nichts
weiter aussagen diirfen, da ja auf ihn als Ding an sich die nnr
lür die Erscheinnngswelt geltenden Kategorieen keine Anwendung
finden. Allein wir erfahren doch Veiscbiedenes äber diesen
Weitwillen.
1. Der Weltwille ist ähnlich, wie die Substanz Spinozas eins in
•-i^h und das Kine in Allem, er uffenbart sich, um in der .Sj)rache Spi-
nozas weiterzufahren, in den zwei Attributen Materie und V'orstel-
luDg mit ihren unzähligen Modi«. Aber alle diese differenten Modi,
alle Vereinzelung als Ding und Subjekt, alle ludividualisierun^
ist nii^t nnr, wie bei Spinoza, ein Toriibergehender, aber immer
noch realer tf odns, sondern überhaupt unwahr und nichtig, weil
alles in Zeit und Raum Erscheinende unwahr ist Zeit und Baum
gilt nur für die Welt der „Erscheinungen'*, nicht für das Ding
an sich. Hier ist alles räum- und zeitlos und es gibt
'.reder ein Xt-ben- noch ein Nacheinander. Die Erschei-
nungsweh mit ihrer Vielheit von Klemonten, Momenten, ihrenj
Neben- und Nacheinander verdankt einem eigentumlichen Zauber
ihre Entstehung, nämlich der „Magie des Willens'': sie ist der
täuschende Schleier der Magie, eitler Schein und irug.
2. In der Welt der Ersoheinuogeo herrscht ohne Ausnahme
das Geseti der Kausalität, in der wahren Wirkliohkeitssphäre
aber herrscht die Freiheit Der Wille ist frei, und in frmer
Selbstbestiromung setst sich der Einzelne als hyperempirisches
Subjekt sein Dasein und seinen Charakter, von dem er nun
an all seinem empirischen Wollen unTerbrüchlich bestimmt ist
I
278 Beitrtce snr 6«ieluditc d«r mmmn PUlowphie.
3. Der Wille i«t dunkel, blind und intellektlos. In
purem Unyeretand »etzl er die Weit, die deshalb auch die aller-
scblechteste ist.
Die voraustcheudeu Behauptungen werden also gerechtfertigt:
1. Von allen Kategorieen hat alleiii die Kausalit&t reale GUtigkeiC
Ikn Giltigkeit erfahre ich ao fldr Mifatt, mm ieh auf te
iiiBerliebeii 6adaiik«ii and Enttehlob efaer Arm* und Fobboiragiiiig das
infterllehe Bild diMcr Bewegoog ao meiiMm KOrper folgen sehe. Rftek-
wirttgehend kann icli nun mit Anwendung dea eben als wahr erkumteo
XanialgüeCiet tob der Wirkong (a. B. Armbewegnng) aof die Ursache:
den Willen schliefsen. Die Aktion meinet Leibes erkenne ich also als
die Aktion meines Willens, der Leib selbst ist objektivierter
Wille (?). Wie die sinnliche Erscheinung des Körpers, ist anch dip
sinnliche Erschf^inung der Natnr als Objekti¥ierung eines
Willens zu erklären.
2. Schon Kant hatte behauptet, jede Handlung sei durch den Cha-
rakter und das stärkste Motiv unbedingt best im tut, andererseits aber
fühle sieh jeder verantwortlich dnfur und lialte sich schuldig auch för
seinen Charakter. Schuldig künne man sich aber nur für das fühlen^ was
man frei erw&hlte; da nnn aber diese Freiheit aof empirieeheni Bodea
Bloh nicht finde, lo ktane sie nnr dem hyperemp irischen Beden
angehören, wo das Ding an sich so snchen- ist Von hier ans liegt
die Folgerung Sehopenhaneis nahe, dab im Gebiet des Ding an si<^
die Freiheit eine grofse Bolle spielt üm so wtllkoaunener nnlirte eise
solche Folgerung sein, als der Wille — das Schopenhauersche Ding an
sich — als freiheitsfahige Kraft sich geeignet darstellte, eine solche
Folgerung auf sich beziehen an lassen.
Der Ausflufs der hyperempirischen Selbstentscheidung ist bei Kant
das Sittengesetz, bei Schopenhauer der mehr realistisch gefafste Cha-
rakter \Vi> wir nn^* (Ins hypprerapirischo Subjekt näher zu denken
haben, crfalireii wir weder bei diesem norli \n-\ jeuem und bei letzterem
vermissen wir das um so .Tiehr, als v-ir doch alles Individuelle iu dem
entscheidenden Subjekte fern denken uuiäsen.
8. DaÜB der Wcltwille blind sei, wird aus den physischen und
morafisehen WeltObeln bewiesen. Die Erde ist ein Jammerthal, Lsito
das Wesen des Lebens und Schmers die OrondstimBnng des OefUhles*
Alles Sein ist mit dem egoistischen Triebe der Selbsterhaltnng erfUU,
und besonders stark seigt sich dieser Egoismus im Menschen. Mit grellen
Farben schildert Schopenhauer, wie das ganie mensebliehe Leben mit
dieser einen Triebfeder erfDilt ist und der Neid, die Bosheit, die Falscfa-
heit, die Begehrlichkeit und Eitelkeit das ganze Wesen des Menschen
ausmacht. Ein Macchiavelli, La Rochefoucauld, La ßruydre sind dabei
jeine Autoritäten, er Obertrifft sie aber alle noch durch die Energie einer
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Beitrig« war Getehieble der oenerai Fbfloiophie.
27^
tystanutiidMa ZiittmniciifiMSiPig und aiaMitigoii Komaqaeiis, dnrdi d«»
G«matfutoil und die lebeodige Stimmiuig, welche aeinea Beobeebtnogeo
einen eigenartigen Reiz gaben.
Der Weltwille bringt durch eine eigenttimliche „Magie" dei^
Schein einer ränmUoh- zeitlichen, aus einer Vielheit einander
bediDgender Dinge und Zustände bestehenden Welt hervor. Ala
gleichbedentenden Ansdruck wählt S^chopenhauer auch die Formel:
I>er Wille „objektiviert nich**. iJamit ist nicht gemeint, der sub-
jektive Wille «fhatfe sich eine reale objektive Welt als Ausdruck
seines "Wesens, sondern eigentlich gerade umgekehrt, der reak^
\\ lUe „subjektiviere sich", d. h. er übersetze sich in die Sijhare
des Intellektä, der subjektiven Anschauung. Objektiv bekommt
bai Schopenhauer jenen geradezu umgekehrten Sinn, welchen,
das Wort bei den iScholaatikem und auoh bei Garteaina hatte.
Hichl ala ob er etwa dnrch daa Stnditun dieaer Philoeophen anl^
seine Verwendnngaart gekommen wäre, vielmehr Ist diese die
Folge jenes bekannten Sataea, den er an die Spitze seines Hanptp
Werkes („Die Welt als Wille und Vorstellung") stellt: „Es gibt
kein Objekt ohne Subjekt und kein Subjekt ohne Objekt" Beide»
ist mit einander unlöslich verknüpft, und daher gibt ea auoh keinen.
Willen ohne Vorstellung.
Wille und Intellekt sind von jeher mit einander verknüpft
und das eine bildet das Gegengewicht zum andern. Der Wille
übernotzt sich immer in der Sprache und Form des Intellekte»
und „objektiviert sich" zunächst in den Ideen, die wir im Sinne
Piatos aU die Musterbilder gleichartiger Dinge anzuHchen haben^
Diese Objcklivation iu Ideen ist stufen- oder gradartig zu denken.
Die unterste Stufe iat die anorganiaehe Materie, dann kommen,
die Organismen und suletat der Mensch mit seinem hellen Be-
wulbtsein. Die YerTielfaltigung, Vereinaelong und räum-
lich seratreute Anaohauung der Ideen — z. B. die An-
schauung einer Eiche an verschiedenen Orten — ist Sache dea
Tutel lektes und vermittelt sich hier durch die Anscbauungs- und
Denkforroen, die dem Intellekte eigen sind und ihn veranlassen,
das Eine in Arten, Teile und Eigenschatlen aufzulösen.
Die Ideen sind zeit^ nad raomlos, auch sind wir bei ihrer Betrachtung
frei von dem die wahre Erkenntnis trübenden Eintliif-^ des Kausalitäts-
gesetzes, wir fragen weder nach dpm Wo wml ^^anll noch nach des^
Warum und Wozu, sondern nm iiarh dem Was des Dinges.
T)f»r Intellekt soll sich nun von der Vielheit zerstreuter
Beispiele zur Einheit der Ide*^ zurückwenden und erheben. Die
Betrachtung' der Ideen erhebt uns nach Seh. in einen willenlosen
und damit schmemtreien Zustand und begrüudet die ästhetische
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290 Beitr&ge zar Geschichte der neueren Philosophie.
Stlmmiiiig; Sache der Kanst ist es, diesen Zastand durch Dar-
etellnng der Ideen zu erzengea.
Man sollte nun denken, je mehr sich der lotellekl zu deo
Ideen erhebt mid jn mehr er H<ch von dem leidenerzengenden
Willen losringt, ein desto glückh' hcrea Befinden müfHte die gei-
stige Bildung herbeiführen, wie es denn auch Aneicht des Aristo-
teles war, im Denken liege die Seligkeit. Allein umgekehrt
behauptet Schopenhauer, mit der Höhe der Intelligenz wachi^e
das Leiden, nicht nur durchseliaue maa besser die Dichtigkeit
alles menscbUcbeQ Strebens, die Illusion der Triebe und die
Selbsttaaschang der Hoifnung, soDdem man werde äaoh leideoi*
fähiger, empflndlioher nnd feioföhleiider far deo Sobmen, was
aUerdiDgs physiologisch begründet ist
Das Verhältnis des Intellektes zum Willen bei 8oh. ist über'
haupt unklar. Einerseits ist das Denken ein Objektivationsphänomen
des einen weltdnroh waltenden Willens, also der Wurzel nach ein«
mit ihm, andererseits aber erhebt es sich in selbständige willens-
feind liehe Stellung, ohne norh wahre Realität oder Substanz
zu werden. Der Intellekt erkennt in steigendem Mafse die
Thorheit des Lebenstriebes, wtmdet sicli c-egen den Willen zum
Leben, tötet ihn und zieht sich damit selbst den Boden unter
den Fiifsen hin wog.
Scliopenlmuer versteigt sich m der nur dem konsequenten Tdeali?mn«
verst&ndlichen Behauptung, die Menschen brauchten nur einmalig deu
Trieb zum Leben zu verneinen, um dem Weltprozeis ein rasche» Eude
isn bereiten. Wie leicht sieh so etwas behaupten l&&t, da man doel
nicht sa befürchten braucht, dafii das Experiment einmal aageüslk
werde l
Der Weltproaefs nähme so durch den Intellekt sein Ende,
wie er durch den Willen seinen An&ng fand. Streng genommen
dürfte nach Voraussetzung des Systems weder von einem An&sg
nocli Ende die Rede sein, da Subjekt und Objekt, Vorstellaog
und Wille unlösbar miteinander Terknüpit sind, und bei eioeoi
Weltprozefs weder nach einem Woher noch nach einem Wohin
gefragt werden darf.
Über Schopenhauer liegen uns zwei Schriften vor, die eine von
Haacke,^ die andere von Küfsncr. Beide haben ihro eigentümlichen Vor-
züge neben hervorstechenden Schattenseiten. Ilaacke sucht ohne kritische
Stellungnahme das System objektiv zu begreifen nnd ans dem iuteUek-
tuellen und moralischen Charakter seines Urhebers zu erklären.
^ Der innere Gedaukenzusammeuhaug des Schopenhauerächen Sy stems.
fiuDslau 1688.
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Bdtrftge rar Geschichte der neneren PhQosophie. 2^1
Der ecbarfe Oegeetats twischen WüIpb und loteltekt, wie ihn
das System Schopenhauers seigt, ist ohne Zweifel ebenso in dem Cha-
rakter deaeelben begrOndet, wie sein Pessimismus. 8ch. fOblte swei Mftehte
in sich, die stets im Widerspruch lagen, einen durchaus egoistischen,
genufssQ cht igen und unbezähmbaren Willen und einen bellen intuitiven
Verstand, dor sicli über die Genieinlieit der Triclu» rrliob und das Scliöne
und Gute /um Inhnk hatte. Dieser Gegensatz drang auch in die utbiscben
Ansichten ein und veranlafstn di»» schrotic Trennung zwischen dem un-
sittlichen Egoismus uud dem aitrnistisclien Mit|2;et"iihl mit dem Nächsten,
w eiches nach den pessimistischen Voraussei /.untren des Systems naherhin
als Mitleid bestimmt wird. Nicht die wcrkthuiigf Liehe, das ]>tal<ttschc
Wohlwollen, sondern eine rein theoretische Tugend soll den Menschen
aam sittHcheo machen f
laicht ganz in dem gleichen Sinne und Grade , wie der
Gegensatz von Intellekt und Wille läfet eioh die peseimistieche
StiiDmnngdea Syetomaaue einer angeborenen Charaktereigenschaft
Schopenhauers erklären. Besalsen wir auch nicht die Itachrtchten
seiner Freunde, eo enthielten doch seine eigenen Schriften Andeu*
tuDgeu genug über die Quelle seiner weUschnierzlichen Stimmung.
•Selten hat ein Mensch seiner Natur so wenig Zügel angelegt, ohne
•Scheu und Rücksicht auf die Meinung anderer den Brutalen gespielt,
seinen Hochmut und seine McnMchenveriK'btung: zur Schau getragen,
wie Schopenhauer. 8ein Begehren und btrtiben, die Erwartungen
und Ansprüche, die er ans Leben stellte, waren zu liocli gespannt
und marölos, als daf?« sie ihre Berriedigung goliinden liätu-n. In-
to]e:edes8en waren die Enttäunchungen, die er machen mutsie, so
zahlreich und grofs, der Rückschlag, deu dus Leben cieiii kecken
Mute gab, so heftig, dafs die Seele für immer verstimmt blieb.
Ein christliches GemQt hätte aus dem Jammer und der Öde dieser
Welt sich anfein jenseitiges Gebiet geflOchtet und dort den Trost gesucht,
den es hier nicht fand. Das Christentum ist ganz damit einverstanden,
dafo diese Erde ein Jammerthal isl^ und es baot auf dieser Wahrheit die
Groadforderung der Oottesliebe. Es bediente sich seit Jahrhunderten
jener Erfinde gegen die naive OenofiMocbt des weklieh gesinnten Pan-
tbeismos, welche Schopenhauer und Hartmann zum Teil mit unbewufster
Anlehnung an homiletische Gedankengänge ins Feld führen. Dafs alle
iidischen GQtcr, weder Reichtum noch Genufs und Ehre den Menschen
befriedi«ren, ist eine alte Wahrheit, von der alle Kanzeln widerlialleu.
Es gibt auch einen chri«tlirhen Weltschmerz, wenn man so sapen darf,
eine christliche Traurigkeit und Melancholie. Dalnips proist sie mit
i,'laüzen<lor Schilderung: ,, Kennt ihr die christliche i raungkeit, Jii sos
t-Tuste 1 erhabene Gefühl, das sich auf der Stirne des Gläubigen wie
eine schmerzliche Erinnerung eines orlauchtcn Verbauuicu abspiegelt, das
282 Beitrftge zar Geeobicbte der ueuereo Philosophie.
die Freuden des Lobens mit dor Hindcutnnfr anf das (rrnh müfsigt, das
mit den 'Strahlen der Hoffnung lias Jiniikel der iirwtt prhfllt, dfe««» so
oatürlicbe und tröstliche, so grofse uiul ernste Traurigkeit, die den Glanx
und die Herrlichkeiten der Welt ais vergänglichen Wahn von sich stöfst.
— Unsere Seele besitzt die Eigenschaften eines Verbannten: sie wird
nar von Oegotttladeii Mgezogen, welche snr Tranrigkcit ttfttiBeii, md
■elbet wenn sie tob imaichender Freude begleitet siod, muCi ihnen em
mkhlbereehneter OegenstU einen Sehein von Thmrlgkeit Terleihen. Wenn
die Sebtaheit nicht auf ihren besanbernditen Reis ▼erstehten will, malt
ihren Augen eine Thrine des Grams enttolllen, auf ihrer Stirn ein Ge-
danke des Kummers rucken, ihro Wangen unter einer schmerzlichen
Eriiiiu rtinp erbleichen." Die r)iristlirhp Trauer ist aber ein*» Trauer zum
Leben , nicht zum Tode, wie bpi Schopenhauer; sie spannt unsere Hoffnung
and regt unser Streben, anstatt es zu lähmen und allen frohen Ausblick
zu eat;^iehen.
Dafs die gegebene Erklärung des äcbopenhauerschea Pessi*
misrnns nafereffend sei, beweist die eyetemitische BegrilnduDg
dieser Lebensansicht Schopenhaner fttbrt alle Obel der Welt
auf eine Inkongraens swisohen unserer Natar nnd der Wirklieb-
keit, zwischen den eubjektiven Bestrebungen, idealen Wünschen
und Erwartungen und den objektiven Weltlagen zurück, Kttfsoar^
Ikfet die diesbezüglichen Ausführungen kurz und gut so zusammen:
.,Da8 Verhältnis, in welchem der Mensch demnach zu der ihm nm-
gebenden Natur steht, »md aus dorn alle Übel rntspriugen, ist in phy-
sischer Hinsicht das der lukougrueu/. seiner j i vbisrhen Konstitutiou mit
seiner Umgcbuug; in ethischer Hinsicht das der Inkongruenz seiner sitt-
lichen Kraft mit dem mittelbar oder unmittelbar ans seiner Umgebung
and seinen Beiidiangen zu ihr entstammeBden UnlnstgefiOihle; in intellek*
tneller Hinsicht die Inkongraens seiner reseptiven Sinnlichkeit nnd spon-
tanen Vemnnft*An1agen mit der Unendlichkeit der Objekte seiner StnneS'
nnd Vernunftthätigkeit."
In einem idealen Zustande würde die Natur weder unsere
Gesundheit schädigen noch mit Mühe sich die Nahrung abringen
lassen, Genufs und Ehre würden von «elbst dem Menschen zu-
fallen und ira Geistesleben würde weder Zeit und Raum das
wahre Wesen der Dinge vorhüllen und das EnUerute verdunkeln
noch die Enge de» Bewurätseins den Gesichtskreis beschränken.
Hier besäfsen wir die Wahrheit intnitiT und wir brauchten nicht
▼on einem Ding zum andern überzugehn.
Es ist nun allerdings KflAner beisnstimmen, wenn er diesen idenlen
Traum aerstOrt nnd als unmöglich darstellt Wie er richtig betont, liegt
1 Kritik des Pessimismos» Versach einer Theodicee. Halle, Pfeffer 1888.
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Beitr&ge zur Geschichte der neueren Philosophie. 283
io der Not und im sittlichfn Kniniife ein notwendiges Element memcb-
lieber Bildung, mit dessen VerscIi wii^U n ein trauriger, unfruchtbarer und
leMospi t^uietismus die Gesellsrl att eiiuikii \>, (ii de. „Dir Idee der Sitt-
lichkeit setzet die der l^reibeil und des Bewuistseins voraus, sowie die
TbatMchlichkeit des bösen Triebes; wo aber die Möglichkeit der Sünde
■aufgehoben, sei es durch Aufbebung des äufseren Anlasses (üolust), sei
et dei ianefeD Triebes, da gibt es aneli keine sittlichen Hnndlnngen als
4ie aos^relbeit entspringende Übervindong des BOsen/*
Andererseits aber besireifeln wir, ob in allen Stfieken die Kritik
Knfsners berechti^'t ist. Der erträumte Ideal^iustand des Mensdien und
der Gesellschaft ist nicht durchaus chimärischf fttr ein transcendentes
«icbiet mQssen wir dessen volle Berech tiptintr aufrecht erhalten: Die
llottnung ist hier kein leerer Wahn. In ein« m jenseitigen Zustande ist
€s nicht undenkbar, wie ivul'sner es aus darstellt, dafs zugleich die um-
fassendste Objektenreibc mit gleichbleibender Deutlichkeit vor Augen
stände, und die Unmöglichkeit, nicht mehr sQndigen zu köuueu, würde
SO wenig, wie bei Gott» eine Kinbnfse der Freiheit bedeuten. JSin solehes
Leben wftre kein bewoAtloses Scheindasein. Sowohl das Wahre des
Pessinlsnins als des Optimismus wftre besser saro Ausdruck gelangt,
wenn Kfl^ner zwischen dem immanenten und transcendcnten Gesichts-
punkt unterschieden hätte, wenn er ein höheres sittliches Ziel als ,,die
Idee der fortwährenden Entfaltung und Steigerung aller Kräfte des
Menschen" und einen höheren Ko'jritV vm der Religion als den „des
Ausdruckes der idealen Natur des Meuscheu" üu Grunde gelegt hätte.
Die Darstellungswciie Küfsners ist etwas geschraubt und bleibt wie
bei Haacke weit zurück hinter der Klarheit des Philosophen, mit dem
aich beide liescbäftigen.
6. Latze,
Unter den akatholisoheo Philoeophen der nenesten Zeit wählt
Lotse zu den ansprechendsten EncbeinuDgen. Er teilt nicht
den anmafBendcn Stola der Torauegebenden, alles und besser
wissenden Philoi^ophnn^eneration, sondern war bescheiden in
meinen Ansprüchen und Zielen, von positiverer Natur, ein ernster
Forschor und Denker, der die Aulsteiluug^cn der Vorzeit nicht
ohne weiteres beiseite warf. Oileich Trcndelonburg und Ulrici
verhielt er sich nicht gleich von Aiiiuu|^ uu ablehnend gegen
alle traditionellen Anschauungen und wenn er im letaten Er-
gebnis zu wenig annehmbaren Aufstellungen gelangt, so bleibt
doch Bein pbiloeopbiechea Schaffen reich an anregenden Unter*
auchnngen und aufklärenden Ideen. Koch mächdger, ale durch
seine konservative Tendena und seinen Gedankenreichtum zieht
Lotse durch den Zauber seiner Sprache an. An Glana^ Farben-
Beiträge sor Qesebicbte der neaeren Fhiloaophie.
reichtam nnd Voroebnibeit der Daretellang wird er yoq keinem
neneren Philoeophen übertroffen; Ed. von HartmanB, dessen Söhrift
Ober Lotes wir zu besprecben haben, reicht kanm an ihn heran,
80 sehr er sich bemüht, ihn in Schatten zu st^^Ilen nnd ihn zn
ironisieren. Zwar ist der Stil Lotzes das gerade Gegenteil von
Einfachheit und geradliniger Entwicklung. Schon änfserlich er-
weist sich sein Bau als ziemlich verwickelt, i^der iSatz ist eine
raehrgliedrign Periode und kauiu fehlt einiuai ein Relativsatz;
in der Regel um^chlierst eine Periode mehrere Relativsätze und
bewegt »ich oft durch die überrasciiendsiea Wendungen, ge^n
deren Kride zu wir häuüg in spannende Erwartung gerateu. wie
bic Wühl ausgehen. Aber immer ühertritft er die Erwartung
durch die vollendete Eleganz der Lösung. Schoo in einem ein-
zelnen 8atK erweckt seine Darstellnog doreb Adjektive nnd
Relative alle luöglichen Nebengedanken und noch mebr pflegt
eine längere Ansllihrnng über einen Gegenstand so viele Seiten-
Perspektiven zu eröffnen, dafs wir uns nie in einem Paukte ver-
lieren und überall im Mittelpunkt der Weltbctiachtung fioden.
Es scheint, als wolle Lotse auch für die philosophische Darstellung
und Erkenntnis zur Wabrhett machen, was er im Sinne des
Leibnitz von den Weltatonien pagt, ein jedes Atom widerspiegle
das Universum. So widerspiegelt auch hei ihm jedes EleiucDi
der Entwicklung die ganze Weltanschauung nnd wir bleiben
immer aut der Höhe universeller Betrachtung.
Durch eiurn last zu uugemessenen (lebrauch von abstrakten
Substantiven weil's Lolze auch eiulaclien Waln üeiteu ein akademisch,
vornehme« Gewand zu geben. In abstrakten Substantiven und
Prädikaten verdichtet er eine reiche Fülle konkreter lohaltlich-
keit und wandelt dann auf der Höhe von Abstraktion an Ab-
straktion, jeder Thatsache dnrch alle möglichen Wendungen nnd
Spiegelungen folgeod nnd jeden Gedanken durch alle möglichen
Voranssetznngen und Folgen entfaltend. Wenn dann unsere
Aufmerksamkeit ermüdet» weifs er durch gelegentliche sympa-
tische Beziehungen nnd subjektive Btreiflichter das Interesse ta
erregen und die Gedanken wach zu erhalten.
Alle diese Stlleigentümlichkciten zeigt die sogleich folgendo-
erke im t u 1 s t Ii e 0 re t i sc h e Auseinandersetzung, die wir zugleich,
als Einleitung den spätem Entwicklungen vorausschicken.
Nachdem Lot/.e gesagt hat, eine frühere Zeit hn}>v dem 'n'ist einen
angebureneii Hesiiz verschiedener apriorischer Ideen willkürlich zuge-
sprochen, lährt er fort: „Die WiUkürlichkeit solcher Ansichten hat der
erste AntVchwung unserer nationalen l'hilosophie [Kant] durch die An-
uahmc begrenzt, dafs allerdiags wohl dem menschlichen Geiste eine
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Beiträge zur GescLicbte der neueren Philosophie.
Mehrheit angeborener Idppn zukomme, aber nicht solcher Ideen, welche
irgend eine Tbatsache ruler ( inen einzelnen Ziif? des Woltbaurs rntlnillen,
sondern nur solcher, weiche die allgCDieiueu ik m teiliiiigsgruijde aus-
drücken, nach denen unser Denken jeden noch zu erwartenden möglichen
Gehalt der Wahrnehmung auffassen und verarbeiten uiufä. Aller Inhalt
nnserar Gedankea konme nns nittelbAr oder oamittetbsr von dnr Er»
f«bniog, aber nicht ebenso die Regeln, nneb denen wir beslebeod, rer-
glcicbend, atteilend und folgernd diesen Inhalt rerbinden und trennen,
von einem zu dem andern Obergehen. Ihre Quelle sei nicht aufser uns
zu suchen; das OefOhl der notwendigen und UDauslöslicben Giltigkeit,
mit dem sie «nserm Bewnfsisein sich nnfdrftngen, liflrge nns vielmehr
daffir, (lafs sie von (]»'rn abstainnu'n, von dem wir uns nie trennen i<Onncn,
▼ou der eigenen Xatur näoiiich unseres geistitren Wesens. AnsKerüstet
mit diesen Weisen der Auffassung ssteiieu wir d(>r Mannigfaltigkeit der
Kindräcke gegenüber, welche die Aufieuwelt iu uns veranlafst hat; durch
ihre Anwendung erst wird die tbatsAchlicb vorhandene Snmnie der innem
Zostinde für ons Erkenntnis. So bringen wir, nns eingeboren, die an-
sebavliehen Formen des Raumes und der Zeit jenen Eindrftcken entgegen,
deren gegenseitige ?erfa<nit>se sieh nun für nns in das Naeh* und Kcben*
einander der sinnlichen £r8Gbeinttng<iwelt verwandeln, so treten wir mit
'ier nnalnveisbariMi Voraussetzung, dafs; alle Wirklichkeit auf der (iriincl-
iage beharrlicher Subsfanzeii beruhen müsse, nn welche sich ahhungig
und unselbständig die wandelbaren Kigensrhait' n kmipfcn, mit der Ge-
wifsheit ferner, dafs jedes Ereignis durch einen Ki iiiu lilicheii Zusammen-
hang als Wirkung an äeiue Vui angäuge gebundt n sei : mit dieber uui»
eingebormen Zuversicht treten wir nur Beobachtung des gegebenen Inhalts
htnao nad verwandeln seine Wahrnehmung, indem wir diese Grundsätze
unserer Benrteiluui; auf ihn anwenden, in die Erlrenntnis eines durch
innerlichen Zusammenhang in sich abgeschlossenen Weliganaen.'*
Es wftre miTmrstftndlich, wollte man bei Lotzc einen Ähnlichen
Idealismus voraussetzen, wie er sich etwa bei den Neukantianern findet.
Dio Erfahrung erhalt vielmehr ihr volles Recht. Zum Heweise diene
folgende Erwägung (Mikrokosmus 11, S. 2'.)r>h Was frühere I'hilosophen
aofscr den obengenannten Kat<'gorieen utul Anschauungsformen noch an
apriorischen Ideen und selbülversläudlicheu Axiumeu anführten, wird
selten „mit der vollen Klarheit einer nicht anders sein Icftuneuden Wahr-
heit sieh aufdringen'*, vieles hat nur eine mittelbare Gewiftheit und
entspringt dem Zwange der allgemeinen Formen der erfshrbaren Wirk*
lichkeit, wdcfaa nns daran ,,gew«hnt, fttr selbstverstindlicfa und notwendig
so halten, was wir thatsftchlich überall wiederkehren sehen". Dahin
gehört z. B. „die Vorstellung von der notwendigen Beständigkeit der
Masse und der Unvcrgänglichkeit des Stoffes". Endlich gibt es cthisch-
asthetische Voraussetzungen, welche nicht ausdrücken, was nicht ander»
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Beiträge zur Geschichte der neaeren Philosophie.
sein könnte, sondern etwas, was sein sollte, z. B. die „Sehnsucht
Dach einer höchsten Eiulieit der Welt". Streng axiomatisch sind nur die
Deokgesetze (Ideutitäts* und ivau^alitaiüge^tz). Nun ii>t es aber nicht
„d«r OeiM als niner, fon dtr Erfftlirttiig noeh imiMfIdirtor, dos wir
4i6id Vorauasetaoogeii iiaterer BeartaUung der Dinge wie fertig mui
mitgegebene Werkieage Terdanken, als bitte er sie als Ergebnis einer
Sonkordans swischen allen den Forderungen seiner intelligenten, &8the-
tisebea und sittlicben Katar gestiftet; vielmehr die wirklichen Erfsb*
mngen selbst sind es erst, die den Geist reizen, allmählich sein Wesen
isa entfalten und im Kampf mit den Dinj^en sich die Kampfweiser.
bilden, die er bfdarf. Alle jene Systeme, die da geglaubt haben, dec
Inhalt der dciikiiutweudigen Wahrheit als einf altgeaclilosscne vollstiindige
iteihe gleich ursprünglicher Erkenntnisse darstellen zu können, haben in
der Tbat nelmebr Reflexionen von sehr verschiedenem Datnm gesammelt,
<die der menschliche Geist im geschicbtliebeo Lauf seiner Bildung an den
Stoff der Anbem Wabrnehmang nnd an die Schicksale des Lebens sa
knttpfen gel^t bat, und unter denen nur wenige Ornndsfttse sidi finden,
die sieb als ursprünglich ihm angehftrige Wahrheiten bezeichnen lassen."'
Im folgenden g^eben wir eine kurze Übersiobt über die
Naturphilo80phie, Psychologie und McUiihysik Lotzcs, im voraus
HefHorkend, dafs seine naturphilosophischen und metaphysischen
idoen viel weniger der Ancrkennaag wert sindy als seine psycho-
logischen Untersuchungen.
a) Itotaea Naturphilosophie.
Im Bereich der Katorphilosophte huldigt Lotse einer impo-
nierenden meobanischen Weltauffassung und verwirft för das
vegetabilische und animalische Leben die Annahme einer Lebens-
kraft oder einer über der Stoffverbindung schwebenden substan-
tiellen Form. Die organischen" Stoffe hangen mechanisch /.u-
»ammen und kein höheres Rand umschliefst und keine Krall
bestimmt und erhält den Slüllwechsel und da« Wachstum. Der
organische Bildungsprozel's wird nicht „durch eioe über ihnen
schwebende Idee, sondern darob die bestimmte Anordnung der
Wechselwirkungen uDterbalten werden, die awiscben allen ein-
seinen Teilen Tormoge ihrer bestimmten Lagerung gegen einander
obwalten".
„Anstatt eines Bandes, das adt oberflichlieben Windungen die game
Untilblbarkeit der Teile umschliefst, finden wir daher unz&hlige B&nder,
die je zwei einzelne Elemente des Körpers verknüpfen, und diese Bänder
sind nichts als die eifrenen Krilfte der Elemente selbst, die es weder
bedürfen, von irgend einem höheren Gebote zu der Wirkung erweckt 2u
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Beitrig» snr Oeiehiehte dar neaeren Philoiophie. 267
wttrdeu, die ihrer Natur eigeutOmUch ist, noch es ertragen wOrdeo, zu
etoer andern erregt zn werden, die ihr widenpriclit/*
Ausdrücklich vergleicht Lotze den lebendigen Körper mit
einer Maschine, freilich um gleich von Anfang' an den grofsen
Unterschied zwiscbeu dem Üau der JSaiur und dem der Kunst
hervorzubeboD. Bei der Maschine sind ea feste, starre ond ud-
darehdringHebe Hassen, ,,Kra(te zweiter Hand", auf deren Vn-
yarSnderlicbkoit gerade die Sicherheit der Leistung beraht»
und daoii aiod diese Maasen äufserliob, nicht daroh lebendige
innerlicbe Ansiehang verbunden, ao scharfsinnig ihre Verflechtung
gedacht ist. Im lebendigen Körper aber entfaltet jede» Atom
„sich bildend, anrückbildend und verändernd" gegen seine Nach-
barn die ganze Fülle jener Kräfte, die ihm eigen sind; ein
ununterbrochener Flufs von WecliMchvirkungen vermittelt den
yydorcbdringenden" (organischen) Zusauimenbang des Ganzen.
„Die unablässige, nicht auf einzelne Momente stofsweise verteilte
Wechselwirkung aller Glieder bringt jenen schönen 8rhein der Weichheit
und anmutiger Milde der Entwicklung hervor, mit dem alles Lclicndigt' dem
gespenstigen Unzusammenhang in den Bewegungen künstlicher Automaten
tiegreich gegenübersteht."
Bas organiFcho Loben äufeert sieb a) in gleichförmigen und
h) periodlscli wiederkehronden Bewegungen (Atemholen, Hlutlanf,
Darmbewegungen) und c) in fortschreitenden Entwicklungen durch
eine Stut'eureihe vorauBbestimrator Zustände und rhyihniischer
Zurückkehr zum Aulung^zuhtanil, \\h' man ^^s iH-soudcrs Hc-hüu
am Sprossen und Blühen der Pliau^eu bemeiki'n kann. Ahnliche
Bewegungstormen, meint Lotze, sehen wir nun den Planeleulauf
eiohalleu, und es könute ir-ioh Irugcu, ob hicIi das Problem des
Lebens nicht dorcb Vergleich mit dem Planetensystem erhellen
Itefse. Die Planeten siod nicht ao äufserlicb, wie eine Maschine
verbunden und bedürfen keines fremden Antriebes. Allein sie sind
nur durch das Oesetz der Schwere und nicht chemisch ver-
bunden. Bie Sörperkrafte wirken nur in ihre nächste Kähe durch
ehemisGlic Verwandtschaft und dadurch ist der Körper sowohl
nach aufsen als nach innen gegen unberechenbare
Fernwirkungen geschützt
«) „Wflren alle Teile des lebendigen Kdrpers unmittelbsr so durch
Wechselwirkungen verbunden, da(b jede kleine YerAndeniog des einen
ihren Wiederball Ober die Gesamtheit der übrigen verbreiten mOf«te,
so würde hieriu eine reiche Quelle unendlicher Störungen für das Ganse
liffrrn. die ebenso nmf Angliche Veranstattuagen sn ihrer Ausgleichung
forderten."
JalirlMeb (Br Philosophie etc. VI. i«
288 Beiträge tnr Gescbichte der oeaeren Pliilotopliie.
ff) „Die geringe Bstfernung« in welcher die ebemiiche Verwandtsebift
tmd die Kohieioa der KArper ibre WirkBamkeit ▼erliereo, onigibt den
KOrper mit einer 2one von Oleichgilti^keit, während dieselben Kiifte
seine eigenen sich berfihrenden Teile mlchtig gemg snsammenhnlteo,
um selbst der wirklich andringenden Gewalt Widerstand zn leisten.
Während daher das lockere GefOge eines Stemensjstems mit einer be-
wnndemswQrdigen Empfindlichkeit die Veränderungen des übrigou Weltalls
in seinen eigenen Verilndprann:cn abspicffcln wördc, kehrt der leliendigf
Körper liierin von derberer \.itur, auch uaeh preisen Schwankungen in
ilie frühere Lage seinrr Teile zurück und bietet uns dadnrrh Aov Ar^blick
( iner sich gleichbleibe udea und doch nicht starren, sondern bewegHchen
Gestalt.'*
Diese Un vergleichlicbkeit des organischen Lebens mit mecha-
nischen Vorgängen auch der cntwickeltBten Art scheint nun doch
i«r das Yorhandeiis* In einer den Stoliwechsel leitenden und ge-
Htallenden Kraft in irgendwelcher Form notwendig zn sprechen,
um so mehr als die Erklärung des Entstehens und \ ergehen»
der Organismen der mechanischen Theorie fast unüberwindliche
Scbwierigkeiten bereitet AHein auch diese SchwierigkeiteD eueht
Lotze, einer im Herzensgründe ihm doch fremden Weltanscbanang
allzu wohlwollend und allzu diensteifrig aus dem Wege zu luumeii.
Einen ersten Keim (ein Protoplasma) vorausgesetzt sei es nicbt
so undenkbar, dafs sich dieser durch Spaltung vermehrt^ wie es
ja empirisch bei eintuchen Organismen noch immer vorkomme^
und seine (xlieder in irgendwelcher geometrischer Riehtong ent-
weder in Axen- oder Strahlenforra verteilt hätte. Sobald einmal
eine Mannigfaltigkeit von Stoffen irgendwelche Gleichgowichts-
lago angenommen habe, neien die neu hinzutretenden Stoffe durch
die feste Lage der einzelnen Teile gebunden und müssen sich
dem Gesetze des Ganzen fügen.
..Nicht überall setzt sich sclinn an den Krystall der neue Nieder-
schlag des gleichen Stoffes an, sondern die Krälte des schon Gebildeten
aeichnen den spätem Teilen Ort und Form ihrer AnlifFPrtin)? vor und
erhalten im Waciihtum clie ursprüngliche Gestalt oder doch das arsprüt^-
liche fJesetz ihrer Bildung "
Dafs durch zufalligen Zusammentritt von Atomen ein halt-
bares und lebensfähiges Gebilde entstehe, sehe unwahrscheinlicher
aus, üh es in Wirklichkeit sei. Wenn man mit Hilfe der ^^'^(hr-
Kcheinlichkeitsrechnung die anniilierndc Unmöglichkeit eines solcheo
Geschehens erweisen wolle, berücksichtige mau nicht, da(> von
selbst alle jene Stoffkombinationeu weglalien, welche lebens-
unfähige Gebilde ergeben. Eine solche Ausscheidung bewirke
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Beiträge zur Geschichte der ueuereu i'hiloBophie. 289
dcT Natiirlauf von selbst, wie er ja aaoh überail auf Auslese
-des üesten und Xräfligsten dringe.
Um das Zerfallen de« Körpers zu erklaren, wenn der Tod
eintritt, bedürie man nicht der Annahme einer entweichenden
LebenHkiiiit, die nunmehr die StoH'e ihrem selbsteig'enen Walten
^nd Wirkon überläfst und aufhört, eiu „Zügel" zu sein, der sie
in di» bestimmte lebenerhaltende Riohtaog zwang. Die Ursache
des Zerfalls liege in einer Abnntsang oder Zersetzung eines Teiles
des lebendigen Körpers, welchem der übrige Körper nicht mehr
genügenden Widerstend entgegensetzen könne. Wenn der gesunden
Elemente noch genug vorbanden sind, nm die lebendige Bewegung
der Safte zn erhalten, das Unbrauchbare zu entfernen und die
Zellen neu zu bilden, bedürfe es keiner heilenden Lebens-
kraft und wenn einmal die lebendige Bewegung aufhöre, erkläre
sich die allgemeine Zersetzung durch den t'reiwirkenden Chemismus
der »ich üherlassenen Elemente.
Ist nun dadurch wirklieh das Problem des Lebens gelöst?
Ich brauche diese Frage nicht zn verueiuen, denn diet?e Ant-
wort schwebt jedem auf der Zunge. Die Entstehung des ersten
iCeinics vermag Lotze Koweni^ /u erklären, wie Du Bois-Reymond,
und damit hat er auch da» orgauiscbe Leben niclit erklärt. Lotze
erkennt dies anoh an; er weifs wohl» dafo das Leben aus einer
höhem Quelle fliefst als aus dem Sichdrängen und Biohstorsen,
der Verbindung und Mischung der 8toffe. Nicht nur unter-
scheidet er klar und deutlich zwischen dem änfeem Mechanismus
und dem iooern im letzten Grunde unableitbaren und nicht
analysierbaren Leben, sondern weist auch dem Mechanismus eine
ganz untergeordnete dienende BtoUung an. Doch ehe wir darauf
eingehen, müssen wir einen Blick auf Lotzes Psychologie werfen.
b) Lotze.s Psychologie.
1. Kei der Hochachtung Lotzes für den MechaniBmuB und
vollends bei seiner Hoehachtung vor Herbarts Psychologie ist
es doj)pelt anerkennenswert, wenn er auf dorn Gebiet der Seelen-
lebre alle mechanische Auffassung von Aniang au abweist. So-
wohl gegen Kant ab ^^egen Herbart beweist er den substantielleu
Charakter der Seele, welche in einer Vielheit von Thätigkeiten
ihre Identität bewahrt. Die Binheit des Selbstbewufstseins, welches
als »»denkendes Ich" alle ihre Denkakte begleitet und zusammen-
faßt, ist keine blofse Erscheinung, wie Kant will, und die
Idee dieser Einheit hat keine blofs regulative, sondern auch
konstitutive Bedeutung. Wenn ich mir auch nur als eins er-
scheine, so ist schon die Thatsache, dafs ich mir erscheine,
19»
9
290 Biftrige sar Geielilehte dar Maertn Philmopbie.
genügend, um aul deu eiuen Grund zu schliefsen, welcher Er-
schoinuDgsobjekt und Erscheinungssubjekt zusammenfafst ,^icht
danaf kommt es an» als was ein Wesen sieh selbst erscheist;
kann es nberhanpt sieh seihst» oder kann anderes ihm erscheinss^
so mnlb es notwendig in einer vollkommenen Unteilbarkeit setner
Natnr als Eines das Mannigfache des Scheins «noammeafiasea
können."
Die mechanische Auffassung mischte das SeeieBphänomes
auf äbniichem Wege entstehen lassen, wie eine Hesultanteo-
Wirkung. Aus zwei Bewegungen entstehe nach dem bekaanteo
Lehrsatze der physischen Mechanik eine verbindende dritte und
so Hci es auch in der Seele, nur dafn zu ihrer Bildung eiae
gröfsere Alanuiglaltigkeit von Bewegung erfordert werde. Allein
dieser Vergleich übersieht, dafs zwei Kräfte sich nur in einem
schon vitrhandeuoii Körper als Durchschnittspunkt einijren
kÖDDen, aber nicht eiuun äolcheu Eiuiieiibpüukt erst schaifäo.
Ebenso unmöglich ist es, mit Herbart das Bewufstseio so»
dem Vorstellungsmechanismus, ans besonderen HelUgkeitsgrades
der Vorstellungen au erklären, djae Summe besonders bslier
Vorstellungen fUr sich ist noch keineswegs jene Einheit, welcbfr
die VorstelluGgen als ihre weifs und behandelt.
Herbart verselbständigt die Vorstellungen und raacbt die
Seele zum blofäcn Schauplatz — nicht einmal sum Zuschauen — .
sum blofsen Rahmen — nicht einmal zum tragenden niiJ bd>
dingenden Boden — , innerhalb dessen sich die Vorstellungen
bewegen und die« im Widerspruch mit seiner rinindaniKihrae.
wouach die VorHiellungen die äSelHf^tprliaituDgen der »Seele gegen
fremde üealicn darstellen, also doch ein Leiden und Wirken der
Seele voraussetzen. Allein die «Seele soll nun einmal eine einlache
vcrändernngs- und leideuslose C^ualitüt sein, weil nur so ihre
£iülieii ^^ewahrt werde. Als ob die Einheit eines W^esens eine
Mannigfaltigkeit Terschiedener ZustSnde und Thatigkeitea aus-
schlösse! Hit Becht sagt dagegen Lotae, es sei gerade das
Wesen der Seele sich au entwickeln und sie sei eher als eins
Idee au definieren, welche ihren Inhalt durch verschiedene Foriaen
der Entwicklung aweckvoll entfaltet und eine Vielheit von Mo-
menten zu einer sinnvollen Harmonie verbindet, denn als eise
starre Substanz oder Qualität. Nur ein planloses Anderswerden
sei durch diese Idee und das in ihr enthaltene Gesetz der Ent-
wicklung ausgeschlossen. Freilich greifen die äufsern Eindrücke
niffit in systematischer Orduuug in sie ein und die durch diese
Eindrücke! heding-ten Rückwirkungen der Seele buien nicht durch
aus folgerecht. Allein abgesehen von der Frage, ob jene Eindrücke
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Beitr&ge zur Geschichte der neueren Philosophie. ^1
zuialliE,'- seien, liege sfhnii Ordnung- genug- darin, dal» die Denk-
gesetze den Wahrnehiiiiüjgsiühalt in einen lestbestimmten !o-
gischeo Zusammenhang briageo, in welchem das Maonigtaitige
und Veränderliehe der ErRcheinungswelt «ich nach den Gesichte-
pankten des Gleichen und Ähnlichen (Identität), Abhängigen und
Bedingten (Kausalität) verteilt. Gerade das »ei der 8ina der
TieWerhasdelton und rätselhaften Bnge des Bewnfetseins,
-dab nicht alles Md|fliche sogleich die Auftnerksamkeit fesseln
kann, sondern dafs eine beaiehungsreiohe Zasammenordnuag und
Verhindnng nötig ist Die Enge des Bewofotseins hange weder
▼on den Helligkeitsgraden der Vorstellangen noch von ihrer
Kontrarietat ab, wie Herbart will. Ein ganz intensiver Eindruck
kann unbewnfst bleiben, wenn die Aufmerksamkeit irgendwo
anders hingerichtet ist, also der Eindruck nicht etwa durch eine
intensivere Vorstellung, Rondern die den nötigen Helligkeitsgrad
erst verleihende Aut'jnerksamkeit „gehemmt" ist. Die Hf'lüjr-
keitsgrade sind nicht so verschieden und bei echenbar, wie es die
Seelenmechiinik Herbarts voraussetzt. Eine Vorstellung ist ent-
weder klar oder nicht, klar aber ist sie nicht durch ein mehr
oder weoiger intensives, sondern ein extensives Wissen um sie,
eine hinreicbeode Vollständigkeit ihres Inhaltes und 0£fenliegen
aller ihrer Teile nnd Beziehungen. — Ferner sohltefst eine Vor*
Stellung nicht notwendig die ihr konträr entgegengesetste aus»
Tielmehr liegen sich die konträren Begriffe weife und schwars,
grofs und kleine positiv und negativ viel näher, als A und ein
beliebiges non A und ziehen sich deshalb sogar an.
Wichtiger für die Erklärung der Bewurstseinshello ist der
Wert einer Vorstellung, der Wert, den nicht etwa die Vor-
stellung an sich hat, sondern den ihr unser Interesse gibt.
Allein ausschlaggebend ist das subjektive Interesse nicht, nur
tur die tierischs Aufmerksamkeit bietet es einen genügenden
Grund, der Wert aber vermag einen ausgedehnteren Gesichts-
kreiü zu umspannen, sofern alles von demselben logischen Ge-
setzeskreis umspannt wird. Wohl ordnet auch die lierische
^le die Eindrücke nach zeitlichen und räumlichen Gesichts-
punkten, fafet das Ähnliche ausammea und erwartet vom Ahn-
ttchen Ähnliches, nur dafs diesen seelischen Gebilden das feste
4jepriige mathematischer und gesetalicher Kotwendigkeit fehlt
3. Gans in scholastischem 6ion betont Lotze den Untere
^hied eines höhern und niedern Erkennens und findet
das Auszeichnende der höhern AUgemeinvorstellungen, Begriffe
genannt, in dem Nebengedanken einer „gesetsgebenden Regel,
durch welche die einseinen Zilge des Allgemeinen nicht nur als
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Btttrftge tnr Geicbidite der nenerwi Philoiopliie.
eine thatsürh liehe Vurknüpfung:, die iu vielen Eioaelneu >ic^
wiederholt, soiidcro aU ein zueamniengehÖrigea Ganzes ersehe iceu,
in ihrer Verbindung durch den unteilbaren 6inn des Weüen*
Terbürgl, dessen Bild sie sind. Es kommt wenig darauf an»
wie auBgebildet unser Wimn am den Grand and die BedeataQg
dieser Zasammengehörigkeit ist; dafs sie überfaaopt Yon ans
gefühlt wird, and dafs wir die blofiie Summe vereinigter Merk-
male, welche uns der Vorstellangelauf an sich bietet^ in dea
Gedanken eines Ganzen verwandeln, scheidet hinliioglich unsere
Anffassung von dem blolsen Bilde selbst Diese Verwsadlnng
aber vollzieht beständig auch das ungeübteste Denken, wenn es
einen Namen der Sjuache ausspricht: noch mehr, wenn es dem
Namen den Artikel vnranschickt und das Waln <r»niommene ab
irgen(i ein Das bezeichnet, hat es schon kr;itti;j: ^enu^ unti un-
verkennbar diese Vereinigung der /.uöammen^estelllen Züge de*
Bildes in den Gedanken eines innerlich unteilbaren (ianzen vor*
genomiuen."
Eine einlache sinnliche Wahrnehmung liudel, dais die Gegen-
stände bald diese Eigenschaften haben und Thätigkeit ausüben
und bald eine andere, daher liegt der Ifedanke nahe, das Griis
der Baume, das Schreien der Tiere etc. etc. Ton dieaen Wesen
abautrennen und bei Gelegenheit wieder za verbinden. „Solcbe
Trennungen und Verbindungen der Vorstellungen sind das, was
wir denkend in der Form de» Urteils ausdrücken, aber wir
sagen im Urteile mehr, als sie selbst enthielten. Indem wir
vom Baume sagen, er sei grün, lassen wir ihn unter der Jr'orm
eines selbständigen Dinges, an dem die Farbe in jener Weise
veränderlich und abhängig hafte, in welcher überhaupt Eip ri-
■^chafteii ihn-n Trägern zukommen. Dieses mitgedachte N'erhtliiii»
zwischen Ihn^ und Eigenschaft ist der Grund, aul welchen wir
jene eigeniumiiche \'erknüpfiing unserer Vorstellungen zurück-
führen." Ebenso wenn wir das Urteil uussprecheu : ein Körper
stöfst uns, so enthält „dieses Urteil mehr als die blofse W^ieder-
holung der Thatsacbe, dafe beide Eindrücke sich in uns sa
folgen pflegten. Indem es den Körper als die thätige Ursache»
den Stöfs als die Wirkung beaeichn«it, führt es das Zusammen-
sein auch dmser Verbindung der Vonteilungen auf einen inneren
Grund ihrer Zusammengehörigkeit rechtfertigend zurück."
Ebenso erbebe sich der ächlufs über die einfache Erwar-
tung, Hoffnung und Belurchtung durch den Nebengedanken eioei^
allgemeinen Gesetzes, einer Notwendigkeit, welche den Mittel
uit; dem Ober- und ünterbegrüf verknüptl.
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Beiträge zur Geschichte der aeuereu Philosophie.
293
Über die Denkgesotze gibt .MikrokosmuB 11, S, l^'JÖ lY.
und über die Detinitiori eine« Hegriffs durch (jalluDg und
artbüdendc Merkmale (diilcrcnLia »pecitica) 11, S. 2851 Ö". und
147 f. selir anregende Erörterungen, von denen hier einige
BracLbUicke folgen.
a) Jeder, heifst es II, 302, wird den Satz der ideuiUut dahiu deuten,
daiä a stets a, blau stets blau, ein Ding stets dieses Oiog bleiben werde,
qnd 1BMI verde in dieser tdentItttSToratellaDg aicht beirrt, wenn dieses
Oisg sieli Andere, bald nibe, bald wiilce, bldbe oder verwelke. Sobald
nim aber die beginnende Reflexion der WidersprOebe . bewnüit werde,
welcbe bierin liegen, gerate sie niebt selten [gemeint ist Herbsrt] in den
entgegengesetsten Febler. „Sie sncbt in dem allgemeinen Satse Auf-
klärung aber die Natnr der Diage, die nicht in ihm liegen, sondern nnr
durch eine vorsichtige und ri(*htige Anwendung aus ihm /u gewinnen
sind. Dann möchte sie alle Möglichkeit des Werdens, der Veränderung,
des Haudcliis als widersprechend lenpnpn; n\:< ob der Satz d^r Identität
verböte, dais etwas werde, oder Vpränderliclics da sei, da er doch nur
behauptet, dafs Werdendes, so 1 ui^r es werde, nur werde und uiclit sei,
Veränderliches aber für unveränderlich zu halten nicht angehe, (ileich
unausgebildct sind unsere Vorstellungen von dem ursächlichen Zusammen-
hange. Bald dehueu sie sich zu dem widersinnigen Gedanken, dal's alles,
aidtt nnr die Ver&odening des Bestehenden, sondern auch das ursprOng-
liehe Bestehen Ursachen bedOrfe nnd diese ins Endlose hinaus deren
neoe; bald Iftnft nebenher die VorstellQng eines Zufalles, der einseinen
gestattet, nrsacblos an geschehen. Wo wir sieber zn sein glauben, keine
innere Eegsamkeit Toraussetsen sn dürfen, da suchen wir JLu&ere Orftnde
der Veränderung; wo wir jene Regsamkeit vermoten können, suchen wir
gsr keine, sondern dann scheint das Geschehene sich vod selbst zu ver-
stehen. Und da uns das Innere der Dinge hinlänglich unbcluuuit ist,
so können wir uns dieser letztern Freiheit fast überall bedienen. Die
grofse Menge der intransitiven und der reflexiven Zeitwörter ist ein
sprerfiender Beleg ffir die Aushildungshobe unserer gewolinli' lien Kausal-
begriffe; die Pflanze wächst iiu l die Wolken ziehen, es wird kalt, die Luft
bewegt sich und die Nebel senlien sich."
b) „Jede Definiuun, die das un mittelbar Gegebene durch seai
innerliches Bilduugsgesetz zu bestimmen :>ucht, schiebt nur, wenn sie
Sttf die allgemein» Art oder Gattung zurückgeht, den grölsereu Teil der
anssofUirendeii Arbeit als einen schon aosgeltthrten sur Seite* Sie beruft
sich darauf, der aatfirliche Mechanismus des VorstelloogSTerlaofes werde
m jedem Bewußtsein Terstftadliche und anschauliche Bilder dieses All-
gemeineren bereits erseugt haben, von denen sie nun ausgehen will, um
dorch Hinzufflgung der letsten unterscheidenden Merkmale das specielle
Bild des besondern Inhaltes sn Tollenden, von dem die Rede sei, eigentlich
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294 Beitrige tar Oetebiehte der neaeran PhttotopUe.
jedes der allgemeioeo Merkmale des ersteren einer besoodereii uad eigen-
tamliebeD Modifikation bedürfen, am als Merkmal des letzteren auftreten
sti können. Aber aniUtt dieser eelbit fttr die Witaeucbftll usefflUlbaroi
Aufgabe matt sowohl die logische Definition als der gaaeine Gebrsscib
des Denkens sieh bsgofigen, einen oder wenige ebarakteristisebe Zfigt
des Menschen bervonnheben, die ihn von andern Arten der Tiere nntar-
scbeiden, die Yerbindnng dieses Zuges aber mit den fibrigen Eigensebaftsa
bleibt ebenso sehr einem nnVIaren Gesamteindmck fiberlassen, wie die
Bedeutung des höheren Begriffes, Tom Tiere, orsprangUch einen solchen
Olierlassen blieb."
In der syätematischea Weltbetrachtung gelangen wir dazu,
die vorhandene MannifrfaUigkeit unter immer höher und höher
liegendo Be^^ritfc fM^zuordnün, wir steilen Natnrreiche, Klasgen.
rialtung-e.n, Gesclileciiter, Familien und Arten auf. Daa (jrund-
verliältni« ist die (lattuug uod die Art. Zu der Aunabme einer
Art- oder (lattunc-^natur veranlalst unn das gleichartige Verhalten
verschiedener Kiii/.elweseD, welche unter diesem Gesichtspunkt
wenigstens zu einem gemeinsamen Kreise gehören, so verschieden
sie sonst sind. Dieser Gattnngseharakter wird bestiminter, je
äbnlicher sioh die Dinge sind nnd unbestimmter, je ferner sie
aicb stehen, Tier nnd Mensch 2. B. verbindet der animalische
Charakter, Mensch nnd Mensch aber schon eine bestimmtere
Gattang. Dieses durch die Logik gebotene Verfahren nun Ter-
leitet nns leicht zu taisohen Xonsequenzen. Wir suchen in den
mehr oder wenigen verwandten Dingen ein mehr oder weniger
Allgemeines, eine Form oder einen „Stoff, der durch specifi-^ch
gestaltete Bedingungen gerade zu diesem oder jenem Ihog sich
gestaltete. Die weniger allgemeine, die boHtimmt'^rc Form ist
die nähere (^specili^che) Determination eines allgeiüeiuereu, das
sich zuletzt zu dem allgemeinsten und iuhaltsärruBten Begriff
eines schlechthinigen Seins verflüchtigt. Dieses allgemeine Sein
nun erscheine, meint Lotze, gleich dem rohen Marmorblock, aus
dessen stoffg^bender Festigkeit später hinzukommende Bedin-
gungen konkretere CrestaUen erzeugen. Boht nominalis tisch
meint Lotze, nicht das Allgemeine sei vorher nnd werde dm
znm Einzelnen bestimm^ sondern nur das Binzeine aei, nnd (Übrt
dies besonders hinsichtlich der Seele näher ans. Die Seelen
sind „ursprünglich verschiedene Wesen nnd besitzen neben der
Ähnlichkeit, sich in gleichartigen Formen des Aasdrucks zu be-
wegen, eine unbegrenzte Unähnlichkeit des Inhaltes, for
welchen sie diese Arten der Aufserung benutzen."
^Unanfhaltsara fÄlU diese schiefe Vorstellungsweise von einer noch
unbestimmten Substanz dahin» die wie ein aUgemeines Gerinnongsmittel
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Beiträge zur Geschichte der neueren Philosophie.
395
vorangehe, um den später kommenden Inlialt, welcher er auch sein möge,
zu haltbarem Dasein zu verdichten; wir müssen zu der Anerkennung
icaruckkebren, dals eben unmittelbar der lebendige Inhalt selbst es ist,
der durch seine eigene specifische Natur die Fähigkeit des Wirken» und
Leidens, die Eigenschaft der Sebetantialltlt gewinnt, nnd der dann für
ein nnbehnteames Denken den Sehein gibt, als verdanke er diese Form
4h Daseins niehi sieh selbst, sondern einem in ihm liegenden Ken
aOgeneiner Sabstani.*'
Dem psychologisehen Problem in Lotxeseher Form tritt eine Schrift
niher, die wir mit Freude snr Anseige bringen. Es sind »Die ewigen
Ratsei*, Vortrage von Rnd. Wiehert, Oberstlieutenant s. D. (Halle,
RSsirer 18S9. 112 8. 8«). Es ist sehr erfrenlieh, wenn Minner, welche
kein Zwang des Berufes zu philosophischen Studien antreibt, metaphjr*
siichen Problemen ihre Aufmerksamkeit und Beobachtung schenken. Die
eigentQmlicbe Auffassungs- und Betrachtungsweise, die sie sich innerhalb
ihres Berufes erworben haben, kann dem philosophischen Studium nuT
«rspriefslich sein, dip Opsicht'^ punkte werden bereichert und die Beleuch-
tung eine eigenartig irische und neue sein. Kine solche Krscheinunsf ist
doppelt erfreulich, wenn sich ein entschiedenes Talent mit hesclieideueia
Bewufstsein veiLiudet. Denn nur gar zu liaufig schmeicheln sich solche,
die Dilettauteu iu der Philosophie sind und es bleiheu, mit einer ein-
gebildeten Weisheit nnd Kiogheit sonder gleichen, sie verrennen sich
leicht in einseitige Orondsiue, ▼erbohren sich in LiebHngsideeu, werden
intolerant, gegen andere Ansiebten nnd Systeme ungerecht, und vertieren
die notwendige Bescheidenheit, welche jedem von selbst sich nahe legt,
der die widersprechenden HOgltchkeiten verschiedener LOenngen schwie-
riger Probleme vor den Augen sah. IVichert ist nicht so rasch fertig,
und ohne Eklektiker an werden, weifs er von verschiedenen Seiten sich
Aufklärung und Anregung zu verschuffen. Dazu kommt die gute Form
seiner Darstellung. Mit seltener Klarheit und Durchsichtigkeit der Aus-
führung verhin lot sich in seinen Vorträgen eine einfache, aber ansiehende
Schönheit der Sjiraclie und ein gemessenes TIrteil.
Wiehert gesteht selbst, dafs er sirh Lotze zum Führer erwählt
hübt, er beweist sich aber als völlig 6eU)standigcu Schüler Loi/.es. In
manchen Fragen scliliefst er sich Wundt, Liebmann, Helmholtz, Ulrici an.
Freilich berübreu diese Frageu nur die Peripherie der Kemanscbauung,
ffie im Grunde Lotzesch ist. Wiebert stimmt mit Lotae fiberein in jenen
eigsntamlicben Lehren, daft die Atome beseelt sind nnd die Wechsel-
'Wirkung der Atome nur auf dem Eintergmnd einer umfassenden intelli-
genten Welteinheit verständlich ist (Occasionalismus). Mit Lotseschen
Orflnden kftmpft er gegen den Wnndtschen Seelenmaterialismus, flberhanpt
^egen die monistische Verbindung psychischen und physischen Seins.
Wenn der moderne Monismus ein und dasselbe Substrat als Trftger
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^dö Beitrage sur Geachiehte der netteren Philosophie.
mteileUer und seeliBeber Fanktioneo erkennt und die Selbstbewvbtieiii
MM einer Aneinnnderreibong und Verbindung konatenter Torstellongai
und Empfindungen erklärt, so widerspricht dem Wiehert mit den oben
berührten ArsynrnenftMi Lotzes, 1. weil zwei oder drei Bewegtingsimpals«».
sofern sie uicht juütilich geeint, sondern aiifser einander sind, wohl sich
zu einer dritten Resultanten verliindeii liefsen, in dieser aber ver-
schwinden, während die psychischen Prozesse, z. Ii. die Vorstelloiigea
von gr&D und rot, ungemieeht sich erhalten, obwohl ein Bewnfttada sie
mnfefot, 2. settte eine solche materielle Beiv egungskombination ein Objekt
▼(»ans, in weleheoi sieb vorher zerstreute Bewegungen ▼ereinigen lassen.
DalSi sich 3. die Seele Oberhaupt erscheine — diese Beflexioa, üm-
biegnng d^r SeelenthAtigkeit — und dafs sie zwei Vorstellungen m
unterscheiden verniöge, beweise ihre Einheit.
Wir wollen hier die Gründe dos hl. Thomas für die Seeleneinheit
zur Vergleichung anführen. Schon vor Thomas, beziehungsweise vor
Aristoteles war die Soeleaeinhfil gefährdet und nur nnbedeutende Nuancen
unterscheiden die alten Bestreiter der Einheit von den modtTuen. lilän
sagte 1. wie Wundt: nur Gleiches kann (Gleiches hewegcn, der Körper den
Korper, die Warme die Wärme u. s. w., nicht aber eine immaterielle
Seele den materiellen Leib 9. 75, 1). 2. Nur Gleiches kann Gldche»
erkennen, die Seele mnU gewissermafsen alles sein. Stein, Feuer, Baum
n. s. w., um diese Dinge au erkennen ([, 9. 81, 2), endlich S. die Sede
setat sich aus einer intellektiven, animalischen und vegetativen EinseK
seele zusammen (Flato s. I, 1). 76, 3, contra g. II, 58). Hierauf erwidert
nun der hl. Thomas: 1. Das Materielle ist aus sich bewegungs- und
leblos und empfängt das Leben erst von immateriellen Principien. Leben
zeigt sich vornehmlich im Krkennen und Bewegen (cofrnitio et motust
— ein bedeutsames /ugc&tiindnis - , dieses Lehen ^eht iiu Körper vun
der Seele, in der ganzen Naiur von Gott aus (I, 9. 7ö, 1). 2. Wenn die
Seele ein Ding uftre, wftrde sie wohl dieses, aber nichts anderes erkennen,
wie wenn meine Zunge sauer infisiert ist, nichts Sllfses empfindet (1. c.
art. 3). Enthftit die Seele aber die Dinge oder ihre Ähnlichkeiten in
sich selbst, dann bedarf sie der ftuberen Objekte nicht mehr (I, A4, 2),
Wohl moCi die Seele gewiss er mafsen alles werden, nicht aber sein^
sie mnfs potentiell auf die Ähnlichkeiten der Dinge angelegt sein (oportet
quod Sit in potentia ad rerum corporearum similitiidine';> (Jerade darin
besteht die Natur des Immateriellen in höherem .'üiniic, dal's es in der
Einheit seinesWesens alles umfallt und dafs es di- I iiim;iterip!le au den
Dingen, ihre belebende Form in sich abbildet. Je imiauLenelier und selb-
ständiger (1, 75, 2 u. 3) etwas ist, desto mehr erkennt es und wird es erkannt
(1,84, 2). Allein auch in den niedem Stufen des Immateriellen befaHit 8. die
Form die Teile in einer wirklichen Einheit, su einem einheitlichen Sein.
Nun heiliit es aber ab eodem habet altquid esse et unitatem. Daum enim
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Beitrage xur Geeehicbte der oeneren Philosophie. 29T
consequitur ad eus (coutra geDt. II, 58). Wenn der Kuipi^r von der
anima intcUectiva belebt wird, mufs er also vou ihr auch die Eiubeic
erlialten, beständeü aber verschiedene Öeeleu uebeueiuaudcr, daou würde
die Binfaeit mrriweu (1. c). Uaa erinnert sich bei dieser Argumeouttion
en die GrOnde, welche man tOtt die Einheit Gottes in der Welt and dee
Regeoten In der Geseilscbaft anflQhrt. 4. Nachdem der hl. Thomas noch
hnTz die zwei entgegengeseuten Mdgliehiceiten beseitigt hat« daA die
hfihercB Seelen (aoima sensitiva und intellectiTt) je als Accideuen mr
niedern hinzutreteo oder daA die höhere Seele den Körper ond die-
niedem Seeleu als lostrument gebrauche, bringt er den beachteaswerte»
Hauptgrund, deu auch Dante in seiner diviua comedia anfahrt (pnrg. IV^
1. 10), nämlich ein Akt hemme in der Seele den andern, deshalb müssen
die Thätij/keilcn von einem Friacip ausgeben. Über diesen Punkt hat
sich Dr. Fteifor isi diesem Jahrbuch III. 473 eingehend verbreitet.
^V^ uil wii r)\\n mit den eben aog^eluhrten Heweisen des
hl. Thomas li.cjcmgen Lutzes und Wicherls vergloichcn, sehen
wir, dafb hier eiu neues Moment in der mathematiöch-mecha-
nisoben Betrachtung mitspielt. Die Müglichkeit eines-
mechaniächeu Verhaltens der Seele und ihrer Thaiigi%.ciLea wird
«ch&rfer inaAuge gefafst Diese Betrachtung begegnet ans noch-
male boi der Behandlang der Freiheit (S. 96). Hier helfet ee^
hei mechanieohea Impulaen kommen diese alle zugleich im Be*
aultat xur Wirkung, während der Wille einen bestimmten Impule
anawähle.
Wiehert betont mit Kecht ätets ,)die Inkomme nsurabilität
der mechanischen und psychischen Gesetze'', die Yersobieden-
heit und den Gegensatz des materiellen nnd geistigen Seins,,
welchen der Monismus verwischt.
Wir wollen hier nicht näher auf die Frage eingehen, ob
sich Wiehert hiermit nicht über Loti^e erhob uud aus seinem
AntichauuDgskreis zu Guobten eines enlschiedeneu Dualismus sich
entferne, sondern nur seine Begründung' der Freiheit aulühren.
"Wer deu Meuschengeiöt gleich einem Xörperatom mechuuiseh
bestimmt sein läfst, macht den Menschen, meint Wiehert, zu
einem Antomaten, za einem Rädchen in der Weltmaeebine; mit
Reoht keifst das Wiehert eine grauenerregendd Welt-
anschauung, welche die Geschichte „zu einem Spiel mit
Puppen*' herabwürdigt, ohne dalh abzosehen wäre, zu wessen
Belustigung.
Die Deterministen berufen sich wohl auf die unumstöfsliche
und ausnahmlose Giltigkeit des Kausalitätsgesetses, Mit Recht
iialt dem Wuchert entgegen, dafs eine noch sicherere Instanz,,
als die Denkgeaetze der Identität und Kaaealität, das Selbst-
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äd8 Beilrig« sor Otieliielite der nenereo PhUotoplue.
iMWubtaeiii 8ei, welche« nns ein eittliohes SoUeo und Kennen
lehrt. Wenn nns eine innere Stioiine snmft: „dn flollst das Gute
tbnn und dae BÖr'^ ] ist^en*', so ist anefa an erwarten, daCi wir
dicfier Stiraine Fol^e leiKtcn könnon und dafs dorn Solion ein
Können ent8j)richt. Wir können das Gute und Ideale erstreben
und verwirklichen roin um Heiner selbst willen, ohne daCs ein
meohaDiRcb uöLigeader Niitzlichkeitsgedanko dazwischen träte.
Wir sind in unserem Wollen nicht abhängig von der grölseren
oder geringeren iStärke motivierender Verstellungen, sondern wir
selbst können einer Verstellung in fVeier Wahl einen Wert bd*
legen, den sie an sieh nicht hat» besonders ist dies notwendig,
-wo die Tiel feineren nnd aärteren Mottle höherer Sittlichkeit
brutalen Naturtrieben gegenüberstehen. Ganz treffend erinnert
Wiehert an das analoge Verhältnis unserer Aufmerksamkeit zu
den sieh um die Bewufstseinsoh welle drängenden Vorsteliungen
(siebe oben S. 2ifl).
„Kin Unterschied zwischen starken und srh wachen Mutiven ist
ebenso sinnlos, wie einer zwischen starken und srhwac heo VorstelhingeD.
Die YorstelluDg des Doimers ist nicht stärker, als die des Flötentou,
die des SonnenliehtM niebt stftrfcer, als die dss Mondscheines. Ebeaie
ist dss Motiv sn einer Reiss nm die Welt nicht st&rker, als das xo einem
%asiergang, oder dai Motiv, jemand nmsnbringen, nicht stftrksr, als das,
ihm ds« Leben sa retten.*
Man könnte nun freilich hier einwenden, dafs der Wert^
den die Seele einem zwar schwächeren, aber höheren MotiTe
verleiht, der Ausdruck einer höheron WertHchätznng und zarteren
(ietuhle;^, damit :iVter einer höher bestimmt";) Tuid l'eiuer ver-
anlagten beelcanalur sei. Die Natur aber koone »ich niemand
«elhst g-eben. Ohne duH (iewieht diese« Kinwandeft vuUsiändig
heben zu wollen, möchte der UeCerent auf einen Versuch auf-
merksam machen, den er an einem anderen Orte gegen diesen
Einwand gemacht bat.
„Die Scholastik, habe ich im Phil. Jahrb. II, 187 ansgefOhrt, sieht
die Wursel der Willensfreiheit in der lodiffierens des VernnnftorteQe. Der
Verstand steht allen möglichen Willensobjekten in gleicher Weise gegen-
flber und bevorzugt an sich keines derselben. So ist es dem Willen frei>
gestellt, sich zn was immer für einer Tlultigkeit bin zu bewej^en.
Gegenüber dieser Fassunf? könnte man den Einwand erheben, da^
allenlitigs der Intellekt sich zu allein in pleicher Weise verhalte, allein
eine I'iifsrheiduug erfolge doch nicht willkürlich, vielmehr folf^e der Wille
dem ätHrkpren Gewicht. Wenn ich mich nicht t&usche, läf^t üich diesem
Einwand entgehen, wenn man die Freiheit tiefer anf den Willen, becw.
die Seelennattir selbst sttrflckfhhrt. Ich finde fftr diese Vertieftang einen
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Die GnmdpriocipieD der Natiir|ftbUosophie. 29^
Ankuüpfuügspunkt in S. Th, I, qu. 19, a. 1. In dpr hier gegebenen Be-
stimmung des Willens scheint uns ein tiefer Sinn zu ruhen. Die Seele
kann sieb zur Form von allem machen. Gott, die Gesellschaft, die
VtAm und SimiUdikeit kamt die intellekliitle Form werden, neek der
rie strebt. Mu kann die Seele die reine MOgliobkeit wie Goti die
reine Wirklichkeit nennen und bieranf die Freiheit begrOnden. Freillcb
um den Torwnrf za beseitigen, dadurch werde die Seele mit der Materie
auf eine Stufe gestellt, mufa sogleich beigefOgt werden, daXk die Seele
augleieb auf alles und zwar nach der richtigen Ordnung angelegt and
Ungeordnet ist, dafs sie die Keime und Samen der Formen enthält, zu
denen sie sich bildet. Daraus erklärt sich denn erst die volle Freiheit.
Wenn nämlich der Wille sich für niedere Güter entschieden hat, reagiert
dagegen das höhere Bewufstsein oder die höhere Anlaye. Gegenüber
^f^m ruhen Drang der niedern Triehe spricht die Vernunft mit den schwer-
wiegendsten (jruiuieu für die feineren Triebe, und zwischen beiden hat
der Mensch die Wahl."
DIE GRÜNDPRINCIPIEN DER NATURPHILOSOPHIE*
Von FK. GUNDISALV FELDNHR,
Ord. Fraed.
1. Das ch. mische Atom und die Molekel. Rode bei dem Antritt
des Rektorats dtr Königlichen Uuiversii&t 2U Breslau, gehalten von
Dr. Theodor Poleck.
2. Naturphilosophie im Geiste des hl. Thomas von Aquin, von
Dr. Mathias Schneid, bischöfl. Iiyceooui-Kektor und Seminar-Bi^ena
in Eichstätt. 3. Aufl.
8. Die Seelenfrage mit Rücksicht auf die neuern Wandlungen ge-
wisser naturwissenschaftlicher Begriffe, von 0. Flügel. 2. Aufl.
4 T>ir' katholische Wahrheit o 1 r 11^ ilieologische Summa des heil.
Thomas von Aquin, deutsch wiedergegeiieu von Dr. Oeslaus Maria
Schneider, Elfter Band. Supplemeotarische Abhandlung zum 8. Teile
der Summa: Die Natur und die Gnade oder die hl. Kirche Gottes.
Ei^ ist Oberaus erfreulich, dafs die Goh^hrten der Neuzeit si 'h 'viedcr
bestreben, aus dem reichen, sorglältig aubereiteten Materiale ein grofsea
einheitliches Oebfttide aufimrichteik iJki Einheit macht stark, verleiht
Bestand. Ganz besotidHrs aber liegt alles an der Kinheit des Funda-
mentes, soll (Ihs Gehiiude von Dauer sein. Die Naturjdiilosüphie nun
erbebt Anspruch auf den Namen und Rang eiucr Wissensciiai i. Darum
forscht sie nach dem tiefsten innersten Wesen der Natur, fragt sie nach
den konstitutiven Grundprindpien, deckt sie die letzten Ursachen dieser
Natur auf. Gestatst auf diese unerschatterlichen Fundamente baut sie
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300 Die GroDdprineipieii der Kitiif]ihiU»iopbie.
dann weiter, briogt sie Einheit in die zerstreut umherliegeuden Steioe.
fügt sie alles zu eiiH m herrlichen Ganzen zoaunmeo. Nun erst stellt
sie sich uns vor als die Wissenschaft der Natur. Natnrwissen'^rhaftea
sind mehrere, wie schon der Name andeutet, aber es gibt blofs eiae
Wissenschaft der Natur. In ihr sind die vielen andern geeint Auf ihm
<3nindprindpien rohen die andern, erbalCeD sie alle Festigkeit oad
Bestand.
Sehen wir nun, wie die vier vorhingenaonten Autoren die Unmd-
prindpien der Katur aafTassen, aas welchea Oniadbestandteilen sidi nsdi
ihnen die Natur zusammensetzt.
Dr. Poleck stellt sich die Sache vor wie folp^t: den Weg. anf
welchem wir zur Erkenntnis des innersten Wesens der Natur gelanges,
beseichnet ons das Experiment. Die Herrsdiafit der Wage entsebetdet.
(S. I.) Es mufs zunächst unterschieden werden zwischen chemischen
Elementen und chemischen Verbindungen. Erstere sind Körper mit
-einer Summe von unvertilgbaren Eigenschaften, welche bis jetzt aller
Anstrengung spotten, sie in ungleichartige Teile zn serlegea. Che-
mische Verbindungen charakterisieren sich durch die ÜnTerinderiichkett
ihrer Eigenschaften und ihrer Zusammensetzung^. fS. 2)
Der Körper ist nicht em zusammenhängendes Ganzes, sondeco
besteht atis nnter sich gleichartigen, sehr kleinen, nicht weiter teil-
baren Massenteilchen, Atomen, welche durch Zwischenräume von ein-
ander getrennt, sich gegenseitig anziehen. Diese Atome haben vpr-
schied enes Gewicht. Die in chemische Wechselwirkung tretenden
Körper darchdringen sich nicht Bei der chemischen Verbindong gebt
an Stoff nichts verloren. Das (lewicht der entstandenen Verbindung ist
«gleich der Summe der Gewichte ihrer Bestandteile. Für den Chemiker
ist der Stull unzerstörbar. Die Atome selber kann man nicht sehen, aach
nicht einseln aaf die Wage legen.
Die Wärme ist r>eweKung materieller Teile. EIm-dso herulien Magne-
tismus. Klektrizitüt auf Bewegungserscheinungen. Gleiche Kaumteile der
verschiedenen Gase enthalten eine gleiche .Anzahl materieller Teile,
Hassenteilehen, moleculae genannt. (S. 6.) Im Gassustande werden die
^rT^^eiiteilchen. Mtdekel. dem Kinflufs der peß:enseitif?en Anziehun? fast
L-ai).' p]\t7opeu. Sie bewegen sich mit gleichförmiger Geschwindigkeit
gradliuig iurt und pralleu wie zwei volUtandig elasti&che Bälle bei ihren
gegenseitigen Zusammenstoft, oder von den Wänden des einscbUefstndcg
Oetrifses zurück und setzen ihren Wcj in entgegengesetzter Riclitunp
fort, ohne an der (iröf-jp ihrer Bewegung etwas einzuhüfsen. Die Aggregat*
zustände der Kurper buid nur eine Funktion der Gröl'jie der Wärme-
bewegung ihrer Massenteilchen. (S. 7.)
Während aber die Molekel des Wapserstoffes in sich materiell
irleicbartig ist, nur aus Wasser besteht, enthalten die Molokel des
Wassers der Kohlensäure, des Chloroforms u. s.w. noch kleinere Teile,
die Gewichte der sie snsammensetzenden Elemente. Durch die cbemiscbe
Anr\]v?p luit man diese Gewichte gefunden. Die Erfahrung hat ans
ilie kleinsten Gewiclitsmengen der ehemischen Elemente in der Molekel
einer chemischen Verbindung kenneu gelehrt, wir nennen sie das Atom-
Ifewicht des Elements. (S. 1.)
Wir sind so auf streng induktivem Wege zu dem BrnrllT !e?
chemischen Atoms und der Molekel, den chemischen Bausteinen des
Weltalls gelangt. Ihre Gewichte sind keine blofsen Abstraktioneo,
sondern auf dem Wege des Experiments gefondenct durch die Wage
greifiiare OrOAen.
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Die Grondprincipien der Natnrphttosophie. 301
Aus den Atomen bauea sieb die Mulekei auf. Die Molekel der
«hemiflctaen Yerbiodungen sind ungleichartig in ihrer stoffliehen
Beschaffenheit, jene der chemischen Elemente gleichartig. Dem
Opsptzp der allgemeinen Anziphnn^r folpond. lagere sich auch gleich-
artige Atome aneinander, bilden so Ute Molekel der chemischen Kiemeute
und Destiminen darch ihre An saht in der Molekel die Efgensehafteo
derselben. So ist der färb-, geruch- und geschmacklose Sauer-
stoff d<*r Substanz naci- identisch mit dfm farblosen, aber zu einer
blauen FlOssigkeit verdiciubaren Gase von chlorähnlichem tieruche und
t^leidier Wirkung, dem Ozon. Die Eigenschaften des weichen, abfllrbenden
schwarzen Graphits und des durchsichtigen lichtstrahlenden Diamanten,
unseres härtesten Körpers, Eigenschaften, wie sie bei gleichor stoff-
licher Beschaffenheit nicht verschiedener gedacht werden koonen,
finden ihre Erklftrong in der verschiedenen Anzahl und Lagerung der
Atome in der Molekel dieser beiden Formfn lip^ KohlensloflFs. Das Gleiche
tilt vom farblosen, im Dunklen leuchtcmhMi überaus giftigen und
em roteu, im dunklen nicht leuchtenden und nicht giftigen
Phosphor. (S. 10.)
Dir- >Tf»lekel ist die pb ysikal isclie Kinlieit des Stoffs, sie ist der
Träger all» r Bewegungen, welrltr wir Schwere, Wärme. laicht, Elektri-
zität, Magnetismus, Schall neuneu. Die Physik rechnet n icbt mit Atomen,
sondern nur mit Molekeln, man kann sie daher als die Lehre vom Gleich-
gewicht und dor Bewepnng der Molekrd bozeicbnen.
Da«? Atoru. die kleinste (iewiclitsgröfse eines ehpniisciien i'iii'ments
ist die chemische Einheit. Die Ciiemie ist die Lehre von dem Auf hau
/Q Molekeln. Man könnte ihr ideales Ziel dahin stecken, dafs sie in
Zukunft sicli zu der Lehre von dem Gleiclisewicht und der Hewcfrung
der .\tome in der Molekel gestalten werde. Im Akt des chemischen
Prozesses werden die Atome frei und ordnen sich zu neuen Molekeln.
(S. 11.)
Dieses Spiel der Atome und Molekel bedin/^t aber auch den Lebens-
vorgang der Organismen. Dieselben Kiemeute, welche wir in der festen
Erdrinde finden, bauen auch den pflanzlichen uud tierischen Organismus
auf, desseu Daseinsbedingungen in der nnaasgesetcten Wechselwirkung
mit seiner T'mgebnnj? beruhen.
Solche Atome und Molekularbewegungen müssen wir auch in unserer
Nerren- nnd Gehirnsnbstanz voraussetzen, sie sind untrennbar verbunden
mit onserem Empfinden, und selbst di Arbeit unseres Gehirns kann oidbt
ohne sie K^'^^< bt w erden. (S. 12.) Wir verdanken den Arbeiten unserer
auigeieichnoten Physiker die Kenntnisse der Gröfse der Gasroolekel,
ihrer Weglänge, und noch anderer ihrer Eigenschaften. Wir betreten
hier ein Gebiet, dessen GrOfsen jenseits der Grenzen unserer
s i n n I i c h e n W a h r n e h m n n er e n 1 i e e e n , die aber als Resultate exakter
Eorsehung volle Realität beauüpruchen.
Die Auffassung von Berzelius, dafs die organischen Substanzen im
Organismus nur durch die Lebenskraft gebildet wurden und diese den
chemisrhen Gesetzen mVht gehorche. j)atte rrov isscrmafsen diese Ver-
bmdungeu der gesetzmiSklüigeu Auffassung der unorganischen Welt entrückt,
^hr bald aber wnrde der Lebenskraft eine Position nach der andern
entwunden nnd in der künstlichen Darstellung des Harnstoifs von Wöbler
im Jahre 182P. Her ersten Synthese einer or?nnischen Verbindnn?, fiel
das letzte Bollwerk, welches diese Verbindungen von der unorganischen
^hemie trennte. Das Eadergebnii dieeer Kimpfe war, dafo alle chemiadMii
verUndnogen, unorganische und organische, auf die Oewiehtigrdfse
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d02 Di« Oniiidpriiicipiea dir Natorphiloiophie.
ihrer Molekel zarflckgeflBllit ond diese durrh die chemische Formel eiu*
gedrückt wurde, ferner die Überzeugung, dafs di.'r t hemischp Prozefs siek
nur dadurch vollzieht, dafs entweder die Molekel sich einfach aneinander
tageni, der eeltenere Fall« oder ibre Atome aattattichen und einieliije
dersenn n diirrh rhrinisclio Elem<^ntc oder Atomgrnppen ersetzen. (S. 18."'
Und 80 durteu wir es wohl als das Uauptergebnis dieser chemischen
Geistesarbeit aussprechen, dafs jetzt nicht mehr der Zufall die chemische
Th&tigkeit beherrscht, sondern dafs ein ziel bewufetet Arbeiten am Aufb«a
der Molekel an die Stelle pf'treten ist, welches es nicht als eine Chimäre
ft&ueht, dafs es ihm auf Grund der bereits erreichten Hesultate geiiogeiv
werde, alle ehemiacben Verbindungen, welche die feste Brdrinde sowohl,
wie auch die tierischen und pflnu/.licheu Organisuien biKien, dif Zelle uad
ihren Inhalt, ohne V er ni i 1 1 1 u n des Lehensprozesses aufzubauen.
Die Chemie ißt aUo imstande eiue lebende Zelle herzustellen V Nicht
doch, denn sagt der Autor: aber die besonnene Naturforschung erkenof
auch hier scharf und tic^tinimt die ihr pesetzte Grenze; die Zelle bilden,
den Stoff darzustellen, ist noch unendlich weit davon ent-
fernt, eine lebende Zelle hervorsubringen. Die HAgliehkeh»
einen solchen schöpferischen Akt zu vollbringen, mufs sie weit ron
sich weisen. Wenn einzelne Forscher darüber hinaus diese Mft^licblreit
als einstige Wirklichkeit tiaumten. t»ü müssen wir ihueu Du Hois-hevmond»
„Ignorubimus** entgegenhalten in Besag suf das Rfttsel, »«was Mntciie
und Kraft ist" und wie sie zu denken vermögen. Die Chemie wird einer
von ihr hervorgebrachten Zellenitubstanz nie den prometheischen i* unken
des Lebens einhaoeb«*n, und sie ist auch nicht so vermessen, diaa
Überhaupt je hoffen zu wollen. (S. 24.)
Über die Kinheit des Stofts äufsert s^ch der Verfasser: vom Stand-
punkt der exakten Forschung erhalt die Annahme eines einheitlicbea
Ur Stoffs eine hohe Wsbrsebeinliebkeit« jedoch mit der interessnatea
Krtrünzung. dafs nicht jede Vordiclitunfr der Urmaterie auch zu einem
neuen Klemeut fuhren könne, sondern dafs diese Verdichtung der Oesetat-
uiäfsigkeit jener Reihe entsprechend sein und ihr folgen werde.
2. Dr. Poleck bekennt sieh also zur Herrschaft üer Wage. Die-
Grnndprineipien der Vatnr lassen hieb nach ihm durch das Kxi>eritnont
finden. £r ist unter die Atomistiker zu zählen. DemgegeuUtier betont
Dr. Schneid mit Recht, dafs die Grnndprineipien der KOrperwelt
übersinnlicher Natur sind. Die Pbilosuphie erforscht die Körperweit
nach ihren (Ibersinnlichen und letzten (»rOnden. W;»>ir* tid <](e Xrttiir-
wi^senschaft nur das Äufat rc, die Erscheinung, die Wirkung zu fi Ki-uuen
vermag, und zwar nur insoweit, als dieses Äufsere den ^)i^uen zugänglich
ist, peht die Naturphilosophie tiefer; sie erforscht die Ursachen der
Ph&nomenc, das Wesen der Körper, ihren Zweck, die letzten Gründe ihrer
hsrmoniscben Verbindung cum Weltgsnzen (Ein!. 8. 8). Dieser Antor
unterscheidet einen dreifachen Atoinismus der neuesten Zeit: den che>
mischen, physikalischen uikI philosophischen Atomismu;:. Per chemische
Atomismus nimmt eine .Materie an, die aber nicht kontinuierlich und eiue
Bnsnmraenfaftngende Masse ist, sondern ans triden kleinen Teilen bestellt.
Sie ist eine doppelte, eine imponderable oder uuerwägbare, oud eine
ponderabie oder wägbare. (S. 25.) Den letzten Satz unterschreibt
Dr. Poleck nicht. Kr sagt nämlich S. 5 ,,es war die uuaterbliche That
des Heilbronncr Arztes Julius Kobert Mayer, welcher 1842 xuerst die
gesetzmäfsigen Bezielumgen zwischen Wärfne u; d der von ihr gelei-
steten Arbeit erkannte und für die ürofse dersellieu auch sofort einen
Zahlenausdrnck aufstellte, welcher spftter durch die Arbeiten unserer
^ kj i^uo uy Google
Die Grnndpiiiieipieii der Nattirphiloiophie.
•iiBgmieliiMtatMl Pbytticer verbetBert, all das mMbuiiscba Äquivalent
der Wärme bekanut ist. Al8 HelnihoUz weiter Dachwigs, dafs das Gesetz
von der KrhaUung dpr Energie sich durch alle physikalischen Erschei-
nungen bfcütätigi üudc, da verschwanden der Wärmestoff und mit ihm
die abrigen InpoDderabilieOf Etektruitftt« Magnetiemue von der Witten-
Schaft lichon Bühne. Sie lösten sich s.-iDitlich in Hewegung8tMSch»MDuugeu
materielier Teile auf, wclebe sich in f?leichwertiy«^n (irölseu in einander
umseizeu, ao zwar, dais WiLriue durch die von ihr geleistete Arbeit und
mgekehrt diete durcb die von ibr eraeugte Wftnne genietteu werden
Da8 darf uns indessen nicht irr-' iiias'hen, denn wie Dr. Schneid durch
viele Beispiele oacbweist, herrschi unter den Verteidigern der Atumen-
lebre die denlcbar grOftte üneinigkeit. Bei jedem Forteher erscbeint das
Atom als etwa^ anderes. In der oainrwisseuschaftlicheu Disziplin bat es
einen andern Wert. Nach dem Cliemiker sind die Aiume von verachie«
dener Qualität, nach dem Mechaniker gleicher, nach dem Physiker bald
gleicher, bald verschiedeuer Natur; anders fafst sie der Phytiolog, anders
der Miueralog und wieder anders der Philosoph. Dem einen pfpItDi sie
als hart, dem andern als elastisch ; ein dritter nimmt sie als einfach uud
unausgedebnt, während sie wieder auderu sogar als beseelt erscheinen.
Sie sind eben ein iHlibmitte), dat sieh jeder snreebt tegt, wie er et et>en
braucht. (S. 47.)
Gehört deuu die Beantwortung der Frage über die Grund*
priucipien der Kdrperwelt überhaupt der Naturwissenschaft au? Der
Autor verneint et, und dies mit Grund, denn es bandelt tiob um dat
Wesen der Körper als solcher. Viele Naturforscher gehen dies auch
au. (&. 50.) Die vou Dr. Foleck vorhin erwähnte Definition der Physik
ud Chemie weist auf das K&mbcbe hin.
Angenommen indessen, die Atomittiker bitten ein Recht, in dieter
Fraire ein Wort mitzureden, vermögen sie das Wesen der Körper zu
erklären? Nein, denn der Atomismus enthält Widersprüche. Die ün-
teilbnriteit einet ausgedehnten Atoms enthilt einen Widerspruch. fibentO'
wenig ist ein gegenseitiges Durchdringen mi^Ueb, indem die jetaigen Alo-
mlsten die Impenetrabilität den .\romen als wesentlich zukommen lassen,
ohne welche sie gar mchi m begreifen sind. Ein teilweises l>urchdringen
iit ebenlbllt namAglicb. weil die Atome ja einfaeh dnd und ant durch-
dringlichen Atomen nicht eine undurchdringliche Materie entstehen kann,
■"^odann folgt aus der Atouienlphre notwendig die Annahme ein^s leeren
iUumet und einer actio in distans ohne irgend ein Medium. VVeder die
ehie Boeh die andere Annahme entspricht der Vernunft. Um nicbtt besser
Vit die Sache, wenn man behauptet, das Atom tei einfaeh uml uoaus*
eedehnt, es sei eine immaterielle Substanz. Eine immaterielle Substaus
kann unmöglich einen Stoff, also eine Materie zusammensetzen. Der
KArper ist aber doch gewilli materiell und autgedehnt. (8. 51—61.)
Durch die Atome können die ehemischen Eigenidwften der Körper
Dicht erklärt werden "Snch lien neuesten Chemikern tollen die Atome
Iteine telbstäudige, ttesonderte Existenz iiaben, »ondern nur uocli Bestand-
t«iie der Molekflle bilden. — Allein dat itt nicht möglich, weil die Ateme
schwer sind, Thfttigkeit betitaen. ISt l&st sich in diesem Syttem
auch nicht erklären, warum jene Atome am festesten sich mit einander
verbinden, welche den am meisten entgegengesetzten Elenieuten ange-
boren. Die Atome sind nicht entgegeugesetatf sondern gleichartig.
Die Kiemente aber entstehen ans den Atomen. Wo haben wir den Grnnd
xa snchen. dafs die Kiemente entgegengetetat tind? Die Kobäsionskraft
Jabrbucli für Philotophi« ete. VI. 20
• ••••• • • •
• • • •
alleiu kaDD diese Wirkung unmöglicli hervT^hrinjr ri T nerklärli- l ist
ferner die TbaUache, dalü die gemiscbteu Korper sowohl uater bicü als
auch von den dofacheD Kdrpero, ans denen sie skh gebildet liabcs,
total verscliiodeu sind. Im <^'eini8chten Körper treten ganz andere Eigen*
schafton und Kräfto auf als im einfachen. Man vergleiche das vorhin
von Dr. Poleck Gesagte. Die Umwandlung der Kräfte der Liemeute
in ihrer Verbindung vermag dies nicht zu bewirken, denn die Wirktingen
dieser Verbiii<l'iii!j kt^nnt'ii niemals solche sein, die mit den EiKenschaften
der vereinigten Kräfte im Gegensatz stehen, die gar keine Abnlicbkeit
haben mit den Propriet&ten der Elemente, deren VerUndoi^ sie eein
sollen. Und hei Körpern, die aus demselben .Stoff besteben, ist eine
solche Umwandlung der Kräfte gar nicht mdglich. Die verschiedene
Lagerung der Atome kauu dies cheDtatis nicht zustande briageu. Eine
andere Schwieriglceit bildet für die Atomisteo das reale und scheinbare
Volumen der Körper, das reale Volumen der verschiedenen Grundstoffe
und ihrer Verbindungen. Ebeuso die Verscbiedcubcit des spezifiscben
Gewichtes der Atome; ferner die Kr)'8talItsatioo. (S. 64—71.)
Atome erklären nicht die physiltaliaehen Eigenschaften der Korper.
Zu diesen Eigenschaften gehören vor allem die Aggregatzustände. Die
lassen sich weder durch die gröfsere und geringere Distanz der Atome,
noch dnrcb die verschiedene MolelrQlarbewegung erkliren. Auch die
Kohilsiouskraft läfst hier die Atomistiker im Sticho. denn o?; intirsle vor-
erst der Grund angegeben werden, warum die Kohäsionskratt in deu
verschiedenen Körpern und iu ihren verbchiedeuen Zuständen, ja selbst
in den verschiedenen Teilen desselben Kdrpm verdcbieden wirkt. Die
.Xtomistiker vermögen anrh nicht zu sagen, warum diese Kraft drn Atomen
im Gaszustande ganz verloren geht und ins Gegenteil umschlagt. Hie
Theorie von der Unver&nderlicbiceit der Ansdehnnng in den .Aggregat«
zuständen, welche von den Atomistikcru angenommen wird, erweist sich
.Tils in sirli unhaltbar. Denn e.H müfste dann der leere Raum und infolge-
dessen die actio lu distans verteidigt werden. Ist aber kein leerer Raum,
sondern sind die Atome vom Äther umgeben, so wird dadnreh die Be-
w^lichkcit derselbcti unmöglich gemacht
Nicht geringere {Schwierigkeit bietet deu Atomistikeru das LichL
Wird eine nndnlierende Bewegung der Atheratome angenommen, so be-
finden sich unsere Sinne besflglich des Lichtes, der Karben in einer
beständigen Täuschung. Woher kommt die Bewegung des Äthers? Welche
Ursache bewirlct eine verschiedene Dichtigkeit dieses ÄUiers? Wie
pflanzt sieh das Licht fort? Noch viel schwerer wird es fttr die Atomen»
lehre, die Bewegung loi Kfrper zu erklären. Dir Anzlehungs- und
Abstoisungskraft können, weil gauz und gar entgegc-uge setzt, nicht
in einem einfachen Atome sich vorfinden. (S. 71-81.)
Atome lassen sich nicht verwerten sur Lösung philosophiadMr
Fragen. Atomp erklären weder das Wesen der Körper, weil sie selber
Körper sind, noch auch die Erscheinungen dieses Wesens. Nach dem
Atomisrnns entsteht nnd vergeht nichts, es gibt nnr eine nene Ver-
Itindung der Atome. Für ihn existiert keine einheitliche Substanz oder
substantielle, sondern nur eine accidentelle Einheit in den Dingen. Ebenso
ist die Kiniieit des liiaiigkeitsprincips oder die Einheit des Subjekts,
welches thätig Ist, ganz und gar unmöglich. Endlich gibt es in dieaen
System kdiion wesentlichen Unterschied der verschiedenen Nntnr^
weseu. (fc>. 81—85.)
Der Antor bekennt sich daher in der moipholegiMiheB oder an-
stoteliseh*seholatfcitdM8 KOrperlehre, die er etogeliend erSttert (8. 86 —148)
Die GruDdpriucipieo der NftturphUosephie. 305
und mit soliden Beweisen stfltst. Die Resultate der neaero Phjsik und
Cheinii' bringt dn Verfasser ganz gut in P^'nklang mit deo nrlndpien
Am scholastischen Körperlehre. (S. 105 — 240>,
3. Der dritte der vorliin genannten lierru Autoren behandelt, wie
scboo dir Titel des BuchLä andeutet, zuDftcbBt die Seelenfrage. Das
uDserm Zwecke liier Dienende findet sieb unter der Überschrift: »Stoff
und Kraft*'.
Der Herr Autor ist Atomistiker. Nach ihm besteht alle Materie
aas letzten, anzerlegbaren, unveränderlicliuo , einfachen Wesen: ans
Atomeu. Diese Atome besitzen jedoch Kräfte. Sie sintI filloin die Träger
aller Kräfte, so dafs es also keine Kraft ohne äto ff gibt. (S. 23.)
Eioe Kraft ohne Tr&ger bez. Stoff ist ein in sich widersprechender Ge-
dnnke. (S. 65. 71.) Diese Kräfte entstehen eret infolge des Zusammen-
wirkens der Wpsou, indem sie sich dann pfEronPoitig zur Tliätigkeit be-
stimmen. Die Kraft darf überhaupt nicht als ursprüngliches (ursachloses)
Besitztom des Atoms, als eine Eigenschaft, die notwendig zu einem
Wesen gehört, gedacht werden; daher man denn auch nicht, wenn man
die unmittJ'lbarr- Wirkung in dto Fernt» vorwirft, annehmen darf, dafs
eine dem Atome urgprünglicb iuuewohneude Kraft sich erst dann geltend
mnehe, wenn es andern bis cor BerfUimng nahe komme. Hätten die
Atome gewisse Kräfte auch vor und abgesehen von aller BerQhrung,
?n hätte man in jodem Atom einen Vorgang, pin Geschehen oder doch
den Trieb zu einem Geschehen ohne alle Ursache. Ein ursprüng-
liches Wirken and ein nrstcUoses Wirken ist hier dnsselbe. Der Wider-
spruch, welker !i einem GeselHdien ohne Ursache liegt, ist auch vor-
hanlo?! wenn man den Atomen ursprOngliche oder ursachlose KräfK
zubchreibt. Das Gesetz der Ursächlichkeit verlangt auch für die ein-
fheheo Kräfte der Atome ürstcben. Aber worin sollen diese liegen?
Jedenfalls nicht wiederum in Kräften, sondern in dem Wesen selbst.
Für das, was die Wesen ein fflr allemal sind, bedarf es der Ursache
nicht, wohl aber für das, was sie unter gewissen Umständen thun.
(S. 73. 73.) — Ist eher die Rede von einem eigensehnftslosen oder
kraftlosen Wesen, so heifst dies nicht ein qualitätsloses Wesen.
Hätte ein Atom nicht eine bestimmte Qualität, so wäre es kein Wesen,
es wäre nichts. Jedes Atom mufs eine bestimmte Qualität haben.
TH» Qonlität kommt dem Atom ursprünglich, ohne nlle Rflckticht auf
andere Wesen unter allen Umständen als etwas Unbedingtes and
Unveränderliches zu; die Eigenschaften entstehen erat infolge
der Wechselwirkung der Atome unter einander und mit uu.s, den
AniTn&ienden*, sie kommen den Dingen nur unter gewissen Umstinden
als etwas Bedingtes zu. Die Stoffe gewinnen erst in unmittelbarer
Berührung mit einander Kräfte. Daher sind die Wesen, welche einander
zur Tbätigkeit bestimmen, nicht als qualitativ gleich zu denken,
sondern es mnJh zwischen ihnen eine ursprüngliche quelttttiTO Ver-
schiedenheit obwalten. Zur Wirksamkeit gehört ein qualitativer
Gegensatz derjenigen Elemente, welche sich zur Thiitigkoit bestinimeü.
Die letzten Klemeiite der Natur sind folglich nicht alle von gleicher
Qunlitit, sondern es obwalten zwischen ihnen gewisse qualitative
Unterschiede. Die Thatsache der qualitativen Verschiedenheit in der
Natur bedarf keiner Krklaruni^. Kiner P'rkl iruiig, d. h. piner Zurflck-
führung auf Ursachen bedarf nur das ücscheheo, aber die ursprüng-
lichen Qoalilftten sind kein Geschehen, sind je nicht zu verwechseln mit
den sogenannten Eigenschaften der Dinge, l'ci den ursprünglich^
Qualitäten ist die Frage nach Ursachen gar nicht am Platze. ( S. 77.)
in*
306 Die Gruudprincipim der N*iurpbilosophie.
Jede« in Wechbelwirkur-j mit andern begriffene Wosen oder Atom be-
findet sieb in inner u TliAiigkeitszuttänden. (S. 80.) Diese maonigfachen
qoftHtttiT vendiiedmeD innern Zostinde d«r Atome mch^n tidi otck
aufsen hin, in rUnmlirlHr T^^rJehnng, als Amidmofi* oder AbatoAvBgi*
kr&ft geltend. (6. 86. 9ü.;
4. Dr. Cesl. Schneider endlich bekennt sich ebenfalls zum System
von Stoff und Fonn im Sinne des Aristoteles und der Sdiolnatiicer. Er
achreiht abfr eine panj; besondere, tiefpreifende Bedenfnntr in der Er-
U&rung der Natur dem Lichte zu. Das Licht ist ihm keine Be-
wegung, keine Athersehwinguug, sondern eine rein wirlteAde
Kraft, welche Rewegtinji hervorbringt und durch diese Be-
wegung in den Atomen des Körpers zu allererst Wirme ver-
ursacht. Was wir Beweguug des Licliteü nennen uud als solches
beobtcbten, ist die Daner der materiellen Vertndemogen in unaerai
Sehorgan, welche vom I,i>hff vnrursacht wird. fS. 121.1 Das Lirhr bat
einen ,gei8li|en'' Charakter, es besitat eine .geistige" Kraft. Es bildet
das nädiste im betreffenden stoffKcben Dinge selber liegende Vermi^gen
für das thatsäehliehe Sein. (S. 178.) Das Licht ist eine Eigen-
»chaft. qualita^. Es wirkt als allgemeine K raft und bildet die erste
bewegende Ursache der irdisclien Entwickhiug innerhalb des Bereiches
selber des Stofflieben. (S. 184.) Das Licht ist nichts als ein Wirken,
ohne freilich in srinem Wesen " ir! !^ub s trat oder Subjekt einzascliüefsen,
von dem es getragen wird. iS. 185.) Durch das Licht wird die stoff-
liche Substanz f&hig fQr das Thätigsein. Das Licht also ist das Dritte,
was in jedem stonlichen Geschöpfe hier vou Gott an mittelbar aus-
geht. Es geht als wirkend unmittelbar vmh (üott ans. als Eigenschaft
haftet es am Stoffe und hat sonacii vou der betreffenden stofflichen
Snbstanx das Sein; sowie die substantiale Form als bestimmend vom
Schöpfer unmittelbar aasgeht, wenn sie aneh ihr tragendes SnlyÄt
im Stoffe hat. iS. 21i>. 225.^
In einem spätem Abschnitte seines Büches kommt der Herr Autor
abermals auf das Licht zu sprechen. Das Licht iät ihm wirkende
Kraft und es letif hn t Es ist eine auf den Stoff hin wirkf^ndp Kraft.
Soweit das Licht als wirkender Urimd eiufliefst, ist alle Bestimmtheit im
stoffUehen Sein von dem Lichte wie rein bestimmbares Vermftfen. Ia>
sofern es auf den Stoff einwirkt, ist es immer die erstw irkende und
bildet so die Voraussetzung für das Wirken «Her o1>risfen stofflichen
Kräfte. Sein Wirken geht immer auf den Stotf als solchen, iu seiner
Natur betrachtet, und somit ist die ihm eigens entsprecliende Wirkung
im Stoffe immer das Übt r^rt ben von einer substantialen Wesenaform zur
andern. Das Licht ist die erstwirkendc Kraft, vor welcher aller Stoff
nur bestimmbare Möglichkeit ist. Es bereitet vom Stoffe aus vor den
Eintritt der substantiellen Wesensform. Jede andere wirkende Kraft
hat etwas von der dem Lichte eigenen Kraft in sich, soweit es anf das
Thatigseio ankommt. (S. diti ff.)
Ilerm Dr. Polecks Arbeit trftgt, so lehrreich nnd interesssnt sie
sonst auch ist, zum Problem einer Nattirphilosophie im eigentlichen Sinne
nichts bei. Die Naturphilosophie beschäftigt sich mit dem Wesen der
Körper, insotem sie Körper sind uud vom Nichtkörperlichen sich unter«
scheiden. Wir fragen aiso hier nach dem innersten Wesen des
Körpers. Das will zwar unser .^utor ebenfalls, indem er behauptet, das
Experiment zeife das innerste Wesen des Körpers. Allein hierin li^t
ein Widerspruch. Durch das Experiment selber dringen wir niemala
Iiis zum innersten Wesen eines Körpers vor. Dieses letitere mols
307
vielmehr erst durch die Vrrnunft erschlossen werden Der Unterschied
der Naturphilosophie uud Natur wisseoachaft besieht eben dariu, dai's
•nMre •ien damit befafst, das innerste Wesen des Körpers eis soleben
klar'/alegen. Mit den einzelnen Körpern und ihrer ZusammeDSPtzung
d:ic:eG^en hpsrhäfti<;t sich die letztere. Hierin stimmt !>r, Poleck vol!-
kouiiauu mit uns übereio. Die Physik rechnet uach ihm uicht tnti
AtomeD, sondern nur mit Molekeln. Nun sind eber die Atooe, wie
der Herr Autor selber bestätigt, wirkhVhe Körper, besitzen somit eben-
falls innerstes Wesen, uach welchem wir friit,Mju Ist die Phj'sik
weiter nichts als die Lehre vom Gleichgewicht und derliewegung
der Molekel, so sagt sie uns durcheus niebts vom i nncrsten Wesen
dfpf^er Molekel. Gleichgewicht und Bewegung sind nicht ein nnd dasselb."»
mit dem Weseo der Molekel. Das Gleichgewicht beruht auf der Quan-
tität, die Bewegung auf der Thätigkeit resp. dem Uewegtwerdeu. Beides
gehört in die Kategoriedes Accidens, keineswegs eber in jene der Sofastans,
wie das innerste Wesen des Körpers.
Gauz das Gleiche mui'ti vou der Chemie behauptet werden. Die
Chemie ist dem Herrn Autor die Lehre von dem Aufbau der Atome zu
Molekeln. Sie wird in der Znknnft die Lehre werden von dem Gleich-
gewicht Tind r}rr Hf^wt^punp: Atome in der Molekrl. Also auch dii-
Chemie gibt weder jetzt, noch wird sie es iu der Zukunft thun, uns
AnCscblub ül>er das innerste Wesen der Atome und der Siolekehi.
Und docb bildet sowohl das Atom sogut wie die Molekel in Wabrbeit
einen Körper. Weder das Experiment aus der Pfiysik, noch jenes au=!
der Chemie bringt uns folglich um einea Schritt vorwärts in der Forschung
neeb dem innersten Wssen des Körpers. Ks zeigt uns eben picht
das Wesen, sondern bloft die Accidenzen des Körpers. Wir möchten
vor a^lpTn gern wisaoü, woraus das .\tom, dieser leibhaftige Körper,
seinem inuersten Wesen uach besteht. Müssen wir das Atom einlach
nennen? Dann ist es Geist nnd nicbt Kdrper. Bildet es ein Znsammen-
gesetztes? Wie beiden dann dessen Teile? Und sind dtsse Teile eben-
falls schon Korper? Dann kehrt unsere erste Frage wieder: woraus
dieser Körper besteht?
Daso kommen nocb andere Sebwierigkeiten, die einer LOsnng
dringend barren* Kach der Ansicht des Herrn Autors ist der Körper
nicht ein zusammenhängendes Ganzes. Er bildet also keine wahre
£iobeit, keiu ens per se, sondern blols ein ens per accidens. Entspricht
diese Ansebannng der Walirbeit, was wir Qbrigens bestreiten, so ist auch
das Atom, welches vom Herrn Autor Körper genannt wird, nicht ein
zusamnienhanfjendes Ganzes. Dies steht aber im Widerspruch mit der
BehauptuDg, dals die Atome nicht weiter teilbar seien. Das nicht weiter
Teilbare besitat die Eigensebaft der Eiafkchheit. Diese £igensebaft
jedoch kommt ausschlicfslich dem Geiste zu.
Ferner bemerkt der Herr Autor, die Atome könne man nicht sehen,
auch nicht einzeln abwägen. Nichtsdestoweniger haben sie eine durcli
die Wage greifbare GrOfte. Weiter spricht er von einem Gebiet, dessen
Qröfsen jenseits der Grenzen unserer sinnlichen Wahrnehmung
liegen, die aber trotzdem als Resultat exakter Forschung volle
Realität beanspruchen. Ja, stützt sich denn die exakte Forschung nicht
auf unsere sinnliebe Wafarnehmongl Wenn nicht, dann ist sie eine
reine Spekulation des Geistes ohne sinnliche Grundlage, somit eine Wissen-
schaft, die alles a priori konstruiert. Hier ein Beispiel. Die Atome
sind gleichartig. Ans diesen gleichartigen Atomen bauen sich die
Molekel auf. Die Molekel der chemiscben Verbindungen sind ongleieb'
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308 Die GrondiiriDcipiea der Nttarpbilosophie.
«rtif in ihrer stofflichen Beschaffenheit, die der cheAttchen
Ünemente gleichartig. Wie kommen die Molekel dazu, das eine Mal
gleichartig, das andere Mal uugleicharrig zu sein, während sie sich doch
aus durchaus gleichartigen Atomen aufbauen? Man nimmt die Sache,
wie nan sie eben gertde brtndit. Eine Erirtimng dafllr wird weder
gegeben, noch zu gebon versucht, Kin anderes Beispiel. Die Gase sintI
verschieden, denn der Herr Autor redet von den verschiedenen Gasen,
und doch enthalten alle eine gleiche Anzahl materieller Teile. Wodurch
nnterscheiden sie sieb dann? Offenbar doreh die Verschiedenheit
der materiellen Teile selber. Allein wie kf'ninen di'^so Teile ver*? rli icden
sein, wenn sie alle aus gleichen Atomen bestehen y Die blufse Ver-
schiedenheit des Gewichtes der Atome kann unmöglich eine Ver-
schiedenheit der Gase bei gleicher Ansahl materieller Teile bewirken.
K? sind Tv^ch inaurh andere Hinpe, denen wir rindere Zustimnaan?
nicht erteilen können, allein die Ausdehnung des Ueterates verbietet uns
niber darauf einanf ehÜBD. Das Eine steht jedoch fest, dafb Herr Dr. Poleck
uns das innerste Wesen det Körpers doreh die Herrschaft seiner Wage
nicht gezeigt hat.
Ungleich klarer und besser legt Herr Dr. Schneid die Grund-
priucipien der Körper dar, indem er das Wesen des Körpers mit
Aristoteles und Thomas von A'juin aus dem T'rstofTe und der substan-
tiellei! Form zusflmmfnßesetzt .-iein läfat. Der Herr \'ertasser hat die
Unzulauglichkcit der Atüoic für die Bestimmung des Wesens der Körper
ansfabrlicb und treffend nachgewiesen. Zufolge eines Sataes auf S. 105
mflfste man annehmen, dafs der Tlrstotf und die Form nicht real
distinkt wären. Sie sind aber in Wahrheit als real distinkt, wenn-
gleich nicht als real getrennt zu denken. Distinkt und verschieden
sind nicht ein und dasselbe. Der Sats: „Materie und Form vorcinigeD
sich so, dafs dadurch efwn*; Neues, eine Substanz pctsteht. d.ren Sein
vom Sein der Komponenten verschieden ist", bedarf einer nahern £r-
klirong. Die Komponenten haben fflr sich {tberbaupt kein Sein, das
Sein gehört der Snbstans, dem Kompositum an. Während der Herr
Autor auf S. 105 die Form von der Materie nicht verschieden sein
läfst, ist sie auf S. 108 und 110 wiederum real verschieden. S. III
gesteht der Herr Antor im OegautAt au 8. 106, dafs weder der Materie
noch der Form das Sein zukomme. S. 125 bilden Materie und Form
die metaphysischen Bestandteile des Körpers, S. 103 dafre^en ist die
Form als konstitutives Princip der physische Bestandteil des Körpers.
Die Begriffe: „ein anderer", ^verschieden'' und ndistinkt** sind mehrmals
an wenig aus einaoder gehalten. Vergl. S. IM S. 156 sind die Teile
der Quantität ihrem Sein nach von einander verschieden. Das
Wort: „Sein" gebraucht der Herr Antor öfters in einer miTsverst&ndlichea
Weise. So sagt er unter andern S. 260, ^weil das Erzeugte aus dem
Erzencer f^pnomnipn i^t. so folgt, dafs dasselbe mit seinem rrheber im
Sein ttbereinkouimen mul's". Sein ohne weitere Besttaimung bedeutet
aber nach 8. Thomas nad den Scbotostikem so viel ah die Exialent,
das Dasein eines Dinges. Demnach würde folgen« dab der Erzenger
und das Erzengte ein und '?i --olbe Existenz hatten, was natürlich ganz
und gar unrichtig ist, aucii vom Herrn Autor nicht gemeint sein kann.
Die Bebandlang der organi sehen Körperwelt, sowie der ganse
zweite Teil des Werkes ist etwas zu gedrängt ausgefallen. Wir haben
in di^^ser Beziehung' kaum etwas mehr als eir ??e\vöhnliches Lehrbuch
vor uns. Auf uns bat diese Partie nicht den i:.mdruck gemacht, dafs
sie «Aber den Rahmen eines Lebrboches binansgebt*, wie der Herr
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Die «irundpriucipieo der Naturphilosophie.
Verfasser in dor Vorrede sa^t. In der Saclie selbst n ir-! il r^ vorliegende
Werk gaoz sicher alleu Interessierten treffliche Dienste leisten.
Herr 0. Flüge! setzt das We sen der Kdrper ebeofaUs in die Atome.
Das Atom betrachtet er als ein einfaches Wesen. Diese Einfachheit
wird indes vom Herrn Autor wieder durch die Hemorkung aufgehoben,
dafs es keinen Stoff ohne Kraft gebe. Ist eine Kraft ohne Stoff ein in
sieh Widerspreebender DedaDke, so gehftrt die Kraft obite Zweifel nun
Wesen des Stoffes. Somit ist das Atom zusamm en gesetzt aas
:5toff und Kraft. Oi" Ansicht des Herrn Autors, dsfs die Kräfte erst
infolge des Zuaaminenwirküiis der Wesen entstehen, indem sie
sich gegenseitig znr Tbätigkeit bestimmeo, entbält eioen offenen Wider>
Spruch. Der btoff als solcher ist seinem ganzen Wesen nach trftge.
Er kann folglich in keiner Weise etwas zu einer Tbätigkeit bestimmen.
Der Stoff bestimmt überhaupt nicht, vielmehr wird er selber bestimmt.
Ebenso kann der Stoff nur ansammenwirken mittelst der Krall-
äufserung oder Tbätigkeit. Wie soll er aber eine Kraft änfsrrn, thätig
sein, wenn er selber keine Kraft besitzt, wenn diese erst entsteht?
Die Kraft niufs daher notwendig zum Wesen des Atoms geboren,
damit ea dieselbe ftofsern, andere anr Tb&tigkeit bestimmen kann.
Die Kraft als konstitutives PriiR-ip und die Kraftäufserung sind nicht ein
and daaselb(\ Zur Bethätigung der Kraft genügt dieses konstitutive
Princip uichi einmal. Dazu gehören in den Geschöpfen noch andere
Krftfte. Oer Herr Autor ▼erweebselt offenbar die Kraftftufserung,
die Tbätigkeit der Kraft mit tler Kraft selber, ^\t nn er scbreiLf:
..UiMten die Atome gewisse Kräfte aurh vor und abgesehen vtu aller
Heiubrung, so hätte mau in jedem Atome einen Vorgang, ein üe-
schehen, oder docb den Trieb zu einem Gegebeben ebne alle Ur.
Sache''. Die Kraft, welche wir hier brauchen, ist kousti f ii ti ve s Princip
der Wesenheit des Afonies Das Atom niufs vorerst eine Wesenhe^
kabin, dann kann es tlia tig sein, dauu kaon durch es etwas g es che he^j
Bemerkt der Herr Aator femer, für das, was die Wesen ein fflr allem
sin 1, !ii (Itirfe es der Ursache nicht, so mfissrn wir dies als ean/. nii^
gar uurichiic bezeichnen. Für das, was die Wesen sind, bedart es der
Stoff liebelt und der formellen Ursache, und nach diesen beiden
Ursachen Aragen wir eben, wenn wir die Körperwelt untersuchen. Davon
sagt uns aber der Herr Autor nichts. Der Körper lje.>telit zwar i!a*"h
ihm ans Atomen, allein über die .^tome selber hören wir nur widei-
^precheiide Angaben. Die Atome sind einfache Wesen, aber diese
einfachen Wesen besitsen wiederum Kräfte, die nicbt Eigenschaften des
Wesens sind, nicht notwendig zum Wes'Mi irehören. Andererseits
ist eine Kraft ohne Stoff ein in sich widersprechender Gedanke. Die
Kraft entsteht erst durch das Zusammenwirken der Wesen und
dadnrch, dafs diese Wesen sich zur ThftSlglteit bestimmen!
Der Herr Autor murijt einen Unterschied zwischen 'Qualität und
ivraft. Was ibt nun diese Qualit&tV Was bewirkt formell, dafs die
.4tomc eine bestimmte Qualität besitzen V Der Stoff als solcher hat
keine bestimmte Qniüitftt. Er bildet vielmehr die Grundlage für alle
möglichen Körper. Es niufs also doch die Kraft oder Fnrm sein, die
ihm eine bestimmte Qualität verleiht, ihn zu einem Korper macht.
Wir halten die Kraft oder Form dorcbans nieht fQr rine „Eigensebaft^
für ein accidens proprium des Stoffes, sondern für einen wesentlichen
Hestandteil des Körpers ^totf ist uud bleibt !'r '^t ff durch sieb
selber, aber Körper wird er erst durch die Kratt Kommt somit dem
Stoffe, dem Atome die bestimmte QoalitAt ursprünglich, obne alle
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3 10 Oewifiiheit od. Hypolbaw in der Frtfe der flebfvingoagnftbten etc.
Ritckäiclit äuf andere Wesen zu, &u i^i ea schon die Kraft, welche
formell bewirkt, dafs der Stoff eine bestimmte Qaalittt besttst, dftb
das Atom v\n KArprr ist. I ns will bedünkeo , dafs dfr Herr Autor
sacbltch ganz dasselbe sagt, was Aristoteles und die Scholastiker lehm,
aber der Kraft oder Form den Namen Qualit&t beilegt. Dafftr nimmt er
dann Kraft und Kraft&ufaerung oder wenigstf^ns die Kr&fte als Kigen*
schaff *^r. al«? nrridpntia propria für ein und da88(»lbe mit dCfKrAftalA
Forn)| als konstitutives ^riocip der Wesenheit des Atome«.
Die fiedeotanf , weteho Herr Dr. C. Selweider dem Uchte beilagt,
scheint uns doch etwas m weit sä gehen. Wir glauben selber, dafs <Us
Licht nicht in einer BeMPcnog bestehe. Die Ansicht ein^s Faraday,
sowie die Crookeschen Lichtmühlen und (jeii'slerschi^u Kohren, welche
dfe Lehre des Ftraday «xperioentell beetitigen, verdieoen ohne Zweifel
alle Ht'aclitunjr. (S. 9*1. i Aber wir vermögen dem Hf rrn Autnr dir'm
nicht bei/ustimmen . dal's er tifi«? Licht sozusagen dern Stoße uaii der
Form als drittes konstitutives Priocip an die Seite stellt. Der
Herr Autor selber 8]iricht sich nicht verstindlicb ßenitg darflber aus,
worin das Wesen des Lichtas Pipentlich liefren soll. F'-s hat nach ihm
einen „geistigen*' Charakter, besitzt eine ^.geistige*^ Kraft. Es bildet das
nächste im betreffenden stofflichen Dinge selber liegende Ter mögen
für das thtts&chlicbe Sein. Andererseits aber bildet es wiedenuB
eine Eigenschaft, ulsc sicher nicht das Ve r in <" g e n fnr fhnt-
sftchliche Hein. Ks wirkt als allgemeine Kralt und biidet die
erste bewegende ürtacbe der Eatwiektttog im StofflieheD. Bsistnieiita
nie ein Wirken, also wiederum das Gegenteil von Qualität, indem ja
diese in Hne andere Kategorie gehört. Da«? Licht schH»»fHt in seinem
Wesen kein Substrat oder Subjekt ein. Eine Qualität ohne Sub-
strat, ein Wirken ebne Subjekt . welclies wirkt! Kekanntlieb kann man
niemals ein Accidens seinen) Wesen nach definieren, ohne das Subjekt,
dem es angehört, mitzuhestimmeu. Durch das Licht, wird die stofHiche
Substanz fähig lür das Thätigsein. Wenn dies, dann kann das Licht
nnniVglieii ein Wirice n sein. CNts Uclit geht als Drittes unmittelbar
von Gott ai!^, «^fwie at^cli die substantirlli Fonn als bestimmpnd
vom Schöpfer uu mittel bar ausgeht. Derlei Sätze lassen sich mit der
Lehre des hl. Thomas sehr schwer Tereinbaren.
Grat. P. Qnodisaiv Feldner Ord. Praed.
GEWISSHEIT ODER HYPOTHESE IN DER FRAGE
DER SCHWINGUNGSZAHLEN DER
PRISMATISCHEN FARBEN.
Von Dr. M. GLOSSNER.
Ais icli von unaichereo Graodliigen der SohwinguogHzaUleii
der prismattscheii Farbeo redete (Jahrbuch, IV. Band S. 231),
hatte ich anaachlieraHch die physikalische Seite der Theorie
im Aoge, oämKch die Annahme eines schwingenden» Uchttrageodea
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GcwiXtheit od. ByiK>the8e in der Frage der Schwingoof snhlen etc. 311
Athen oder wie iininer man das mt £rlcläriing der Liohtersohei-
nwigeD ftngenommene Substrat oder Medium seiineii möge. Eb
handelte sich also und handelt sich in der vom H. Prof. Dr.
Pfeifer (a. a. O. Bd. V. S. 124) rair aufgedrängtnn Kontroverse*
durchanR nicht um die. mathematische Seite dor Theorie oder um
die Genauigkeit und Kirhtig-keit der Berechnungen. Es ist die»
schon in meiner Autwort am genannten Orte (8. 125) ausdrück-
lich hervorgehoben. Überdies habe ich ebenso ausdrücklich die
Verantwortung für die Zahlenangaben Dr. SchaslerK abgelehnt
(a. a. O. 8. 126. Anm.). loh glaube tber nicht allein diesen
Saebf erhalt konstatieren sa mtlsien, sondern ancb, um mich gegen
eine beharrliohe VerrUoknng des Fragepunktes sn verwahren,
wiederholt betonen an sollen, dafs meine Zweifel an den pbj-
sikalischen Grundlagen der herrschenden Auffassung von Lioht
nnd Farbe keineswegs auf einer principioll feindlichen Stellung
gegen die Undulationstheorie überhaupt oder auf dem Standpunkt,
den ich in der Philosophie einnehme, beruhen. Aus diesem
Grunde bin ich auch in der Lage, die luftinuation , als ob ich
mich gegen das empirische Wiss^en spröde ab8chli< ise, als eine
gänzlich aun der Lutt gegriftene zurückzuweisen. Gibt man aber
jenem Vorwurf die allgemeinere Wendung, in welcher er sich
gegen die Vertreter der sog. neuscholaatischen Richtung wendet,
dafo sie mit tiefwnnelndem Mifetranen den Katnrwissensobaften
gegenüberstehen, so ist eine solche Bohauptang teils falsch, teils
aber ist eine reservierte Haltung gegen Disciplinen, die nicht
selten ihre Erfahrungen für Gesetze und ihre Hypothesen fnr
nnanfechtbare Wahrheiten ansgeben, gerechtfertigt und wird auch
von anderen philosophischen Schulen geteilt, die auf eine selb-
ständige Stellung der Philosophie und philosophischen For^ehunL-
noch nicht zu Gunsten der empirischen Wissenschaften vcrzuliu
hahen. Dem Gesagten zutolge wird sich meine Auseinander-
setzung mit H. Dr. Pfeifer auf zwei Punkte zu richten und zu
beschranken habeu. i. dal's die herr>>cheudo Licht- uud Farben-
tbeorie, physikalisch betrachtet, nicht eine vollkommen abge-
schlossene nnd dnrchaus sichere Lehre, sondern eine Hypothese
' Dafs PS H Dr. I'f. um eine solche zn thtin war nnd nicht allriii
darum, die Grtinde meines Zweifels an den physikalischen Grundlagen
4er herrscheodeo Liehttbeorie kennen tu lernen, beweisen die wieaer>
holten teils offenen teils versteckten Angriffe im pbilos. Jahrbnch der
Görresgesellächaft nnd in den historisch - politischen Blattern Bd. 107
S. 549. Was die Bemerkungen am letzteren Orte betrift't, so können sie
nur anter der VoraaMetsonf eine Entschuldigung finden, dalii meinem
Gegner die Berichtigung in dioscrn Jahrbuch Hd. V. S. ^50 damals, als
er jene Worte icbrieb, noch nicht bekannt geworden war.
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^ 1 ^ (f ewiftheit od. Hypothese iti der Frage der hchwiuguugS2Ableu etc.
bilde, die noch gehr gewichtige Schwierigkeiten aus dem Wege
zu räumen hat und deshalb der Umbildung föhig" und bedürftig
ist; 2. dals in keinem Falle das Wegen von Licht und Farbe
auaachlierslich in Bewegungen und Zahlenrcrhältnisscn bcstehf.
Um auf den ersten Punkt einzugehen, >io läf^i sich aus
Zeugnissen hervorrag'ender und snlbständig lienkender Natnr-
forscher selbst der ^aciiweis erbriuguu, dafs es bibher nicht eimual
gelungen igt, die Theorie von dem undulierenden Äther in einer
widerspruehsfreien Weise dDrebzofähren. Der hyjKiiheiiscbe
Cbaraklwr dieser Lebre aber wird sogar in dem Gotacbteo dsr
Zdtsobrift „Himmel und Erde*', auf das sieb mein Gegner beruft
und das aegebiicb zu Gonsten seiner Ansiebt spricbt, zogeatandsa.
Dieses Gntacbten ist mit grofser Vorsicht abgefafst und weit
daroD entfernt, die Zuversicht des H. Prof. Fl', zu teilen. Statt
geradezu von einer Wellenlinie zu reden, wird darin von einer
gewissen mefsbaren Gröfse, von einer Energie, die sich der Gröfse
nach durch eine Wellenlinie graphisch darstellen läfst. gesprochen,
von einer „Analogie** ^Icr Wasser- und Schallwellen, von welien-
artig wechselnden Zuständen. Aut?driickli(h wird anerkannt, düU
die Annahme, es handle sich um elastische Schwingungen im
Äther, eine hv})olhetische sei. I)ies aber und nichts anderes habe
auch ich behaupten wollen, wenn ich vou unsicheren Uruudlageu
der Schwing u ngszablen redete. »Sollte also Herr Pf. mit diesem
Gntacbten vollkemmen einmstanden sein, so bestebt zwisoben
unseren Ansiebten kein Widerstreit und die vea ibm angetungcae
Kontroverse löst sieh damit, dafs er meinem Ausdrucke einen
Sinn und eine Tragweite beigemessen, die nicht beabsicbtigt
waren. Freilicb fügt das Gutachten hinzu, die hohen ächwiognngs«
zahlen stellten nicht den mindesten Einwand dar, da sog^ar die
Zinken einer (Stimmgabel in einer Sekunde viele tausendmal bin-
und horschwingen. Ich meine aber, es sei eine einfache For-
d«'r>in;r der Logik, dafs, wenn elastiselH- Schwiujj:un^t>n (von
solcher Art aber sind di(; der StimnigaU' 1 un^l müf^teu die
hypütheLiöcheu Schwingungen des Alliers sein) eine Hypo-
these sind, daun auch die Schwingungszahlen nur hypotheti-
schen Wert haben. Fls ist daher völlig irrelevant, wenn das
Gutachten beifügt, das Hypothetische am Äther seien lediglich
die Eigcascbaften, die eine spezielle Theorie ibm beilege, z. K
die Elastizität; denn die Theorie von der Fortpflanzung de«
weifsen wie farbigen Lichtes durch Billionen von Schwingungen
in der Sekunde setzt eben die Annahme eines schwingenden,
elastischen Substrates voraus. — Was die Bemerkung m dem
Gutachten betrifft, der Urheber des Ausdrucks „blofse Hypothese*'
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G^wiüBhaii od* Hypothese in der Frage der ädtwinguagssabien etc. «^1^
hätte ebensogut „blofae VermutuDg" sagen kÖonen, so bt die-
aelbe, soweit sie sich gegen mich richten «oll, gegenstandslo«,
dA i6k Ton einer „blorsen** Hypothese nicht gesprochen habe,
noch weniger aber föUt e» mir ein, die Uadnlationstheorie über-
haupt nnd als Ganzes als blofse „Yermatnng" hinzustellen. Dafs
sie aber wenigstens teilweise das Stadium einer Hypothese nicht
überschritten habe, wird in dem Gutachten selbst mit den Worten
/.ugestanden : Man hat sich endlich klar zu machen, Hals eine
solche Theorie nicht nur augenblicklich den besten Ausdruck tür
die verwickelten Naturerscheinungen abgibt, sondern dal's sie
unvergänglich ist, in so lern als jede künftige Theorie zwar den
Grundbegriff der elaslibchen Schwingung durch einen andoru er-
setzcn kann, iui übrigen aber nur Wort für Wort in ihre Sprache
TO überaetien braucht" (Zeitschrift: Himmel und Erde Jahrg.
U. Heft 12. 589.)
Wie diese „Übevsetznog** lauten werde, müssen wir dahin-
gestellt sein lassen nnd abwarten, was etwa der Fortschritt der
Wissenschaft bringen wird. Einstweilen aber scheint der Be-
griff der elastischen Schwiugung noch derart für die Theorie
unentbehrlich zu sein, dafs hervorragende Physiker selbst auf
die Gefahr des Uiatrriellon Widorspriichs hin daran testhalten.
Wenigste ns seheinen uns die Ei^enschafteu, die sie dem schwin-
^'enden Substrate oder Äther /.uzuNch reiben sich genöti^^t sehen,
ötuander widers]>reciietui zu sein. Xach Bayma (The elemeoti*
of molecular niechanics) int der Äther ein Medium, das keinen
Widerstand leistet, da sonst die Bewcguu^»jii der Planeten und
Kometen im Laufe der Jahrhunderte eine merkliche Veränderung
erlitteo haben würden. Gleiehwehl hält B. an der Slaslioitat
dieses Mediums fest, ist aber der Meinung, die nngeheure Geschwin-
digkeit, mit der das Licht sieb verbreite, beweise, dafs es eine
Elastlcität gibt, die ohne repnlsive Elemente besteht, weil jene
Geschwindigkeit nur aus einer ungeheuren Klasticität erklärlich
tei (8. Buch: on luminiftrous Aether III. IVY Der Äther raufs,
so sagt uns derselbe Physiker, um den Widerstand der atmo-
sphärischen Lutl zu überwinden, von unermefslicher Dichtigkeit
sein. Mit dieser Eigenschaft aber vorbinde sich eine grofse
Feinheil (subllety). Das »-in'« scliliel'se das andere nicht aus:
denu greise Dichtigkeit k(Miiii,f von der grofson Nähe der M<v
leküle oder Teile. Feinheit ak)er von der geringeren Zahl der in
jedem Molekiii euLhaltfnen Kiemente. Wäre der Äther eine
Masse eiutächer zu Molekülen nicht verbundener Elemente,
SO würde er den höchsten Grad von Feinheit erreichen, wie
grof« auch seine Dichtigkeit sein möchte. Newton nehme an.
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au GewUsheit od. Hypothese ia iler t rage der ächwinguugiuuiiiiea eu.
dafg die Dichtig-keit des Athors zu der der Luft eich wie
1 : 700 000 verhalte, und alle Physiker pflegen zu sagen, dafr
derÄther äufserst dünu aei, weil er der Beweg-ung- der Himnielb-
körper kein Hindernis entgegensetze, liieb erklare »ich jedoch
(nach Baymaj daraus, dafs der Äther ausschlierslich attraktiv
sei. Die DiobtigketI desMlbeii «ber mttne nach eemer Bewegung
beorteiU werden. Se sei vernttiiftig« eosnaehmeD, dafo die Atliw-
mesBeo, um frei durch die atmoephäriflohe Lnft iii Tibrieren and
über die damit verbaedeneD Schwierigkeiten au triampbiereny
weit beträchtlicher sein müssen als jene sind, aof die sie stpCben.
Dieser Schlufs erlange eine weitere Bestätigung, wenn man be-
achte, dafs ein Sonnenlichtstrahl auf eincmWege von 1000 Metern
keine wahrnehmbare Veränderung eri'ilirt. obwohl er auf diesem
Wege nicht weniger als 281 740OU<)()OO Luftuioleklile zu pas-
sieren habe. Bayma fugt hinzu: I do not see how such a fact
can be accuuntcd for, if aether is not immensely denscr than
atmosphaeric air (S. 185). — Wahrlich, der Äther ist doch, um
mit dem von Bayma angefiibrten Physiker GroTe an reden (Cor*
relation of pliysikal forces» p. 142), ein sehr bequemes Medinm
filr eine Hypothese. Verlangt die Hypothese» um für ein gege-
benes Phänomen Bechenschaft au geben, dafs der Äther mehr
elastisch sei, so wird behauptet, er sei mehr elastisch; wenn
dichter, so wird gesagt, er sei dichter; wenn minder elastisch,
so wird er für weniger elastisch erklärt.
Wie verworren die Vorstellungen nind, die über den licht
tragenden Äther bei den Physikern hcii'^ciien, möge uns eine
andere Stimme aus denneiben naturwissenschaftlichen Kreisen
bezeugen. In einer lb85 erschienenen Schrill über Molekülar-
physik schreibt Dr. Wittwer: „Das Charakteristische meiner
Schriften ist eine ToUständige Umarbeitung der Lehre von den
Äther» der der gewöhnlichen Ansicht aofolge nach ganz aben*
tenerlichen Normen wirken soll, nnd ich komme au manchen Er-
gebnissen» welche den allgemein vi-rbreiteten Ansichten geradean
widersprechen" (Grundzüge der Mulekülarphysik und der mathe-
matischen Chemie. S. III). Und weiterhin: „Seit dem Stege
der Undulationstheorie des Lichtes über die Emissionstheorie.
also seit 70 Jahren gilt die Existenz des Äthers, sowie der ?5atz,
jdafs er in der Konstitution der Korper eine Hauptrolle spielt*,
in der Phvbik :ils erwiesen. NicluMli -towenigor ignorieren ihn
die sich ebenfalls mit der KonstituLiun der Körper beschülligen-
den Chemiker vollständig. Es ist allerdings richtig, dal's die
Chemiker bei den Terworrenen Ansichten» welche die Physiker
über den Äther haben» mit demselben nichts anaufhngen wissen^
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GewiXsbeit od. H^potbese in Uer Frage der äcbwingUDgmhteo etc. '6 \ 5
u. 8. w. (A. a.O. b.IV.) ISndUoh an einer dritten 8telle: „Tiots dieser
hohen Bedeutung des Äthers läfst sich nicht leugnen, dafo seine
Natnrgesc hichte lange niebt so bekannt ist, ais ee wünschenswert
wäre, und währeml die Chemiker ihn vollständig ignorieren, wird
er, man dart wohl »agen, von Inr grofseD Mehrzahl der Physiker
als eine Art von nnvermcidlii hciu Noli nie tangerp hetracbtet.
, . . Was über di»i I)ichtigkeilhverhiiltui«se des AUiers in den
Hüehern zu finden int, ist entweder gar nichtn. oder die Angabe»
dafä der Äther in den Körpern dichter m'i als im allgemeinen
Räume, und dafs nich um die Atome herum die Ätherteilchen
atmoepbarenartig in der Weise bemmlugero, dafo die den Atomen
niheren Scbicbten immer dichter werden, wobei dann regelmäfsig
eine Abbildung einer Redtenbacberschen Dynamide Yorgefiihrt
wird, lob halte diese Annahme fnr nnriehtig und glaube, dafo
der Äther in der Nähe der Atome weniger dicht sei als
fern davon« Heine Gründe beruhen auf den Erscheinungen
des Lichtes . . . Die Annahme, der Äther sni in den Körpern
dichter als im allgemeinen Räume, war tlir die Molekülarphysik
von höchst nacht(M!io'»*u Folgen, denn wenn man von einer g-anz
tatschen Voran ssri/.ung ausgeht, niulH man zu lauler unrichtigen
Folgernii-vii iri l iT i^,^«», und das war denn auch zuletzt die Ur-
sache, dals die ganze Ätherlehre bei den Physikern so Bchr in
Verruf geraten ist. Man bedient !»ich des Äthi rH zur Erklärung
der Lichterbcheinungen, weil er da unbeUiugi oolweadig ist,
und, wenn er da seine Schaldigkeit gethao hat, wird er beiseite
gestellt** (A. a« O. 8. 3 f.)
Die Annahme eines elaatiaoben Mediums, durob dessen
Schwingungen das Liobt im Weltenraum sieb fortpflanst» ist im
gegenwärtigen Stadium der Undulationstheorie, wie wir sahen,
uneatbebriieb. Die Physiker nennen dieses Medium Äther. Im
Äther aber, über dessen Eigenschaften die yerworrensten Vor-
stelluDgeu — nicht zuiallig, sondern infolge der an ihn zu »tel-
lendon Anforderungen, trot?, ungeheurer Dichtigkeit keinen Wider-
stand y.n leinteTj — unt.(;r den Physikern herrschen, lip^rt dan
ünsK her(\ H yjKiiheLiBche der Theorie. Die PhyHiker denken f>wh
diesen Äther als alle Körper durchdringend und die Moleküle
der wit|j:haren Materie gleichsam umiluiend, zuuacbst um die Er-
scheiüuugen Uli durchsichtigen Körpern zu erklären. Aber auch
in diesem Funkte herrscht keine allgemeine Übereinstimmung.
Bayma erklÜrt die Annahme des Äthers hi den festen Körpern
aafCrrund der elektrischen und magnetischen Erscheinungen als
unnetig; die Wirme aber lasse sich aus den Vibrationen der
eigenen Molekäle des Körpers erklären. In einem durchsichtigen
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316 Gewif^heit od. Hypothese in üer Krage der Schwiaguogsz&blen etc.
Körper pflanze ^Ich (las Licht nach allen Richtuugt^n, nicht nilein
in deiijenig'en fort, in welchen die Molckiilar/.wischenriuine den
Weg troi lassen Zwar laufte sich mit der Thcjorie der aue-
»chliefslichen AttruktivjtiAt de« Äther» die Hypothese von einem
die Moleküle der wägbaren Körper nrngebenden Äther vereio-
baren, während es bei der gewöbolichen Annahme, dafa der
Äther äaflMrat dttnn sei, uaerklarlicb bleibe, wie die FortflansQDi^
des Lichtes dareb einen Krystall mittels der SohwingiiDgen des
Äthers im Krystall geschehen ki^nne: gleichwohl geschehe die
Transmission des Lichtes im durchnichtigen Körper nicht durch
den Äther: denn sonst miibte anch der Schnee, in welchem die
Moleküle weiter von einander entfernt sind, dorchsichtig sein wie
Wasser. Wenn man mch aber auf die regelraäfsige Anordnung
• inr Moleküle in einem (lnr( hniehtigen Körper berufe, fo erklare
diese zwar die Fortpflanzung des Lichtes zwischen den Molekülen,
nicht aber die Verbreitung- desselben nach allen Richtung-en hin.
Beachtet man die vorslehendeu Zeugnisse, so wird man
Dr. Commer (Die philosophische Wissenschaft 8. 6il) beistimnien,
daih auch die UndnUktionstheorie Modifikationen nn erwarten habe.
Versuche in dieser Richtung liegen bereits vor, der eine von
dem berühmten elsaasisohen Physiker Hirn im Sinne einer ge-
gemäCsigt dynamistischen, ein anderer von Zanon(6cienzaItaliana,
Jahrg. 1885 u. 1886) Tom Standpunkt der aristotelisch schola-
stischen Naturaufl'assuDg.
Über die heri*fichenden Theorieen vom Wesen des Lichtes
und der Wärme spricht sich Hirn in folgender Weise aus: „In
der Hypothese, die wir erörtern, sind die Sternenräurae von
einem Stoffe erfüllt, und um nicht einen vierten Aggregat-
BUBtand der Körper zu urtinden, ictl mau weiterhin genuligt, zu
sagen, dalb cUeser Stoff ein Gas Ton so geringer Dichtigkeit ist,
als man annehmen will. Von da wird man jedoch an den be-
fremdendsten Folgerungen geföhrt.
1. Die Atmesphären der Planeten sind begrenat In der
ClanainsBchen Hypothese und in jeder andern, welche die inneren
WSmepbänomene einer Bewegung der Gasteile zuschreibt, ist
die Grenzschicht notwendig von Molekülen gebildet, die 7,ur
Kuhe und folplioh zur absoluten Null gelang-t ^ind. und zudem
ist es nur diese Schicht, die aus ruhenden Teilen gebildet sein kann.
Dann aber gilt von zwei Dingen eines: entweder haben die
iSternenräumc eine eigene Temperatur oder sie sind in der uh-
solutcn Aull — 273° ungoitthrj. im ersten Falle sind die Mo-
lekflle des Stemengases in Bewegung, und wir fragen: wamm
teilt aich diese Bewegung nicht den letiten SchMhlen der Pb-
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üowiftheit od. Hypothese in der Frage der Sch wioguogmblen etc. 31 7
neteoainiosphaFen mit, und wie köHDen diese begrenst und schart'
vom SteraengaBe geaohieden sein? Im zweiten Falle sind die
Moleküle des Storoesgases in relativer Ruhe und oscillieren nur
unter der Form von Lichtwellon, sie aiod also ohne aDBcbeioentie
gegensiiitige Abstofsnng; warnm fallen sie aber dann nicht geg:cn
die Himrael«körper , oder wiederum wie küimeii die Flaneteu-
atmosphareii scharf von diesem vorgeblichen bternengase ge-
schieden sein? iVIau hat oiugeweodet, dafs dieses Gas, weil es
den unendlichen Kaum erlüllt, in keinem Sinne einen Druck
ausüben könne und daher ohne alles Gewicht scheinen müsse;
diese Einwendung j kaum erträglich, wenn im Baume nur Gas
existieren wttrde, serstiebt unter ihrer eigenen Absurdität, wenn
man sich erinnert» dafe im Baume yerscbiedene und mSobtige
Attraktionscentren bestehen. Dieses Argument genügt, um die
Hypothese von einem ponderablen Steroeogaee zu Tcrwerfbn.
2. Wenn die innere Wärme der Gase nur eine gewisse
Molokülarbewegung ist, wenn das. was wir Druck der Gase
nennen, nur aus dieser Bewegung stammt, so ist ein (jas nichts
anderes als «mh teilweise leerer und teilweise von den durch
die alleinige t^th wache Wirkung der Schwerkraft von einander
abhüug-ig gewordenen Molekülen eingenomiuener Kaum. Ks ist
leicht zu beweisen, dafs ein solches sobou sehr schwer mit der
Theorie der SolmUwellen Tereinbaree Medium in keiner Weise
mehr zu den ersten Anforderungen der Licht- und Wärmewellen
stimmt. In diesen zwei Theorieen, besonders aber in der zweiten
ist man genötigt anzunehmen, dafs die Schwingungen durchaus
nicht ans dem direkten Stöfs der Atome gegeneinander ent<
springen, sondern dafs die Atome durch repulsiye und attraktive
Fernkräfte Bolidarisch von einander geworden sind: mit einem
Wrirtc. man ist genötigt, dio Existenz dieser dynamischen Kle-
nieutt', denen mun entp^thcn wollte, anzunehmen, und dann ist
es unnötig, auf materielle bchwingungcn zu rekurrieren, um die
Wärrocphänoraene zu erklären. tlbcrdieB weifn jedermann, dal»
der Ton sich um su besser in den Gasen fortpflanzt, je dichter
diese sind und mehr ponderable Molekfile im selben Baume ein-
scblieften; der Ton erstirbt im leeren Baume unserer Luft-
pumpen. Licht und strahlende Wärme dagegen überschreiten
diese Leere und zwar um so besser, je YoUkommener sie ist.
Mit andern Worten , das Licht, das durch ein hinreichendes Vo-
Inmen von 6m hindurchgeht, wird nach einem ganz anderen
und viel rascheren Gesetz geschwächt als nach dem des um-
gekehrten Verhältnisses des Quadrates der Entfernunpon und
erlischt zuletzt; die strahlende Wärme verschwindet ebenso in
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318 Gewifsheit oü. Hypothese in der Frage der ScbwingUDg&SAbleo etc.
einer genügend ausgedehnten Ga'^masse und erwärmt sie. In
den ^temenräumen dagegen * riahrt das Licht angeni^cbeinlich
keine BpocifiKche Veränderung durch das Medium, in dem e^
«ich Ibriptiauzt. Sein in diesen Räumen volikouimen gtjrad-
liniger Ijang würde uub sonst zwingen, ;iüzunehmen, dafs da?
malerielle Hedium, wonu t;» bich lorLpiiauztin soll, überall voü
der gleichen Dichtigkeit sei: eine aus dem Grunde schon, diA
dieser Steff als ein ponderabler gilt, al>soliit uDselassige Hy-
pothese.
3. WeBD sich in den Steraenroamen ein ponderables Gas-
medinm findet, so mufs dasselbe» so dttnn man es, ttbrigens will-
kürlich, auch denken mag, der Bewegung der Himmelskörper
einen WidersUuid entgegensetzen; man weifs, dafs, was die
Planeten und ihre Satelliten betrifft» die Astronomie kein Datum
gcAvährt, das auch nur von ferne zur Annahme des wirklichen
Bestehens eines solchen Widerj^taudes berechti^rt . . . J'^ie»»
Bedenken versiurnnji vor tiem .Studium der Komcit iipLinni LLL-uc.
Diese ui^eiJiuiulictien Körper bieten sich in einer ganz besouders
günstigen Weise tür diese Art von Untersuchungen dar. Es
stellt fest, daCK die Uichtigkeil dieser Himmelskörper aufbcrurdcot-
lich gering und thi Vuluineu ungeheuer grofs ist. Der relative
Wert dieser Masse kann also niobt mehr angeführt werden, un
au bebanpteii, dafs das angebliche materielle Median^ worin tie
sieh bewegt) auf sie wirke, ohne dafe die Beobacbtnng uns ge-
stattet, sie wahraunebmen. Nun deutet aber niebte, absolst
niebte in dem ganaen Umikng der Erscheinungen, die eie bieten,
auf irgend etwas hin, das mit Ueobt einem Widerstand gegen dn
Bewegung zugeschrieben werden könnte. Ein einziger unter
ihnen, der Enkcsche Komet, gab zu dem Glauben Veranlassung,
dafs in der Nähe der Sonne ein widerstandsfiihiges Medium be-
stehe, und die Mehrzahl der Astronomen schienen nicht ahgeneigi;
die Möglichkeit eines derartigen Hindernisse» zuzulassen,
Faye zeigte, dafs dieser Komet, weit entterat einen Widerüiaod
in der Richtung seines Laufes zu orlahren, eine gegen seineo
radius vector gerichtete Zurückstol'sung erleidet, die aus der
Wärmestrahlung der Souue entspringt.
Mit «nemWorte: wir können als definitiv bewiese«
betrachten, dafs es keine undulatoriscbe Bewegung
des Stoffes selbst ist, welche den Erscbeinuugen des Liebt«
und der strahlenden Wärme au Grunde liegt** (G« A. Hirn,
Tb^rie mecanique de la cbaleur t. II. p. 264 — 268,)
Ein strenges Urteil lallt derselbe Physiker über die moderne
Ansiebt, dats Licht und Wärme nichts weiter alsBewegungsformsn
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GewiTtbeit od. H^NitbeBe in der Frage der ScbwiDgangisablen etc. 319
seien. „Die moderne Lehre, die überall nur Bewegungsver-
anderang, TrttBeformatioii einer Art Ten Sohwinguog in eine andere
sieht, dieee Lehre iat ein großer Inrtnm, der keinen Augenblick
vor der strengen Erfomchang eines einsigen Phänomens der
Attraktion und Repulsion zu bestehen vermag/* (A. a. O. S. 977,
Wiederholt Spricht H. dieses Urteil aus in der spatern Schrift:
Recherches experimentalcs et analytiques des lois de l'eooulemeni
et du cboc des gaz, Paris 1886, angeführt bei Bergsoo : Essai
sor lea donnecs immediates de la conscicnce, Paris 1889 p. III.)
In den ang-eHihrten Texten ist der Stoti', dessen Bewegungen
dio Lichterscheinuii^cii erklären sollen, als ein ponderubler an-
genommen. Nach der Ansicht Uirns ist aber auch ein im-
ponderabler Stoff nicht geeignet, die Erscheinungen des Lichts,
der Wärme u. s. \v. betVicdip:end zu erklären. „So z. B. über-
setzt die Theorie der LiciuwellcD, die an die Stelle der 2^'owtoD-
«eben Emissionstheorie getreten ist, und die das Licht mit dem
Sehalle^ mit einer oscillierenden Bewegung des Äthers Tergleieht»
sieherlich mit der aufhersten Treue die Liohterscheinungen, und
wenn sie nioht der Tollstandige Ausdruck der Wahrheit ist» so
ist sie doeh wenigstens eine teilweise höchst nützliche Über*
Setzung (traduction) derselben. Betrachten wir aber jetzt die
wirklich verwundbare Seite dieser Interpretation. In demselben
Augenblicke, in welchem man der überall verbreiteten Substanz
den wesentlichen Charakter des Stoffes benimmt, in riera Augen-
blicke, in welchem man sie aller Ma-^^o entkleidet, wird es un-
möglich 7M erklären, wie die Bewegungen des Warme-, Licbt-
nnd des elektrischen Äthers unter gewissen Bedingungen den
materiellen Atomen raitjETCteilt werden oder wenigsten« auf diese
in der Weise wirken kuuucn, um ihre beziehungsweise Lage zu
modifizieren. Entkleidet man z. B. den Wärmeäther seiner Masse,
ifo ist es unmöglich au erklaren, wie die Vibrationen dieses
ithefs allein, wenn sie in einem Körper eine Zunahme erfahren»
die Atome dieses Körpers zu trennen yermögen, indem sie äufoere
und innere Hindemisse überwinden." (Theorie mtenique etc.
p. 228.)
»Von einer anderen Seite, wenn man aus dem Äther im
allgemeinen nur ein feineres und dünneres Princip als unsere
dünnsten Gase macht, lohnt es der Mühe nicht mehr, ihn radikal
vom iStoffe zu unterscheiden. Aufserdem finrlct sich in dem
allen ein noch ärgerer Widerspruch, Her diese ürklarung, als
I'Oiire im j^auzeu genommen, zu Falle bringt. Man hat aus dem
clektrihcheu, dem Licht-, Wärme- Äther impouderable Gasartcii
gemacht, d. h. Principien, die sieh der allgemeinen Attraktion
Jührbuuh nir PbiloNophi« etc. VI. 21
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320 GewiMeit od. Hypothese in der Fimge der Schwingungssahlen etc.
u. B. w. entziehen; indes Terlangeii die ersten Anfordemogen
der Optik 2. B., dafs der Lichtfither in den Körpern dichtw
anderswo und folglich einer Attraktion nnterworfen sei. Hin
hat awar dieser Konsequenz sich zu entziehen gesucht, indem
man den Äther und den 8toff mit spezifischen Kräften, die von
einander nnabhängig sein sollen, ausstattete, aber es wird auch
dann imraög-lich, 7U erklären, wie der Äther auf diesp ruier jem*
Art sich and«3rs als im liaume lokalisiert. Diese Erwi^^üngtiu
bewirkten, daCi* fast alle neueren Physiker die Hypothese der
Existenz eines oder mehrerer allgemein verbreiteter Ätherarten,
deren Bewegungeu den Erscheinuof^en des Lichtes, der Wärme
u. s. w. statt geben würden, fallen lielscn. Ich werde balii
zeigen, dafs man, nachdem man von einer sehr gerechten Kritik
ausging, sich in eine andere ganz ebenso verwundbare Lehie
hineinziehen liefe, und dafs entschieden die Lehre yon den Äther-
wellen einfach ungenügend ist. Sie fehlt einerseits dnreh die
Terminologie, die einer radikalen Veränderung untersogen werden
mufs, andererseits fehlt sie, indem sie eine ganze Ordnung von
Ersobeinungen im Schatten läfst, nämlich jene, deren Inbegriff
den Dynamismus oder die Wissenschaft tou den Kräften ans*
macht/' (A. a. 0. S. 221»)
Die lienatiipTkeit nnd Sohärfo der neror-hminfTf n kann nach
demselben Phy«iker als Zeugnis iür die rem iiu chanische Er-
klärung der Naturerscheinungen nicht angerufen werden: ..Denn
in ihrer mathematischen Anwendung führt diese Lehre zu rich-
tigen (.ileichungeu aus dem sehr einfachen Grunde, weil sie von
einem ewig wahren und allen Thatsachen der Erfuhrung vor-
angehenden Grundsatze ausgeht, nämlich dafs im All keine Arbeit
verloren gehen kann* Aber die materiellen Bewegungen, durch
welche diese Lebre die Kräfteerscheinungen vorstellt, entsprechen
der Wirklichkeit sowenig, als die Bewegungen eines Automaten
denen eines lebendigen Wesens." (A. a. 0. S. 277.)
Biese Zeugnisse hervorragender Physiker dürften genügen,
um den Leser in den Stand zu setzen, ein Urteil darüber in
lallen, ob ich berechtigt war, jenen leisen Zweifel an den physi-
kalischen Grundlagen der herrschenden Lichttheoric auszusprechen,
der H. Prot. Pfeifer v.u einem so heftigen, bei jeder Gelegeoheii
gewaltsam ausbrechenden Widerspruch gereizt hat. Denn nicht
die Gröfsc der Zahlen war es, was ich beanstandete, sondern
die realen Vorgänge, in welchen sie sich verkörpern sollen:
wiewohl selbst Br. Hertz in seinem bcrühmteu Vortrag über
die Beziehungen von Licht und Elektricität (Tageblatt der 62. Ver-
sammlung deutscher Naturforscher, Heidelberg 1890, S« 144 ff.)
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(iewifAbeit od. Hypothese in der Frage der Scbwingungsaihlea etc. 321
die elektrischo Theorie des Lichtes aus dem Grunde beg:rüf8t,
weil niiDmebr die OptikWellf n frewinno, deren Liingcn nach Deci-
metern. Metern. Kilotneteru n ohnen, wodurch die Theorie den
Sinoen lufslit li. dem nutürlichen Geiste verständlich werde. I ber
die Schwierigkeiten der herrschenden physikalischen Vorstellun«^'
von der FortpHanzung des Lichtes aber hat sich kaum jemand
scharfer und aafrichtiger ansgesprocbea aU derselbe Forscher,
obgleich er die Wellentbeorie des Lichtes, menschlich gesprochen,
(ttr Gewifsheit erklürt „Es ist also gewits,** so äafsert er sich,
„dafs aller Raum, TOn dem wir Kunde haben, nicht leer ist,
sondern erlüllt mit einem Steife, welcher fähig ist, Wellen au
schlagen, dem Äther. Aber so bestimmt anch unsere
Kenntnis von den geometrischen Verhältnissen der Vor-
gitnjxe in diesem Stoffe sind, so unklar sind noch unsere
Vorstellungen von der physikalischen Natur dieser Vor-
gänge, so widerspruchsvoll zum Teil unsere Annahmen über
die Eigenschaften des Stoffes selbst. Naiv und unbefangen hatte
man von voruherein die Wellen des Lichts mit deucQ des Schalles
tergleicbend als elastische Wellen angesehen nnd behandelt
Xnn sind aber elastische Wellen in Flüssigkeiten nnr in Form
Ton Longitndinalwellen bekannt Klastische Transversalwellen
in Flüssigkeiten sind nicht bekannt, sie sind nicht einmal mdglioh,
sie widerspreclicn der Ifatnr des flüssigen Znstandes. Also war
man zu der Bebaoptnng gezwungen, der raumerfÜUende Äther
verhalte sich wie ein fester Körper. Betrachtete man dann aber
'leu ungestörten Lauf der Gestirne um! suchte pich Rechensehatl
von der Möglichkeit derselben zu peben, so war wiederum die
Behauptung nicht zu umgehen, der Über verhalte sich wie ein««
vollkommene Fliis.'iig'keit. NebenciuaUiier bildeten beide Beiiauji-
tuugen einen für denV erstand schmerzhaften Widerspruch,
welcher die schön entwickelte Optik entstellte." (A. a. 0.)
Im Angesichte eines so gewichtigen Zeugnisses iVage ich
den H. Prof. der Philosophie Dr. Pfeiffer, ob eine Lichttheorie,
die nicht einmal von Widersprüchen frei ist, der Berechnung
eine absolut sichere Grundlage biete, und ob ich also berechtigt
war,Ton uuMcheren Grundlagen der optischen Schwingungszahlen
m reden. Denn nicht etwa, wie Tl. Pfeiffer unterstellte, die
Berechnung: einer gewissen minimalen Linie (der präsumtiven
W'ellenlängp mnd aus dieser fsowMe aus der die ( ipsohwindipkeit
des Lichtes ausdrückenden Zahlgröfse) der Anzahl der hypothe-
tischcu .Schwing•un^•en, sondern eben jene „Vorstellungen von der
pnysikalischen ^'atur der Vorgänge" bildeten und bilden den
Gegenstand meines Zweifels.
21*
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!
S22 Qewilli1ieitod.Ii>i>otbe8eloderFtageder8eliwiDguDgixalil€ii«te.
Meine Bedenken richten Ricli nicht gegen die Undulation>-
theorie als solche, vielmehr werde ich sie ohne Zögern accer-
tieren, wenn es ihr geliugt, sich vod den Widersprücheo, an
denen sie noch laboriert, frei za machen. Dagegen werde ich
nie ihre eineeitig meohanuche AnfTamung, ioAbMoodere nie öie
Anetoht billigen, dsik das Wesen dee Lichtes nnd der Farbea
ansschliefslich in Bewegung nnd Zahl zu suchen sei. Ich be-
grttlbe daher freudig joden Versuch, aufser dem MaterielleD
und QnantifcatiTen in Licht und Farbe das Formelle und Quali-
tative zur Anerkennung zn bringen. Als ein solcher stellt sich
eine Keihe von Artikeln Zanon*^ über die ,,Principien der
Physik nach der I.ehrc des modernen Hylomorphismus'* in der
Zoitschritit Öcienza Italiana dar. Wie die Dinge heutzutage
liegen, verdient schon der Mut des Verfassers unsere Acbtung.
abgesehen von der Sympathie, die ihm durch unseren Standpunkt
gesichert ist.
Die Quellen der Absurditäten, an denen ^e modernen
Theorieen leiden, liegen in der Annahme einer Femwirknn^ der
getrennten Atome oder Moleküle, die ttberdies un?eranderlich
nnd trSge keine andere als mechanische Energie haben sollen.
Der reine Dynamismus aber leidet sowohl an der Absurdität
einer actio in distans als auch an der Annahme einfacher (uq-
ausgedehnter) Atome, die eine phänomenale Ausdehnung erzeugen.
Auch eine emtachsi Kontinnitiit alier Körper kann nicht an-
genommen werden, selbst wenn man bic mit dem Princip der
ünveränderlichkeit der realen Ausdehnun": kombinieren würde,
weil in einer unget'ormton Masse AusstiahluDgen mit transver-
salen Schwingungen unmöglich wären und auch die prismatische
Zerstreuung n. s. w. nicht stattfinden könnte* Diese Fhänomeue
sowie die Kryetallisation yerlangen kleinste sich berührende und
mit Kräften begabte Teile, denn bei blofser Bernhmng wäre
weder Adhäsion noch Kohäsion möglich. — In der chemischen
Mischung sind die Elemente nicht aktuell, sondern nnr virtuell
enthalten; nur das Molekül besteht als homogenes und indivi-
duelles Ganzes; unverändert aber bleibt die Quantität der Materie
od* i das Gewicht. Dalicr jsi die cheiuiftche Atomtheorie, in dem
Sinne aulgelarst, dafs im Knmposiium die Quantitäten der Elemente
:V)i tliestehen, mit der scholastischen Theorie vereinbar (Sei. Ita.
Jahrg. 1885 II. S. 107 ii'.). Mit Beruluu^ auf den von Hirn
erbrachten Nachweis, dafs Wärme nicht blofse Bewegung ist,
bestimmt Z. die Wärme als Qualität und (sweiten) Akt der
materiellen Substanz, welche diese in der Bichtung anf eine
Bewegnngstendena der Moleknie konstitoiert. „Hiefse es nicht
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Gewi Aheit od. By^hne ia der Frage dec SebwiogtuigaiAhleD etc. 323
in den fehlerhaften Zirkel TerÜUlen, daTs die Materie «eh be-
weib weil sie ia Bewegung ifit, wenn man behauptet, die ört-
liche Bewegung komme allein durch die örtliche Bewegung
desselben Körpers in stände?** (Jahrg. 1886. 1. 8. 494 ff.)
Um die Lichterscheinungen zu erklären, setzt Z. an dieStelln
der fingierten Vibrationen der Äthermasse BtrahlungeD, die nicht
örtliche Bewegungen Ton Körperteilchen, sondern Bewegungen
oder „DtirchgTingc'* von Qualitäten, Kräften oder Einflüssen, d, h.
von Aktionen sind, die in die ersten JNloIcküle der Körper ein-
tiriiigeo und in diesen ihre Schwingungen vollziehen. (X. a. O,
4Ui>.) Diühei- Aiitlassung ist mit der atomiHtiHcheu gemeinsam
der Eintliil'^ des ponderablen Stoffes auf die iStrahlungen; da-
^'cgen geht nach ihr der Äther weder iu die KonstiiuLiou der
die Strahlungen fortpflanzenden Medien ein, noch gilt er als
nnduHerender Körper, der die Strahlungen erzengt. ,,Die Medien
lassen den ausgestrahlten EinfluPs passieren, wenn sie durch-
sichtig (diaphan oder transparent) sind für das Licht, diatherman
Ihr die Wärme. . . . Nach Aristoteles ist das wahre Medinm
der Strahlungen nicht der Kör])er, der sie durchpassieren läfst,
sondern jene Bigeoscbat'i des Körpers, die beim Lichte Transpa-
renz genannt wird und tur die man bei der Wärme den Aus-
druck Diathermaneität u. s. w. gebrauchen kann. Gleichwohl
nennen wir Medien der Strahlungen die durchpassierten Körper
selbst» wollen aber hiermit mit Aristorole^ sagen, dafs es die
iingetuhrterj Eigensciiatten der Korper sind, welche diese ge-
eignet raachen, Licht u. s. w. p;is.sieren zu lassen.** (S. 497.)
hic Lndulutionen der auRgestrnhlteu Eiullüsse können nicht eine
Wellenbewegung des Körpcrö selbst sein, der sie lortpliduzL,
mag dieser noch so fein sein, noch weniger« wenn er dicht, nnd
wie man sagt, ponderabel ist, weil der Äther die Wellen in
TransTersalschwingungen, wie die Strahlnngen es fordern, nicht
fortpflanzen kann, nnd, und weil die Geschwindigkeit der Fort-
pflsasnng in ponderabeln Medien die der Transversalschwiognngen
wäre, wie sie von diesen Körpern fortgepflanzt werden können^
diese aber unvergleichlich gerioger ist als die Geschwindigkeit
der strahlenden Einflüsse.
Eine Bestätigung dieser Ansicht findet Z. in der Fresnelschen
Theorie der Kellexioa und Ketraktiou des Lichtes an der Ober-
iUclie de> (ilases, deraufol^r die Elnsticiti'tt in verschiedenen
Medien die gleiche sein nlüt^le, was weder vom Athcr noch von
einem ponderabeln Stoffe angenommen werden konnte und nur
von der Energie des Einffus^en gelten kann, die, abhängig vom
strahlenden Körper, in beiueu Medien die gleiclte ist. (A.a.O. S.50G.)
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^24 Gewifsbeit o4. Hypothese ia der Frage der SehviogaiigUEahleii etc.
lo inDigettt ZuMmmenhang mit der Annicht, Licht, Wamie
u. II. w. seien nichts weiter «Is Formen mechanischer Bewegong,
Kteht der philosophische and physiologiscbo Apriorismus. Dv
Xativismus Jokanni^s Müllei*6, der, wie Wandt eiDraumt, der
physiologiBcho Auadmck der Kaatschen Krkenntnislehre ist (wie-
wohl er den Zusammenhang nicht als einen notwendigen ao-
crkenuen will. S. Physiolog. Psychologie S. 353 der 1. Auß »,
ftteht mit physiolop^schen und itsychologischen Gesetzen im Wider-
spruch. In jener Beziehung widerspricht ihm die funknoneiia
Indift'erenz der Nerven. Vom psychologischen Stauapunki aber
muis angenommen werden, dafs die normale Disposition d&>
Sinnes jede Qamlität aus seiner Komposition ausschließie, die der
Gattung von Objekten angehört, von welchen er angeregt und
aktuiert wird. Die sensible Qualität kann folglich ihren Ursprung
nur im Objekte haben, und was man objektive Reizformeu
nennt, kann nicht aussohllersHch Bewegung, Undulation oder
iSohwinguog sein. Der entgegengesetzten Ansicht stehen selbs;
i^ewichiige physikalische Gründe entgegen. Tyndall -spricht üich
über die Wärme sehr uns^icher aus und verhehlt sich die .Schwierig-
keit nicht, der die Identifizierung von Licht und Wanne begegnet.
^Starkes Licht ( wio das des Mondes) bleibt ohne merklichen Ein-
druck von W arme, wie umj^ekehrt hohe Wärmegrade aul die
Pupille keinen Lichteindruck hervorbringen. Auch ist es nicht
gestattet, um die formelle Identität Ton Lioht und Warme aal'
recht BU erhalten, mit Tyndall anxunehmen, dafs der optische
Nerr nach Art einer musikalischen Saite nur mit den SSchwia*
gungen des Lichtes in Einklang stehe und gegenüber anderea
ungleich stärkeren, bei welchen dies nicht der Fall ist, unem-
pfindlich bleibe: eine Annahme, die weder physiologisch noch
])«ychologi8ch haltbur ist und der vorauag'esetzten Identität von
Licht und AVtirme selbst widerspricht. Da die Unterschiede der
Wärme, des Lichten, der Farben unleu^'^har vorhanden .-^iud, so
entspricht es vielmehr den Gesetzen des Dtjnkeus, du; Ijcwegungs-
unterschiede aus der Verschiedenheit der ^ualilätca, als um-
gekehrt diese aus jenen abzuleiten. Kin gewisser farbiger Licht-
strahl erzeigt sich wirksam in Schwingungen dieser Art, weil er
rot ist» nicht aber ist er rot, weil er auf diese Weise wirksam
isL Wenn ein und derselbe Sonnenstrahl auf der Hand eine
Wärmeempfindung, im Auge einen Lichtoindruck bewirkt, so
hindert nichts, anzunehmen, dafs er Träger verschiedener Qua-
litäten ist, von denen die eine nur vom Gesichtssinn, die ander«
nur Tom Tastsinn wahrgenommen wird, wie der Blinde von
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Gewiftiieit od. Hjrpoibese in der Fitge der SefawingungsMhleD elc 325
einem Körper die Geetelti nieht aber togleich aach die Farbe
wahrnimmt (Loronsem io der Sc. Itat. 1886. I. 207 if.)
Licht and Farben sind also mehr als Bewegangstbrmen;
in ihnen ist ein formelles, qualitatives Klement als Konstitutiv
eingescblosseo. Die ^^IssenBchaftlichc Erkenntnis von Licht und
Farben wird sich folglich nicht auf die bchwingungszahlen be-
f^chränken dürfen, sondern auch das Verhältnis der Qualitäten
ins Auge fassen müssen. In dieser Kichtung bcg^eg-not si( h die
Farbenlehre Goethes mit der Thoorto flos Aristoteles und der
•Scholastiker. Wie immer man übor ihn» AuHlühning im ein-
zelnen urteilen mag, der Grundgcdauk»;, duirt die Farben uuh
einer Mischung konträrer Gegensätze — Licht und Dunkel —
entopriugtin, enthält eine Wahrheit, die sich trotz des voräber*
gebenden Widerspruchs der Katnrwissenschafb anfs neue Bahn
brechen wird. Wie aus einer neueren gegen Goethes Farben-
lehre gerichteten Schrift, deren Verfasser sich auf Helmholtz
stutzt, hervorgeht, stammt dieser Widerspruch aus einer mathe-
matisch-mecbanischen Kichtung, die sich lür ausschliel'slich \vi<^sen*
«chafllich hält. Als Grund der angeblichen Irrtümer Goethes in
der Farbeuleliru, deren Grundgedanke, die Farbe resultiere aus
der Verbindung des Lichtes und der Finstt^rniH, utieubar un-
wissenschaftlich sei, wird in dieser Schrift (E. Lange, über Goethes
Farbenlehre vom .StaudpuDki ilcr Wisseubchartstheorie und Ästhetik.
Berlin 1882) die Verschiedenheit der Metbode uugegebcn. Goethes
Methode sei ausschliefslicb induktiv, wie die Baeons, nicht speku-
lativ (d. h. im Sinne des Verf. von Hypothesen ausgehend, die
dann durch Experimente auf ihre Wahrheit geprüft werdeu), wie
die KewtODs. In der beschreibenden Naturwissenschaft sei es dem
Dichter wirklich geluDgen, etwas Haltbares zu leisten, in der
rationellen dagegen nicht. Den wahren Grund seines abfälligen
Urteile aber verrät der Verfasser, indem er als wirk lieh nur
r.ewcgungsvorgunge anerkennt und alles übrige auf Rechnung des
Subjektes setzt, während Goethen nicht klar geworden sei, dafs
jede Sinneswahrnehmung in einen Hubjekliven und ubjektivrjn
Vorgang getrennt werden miisse. Der Gegner Goethes hui indes
übersehen, dafs diese Bepartitiou des Subjektiven und Objektiven
ttieht in der Art vor sich geben darf, dafs auf der einen Seite
das QnanUtaUve, auf der aadem das Qualitative zu stehen
kommt Es ist vielmehr Bewufstseinstbatsacbe, dafs wir in der
Licht- und Farbenqualit&t einem objektiven, keineswegs einem
subjektiven Elemente gegenüberstehen. Selbst unter der Vor-
aussetzung aber, dafs den sensiblen Qualitäten nicht eine physi-
kalische, sondern nur eine physiolcgischo Realität zukommt, mit
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•^26 Gewiftheit od. HypotheBe in der Frige der SchwiofuoginliiflB etc.
andern Wortoa, auch wenn angeborne Sinneeenergieeo nach Job.
MttUers Vorgang angenommen werden» ereohoint eine Theorie» in
welcher die Farben als eine zwischen konträren Gegenaalno
h'egende Reihe von QtiiiUtäton b< trachtet werden» als wiseear
sohatllich berechtigt und notwendig. Licht und Farbe sind dann
wenigstens für das Aug« vorhanden und selbst in diesem Falle
ist, wie ein neuerer philosophischer f>chrif'tsteller nicht unrichtig
sagt, das Erkennen des Auges thi^ wahrhaft uatürliche, in
welchem sich nicht blols, wie in deritbysikalischen und mechanischen
l>etrachuiu|^, der Buchbtabe, sondern gewissermalWea der (ieist
manifestiert (Frohachammer, Über die Aufgabe der ÜTatarphilO'
Fophie, S. 26 f.) An das QualitatiTe in Licht and Farbe knüpft
sich das künstlerische, ästhetiache, ideale latereMC; wer mochte
aber leugnen, dafa auch dieses Gesetsen unterworfen ist» die einer
wissenschaftlichen Behandlang f&big sind? Als ein beacbtens*
wertes Zeichen der Zeit für das erwachende Bedürfbis, dieses
höhere Interesse in der Licht- und Farbentheorie wieder zor
Geltung zu bring-en, ist es daher anzusehen, wenn in einer
anonymen Schrift, df;ren beispielloser litterari^cher Erfolg aller-
dings zu ihrem inneren Werte aufser Verhiiltuis steht, eine Lanze
für Goethes Farbenleiirr t-ingelegt wird. Die Energie, mit welcher
der X'erfasser der iSchrift; lleuilirandt als Erzieher, für eioe
künstlerische Gestaltung von Wissenschaft und Leben entgegen
der mechanischen Natura and LebensaafTassung eintritt, dürfte
einen grofeen Teil dieses Erfolges erklären« In dem Sinne jener
Unterscheidnng des Sabjekti?en und Objektiven spricht eich der
YerfasHi r über die Bedeutung von Goethes Farbenlehre dahio
aus: „Wirklich ist nicht xu leugnen, dafs es neben sowie gegen-
über der objektiven Farbenlehre eine subjektive Farbenlehre
geben kann und dafs Goethe dieselbe in vielen Fällen richtig-
erkannt und L'^b^hrt hat." (A. a. U. S. 7Ü der 2t». AuH.) Für
uns handelt es sich im vorliegenden Falle nicht um eineo
Gegensatz des Objektiven und Subjektiven, sondern innerhalb
des Objektiven um die höhere Bereehtiguag des Q^ualitativeo vor
dem Quantitotiven nnd Materiellen. Als das wahre Moment in
der Farbenlehre Goethes aber gilt uns der schon von Aristoteles
erkannte konträre Gegensatz von Licht und Finsternis, ans deren
Mischung die prismatischen Farben entspringen.
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DAS VERHÄLTNIS DER WESENHEIT ZU DEM
DASEIN IN DEN GESCHAFFENEN DINGEN,
NACH DEll LEHRE DES HL. THOMAS
VON AQÜIN.
Von fr. GüNDISALV FELDNER,
Ord. Fned.
33^ b) Argument: Nur durch den realen ünterechied in
der Kreatur wird Gott genügend von den Geschöpfen
unterschieden.
P. Klentgen* lehrt, in Gott sei zwischen Wesenheit nnd
Dasein weder ein realer noch nin virtueller Unterschied. Diese
beiden Hegrifie hätten nämlich, aul Gott angewendet, nicht Ver«
scliiedenes, sondern gans nnd gar Identisches au ihrem Inhalte.
Der Unterschied li^e nnr In der Tersehiedenen Art und Weise
unserer Auffassung. Darum sei der Unterschied nur ein solcher
in unserm Denken, oder ein pnre mentalis, ohne Fundament
in der Sache selber. Oasselbe sagt F. Limb.,* indem er P.
Kleut^en citiert. Der Unterschied zwischen Gott und der Kreatur
bezieht also, diesen beiden Äntoren zufolge, cianu, dai» lu Goti
weder eine reale noch eine virtuelle Unterscheidung zwischen
der göttlichen Wet>euheit und Existenz gemacht werden kann ;
in den Geschöpfen hingegen ist ein virtueller mit einem Fun-
damente in der %>ache anzunehmen. Diese beiden Autoren be-
haupten nun zwar nicht ausdrücklich, daß» dieser Unterschied
hinreiche, nm den Abstand Gottes Ton der Kreatur au wahren.
Allein der Herr Becensent der Limbouigschen Broschüre in den
Stimmen aus Haria-Laaoh bebt dies ausdrücklich hervor. Ans
der Theorie der genannten Autoren folgt es übrigens nkht we-
niger klar.
Demgegenüber behaupten wir, dafs der Abstand Gottes
von der Kreatur durch diesen Unterschied nicht genügend aui-
« Inst, theol. o. 234. * 1. c. Seite 6.
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Dm VerMitnis d«r Weaeniieit zu deoi Dasein etc.
recht erhalten wird, seihst wenn die Theorie in sich richtig
wKre. Der hl. Thomes verteidigt den realen üntersehied in
den Geschöpfen, nm den Abstand Gottes von der Kreatnr all-
beitig t'cstzuhalteD.
Man erinnere sich, dafs wir früher den englischen Lehrer
(>agea hürten, die Menschen wüfstea nicht, was (jott bei, noch
auch, wie beschaifen sein Dasein, seine Existenz.^ Zur eifent-
lichen Kenntnis eines Dinges gelangt man nicht blofs dureh
Bejahungen, sondern auch durch Verneinungen. Der Unterschied
dieser beiden Wege besteht darin, dafs man durch Bejahnngea,
sobald man die Sache erkennt, weifs, was sie in sich ist usd
wie sie sich von andern unterscheidet. Duich Verneinungen
weil'b mau blol's, dafs ein Ding sich von andern unterscheidet:
allein was es in .sich ist, bleibt verborgen. Auf diesem letzteren
AVcge Yoranschreitend haben wir von Gott eine Kenntnis durch
die Beweise aus den Wirkungen.^ Daraus folgt, dafs Uoit eigent*
lieh den Geschöpfen durchaus unähnlich ist. Zwischen Gott und
der Kreatur gibt os keine solche Ähnlichkeit, dafs beide in
einem Gemeinsamen übereinkommen, sondern auf Seite des Ge>
Schopfes besteht blofs eine Nachbildung oder ICachahmung. Darum
wird /.\va,r das Geschöpf Gült uim lieh genannt, aber iiichl uiu-
gekehrt.^ Die Kreatur ahmt Gott nach, soweit sie kann, sie
erreicht ihn jedoch nicht vollkommeD> Denn die Wirkungen,
die hinter ihren Ursachen zurückbleiben, kommen mit letzteres
weder dem liamen, noch dem Begriffe oder Wesen nach übe^
ein. Allerdings mufs unter ihnen irgend eine Ähnlichkeit vor-
handen sein. In der Natur des Agens liegt es, dafs es sich
selber Ähnliches hervorbringe, weil jedes Ding thätig ist, insofern
es sich in actu befindet. Die Form oder Kraft der lidlieren
Ursache findet sich daher auch eiuigermafsen (aii^ualiter) in der
Witkuug. Allein sie ist in ihnen auf eine andere Art und
nach einem andern Begriff u. infolge dessen ist die Ursache
eine analoge. Die bonnen warme bringt in den Dingen Wanne
> cfr. 3. contr. Gent. cap. 69. ' cfr. l. dist. 35. q. 1. a. 4. td
6um. G* fr. I. c. io corp. « ib. d. 46. q. 1. a. I. ad 4uiii.
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Das Verh&Uiiis der Weseabeii za dem Daiein etc. 32i)
hervor, die der Kraft der Sonne einigermaTien abnlich iet Die
Sonne ist aber nicht in derselben Weise varm (eadem rattone)
wie die Dioge. Darum ist sie einerseits den Dingen, auf welche
sie Ihrcu Kintlurts ausübt, ähnlich; auiioiftcitü aber wieder un-
äbnlieli, woil diese ihre Wirkungen nicht auf ilieselbe Art die
Wärme hesitzuu, wie »ie in der Sonne ist. 80 verleiht auch
Gott den Dingen alle Voiikomiuenheiten und dadurch hat Kr mit
ihnen eine Ähnlichkeit, zugleich aber anoh eine Unähnlichkeit.^
Ist das Agens nicht in derselben Gattung wie die Wirkung» so
hat die letztere noch weit weniger Ähnlichkeit mit der Form
des Agens. Daher nimmt sie weder nach demselben Begriffe
der Gattung, noch auch der Art, sondern nur gemafs einer ge-
wissen Aoalo^^e an der Ähnlichkeit des Agens teil. Auf diese
Weise ist z. B. das Sein allen gemeinsam. In dieser An sind
alle Dinge Gott ähnlich, insofern sie, als Seiende, vom ersten
und allgemeinen Princip alles .Seins siaiuuieu.'-' (jolt ist über
jeder Galtung, und er bildet das Princip derselben. Das Ge-
j*chöpf ist Gott ähnlich nur gemäfs einer gewissen Analogie, in-
ttolern Gott ein Seiendes durch seine Wesenheit, die Kreatur
aber ein solches durch Anteilnahme ist.* Kiemais jedoch darf
man eigentlich sagen, dafs Gott dem Geschöpfe ähnlich sei.*
Der Grund davon leuchtet ein. Zwischen der Ursache und dem
Verursachten kann man das ÄhnlichkeitsverhKItnis nicht ohne
weiteres umkehren. Dies ist nur möglich in den koordinierten
Dingen. Der Meuseh wird niemals stnnem Bilde ähnlich ge-
nannt, sondern umgekehrt, das Bild ist ihm ähnlich, weil die
Form, nach welcher die Ähnlichkeit ins Auge geläl'st wird,
irühur im Menschen als im Bilde vorhanden ist Daher sagen
wir nicht, dal's Gott den Kreaturen ähnlich sei
Die Ähnlichkeit der Kreatur mit Gott bleibt in zweifacher
Besiehung zurück hinter der Ähnlichkeit jener Dinge, die im
univoken oder wesensgleichen Sinne ausgesagt werden. Einmal
> efr. 1. contr. Gent. cap. 29. » 1. p. q. 4. a. 3. ' 1. c. ad 2»w.
etS"'». * I.e. ad4>«ni. 1. dist. 19. q. 1. a. 2« c. — ib, diit. 35. q. 1.
a. 4. ad ü"*". — ib. dist. 48, q. 1. a. 1. ad 4"«". — 1. contr. lient. cap.
29. -- de veritale q. 2. a. 11, aü. 1»"». — ib. q. 23. a. 7. ad. 11. —
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330 Das Verbältnis der Wesenheit zu dem Daseio etc.
haben Gott und das Geschöpf nicht Anteil an einer und der-
selben Form, wie zwei Warme eine und dieselbe Wärme be-
sitsen. Was man Yon Gott aussagt» das bat £r dnroh seine
Wesenheit» die Kreatur hingen durch Anteilnahme. Das Ver-
hältnis der Kreatar zu Gott gestaltet sich darum nicht wie
zwischen dem Warmen nnd Würmern, sondern wie zwischeo
dem Warmen und der Wärmo, oder zwischen dem, was warm,
und dem, was AViirrae ist. Zweitens erreicht die vom Gos>chopfe
participierte Form nicht das Wesen dessen, was Gott ist, wie
z. B. die Wärme des Feuers nicht das Wesen der Sonnenkraft
erreicht, wodurch die Wärme hervorgebracht wird. Mehr und
weniger kann nur in einem dreifkchen Sinne verstanden werdes.
Zunächst nur in Bezug auf die Quantität des Participierteo. 60
ist z. B. der Schnee weifser als die Wand» weil die weifte
Farbe vollkommener im Schnee als an der Wand sich findet
Übrigens kommen beide lu demselben Legnlle und Wesen der
Nveil&en Farbe überein. Ein derartig-er Unterschied zwir^chen
mehr und weniger bewirkt nicht eine Verschiedenheit m der
bpecies oder Art. Zweitens bedeutet mehr oder weniger, dafs
das eine Wesen etwas durch Anteilnahme, das andere aber
durch seine Quiddität hat, wie wenn man sagen würde, die
Güte sei besser als das Gute. Drittens endlich, indem etwis
dem einen in vorzüglicherem Grade zukommt (modo eminentiore)
als dem andern, wie z. B. der Sonne die Wärme in ausgezeich-
neterer Weise zukommt als dem Feuer. In dieser zweiten und
dritten Bedeutung- sagen wir mehr und weniger von Gott und
der Kreatur aus. Diese beideu hilden daher ein Hindernis lur
die Einheit der Art und die nnivoke oder wesensgleiche Aussage.^
Diese Sentenzen des englischen Lehrers beweisen, dafs dem
Dootor AngelicuB der Abstand Gottes von den Geschöpfen
möglichst grofs ist Denn wenn wir alles das, was wir von
den Geschöpfen aussagen, von Gott auch negieren können in
betretl" des liezeichnungsmodus,- dann folgt von selber, wie grofs
> cfr. de potentis q. 7. a. 7. ad 3««, 4nw in cootrsr. — dsos
ad 20m, S«»".
* 1. contr. liest cap. 30.
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Das Verhältnis der Wesenheit zu dem Dasein etc. 331
der Abstoud sein müsse. Und ia der Thal besitst nach S. Thomas
die Geschöpf nur soviel Ühnlichkeit mit Gott, dafs die Aaseagen,
die wir von beiden machen, nicht äquivoke, d. h. weder dem
Namen, noch dem Begriffs nach, übereinstimmen. Bin Zeichen,
wie gering eigentlich diese Ähnlichkeit, und wie weit der Ab-
stand Gottes vom (iesohopte isL Sie ist eben noch genügend,
um ans doch eine, wenn auch unTollkominene, Kenntnis über
Gott za vermitteln, seine Existenz sicher zu stellen und uns
Gott wie im Spiegel schauen zn iMien. Alle VoUkommenheiten
der Geschöpfe sind unaureichend, um Gottes Wesen und Dasein,
wie es in sich ist, uns zu veigegenwärtigen. Gott gehört einer
gana andern, einer viel höhern Ordnung an als die Kreaturen.
Nehmen wir nun einmal die Theorie des P. L. als richtig
an. Zwischen dor Weaenheii und dem Dasein der (ieschöpl«
ist nur ein virtueller Untersrhied. In der Wirklichkeit, u parte
rei, Hind also beide real identmch. Welcher Abstand ist dann
noch Kwischen Gottes Wesenheit und der des Geschöpfes a parte
rei oder in der Wirklichkeit? Beide sind real identisch mit
ihrer Existons. Wir sehen darum keinerlei Abstand. Der Unter-
schied wird nur gebildet durch unsem Verstand, hat seinen
Grund nur in unserer Auffassungsweise. In Gott hat unser
Verstand kein Fundament, um zwischen seiner Wesenheit und
Exiöteuz eiüc üuterscheidnng' zu machen, während in der Kreatur
ein Fundament vorhanden ist. Allein es handelt »ich iu dieser
l^Vage nicht darum, wie wir die Wesenheit Gottes und die
Wesenheit des Geschöpfes uns denken, sondern wie sie ä parte
rei sind. Unser Denken bewirkt die Dinge nicht, ändert an
denselben nichts^ ist vielmehr von den Dingen, wie sie a parle
rai sind, gans und gar abhängig. 80 oft wir die Dinge anders
auflkssen, alt sie in «Ich sind, wird unser Denken nnrichtig. A
parte rei sind uImj beide Wesenheiten gleich, denn beide sind
real idenLis- h mit ihrem Dasein. Wird demnach die^e Theorie
richtig anerkannt, dann haben wir zwischen Gott und der
Kreatur, wie sie a parte rei sind, gewifs mehr als eine blofse
Analogie. Die Ähnlichkeit beider ist so grofs, dafs die Aus-
sage nnivok oder wesensgleich wird.
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33^
D«t VerhftUnit der Wesenhoit xa dem Dasein etc.
An dieser Wahrheit ändert sich auch nichts, wenn mau
nagt, die eine Wesenheit sei durc}i Kirh, die andi-re durch eine
äofHere Ursache. Darum bleibe immer der grofse Unterschied
zu Recht bestehen. In der Theorie des F. L. bedeutet ..durch
eick fteiD" eoviel als keine wirkende, hervorbringende Ursache
haben* Allein ob ein Ding eine wirkende Ursache habe oder
nicht, kommt in unserer Angelegenheit gar nicht in Betracht
Wie F. L. selber erklart, handelt es sich darnm, ob die Wesen>
heit eine formale Ursache habe, d. h. ob ein existierendes Wesen
formell zugleich das sei, was existiert, und dat», wodurch
existiert, im lorraellen Sinne. Gottes Wesenheit hat keine for-
male Ursache. In Gott gibt es nicht etwaf«, das, nach Art der
Form, der göttlichen We&enbeit da.s 8ein, die Existenz, verleiht
Damm ist in Gott das, was existiert, real identisch mit dem,
wodnrch es da ist Die Kreatur hingegen, so lehrt F. L. von
Zeit zu Zeit, existiert nicht „durch sich'*, sie hat also etwas in
sich, was, nächst der Form, der Wesenheit des Geschöpfes das
Bein Yerleibt Ist dies blofs richtig gemafs unserer Auffassung?
Oder trifft es in dem existierenden Wesen selber zn? Im ersten
Falle wissen wir immer noch nicht, wie die geschaffene existente
Wesenheit in sich ist. sondern einfach nur, wie wir sie uns
denken. Wo ist nun der Pnif-^teirt, ii?n zu ertahren, ub dieses
unser Denken auch in der That richtig oder uu richtig, d. h. der
flache selber entspricht? Offenbar mufs es die Voraussetanng
sein, dafs die kreatürliche Wesenheit mit der göttlichen nicht
im univokeu, sondern nur im analogischen Sinne übereinkomme.^
Die Kreatur, richtiger gesprochen, die Bxistenz des Geschöpfes,
kommt mit dem Sein Gottes dem Kamen nach ttberein, denn,
bemerkt S. Thomas, das Sein als solches ist nicht verschieden«
Sind Wesenheit und Exi-icnz der Kreatur real identisch, so
kommen sie auch dem BegrilfV oder dem Wesen nach überein.
Der Begrift' von Gott besagt, dais seine WeBcnheit real identiscli
ist mit der Existenz. Au» diesem Grunde, lehrt der eng-
lische Meister, ist Gott ein Seiendes „durch sich". Aber auch
t Die andere Ursache haben wir in der ersten Hftlfte des 2. Artikels
ausfahrlich bebandelt.
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L>as Verhältuiü der Weseubeit zu dem Dasein etc. 333
im Geschöpfe sind nach der Theorie des P. L. Wesenheit und
Existenz real identisch. Darans folgt, dafs sie anch dem Be*
griffe nach, was die Sache betrifft» nämlich a parte rei, über-
einkommen. Damm mufs die Anesage eine uniYoke sein. Will
man btora die Folgerungen bestreiten und sagen, Gottes Wesen-
heit sei „durch sich selber", die der Kreatur „durch ein anderes**,
80 beruht das auf Inkonsequenz. Ein Wesen, dessen Existenz
real identisch ist mit der Wesenheit, ist durch seine Quiddität,
also ,,durch sich*^. Dies besagt aber nicht, dais die W^esenheit
flieh selber hervorgebracht habe. Erinnern wir uns noch einmal
an die Worte des P. Kleotgen:^ „Denken wir ans aber jenes
Wesen, das durch kein anderes in die Wirklichkeit gesetzt,
sondern durch sich selbst ewig da ist; so mnl's in ihm die
Wesenheit, Grnnd des Daseins selber sein. Dies kann sie aber
üicht in der Weise sein, in welcher sie in andern Wesen der
Grund von Kräften und Erscheinungen ist, so nämlich, tiain das
Dasein ans ihr hervorginge, und wie ihre eibie ErBoheinung
wäre. Denn wenn wir den Begriif des Daseins festhalten, so
würde es purer ünsinn sein, von einem Hervorgehen des Daseins
ans der Weseoheit an reden. Nur insofern also kann die
Wesenheit, Grnnd des Daseins sein, als sie das Dasein ein-
schliefst, nad es folglich dem, welcher durch sich ist, so eigen-
tflrolich ist, da «n fm% als es dem Menschen eigentümlich ist,
tierisch zu sein. In dem. dei durch sich ist, müssen demnach
Wesenheit und Dasein 8ciilechthin Eins .sein."
In dem, der durch sich ist, sind also Wesenheit uod Existenz
schlechthin Eins. Und warum dies? Weil die Wesenheit der
Grund des Daseins ist nnd zwar in der Weise, dafs sie das
Dasein einschliefst Betrachten wir nun die existente Kreatur.
Nach der Theorie des P. L. sind Wesenheit und Existena in
ihr real identisch. Sie sind also auch a parte rei schlechthin
Kins. Denn was real identisch ist mit einem andern, das ist
gewils mit ihm !?chicf:hthin Eint^. Sind beide real identisch,
dann mnin diu W ebenheu das Dasein .einscblieisen. Wir können
* Phil. d. Vorz. 2. B. 2. Aufl. Seite 50. n. 578.
334 Dts VerbiltBis der W««enhelt so dem Dmmo ete.
uns keinen andern Modus dcM' realen Identität denken. Wenn
aber das, dann ist die Wesenheit der Cr rund des i^aseins.
Jenes Ding nun, in weh hem die Wesenheit, der (Jruud des
Oaseins ist, das Dasein einschlietst, ist durch sich. Folglich
ist die Kreatur, deren W^esenheit real identisch ist» mit dem
Dasein durch sich und nioht durch ein anderes. Daraus ergibt
sich, daTs nur Inkonseqaenz die Behanptong anfttellea kaao, is
den Geschöpfen seien Wesenheit und Dasein real identisch, und
das Dasein der Kreatnr stamme troksdem Ton einem anders.
Snid Wesenheit nnd Dasein real identisch, dann ist es dem
Menschen ebenso notwendig zu existieren, als es ihm notwendig
ist, J^ieübcii zu sein, denn die konstitutiven Principien der mensich-
liehen Wesenhi ii fichlielsen auch die Existenz em, weil hie mit
ihr real identisch sind. Die Aussage von Gott und den Krea>
tnren ist darum nicht eine analoge, sondern eine univoke.
Der englische Lehrer bestreitet aber anf das entschiedenste,
dafe von Oott nnd der Kreatur etwas im „univoken" Sinne au-
gesagt werden könne. Der Beweis dafür lautet, wie wir gehört
haben: ^ „Die Kreaturen nehmen das, was in Gott einfach und
allgemein ist, geteilt und partiknlfir anf. In Grott sind
Wesenheit und Existenz real einfach oder Eins, somit müssen
sie in der Kreatur «geteilt sein." Der hl. Thomas sagt kein
Wort davon, daf« wir uns diefi blofs so denken, dafs es blof*
unserer AutVassungsweise nach sich so verhalte. Sein l>eweis
hat Tielmebr die Geschöpfe im Äuge, wie sie thatsächlioh sind.
Daraus ergibt sich also, dafs dem Docl^r Angelicns der reale
Unterschied in den Geschöpfen von sehr grober Wichtigkeit iit
Dieser Dntersohied begründet eigentlich den Abstand Gottes tss
den Kreaturen. Ohne diesen Unterschied sind Gott und die
Geschöpfe der Sache nach gleich, der Unterschied besteht
nur ;ii unserer Aiit'fassung, ähnlich wie das Wärmere vom W^armen
unterschieden ist. In diesem Falle wäre nicht nur die Kreatur
Gott, sondern auch Gott der Kreatur ähnlich. Dies ist daher
der Grund, warum Ö. Thomas so oft des realen Unterschiedes
> 1. contr. Gent. cap. 22. ratio 1«.
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*
D«8 y«rbiUDW der WesenheH so dem Daseia eCe. 3^5
erwähnt und «arnm er dann jedesmal die Wesenheit ond Exi>
•tens Gottes als den Gegensats sn der Wesenheit des Geschöpfes
hinstellt.
Wir sagten vorhin, der Ab-uud zwischen Gott und den
Geschöpfen werde nicht gehörig: gewahrt dadurch, daf« man in
den Geschöpfen zwischen Wesenheit und Dasein einen virtuellen
Unterschied mit einem Fundamente in der Sache annimmt, in
Gott hingegen keinen solchen Unterschied, auch wenn diese
letztere Ansieht richtig wSre. Sie ist es aber in der That nicht
Kaeh der Lehre des hl. Thomas mnüs man in Gott ebenfalls
swischen seiner Wesenheit and Existenz einen Tirtnellen Unter-
schied machen. Ebenso haben wir daför ein Fundament in der
Sache seiher. ^,Licet in Deo non sit compositio, ut in eo aliquid
8ub alio intelligi ])0R8it, tamen Kocundum intellectum no»trum
seorsum accipimu!? ehse ejus et suhstantiam ipsius sub esse
ejus existentem, ut huic subsiatena dicatur." An einer andern
Stelle sagt S. Thomas: ',»Cam essentia divina secnndnm in-
tellectam sit prios, qnam esse sanm, et esse prins quam
aetemitas, sient nobile est prios mota, et motns prior tempore,
dicetur ipse Dens esse oansasnae aeternitatis, secnndnm modnm
intelligendi, qnamTis ipsesiisoa aeternitas secnndum rem.^
Femer: * ,In Deo omnia snnt nonm re, praeter ingenerationem,
geuerationeu) et processionem, quae coostituont personas re di-
stinctas. ^'on autem oportet, q und q uidquid praeter ista
de jJeo dicitur, sit unum ratione." *,,Es8entia et huppo-
aitum suDt m Deo idem re, oihilominus tamen differunt
ratione siout de attnbutis dictum est." ^„(Deus) per saam
esse non tantmn est» sed aiiqnid est. Kec differt in eo ,»qao
est'' et „aliqntd esse'*, aisi per modom stgniflcaadi, Tel ratione
sicot supra dictum est" '„Licet primnm principinm sit nnnm
Simplex re, snnt tamen in eo plnres rationes perfectionnm, soilicet
sapientiae, Titae et bujosmodi, secundum qnas diversae per-
fectiones re differentes in creaturis caunautur."
• de poteutia q. 9. a. 3. ad Gn«. • 1. dist. 19. q. 2. a. 1. ad 1««".
* 1. dist. 2. q. 1. a. 2. ad 6um. * ). c. a. 4. ad 2an. » 1. dist. 8. qu. 4«
a. I. ad 2"m. " 1. dist. 2. q. 1. a. 1. ad 1"««.
jAhrboeh (Ur PhUoaopble etc. VI. ii
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336 Das Verhältnis der Wesenheit zu dem Dasein etc.
Es unterliegt aber gar keineiD Zweifel, dab der eogtbehe
Lehrer aoch in Gott einen virtaellen üntenchied mit einem
Fondamente in der 8aehe anerkennt Sprache indeeeen der
Doctor Angelicus an den ang^eführteu Stellen auch nicht aas-
drttcklich vom Unterschiede zwischen der Weeenhcii und dem
Dasein, so müfste er doch aus dem (jruudsatze, welchen der
Heilige aufsteht, notwendig folgen. Der englische Lehrer sagt
nämlich: ^,In Gott ist Weisheit, Güte etc. und jedes von diesen
ist die göttliche Wesenheit selbst Daher sind alle der Sache
nach Eins. Weil aber jedes derselben gemäfh des wahrsten
Begriffes in Gott ist» der Begriff der Wesenbeit aber nicht der
Begriff der Güte als solcher ist» deshalb folgt, dafs sie dem
Begriffe nach sich nnterscheiden, nnd dies nicht blofs Ton
Seiten des Denkenden, sondern aus der Eig-enliimlichkeit der
Sache selber (ex proprietate ipsius roi)." Nun ist klar, dafs
der Keg;ritf der Wesenheit als solcher vom Kf^gritfe * des Daseioh
als solchem sich unterncheidet Die Wesenheit fassen wir als
das, was existiert, das Dasein aber ist das, wodurch die
Wesenheit da ist Die Existens ist der formelle innere Gmad,
dafs die Wesenbeit wirklich da ist oder existiert Sie unter-
scheiden sich also nicht dnroh nnser Denken allein (non tantam
ex parte ratiocinantis), sondern ans der Eigentfimlichkeit der
Sache, mit andern Worten, wir haben dafür ein Pnndameat
in Gott selber. Die Begritio sind tolg-lich nicht synonym.
Woher kommt es, dai-^ wir auch in Gott diesen virtuellen
ünleiHchicd machen müssen V Daruber gibt uns S. Thomas cben-
falU Auischlufs. *„Die Mehrheit der Begriffe über Gottes Wesen
nnd seine Eigenschaften folgt notwendig daraus, dafs Gott unsere
Denkkraft übersteigt. Unser Verstand ist nämlich nntahig, durch
einen Begriff die Terschiedehen Arten von YoUkommenheiton la
denken. Znnächst schöpft nnser Verstand seine Kenntnisse ans
den Kreaturen, in welchen, gemafs der yerschiedenen Formen»
▼erschiedene Arten Ton Vollkommenheiten sich finden. Dun
wird das in Gott üeeinb€ und Einfache in unserm Verstände
^ 1. c. a. 2. c. ^ L c. a. 3. c.
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Das YerhftUniB der Weieoheit sa dem D«Min ete.
337
ver^ielfKltig't , und dies selbst dann, wenn wir die Kenntnisse
unmittelbar von Gotl tärliitjileü. Da düd (jütt i^emal8 einer und
derselben Sache in jeder Weise vollkomnif n löt, so kann unser
Verstand nicht durch eine AufTassung die ganze Voll kommenbeit
begreifen, folglich auch nicht benennen. £r mufs darum ver-
schiedene Begriffe über Gott sich bilden, wie auch vereohiedene
Kamen, mit welchen jene Begriffe bezeichnet werden. Jene
üamen sind jedoch nicht eynonyme, weil aie yerschiedene Be-
griffe bezeichnen. Könnte noser Verstand Gott in eich selber
schauen, dann könnte er jenem Begriffe einen Namen zutciicü,
wie es im Jenaeits der Fall »oin wird. Indes wiirdo jener eine
Name nicht eine Eig-enschaft allem bezeichnen, sondern auch
alles andere Bezeichnete in sich schliei'sen. Wollte nun der
Verstand, Gott durch seine Wesenheit Behauend, die Sache,
weiche er sieht, namentlich bexeichnen, und mittelst des Begriffes,
den er von der Sache hat, benennen, ao miUhte er auch dann
noch mehrere Namen gebrauchen. Denn es tat unmöglich, dafii
die Aoffassang des geschaffenen Verstandes die ganze Voll-
komnieiiiitiit der gouliuiiuu WesenheiL vergegenwärtigt. Daher
würde er, eine 8acho schauend, von ihr mehrere Begriffe sich
bilden und mit yerschiedcuea Namen belegen. Die Mehrzahl der
lilamen stammt also daher, dafs Gott unsern Verstand überragt
Ks ist eioeraeita die FüUe seiner Vollkommenheit» andereraeita
die Unmöglichkeit, dafa der Veratand diese FfiUe begreift. Daraus
folgt, dafa die Mehrheit jener Begriffe ihren G-rnnd nicht biofs
in nnserm Verstände hat, sondern auch in Gott» weil seine Voll-
kommenheit jeden unserer Begriffe übersteigt. Dieser Mehrzahl
unserer Begriffe entspricht folglich etwas in der Seele, in Gott,
nicht zwar eine Mehrheit der Sache selber, sondern die Voll-
fülle der Vollkommenheit."
Wir hören also den hl. Thomas klar und deutlich den
rirtoellen Unterschied com Fundamente in re in Bezog auf
Gott Tortragen. Daa Atgnment dea P* Eleutgen, dab bei der
Anoahme eines ▼irtoellen Unterschiedes die Wesenheit wie eine
^otene sich Terhalte, beweist nur, dafd kein realer Unterschied
angenommen werden dürfe. Auf die Frage, ob der Name:
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^Person" yon Gott eigentlich ausgesagt werden könne, aatwortst
8. Thomas, dafa „man es thnn köone."^ Dagegen erhebt er am
folgende Schwierigkeit. Der Bcgritl": „Person" bchliefbt ja in
»ich, dald ein Wesen einer Eigenschaft iinterHtehe (substat
subsistit). Man dürfe aber eigentlich nicht sagen, dafo Gott
irgend einer Eigenschaft, die in ihm ist, nnterstehc. Der eng'
Hscbe Lehrer erwidert, der Sache nach sei in Gott nichts noter
einem andern, wohl aber gemafs unserer Anffasanng, lasofen
wir ihn als einer Eigenschaft, sei es eine persönliche oder eiss
wesentliche, nnterstehend denken. Weil jedoch in der Wirfclieh-
keit (re) nichts in Gott anter einem andern ist, deshalb eage
Richard von 8anct Victore, dafs die göttlichen Personen nicht
Hubi^i st ierou, soudern existieren. Dasselbe Princip kooiml
auch in unserer Frage zur Geltung.'
Ans der Lehre des hl. Thomas, dafn zwischen der Wesenheit
nnd Existens in Gott ein virtueller Unterschied angenommes
werden müsse, ergibt sich eine höchst wichtige Fotgenmg be-
2ilglich des realen Unterschiedes in den Geschöpfen. Sind
Wesenheit nnd Dasein in den G^ohÖpfen nnr Tirtnell QBte^
schieden, düuu i»t der Abstand Gottes von der Kreatur j^ehr
gering, lu beiden ist der Unterschied ein virtueller mit eioem
Fundamente in der bache. Die Aussage darum uoivok, mobt
» 1. di8t. 23 q. 1. a. 2. ad 3»"".
' An einer andern Stelle sagt S. Thomas: «Noo oportet quod cne
eiientiae divinae Bit ad alind se habere. Quia illod esse in quo pittr>
Ditss et essentis nninntor, significatur nt esse quod est actus eis es*
tiae. Non autem noinntur in esse, quod significat definitio rel
Dico igttor, quod cum didtor: «ad aliqoid sunt, quomm esse est ad tUirf
se habere'*, intelligitur esse, quod est qaidditas rei, qose defiaitloM
significatur, Quia ipsa natura relationis. per quam constituitor io talr
geoere, est ad aliud referri, et n<m intelligitur de esse, quod est actus
essentiae. Hoc (>niin esse habet relatio ex bis, qnne causant ipsaio
io snbjpctn, seciindnrn quod esse iion referlur adalind, sed ad snbjectum,
sicnt ft quodlibet acridens.' 1. dist. 3'^. q. 1. a l. — Das bein, die
Existniz hat also nicht Hfv.u'iiiuig zur wirkenden l'rsarhe, sondern
zum Subjekte. Iiie Kreaturrii sind also nuht desbalh, weil sie
herviirgf'b r:ic lit wurden, soudern weil daä Sein im Subjekte, ia
der Weseubeit ist.
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339
«nalog. Es folgt aber noeh ein direkterer Beweis fHr den realen
Unterschied in den Kreaturen aus den Arg-umenten dee heilijjcn
Tiioiuas. Der Doctor Angelicus schreibt irp ii iwo: * „Weil der
Begriff der Weisheit vom Begriffe der Gute m GoLl «ich unter-
scheidet, deshalb sind in deo Ueachöpt'eD die Weisheit und Güte
nicht blofs dem Verstände nach, sondern auch der Sache
naeh nntorsohleden. In Gott sind beide real identisch, in der
Kreatnr hingegen sind sie nicht gern üb unserer A äff assnng,
sondern real unterschieden.'*'
34^ c) Argument: Gott läliit sich in keine Gattung ein-
reihen; jede Kreatur aber steht unter der Gattung
und Art, weil Wesenheit uud Dasein iu ihr real
unterschieden sind.
Eine notwendige Folge diesen grofseu AbsLaudes der Wenen-
beit Gottei» von der Kreatur und der analogen Aussage ist auch
die, dafs Gott keiner Gattung angehört. Hierüber schreibt der
englische Lehrer: > „Quidquid est in genere substantiae, aut est
sicnt generalissimum, aut est sicut oontentnm sub ipso. 8ed Dens
non est in genere substantiae sicut generalissimum quia praedi-
cavetur de omnibus substantüs, nec etiam sicut contontum sub-
stantiae, quia adderet aliquid, seilioet genns et ita non esset
divinu essentia simplicisBima. Ergo Deus non est in genere
subita iitiac. Quidfjuid est in genere, habet esse suum deter-
rainatum ad iliud genut». 8ed ewse divinum nullo modo lerrai-
natum est ad aliquud genus. (^uinuüo comprehendit in se
nobilitates omnium generum. Ergo Deus non est in genere
' 1. dist. 22. q. 1. a. 3. ad und 1"».
* W<»nn I)r. liitller (Progranim Seite 112) schreibt, für lif l esi-
bteiluiig der Lehre des hl. Thomas sei der (iedaukeiuinterschieii m (iott
nicht ohne Belang, so glauben wir, dai'ü die Bezeichnung etwas zu
schwach ausgefallen ist. Wir halten den Tirtuelleo Unterschied in Gott
rar FeMitelluDg der Lehre des kl. Thomas über den realen Uatertdued
ia den Kreaturen fttr sehr wichtig. Die Grflade dafttr haben wir soeben
dargelegt. Der Herr Autor verteidigt Qbrtgens mit der Seotens dei eng*
Kleben Lehrers ebenfalU den ▼irtuetlen Unteriehied mit dem PondameDte
is der Sache selber.
> 1. dist 8. qu. 4. a. 2.
Digitized öfLiOOQle
340 Dm VerhAltais der Wesenheit sa dem DiMin etc.
fiobetantifte. HngoB antein ratio quadruplex aBsignaUir. Friipt
poDitar in littera ex parte nominis sumpta. Nomen enim sab«
stantiae impünitur a Kubbtando. Deaa autem nulli substat. Se-
cunda sumitur ex rationo (»jus qnotl est in prcnere. Omiie enim
hujusoiodi addit aliqnid supra geaus. Et ideo illud quod e«t
summe »implex non poteat essB in genere. Tertia ratio subti-
lior est Avioennae. Omne qaod est in genere, habet qaiddi-
tatem differ entern ab eaae» eiont homo. Hovanitati enim
ex hoo qnod eat hnmanitaa, non debetnr eaae in aota.
Potest enim cogitari hnmanitas et tarnen ignorari an atiqnit hono
sit. Et ratio hujus est, quia commune, quod praedicatur de hh,
qiiae sunt in genere, praedicat quidditatem, com genos et
species praedicentur in eo quod quid est. Uli antem quidditati
Qon debetur esse, nisi per hoc, qaod suscepta eat in hoc
vel illo. £t ideo qaidditaa generia vel speciei non commuai-
oatnr eecnndnm nnnm eaae omnibaa, eed eolnm aecnndnm naam
rationem commnnem. TJnde conatat, qnod eaae ennm noa
eat qaidditaa ana. In Deo autem eaae annm est quidditat
ana, aliter enim acoideret quidditati, et fta eaaet aoqmntos
sibi ab alio, et non haberet esse per essentiara suam. Et
ideo Deub non ])ote8t esse in aliqu*» griu rc. Quarta causa est
ex periectione divini esse, quae colUgit omues nobilitates omoiitm
genenim. ünde ad nullum genuB determinatnr."
Die gegen den Artikel erhobenen Sohwiengkeiten beiot»
wertet 8» Thomaa in folgender Weise: ^ „Gott ist achleohthin nickt
ein Aeddens, man kann ihn jedoch ao recht eigentlich anch nidit
eine Substanz nennen. Der Name Substanz kommt Tom ÜBte^
stehen (subsLaiu), uud überdies bezeichnet Substanz eine Quid-
ditiit, die von ihrem Dasein unterschieden ist. Im
weiteren Sinne ist Gott eine Substanz, aber er übertrifft jede
kreatärliche Substanz, so dafs die Aussage nicht nnivok, sondern
nur analog ist Dies ist ein weiterer Grand, warum Gott nicht
einer Gattung angehört, weil nämlich von ihm und aodem nichts
anivok auageaagt wird. In jeder Gattung mufk eine Qnidditit
> 1. c. ad l«m und 2u>o.
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Du Verhiltius der Wwenheit xu dem Otaeia etc. 341
beseidiBet werden, in deren Begriffe nicht das Sein liegt'*
Die hier Torgetragene Lehre wiederholt S. Thomas in einem
andern seiner Werke.^ Nichts ist in der Gattung auf Grund
»einer Existenz, sondorn inkraft seiner Quiddilät, denn das
8ein ist einem jedem Dinge eigentümlich und unterscheidet sich
vom Sein jedes andern. Das Wesen der Substanz hingegen
kann ein gemeinsames sein. Dies ist der Grund, warum der
l^hilosoph behauptet, das Seiende (ens) könne nicht Gattung sein.
Nna ist aber Gott das Sein selber. £r kann folglich nicht in
der Gattung sich befinden.
Femer mnfs jedes Wesen, das einer Gattung angehört,
znaammengesetst sein aus Materie und Form, oder ans Poteaa
und Akt. In Gott kann dies nicht stattfinden. Darum ist er
iiuih nicht in der Gattung.* Die eiy;eutliche DeHnition *l< i Sul stanz,
auch wenn es die allgemeinste Gattung- wäre, nml^-te lauten:
die Substanz ist jene Sache, deren QuiddiLat es zukommt, nicht
in einem andern sa sein. Diese Definition findet aber kf ine
Anwendung auf Gott, weil er keine Wesenheit an Ts erhalb des
Daseins hat Gott ist nicht in der Gattung, weil in ihm sich
nicht Potens und Akt finden. Denn in allen Dingen, die einer
Kategorie, einem Pradikamente angehören, ist etwas im Akte
ond etwas in der Potenz. Damm ist dieses die allgemeine Sin*
teilung des Seienden, weil sie in jeder Gattung des Seienden
angetroffen wird und ohne sie kein Ding in der GaiLunj^ ist.
Einer Gattung- crehört also jenes Wesen an, welchen aul" einen
speciellen Öeiusmodus bestimmt und eingeschränkt ist. Deter-
miniert wird aber die Potena durch den Akt. Folglich ist all
dasjenige in einer (lattung, was Potens und Akt hat In
allen Wesen aber, das Erste ausgenommen, sind Akt und Potena.
Damm sind alle, anlker Gott, in der Gattung.' Hiervon sind
auch die separierten Substanzen nicht ausgeschlossen, denn die
Wesenheit derselben ist die Potenz und das Sein bildet den
Akt Da im Engel nur die Wesenheit und das Sein vorhanden
■ de pntentia. q, 7, a. 8.
' 1. C. ad Harn.
* Opos c. 42. de geoere csp. 3. ~ Compend. tb. cap. 12.
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342 Das Verhältnis der Wesenheit zu dem Dasein etc.
sind» mufs die Gattang und Art Toa der WeeeDheit geDomnei
werden.^ Uiii dies zvl begreifen, dasn dient die Sentens dei
AYicenna. Di'eBer Autor behauptet nSmlich, daTs jene Dinge
einer Gattung angehören, deren Sein ,,ein anderes" ist als die
Wcseiilieit. Denn jedes Ding dieser Art hat eine an sich be-
fttiromte Natur. Es kann daher vom Verstandesakte, der di«
Intentionen von Gattung und Art tormicrt, begriffen werdeu.
In Bezug auf Gott vermag der Verstand dies nicht zu thon,
denn Gottes Sein ist nicht „ein anderes" als die Wesenheit
Die getrennten Sabstannen sind also ebenfiUls in der Gattasg
der SnbstanCy welche die erste Gattung ausmacht • Der Grand
davon ist darin zu, suchen, dafs ihr Sein ein anderes ist
als die Substanz oder Qaidditat, in sich jedoch, nicht in
einem andern."*
Wir rürchten unsere geehrten Leser mit den Uitateo snt
S. Thoraan zu lang'wcilen. Indes glauben wir, daf« es unbedingt
notwendig ist, die Lehre des hl. Thomas aus seinen eigeoeo
Werken kennen au lernen. Überall hebt der englische Meister
denselben Grund hervor, warum Gott keiner Gattung angehöre,
nämlich: weil in Gott Wesenheit und Existens identisch
sind. Im Buche contra Gentes' kehrt dieser Grund dreimsl
wieder in einem und demselben Kapitel. Gott ist weder in der
Gattung des Accidens, noch in jener der Substanz. Ersteres ist
von «selber klar, letzteres läfst sich leicht beweisen. Die Snbatani,
welciiu Gattung ist, ist nicht das Dasein sei bor. In diesem
Falle wäre jede Substanz ihr eigenes Dasein, dieses folglich
mcht von einem andern verursacht. Das Wesen der Gattuog
findet sich in allen der Gattung unterstehenden Dingen. Keine
Substanz wäre somit yon einem andern Terursacht, was nicht
zugegeben werden darf. Gott hingegen ist sein eigen Dasein.
Er ist folglich nicht in irgend einer Gattung. Wae einer Gattnog
angehört, ist ▼ersohieden von andern derselben Gattung inknft
des Daseins (seenndnm esse), sonst könnte man die Gattnsg
1 cfr. 1. r. cap. 4.
cfr. 1. c. cap. 5.
^ 1. coutr. Gent. cap. 26. ratio 3», 4».
I
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Ots Verhittoi« der Wesenheit ta dem Dasein etc. 343
nicht von mehreren aussagen. Alle Dinge derselben Gatluüg
müj*sc'n aber in der <^uiddität der Gattung iibereinkoimuen, weil
die üattung quidditativ (in qiiod quid est) aii^gcHagt wird. Dar-
aus folgt, dafs die Exihiodz jedes einer irattung angehörenden
Dinges aufserhalb der Quiddität der Gattung liegt. In Bezug
auf Gott ist dies jedoch ganz und gar untnöglioh. £r iat somit
mchi ia der Gftttuof^. Kein Ding iat infolge aeinea Daaeina
in der Gattnog, aondern aaf Grand aeiner Weaenheit (per
rationem anae qnidditatis). Die Qnidditat Gottea aber ist das
Dasein selber. Daram ist Gott anoh nicht in der Gattung.
Mit diesen Argumenten des Doctor Aogelicus wollen wir
unsere Behaujtiuog abscliliefaen. AbermaU hat es »Ich gezeigt,
dal'j» S. Thomas überaus grofpen Wert logt auf den realen
Unterschied zwischen der krealüilichcn Wesenheit und Exi-
stenz. Ja, dieser Unterschied ist dem englischen Lehrer ent-
aoheidend dafür, dafe Gott nichts mit dem Geacböpfe gemein
hat, anter keine Gattung oder Art füllt. Gottea Wesenheit iat
real identiach mit dem Daaein: Br iat daram daa Sein, nnr
daa Sein. Lichta jedoch iat in der Gattung oder Art durch
daa Sein, sondern durch die Qnidditat Hingegen mufa jedea
Ding, das anter der Gattung der Substanz steht, real zusammen-
gesetzt sein. Denn das, was im Pradikamente der Substanz
ist. subbisliert in i^einem Dasein, und sein Dasein muib „ein
anderes" sein, als es selber ist. Wäre dem nicht so, so könnte
es sich nicht durch das Sein unterscheiden von jenen Dingen,
mit welchen es Termöge der Quiddität übereinkommt Diea iat
aber notwendig für alle, die direkt im Trädikamente aind. Dar-
ana folgt, dab allea, waa direkt im Priidikamente ist, auaammen-
geaetst sein mufa wenigatena aua dem Daaein und dem Suppo-
situm (quod eat).' Hatte B* Thomas nur den virtuelien Unter-
schied, nicht den realen im Auge, so wäre nicht zu begreifen,
warum Gott keiner Gattung, wenigstens der Gattung der Substanz
angehören soll. Einen virlueilen Unterschied verteidigt der
englische Lehrer auch ia Gott und er hebt ausdrücklich hervor,
i efr. de veritate qo. 27. a. 1. ad 8nm, wo das Wort real aus*
drQcklicb angegeben ist.
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'344 Dia yerUltntt dtr Woienbeit sa dem Dttdn etc.
dafs wir dtifttr ein Fandament in Gott selber baben. Gott ist
somit lu keiner Gattung, weil seine Wesenheit, durch welche
überhaupt jedes Ding in der Gattung ist, sich nicht real vot»
ihrem Dasein unterscheidet. Jegliches Geschöpf ist io der
Gattung, weil die Wesenheit sich real von der Exiotenz unter-
scheidet. Gott ist das reise Untere Sein. Das Sein aber ii(
weder selber Gattnog, noch wird es zar Beseiohnnng einer
Gattung verwendet, wie Avioenna bemerkt Denn das, was io
einer Gattung flbereinkommt» kommt nicht auch sngleieb ta
einem Sein überein, sondern in der gemeinsamen Natnr.^ Durch
„sich existieren" ist darum nicht die Detiuition der Substi::^,
denn dadurch wird nicht die Q,uiddität autgezeigt, s iu lern das
Sein derselben. Allein die Q,uiddität ist nicht ihr Suiu, aoiai
könnte sie ja nicht die Gatinng bilden. Das Sein ist niemab
gemeinsam nach Art der Gattung, weil alle, die einer Gattan^
angehören, ihrem Sein nach von einander sich unterscheidsa.
Die Definition, oder gleichsam die Definition der Substanz laatel
demnaoh: die Bubstans ist eine Sache, welche das Sein erhilt
(cui esse acquiritur) oder welcher das Sein gebührt (cui debetur)
als einer Wesenheit, die nicht in einem andern ist.* Sagt man
also von Gott, er sei von allen Kreaturen generisch verschieden,
so ist dies nicht so zu verstehen, als wäre Gott in einer andern
Gattung, sondern so, dafs er durchaus anfserhalb jeder Gattung
steht^ Daraus folgt noch weiter, dafs Gott auch nicht Art iitr
oder Individuum, oder dafs er eine Definition hak oder iigesd
eine Differens. Denn jede Definition besteht aus der Qattoag
nnd Art. Man kann darum über ihn auch keinen Beweis führen,
ausgenommen einen solchen, der aus den ^\ irknni^on abgeleitet
wird. Jeder eigentliche Beweis, der das W esrn angibt Cpropter
quid), hat die Definition aum Medium.^ Kichtig gesprochen dart
man daher auch nicht sagen, Gott sei von allen andern DtDgea
• cfr. 3. dist. 11. q. 1. a. 2. ad 2>"".
' cfr. 4. dtsL 12. q. 1. a. 1. q. 1. ad 2u>n. de potentia qu. 7. a. 3.
ad 4"»».
' de potentia q. 7. a. ö. ad 3""'.
* 1. c. iu corp.
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Dai YerhAltiuB der Wetenheit la dem Dasein etc. 345
durch etwas veröchiedea (qnod differt), sondern er sei durch
eich selber verschieden (esc di versus).^
35^ d) Argument: Gott allein ist einfach; jede Kreatur
hingegen zusammengeeeiBt ans der Wesenheit
Hensobbeit nnd dem Dasein.
Der hl. Thomas stütst seinen Beweis, daih Gott keiner
Gattnng angehöre, anf die Tbatsaohe, dafs Gott das Sein ist,
nur das Sein (esse tantuin). Dieses reine lautere Sein ist Gott
darnm, weil das Sein in ihm mit keiner Potentialität vermischt
erscheint, Gott folglich in jeder Hiosicht einfach ist Der heil.
Thomas lehrt diesbezügUch folgendes.
'^»Necesse est enim, qnod omnis substantia simplex subsi-
stens, vel ipsa sit snnm esse, vel participet esse. Substantia
aatem simplex, qn&e est ipsam esse snbsistens, non potest esse
nisi nna, sicnt neo albedo» si esset snbsistens, posset esse nisi
una. Omnis ergo substantia, quae est post prtmam snbstaotiam
Hiiiiplicem, participat esse. Omne autem participans compoüitur
ex participantc et partiripato. et participans est in pot^ntia
ad participatum. In omni ergo substantia quantumcunque sim-
plici, post primam snbatantiam simplicem, est potentia essendi''
'„Omne enim, qnod non est sunm esse, participat esse a
oansa prima» qnae est snnm esse.'* „Doratio omnis attenditnr
seenndum quod aliqnid est in aotu. Tamdin enim res darare
dieitar, qoarodin in actn est et nondnm est in potentia. Esse
autem in acta contlügiL duplicitcr. Aut secundum hoc, quod
ac'tQs ille est incompletus et poLentiae permixtus. ratione cujus
nlterius in actum procedit. Et talis actus est moiuH. K»t enim
motus actus existeotis in potentia secundum quod hujusmodi
ut dioit Philosoph. Aut secundum quod actus non est permixtus
Potentine, nec additionem recipiens perfeetionis. Et talis actus
est actus quietus et permanens. Esse autem in tali actn oon-
tiogit dupliciter. Vel ita qnod ipsum esse actn, quod res habet,
sit sibi acquisitum ab alio. Kl tnnc res, habens tale esse,
» 1. c. ad 200».
' Pliysic. 8. 21. psg. 449. n: 13. ed. Hom. 1884.
^ l. c. 0. 14.
r
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Ö411
eat potentialis respectu hojtiB acta«, quem tarnen perfeete
accepit. Vel eaee aetQ est rei ex seipBa, ita quod eat de
ratione qaidditatis snae. Et tale ease est etae dmonm,
ifi qoo DOD estatiqiKi poteutialitas respeotn hujaa acttts.
Sic igitur patet, quod est triplux actus. Quidam, cui non sub-
bternitur aliqua potentia. Et tale est esse divinum et operatto
ejuf». Et hiiic resj)ondet loco mensnrau ai;terüiias. Est alins
actus, cui substat potentia quaedara, sed taoien est actus
oompletus acqaiaitus in potentia iUa. Ei huic respondet aeTnm.
Est antem alias, cui sttbaternitur potentiai et admiecetar
•ibi poteDtia ad actum completam aeonodam snoceaaionem, addi-
tionem perfectioaia reoipieoB. Et hnic reapoodet tempaa. Cnot
igitnr noicniqne rei reapondeat propria menanra» oportet quod
aeeondtini conditioneni ac^ne menanrati, accipiatar esaentialia
differentia ipsius mensurae." ul aiitem molus e^t actus ipsius
mobilis. inqiiantiim mobile est; ita esse est actus cxistentis,
inquautuuj eus est. Uudc quacum^ue iiiensura tnensurelur P5<se
alicujus rei, ipsi rei existenti respondet nunc ipsiua durationis
quaai menaura. Unde per nunc aevi menauratur ipsam exiatens,
cujna menanra eat aevaiD. Et per dooo aeternitatia menaurator
illud ena, oajna eaae menaarat aeternitaa. Unde aicnt ae habet
quiUbot actna ad id, cnjna eaae eat actus, ita ae habet qnaelibat
daratio ad annm nunc. Actos antem ille, qni menanratar tem-
pore, differt ab eo, enjna eat actna, et aecnndnm rem, qoia
mobile non est raotus: et secundum rationem successioni-s
quia inobüi' non habet substantiam de numero sucessivorum, sed
permaneiiüum. ünde eodcm modo Lempiis a nunc temporis differt
dupliciter, scilicet secundum rem, quia nunc non est tempus, et
aecundnm ancceaatonia rationem, quia tempua eat ancceaaiTnm, et
non nnno temporia. Actus autem qoi menanratnr aevo, actUoet
ipanm esse aeviterni, differt ab eo, cnjna eat actna, re qni dem,
aed non aeenndam rationem sncceaaionia, qnia nirumqne sine sne»
cessione eat Et aic etiaro intelligenda est differentia aeTi ad
nnnc ejus. Esse antem qnod mensnratur aetemitate, eat
^ cfr. 1. dist. lU. qu. 2. a. 1. c.
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Dki Verb<flis der WeseoheU zu dem DMeio ete. 347
idem re com eo, cujas «st aotos, eed differt tantum
ratione. Et ideo aeternitas et nunc aeterDitatis non differunt
re, sed ratione tantum, ioquantum scilicet ipsa aetcrnitas re-
spirit ipsnra divinum esse, et nunc aeteruitatis quidditatem
ipsius rei, qiiao secundum rem qod est aliud quam 8uum
esse, sed ratione tantum."^
Es nimmt sich recht sonderbar aas, weon man dieae Stellen
dea engliachen Meiatera lieat und dann mit der Bebanptnng yer-
gleiebty der hl. Thomas habe nirgends den realen Unterschied
awischen der Wesenheit nnd dem Sein der Geschöpfe Terteidigt;
man könne es dahingestellt sein lassen, welcher Ansicht 8. Thomas
gewesen sei! Indessen übergehen wir diesen Punkt. Die Lehre
des DucLor AngeliouH hat uns schon hinreichend bobchäftigt.
Was wir hier betonen müssen, ist, dul's 8. Thomas au» dem
realen Unterschiede der kreatürlichen Wesenheit von ihrem
Dasein den groft^en Abstand Gottes tod den Geschöpfen darlegt
Gottes Wesenheit unterscheidet sich von seinem Dasein nicht
real, sondern aar Yirtuell, oder unserm Denken nach mit einem
Ifnodamente in der Sache aelber. Er tat also sein eigen Dasein,
bat nicht an demaelben Anteil, dieses ist vielmehr real identisch
mit ihm. Als notwendigi; Folge davon ergibt eich dann aeine
Einfachheit. Denn jedes Ding, das an dem Sein Anteil hat,
dessen Wesenheit vom Sein .sich real uuu rscheidet, ist zu-
>*aii iinou^esetzt.* Die Weseniieit befindet Bich (kilirr im ZuHtando
der Totenz bezüglich ihres Daseins. Etwas Eiatacherc» als Gott
existiert weder in der Wirklichkeit, noch kann man sich ein
solches denken,^ denn er ist lauteres Sein ohne Beimischung
irgend einer Potens.* £r empfängt also nichts Öber seine Wesen-
heit hinaus, denn seine Wesenheit schliefst jt^gliche Vollkommenheit
ein. Dnrch sein absolutes Dasein existiert darum folglich Gott
nicht blofs, sondern er ist anch Etwas. Das, wodnrch er ist,
und das Etwassein unterscheidet sich darum nicht sachlich,
I 1. e. a. 2. c efr. 1. diit. 8. q. 2. a. 2. c.
* cfr. 1. contr. Oent. eap. 18.
* efr. contr. Gent. csp. 82. n.
* 1. p. q. 9. a. 1.
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348
Dtm Vcrhiltnis der Weieiiliflit sn dem Diaein etc.
sondern nur in Besu^ auf den Modos der Bexeiclinnag, oder
gemSTs nnserer Anffaesong.^ Hit Becht sagt darum 8. Htlariva^
Gott bestehe nicht nach menschlicher Art aus einer Zusammen-
setzung, 80 dafs in ihm ein Anderes sei das, was ei hut, und
ein Anderes der, welcher etwas» hat.' Sprachlich richtiger sagt
man von (iott, er sei das Daseio, als, er sei das, was ist. Denn
er ist durch eeine Wesenheit» und die Beaeichoaog, ein Ding
sei das, was ist, kommt, streng genommen, jenen so, die an
dem Sein Anteil haben.* Der Name: „Der ist'* kommt Gott
dATorn „eigentümlioh*' sn, weil das Sein in ihm sieh rein fio4e^
flieht Termischt ist mit einer Fotens oder UnTollkommenheit
Ans der Einfaehheit des göttlichen Seins ergibt sieh die
weitere Folgerung, dafs auch jede andere Zusammensetzung in
üott verneint werden miiis. Denn, wie Botithius sagt, kann eine
eiotache Form nicht Subjekt s(-in. Diese Sentenz hat ihre volle
Richtigkeit, wenn eine Form derart einfach ist, dafs sie ihr
eigen Dasein bildet, demnach von ihrer Existenz sich nicht real
unterscheidet Dieses Verhältnis besteht nun thatsächlich in
Gott» und swar ansschUefsUoh in ibm.^ Der Grund davon ist
einleuchtend. Keiner Natnr, oder Wesenheit oder Form wird
etwas Fremdes beigelttgt Dasjenige hingegen, was eine Nator
hat» also der Träger dieser Wesenheit oder Natnr oder Fom
kann etwas Beigefügtes in sich haben. Die humanitas z. B. nimmt
nichts in bich aul, wa,a nicht zu ihrem Wesen geliurt. Fügt
man zu der Definition, durch welche die Wesenheit der Dinge
bezeichnet wird, etwas hinzu, oder liifrtt man etwas davon weg,
so erhält man» gleich wie bei den Zahlen, eine andere Art. In
Gott gibt es nun keinen realen Uotersohiei zwischen dem Sub-
jekte» welches besitot» und dem, was es hat (nulla est diffe-
rentia habentis et habiti) oder swischen dem» der Anleil hat,
und was er durch Anteiluahme besitst. Er selber ist seine
< 1. dist. 8. q. 4. a. 1. ad 2«". per squib esas absolatnm non taotms
est, Bsd aliqaid est.
* de potentia. q. 7. a. 1. sed eoatra.
' I. c. a. 2. ad 8oo».
* l, dist. 8. q. 5. s. 2 ad 4«».
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Dtt YerhAltnit der Wewnheit tu dem DAsehi etc. 349
Natur oder WeBcnheit, er selber sein Daseio. Es kann ihm
bomit nichts Fremdes oder Accidentelles beig-etugt werden. Da-
durch unterscheidet sich aber Gott wesentlich von der Kreatur.
Denn der Mensch, welcher die mensohliche Natur hat, kann
noch etwas anderes besitzen, was nicht zar Natur des Menschen
gehört, z. B. die weifse Farbe nnd dergleichen. Beigefügtes
dieser Art wobot nicht der menschlichen Natnr (hnmanttati),
aondera dem Menschen inne. Dieser Unterschied swischen dem
Besitzer und dem, was er besitzt, findet sich nnn in jedem
Geschöpfe. In der zuBammengeselz,Leü ivicaLur int dieser Liiter-
schied ein zweifacher. Das Suppositum oder Individuum hat
die Natur der Art, z. B. der Mensch die menschliche Natur;
überdies aber hat es das Dasein (et iiabet ulterius esse),
denn der Mensch ist weder die humanitas, noch sein eigenes
Dasein. Daher kann im Menschen ein Accidens sein, nicht
aber in der menschlichen Natnr oder deren Dasein. In
den einfachen Snbstanaen hingegen ist nnr ein ünfeerschied,
nämlich der zwischen der Wesenheit nnd dem Dasein. In den
Engeln ist jedes Suppositum seine eigene Natur, denn die QuiddiUit
des Einfachen ist das Einfache selber, wie Aviceuua bemerkt.
Allein dieses Suppositum ist nicht sein eigenes Dasein.
Daram ist die Qniddit&t selber in ihrem Dasein subsistierend
(est anbeistens in sno esse). Daher kann in den Snbstanaen
«war kein materielles, wohl aber ein nicht materielles Accidens
seia.^ Da also Gott das Sein selber ist» kann er an nichts Anteil
haben, was nicht das Sein selber wSre. Denn das Sein kann
au Ii K bis Anteil haben, was nicht es selber ist, weil es nichts
Forinelleres oder Einfacheres ^ibt, als das Sein. Dasjenige, was
ist, kann noch an einem iernercn Anteil haben.' Das ist in
Wahrheit cius, sagt Eoethius, in welchem es keine Zahl gibt.
Dies nnn finden wir in Gott, denn wo eine Zosammensetsnng,
dort ist anch eine Zahl Gott ist nicht snaammeDgesetst^ er ist
vielmehr die Einfachheit selber.' Das Sein ist dämm Gott
* de potcntia q. 7. a. 4. c.
' 1. foütr. Geut. cap. 23.
* de potent, qu. 7. a. 1. arg. sed contr. 2<iin.
350 Das Verb&Uflis der Wesenheit sn dem Duma ete.
g«geattber nicht em ZafalKges, sondern die sabsiitierendd Wahr-
heit selber, wie 8. Htlarins bemerkt^ Damm kann Gott, ak
einfache Form, auch Biemals Subjekt sein. Aus der Einfachheit
bezüglich der Wesenheit und Existenz folgt mit Notwendigkeit
die Einfachheit in jeder an Ii i n ü.ichtung'.^
lu jedem anderu Weseo, aufser dem ersteu, hiugegen unter-
scheidet sich das, was ist, von dem, wodurch ea ist, wie
Boethius lehrt.' Dean jedes Ding, das yon Gott seinen üntprasg
hat nnd swar in der Verschiedenheit der Katar, erreicht nicfat
Gottes Einfachheit. Baraas folgt indessen noch nicht, daft et
ohne weiteres sosammengesetzt sei. Wir müssen daram eine
doppelte Kreatur unterscheiden. manche hat ein vollkom-
ment's Sein iu »leii, x. B. der Mensch und desgleichen. Geschöpfe
dieser Art stehen von (jottew Einfachheit in dem Mafse ab, diSi
sie eine Zosammeosetzuug aufweisen. Da nämlich in Gott alleis
das Dasein mit der (^aiddität identisch ist, mufs in jeder Kroatnr,
aei sie eine körperliche oder geistige^ die Qniddität oder Natur
sich Torfioden, nnd überdies das Sein, wa» sie für eich (sibi)
von Gott empfängt (acquiritur), dessen Wesenheit ihr eigenes
Dasein ist. Auf diese Weise wird sie zusammengesetzt sve
dem Sein, oder dem, wodurch sie ist, und dem, waB feie
ist. Manch andere Kreatur aber hat nicht das Sein in »ich,
sondern blofs in emeui andern, wie z. B. die erntu ^iatene,
oder überhaupt jede Form, oder wie das Universelle. Das Sein
kommt nnr jenen Dingen an, die partikulär in der Wirklicbkeii
sQbsistieren. Ein Geschöpf dieser Art ist ebenfalls einfach, nicht
aber ansammengesetat Wollte man bebaopten, dals es mchti-
destoweniger ensainmengesetct sei aus seiner Natur selber nad
den Beziehuugcu, welche es zu Gull iiat, oder zu dem, mit
* I. c. H srd contra.
' Iu nulla ff crcata inveoilur aliquid simile diviaae siniplicitati.
Ut halu'iis sit id, qiuxl lialuniir. Hoc cnim quod dirunr, qnod in Deo
est idein hahonb vi quoJ habetur iotelltgitur de Ulis, qua» ijabeiitur {»er
modum n-rtim, tioit antem de illis, quae habentur per modum iuten-
tionum. 1 dUt. 33. q. 1. a. 1. ad 2utn et 3"").
* 1. dist. 8. q. 5. a. 1. arg. sed contra.
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Das VerbäUnis der Wesenheit zu dem Daseia etc. 351
welchen e% zusammeDgesetzt ist, so würde die Frage wieder-
kehren über jene Beziehaogen^ ob sie nämlich eine 8aohe (ree)
seien oder nlobt Bilden sie keine Sache, dann machen nie keine
Znsammeoaetsnng ana. Sind aie Sachen, dann können eie nicht
abermals durch etwas anderes, sondern dnrch sich diese Be-
ziehungen haben (ipsae non refemntnr aliis habitndinibos, sed.
Beipsis). Denn daB, was durch sich eine Beziehung ibt, wird
nicht wiederum durch eine andero Relation eine Beziehung haben.
Man mufd folglich zu etwas kommen, wag nicht zusammen gesetzt
ist, was jedoch die Einfachheit des ersten nicht erreicht. Dieser
Abstand läCst sich ans swei Faktoren ermessen. Denn entweder
ist es der Möglichkeit nach (in ptentia) teilbar, oder per acci-
dens. wie s. B. die erste Materie nnd Form, oder das Allge-
meine; oder es ist ansammensetabar (componibile) mit einem
andern. Die göUliche Einfachheit lalat keines von beiden zuj^
denn die Einfachheit der göttlichen Natur bringt es mit sich,
dafs in ihr nur ein Sinn vorhanden heui kann, und dafs in ihr
das Sein sich mcht anterscbetdet von dem, was i^t (quod est),
nnd dem, wodurch sie ist (qoo est).^ In der Substana Gottes
findet sich darum nichts, was nicht sie selber wäre, gleichsam
ala gäbe es da selbst „eio anderes", die Substanz, nnd „ein
anderes", was der Bnbstans zuiällt Was daselbst erfaCst werden
kann, ist Snbstans, wie S. Augustinas bemerkt.* Die Voll-
kommenheit des SeiuH k;i.ua in dreifacher liczichuu^ aulgetafst
werden, insoteru sir- eine Privatio oder ein Nichtsein ausschliefst,
und diese Vollkommenheit ist gemeint (vom Magist. Bent.) im
Worte: Wahrheit oder J^roprietät. Oder es wird damit die
Potenttalität ausgeschlossen und dies geschieht durch das Wort:
UnTeränderlichkeit. Oder endlich diese Vollkommenheit beaeichnet
die Integrität des Seios, und diesbeattglich gebraucht er das
Wort: Ein&ohheit, denn was immer in einem Einfachen sich
findet, das ist sein eigenes Dasein selber.^
* 1. c in eorp. art.
* 1. dist. 83. q. 1. a. 1. c.
« 1. ditt. 8. Text des lltigislr. Seot.
«ml. diit. 8. q. 3. expoB. Im part. text.
Jabibaeb flbr PhilMopU« ele. Tl. ss
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352 Dm YerhAltnis der Wesenheit lo dem Dasein ete.
36*^ e) Argument : Der Wesenheit Gottes kann mao nichU
beifügen; jede Kreatur hat neben der Wesenheit noeh
Beigpefügtes.
Wenn das Weseo Gottes dutchaue einfach iet, folgt dann
nicht mit Notwendigkeit» daih Gott das eigentliche, gemeinsime
Sein fUr allen andere bilde? Ist dann das Verhältnis der Ge-
schöpfe so Gott nicht wie das des PartiicalSren anm Allge meinen,
des Teiles /um Ciaazen, der EröuhciüUDg zum Wesen? Keines-
weg9f antwortet uns der ongliBchc Lehrer. Gott ist und bleibt
von jeder Kreatur unterschieden und zwar dadurch, dafs man
zu dem Sein Gottes nichts hinzufügen kann.
^Alia omnia nomina dionnt esse determiaatnm et particc-
latum, sicnt sapiens dioit ali^nid esse; sed hoc nomen „qni est*'
dicit esse absein tum et indeterminatum per aliqnid additam.
Et ideo dioit Damascenus, qnod non signiüoat qaid est Dens,
sed significat quoddam pelagus substantiae infinitnm, quasi non
determinatuQi. -Aiiquid potcbt esse dislinctum dupliciter. Üdo
modo per aliud aibi adju actum, »icut liomo distinguitur per
rationalem difierentiam ab asino; et tale distiuctum oportet esse
finitnm, quia illud adjunctum determinat ipsum ad aliquid. Abo
modo per seipsnm, et sie Dens est distinotna ab omnibus febns;
et hoc eo ipso, qnia nihil addi ei est possibile. 'Esse divinnfli,
qnod est ejns snbstantia non est esse oommnne, sed est eaae
distinetum a quolibet alio esse, ünde per ipsnm snnm esse Dess
differt a quolibet alio ente. ^Ens commune est, cui non fit ad*
ditio, de cujus uiiucq ratione nou est, ut ei additio fieri non
posait. iSed esse divinum c.^t es'»*^, oui aou fit additiu, et de
ejus ratiooe est, ut ei additio ücn non possit. ünde divinum
esse non est esse commune. Sicut et animalt commnnt non fit
additio in sna ratione rationalis differentiae. ^on tamen est de
ratione ejns, qnod ei additio fieri non possit. Hoc enim est ds
ratione aoimalia irrationalis, qnae est speoies animalis.
'Sicnt dicit Commentator in libro de cansis, ipsa bonitai
' 1. dist. 8. q. I. a. 1. ad 4«"». » de potentia q. 1. a. 2. ad 7am
^ 1. c. q. 7. a. 2. ad 4um. « i. c. ad 6««. » de veritate q. 21. a. 4.
ad 9*"".
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Das Verh<ois der W&Beuheit zu dem Dasein etc.
353
prima ex hoc ipso individuatar et a canotiB aliis dividitur, quod
non reoipit aliquam additionem. Non aatem est de ratione
bonitade abaolate, at reoipiak addilionem, vel non recipiat 8i
ealm esset de ratione ejns, racipere additionein, tnno qaaelibet
bonitas additionem reoiperet, et nnlla esset bonitas pnra. Simi-
liter 81 esset de ratione ejus non recipere additionem, nulla
bonitas reciperüt, et omnis bonitas esset bonitas pura, sicut de
ratione animali» non est nec rationale, uec irratiuuuie. Et ideo
boo ipsum, quod est non posse recipere additionem^ communicat
bonitatem absolutam et distinguit primam bonitatem, qnae est
bonitas pnra ab aliis bonitatibns. Hoc antem qnod non est
recipere additionem, cum sit negatio, est ens rationis, et tarnen
fandatnr snper simplieitatem bonitatis primae. ^Deas est aliqnid
determinatnm in se; alias non possent de ipso ne^ri conditiones
aliorum entium. Nec dicitur determiuulum ens, ^iiia aliquo
termino finilus sit, sed quia per excellentiam sui esse, quod est
simplicifisimura, additionem non recipiens, ab omnibus aliis
distinguitur. ^ Forma omnino simpIex, qnae est suum esse, sicut
easentia diTina, nnilo modo poiest esse snbjectum, sed
forma simpliciter snbsistens, qnae non est snnm esse, ratione
possibilitatis quam babet^ potest snbjectum esse. 'In divinis
propter snmmam simplieitatem non est possibilis additio. Et ideo
BSC nntrersale, nec partionlare. ^Id qood oommone est, per
addiLiüüeiii specificatur vel individaalur. Comniuae vel univer-
Balo sine additione esse non potest, sed siuo additione conside-
ratur. Non enim animal potest esse sine ratiooali vel irrationali
dilferentia, quamvis sine bis differentiis cogptetnr. Licet etiam
cogitetur universale absque additione^ non tarnen sine reoepti-
bilitate additionis est Nam si animali nnlla differentia addi
poaset, genas non esset £t similiter est de omnibns aliis nomi-
nibns. Divinum antem esse est absque additione, non solnm
cogitatione. sed etiam in rernm natura. Et non solum absque
additione, sed etiam absque recepiibiiilaie addiiionis. Unde ex
i 1. dist 24. q. 1. s. 1. sd Snn. • 2. dist. 8. q. 1. s. 1. ad 6«n.
' l> dist 19« q. 4. s. 2. c. *■ 1. contr. Geot cap. 18. rstio 6s. de potentia
qtt. 7. a. 2. sd
2a*
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354 Du VerbUtnis der Weieohelt sn dem Dasein ele.
hoc ipso quotl :idditioDem non recipit, nec recipcre potest, magis»
coDcludi polest, quod Dcus non sit esse commuoe, sed propriam.
Etenim ex hoc ipso siium esse ab Omnibus ah'is distio^oitDr»
qnia nihil ei addi potest. ünde Commentator in libro do cansis
dioit, qaod causa prima ex ipsa puritate snae bonitatis ab alils
disUngnitar et quodammodo individuatar.
Diese wenigen Citate aus dem bl. Thomas genügen toIU
standig, um unsere Behau ptua^ zu erh&rten, dars der englische
Lehrer den Untersobted Gottes Ton den Geschöpfen auf die reale
Verschiedeuheit des Daseins und der Wesenheii in den Krcauren
basiert. Immer und immer wieder lesen wir in S. Thomas, Gou
sei sein eigen Dasein, d. h. in ihm seien Wesenheit und Sein
real identisch, darum könne man ihm nichta beifügen. Gott kann
nicht das Gemeinsame, das Allgemeine sein, an welchem das
Geschöpf wie das Fartikoiäre sich verhalt, denn^ lehrt 8. Thomaa»
das Allgemeine oder Universelle schliefst swar in seinem Be-
griffe oder Wesen das Partiknlare nicht ein, es schliefst das*
selbe aber auch nicht ans. In diesem Zustande ist jedoch das
Allgemeine nicht etwas Wirkliches, tbatsacblioh Existierendes.
Es ist vielmehr ein von uns also üedachtes. Wäre Gott ein
Allgemeines oder Gemcinhamos dieser Art, so würde er nur in
iinsern Gedanken, nicht in der W irklichktJiL ( xi^iicit D, ^ Sobald
das Allgemeine existiert, ist es in Wahrheit ein in nviduelles.
Darum schliefst dieses Allgemeine die Fähigkeit ein, etwas an*
deres anfonnehmen, wodurch es dann specifioiert und individaa-
lisiert wird. In Gott ist diese Fähigkeit» ein anderes aa&nnehmeD,
nicht vorhanden. Unmöglich kann er also das Allgemeine der
Pantheisten sein. Der unendliche Abstand von den Geschöpfen
ist in Gott dadurch begründet, dafb er nicht auftiimmt> ja nicht
autnehmeu kaun.^ In seinem ganzen Wesen liegt vielmehr die
Unmöglichkeit, dafs ein anderes in ihm aufgenommen werde.
Daher ist Gott in sich zwar sehr bestimmt, aber nicht beschränkt.
Bestimmt kann ein Wesen in zweifacher Weise genannt werden,
entweder vermöge der Beschränkung oder infolge der Uotei^
> 1. coDtr. Gent cap. 26. ratio 4«. * de veritate q. 21. a. 4. ad 9m.
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Dia VerhiHois der WeieDbeit tu den Duebi etc. 355
scheidntig. Die Wesenheit Gottes ist in letzterer, nicht aber
in crsterer Beziehung bestimmt. ^ lu einem doppelten Sinne
nämlich kann man von einem Dinge «agen, daf« ef> kein Bei-
g-efügtes annehme. Entweder liegt es nchon im Begriffe selber,
dafs ihm nichts hinzugefügt werde; und so verhält es sich be-
siiCflich der Wesenheit Gottes. Denn ein Ding ist dann voll-
kommen, wenn ee nichts mehr aufnimmt Dies darf man indessen
nicht als ein Gemeinsames anffassen, weil das Gemeinsame sich
im Besondern findet, wo es etwas Uinsugefiigtes erhält Man
kann es aber anch in der Bedentnng verstehen, dafh es im Be-
griffe jenes Wesens liege, weder dafs ihm etwas beigefügt, noch
auch, dal's ihm etwas nicht bcigclugt werde. Mit Bezug auf
diesen letzteren Fijl ist das Gemeinsame ohne Beifiig-uui;. Im
H«M^riHe det* Seienden nämlich ist jene Redmguiig: ,,ohüe Bei-
iiigung'' nicht enthalten, sonst könnte ihm überhaupt nie etwas
beigefügt werden. £s wäre gegen das Wesen desselben. Daher
ist es ein (Temeiosames, denn in seinem Begriffe besagt es zwar
aiebt, dafs etwas hinzugefügt sei, allein es kann ihm etwas bei-
gelägt werden, wodurch es zum Besondern bestimmt wird. Vom
animal, als Gemeinsamen, sagt man, dafs es ohne Yernn^ft sei.
In seinem Begriffe liegt weder, dafe es eine Ternund, noch, dafs
es keine habe. Der Esel hingegen ist ohne Veruunt't, weil in
seinem Begriffe die Verneinung der Vernunft eingeschlossen ist.
Dadurch wird er gemäl's der Differenz zum Besondern bestimmt.
In dieser Weise ist auch das göttliche Sein in sich selber
bestimmt und von allen andern getrennt, denn ihm kann man
nichts beifügen.* In den Kreaturen wird ein Ding auf eine
dreilkebe Art zu etwas bestimmt Entweder dnroh Zugabe der
Differenz, die dem Vermögen nach in der Gattung enthalten ist;
oder dadurch, dab die gemeinsame Natur in einem andern auf-
genommen und singulSr wird; oder endlick dadurch, dafs ihm
ein Accidens bcigefiigt wird, wodurch es existierend, wissend,
weifs etc. genannt wird. Keine dieser drei Arieu findet in Gott
ihre Anwendung. Gott ist nicht etwas Gemeinsames, weil seinWescn
' Qnndl. 7. a. 1.
' 1. dtst. 8. q. 4. a. 1. ad ivm. 1. p. q. 3. a. 4. ad 1»»^
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356 Das Verliiltaii der Wewoheit m dem Duefai etc.
yerbietet, daf« ihm etwa« hinzugegeben werde. Seine l^atur ist
auch nicht in einem andern uutgenommen, da sie ja reiner Akt
ist. Endlich erhält er anch nicht etwas, was auTserlialb »einer
Wesenheit wäre, denn seine Wesenheit schliefüt jegliche Voll*
kommenheit in sich. jSichtsdestoweniger ist Gott etwas Be«
Btimmtea dadnrob, dafo man von ihm jede Zagabe oder Bedingnog
negieren mnft. Ans diesem Gmnde nntorscheidet er sich Toa
^ allen Dingen, die eine Zngabe erhalten können. Dnrch das
absolute Sein existiert dämm Gott nicht nur» sondern er ist
dadurch auch etwas. Das, wodurch er existiert, unterscheidet
nich von dem, was er ist, nicht nachlich, sondern nur infolge
unserer Bezeichnung oder AutTassung. Die Sentenz des Boethins:
»»alles, was ist, habe Anteil an dem Sein, damit es existiere,
und an einem andern habe es Anteil, damit es etwas sei,*^
hat ihre Richtigkeit nur mit Bezug auf jene Dinge, die an dem
Dasein Anteil haben. Sie wäre jedoch folsch, wollte man sie
auch Ton dem gelten lassen, der wesentlich sein eigenes
Dasein ist^ Um etwas aufnehmen sn können, dasn ist dar
Zustand der Potenz notwendig, dufs die Substanz, welch»'; ein
anderes aufnimmt, nach der Auluaiime aus Potenz und Akt za-
sammongesetzt ist. Dies darf jedoch von Gott nicht behauptet
werden, denn er ist reiner Akt.^ Überdies würde Gott in diesem
Falle eine Ursache seiner selbst voraussetzen. Denn alles, was
einem Dinge sukommt und nicht au seiner Weaeabeit gehört,
wird ihm durch irgend eine Ursache zu teil. Jene Dinge, die
nicht per*8e eins sind, müssen, sobald sie verbunden werdaa,
dnrch eine Ursache ihre Einigung finden. Gott aber kennt keias
Ursache,'^ er selber ist vielmehr die erste wirkende Ursache
und zwar aus dem Grunde (eo ipso), weil er nur dan Sein ist.
» 1. c. ad 2um. » 1. contr. Gent. cap. 16. ratio 1*.
1. coDtr. Gi>nt, cap. 22. ratio 3».
« opasc. de ente et essentia cap. 5.
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DIE PHILOSOPHIE DES HL. THOMAS VON AQLIN.
Gegen Frohflehammer.
Von Dk. M GLOSSXER.
I-
EinleUunffm
Wenn eine TbaUache geeignet iet, unsere These, die
Philosophie des hl. Thomas sei die des CfarietoBtama und der
Zukunft, in die günstig^ste Beleuchtung zu rücken,^ so ist es der
Kampf und di?» Kampfes weise, die in neuester Zeit gegen diesp
Philosophie geluhrt \ind n:eüht werden. Zunächst ist schon der
Kampt' ein bedeulsainert Zeichen der Zeit. Man ist zur Uber-
zeugTing gekommen, dafs die zur Schau getragene Geringsciuitzung
und Verachtung der Scholastik und des ScholastiKchen nicht
mehr genügt Mau langl an, sich mit ihr ernstlich zu beschäf-
tigen. Lehrrdeh ist auch die Weise des Kampfes. Er spitzt
sich zu einem Angriff gegen die philosophisebe Weltanschannng
dea Christentums, des Christentums selbst, wenigstens des poai-
tiTen, wie es sich selber gibt, an, ja au einem Angriff auf die
positiTe, anf die wirkliche Religion. Wenigstens gilt dies von
dem neuesten Gegner der Philosophie des hl. Thomas von
Aquin.^
Indem wir von der ausführlichen Kritik, welche der
Münchener Professor der Philosophie J. Frohechammer an dcr-
pelben übt, zunächst eine allö-emeinc Charakteristik entA«> orten,
haben wir allerdings ein bedeutendes subjektives Element in
Betracht zu ziehen. Es ist die aus persönlichen Erlebnissen
stammende Verbitterung, die sich weniger gegen die Wissen-
schaft des A(^uinaten als gegen die „praktische Macht, die Thomas
mit seiner Philosophie erlangt hat^ aeitd^n er offisieU snm Heer-
fubrer der scholastischen Streiter erhoben ist" (Vorrede 8. Y),
mit andern Worten gegen die Hierarchie und die Religioni sofern
sie eine socialpolitisohe reale Ifaoht ist, richtet Aus dieser
» S. dieses Jahrbuch Bd. II. S. 137—206.
' J. FrohsGh&miner. Die Philosophie des Thomss tob Aquin.
i^eipzig I8e^>.
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358
Die Philosophie des hl. Thomas von Aquin.
Quelle fliefsen die alle« JMafs überschreitenden Anklagen ^eg^en
die positive Religion, die (!;is Gewisisen unterdrücke, jedem
menschlichen (jeriihl Schweigen auterlege, da es n-^^ireo (jottes-
ieinde keine GewiHSf»n«prtieht gebe und kein Menschenrecht zu
reepeklit ren sein konoe (>. 157). Der Kampf des Münchener
Professors gegen den hl, Thouias ist also ein Kampf gegen die
iiieiarchie, die augeblich im Bunde mit den unwisseudun Massen
die Wissenschaft — nämlich die moderne, freie — und die
Civil isation bedroht (Vorr. a. a. 0.). Wenn die Stimme des
gläubigen Volkes durch seine Abgeordneten eine Yertretong
christlicher Wissenschaft an den höchsten Lehranstalten des
Landes fordert, so sieht darin der Kritiker des englischen
Lehrers nicht allein eine Beeinträchtigung der Freiheit der
Wissenschaft, sondern auch eine Getieihr för den konfessionellen
Frieden und ruft den Liberalismus, den Fatriotismnn und vor
allem den modenu'n Staat selbst, der die Wissenschaft schütze
und sich von der Kirche fernerhin nicht mehr als Werkzeug
der ünterdriieknng brauchen lasse, zu Bundesgenossen auf.
(Vorr. S. XIV if. S. lf)7 f. S. 2ö5.) Selbst in diesen des
Mannes der Wissenschaft unwürdigen Denunziationen und Aul-
rci^uugeu gibt sieh ein ctuu aktcriätischcs Merkmal der modernen
Wissenschaft kund: es ist die feige Furcht, die dem schola-
stischen Gegner die gleiche Luft nnd das gleiche Licht mifsgönnt.
Man spricht von Freiheit der Wissenschaft, meint aber im
Grnnde das Monopol des Unglaubens und nimmt fnr diesen die
Machunittel des Staates in Anspruch. Um den hierin liegenden
Widerspruch zu verhüllen, klagt man die kirchliche Wissenschaft
der Unfreiheit an und spricht mit Geringschätzung von jeneOy
welche die höhere Norm der göttlichen Offenbarung anerkennen,
als wäre es eine von vornflif^reir» ausgemachte ^Sache, dafs der
Glaube nur hemmend und erdrückend, nicht (ordernd uikI er-
hebend auf die siiekulative Forschung einzuwirken vermöge.
Dieser Taktik entspricht es, dafs die miichtig anschwellende
Bewegung zu gunsten der thoraistischcn Philosoj)hie als ein
künstliches Frodukt hierarciiiecher i'^inwirkung hingestellt wird;
denn, wenn das ganze Eirchensystem mit seiner Hierarchie nnd
seinen absoluten Ansprächen auiVecht erhalten werden solle, bo
müsse die thomistische Theorie wieder zur Geltung und Durch-
führung kommen (B. 157). Um dies in wirksamer Weise sn
bewerkstelligen, bediene man sick als einer Hauptstütze der
ungebildeten Volksmenge und des politischen Einflusses, den das
Volk durch seine vom Liberalismus errungenen parlamentarischen
Hechte besitze. (S. XIV.)
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Einleitong.
359
Diese Ergüsse eines verbitterten Gemütes verdienen keine
Wiiltirlüguu^, da bie im Wider8pruchc mit otTeukuiidigeo Tiiat-
saohen stehen. Die thomietisolie Bewegung ist kein kliniitUcheB
Enengnis und älter als das päpstliche Randschreiben Aeterni
Patris. Sie Terdankt ihren Ursprung nicht sum geringsten
Teile dem trostlosen Zustande der Philosophie, ja der Wissen-
schaft überhaupt^ die sich in den feindlichen Gegensatz ideenloser
Empirie und empirieloser Spekulation gespalten hat. Nichts
illustriert diesen Vorfall in «rrfllon«!- Weise als das eig'ene
bystem de» modernoii Kritikers der Scholastik. Die schöpferische
"WoltphantaHie Frohöchammcrs ist ein würdiges Pendant zu dem
blinden Weltwillen der possimihitst Ii» n Philosophon. uus.
Schritt: Der moderne Idealismus. Muü?.ter 188U.) Beide aber
sind natürliche Früchte subjektivistischer moderner Weltan-
•chanung, die ihre Wurzeln nicht» wie der Kritiker meint, auf
Angnstin, sondern auf Descartes zurückfuhrt Denn der grofse
Kirchenlehrer erkannte zwar in der SelbstgewiTsheit des loh ein
festes Bollwerk gegen den Skeptizismus, keineswegs aber ein
höchstes und universales Kriterium natürlichen und übematür*
liehen Erkenneos.
Verdient nnn aber ein Gog-ner, dessen klarer Blick «Inrch
persönliche Sti;iiiDung und theoretische Vorurteile zugleich getrübt
erscheint, überhaupt ernstliche Beachtung und Widerlegung?
Zwei Erwägungen nind es, die uns bestimmen, diese Fraire zu
bejahen. ErßicDs nämlich zeichnet sich Fr. trotz aiicdcui vor
anderen Gegnern des hl. Thomas durch ein genaueres und
tieferes Singehen in das Einzelne und Ganze der thomistischen
Lehren aus. Zweitens kann der Mttnchener Kritiker als ein
Bepräaentant fiir Tiele gelten, da seine Einwendungen durch
ihr speciftsch modernes Gepräge zur Auseinandersetzung der
thomistischen Philosophie mit der modernen Denkweise überhaupt
Veranlassung bieten; denn selbst das eigentiiinlicho System des
Kritikers, in welcher die Phantasie als Grundprincip figuriert,
woraus alle Erscheinungen in ^'atur und Geist abgeleitet werden,
ist ein echt modernes Gewächs, das in der ,,prüiiukiiveu Ein-
bildungskraft" der vorangegangenen Systeme wurzelt. Wir
haben hiermit einen der wichtigsten Differenzpunkte berühr^ um
welehen sich die Kontroverse zwischen scholastischer und neuerer
Philosophie bewegt, nämlich den der YenuiscbuBg des Geistigen
lud Sinnlichen, die entweder« wenn zu gunsten des Geistigen und
Begrifflichen geschehend, den Intellektualismus, oder den Sen-
analismns und Materialismus nach sich zieht, sobald das Geistige
dem Sinnlichen zum Opfer gebracht wird: in allen Fällen aber
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360
Die Pbilotopliie dm bL Thomas von Aqoia.
einer DuiuriiliHlisciieu und maiurialiätiscliou Weltaut»chauuüg Vor-
achnb leistet (A. a. 0. S. 5 ff.) Wir werden ans deshalb vor
allem der tbomistiscben Erkenntnislehre nnd swar soosehat 4er
Theorie von der sinDlicben Erkenntnis ausnwenden haben, die
Fr. selbst snni ersten Gegenstande seiner Darstellung, besiehrags-
^ireise znr Zielscheibe seiner Angriffe maoht
n.
IHe Theorie vom sinnlichen Krhennen»
Der arUtotelisch - thomisti selten Theorie von der tiaiuiiiel-
baren sinDlicben Wahrnehmung »teilt F. das bedeutsame Zoiigoiii
au», es sei darin erstens als richtig anzuerkennen, dafs jeder Jjinu
sein eigentümliches Gebiet oder Objekt der Wahrneiimung habe,
zweitens dafs dieselben mehr oder minder Bilder des Wab^
genommenen gestalten, drittens dafs auch die Objektivitsi der
Sinnesfnnktionen mit Beeht nicht in Abrede gestellt werdea
könne » viertens endlich, dafs alles Erkennen mit Sinneswall^
nehmang beginne und der höheren Thätigkoit durch den Verstand
das Material darbiete. (S. 20.)
Hit diesen Zugeständnissen ist bereite die Festigkeit der
Grundlagen, aof welchen die Philosophie des hl. Thomas auf-
gebaut ist, anerkannt: wir werden deshalb mit Zuversicht an
die Prüfung des Baues selbst herantreten dürfen. — Die Be-
denken, die F. gleichwohl gegen die T-ehre von der sinnlichen
Wahrnehmung erbebt, dal« nicht klar g<'nj;icht werde, wie die
Sinnenbilder ohne Stoff in die Sinne gelangen sollen, da das
Stott'lichu uiciitü all die Seele abgebe, andererseits aber diese
Bilder nicht Kchou kuimhat'l vorhanden 'l\x sein scheinen, diese
Bedenken, sage ich, beruhen auf einem wiederholt gerügten
Vorurteile der neueren Philosophie, daTs es nur aktnales,
nicht potenniales Bein gebe. Die Sinnenbilder sind in der
Seele (genauer: in den Sinnen) der Möglichkeit, nicht der Wirk>
lichkeil nach: ?/ '^^ ovxa xciq (nämlich öwdftft) ioxi
xdvxa . . . Tj 6* alod-TjOiq ta alöB-i^a. Ar ist de .\nima IlL 8.
Diese Möglichkeit wird durch den kausalen Einflafs der Sinnen'
Objekte aktuiert, nicht dadurch, dafs etwas von den letzteren in
die Seele über^'«ht, »ondern dadurch, dafs unter dem Einfluf?
den aktnali'ii f^^egenwärügeii (Objekts die Seele diesem sich ver-
ähulieiiL und so von der Möglichkeit zur Wirklichkeit, von der
Potenz in den Akt übergeführt wird. Wir haben hiermit eio
allgemeines Gesetz, das von jeder Veränderung, von allem
Werden gilt, dessen Leugnung die Realität des Kauäuiverhait-
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Dat lin&licb« Erkennen.
nissc« überhaupt in Frage stellt, wie dies von uns an einem
andern Orte nachgewiesen worden ist. (Jahresbericht der borres-
gesellschaa für 1^^83. S. 32 il)
Gerade diese Theorie von einer Aktuierung der Seelen-
potenz dnrob die Sinoenobjekte wird von F. entschieden bestritten.
Seine Binwendungen gegen die thomistieche Lehre von der
einnlichen Erkenntnis Inntes im einzelnen: 1. Der Gemeineinn
habe keine eichere Begrttndang nnd biete manche Schwierig-
keiten, denn wäre derselbe rein passiv, so konnte er nicht die
Einzelnwahrnehmu Ilgen zu einer Gesamtauffassnng vereinigen,
vielmehr mtt&te steh der Gegenstand selbst ihm gegeatiber als
das Aktive und Aktuierende erweisen, und die einzelnen Sinne
würden a!» überflüs'^i'T erHcheinen; das die Wahrnehmungen
Vereinigende sei vi« imeljr die eine JSfele und die Einheit des
Bewuratöeins; 2. bei der Hinnlichen Waluneiininng Bei nicht der
äufsere Gegenstand das Gestaltende, sondern die Sinne 8<'lbst auf
den äufseren Reiz hin; dies gelte wenigstens von den sog. eekaudären
Quaiitülen, weniger entschieden (!) für die primären, woraus
nbrigeos nicht die Berechtigung des subjektiven Idealismns folge,
weil die Wahmebmung zugleich von objektiven Vorgängen nnd
Bedingungen abhängig sei; B. die thomistisohe Lehre sei nicht
imstande, den Idealismns zu Uberwinden, denn die ünterscheidnng
von Erkenntnismittel und Erkenntnisgegenstand enthalte awar
eine Ablehnnng, nicht aber eine Widerlegung desselben.
Fassen wir zuerst die gegen den Gemeinsinn erhobenen
Einwendungen ins Ange, so ist die Begründung desselben voll-
kommen sicher; denn da wir thatsächlich die Wahrnehmungen
üei rinzeluen Sinne in einem Bewur^tsein verriniircn, und dieses
Bev. u [> ix'in nnr ein »innliches, eine der sinnliclieu Wahrnehmung
gleichaiuge Krkenntnis sein kann, so ist damit eben der Gemein-
sinn als sinnlicht's Hewufstsein gegeben. Von diesem aber mufs
sowohl die subbLunzielle Einheit der Seele selbst alb auch das
intellektnelle Bewafstsein ontersohieden werden; denn jene bildet
die notwendige Voranssetsung jeder Thatigkeit der Seele nnd
des Beseelten, dieses aber gehört dem Intellekte an, der sich
nicht wie die Sinne organisch, sondern, wie wir sehen werden,
organlos bethätigt. F. verwirft diese Unterscheidung und pole-
misiert von diesem seinem Standpunkt gegen die thomistisohe
. Unterscheidung. Die Entscheidung wird also anderswo, nämlich
in der richtigen Bestimmung des Verhältnisses von Intellekt und
Sirnlichkeit 1iep*fm. — Was von der Passivität des GcmeinftinnR
gesagt wird, beruht auf einem Milsversiändnis der thomistischen
Theorie; denn nach dieser verhält sich kein Erkenntnisvermögen
362 Die Philosophie des hl. Thomu von Aqaiii.
ansschlidfsUeh passiv, sonclern tritt in Thfitigkeit und TerUUt nch
aktiv, oachdem es durch Einwirkaog von aoffien aus dem Znstand
der Möglichkeit in den der Wirklichkeit ttbergegangeo ist Die«
gilt anch vom Gemeinsinn, der allerdinga dnrob die Binwirknng
der äufseren Objekte zar Thätigkeit erregt wird, nicht unmittelbar
jedoch, soodero infolge der Thätigkeit der einzelnen iSinne; denn
der GemeioBinn und die einzelnen Sinne verhalten sich nicht wie
getrennte Vermögen, sondern bilden wurzelhaft ein Vermöjren,
das sich in den »pecieUen äinnea in ebenso viele Zweige ent-
faltet.»
I)<*r weitere Einwand, dafs die Sinue die (nach Locke)
Bekumiaren QualiUten selbst bilden, beruht auf unbewiesenen
Voraussetzungen, nämlich einerseits auf der gegen wänig fast
allgemein herrschenden Annahme der Subjektivität der sensiblen
Qualitäten (vgl. dieses Jahrbuch Bd. IV. & 217 ff.), andererselto
anf der eigentümlichen Theorie Frohecb.s selbst von einer objektiv
in der Natur, subjektiv in der Seele sich bethätigenden allge-
meinen Bildnngsmacht (Phantasie). Wir haben an diesem Orte
weder auf die eine noch die andere der genannten Annahmen
einzugehen und antworten nnr nuf die Behauptung, die Lehre
des hl. Thomas vom sinnlichen Erkennen sei nicht imstande, den
Idealismus zu überwinden. Zunächst sei bemerkt, dafs selbst
im iint^ninstig'steD Falle die thomistische ^innenlheorie den unbe-
streitbaren Ansprneh erheben darf, die Objektivität der Erkenntnis
unang'etastet bestehen zu lassen. Gesetzt ulso, es liege in der thomi-
stisclien Unterscheiüu D^r von Erkenntnismittel und Erkenntnisgegen-
Btaud Lur eine Ablehnuiig, lüt lit eine Widerlegung des Idealismus
(S. 22), 80 könnte gegen die Theorie des hl. Thomas hieraus
ein Vorwurf umsowoniger geschöpft werden, als es vielmehr die
Aufgabe des Idealismus wäre, seine der allgemeinon Ansicht und
der Stimme der Natur selbst widersprechende Behauptung» dals
,»man es mit Gegenständen in Wirklichkeit nicht zu thun haben
könne*', zu erweisen. Allerdings, wenn man unter „Widerlegung
des Idealismus" einen eigentlichen Beweis für die Wirklichkeit
der Gegenstände versteht, so ist der Idealismus damit nicht
* Unde oportet ad sensuni commnnem periinere diter«tioui8 jadieioni,
nd quem rrfi-rantiir sicut ad conimunem trrniinuni, (itnuos approlit-n-
t^iones sonbiiiiin, a quo ctiam percipiuntiir actinn»'S si nsuum, hiciit cum
aliquis videt se vidcre. Hoc tnim nuu potest iieii |>er äensaiu pioprmm.
qui non cognoscit iiisi formam sensibilis a quo imnratstor; in qoa
imTT n'it'ione percipitnr visin, et ex qua immutalione sequitur alia
i m ui u t a t i o in sensu c o m m u n i qui visionem percipit. 8. Th. I. qu.
78 art. 4 ad 2. Qu. de Au. a. 13.
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Das sinnliche Erkennen.
363
widerlegt, duls man konslaliert, man habe eu ihm gemäfs nur
mit Vorstellungen, nicht mit Gegenständen zu thun. Indem man
aber konstatiert, dafs der Idealisrans mit dem allj^eiueiDun und
notwendifTcn Rewnfstaeiü, deoiznloiir«' wir es in der Wahrnehmung
eben mit, wirklichen Gegenständen z,ü Uiua imbun, in W ider^pruch
tritt, 80 liegt hierin ein Moment, das einer Widerlegung voll*
kommen Sqnivaliert Dem BiDwaod des Idealismos aber, daf«
wir nor durch VorstelloDgen bq GegenstaadeD gelaugen, also ea
unmittelbar nnr mit Vorstellnogen an Uraa haben, wird dareh
die angeführte thomiatisohe Unteneheidnng ▼ollkommen genügt,
wie denn auch Keaere, z. B. Überweg mit Üecht gegen Berkeley
dieser XJnterecheidaog sich bedienen.^ Gegenüber demldeaÜamna
Ist das allgemeine und allgemein anerkannte Bewtifstsein im Bo-
8itZf*taTid, lind f-s lag^e dt-m Ideahsiiius ob, den ütiweis für das
Gegi nt< ii zu liihren. Die Aiitprabe der W isseoHchaft iat im
gegebenen Falle durch Aut'stcilung einer Theorie erfüllt, die
dieuer Tbatsache iierhnung träfet, wie sich denn Fr. selhnt
«chhefslich auf das gesunde Bewufötsein ui.d Denken beruit.
(S. 24.) Dies ist aber in der thomiHtischcn Philosophie nicht
blofe iDsofero der Fall, als sie zwischen Mittel uod Gegeostaod
dea Erkennend nnterscheidet, soodem aach iasofern die Reaep-
tivität der Sinne angenommen wird. Denn nnr wenn die Sinne
In der Wahrnehmung eich passiv nnd antnehmend verhalten, ist
die volle Bürgschaft filr die Objektivität der Wabrnebmong, und
da dieae die Grundlage aller weiteren nnd höheren Erkenntnisse
bildet, unseres Brkennens überhaupt gegeben, nicht aber int dies
der Fall, wenn die Wahrnehmnogen nnr »ubjektive Gebilde auf
äulsere Reize hin sind. Gegen diese letztere Annahme, zu der
auch Fr. «ich bekennt, hätte der Idealismus ein leiclUfB spipi.
Denn woher, könnte er fragen, wissen wir, flal'ö dieöe aubjekUven
Gebilde mit den äufseren Objekten übertMusUinmen? Wtiun dann
überdies dem Idealismus eingeräumt wird, dals eine solche Über-
einstimmung beziiglich der sekundäreu Q,aaiii<ii> u uicht beblehl,
mit welchem Rechte dürfen wir sie bezüglich der primären
Qualitäten aanehmen?
Fragen wir, waa der Kritiker Besseres als der heil.
Thomas gegen den Idealismus voranbringen wisse, so finden wir
statt einer befriedigenden Antwort die Anklage, dafs gerade
Piaton nnd AriNtoteles, denen die Scholastik gefolgt sei, durch
ihre sohroffe Trennnag von Intellekt und Sinnlichkeit den
Idealismus vorbereitet nnd verschuldet haben. Carteaius sei in
> V. Ktrchnaon, Pbiloioph, Bibliothek, 2S. Heft, & III.
364
Die PbiloBopbie des U. ThomM von AqoiD.
dieser Richtung noch weiter, am weitestea Berkeley gegaagea.
Der h). Thomas also ein Vorläufer Beriteleys! Wenn nnr die
gesohiobtlicben Daten mit den Aogaben Fr.s harmonieren wftrdea!
Das wirkliche geschiobttiebe Verhältnis Ist ein Tollig Ter-
scbiedenes. Gartesius bat awar wie Geist nnd Körper nberhaopty
so auch Mensch nnd Tier inaoferii schroff von einander irf trennt,
als er im lot/.tcren nur eine Maschine ohne psychische Thätigkeit,
ohne Empfindung- und Reg^ehren, erblickte. Dag^eg-cn hat er in
keiner Weise sinnliches und intellektuelles Erkennen getrennt,
sondern vieiraehr jenes in dieses anfgelöst. Ist er schon hier-
durch der lieirriinder des Ideali^Jinus geworden, so noch aiH
andern Gründen, vor allem dadurch, dais er das Ich und seine
Zustände — cogito — allein als das ursprüngliche Objekt der
Erkenntnis betrachtete nnd von da keine solide Brücke mehr
an einer objektiv bestehenden Anlhenwelt an finden wnthte.
Endlich griff er die längst yerlassene Theorie Demokrits von
der Habjektivität der sensiblen Qualitäten wieder auf, die von
ihm auf Locke, Malebranche und Berkeley überging. Der
Letztere aber, der von einer Trennung von Intellekt und Sinn-
lichkeit überhaupt nichts wufste und nicht« wissen wollte, da er
andere als sirtnlieh'^ .,Idprn'' nicht anerkannte, leitete aus den
Hubjekliviöliüchen Ansichten seiner modernen Vorgänger den
extremsten Idealisrons ab. Dies ist das wahre geschichtliche
Verhältnis, wie wir an einem andern Orte uachge wiesen
haben, ohne von irgend einem Vertreter der modernen An-
schannngen widerlegt worden an sein (Das moderne Prindp
XL a. w. Begensburg 1880) : ein Verhältnis, das wir ans dnroh
den Kritiker des englischen Lehrers nicht ins Gegenteil ver^
kehren lassen m> erden!
Mit Unrecht spricht Fr. von einer schroffen Trennung des
Intellekts von der Sinnlichkeit bei Thomas. Gerade das, was
er angeblich selbst will, dafs die Seelenverraögen als ein Orga-
nismus ineinander greifender Krätte gefafst werden, wovon der
Intellekt nicht losgelöst werden dürfe, hat der englische Lehrer
in der giunzendsteu Weise geleistet, freilich nicht so, dals der
Intellekt in die sinnliche Erkenntnis sich mischt (wie Frohscb.
8. 23 annimmt), sondern in dem Sinne, dafo die Veratandes-
krafte, wie sich nns weiterhin zeigen wird, in lebendiger
Wechselwirkung mit den Sinnen sieb bethatigen. Der Verstand
ergreift in den nach Erscheinung und Basein von den Sinnen
antgefafsten Gegenständen das diesen unzugängliche ailgemeiDe
und notwendige Wesen derselben. In dieser Auffassung ist der
Idealismus ansgeachiossen, während in Frohsch.s Ansicht von
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Dm aimdiehe Erkcnoen. 365
eioer allgemeinen BildnngBmacht, die in der Aurbenwelt wie io
Sinn nnd Intellekt gestaltend wirkt, unschwer einer der letzten
Auaittuler des modernen Idealismus zu erkeuueu i.sc, wie wir in
der bereits angeführten, von Fr. totgeschwiegenen Schrifl^
i&berseageiid nacbgewieMii su haben glaabes. Der reale Unter»
aebied vod Verelaod und SinnHobkeit aber mnlb trots des
organiaohen laeinandergreireiiB beider aofrecbt erhalten bleiben,
eolaDge ihre Fermalobjekte weaeatlich Teraohieden »ind nnd eo-
lange die natürliche Scheidewand zwischen Mensch nnd Tier
beetehen bleibt» die der Darwinismus, die eigentliche Grundlage
der philoBophischen Phantaetik Frobschammers, vergeblich nieder-
snreirAen versucht.
Von der thomistischeD AutFassung der inneren bione gibt
Vr. ÄU, dals sie im allgemeinen den Tliatsachen des psychischen
Geschehen« entspreche, es trete aber in ihr der Mangel der
gesamten Erkenntnistheorie zu Tage, der eben in der Trennung dos
Intellekts von der Sinnlichkeit bestehe. ludem die Erinnerungs-
kraft and die vis cogitativa als Steigerang der niederen Seelen-
krafte betrachtet würden, eei die Steigerangsföhigkeit der letateren
anerkannt, mnsee also anch den Tieren zugestanden werden,
nmeomebr da die Ton Thomas selbst betonte Bedentnng des
Sinnlichen und der Materie für das Geistige snr Annahme
dränge, dafs sie nur Mittel seien für die allmähliche Entwick^
lung des objektiven Geistes zur subjektiven Vernunft oder zum
Intellekt. (S. 26.) Als ob nur durch diese (im Grunde Uegelsche,
von der sie sich allein durch die vpr'^rbiedene Ausdrucksweise
unterscheidet) Antfassung der Natur der Zweck d«^r^rlhen, dem
Geiste zu dienen, erreicht wurde! Fr. legt an die thomistische
Lehre, statt sie an den Thatsacheu zu prüfen, den Mafssiab
seiner eigenen Theorie an, die den Geist ans dem Naturprozefs
hervorgehüü lalsL uud die VVesensuiUerscbiede dur iJmge moni-
stisch in eine allgemeine Wesenseinheit auüöst. (Der moderne
Idealismns. 8. 96 ff.) Der Schlnlh aber, eine Steigerang der
niederen an den höheren Kr&fton mttsse aach in der Katar im
groben möglich sein (8. 25), wenn sie innerhalb der mensch-
lichen Natur sich ToHziehe, ist nicht konklndent; denn nach
thomistischer Lehre entspringt die vollkommene Thätigkeit des
niederen Vermögens nicht ans einer Steigemng der letzteren ins
• Dafs unsere Schritt .,I)cr moderne Idealismus" n. s. w. Fr. nicht
unbekannt geblieben ist, wiaseu wir hus einem absulut sicbereu Anzeichen.
Der moderne Originalphilosoph ziebt es indessen vor, unsere Angriffe
auf sein WeltphantsiiesysteD einfsch zu ignorieren, was wohl das Be*
quemste ist.
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366
Di6 Philoaophie det U. Thomms von Aquin.
Geistige, aus einer Fortbildang zu diesem, sondern aas einer
8t&rkung, die den niedereo, siDolichen Vermögea durch ihre
Yerbindung mit den höheren, geisUgeo Vermögen erwachet
Der Xrittker des eogliechen Lehrers hatte sonach» nm seiaen
Anatogieaohlnb au reohtfertigen, auerat den Nachweis führen
müssen» dafs der Geist, der Intellekt auch der Natur im grofsen
immanent sei, um durch seine Wirksamkeit das Unorganische
anm Organischen, dieses zum Sinnlichen und s. f. in »,ateigeni^.
Dafs die gröFsere Vollkommenheit der inneren Sinne, näm-
lich der .SchätzuDg-skrail und deH Gedächmisses. sofern jene im
Menschen als partikiiliiro Vernuiitt (ratio parlicuiaris), dieses zu-
gleich als ErinuerungBvermügeü bich belhatigt, nicht aU tioe
Stcig^erung ins Gei»ti^e gedacht werden dtirto, erhellt schon
daraus, dala nach den» eughschen Lehrer bchic auf das Einzelne,
das eigentliche Objekt der Sinne, beschränkt bleiben. Ol^leich
nämlich die genannten Vermögen aufoer den sensihlen Formen,
die Too den aufseren Sinnen aufgenommen werden, gewisse
^Intentionen'S des Vergangenen, des ISütalichen, Schädlichen^
anffasseo, so geschieht dies doch aor in partikntarer und indivi-
dueller Besonderung, wie der hl. Thomas ausdrücklich bemerkt:
est enim (vis cogitativa s. ratio particalaris) collatiTa intcuuonum
indiTidoaliom, und (von der Erinnerang oder reminiacentia}:
quasi Ryllog'isiice reqnirendo praeterilorum mcnioriam secundam
indi vid 11 a ! es inteutiones. Uber dir f^röfsere Vollkommenheit
aber, di»^ diesen Verraö.,''en intbl^' drv Verbindung^ mit dem
Intellekt zukommt, bemerkt derselbe Lehrer: quod illam emineo-
tiam habet cogitativa et memorativa in liornine non per id, quod
eöt proprium scusitivae partis, sed per aliquam atliuitatem et
propinquitatem ad rationem universalem, secundum quandäiu
refluentiam. 8. Th. 1 qu. 78 art. 4 o. et ad 5.
X
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LITTKRARISCUE B£SPR£0HUN6EN.
Ctotehiekte der Philosophie nach Ideengehalt und Beweisen.
Von Prot; Dr. Baumann. Gotha, ferthes. 1890.
IMe betoiiden Tflodeos der vorliegendeo Scbrift ist schon dnrefa
den Titel derselben angedeutet und wird vom Verfasser in der Vorrede
dps weitem ausgeführt. ^ Diese Geschichte der Philosophie'', erkärt sich
derselbe i>. III, .ist m philosophischer Absicht verfalst, d. h. sie soll den
Ideengehalt and die Beweise derjenigeD Philosophen tur deutlichen An-
schauuDg hringen, welche Kigentümtiches in der Philosophie gebracht
habeu und insofern imstande sind, t»^iH philosophischen Sinf ül»»'rhAnpt
anzuregen, teils die verschiedenen Richtungen mhaltlicher oder tormeiler
Art heraaszastellen, welche In der Philosophie eingetchlagen wurden und
mit mehr oder mimlor Anwantllunpen norli immer eiuge6ch!ai::cii worden.*
„Mein Gesichtspunkt war streng dieser: wenn j( niand sich für Geschichte
der i'hilosophie philosophisch interessiert, wa;» ist ihm aus dewjeuigen,
was bisher von solchen Beetrebangen da war, als eigentQmlich in Inhalt
und Form vorzuführen, und zwar so vorzuführen, dafs Gedankeninhalt
und Beweise möglichst deutlich erscheinen und, falls er Lust bekommt,
den betreffenden Philosophen in seinen Quellen selbst zu studieren, er
zugleich an der gebotenen Darstellnng einen LeitAulen des Terstlndnisses
habe" (S IV).
Die Absiebt des Verfassers ist also nicht, den Leser zur hii>torischen
Forschung, sondern die, ibn zum sachlichen Philosophieren anzuleiten.
Ohne, wie es kürzlich \Vindelband gethan, den Versuch zu machen, die
Anfeinauderfolri: • der Probleme zum leitrndrn Faden der Darstellung zu
machen — ein Versuch, der in vielen fallen zur einseitigen Betonung
untergeordneter, zur ZorflclcdrftnguDe wesentlicher Momente führen mu^
— sucht er Qberall die Probleme herauszuarbeiten und durch Angabe
der vielfachen einander durchkreuzenden Lösunpeversuche dem eigenen
Denken des Lesers Anregung zu geben und es von der ScbwerflQssigkeit
an befreien. Tiots der terniltnisniftfsigen Kflrse des Buches ist dieser
Versuch im ganzen wohl gelungen, da durch Ausscheidung philologischer
Forschungen und snlrhor Erscheinungen, die ein lilofs kulturhistorisches
Interesse bieten, tür liie Darstellung des philosophisch Wertvollen, ander-
weitigen Darstellungen gegenüber, ein beträchtlicher Raum frei wurde.
IJbrigens sei hier ansdrücklicb bemerkt, dab das Fernhalten philologischer
Untersuchiincfen von dorn Buche keineswegs seinen Grund in einer mangel-
haften Hückbichtuahnie auf dieselben hat. Wirklich durchschlagende
Resattate jener Forschungen smd vielmehr stillschweigend filr die Dar>
Stellung benutst. So ist z. B. S. 14 das bekannte Fragment des Phere-
kydes von Syros mit Recht in dor von Diels (Archiv für Gesch. der
Philos. I, S. 11—15) nach den iiandschrifteu des Laertius Diogenes ver-
besserten Gestalt gegeben.
Die Darstellung selbst ist durchweg sachkundig und gründlich. Ober
einzelnes wird mnn natürlich verschiedener Meinung sein können. So
. Jahrbttcb für Philosoiihle eic. VI. S4
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368
Littenurifleh« Bespreobungen.
h&tte nach Ansicht des Keferenti^n S. 53 der durch Plato Theaet. Ibbt,
l'hfted. 81b beseugte Ifftterialismas des Antisthenes nicht abn^gaa
werden sollen, da er ftir die Stoiker, die in der Kthik -av. Autisthenes
Rieh aii8cbl()'«sen, auch hinsichtiich der Naturphilosophie einen uicht
UBwichtigen AQkaüpfuug.spuukt bot. AU ein historisch nicht völlig be»
FBcbtigtM Hineintrairra Platonischer Gedanken in den Deismus de«
Aristoti'les er<"hr inf os, wenn nach S. 85 dieser d»nn tnenscblicLon Geiste
/{leichsam die Fähigkeit zuschreiben soll, nach Vorbereitung durch die
Erfahning mit nnmittelharer Evid«os die allgemein»» Gesetze m erfotsfD,
^welche in den Dingen als Keime vorhanden waren und die unter An-
regung des {,'ötilicli(ii (roistes, dem unser Oeist verwandt, d. h. ähnlich
ist, vou Ewigkeit her verwirklicht sind.*' Zu dürftig ist die Hehandinag
der mittleren Akademie S. 135, deren genauere Kenntnis doch far dss
Studium vieler Ciceronianischer Schriflon unentbehrlich ist.
Anerkennung verdient es, daf-* Hanniann aiicli über Hatrisiik und
Scholastik eine Übersicht geboten bat. Seine Auifassung vom Inhalte des
Cbristentnms dedct sieb im gansen mit der Harnacks; doch bat sie aaf
die Darstellung des Philosophischen keinen sonderlichen Eintlnfs. Hei
der Darstellung Justins treten S. 164 neben den Sätzen, in welchen skh
eine wariue Bewunderung des bleibenden Wahrheitsgehaltes der antücCD
Philosophie ausspricht, zu sehr die anderen für .lustin gleich wesent-
lichen znrürk, welche das Ungenncf^nde selliit der Piatonischeu Philo-
sophie betonen (z. ti. Dial. c. Trypb. c. 4— ö). Die Schilderung des
Onostieismus 8. 165 abergeht ganz den gnostisehen Gottesbegriff, weleber
an die Stelle des ens actualissimum, der lauter, n r nerfiio, in der Weise
der Neupvthajforeer und der freilieh ^»»itUch später* n N ii>Ia.toniker in Gott
eine Entwicklung aus dunklem Grunde setzt. Aucii liaiie bei Uesprechong
der gnostiscben Ethik (S. 166) nicht al»ergang4*n werden dtrfen, daA den
Systemen, welche durch die Lehre vou der rnn^iuln it der Materie die
Kerderiing strenger Askese begründen, doch auc h andere pegenül«»rsteben
(Epiphaues, Valentin u. s. w.), welche aus der Minderwertigkeit de«
Körperlichen seine Gleichgültigkeit folgern und so schliefslich zu einem
rollen Autinomismus jjelangen. Der Ursprung der Schriften des Diony-
sius Pseudü-AreopagitÄ wird S. 181 gegen öüO augesHtzt; dem Kefereuten
erscheint die Ansicht von Kranz Hipler am wahrscheinlichsten, nach der
sie im btzten Drittel des 4. Jalirli. entstanden sind. Das Cbristentom
des Hoöthius hätte S. 183 nicht in Zwt ifcl gezogeu werden sollen. Wenn ,
auch die Beweiskraft des von L seuer herausgegebenen Anecdoton Uolderi
durch Schepps (Neues Archiv f. iltere deutsche Gfschichtsknnde, XI,
S. 125 ff.) in Zweifel gezogen war, so hat doch J. Driisecke gegen Scheppi
deu Cassiodori>cht'n Ursprunfj des Zeugnisses aufs neue gestAtat (Zeit-
schritt f. wissenschaftl. Theologie XXXI, S. 44 — 104).
Die Darstellnng der neuern Philosophie bar«t dadurch sehr so
Übersirlitlichkcit ein, dafs dieselbe ohne Gliedernntr in rnterabteil untren,
wie bolrbo im ersten und zweiten Teile pemacht sind. 151 Seiten hindurch
ununterbrochen weiter läuft. Nur din .Seitenftberschrlften erniOglicheo
einigermafsen die Orientierung. Es wäre sehr zu wünschen, dafs diesem
Maii^tl in einer nnnen Auflage abgfdiolfen würde. Mit der Disposition
dieses Abschnittes kann ich mich nicht in allweg einverstanden erklärea.
Ich halte es für eine unnatürliche Auseinanderreifsung, wenn a. B. Bsr-
keley und Hnme von Locke getrennt und erst nach den auch zeitheb
spateren französisclien Sensualisten und Materiali.sten Helvetius, La Mettrie,
dem Systeme de la naturc und der Encyclopedie behandelt werden. Auch
in Einzelheiten kann Widersprach erhoben werden. So ist der Oegeo-
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LittoruriMhe Bespreohnngw.
369
fttU zwiscbeo Hobbes und Descartes S. 240 zu scbarf betont. So vieles
tie Kheidet, so koflsnen sie doch such 'in maoebem Wichtigen flbereia.
Die Lehre von der Subjektivit.lt der Sinncsqiialitätrn möfje a!s Rinzelheit
nicht betont werden. Aber die mechanisclio Weltanschauuntr, welclie
"Von Uobbes freilich auch auf die Psychologie uud die Lehre vom Ursprung
der mttlich«n KSrperscbaften auiigedehnt wird, wird wenigsteiis fttr das
ganze Gehret der sinnf'lIliLM n Nntnr ! rli auch von Descartes angenommen
und erweist ihr& Ühcrcinstianuung in dem Forschungsgebiet, welches gerade
jene Jahr2ebnte von den verschiedensten Seiten her in Anbau nahmen.
Noch gegen einen andern Gesichtspunkt in Baumanna Darstellung
möchte ich rhirrbL:>\n{;igeii Widerspruch erheben. Ich meine seine kiiltur-
historiscbeu Schilderungen der Kigenart der rerschiedenea Völker und
deren Einflnfa anf ihr Pbiloiopbieren, Meiner Anaieht nach findet aieh
•dtlM Tiel Einieitigea und Gekßnstches. 'Einseitig ist es z. B., wenn
S. 5 ff. Formensinn und heitere i^'reude am nipn«rhlichen Dasein als
-Grundsflge des hellenischen NS^esens bezeichnet werden und der Trieb zu
subtiler Begriffiiipaltnng, der sieh n. a. so lebliaft in der Vorliebe na-
xnentlich der Athener för das Anhören von Prozrfsreden zeigt, daneben
nicht f'it'f^im «Mvvähnt wird. Dafs die keltische Abstammung von be-
stimuiendem Eintiula auf diu Gedankenwelt den Johannes Scotus lerugena
<(8o, nicht Erigena, sollte der Mann nach den Handschriften genannt
werden: vgl. II. .1 Flofs in s-inpr Aiis-pabe, Migne, Patml. lat. CXXU.
S. XIX) gewesen (8. 187), ist schwerlich nachzuweisen. Oiordano Bruno und
Spinoza haben aus ahnlichen Prämissen ähnliche Folgen gezogen, ohne
doch eine Spur keltischen Bhitea in ihren Adern zu haben. Ebenso ist
mehr geistreich als wahr, "v v« wir S. Vi2 über dpn rrsy>riinjr vnn No-
miualismus und Uealismus leseu. „Beide Richtuugeu nehmen teil am
germanischen Orundgefflhi; der Nomlnalisnius vertritt die freie und kraft-
Tolle Persönlichkeit, der ReaHamna den Zug, einem Idealen zu dienen."
Aber unabhängig von allem „germanischen (irundgefnhl'* hat doch auch
die griechische Philosophie deu gleichen Gegensatz von Nominalismus
und Realisrnns entwickelt, hei Antiitbenes und Plate, bei den Stoikern
und den Neuplatonikern. Überhaupt kann ich der Ableitung der Scho-
Isstik ans dem germanischen Oeiste (S. 1R3 ff.l nicht 7;ustimmen; Italiener
und Franzosen — man denke an Anselm, Abälard, Thomas von Aquin —
haben ebenso ihren Anteil daran, wie der deutsche Albert Will man
aber die Ki;rentnmlicbkeit anch d'T romanischen VoMa r ans den> F'influfs
des gi'rmaniscben W«'sens anf sie erklären, so kommt man schliefslich
auf ein Gebiet, wo man aus jedem alleü machen kann.
Die Darstellung Baumanns ist zwar nicht immer leicht fliefsend, aber
klar, verständlich und sachgemäfs. Sätze wir- S. ^S: „Kin Srbhifs ist,
wenn . . oder S. 177: „Die Lehre von der ewigen bchöpfung und der
Unbegreiflichkeit des Unendlichen stellt Gott nach sich vor* sind ver>
einselte Ausnahmen. Der Druck ist korrekt. S. 126 war der Herana-
geber des Sextoa finplrikos Bekker, nicht Becker, zu schreiben
Breslau. Clemens Baeumker.
Katholische Do^matik in Bcchs Büchern von ])r. Ih^rmao
b oh eil. XI. Baad. Paderborn, Ferd. Sobouiogh. iÖUO.
Tiefe der Spekulation, konsequente systematische Durchfnhmnp des
eingenommenen philo8ophiscb-tbeolo'_M«''hen Standpunkts, ein reiches pxp
Fetisches Matertal und eine edle, gev^aiiite, dem Gedanken sich vollkommeu
t4*
370
iMduBiegmid« 8pridie bikten die V<Nrzflge aach da voriicsaate Bwätaa
Bftndes der Schellschen Dogmatik. — In zwei BQcbern (d. 3. u. 4.) werden
die „Theologie des dreieinigen Gottes'' und die „Kosmologie der Offen-
barung" behandelt. Die tpekolative Trinitätslehre des Verf. ist aui dem
Begriffe der Aeeitit in der AnlÜMsuBg, die wir bd BeeprechoBg des
ersten Bandes kennpo prlornt halben (Jahrbuch Bd. V. S. 231 ff.\ auf-
gebaut. Die Anoalime, die Erkeeniuis des Wesens Gottes sei too der
des göttlichen Dasciuä unzertrennlich, tragt hier ihre ersten — sagen
wir es aufrichtig — verhingiiitvolleii FiOehte. Mit dem Oedanken, dBe^
christliche Trinitiltslphre enthalte nichts anderes als die konkrete Fassimr
des YemonftbegriÖs der Sei bstverwirklichung des ersten Seins,
ateih aieh die Sehdlsche Trinit&tslehre in einen unvetkeeabaren Ö^gm-
tftts mr traditiiMiellen Auffassung der theologtsehen Scholen and tritt in
ein nach unserer Ansicht hedenkliches Abhängigkeits- odpr wcnitrst*>ns.
Verwandschaftsverhaltnis zu den Spekulationen Günthers uud Kuhns.
Zwar nnterteheidet ileli die Anffaasnog det Yerf. to ihren Onatlen da-
darch entschieden von der des Tübinger Dogmatikers, dafs jeder Gedaiüce
einer Potenzialitat, eines vom Fürsichsein ferschiedenen Ansich von Gott
ferne zu halten gesucht wird; andererseits aber liegt eben darin eine
Uaffende Inkonteqaem, daft der Begriff des Vernraachent (im Knae
einer SrMiBtverursarhunf:) auf das göttliche Sein angewendet und doch
der davon unzertrennliche (jedanke eines Prozesses uud Übergangs vna
der Potenz in den Akt ausgeschlossen wird. Die Eintragung einer Bt-
wegung aber, einer Potenzialit&t in Gott impliziert einen entschiedenen
Abfall von der Reinheit und Erhabenheit des christlic!irn Gottesbegrifr>
und zieht fQr die Auffassung des Christentum! nnd seines &bemat6rlichen
Gharaktera die destniktiTiten Folgen naeli Bich. Nimmt man nimUcb
eine gütliche Selbstverursachung an, was, wie uns wenigstens scheint,
mit einem Geist- und Persönlich w er den Gottes gleichbedeutend ist. so
wird der Gegensatz, den das Dogma ausscblielislich nnr Ton Person zu
Per ton anerkennt, in daaWeaen nnd die Natur Oottee aelbet hineiB'
getragen und damit der Wesensunterschied zwischen Gott und Geschöpf
j»efahrdet und in Frage gestellt. Der (Todanke eines solchen Prozesses
in Oott bildet das gemeinsame Merkmal der ibeoiogischeu Spekulationen
aoAwrbalb dee Cliriitentnms oder wenigstens aufserbalb der traditionellen
Lehre, jinprf.mgen von der Tao- und Vedantaphilosopbie (vgl. Manc.
I. Buch, V. 12 b! Selber dann durch des Geists Sinnen hat er das Ei
entzwei geteilt, d. h. Gott ist Geist durch einen Prozefi der Selbst-
differenziierung, in den zugleich der Prozefs der WeUbildnng ▼erBchlungen
ist) bis zu deu theosopliischen Spekulationen Baaders und SehrlHngs.
Mit der gewohnten Prägnanz hat der hl. Thomas diesen principieUeu
Unterschied da, wo er den Ornnd angibt, warum wir die erste Person
in der Gottheit nicht Matter, sondern nnr Vator nennen, ausgesprochen:
quia intellectus divinus con est in potentia, sed in actu tantum, ideo iii
feneratione verbi non competit ratio matris, sed patris. Cont Gent.
IV. c 11 e. fin. (Vgl. dagg. F. Hoffmann, Spekolative EntwkU.
der ewigen Selbsterzeugung Gottes aus F. v. Baaders Schriften u. s. w.
S. 23). Obgleich der Verf. alle Kraft aufbietet, diese Klippe zu ver
meiden, so müssen wir doch der scholastischen Exposition des i riniiats-
geheimnisses, die der Verf. fthnlidi wie Knbn als eine abstrakt-begriff«
liebe kennzeichnet, nicht allein ans dogmatischen, sondern auch aus
philosophischen (Erfinden entschieden den Vorzug gel)en. i>er positiv
gefafste Begntl der Aseit&t, der Gedanke einer Selbstverursachung unu
SelbattenrirkUehong wideraprickt dem ebersten Onmdsala dar Vemnaft;
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UHbtndnk^ PwpwchcngeB.
371
•dten M ist Iii sieb selbst widersprceheiid, da(ä da Wetto sieh selbst
verarsache, sich solbst ins Dasein setze. Sucht man aber diesen Ge-
-dankes dnrcb die Erw&guDg au statzen, dafs der Negation des ab alio
esse eioe positire VoUkommeDbeit io Qott entsprechen mflsse, so geben
irir difs swar au. betraebten aber als dieses Positive eben das aas ver-
bor5?pnp, nnbegreif liehe und unnennbare Wesf^n Qottes selbst. Schell
.zwar appelliert untniitelbar au da» Kausaluriocip: „Würde die AsetUU
nur negativ abstrakt als ürsaeblosigkeit geatcbt« so wäre die Annabme
(lOttes auf Grund des Kausalgesetzes die I.eagnung des Kausalgesetzes
und seiner Wahrheit für Gott." 20.) Wir erwidern: Das Kausal-
^setz verlaogtf da£s alles, was entsteht, vergeht« wird, sich bew^, sich
-rerindert, eine Urtaebe seiaes Eatsteheas o. s. haben nOsse, keiaet-
wepfs aber, dafs alles, was ist, eine Ursache habe Was aber die theo-
logische Seifp der Frage betrifft, so vermfidrn die Thonlnf^m sr!h?t das
Wart: causa iu iWr Anwendung auf «iie triuitari&cbeii Au^gauge, und
«1er hl. Ibomas will nicht einmal den Ausdruck: principiatum vom Sohne
srebrauchen (! qn. 33 art. 1 ad i) Ofis Hervorgehen des Sohnes ist !cpin
V^erursachtwerden und von eiuem Widerspruch zwischen UervorgauK und
Nichtvernrsachtsein kann deshalb keine Rede sein. Dafs mit dem Begriff
des VerursachtseiDS eine passive Potenz in Oott eingetragen wOrde,
-wnrdr bemerkt, und es i<^t rrine Willkür, \vf>nr! der Ausdruck nctus
purus beibehalten und ibai der Öinn einer freien, d. b. unabhängigen
tielbstverwirkliehung unterstellt wird (8. 213 n. an viel. and. Ort Vgl.
Ihiersu SehSzler, Natur* und Übernatnr S. 437 ff.).
Um der Konsequenz zu entgehen, dafs die göttlichen Personen nur
Momente eines einpersöolichen Wesens seien« sieht sich der Verf. ge-
nötigt, den Begriff der göttlichen Persdnlichkeit formell in die Relation
zn setzen. Das Wesen der göttlichen PersöDlichkeit beruht Ibra nicht
im Kürsichseiu, sondern im Füreinande rsein. „Die Dreipersönlicbkeit ist
die Form der absoluten Persönlichkeit; weil in Gott eine Dreiheit von
Personen ist, deren Leben der Urs)Hnii»f von einander und die Hingebung
4in einander, ktirznm das vollkommenste Füreinander int, deshalb hat
Gott wahrhaft und ganz den Grund und Zweck seines Lebens in sich und
ist die vollkommene Persönlichkeit." (S. 19.) Anders der englische
Lehrer: Persona diriaa sigoi6cat relationem in recto et ei^sentiam in
obliqno; non tarnen reJatinnrm in quantum est relatio, scd in qnnntnm
signiücatnr per modum bypostasis (l q^. 29 art. 4. Vgl. Oonet Manuale
tr. VI. e. V ^ iL Clyp. Thom. disp. Iv. srt. IL § II n. 25). Die gött-
lichen Personen sind urei FQrsichsein, allerdings (worin wir dem Ver-
fa"?spr hoistimmen) nicht als drei Selbstbewufstsein, wohl aber als drei
unmitteilbare (relative) Subsistenzen; denn im Begriff der Persönlichkeit
aoeh in seiner Anwendung anf Gott liegt wesentlich die Inkomninni-
kabilität, woraus sich ergibt, dafs durch die Annabme einer absoluten
Subsistenz in Gott keineswegs eine vierte Person neben den drei rela-
tiven Personen statuiert wird. Mimmt man daher mit dem Verf. an,
dab die göttlichen Personen nnr im Fflreinander Sein, Leben ond ab-
geschlossenes FQrsichsein besitzen, so hnbrn wir in der That nur eine
Persönlichkeit und aos dem Prozefs der Seibstverwirklicbung resultiert
nur ciue Person.
Nach scholastiseher Exposition sind die innergöttliehen Relationen
Su^sistenzen und Personen, weil sie mit der seieiult n und «nb^^i'^tiprenden
Wesenheit identisch sind; nach der Darstellung des Verf. aber resultiert
das Sein und die Subsistenz Gottes umgekehrt ans den Ursprüngen und
RetaCionen, denn das Sein Ist Produkt einer Erkenntnis- und WiHenstbal*
372
Eine notwendige Folgerung ist, dafs die Personen sieb wechselweite Ift
ihrem Sein und Persönlicbsein lieilingeu. Mcclisel weite auseina: !( r hervor-
gehen. „So gibt jede l'erson der andern Wirklichkeit und Persönlichkeit,
obgleich nur der Vater dem Sohn das Wesen mitteilt." (S. 106.) Die
letstere Beschrtnkung ist dnrch das Dogma gefordert. Stimmt sie aber
/II den PrÄmissen und ist nicht vielmehr <!;is Wi seu d&s Produkt der
KrkenntniS' und WillensthatV Oder was eoU der positive Begriff der
Aseit&t, der Selbstverwitklicbung anders bedeuten?
Der Verf. lebrt^ dnb die Erkenntnisthätigkeit insofern sie Thfttigkeit
und Energie ist, selbst schou WillonsthätiRkeil sei. (8. 34. > Hieraas
folgt, dals Vater und Sohn erst in ihrem relativen Gegeosatxe zum h&L
Grarte Dasein nnd Snbsittenx beiitien. (8. 88 IT.) Sollte nnn nicht weiter
geschlossen werden müssen, dafs der hl. (ieist mit viel firöfsercra Rechte
als Prinzip des Vaters tsnd Soliiies zu liezeiclinec sei, ais umgekehrt, da
Vater umi bohü erst der in der Spiration des hl. Geistes ausgeQbteu
Willensthätigkeit ihr Sein und ihre Snbsistenz verdanken?
Die Trinilätslelirr S !iells ist von dem Gedanken beherrseht, Jafs
das erste Sein, das güitüche, das Erzeugnis einer freien Geistestbat sei;
denn nicht das Sein, sondern die That, lichtes Erkennen und tittliches,
heiliges Wollen seien das erste. «Die Freiheit ist eben die Form der
absoluten Einheit und zwar als aussrlilierslidies Vorrecht, . . . weil es
ihr Vorzug ist, durch eigene Geistesthat zu bestehen." (S. 12.) „Auch
die f^yas von Vater nnd Sobn ist als g&ttliehe Tliatsadie nur denldiBr
vermöge der ewigen Willenstliat, kraft deren Gott existiert, aus deren
heiliger Innigkeit und Kraft der hl. Geist hervorgeht." (S. 15 vfrl. S. 17.)
„Die Dreieinigkeit ist im eigentlichen Sinne das Geheimnis des Daseins
tiottes, der tinbedingten Aseitftt in anendlicber WesensflDlle." ^ 40i)
Die Prnze.<isi(inen sind demnach die Bedingungen des göttllciien Daseins;
nline sie kann die nottlirit niclit als daseiend pedaclit und hegriffen
werden, l'rülea wir diese Ansiclii zmiachbt be-iiiglich ihrer outulog lachen
Voraussetzungen und darauf ilir Verhältnis zum Geheimnis selbst.
Schell beliebt die Notwendigkeit des güttlirhen Seins, sofern es nach
analogischer Denkweise begrifflich dem Erkennen und Wollen voran-
gehend gedacht wird, eine blinde zu nennen, indem er schreibt: „Es iH
falseb in der blinden Notwendigkeit der Tbatsaebe, welche dem Thun
vorangeht, eine znvprlri<^si!'ere Xotwendi^keit zu sehen, als in der selb-
ständigen freien und sittlichen Notwendigkeit der Willensthat, welche ja
docb als das Urerste allem, was nar Thatsaehe und nicbt sugleieb That
ist, vorangehen mufs.*' (S. 26.) Zur Verteidigung diesi>r Ontologie wird
bemerkt: „Es kOnnte widersprechend srheinen, dafs das Sein durch Er-
kennen und W^uUen begründet sein soll, allein ist es denn irgendwie
Terstindlicher, wie Erkenntnis und Wille ans dein Snn bervorgeben
kann? Gedachtseiu und Gewollt sein sind die beiden P'ormen
lies Seins.'' (S. 66.) Diese Ontologie stellt in voller Übereinstimmung
mit der des Ideulismus. Es wäre von Interesse zu veraehmeu, wie man
von diesem Standpunkt die Lehre Fichtes von der ursprQnglichen That-
handlung, dieAnnahmen einer „snl si tiorenden" Idee, eines. subsistieremlen*
Willens, wie sie sich bei Hartnianu und Schopenhauer tioden, zu wider-
legen gedenkt. Wenn Gedacht- und Gewolltsein die Formen des Seins
sind, können dann die Dinge etwas anderes sein ah I» enntnis- nnd
Willensakte? Vielleicht göttliche Erkenntnis- und Wiilensakle. aber
immerhin Erkenntnis* und Willensakte im Sinne des aufsersten Idea-
Uttioa? Es klingt allerdings tebr geiitvoU, stelh aber sufleieb alle
Begriffe auf den Kopf, wenn uns getagt wird: „Der aelbatftadige Oeiit
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littorarisdw fiMpreehungwi. 373
iit dasjenige, was er in oneDdlicber Wesen sf olle ist, nicht ändert, als
alles Seiende kraft rh s Gedaokcus. jedoch nicht kraft dos Gedankens
eines Höheren, soudern kraft ei(;ener Deuktiiat. Dic^e Dcnkthat ist es,
welche zum Personengcgenäalz yüü Vater uud Hoha, von Wesensbiidner
and NVesenshild führt, insofern sie Denkbild und WeBeosgestaltung in
anendlicher Vollkommenheit ist. Sic enthält indes bereits als ideale
Selbiterdeukung uud Weseusgestaltung die Üeziebuug zu Gott den heil.
Oeiet, iasofern sie nämlich Dfokthat ist. Die That gibt der Selbst-
gestaltang des unendlichen Wesens hinsichtlich des idealen Seins die
Bedeutung einer ewigen Tbatsacbe, der real energischen Existena.**
(S. 270
Was die Abhängigkeit des £rkenuens und Wollens ▼om Sein be-
txifft, so scheint uns dieselbe hinreichend verständlich, wenn das Sein
als ein immaterielles, geistiges begriffpii wird: dagegen enthält ein das
Sein setzendes Denken im absoluten Sinne geootnaien einen handgreif-
lichen Widerspruch. Ebenso unirerst&ndlich und onmOglicb finden wir
ein Denken, das erst dnrcl» den Willen, von dem es doch vorausgesetzt
wird, sich zur Denk that gestaltet; es liegt dann eine otlVnkundtge Ver-
wechslung mit dem Idealen, dem eske ohjectivuui, das ein erkeuneudeii
and erkennbares Soiu voraussetit and daher nicht Grand der Aktiviiit
und Aktualität sein kann.
Fragen wir weiterbin, wie es bei dieser Auffassung der Trinität um
das Mysterium steht? Die Antwort liegt nahe. Wenn das Wesen
Gottes nur als Seihst Verwirklichung durch immanente reale Beziehungen
von Ursache und Wirkung ^eltcht werden kann, und wenn die Trinität
nur den konkreten Ausdruck des Vernunltbegriff;! der Aseüät enthält,
SO ist das Trinitätsgeheimnis nach seiner inneren Möglichkeit und Not-
weudigkeit begritren und hört auf, im vcdh»n Sinne des Wortes Geheimnis
zu sein. Was die OfTi-nbaning hiiizuhringt, ist nur die Krkenniiiis, dafs
die heiationeu Personen seien. |S. 105.) Da ui.s nun aber die Speku-
lation aber die Trinitftt dahin belehrt, dals die Personen in Gott formell
Relationen seien und das göttlii-he Fflrsichsein aus dem Filreinandi rsein
der Personen resultiere, s<> sehen wir uns sehli» fslich wieder mit den
schon durch die Vernuufl erkaiiuteu Begritl' der Selttbivervvirklichuug
durch Denken und Wollen zurflckgefQhrt, mit andern Worten, das Tri-
iiitfitsgelieimnis reduziert sich ant die (VdrtrrMichel) Vernunft Wahrheit
der guttiicben Aseitdt = Selbstverwirklichung. Dasselbe ergibt sich, wenn
wir an die Lehre erinnern, dafa das Dasein Gottes nicht ohne das Weaeu
Gottes erkannt werden könne; dieses aber bestehe in der Aseität, die
in der Trinif.1t ihren konkreten Ausdruck finde; nun erkennen v ir aber
durch \ernuntt das Dasein Gottes, also auch die Dreiheit der Relationen
oder Personen, ohne die Oott als daseiend nicht gedacht werden kann.
Die im bisherigen gegen die spekulative Triuitätslehie des Verf.
vorgf lirarliten I>fdenkt>n liestätigen vdllkommen das Urteil, das wir bei
Besprechung des ersten Bandes über des Verf. Ansicht von der Daseins-
snr Wesenserkenntnis geftUt haben. Das Wesen Gottes ist das 6e-
heimnis der Geheimnisse für die fjatQrliche wie in gewissem Sinne selbst
auch für dit' obprnaiQrliche Glaubenserkenntnis, ein (Jelieiinui'^, das nur
den Seligen im Lichte der Uerrlicbkeit enthüllt werden wird. l>agegen
das Dasein Gottes ist für nns die ans dem Weltdasein erschlossene ur*
that Sache. Diese Urthatsache aus dem Grunde aus einer l'rthat
ableiten wollen, weil eine notwendige Thatsache etwas Unfreies und
Blindes sei, heilst das Geheimnis des Wesens des ersten Seins zu er-
grflnden strehen. Das gdttlicha Sein ist aweifellos in seinem Ctefstes
374
Grunde ein darcbaus geistiges und lichtes; in ihm fallen Grund und
Ziel, Anfang nnd Knde ?:nsammen. Hie endlichen Kategon><on d<*r mit
Accideotien behafteten äuüstaoz, der I hAiigkeit u. s. w. fioden aut dieaet
Sein streng genonawn ketae Anweadiuif. Dt wir aber dock tob OoH
nach unserer Weise reden wollf n und müssen, so werden wir v.tn t iner
Denkt h äti jjkei t Goftes, der (iottheit redeu, nicht abpr um^'f kehrt von
eiaem durch Deukeo- und Willenstbätigkeit gesetzteu uud iiervorgeUradtea
göttlichen 8cin und göttlicher Substanz; denn in dietnai Pnlle vQrde«
wir, stntt das göttliche Sein ^infznhellen ond zu eikl&ren, an 5enip *^Trlle
ein Luding, den lebendigen Widerspruch setzen. Iiier gilt das Wart:
qui scrutator est majestatis, opprinietur a gloria, d. h. wer sich TCfwiCgt,
das Wesen Gottei mit dem blofscn Licht der Vernanft, durcii Vernunft»
begriffe erfassen, wenn fiurh nicht umfassen zu wollen, verfällt in an-
gereimte und widiut^precheode Vorstellungen. Eine solche aber ist der
Godnnke einet Seim, dts sich j^erdeokt", „ersebaiTt'* a dgl. Will mm
im Erntt anf diesen Gedanken eingeben, so hindert nichts, ihn in dem
Sinne der neueren Philosophie xn fassen. Alsdann ^st das sich selbst
setzende Sein nichts anderes als das Grundwesen alles Endlichen, das
Ich Pichtet, dat Subjekt-Objekt Schelliagt, der logitcbe Begriff Hpgela,
das ewige, abtointe, in tick telbtt hegrUndele Werden, detten Inkalt d«a
Endliche hx.
Der (iütiesbegriti' des Verf. hat eine weitere Probe in der im folgenden
vierten Bocbe behandelten Schöpf uogstheorie zu besteben. Die zahlreiehe«
Abweichungen von den hergebrachten Ansichten lassen deutlich jr^nng
erkennen, wie derselbe aus dieser Prüfung hervorgeht. Der Zweck des
Schöpfers sei nicht zu unterscheiden von dem der Schöpfung, denn ek
dftrfe nicht der Schein entstehen, als oh ein malum creatnrae propter
bonnm creatoris zug4'las«;pn wArde (S 124): ein Bedenken, ans welchem,
wie uns scheint, folgen wQrde, daCs Gott das üöse Überhaupt nicht zu-
lassen könne, nnd worauf wir antworten, Gott könne das B6«e nur mtiBr
der Bedingung xulassen, dafs es dem Guten, d. h. zur Offenbarung der
göttlichen GOte und Vollkommenheit dient. Ferner: die Welt sei in
der göttlichen Idee nicht vollkommener als in der Wirklichkeit (S. 2i2|, daa
Übel, die Unvollkonmenheit in den geschaffenen Dingen atis dem Xiebl»
oder aus der Materie abzuleiten und als ein von Gott per accidens Ge-
wolltes und Verursachtes zu betrachten, spi imrnlji'ssig. Gott könne nichts
nebenbei wollen, der thumistische Begntl der Materie sei ein duali-
stischer Überrest; daraus, dafii die Geschöpfe aus Nichts sind, folge
streng genoinmrn nichts (S. I.'i5); die Oeschflpfe können mit der sitt-
lichen Ordnung in Gegensatz kommen, nicht aber mit der AllursHche,
das Üüüe sei (wenn wir richtig verstehen) im Grunde nur das niedere
Out (S. 155 ff.). Im gOnstiesten Falle erscheint die Theodicee des Vier»
fassers, die Ober das vermeintlich „unbesiegte" Böseuirht hinwegzukommen
weifs, als ein Schwanken zwischen der Ansicht, vom Standpunkte Gottes
gebe es ftberhaupt weder ein Obel noch ein Böses nnd der gewöhnlichen
Lehre, die die Rechtfertigung d- r Zulassung des Bösen darin ersieht^
dafs in der Hand riottrs auch das Höse dem Guten dient. Der Hin eis
auf das ^Stückwerk" unseres Erkennens ist sehr am Platze und sollte
man sich daran besonders auch dort erinnern, wo das Verhältnis unterer
Erkenntnis des Daseins Gottes zur Wesenserkenntnis in Frage kommt.
Jene Abweichungen in der Theorie der Schöpfung, Krhaltung ond
Regierung erkl&ren sich, wie es scheint, insgesamt aus dem durch den
GottesbegriflT geforderten Sehöpftrogsbrgriff des Verf. Wie der positire
Sinn der Ateitftt die Selbttrerwirklichnng itt, to itt nach Ansicht des
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littBuriMlw BMpnebongiQ«
875
V«rf, if r poshiw SiiiB der Schöpfung ans Nichts die HertorbriDgang durch
•das Denken und Wollen Gottes. Nehmen wir hinzu, didi nach dem Verf.
Denken und Wollen (TTodacht- nnd OpwoDtsein) die Formen des Seins sind,
SO haben wir folgerichtig in den Dingen formell göttliche Denk- und Willens-
«fcte so erkeanen. In einer tolchen Schöpfung mnft freilich fBr die «lM>bere*
Betrachtung das Übel und die Sflnde verschwinden. Ob man Ober diese
Theorie, in der mit der thomistischen „Materie" auch aller „Dualismus"
SrOBdlich ansgemenst ist, dasselbe Urteil fallen könne, das der Verf. in
^freebter Wfirdifong Ober die thondttiiche Theorie toMpriebt, dtlh niebte
so G^rnndsätzlich von Panthrismns entf» rnt s^i, als die fiebre von der in-
tensiv und extensiv alhimfassendcn Ailwirksamkeit der ahsohiten Freiheit
^8. 148), darüber mo^^^e der Leser entscheiden. Xur tineu i^ingerzeig
«ollen wir geben nach der Richtung, auf welche der Hegriff der gött-
lieben Selbsterschaffung hinweist f'ie Wendung, die Schöpfung des
Kodlichen sei von selten Gottes eine freie, weil sich seine Schöpfermacbt
Gerdts an tönern eigenen Sein bethatige, scheint eine zweischneidige
Waffe zu sein, die sich gegen denjenigen wendet, der sie handhabt
Denn ist das göttliche Sein selbst ein OpschaflFene?, dann ist die Schf^pfung
der Dinge nicht blofs frei, sondern auch — überflüssig: eine überflüssige
Verdopplung, da der Teminue der ersten Schöpfung ala ein Teror*
sachtes, gewordenes Sein doch nur ein endliches Sein sein kann.
Und welchen Sinn soll es haben, dafs die zweite Schöpfung von der ersten
durch die Freiheit sich unterscheide, wenn schon die erste eine „freie"
Erkeontnit- and Willenstbnt der tich aelbat ▼enrirklicbenden Gottheit
Min soll?
Die Knrif ]1( hre des Verf. ist von einer fortlaufenden Polemik gegen
die der ihooiibtiscben Schule, deren strenger Begriff vom reinen Geiste
*!• ein möglicher, aber dem biblt&cheu Bilde von den Engeln iakon-
£!:ruonter bezeichnet wird, durchwoben. Wollte man ahr r die Krklgnintrs-
-weise des Verf. auf die Gotteslehre anwenden, so würde der auf^eräte
Anthropomorphismus die Folge davon sein. Die Ansicht des Verf. vom
Wesen und Leben eines reinen Geiates hat jedoch einen tieferen, pliilo-
tophischen Grund, Lämlirh einen ausgesprochenen Dynamismus, <!er
4m materielle und geistige Dasein einander so nahe rUckt, dals ihre
Grenzen ineinander mefsen. Für die angebUchen „konteaiplativen** Mo-
naden des hl. Thomas erhalten wir ^praktische Welibarger", die nicht
aPein auf die Dinge wirken, sondern auch von ihnen leiden: eine Auf-
fassung, die dem Verf. uiu so weniger Schwierigkeiten bietet, als er ein
eigentlfchea Leiden Oberhaupt nicht angibt und die Ansicht anaapricht,
dafs die Fortschritte der Naturwissenschaft zur Streichung der Kategorie
des Leidens aus drr aristotelischen KutPfrnr entafel gefulirt haben. Leiden
sei nur etwas iielalives, eine andere Art des Wirkens, ein ubhaugiges
bedingtea Wirken. (S. 201 ff.) Daa Überströmen einer Realität des Wir*
kendon zum I^eidenden sei ein metaphysischer Aberglauben (S. 232), eine
Bemerkung, die, nebenbei gesagt, weuii sie dir> scholastische Auffatisung
des Leidens treffen soll, auf einem völligen Mifaverstäudais beruht; denn
das ÜbergefOhrtwerden von der Potenz in den Akt durch eine wiritende
Ursache, die in eben dirspr Beziehur? im Akte ist, bedeutet etwas ganz
anderes als den Aberglauben einer von der Ursache auf die Wirkung
Qberwandernden Renlitit. Der Yerf. ichent indea, nm die aeholaBtitdie
Materie nnd die «reale Möglichkeit** mit der Wurzel ausaurotten, vor
der letzten Kons^^qnenz nicht zurück, die allen Kausalzusammenhang
aufhebt nnd ihn auf eine gesetzlich geordnete Aufeinanderfolge der Lr-
«eheiniingen, in der jedes Glied vertauscht werden könnte, rednaiert: „Die
376
littonuMi» Betpredmiigeii.
thalaiebliebe BedeataDir der Nfttoronftehliebiceit wird siebt aufgehoben,
wenn sie als gesetzmärtiiger Zusammcnhaog und geordnete AufeiDander-
folge von Dingen und Zuständen kraft ihrer inneren Beschaffenheit vor-
standen wird. Es gibt kein Leiden, weiches nicht in sich betniclitvt^
Wirken wire; es gibt kein MOgliehei als Erklftrangagnuid des Wirk-
licbrn , aondorn nur Wirkliches." (S. 288.) Nun gilt aber dem Verf. aU
das eitizifie reale Verhältnis das Kausalvcrhältnis, weshalb er auch dif
von den Ihomisten auf das Erkeuuen der fc^ngel iu seinem wechselnJea
Verhalten SO den Dingen angewendete Unterscheidung vom Priucip noA
TermimiH vrrv/irft; folglich besteht zwischen den Geschöpfen ubcrhaapt
kein reales Verhältnis und alle Keatität löst sich in daa einzig reale
Verbiltnit der Geschöpfe zu Gott auf. Der Dynamismus ist ToUttiadig;
die Dinge sind Erkenntnis- und Willensakte Gottes; Erknnnlsein und
Gewolltsein sind die Formen des Seins!
Wie es unter solchen Uniständen mit der spekulativen^ Authropoiogie
des Verf. bestellt sei, bedarf einer weiteren AnsKlbrnng nicht. 0»
Definition des Vienncr Konzils ist dem Verf. keine Bestätigung der niat.
prima im aristotelisch scholastischen Sinne. (S 2ä7.) Obgleich aber dit
Seele nicht im scholastischen Sinne als VVesensform zum Leibe sich t-er>
halte, so seien doeh die niederen Stufen der Körperlichkeit und SioDlieb>
keil in ihrem tiefsten (irunde vom Oriste beseelt. Wir fragen wieV ds
sie doch vom (ieiste nicht „leidnr konneu. Wohl deshalb, weil sie ia
ihrem tiefsten (irunde schon geistig ^siud?
Von der Übernntilrlichkeit der Anschauung Gottes gibt Sch. foigeniie
Erkl&rung: „Die Ansrli-munfj (lottrs ist ihrem Wesen nach bclilec Itliia
QbernatÜrlich oder über Kraft, liedütfuis und Wurde jedes aucii noch $o
▼ollkoniroen angelegten (ieschöpfes erhaben, das heifat Gott ist abgesehea
von seiner freit n Selbstbiugabe für keinen geschaffenen Geist erkennbar.''
Da nun uIm t (Jott bereits in der Scbopfunp sich frei nelbst liinjibt .ud
dem geschuöeuen Geiste sich erkennbar macht, so scheint alle Gottes-
erkenntnis eine flbernstarlieho su sein und dies unsowehr, lU nach dem
Verf. die Erkenntnis des Daseins Gottes von der des Wesens meht
getrennt werden kann.
So erklärt sich denn auch, dafs Sch. in der Lehre von^der Km-
pfhnglichkeit fflr die Gnade — potentia obedientialis — wie die Äuf»ernofr
S. 205 zeigt, nicht auf Seite der Scholastik steht. Die von ihm p braiicbtc
T'nters<h«'idnng von Ideal und Ziel ist hiufällig; denn ein h\tn\ hticlit
umii weuigstens zum Teil zu verwirklichen; kein VernUnftigf r wuu eiuHj
Stern zu seinem Ideale machen wollen. — Wiederum versickert man uns,
die patristiscbe Verhältnisbestimniuug von Natur und Guado sei di< ti«
fere, die scholastische sei juristisch, und dies trotz der ungeheoreo
Kämpfe gegen die reformatorische Theologie und trotz der tortgeschritteoeo
dogmatischen Eutwidclnngl Doeh auch dieses Urteil erklärt sich ans
tieferen Gründen.
De minimis nou curat praetor. Gieichwobi möge erwähnt werden,
dafe es 8. 16 wohl heilen sollte: die vermeintlich LelbDitzscbe Formel;
man vgl. nämlich Kuhn, Kath. Dogmat. Ii. IL 8. 6liO Anm. 1 n. S. 021.
Endlich l)edaitern wir die uuglückürhi^ Erneuerung einer veralteten Kr-
kläruug von Gen. 6, 1 ff. und die uu^eres Eracbteus noch unglücklicher»
Hotiviernng derselben.
München. Dr. H. GloCiner.
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littwariaolie Bespiechungen«
377
Sic et liou. Die riobltiUie der chriötlichüü Glaubenjs- uud iSitteü-
lehre. Wisse uschafUich erörtert io drei Geeprächeo von
Paul GloatB» Lic. theol. Wittenberg, Herrose, 1890.
Das nJfthrbaeb* bat nur f nsofem Veraoltttung, sieb mit ▼orgeiiannteiii
Schrifteben /u beschäftigen, als dieses sich wiedorholt mit der katboliscbeu
Kirche und Lehre wenig freundlich bpschätiigi: denn tu irgendwie nenuens-
verten Hesullaten oder zur Versöhnung der im Protestautismus beste-
henden sablreicheo Gcgeasfttse gelangen die drei — oft iu ungeheuer«
laDgen Perioden gffnhricn — „Oesi)iilche" ihat&ächlich nirht. Schon der
erste (S. 1) IBZcilcn lanpe Sa tis.womitda»„wissciischaftlicht'~ Gespräch über
„das Wesen des Chriistuuluins" erAflFuet wird, begiüiu mit einem Angriff auf
die katholtaebe Kirche, welche «durch üufsere (nicht auch innere?) Einheit
zu imponieren strebt** |d. h. wirklich imponieiij — auf den „unfreien, io
seinem Autontätsprtncip positivistischen (1?) Ivatholizisnius'*, der freilich
dem ffSchreckbaften Umsichgreifen einer der hObereo religiösen, idealen
uud sittlieben Interessen völlig ban i . lirinzlpiell senwalistischen, egoi>
stischen und atljeiKtischeo VVflt- und Lrben'^tri^chauung" nicht Schach
hieteu könne. Üeueidet der Herr Verfasser buuiii die kaiholiscbe Kirche
nicht tim ihre imponierenile Einheit^ so haben wir noch weniger Ursache,
seine „liebe evangelische Kirche und Theologie" nm die „Zerfahrenheit
und ZiTrisspnheit" zu beneiden, die er selbst als GefoI«re ti(»s Hechtes-
bezeichnet, welches dieselbe ^deo einzelneu zur Schriltturschung, zu
iwrsdnlieher Heilsaneignong und idttHeber« aber gesetses* und satsuogi^
freier (sic!!^ ljet)eiihfi':Iirung einr&umt." Dafs der „abendländische Ka-
tholizismus" iiarli Herrn Lir. Gloatz (S. 5) der „fihischen AulTassung
des Christentums unter der Idee des Reiches üoitej» iu seiner Art gerecht
geworden" sein und sie dennoch Ahierarebisch korrumpiert haben** soll^
ersrl riiit als wirklicli staunenswcrto I,eisfun}r. S. 6 liegegneu wir der
oft gfuug schon widerlegten Behauptung, dafs nach kuthol. I^ehre „die
verdienstliche Gerechtigkeit dem Ciirisien zugleich durch die göttliche
Natnrkraft mittels der Stkramente magisch eing« . t u werde." S. 7
*"rfrilir(Mi wir mit Staunen, dafs dctn disputierenden Ii. „am h einmal ein.
katiioliücber Pfarrer gesagt habe, David Ötraufs hätte Kccht, wenn der
vnfehlbare Papst nicht wäre**. Schade, daft Herr B. den Nanen diesen
grofaen Theologen nicht nennt, der gewifs »chon in der Sexta das Prä-
dikat „ungentlgend** in der Religion erhalten bat .^uf S. 10 wird wieder
einmal das Märchen berichtet, dafs die Protestanten nach katholischen Ao-
sprflehen „sehon dnreb ihre Taufe dem Papste verpfl lebtet* seien. 8.78^
heifst es, der Uallebche Pietismus sank „zu der von Luther überwundenen
katholischen und jesuitischen Praxis zielloser Stei^eruni; d<*r
Selbstprafung (gesperrt gedruckt 1) zurück, welche von neuem die
Menseben sor Heuebelei oder Veraweif long trieb*. Dabei soll (ebd.) die
kaibol. Kirclie im G. (rriisalz zu laither lehren, „erst die Vollkommenheit
(sie!) der Reue berechtige zu dem Veriraiion auf die Söndenverfrebung" und
die „wahre Reue und Hufse" sei möglieh auch oiiue „Krall der Gnade".
Wir empfehlen dem Herrn C, der in seiner Dispntstiou diese theologische
Leistung zu Tage fordert, ernstlich das Studium der Canones der gpgen
den Semipelagianismus abgehaltenen 2. Synode von Orange (b2^. Vgl.
Densinger, euchiridion symbolorum et definitionum. Nr. 147 ff.) und
Tridentinum, soss. VI. Denn es kann nie schaden, wenn man gegen die
kaiholiscbe Lehre polemisieren will, dieselbe vorher Innnen gelernt aa
haben.
Breslau. Professor Dr. Koeuig.
378
Die katholische Wahrheit oder die tbeoIojEnsche Sninma des
heilif^en Thomas von AquiO) cleutsch wiedergegeben von
Dr. Ceslauft Maria bchneider. IX. und X. Band.
Ke^ensbarg, Verlags-Anstalt.
Beide Bäode bilUeo dea Abscblofs der von Dr. 8ch. mit so vieler
MAhe und Genauigkeit Teranstalteten deutschen Obersetzno^ der Summa
des bl. Thomas.
Mit Recht bezeichnet der (gelehrte Verfasser diesen Teil U r Samros
als »den Weg zur Herrlichkeit". Deoo io diesem Abschnitte bandelt der
beil. Lehrer von den Mitteln, die den Meoieheii sn teinem wahren Ziele,
za seiner Bestimmung hinleiten, der fcirlösung und den Sakramenten. Ist
an und ffir sich diese Materie fflr den Theologen wie Oberhaupt för jetlen
Christen von gröfster Wichtigkeit, so gewinnt sie noch mebr Interem-
in der Bebandlungsweise dea engliacben Lehrers.
Mit der ihm eigenen Schärfe und Gründlichkeit dringt er nicht nur
in die erhaheusten (jehfimnissp ein, sondern zieht auch die rriphr nntfr-
geordneten Fragen, die mit den Geheimnissen in Verbindung stehen, lo
den Bereich seiner scharfsinnigen Erörterungen.
Und ohru hierin liegt die Stärke des heil. Thomas, dafs rr nicht
nur ein Gerippe, sondern etwas Ganzes schuf, dai's er das theologische
Wissen seiner Zeit zum Abschlösse brachte, und das Vorgefundene n
einem herlichen vollendeten Bau vereinigte.
Was nun die III. pars aubnlarifTt. <in fafst der engUKhn Lehrer die
ganze Materie unter drei Gesicht&puiikteu zusammen.
Unter dem ersten behandelt er die Wiederanfriehtung der dnreh
die SQnde von Gott abgefallenen Menschheit durch Christus; und reiht
hier die Geheimnisse der Menschwerdung, der Empfängnis, Gehurt, r.eiden
und Tod Christi, seine Oenugtbuung, Auferstehung und Himmeltahrt an.
Der zweite Gesichtspunkt nmfarst die Sakramente, alt den aoi dea
Leiden Christi fliefsenden, zu unserem ewi^^en lU-üo notwendigen Mitteln.
Nach einer alkemeinen .Abhandlung aber die Sakramente gebt er zu den
einzelnen Sakramenten über.
Leider ist in diesem Teile bei dem 90. Kapitel „ober die Teile det
ßufssakramentes im allgemeinen", das grofsartlge Werk des hl. LelutfS
durch seinen frohen Tod unterbrochen worden.
Um (las Werk nicht unvollendet su lassen, wurden die fehlend«!
Teile ans dem Commentar des Heiligen an den Senteosen des Lombarden,
herübergenommen.
Endlich wird unter dem dritten Gesichtspunkt der Zustand der Seele
nach dem Tode nnd die lotsten Dinge erOrtert.
Was nun die Übersetzung selbst anbelangt, so isl dieselbe mit grolbsr
Genauigkeit und Gewissenhaftigkeit gearbeitet.
Der gelehrte Verfasser schliefst sich eng an den heil. Thomas an,
md der Leser hat eine wortgetreue Wiedergabe des latefniseheB Testes
der Summa vor sich.
Obwohl eine allzu freie Ubersetzung den Sinn verstellt, so hätte
doch im vorliegenden Falle eine freiere Übersetzung, ohne dem Sinne
der Summa Eintrag zu thun, Stattinden können. An fielen Stellen vlre
dadurch das Ver=T:'\nilnis (?rlo?chtprt worden.
Dsfs ferner bei einem so grofsen Werke manche Unvolikommenheiten
nnterlanfen, ist leicht brareiflicb. So ist: B. IX. a 16. Z. 6 v. u. das
Wort nHensch* nosgeblioben, 8. 21. Z. 6 ?. o. ist nach ,was Tom Maogel
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Litterarisdie Besprecbongen.
37^
in den Menschen" anzufügen „die Christo nicht aDhängei]\ S. 148.
A. VIII. arg. II. ist .magnanimus", wie aus dem Zusainraeobaug hervor-
fehl, nicht mit „hochoerzig", sondern „starknilltig'', za QbersetMn. 8. 101
m corp. art, fOr „phantastischen Leib", besser „Schrinlpib".
8. 153. a. il. arg. 1. ist ntncomooicabtle'* nicht mit nunmitielbar",
ioiid«rn „unteilbtr* in flbenetten. S. 409. a. III. ad 1 an Stelle «was
empfangen etc. im reinsten ßuBeo", besser „im reiosten Schofje". 8. 415.
a. III. ad n für „die nach der Xaafo sterben*, ,di« nach der Tante
iOndigen*', zu iesen.
emer B. X. 8. Sl. ar. IL arg. II. fttr «die Mangel der Seele haben",
naCi man lesen .,dip Mängel etc. heben*.
b. 157. a. U. arg. II. statt «dals die Fom des Leibes", «die Forss
des Brotes*.
8. 288. a. VII. ad II. fOr «die H&retiker können nicht gOHig kon-
eekrieren", zu lesen „nicht mit Hrcht; i. e. ist unerlaubt etc.".
8. 817. a. III. statt „Zerldeinerung des Willens** besser „Ycrdemü-
tffttttg*; 8. 611. a. I. in corp. art. statt ^venn der Mann Ahnlich Unzucht
treibt"*, ,,wenn etc. gleichfalls Unzucht treibt*.
S Gif; a V ad II. fQr .Su besteht hier eine nnferbesserlicke etc.*
BoTs man lesen »und desgleichen etc.*
8. 66S. a. IV. in arg. sed contra ist »sinns Abrahae" besser mit
«Vorhölle* als einfach „Hölle" zu übersetzen.
Überdies Ist in beiden Bänden das Wort „geous* mit ..Art* und
«apedes** mit «Gattung* übersetzt, was gegen den gewuhulicheu Ge-
tenncb ist
Bei einer neuen Auflage wäre es wünschenswert, wenn der gelehrte
Verfasser einen Kommentar zu dem Texte beifügen würde, um die weniger
bekannten Termini, sowie einzelne Definitionen weiter zu erläuiern.
Dr. Schneider hat durch die Obersetzung der Summa ein grolMS
Werk mit Glück vollendet, und ihm gehört das Vcr<lienst, als der erste
das herrliche Werk des englischen Lehrers ins Deutsche übertragen und
CS weiteren Kreisen zug&nglich gemacht su haben. Nicht nur dem Theo-
legin Qod Philosophen ist in dem monumentalen Werke des beil. Thomas
eine ungetrübte Qm !?o reichen Wissens und ein festes unverrückbares
Fundament für ihre wissenschaftlichen Arbeiten geboten, sondern auch
den gebildeten Laien ist Gelegenheit geboten, sich durch eigenes Studium
der Summa des englischen Lehrers mit den darin für das ethische Leben
so notwendigen rbri<^t]ichen Grundsätzen bekannt au machen, um so sich
selbst und dem ^^aciisico zu nützen.
Dieses nimlieb, die Lehre des hl. Thomas in weitere Kreise su
vprbrritpn, um so dm immer mehr um sich prrifrndeu materialistischen
und rationalibtischt n Irrtümern aut wissenschalilichem und praktischem
Gebiete zu begegLeu, war ja die Absicht des hl. Vaters Leo MII. in
seiner hierauf bezüglichen Eucyklica «Aelerni Patris'* fom 4. Angost 1879.
I'r. Sch. hat durch die t lerst tztuig der Summa des englischen
Lehrers dieser Absicht ain besten entsprochen und dafür gebftbret dem
grOodlichen Kenner und treuen Verehrer des hl. Thomas die volle An-
erkennung. Wir wünschen nur, dafs die «katholische Wahrheit* ein Gemein-
gut aller werde.
Gras.
Digitizec ^'^tTögle
380
ZoittdirifteMobau.
ZEITSCHRIFTENSCHAU.
A. Zeitsohriften für Philosophie und spekulative Theologie.
Aaiiales de philosopbfe chr6tlenne. CXXIT n Heft 1691. De
Srofftie: EUthim et Jabveh 63^. P. Vallet: L'hdrödite (Fortsetzang, vgl
VI, 252 da. Jahrb.) 569. E. Dornet de Vorges: La perceplioo et k
Psychologie tbomiste (Forts.; \g\. VI, 252 a. a. O.): ]>e rinstioct et
de la raison particuliere 582. X .Jnuriv- T.p sfurimenr mnrnl fForts.:
vgl. VI, 252 a. a. 0.); — La Däceüsaire et le couiigeut Uüi. — KeTue des
Bernes.
DItos Thomas. Vol. IV. (Annus XII) 17—16 F&sciculus. 1881. .4/ov.
lioteÜi: Coramentaria in quaestiones I>. 'l'hnmae S. thcnl III. qn 1—36
(Forts, vgl. VI, 252 a. a. 0.) 257. J. B. Chabot: UommeQtaria in qtue<
stiones D. Tbomae 8. tbeol. I. qa. 97—48 (Fort», vgl. VT, 252 a. a. 0.)
260. J. V. Qiiaostioncs circa quartam viam S Thoroae ad demonstrandam
Dei existentiam (Forts.; vpl. VI, 125 a, a. 0.) 265. J. Vinali: I iroffl
ad aliquid sit univucum relutiüuiUua realibus et rationis 2()U. Setoeria:
Analysit actns fidel iaxta 8. Thomam et iaxta rpcentiores theotogoi
(Forts, vgl. VI, 25:? ». a. O.) 270. V. Frmntii: Existentia Del et philo
aophus chrislianus (Forts, vgl. VI, 252 a. a. 0.) 275. Eoangdi$tta: De
nova editione operum S. Ronaventurae 279. — Hihliographia. J
IMiHosophlsches Jahrbueh. IV. Hd * 4. Heft 1891. GuihnUi:
W. Wundts System der Philosophie (Schliifs: vgl. VI. 2r)8 a. a. ü.) 341.
Jjimnmer: tieleiicbtuDg einer philosophischen Kritik (derj. von Schoeki)
der optiacben Wellentbeorie 860. ThiU: Das FondamentalpriDcip alier
WiaseuschafteD (SchlufB; vgl. VI, 126. a. a. 0.) 87d. Michel: Die Kos-
mologie des Mosps Maitnouides nn i des Thomas von Aquino in ihren
gegenseitigen Beziehungen 387. Btatg: Ober die philosuphiscbe Bedea»
tung TOD Schulbflchern 405. H^. iiÜMer: Nocbmala an Feldnera Scbrift: «Ue
Lehre des hl. Thomas von Aquin über die Willensfreiheit der vernünf
ticren Wesen". Jll. Schneid: „Enthält die chemisch-physikalische Atom-
theorie Widersprüche?* Entgegnung auf P. Linsmeiers kritische he-
nerkungen 480.
B. Aus Zett0(ibrilteii Termtoohten Inlialteo.
Tbeoleyiaebe Quartalsebrill. LXXIÜ, 3. Heft 1891. Scham: Die
Atomistik nnd die cbristlicbe Naturpbilosophie 412. Koeh: Die AnkUtrilit
des bl. Augustin in der Lebre tod der Gnade und Pxftdestinatioii (Fortt.
▼gl. VI, 25.S a. a. 0.) 455.
Stimmen aus Maria-Laacb. XLI, 2.-4. Heft 1891. Granderath:
Kaftans oeaea Dogma 168. 266. Petek: Die Philosophie dea witeeD-
sebaftliefaen Soalalismot 246. 357.
. Kj by Googl
Neue Büchor utul Ueren Besprechungen.
381
NEUE BÜCHER UND DEREN BESPRECHUNGEN.
Bäamker: Das Problem der Materie in der griech. Philosophie (v^.
VI, 258 a. A. O.): bespr. t. Friek in den SUmmm au» M.'L, 41, 212.
Cathrefn : MoralphiloBopbie. Freibarg 1891 ; betpr. t. P. v, Hoens-
hrnich in den Stimmen mt M.*L» 41, 451; tod Pruner in der LU. Btmd'
tidifui 17. 207.
CheTallier: De scieDtia regimiois animarum aaperaaturalis. Nanzy
1888; beipr. t. Glottner in der LU. Eandtehau 17, 258.
CMei; Doctrine pbnosopbiqoe de 8, Tbomas d'Aqaio retumte
d'apr^s le I)r Stoeckl. Paris, langer et CberoOTiB 1890: betpr. t. Jlb.
Barheris im Di ms Thomas IV, 287.
Didou: Jesus -Cbriat. Paris 1891; bespr. v. Tononi im JDivut
Thomas IV, 28(i.
DMeilelB: Pbttosopbia divina. Ootte» Oreieioigkeit bewiesen an
Kraft, Kaum und Zeit. Krlugen 1889; bespr. tod (nouner in der LU,
Bundschau 17, 2H0.
Hardf : Der Buddhismus nach älteren PAH- Werken. Maoater 1890;
bespr. V. Scham in der Theol. Quartaischr. 73, 517.
Hamaek: Lebrbnch der Dogmengescbicbte. Freibnrg 1890; betpr.
T. Sehans in der Theci. Quartältdir. 78, 509.
Hilt: Des hl. Gregor ton Nyssa I>phre vom Menschen fv-tpm.itiscli
dargestellt. Kölo 1890; beepr. v. Schanz in der ll^eol, QuurtaUchr^t
73, 508.
Hllninier: Det bl. Gregor von Nazianx des Tbeologen Lehre voo
iler Gnade. Kempten 1890; bespr. t. Ehfhard in der Xit. Mundsthau
17, 301.
KIst: Indisches und zwar Kolipion, Teinp^»! und Fesio der Hindu*
Innsbruck 1890; bespr. v. Scharu tu der Thtcd. (^uartahchr. 73, 620.
K(inlg: Lehrbuch fQr den katholischen Religionsunterricbt in den
^oberen KIhssi h der Gymnasien und Realsehnleo. 8. Aofl. Freibarg 1891;
bespr. V. Büf'fl im Augustinus 8, 90.
Krampf: Der Urzustand des Mpn?chpn nach Gregor von Nyssa.
VV Ul zburg lööU; bt'spr. v. Scliatiz in der Thtul. i^uartaUchr. 73, 506.
Ludwig: Spaziergänge eines Wahrheitssuchers ins Reich der Mystik.
SeUaf«; (vgl. VI, 254 a. a. 0.); betpr. v. Gtifberlet im Philo«. Jakrhwk
IV, 451.
Xanzoni: De natura peccati deque eins remissione dispatatio 1890;
bespr. V. Leh^tiluhl in den Stiwnien am M.-L. 41, 455.
Oswald: Die dogmatische Theologie. Paderborn 1887 u. 88; bespr.
T. JToeft in der Theci. Quartalachr. 78, 498.
Paszkowski: Die Bedentnng der theologiaeben Vorstellungen fOr
die Ethik. Berlin 1891; bespr. v. GutherUt im Philos. Jahrbuch IV, 449.
8ehiesl: Der objektive ünterschied zwischen Tod- und l&fslicher
Sünde. Augsburg Idm; bespr. v. WirthmuUer in der LU. Bundschau
17, 800.
Schlegel : Das Bewnfttsein. GrundiQge naturwissenschaftlieber philo-
sophischer Deotang. Stuttgart 1891; bespr. v. Schmid im FhSL Jahrb.
IV, 439.
NM« Baefatf imd dam fiespreckofSB.
Beluüidt: Geschichte der deutscheo Verf&ssuDgs frage wahrend der
Befrdmiftliriege and des Wieoer Koogressea 1812 Mt 101fi. Stattgait
IB90; twtpr. t. Cathrtin im Philo». Jahrbuch IV, 485.
Straab: De objectivitate coenitionis huoiaaae. Freibaif 1888;
bespr. T. Glotsner ia der lAt. Bundsch, 17, 257.
Waldeek: Lehrbuch der katholuchen Religion. Freiburg 1«^;
betpr. Ton WiUmilbHnk In den SNMMtn mm M^-L, 41, 218.
Weiss: Apologie des Chriiteotttns vom Standpunkte der Sitte und
Kultur. Freiburg 1888 ff bespr. v. Pesch in den
41, 825; TOD Uünkr ia der LH. Bundfschau 17, 295.
f. Wiehert: Die ewigen Weltrfttoel. Zweite Serie. Halle lö90^
betpr. T. (haUftfUi Im FhSlM, JMMk IV, 447.
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DAS VERHÄLTNIS DER Wli^SENHEIT ZU DEM
DASEIN IN DEN GESCHAFFENEN DINGEN,
NACH DER LEHRE DES UL. THOMAS
VON AQUIN.
Von fr. GUNDISALV FELDNER,
Ord. Praed.
— r«*- —
37* f) ArgumeDt: Das Dasein Gottes ist nicht in einem
andern aufgenommen; das Dasein der Kreaturen hin-
gegen hl i Ii der WesenbeiL dea üeöchupieö auf-
genommen.
Wir haben früher vernommen, wie S. Thomas die Befttim-
mnng eines Wesens erklärt. Von den drei Arten der ReHtimmang
lautot eine: ein Ding werde auch dadurch bestimmt^ dafs es in
einem andern Aofnahme findet Die Bestimmnng, so lehrt der
«n^lische Meister, geschieht anf Bweifachem Wege: entweder
darob Bescbraokang; oder dnrch üoterscheidang. Anf erstere
Art wird die göttliche Wesenheit nicht bestimmt, sondern nnr
anf letztere, denn eine Form erhalt nnr dadurch eine Bestimmong,
dafs biti i n einem andern, nämlich in der entsprechenden (cora-
mensnrata) Materie auf genommen wird. In der Wesenheit Gottes
haben wir aber kein in einem andern Aulgenomraeues, denn sein
Daaeia ist die göttliche subsistiereade l^iatar selber. Dies ist
jedoch nnr in Gott allein, in keinem andern Wesen der FalL
Jedes andere Wesen hat ein aufgenommenes, daher he-
echraoktes Sein, Die göttliche Wesenheit unterscheidet sich
dämm von allen andern Dingen gerade dadurch, dalb sie nicht
in einem andern aufgenommen wird. Es ▼erhalt sich bterShn*
lieh wie a. B. mit der wetlben Farbe. Gäbe es nämlich eine
nicht lü einem Subjekte existierende weipHt- Farho, so würde
sie sich gerade dadurch von jeder andern im Subinkto exi-
ötierenden unterHcheiden, obgh^ich sie aln weifae Farbe nicht auf-
genommen, und infolge dessen nicht beschränkt wäre.^ In doppelter
• Quod. 7. a. 1.
Jahrbach filr Philosophi« ete. VI. 15
384 Das Verb<Bis der Wesenheit tu dem DMeio etc.
HhMMlit mtenolMidet sich danm die fi>Ktliebe Hitar de»
meterieUee IWtneD. Zuttüohafc deriti» dab die matetiellaR Femaa
nicht enlielstiefeB. Von diher komait es^ dab die hroteitie im
MeDaehen niolit identisoli ist mit dem ICensoken, weteher eob-
«ifitlert Die Gottheit hingegen ist identiBch mit Gett, die gStl'
Jichü Katar selber subsistiert in sich. Der zweite UnLerbchied
liegt dariD, dafs keine geschaffene Fonu oder Naiur ihr eigenes
Dasein ist. Gotte« Daeein aber ist seine Natur oder Qaiddität.
Darum lautet der ihm uigentömliobe Käme; „Qui est", weil er
auf diese Weise gleichsam von seiner eigenen Form benannt
wird. Weil also die Form> in diesen irdischen Dingen nicht IBr
flieh raheistiert^ fordert nie in dem» welchem sie mitgeteilt wird,
noch ein nnderea^ wodurch sie oder die Kntor ihre SnbiletaDn
erhSlt Dieaee andere ist die Haterie» die den matcfieUen Formea
nnd Natnren untersteht. Weil femer die materielle Katnr oder
Form nicht ihr Dasein ist, erhält bie das Daacüu dadurch, dafo
sie in einem andern autgenommen wird. Daher hat sie notwendigr
ein verschiedenes Dasein, je nachdem sie in verschiedenen i»t.
Daher ist die menschliche Natur (humanitas) in Sokratea und
Plato dem Dasein nach keineswegs eine (oon est una secnn-
dam etae), obgleich sie eine ist in Bezug auf ihr eigentfioliee
Weaen. Bei der göttlichen Mitteilong jedoch wird nicht etwa»
IfaterieUes verlangl^ wcdnroh die göttliche Natur ihre 8abaietona
erhalte, denn diese Natur suhsiatiert für rieh, folglich wird aie
nicht in einem andern, gleichsam in der Materie anfgenommea.
Und Nvei! diese Wesenheit selber ihr eigenes Dasein ist, erhält
sie das Dasein nicht durch die Suppositu, in denen sie sich
findet. Sie ist also durch ein und dasselbe Dasein im Mittei-
lenden, und in dem, welchem sie mitgeteilt wird. Darum bleibt
sie auch in beiden numerisch dieselbe. Bei den Kreaturen g^bt
ca keine Generatio ohne Teilung der Wesenheit oder Natur dem
Daaein nach, weil die Natur nicht ihr eigenes Daeein ist Daher
ist diene Generatio mit einer UnToUkommeaheit ▼erhundon* In
Gott ist diese Generatio ohne diese UuTollkommenheii^
> de potentia q. 2. a. 1 c et ad 7^^.
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Pas Yerhiltait dm Weaeali0it za dem Uaieia etc.
Dm IbnMlItle toi aUm ist 6tm DMan. Da mn die gött-
Mmhm Dmifia nkhi i m eiitai aiidm aii%inomaieD, wondim mIImt
«■MitiemdM Dinia itt» Biilb 6oU selber meadlieh md toU-
hammm genanat weidea.^ £r left daher ela Seieadee aiokt dareb
ein TOB Ihm «elber aatereebiedeaefl Dasein.* Gottes Daeeia,
welches idenliach mit seiDer bubstanz, bildet nicht ein gc-
meiDsanießSeio, sondern es ist von jedem findoru beiu uuterachiedtJD.
Darum nnterBcheidet »\c]\ Gott gerades durch sein DiiPi'in Ktdbtir
▼ou jedem andern Seiendes. Denn weil kein andere« boin sub-
sietent ist, mnfii jedes andere durch die Natar und SubstaDi»
irolche in diesem Sein subaistierty indiTidueH werden. Daher
iai daa DaaeiB dea einea eia aaderaa ab daa des andera, ist ja
dia Natar dea eiaea alohft die dea aadera.^ In Gott eabeistiert
die atar aiobt dvreb iigaad etwas» an dem sie beetinunt wHide,
«•adom ele sabsistiert dnreb sieb selber, and ibr Dasein selber
ist enbsistent Darum ist die Natur das Was, und das Dasein
daBjenige, in welchem sie gubsistiert. Daher sind in Gott da8
„quud est" und „quo eat" durchaus identisch.^ Deshalb ist der
balz: „(jtoU existiert" eine in sich evidente Wahrheit. In sieh
evident nennen wir eine Wahrheit, wenn das Prädikat im Be-
giiiis des Subjektes enthalten ist, wie i. B. in den datse: der
Menacb iet eia aatmal. Das aaiaial. gebort aam Begriffe des
JfaBMsbaa. In dem Satae: „Gelft eziatiert«' iet das Priidibat mit
taa Saljeki ideatiaeb.^ Mit Bacbt lebrt also 8. Hilarinip daa
Daaaia bilde fttr Gott niebt ein Aeoideas, sondern sei die sab-
sistierende Wahrheit selber, denn das, was in Gott subsistiert,
ist sein Dasein.^ Aub diesem Grunde i&t Gült seiner Wesenheit
nach gut, mit andern Worten: kommt das (Tut»eiri ihm durch
seine Wesenheit an. Gut heilst ein jedes Ding, insoiern es
ireUkommen ist Der YoUkommenheiten aber gibt es drei. Die
eiale, insofern Etwas ia eeiaeai Dasein koaetitaiert wird; die
aweite ias HiabUek aaf die aam Tollkmaiaeaea Handln not-
» ctr. 1. p. q. 7. a. 1. c. » 1. dist. 24. q. 1- a. 1 ad 1"«". 2. dist
3. q. 1. a. 2. de polentia q. 7. a. 2. c. » 1. c. de potentia ad 4am
tt 5«» * 1. dist. 94 q. 1. a. 1. c — 1. contr. Gent. cap. 21. ralir.
U et 2*. * 1. p. q. 2. a. 1. c. * l. c. q. Ö. a 4. arg. scd contra.
386 Das Verh<Dis d«r Weseabett ni dem Daseto etc.
wendigen Acoidenzen, die dem Wesen hiuzugefugt werden;
dritte endUoh in Rücksicht aaf das Ziei, welehM ein Dia;
strebt und enretoht. Keine dieaer drei VoUkoniBmlieitea kouaa
einem GeaohÖpfe gemafa aeiner Wesenheit an. Dies ui h
Gott altein der Fall, denn dessen Wesenheit ist sein Daaeia, aai
zn ihm treten keine AoofdenEeo fainsn. Was von andern Diagsn
in accidenteller Weise ausgosagt wird, das kommt ihm we-
sentlich zu. Wenn anch jedes Ding gut ist, insofern es du
Dasein besrUL, so ist doch die Wesenheit der Kreatur nicht ;br
Basein selber. Daraus folgt demnach nicht, dafs die Kre^tor
durch ihre Wesenhei t gat sei, denn die Güte des Geschöpfes
ist nicht dessen Wesenheit selber, sondern etwas darüber
hin Beigefügtes, sei es nnn dessen Dasein, oder eine andsie
hinsngefUgte Vollkommenheit, oder die Richtung nach dem Ziels.
Die in der Weise darüber beigeÜigte Gflte selber wird in dsr-
selben Art gut genannt, wie sie tSeieades heifst Man nennt ais
aber ein Seiendes, weil durch sie Etwas ist, nicht als wäre sis
«elber durch irg-end ein anderes. Sie wird uIho de^iialb £,'at
genannt, w^il durch sie Etwas gut ist, nicht al» hätte sis
selber irgend eine andere (iüte, wodurch sie gut ist.^
Es erweist sich also anch hier wiederum, dafs 8. Thomss
den Uauptnnterschied, den eigentlichen Grund des grofsen Ab-
standen Gottes Ton den Kreaturen in der realen Identität setssr
Wesenheit ond Ezistena findet Gott ist ein Seiendes dnroh
seine Wesenheit, gleichwie er die Güte dnroh seine Wesenheit
ist Die Kreatur ist nicht ein Elendes dnroh ihre Wesenbstli
sondern durch die Existenz. Heide sind demnach real von ein-
ander in derselben Weise unturnchieden wie sie in Gott real
ideiUist h sind. Im letzten Cilate liegt zugleich flie Autwort aaf
den Einwand des F. L., dafs bei realer Verschiedenheit die Ülxi-
stenz abermals durch ein anderes sich unterscheiden müsse.
db*' g) Aignment: Gott ist deshalb der Einzige, weil in iha
Wesenheit nnd Dasein real identisch sind.
In allen Dingen ist das Dasein „ein anderes" als dieWeses-
heit oder Qniddit&t, ausgenommen in demjenigen, dessen QniddHit
* 1. p. q. 6. a. 3. c et ad 2«"", smn.
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Dm Verhältnis der Wesenheit za dem Dasein etc. 387
ikr eigeiiee Dasein bildet Sin Wnaen dieaer Art kann jedooh
anr ab einaigea nnd eniea exiatierett* fiine Hehrheit wird be-
wnrkatelligt entweder doreh Betgabe einer DiffiNrena» wie a. B.
die Natar der Gattung und Art; oder durch die Aüfoahme der
Form iü verschiedeiieo MiiteneD, wie z. B. die >ia,Lur der Arl
in verachiedonen Individuen; oder dadurch, dafs das eine ab-
strakt, das andere aber in einein aufgenommen ist, wie z. B.
eine separat exiatiereiide Farbe vermöge dieser separaten Kxi-
alnoB neh Ten einer nicht separaten unterscheidet. Jenes Wesen
imiit daa nur Dasein ist, nnd awar derart» daf« das Dasein selber
anbatatiert» kann weder eine hinangefligte Differena noch auch
«ine Materie erhalten. Eratorea nicht, weil ea dann nicht daa
reine Daaein wäre, sondern ttberdies noch irgend eine Form hatte;
noch viel weniger letetores, denn es wäre dann nicht snbsistont,
sondern materiell. Daraus ergibt sich diu iiotweudige Folge,
dafs ein Wesen, welches sein eigenes Dasein Liusmucht, einzig
scün mufs. Mit eben dorsclhfu Notwendigkeit lolgL weiter, dafb
in jedem andern Weesen, aui'ser diesem einen, „ein anderes"
daa Dasein, „ein anderes" die Wesenheit oder liater oder form
aain mafs.^
Bine Form kann nXmlich anf aweifhche Weise Tcrvielfiiltigt
werden. Entweder dnrch Differenaen, wie die generelle Form,
I. B. die Farbe in verachiedene Arten, oder dnrch daa Snbjekt,
wie die weirte Farbe. Jede Form, die nicht dnrch Differenaen
renrielföltigt werden kann, wird, wenn sie in keinem 8objekte
existiert, überhaupt nicht vervitihalügL Diu Wescuheit GoUtj'^
aber ist das Dasein selber, welches keine Differenzen annimmt.
Da also daa göttliche Dasein gleichsam die durch sich ^luiber
aabsistierende Form ist» indem (iott sein Dasein bildet, kann es
unmöglich mehr als eine göttliche Wesenheit geben' Gäbe ea
fliebrere durch ihre Wesenheit unterschiedene Götter, so rnüfsten
sie sich dnrch eine wesentliche Differena nnterscheiden, wie ea
bei Jenen Diagen antrifft, welche der Gattung, Art oder Zahl
nach aich nnterscheiden. Wenn TcrmÖge der Gattung oder Art,
> opnsc. de ente et essen tia cap. 5. * Comp. TheoL ad fr.
Heg. cap. 15.
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99S Dat Vorh&Unis der WeseiÜMit zu dem ÜMeia etc.
dann mttftte es getoheben dirck irgend eine Differenz. Jene
Difeieai aber gebörfe entweder «ur Güte oder tie geberi mlii
dttiL Gehört eie niobt du«, d«im hftfc Gett, ü welobeai jeM
Differenz ist» ntebt die reise Gttle und damai ist er Meb »iaht
dtt kntere Gut GebÜrt sie aber der Gtke aa, oad findet aie
sieh im andern nicht, dann ist dasjenige , in weleben sie eicb
nicht findet, an (iiito nicht vollkommen. Gott mufä indes da«
höchste Gut, niuls lauter und vollkümiuen au Gute bem. Mau
kann auch nicht f^ag^en, jene Ditierenz sei in beiden der Art naob
identisch und blofs numerisoh verschieden. Denn was an einer
ttD(i Herselben Art gebort, unterscheidet sich nicht numerieob
anfser infolge einer Tersebiedenen Materie, oder in Krsft niw
Pofceatialitfii Daram ist aneb jene Dtfferena der Art nanb
tisob, nnmeriscb aber ▼ersobteden. Bs mnfs also dann in G«lt
etwas Potentiales und somit ein besobriinktes und Yon siaeHi
andern abhängiges Sein sieh finden. Dies zerstöbt jedeob geg^
den Begriff des ersten Seienden,^
Noch au8 einem andern Grunde läfst sich beweisen, data
eft nur einen Gott geben könne. Die Wesenheit desaen, in
welchem Wesenheit und Dasein identisch sind, kann ein Ding
nicht durch Anteilnahme haben, ohne auch das Dasein dnrob
Anteilnabme sn besitsen. Wann immer die Weaenbeit einnn
Dinges dnrob Anteilnahme TerrielfiQtigt wird, gesohtebt dies ia
der Weise, dafs die Wesenbett dem Begriffe naob ein nnd die-
selbe, bingegen dem Sein nach nicht dieselbe bleibt Dara«s
folgt die Unmöglichkeit, dafo dasjenige, dessen Wesenheit nnd
Dasein ideoLisch sind, durch tjine Wescnsanteilnahrae geteilt oder
vcrvieiniltip't werde. 80 verhält sich die iSache thalbiichlich in
Gott, denn Hon&t hätte er das Dasein von einem andern erhalten.
Daher kaun die Gottheit nicht vervielfältigt oder geteilt werden.
Folglich gibt es nur einen Gott.' Die Einfachheit der gött<
lieben Natur ist so geartet» dafs in ihr nnr ein Dasein vorbaades
ist In ibr nntersobeidet siob niebt das Sein vom „qnnd esl"
> 1. dist. 2. q. 1. a. 1. arf. sed contra. ' ib. 2<ub arg. sed
contra, cfr. 1. coulr. geut. cap. 42.
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und y,qQO est". Barum haben auch die drei göttlichen PenoM»
«sr etB fiein.^ Auf dniMie W«iM Biinlioh wird elwia «k
«■dorn gemeiasim migwagt Bnlweder «aiyok» aquiTok odar
■•aalog. Von Gott «ad der Kreatar kum omui akdit» in nnivoknr
Weine amaagen. Der Gmnd daven iet einfneh. Man nmb in
einem Wenen zwei Dinge in Betracht ziehen, die Natur oder
Quidditäl der Suciie und da» Daaein. In aUen iJingen, voü dcuea
etwas univok ausg^esagL wird, ranfe die GemeiuBanikeit gemär«
der Natur, nicht aber rücksichtlich des Daseins vorhanden sein.
Sin Banttn iet auch nur in einer bache. Daher ist in awei
üenachen die hnmaniUa nicht einem Dasein nach. Wo inMr
ako eine Form mit dem Sein aelber identiach iai, da knaa aie
wUki In nnivoker Weise mehreren snkemmea. Ans diesem Gmnde
-wird anoh das Seiende (ens) nieht nnivok ansgeaagt Da nnn
alles, was man von Gett anssagt, Bei ea Natnr oder Form, mit
•dem Dasein identisch ist, denn sein Dasein ist seine Natur, kann
nichts von Gott uiul der Kreatur univok ausgesagt werden.
Manche Philosoplun nag'en darum, Gott sei ein »Seiendes nicht
in der Wesenheit, uiu Wissender nicht durch die Wissenschati; etc.;
um anzuzeigen, dafs seine Wesenheit mit der Existena iden-
üsoh sei.*
Ana der Natnr der Gesohöpfe ergibt sieh ebenfalls die Not-
wendigkeit eines einsigen Gottes. Die Natnr des Seienden findet
sieh in allen Dingen, mit dem Uotenohiede jedooh, dafs sie in
amnehen ▼oUkommener, in andern weniger ToUkommen ist In-
^Bsen kommen die Dinge in Einem alle überein, nämlich darin,
dafs die Natur der Geschöpfe nicht das Dancia ihI, wclchoti sie
haben, sonst wäre das Dasein im Begriffe der Quiddität
enthalten, was falsch ist Die Quiddität jeder ikreatur kann
man erkennen, ohne su wissen, ob sie existierL Öie müssen
dämm das Sein von einem andern haben und man mnfa endiioh
an einem Wesen kommen, dessen Natnr das Dasein selber isi
Sin Fortsehreiten ins ünendlidie ist nicht mogUoh. Dieses Wesen
nnn verleiht allen das Sein, nnd es kann nnr eines sein.* Die
< 1. dist. 33. q. 1. a. 1. > diät. 86. 9. 1. a. 4. c ' dist. 1.
<!• 1. a. 1. c.
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390
Das Verh&ItQis der Wesenheit £0 dem Dasein etc.
Kreatarea sind darum Abbilder, aber auch nur Abbilder Gottes«,
denn Gott ist das Dasein selber, die £reaiar hingegen ist nioht
ilir Ltamukp aondeni sie wird Seiendes geiuiiinty indem sie gleich-
stm an dem BaMiii Anteil bat^ Bas Varhltttaia derWeaenhait
amn Dasein ist also in Gott ein andere« als in den Geaehdplen.
In Gott snbsistiert die Wesenheit selber, folglich gebührt ihr
um ihrer selbst willen das Sein, ja sie selber ist das 8abaislie>
rende Sein. Daher unterscheidet sich die Wesenheit von der
Person (dem suppositum) nicht real. Das Sein der Wesenheit
ist darum auch das Sein der Perrton. Person (Suppot^itum) und
Wesenheit unterscheiden sich jedoch unserer Auflassung nach.
Obgleich es also nar ein Dasein gibt, so kann man doch dieses Da«
sein betrsobten, entweder insofern es derWeseaheit, oder insofeia
ea der Person angehört, &ssen wir es im ersten FftUe, dsna
mofa man sagen» dab die hnmanitas (in Christo) nioht mii dem.
göttliohen Sein vereinigt wird. Daher ist sie nioht mit dem
Vater geeint Im letstem Falle aber ist sie mit dem göttlichen
Sein geeinigt'
39® h) Argument: wir vermögen nicht auf natürliche
Weise Gotten ^^'( Kouhoit, wie sie in sich i^t, zu er-
kennen; überdies reichen unsere natürlichen iüralte
dazu nicht aus, denn Gottes Wesenheit ist real
identiseh mit seinem Dasein.
Um ein Ding an erkennen, ist nnter andern anoh erfordere
lieh, dab die an erkennende 8aohe sich nut nnsenn Yerataads
verbinde. Da nnsere Kenntnis von Gott nicht eine intaitive^
sondern eine abstraktive Ist, so kann sie nnr dadnroh anstände
kommen, dafs eine Gott ähnliche geschaffene Form sich mit
unserin \ tu blande vereinige. AUeiu keine geschaffene Form lai
Gott ähnlich, denn GolLetj Wesenheit ist sein Dasein selber, was
keiner natüriicheu Form zukommt. Unmöglich kann also eine
geschaffene Form die Ähnlichkeit der göttlichen Wesenheit bilden
nnd dieselbe dem Verstände darstellen.^ Gott erkennt sich selber
dnroh seine Wesenheit^ nicht dnrch irgend eine Ähnlichkeit von
' 2. dist. 16. q. 1. a. ad 8««. * 8. dist 6. q. 2. a. 2. ad 2*».
• efr. 1. p. q. 13. s. 2K. e.
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Das Verhaltai4 der Wesenheit zu dem Daaeia etc. 391
nch. D«r Verstand des EogeU erkennt natürlicherweise (joit
durch eine von ihm erhaltene Ähnlichkeit ^ Daher hei&t ee im
Bwhe über die Ursachen, die Intelligeai iriaae das, was aber
ilv ist, indem sie Toa ihm gesdiaffen worden. Damm hai sie
awar Anteil an der Ähnlichkeit des göttliehen Seins, aber naeb
ihrer Art Der menschliehe Verstand gelangt auf natürlichem'
Weg« zu dieser GotteserkeuDtuis nur durch eine von den Kroa-
tureu erhaltene Ähnlichkeit Wollte man diese dreiiai he Er-
kenntniH ^'^oraeinvcrBtandlirh ausdrücken, bo mulste man tolgenden
Vergleich bringen. Dm Auge siebt das in die Pupille ein-
iallende Licht nicht dnrch irgend eine Species, ein Abbild des-
selben. In dieser Weise erkennt Gott sich selber. Wir sehen
einen Alenschen dnrch die Ähnlichkeit^ die wir unmittelbar von.
ihm selber erhalten. Dies ist die Art, wie die Engel Grott er-
kennen. Wir sehen einen Henschen im Spiegel, aus welchem
das Bild des Menschen resalttert: das ist die menschliche Kenntnis,
von Gott^
Es ergibt sich also, dafs die reale IdciiiiLaL ( loiii s mit suiuem
Daweii] da« liiudorüm bildet, HCiue Wusenlu'iL ni .^uh selber ZU
sohauen, wenn nicht Gott aul übernatürlichum Wege uns
daan ▼erhilft Dies gilt nicht blofs vom Menschen, sondern audk
Tom Engel. Das Dasein des Engels ist real unterschieden von.
seiner Wesenheit Letatere ist daher ein ungenügendes Medium,
um die Kenntnis der göttlichen Wesenheit in sich su vermitteln»,
denn die göttliche Substana ist ihr Daseia.^ Gott ist nur Form
in der Gattung der erkennbaren Dinge, weil er die Wahrheit
selber ist, was ihm allein zukommt Das Wahre folgt dem Sein.
Darum ist danjenige allein seine Wahrheit, wub scm eigenet*
Dasein ist Dies ist in Gott allein der Fall. Die andern er-
kennbaren bubsistenzen sind daher nicht als reine Formen m
der Gattung des Erkennbaren, sondern sie haben die Form in.
einem Subjekte. Ein jedes derselben ist wah r, nicht die Wahr-
heit^ gleich wie jedes ein Seiendes, nicht das Sein selber ist*-
* cfr. 2. diät 4. q 1. a. 1. c ib. dist 23. q. 2. a. 1. — de veritate
q. 8. a. 3. * cfr. 3. coutr. Gent. cap. 49. ratio 5«. • cfr. ib.
cip. 51.
398 i>«L» Verhältiiis der Wnenheit sa dem I>a8ei]i etc.
Noch aus einem andern Gruode können wir auf natürliche
Weifte Gettos Wesenheit niobt sdiwieiL Jedes kreatürlioha Ma-
4iaiii ist nämliob betohiinkt» «uigeeiigt unter eh» Gattvng
Art Gott aber ist grenienlo«, nnbesehrKokt lofolg» danaa
Yarmag keio getebaffanes Hadinm Gattat Wawahaii aa dam-
sie in sieb arkanat wttrda.^ Diaaa BeaohiinkvBg
jeder Kreatnr leitet sksb daher, dafe ibr Daaetn am aQ^[^aa0Bi'
müüt38 uüd darum nach der Fähig-keit des aufnehmenden Sub-
jektes BegTODzte« ist Von diesem GcsichUpunkte atm beirachtei,
folg-t dtüniiach dit^ absolute. Unmöglichkeit, daf« eine Kreatur obn«
höhere übernatürliche Hilfe Gottes Wesenheit in sich erkenne.
Ferner bemerkt S. Thomas, die Denk kraft der Geschöpfe «ei
aasnraaaband, am Gottes Wesenheit in sich zn erkennen. Dia
Brkanntaia entsteht dadnrob, dab das firkannta im Srkanaaadmi
ist Diaaea aber ist tm Srkanaandaa nach dam Mados daa Br-
kennenden. Folglich ist die Brkenntnis jedes Erkannandan
bemessen naob der Natnr des letatoro. Übersteigt der Beias
modus einer erkannten Bache den Modus der Natnr des Br-
kenuenden, bo ihL die Erkenntnis selber hoher aU die 2satur den
£rkennenden. Der Seinsmodas der Dinge ist ein mehrfache.
Die Natur einiger Dinge hat das bein nur in der indiTidaellea
Materie. Diese Dinge zu erkennen, ist uns naturgemäliB. Andere
Dinge sind für sich selber subsistent, niekt aber in einer Materie;
sie sind jedoob niebt ibr Dasein, sandem sie haben daa
Sein. In der Natnr dieser Dinge^ der Sngel, liegt aa, die abna
Materia existierenden Wesenheiten an erkennen. Der Gatt eigaoa
Mnsmodna andtieb besteht darin, dalb er das snbsiafciarende 8sni
selber ist. Dieses subsistierende Dasein za erkennen, ist dam
g-öulirhöD Verstaude alieio iiaturgcinai'.s \md e8 ubersteifft die
Daun liehe Kraft jedes kreatürlichen Verstandes. Keine Kroatar
ist ihr Dasein, sondern sie bat ein partidpiertes Sein.'
> efr. 1 p. q. 18. a. 8. xatio 8*. — 8. eontr. Gsnt. eap. 48. latis
8a et 4«.
• efr. 1. p. q. 12. a. 4. e — 4. diit 48. q. 8. a 8. c. — de Tsrilate
•q. 8 a. 1. QnodL 7. a 1.
a«ö8^
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DTE LEHRE DES HL. THOMAS BEZÜGLICH DER
MÜGLiCilKEIT EINER EWIGEN WELTSCHÖPFüNG.
Von Fr. THOMAS ESSER, Ord. Praed.
IV.
lui V(M'hei'f::eheruien liabcu wir liit^ ap rioristischen Beweis-
Yemuclie gogea die Möglichkeit eioer aol&ogaloMOi Bchöpt'ang,
welche der hl. Thomas der Benicksichti^og wert eraebte^ aaf
ilure ßtiobhaltigkeit geprüft 0ie übrigen Beweitvaraiiohe, weleho
•r iB Botnwht lieht^ sind apotierioristieoh: sie riad von den
GeaoliSpfea, sei et tod allen in ihrem Verhältnis an einander»
•ei es Toa einsefaien derselben in besonders, hergenommen.
IL ZnnSiebst seheiiit bei Annahme der Anfengeloeigkeit der
Welt gefolgert woidüu zu iuübsod, dafs wir es danu mit. cmer
uneodhchcu Zahl von GoBchöpfen zu Üiuu hätten, woraus sich
mehrfache Widcrspriic ho ergeben wurrien. — Da den von hieraas
versuchten Beweisen insgesamt der Begritt der Unendiich-
koit an Grande liegt, so dürtta es vor allem geraten sein,
nna ttber ihn völlige Klarheit an yerschnffen. Belbstverständlioh
^ftrlbn wir diese Untersnohnng niobt weiter aasdehnen, als es
mm Veratandnia and anr Liisang nnseras Fragepnnktes erforder-
iioh isb
Dab es sich hier nicht nm die absolnte oder schlecht-
hin ige Unendlichkeit handeln kann, ist einleuchtend: denn
dieser Begriff ist ja gleichbedeutend mit iinbehchiänktcr, grenzen-
loser Vollkommenheit. Er kann nur einem Wesen zukommen,
welches nicht zu dieser oder jcuor bestimmten, d. h. abgegrenzten,
Gattung oder Art der seienden Dinge gehört, sondern welches
das Sein schlechthin ist» von dessen Hatnr das Dasein unser*
trennlich, welches demnach ana sich nnd notwendig ist —
Gott: qoi est; Ego snm qni snm. — Da(h kein Geschöpf in
dieser Weise» d. h. dem Sein nnd Wesen nach, nnendlich sem
kann, ist demnach klar. Da aämlich, wie der hl. Thomas sagt,
Jedes Geschöpf „habet esse, et non est suum esse, necesse est,
<}uod ipsum ejus esse sit receptom et contractum ad terminatam
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394 Lehre d. hl. TbonM flb.| d. Möglichkeit einer ewigeo Weluchöpfaog»
natanm. Uiide bod polest eate iofinitum simplioiier^ (1^7
a. 2). Andenwo drückt der eogUiche Lehrer dieaee eo wami
„Quantum ad rationem easendl, mflnitom aoa poteet eaae am
illad in qno omnie essendi perfeotio inolnditnr, qnae In diveni»
infinitis modie Tariari poteet Bt hoc modo solns Dens infinitaa
est Becnndum essen tiaru; quia ejns eesentia non limitator ad
aliqiiam dcterminatam perfectionem, bud iu se includit oninem
modum pert'ectionis ad quem ratio eotitatis se extendere ])otL>t;
et ideo ipse est iniiuitus seoandnra essentiam. Haec autem m-
finitae salli creatarae competere poteet: nam oi:yo8libet creatoiae
esse est Umitatnm ad perfeotionem propriae apeeioL'' (De Teii»
täte q. 29 a. 3.)
Da aber einem allgemein anerkannten Gmndiata snfolge
die Beth&ti^Dg eines jeden Dinges in Abhängigkeit von oad
in Obereineiimmnng mit seiner Wesenabeschafienheit^ der ihoi
eigen tömlichen Natnr, steht („agere seqaitnr esse*^): so kaan^
auch kerne geschöpi'liche Fälligkeit oder Eige hhc hait, sei
es intensiv oder extensiv, unendlich sein: sie kana ^ich nicht
auf Unendlichem erstrecken noch UnendUchcä zu ihrem eigea-
tiimliohen Gegeostaad haben (cf. De veritate 1. c. ad 4). —
Davon machen nnr unsere geistigen Fähigkeiten eben wogen
ihrer geistigeo Hatar nnd alinmfiusenden, nniversellen Anlagn
eine scheinbare Ansaahme. Ich sage: eine scheinbare An»^
nähme. Denn im Emst wird gewifs niemand behanplen wollen,
dalh unsere geistigen Kräfte üoendliobes TcrmÖgen. Im Gegen-
teil fiihlt jeder nur zn sehr anf jedem Schritt, den er Torwirta
thut im Gebiet des Wissenswerten, wie beschränkt der Bereich
unserer Erkenntnis und Einsicht, und wie wenig vermögend
unpere Fasen iigskralt ist. Ein Erkennuiis- Vermögen aber, dem
man eine wirklich unendliche Kraft oder Leistungsfähigkeit
zuschriebe, mülsfce Gott selbst, den Unendlichen, zu begreifen,
d. h. allseitig, erschöpfend, vollkommen an Terstehen imstande
sein. — Gleichwohl können wir in einem gewissen Sinne
sagen, dafs nnsere geistige Erkenntniskraft sich anf Unendliche»
erstreckt, insofern wir Erkenntnie nach Erkenntnis ohne Ende
an erlangen vermögen, nnd nichts» waa natikrlieker Weise erkanni
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Toftnftoin in acto. — Infinitam in potentia.
3^5
'Werden kaoa, vm ▼ersoblotsen itt üiwerer Erkeniitiiis ist also
bestiffliob der ihr stigängUchen €kgenstande keine bestimmte
Orense geeetit Indem wir ferner Allgemein-Begriffe, Gettangs-
and Art- Begriffe erwerben, erkennen wir zagleicb in ihnen un-
endlich viele Individuen, welche in dieser Art möglich sind,
oder in welchen diese Art nach und nach verwirklicht werden
kann (of. 1. q. 86 a. 2; q. 7 a. 2. ad 2).
Hiermit haben wir bereite einige Unterscheidongen im Be-
griff des Unendlichen berührt, deren wir weiter nnten bedürfen
werden. Jene DobeachrSnktbeit in der Bntfaltoog nnaerer gei-
etigen Fähigkeiten ist keine wirkliche Unendlichkeit Sie
itt sieht anders endlos als eine Tom Mathematiker angenommene
^nnendüche*' Linie. Die Scholastiker nannten das nicht infinitnm,
sondern indefinitum. Ein Ende, eine Grense ist nämlich that-
»ächlich vorhanden, aber wir können sie nach Belieben hinaus-
schieben. Unendlichkeit bedeutet aber nicht die unbehümmte
Lage, oder die beliebig weite llmau^schiebung der verschieb-
baren GrensCy sondern die gänzliche Abwesenheit einer Grenze.
Doch nennen wir fiir einen Angenblick jene nicht abgegrenzte
•Leistangslftbigkeit nnaeres Erkenntnisvermögens Unendlichkeit;
eo können wir eine weitere Unterscheidnng an ihrem Beispiel
erklären. Die nnendliche, oder Tielmehr die nicht abgegreaate
Zahl Ton Kenntnissen, welche wir mit jener Fähigkeit erwerben
kdnoen, sind nicht alle zn gleicher Zeit yorbanden, sondern
werden alhnählich, eine uach der andern, erworben. Eben darin
besteht nämlich die besagte Unendlichkeit, dai's wir stetig weiter
Yoransc breiten in unseren Kenntnissen, ohne je zur letzten
möglichen Kenntnis an gelangen. Das nannten die peripate-
tischen Scholastiker ein infinitam in potentia^ oder aach
iafinitnm syncategerematienm. Diese Unendlichkeit ist nicht
eine Beschaffenheit oder Bigentiimlichkeit eines selbständig (oate-
gorenatice) Vorhandenen, eines bestehenden Dinges (ens in acta);
vielmehr liegt sie darin, dalb eines dem andern in nnanfhörlichem,
' In iotellectu nostro invenitur inftnitum in potentia, in acci-
pieodo seil, nnum post aliud: qm'a nonquAin intellertus noBtsr tot in-
tsUigit, qum possit plnra intelligere. 8. Thom. loc. cit
896 Lehre d. hl. ThoBM <Ü>. d. MOflieUnit •i&er ewigen WeltschOpfoog.
endlo»eiu Auteioauder folgen kann. Bo sind die Gegenslände
der Alimacht Gottes unendUoh. Wir imterftcheiden nämlich die
Macht GottM an »iek Ton dem, was sie ist rüok»ichili«k.
ihr«! Gegen sUadea. An sieh in die Meehi QeMee ebenie
nnendlieh wie «ein Weien; aber beilkglieli ihrea Oeges-
Standes bat sie eine gewisse Grenie, welebe iadeewn niebl
anf Seiten des Haobenden, sondern anf seitsn des in Haebeadea
U^i Gott kann nämlich nicht etwas machen, was simpliciter,
wie wir üben sh^l^d, oder aeinem Bein uiid Wusea nach un-
endlich wäre-, warum nicht? Weil e« einen Widerspruch ent-
hält, dafs etwas gemacht und doch unendlich sei.^ Unend-
lich ist ja ein Wesen, welches sein Sein nicht hat, »ondeni ist.
Ein schlechthin unendliches Ding sohlierttt also den Begriff des
Gemacktaeins und der Maebbarkett aiM. ütwas abeolnt Unendr
liebes wfiie ja gleiobwertig mit Gett» ibm gleieb. Vea da»
Werken Gottes ad intra, d. k. tob dem, was sieh isneihiHi
seines eigenen dreifaltigeo Wesens ToUsiebt^ der Zeugung doa
Sohnes u. s. w., ist hier nicht die Rede — obgleich bier weU
der l/uLerschied toat^ehalten werdüu mul», dav la der dogma-
tischen Formel auegedriK kt ist: „genitum, non factum". 2{acb
aufaen, aufscrhalb Gottes, ist ein vollaul unendlicheR Ding nicht
maokbar» also kann es kein Gegenstand der Allmacht Gottee
sein. Aber Gottes AUnaobt naob sursen bat in anderer Be-
ziehung Uneadliebes mm Gegenataadt insoweit nämtish als dar
Begriff der GeseböpfUobkeit es aniifot Und diese Unendttebkek
besteht darin, dafii Gott immer mehr und immer Tettkemmaaawn
Geseböpfe maoben kann — ebne Bnde. Gott könnte tägUoh
neue Welten schaffen — in alle Ewigkeit, und doch wMe wUk
seiüü ^JaciiL nie erschöpfen. Üud wie er über dor leblosen NaU»'
die Pflunzeuwelt, über der Pflanzenwelt das Tierreich, über dem
Tierreich den MeiiHchen, über dem Menschen die Kogel in ihren
nenn Chören und in ihren uageaablt Tielen Arten gemaobl bat|^
• Sicut I>euö, licet babcat poieutiam infiüiUni, neu lamea polest
facere aliquid non- factum (hoc eaim esset cootradictoris ette timol) :
ila non poCsst Cseere atiqnid isfiaitan tinpIMler. 8. Tbem. 1^7
a. 2 ad 1.
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Infinitum ■ecundum quid.
397
kann er über den himmlnebeD Heerecharen stets ▼ollkomme-
aere Geschöpfe madMD, hoher and höher hiiiMif ins Badloae»
ohae je wem» Maoht la mdidpfen. Selbstrerstindüoh k$iiMB
'Wir ait «merer beaohnmkfcBDi auf der Bmoea^Wahmehnittn^ nah
•nlkaaeiidea Brkeaataia namfiglicli aaaklügeb, woria eiae Voll-
komeabeit» Toa der wir gar keiae, weder aamiUelbare aeeh
niiitelbare, Erfabrung haben, bestehe. Gleichwohl Bind wir ge-
DÖligl, oiüc äolciiti uueodiichü biufenleiter in der Vollkommeu-
beit möglicher Geschöpfe anzuerkennen. Darum ist der Opti-
mismus so grundfalgch, weil er der Macht Gottes Grenzen setzt.
Der Gegenstand der Alliaaohi Gottes ist also aneodlich — in
patentia oder eyaoategoremaiioe. Sollte es tick heraus-
aMea, daüs ea im Geseköiif liehen etwas gebea kaaa^ welebee
OBier eiaem gewieeea Geaiobtepaakte (lelatiTe oder ee-
oandnm qaid) ein iafiaitam ia aotu wäre oder ein iafiaiUan
eategonuaatieom, so kSoate sieh dieses der Alboaehi Getto»
Bafcfirlich nicht entsiehen. Das iat also die Frage, die wir jetat
zu loueu habeu.
Bisher haben wir gesehen, dafs es aufser Gott kein dem
Weseu iiod folglich dem Handeln nach Unendliches geben
kann. <Es fragt sich aber aunmahr: kann es etwas Geschöpf-
liebes gebea, das nater einem gewissen Gesichtspunkt^
ia der einoi oder aadem Hiasiobt naendliob ist Den Gesagtsn
ailblge wäre eiae solche üaeadliebkeit ftr das sie beeitaeada
Diag ein bbilhea Aoeldens, etifaa aa seiaem Wesen Hiaankota-
aeadse, eia blofter ICodos eeiaee 8eias. Uad bandelte ea sieb
QBi susammengesetzte Dinge, so wäre dieselbe aaeb sobolastiseben
Grundäutzen aui' neiteu der Materie zu »uchoD. Auf Seiten
der Form kann es nämlich, wie wir vorher sahen, keine ün-
endiichkeit geben; denn die Form ist ja ciasjeiiige, welches don
Bingen ihr eigentnmliGbes Wesen verleiht» und in weiohem daa
Handeln wurzelt» von soiten der Form könnte also nur eine
Bobleohtbioige Uaendliohkeit» d. b, Unendlichkeit dem Sein naob^
herkommen. Bei der Frage nach einer beatehnngsweisen Un-
endlichkeit sind wir also aanäcbst auf die Materie aage-
wieien.
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»398 Lehre d. hl. Thomas Qb. d. Möglichkeit einer ewigen WelUcböpäiaf.
Wem wir auf die materiA prima sehen, «o kdonon wir
Ihr UnendUohkeit nichl abspraehen. Aber dieae üneadliohkait
ni meht, wie bei Gotl, gleiohbedeatend mit abeolnter VeU*
kommeiiheit» soodeni gerade fimg;ekebrt mit dem Maogel jegüeber
Voltkommeoheit, d. b. jeglicher WirkKcbkeit (aotns). 8ie iet ja
nichts anderes als die in den Dingen vorhandene Möglichkeit
zum Äudürsworden. Sie iet also von Natur darauf angelegt,
der Reihe nach alle raög;l!ohen Formen an7.u nahmen, da sie atj«*
sich selbst gar keine Form hat. Bestimmt mithin zur succee-
fiiven Aufnahme aller möglichen, also unendlich vieler Formen
^infioitum in potentia), bat sie thataachlioh (sämliob ans eiek)
keine von allen.^ Das ist es, was die Alten privative ünend*
liobkeit nannten. Im Stein, der seiner Natnr nacb keine Angvn
branebt, ist deren Abwesenheit eine bloAe Negation, im Henseboa
dagegen, der natnrgemfirs Augen haben mttfiite, ist deren Ab-
•Wesenheit eine Privation. So ist Gott, dessen ^atnr jede
Begreuzuug und Begrenztheit ansftchliefrtt, negativ unendlich:
die matcria primu Hap-pgen, deren Natur nach einer Form ver-
langt, um ein bestimmtes, in sich abgeschlossenes und von an-
deren gesondertes (mitbin begrenztes) Sein sn erlangen, eine
solche Form aber ans sich nieht bat,- ist privativ unendliok.
Bocb von der materia prima reden wir bier nicht, es
handelt sieb nm die unter einer bestimmten Form beetebende
Materie oder nm körperliche Dinge. Das Eigentümliche der
körperlichen Dinge ist die QnantitSt Die QnaatitSt aber iai
entweder nebeneinander oder nacheinander. Das Neben-
einander kann wieder doppelter Natur sein, nämlich zasamuien-
haogend (Ausdehnung) oder unterbrochen (Zahl). Bas
t Wir sagen: Die Materie Mi die IMIglichkeli snr Anfbahne na-
endlich vieler Fennen. Aber auch bier ist das nnendUoh aiebl
schlechthin, sondern nur beziehungsweise zu nehmen, gerade so,
wie wenn ich gajje, ein Blork Mnrnmr sei flliifi, iin(>rd1irh vielp Fic;iiren
in sich uufztmclimrn. Materia prinia etiam secundum p o t n ; 1 n m
non est iufiniia simplicitor, &ed Becundum quid; quia eju»
^otcntia non 86 extendit nisi ad formas naturales. S. Thom.
1 q. 7 a. 2 ad 3.
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Kann es aneodlich viele Diage geben?
399
Naeheinander oder die AnfeiiiaiideTfolge (Zeit) and dae Heben*
einander in leltterm Sinne kann anch Ton ein&oben» nieht lu*
■ammengeaeUten Bingen, alao Yon enbeietierenden Formen, aas-
gesagt werden. Da dae Nebeneinander im erstem Siddo, aiitbin
die Frage, ob es eiucu unt^ndlich giofsen oder unendlicli kleinen
Körper ^eben köoDe, für uohliü Frage voa keinem Belang ibt,
verweiöou wir den freundUciiea Leser für sie auf deu heiligen
Tbouaa (1 q. 7. a. 3), der es als unmöglich darthut, einem dem
Wesen naeh begrenzten Körper nnbegrenste Auädehnung bei*
anlegen. Wiobtig jedoeb für unsere Frage ist ein näheres £tn*
gehen auf die Zahl nnd die Zelt Zanäohst also — kann es
nnendlioh Tiele Dinge geben?
Dem vorher Gesagten aofolge nnterliegt es keinem Zweifel,
daffl es syncategoremattce, oder in potentia, unter dem
GebkcLiihpuukL der Vielheit ein Unendliche» gebcu kunu. In
dieser Wei.so sind z. B. die Akte der Anbetunf^, Liebe u. s. w.,
welche die iSeiigen im Himmel „per omnia saecula öaeeulorum",
„eine üne dicentes'^ machen werden, der Zahl nsjoh uuendlicb.
laicht als wenn jetzt oder jemals eine wirklieh nnendliohe Zahl
seleher Akte vorhanden oder beisammen waren — das wäre ein'
iailnitam in acta, and ein solches kann ja nun und nimmer
aoa der Addiemng von einseinen Akten entstehen, nach dem
bekann ton Gmadsatz: „numeras non matat speciem.*' Dab aber
Budlichkeit und Unendlichkeit ntcbt der Aosdehnnng oder Zahl,
sonderu dem Wesen nach verbcUieden sind, gebt aus deiu
blofsen Begriffe beider hervor: dem Endlichen ist es wesentlich,
begrenzt zu sein, dem Unendlichen dagegen ist es wesentlich,
aabegrenzt zu sein. Also kann aus dem eioea nie und unt4>r
keinea Umständen (durch Vermehrung) das andere werden.
Aber in potentia gibt es nnendlich viele solcher Akte, iosotern
wir warten oder sahlen mögen, solange wir wollen, and doch
nie aam letaton derselben kommen. Diese Akte folgen aafein-
aader in endloser Reihe.
Kaon es aber anch eine unendliche Vielheit in acta geben?
Der hl. Thomas bciului diese Frage zunächst in den Quaest
i>i8p. De veritate 4. 2 a. 10. An dieser Stelle begnügt er sich
jAhrbuch für PhilOMphle etc. VI. M
400 Lehn d. hl. Tbomu Ab. d. Möglichkeit eiiier evigm WelUcböpfuag-
damit, die veraohiedeDen Änsichten der älteren Philosophen an-
suführeD, ohne eine eigene Entscheidang zu gebea. £• ist eine
rein Utterir^geachichtlicheAbhaiidlasg. MUtromaateni/'MMUMftt
er dieselbe» „esse Min repognet infinite Beoandum mtionein vnm
vel non, qnia ineidenter hio motiim «et, dlsentieadttin alias le-
linqnatar ad praeeeni»" Offenbar war es ihm dämm an thaa,
seine Entscheidung, die er in der gleichen Kiine hatte geh«
können, in der er die verschiedenen Ansichten der Alten Tor-
führto, reiflicherer Erwägung vorsubehaltcn. Daiü < me ailseitig
befricdig'onfie Tiö«ätin«r dor Fr;ige ihre Sch%vierigkeiteD habe, den-
tdte er übrigens bereits durch eine grundlegende Unterscheidung
an: „Hoc quod infinitum esse acta non possit, polest oontingeie
es dttobus: vel qoia esse acta repognat infinitio ex hoo ipso
qnod infinitnm est, Tel propter aliqnid aüad; sioat moveri
repngnat triangalo plombeo non quia triangalns, sed qsia
plnmbens. Si ergo infinitnm actn esse possit secnndam ret
natnram . . ., vel «i etiam non possit impediente altqno slio
quam ipsa ratione infinit!: dico quod Dens pote«t facero infiDitnin
actu esse. — Si autcra actu esse repugnct inliuiio secundnm
rationem «iiam. tunc Dens hoc tacere nou {xitest, sicut iioii
potest facere homincm aoimal irrationale» quia hoo esset oontri-
diotoria esse simui/'
Dieselbe Unterscheidnog wiederholt er in einer etwtt
andern Fassung in seinem Qnodlib. 9 art 1, wo er sngleidi dis
Lösung derselben nnd die Entscheidung der Frage gibt: Wena
es widerstreitet: Geschöpf sein nnd nn endlich sein; weaa
folglich Grott wegen dieses innem Widerspruches etwas üt-
eudliches nicht machcu kann, so rührt das entweder Jaiicr, dal*
der Begriff der Gefichöpflich keit das Pra iikaL „unendlich"
nicht zuläfst, oder daher, dafs die Bc Hchaffe nheit der be-
stehenden Geschöpfe Unendlichkeit ausschliefst. — Wie diess
DnterscheidUDg zu Yerstehen int, wird durch ein Beispiel Tsr-
anschaulicht Widerstreitet es dem Pferde, Temünftig au ssui,
weil es ein Geschöpf ist, oder weil es ein solches Geschöpf
ist? Offenbar nicht unter dem ersten Gesichtspunkte, denn sout
könnte Gott kein ▼erattnitiges Geschöpf machen; wohl ab«
. Kj by Googl
Verschiedene Mciuungeu alterer Philosophen hierüber. 401
wüBf dem andeni GeeichUpunkte: and deshalb iat ein yernttDf-
t^gM FCerd eine Unmögliohkeit — Dieselbe Uaterscheidm^
kaim aaeh to amgedräckt werden: Ist eio innerer Widenpmeh
swisolien Geeebdpf and Unendliohkeit Torbanden« ao kann der»
aalbe entweder auf leiten dea Geaebdpfea liegen, weil dessen
BegrüF mit ünendliclhkeit anrertrSglioh ist; oder auf Seiten der
Uncodlich keit, weil ihr das esse in actu widerbtreitet.
Einige nun, so falirt der hl. ThomaR fort, behaupten, Ge-
schopt lichkeit nnd Uuendlicbkeii tseien aus .U iu c i s lern (.i runde
uoTereiobar, weil sonst das Geschöpl mit dem öchüpter gleich-
gestellt wtode. Würde nämlich ein unendliches Geschöpf an-
genommen, 80 möfete seine Gleichheit mit dem Schöpfer des-
halb behanpket werden, weil ja ein Unendliehes niobt größer
ala ein anderes Unendliches sein könnte. — Diese Begründung
aoheint dem Aqninaten nicht sUehfaaltig au sein. Hätten wir
iiSmlich mit einem unendlichen Geschöpf su thnn, so wKre seine
Unendlichkeit nur eine beziehungsweise: es wäre nur in einer
gewisoeu Hinsicht, aber uicht, wie Gott, schlechthin unendlich.
Ein unendlich grofser Körper 7,. B. wäre nur der Gröfse oder
der Ausdehnung nach unendlich, während er seiner ^'alur nach
eben ein bestimmter Körper, also dem Wesen und der Art nach
begrenzt wäre. Bei Gott ist aber gerade das Wesen unendlieh;
er ist in jeder Hinsieht ohne Grenae.
Vielleicht labt sich erfolgreicher ans dem andern Gesichts-
pnnkt Torgehen. Ist das wirkliche Bestehen der IMnge, ihr
Werden in der Weltwitkliidikeit» ein Hindernis ihrer Unendlich-
keit? Läfst sich der Begriff der Unendlichkeit mit der Existens
der Dinge vereiuigen? Manche von den alten heidnischen Philo-
sophen mit ihren nnbestimmten Begritlen von dem ürbpriing- der
Dinge bejahten diese Frage. Sie sahen daher auch in einem
endlosen Zurückgehen in den Ursachen keinen W^idersiun. Ari-
stoteles dagegen tritt dieser AnÜMSung an yerschiedenen Stellen
seiner Werke entgegnen.
Algaael, Avicenna u. a. geben mit Aristoteles an, dafo eine
unendliohe Zahl too Ursachen nicht angenommen werden könne,
wenn es aioh am ein Bing (eine Wirkung, ein Herroigebraobtes)
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402 Lehre d. U. Th4»aits ab. d. H0f Uehkdt einer evig«! WelCicMpfug.
handelt, welches in wesentlicher Abhängigkeit von seioen Ur-
sachen steht, weil dasselbe ja son^t nio zum Abschliil» käme.
Handelte ea sich dagegen nicht um ein solches Abhängigkeit!-
Verhältnis, so sehen sie in einer unendh'cheo Zahl von Dingen
und Ureaohen keinen Widerepmoh. Hier wird nleo eine Unte^
seheidnng gemacht swlechen infinitnm per ee und infinitam per
neoidene. „Onjne dietinotionte InCeUeotne hino accipi poleat:
quod onm infinitam prineipaliter in qnantitnte inveniatnr . . .
fli qnantitas in qua infinitnm eoneistit, babeat talem mnttitodtDem
cujus uuaijuaeque pars ab altera dependeat, et coitum urdmeiü
habeat, lU quod unaquaeque pars illius muliitudinis reqniratur
per öü, tunc intinitum in tali quantitato consisLena dicetur in-
t'initum per ae; aicut patet in hoo qood baoaloa movetur &
manu, manus a laoertia et nenris, qui moventar ab nntma ^
qnod ai in infinitnm prooednnt» ut eoilicet anima ab alio mofeatnr,
et Bio deineepe in infinitnm; vel bacnlna aliqnid aliud moveat^ et
910 deineepe in infioitnm: erit mnltitndo iatomm moventinm et
motomm per ae in finita. 8i ¥ero quantitaa in qua ooosiatil,
resultet ex aliqoibne pluribus qni enndem ordinem aerrenfc, et
quorum uuiuttrub doü re^uiritur nisi per accidens: Lüne etil in-
l'initum per accidens; nicut si aliqniH faber cult>3llum taciat ad
cujus coostitutionem multis martellis iudigeat ex hoc quod unuspost
alium frangitur, et unus succedit in loonm altehus, ejuedem ordinem
teneaa: ai talia mnltitudo in infinitnm excrescat, dicetur infinitan
per aooidene» et non per ee; aooidit enim fabrili operi nartel-
k>mm infinita mnltitnda onm per nnnm martellnm, ei dnraieti
aequaliter poeaet expleri aiont per infinitoa'* (of. Qnaeat Disp.
De Torit q. 2. a. 10; 8nm. tfaeoL 1 q. 7 a. 4). — Bin ioft-
nitnro per se ist also dieser Auffassang zufolge unmöglich, w«l
es nie zur Verwirklichung^ oder besser zum Wirkliebwerden
eines Dluges kommen kano, zu welchem unendlich viele Dinge
der Reihe nach beitragen mürsten. Wird eine uneodiiche Reibe
angenommen, eo widerstreitet es ihr, durchlaufen au werdeo.
Handelt es sich jedoch uro ein infinitnm per accidens, um eine
unendUohe Vielheit» deren Teile nicht von einander abhängig aind,
eo aieht die erwähnte An&aanng keioe Unmögliokkeit darin, dab
. Kj by Googl
Vorttnfige EDttehoitog des bl. Tbomat. 403
dieselbe in acta bestehe. Deshalb bebavptet und Terteidigt
Al^zel die wirktiehe Existenz von tmendlioh Tielen Menschen-
Seelen. Da er nämlich der AubiciiL ist, dafn da« Münscheo-
greschlecht von Kwigkeit bestehe, und auch von Ewigkeit Zengang'
fttattg-eftinden habe, ho niiifs er, bei der Annahme der Unsterblich*
keit der Menschenseelen, zu diesem Schlüsse kommeo. Andere
jedoob, welche dieselbe Unterscheidung im Unendlichen annebineD
wie er, ween sie anoh nicht mit ihm dae wirkliche Vorhanden-
sein von nnendlioh Tielen Bingen in der Weltwirkliehkeit an-
nehmen, behaupten wenigstens die innere HögHohkeit einer
anendliehen Menge, also anf Seiten Gottes die (absolnte) Maebt,
eine solche zu schaffen.
Averroea dagegen b himptet, dafs auch ein infinitum per
accidens nicht actu sein könne, dafs also das actu esse mit
dem Begritt tie« üueudiichen schlechthin unverträglich ist.
Ks kann darum, ihm zufolge, blofs geben ein ,,infioitum in po*
tentia, quod in successionc consistit", keineswegs aber eine
nnendliobe Vielheit wirklich bestehender, sagleich Torhandener
Dinge (Be verit loo» ett). „Bt hoo — so scblielht der heilige
Thomas — Ter ins esse videtur. Kon enim potest esse acta
in remm natnra alii^nid non specifioatnm, ad diverses speciss
indiiferonter se habeos. Quamvis enim intelleotns coneipiat
animal iion »pecificatuiu rationali vel irraiionali diilcreniia, non
tarnen potest esse actu animal quod noa siL raLiuuale vel irra-
tionale; unde secundum Phüosuphum nou est in genere quod
non est in aliqna ejus specie. Una^oaeque vero quantitas speci-
ficaiar per oertam tenninatiooem quantitativ : sicot moltitudinis
speotes snnt dno et tria, et sie do aliis; et magnitndinis
Speeles sunt bicabitnm et trionbitom, et bujnsmodi, Tel secnndnm
aliqnam determinatam mensnram. Unde impossibile est sio in-
▼eniri aliqnam qnaotttatem in actu, quae non sit propriis ter-
minis limitata. Cum autem infinitnm congruat quantitati. t^t dicatur
iiiiinitum per termini remotionem, impossibile erit iuilnitüm esse
in actu. ... Et ideo, sicut lieu» non potest facere equum ratio>
nalem, ita non potest facere ens actu esse intiuitum."
Bas scheint also dem hl. Thomas der Wahrheit näher zn
44)4 Lebrc ü. kl. Thomas üb. d. Möglictikelt eiaer ewigea WelttcböpCuag.
kommen („yeriu« ease. ridetnr'*): (vott kann nicht etwai
wirklich UnendKohes ins Dncein rofen, m. n. W. wirklich Bzi-
stieron nnd ünendlich aetn dürften sieh gn^naeilig atiMchUeben
(^mpoBtibile erit**). Obgleich er celhct also diesen 8cblnlb sickt^
RO erschflint derielbe ihm doch nicht als absoint nötigend, folflteh
hicht 8 0 einleuchtend, dal» er die gegcoteilige Bebauptuiig uu-
möglich machte. In ÜbereiDsiimDiung hierniit sagt er in den
(3pu«o. de aetorn. iniiTidi contra mn rmn ran tes: ,.Adhac
uon est demooBtratora. quod Dens non posBit faccre ut niot ia-
tinilu actii/' Dafs nämlich die Alten aia Eesnitat der Demon-
atratio die angedeutete Kvidens forderten, iat frliher binUuiglieh
erklart worden. Ist aber anch eine Bolcbe Evtdena, welche joden
TemnnfUgen Widergpmch unmöglich macht» nicht Torfaandea, so
swetfelt docb der hL Tboraaa nie an der ttbeneugenden Kmft
der angeführten BegriinduDg-. Deshalb sagt er auch in allen
Meinen sputcKm Schriften Die undcic^ aU: ,,Impoft<»ibile est esse
iiiultitiidin»5m infinitam in actu" (l q. 7. a. 4).
Kur aw6 der Macht de» Vornrteils läfst e« sich erklären,
dal's einige neuere SchritYsteller hierin einen Widerspruch er-
blioken. AU ob die beiden Sätae: „Impossibile est . . und
„Haeo tarnen inpossibilitaa non est demonatrata*' sich gegsa-
seitig ansschlSssenl^ Und anf einen solchen Grund hin noohto
P. Stentrup (Das Dogma von der seitl. ScbSpfong, 8. 43) bei-
nahe „sich ▼ersucht ftlhlen'S dem hl Thomas das angefiibrta
Opusculum de aeternitate mnndi absnsprechenf * Das
' Vgl. Kruuäe, Commeuiatio philos. jn 17: „. . . S. Thums« its:
jAdhuc non est demoastratum, quod Deus uon possH facere, ut srat ii>
finita aetn.* Possibilem igitur censet esse aamtniB acm infisitsa.
Demirannr haec rerha: ipse enim leenm pagnat 8. Thomas, quam slfii
lods rcmm aimul existeatinm acta infinitam mnlthndüieni abiieit.**
• In dem leuten Quarlalheft (Jao. 1892) der Zeitschrift fSr
kath. Theologie sucht P. Stentrup sich au wehren gegen „die Ao»-
fälle des Thomas E^ser gegen unsern geringen wissenschaftlichen Ruf
Wir sind uns bewulst, im Verlauf unserer Abliaiiuluug nicht ein einzige!
Mal „Ausfälle" gegen wissrnsrlmftliche Gegner gemacht zu haben, sm
wenigsten gegen den „geringen wisseuschafilichen Ruf ' des 1'. Stentrop.
Der gute Ton, ja selbst die Grammatik, wurden uns z. B. davon «b-
. Kj by Google
Vermeintlicher Widerspruch in seiaeu Werlceo. 405
VttrUingeii einer mifsliebigeo Autorität Iob m werden, gibt ihm
mmuk solchen Wnnaeb em. Wahneheinlieh ist es derselbe Grand»
der nnch P. Klent gen (Philosophie der Voneit, Bd. 2 n. 980
& 836) Pagen läTst: ^ w% sweifelbaft, ob diese Schrift nidit
einem andern Verfhtser angehört *' Wenigstens ist kein anderer
gehalten haben, jemals auch nur von „(irrn Ferdinoml Stentrnp" zu roden,
wie der Beschwerdeführer es uns gegeuuber in dem erwalmten Anfsat/
ree('lina(^itT ihut. Damit ist Geist und Ton dieser BeschwerdelühruDg
hiuiaugiiich gekeou^eicbnet. Auf ihre Aubiuhruugeu im einzelueu eio-
angeben, w&re verlorene Mühe. Wir fiberlatsen den Leaem das üneii.
Nnr eines wollen wir bemerken, dafo dieietbe, loweit lie sachlieh iat,
tsn Tom bii hfaiteo aof deem Parslogitmns berabt, den, nidit wir,
iondem lange Tor nsa die hhl. AagsttlDua and TbooMi an||edeckt haben.
P. Steatrnp behan|»tet S. 166: » Damit ein Sein anfuigeadea aei« genOgt
es, dafa ihm sein Nichtsein der Natur nach voraiifgeho.*' Aber worauf
allea ankommt, ist eben die Natur des Anfanges. Vr>n den alten Ver-
teidigern einer ewigen SchftpfunR sagt ja der hl. Augustinus (De civil.
Dei lib. XF. c, 4): „a Deo qiiidem {numdiim) factum futontnr. nou tarnen
voluut ifmiu ris, ^od R !i a e c r e a t i on iß initium." Ein' n AnianL' neben
dieselben also zu; al>er es gibt narh ihnen für die Welt blofs ein pnn-
cipinm originis, aber nicht oiu principium durationis. Ks iat, also
vergebliche Mühe, wenn l\ Slentrup ,seiuo Geguer bekämpft, weil sie im
Begriff des Gesebdpfea einen Aafang nicht eingeiehlossen finden*. Ver-
steht er aber, wie er es in Wirklichkeit thnt, nnter Anfkng einen Beginn
der Oaner, ao setit er veraas, was an beweisen ist Und wenn er sagt,
dilii es ,ihm wenigstens erwiesen an ssia scbeiat, da£i aieamad, der
sogibt, das Nichtsein der Geschöpfe gehe der Natur nach seinem 8eia
voran, lengnea könne, dafs im Begriff des Geschöpfes ein Anfang ein
geschlossen sei', so sieht er einen Trugschlufs für einen Beweis an. Dafs
in dem Sehl u tr etwa«i enthalten ist fzfitlichcr Anfanjr), wa« in dem
Vordersatz rjicht ( iitli;ilt('n i^t > n u t n r fi prias), was also auch nicht
daraus p;('rii!^r('rt sMTtlen kann, sieht jeder ein. — Zur Klärung des Be-
griöts ler MogliclikeiL der Geschöpfe verweisen wir P. Stentrup auf
den bl. iiiomas 1. q. 46 a. I: ^.AnLi^uam luuudus esset, possibile fuit
mnndom esse, non quidem secuoduw potentiam passiTam, quae est ma-
teria, sed seeandom potentiam activam Dei; et etiam, secundnm ^ood
dicitor aliqnid absolote possibile, aon secandnm aliqnam potentiam, sed
ea sola kabitudine terraiaornm, qai sibi noa repagnant;** aad Coatr. Oeat.
IIb. 8. c. 87: .Possibile feit ens cnatom esse aateqoam esset, per poten*
tiam agentis per qnam et esse incepit, vel propter hahitudinem terni'
Dorum in quibns nulla repugnantia invenitnr, qaod qaidem possibile
secnadom nnllam potentiam dicitar.**
406 Lehre d. hl. Thomas üb. d. Mdglichkeit euer ewigen Weltscböpfoof .
Grand, weder ionerer noch änfserer, itir eine solche Bebanptaip
eniofatlieh. Hütten die genamiteii Aotoren das ▼oa m» mit-
geteilte QnedUbet gekannt, ao wflfden sie aneli wohl detaen
Bohtbeit beanstandet haben. P. Feach (Inotitadonea Phfloa.
Natural. Frib. 1880 p. 454) sagt auf Gnind dee angefährtBB
Opuscnlnm vom hl. Thomas: ,,priore tempore nonnihil dnbitis
hac in re haesisse videtur." „^i"^' p*jtiuH raali« dicere — so
fügt er in Anm. hinzu — oum illo loco vehementius dispntantcra
abreptuin cRse, ut semel ipsi ex ore fixciderit, repugnuntiam
nnmeri actu iofioiti nondum esse ,demoastratam' ; id qnod alias
identidem negaTeriL** Dagegen bemerken wir» dafs der heilige
Thomaa niobt nur nicht identidem, eondern auch nicht eia
einaigea Mal behauptet bat, der von ihm behanpteten üamdgliob-
keit eines acta infinitnm komme demonatrative Beweiskraft au.
Dafa dteaelbe noch nicht demonstrativ bewieaen aei, hat er hin-
gegen nicht blofs aemel» in der Hitse des Streites gegen die
iiiurmuraulcs, lallen lassen, vielmehr hat er dasselbe häutig iq
Abhandlungen, die vorsätzlich yim dieser Frage handeln, nieder-
^'•eschriebon. Da« bereits angeführt e Quodlibet ist durchaus nicht
die einzige Parallel-Steile, an der er geatebt» dafs die (Aristote-
Hache) Begrttodnng der Unmöglichkeit einer unendlichen Viellieit
ihm nicht ala nötigend erscheint In eeinem Kommentar mr
MeUpbyaik dea Aristoteles (Ub. 11 lect 10) sagt er: „Didit
(Fhilosophas) qnod in sensibilibns neu est nnmems infinitna boc
modo: Omnia nnmems et omne habens numerum est nnmerale
(d. h. jede gegebene Zahl füllt unter den Artbegrilf Zahl). Sed
uuUuiü numeral ■ est, iutiuitum, quia niuLcrale est pertransibile
numerando: ergo uuUns numerus est infioitus. Hae autem rati-
one» fdart bezieht sich mit auf einen vorhergehenden Grund (Hr
die Unmöglichkeit eines uDeodlicben Körpera) noo müt natu-
ralea, quia non snmnntnr ex principüa corporis naturalta, sed
ex qnibusdam principiis commnnibns et probabilibns, non ex
neoessariis: quia qni poneret . . . mnltitudinem infinttomu
non poneret eam nnmemm, qnia nnmems est mnltitndo mensn*
mta per nnnm . . . nnllum antem mensnratum initnitnm est**
Ebenso sagt der englische Lehrer in Oirament In Ariat Fbysie.
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Sdoe eodgOltig« Antwort Auf di« Frage. 407
Mb, 3 loot. Hl ,,86oiiBda ratio ostendit, quod hob sit iDfiaitom
moltitodine. Omoe eoim namerabile oontiogit nnmerari, et per
conseqneoH nnmerando transiri. Omnie autem nnmem» et onme
quou liiibet numenim, est muiierabile. Erg-o omae Iminsmodi
cx>otiogit transiri. — 8i igitur aliquis nnnierus «ivp seiiaratiis,
aive in seDüibiiibug cxisteos, sit intioitUB, sequetur, quod postii-
bile sib transire iDÜDitum: qnod eat impoBsibile. — AiteDdendum
eai anteiDy qnod isiae rationea sunt probabilea, prooedeotes ex
iio qiiae oommnoiter dioantar (qnod est propriom ayllogiami dia-
leotiei, tagt er vorber); noa eoim ex aoeeaaitate oonolodtiat:
qnla qai poneret . . . aliqnam maltitodioem esse infiDitam, non
dräeret eam eate amnenioi» Tel namemm habere; addit eaini
Dumcrus super iDultitudinero raiionem mensuratioDin. EhI eniro
numeru8 multitudo itienHurata per ummi, et propter hoc nutuuriis
pooitur species quantitatis disoretae, doo autem multitudo, sed
est de tranHcendeDtibus.'*
Gerade hier zeigt sich an einem Beispie) der Scharfsinn
de» hl. Thomas, und wie wenig er ein blofaer Naehtreter des
Ariatotelea ist. Um n&mliob dea von ihm angedeateten Aaeweg
absnaehiieiden, stellt er selbat in der Sam. tbeot. loo. eit. den
Beweis des Aristoteles In gana verfioderter Form anf. Sr
gebt nSmlieh nicht, wie dieser, von dem Sata ans, dafs jede
Vielheit eine Zahl ist, welche durch die Einheit gemessen
wird; vielmehr sagt er: jede Vielheit wird gemacht durch eine
Einheit, oder verdankt ihr Sein einer Einheit; und deshalb ver-
hält es sich mit den Arten der Vielheit wie mit den Arten
der Zahl (Species multitudinis sunt secundom Speeles name-
roram). Er unterscheidet also iwisohen der nnmerisohen und
der ontologisoben (transoendentalen) Vielheit, nnd baut seine
Baweisfiibniag niobty wie Aristoteles, anf der erstem, sondern
auf der letatem anf. Im ontologisoben Sinne aber ist jede
Vielheit, welcher Art sie auch sein möge, etwas Einheitliches
der Ordnung nach (iinitas ordiuis). Keine Vielheit kann be-
stehen, wenn nicht nach Art einer Einheit ünura et ens con-
verLunttir. Unter vielen Dingen kann aber eine Einheitlichkeit
der Ordnung nur hergestellt werdou, wenn Eines sich gleichsam
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40Ö Lehre d. hl Xhomat Ob. d. Möglichkeit einer ewigea WelUcböpfung.
ahi Form verhalt^ währeDd die ▼ielen ihm gogenfiber »iob ab
Materie verbalteo. Verleiht aber jenes Eine der Vielheit ihre
Form, dann gibt es ihnen eben damit anoh eine bestimmte Be-
grenzung. Denn wo immer eine Form, da ist Begrenznng- des
beine. Aber deshalb verhält es sich mit jeder beetehcndeo
Vielheit wie mit jeder wirklichen Zahl. Zieho k h nämlich jene
fonnverleihoudti Kiiiheit ab, ho ist das Wesen zerstört; i' ti hahe
nicht mehr dieflelbe Vielheit wie znvor. Geht also der ^^tagl•
rite davon ans, dafs jede Vielheit go zählt ist, eine onendliche
Vielheit aber nicht gezählt sein könnte: so geht der Aqmaate
▼en dem ans, was jede Vielbett in ihrem Wesen nnd ihrer Art
konstitnierty und seigt, dafs dieses keine Unendlichkeit snialbl.^
Aber ist denn der Beweis nicht wenigstens in dieser Form
wirklich demonstrativ? — Unter den von Baftes angeflibrlen
und widerlegten Gründen für die dem Ergebnis des hl. Tiioma»
entgegengesützto Behauptung* winl mit (i dieses angeHihrt: ..Non
iruplicat esse infinitam mulütudinem reruu). . . .** Warum nicht?
„Quia rationcs D. Thomae sunt ointiiuni optimae, et non sunt
demonstratoriae/' Von gegnerischer Seile wird ihre demonstra-
tive Beweiskraft also einfach geleugnet. Banea seinerseits sagt:
„nobis videntnr demonstrationes." Und in dem von ihm ge-
führten Beweise für die im Artikel dargelegte Lehre begnügt
er sich damit zu sagen: „Impossibtle est, saltem secandun
ordinem divinae sapientiae, fieri infinitum seoondnm . • .
multitudinem.*' £r spricht also nicht von der potentia Dei ab-
soluta und der ihr entsprechenden Möglichkeit, welche mit
W iderspruchslofii gkeit gleichbedeutend ist. Trotz der Gruüde
des hl. Thomas für die Unmöglichkeit einer uDcudlichcn Vielheit
halten also andere das Gegenteil. Von den älteren iScholastikem
seien nur erwähnt die beiden Augustiner- Generäle Thomma
von Strafsbnrg und Gregor von Kimini, die wir bereila
früher anfahrten als in vollem Einklang mit dem Aquinaten in
unserer Hauptft«ge stehend. Von ihnen sagt der erstero: „mm
implioat contradictionem, infinitum magnitudino (nec infinitum
' Vgl. Ferraricusis, Commeut. in Ham. Coutr. Gent. üb. 2
cap. 81.
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Von iliBi «bvdeheade Bfoinoi^ca. 40Sf
anltiiadine» wie er qaarte hinsnfUgt) per Det potentiam inft*
nitam in esse produci, quam vis multi TenerabUes et magni doctores
oppositum isinm iiiuinLur demonatraru" (ioe. cit art. 4). Der letz-
tere (In II. Sent. 1 q. 3 a. 2) nagt cinfurh, ein infinitura
ra acta sei nicht unmöglich. Gerade so sagt auch Johannes
de B a 8 a 0 1 i s (In I. Seilt dist 43 ^aaeet unic). Von den
späteren Scholastikern führen wir nur einige an, welche bei den
geaaiiDten neueren SchriflateUem von grSftenn Gewichte nein
dürften: Die Conimbrioentea (Pb7aicatib.3 eap.<$); Vaaqnes
(ConoiraeDt. in L p. diap. 26 cd); Bart hol. Amiona (tract 18
%, 6); Arrlaga (Cora. philo». Pfayaic. dmp. 13 sect 4); Oviedo
(Cur», phiios. Physic. Controv. 17 punct. 5).^ Alle diese lehren,
im Widerspruch zum hl. Thomaf^, die Möglichkeit einer unend-
lichen Vielheit. Wir sind weit eiutörnt davon zu glauben, die-
selben hätten die Ciründo des Aqaiaaten irgendwie entkrättet,
und ihre eigenen Gründe reichten zum Beweise ihrer Behaup«
tnng hin. Aber soviel beweist ihre Bteilang sa dieser Frage
jedenfalls, dafo die Behanptang des hl. Thomas: »die too ihm
gelehrte nnd begründete Unmögliohkeit einer nneadliohen Vielheit
sei noch nicht demonatrativ bewieaen' — nnr bei denjenigen
Wunder erregen kann, die vergessen, dafs das Besnltat einer
demonstratio eine solche Evidenz ist, welcher niemand, der
den Beweis versteht, vernünftiger Weise widersprechen kann.
— Deshalb sag! weite der Kardinal de Aguirre (PliiiuH.
rational, tom. II. Physic. Dinp. 21 sect. l n. f>), bevor er in die
UnterBuchung über diese Frage eintritt: »»Praemitto rem hanc
adeo diföcilem esse pro ntraqne parte, adeoqne inexploratam, nt,
qnamqnam tot felicia hominnm ingenia circa ejus dispositionem
virea snas exemerint nsqne ad tempns D. Thomae, nnllam
demonatrattonem invenerint ad probandam repugnantiam inÜniti
in actu: nt ipse tostator iogenne Opnse. 27. Idemqae est de
Iis Omnibus qui antea et postca scripsere pro alterutra opinionum,
*■ Von dea Neoeren stellt n. a. Gntberlet (Die Methaphyiik,
Mflnster 1880, & 116) die Tbesls anf : „In dem Begriff einer aktaal
uncndUcben Menge oder aktuat oacndlichea Aaidebonng läßt sich kein
Widersprach nachweiten.*'
410 Lebre d. bl. Tbomas ab. d. M&gUcbkeit etaer ewigen WeltscbApfang,
Qt patebit illoram mrgamenta aoonratins ezpeDdentu QnamquB
enim pleraqne diffioinima smt, anUnm iHoram depreheaditor atti-
gisse metas demonstrationis. Qaare saperest, at neotra eamm
oerta omaiao oensert possit, sed illa solam probabilior, qaae soU-
dioribns tundamentis nitatur." Damit ist dem P. Stentrop du
Urteil gegprocben, der (a. a. 0.) Iriscbweg Ragt: ,,Die weitere
Bemerkung des hl. Thomas, die Unmöglichkeit, dafs durch (i ttefi
Allmacht eiacr uneDdlicheo Vielheit von Dingen Danein vorHcbeo
werde, sei noob nicht erwiesen, glanbeo wir fnglich mit Schweigen
ilbergehea zn können, da wir die Beweise für diese Unroöglidi'
kett oben beigebracht haben." Der englische Lehrer dafchfee
bescheidener Ton seinen beweisen. Obgleich dieselben ttber*
sengend nnd sehwerlich losbar sind, sagt er doch aiemals» dab
er dieselben filr demonstrativ im strengen Sinne des Wortes
halte. Das ist also des Aqninaten Lehre bezüglich der Möglichkeit
einer unendlichen Zahl.
Es bleibt um übrig-, zu untersnchen, ob oh eine Unendlicb-
koit der Daner oder der Zeit nach geben könne. Dafs es eine
endlos daaernde Zeit der Zukunft nach geben könne nnd wirklich
gebe, brauchen wir gar nicht an beweisen; wir können dieses
als sogegeben Yoranssetsen. Diese Unendlichkeit (anch Ua-
Sterblichkeit oder Bwigkeit genannt, letaleres in eiaem
noob engern Sinne als dem früher erklärten) ist ein iaflnitan
syncategorematicom, welches in endloser Anfeinanderfolge besteht
Kann es aber anch der Vergangenheit nach eine nnendliche,
d. h. unlangslose Dauer geben? Da« ihL Kern und Stern
unserer Frage. SelbBtverständlich ziehen wir uns hier auf den
kritischen Standpunkt des hl. Thomas zurück, von dem aus wir
lediglich die Gegengründe auf ihre demonstrative Bewei^^kraA
an prttfen haben. Dm eine thetiscbe fiegrttadnng der Möglichkeit
einer ewigen Schöpfung handelt es sich uns ja nicht ^ Vorab
jedoch wollen wir klar legen, wie unter der Annahme einer
anfangslosen Schöpfung deren Ewigkeit gedacht werden mala.
Was ist das Subjekt dieser anfangslosen Daner? Was danert
von Ewigkeit? Uber diesen Punkt unserer Frage bestehen die
nicii^tcn Mif;« Verständnisse.
— »H3^ -
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APOLOGETISCHE TENDENZEN UND
RICHTUNGEN.
Von Kanonikus Dr. M. GLOSSNER.
Vierter Artikel *
Oker die ÄOißiehkeU and NoiwendiakeU dar giUtUchen
Offenbarun0»
Verstehen wir unter göttlicher Offenbarung eine Kand-
gebnng Gottee an den Menachengeiat, aei ea belehrender oder
^setzgebender Katar oder überhaupt eine Mitteilnng Toa Wahr-
heiten (theoretischer oder praktischer, welch* letztere tod den
erHteren nur durch diü ,,Auadühuung" nach dem iSat^iü ; veritas
extoiiHione fit practica Hich utiteröcheideQ), »o kann die Möglich-
keit tiiuer bolchen ILundgebung oder OflonlKiruDg im allge-
meioeu nicht beatritten werden, sobald die überzeuguog von
der Existenz einer tiberweltUcben penÖoUcben Gottheit als eine
objektiv begründete featateht.
80 einlenehtend diese Behani»tnng für den eraten Anblick
sieh darstellt^ ao besteht gleichwohl ein ▼ordern weitverbreitetea
System, daa jeder poaitiTein Offenbarung feindUch entgegentritt»
obgleich es die Persönlichkeit nnd Oberweltlichk^t Gottes nicht
in Abrede zieht — der Deismus. Um den BtillHchweigenden
oder ausdrücklichen Grundgedauktin dieses Sy^teiuH in eine
kurze Formel zusammenzufassen, bedienen wir una der echola-
stischen Unterscheidung der poteotia Dei abnoluta und der
pot. D. ordinata. Hiobt alles nämlich, was dnroh die gött-
liche Macht, absolut gesprochen, hervorgebracht werden kann,
entapricht der Weiaheit und Vollkommenheit Gottes. Der Deis-
mna nnn argvmentiert: Gott kann aioh offenbaren, aber ea
wideiapriebt aeiner Weiaheit und Vollkommenheit, die Schöpfaog
in einer Weise hersnstellen, dafa aie der naehbessemden Hand
bedarf. (Hetlinger, Fundaroentalth. S. 137 ff.) In dieser Anf-
faaanng genügt die bchupluag sich selbst; insbesondere Hind
die verouatugen Wesen im stände, aus sich selbst im £rkenoeD
» Vgl. Bd. V. 8. Heft S. 2ö7 ff.
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412 • Möglichkeit der Oifeubaruog.
und geistigen Leben überhaupt dat^ Höchste zu erreichen.
Dieser Standpunkt zeigt indes alsbald seine innere Inkoa-
Sequenz und ünbaltbarlcelt BeoD eine siob selbst gsBttgmde,
in ihrer Entwicklung und Zweokbestimmiiiig absolut nnabhiagige
Welt kann auch den Grund ihres Daseins und ihrer wesentlichen
SinriehtoDg nicht aufser siob haben. Mit andern Worten: Oer
Optimisrnns der detsttschen Weltanschauung drängt zur panthei-
stischen Annahme, dafs ijoti die Dinge uichi geschafTen habe,
sondern aus sich entfalte, mit seinem Wesen in sie eingebe
und in ihr aufgehe, oder was dasselbe ist, dafs »lie Welt selbst
göttlich und die Aunahme eines über weltlichen Gottes zu ihrer
wissenschaftlicheuErklärung und Begründung nicht erforderlich sei.
Im Übergang dieser pantheistisohen Wendung der dei-
stisoben Weltanschauung steht das Eantsobe System. Kaat
betrachtet die sinnliche Welt als im Dienste einer absoluten
intelligiblen Welt stehend, welcher durch das seiner Veraaaft
innewohnende sittliche Streben — den kategorischen ImperatiT
— der menschliche Geist angehört. Durch Jas natürliche
Sittengesetz ist der Geist mit einer über«inuiichen Weh ver-
knüpft, aber auch nur durch das Sittengesetz: denn d:e An-
nahme eines persönlichen Gottes ist nur als eine Forderung
und innerhalb der Schranken des natürlichen Sittengesetaes
zulässig, und die Keligion hat deshalb eine Berecht^ung nur
,,innerhalb der Grensen der VemnnfL" Sollte daher auch ein
höchstes Wesen (nicht als Grund des Sittengesetns» da die
Vernunft selbst gesetzgeberisch ist, sondern als dessen Wächter
und Vollstrecker) existieren, so würde nach Kantsoher Ansicht
eine Oftenbarung desselben an den Menschengeist doch etwas
Unmögliches sein, wcnigHtens von Seiten des Menschen, der
dafür schlechterdings kein Organ besitzt, es sei denn eben den
kategorischen Imperativ, durch den allein der Geist sich über
die Sinnlichkeit erhebt, der aber rein formal ist und daher
keineriei objekttvinbaltliche Erkenntnis gewührt oder Ter-
mittelt, welch' letalere Yielmehr anssebliefslieb aus sinnlicher
Erfohrnng geschöpft wird.
Die in diesem System behauptete Absolntheit der VerDunft^
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Möglichkeit der Offeuimruüg. 413
ordnang and Autonomie des meoaohlicken Geistes konnte nur,
wie die aof Kant folgende Bntwioklnng des philosopiiiaohen
Gedankens seigt, in einer pantkeistischen Weltansekannng ihren
AbscklnCs finden.
Wir stehen jetet vor der Frage, ob Yom pantbetstiscben
iStaudpunkt diu Muglicbkeit einer positiven golUicheü UÜeu-
bü.iuug in dem erklärten Sinoe einer Mittailiing' von Wahr-
heiten an den menschlichen Geist angenommen werden könne.
Ks BcheiDt sieb mit dieser Frage in ähnlicher, aber entgegen-
gesetzter Weise an verhalten, wie mit der nach der Möglichkeit
der Oifenbarang vom Standpunkt der Annakme oder des Glanbens
an einen persönlichen Gott Wie aimliok der entsohiedenen
Bqjabnag in jenem Falle der Deismus entgegentrat» so soheint
im gsgeifwärtigen Falle der entschiedenen Verneinung ein System
sieh hinderlich in den Weg sn stellen, dss seinem Wesen nach
pautheibÜHch ist, nämlich die TbeoBophie.
Um den richtigen Standpunkt Hir die Beantwortung der
Frage zu tiudeu, werd<Mi wir den Kegritt" der Offenbarung
und die Terschiedenen isaatei^ungen derselben ins Auge lassen
müssen.
Offenbarung kann im allgemeinen als Üitteilung von Wahr-
heiten bestimmt werden. Die mitgeteilton Wahrheiton können
notwendige und sufiUlige oder geschiohtlieke, d. i. Thatsachen
sein. In beiden Fällen ist die Mitteilung eine ,jideelle'S d. k.
Wahrfaeitsmittetlnng; denn auch die Tbatsaohen werden in Form
von Sätzen, Wahrheiten dem Geiste mitgeteilt. Allcidiogs
können ThatBachen auch in einem andern Sinne, nämlich als
solche, integrierende Teile der Offenbarung bilden ; aber auch
in diesem Falle werden Hie zu Offenbarungen erst durch
das kinsukommcnde Wort, gleichsam die ideelle Fassung der
Thatoaohe, wie dies selbst von der erhabensten Thatsache der
nbematilrliehen OlÜBnbarnag, der Menschwerdung, gilt Her
ansseichnende Charakter der Offenbarung ist demnach ideelle
Wahrheitsmitteihing, und es liegt eine völlige Verkennung des
Offenbarungsbegriffs vor, wenn Günther die ideelle Seite der
Offenbaro^ leugnet und diese gerade und ausschUefslich in den
414
er»t durch menschliche Geistebthätigkeit io ideellen firkenntiii«-
^balt umzaaetzenden ThaUachen iioden will.
Anden Terbält es sich mit der ScböpftiDg, die man wobt
aooh ab eine göttliche Offenbarung beaeicbnet und in einea
gewiesen, jedoch nneigentlichen Sinne beieiohnen kann. In der
Schöpfung sind ee Thatsachen, die erat durch den denkenden,
betrachtenden Geist in (formelle) Wahrheiten, in Brkenntnisie
umgesetzt werden müssen. Nach der Lehre des hl. ThomiM
besteiiL libbliulb das Wesen der ,,l*rophetie" nicht in den ücuud
Speeles, d. i. in den hiiiDlichen Wahrnehmungen oder den Vor-
steilungen der EmbiidungHkraft, Bondern in der Erhöbung und
VervoUkommnuog der Urteilskraft. Prophet — Organ der
Offenbarung — ist nicht Belsazar, der die schreibende üand
gewahrt, sondern Daniel, der die Schrift an erklären weif«,
nicht Pharao, der Ton bedeutungsToUen Bindern und ihres
traunnt» sondern Joseph, der die TrKume an deuten YersCeht
„Die prophetische Erkenntnis gehört, wie Augustin sagt, vorsegs-
wetse dem Geiste an. In der Brkenntnis des menschlidiett
Gei»Lü8 aber kommen zwei Dinge in Betracht, nämlich die Auf-
nahme oder V'ergegenwärtigung der Dinge und das Urteil über
das Vergegenwärtigte. Wenn dem menschlichen üeibta irgend-
welche Gegenstände durch steilTortretende Species und nach
der natürlichen Ordnung vergegenwärtigt werden, so musasi
die Speeles auerst dem Sinne, in aweiter Linie der Binbildnogs*
kraft, in dritter dem möglichen Verstand, der infolge der Bs'
lenohtung durch den wirkenden Verstand Ton den Speciss dsr
Phtntasiebilder (a spedebus phantasmatum) umgeataltet wird,
vergegenwärtigt werden. In der EinbildungHkraft aber fiodea
sich nicht nur die Forniin lier binnliehen Daigc!, wie sie vom
Sinne aufgenommen werden, sondern sie sind darin auf mauoig-
faltige Weise umgebildet, sei es infolge körperlicher Verände-
rungen wie bei Träumenden und Wabosionigen oder infolge
der einwirkenden und die l^haotasmen aum Rehufe des Denkens
ordnenden Vernunft; denn ans der mannigfhltigen Kombioatioa
der Phantasiebilder entstehen verschiedene Verstandesspecies
wie sich die Torsohiedeaen Buchstaben au ▼erschiedenen bedent*
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415
«amen Worten und BegriffHforraen verbinden. Das Urteil des
menschlichpn Geistes aber gehört dem Lichte des Verßtaiides
an. Die Gabt; dur Prophotie nun erhöht m dieser zweifachen
Kücksicht die Vermög^en des menschlichen Geistes, Koturo er
urteilt nnd Vorstellungen aufnimmt. Kur in der letzteren Be-
siebuog kann der meDscblicbe Unterricht mit der Propbetie
verglioben werden; denn jener vermtg den Schüler niobt inner-
lieh WBL erleaohten, sondern nur dnrch Snfsere Zeichen Vor-
etellnDgen sa Termitteln. — Von dieeen beiden ist dns erste
(das Urteil) in der Propbetie da« Vors'dgHobere; denn dae Urteil
voilüudcL die Erkenntnis. Geschieht daher jeicandem von
Seiten Gottes eine Vergegenwärtigung von Dingen dnrch
PhaQlasiebilder, wie dem Pharao nnd Nabuchodonnsor, odi-r
dnrch körperlicbe Bilder, wie Baltbassar, so ist ein solcher nicht
als Prophet anzusehen, wenn nicht sein Geist zum Urteil er-
lenebtet wird, Bondem eine eolobe Ereobeinung ist in der
Oattnng des Prophetieeben etwas UnTollkommenee. . . Dagegen
wfire einer Prophet, wenn anch nur nein Verstand znm Ur^
teilen über solches erlencbtet würde, was anderen in der Weise
der Vorstellung ersehienen ist, wie Ton Joseph erhellt, der die
Träumf Pharaos auslegte. Jedoch ist, wie Augustin sagt, der-
jcnigo am meisten Prophet, der in beiderlei Hinsicht hervorragt,
nämlich so, dafs er im Geiste die bedeutsamen Bilder körper-
licher Dinge sieht und sie mit durchdringendem Geistesblicke
▼ersteht. £s werden aber von Seiten Gottes im Geiste sn-
weilen mittels der Sinne von anfsen sinnenfallige Formen Tor-
gestellty wie Daniel die Schrift an der Wand sah, cnweilen
auch dnrob Formen der Einbildungskraft, seien sie nun von
Gott selbst eingeprägt oder swar aus den Sinnen stammend
aber von Gott geordnet, wie Jeremias vom Norden her einen
siedenden Kessel sah, oder auch dadurch, dals dtui Verstände
selbst jutelligible Species einereprägt werden, wie Salomon und
den Apoätclo. Das luteliigible Licht aber wird zuweilen dem
menschlichen Geiste von Gott eingeprägt^ um zu beurteilen,
was TOn anderen gesehen wurde, wie von Joseph gesagt wird
und von den ApoBteln erbellt, denen Christus das Verständnis
Jabrbaeb fSr PlUlotophl« ele. Vf. t7
416 Möglichkeit der Offenbanuif.
der SehriAeii eröffnete, oder aodi rar Bearteüoog deeeen, wm
naob dem DatfirlieheD Laofe der Dioge der Menaeh erkeasl«
oder vm richtig ra benrleilen, was ra timn ist 80 erhelll,
dafa die prophetische OffeDbarung saweilen durch blofae Bin-
flöffliing des Lichtes, zuweilen aber durch neueingepräg-te oder
aüdere geordnete iSpecies gescliieht." (2. 2. qu. 173 aru 1).
lu ähnlicher Weise aufsert sich der englische Lehrer au
einem anderen Orte: „Die Piuiihi tie i«t ein gewisses über-
natürlicheB Erkenuen. Zur Erkenntnis aber werden zwei Oioge
erfordert, nämlich die Aatiiabme des Erkannten und das Urleil
über das Aufgenommene. Zaweilen also ist die Erkenntnit
nur nach der Aofnahme, aoweüen nnr nach dem Urteile^ ta-
weilen nach beiden sogleich flbernaturlich. Ist nor die Auf-
nahme eine ttbematttrÜche, so wird hiemach nooh niemand als
Prophet beseiohnet» wie Pharao deshalb nicht Prophet an nennen
ist, weil er das Zeichen der aakfloftigen Pmchtbarkeit nnd
Unfruchtbarkeit unter den Gestalten von Rindern und Ähren
erkannte. Wenn aber jemand das übernatürliche Urteil oder
dieses und die übernatürliche Aulnahme zugleich besitzt, m
wird er mit K(;cht Pro|i}if i ^maunl. Eine übernatürliche Aufnahme
kann aber nur durch drei Arten von (xesichten geschehen,
durch körperliche Ansobaaung . . , durch Anschauung im
Vorstellungsvermögen, wie des kochenden Kessels de^ Jeremiasi
der Pterde und Berge des Zacharias, nnd durch intellektueUc
Anachanoag, wenn dem Veratand Dinge, welche die natürliche
Kraft übersteigen, geaeigt werden* . . . Der Intellekt nimmt
aber nnr dann auf Ubernatttrliche Weise anf, wenn er die rein
geistigen Bnbstanaen wesenbaft sobant . . Unter den genannteo
Weisen iibematttrlicher Aufnahme übersteigt die letztere das
Mafs der Prophetie. . . Die erste Art überiiaiiuliclier Auinaimiu
aber nach der körperlichen IScuauung liegt unterhalb der prophe-
tischen Aufnahme. Die der rrophetia eigenthümliclie Art über-
natürlicher Aufnahme ist demnach die Fhantaaieaoschauuog.
üo hat also jeder Prophet entweder nur ein übernatttrltohe»
Urteil Yon dem, was von andern gesehen wird . . . oder er
hat augleich mit dem Urteil eine übernatttrliche Aufnahme
417
durch Phantasiegesiobto — yisiones imaginartae. Zorn Zweoko
des ttbernatörHchen Urteils wird eine Stärkung des Intellektn,
niciil aber die liildung einer neuen Öpecies erlordert, dagegen
7.nv Autuuhmo der Phantaaieanschauung-, sei es nun, daln iruher
nicht vorhandene Sp* ciOh emgopnifTt wurden, odnr dal» vorher
vorhandene von seilen Gottes so geordnet und zusammengesetzt
werden, wie es der Bedeutung der Dinge entspricht, die dem
Propheten gezeigt werden soUen/' Uuaosl» DUp. De Verit. qtt.
XII art 7.
Diese AuiFassuiig des prophetischen Lichtee» das mit dem
Glanbeaslichte verwandt ist and wie dieses swar in innerer
Besehnng sieht sum Lichte der jenseitigen Anschannng (Inmen
gloriae), aber doch sich wesentlich nod nicht bleib gradnell
davon notereoheidet, lehrt uns die Weise der Offenbarung in
iuhaltlicher IJeziehuug vertslehcu. JJciin auch die im streugei»
Sinne überuatiii liehen Wahrheiten sind iu natürlichen aber von
seilen Gottes ceordneteu Vorötellungon oder Speciee gegeben,
die im Lichte der Prophetie zu Erkenntnissen werden und
Wahrheiten auBdrücken, deren Erfassung das natürliche Vernunft-
Termögen ttbersteigt.
Ans dem Gesagten ergibt sieh die aunäehstliegende Ein»
teilnng der Offenbaning in die natürliche und ttbernalürliche,
die OffeDbamng dnrch die Schöpfung und die Offenbarung dnroh
ideelle Wahrheitsmitteilnng, von denen die ersten, wie bemerkt
wurde, nur im aneigentliohen Sinne als Offenbarung beseichnet
werden kann. In den angeHlhrten Texten unterscheidet der
hl, Thomas die unmittelbare Anschauuntr und WesonserkcnntniB
der rein geistigen Wesen, insbc^-ojnUre die ErkeuuLius des
\ineu(ilich reinen geistigen Wesens Gottes selbbl und die auf
Abstraktion von mehr oder minder in die Materie versenkten
oder mit ihr verbundenen Objekten beruhende und daraus
gewonnene Erkenntnis. Zwischen beiden iu der Mitte steht
die prophetische Erkenntnis als eine solche, die stofTiich zwar
in Wahrnehmungen und VorsteUangen, dem formellen Inhalt
nach aber in Wahrheiten besteht^ die unmittelbar einem höheren
Lichte entsprungen und daher auch nur in einem höheren Lichte
418 MdgHebkfit der OffeniMniiig.
erkennbftr tind. Damelbe gilt von der G-Ianbenwrkmintiiis.
Siti enthält Wahrheiteu, diü aus einem höheren LichUi etammen,
aber in die Gestalt menschlicher VorstelluDgeü und Hegriffe
g-ekleidel sind. Die Glaubooserkonntnis Btoht daher zur gött-
licheD W eeeQB8chauaD§^ in inDercr BeziebuDg; iat aber selbst
noch nicht Schauang des göttlichen Wesens, wiewohl sie idaella
Aofsohliiase ttber das gottliobe Wesen io rationaler, d. b. Tom
Sionlioben, abgesogener Form enthält, welobe die Wahrheit
ebenso sehr Ter bullt, wie sie dieselbe andererseits enthfiUt
(Hettinger, a. a. 0. 8. 133).
Hiermit ist zugleich das Wesen der überoatürlidben Offen-
barung; .Hüwühl iiü Unterschiode von der natürlichen Offenbarong
als auch von der zukunliigeo beseligenden Anschauung gekenn-
aeiobnet.
Diesen Erklärungen und Einteilungen gemäTs können wir
nun die Frage nach der Möglichkeit einer ttbernatäriicben
Offenbarong in konkreterer Weise dahin beantworten, dafii ver-
Bchieden von der natürlichen nnd über aie erhaben eine idsells
Ordnung nnd Offenbamngaweise möglich ist, die darin besteht,
dab Gott nach seinem Wesen, seiner Besobaffenheit nnd seinen
verborgenen Ratsoblüssen dem geschaffenen Geiste unmittelbar
durcii Mitteilung von Wahrheiten — also in ideeller Form
sich manif^'Rtiprt.
Wemlen wir uns uunmohr zu der Frage zurück, ob auf
paotheistiftohem Standpunkt eine iibernatürUche göttliche Olfeo-
bamng angenommen werden könne, so scheint, wie bemerkt
wurde, die Theoaophie die Möglichkeit einer solchen ein*
raomen au können. Wir werden una awar sunaohst darnbsr
au rechtfertigen haben, dafs wir den theosophiseben Standpunkt
als einen pantheistischen bezeichnen. Wir Terstehen unter
Theosophie (nach ihrer metaphysischen Seite) die Annahme der
wesenhatleo immaneoz Gottes in den Dingen und dem endlichen
Geiste verbunden mit persönlicher Transcendenz. In dieser
Erklärung liegt bereits die Rechtfertigung der Bezeichuung der
Theosophie als einer Abart des Pantheismus. Die Vertretsr dss
iheosophtschen Standpunkts, wie a. B. Frans Baader, Krause ge*
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Möglichkeit der Offenbarung.
419
Btehea dies ia der HanpiMohe an, wean eie, wie der lelatore
tbaty aa die Stelle des Ansdrackes: Paatheismas den anderen:
PaaeatheifliBttS seben.
Die paatheistisohe Formel namlioh lavtet: 6oU ist in den
Dingen. Die panentheistisohe: die Dinge sind in Gott Man
bemerke, dafö es sich hier nicht um die Allg'e^enwart Gottes
handelt, dio anch der Thcist auf das eiiUchiedeuate lesthält.
Auch der Thcist sagt: Gott ist iu den Dingen und die
iJinge »ind iu Gott. Aber in beioem Munde liaben diese
Worte einen völlig verschiedenea Sinn. GoU ist in den Dingen
als ihre nomittelbare schöpferische Seinsquelle, nicht aber als
der stoffliche and formale Grund ihres Seins. Dio Dinge sind
in Gott^ niebt wie der Körper im Orte, oder das Aooidens in
der Snbstaas, soadem wie die Wirkang in der sie ttberrageaden
and beherrsehenden TTrsaohe^ von der sie naok allea Rieb-
taogen, in allea Beaiebangen abhängig ist. ,|ln ibm bewegen
wir nns, leben wir nnd sind wir." Dagegen sind naob tbeoso-
phischor Aoflassang die Dinge in Gott^ als accidentelle Be-
stimmnng'en seines ^cins.^ Gott geht mit seinem Wesen in
die Ding^o ein, wenn auch nicht in ihnen auf, er überragt sie
aiH persuniicher, iiberwcitlicher GeiHt, daher ist nicht nur Gott
in den Dingen, sondern die Dinge in Gott.
Kann diese ThcoBopbie, dieser Panentheismus, dieses System,
das Immanens and Transoendenz mit einander verbindet nad,
wie man aas bentsatage vielfach versichert, die Interessen der
fortgescbritteaen Wissenscbaft mit denen des religiösen Bedttrf-
Bisses versöhnt, eine übernatttritche Offenbaraag als möglich
anerkennen? Dem ersten Anschein nach allerdings. Denn
kommt dem „AUwesen" eine überragende Persönlichkeit sn, so
ist, wie es scheint, ein Verkehr von Person zu Person, ein
' Kuba formuliert iu seiner Schrift: Juko6i u. d. ¥hü. bHioer Zeit
S. 14, die Frage nach der Unsterblichkeit und persönlichen Fortdauer
des msasehiicken Gdstsi also: „ob und hiwiefcm die dem frmn Prineip
im Hsnsehen adbirierende Kigenschsft der Persönlichkeit ein not»
wendiges und selbstindiges Aceidens des obersten Piindps der Qber8lnn>
Heben Welt sei.**
^ kj .1^ uy Google
420
persönliches VerhSltnis «wisoben dem göttHchen und dem end-
liohen Geiste mög'liob. Ans diesem Verhältnis enteprmg't, in
ihm besteht nach thcosophiacher Ansicht die Religion. — Wir
haben hier nicht zu uuterenchen. ob die Theosophie, vom logischen
und metuphysischen Gesichtspunkt betrachtet, ein baltbare»
System nei. Über unsere Meinung in dieser Frage kann kein
Zweifel bestehen. Die Theosophie nimmt swisohen Theismus
und Pantheismus eine Töllig unhaUbare Mitte ein und hebt sich
dnrch innere Widenprftehe selbst auf. Binsig die Frage ist
gegenwärtig an beantworten, ob die Theosophie eise übemattr-
liehe Offenbarung kenne. Im theosophischen System gibt es
und kann es keine fibernatürliche Offenbamng geben. In ihm
ist der üntersolüed den !NaLüj liehen und L beiiiaLurÜchen aufge-
hoben. Diüucr ünteröchiod bestimmt »ich uns mit dem eng-
lischen Lehrer dahin. dali< die natürliche Offenbaning durch
die sinnlich gegebene vom Geiste erst ins Ideale umzusetzende
Thatsacbe, die übernatürliche aber durch das Wort, in unmittel-
bar idealer Form geschehe. Diesen Unterschied kennt die
Theosophie nicht. Das Oöttliohe kann sich nach theoaophiseher
Annahme nicht anders als in idealer Form dem Geiste offen-
baren; denn da nach dieser Auifasauog Gott selbst mit seinem
idealen und geistigen Wesen in Natnr nnd Menschengeist
Hiiiiiaueut ist, 80 folgt, dal's auch Natur und Materie ihrem
wahren Wesen nach geifttig, uicale Potenzen oder die
erscheinenden j,'üttUchcn Ideen selbHt sind, Aul' diesem Stand-
punkt ist demnach schou die natürliche Offenbarung in der
Schöpfung eine ideale, Offenbarung durch das Wort, durch den
göttlichen Logos in nnmittelbarer, nicht dnrch die Thatsaohe
einer materiellen Welt ▼ermittelten Weiae. Dem menechlidien
Geiste strömt die Wahrheit in der ihr angemeesenen idealen
Form nnmittelbar au. Jeder Gedanke, der in ihm anflenchtet,
entspringt ans einer einzigen, unmittelbar göttlichen Qaelle —
dum lunersiteu Wesen der Vernunft.
Unsere Behauptung von der Unvereinbarkeit einer über-
natürlichen güttlichcü Uiteoftaiuug mit der Theosophie wird
durch Zengnisse der Vortreter dieses Standpunktes bestätigt.
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Möglichkeit der Offcntiarung.
"Wir wollen ans nicht aaf Schleierinacber berufen, dem der
Gedanke der mit Freiheit schaffenden Gottheit ein schönes
8 jmbol Too dem ist, was der Uensoh sein toll und der an ihre
Stelle das Eine Weltganae setst Denn man wird dem „phi-
loeophiscbesten" unter den Theologen kaum den theobophiachen
Standpunkt »igesCehen. Wie dem indes auch sei, in jedem
Falle kcDDt er keine andere Offenbarung Gottes, d. i. (in seinem
Sinnfi) (los einen immanenten Weltgrundes als die Offenbarung
in der Natur und vor nüom im Menschengeiste solbbt. Um
aber doch dem theologischen Sprachgebrauch, der die Offen
bamng der Natar entgegensetzt, einigermafscn gerecht au
werden, erklärt er als eine solohe jede arsprünglicbe und neue
Mitteilung des Weltalls nnd seines innersten Lebens an den
Menschen, oder om sieb der Vorstellnng eines positiv geschichtr
lieben Bingreifens der Gottheit noch mehr ansnn&hem, nennt er
OfTenbaning die grofsen Gesohiohtsthatsachen, die der Entstehung
ganzer Religionsgomuinschatten zu Grunde liegen (Hetlinger
a. a. 0. S. 137). Es luuclitet jedoch sofort ein, dafs in dieser
Auttkbsung die ursprünglichen und neuen Mitteilun^^en sowir
die grol'sen Geschieh tstluitsachen demselben immanenten gui-.Ligcu
Fond der Menschheit wie das religiöse Loben überhaupt
entspringen. Der Unterschied liegt nnr darin, dafs in jenen
Offenbamngeu die geistige Kraft an neuen genialen Schöpfungen
sieh konzentriert.
Unaweideutig lautet das Zeugnis eines neueren Antors»
der zweifellos den Standpunkt der Verbindung von Immanenz
nnd Transcendenz einnimmt oder, um uns eine» Gunther'Hchen
Ausdrucks üu bediiiuen, einen Persönliehknilspantheismus lehrt.
l)ie bleibende Wahrheit ist nach 0. Piii idci er in den Offen-
barungen 1er Propheten nur „die im Geschichtlichen entbaltene
und durch das Geschichtliche ins Licht des Bewufstseins er-
hobene ewige Idee selbst. „Die Offenbarung, auch die in
Christus, ist nichts anderes als ein geschichtlicher Procefs, in
welchem die dem menschlichen Geiste als dem ,yTeilgaoaen"
aus dem göttlichen Allleben austromende Xdeenfdlle sich expli-
eiert" (Bei Gutberiet, Lehrb. der Apolog. Bd. II, 8. 3 f.)
4:22 Möglichkeit der Otteobamug.
Dem FantheismaSy anoh dem theoaophiachen, ist demnach
der Begriff eioer übernatiirHohen Offenbanuig, io welohem der
göttliche Geist in einen pereönlieben Verkehr mil dem Kenioheii
tritt und ihm unmittelbar Ideen mitteilt, einflolkti fremd« ifBe
ist der grttndUchate Irrtam, sa meinen, Ideen, ÜberBeugungeo
könntea dem Menschen jemals ohne seia eigenes Zathun za-
kommen, sei es nun als anji^ehorene Ausstattung oder auch durch
momeutüne Eingiefsung o Itr Einblasung oder dergleicheu aufscrc
Veranstaltung, und wäre sie noch so wunderbar.'' ( Derselbe a. a. 0.>
Dieser theoeophische Pantheismus schhelafc sonach selbst
jene Art von übernatürlicher Offenbarong aas seinem Ideen*
kreise aus, welche die Theologen als eine der Art und
Weise nach übematürliebe von der dem Wesen und der
8 übst ans nach übernatttrltohen unterscheiden. Den Gegen*
stand der OflTeDbarong nfimltoh können nicht blofs Wahrheiten
bilden, die über die Fassungskratt der menschlichen Vernunft
und selbst jeder geschafifenen Intelligenz hinausliegen, M);idern
auch solche, die zwar den Bildungsgrad gewisser Perioden in
der geschichtlichen Entwicklung der Menschheit oder die
Fassungskraft einzelner, nicht aber das Vermögen der Vernunft
an und für sich und schlechthin übersteigen. Indem aber die
Theosophie selbst den Begriff einer dem Wesen nach natiir-
liehen, der Art und Weise nach übernatürlichen Offenbarung
verwirft, beweist sie nur, dalb es ihr mit der Persönlichkeit
Gottes nicht ernst ist oder wenigstens, dafs es nicht gelingt,
den Gedanken einer übergreifenden Persönlichkeit eines imma-
nenten Weilern ml OS te,sl/.uli;dluü und konsequent durchzufiibreD.
A'och ist die Auliassung der Offenbarung als einer Er-
ziehung des Menschengeschlechtes zu berühren. Der Begriff
der Erziehung iiir die göttlichen Heilszweoke iat der göttlichen
Offenbarung selbst vollkommen vertraut Der Apostel Paulus
erklärt, das Gesetc als einen xocdn/co/os $iq XqiCvqv (6al.
3, 24). Hier erscheint jedoch die Eraiehung als ein Mittel
und Moment der Offenbarung. Dagegen geht die Offenbarung
in diesem Begriffe nicht auf. Behält man die Analogie der
menschlicheu Erziehung iui Auge, so erhebt sich diese Aul«
Mdglichkeit der OffeDbtniiig.
423
fftseang^ der Offenbaniiig nicht ttber den Begriff des Obernatlkr-
liehen der Art und Weise nach. Denn die Erzieliuug euLtliUet
vorhandiiiiß Anlaj^en und Keime, ohne als solche ^dieselben zu
geben. ijiese AuiVats^ung' aber erheischt i^^lcichwohl die i.nU-
Bohiedeoo Geltendmachung der Persönlichkeit (iottes; denn der
Srsieher wirkt durch sein persÖDliobee Ansehen auf den Zög-
ling ein. Ans diesem Grande Termoohten weder der Tolgäre
— detstische — noch der spekulative — pantheistisohe —
Bationalismns selbst nur den Sniehnngsbegriff rein festsnhalten,
sondern sanken in der Brklfimng der OiFenbamng unter den-
selben herab. Der Inhalt der Offenhanrng gestaltete sich so
Htatt zu einer Anlicipaüüii einer göttlichen Erziehungsmethode
vielmehr zu einer Art von trüber Intuition oder Vorahnung
religiÖHf 1 !e^^t(^r (iemüter, die der rt^Jlcktierenden Urteilskraft
voruueilen und zu ihr teilweise sich inkoiniounitorabel verhalten,
in diesem (eaoterisoheo) Sinne sind wob! die Aussprüche
Fichtes und Lessings au ▼erstehen, (Bei Uettinger a. a. 0.
£3. 149).
Sacht man den BegrilF der Eraiefaung durch die Be-
tonung des Prädikats göttlich au Tertiefen, so führt man ihn
über sich selbst hinans und hebt ihn damit auf; denn eine gött-
liche Erziehung, die den Zögling über seine Natur erhebt, ist
mehr als Erziehung, und als Üffenliatimg betrachtet nicht mehr
eine solche, die nur Vernunftwahrlieiten anticipiort, souderü den
erhöhten Geistes vermögen einen wesentlich höheren Gesichts-
kreis eröffnet.
Unsere Aufmerksamkeit haben wir, nachdem wir zwischen
natiirlicher und ttbematärlicher Offenbarung und swischen Hber-
natürlicher Offenbarung der Form nach und ttbematttrlicher
Offenbarung dem Wesen oder der Substana nach nnterschieden
haben, dem Begriffe der letzteren ansnweoden. Denn die
christliche Oti'enbarung, die tür uns vor alUm in Betracht
kommt, stellt sich als eine solche dar, nämlich als eine über-
natürliche der Substanz nach, und erhebt den Annpruch, die
geheimnisvolle verborg^f ne Weisheit Gottes, die keiner von den
Fürsten dieser Welt erkannt hat, au lehren (1 Kor. $, 7. 1$.
424
Loqnimar Dei SapienUam in mysterio qoae abtoondite e«( • . .
quam nemo principom hiyvs saeoali oogooaoit); das Gahaia-
ois, daa kein Auge gesehen, kein Ohr gehört, in keinea Mu-
eohen Hera gekommen nnd das nar der aelbst die Tiefea der
Gottheit erforschende Geifit Gottes offenhart (L. c. 0. 10.), der
Geist des Wortes, das aus» dem Schofse Gottes geborea ist,
aus dem Schoofso Gottes, den noch niemand «gesehen aofser
(iüin cinfrohornm SuIitu'. der allein au?? der Fülle der geschauten
Wahrheit andern mitzuteilen vermag. (1 Joh. 1, 18).
Von dieser, dem Wesen nach nbernatörlichen Offeaharuog
^tlt, was Yoa anderer Seite hervorirrlioben worden ist, namlidi,
dafe wir Uher die Möglichkeit der Offenharung nnr dnioh
die Thateaohe belehrt werden, „Allerdings ist die Idee dsr
Offenbarung, bemerkt Uettiager (a. a. 0. 8. 131), annfiohst ani
der Idee der Religion im Znsammenhalt mit Br&hrung nnd
Geschichte entsprungen. Aber nur sehr dürftig, dnnkel and
unvoUkommen würde sie in uns sich entwickelt haben, waqs
wir nicht an der Wirklichkeit diij-elben ein JMaft» tut
liUbere Beirrifte hätten." (Lehrb. n. 8. \v. S. 131).
Otieubarung in dieaem Sinne r-nthiiit (lehciranisfe und iöi
selbst Geheimnis. Was von der AiügUchkeit der Geheimnisse
im allgemeinen zu sagen ist, dufs wir sie awar gegen dsa
Vorwurf der Unmöglichkeit oder des Widerspruchs gegen die
Vernunft oder in sich selbst verteidigen, nicht aber ihre inneie
Möglichkeit positiv beweisen können, daaaelbe mufii von der
Offenbarang in dem apecifisch christlichen Sinne der Selbit-
mitteilnog göttlicher Wahrheit nnd göttlichen Lebens gessgt
werden; ihre innere Möglichkeit steht darch die Thatsaohe
fest, wie die Wahrheit der Geheimnisse, die ihren Inhalt
bilden, durch da» Zeuti^nis des otienbarenden Gottes. Dieselbe
innere Miigliciikeit der Oflenbarunj; kann aber ebensowenig
aus Verauultgründün positiv dargelegt werden, als die innere
Möglichkeit z, B. der (ichcimnissn der Trinit;iL und der Mensch-
werdung. Ebensowenig aber kann ihre Unmöglichkeit bewiesen,
vielmehr können die vom Standpunkt der Vcrnunll vorgebrachtes
Gri^nde als Scheingriinde enthüllt und aor'ücicgewieaen werden.
^ kj i^uo uy Google
425
Die ihrer Sobetans naoh übernatürliche Offen barnn^
tat ingteieh anoh fibemalürliehe Lebenaordnung und Lebana-
mitteüuDg, naeh dem Antaproche des Apostels Fetrns bestehend
In der Teilnahme am göttlichen Leben, in dem consortiam
divinae nuturae, und sie int dies oben aU wesentlich libornatür-
liche Oft© n ba rn n ; denn das höchsto Leben des Geistes ist
Erkenntnis, Wos^üiibanschauung' Gottes: Hacr est vita aeterna,
nt cogno!«cant te nolnm Denm verum et quem misisti Jeaam
Christum. Job. 17, 3. Eine derartige Erhebang des ge-
achaffenen Ueiates zur Teilnahme am intellektuellen Leben
Gottea kann unmöglich durch irgend eine Entwicklung und
Anabildung der natärlichen Kräfte erreicht, durch irgend einen,
sei es auch ToHkommenaten Gebrauch der in ihrem nattlr-
liehen Sein beharrenden Vermögen ToUaogen werden. Auch
nicht die vollkommenste Entwicklung der Natur, die voll"
koromenste Entfaltung der in ihr liegenden Lebf^nekeimo ent-
hielte den Aiilaiig" jenes Lebens, das Goti durch gnadeuvoUe
Verbindung mit dem geschaffenen Gei«te in diesem erweckt.
jNnr in solchem Sinne ist es zu verstehen, wenn die Scholastik
die Empfänglichkeit für das Göttliche und Üebernatiirliche als
eine passive und genauer im Anschlufse aa den heiligen
Augustin als Empfänglichkeit des Gehorsams — potentia
obedientialia beatimmt, und wenn aie den Einflofs Gottes in der
äbemattfrltchen Ordnung der Gnade im Gegenaata zu dem die
Torhandenen VermSgen entfaltenden und anregenden moralischen
aia einen physischen beieichneL Keineswegs aber soll mit
den angeführten Ausdrücken die „Obematnr'' als etwas der
Natur änfserlich Angeheftetes, für sie Gleichgiltigee nnd der
liburnüLurlicho gouluinj KiutlulH als ein der geistigen >tatur
unangemessener pliytukali-^ch raechanischer hingestellt worden,
wie Vorurteil oder MIC^^am i -^t uiil ms hi li;mj>Len müeiiten.
Die Möglichkeit einer aiwo besurnniten OtVenbarung und
Lebensmitteilnng kann, wio gci^agt, nur wieder durch Offen*
barnng erkannt werden, denn Gott allein weifs, was er denen
SU bereiten Termag und au bereiten gewillt ist» die ihn lieben.
Bs ist aber ebenso wahr, dafs der Pantheismus und die Theosophie
426
die Möglichkeit einer ttbernatttrliehen Offenbainng in diesem
Sinne leugnen rnftasen. Denn naoh dienen Systemen pnrtidpiert
der endliche Geist bereits dnreh seine Nntur an gottliehsni
Wesen und göttlichem Lehen. Mag der Pantheismus — und
Ähnliches gilt von der Theosophie — das Verhältois des ,,£ad-
HchcD" zum .»Unendlichen" im reali«Li8cbeu oder idealisliacheii
Sinne aulTasstn, in allen Fällen betrachtet er da« Sein de^
Endliclien al« ideuüsch mit dem •rüttlichon •'^«»in und l-^ugnel
die bchöptung aus nichts, es sei deau dalt» er, an dem Aus-
druck festhaltend, das Nichts im relaÜTen Sinne nimmt und
die Dinge aus einem M^ichts% ans einem dunklen Grunde,
einer passiven Potena, einer „Katur**, Materie, einer Art von
Oentrii^igalkraft» in Gott hervorgehen liUst Auf diesem Stand-
punkt kann offenbar der endliche Geist auf dem Wege stetiger
Entwicklung durch eigene natürliche Kraft oder in kraft der
unmittelbar in setner Katur vorhandenen göttlichen Lehenekeime
die höchste Stufe in der Erkenntnis der Wahrheit und in sitt-
licher Vollkommenheit erreichen. Diese ])anthei8ti8che una
theosophisehe Irrlohre ist es, die das \ .dikanische Konzil ir.
dem höchst pntcis gefalzten Kanon vei urteilt: ..Wenn jemand
behauptet, der Mensch könne zu der Erkenntnis und Vollkommeu-
heit, welche die natüriicbe Uberragt, nicht von seiteo
Gottes erhohen werden, sondern er könne und müsse ans srah
selbst schlieihlich anm Besitze eines jeden Wahren und Guten
in ununterbrochenem Fortschritt gelangen, der sei im Bannet
De BeTolatione, oan. 3. — Erinnert man, der Pantbeiamns
kenne ttberhaupt keine absolute Wahrheit und daher keine höchste
erreiehbare Stufe der Erkenntnis, so ist zu erwidern, daTs die
Annahme der Möglichkeit einer unendlichen Entwicklung durch
natürliche Kraft und unendlicher Annäherung aa cm AbsoluU-^
rait der Lehre, der Mensch bedürfe kejuer iiuüofen Hilfe, um aus
sich das Höchste zu erreichen, gknchbedeuteud »ei.
Oh^li ich es daher den Anschein hat, als ob die Möglich-
keit iouigster Wesens- und Lebensgemeinschaft mit (rott gerade
auf pantheistischem und thcosophischem Boden zur Geltung ge-
lange, weshalb denn manche nicht anstehen, den Pantheisinas
^ kj i^uo uy Google
Möglichkeit der Offenbarung.
das fHimmte aller Systeme sa nenneQ und von dem Patri-
areben der modernen Paatheisten, Spioosa als dem frommen
Barooh sn reden, nnd obgleioh andererseits der Begriff einer
8eliöpfiing ans Niehls swischen dem gStUiolien nnd geaohaffenen
Üwn eine nnttberbriiekbare Klnfb anfsntbnn sobeint; so mnfi>
doob bei lieferer Erwägang zugestanden werden, dafs die
Möglichkeit, oder, sugeu wir besser, dio Nichtunmöglich keil
oder auch die Nichtbeweisbarkcit der Unmöglichkeit einer Teil-
nahme am guttlicheo Leben duvou itbhiui^^t, dafs der endliche
Geist als das Werk der aus Nichts scbaiieodon göttlichen All-
macht anerkannt wird. In das Verhältnis der KindscbafL
Gottes kann der endliche Geist erhoben werden, moht obgleich,
aondern weil er von Natnr, durah die 8ohöpibng ans Nichts
nnr ein Eneeht Gottes Ist.
Oer Paotbeismns nnd die Theosophie erniedrigen den
Menschen, indem sie ihn sn erhöhen scheinen; denn indem sie
die menschliche Natur als einen Wesensansflnüi Gottes be*
trachten, Terendbchen sie Gott selbst nnd stellen einen Gottes-
begriff auf, der den Naturalismun in seinem unmittelbaren üe-
t'olgo hat und den menschliehen Gei»t grundButzlich auf seine
in der Natur liegenden Vermögen und Kräfte beschi uikt
Denn auch die Theosophie, die von einer persönlichen liebe-
vollen Färaorge Gofcte« spricht, gesteht dieser nur zvl und vermag
ihr nichts anders snsngestehen, als daüs sie dem Ei zieher gleich
die in der Natnr gelegenen Keime Torgeblieh göttlichen Lebens
sa einem möglichst ergiebigen Gebrauohe und fruchtbarer An-
wendung ftthre. Obgleich also Tom Standpunkt der Schöpfungs-
theorie aus blofeen Vernunftpnncipien und unabbfiagig von der
Thatsaohe der Offenbarung ein positiver Beweis filr die HögUoh«
keit einer iibernatttrlicben nnmittelbaren Wesen sgtmeinsohaft
Gottes mit dem geschaffenen Geiste nicht erbracht werden
kann, po sind wir doch imstande, die vom paTitlici-iisc h< ii
Standpunkte behauptete oder za folgernde UuiiinLnicIiki it (mtk r
solchen eben durch die Widerlegung des i'antheismus selbst
SU widerlogen.
Ünlengbar yerwandt mit dem theosophischen Standpunkt
^ kj .1^ uy Google
42ö
ist der glanbenspbüosophiaoh« der Tfibieger Sehnle. Der
daroh höbe Bpeknlative und entopreohende aobriftstoUerieeiie
Begabung herrorrageade Begründer derielben, Kuhn, erkULri
ansdrttoklicb die Yoa uns eben In ibren UmriMen gekeoat*
seiobnete Änffassnn^ des nach seinem Wesen Übernatürlicben
als eine äuT^^ei iicho uad gaiäLlose (Kuhn, das Natürliche and
Überniti.t luhe S. 157, Vgl. desselben: Die christl. Lehre ^on
der Gnade 6, X.). uaclidum er sich die, Einwirkung de« gött-
iicheu Geistes auf den geächaifenon nur als eine moralische,
niobt als eine physische in dem angegebenen Sinne zu denken
Yennag. Er bezieht daher die Worte des Apostels Petrus von
dem conaortinm natarae divinae anf die durch die Offenbanmg
in nna eraeugto pneamaü^che Geeinnang (Kath. Dogoiai. Bd. I.
S. 30) and betrachtet folglich auch *den Glauben schon, wiefern er
ein freiwilliges, d. h. „ans der gaasen Persönliehkeit des Mensehen,
insbesondere ans seinem sittlichen Bewnfiitsein nnd Gewissen
entspringendes Fürwahrhalten'', und weder ein anf der JBr-
iuhrung dessen, was wir sohcu und besitzeu, uocli aLit' Verstandes-
Schlüssen beruhendes WiSöcn i^t, also jonen Glauben, der .sonst
von Kuhn selbst V^ernunftglaube g«!nannt wird, als einen bu-
Hcligenden (Üogm. 1 S. 625), was nur unter der Vorauftset£ung
zutreffen würde, dafs das thatsächliche Endziel des Menschen,
die Anschauung Gottes und innigste Hatur« nnd Lebensgemein-
schaft mit Gott die natürliche Bestimmung des Menschen bilde.
Denn obgleich derselbe Theologe — wenigstens in einer
spateren Periode — das sweifache Endtiel — das natürliche
und fibernatürliche nntencheidet, so geschieht dies doch nnr
in dem Sinne, dalb ein- nnd dasselbe Ziel, die sittliche VerYoll-
kommnang, in Yereohiedenen Graden nnd mit ▼erschiedenen
Mitteln angestrebt und erreicliL werden könne. Der reinere
Gottesbegriff und die volikotnuKuiüren Motive z. H., die das
Obrietenturn dem sittlichen JStreben darbietet, sind geeignet, den
Geist auf eine höhere blute inlellektuelior und moralischer
Vollkommenheit zu erheben, uU es aufserbalb des Christen-
tums und ohne seinen sittlich befreienden Einflufs möglich ist.
Das christliche Geistesleben ist demnach in dieser Aaft'assong
MögUcUrak der OfTenbAnng. 429
mn ItesiehnogsweiBe Obernatürliolies. Die hÜShm Stufe aber
Betait die niedere, das UbematürKohe Endziel das aatürliehe
voraus, «o dafa also selbst in der gogeinvai Ligen Weltordnung"
das natnrlichn Eorlziel ohne das übernatürliche erreicht werden
könnte. Kuhn ielirt daher weiterliiu und in rieht L^or Konse-
quenz eine natürliobo, moraliBcbe Etoptaaglichkeit lür die üuadey
wenlgsteDB bezüglich des rrstindes und schwankt bezüglich
des erbsttadUoben Zustande« swUohen der A&nabme der ünmöglieh-
keit irgend eines sittliob-guten Handelns ebne die Gnade nnd
der Mögliebkeit einer positiven Vorbereitung auf die Erlösnnga-
gnade dnrob die sittliebe Kraft der Natnr (Sebfisler, Üene
Untersnebnngen 8. 50 f. Oers. Natnr nnd üebematnr 8. 75 ff.)
Als Beleg- für die Xuhü'scho AulVassung des Verhiiltnisscs
Ton uatiirlichem und übernatürlichem Endziel rcöge tolgeade
Stelle Raum tinden. „Also der Mensch ist Bchon durch die
göttliche Schöpfung zu einem ewigen Leben in Gemeiasehatl
mit Gott berufen. Aber dieses ewige Leben ist im besten
Falle, d. b, wenn der Mensoh auob alles thut, was er kann
nnd soll, noob ein nuToUkommenes nnd tief unter denyenigen
stehendes, welches ihm an realisieren unter der Yoraussetsnug
mögliob ist, dafs ihn Gott seiner besonderen Liebe teilhaftig
machen will durch äbematttrltobe Offenbarung und Gnade.
Weuu nun die übernatürliche (inade (JotlcB die natürliche
Krail des Meuscheo nicht bei8etLe setzt, aufhebt, überflüssige
macht, sondern voranssetzl nnd in Ans|irneh nimmt, so ist
auch das natürliche Endziel durch das übernatürliche nicht auf
die Seite gesetzt, negiert, ausgeschlossen, sondern darin aufgC'
hoben, d. b. bewahrt und auf eine höhere l^tufe gehoben. . . .
8o berechtigt also auch die Unfeerscheidung eines natärltchen
und übemstürlicheu Endziels ist, so darf man diese doch nicht
anseinanderreifsen oder trennen und gegeneinander yerfestigen,
sondern mnfs sich ihres Zusammenhangs und Ineinandergreifens
bewufst werden. Kbendeshalh aber, weil sie nicht diver-
gieren, sondern konvergieren, ist es gestattet, von dem Endziel
des MenschoD im allgemeinen zu reden und als solches im
allgemeinen das jenseitige ewige Leben in Gemeinschaft mit
430 Möglichkeit der Offenburung.
Gott doroh BrkeantiiM und Liebe su ihm zu beieichnen. (Dit
Naliirliohe und ÜbeniafcILrIiohe a 133.)
Hier wird non «war das natürliehe and fibernatilriiolie
Endsiel nnteracbieden, aber der üntenebeidnng ontspriohl kein
Untereohied, denn es ist dassetbe ewig>e Leben in Gott,
worin das oiiic wie das andere bestehen soll. Die entscheiaende
Frage aber iöt urngan^^en, die Frage nämlich, ob die An-
Bcliauung Gotte» da« naLürliche Endziel bildet und ob, wenn
dies der Fall wäre, dieses Ziel in irg-end einer \\ eif»e oder
irgend einem (irade durch nalUrliche Thätigkeit verwirkücht
werden könne. 'Was das letztere betrifft, so gibt es kanm
einen katholischen Theologen, der die Bfjabnng der Frage mit
der hl. 6ohrtft nnd dem kirchlich definierten Dogma vereinbar
hielte. Knhn aber betrachtet eben dieses that sachliche
Sndsiel, das ewige Leben in Qott» das kein anderes ist als die
Anschannng Gottes, nicht allein als das natürliche Bndsiel,
sondern anoh als ein dnrch natürliehe Kraft wenigstens In
unvollkommenem Grade realisierbares nnd erreichbares Ziel.
Nimmt aber Kuhn eint.rheits die ünterscheidiing der beiden
Endziele in einem urgeniin-enden Sinne, und iafst er sie mit
Unrecht unter den Begriti' eines Endziels zusammen, so ist
andererseits zu wonig gesagt, dafs von einem Endziele zn
reden gestattet sei; indem vielmehr nur von einem Endziel
geredet werden darf, nachdem einmal Gott in seiner unbe*
grenzten Liebe den Menschen nicht tn dem von seiner Datnr
geforderten, sondern sn einem höhereo, nicht durch die Kraft
der Katar, sondern nnr mit Hilfe der göttlichen Gnade erreich-
baren Ziele erhoben hat
Besteht so nach Knhn die „übernatürliche'* Erhebong nicht
in einer VerToHkommnnng der menschlichen Natur, durch eine
gewisse Applikation der göttlichen, sondern in der EinHüfsuHg
pneumatischer Gesinnung, und ist domgcmäfs die Einwirkung
der Gnade nicht eine physische (Mitteilung einer liohiren
die Seele dem Wesen Gottes verähnlichenden Seiosiorm), so
leistet diese Eiotlörsung vollkommenereif sittlichen Strebens
in Systeme Kahns gleichwohl dasselbe, was nach der Ansicht
^ kj i^uo uy Google
431
4er soholastisohea Theologen der von Kahn aU „äufserlich^ und
HDHiägUcb htageetellte ,.physiBohe" EiDflnHi bewirkt, iodem er
die Teilnahme am eigenen göttlichen Geieteeleben Termittela
«oll; denn die böchBte Blüte den sittlichen Lebens ist nach
Kahn eine göttliche Fracht, gleichwie nnd weil die tiefste Wnrsel
des freistes eine göttliche ist Hit andern Worten: bei Kahn
ersclKiot als Ergebnis der Entwicklung in der Seele bereits von
2^atur vorhandener göttlicher Lebenskeimo das, was sonst die
Theologen und wir dürfen sagen die göttliche Offenbarung selbst
-als freies Gnadengeschenk, als donum Kujteradditum betrachten.
Dafs diese Grundanschauung vom Übernatürlichen und seinem
Verhältnisse zum Natürlichen, die eine theosophische ist, das
Kuhnsche pbilosophisch^theologisehe System durchwaltet^ ist
leicht eiaansebeni wenn man es nnr Tersteht^ die serstrenten
Lehren snsammensnfassen nnd in einem gemeinsamen Brenn-
punkt an sammeln.
BEITRÄGE ZUR GESCHICHTE DER NEUEREN
PHILOSOPHIE.
Von Dr. G. GRUPP.
Die MctaphvBik ist der schwächste Teil der Lotzescho:^
Philopophie, so anregend manche Unternuchung ist, und dies
allein darum, weil Lotzo ein lebendiger, klarer und sicherer
Gottesbegriff abging. Auf der höchsLeu Höhe der Forschung
überkam ihn eine ideaUsierende nnd pantheisierende Keigung,
der Geist Fichtes nnd Hegels überwältigte ihn in der Person
seines Terehrten Lehrers Weifse. Während sein gaosea System,
soweit wir es binher kennen lernten, einem Pluralismas in Herbart>
Leibnitzscher Form und einem an sgesproohenen Dualismus zwischen
Gei«t und Materie huldigt, gcriit er in den höchsten meta]»by-
.sischen Fragen in ein monistisches Fahrwa-^^rr. Dissen Wider-
sprach ans Licht gezogen zu haben, int besuiiders das Verdienst
Ed. V. Hartmanns, dessen Führung wir hier folgen.
Jabrbach für Phllosophi« etc. VI. SS
o) Lotzes Metaphysllc.
432
Dip Schrift Ilartmauns tiber Lotzc' schliefst sich inen aiidera
Schriften an, in deuen er zeitgenössische Philosophen behaudeit, uu4
berührt sich am nächsteu mit seiner Abhaudluog über Wandt in den
Preufoischen JahrbQch«ni 1889. Wundt and Lotze sind unter den loo-
dernsten Philoiopheii diejenigen, welche dem Philosophen dm Uoheviiblfla
(flutnaiin) tm iMiateii Konkiureiis nadieii «od aeiaer AUeiiiliermbtIt
«■I aeiHeii Abbradi thm Nach ihrer Übenriodoog heSt H. noch gi«>
Aere Siege zu feio'n. Daraus erkl&rt es siel;, dafs er naelieiMfider Lotze
Qod Wandt behandelt und aber beide nicht viel Outet zu sagen vei£i.
Wir von unserem Standpunkt aus können dieser Anseinandersot^nng mit
Uuhc zusehen, und es ist uns am Sieit der einen oder au dem Partei nicht
allzuviel gelegen. Besonders Wundt steht uns nicht uaber als HartmAou,
und Lot/e ist in seinen letzten Ausichteu nicht viel caipüLlenswerter
als Hartmann. Daher verfolgen wir mit Interesse die scharfsinnigen
Amfldunmgeii HartmAiiiig aher die Widerspruche Letiea. Hanmum
klare Analyie der Letieaeben Anaicbten ist nm lo willkommeBer« alt er
in telner lo gaai vartebledeoeii Art der Darttellang Jenen Antiebteo eme
eigentflmlich scharfe Beleuchtung gibt. Es ist allen, die Lotte kennen^
bekannt, wie schwer es ist, diesen beweglichen Geist zu fassen und ihn
feste Resultate abzugewinnen. Man kann viel von Lotze lesen, ehe mrin
wfifs, wa^ er eigentlich sagen will. Mit Recht sagt H vtm ihra, es gebe
bei ihm kein Ja, zu dem sich nicht irL(eiuhYo an ifrs i inmal ein Xein
finde. Wenn daher ein so entschiedeaer und koni>equiuter, wcua auch
nicht genug vorsichtiger und umsichtiger Denker, wie Ilartmanu, I.iOt£e
bettimnte Anttagen gltiehtnm abnötigt, so mag das, ahgeaehen von der
kritifehen Bedentnng, sogar an unterer Eenntnia Lotaea beitragen. FreiSeh
gerade dieae AbnOUgnng wird am Ende anm Sehaden Lotaea gertichcn-
Eine bettimmte Entaehddnng in einer Rlehtong wird nidit aeine gnnse
Aosicht darstellen, und wenn dann damit anders — oft entgegengeaetit
— lautende Ansichten an aoflern Orten verfrlichen werden, wird man
leicht Widersprüche entdecken. H. kehrt begreiflicherweise diese Widor-
sprQche mit Vergnügen hervor und wird dadurch doch oft ungerecht, so
sehr der Schein für ihn spricht.
Schon die Entwickluüg des Subbiaaüaliuts- und Kausalitäts-
begriffes führt Lotze zu eigentümlichen Folgerungen und Wider*
Bprüohen.
Den gewöhnliohenSiibsiantialitStabegriff, dereinen ein*
heitlichen G-rond mit vielen Krfiften, Eigenachaften nnd Tbi^tigkeiteD
zusammenreimen will, fand Herbwrt undenkbar. Ein unveränder-
liches einheitliches Weaen kann nicht veränderlichen Zuständen
nnterliegen und einen nicht vielen aein. Lotse hält nnn dieaer
* Lottea Philotophie, Leipaig, Friedrich 1888.
Beitrage zur Geschichte der neoeren Philosophie. 433
Ansicht entgegen, dafe wir ans eigener Erfahrung ein Wesen mit
veränderlichen ZtiHtnnden kennen, nämlich d-is eicr^ne Ich mit
seinen ^fchseluden üetuijlcn und Vorstellungen, in ähnlicher
Weise hätten wir nun nach Lotze bei allen iibrifrpii. auch leblosen,
Sabstanzen die Möglichkeit veränderlicher ZusUade und Thätifr-
keiieu zu verbtelieii. Diese Ähnlichkeit erstrecke sich nicht
blofs auf die allgemeine Möglichkeit eines Zntammenseiiw von
Binheit und Vielheit, sondern anoh anf die Art nnd Weise, wie
das Ding seine yersohiedenen Zost&nde msainmen&rst^ nnd Ter-
lange die Annabme einer Beseelong aller Sabstansen (Monaden).
Indem wir diesea Gedanken zurück weisen, können wir nur
billigen, was gegen Herbart des weiteren auageführt wird. Um
Einheit zu sein, brauche die Substanz nicht notwendig einfach
zu sein, wie eine monoton sicli selbst p^leiche Qualität, die nie-
mals selbBt ein Reales, sondern nur Kigeusclialt eines andern
Realen sein könne. Ein Eintaches könne gar nicht Einheit in
dem Sinne sein, liain es dM beharrliche Wesen eines Veränder-
lichen ausmache, lu dem weitern Vcrlaul der Untersuchung
Terfliichtigt sich bei Lotze der Begriff einer aasammeniassenden
nnd snbstantiellen Binheit an einer blofien Form. Ba ist eine
bleibe Idee, in welcher der göttliche Geist die Terschiedenen Zu-
stünde nnd wechaelnden Momente aar Binheit eines icheinbaren
Dinges verbindet» als Macht über die Zustände der Seele aber
wird die Idee snm Gesetz. Die substanzielle Einheit verwandell^
sich so zu „einem gegliederten Begriff, in welchem eine
g^e&ct'/ gebende Formol eine Vielheit verschiedener BestiminnTi^on
zur Kinheit zuHumintMiläfst." Die Konsequenz dieser Anschauung
wäre ein Idealismus im 8inne Malebranchis and II t g^eis, welche
alle Realität nnd Materialität in reine (jedaukcn auilöste. 80
weit geht aber Lul/.e mtht, er liait daran lest, dalä die Idee
eines Dinges oder das Gesetz seines Verhaltens verwirklicht
nnd anf irgend eine Weise „in die Form wirknngsfühiger Selb-
st&ndigkeit Tersetat werde," m. a. W., dafs aar essentia
eines Dinges die ezlstentia hinantrete. Herbart nahm in
ähnlioher Verlegenheit seine Zuflucht zu einer unbegreiflichen
Setsnog oder Position, wodnrch die Idee zu einer Realität werde.
Lotze glaubt aber, dafs nur der göttliche Wille dieses Wunder
vollziehen könne, bemerkt jedoch gegenüber einer unzarten Zer-
pflUokun^ des Wirklichen in essentia und existentia, die stetige
Wiiienstunktion Gottes, weiche die iLealii iL (existentia) des Dinges
ansroacbt, nnd die intellektuelle Anschauungslunkuon, welche ihre
Idee (eäseutia) ausmacht, seien unzertrennbar zutiammeugehörige
Seiten der einheitlichen Thätigkeit Gottes.
434 Beitr&gc zur Geschichte der neaeren Philosophie.
Wie diose Ausdrücke zeigen, sind die Dinge nicht etwa
zu Produkten göttlicher Thätigkeit, sondern zum unmitielbanin
Ausdruck dieser Thätigkeit Reibst, welche stetig fortdauert,
herabgesunken. Ao andern btellen freilich läCst Lotze die Dinge
Gott gegenüber 8ell»tBndig sein, sie löaen «oh gleichtMi Tom
Urgrnnd ab und fönten anfoer Gott Ja er UUbt die Dinge
em 80 realer eeiii, je mehr aie fiir eioh sied, am allefreaUtea
wäre dann der bcwuCste Geial» welcher im höoheteo Grade Ittr
BicHk und niemals Mittel, sondem immer Selbstzweok ist.
Einen ähnlichen Widersprach bietet die Erklärung der Kau-
salität. Das oinc Mal erklärt Lotze die Wechselwirkung sich
fernstehender Atome durch die verbin Jonde Einheit Gottes, die
Wechselwirkung würde auf dem Zusainmenhang zwischen zwei
Aktionen Gottes, deren Ausdruck die Atome wären, beruhen,
ein andermal aefareibt er den Atomen ein Wiaaen nm ihr gegea-
seitigea Verhalten und dementspreohendea zweckmaibigea Wirken
an. Anf eine von diesen beiden Arten glanbt Lotse allein das
Kausalitätsproblem zu lösen.
Lotze geht nämlich Yon der bekannten Ansicht ans, daTs
alle Wirkung anf Fem Wirkung hinauslaufe.
„Die Bewp^ungsflbertragong dnrrh StoTs — so interpretiert Hart-
maim den Gedanken Lotzen — Kcbfint uns durch die sinnliohe Erfahrung
gau^ vertraut; das Nachdeiikeu zeigt aber» dafs ohne die Dazwiscben-
kuuft abstofaender Kr&fte gar kein verständlicher Grund für die Über-
tragung der Bewegung ?on einem Körper auf den andern anzugeben tat
und der Vorgang logisch unbegreiflich bliebe. Eine aniiehends oder
abitofteude Krsfitftoftemag wiederum ksao nur stattfiadon swiachea svel
TOB einaader räumlich getrennten Punkten, vlhrend sie bei svtl sieb
berührenden, d. h. ineinander&llendett mathematischen Punkten jede
Möglichkeit, sich za entfalten, einbflfst. Zwei ausgedehnte Körper, die
einander berühren, können also nicht in den sich deckenden Berührtings-
punktPii. snnflprn nur in den sirh nicht heruhrenden materiellen i^ementcn
anziehende oder abstoisende Wirkuas^en entfalten. '
Dies angenommen fragt e» eich, wie kann eine Kraft sich
von dem einen Ding oder Atom ablösen und einem andern iiing
zufallen und wie ist es möglich, dafs bei der Zustandsänderung
a des Atoms a eine Znstandsanderung ß dea fernstehenden
Atoms b eintritt Auf letatere noch schwierigere PormuHemng
läuft die erstore hinaus, wenn man folgendes bedenkt. Eine
Kraft ist niemals ablösbar, wie ein Ding, wie ein Produkt
oder eine Hülle, in dieser Hinsicht ist sie vielmehr wie eine
Eigenschall des Dinges, von weichem der Satz gilt: attributa
Don aeparantur a subatantiis^ aie ist ein Vermögen, das wie ein
^ kj i^uo uy Google
Beiträge zur Gewbiehte der nenereo Philosophie.
435
Zustand an dem Ding haftet nad niomals verselbständigt
werden kann. Gesetzt aber anoh, die Kräfle lassen sich ver-
selbständifren, lassen Rieh nbp^rtrag'on, »o entstände dio Frage,
wie könnie die Kralt den Weg tiijdeD, der von einem Atom
zum andern führte and wie ündet sie £inla£s bei dem zweiten
Atom?
Alle diese Schwierigkeiten vormag Lotze nur zu lösen,
indem er den Atomen ähnlich wie Leibnitz eine mehr oder
weniger dampfe Empflndnng beilege» Yennöge deren sie auch
ferne Vorgänge wahrnehmen und darnach ihr Verhalten einrichten.
Ja selbst diese Annahme genügt ihm nicht yöllig, er hSU noch
eine Vermittlung durch den Urgmnd allea Seins, das abtolnte
Subjekt für nötig.
Wir können uns mit diesem Lösungsversnch nicht zufrieden
prnbcii, sondern j^lanben, es geniig'« (Ho Annahme eines materiellen,
aber imponderabeln alles (in roh dringenden ,,Ather8",
am die Wechselwirkung auch entlegener Dinge zu erklären.
Wie die neuere Physik annimmt, durchdringt der Äther alle
Dingo und ist vor allem der Träger der Lichterscheinungen,
aber auch als Vermittler der gegenseitigen Anziehung und Ab-
atolbung wird er TieUhoh au Hilfe genommen. Wir möchten nun
dessen Bedeutung noch erweitem und ihn aum Vermittler
aller Wachse Iwirkuu gen überhaupt machen, so yerschieden
sie sind. Der Äther pflanzt die im Innem eines Dinges ent*
standene Verändern ng dnrch eine Erschütterung fort, die wahr-
scheinlich im umgekehrten Quadrat der Entfernung abnimmt,
wie das Licht. Die Verachiedenartigkeit der Verändeninefen und
Wirkungen wird durch leise Modifikationen dieser Krschültcrun;^
ausgedrückt. Man konnte dies vielleicht für unmöglich halten,
allein man erinnere sich, auf welch einfache Weise die iSatiir
die Bewegung des Äthers, der Luit und der sich berühreodea
Moleküle sn verändern braucht, um so Terschiedenartige Farben
und Töne, Wärme- und ElektrisitatserscheiDuugen hervorsurufen,
wie sie uns bekannt eind. Eine Fernwirkung im Sinne Lutzes
aber ist schon deshalb auBsuschliefsen, weil auch die mensch-
liche Seele, 80 hoch organisiert sie ist, Femwirknngen im ge-
meinten Sinne weder erleidet noch ausübt, sondern för alle
Wahrnehmungen und Empfindungen der Vermittlung durch sinn-
liche Mittel bedarf.
Die von uns vnrrrrschlagene Lösung des Kausalilätsproblems
würde auch die Vt i ilmung des frühem Dynamismus mit dem
heute allein herrjjchcn len AtoraiHmiis herbeiführen und zur Er-
kenntui» führen, dai^ eine Zerptlückuug des 2<iaturgauzen m eine
43U Beiträge zur Geschiebte der oeaeren Philosophie.
äbkontinaierliche Atomeowelt und die IsoHern der Atome
ebenso unrichtig ist, wie die Verschmelznog aller Unterschiede
in einem Kräflecontinuum. Man boII die Welt nicht in lauter
Stäubchen zerreiben und nicht zu einem Klumpen zusammen-
ballen wollen, und weder die Analogie t iues Stemenhcers noch
eines nnterschiedslosen Meeres genügt, daa Welträtsel zu lösen.
Beides muis vieiraehr beisammen sein, eine kontinuierliche Einheit
und eine dinkrete V^ielheit, um den Zusammenhang und die
Weotmelwirkong ebenso zn erkliren, wie den Untenehied nnd
die Selbetöodigkeit der Dinge. Doch kehren wir wo. Lotae inriiek!
Koch nnnonehmbarer ale Lotaee Löonng des Sabutana- und
Kausalitätsbegriffes, ieteeioe Behaodlang des Baames nnd der Zeit
Aufserhalb unseres Bewufstseins gibt es nach Lotze nicht nnr
keinen Raum in unBerm Sinne, sondern anch nicht einmal etwas
Ahnliches oder lIomolog'eR. Die Dinge sind rauralos und ihre
gegenseitigen lieziehungen vollziehen sich ohne Raum. Nur wir
sind es, wolrhr« diese raumlonen Beziehungen in die Sprache
unserer Raum \ orsLellung übei seilen. Die Atome sind übersinn-
liche Wesen, welche mehr oder weniger erregbar sind, inteusj?e
Wirkungen setzen und in engeren oder weitereu Boziehangen
und Verwandtschaftsgraden stehen nnd darnaoh allein richtet
sich nnsere Banmanschanung nnd Tersinnliobt die Beiiehnngen
der Atome in einem Neben- oder Hintereinander derselben.
Ähnliche Vorstellongen schweben Lotze auch bei der Analjne
des Zeitbegriflfes vor, auch hier müht er sich mit der Vorstellaog
einer zeitlosen Entwicklung des Inhalts eines Atoms oder Wesens
ab. Seine Kiitschoidung streift hart an der Ansicht vorbei, dafo
es rein logische, beziehungsweise kausale Abhangigkeits- und
Zusammenhangsverhältnisse sind, welche wir in die Anschaunngs-
iorra der Zeit übersetzen. Wenn er dennoch nicht hei dieser
Ansicht stehen bleibt und das logische Verhältnis von lirimd
und Folge von dem realen Verhältnis der Ursache zu ihrer
Wirkung unterscheidet, so geschieht es nnr mit einer gewinen
Besignation nnd Unbefriedigtheit nnd in seiner BeligionspMiosophie
kehrt er anfs nene sn dem fallengelassenen G^anken sarflck.
7, Der PiksiUvismwt»
Der von England aus bei uns importierte Fositivismus ist
ein eigentümlich skeptisch modifizierter Empir!<*m!i3. Die mittel-
bare oder unmittelbare Erfahrung und die diiri h die Ertahrung
gebotenen aber innerhalb ihres Bereiches fallenden Fol l^^o rangen,
lehrt dieses System, sind das allein Gewisse; unsicher aber und
. Kj by Googl
Beiträge zur Geschielile der oeuerea Philosophie. 437
uugewii's ist alles Transcendente und zwar nicht nur alles
Transcendente im theologischen, sondern auch im metajibysischen
binuti, keio bchluls vermag hier eine Ürucke vom. PosiUveu ^um
Hyperompiiiaehen wo. soblagen imd auf diesam Gebiete let die
8k^8u unbedingt In ihrem Kecbt
Ber Mheie Empuritmos hat immer nooli etwaa Transcen-
•dentee and lletapbyBisobee anerkannt» nnr Hnme hat ganz die
Keneeqneaien dee moderoon Positivianne gezogen und alle meta-
pby-*isrhon Begriffe, wio Substanz und Kausalität, verworfen.
."Nicht nur das Innere der Ding© ist unerkennbar, eooderD ihr
Ansich überhaupt, ihre Realität, ihr Sein und Wirken, weil es
M-eder der mittelbaren noch der unmittelbaren Erlahnmg (dem
Experiment) ^.ugau^licii ist. Die WisseDsciiall hat es nur mit
ErscbeinuDgeo au äun und aoll dieee rationell bearbeiten. Die
I^aturgeeetie sind nur Geeelse der Bracheinungeo, aber sie und
deswegen um aichto unBlcberer, als wenn sie als Gesetne der
Dinge selbst ausgegeben würden. Die Hetaphyaik, welche sich
«rdreistot, das Innere der Dinge zu erforschen und Begriffe wie
Substanz, Kraft, Wirkung" und Bewegung' analysieren will, ist
Äuf Vermutunfren und Phantasieen angewiesen, und der eine Meta-
pbysiker widerspricht daher dem andern. Sobald man sich aber
mit dem allein Sichern und Powitiven be^nii^t, wie die Astro-
ijumen, Physiker und üiulugeu, ist eine ull^jeiuein gültige wider-
epruchsfreie Wahrheit an erreichen. Die Metaphysik ist un-
fruchtbar; erfolg- und ergebmsreieb ist allein die positive
Forschung.
Es braucht kaum bemerkt an werden, dafs mit An%abe
der Metaphysik der Philosophie eigentlich der Boden entzogen
"wird, denn in der Metaphysik gipfelt ihr Bestreben, und wer die
Metaphysik verwirft, der verstümmelt auch die Ethik und Psycho-
logie, ja auch die Logik, so sehr sich die Positivisten uro die
Logik anzunehmen seheinen. !Sie haben sich ja in der That
acblechte Verdienste um die Logik erworben. Nicht biui's haben
sie alle deduktiven Elemente aus ihr beseitigt, sondern auoh die
Tngweite des Schlusses geschmälert Der von mir Kausalschlnfs
genannten Art des Syllogismus^ können sie keine weitgehende
Bedeutung zuteilen, da es sonst möglich wurde, auf etwM Meta-
physisches oder Transcendente» zu kommen.
Trotz ihres Namens haben die Positivisten sich bisher nur
im 2iegativen stark gezeigt, sie waren reich an skeptischen Be-
> Vgl. meinen Aofsats: „Die lofiichen Ginge des Denkens* im
PhU. Jahrb. IV, 271 ff.
438 lieiträge zur Geschichte der ueueren Philosophie.
(ieokeo, an zerstörenden Gedanken, aber arm und t^rbwaoh ivoe
Aufbauen, und ihr AnHeheu und ihren Einflnfa verdaoken sie
liur der geneigten Stimmung, die sie in anserem natarforgcheodeu
und oberflächlichen Zeitalter bei den Vertretern der Bogenaonten
exakten Wti«eii»ohait«& fuideii. Bio PodtiTiateii geben den etüte-
gehegfeen Qedanken der experimentierenden, Bahlen den, enm^
melnden und registrierenden Gelehrten Anadmck und
•oheinbm Begründung, die um so willkommener war, als sie
von philosophischer Seite selbst auszugeben schien. Wie oft
haben wir schon von Leuten, die von Positivismus 80 wenig
wnfsten wie von Empirismus, hören müssen, was hat euer Philo-
sophieren für einen Wert? Ihr bringt es doch zu keiuem Re-
Buitat und werdet daa WeUrätsel doch nie lösen! Die Ur»acüo
solcher Ansmfe liegt aber nicht, wie man glanhen konnte, nur
in der Wertloaigkeit der Wissenaebaft» aondem in dem UoTcr-
mögen, ihr an folgen. Ea äigert manchen, dnb andere mehr
wissen wollen, als sie, dafs aie tiefer eingehen und sich höber
erheben. Ein längeres Vorweilen auf abstrakter Höhe ist vieleor
zu beschwerlich, es ist ihnen nicht möglich, sich von der pächsten
Wirklichkeit zu eman?:ipicrcn und sich nach innen zti w« tiden.
Z« dieser Gattung Menschen geboren leider auch viele Oeiehrte
mit Seciermesser und AktenbÜQdoln, deren Verdienste wir sonst
gern auerkemien. Ihre „exakten" Forschungen haben ja gowil*
ihren Wert^ und die Philosophen sind weit entfernt, diesen Wert
bestreiten an wollen, allein aie sollen auch ihrerseits anerkeoneo,
dafs es etwas anderes ist, an sammeln, an reg^trieren nnd aa
Tergleichen, und etwas anderes zu denken und auf den Höhen
der Spekulation zu wandeln. !Nicht jeder hat Neigung und
Fähigkeit, sich in Folianten zu begruben und Jsotizcn zn sammeln,
wie nicht jeder für die Retiexion und ^Spekulation geschatfeo ist.
Diese ThatHacho 8o]lto man namentlich auf der „positiven" Seite
anerkeüiu n und ni liL ohue weiteres alles als Hirngespinst und
vage Veimutuug unbesehen verwerien, was die Philosophie
in Jahrhunderte langer Arbeit au Tage gefördert hat Leider
war ea sum Teil die nnheilvolle Entwicklnng der modernen
Philosophie, welche diese Mifoaohtang Terschntdet hat Sei Hegel
und Konsorten vermochten freilich die Vertreter exakter For*
schung keine ehrliche WiBsenschaft zu entdecken. Sie fanden
bei den „Positiven" ihre Männer, hier fanden sie alle ihre Vor-
aussetzungen und stillen Gedanken verlochten. War dnt h dvr
Vater der Positiven, A. Oomtc, allein selbständig und origmolL
auf jenen posiliveu Gebieten, welche jetzt als alleinige Domäne
echter Wissenschait erklärt werden. Im Gebiete der Philosophie
Mtrig« snr GctcUebte der nenmi FUlotophie. 43i^
war Comto^ wenigitens wie unser GewÜmmann Gräber^ die
Sache dantellt^ bloAer DHettaDt, ohne Tiefe und Schürfe de»
Gedttokena^ wie er denn auch den Geraeinsioii allein anwendet
and anerkennt. Seine Gedanken über Philosophie sind so platt
Und alltäglich, dazu in einer so «chlf^chten, nnfranzöpichen nnd
cleg-an/loaen Sprache niederg^clc^t, dafö es nur Engländern ein-
ialleü konnte, in ihm eine phiiosophiecbe Gröfae zu finden. Da-
g-pg-en entwickelt er über Physik, Chemie und Biologie einerseits-
und über die ge»ctiiclitliche KuLwicklutig andererseits auregeode
Gedanken. Man sieht, dafs er hier eher zu Hanse ist» als in
der Philosophie.
Die llatheniatik ist nach Conto die Grondwissenschafb
sowohl hinsichtlich der Methode als hinsichtlich ihres Gegen-
standes, sie ist die Grundquelle aller Fosiüyität Anf die
Mathematik lassen sich alle Erscheinungen zurückführen, sei
es, dafä man ihre statische und dynamische oder auch ihre
qualitative Seite ins Auirn tafst In der That ist die Astronomie-
in ihrer durch Kepler und Galilei begründeten Form nur eine
angijwandte Mathematik, und ebenso hat die Physik ihre
höchsten Triumphe in der mathematischen Berechnung der ihr
angebÖrigen Phänomene geleiert. Alle Qualitäten, wie kalt,
Bohwer, ihrbig, werden in Bewegungsverhältnisse aufgelöst, nnd
die Bewegung selbst erschlierst sich in der Mechanik mathe-
matischer Botraohtang. Doch entspricht die Physik nicht in
demselben Grade wie die Astronomie dem positiTcn Ideale mathe-
matischer Wissensohaftlichkeit, sie enthält noch viel zu viel
irrationale Momente, störende Faktoren, wie Reibung, Wider-
stand des Mittels n. s. f. Die Astronomie steht logisch und sachlicli
der Mathematik am nächsten, sie i'^t bis jetzt nllcin vollständig
positiv fj:e worden und bedarf am wenigsten teteologischer und
metaphysiischer Voraussetzungen. Die Physik verleiht dagegen dem.
Menschen Kräfte, welche ihm Wunder entbehrlich raachen.
Sic bat auch vor der Astronomie eine Methode voraus, nämlich die
EzperimentatioD. Diese Metbode, „dieser Teil der universalen
Logik" hat in der Physik ihr eigentliches Gebiet. Sobald in
der Physik das Gebiet des Experimentes fiberschritten wird
< Aug. Comt«, der B^grflnder des Positfvtentos v. Herrn. Omber^
S. J., Freiburg, ßreisgau 1^9. Der Referent hat eiuigemal versucht,
in die eigenen Worte Comtes einzudringen, wurde aber durch die un-
glaubliche Weitschweitigkeit und ungenief«bare Form dieees Philosophen
iiDiner wieder abgeschreckt. Um so gröfteren Anspruch auf oDsem Dank
hat Gruber, drr die Cotnteschen Wrrke wacker durchforscht bat and ihre
Quintessenz in übersicbtiicher und klarer Form bietet.
410 Beitr&ge zur Geschichte der aeoereu Philosophie.
und die tiefere Fra^^e nach dem Wolior gestellt wird, mufs sie
sich in unkonlrolierbarc Hypothcsea einlasseo^ deren Wert
iweit'elhalt ist (z. B. die Athertheorie),
Aq die Physik schliefet sich nach Comte die Chemie und
Üiologio an, und zwar uumiltclbur, ohue daia oiu voigeltlicher
Unterschied zwischen anorganischen und organiRcben Stoffen eine
Kluft in der E&twiokluDg der Wiaieiiaoluift bilden wflrde. Es gibt
|[etnen Widerstreit nvieohe^'^der. lebenden und leUosen Ketnr,
Yielmebr beetebt den lieben in der barmoniaoben Weobtel*
Beziehung nwiscben lebendem Wesen und umgebendem Mittel,
welches den unnotorbrochenen inoem Prozefs der Neubildung
und Zersetzung ermöglicht. Auch zwischen Tier und Mensch
beHtehi kein Unt*»rschied. Die Soelenvermögen sind im Gehirn
begriiudrV I)er nionschliche WiHtinnl ist ganz durch die affek-
tiven Triebe bestimmt oder wie schon Condorcet sagte, ganz
vom Willen oder Instinkt abhaa^Mij:. Ein andermal druckt
"(jumte den gleicheu Gudaukcu »o aus: „Üic V eruuuli ist nichts
anderes als ein ¥eräQderUoher Instinkt", and folgert daroh Um-
etelloDg : „Der Inednkt iet nicbti anderee nie die fixierte Vemanft"
In die Geechiobteptiiloiiophie warf Comte den ganz orginellen,
wenn anch einseitig tÜiertriebenen Gredanken hinein, die gerne
-geeehiobtliche fintwioklnng lasse sieh in ein theologisches, meta-
physiches und positives iStadium zerlegen. Die theologische
Weltansicht sei für den Anfang der Kultur notwendig gewesen,
weil öie allein der Menschheit den nötigen Impuls und die
nötige Gem<^in»^f'hafL zu kultureller Arbeit f^'^ogeben habe, und
sie lasse sicii selbst wieder in drei liaupilurmeu unterscheiden.
Die erste Form bilde der Fetischismus mit seiner pantheistischen
Allbeseelung, die zweite der Polytheismus. Der Polyihei»niu&
habe sioh der Wissenschaft und Kunst sehr förderlich erwiesen,
Jener indem seine ahergläubisohen Beobaohtnngen den Geist der
Beobachtnng überhaupt erweckten» nnd dieser indem er mit seiner
Götterwelt die Phantasie ermilte. Charakteristisch fnr den Folf-
theismns sei die Sklaverei und die Vennischnng der geistlichen und
weltlichen Gewalt. Erst die dritte Uaoptform des theologisohen
Stadiums, der Monotheismus, habe die geistliche und weltliche
Gewalt g-etronnt und die Sklaven emancipiert. In fioinei
eigentümlichen Art komme der MonotheiHmn« am reinsten zum
Ausdruck ira römischen Katholizismus, dessen moralischer uod
intellektueller Wirksamkeit er alle Anerkennung zollt. Das
metaphysische Stadium wird eingeleitet durch die mittel-
elterlichen Scholastiker und ßechtsgelehrten und kam in der
Koformation num Dnrohbrach. Das eigentliche Princip der
. Kj by Googl
BeUrifla sor Oaiehidite der maactt PUIiitopbi& 441
Jiefinniattoii ist die Freiheit der Vorsohoiig ned die monliaclie
Freiheit: „AU die Macht der religiösen Überzeugaogeo za
«chwacb geworden war, die Leidenschaften zn bändigee, bat
-die Reformation, sagt Comte, das erlösende Wort ge8prochen'^
IHe gerade ForUetzuo^: der R'3tbrination bildet dor Üelsmus,
•die Aufklärung'- und die Revolution, Daneben entwickelt sieb
bereits da8 positive Kystom, donsen (jrrundlage Comte bis zum
niitt^slalterlichen Autsch wunj;- der Industrio zu rück verfolgt* Doch
iiul CS bciue eigeuliicho Eott'altuQg erst mit Beginn der ueuen
Zeit, mit Anebildung dee Poat-, Kolonial- und Bankwesens er-
halten. An die Teranderken WirtaohaftmhiltniMe aohüolbk aioh
«eine UngeataUang der Weltanachanaog an, die jedooh erst im
Werden begriffen ist Za setner TeUstftndigen Darehfilhrnng
tiedarf das positiTe System einer hierarchischen Organisation,
•deren Grnndzüge Comte im Anschlufs an kirchliche und St
Simonistische Ideen entwirft. Ich enthalte mich einer Kritik
dieser «^^eschichtsphilosophischen Konstruktion, da muh meinem
eben citirten Werke „Öyatera und Geschiciitc doi Kultur' zur
<ienüge erhellt, wie weit ich sie für richtig halten kann (siehe
i, 73, 131, 164; II, 96, 118, 345, 43H, 41)4).
Das Hauptwerk Comtos, in dem er die^e Lohro entwickelt:
Coors de pbilosopbie positive war 1835—1841 in 6 Bänden
ersobienen nod fand nnr sehr langsam Beachtung. Nach 1941
Inllt ein gewisser Umsohwang in Comte« G-eistesleben, leider
<eine Wendung znm Schlimmem. Von seiner Fran getrennt Hefa
er sich in den Verkehr mit einer gewissen Clotilde de Vanz
«ein, die auf ihn einen bezaubernden Eindruck machte und der
er nach ihrem Tod als seiner „heiligen Gefahrtin", seinem ,,En^el''
pine sch wärme rij*ohe Verehrung zollte, obwohl ihre Verbindung
mir fin Jahr geüiwort hatte. Er bildete einen forjohchcn
üottesdienst mit asketischen und litur^^i^chen Forraua aus.
■(Jlotilde wird in seiner Phantasie zum Ausdruck und Symbol
seines Menschheitsideales. Die Mooschheit uämlich, uicht Gott
«oll nach C. in Zaknnft den Mittelpunkt der religiösen GeHihle
bilden, nnd die Religion ist niohts anders als die dnrch Liebe
und Glanbe bewirkte Einheit der Menschen. Die Menschheit
Ist das grofse Wesen, dem alles nnterthan ist, die Erde (der
preise Fetisch) und der Weltenraum (das grofse Mittel). Doch
wird ihr nnr die öffentliche Verehrung in den Kirchen unmittel-
bar gewidmet^ der persönliche Kult mnfs sich auf daa Wetb
* Mit Recht preist Comte das Mittelalter wegen leioer Verdienste
um Inihtstrie und Handel, vgl. Belege in meioeiD ,fiftii«m nod Geschichte
der Kultur** II, 81, 33, 85, 1, 71.
442
Beitrige lor Getcbichte der neueren i'hilosopbie.
beziehen, „in welchem die Sympathie, die Quelle aller Einheit,
vorherrscht Dasaelbe ist die beste Personifikation des GroCsen
We»en8.*' Unter den verschiedenen weiblichen Typen ist für
jeden die Mutter, die Gattin und Tochter diejenig-e, durch deren
Kalt das Gefühl der Ehrfurcht für die MenechUeit genährt
werden soll. Die nähere Art und Weise des poeitiTeii SqIib»
beBteht in einer ekelhaften, oft an Wahnwitz grensenden Nach-
äifnng des ohristlicben Knltns. Wenn sobon seine Anhinger
ob solcher Auschreitungen einer überreizten Phantasie an dem
Vorstande ihres Meisters zn zweifeln anfingen, so fallt nne die
starke Dosis Wahn- uud Blödsinn noch mehr auf, die er setnem
Systeme zuletzt beitnf^tc
Eine *jigentUche Uedeiilung erhielt Comtes System eri>t
durch die bepreisterte Znstiramung- Stuart Mills. Mill war ein
klarer, scharlsiiiuiger Denker,dcm Dur die schöpicnsche Orginalitat
und der Tiefsinn gebrach. Das Werk Comtes kam Ihm gende
reoht anm Abschluib und sur Ergänzung seines echt engUsehen
empirisehen Denkens. Haben doch die Bngländer von jeher
einem verständigen £mpirismns gehuldigt, ohne deswegen Ton
allcQ Phantastereien frei zu bleiben. Im Frauen kitltus war
z. B. Mill kein geringerer Schw»irmer als Corato und hat durcli-
aus unpraktische Vorschläge zur Frauenemanicipatioo gemacht
In dio Fufstapfen Mills trat Herbert Spencer, über
dessen Philosophie nns zwei prächtige Schritten vorliegen,
nämlich „die (jruudlage der Spencerschen Philosophie Ton
Gaqnoin" und „Spencers Ansicht über das Verhältnis der
Religion anr Wissenschaft Ton G-ideon Spicker." Beide Schriften
sind ebenso trea und gewissenhaft in Darlegung der Anglichen
Lehre, als scharfsinnig und gerecht in der Kritik, und wir
können beiden Verfassern in allem, was Spencer betrifft, bei-
stimmen, wifnvohl wir die idealistischen Voraussetzungen dc^
einen und die pantbeisÜBch-spinozistiscbe Anscbaauog des andern
nicht teilen.
Das „System der Philosophie" H. Spencers hat zwei Ab-
teilungen, das Unerkennbare und das Erkennbare. Zum Un-
erkennbaren rechnet er alles Metaphysische und zum Erkenn-
baren das gesamte Gebiet des innem und änlbem Sinnes oder,
wie er es nennt, das der schwachen und das der lebhaften Knnd*
gebungen oder der objektiven und subjektiTen Welt, des Ich
und Nichtich, so weit es sich innerhalb unseres BewufHt-
seins darlegt. Denn was aufserhalb des Bewuliitfieio liegt,
das Ding an sich, ist unerkennbar. Darin «^tiuiinL Spencer mit
Kant überein, welchen Comto nicht berücksichtigt hatte.
^ kj i^uo uy Google
Beiträge zur üeschichte der neaeren Fbilotophie.
443
Mit Scbarfttinn weist Spencer die Widersprüche der Meta-
physiker und der metaphysischen Begriffe nach, des Raumes
z. B., der von don einen uIr rein apriorisch, von don andern
als dinghatl aufg-efafst wird, ferner ira Begriö' der Wirkung- (siehe
fihen 8, i'M). Da^ Verhältnis der üewegung zur Ruhe lai zwei-
deutig, die wahrgenommene Bewegung ist nie die absolute,
sondern eine relative und der Übergang von der Bowegnng
zvat Ruhe ist unbegreiflieh. ünaer ganxee Erkonnan läuft naob
Sp. aaf ein biobea Klaaaifioieran hiaans, ein Verbinden des
Gleichen nnd Unterecbeiden des üagleiohen» aof die An-
paaaung innerer Beziehungen zn äufserenBesiehungen
4ea Neben- nnd Naoheinander (Koexiatens nnd Foigfi),
m. a. W. unser £rkennen ist relativ.
Kbcn so widerspruchsvoll seien die Ansichten über die Ent-
«tehung der Welt. Die einen sao^eü, sei seibstexistent
(Materialisten) oder selbst erschaüen (rantheistenj oder von
t.'inem äufseren Urheber erschaffen (Theisten). Sowohl in Bezug
auf die Materialisten als Theiäten bustreitet nun Spencer, daTs
«Ine Belbatexistonz denkbar sei. Man miirsto annehmen, diese
fixiatenx hatte keinen Anfang genommen nnd achliefse eine
unendiiehe Vergangenheit ein. Eine nnendliehe Vergangenheit
aber aei unvorateUbar. Baa Selbeteziatierende könne nicht be-
grenat nnd daher weder a) TerDreacht oder bedingt noch b) selbst
Uraache sein. Nehme man aber etwaa Uaverursachtes an, ao habe
man die Hypothese von der Verursachung fallen gelassen und
dem Ursache um Ursache verlangenden Kansalitätsdrang der
Vernunft widersprochen. Am Kausalreihe werde abgeschnitten.
Das UnbegreuzLi' unii Unbedingte könne auch b) nicht Ursache
eines andern seiu, denn es verlange ein Sein aufserhalb aller
Beziehaog, eine Ursache aber bestehe uur in ihrer Bezieimug z\i
üirer Wirkung. Dazu komme, dafa beim Abeolnten das Stehen
anfaerhalb aller Beaiehnng nnd daa Treten in Beaiehnng oder die
Periode Tor der Welteohöpfung und der Beginn der Welt-
aohöpfang anaeinander gedacht werden müsse. Allein im ünend-
liehen könne keine aolohe Verändemng eintreten, es könne
nicht yon einem nnTolIkommenen Zustand (dem der Enhe) an
einem vollkommeneren (dem der Thätigkeit) übergehen, und die
Einheit des Absoluten wäre jedenfalls durchbrochen.
Endlich dürfe das Unendliche Glicht notwendi^jo Ursache des
iiiibchatlenen sein, weil es sonst bedingt wäre, sondern die Ver-
ursachung müsse eine freiwillige sein. Freier Wille finde sich
nur in einem bewuiatea Wesen, Bewursteein aber setze die
444 Beitrage «ir Qeschicbte der neaereo Philosophie.
UnternchelduDg von Sabjekt oad Objekt voniUy was beim
Absoluten nn denk bar sei.
Mit Kecht tadelt bpickcr H. Spencer, er trage in da*.
Absolute einen empimchen Zeitbegritf hinein; fügen wir bei:
aucii einen empirischen Kaasalilätsbegriff. Da» Kwige über-
steigt allerdiiigs unsern Verstand und lalkt sich dardi nnsere
ZeitTorsteUnng nicht «dsfiiUen ond erklären, allein die Logik
fordert einmal diesen Begriff, wie den des UnbediogleD ftber*
baupt. Das Unbedingte hat sich in der Scböpfong nicht ver-
ändert, von Ewigkeit her stand sie im Geiste Gottes fest, und Gott
verendlicht sieh durch Inbeziehnng'tretr^n mit dem Endlichen »o
wenig, als wir uns durch Leitung der Tiere vertieren. Gott Im
keine starre Bubstanz, welche absolut einfach sein milfäte, um ihre
Einheit zu bewahren (siehe S. 433), in ihm iet Bewufßt^ein,
weil er stets im 6obne die Welt der Ideen betrachtet. Auf
einem andern Pankt ist die Kritik Spencers glücklich, imd
Spicker nnglttcklicb in ihrer Abwehr. £tn Selbaterechaffen oder
Selbstentwickeln im paatheistischen Sinne ist in der That» wie
Spencer sagt, undenkbar nnd unlogisch, nur hatte Spencer am
wenigsten die Berechtigung, den Begriff solcher Evolution an
verwerfen, da er ihn selbst in seiner "Naturphilosophie nnd
Sociologie bis zum l bermafs mi^branobt und die gesamte Welt
der Natur und des Geistes aus uiibeBtimmten Keimen »ich ent-
wickeln liifst, ohne eine höhere Kraft zu gebrauchen, Aost
sich kann die Potenz sich nicht zum Aktos entwickeln und
Spicker beruft sich umsonst anf Aristoteles, nm ihre Denkbar-
keit bMm achtlosen naiven Leser einaasohmnggeln« Bin Über-
gang von Potena snm Aktos setat immer eine bewegende Ur-
sache voraus» nnd diese hat Aristoteles ttberall, beim Univenva,
wie beim Oi^anismus, anzubringen gewufst. Eine Universal*
potenz, den schlafenden unbewufsten oder halbbewufsten Gott
der Pantheisten, der im Mmsrhen endlich vom Schlafe aaf-
erstand, kennt ÄriBtoteiea nicht — übrigens auch Spicker*
Meister Spinoza nicht — und er bedarf auch nicht des Unge-
dankens einer Sichselbstübersei^Luug von der Potenz mm Aktus.
Dieser Ungedanke wird dadurch um nichts verständlicher, dafs
Spicker anf den menschlichen Geist hinweist» welcher rein aus
sich es zu solch erhabenen Werken bringt» wie die Dicbtongea
eines Goethe oder die Haiereien eines Rafael sind. Spicker
vergifst, dafs der menschliche Geist auch nach Spinoza von
Gott stammt, dafs er Jahrhunderte lang Zeit hatte, die Xatnr
und den Menschen zu erforschen, deren (ifhnimnisse zu be-
lauschen, dafs überdem jeder Dichter und Künstler sich an den
^ kj i^uo uy Google
B«iti«g« sor GMcJiidite d«r MMPen PbilMopbie. 445>
ArbeiteB seiner Vorg&Bger Bcbnleii konnte nnd diese« ein
Wunder wäre, der mil diesen Anregangen geschwängerte
gottgegebeoe Geist es nicht sn selbständigen and ansgebildetea
Werken gehracht hätto.^
Im übrigen hätte eich ispicker iiioht einmal um dirso
chimärische belb^tentwicklung zu. bemühen brauchen, scheint
doch sein PanthelKmua nicht der gleichen Art, wie der Hegel»
odci' liartmauuä zu, sein, die sieb lacherlicher Mittel bedienen,,
um etwas aus Nicbta entstehen sa lassen.* Er scheint ▼ielmehr
im Sinne Spinosas das materielle Sein als ein ewiges Attribut
oder eine Eigenschaft der einen AlIsnbstanB sn fassen nnd
ignoriert S. 23 sogar die idealistische Auffassungs weise der
Materie, wie wir sie in diesem Jahrbuohe V, S. 216 f. darge-
legt haben. Wir sind aber trotz Spinoza und Hegel der An-
sicht, daffi sich die Welt nur durch bchöpfnng erkiriren lasse,
und werden darin nicht beirrt durch Spickern Behauptung, die
christliche Schöpiuugslehre sei keine philosophische, sondern eine
religiöse Betrachtungsweise, eine Behauptung, die um so auf-
ftUender ist, als Spicker unmittelbar zuvor den Begriff einer
SehÖpfung aus nichts gegen Spencers Angriffe In Sobutz ge-
genommen bat
Wenn Ton Spencer alles Metaphysische als unerkennbar
beseiohnet wurde, so ist er doch nicht gewillt das Unerkenn-
bare als nicht seiend oder als reines Nichts zu betrachten.
Die dem Nichtich anj^ebörenden Erscheinungen oder die starken
Kundgebungen weisen nach ihm auf eine aulserhalb unsores^
BewufaUeiiJS liegende Realität hin, wie die Begrifib des Hanmes,.
der Bewegung und Kratl. Es liegt den äulsern Erscheinungen
wie den Begriffen, mit denen wir sie bearbeiten (Raum, Be-
wegung etc.) das Bing an sieb au Grunde, und zwar ist da»
Bing an sich die Ürsiwhe und das phänomenale Sein die Wir-
kung. Das Ding an sich snobt Spencer des näheren als Kraft
zu bestimmen und entwickelt ans ihr den Begriff des Stoffes-
und der Bewegung als ihre Kundgebnngen, des Raumes und
der Zeit als die Bedingungen, in welchen sich die Kraft kund
gibt. Die Krall selbst aber ist und bleibt eine unbekannte
Gröl'se, weil sie sich mit keiner bekannten Gröfse messen lüfst.
Diese unbekannte Kraft oun wird von Spencer mit dem Schlui's-
> Vgl. Uber dieses Problem mehr in meinem ,|Sytteme nnd Oesebicbte
der Kultur * I, 160 iL (OescbicbtliebeB Snbstans- uid Kansaliatsgeseu)
und I, 61 if.
* S. Jahrbuch V, 218, wo ich die betreffende Stelle Spencers nach
Spicker dtierte.
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446 Beiträge cur Geschichte der ueaereo Philosophie.
punkt einer logischea Betrachtuog verknüpft, welche darin be-
steht, dals das oben charakterisierte relative Wissen und Er-
kennen durch ein Äbsolutes ergHozt werden mÜB8e, um nicht
illusorisch zu worden und zuletzt mit diesem Absoluten in eins
geseizt. iJas Absolute sei aber, meint Spencer, nur ein Postulat
unseres relativen Denkens und als absolut mit nnsera relativen
Begriffen nicht zu fanea oder es sei noerkennbar» man köDoe
niefata über dasselbe aussagen als daCe es sei» nameatlkli
müsse der Gedanke an eine Persönliokkeit des Abeolnteo fem
bleiben.
Noch von einem andern Gesichtspunkt aus gelangt Spencer
zu demselben Resultat. Eine Vergleichung- aller Relig^iouen
lehre, meint er, den gemeinsamen Zug, dals ihnen die Welt ein
Rätsel ist und dafs sie hinter den Eracheinung-en alü ihre Ur-
sache eine unerforächliche geheimnisvolle Macht voraussetzen.
Die Formen und Vorstellungen, in denen die Religionen diese
Macht an fassen suchten, seien aber alle ▼ergänglieb nad
veränderlich gewesen. So gpit wie die alte Mythologie stellen
die christlioheo Dogmen Versnobe dar, das Unendliche nad
Unaussprechliche dem Geiste zugänglich zu nuMhea, was im
Grunde unmöglich sei, alle Formulierungen haben daher im Fort-
echritte der Zeit anderen Formulierungen weichen raüssen.
während der unvergängliche kö-^tliche Kern, der durch alle
Formen sich hindurchziehende Gehalt alle Wandlungen de«
Bewufstaein» und Zeitgeistes überdauert habe. Jetzt, sei endlich
die Zeit gekommen, wo man alle diese Verbuche als nutzlos
aufgeben und eine bessere Sonderung vom Glauben und Wissen
eintreten lassen köDue als in der Vorseit. Alles Dogmatisiereo
sei ein Hineinpfuschen der Wissenschaft in die Religion. Wenn
sich die Wissenschaft ganz auf ihr Gebiet beschranke und je
mehr sie hier Fortschritte mache, desto grofoer werde das Ge-
biet des Unkennbaren und damit der religiösen Gcfiihle. Die
Wissenschaft sei eine Kng-pl: ic mehr sie wachse, desto mehr
nehme auch der sie uiugebeude und von ihr ausgeschlossene
Raum — das Unerkennbare — zu.
Spicker gehl mit Spencer bis zu dem Tunkte, wo er alle
Formulierungen der religiösen Gefilhle verwirft, er stellt noh
au Spencer, wie Kaftan au Breyer^ und glaubt an die Möglich-
keit neuer Formulierungen. Ohne uns über diese Meinungs-
1 Vgl. die ausgezeichaeton Abbandlaogen Langhorsts aber „Undog-
matisches Cbristeotiim" und „Raftans nenes Dogma" in den StimnCB
aus M.- Laach 188<X91, dasu s. m. uSystem nnd Geschichte der Kaltur**
(II, i9d ff.)
uiLjiiizuü Dy Google
Beitrage zur Geachidite der neaerea Philoaopliie. 447
Teraohi«denbeit und Meinungsgleiohheit länger aafzahalteD, gehen
wir zn den Schluföbemerknng'fin 8]Mckf^rR über, welche anch
diejeDij^oTi (iutnioins sind ; beide betonen den Widerspruch, in
deo sich Spünct'i- ^olhst vorsetzt, wenn er von dem gegebenen
BewufstHtiiiiBpliiiüouien auf ein Unerkennbares schliefst, da» aus
einem negativen uomerklicii zu einem pobiliven iiegnÜe wird.
Obwohl er niohto ▼!» ihm zu wiaaen vorgiebt» nmCi er nnwiUkttr*
lieh mehreret von ihm aoMSgen: njimlioh dab die üiierfceniibare
«iMolut imd Ursache der Bneheianngawelt ist Weon ea aber
Ursache der ErscheinangsweU ist, so mufs sich ana dieser Welt
noch mehr schUefiiea lasaen nach dem GraadaaU oaasa aeqnat
effectura. Ja man kann noch weiter gehen, da Spencer so
unvorsichtig ist, d'w. monHchlichen Individnen ah Mittel zu dem
höheren Zwecke des Absoluten darzustellen und von jedem zu
Terlancen, dafs er sich al« eines jener zahllosen Agentien be-
trachte, m weichem die unbekannte Ursache wirksam ist, und da
er ttberdem die ▼erecbtedeDen jEteltgionsforraen und Keligions*
«tofen als relativ wahre Offenbarungswelaea dea Absotaten
gelten IlUbt. Damit nähert afoh Spencer jenem wissensstolien
Fantheismos eines Hegel, Sehetting nnd Schleiermacber, welcher
das Absolnte noch mehr sn erbellen und aufzuklären vorgibt,
als die katholische Dogmatik. Die echt christliche Glaubens-
lehre Hteht mit viel gröfsorer Scheu und Achtung vor dem
(icheimnisse, sie betont unaufhörlich das Übervernüntilicho,
ünbegreiHicho und Unanssprechliche der christlichen Wahrheit,
während jener dünkelhafte Pantheismus, dem sich zuletzt Spencer
zuneigt, dematt- und aohtangslos das Absolute zu sich heran-
reifbt. Spicker hat infolge dieser nabedacht entschlüpften
Herzensneigangen seines Autors Imchtes Spiel, er kann von den
gemachten Zageatandnissen aus leicht sohlielhen, dab nnser
Olaubc und unsere Vorstellung von einem so oder so ge-
fitaltet(?n Absoluten ein Ausflufs oder Kundgeboog des Ab-
f.olntf>n selbst ofler eine Art seiner Offenbarnr.g soin müsse nnd
delshalb einen wahren Kern nicht bloi's negativer sondern auch
positiver Art oinschlierse m. n. W. etwas Erkennbares und der
Vernuuil Aügemessenes enthaUe.
Einen konsequenteren und kritisch schärferen Positivismus
als Spencer hat in Dentsohland Laas Tertreten. Wir haben
nns ttber diesen Laasschen PositiTismas 1886 in der , J*ittsmr.
Randschan" S. 139 des ^weitem aosgesproehen und namentlich
seine Begründung verfolgt. Wir kommen hier auf Laas zurück,
da auch Gaquoin sich am Schlüsse seines Sobriftchens mit ihm
abgibt. Nach Laas ist jede Anaahme einer Realität, sei es
jAlubodi für Pblloaophie etc. VL i»
448 RicbtigstellungeD der Aosichteo des aeoesten KoAmeaUiorä etc.
p«ycholo{2p!8cher oder materieller Art unbeweisbar und üünotig.
Das einzig Reale ist der Bewulstseinsgcgensatz von Ich und
Nichtich, oder die perpetuierende Korrelation von Subjekt und
Objekt. Damit fallt nicht nur jedes Ding an »ich, jedes Abso-
lute, sooderB auch die liealität der AurDeoweU uod eioer
Sedlsnssbttaiii nnd es bleibt nur ei&e fortwähreoda PhintMiBar
gorie ttbrig, eine ScbeiBwelt^ in der eiob das Objekt im Sub-
jekt und das Subjekt im Objekt spiegelt; ebne dafs ein Etwa»
hinter dem Spiegelbild stände. Begründet wird diese närrisobft
Annahme hanptoäehUoh mit Kants Kritik der reinen Vemnnft
und nebenher spielt auch Haa alte 8ophi8tentum eines Protagora?
eine Holle. Soweit kommt mau ziiriick, wenn man den ge-
sunden Pfad veriaist! — Damit »chlierse ich die Beilrage, welche'
infolge einer gewissen Kntmuthigung und anderer Arbeilen eine
längere ünlerbrechuug eriaiiren habeu. BeaciiLung iiabea sie
wenig gefunden, obwobl sie manobee Originelle enthalten, waht^
aeheinlieh ans dem Omnde, weil man diese neuen Gedanken
nioht mir, sondern dem Autor, den lob gerade bebaadelie» au-
sohrieb und weil die Beiträge in keinem sichtbaren Zusammen^
bang mit den übrigen Abhandlangen standen.
- » OQ" »
BIOHTIGST£LLUNG£N D£R ANSICHTEN DES
NEUESTEN KOMMENTATORS DES HL. THOMAS
VON AQU IN.
Von fr. GUNDISALV FELDNER,
Ord. Praed.
im 4. Heft des 5. Bandes dieser Zeitschrift habe ich gegeu
die Recension des hoohw. Herrn Dr. Wilhelm Esser über das von
mir der Öffentliobkeit übergebene Bnoh, betitelt: „Die Willen»-
. freibeit der yemilnitigen Wesen nach der Lehre des hl. Thomas"»
ans dem Grande reagiert, weil der sehr Torehrto Herr Recensent
mir mit der Behaaptung gegenüber getreten isS^ meine in soeben
genanntem Bache niedergelegte Doktrin stände mit Bezng auf
sechs Packte im Widerspruch mit der wirklichen Lohre de»
hl. Thomas.
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Richtig:stel}nnßreD der Ansichten des neuesten Kommentators etc. 44U
Der verehrte Herr ReccnHent sucht diese seine Behauptong
im 4. Hefte des 4. Bandes des „Philosophttohen Jahrliurhcs*' vom
Jahre 1891 Seite 412 C» baransgegeben tob Herrn Dr. Uatberleti
aufrecht zu erhalten.
Zum ersten von mir richtig gestellten Punkte meiner Er-
widerung^ auf seine ReoeosioD bemerkt der sehr geehrte Herr
Gegner iol^oudc»:
y^Vorstebende Bntwicklung Feldnera weiet niobts anderes
naeh, als dalli die potentia a c 1 1 ▼ a oder bandelQsfSbige Kraft
noob in potentia wa einen weitem actus, nainUoh au ihrem nltimnm
oomplementum der actio ist »Si^Qt potentiae active respondet
operatio vel actio, in qua completur potentia activa, so
schreibt der hl. Thoman (1. d. 42. q. 1. a. 1. ad 1.), ita etiam
illud, quod reHjiondet potentiae pasaivae, qnasi perfectio et com-
plementiim , a« tu^j dicitur". Der englische Lehrer nennt aber,
wie aus vürBtehenden Worten erhellt, ob solcher Poteutialität die
potentia activa, keineswegs potentia passiva, wie F. es thut.
Noch viel weniger vergleicht er deshalb diese potentia aotiva
der materia prima und sagt etwa wie Feldaer: «»der Wille als
Vermögea, als Polens, ist seiner Natnr nach ans nnd doreh sich
selber ganz und gar passiY. In ordine operative gleicht er dem
ersten Stoffe, der materia prima" (Feldner, Willensfreiheit 8. 84).
Wenn wir nun behaupteten, der Wille sei nicht eine rein pas-
sive Potenz (so: Feldnor K. 34), sondern eirtf aktive, so wollten
wir damit keiuesweg« alle Möglichkeit einer weitem Vervoll-
kommnung'^ dieser aktiven Potenz in Abrede stellen, sondern
lediglich uüHern Willen lucht zu einer materia prima in ordinc
operative stempeln lassen."
Anf die Torstebende Sentena erlanbe ich mir die Bemerkung
au maeben:
a) ist dem verehrten Herrn Gegner der Wille an und für *
sich Bo gut eine potentia passiva, nicht aber activa, wie ich
die 8ache in meinem Buche aufgefafst habe. Hier ist der Be-
weis daflir. Der Herr Gep-ner aob reibt in seiner Recension
S. 412: „wohl hat der Veirasscr m l uhcrzengender Bewoiskratt
dargethan , dafs, da Thomas mil volicm Rechte nicht die
Kreatnr, Kundern Gott für das Hauplageus erklärt, und dat»
Geschöpf blofs als Werkzeug in der Hand des allmäobtigeQ
SebÖpfers anerkennt^ eine gewisse motio physioa des Geschöpfes
daroh den Schöpfer bei jeder Tb&tigkeit statthaben rnnfs.
Ebenso swingend beweist er, dafs diese motio wenigstens
ySatara et cansalitate' der Thätigkeit des Geschöpfes Yorher-
gehen mnik, und dämm ancb in diesem Sinne ,prae motio
450 Eichtigstelluogeo der Aosicbten des oeuesteii KomtnenUtors etc.
pfaysica' genannt werden kanii. Gaax richtig beechreibi er
uns dieselbe als die Überführung der zwar handeloefähigen.
aber acta noch nicht handelnden Kraft aus dem Znstande
der Möglichkeit in den Zustand der Wirklichkeit de»
Handelns. Schon hieraus ergibt bich notwendig die Unzu-
läfisigkeit de» ^concursus mere simultaneus' Molioas, mag man
ihn auch im Verein mit jenen vielfachen Variationen betrachten,
welche er im Laufe der Zeiten erfthren hat Denn da diew
Art TOD Einwirkung Gottes nicht das ThStigkeitsprincip der
Kreatur berührt, welches an sich blofs in der Möglichkeit
an handeln ist, so siebt man in dieser AnfTassong nicht leteht
ein, wie überhaupt eine Thätigkeit erfolgen kann, ohne dafs zuTor
jenes Thätigkeitsprinrip aus seiner Möglichkeit in die Wirk-
lichkeit übergeführt wird."
Aus dieser Darlegung des verchrtea Herrn Kritikers rauls
ich vor allem drei Dinge beHODdera hervorheben. Der Wille,
nach dem Herrn Gegner die aktive Potenz, bedarf einer, ,moUo
physica'; diese motio physica mntä ferner ,natara ei cansalftate*
der Thätigkeit des Geschöpfes Torangehen; der Witte ist
swar handelnsfahig, aberactn noch nicht handelnd elue
diese ,rootio physioa'. Der Wille befindet sich ohne diese ,Tnotio
pbysica' im Zustande der Möglichkeit. Der Wille, das Thatig-
keitsprinoip ist an sich blofs in d er Möglichkeit zu handeln.
AuB (liest i ^ioglichkeit mu£» es in die Wirklichkeit über-
geluhrt werden.
Nehmen wir nun einmal an, der Wille sei an und für sich
potentia activa, uicbt passiva, wie verhalten sich dann die
vorhin gemachten Anssprfiohe des Herrn Gegners inr Sache?
Der Wille als aktive Fotens ist naeh meiner Ansicht der in
Wirklichkeit thatige WiUe. Aktives Prindp, aktive
* Potenz und agens in aotu sind fiir mich identische Dinge.
Ben Beweis daför werde ich später noch erbringen. Wenden
wir nun das vom Herrn Kritiker vorhin Gesagte auf den Willrr
als aktive Potenz an. Nach ihm ist ja der Wille aktive, mcht
passive Potenz. Der Wille braucht also, während er in der
Wirklichkeit handelt, eine ,motio pby«»ica'. Diese motio
physica geht ,natui u et cauualitatc' der Thiti^'^keit des Willens
vorher. Und diese motio physica überfuhrt dm zwar handelns>
fähigen, aberactn noch nicht handelnden Willen ans dem
Znskaade der Möglichkeit in den Znstand der Wirklichkeit
des Handelns? Der Wille ist nach dem Herrn Gegner an
sich blofs in der Möglichkeit zu handeln, und man sieht
ttberhanpt nicht leicht ein» wie eine Thätigkeit erfolgen kann,
uiLjiiizuü Dy Google
BichtigsteUoDgen der Anakbleo des neaetien KommeDtators etc. ^1
ohme dafs znyor jenes ThätigkeiUpriaoip ans seiner Möglich-
keit in die Wirklichkeit übergeführt wird. Der Wille ist
also an nich bloP« in der Möglichkeit »u hand^^ln, und doch
bildet er eioB aktive Potenz, d. h. wie ich die aktive Potenz
fasse, handelt er an «ich in Wirklichkeit!!
Entweder itst daa, worin der Herr Kritiker mir rocht gibt,
wahr, and dann ist der WOle an sich nicht eine aktive Potenz.
Oder der Wille bildet ia der That eine aktive Potens, nnd
dann ist das von mir Gesagte fakob. Dann hat aber der Herr
Kritiker nicht wohl daran getban, mir reobt an geben. Ans
einem dieser beiden Widerspräche kommt er nnn einmal nicht
heran».
Dafs die Ansicht dcR Herrn Kritiker», der Wille sei eine
aktive Potenz im Gegensatz za der Theorie, wie ich die aktive
und passive Potenz verstehe, mit der Lehre dos hl. Thomaa
nichtä zu ihuü halte, begreiil »ich von selber. Passiv ist dem
hL Thomas an und filr sieh alles das, was bewegt werden
kann vnd bewegt wird. Aktiv hingegen dasjenige, was be^
wogt Knn wird aber der Wille bewegt nnd awar von innen,
aber anch von anAen. Von avlben wird er bewegt durch den
Gegenstand. 1. p. q. 105. a. 4. — ib. q. 106. a* — ib. q.
III. a. — 12. q. y a 4. — ib. q. 80. a. 1.— 3. contr. Gent,
c. 88. und 89. — de veritate q. 22. a, 9. — de malo q. 3.
a. 3. — ib. q. 6. Ebenso wird er von innen bewegt, nämlich
von Gott. Man vergleiche die angeführten Steilen.
b) Der Herr Gegner »>agL weiter, raeine Entwicklung weise
niobts aaderea nach, als dafs die potentia activa oder handelns'
fSh ige Kraft noch in potentia an einem weitem actus, nlimlieh
an ihrem ultimum oomplementiim, der actio ist
Abgesehen davon, dafs auch hier wieder handelnsffihig
mit wirklieh handelnd identifiaiert wird, macht mich der ver'>
ehrte Herr Gegner anch noch zn dem reinsten Molinisten.
Im 5. Bande des tommerprhen Jahrbuches S. .303 steht eine
von mir angeführte Stelle aus P. Molina, welche ganz das Näm-
liche sagt, wa8 hier der Herr Kritiker lehrt Die aktive
Potenz, das ageus in actu ist nach der Lehre des hl. Thomas
und nach mir wirkende Ursache und die actio bildet den
Sffekt dieser wirksamen Ursache. Weil aber die Tbütigkeit
des Willens eine actio immaaens ist, so bleibt sie im Willen
als Accidens und der Wille verhält sich diesem Accidens gegen-
über wie die Potens. Nach dem Herrn Kritiker bildet nnn
der Wille eine aktive Potenz. Aber diese aktive Potenz
bedarf noob einer ,motio pbysioa'. Warum dies? Weil diese
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452 Richlig&telluugen der Auüichten des ueuestea Kommeutators etc.
aktive Potenz noch in der Potenz ist zu einem weitern actns,
zur actio. Inwiefern ist sie in der Potenz znr actio? Als
wirkende Ursache ottenbar nicht. Die wirkeude Ursache
verhält sich zur actio als ihrer Wirkung wie der Akt zur
Potenz. Sie ist ja gebeodes, die actio empfangendea oder
anfnehmeades Princip. Die aktive Poteoa ist folglich nar
in sofern noch in der Pete na zur actio, als diese fftr sie ein
AcoideDH bildet uod zwar, wie hier, ein accidens immanens.
Braucht also der Wille die ,motio physica' anr in dieser Be-
zinhnn^-, so bedarf er doiselben nicht zur Hervorbringung
der actio, sondern blol» zur Aulnahmo und Inhärenz diesen
Accidens. Ganz das Gleiche sagt P. Molina an der oben-
genannten Stelle. Non est inlluxus Doi in causam ca ratione
i^ua ugüus est (also aktive Potenz), sed cum cautsa ea ratione
qua agena est in ipsaoimet ea Tatiooe qaa patiena eat atqae
in se anscipit elFectam. Bo P. Molina.
Beweist demnach meine Entwicklang nickt mehr nnd nicht
weniger als dies, und ist der verehrte Herr Kritiker damit ein-
verstanden, was ich aus dem Ganzen annehmen mnfii, so bin
mcht blofs ich, sondern ist auch mein Herr Gegner ein MoliniRt
reinsten Wassers. Warnm i>*t er aber dann im Anfange seiner
ersten Recension so muti^^ R'eg'cn P. Moliua autgetreten?
Der verehrte Herr Gegner sagt aber in seiner ersten
Kcceusiou auch noch was anderes gegen P. Molina. Ks heil'^t
nämlich daselbst S. 413: „Kardinal fhmzeltn 8. J. fordert mit
Capreolus, Dominikus Soto, Kajetan nnd Bannes und andern
eine vorhergehende innerliche Verändernng des Agens dnroh
Hinan fägnng neuer Kraft". Und warum verlangen die ge-
nannten Autoren eine vorhergehende innerliche Verändernng des
Agens durch Uinzufügung neuer Kratt? Ist der Wille au
fsich aktive Potenz, d h. in Wirklichkeit thäti-r, wozu braucht
er dann die Hinzulugung einer neuen Krall? Zu welchem
Zwei kt^ bedarf er dieser neuen Kraft? Zum Aulnehmen der
actio otfcnbar nicht, denn dazu gehoiL uburliaupt keine KraU,
sondern eine Möglichkeit, eine Potenz. Die Potenz, das ge-
rade Gegenteil von Kraft, bildet hekanntlieh das Prineipfilr
die Aufnahme einer innerlichen Kraft Die Kraft wird Akt ge-
nannt, nicht Potenz. Wozu hrancht also der Wille diese hin an-
gefügte neue Kraft? Der Herr Gegner mufs, will er kon-
sequent sein, sagen: der Wille, obgleich aktive Potenz, braucht
diese hinzug-cfiiprte neue Kraft, weil er noch in der Potenz
sich befindet zu einem weitern actus, niimhch zu der actio.
Ganz einverstanden. Ich reiche meinem Herrn Gegner aus ganzem
uiLjiiizuü Dy Google
Biehtigstellungeu der AuBicbten des neaesten Kommeoutors etc. 453
Herzen die Hand und begrüfsc ihn aufs lebhafteste als echten
ThomiKtcü. Möge ich hundertmal unrecht haben mit meiner
Behauptung, der Wille sei an sich eine passive Polenz, und
4er Herr Gegner im Rechte sein mit der Ansicht, er bilde an
bich eine aktive Potenz, das veracblägt nicht«. £8 genügt voll-
kommen, wenn angenommen wird, der Wille an sich bedürfe
einer binsiigefttgteB aeaen Kraft, am m baadelD, weil
er Dooh in der Poteas let «um Handeln, svr Th&tigkeit
Kaan eich der Wille diese neue Kraft selber hinzufügen? Offenbar
sieht, denn, sagt der Herr Gegaer, der Wille befindet eich an
eich in der Möglichkeit, es mufs daher eine neue Kraft
innerlich hinzugefügt werden. Die hinzugefügte neue Kraft
kann nichts anderes sein als jene ,motio physica', die, ,natura
••?t causalitate' der Thätigkeit des Geschöpfes vorhergehen mui't^
üud darum auch in diesem Sinne ,praemotio physica' genannt
werden kann. Und diese ,praemotio physica' mufs nach dem
Herrn Gegner bei jeder TbStigkeit etattbaben.
o) Damm sehe iob wirklieb niobt ein, warum eieb der Herr
Kritiker eo aebr an meiner Anaiobt eldTst, der Wille aei an aieb
eine passiTe Potens. Das ist von gaoa untergeordneter Be-
deutung. In der Sache sind wir ja einer Meinung. Ich be-
stehe anch blofs auf jener dem Willen innerlich hinzugefü g-ten
neuen Kralt, die praeniotio physica hciTst, weil »io , natura
«t cauHalitate* vorfi « r<,^eht und bei jeder Thätigkeit des
Willens statthaben muia.
Aber mein unglücklicher Vergleich des Willens mit der
materia prima! Der Herr Kritiker meint, er babe durob leine
Bebanptung, der Wille an neb bilde niobt eine rein pasiiTe,
sondern eine aktive Fotenit, ledigüob nnaem Willen niobt au
einer materia prima in ordine eperativo stempeln laaeen
wollen.
Znnnchst bemerke ich, dafs der verehrtn Herr Gegner in
meinem Buche vergebens eine Stelle suchen wird, die besagt,
der Wille an sich verhalte sich in ordine operativo, wie die
materia prima in ordine operativo. Ich habe geschrieben,
der Wiiic an sich verhalte sich in ordiau operativo, wie die
materia prima, keineswege aber wie die materia prima in ordine
operatiYO. Das sind swei bimmelweit Tersobiedene Dinge.
Die materia prima ist unfähig nu einer Thätigkeit, besitst dasu
gar keine Potens, wedereine fundamentale, radikale noch
eine formelle. Die Form ist Thätigkeitsprincip, nicht der
StofT. Meinen Vergleich in dieser Weific zu deuten, dazu hat
•der verehrte Herr U^er absolut kein Recht. Und dock
Digitizeo Ly vjüOgle
454 Biebtigstellangen der Aoakhteft dM ttMtten XMMMBlatAn
geschieht eö m den vorhin angezogenen Worten: „zu einer materia
prima in ordine operative". Damit wird gesagt, ich hätte
behauptet, der Wille an aich, aUo ohne pracuiotio phjBica, be-
Bifoe keine Fähigkeit «i hiadeln, wie die mttsrie prim
keine hnt Dagc-^ en molk iek allen Bmitee Verwahrang einkgeii.
Einige Zeilen später korrigiert nok der Herr Gegner and «agi
richtig, wie die materia prima in ordine entitatire» allein
die beigefügte Anmerkung kommt wieder auf das frühere zurück.
Daselbst heifst es: „damit Fl.V. Bnhauptunp. der Wille j:::leiche
in ordine operativo dem ersten »Stoffe, der materia pnma, uni
sei deshalb gleich dieser in ordino operative eine potenlia
mere paRsiva, richtig" sei, wäre erforderlich, riafs der Wille an
aich weder piiucipium radicale und remolum semer Thiiiigkeii
sei, noch jemals prinoipinm formale nnd prozimnm desselben
werden könne; denn ao Terhalt ea sich bezüglich der materia prima
in ordine entitatiro nnd deabalb ist der erste StolF besügliok
des Seins eine potentta mere passiva".
Der verehrte Herr Gegner wird sich ohne Zweifel erinnern^
zu wiederholtenmalen im hl. Thomas gelesen zu haben, dafs das-
jenige, was mit einem andern verglichen wird, mit diesem letz lern
nicht in jeder Beziehung übereinzustimmen brauche, der-n sons-t,
bemerkt der englische Lehrer, hätten wir keine Ähnlichkeit mehr,
süuderu volle Identität. In welcher Beziehuug habe ich dem-
nach den Willen an sieh mit der materia prima verglichen?
Seite 84 meines Bnehes heilkt es: „der Wille kann alle mög-
lieken Objekte wollen, an einem bestimmten ist er nicht hia-
geordnet Ebenso kann er viele Akte aosttben, oder auch nicht
ansüben, aber zu keiner bestimmten VoUziehnng oder Nicbt-
ToHaiehang seiner Thtitigkeit ist er hingeordnet". Damit habe
ich einen Pnnkt der V^ergleichung angcg-oben. Die materia
prima nämlich ist an sich eine reale Potenz, hat aber, für sich
betrachtet, keine Bestimmung. Sie ist an sich zu keiner be-
stimmten Form hiugeorduet. Verhält sich nun der Wille au
sich nicht so? Ist er an sich zu einem G-egenstande bestimmt?
Femer: ist der Wille an sich fttr daa Th&tigsein, oder Ar das
Unthätigsein bestimmt? Dann wäre er in ereterem Falle ob-
jektiv» in letstexem aber subjektiv nicht mehr frei Kaan
man also die Wahl des Yergleiohes eine gar so nnglück liehe
nennen? Ein zweiter Vergleichungspunkt von mir war folgender:
„80 wenic: die materia prima sich selber die Form sieben kann,
eben so wenif^ kann der Wille an sich sich die Th:iti<^keit
geben, sich aus dem Zustande der Möglichkeit io den der
Wirklichkeit überführen". Mufs man diesen Vergleich eben-
uiLjiiizuü Dy Google
RklktigsleUungea der Aasichieu deft neaeiten Kommentators etc. 455
falls einen nnglückliohen nennen? Kann vielleicht der Willo
an sich »ich selber ans der Möglichkeit in die Wirklich-
keit übertühroD? Keineswegs, sagt der Herr Kritiker, dona
derselbe bedarf dazu einer innern Veränderung:, bedarf der
UinKulüguDg einer neuen Kraft. Und diese Krai'i neunen
wir ,motio phyBica*. Und diese ,motio phjsica' geht »natura et
oamtlitftte^ der ThStigkeit dee Geschöpfes Torsiis «od ist
in jeder ThStigkeit notwendig. Worin liegt nber dann die
so unglückliche Wahl meines Vergleiches? 0£fenbar in der
zweiten Hälfte meines ersten Vergleiches. Ich habe nämlich
daselbst gesagt: „ebenso kann der Wille yiele Akte ausüben^
oder nicht anwnbeD, aber zu keiner bestimmten Vollziehung
oder iSichtvollziehung »einer Thfitigkeit ist er hingeordnet. Die
matcria prima kann ailerdingä mch die Form weder gebeu^
noch nicht geben. Insofern ist hierin ein grofser Unterschied
festzustellen, aber wem in der Welt könnte es denn einfallen,,
dem Vergleiche anch diese Bedeutnng heizulegen, nachdem ich
die Worte: bestimmte YoUsiehnng oder KichlTolltiehnng noch
eigens nnterstriohen habe. Niemand kann folglich darüber im
unklaren sein , worauf der Schwerpunkt gelegt wnrde Ton mir.
Damit fallt die Torhin angezogene Note des Herrn Gegners in
ihr Nichts zurück. leh habe die Wahl meines nngliicklichen
Vergleiches noch durchaus nicht seHn r cinf^cschcn, sondern ich
halte sie in dem Sinne, in welchem ich sie gemacht habe, heute
noch autrecht, wie gestern und ehedem. Für Mii»duuiungen der
Art, wie sie hier vorkommen, darf man mich darohaos nicht
verantwortlich machen. Die stammen ans einer andern Qnelle.
d) Die Lehre, dalb der Wille nicht eine passive, sondern
eine aktive Potenz sei, ist nicht erst vom „neaesten Kommentator
des hl. Thomas" eriunden worden. Jahrhunderte lang haben
sich die Theologen darüber gestritten, ob der Wille eine potentia
passiva oder activa sei. So der Herr Gegner.
Ja, wenn dem so ist, dafs darüber schon Jahrhunderto lang
gestritten wurde, dann, so denke ich, werden wir iwei, der ver-
ehrte Herr Kritiker und ich, die Frage auch nicht lösen. Es
wird also das Vernünfdgste sein, dafs jeder bei seiner Ansicht
bleibt, ohne dafo wir nns gegenseitig noch weiter befehden. Viel
wichtiger ist, dalb der BegriiF passive und aktive Potena
genau fixiert werde. Auf diesem Wegs, so hoffe ich mit aller
Zuversicht, werden wir nns am ein gnas Bedeutendes näher
rücken. In ordine operative haben wir eine dreifache Potenz,
zu unterseheiHen. Die erste ist blofs aufnehmendes, leidendes
Princip, und diese nennen wir Stoff, Materie. Diese Potena
456 Riehtigslelloiigeii der Aneiehten des neoeiten Konmentatonele.
verhält sich iit ordine operativo rein passiv. Man vcr
gleiche aus S. Thomas: 1. p. q. 4. a. 1. — 3. d. 14. q. 1. a.
ä. — Quodi. q. lü. a. 5. — 3. p. q. 32. a. 4. — 2. d. 18.
1. a. 2. — ib. d. dO. q. 2. a. 2. — Darum aageo wir» der
Stoff eei an sich trüge. Er bildet tomit ntoht Tbatigkeits-
prinoip. In dieser Besiebnng gleiebt der Wille an eaeli
«neb nicht dem Stoffe. Scbiebt man mir diese Aneiebt unter,
80 kann ieh nur mit 8. Thomas sagen : ,^icot DamaeceDtis dia\
non nece«8o est omnifariara et indelectivo assimüari cxcmpla.
Qucid coim est in omnibus simile idem uüqae erit et noo
exemplura.*' 3. p. q. 2. a. 6. ad 1.
Eine zweite Potenz ist die iSatuikralt. Die Kriille der
Katurdinge sind aktive Kralle, dünn sie sind ununterbrochen
tb&tig nnd werden niobt vom Gegenstände bestimmt Diese
fortwährende Thätigkeit» nebst derBestimmnng an Einem,
haben sie an sich oder Yon Natur ans. Anf Gmnd des ersten
Anstofses durch Gott wirken sie fort und zwar das ihnen Be-
stimmte, selbstTerständlich unter Gottes Mitwirknng, unter
fortdauer jenes ersten AnstoHieß.
Eine dritte Potenz eßdli' h sind die Kratte iin Menschen,
zuraal der Yerhtand und Wiiie. Diese sind nicht immer thsitig,
wie die Kratte der Natnrdinge, und auch nicht zu Einem be-
stimmt, wiu diese. Sie mü.sseu daher iu zweifacher Weise be-
stimmt werden: au dem Gegenstande, und nur Thfitigkett;
an sich oder von Natnr ans sind sie weder au dem einen, noch
aur andern bestimmt Diese Bestimmung, aktiv gefklbt» nennt
B. Thomas eine Bewegung, passiv genommen ein Bewegtwerdea
<oder Leiden im weitesten Sinne des Wortes.
Nun entsteht die Frage: soll man den Verstand undWillcD
-an sich aktive oder passive Potenzen nennen? Mit dem Rtoffe
verglichen sind sie aktive Potenzen, denn sie bilden Principe der
Thatigkeit und sind auch manchmal thätig, was bei dem Stoffe
nicht zutrifft. Verglichen mit den Xrailuu der ISaturdioge,
sind es passive Potenzen, weil sie bewegt werden, leiden,
manchmal ans der Botenz in den Akt ttbergefUhrt werden,
was bei den vorgenannten Kräften nicht der Fall ist Diese
letztem feilen niemals in den Znstand der Potenz zurttek. Was
mufs demnach vom Willen gesagt werden? Ist er an sich
eine aktive, oder eine passive Potenz? Unusqniaque in
«uo sensu abundet. Ich nenne den Willen an sich eine passive
Potenz, ich sage ausdrücklich: an sich oder seiner Natur
nach, wie ich es auch im Buche gethan habe. Denu nirgeudt
habe ich behauptet, der Wille sei schlechthin oder überhaupt
uiLjiiizuü Dy Google
RichtigstelluDgen der Ansichten des neuesten Kommentators etc. 457
nar eine pasHivo Potenz. Dabei ätiiUe ich mich auf fol^^ttde
(iründe ans den Werken des eug-lischen Meisters:
Erstens sagt der hl. Thomas vom Willen, er leide, er
empfange, nehme auf. Das aufnehmende Frincip ist aber
lUHsh demselben hl. ThomaB ein passives, Dicht ein aktives.
Das aktive gibt» teilt seine Ähnliobkeit andern mit
Zweitens lassen sich viele Äosspräohe des bL Thomas Aber
die aktive und passive Potena kaum anders erklären. 80 sagt
er z. B. : die Natur unserer Sinne verlangt, dafs sie passive
Potenzen seien, wie Aristoteles im zweiten Buche über di« Seele
beweist. Würden also die Heiligen bei der Auferstehung ihre
Sinneethaii^keit nur dadurch auöubon, dafs die Siüue nur nach
aufsen hin auBstrahleu, aber nicht auch aufnehmen, so wären
die Sinne nicht passive, sondern aktive Kräfte. Diese Sinne
geborten folglich nicht derselben Art an wie jetat 4« d. 44.
q. 2. a. 1. q. 3. Damit tritt die an mich gerichtete Frage des
Herrn Kritikers: „wenn nnn aber aneb die vis visiva nicht actn
thätig ist, bort sie etwa deshalb auf, eine potentia activa zu
sein? wird sie etwa dadurch eine potentia passiva?" in das
richtige Licht, Nun ist aber nach S. Thom;iH aiioh der Wüle
ein aufnehmendes Princip. Folglich nenneich ihn nicht ganz
mit Unrecht an sich eine passive Potenz.
Anderswo heiCstes: „der habiUis ist niemals in der aktiven
Potenz, gondern blofs in der passiven, und dieser habitus ist
veUkommener als diese Polens'', de potentia q. 1. a. 1. ad. 4.
Im Willen aber befinden sich wirklich habitas. Ferner: „Die
passive Potena folgt dem Seienden in der Potena, wie die
aktive dem Seienden in actn". 2. contr. Gen. c. 7. Nun
gesteht der Herr Gegner selber, der Wille sei an sich blof«
in der Mög-lichkeit zu handeln, also doch wohl in der Potenz.
„Die aktive Potenz kommt einem Dinge zu, insorcrn es actu
ist", ib. c. 8. Also die aktive Potenz in ordine operativo
kommt einem Dinge zu, insofern es actu handelt. Odersollen
wir diesen Ausspruch in dem Sinne vcrHlehun: insofern es actu
existiert? Dann gäbe es in den Geschöpfen überhaupt keine
passiven, sondern nnr aktive Potenaen. Ks kann also nur
der erstere Sinn der richtige sein. Der Herr Gegner gibt aber
zu, dafs der Wille an sich blofs in der Möglichkeit za
handeln sei. Foglich ist er an sich nicht aktive, sondern
passive Potenz. ,.Der "Sinn ist erne paH«:ve Potenz, denn er
befindet sich nicht in actu in Bezug auf alles das, aut was sich
seine Thiitigkeit durch die Natur der Potenz erstreckt. Es kann
nicht etwas geben, was alle Farben actu besitzt. Indem es
458 JÜdilicttoUiiaiMi^r AiiiflkleadMiMiMiCMKoaaMDtatoncfe.
also vou den i'arbeu ieidet» wird eä lu acta gesetzt, und iimeil
ähnlich, iiiid erkamit sie. Bbeaao erk^imt der Vmtud «Um
Seieade. Keine Kreatar jedoch kenn in acta eein beiiigtich de»
gnnten Seine» wefl dieeee vnendlich iet Biee kcmmt hieb Gelt
SQ. Daher Teimag keine Kreatur zn erkennen ohne einen Yer»
stand, der passiv d. h. aufnehmend sich verhält Wedw
der Sinn noch d<^r intellectns possibilis können foljrÜfh thätijr
sein, wenn sie nicht durch ihre Aktiven vervollkommnet oder
bewegt werden", 3. d. 14. q. 1. a. 1. qu. 2. Mnfs diese Lehre
des englischen Meisters nicht auch auf den Willen angewendet
werden? £s ist kaum uudcra möglich. ,,}i>mu beaLimmte
Tha^keit geht nur ana einem bestimmten Agena herror.
Wae eich also blofs in der Potent befindet^ ist nicht thätig,
weil es sich Yielen gegenüber nnbeatimmt Terhüt". 1. d. 4^.
q. I. a. 3. Nach dem Zeugnis des Herrn Kritikers befindet sich
der Wille an eich blofs in der Möglichkeit an handeln.
Er ist also an sich nicht thnitifr Wie nennt man aber ein Ding,
das unihatig ist? Ofifenbar passiv, gleichwie wir sagen:
die8( m und jenem gegeuuber verhalte ich mich rein passiv.
„Aktiv OS Princip ist etwas, insofern es acta und voll k o m
sich erweiat. Ein JJiug leidet hingegen, iasofern es mangel-
haft nnd nn vollkommen iat Die aktive Potens bildet das
Princip, anf ein Anderes an wirken, die paasive, von einem
Andern an leiden". 1. p. q. 25. a. 1. Nach der Anaicht des
Herrn Gegners ist der Wille an eich blofs in der Möglieb*
keit zu handeln. Der Wille an sich mufs infolgedessen
mangelha tt und unvollkommen genannt werden, denn offenbar
verhalt er sich vollkomraennr nnd weniger man jirel halt,
weuD er in der Wirklichk e i t handelt. Ebenso leidet der
Wille an sich, einerseits vom Objekte, andererseits von der
^motio physica', die ,natura et causalitate' der Thätigkea des*
selben vorhergeht Wenn er aber leidet, dann ist er an
sich eine passive, nicht eine aktive Potena. „Von dem, was
die ThStigkeit des Agens anfhimmt, sagt man ebenSUls, es habe
eine Potenz. Und diese ist die passive Potenz." 1. d. 42.
q. 1. a. 1. ad. l. Der Wille nimmt die Thätigkeit des auf ihn
einwirkenden Objektes und den Einflufs der ,motio pbysics*
anf. Folglich ist er an sich eine passive Potenz.
Die Stellen an« 8. Thoraas, welche der Herr Gegner zu
meiner Widerleguug aaführen zu müsHcn glaubt, treffen mich
somit nicht Denu ans: 1. p. q. 82. 4 kanu nur g6«cblo6seQ
werden, dafs der Wille ilberbavpc aneh aktive Potenz sei.
nicht irf>er, dafii er an sich eine aktive Potenz bilde.
^ kj i^uo uy Google
RichtigsteUttBgen der Anflehten des neuesten Kommenteton etc. 459
▼eritate q. 22. a. 9 bewoist das gerade Gegenteil. Baselbet
zeigt nämlich 8. Thomas, inwiefern der Wille bewegt werden
könne. Da aber Bewegtwcrdeii soviel heifst als sich pasBiY
verhalten, leiden, so folgt daraus das gerade Gegenteil. Die
zweite vom Herrn Kritiker angeluhrte Stelle: de veritate q. 22.
a. 11. ad 5 besagt, dafs der Verstand dou Willen objektiv
regiere, was somit ebenfalls beweist, dal's der Wille an sich
eine paesiTe Poten ist, denn MMist Jcdnnte er nicht bewegt
werden. Dawelbe gilt von den andern gegen mich In die
Sohranken gerufenen Kommentatoren des hl. Thomas. An sieb
bildet der WiUe eine passive Potena, «ohlechthin oder über-
haupt mufs man ihn eine aktive Potenz nennen. Ich habe bis
jetzt nicht eine einzige Stelle in den Werken des hl. Thomas
gefunden, in welcher gcsag-t würde, dasjenip'e, was sich in der
Möglichkeit oder Potenz beiludet, müsse man aktiv nennen.
Sollte der verehrte Herr Kritiker eine derartig; lautende Stelle
entdecken, ««u wurde ich recht sehr bitten, mir dieselbe geialligst
mitteilen an wollen. leb wäre dalür aehr dankbar, weil es mir
rein nur nm die Sache selber an thnn ist Bis dahin aber mnb
ieh unbedingt an der Lehre des hl. Thomas festhalten, welche
derselbe in folgender Weise ausspricht: „es gibt eine aktive
Potenz, welcher der Akt enteprtcht, die Thätigkeit nämlich. Es
g^ibt aber auch eine andere Potenz, die pasBive, weloher der
erste Akt entspricht, nämlich die Form. Nichts aber leidet,
aul'ser auf Grund der passiven Potenz. Ebenso bandelt nichts,
aufser in Kraft des ersten Aktes, der Form, de potentia q. 1.
a. 1. Sobald etwas von einem Anderu bewegt wird, ist die
Potena des Leidens und der Thätigkeit nicht dieselbe (L o.
ad 16). In 1. 2. q. 10. a. 4 heifst es allerdings voluntaa eat
actiTum prinoipium, allein es wird darin nicht gesagt, der
Wille sei dies an sich oder von Katur ans. Wenn er yen
üott bewegt werden mufs, davon spricht 6. Thomas in diesem
Artikel, wenn er also leidet, so folgt seiner Theorie gemäfs,
dafs der Wille an sich eine passive Potenz ist. Aktive
Potenz wird er durcli die doppelte Bestimmung resp. Bcwe^nmg,
welche vom Objekte und von Gott auhgeht und vom illen auf-
genommen wird. Ob, und in wie weit ich von der Lehre des
hl. Thomas in diesem Funkte abgewichen bin, das mögen die
geehrten Leser beurteilen.
e) Der Terehrte Herr Gegner sagt, ich scheine au meiner
Ansiebt von der rein passiven Potentialität des Willens da-
durch gekommen an sein, dab ich in einem fort die potentia
activa mit dem agens in acta Terwechsle.
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460 Riehtigstellungen der Aotichten des neaeiteo KommeaUtort etc.
Das lAt richtig. Aber aoch das nt richtig, data 8w Thomaa
da» Nämliche Ihn f. Was mgt der enfr!i?^che Lehrer von der
aktiven Potenz.-' Der aktiven Potenz entspricht die Thiitig-
keit oder actio, in welcher die aktive Potenz kompiet wird.
Die aktive Potenz bildet das Princip. aul ein Anderes als auf
den von ihr hervorgebrachten Elleki wirken i. d. 42. q. 1.
a. 1. ad 1 and 3. Es gibt eine doppelte Poteos, die eine heilst
aktive, und dieser entepriebt der Akt, nämlich die ThStigkeit»
die andere ist die passive Potena, welcher der erste Ak^ die
Form entspricht Nichts aber leidet aufaer auf Grund der
passiven Potenz. Ebenso erweist sich nichts als tbätig, aufser
in Kraft des ersten Aktes, der Form. De potentia q. 1. a. 1.
Die aktive Potenz is^t das Princip, auf ein Anderes zu wirken,
IQ sofern es ein Anderes ist. Wie die passive Potenz dem
Seienden in der Potenz folg-t, »o folp't die aktive auf das Seiende
in actu, denn jedet» Uiug handelt dadurch, dafü es in actu,
and es leidet dadaroh, dars es in der Potenz ist Die aktive
Potens kommt einem Dinge insofern an, als es acta ist 2, contr.
Gent e. 7 und 8.
Welchen Unterschied macht also der hi Thomas swisobeB
der aktiven Potens oad dem sgens in acta? Keinen , wie
jedermann sieht.
Der Herr Kritiker macht folgende Unterscheidung: aktive
Potenz nennen wir jene, die zu einer Tbäligkeit hingeordnet
ist Agens in actii dag-eguu heifst dasjenige, welches zu^^amuieu-
gesetzt ist aus dum Dinge, welches t hat ig ibt aub der aktiven
Potenz, wodurch es diese Thätigkeit aasübt, und aus der
Thstigkeit selber, welche durch diese Potens anstände kommt
Br fttgt noch bei, die potentia activa and dss agens in acta
seien dem hl. Thomas himmelweit von einander verschiedese
Dinge. Wir wollen sehen, ob sich der Herr Gegner in dieser
Beziehung überhaupt mit dem hl. Thomas selber viel be-
schäfligt hat.
Dem Herrn Gregner bildet der Wille an sich ans dem
Grunde eine aktive Potenz, weil er zu einer Thätigkeit
hingeordnet ist. Was sagt aber IS. Thomas? „Der aktiven
Potenz entspricht die Thätigkeit, die actio". Kann man dies
vom Willen an sich behaapten? Nein, denn die Thätigkeit ist
nach dem Herrn Gegner ein principiatam, eio caasatain
der aktiven Potenz. Ebenso befindet sich nach ihm der Wille
ao sich blofs in der Möglichkeit zu haodelo. Der wirk-
samen Ursache in der Möglichkeit kann aber niemals die
Thätigkeit entsprechen. Die Thätigkeit ist etwas in acta, nicht
Richtigstellallgen der Ansichten des neaesteo Kommentators etc. 461
in der Möglichkeit, in potentia, während der Wille an
siob blofo in der Möglichkeit eich befindet D«r Potenz in
der Möglichkeit entspricht vielmehr das Leiden, nicht da*
Thätig'scin. Dieser Potenz entspricht nach der ausdrücklichen
Lehre des englischen MtiHtrrs die Form oder der erste Akt.
Ferner ist nichts thälig" uulbur in Kraft der Form, des ersten
Aktes. ÜeöiLzL der VViiic an »ich diesen ersten Akt, die Form?
Keineswegs, denn sonst wSre er nicht an sich in der blofsen
Möglichkeit sn baadein. Vergebeae wird der Herr Gegaer
im bl. Thomas eioe Stelle soeben, in welcher gesagt wird, das-
jenige, was sich bloth in der Högl ich keit befindet, besitze eine
Form. Was eine Vorm hat, das ist in acta, nicht aber in der
Möglichkeit. Weiter wirkt die aktive Potenz auf ein Anderes,
Vermag dies der Wille an sich? Darchaus nicht, sagt der ver-
ehrte Herr Gegner, denn der Wille an sich befindet sich blois
Jn der Mög'lichkeit zu handeln. Zum thatsächlichen Wirkou
bedarf er der ,praemotio physica'. Die aktive Potenz folgt über-
dies dem Seienden in actn. Bildet der Wille an sich in
ordine operatiTO ein Setendes in aetn? Kein, sagt nas der Herr
Gegner, er ist vielmehr ein Seiendes in der Poteas, denn er
besitzt blofs die Möglichkeit zn bundein. Bas Mögliche ist
aber in der Potenz, nicht aber in acta, und die aktiTe
Potenz kommt einem Dinge nach 8. Thomas insofern zn, als
es in acta ist. Die Hinordnung" allein zu einer Thätigkeit
genügt also dem Doctor Angelicns durchaus nicht, um den Willen
eine aktive Potenz zu nennen. Der Herr Gegner hätte darum
viel besser gethan, sich eingehender mii dem hl. Thoma» zu be-
scbäiUgen, statt uns zu sagen, was P. Snarez unter der aktiTe»
Potena Terstebt, wenn er überhaupt mir gegenttber den Nach-
weis erbringen will, ich sei rom hl. Thomas abgewichen.
Was versteht demnach der englische Meister unter der
potentia aotiva? Die poteatia passiva zugleich mit einem Akte,
einer Form. Was ist nun dieser erste Akt, diese Form? Damit
kommen wir auf die praemotio physica zu spreoben. Was haben
wir uns unter der praemotio physica zu denken V Ö. Thomas
antwortet:
virtus oaturaliB quae est rebus naturalibus in sua institu-
üone coUata, inest eis ut quaedam forma habens esse ratnm
et firmnm in natanu Sed id, quod a Oeo fit in re natnrali, qne
aetniiter agat, est nt intentio sola, habens esse qnoddam in-
oompletnm per modnm qno oolores snnt in aere et virtus in
instrnmento artjftcis. de potentia q. 3. a. 7. ad. 7. Der Wille
an sieh oder als passive Potenz ist also eine gewisse Form»
^ kj .1^ .^ i y Google
462 BicbtigsteUuugeo der Aoiichten des oeuesteo Kommentaton etc.
die ein vollständige« und feste?' J^ein hat. Allein dnsjenipfe, was
Gott iQ diesem W'illea bewirkt, damit er thatsachlich
haDdlo, ist etwas Unvollständiges dem Sein nach, also eioe
Form mit einem vorübergehenden Sein, im Gegensätze tn
dem Willen, als passive Putcu:^ au%elai's^ der ein ieatut» Öexa
beaitst. 6. Thomas nennt die praemolio pbysicn aneh eine Be-
weguD^, besiehuDgsweise ein Beweg^werden. In welohem Sinne
«r dieses versteke» sagt er nns selbeor: „forma reeepta in atiqao
non moTet illnd in qne recipitar. Bed ipsum habere talem
formam est ipsnm motum esse; sed moTetar ab ezteriori
agente, sicut corpus qnod calcfit per ignem non movetur a ealoie
recepto, sed ab igne. de veritate q. 22. a. 5. ad. 8.
Damit ist der BegriÖ der aktiven Potenz vom hl. Thomas
selber genau angegeben. Der Wille als passive Potenz wird
voa Gott bewegt. Diese Beweguag ml eme v or ubergeiiuüd
im Willen aufgenommene Form, nnd dadurch wird er akttTe
Potens. Der passiven Potena entspricht der erste Akt, die
Form» In Kraft dieses ersten Aktes, der Form, ist der Wille
an sieb tbätig, wird er aktive Potenz, agens in actu, und
dadurch formelles, unmittelbares Prinoip der Tbätigkeit
Jedes Ding handelt dadurch, dafs es in actu ist. Nur in dieser
Weise entspricht ihm die Tbätigkeit. Nnr in dieser W^eise wirkt
der Wille auf ein Anderes, auf seine eigene Thätigkeit.
Die wirkliche Lehre des hl. Thomas läfst sich kurz in
ibigeudü Punkte zusammenfassen:
1^ Die Kreaturen sind nicht blofli, d. b. sie sind nicht
um ihrer Existens willen da, sondern der Zweck ihres Da-
seine Ut die Thätigkeit Die Thätigkeit bildet die
Vollendung des Gesehöpfos. Damit lallt das System der Occi-
sionalisten.
2^. Kein Geschöpf ist unmittelbar durch sich selber, d. h.
durch seine WeMcnheit thätig. Dies komrot blofs Gott M.
Darum hat Gott den Kreaturen Fähigkeiten oder Potenzen
g^ebeu, die zur Thätigkt it bostiramt oder hingeordnet sind.
3**. Diese Potenzen sind au sick assiv e Potenzen, d.h.
sie befinden sich an sich blofe in der Möglichkeit, thätig zn
sein. In der Wirklichkeit thätig an sein, befindet sich an
sich oder von Natur aus Gott allein.
4^. Den Potenzen in der Möglichkeit entspricht eise
Thätigkeit in der Möglichkeit. Und doch sind sie Toa
Gott bestimmt zu einer wirklichen, nicht zu einer möglichen
Thätigkeit. Sie rnnsoon also dahingebracht werden, dafs ihnen
eine Thätigkeit in der Wirklichkeit entspricht, denn; omse
RichtigfiteilQogeo der Ansichten dea neuesten Kommentators etc. 463
agens agit Bibi simile, und die Thätigkeit Ist ein Produkt, eio
£ffekt in der Wirklichkeit der wirksamen Potonzon
5^. Folp-lich müssen die Potenzen, die an s eh nder von
Natur aus blolö iii der Möglichkeit sich befindeu, au» dieser
Möglichkeit herausgetührt werden. Sie luusseQ Potenzen in
der Wirklichkeit werden, denn nur lo entspricht ihnen eine
Tliitigkeit io der Wirklichkeit. Vermögen diese Potenm
eieb selber ans dem Zustande der Ilöglicbkeit berausin-
führen? Keineswegs; denn alles, was in der Möglichkeit ist,
omfii in die Wirklichkeit übergeführt werden durch etwas, was
sehen in Wirklichkeit ist. Dies gilt in ordine operativo
prnt, wie in ordine entitativo. Wirklichkeit in ordine opera-
tive hat an sich, wie gesagt. Gott allein. Er mul's folglich
die Potenzen in die Wirklichkeit übertühren.
6®. Wie geschieht das? Er bewegt sie, d. h. er teilt ihnen
eine Art Form mit, die jene Eigenschaften besitzt, welche
8. Tbomas Mber Ten ihr angegeben hat Darob diese von Gotfc
mitgeteille nnd ycn ihnen anfgenommene Kraft oder Form
werden die an sich passiven Potenzen aktive oder ein agens
in acta, in der Wirklic hkeit. Daher entspricht ihnen aneb
die Thätigkeit in der Wirklichkeit, denn omne agens agit
sibi simile. Noch eine andere Gleichheit ist vorhanden. Dio
Putenzen Bind in diesem Zustande zusammengesetzt aus der
Möglichkeit, v. eiche sie von Natur aus mitbringen und au»
der aufge D om in e II o u Eorm, also aun Potenz und Akt: die
Thätigkeit ist ebenfalls zusammengesetzt aus Potenz und
Akt, ans der Wesenbett nnd Sxistena.
7*. Die Anfiiahme dieser iron Gott der passiven Polens
mitgeteilten Kraft dnrcb die Potens selber füllt mit der Tbitig-
keit dieser Potenz nicht zeitlich, sondern nur der ,Natnr nnd
Kausalität' nach auseinander. Immerhin jedoch müssen iwei
real nntcrschiedene Dinge anaeinander trf'haUcn werden.
Bei der Aufnahme Hinser Kraft oder Form verhält sich die
Potenz eben aufnehmeud oder pasKiv. bei der Thätigkeit ist
die Potenz selber aktiv. In operatione <jua Deus operatur
movendo naturam, non operatur natura; sed ipsa naturae
opera^ est etiam operatio Tirtutia divinae, siont operatio instm-
mentt est per Tirtntem agentis principalis. de potentia q. 8.
s. 7. ad. 3. Oder: Operatio enim alicojns effectos non attribaitnr
mobili, sed moventi. In illo efgo effeotn, in qno mens nostra
est mota, et non movens, solus autem Dens mOTOos,
operatio Dco attribuitur. In illo autem offectu, in quo mens
no^t^;i et movet, et movetur, operatio noD solum attribuitur Deo,
Jahrbueli Ar PlilloMphI« ete. VI. W
464: RtchtigsteUuogea der Aiisicbien des oeoesten KommdoutOTg etc.
ted etiam animae. 1. 2. q. III. a. 2. Aber vielleicht ist diese
BewegüDg dnrch Gott identisch mit der Thätigkeit der
Potenzen? Nein, denn; licet motus sit communis actus moventi*«
et nioti, tarnen alia operatio est i'acerp raotum, et alia
reoipere innttnu. Undeetduo praedicameuta poauatur facere
et p all. 2. contr. Gent. c. 57. n. 2.
INMes ist in KfiiM die Lehre des U. Thomas. Deb diese
Lehre himmelweit von den Ansiehten des Herrn Kritiken
•bwetoht» liegt klar ta Tage.
f) Ich wollte in meiner Erwiderung auf dieEeoension meinen
geehrten Herrn Gregoer retten and schrieb deshalb, dafs er
.,Tinum wunden** anerkenne, das aktive Princip, die aktive
Potenz oder das agens in aotn seien identische Begriffe,
ich Htiitzto mich dabei auf di* voiii Herrn Kritiker aafgestellten
Prinzipien und zog daraus dit- lo^^isch richtigen Bchläase.
Alii ausdrücklichen Worten hütte der geehrte Herr Gegner
meine Ansicht allerdings nioht bestätigt Im Torliegenden Hefte
legt er nnn gegen diese meine Anfbssang feierlioh »»Verwahmog"
ein. Nnn gnt: wem nioht an raten ist| dem ist auch nicht an
lielfen. Der Herr Gegner raufs es sich dann gefallen lasseo,
dafs ich ihm in einem fort Widerspruche mit dem hL Thomas
und mit sich selber nachweise.
Do.r Wille ist nach dem Herrn Gegner eine aktive Potenz.
Dann entspricht ihm, gemäfs der Lehre des hi. Thomas.
operatio, die actio in der Wirklichkeit. Wozn braucht er duui:
noch die ,motio physiua', die ,naLura et causalitate' der ThaLi^-
keit Torhergeht? Die aktive Potenz bedarf im Sinne des
hl. Thomas keiner »praemotio physica', sondern des Simnltaa-
konknrses. Operatio natorae est etiam operatio ¥irtotis
diTinae. Der Wille befindet sich laut dem Zeugnisse des Herrn
Gegners blolk in der Möglichkeit za handeln. Wie kann aber
das in ordine operative Mö|^liche aktive Potenz sein? Die
aktive PntPTiz i'^^t nach Ö. Thomas in de.r Wirklichkeit, nicht
in der Müghchkeit zu handeln. Und wie kann der Potenz in
der hlol'scn Möglichkeit eine Thätigkeit in der Wirklich-
keit enibpjcchen , wie 8. Thomas sie lehrtV Ferner schreibt
der Herr Gegner, Feldner habe gana richtig die praemo^
physiea besohrieben als: y,die ÜberfÜhrang der awar handelns-
fähigen» aber aotu noch nicht handelnden Kraft ans dem
Znstande der Möglichk eit in den Zustand der Wirklichkeit
des Handelns". Was für eine aktive Potens ist das, die actn
noch nicht handelt, und infolge dessen erst übergeführt
werden mala zum Handeln? Kach S. Thomas wird die aktive
^ kj i^uo uy Google
EichiigsteUuugeu der Aosichteu des neuesteu Koinnieatators etc. '^05
Potenz niemals ü borge führt zum Handeln. Dies g^e»chieht
mit der passiven, mit der Potenz in der Möglichkeit, was
der Herr Kritiker selber zug-eäteht Die aktive Potenz bringt
bereits eine Wirkung-, die operatio oder actio hervor.
Der Herr (jegntjr «ciireibt teruer, der VViilt; an sich, also
in seinem Sinne die aktive Potenz braaohe noch eine vorher-
gehende innerliehe Verindening dnreh Hinsnfügung nener
Kraft. Wo hat der Herr Gegner im hl. Thohias je gelesen, daA
die aktive Potenz erstens einer Torbergehenden, sweitena
einer innerlichen Vefändernng» drittens einer nenen Kraft
bedürfe? Doch genug' davon.
g) Der Herr Kritiker findf»t in meiner .Schrift auch noch
ein ander^'H Cnriosum, nämlich ein agens in actu, d. h. ..«'in
in Wirklichkeit thätig Seiendes'^^, welches dennoch keinerlei Thatig-
keit aubübt.
Sehen wir uns den Text in meinem Bache etwas näher
an. S. 81: „es wnrde berail» dargethan, dafs der Wille, wenn«
d^eicb er in aotn oder agens in aota isi sieh doch noch seiner
eigenen Thätigkeit gegenüber passiv verhält, weil diese Thitig-
keit ein Accidens ist, welches dem Willen als seinon Sub-
jekte inhäriert Insofern diese Thätigkeit Wirkung oder
Effekt dos Wülfns ist, befindet sich letzt'Tor Glicht in der
Potenz zu ihr, verhält er nich ihr g-ep'f^nüber nicht passiv,
sondern aktiv. Er bildet vitjiinehr die wirksame Ursache
dieses üflekten. Passiv ist der Wille nur, inBoferu die Thätig-
keit ein Accidens ist und dem Willen immanent iuhärieft."
Ich meinemeits finde in der soeben gehörten Bemerkung
dea Herrn Gegners drei Onriosa, niualich: erstens belkiht sieh
der Herr Gegner mit Teztfalschnngen; nweitens lehrt er
»elber wortwörtlich das, was w mir vorwirft; drittens kennt er
die Scholastik nicht Jedermann sieht, inwiefern ich den Willen
in actu, als agcn« in actu noch in der Potenz seiend genannt
habe. Nicht insofern der Wille in actu Ursache der Thätif,'-
keit ist, befindet er sich noch in der Potenz, sondern iu»oieru
die Thätigkeit aU Accideus dem Willen inhäriert. Der Herr
Gegner läfst mich uhuu weiters sagen, der Wille iu actu sei
«in in WirUiebkett thStig Seiendes^ welohes dennoch keinerlei
Thätigkeit ansübt** Gegen ein so eigentümliches Mittel im
Kam^ um philceophisohe Fragen Verwahrungen einsnlegeu,
wäre viel zu viel Ehre iSIr den Gegner.
Der Herr Gegner sagt forner, der Wille sei, obgleich er
an sich eine aktive, nicht eine passive Potenz bildet, noch
in potentia zu einem weitem actus, uämlioh zur actio der
so*
46t) HichtigsteUaDgeo der Antichten des aeueiten Koamentetors etc.
Thätigkeit. Nun haben wir gehört, wis der bL XiioaiM
unter aktivor Potenz versteht. Da also der Herr Gegner den
hl. Thomas mir pepeniihcr vnrtcidi^^en will, i^n folg't aus seiner
ArguuK'ntation mit mathematiHcher Uenauigkeit, dafs der Wille
in actu oder als agens in actn „ein in VVirklichlteit thätig
Seiende» i»V\ welcheH deuuoch keiaerlei Tbätigkcii ausübt, weil
68 ja der Thätigkeit selber gegeottber im Verfailtaiaee im
Potens ateht. Findet endlieh der Herr Kritiker dariii ein
„anderes Goriosnm'*, dalb jedes Sabjekt nn seinem Aoddens sich
wie die Pete na snm Akte rerhalte» SO weilb er eben nichts
von der Philosophie.
h) Der H^Tr Gegner will darthun, dafs ich behauptet hätte,
erst dit! l'otentia in actu wäre das Princip der Thätigkeit, und
führt zu diesem Zwecke folgende Stelle aut» meinem Buche aa:
,,wer ^\ht dem Willen, dem Thätigkeitsvermögen diesen
Akt, die ExiHtt^ük^, wodurch er in ordine operativo Wirklichkeil
hat, Qod int'olgQ dessen Princip, Ursache wird? il s. w.
Nnn was ist denn ein ThätigkeitSYcrmdgea? Ist das
kein Princip? Von welchem Princip rede ich alsc an den aa-
geführten Stellen? Offenbar TCm fcrmellen, unmittelbaren
Princip. Ein ThätigkcitHvermögen, das sich blofs in der Mög-
lichkeit zu handein befindet, gleichwie eine Ursache, die
blofs in der Möglichkeit otwas verursacht, wird doch
nicht im eig'entlichsten 8inne Thätigkeitspriucip re-^p. Ur-
sache geoaunt. Wird aber damit geleng-net, daft» es überhaupt
ein Thätigküitäpriocip resp. eine Ursache sei'?
Hiermit schliefoe ich den ersten Pankt ab. Es ist ein
wahres Glück inr den hl. Paahie» dafs er nicht in nnsem T^n
lebt Denn hatte er jetst den Ausspruch gethan über den
Sehn Gottes: „habitn inventus est ut homo", es wäre ihm ge-
rade so ergangen wie dem P. Feldner mit dem Aussprache: der
Wille an sich gleiche der materia prima, der Wille an sich
bilde eine passive, nicht aber eine aktive Potenz. Bezüglich
der Honnenung des Willens an Rieh habe ich früher bemerkt,
dal's jeder sie autfasseu könne, wie er wolle. Nur darf er sich
daun nicht auf den hl. Tboman berufen. VVa» Ö. Tiiouias unter
aktiver Potenz versteht, habe ich im Vorausgehenden an der
Hand des hl. Thomas selber niedergelegt Genfigte die blofce
Hinordnnng anr ThStigkeit, nm eine Potena in ordine operatifo
an einer aktiven Potenz au machen» so wäre die materia prima
in ordine entitaÜTO ebenfalls eine aktive Potena, denn aie ist
aar Form hingeordnet.
^ kj i^uo uy Google
iiichti£;8teiluug€fl der Aosichten des neuesten Kommentators etc.
Die He^^rlfFübedtinimuiig des agens in actu durch den
Herrn Gegner erweist sich als ganz and gar unrichtig. Da»
agenft in actu ist ihm eiu ZusaiDiueDgesetzton aus dem Subjekte,
welches, aus der Potenz, wodurch das Sultjcki thütig ist und
aas der Thätigkeit als der Wirkuug. iJem zuiuige hätte der
■a aft ausgcBproolieiM Grondsats im hl Thomas: „eia jedes
Dia^ 861 thätig, insofern es ndi in acta befindet** keinen andern
Sinn alt dieien: ^pin jedes Ding ist thätig, insofern es ein Snlh
jekt ist, welches eine Potenz besitzt, wodurch es sich als thätig
zeigt» nnd insofern die Thätigkeit ihm iahäriert**. Mit andern
Worten: ein j<MieB Ding ist thätig, insofern es eine Thätigkeit
hat oder thätig ist. Auf das Prädikat: „geistreioh** liat diese
BegiifEsbestimmuug sicher keinen Anspruch.
II. Ferner habe ich in meiner Erwiderung dem Herrn
Kritiker gegenüber nachgcwietieu, dal» er die Bewegung des
Willens durch Gott, resp. das Bewegtwerden desselben mit der
Tblitigkeit selber idenUfiziert Dabei habe ich anf S. 413
nnd 416 seiner Beoension verwiesen. Anf das antwortet dqr
Herr Gegner im vorliegenden Helle: „auch hier habe ich wiederum
mehrmals S. 418 und 416 meiner Kritik aufmerksam Wort fttr
Wort durchgelesen, aber nichts von dem gefunden, was der
verehrte Gegner mir zusohreihi. Auf S. 41(» wurde ausdrücklich
gesagt, die motio divina im pan-siven iimue hv.\ die dem Willen
von («Ott füit'^'-etcilte IJewegun^-, welche in ihm bleibt per modum
posBiouif* traiiHeuüUt», so lauge er will ,uud iu deren Krutt er
wilP; die nunmehr vom bewegten Willen als selbständiges Princip
ausgehende WollensthÜtigkeit ... ist real idenkisoh mit
der Bewegung, dnroh welehe die bewegende erste Ur-
• ache den nnthatigen Willen in Thätigkeit vor-
aetit hat."
a) Won will denn der verehrte Herr Gegner eigentlich
täuschen? Hält er die Leser seines Jahrbuche« wirklich flir ho
kurzsichtig und einfaltig, dafs dieselben den eklatautcu Wider-
spruch nicht sofort herausfinden. Die Leser des ,Jahrbuches*
mc^en sich bei Herrn Dr. Kt»ser dafür bedanken. Ich behaupte,
der Terehrte Herr Gegner identifiziere das Bewegtwerden
dea WiUena mit der Willensthätigkeit selber. Der Herr
Gegner antwortet, er habe dies in seiner Kritik nirgends ge<
fiinden und schreibt genau fünf Zeilen darauf, die Ton mir
unterstrichenen Worte nieder! In der Recension selbst sagt der
Herr Gegner 8. 416: ,Jedoch machen wir darauf aufmerksam,
dafs 8i> (dm WollpnwtlWitigkeit) real id(!nti8ch (gesperrt!)
ist mit der Bewegang, durch weiche die bewegende erste Drsache
4ÖÖ Jäicbtigatellungeu der Ansichteo des neoesten KommeDUton etc.
den UDthätig^n Willen in Thätigkeit vmetzt hat''. Bas ist der
erste Widerspnich des Herrn Gegners mit sich selber.
Weiter: die Bewegung bleibt ina Willen per modutn pat-
eioni» iranseuntis, »o lang-e er will und in deren Kraft er
will. Das heifst mit andern Worten: diese Bewegung bildet
dieKiiiii, wodurch er will, wodurch er thätig ist; aber die^
Kraft, wodurch er thatig ist, unterscheidet sich nicht real voo
der Thätigkeit selber. Dss ist der sweite Widersprach.
Fenier: Diese Bewegung geht ,Datara et caosalitat«' der
Tb&tigiceit vorher. Allein sie ist real identisch nät der
Willensthätigkeit. Das ist der dritte Widerspruch.
Überdies: die Willensthätigkeit, die actio, verhält sich rar
aktiven Potenz wie das principiatnm zu meinem Principinm,
wie das causa Kl in zti seiner causau Die Bewegung Gotte>
aber ruht ini Willen, also in der aktiven Potenz. Und doch
ist sie real identisch mit der actio. Die Ursache ^ilt dem-
nach dem Herrn Gegner alt» real identisch mit der Wirkung.
Das ist der vierte Widersprach.
Endlich sagt der Herr Gegner aaf 8. 414 des ▼orliegeodeo
Heftes, die drei componentia seien real von einander anter*
soh ieden. Diese drei componentia sind nach ihm: die res, qnae
a^t, die potentia aotiva» qna res agit, nnd die actio, qnam res
per potentiam activam agit. Potentia activa ist aber der Wille,
imd in ihm bleibt die Bewegung per modum passionis trans-
( uuii^ 8. 417 aber ist die Willensthätigkeit, also die actio real
id< niit^eh mit der Bewegung, welche im Willen bleibt Da»
ist der tiinile Widerspruch.
Was der bl Thonaas diesbesüglicb lehrt, haben wir gerade
firttber gehört. Ich Jutnn seine Ansicht» des Raumes wegen, hier
nicht wiederholen. Aber geben wir sorfick mnf die allgemeineB
Principien. Was ist die Bewegang im passiven Sinne? Daranf
antwortet S. Thomas: die Bewegung im passiven Sinne ist der
Akt desjenigen, was in der Potenz existiert und insofern es in
der Potenz ist. Phrsicor. III. II. 3. Und was verstehen wir
unter actio oder Thiitigkeit? l>iu actio ist der Akt des Agens,
ib. III. V. 2. Das Agens aber befindet sich nicht in der Potenz,
sondern iu actu. Somit ist die passive Bewegung das gerade
Gegenteil von der Thätigkeit Leiden bedeutet nichts anderes,
als etwas vom Agens empfangen; die actio dagegen iat die
Thätigkeit» das Wirken des Agens aof ein Anderes. L c 15.
Der Herr Kritiker bemerkt, ich scheine gar nicbt ver
standen an haben, was man unter motio divina im aktiven und
im passiven Sinne verstehen mttsse; £r schreibt, sagt der
V
RklitigslelliiBgeii der AatiditeB des neiiestiii Xonnaitttori ete. 469
Herr Gegner: „was ist die motio divina im paKaiven Sinne?
Der Herr Kritiker hat trüber erklärt, die mouu divina »ei die
HinzufögiiDg neuer Kraft. Im paseiyen Sinne mnb de somit
die Aufnahme dieeer neuen Kraft fleia.*' Wir Terstehen aber
unter motio divina aettva et passiya enmpta etwas gans
anderes. So schreibt Kardinal Massslla: ^^oreatio . . . passive
aceipitiir nt aliqnid ipsius creatnrae, quae creari didtor". Ähnüeli
fassen wir auch die motio divina aktive auf pro actione, qua
Deus movet res ad agendum, passive aber pro termino hu jus
aotionis divinac. fiir das, was diese Tbätigkeit Gottes io den
Geschöpfen hervorbringt
Der Herr Gegner irrt üich sehr. Ich verntehe ganz gut,
was man unter der passiven Bewegung sich zu denken hat.
Dafiir yersteht weder er, noeb Kardinal Hassella die passive
Bewegung. Das^ was der geehrte Herr Kritiker als terminns
der Bewegung angibt, ist nieht die Bewegung, resp. das
Bewegtwerden, sondern das Bewegtwordensein. Ipsum
habere talem formam est ipsum motum esse, bat S. Thomas,
wie wir früher gesehen, auBdrücklioh erklärt. Bewegtwe er^
und Bewegt w o r d c n s e i n d arten [ihcr i n keincj' Weise i d e n-
tifiziert werden. Dhh eioe bedeutet den Einfluis Gottes auf-
nehmen, das andere ihn bereits besitzen.
Die 6ache liegt durum ganz underB, alt» der Herr Gegner
sie darstellt. Kein Kommentator hat je behauptet, dafs die prae^
motie phjrsioa, die Aufnahme des göttlichen Binilusses auf den
Willen real identisch sei mit dem Willensakt«, mit der
Willeasthfitigkeit selber. Die praemotio physica aufnehmen
bedeutet nun ganz dieselbe wie die Bewegung passiv ge-
nommen. Die strittige Frage lautet folgendermafBen: die von
Gott mitgeteilte und vom Willen aufgenommene Bewegung
wirkt auch bei der Tbätigkeit desselben mit. Das ist der
sogenannte Simultankonkurs, im richtigen Sinne iiutgefafst. Ist
uun dieser Öimultankonkurs real identisch mit der Willens-
tbätigkeit oder oioht? Jedermann sieht, dafs es bimmelweit
▼erschieden ist zu sagen: das Aufnehmen dieser Torilbergehettd
mitgeteilten Form oder die motio im passiven Sinne bedeute
sachlich ein und dasselbe mit der Willensthätigkeit selber;
und ansagen: diese angenommene Form sei sachlich ein und
dasselbe mit der Tbätigkeit Ersteres mufo als durchaus un-
richtig bezeichnet werden, letztoros erweipt sich insofern als
richtig, dafs diese vom Willen aufgenommene Form das prin-
cipiura formale der Tbätigkeit bildet, oder, wie S. Thomas
sagt, die Kraft, wodurch der W^ille handelt. Jede Form aber
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-4i70 Btelitigatalluiigeii der Aaiiekcaa dm aflMttao KoBneatalon tU.
intendiert agere sibi simOe. Bs handelt sieh hier alio gsr nioht
um die pntftive Bevregaog des Willens^ sondern na die akiiTe,
wo sich der Wille bereits selber bewegt, eine Thätigkeit
ausübt. Golt wirkt aber aaoh mit bei dieser Thätigkeit des
Willens. Jetzt ontHteht die Frage: üben diese beiden Ui^achen
sachlich eine und dieselbe Thätigkeit aus oder nicht? Der
hl. Thomas spricht ausdrücklich von zwei Momein< n. Das eine
Qüuut er die applicatio virtutis ad actionem, vom andern sagt
er, dafs ejus virtute omnis alia virtus agit de potentia q. 3. a. 7.
Diese beiden Momente sind darohaiis niebt saebUcb ein nad das-
selbe, denn waram aShlt S. Thomas vier und nioht drei aaf?
Und warum koordiniere er alle mr gleiehmirsig? Bei dem
ersten der zwei soeben erwähnten Momente greift die prae-
motio pbysica Platz, bei dem zweiten aber tritt der Simultan-
koüknrB im Sinne des hl. Thomas in seine Rechte. Die prae-
motio phvBica btisinhi d,inn . dals die Thätigkeit. (i'itt<»'* im
Willen eine vorüberg^ehend «.xiHtierende Form hervurbr»ug-i, wo-
durch der Wille aus der Möglichkeit zu handeln in die
Wirklichkeit zu handeln tritt Das ist die motio divina im
passiven Sinne. Diese motioim pftssiyen Sinne ist keinsa-
wegs real identisch mit der Thätigkeit des Willeas»
denn ihr terminns ist der Wille» nioht die Thätigkeit des
Willens. Das sagt ja der Herr Kritiker selber in seiner Re-
ccnsinn S. 417. Bei dieser passi Ten fiewegOBg des W^illens
handelt also der Wille noch nicht, sondern er kommt hlofs in
die Wirklichkeit zu handeln. Darum ^relit dtetser Zustand
«natura et causalitate' dem wirklichen H Tindeln voraus. Allein
weil der Wille in der W^irklichkeit zu haudelu blolV» ,uatura et
caubalitute' früher ist alä da» wirkliche Uaudein, so beginnt
gleiobzeitig eine andere Bewegung des Willens, nam*
lieh ans der Wi rkliohkeit su handeln sum wirklichen
Handeln. Jede Thätigkeit der Kreatur voUaieht sich nach
8. Thomas Terraittelst einer Bewegung. Actio oecundnm qnod
est praedicamentnm dicit aliquid fluens ab agente et cum
motu. 1. d. 8. (j 4. a. 3. ad 3. Die Thätigkeit von weiten
Gottes, also die motio activa ist die nämliche gebliehen; nur
bat sie jetzt einen andern terminus, nämlich das wirkliche
Handeln des W^illens. Aber die motio von seiten des Willens
ist eine andere geworden. Anstatt der motiu p a & s i v a babeu
wir jetzt die motio aotiTa des Willens oder den Willen in der
Wirklichkeit» eine Thätigkeit setaend. Ist nun diese motio activa
des Willens real identisch mit der Thätigkeit des Willens
felber? Nein, denn die Thätigkeit ist ein Produkt, ein Bffekt
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Die Mystik des Angelus Silesiut.
471
des Willens. 3. p. q. 19. a. 1. KiemaU kann dia wirkende
Ursache real identisch sein mit der Wirkung.
Welche motio ist aUo mit der T hä t ig k e i t iliI identisch?
Die passiv© nicht. Die aktive oder der Wille in der Wirk
lichkeit anch nicht. In welchem VerhiiltniHse «teht der Wille
iu der Wirklichkeit der Bewegung Gülte» aktiv get'ai'st
besügiieb der Thatigkeit doa Willeaa? Haben wir eine oder
swei TbStigkeiten an nnterficbeiden? Ea ist mir eine und
zu dieser verbalt aieb der Wille wie daa quod, die motio divina
wie das qno agit. In ejus virtote omne agens agit. Daa ist
der SimuUankonknra des hl. Thomaa. Von einer realen Iden-
tität der Bewegung überhaupt kann man nur reden, wenn man
aie von »eiten Uottes betrachtet.
I)er Hen' Gegner schreibt in seiner Hecen«!On S. 417 wört-
lich folgendes: ,,svenn Gott unsern \\ illen bewegt, so cmpi'üngt
jeoer durch die actio Gottes eine Bewegung, er gurat lu
Bewegung. Hieraus ergibt sich eine zweifache wiobtige Eigen-
aobaft der motio oder praemotio pasaive anmpta. ZnnSohat Ter^
hält sieb bei ibrem Empfang der Wille rein pasaiv, leidend»
sieht aktiv oder handelnd." Der Wille in diesem passiven
Zustande ist also sioher niobt real identisch mit derThätig'
keit desselben. Im vorliegenden Hefte erklärt der Herr Gegner
^. 414, die actio oder Thätigkcit des Willens bilde ein prin-
cipiatum, ein causatntn der aktiven Potenz, also de« Willens,
und trotzdem hält er die Hehauptnug anch in diesem Hefte auf-
recht, ich stiiude im Gegensatz zu dem hl. Thomas mit meiner
Ansicht: die motio divina im passiven Sinne unterscheide sich
real von der aetio, wozu sie von Gott gegeben ward. Über
einen aolcben Vorgang das ricbtige Urteil an iiillen, nberlaaaen
wir den geebrten Lesern.
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DIE MYSTIK DES ANGELUS SILESIUS
Von Dr. PAUL MAHN.
Vorbemerkung des Herausgebers. Die nachfoltreade TTntersucliung
des nichtkatholi scheu Herrn Veriasäerb ist eiu Bturag zur objek-
tiven ReurteüuQg Scbefflers, weshalb wir noter Verwahnn^ noMm
kithoUacheD Steadpnoktei der AbbAacUiuig gern Bmob gevibraL
Litteratar.
A. Scorifton des Angelus Silesius.
1. Gedichte aus <1cn Jahren lß4l. 1642. Bei HoifiDi. t. Fallertlebsa.
Weim. J^hrb. I. 271 ff; Rosenthal, S. 1 ff.
3. Trostfedient an Burgk 1662; ChriatL Ehrengedichtoit dos Hcrm
A. V. Pranckenherg 1662. ibid.
3. Job. Scheffler's GrOodliche Ursachen und Motiven, warumb er voo
dem Lutbertumb abgetretten und sich zu der Catholischen Kirchen be*
kannt babCL Olnfttt 1668. Wtadmr abgedr. b. Hib; im Amu. h.
Lindemaon.
4. Cherubinischer Wauüersmaon. a) Wien 1657. Kntii< 5 Bflch»
Sprache mit einen Anhang 10 Sonetten und eine Vorrede, b) Gliti
1674, Mit einem 6. Buche vermehrt, dessen Anfang die erwähnt«Q
10 Sonette bilden. Enthält dieselbe Vorrede wie a, nur am AaÜMg
und Ende mit einigen Zusätzen vergroi^iert.
6. Heilige Soelenlut a)1667. Eatbtit 4 BOeher. b) 1668. Mit ein«
5. Buche vermehrt.
6. Sinolicbe Beschreibung der vier letzten Dinge. 1676. (Nicht die 1.
Ausg., wie ans dem Begiim der Vorrede fom Cher. Wand, v, 1174
hervorgeht. S. Kahlert 8. 37).
7. Ecclesiologia (Sammlung von 39 Sireitwhriflen gegen die Pfote»
stauten). 1677. Vorrede von 1676.
8. Bin Brief an Georg Betkium, dat. 28. Not. 1663. ünoehnM. Nachr.
1714, S. 79.
Die verschiedeoea Ausgaben s. verzeichnet bei Kahlert und Gödeke,
Grdr., 2. Aufl., III. 197 f.
B. Schritten iiber Angelus Silesias.
A. Schreiber im MorgeubUtt 1807. Nr. 240.
Gdschel im Jahrb. f. wiss. Kritik. 1084 Nr. 41 u. 42. Auläfslich der
Aaswahl v. Sprilehen des Cher. Wand, von Varahagen— (Bahsl).
1834.
Qaup, die r6ni. Kirche, beleuchtet in einem ihrer Proieljrten. i>resd.
1840.
Wittmanu, Ang. Sil. als Konvertite, a. mjSL Dichter u. a. Polemiker
Eine Charakteristik. Mit AndeutnnfTPn üb. wahre Poesie, ich«
Mystik u. rechte Polemik. Augsburg iÖ42.
Schräder, Angelus Sil. n. s. Myst Halle 1666.
Kahlert. Ang. Sil. Eine lit. bist. Unts Breslau 1853.
Besprechung in Westminster Heview. Okt 1863.
uiLjiiizuü Dy Google
Die Mystik des Angelus Silesius. 473
lloffm. V. Fallersleben im Weim. Jahrb. 1854.
Scliaster in Miedners Zeltscbr. f. d. bist. Tbeol. 1857. üegeu Schräder.
BoMntbalt Eioleftniif s. tr. Aoag. der slaitL po«t W.
Rezension von Heinr. Rackert in BIfttt. f. litt. ünth. 1864, 439 if.
Ahrendts, znr fiinkitiiiig in den Cher. Wand. Prognaini Ascdienlebea
1863.
^ Fniis Kern, Job. Cher. Wand. Lps. 1866.
Renzensionm von Reinhart Zöllner im Bl. f. 1. Unth. 1857,
382 ff. u. Schaadelen im Theoi.-Litt. BUtt 1867. 873 ff.
Bib, die Konvertiten teit der Reform. Frburg 1868. Bd. VII. Im
wesentl. ein Abdruck von Sch.s Konversionsschrift.
Knoblich in Zeitschr des Vereios f. Gesch. u. Altert. äeUetiena VUI.
Giebt einige Ergänzungen zu Scbefflers Leben.
Lindenrntto. Ang. Sil. (J. Beb.), Bfld eines Conirert., Oicihtart n. Streit«
thpolopr n aus dem 17. Jalirh. Freiburg 1876.
Treblici. Ai\\:. Sil. Kin Vortrag, Hrfslau 1877.
Die das VerhftUnis Öcbetfier^ zu Czepko beruiireudeu bcbriften
a. unten 8. 486.
Binleitung.
I.
Vorliegende Sdbrift will die Weltanschauung des Angelas
Silesiof darstellen.
Ist das möglich? Kann man aus so vefsdiiedenartigen
Elementen, wie sie die 8obrii1ten dieses Mannes nns darbieten,
eine GesamtanBchanüng' hcrannhcben. von welcher man mit B<ecbi
sagen darf, dafs es diejenig^e des Angelus Silcsiiis si'eweisen
sei? Aus Bebrüten, in denen sich zwei Antchauungsweieen
HO einander ausschliefsoud gegenüber zu stehen scheinen, dafs
man versucht bat, sie als von zwei verschiedenen Verlassero
herrühxend an erweisen?^
In seinen Btreitsebriflen gegen die Protestanten — 39
sind nnter dem Titel Ecclesiologia gesammelt — steht Schelf-
)er auf durchaus konfessionellem Boden und vertritt mit kampfes-
froher Begeisternng seinen katholischen Standpunkt; so sehr.
1 Sehiader: A. S. u. s. Mystik. Diese Hypothese ist 1853 von
Kahlcrt u, 1857 von Srhuster widerlegt werden. - Ich k:irjn Schräder
nicht dann beistimmen, dafs EIccesiol. u. Cherub. Wandersmann durch-
aus nichts Gemeinsames haben sollten, da sich allerdings BerQhmngs-
punkte finden, welche ich an ihrer Stslle beibringen werde. Dsonoeh
aber ist die Verschirdrnheit der ganzen Anschauungsweise immer noch
grofs genug, u. Liudemann hatte sicherlich kein Recht zu der Bezttchti-
gung, dalk Schräder „die Sammlnng der Bebefflerschen StreitMhrifMn-
nicbt einmal dnrehblittert haben könne.** (S. 7.)
yOigiiizcü üy Google
Die MysUk des Aagelas Silesioa.
dafs er BOgar die Potentaten auffordert, die Ketser mit den
Schwerte niederzuhalten.*
Dageg"Gn atmet in der heiligen Öoelenhist nnd dem Che-
rubin. Wanderern., wie all© Darsteller anerkenaen, em dorch-
UU8 versöhnlicher Geist. Mit ganz wenigen Angnahmen — und
auch da sehr milde — werden nirgeods die koafessioQeileu
Unterschiede betont Ja, der CherabiDisohe Wandersm. steht —
welohee nur die katholischen Apologeten nnd Schräder he-
streiten — nicht mehr aaf dem Boden des Ghristentnms.
Weil man nun diese H uden AnschaauagswMBen, die des
Cher. W. u. die der polemiBchea Schriften, für unvereinbar hiell^
andererseits aber auch daran nicht zweifeln konnte, dafü
ihrem Urheber mit jeder von beiden durchaus ernst gewesen
sei, 80 kam man* (larauf, h»*ide Richtungen dnrch Annahme
eines „psychologischen Entwicklungsganges in SchefFler" zu er-
klären, „vermöge dessen derselbe sich erst tu der weiteren
Entwicklung des Streites zam Zelotismiis nnd zur Proeelytes-
macherei steigern lÜTst" In seinen jüngeren Jahren habe
Innerlichkeit nnd Beschanliohkeit ihn heherrscbt» die im Cher.
Wandersm. und in der Psyche ihren höchsten Ausdruck er
halten hätten; dann lasse jene kontemplaÜTe Eicfatung in Folge
dos Streites mit der protestantischen Orthodoxie nach, um end-
lich, nachdem soine geistige Kratt in Folge des Alters über
haupt ahgcnomiumen habe, „Änfserlichkeit und derb sinnliche
Auffassung'' an die Stelle treten zu lassen, welches hoHonder»
durch sein leUtes Werk, die „binuliche Beschreibung ", be-
stätigt werde.
Was Bunäcbst die „Sinnl. Beschrbg/' betrifft» so leogneo
wir nicht, dafs Änfserlichkeit und derbe SinnenfalUgkeit in ihr
Platz gegriffen haben. Aber wie Scheffler selbst in der Yor-
rade sagt, sind die grollen Farben in ihr mit Absicht aufge-
tragen, um nämlich auf „dio niedrigen Gemüter" zu wirken. Kr
selbst lebte nach wie vor in seiner Innerlichkeit u. Beschaulich-
keit, und nur, weil er die HtumitiH Masse für die Auffassung
dersen)en uicht reif yktuljte, trat er aut Augenblicke aus ihr
heraus und bot ihr, wan sie verstand. Die Sinul. Beschrbg.
ist deshalb nach dieser Seite als ein Experiment anzusehen, eine
Schrulle, wenn man will, nienuds aber als beaeiohnend für die
damalige Denkweise Schefflers geltend an machea.
• Trart VII. 397. Besondpr^ tract. XXXVI: rtPrechtferti^tir
Gewissensxwan;,' oder Erweifä, (iais man die Ketzer zum wahren Giaubeo
sirIngen könne u. solle.
* Haopttichlieb Schuster 1. c. S. 466 f.
Dy GoOgl
Die M^'stik «lea Augelus öüesius. 475
ÜbtrdifH aber liüdeu »ich auch im Cherub. Wanderbm., dor ja
die Periode der Innerlichkeit repräsentieren soll, öfUire ähnliche
Stellen. Be&onderB die 10 Sonette, welche seit der 2. Ausgabe
den Aolang des 6. Buches bildeD, aber schon der ersten von
1057 ugebängt waren, leisten an derb sinnlicher Auffassung
kaniD weniger als die Sinnl. Besehreibg.^
„In Folge des Altera", wie Sehoster femer bebaaptot»
kann die geistige Kraft des Angelus sicher nicht abgenonunea
haben, da er, als er sterb, erst 53 Jahre alt war.
Eher könnte man an« der Kränklichkeit seiner letzten
Jahre- aul eine Schwät hun^^ auch seiner geistigen Kräfte
schliersen. Aber gerade ein »olcher Zustand sebeint einer ^ei-
gODg zur Äufserlichkeit wenig günstig zu sein.
Zudem jeduch Log sich bebeffler mehrere Jahre vor seinem
Tode — wahrsohetnlich schon 1671* — in das btift der Kreos-
herren an Bt. llatthias suriiclc, ein Aki, der doch wohl nicht
aadera als ans der Sehnsacht nach stiller Sammlong an er-
klären ist.
Bchlielblich aber geben wir su bedenken, was von einem
Entwicklungsgänge zu halten sei, der „ruhige und innerliche
BeRfhaiihVhkeit" in die Jugend, „Äufserlichkeit und derb sinn-
liche Auflassung** aber in das Alter verlegt.
Siud ;*omit die Gründe, welche Schuster lür seine Ansicht
beibringt, uiehl süchiialiig, so wird, meinen wir, eine Betrach-
tang nachfolgender Baten das Gegenteil seiner Behauptung er-
geben: dieses nämlich, dafs beide Anschaanngsweisen» sowohl
die konfessionell-polemische als die mysttseh-philosophische, wie
wir sie besser nennen, an gleicher Zeit unseren Dichter be-
herrschten.
Aus dem Jahre 1652 stammt das „Christliche Ehren-
gedäohtnis" auf den Tod seines Freundes Fnnckenberg, das
* Z. Ü. VI, 4: Ich «rar mit bUndeo-Wust verstellt und blutig roth,
In Wollust w&lzt' ich mich wie eine Sau im Koth,
Ich sttak vor Eitelkeit.
"VI, $ schildert er die Verdammnis u. a.:
Maubt irstundbadertsfcli tnan k-bt wie Hund' n Katzen
Muu luufs sich ewigUch mit allen Teufeln kratzen.
Man frisset HQttenraoch, Pech, iSchwefel, Teufelsmist.
' In der LeicbeDrede des Jesuiten Daniel 8cbwartz (die „Ab-
dankung"; im Anszug mitgeteilt von H. v. Fallersleben, W»'im. Jahrb.
I, 2Ü0 ffj heifst es, dafs Scheffler „nach langer Lcibs&chwacbheit mit
Inng- Q. dlirrtOebtigen Beaehwstden shgeishrt* sntiehlafen sei. 8.
Toirsde zur Ecclesiol. 1676.
• Kablert S. 27.
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4i6
Die Idjsük des Angelus SUesiiu.
f»chon ganz im Geiste des CherTibinisohen Wandersmannes abgo-
l'asöt ist, wie auch ein Briet »Schelflers aus demselbeu Jahre an
(xeorg Betkium^ von eiDig-en (iedichlen berichtet, in deueu „et-
liche hohe Termini und Modi zu reden ex Tbeologia mystica" vor-
banden seien. Derselbe Brief erwähnt „etliche hoch iubrünsuge
dis Gemttt itt Qott erliebende Gebete sne nntandiiedeiies
Autorlbm verdeiitoolitf*, denen wegen de» dniin enthaltenen
^li^lkmmsaaaf^ von dem Inlheruohen Hof-Prediger sn Öls die
JhuokerlaubniB versagt worden. Sehen im folgenden Jahre,
16(3, getohah der Übertritt Schefflers zur katholischen Kirche,
welchem noch nicht 14 Tage später eine Rechtfertigung' mit
starker Polemik gegen die Protestanten folg'te 1656^ ging- er
der Wallfahrt nach Trebnitz voran, bei der er sich mit grolser
Demonstration gegen seine früheren Glanbensgenossen benahm.*
Im selben Jahre aber gab er auch den Cherubio. Waudensmaim
in Draok^ der, ebenio wie die Heilige Seelenlnet^ Ißb'i ep>
schien. 1661 trat er in den Orden der frstnun mlnomm
Semphiot YtAm Francisoi.« Dann folgen 1664^74 die Slieit-
»ohfiften gegen die Protestanten. 1673 war wahrscheinlidi
aehon die ^nl. Beschreibg. vorfallt.' Aber während dieser
Jahre erschienen 1(>68 die Heil. Seelenlust und 1674 der
Cherub. Wandersm. in 2. Auflanrc, und zwar nicht als einfache
Abdrücke der ersten Ausgaben, soudorn die Hl. Seelenl. mit
einem 5. nnd der Chemb. Wand, mit einem G. Buche ver-
mehrt, beide ganz im Geiste der t'riiheren geschrieben.^ Ihre
Abfassangszeit fallt daher zwischen 1657 n. 1668 beziehungs*
1 Unschuldige Nachrichten 1714, S. 79
• Joh. Srh "s Qründliche Ursachen und Motiven, warumb er von
dem Ltttherthumb abgetretten nud sieb zu der Catholischeo Kirchea
bekannt habe. OlmOts, 165S. — Wieder abgedrodtt bei Rifb. Im Aas-
sage auch hui Lindemann.
=• Kahlert S. 19.
« S. die Abdankung Weim. J. B. I, 294.
• Die Vorrede ist vom 7. Heumonathstag 1656 datiert.
• Scheffler war nnch eiR:enom Zeugnis kein Jesuit (Oaup S. lf>
Kahlert 20, Lindemann 12^ und 155). Schündelen frischt gleichwohl
diese anf Wetsel berobende Angabe wieder aaf.
' Kahlert S. 27.
" Buch VI eher. W. zeigt allerdings grö£iereB Mafs und Milde
in dcu Ausdrflcken; deuu:
V, 909 Die Liebe, wenn sie neu, braust wie ein junger Wein,
■Jo TTirhr sin alt uud klar, je stiller wird sie sein,
ond im gauzen kommt mehr die aut das praktische Leben gerichtete
Weisheit des gereiften Mannes zur Sprache, (cf. Kahlert S. 50) Die me-
taphysischen Grnndanscliauungcn aber sind diesslheB wie in den frflbttsa
Bachern. S. s. B. VI, 128, ISO, 171—174.
!
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477
weise IG74, also sicherlich auch io die Zeit seiner heltigsten
Polemik. Andeineito aber zeigen sieh 8pnren stark kon-
tessioneUer Färbung auch schon in der ersten Aasgabe des
Oherub. Wandersinannes.^
Wenn man nun nicht annehmen will, .SchetlU;r habe zwi-
schen beiden Anschaaungsweisen beständig' — zuwoilon sogar
im »eibßu Jahre — abgewechselt, hu Hcbeint sich uue» au8 diesen
Daten mit Notwendigkeit zn ergeben, dafii beide Bichtungen
^eichieitig and in jedem Lebensalter nnsem Dichter beherrseliten.
Wohl trat an Zeiten die eine mehr heryor als die andere: aber
moht^ weil diese ihn dann allein eingenommen hätte« sondern
nar, weil äuTsere Umstände es gerade mit sieh brachten. Ans
dieser Gleichzeitigkeit beider Ansichaunngsweisen ergeben sich
zwei Mofxlif'hkeiteii : Entweder ^chefl'ler raufs en mit einer von
beiden nicht ernst gewesen sein, oder aber er mufs beid* nicht
tur 60 widersprechend gehalten haben, wie sie den modernen
Darstellern erscheinen.
Was die erste Möglichkeit betrifft, so sind alle Schriften
des Ang. Sil. mit einem solchen Einsetsen der ganzen PevsSn-
lichkeit fiir die Sache, mit einem solchen fiir sich selbst spre-
chenden Hat ond Ernst der Überzeugung geschrieben, da(h fast
keiner der spateren Beurteiler die Anfnchkeit ihres Verfassers
in Zweifel geaogen hat* Die Verdäohtignngen gleichseitiger
> 8. unten Kap. 6.
* Gervinus' von bliadem Hafo gegen den Konvertiten diktiertes Urteil
kann als abcfetban angesehen werden (8. Kern S. 13 ff). — Kern (8.
128 ff) nimmt nur einen „versteckten Widerruft der späteren mehr
kirchlidien Anaehsmine Sehefflert, ausgesproefaen „in der Vorrede rar
2. Ausg." des Cher. Wand. (1674), gegen seine frühere Überreugung an,
welches aUo auf fite Srhustersche .\n8irf)t hinauslaufen wflrde. Aber die
cauze Darlegung ist liinfällig, weil Kern sowohl wie vor ihm Kahlcrt
27) ond nach ihm Lindemann (8. 106, 113) und Treblin (S. 28) in der
merkwürdigen Konfusion befangen waren, dafs die Vorrede erst 1674
hinisugefttgt sei, während sie doch schon, von einigen anwichtigen Zu-
sitaen im Anfangs and am Kode abgesehen, in der l. Ausgabe mit dem
Datum „den 7. Heumonatbstag 1656" stand. (S. das Nachwort der
Sulzbacher Ausg. V. 18i0), — Treblin, der sich nicht blofs auf diese
irrige Annahme stützt, tindet allerdings in der Hl. Seelenlust, da sie
gleichzeitig mit dem Cher. Wand, entstand«! sei, „ehie Akkomodation
an die Anschauuniz i5f^r Gemeinde'', ^da man nicht annehmen kann, daf«
ein und derselbe iMana bald Pautheist und bald Tbeist ist^". Mit fer-
tigen Schlagwörtern wie Pantheismus und Theismus kann man bei einem
Mystiker alles beweisen. Angelus' Anschauung läfst sich nicht schlecht-
hin als das eine oder das andere bezeichnen. Als Pantheismn«? nifht.
weil ihm das Verhältnis des Menschen zu Gott ein durchaus persön-
iiehet ist, was lieh namentlich in der Ethik annpdcht; alt Tkeiimos
nicht, weil sein Gott kobi eitramnndaner sondern immanenter ist. Es
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478
Die Mystik des Angelus Silesituu
protestantiHcher Gegner betreff« »urneTPr Vorteile, die ScbefDer
durch Beine Konversion erlangt hutte, verdienen bei der da
maU herrschenden Erbitterung beider KonfeseioiKin '^i.-^eu «iu-
ander ohnehin nicht viel GlaubAD, hüben sich aber überdies als
Verleumdungen erwiesen.^ Jedeut'alU ist, so lauge noch eine
andere Erklirungsweise möglich ist, eioe VerheiiBl^inig mim»
ätandpnaktoa» hervorgegangen nun dem Bewnfolaein, dnfii er
nieht enf dem Boden der Kirche stehe, deren Pkieater er wnr.
unserem Mystiker dnrehaoe nicht sOBUtranea. Diese andere
£rkiänuigsweiie aber, welohe allein uns geeignel eobeint, eine
ungezwimufene Aufigleichung der Gegensätze in Schefllers
Sohril'tcn herzustellen, bietet uns jene zweite sich ergebende
Möglichkeit dar. Angelus hat in der Thal nicht die AnBchau-
ung »eines Cherub. Wand, derjenigen der Ekklesiologie für
widersprechend geiialLeii. Beide suchen denselben Gegenstand
XU denten; nnr jedes anf andere Weise. Die Betn^htungs&rt
der Ekklesiologie, die Dogmatik, redet für den emptriaehen
Verstand, der den BUek anf diese Brde geheftet Mt; die des
eher. Wand., die Mystik, för eine ganz verschiedene Erkenntnia*
weise, die sich abwendet Ton der Welt der Jficecheinangen und
im „behauen* des Wesens der Dinge sich verliert. Auch die
kirchlichen Formen sind Wahrheit, aber sii^ sind ^evris^rrmaf^en
nur äufsere Uestaltungen des Götliicheo, deren eigentUcben
Gehalt und innerlichste Deutung erst die mystische Kontem-
plation liiidet, welche ihm deshalb auch die vera ac viva
Theologia ist*
In diesem 8inne, glauben wir, bestanden beide Siobtongea
in Seheffler neben einander. Sohon dafo er die Uyatik die
Tora ao Yi?a Theologia nennt, invoMert die Annahme einer
solchen, die vireniger vera ac viva ist; nnd TOr allem s^nnt
uns seine durchgeführte Unterscheidung zwischen diskursivem
und intuitivem Erkennen (8, unt. Kap. 4) zwanp-los anf unsere
Auslegung hinzulül i en. Ja, er selbst bezeichnet schon niii dem
Beiworte ,,cherTibii!is(:h !< hes er seinem Waudcrsraann gab,
die danu uuihaiLeue iicuaclitungsweise im Unterschiede von
dem gewöhnlichen Denken als eine solche, die „von der Klar*
heit und dem Lieht des göttlichen Verstandes dnichdrnngen,
gehört mit zu den Kennzeichen aller Mystik, dafs sie nicht unter be-
stimmte philosophische Grnndrichtuogen gebracht werden kann, sondern
bald hirr bald Ja ihre Elemente heroimiot. Wir werden un? dahrr in
unserer Darstellung, so bequem sie auch sind, aller • ismen thoalichst
«nthalten, und Ifewr immer von der Sache stlhst redsn,
> 8. Kableri S. 17.
« Brief in den Unschuld. Nachr. 1714.
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Die Mystik det Angelus Silesius. 4t7^
nun IQ sich selbst heli geworden, anch alle iiioge mit der
gouiicheu Klarheit in die8«m Lichte anschaut."*
Wir jeizi ^iaubeo leielti die Uovereiobarkeit beider Rieh-
iungen zu erkeonen. 8ie entdeckt sich ans bei Angelas selbst
tehon in der 2(eigung, obrwtliclie OUnbeineitae auf allgemeinete
philoeephiaehe larfleksnfilliieD, sie s« veiigdetigen, ja, wie Trab-
Ud 8. d8 niclit mit Uarecht aagt» lu TerflUebtigea (a. mit Kapw 6).
Sohefiler aelbat jedoch iat aich deo GegenaatiMa beider molit
bewufst geworden.'
Aber, könnte man fragten, wenn Angeln« mit den Sprüchen
des Cher. Wund, völlig uut dem Boden seiner Kirche zu sieben
glaobte, weHhalb sciineb er deuu zugleich mit den bpruchen
eine Vorrede, in der er Hieb gegen „verdammlichen binn und böse
>leinang** verwahrt? bebeint nicht gerade seine eitrige Vor*
teidigung mtndeateoa ein Bewiifiiticln daTOn ▼eraaesaeetM«, dab
die Spigramme niebt notwendig: in kitohlicliem Sinne Teiatandon
Btt werden branehfeen, felgUoh doppelainnig aeien? In welobem
Falle er dieselben hätte unterdrücken müssen, wenn anders er
«in SebrillataUer hlitte sein wollen, dem daran liegt, dafli ttber
seine wahren Ansichten kein Zweifel bestehL
Wir antworten: Für doppelsinnig" hielt Schefflcr seine
Sprüche uichl. Der in der mystisiheu Theolog-ie Erfahrene,
meinte er sicherlich, werde auch erkt uueu, daU sie mit den
Satzungen der Kirche in Einklang HUrnden. Daruber aber
allerdings war er sich keinen Augenblick im Unklaren, data
bei der groben Masse gerade diejenigen Anschannngen, weiche
ihm aeioe liebsten, weil tiefainnigaten waren, kein VeratiSndnis
Unden wUrden, daib sie eben da nicht als das erkannt werden
würden, wofür er sie hielt, nämlich für den eigentlichen 8inn
und tiefste Bedeutung der christlichen Lehre, sondern dafs man
sie da leicht für eine dem Chriatentnm abgewandte Ketaerei
•ansehen könnte.
In der That war ihm schon früher, wie huh dem U)5ii
geschriebeuen Briete in den Unschuld. Nachr. hervurgeht, der
Vorwurf gemacht worden, dafs er ein heimlicher Weigelianer^
1 Fr. Schlegels J)eataag, Passys öliweige. 1890, Nr. 19. (Bei
Rosenth. II, 245).
> Er ist also in dieser Hinsicht oicbt mit Mtonern wie Weisel oder
Franckeoherg / u vergleichen, die. wie damals oft, alle kiidilielien ForsMii
TSraehteten. cf. Kahlprt, S. 1-8.
* Welches jedoch nicht einea direkten Aohioger Weigels su be-
deelea bnnidit, loodem flbefbaapt „eine den Beshtglftubigen ▼erdichtige
Person." S. Pertz. zur Gesch. der rayit. nnd ascst Litt., In NiedBSffS
Ztschr. f d. bist. Theol. 1Ö67, 8. 6,
Jahrbuch für Philosophie etc. VI. St
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Die Hyütik des Angelus Silesius.
sei. Ein Nachklang davon zeigt sich im Hallegohen Universal'
lexikon (s. v. SchoÜler), wo es heifst, Cichettler habe „Jac.
BöhmcDs, Vfil. WeigeU, Scliwenkields und andrer Fanatikorum
Schrii'tea fleÜHig gelesen'' und »ei „ein Feind den Minialerü uod
Verächter der Kirchenordnungeu geworden."
In dem soeben silierten Briefo wiederom beriolifeet er, wie
oben bemerkt» dafe einigen von ihm ttbenetsten Gebelen die
Dmokerianbnio versagt sei, ,,daiiiit J. F. Gn. und die Priesteii-
8cbait sowohl auf den Lenden al» in der Stadt nioht in Vei^
dacht kommen, als ob man den Enthosiasmam wolle helfen
unterstützen." Schon vorher schilt er deshalb: „Ich sage, dafs
unuere jetzige i'rediger rüdes seynd, uud ignari totius antiqaae
Pietatis, et jejuni verae ac vivae Theolo^iae." Ja, er bekennt
hier, dais er in Anbeiracht der VerälauduiHioHigkeit des Hänfene
mit Mitteilung seiner Ansichten wohl nicht vorsiditig genug
geweaen sei: »Job eobene miob der Wahrheit niebt: wiewobl
ich mich nnter dieae generation (qvae pcava et adaitera est)
etwaa an weit heraosgelassen."^
Um nun aber solchen Lesern, welche die Sprüche dea
eher. Wand, seiner Ansicht nach leicht mifsverstehen konnten^
weil eben „viele Schlüsse von der ß^eheimen Gottheit" darin vor-
kamen, die „nicht jedermann bekannt seien", die Übereinstimmung
meiner Spruche mit der chriBtlicben Lehre, wenn man diese nur
recht verstehe, darzuthuu, schrieb Scheüler seine Vorrede. Aus
demselben Grunde auch lugte er in der zweiten Auflage von 1674
einaelnen Spriieben Anmerkungen mit deraelben Tendena binan.
Lediglich aiao der Mangel an Veratandnia anf aetten der
Leaer^ ist aaob seiner Aaticbt aobnld daran, wenn er sieh
zur Srklämng nnd Interpretation seiner Sprilobe herbeilaasen
' Aus d»>r MifsBtimmuDg über die Anfeindungen, welche er wegen
seiner Aasichten erfahren hatte, scheinen mir die iilpigramroe I, 265 bi$
268 hervorgegangen so Min, In denen er jedem das Recht der freien
MeinungsäoIiaeniDg vindicieren möchte. Z. B. :
], 266 Ich wpjfs, die Nachti^^all straft nicht des Kuckucks Ton,
I>u aber, sing' ich uiciit wie Du, sprichst meinem iioha.
* Ans dieser dem Angelas allmählich immer deutlicher gewordenen
Überzeugung von der Unfähigkrit der Menge, die tieferen Ideen des
Christentums zu erfassen, ist auch die «SinnL Bescbrbg. der 4 letzten
Dinge^ hervorgegangen (a. ob. 8. 474), welche die Absiebt Terfolgt, „die
Qemflter durch die teili erschrftcklicbea Darstellungen und lieblichen
Anmutungen zu einer heilsfinicn Erstaunung und glückseligen Verzückung
zu bringen." Es sei ihm wohl bewuist, daTs im üimmel weder Gold
noch 8uber oder dergleichen wiricUeh so finden lei» aber wte die bdiige
Schrift so habe auch er sich dessen bedient, am den «medrigen Qe>
matern" etwas ca geben. (S. iCahlert).
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481
amA» nicht dwa «ne tbattliebltch varliuideM Hoterodozie der>
selben, die er zu bemänteln hätte.
Eine andere Frage ist es freilich, ob der in der Vorrede
angestrebte Beweis von der Kirchlichkeit der Sprüche wirklich
erbracht ist. Es heif^t da: „Weil abrr tblg'o.nde Reime viel
seltsame Paradoxa oder widersinnige Keden, wie auch sehr
hohe und nicht jederniauu bekuuute Schlüsse von der geheimen
Gottheit, item vou Vureinigung mit Gott oder göttlichem Wesen,
wie auch Ton göttlicher Gleiohheit vnd Veigöttang oder Gott-
werdnng, and waa dergleichen, in eich halten, welchen man
wegen dier knrien Verfuanng laicht einen vetdammliehen Sinn
oder boae Heinnng könnte andichten: Also ist vonnöten, dich
deshalb zuvor zu erinnern/' £a folgt dann seine mit Stellen
der Mystiker bewährte Salviernng, deren Inhalt knrz der Ist.
dafs er nicht glaabe, die raenachlicho Seele könne ihre Geschaffen-
heit verlieren und sich in Gott verwandeln, sondern nur die
»^würdigte und heilige Seele" werde mit Gott so vereinigt,
dals sie ganz mit ihm ..durchdrnngen, überformt, vereinigt und
eiae eei." ,^a, dafe sie zu solcher vollkommener Gleichnis
Gottes gelangen könne, dafr sie eben da^enige sei (ans
Gnaden), was Gott ist (Ton Katar),* nnd in cUesem Verstände
recht nnd wohl ein Licht in dem Lichte» ein Wort in dem
Worte nnd ein Gott in Gott (wie in den Reimen geredet wird)
könne genannt werden."
Von den katholischen Bet'endenten ist diese Vorrede immer
mit p^rnlrtcr Zufriedenheit angetlihrt worden, gleich als ob mau
nur aut sie hinzudeuten brauchte, um die Rechtgltiubigkeit de»
Angelus bewieseu zu haben. Völlig mit Unrecht, Denn wenn
mau auch zugeben mag, dafs sich die aul die „Vergöttuog '
beaüglichen Sprttohe mit Tiel gutem Willen in kirchlichem
Sinne anstegaa laaaen, so sind doch im Gher. Wand, viel gra-
vierendere Sfitae enthalten, die nicht gemäCi den kirchlichen
Dogmen anssndenten sind. Von diesen aber schweigt die Vor*
rede. Sie redet nur von dem Eins werden mit Gott» der Ver-
göttung, aber nicht von dem Einssein mit ihm, unserem Ur-
sprünge und Wesen nach, welches PantheiHmus ist. Auf diese
pantheistischen Vorstellungen, »owie auf noch andere, wie die
der Präexistenz, die sich mit völliger Deutlichkeit im Cher.
* Vgl. d. Ann. son Christi. Ehrengedicbtnit, Weim. J. B. I, 38ft,
Vers 6: Accipiantur haec secuodum scripturam (folgoD Zitäte) et seusuti)
harmonicum D. D. Mvstfcoruin, qui est: qnod Anima sanria in uniono-
mysticä ti&t id per gratiam, quod Deus est per 2saturam. cf. Eccles.,
tmct XXXV, 8. DCX.
31»
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482 Die Mystik des Aagdtit Silesias.
Wand, ausgesprooben finden,^ gebt, wie gesagt, die Vorrede
gar nicht ein, behandelt Tielmehr Sprüche wie I, 8 und 96,
dif» diirchau» nichts weiter rU den offpnkimdf'^^sten Panlhei^'Tnn'^
aussprechen, als ob auch sie vdin Staii(l|>urikie Her Verc^nminv:
au» zu erklären wären.* — Deiuuach wird mit dieser Vorredt-
nichtA für die Rechtgläubigkeit des Angelus bewiesen.
Es erübrigt noch, mit wenigen Worten aal die Konversion
Sobemera eiazugeben, die allem Bisherigen au widerapreeheo
scheiot Deon eto Maon, der nicht aar allgeoiein cbriatlielie*
ttoadera sogar koDfessioaelle üotaracbiede ao stark betoal, daib
er nach Verwerfung des Latbertaios zur katholischen Kirche
sich bekennt, acheint, da an seiner Bbrlichkeit bei dieses
Schritte nicht gezweifelt werden kann. H<^hon d:imit jpdrn K?d-
wand >-7i>;on seine Kechtgläubigkeit widerloL^t ^u habin. Aber
gerade jener sein Hang zu mystischer Spekulation isi ^e-
wesen, der seine Konversion herbeiführte. Wir sahen ^ohon
üben, wie er, nucU im i'rulestautismus sleheud, die iutheriscbeix
Prediger rndea nennt, and fgnari totius antiqnae Pietatis, et
jejuoi Tcrae ao Tivae Tbeologiao; ja, whr wiasea femer, dalb
er wegen seines ^othnsiaamna" sohea Beibersien mit der
lotberisohen Geistlichkeit gehabt hatte. Das entfremdete ihn
dem über seinen höchsten Gütern allzu ängstlich wachenden
und dadurch engherzig gewordenen Protestantismus jener Tage
und führte ihn der katho1if*chen Kirche zu. Hier fand sich der
gedankenvolle Sciiwung seiner Mystik uicht durch wohlmeinende
Eiferer gehemmt. Bezeichnend genu^^ führt er in seiner Kon-
verüionbbchrilt als einen seiner Crtünde zum überintt ^11) an:
„Die freventliche Verwerfung der ihnen (den Lehrern insge-
mein) ganz nnbewaraten geheimen Knnat der Gemeinschaft mit
Gott (Tbeolcgia mystica), welche doch der Christen höchste
Weisheit ist** Wir können uns mit diesen Andeutangen be-
gnügen, da dieser Punkt, in dem auch nnter allen Benrtsilem
1 8. uot. Kap. 6.
* Kern erkennt aiteh hier niebt das, worauf m sakonat. Er sieht
nicht, dafs Scheffl^r eben den Punkt, der seine Heterodoxie hauptsäch-
lich prwpi'gt, den Pantheismus, gar nicht berührt hat, und bestreitet Ti'ir>
die Kirchiichkeit der BVergdttuog", welche sich mit etwas Kouuiveoz
lefdiieh der kstholiflelieB Lehre anpassen llAt (s. Schändeten« Tbeol.
Litt. Hl 1SG7, S81 n. wie sie denn auch in der Eccles. b&ufiger vor
kommt, z. ü. tract. XXXV, S. DCXV und DCXXXI. — Freilich reden
auch hierin die 66 Fropositionen der gefren Mölmes eingesetzten Inqai-
sition, die mit Zustimmung von Inooceoz XL 1687 veröffentlicht wurden«
eiae andere Sprache (s. Heppe, Gesch. der quietiit. Mytt. in der kath.
K.» a 278 IT).
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483
völlige Übereinstimmung herrscht, schon von Kahlert (15—19)
lind Treijliü (34—41), von letzterem besonder« treiTeod, ein-
^jehend erörtert worden ist, worauf wir hiermit verweisen. Die
katholischen Darsteller weichen nur darin von den proteHUntischon
ab, dais sie den Urund Air den Übertritt da» Auj^elus nicht
blofs In der VeriufiMriiohaog des damaligeii Latheitnina
«ooheii, 8<mdem in der latherieoben Lehre ilberhaapt, eioe An-
«icJit, anf welche einsngehen wir fiir ebenso müfsig balteut wie
sie auszasprecheoy da sie Schefflers Verhalten ans Mehr er>
klärt, als in den damaligen historischen Bedingungen gegeben ist.
Wenn wir nun, um nach all diesem auf unsere im Ein-
gange gestellte Frag-e znrückzukoTnmon, im Folgenden die
Mystik de» AngeluH •SilesiuB darstellen, so geschiebt dies in
der That mit dem Anspruch, in ihr seine vcra Theologia d. h.
diejenige Anschauung dein Leser vor Augen zu führen, welche
linier all den vereohiedenen Strömnngen der Oberfliehe ihm
anf dem Gmnde der Seele lag. Eine Anschannog, die in
manehen Punkten nicht mit seiner Ecelesiologia nooh mit dem
Christentum überhaupt sn ▼ereinigen ist, ohne dafs dcch dies
dem Urheber selbst zum deutlichen Bewufstsein gekommen wlire.
Keifst aber nicht dies unserem Dichter — gelinde gesagt
— einen Grad von Naivetät zutrauen, der nach seinen Lei-
stungen Helbst aul keine Weise bei ihm vorauszusetzen ist?
£b schtiint uns, daf« man nur so lange so fragen kann, als
man noch nicht dan Kigentiimliche derartig>er Naturen orkaant
bat, noch nicht eingesehen hat, wie wunderbar gemischt in ihnen
die Gegens&tse oft neben einander liegen. Verstand und Gemiit
ringen bei Bcheffler um die Herrschaft Während dieses mit
aller Kraft an den groben Wahrheiten des Christentums fest-
hält» die Ton der Kirche und ihren Dogmen getrennt zu denken
es weder vermag noch wagt, strebt jener, unabhäi^pig von
kirchlicher Autorität, Rchiichtern nur und g-leich«ara in unbe-
wachten Augenblicken, ei^'t^ne Pfade freier «Spekulation zu be-
schreiten. Beides spielt fortwahrend in einander, und sind
einerseits seine theologischen Anschauungen nicht frei von Ver-
tlüchtigungen der Lehre/ so zeigt andererseits auch seine Bpe-
knlatbn die Schranken, welche das kirchliche Bekenntnis ihr
auferlegt hat
* Leibois: Mlrstos snm Uamit Angelam iUoin sine nota Isnilsri in
<|Qodam nuperorum scrlptorom nostrse psrtts. Ad Plscctom. 28. Jan
1695. Ed. Datens VI, p. A6.
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484
Wie ist Soheaiers Stallaog innerhalb der deatMhen Mystik?
In der Vorrede Bnni Cher. Wand, von 1$56 schreibt er: ^Wae
sonslen viel andere niobt jedermann gemeine Reden and Spräche
anbelangt, so hoffe ieh, sie werden dem günstigen Leser, im
Fall er in den Lehrern der geheimen Qotteaweisbeit bekannt
i8t, nicht alleine nicht fremde, sondern auch sehr lieb nnd
angenehm sein: ind^ra er hier als in einem kurzen ßegritt
wird iinden, was er bei ihnen nach der Lünpre gelesen."
Scheffler ist in der That nicht für „einen onginaloQ Denker,
welcher der mystischen ^ontempiaUun neue Wege gewiesen**
zu halten (Kern, 130). Doch, obwohl am häutigtsten behauptet
ist es, von SinselhMten abgesehen»^ nicht Jakob Böhm, in dam
seine Gedankenwelt wnrselt. Angelas ist Tielmehr als einer
der letalen Ausläufer der Schule Meister £ckhart8 anzasehen.
Seine Grundgedanken finden sich sämtlich in der mittelalter-
lichen deutschen Mystik, und zwar am vollständigsten bei M.
Eckhart selbst vorg-ebildet. Kern' hat deshalb eine durch-
gehende Parallele zwischen beiden Denkern gezogen, treilich
nicht, ohne wichtige Punkte zu übersehen. Doch ist, wie auch
er nicht leugnen will (Ö. 127), eine groftje Anzahl — ja, ohne
Zweifel die gröfste — der Anschauungen Schefflers ebensowohl
bei Tanler and io der dentscbea TiMologie sa finden, ala bei
Eokbart. Von den ihm seitlich Näherstehenden ist am be*
stimmendsten für ihn Weigel* gewesen. Ja, weiterhin konnte
man aus fast allen Mystikern vor and nach Scheffler, am
MolinoB,^ Frau v. Goyon, ans Frana Sales und der spa-
nischen Mystik, ja, an« dem in der Obersetznng des Scotup
Erigena viel frelewenen Aronparrit'f'n die sehlai^^eudsien, oi\ Wort
für Wort überetnstimmendeo Äuiöerungen antühren.^ £s ist
» S. KaliU'rt S. 48; auch uns*«re Anm. z. Kap. 3.
■■' Ührigens hat schon vor Kern Carriere in seiner phiU. Wellansch.
der Reformzt 1847, S. 158 f sehr bestimmt darauf hingewiesen, da£f
mehr ala die asdaren mittelslterlichen Mystiker Eckhart anf Scbefflsr
eingewirkt habe.
* 8. die sehr snsftabrlicheD AnssOge sas W.'s Sehrifteo bei Ports,
1. c. 1867 uud 1859.
* Moliiios hat achon Leibniz mit Ang. Sil vert^lichen, Coosid. sar
la Doctr. d'un espr. uoiv. 1702. ed. Erdinann p. 17d.
* Daher die Mystiker seihst sich häufig unter einander zitieren.
Petrucci in sfinpr Apnloirio dr*r Mystik des Molinos: la contemplÄ7ioQe
luistira acquistata, Itiöl geht die gaoze Mystik bis auf Dion. Areop.
durch, um die Anscbsuongen des Molinos als von jenen allen schon vor^
uiLjiiizuü Dy Google
485
daher uDmö^lich, bei den einzelnen Änberangeo Sohefflers auf
eine bestimmte Quelle hinzuweisen,^ wenn auch zuzugeben ist,
dars seine Lehre mla Ganses der des Heiaters Bokhart am
nächsten 8tebt. —
Wie aber verhüllen sich Schefflers Epigramme zu Czepkos
der Zeit nach früheren, aber ungedruckt gebliebenen Sexcenta
Monodisticha Sapientum?^ Beide Werke zeigen in Inhalt und
Form grofse ÄfanUelikeit Als stöbere Nac&Tioht lassen wir
nnr, dafs Czepko sowohl als Sohoffler mit Fvanekenberg innig
bofronndet waren, nad erstersr dorn lotatersn seine Monodtstioha
zor Begutachtung unterbreitet hatte. Das war 1651, also svr
Zeit, als Scheffler in Öls als Leibarzt des Herzogs weilte und
häufig nach Lndwig-edorf, dem nahe liegenden Wohnsitz Francken-
bergH, hinausging. — Nachdem Kahlert'* und l'aini ' die i'rage
ofieo gelassen hatten, glaubte sich Koilmaue, ohne neue That-
sachen beizubringen, berechtigt, dieselbe dahin zu entBcheiden,
Scheffler habe wahrscheinlich Czepkos Manuskript bei i^rancken-
borg gesehen, es sieh anf einige Zeit erboten, Exsorpte daraus
gomaoht und naob ihnen geaiHbeitet, so dalb unser Diobter als
eine Art Plagiarins anrasehon sou*
Anoh uns ist es bei der unverkennbaren Ähnlichkeit beider
Werke und dem Freundschaftsverhältnis ihrer Verfasser zu
Franokenberg nnaweifelhaft, dalh Scheffler die Monodistioba
««trsgen zu erweisen. Vgl. auch Schopenhauer, W. a. W. u. V. Bd. II, Kap.
48. — Wir haben es unterlassen, in der Darstellung allerlpi Parallelen
aus aDdereu Mystikern anzuführen: jeder, der dieselbeu auch nur ober-
ilidilleh kennt, weifs, dsfs dies ein sehr «ohlfeileB Verfahren wlre.
.\ucb einen Verglpicli mit tJobopenbaiior 7u ziehen, mit welchem in den
meisten Punkten eine überetustimmuug vurhauden ist, erschien uns nicht
durch die Sache selbst gerechtfertigt; da nicht einzusehen ist, warum gerade
Scbeffler und oiebt ebensogut irgend ein anderer Mystiker mit jenem
l'büdsnphpn /nsammenpf stellt werden sollte. Nur, wo ein Verweis zur
Verdeutlichung der Sache selbst beitragen konnte, oder nur zwischen
«inim Myttium, im Unterschiede TOn anderen, ÜberdnstlDUiiQng ststt-
fsndf haben wir sowohl Schopenhauer als die Mystiker herauge/ogen.
1 auch Keinliart Zöllner io seiner Bezeiision von Kerns Boch.
Bl. f. litu ünlh. 18G7, 282 ff.
* Der gröfste Teil ist jetst in den folgenden Schriften vsrfttet*
licht, nie erste Hälfte vollst&ndig bei Kof^mane
» In FruU' litt. Taschb. S. 189 und iu seinem Aog. Sil.
* In Wsgners Arcbir 1878, S. 198 nnd in seinen Beürigen. 8. 296.
■ Im Eorrespondflosblsct des Yerelns f. Oeseh. der evangel. Kiicbe
Sebles. 1882, S. 93.
* Denn etwas anderes heifst es doch nicht, weuu Koti'm. im Emst
die Frage anfvirft. warum Cz. befan Erscheinen des Cher. Wand, nidit
«Lirm geschlagen** bebe.
486
Die Mystik AogAlat Sileilaa.
kannte , ohne dals wir KoffmaneR weitere BchlüBse mitzamacben
einen Grund sähen. Wie iet deou das Verhältnis de« Cher.
Wand, zu Czepkos Werk? Was den Inhalt der Sprüche an-
geht, so kann da Ton einem Binflnlk dea letateren anf Angokia
überbaopi keine Bede sein, da dieser naokweiatich eeine wj-
stieehen Anregaagen längst vor 1651 eap&ngen hat und lör
sfimtliche Spräche, die Koffm. S. 91 f. einander gegenäbersteUl»
sich ebenso schlagende Parallelen ans den deutschen Mystikern
n-nführen lassen. A!ro nur eine formelle Einwirkung" bliebe
übrig. Und wie steiiBD da beide zu einander? Oboe Zweifel
80, daffi, WHiui 68 der Zeit nach rnng-hcli wäre, man Czepko
und nicht SchetTler für den Nachahmer halten würde. Wo
dieser voll Xrait und Schwung, da ist jeuur mült uud lahm.
Bei Seheffler oft in aller Kttnce eine eigentümlicb schöne Prag*
nsnn den Anodrooka»^ bei Czepko ein stetes Herumgehen um
daa eigentUch IreffMide. Gerade die von Koffm. verglichenen
S]>rii(he beweisen das. Zeigt Seheffler selbst in den seiner
Zeit zn gute zn haltenden Wortspielereien zuweilen grofiie
Feinheit und wirklichen Witz, so ist bei Czepko nur die ganze
Fadheit jener lviehttin(x 7.n Tioden. Und: gerade in seinen
kühnsten und eigentümlichsten GedaDken, in denen der verständnis-
volle Leser ihm mit Errttaiioen über die Tiefe und Innijrkeit
«einer KonteiuplaUou lolgt, »teht Seheffler allein: Czepku hat
nie mit aoloher Energie die Höhen des mystischen Gedankens
an erklimmen vermooht — Im ganien dasselbe Bild, welches
uns die Charaktere beider gewähren. Sobeflner, In Halb ond
Liebe gleich stark, eine überaus mutige Personlicbkett, stets
bereit, den (redanken in die That umsusetseo, unbesorgt darum,
was der oder jener dazu sagt, jedem sympathisch, der es liebt,
Farbe zn bekennen; Czepko, nichts mehr aU Ruhe und Ungestört-
heit liebend, Btets auf der Strafse der meinen Meinung, vor-
sichtig Umschau haltend nach den Ansichten anderer, hoch be-
glückt, von der (juadeusoune hoher Personen beschienen zu
werden. *
Bo glauben wir allerdings annehmen au mttssen, da(b Seheff-
ler doroh die Monodistieha angeregt worden lst| seine myati*
sehen Anschauungen gerade in der Form ▼Ott Bpigrammen
niederzulegen, sich auch gewisser in denselben schon TOf;ge-
fundener Wendungen und Ausdrücke bediente; allea daa aber
> „The Martial of mysticism'' nennt ihn der Verf. des Artikels:
German Myst. in the 17. Cent, in Westminster Keview, Okt. 1868,
3 & Palm, Beitrage S. 266, 268, 269, 290.
uiLjiiizcü üy Google
Die Mystik des Aogelus Silesius. 48r
unbeschaiiet Keiner Originalität, da der Ciier. Wand, erst uls-
die Vollendung des in den AionodiBticha Gewollten ersciiemU
SchefiTler schuf Tönig" spontan ans der Fülle dos eigenen Inneren
heraus, wa» scboa daraus liervorgeiit, dalü er nach eigener An-
gabe das erste Buch „io vier Tagen Terfeiiiget", (s. unt 8. 491^
Anm. 1) wobei halb bewoTst, halb nnbefrafst Manche« aus den
Monodiatioha ihm mit elallofiL
IlL
Die Mystik des Ang. 8iL findet tiob, wie bemerkt, ^hsi
anssohliefslioh im Cher. Wand, niedergelegt Dieser wird (!alier
die Hanptquelle unserer Darstellung bilden, wahrend die üb-
rigen Schritten nur insofern herangezogen werden, als sich Be-
stätigurjg-on aus ihnen beibringen lassen. Manclie feine Be-
merknnt,' indesppn auch des Cher. Wand, müssen wir unbe-
rucköjchtigi lassen, da es uns nicht auf eine Inhaltsangabe
desselben, Hondern auf eine Daretteliung der phiiosopiiisch wert-
vollen Gedanken in ihm ankommt
Eine gute Ausgabe des Cher. Wand., geschweige denn der
poetiaehen Werke des Angelus 8ilesius, gibt es bisher noeb
nicht. Unter den vorhandenen die beste ist die Balzbacher von
1829, wenugleioh auch sie manches zu wünschen übrig läfst. ^
Gänzlich unbranchbar ist die Rosenthalsche Ansgabe, die nicht
nur den Begriff: „poetische Werke des Ang. Sil." so en^ faf-^t.
dafs sie die äulserst wichtigen Vorreden und die Annierkungen
des Dichters zum <Jher. Wand, nicht mit abdruckt, sondern
deren Text auch mit geradezu beispielloser Leichtfertigkeit
hergestellt ist Das Buch wimmelt von Druckfehlern und völlig
sinnlosen Lesarten.*
Eine kune Zusammenstellung der Beurteilungen» die Soheff-
ler seit Leibnis bis auf unsere Zeit erfahren hat, gibt sohon
Kahlert Am ausführlichsten Kern (S. 5^16). Wir denken
diese Übersicht hier nicht zu wiederholen, noch, was leicht
wäre, an vermehren. Im allgemeinen wollen wir nur hervor-
*■ Sie ist nicht so gut, wie Kern (S. 20) aouimmt. Z. B. I, 83 bat
sie „neio'* statt „ein**, I, 2bS „dnratiflieh« stsU „thursttglich«', III, 99^
„üorhzfft" statt „Hnchlieit." Fast ständig modernisiert sie das prOD.
pers. mit retlexiver Hedeutunp in das pron. reHex. (z H. II, 24).
* Schon Heinr. KQckert in seiner Rezension (Bl. f. litt. üuih. 1864,
439 ff), Kern und Lindemann ftui'^ern sich wenig anerkeDoead« — Gleich-
woIjI müssen wir narh dieser i\usgahe zitiors^n. da sie am vorbreitetsten
und die einzige Gesamtausgabe ist Doch hulieu wir in den von uns an-
gefahrten SprOebeo dm Text nseb der Salib. Amg., welche die edit.
princ. benutzte nnd nach dem häufigen Nachdruck v. I67d. die allein
UM längere Zeit zur Verfflgang standen, zn emendiereo verweht
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-488 Die Mystik des Angelus üilesius*
heben, dafs mehr aU billig der kirchliche Staadpankt dM Ur^
(eil der katholischßu Kritiker p^ftnibt h;it.
Die Rpihe der Monograptiict n aber Angelus beg^ann mit
Gaup 1^)40, der c iooh nur eine Kritik der Ekklesiologie vora
protestantischen Sundp unkte in durchaus würdiger Weise gab.
— Ihm folgte 1842 der Katholik Wittmann, der mit seiner
Schrift den Zweck verfolgt, aaf eeioe „Terirrten Brüder eh
wirken, am iie wieder auf die rechten ^ege und in den
Rettuagshaim anrilcks&leiten, in welchem die besten ihrer Irr-
t'ahrtsgenossen Heil nnd Frieden gefunden haben." (B. III).
Dafs Scheffler guter Katholik war, steht ihm fest, wenngleich
die Worte, mit denen er als vorsifbtig^er Mann seine Vorrede
si^hliefst: „Dafs ich, wenn wider iuimu Wissen irg-end etwas in
<ler Mystik de» Angelus sich fhndc, was nicht nach dem Sinne
unserer heiligen Kirche wäre, da^hulbe unbedingt verworfen
haben wollte/' — wenngleich diese Worte vermuten lassen,
dafii ee da hei Scheffler dcch wohl am Ende nicht gana ge-
hener BcL W/e Beweiemethode sind Behanptnngen. Die aneh
in ihrer Polemik durchaus unsachlich gehaltene Schrift (a. B.
S. 34, 52 f., 65, ()8, 80) 1 ifst kaum jemals das Bestreben er-
kennen, mit alUeitig erwägendem Urteile dem Gegenstaade
gerecht zu werden.
1853 erschien 8( hr;i It ib Buch, in der Hauptsache e\r] Vf>r-
8uch, Schefiler und Angelus bilesins als zwei verschiedene Per-
sonen zu erweisen (s. darüb. 8. 473, Anni.j. Er bestreitet als einziger
unter den Protestanten den Pantheismus des Dichters. Seine
karten Bemerkungen über die Gedankenwelt Scheftleia eal-
balten gleichwohl manches Treffende. — Bieber das beste Boefa
über Ang. Sil. erschien gleichfalls 1853 iroo Kahlert^ Er
legte zuerst die Entwicktungsbedingnngen für den Dichter dar.
Auf seinen Forschungen beruhen, was das Tbatsächliche angeht,
alle späteren Arbeiten; auch diese. Was den philosophischen
(fehalt des Cher. Wand, botrift't, 80 urteilt er im tranzen bo-
t*onueu und richtig", gibt aber mit Absicht keine elDgehendc
Darlegung, weil „streng systematische Gliederung, oder ein
Versuch, die lebensvollen Umrisse der dichterischen Gedanken
in abstrakte Linien an verwandeln, mehr schaden als nützen**
^ttrde (8. 38 i). Ein sonderbarer Gmnd! Als ob dadoreh
das Bedürfnis des Menschen, sich des aerstrent Aogeschantea
cnit Hülfe der Begriffe als einer Einheit bewofst va werden,
abgefertigt werden könnte! — Die Einleitung Bosenthals zu
* Eine Besprechung detaelben s. in Westminster Rev., OkL
^ kj i^uo uy Google
Die Mystik des Aagelos Stteshis. 48d
«einer Gasamtaiugabe (1868) steht auf gleicher H8he mit
"Wittmanns Schrift. — Abrendts 1863 spricht nur im allge-
meinen Ton Mystik, ohne apeaiell auf Angelas zu kommen. —
Der einzige, der bisher eine eingehendere Darstellung der An-
echannng-pn Schefflers gegeben hat, ist Kern (18()6). Auf ihn
kommen wir sogleich zurück. — Lindemanns Buch (1876)
bringt weder in den Thatsachen noch Gesichtspunkten etwas
l^^eues, ist jedoch von den Arbeilen katholischer Verfasser bei
'weitem die TemtändaiaToUste, zudem in renöhalichem Geiste
geichrieben. Seioe ErklMngen über Sohefflera Panthetamna
aind anlSierordenUioh gewaodea.^ — In der aDapnicbBloBen Form
«inea Vortrags erschien .1877 TrebUns Schrift (Prot), die
manches, z. B. die Konveraioii, vaoht treffend heraashebt.
Von diesen Büchern ist, wie bemerkt, dasjenige Kerns*
das einzige, welches auf den philosophipchen Gebalt des Ober.
AVand. genauer eingeht, und also die einzige Vorarbeit für
vorliegende Schrift. iSie werden wir daher einer näheren Be-
urleiluxig untur^ieben, damit sich dasjenige, worin sich unsere
Arbeit von jener unterscheiden will und damit ihre Daaeina-
berechtigung heraoaatelle.
Die Kemacbe Oaratellnog iat nach nnaerem Daittrhalteo
nicht geeignet» eine richtige Voratellong von der Weltanichsnnng
dea Angelus zu geben.
Bei Soheffler soll, wie bei Meister Eckhart, „die ideali-
stische Doktrin gemischt mit pantheistischen Vorstellungen"
auftreten (6. 57). Eine ,,«ondüi'buro Vermischung", „die auch
bei seinen Verehrern Anstois gegeben hat" fS. (51), soll statt-
geluudea haben. Wir müssen gestehen, dal» wir nicht wissen,
waa wir uns bei diesem Tadel denken sollen. Schliefsen sich
denn Idealtsmua nnd Faatheiamaa aua, ao dafii man, wenn beide
auaammen Torkommen, von einer Verraiachong atatt von einer
Vereinigung reden mnfiite? Seheffler bat doch aehr deutlich
die ünteracheidung der Erscheinung vom Ding an sich. Br ist
Idealist, sobald er in seiner Betrachtung vom anschauenden
Intellekt ausgeht; man kann ihn Pantheisten nennen, «obaH er
von dem ausi^-eht, was die Dinge etwa nocii weiter als» Vor-
stellung sind, oder wie Scheffler «ich auadruckt, wan sie ,, wesent-
lich" sind. Er schneidet die Welt gleichsam von zwei ver-
schiedenea Enden an, die in dem sowohl anschauenden, als
* S. 107, 110 f. Zuletzt heifst es: „Und so kommen wir schliefs-
lich auf die borazische Regel zurück, dafi man Maiero und Dichtern,
die ja ohne Phantasie nichts sind, schon etwaa mehr zogesteben dArfe.*^
* Bespreehongen desselben von Reiahart Zftllner a, Schdadelea 1. c.
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I
seinem Wp«^en nach Gott ßeienden Snbjeiki ihren Koinzidenz-
puokt haben, bacho des Darstellers ist es, jedes für sich deut-
lich Torzutuhreo. Kern aber hat die bei seinem Antor ang-e-
nomaieoe Vermisobung auch lu der eigenen Arbeit ho sehr zur
Anschanung gebracht, dafs er in bontem Daroheinaoder bald
▼on idealiadeehen, bald von pantheUciBchen VontelliiBgw radat
(a. 8. 49» 54— 63)b Und wenn daon daajeDi'ge, was er für
PantlieiaiDQs antgibt» noeh Pantheismus warel Ab<ir Kera bat
durchweg nicht vennoohC» den Pantheismus, das Einsaein mit
Gott dem Wesen nach, von der Ve#|^öttuiig, dem Einsw erden
mit ihm al« Resultat der sittlichen Loben^führung, zu scheiden.
Beides ht ihm fortwährend in einander. Wo er vom Pantheis-
mus reden will (8. 49, ö.^ u. ö.), hat er in Wahrheit die Ver-
göttung vor, und am Ende, wo die Vergöiiuug abgehandelt
werden soll (S. 119; s. unt. Kap. 5), geraten ihm panthei-
atiiobe Sprilobe biaain. Deabalb TaraeUai^ es ihm anefa gar-
niobta, 8. 55 an iageo, Saheffler behaupte niehl, »fdaf« m
jeder tfemh Gott sei, iondero dab er es werden aüsae,'* und.
wir bitten es alao mit einem „werdenden Pantbeismos'* zu
tbnn, während er S. 79, wo er an Sprüche gelaagt ist, die
wirkh'ch fiir den Pantheismus Scheflflers beweisend aind, Ton
einem „sehr entschiedenen Pantheismus" redet.
Ähnlich erpeht es ihm mit der theologia negativa und af-
Hrmativa, der verneinenden und bejahenden Bescliawiing, wie
sie bei Soheffler heifsen. Anstatt den Unterschied zwiHchea
beiden feetanbalten und in der Analegnng der 8ebeinenobeik
Sprüche snr Anwendung an bringen, gibt er ihn, eben aii%e-
geetellt (S. 71 ff) nnd — freilicb aebr aaanlänglicb — dnrob
die Begriffe esoterisch und exoteriaoh erklärt {7tf}, im Folgen-
den wieder auf, and hat es nun leicht, 8cbeffler allerlei band-
'Troiflifho Widcr-^pniohe nachzuweisen, die er iibrig-en-» nach
senicr A iislt^i;unj^Hart ebensowohl in ein nnd demselben >|»ruche
als zwischen verschiedenen hätte finden können (s. die iSprütlie
unt. Kap. 2). Anstatt das Gegebene als Gegebenes hin/unehraen,
vorläufig unbekümmert um das Ergebnis, uud daon zu ver-
sncben, anscheinend Entgegengesetatea nach im Dicbter seibat
tiegenden Prinzipien an venoittein, gibt er demselben die oder
die Gmndansohannng nnd nenat alles daan nicht Paaseode
Widerspruch, während es doch nur ihm an der Fähigkeit
maogelt, scheinbare (Tegenaätse als in Yersobiedeaem Sinne ge-
sagt an erfawen.^
' Ceaen Kerns SuchsQ nach Widertpracbea aeboa Scbflndelen I.
S. dort auch die Üekge.
^ kj i^uo uy Google
491
Kinseloe wichtige Momsote in Sohefflers System tind
überhaupt nicht erkannt So: dafs die Erkenntoie als Durch-
-^hauung des principium individuationis es iot, aos welcher die
Liebe hervorgeht (s. unt Kap. 5 A.). und dafs die Erkenntnis des
Klends dieser Welt als PessimisujuD die Verneinaug des Willens
herbeiführt (s. unt. Kap. 5 B.).
Auch die eigenartige Sttilhmg der Liebe der völligen
AVillenslosigkeit gegenüber (uot. Xüp. 5) ist nirgends augedeutet.
Über die seltsame Groppierung einselner Dioge, wie: dals
-das Böse 8. 67 aa die Bmaaation aogeechlossen wird, wahrend
<iie Freiheit des Willens mit der Prltdestination auf & 99 it
steht, wollen wir hier nicht reden. Auch die vielen Schief-
iieiten im Ausdruck und kleinen Schul meistertiohkeiten Scheffler
'wie HeiBter Eckhart gegenüber^ sollen hier unerwähnt bleiben.
Die Exegese der Sprüche ist von Kern oll sehr mangel-
haft ausgeübt worden. Manche beispiele dafür sind nuten in
•den Anmerkungen beigebracht. Hier deshalb nur einiges.
"Ganz augenfällige Unrichtigketleu iu der Auslegung stehen
z, E 8.4i^ (Ii, 5) S. 53 (I, 108 II, lüö). Durchaus „willkflr*
lieh'' encbeink Kern (S. 32):
IV, 117 Die Welt scheint kogelmnd, diewetl sie soU Tergebn:
Geviert ist, Gottes Stadt, drum wird sie ewig stebn.
Die Bezeichnung „kugelrund'^ soll aber das Bewegliche, das
DahinroUen nnd daher Vergängliche ausdrücken, „geviert** im
Gegensatz dasQ den Eindruck des Festgegrttndeten, Soliden
bervorrut'en. '
* Zwei Bsiipiele mögen hier doeb Plsts linden. S. 107 bespricht
OT die Furdpfuni? KrkLarte , man solle »0 weit in der Willeoslosigkeit
kommen, üafs mao nicht Vater noch Mutter mehr liebe, als andere
Meoaebeo, ja sogar bei Ihreoi Tode anbewegten Herseot Ueibe. Das
ist für Kern ^empörend". Wir stehen nicht an, es erhaben zu nennen. —
Völlif? unverständlich ist es iin«, wenn Kern (8. 48) bei Gple/^enheit
von Sprüchen, wi^: der Meu»ch niQsse iu Erkennen über Cherubim
■ kommen, von „hochfliegendent Stolz** redet, oder wenn er iu folgender
Stelle der Vorrede <!t"3 Cher. Wand, „exaltierten Stolz" findet (S. 26):
«Diese Keimen, gleich wie sie dem Urheber iseisteoteiU ohne Vor-
1>edachl und mtthsames Naehtinnen in kars«r Zelt von dem Ursprung
allss Gncen einig und allein gegeboi worden aufzusetzen; also dsA er
auch das erste Buch in vier Tagen verfertiget hat; sollen auch so
bleiben.** Mit den Worten, dafs ihm die SprQche von seinem Öchöpfer
eingegeben seien, welches Kern den Aslsfii sn seinem Antsprueb gibt,
will Sch. doch nur jeden Anspruch auf Verdi pnst für die eigene Psnen
von sich abweisen. Ohne Zweifei (;erade ein beweis von Demut I
« Eine Parallele finde ich Eccl. VII, 36: »Der wahre Glaube
stebt auf einem festen unbeweglichen Felsen, der fiuiehe aber aaf einer
inmerdar beweglichen Kogel"
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4i)2 Syllabus Pii Poolificis Noni ia UDiveru re philosophier etc.
Gerade wog-oti der epigrammatifichen Form, in der Schefl-
ier seme Gedankeu uiedergeiegt hat, ist es geboten, die Exegese
auf das sorgtaltigsbe za betreiben. Demgcmärd werden wir
nichts für von Schetfler gesagt au^gebeo, wa& wir uicht sofort
aaoh mit sicheren AiuaprttcbeD beTegeo konoen, and wo wir,
etwft zur Anafüllang einer LiUske, nne eigenen Mitteln etwa»
TOrbriogen» dieses stets aneh eis solches kennseicbneo. Frei-
lieh ist auch hiermit eine Gowäbr für völlige Objektivität niehi
gegeben, da schon in der Auswahl der an Grande gelegten
Sprüche, die dem Judicium des jeweiligen Darstellers über-
lassen bleiben mafii, ein starkes subjektives Element euthalten ist.
Vorbemerkung: Die Anordnung der Iblg-enden Kapitel
scheint uus, als die |dem Gegenstande nuluriicbe, im ailge-
meinen keiner Rechtfertigung zu bedürfen. Nur Biaa kSante
Bedenken erregen. Die Erkenntnistheorie (Kap. 1 n. 4) er-
scheint bei nns durch die Lehre vom Bing an steh (Kap. i
und 3) aus einander gerissen. Aber das diskoraiTe und intmtife
Erkennen, welche das 4. Kap. bilden, sind von Scbeffler nur
in Beziehung zu Gott gedacht worden und setzen daher die
Kenntnis seines Gottesbegriffs voraus, während andererseits das
intuitive Erkennen wegen seines engen Zusammen hauges mit
dem Sittlichen gut zur Ethik hinüberleitet. Zu vermeiden ist
dabei Ireiiich iiiclil, dals schon ia Kap. 2 bei der „verneinenden
Beschawang*' auf den Unterschied des dsskoiaiTen und intnttifen
Denkens Beaug genommen wird» welches aber ein geringerer
Üebelatand ist^ als wenn bei AnfKgung des 4 an daa 1. Kapitel
fortwährend schon Sohefflers Anschauungen über Gott voraus-
gesetat werden mttfsten. (Schlafs folgt)
SYLLABUS Pn PONTinCIS NONI IN UNIVERSA RE
PHILOSOPHICA lUXTA MENTHM S. THOMAE
AQUINATIS Ki:^CENTIUMQUi. PHILOSOPHORU.M
per Prot. Dr. Guilelmum De Angelis-Stella Neapolitanutn
evolutus.
Uemum scientiarum artiumque initium progressusque mundi
infanti^im ostendunt Ante Hebraeonim Icgum lutorem quis
germanae qualiscumque scientiae vestigia patefecit? Ante
Syllabus Pii i:'oauüci8 Noni io uoiversa re pbilosopbica cic. 4cd3
Thaletem et Pythagorara vix philosophiae notio est aadita.
Pietur ie atque ficulplurn«» artes, Holum telicinrihu!^ (iraeciao tem-
poribus, late longtique vaiueruut. Italia ipsa politioris cnltus
' primaeva monumenta habebat. cniD vix e barbarico hIuu Graccia
eaput efferre iacipiebal, c[uac moQuiuenta cum in illis Etruria»
iQBitantnr, in illam incidont epoobam, qua bomines poet phale»
gicam diBpemioaem primam Bocietatem raWerant At ai mund»
ofettio MBet aeterna, quomodo fieri poterat, ot homiDum ingeBitim
lanto tamporiB spatio proma incnUain latent? ergo nuadiia noo
tiBt ab aeterno eonditus.
Ex quo consequitnr , (\\ioi\ valde inter antiquos tuerit ßiib
iudice, utnim mundi cteaiio dociis patuerit. No« cum S. Thoma
ac Bonaventura in Heuientia suiüuh creatiouem illus laluiBbe,
quidquid Plato in »uo Timaeo adhrmet. Verum quücumque modo
baec cootroversia deilniatur, contra Venturam, dicimus, hic non
iaqiiuri qnid sapientea ethnid de mandi origine BenBerint, Bed
quid ratio bnnuuia de üla nobia pate&oiat-, qnare Tindicamna
Bojentiam proprio dictam de mnndi oreatiooe poaae adipieoi. 8ane
cogaitlo rei tum eat Boientifica, cum vx. mtrinBecis dotibna ipaina
rei conficitar; at contra cognitio certa obtinetur etiam ex prin»
cipiiß, quae non sunt intrinseca, sed aliundo decerpta. Tarn vcro
qaoniam probntio indirecta non ex principiia iotimie rei, sed ex
absardiR desumitur; bis positis, certa et ioconcnssa cognitio id
genuH de mundi creatione potest haborl, quia tarn est certnm
quod probatur verum, quam chl certum abäurdas esse con»equeD-
tiaa, ad qnas eine negatio dndt Qnoniam yero probatioiie di-
reota cogDOBoimiia principia, quibus prodnctio mnndi nisi creatio^
ipetna eese poBBit; ideo argnmentiB directia de ereaiione Boientiam
▼eram adipiacirnnr* Eqnidem fbtemnr rationem bnmanam non
poBBO actum creaÜTiim comprebensive cognoscore, nt non Bolom
eins cxistentiam , scd naturam intelligat. Actus enim creativna
ad Tirtutem infinitam pertinet; contendiraus tarnen rationem hu-
manam actum creativum inadacquate po»se cognosccre, nempe
quod Dcus mnndum e nibüo effeeerit, quod terrainus creationis-
Uli iiuilus, id prucui dubio ratione bumaoa coguoäci potesL (Joguilo
autem termino alioniuB actus, saliem exiatentia ipaina actna cog-
nofld debet, quin infinitaa ipBiua aotna oomprebendatnr. Qood ai
creationia Bcientia adipisot poasomoB» iure meritoqne in Gtobertinm
Tindieamns, de creatione a priori et a poBteriori demonstrationem
confici posse. Namque ipse in suis argumenttB, qaibus sententiam
vindicat, duo confundit, videlicet Deum esse mundi causam,
atque mundum Dei esse effectum, cum alia veritate, Deum esse
causam creatncem mundi, et mundum esse per creationem
Syllabus Pii Fontificis Nooi ia uaifersa re (»bUosophica etc.
^eDitnin a Deo: qoaa dno sunt laue omoino distiDguenda. AHud
«at cnim qoaerere, an Dens git mundi causa, aliud, an sit eius
causa creatrix, cum perraiilti inveniantur, qiii Deuni esse mundi
causam putent, quin Deiim ef^se causam crs-ulricem arbitrentur.
Proinde in dcmoiiütratioae a priori, priimun eat osteudendom.
Dcum mundi causam esse; qua pusiu coguilione, Beum caitöaiu
louodi oreatricem esse facile ostendi potest Item postquam Tin-
dioatnm sit» nrnndmii Bei eMe effaotum, a posteriori Ttndicatiir
mundum ene a Deo per creationem gemtom.
Potlqoam ample locnti sorntta de aekione Dei qooad nuDdiiai,
necesae est loqui de actione Bei quoad homioes» ctarioriboB verhis
de proTideatta.
Deua iD ee perieotiaeinua, aullina indigeoa» aed aibi infiiiite
auifioieDS, voluitbaa suas perfectioues ad extra effuadere, omnesque
creaturas illarum participea fleri, at Inda booae essent, quod ipso
iiooitas Hit. Ad rem Aquinas, !• q. XLV art. VII inquit: In
■creaturitj omnibuH invenitur repraeaeutatio Trinitatis per modum
vestigii, quia in quaiibet ereaiiira infeniuDtur aliqua, qoac necesse
est reducere in divinas peinouaa, sicut in causam. Quaelibet
euiiu creaLura aubsietit iu suo esse, et iiat)et formam, per quaui
detenoinatur ad speciem, et habet ordioem ad aliquid aliud. . . .
Beoandum igitur quod est aliqua aabataotia ereata, repraeaentat
•caiitam, et aic demonairat personaai Patria; wcttodom quod
habet formam, repraeaentat Verbum, in quo anat dtvina exem*
ptaria; aecundom quod habet ordinem, rcpraesentat Spiritiua
Hanctum, in quaotum est Amor. Hanc doctrinam viodicaas
Aiigheriua, aummua divinusque vales, aiebat: far, c i^:
Le cose tutte quante
Hanno ordine tra loro; e questo e forma,
Che l'üuivürso a Dio ta simigliante.
Qui veggion i'alte creature lorma
Deir £temo valore, il quäle e fine,
AI quäle e fatta la toccata norma.
Quod öi tantam creatnris bouitatem sit elargitus, omni iure
homo ad Deuro est dirigeuiiüs, cum suapte natura ein» bonitatero
(iapientiamquü ostcudat. Q,uid bac re dulcius, quidve iucuudiuä?
Verum enimvero, apud Damascenum, qut oon provtdet, loq est
bonua; nam et hominea et beatiae propriomm foetonim provi-
dentiam habentt naturali quodam inatinctu. Qni noa providet,
Titnperari idem cupit; ideo Deua, am operia amantiaaimiu, gerere
oaram volui^ nt oatenderet ae esse patrem, bonum, aapientem;
atqne hominea neeeaaitate oompulai atatim ad nnmen divinam
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Syllabus i'ii Poutificis Noni in UDivcrt»u rc philusophica etc. 4tt5
«e reoiperent: et in repentinis pericnli^, inopinatis juTtitrltaiioiubuH
Dei nomen invocarcnt. Sed, uti raorm est, horniDes seducti al-
•qufi invicem sednctoros omnem Dei bonitatem detrectare sunt
auBi; iidem, ad ciiltuni pessumdandum, honestatem repellendam,
I>ei providentiam in homioM demegan lund dobitaront Itaqne,
▼iodicato mondi crMtione per Deam eilbcta, tb6«m statoimiis,
•qua et hano ▼eritatem oomproliaiiiaB, erroiesqne hoitiles retoa-
dimaa.
Initiam vobis erit a 8. Tboma. Ipie enim (s. c. gen. 1'6. c. 1)
ait: Nccessc est ut Deus, qni est in se nntnraliter perfectn«», et
oraniburt entibus ex sua pote«»tate esee largitiir, omnium eotium
rector existat, a nnllo utique directus; iiec est aliquid, quod ab
ein« regiroine excusetur. sicnt nec est aliquid, quud ab ipso esse
aon Hortiatur. Est igitur, sicut perfectus in essendo et causando,
ita etiam et in regende perfectus. 8ed einadem legimhiia eifootoa
dbenimode in rebna apparet Qoaedam lie a Deo prodneta
snnt» nt intelleetum habentia eine «imilitadinem geraat et ima-
ginem repraesentent, nnde et ipia non solnm sont directa, sed
et aeipsa dirigentia fecnndam proprias aotionea in debitum
finem. . . . Alia vero intellectu carentia seipsa in eunm finem
non dirigunt, sed ab alio dirignntur, qaorum qunodam, inoorrup
tibüia exi«tentia. Bicut in esso naturali pati non possunt delüclum,
ita in pro})ni» actionibns ab ordine iu fiuein eis praestitutum
oequaquam exorbitant, sed indeficienter reginiini primi regentis
snbdnntnr. . . . Alia vero, corrnptibilia existentia, natnralia eate
patI poesant defectam, qni tarnen per alterina profectnm oom'
pletnr; nam, nno eorrnpto, aliud generatnr. Bt aimititer in
aotionibna propriis a naturali ordine defieinnt; qni turnen defectaa
per aliqaod bonam inde provenieos compensatnr. Ex quo apparet
quod nec illa, quao ab ordine primi regiminis exorbitaro vi lentnr.
potcHtatcra primi rr^gcntis evadunt; nam hnoc corruptibilia
corpor?i, ?äteut ab ipso Deo condita snnt. ita potestati eins per-
fecie subduntur. — Sed contrarios liabcrnus Deistas, Fataliatas,
Epicureos, qui, quarnquam Deuin esse lateotur, ipsi tarnen adimunt
providontiain. Omnia enim ex nuturae impetu, ac fatali necesai-
täte ferri adfirmaot Stoiei vero, et si remm praeoeilentittm
ooram Denm gerere vindiearent» tarnen minimamm procurationem
divinitate indigoam rebaotor; qoomm tententiam ex receutioribus
Cndwortbius iterum excitavit. Bed ad inceptnm redeamns. Bodtbiaa
providentiam divinam ita describit : Divina ratio in summo omnium
principe conptituta, qua cnncta diaponit. Sanctus Thomas vero
eam d^jfinit rationero ordini« ronim in finem, quao oxistat in Deo.
lam vero Deus inflnita poüct inteiiigentia, proinde, si mirificain
Jftbrtacb fBr Phitotophie «to. VI. 9»
496 Bylkbui Fii Pontiliai Nesi in nnifem re philosopliica «tu
luuadi compagum e nihilu cuudidil, rc6 ^uascumquu influxu suo
OOBtiaenter anemt, at^ae ad eingulas operationes adiuvat Haoo
omnia dod etn&oe, sine oontilio, et eam tameritate Operator, aad
lationia dttetn ad aliqaem fioom apootaodo; ideoque uiuTena,
qoae in mando contingunt, nalla oxcepu re, ex divina pendeat
operatiOBa Atqni id notio gabernationis importat, Deas ergo
omoinm remm est gubernator et rector. Ad hoc Dei pradentia
ac bonitas hanc vcritatem confirmat. Prudentis enim boniqno
artifici*« est, operum , quae inira olaboravit arte, atque ad usus
illis maxime idoneos g^nuit, curaiii solerti^siiuam g^erere. ipsaque,
üx corum conditioac, ad ilueiu prauBiilutuui assct^uendum l'overe.
Ergo, um Oeum imprudentiae et foritatie iDumolare Telünoe,
quibusque rebna coneulere est fiktendain« Smiotiu Amlnroshift:
Qjiua Operator, inquit» negligat operis eni eoram? Qoia deaeraife
et deetitnat, quod ipse condeDdum patavit? 8i injuria est regen»,
non est major injaria feeiaee? otun aliqnid non feoisae nnll»
injustitia sit, non curare quod feceris, summa est ioclementia.
8ed qiiaenam causa Deiim ab ejusmodi admiDistratione deterreret?
Nnm (|U(mI (hvinam dignitatnm dedoceat? Ät potius illam miruui
in modura commendat? Num ijuod non omoia eiu» poientiae et
cognitioni subjiciantur? At Dei scientia et potcstas duIIi» Ii nlui»«^
coercetur, sed ad omnia protenditur. Nam quod Deus provideudo
aiadam fatigetar? At eat abaardniD» onm Dens iraUi labori ait
obnoxinSi aed nno TolnnUitia nntn omnia peragat Badem Teritaa
tertio oomprobatnr ex miro ordine» quo mundi macbina est eon-
stmota ao ftemperata. In tanta enim remm vicisaitndine, in taata
elementorom pugna tam mirabilis consensio, tam mutuos nexus
et conspiratio, ac fere dixerim , tam admirabilis concentus con-
sisterc neqnaquam poaaet» nisi adesset moderator» cuina .imperio
omoia parcreut.
Num opinabimur navem sine gubernatore ad portum appel'
lere posse, urbem, remoto omni duce, ordine progredi, gymna-
•inm Tel domum, anllo reotore, adhno mauere? Haeo omnia
annt absarda, imo iaTeroaimilia, ideoque remm ereatarom molea,
natnria multiplioibna ae diaaentlentiboa ooagmentata, ablata Dei
Providentia, atattm per ae in nihilnm oorraeret. Quod ai de
hominibus actionibusque bnmanis loqnamor, multo clarior veritas
apparebit. Nequit enim concipi tantum facinus de divina bonitate,
ut, po«tquani honiinem procrcaverit, eique nobilissimum linem
pro|)(ir^uerit, dcinceps facti poeoiteat adeo, ut illum tbrtunae ictibiiS
trudiderit. Cui enim liceret dicere, postquam Deus legem iialu-
ralem nobis dederit, qua ab iohonestis revocamur et ad honesta
impellimnr, honeata liominnm faefca a pravia non diaoemi, neqne
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Syll&buB Pii PonUficia Noai iu uuiversa re philoaophica etc. 497
ilHs praemia, his poenas constitui. — Ergo in pesHum iret Dei
sanctitas. Ad hoc Dei sapicutia non aubsistercL, si, in tiitum
recepta hominum voluntato, arhitriura hominis iut luoderaretar,
ut determinatus ordo, quem praestituit, clarior non niteeceret?
Tandem Deus, ablata Providentia, sibi ipse dissentiret, qui tanta
onn illa, quae minliDi bominia intenitnt, oomparavit. Qaia enlm
non admiratnr bmoaiil oorporis atniotaram» yarietatem, ueamqae
singalarinm partium? Quid, ai oenloa eonTertamiis ad artifido*
nsBimam mvadi fabrioam? Tot tantaque portenta conspiomiitiir,
nt mentem omnino obniant Quid dioemus de tlosrulorum mul-
titudine, ut illos peritisRimus pictor in imitando lahorctV Quid
de tontiilo firtis grano, ant acino vinaceo, aut Irugum luinntis-
simiö büiüiüibuji, ut immanes trunci et rami et arbores Haut?
Potestno igitur credi vel concipi lam benignura Numen, quod
tarn profuse cum homiue egerit iu iis, quae parvi momenti sint,
pristiiiae dileetioiiie oblitom oetera ood oavare, quae anlmam»
moroa fiaemqne atdagaat? Ad rem Pallavimana (arte della per-
feaiooe criBÜana) ait: Cbi non oi ripnterebbe sagrilego temerario»
Be nella bonta poeponesse ad ogni aomo piii dtwoluto Tautore
daU' Universo, il qualo ba moitrato tanto gras zelo dei nostro
bene, fabbricando alle anime nostre una stanza di ßi Htupcndo
lavoro, quäl' e il corpo organizzato, donaDdone nn rearae »i vasto, ei
ricco, 81 copioso, f^i dilettevole, quäl' »> tutto li giro terreatre? Orco-
noßcesi che niuii uomo e cosi dis^t luto e cosi disprezzator dell"
uuesto, che Uiulu o quautu, aimeuu iu aiUüi, non ami la probita
e non abbomini il vizio; e die avendo nn figUaolo, nieate gli
oaglia di vederlo bene o male coBtnmato» ohe non lo raffreni
dallo aoondo operare, oon daigliene diioipUna, e non Talletti al
ben fore» rimeritandolo con caresae. £ vorremo figurarei in Die,
fönte di ogni bene, tale aridezza di bont4, che riulla diversifichi
netl' amore Tinnocenza dalla scelleraggine, che tratti egualmcote
gli ottimi ed i pessimi, che avendo cura, porcho venga a suo
dirittu ogni noetro capello, trascuri ciö che a uoi e il niaßsimo
e il prestantisBimo, eecondo quella Ktesea norma, che cgli ci ha
Btampato nel cuore, cio ^ la vir tu; e che dopo avere Bcntto
qni vi nel buo dito una legge, per cui divengbiamo rei ed odioei
a noi fiteesi, qaalora posponiamo qnalnToglia gran caterya di •
altri beni all' ooesto, niente pol gli sia in grado o in dispetto ebi
ne h o«8eriratore OTVero trasgressore; ma laadando Tnno irremu-
nerato, Taltro impunito, uoi suoi figliuoli tanto amati e beneficati
nel resto abbandooi con la bnglia sul collo in preda alle inclina-
zioni irntali? Niuna setta piü abominevole d'idolatri ginuBe a
tbrmare cotanto indegna dlTioita; peroccbe se quei torBenoati
88'
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4$^8 SyllaUus Vii Fuutificis Noni ia uuiveraa rc pbilosopbica etc.
ascrivevano ai loro nunii alcuo vi/io, i'acf (Ji!i])M<,'navaDo u molti
onesti e landevoli sentimenti ; r!f> raai pervennero a rlivisare, spe-
cialmentö nel inaggior Dio, un aoimo nnlla curant« delle opere
virluose, senza distinguorle nelT atiezioDe e nella retriboziooe
dalle malvage. In breve il piü irrazionale degli aomini sarebbe
aimile a qnesto Dio. TaDdem qoid tun ratam apnd omnes gentes,
quam divinae proTideiitiae exiatimatioV Id oateodit religio, qnae
ab omoibas maxime barbaris nationibos exhibetnr; id saorificia
vel bonorum conseqaendi Tel malorum avertendi causa obtata
demonstraot; id coDscieotiae stimoli, quibus botDioea ob flagitia
aüimis latenti:! .trig^untur; id in Hiimrais periculip 8vipr»^nu niiminis
'^poüte erurapnis iuvocatio; id in rebu« advf^rsis jhcccö etiusae
signiticaut. Quae cum explorata »int, amplms nou moramar, sed
ad Donnullas difücnltatea veniaiiius oportet Deistao assernnt, si
oiDDia Dei Providentia adminiütiareolur, nihil in mundo fore
fortoitom-, qaod carte oxperioDtiae oontradicit; ergo nnlla est
Dei providenua. Haie difflcoltati cum 8. Tboma — Snin. o.
goDt üb. III. 0. LXXIV — respondenras: Hultitudo et diver-
8t tos causamm ex ordiae divioae proYidentiae et dispoeitiooia
procedit: suppoeita antem oaoaamm diapotltiooe oportet nnam
alteri quandoque concurrere, per quam impediatnr vel invRtnr
ad snura etfectum producendum. Ex concursn antem duaruiQ
vel plurium cauburum contingit aliquod causaliter evenire, dum
tiüi» uon intentuö ex concurHU alicuius causae provenit: »icut in-
ventio debitorib ab eu, 4111 ihat ad luruiu euiendi aliquid cauaa,
proTonit ez boc, quod debitor etiam ad foram yenit Non est
igitnr difinae proTideatiae coatrarimn, qaod Bint aliqna fortoita
et casualia in rebos. Sed animadTertere invat omnia creata in»
telligeotia finitom cognitionem et activiutem habere, proiade
multa posae eTenire, qnae fortuita dioantnr. At Deus, causa
abaolula, cuins praesentionem nihil iinf]uaTn elabitur, fortuitos
nullos habet evontus; quare si foriunrnn nonnullia rebu«;, (juae
praeter nostram expectationcm contingunt, tribuimus, id nequa-
quam respectu «nprerai ordinatoriH poHse proferri reputamus. Alii
vero aaserunt reruui aupreniaium Dei provideutiani eaHe admit-
tendam, sed minimaram administratioaem negandam. Unic qui-
dem difficultatt respondeo cum S. Tboma — Samma contra gentea
lib. III. 0. LXXV — : 81 Deae boram miatmoram caram non
babet, aut boc est qnia non oognoacit ea, aut quia non potest,
aat quia non vuU rerom onram babere. Kon poteat antem diei,
quod Dens singularia non cognoscat, quia Dens omninm notittam
habet; nnc polest dici, quod Dcus eoruiu ciirarn habere non posait,
quia oius potentia eat iofioita; nec quod baec siogulana gaber-
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SylUboB Pii Pontificia Noni in UDivern re pbiloiophica ele. 4dÜ
natioiuB noa tmt oapaoia, qnia videmo« ea guboniart ratianm in-
dnsiria, ati patet in bommibas; et per Dainialem iostiDctam, nti
in apibQK • . . neque dici polest, quod Deu« non vclit ea giiber*
nare, cum voluntas ipsinH sit universaliter omnis boni. Bonum
autem eorum qua« gubernantnr, in ordino g'nbernatioDis maximo
consistit. Qiuiiu est djcenduin, quamvi^^ Ucus nobilioribus crea-
turis iDteliigcntia et volnnUiio ])iaediti8 peculiarem curam lar-
giatur, idcirco res mioons moiüeiiLi ab eins providentia atquo in-
tinita mente non eximi. Sed adversarii impensius urgent, iu mundo
aequam non esse bonoram diatribntionem, qaia firogi bomhieB
innameris calanitatibuB premantar, contra neqnam divittis afflonat:
quod carte non eiaet, ei Oei Providentia admittereinr. Respoadeo
dicendnm esae ia primi» falsom probos in aeromntSf maloo in
Prosperität» Torsarl, quod »i saepe contingat, contrariiim tarnen
fiaepe intcrvenit. His positis, tum iustos cum improbos oboediro
decet, qtiia hominnm frennn Tialuran nonfittione tonetur, eiiisquo
vicibus subicitur, ideoque ex mutabili ailionum liberarum cursu
raalu ali pia vel bona utrisquo proveniunt. Quod m DeuH iuRtura
quodam iuturtunio liberaturiis, impium älatim post Bcelus patrdLum
poena mnltatnras OBset» oerte non modo liberlatis nmiin, verum
etiam rerum nataraliam onramn invertere daberet, proinde, quam-
vis id posset» legum generalinm constantiam perverteret Ad rem
Le Maistre — Serate dl Pietrobnrgo — advcrtit: Convenivate
obe male a proposito si sofiadcava oontro la Frovvidensa rispetto
alla diftlribuzione dei bcni c dei mali, ma che lo scandalo con-
Histe ueir impunita degU acellerati. lo non bo bo possiate ri-
nunziare aila prima obiezione, senza abbandonare dei pari Ia
seconda, pcrciocche so non awi in^iuHtizia nella distribuzione
de^ juuli, Bopra qual luudaiueuto btabilircto voi Ic doglianzo della
virtü? Non essendo retto ü mondo, che da leggi generali, non
avete la preteasione, ebe se le fondamenta dei terraaso, sopra
il qnale stiamo favellando, per nn qnalcbe sotterraneo ebollimento
andassero in aria, foese Iddio obbügato a sospendere in favor
nOBtro le leggi della gravita, per la ragione obe qnesto terrasso
Bostieoe in questo momento tre uomini, i qii^H non Hanno mai
coramesRO uccisioni n»'' i'nrll : o indubitato che noi cudremrao
e ci rimarreiumo Bchiacciati. E so avvcnisse il coDtrario, ccco
duoque un miracolo. E cosi parlando di altri tatti, ne vcrrebbe
che ogni iutaute ebigeudo un miracolo, »arebbe quoäto lo stato
ordinario dei mondo, lo che e come dire, che non piü potesse
darai miraealo, che la eceesione foese regola. 11 solo esporre
idea di tat fatta ö on confntarle abbastansa. Quod si iuBtns
praeoenti vita affliotionibas vexetur, impius rebus seeondis fmatnr.
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500 SylUbiis Pii Pootificis Noni in antrersa re philosophica etc.
prodeniia infinita Dens est usuf» ODin perfeotem praemiorum ac
poeDarttm difttributionem in fhtitnim dütolarii. Ideoqae ÜMÜe
inferimus, coosentaneiim virtutis Btipendiam temporaneis commodis
non continori. mm) altins oese petondnm. Praeclare AagTi^tinus
— de Civ. i)ei I. 1 c. 8 — Placuit, ioquit, divinac providentiac
praepararc iu postorum bona matie. quibne non fruentur iniusti,
et mala impÜB, quibus non excruciabuntur buui. ista vero tem-
poralia bona et mala utrieqae volait esse communia, ut noc bona
enpidins appetantnr, qoao mali qiioque habere oeiuneliir, nee
male tarpiter evitentar, quibns et bont pleramqee afftduntor.
Qood ei qui» impodeotiiie eaniaa omnea diviaae proTideetiae
aerotan vellet, ia atolUtiae aotaia iaearreret^ ae illad Aligfaerii
iure audiret:
Par. c. Id. Or iu rhi se\ clip vuoi Modere a soraoaa
Per g-iudicur da lungi miile miglia
(Jon la veduta eorta d' una Hpanua?
Certo a colui che teco s' assotüglia,
8e la scrittura sovra voi non fosse,
Da dabitar aarebbe a oiarmnglia.
0 terreat animaü, o neati groeae!
La prima voloaU, eh* k per ad boona
Da se, ch' e sommo ben, mai aoa ai moaae.
Cotanto 6 giueto, quanto a lei oeaenoaa;
NuUo creato bene a se la tira,
31a essa, radiando, lui ca^ona.
Kevulaiio e^t eubiecta continuo et inde&aito progres-
sui, qui humanae rationis progressioni respondeat
Eptst. eDCYcl. Qai phirÜNii. 184a.
Afloe. Nasiaa «aideoi. 9. Jaaff 1888.
Frotagoras prior io omni quaestione pro parte yera et falsa
dissorere gloriabator, impnlava HeraoUtt aeatentüay qaibaa ad-
firroabat eesentiam rerum iu progressu consistere, atqae esse et
non ev«p pbnntamae humanae tantnm tribui; ideoque opos ei
fuit inlerre, voruiu Dou oftse neqne absolute neqae essentialiter,
sed tantum relative, nempe quod ai subiectum, quare Tuliiui»
Protagorae tribuebat illud: Id cuique verum est, qaod cuique
Tideatur, atque illud aphorisma: ndvxcav X9W^^^ fitxQW
üß^QfßJtog — Homo eat omniom femm neaaara. £ qnibaa erro-
ribaa et alii prooeaseruat Leaaiag enim dooebat, !a geaera
bamaoo Tim iaftaitam perfectionis iaesse ; hoc idem Kastias atqoe
Herder opere: Id^ aar la philosophie de rbiatoire de Tbama*
ait^ ▼indtcabant. ITeram ScheUing atqae Hegel» Vici Teatigta
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SyilAbiii Pü PontUleit Noni m oniterM n p^lMopkim etc. 501
«eotaates, oonati taut proffnum doetriBam solnm metopliynoaiii
▼iBdkare. Sie enim Sebelling: Qnoniam absolutnin unum ideiii-
qne ett^ >ed Tarie se eYoIveos, ideo asiciim aal oognitionia aj-
stema, quod Bub diventis formis apparet. Ad rem Pythagoras,
Parmem'dcs, Heraclittm, Zeno, Leibnitzius, Spinoza aiictore« inve-
üiuutur uoius systematis 8ub diverws formi« evoluti. Ifegel Eiuteru
opere: Lezioni sulla Pilosofia della ötoria aiebat, historiam esso
evolutiooem apiritus universalis in miindO} se ?arie manifeslantih
in natura, anima et iure. Gallia qnidem eiusmodi sopbistas ha-
hmt Paaeal eoim, BofleaOy FaateiieUe, Ferrani dooebmt: Onminm
honiiraiD •eriam per tot aaeenla apectaodam «eao, lioati anam
hamiaem, qni tetaper eat atqtia diadt, adeo ut Tateraa tapiealar,
ai adbao Titam gararent, propriis cogoitionibus, per tot saecula
depromptas aliaH novas addidissent. Praeterea Turgot, Condorcet,
Saint Simon idera confirmanint. Venim his omnibus haud fuerunt
<iompertac leges iramutabilcs alqun iiPcessariae, quibn« suhiacet
mens humaoa in suis adi^nsceDdis (o^uitionibus; quibus legibus
inspectis Victor CouBioius philobophiao historiam a priori con-
stituere est adnixus. Sed fet'ellit eum; uamque in uua eademquo
ra pemueait pbttoeophiae hiatoriam com ipsa philoeophia, eiasqne
hiatoriani cam hamani genem histaria ooaaootaTit» ideoqae da-
daxit ex ratioaia aTolationibna ad aaiTerii gaaerit atatom pOMe
argamentari; itemqae intulit, nti hominee, epoeharam ad8ei*torea>
sua iUuBtria t'acinora non sibi eed epocbae, ia qaa vitam Tivabaaty
Äd«?rribere siiTit ooaotf. ita philosophos variomm tempanim vcri-
tatem detegero, prout r uiusque temporis ronditto ferat. Demum
ex methodi» ^Scheliingii, Heg&lii, Cousinii rccentiores (xalliae
progreseifitae mnm syatenia mint mutuatt. Si enim orania phi-
losophme dogmalu buul \oin, si scieutiae errorus uoq suut in re
aed in aomiBe, ai omaSa aytemata aaat ad anain redacenda,
carte dioendaoi qood hodia eat Taram, oras <am fore, proat
ratio progretaaaa inaat Qaaro Lenniaiar et Lammeaaia opara:
Lea £Yaogile8 docent: leaam Cbristani soieatiae absolutam
reliqafna libartatem, ideoqae aoientiam, perpatno rationia laboie
perpet^io progredi, continno mutari. Ita quidem P. Lerotix ac
louliroy oj)f»ro: Coramcnt las dogroes finissent? disseruerunt, spi-
ritura homiuis transiro a vero ad falsnm et ab crrore ad verum;
si quoddam aevum poRsideret vemm, pulchrum, lusturo, omnino
ttcieutiaiu, moralem, artem esse detiuiUiH; quarc rerum varietatem
ia idearam yarietate oonsiatere. His expoeitis doctriois, operae
pratiam erit ad arroraa damaaadoa aarmonam inatitaara. Praa
emaibas petimaa, vade aliquid fatiooein Tan deaamat? Dooaate
Aqoinate (1* p. q. XYI art 1«): Aatiqui pbilowpbi apeaiaa
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002 6vilai>u8 Pii PoDtificis Horn iu uoiversa rc philosoplitca etc.
rerniQ natiiraliam non dioebant ab aliquo i'ntellectii procedere,
•^cd illas provenire a casu. Et quia considciabant, quod vernm
Importal coniparatioDem ad iDteUectum, cogebautur veritatem reriuu
coDBtituere in ordine ad intellectum nostrnm. In hoc errabant;
uam verilaä lerum nou cüüblituitur in urdiue ud uuBtrum intel-
leotoniy Md ad intdleetnm diTiamiit a quo dq^midety ergo Deo»^
non ratio «ola» wt von monnin. Ad rem 8. Tbomaa: Oain rmm
at» iaqiiit» m mteUoetn, aoonndnm qnod oonfbroatar ni intol-
leotae, nooeiae eo^ nt latio veri ab inteUeola ad rem intelloot»
derivetur, ut ?ea Otiatn iutellecta vera dicatar, Becundnm quod
habet aliquem ordinem ad intellectum. Ren aatem iotellecta ad
intellectuoi polest !iabcre aliquein ordinem vel per so vcl per
accidens. Per »e quideiu habet ordinem ad inteiiectum, a 4U'>
dependet secnndura Huum oh»«, per arcidens autem ad intellectum,
a quo est coguOBcibili». — i'enude ac m dicamus, quod domu«^
oomparatur ad intollootom aitifioia per se, per aocidens avtem
ad intelloctam apeotatorio, a quo non depeodoL lodioinm wo
de qnacnmqoe re non eumitar ex eo, quod in flla per aooidona
ioeat» Oed ex eo, quod per se inToniinr; ideoque onnmqnodqne
dicitur verum absolute aeenndom ordinem ad inteUeotnm, a quo
dependet Inde fit, ut res artifrciali» dicatur vera quoad intel-
lectum Tiostrnm; atqup item res naturales sint verae, quoad
assequuntur similitudinem speciorum quae sunt in mentf Dei.
Qoare Doctor Aqnin:!«* (Qu. disput. de Verit. q. 1*) ooDciudL'bai:
Patet quod reo uatutales, e quibns iutelleotus noster scieutiam
accipit, mensurant iotellectum nostrum, sed sunt mensuratae ab
intelleotn diTino, in qno snot omnia ereata, aioati anifldata in
mento artifici«. Ecgo intoUeotne divinns eot mensarane non man-
suratos; res natnralia menaaraoa et mensnnta; inteUeotas noster
innnsnratus quoad res naturales, sed mensurane res artifioiates.
£x quo deducimus, res naturales snam veritatem a Deo desumere,
non nntora ab intellectu humano. Haec autem Aquinatis doctrina
ab anüquiB philosophis comprobatur. Plato enim (de leg. lib. IV)
»oribebat: u /dv &tbg jidvTüw yQfj/idroop fitz^f är n?/ ud-
XiOra, xo/iv öi fiäXZov, tog <^aöir, avS-Qmxmv, Idem Patres
vindicarunt: Eusobius, Praep. evang., AnBolmus, Dial. de Vero,
Augustinus, de Doetr. Christ Hio enim: Omne Tenun, inquit,
ab Ulo esty qui ait: Bgo snm verttaa. Qnisqnts bonos verasqne
ohristianns liomini so! esse intelligat, nbionmqoe tnTonerit Tori-
tatem. Uis positis sio argamentamnr: lotellectus divinus et noo
bumanus est rorum mensura ideoque veri; atqui Dens est im*
rnntahiliR, ergo verum, quoad intellectum divinum est immulabile.
Ad hoc in rebus quidem mutabilibus est aliquod elemeotum im-
Dy Google
S^lnit Pii Ponkifidi Koni in oaiverM n pbilotophica 6tc. 50d
nmUMle; atqni soieiitia in hit «lemeatta imnutoliilibaB innititiir,
ergo Boientift in Miis vem est itnmatabilis. Qaod atüoet ad maioroni:
Thomas expoDensAriatotelis teatimoDium (Hb. IV Met.) doeebat (a.
q. XLV): De ratiooe mntafeionta» qaod idem alifeer se habest nonc
et priuBy id evenit, quum qaandoque sit idem in actu aliter se ha-
beos nunc ot prioB. uti i« motibus, eecundum quantitatcni et qwa-
litatem; quaodoqnesit idem tantam in potentia, uii id luutatioDibas
secandum subetantiaiu, cuius Babieotum est materia. Quam doctri-
Dam de elemeoU) immutabili in re mutabili Doctor ab Auguätioo
deprompsit: Id quod corpus habet, oon est idipsum, quia oon in se
atat Motator per «etatet» per matatiosea looDram ae tampomiiiy
mntatar per morboa ao defeotaa oaraalest non ergo in m atai.
Corpora caeleatia non in ae stant, habeni qnaMam mntatioae»
snas etai occoltas, certe de ioeia in looa mntantor, ergo non sunt
idipsnm. Anima humana nec ipsa stat. Quantis enim mutatia-
nibus et cof^itationibuB variatnr. qnantis voluptatibufi iromutatur,
quantis cupiditatibus diverberutur alque discinditurl iSed in bis
mntationibuB AugiisLinuH r^ni iinniutabilem agnovit. ^*am(jue sunt
ideae pnucipale», türuiuo quaedam vel rationes rerom stabiles
atque incommatabiles, quae formatae non sunt, ideoque aeternae,
ae aemper oodem modo te babentes, qnae in divina intelligantia
oontinentar. Qaod ad minorem soperioria argomenti. Gognitto
veritatia reponitnr in adaeqoatione rei et iatolleotiia, qnatenoa
intelleclDs dicit esse qood est, et non ene qaod non eat; efgo
▼eritas iunititur in essentiis rernm» quae sunt imroutabiles. Ad
rem S. Thomas docebat: Rernm immutabilium sunt immobiles
liabitudine«, sicuti ^iocrates, etsi doü aemper sedeat, tarnen est
immutabiliU;r vurum, quud, quando Bedet , in udo loco manet.
i^üurc Uli prohibet, quomiüus de rebub mobilibuH immobilem seien-
liam habeamus. Idem 6. Doctor docet: Polobl tsliam de gcnera*
bUiboa et oorruptibilibas esse aliqaa sdentia, pnta naturalis^ non
seenndom partieularia, quae generattoni et corrnpttoni aabduntar,
sod seonndnm ratioaea nniTorsalea, qnae snnt in neeeaaitate et
Semper. Ergo est dicendam: si scientia in immutabiKtate ooa-
sistit, veritates scieatiae annt immutabiiea. Fraeatat tarnen non-
nullas absurdas huius systcmatrs nnHoqnentia« p^essumdare. lloc
enim systema in scepticismum labitur. ^^amque procul dnhio
€>t, obit cta noD eodem modo a variis hominibus percipi: iiuiuo
\i\cm iioiuty iliverno tempore, diver>5ü modo idem obiectuui ptjr-
cipjt; crgu »1 verum cat, quod cuique videtur, couäequitur eamdem
rem modo esse veram, modo ftilaam, Tariomm kominnm respecto,
imo einadem hominis; atqai id soeptieismnm dioit; ergo hoe
ayslema ad eiusmodi docit errorem. Ad remAngustinns (SoHI.):
504 Syllabus Pii Pontifick Noni in imiversa t» ptüioiopluca etc.
Yerain est id, ^nod ie Ita habet» nt co^itori Tideetar^ «i velit
posBitque illnd oognosoere; ergo non erit verum id, quod nesio
potest coo^noscere. Si autem falsum est, qnod aliter ae e«^t vi-
detur; quid si altcri videatur liic lapis lapis. altt ri lignum,
eadem res lalaa et vera erit: quod certe nemo adtirraat. Oacit
secundo ad üihilisrauro. Progressistae, duce Protagora, Msenmt
verum esse aolum subiectivurn. Animadvertendum aatem est,
-^itod onmie cognitio dno omkiiiet, eabSeotaai eogaeeoene el eb-
ieetwn oognitom; ergo si oogaitio ferum eel nensora eama,
anaqnaeiiae res ideo eril, qaia oogaoeoitur, et ideo lenw es*
stentia erit taatum relativa, noa abeolata; atqai id nihiliamiiB
-dioit; ergo efeo. Aogaetiava fem aoetraia eoafirroat (Solil.): Si
dicia nihil eHse v^rum, Tion times n« Reqaatnr, ut nihil ^it per
se? llndr oniru lig-miin «;bt hoc, iridc etiam verum lignum est.
Nec fieri potest, ut per seipeum, idest sine coptiitore, sit linnum
et non 8it verum lignum. Deniqne. hoc systema ad pautht^iHmum
ducit. Öic euim Euaebiut» argumeuiatur: Bi^ iuxta Protagoram,
aallam eet disorimen iater pine ailaasve, ia omni genere ranui,
iater neeessariam et coatiDg^aB, iatar aataiato et praeteraatatala;
eigo aaam fit» qaod eat et aoa est Kam eTeaire poteei, at
idem cuique videatar eas, alten non eaa. Dein s. Thomas
(q. XVI): Mutabilitas, iaqait, veritatis eet coiisideranda ciroa
intpHectnm. Cuius qnidem veritas in hoc consistit, qnod habeat
conformitatem ad re« intellectas. Qnae quidem contormita? va-
riari poteet dupliciter, sicut et quaelibet alia similitudo ex uiu-
latifuio alteriiiH extremi. Unde uno modo variatur vcrita« ex
parte luteiieclUH ex co, quod de re eodem modo iiabeute,
aliqnis aliam opiaiooem aecipit, alio modo in opiniooe, qaae eadem
amaety res matatar. Ex ntroque modo fit matatio de Teia ia
falsam. Si ergo sit aliqais iatellectos, ia qao aoa poooit esse
alteraatio opiaioaam, Tel cains acceptionem res aliqaa snbterftigaie
non potest, ia eo est immatabilis veritas. Talis aatem eat ia*
tellectua divinus, ut ex supcrioribuB patet; unde veritas divini
intellcctus est immutabilis. Veritas autcra intellectus nostri est
mutabilis, non quod ip^a s t subie( tum mutationis, sod in quantum
intellectus no«ter muialur de v(;ritato in falsitatom; sie enim
luruicie luutabiles dici posaunt; alqui progressistae adiitmanl veri-
tatem esse subiectam mntationi; ergo etc. Aooedont et alta
argumeata: Meas homaaa res cogaosoit ope diseaiaas aoo ia-
taitas, oade uao iota oooli mialoM poteet appreheadere omaia
Vera, aec idem veram oompletissime; ideoqoe scientia poteet
omaiao progredi sive in vestigando novo vero, sive in perlbota
BOtitia von iam cogaiti. Ad rem &. Thomas: Ad hoaiiaie aa-
uiLjiiizuü Dy Google
SyUabos PSi Pootiiicis Noni in onivarta re phlloiophica etc. 505
tanm, iDquit, pertiDet ratione nti ad veriUitis Testigationem.
KatioDis autem ent praprium non statim apprebendere Yeritatem,
«t ideo ad bomioem pertiaat paoUatam in cognitioae veritalaa
proficerc. Sciontiae tarnen progressus non debet esse continuus,
potest enim aliqiiando internimpi, Historia enim nobie testatur,
iiumanum genuH nliqnando in barburicm fuisse delapsnm. Id
Progressifttae nou ditlitentur, sed agserunt baec eRsc quaedani
^ccidentia, quac occulte ducunt u i progreesum iDduüaiLum. Sed
ipai Tideant, dos aatem dicitoos, quod, aicnti bomo in sna aoieotia,
aiai tadulam adbtbeat ouram, aoii solnm band progreditar, Temm
•etiam co^iliones comparalaa amittii; ita quam plurima potaoat
humani generis progresaum impedire. Ad rem confirmandam
Thomas aocedit: £oram, qaao bene ae babent ad aliquid com-
prebendendam, videtur tcmpus esse quasi adiuTentor vel bonus
cooperator; non quidora quod tempus per so aliqnid ad hoc opn-
retur, sed «wundum ea, quae in tempore agaiuur. qui» onim,
tempore {»rx cdente , dat operam inveHtigaudae veritati, iuvatur
« lempurü ad vtsriLaleiii inveoiendom, et quautum ad unum et
'enmdem hominem, qui postea videbit quod prioa non Tiderat; et
etlan qnaninai ad diTemai hominos, utpote eom qnia intnaator
•ea» quae eunt a praeoeaBoribna iaventa, iUitqne aUqutd noTnm
anpeiaddit. Ätque boc modo facta sunt additamenta in artibna,
quarom iaitio aliqnid nodicum foit inYenturo, et postmodom per
diverses pauUatim processit in magna quantitate, quia ad quem*
Übet ])ert?net superaddero id, qnod deficit in consideratione prae-
decessoruin. Si enim o contrario exercitium «tndii praetcrmittatiir,
tempuH luägis est cau»a oblivicois, et quaatum ad nnnm honiiuem
quantum ad diverses. Unde videmnn mnltaa scicutiäB, quac
apud antiquos paullatim viguerunt, paullatim, deficientibua stadiis,
in obli^ionem abisee. Stndinm antem hiatoriae mnUnm confort
ad obtinendnm seientiarum progrennm. De re hac aocnrate
diwernit Ariatotelea in suis Metaphjaicae atqne naturae libria,
merito commendatus per A. lacquea: Ariatote considere oomne
bistorien de la pbilosopbie. Patres vero atque scholastici miram
operam uavaruMt. ut, Rc^rntatis vetcribus philosopbis, verum a falso
nobilissiiiu Ii rcrnorent. Q,ua de re progressistae , sjautis tra-
ditionibds scieatiticis, coiitendcrunt raale, ecientiara in omni gene-
ratioue exordiriy dum e contra viaiu vero progrenäui in re prae«
clndebant.
BERICHTE.
MMge nr fieseUelite der PhUo8opUe des MitteUlten.
Texte und ün te rsuch u n ge n . H erausgegeben tob Dr. Giemen»
Baumker. Bd. I. Heft 1. Dr. P. Correns: Die dem
Boethius fölschlich zugeschriebene Abhandlung des Domini-
cüA Gundisalvi De unitate. Münster 1891. Ascbendorff.
Prof, Baumker beabsiclitipt in daDketi^^werter Weise. „Beitri^ aar
Geschichte der Philosophie des Mittelalters*' Ueraus2uge)>eD; den B^ea
derselben erOffirat Ckinrene mit etner ediitaenffwerten Abkeadionf Aber
die bekannte Schrift ,De uuitate'. ZuD&chst enthiit jene einen auf Ver«
gleich dreier Handschriften der Pariser National- Bibliothek kritisrh ge-
sichteten Text 8.3— 11; sodann behandelt bie ,die Frage nach dem Ver>
fesser* S. 12—38 und schliefst mit Bemerkungen über die tpMIosophie-
geBcbirhtliche Stellung des Traktates' S. 30—49. ,Nacbtr&ge' endlich
verzeichnen die Lesarten von drei weiteren Handschriften ans der Wiener
Hof bibliothek besw. der MOochener Hof- und Staait-Bibliotbek S. 50—66.
Unstreitig der wichtigste Teil der Airfiaodluiv ist der mittlere»
wolcber die Frage nacb dem Verfasser zu beantworten sucht. Die bis-
lang bekannt gewordenen Handschriften enthalten ganz verschiedene An*
gaben; weftees die meisten and so denn endi die Dradte geben ale
solchen Boethius au. Dieser aber kann, wip ilberzeugeud daruetban wird,
der Verfasser nicht sein; Stil und zum Teil auch der Inhalt sprecbeit
entschieden dagegen. Wenn nun Boethius Verfasser der Schrift entschieden
nicht ist, mufs ei dann Dominicus Gandlsatfi sein? Der Beweis hierfAr
ist meines Erat htens nicht erbracht ; mnn sagt 8. H. 30. den Dominicos^
Gundisalvi bezeichne cod. 86 des C'oilegium Corpus Christi in Oxford
ausdrOdtlteb als den Verfissser; ob das ridhtig ist, mnlb ich dahin gestdlt
sein lassen, der blofie Hinweis auf Haureau und das Citat ans Göxe Aber-
aeugen nicht; genauere Nachrichten über die Oxforder Handschrift mOfsten
stt Gebote stehen; solche zu erlangen war allerdings, wie S. 14 Anm. l
bemerkt wird, nicht möglich. Aber geseilt, besagte Handschrift bezeichne
Gundisalvi als den Vorfassir. so ist damit allein, da andere Haudscbnfteu
andere Verfasser nennen, nichts entschieden; ebenso wenig ist die Über*
eiasUmmimg in den Gedanken allein entscheidend. Die Frage nach dem
Verfasser ist daher meines Erachtens bis anf weiteres als offene zn be>
trachten. Das bleibende Verdienst der soeben besprochenen Arbeit aber
besteht darin, dafs dieselbe die Quellen der untersuchten Abhandlung
übeneugead nachgewiceen und hiermit die Abfassnngsaeit niher, den sehr
nilUgen Wert der Sebrift aber endgaltig bestimmt bat.
QattM-Bewdse« Von L. t. Hamm er stein. Trier, Panliona-
Druckerei 1891.
Nicht neue Beweise fOr Gottesdasein will v. Hammerstein liefern^
auch nicht die Frage mitentscheiden helfen, Ober welche man jAnj^sthio
lebhaft stritt, nämlich ob es nur einen oder mehrere, von einander un>
abh&ogige Beweise in der angegebenen Richtung gebe; also nicht ma
gelehrtes Buch erhalten wir bicr aus d< r bew ährten Feder des verdienst«
reichen Priesters, nichts desto weniger ein sehr lehrreiches. Das-
selbe verfolgt den Zveck, die frühere, bereits in 6. Auflage ersdiienene
Schrift „Kdgar oder Vom Atheismus cur vollen Wahrheit" m erginsen.
uiLjiiizuü Dy Google
Z«itic]irilteiiBohau.
507
4as Duein Oottes noeh eingebeoder sa bewtiten, mh m im , Edgar' ge-
schehen; dies sei Jesbalh sehr zeirgem&rSi weil der Atheismus, Damentlich
an dm Universitäten, eine solche Vcrbreitoog erlangt habe, dafs nan
Yor allem ihm entgegen treten muase.
Dem aogegeheneo allgemeinen and beeondern Zwecke entspricht
das Btfittlirho Riirli dnrchans. Dasseihe triifjt dir Form pitiPS f?nef-
wechsels. Der evaugeliscbe Pfarrer N. bittet brieflich um einen stich-
baltifitn Beireit flir das Datefn Qottei. L. t. H. beseichnet Ilm ,bel*
spieisweise als einen vollständig durchschlagenden und unumstöMicbeD*
den kosmolnc^ischen Beweis. Nicht eigentlich fflr sich, sondern fQr seinen
Sohn wünscht der Pfarrer den erbetenen Aulscblufs. Derselbe ward
fliobig enogen; auf den Oymmisimii bewahrte er seinen ehristlichen
Glauben; aber da kam cHp Uuiversitrlt. und äov C,]nnhv litt SrhifThruch,
Dafs es so gekommeu, erklärt sich teilweise vielleicht aus dem Umgänge
mit einem glaubenslosen Frennde, den er auch jetzt mit in die Ferien
gebracht hat. Stndiosas O. ist ohne CliriateBtiim anfgewacbfeii, hat nie
an Gott geglaubt, nie gebetet. Soll er vernflnftiger Weise zum christ-
lichen Glauben gelangen, so mufs ihm vor allem das Dasein jenes Oottes,
deseni Offrabarnnir das Christentnm bildet, wlssensefaaftlleh bewiesen
werden. Zu dem Zwecke wird derselbe ersucht, seine Bedenken gegen
die Beweise fQr das Dasein Oottes gettetid /n rnnchen. IMes thut der-
selbe. Gegen die bekannten (lottesbeweise macht er all die Bedenkeu
geltend, welche dem Kriticismus, Pantheismus und Materialismus gel&ufig
sind. Abbringen von denselben isfst sich der Studiosus nicht. Der
Briefwechsel wird abgebrochen; Monate waren verflossen, als Pfarrer N.
eise« Tages L. H. mitteilte, dafs man Tor acht Tageo den Stndiosas
O. tot im Bette gefunden, neben ilun einen Revolver, offenbar das Werk-
zeug seinos Selbstmordos Dagegen habe der eigene Sohn infolge des
Briet wechseis den Glauben seiner Kindheit wiedergefunden, seitdem sei
4u Leben 4este1ben ein viel geregelteres.
Dr. J. Uebinger.
ZEITSCHRIFTENSCHAÜ.
A. Zeitflohriften für Philosophie und spekulattve Theologie.
Annales de Philosophie chr^tlenne. GXXIII, 1.— 4. Heft 1891/92.
jf. Dornt t de Vorges: La percepiion et la psychologie thomlste (Forts.;
vgl. M. 380 dg. Jahrb.); — De l'id^e d'ötre et de rintolligence 5. 162.
209. 317. F. VaUet: La prrsonnalif htimainr '12. L. Jourin: Le senti-
raent moral (Forts.; vgl. VI, 380 a. a. ü.}; — Le necessaire, lo contingent
et la logique 48. 2^. A, Aekermann: De la notfon de Ubert4 ches !es
ancienR philosophes ; — cbez S. Thomas et les scolastiqnes (Forts.; vgl.
VI, 125 a. a. 0.) 73. 145. De Broglie: Des donnres synth^tiqnos natn-
relles et de leur emploi m^tbodique US. M. Hibert: De Tidec de Dieu
dans les dfalognes pbilosophiques de Voltaire et de M. Renan 185 24H.
F, Dttquesvnij : üne prenve de IVxistence de Dien dans le D« libero arliitrio
de 8. Augostin 286. 331. J. Buüi(^: £zameQ des priocipales theories
de ü combination chimique 318.
Digitized by Google
Bims Tbomiis. Vol. lY. (Annas XU) 19—20. FaMMw laSK
CSftrd. Aloysius Rotel Ii f 289. Ähy. Roteüi: CommenUria in quae-
stiones D. Thomae S. theo!. III. qn 1—26 (Forts.; vgl VI, 880a. a. 0.)
290. P. Semeria: Analysis actus üdei iuxta S. Thomam et ioxu recen*
tioreB thcologos. Appendix. (Portt. Tgl. VT, 880 a. a. O.) 295. T. Oted^r
ütrara bnnitas voluntatis depentlrat ex conformitate ad voluntatcm flivinam,
300. Ermoni: Comnientarium in Opusc. S. Thomae Äqu. De verbo
(Forts.; vgl. VI, 125 a. a. 0.) 305. P. &: Crisis argumenti propositi ad
prabaadam muodi finitudinem 309. J. Vinnti: Utruin dcuomioatio ex-
trin?pra sit rp!atin rntinnis iForts.; vgl. VI, S80 a. a. 0.) 311. A, UnrbtniT
De oueribus ideologicis professoris J. B. Toroatore 314.
PhllaaaylitBehca Jahrtaali. T. Bd. I. Hafl. 1893. Pfeifer,-
Der ästhetische Kontrast in den Erscheinungen des Krhabenen 1. Mkhd
Die Kosmolofrie des Moses Mairaonides und des Thomas von Äquino ia
ihren gegenseitigen Beziehungen (Schlufs; vgl. VI, 3Ö0 a. a. 0.) 12. Wolff:
LotzM Metaphysik (Forts.; vgl. VI, 126 a. a. 0.) 26. GutberMr
Ober Mefsharkeit psvcl i^rhrr Akte 42.
ZeltBehrift fttr exakte Philosophie. XVIIL bd. 4. Heft. 1891.
Fekeh: Der Kansalit&tshof^nir bei Descartes 858.
Zeitschrift für Philosophie and philosophisehe Kritik. IC. Bd.
1. und 2 Heft 1P9!. Bender: Über das Wesen der Sittlichkeit iind den
natarlichen Eutwicklungsprozeüs des sittlichen Gedankens (Forts.; vgl. V,
381 a. a. O.) I. OUtOer: Die Entropie des Weltalls nnd die Kantsehen
Antinomieen 41. Ihtd. Seydcl: Kausalität und Teleologie 80. ^tarck^:
ÜberWüh. Beuder's Keligionsphiluphio 87. Fr. Eriuirdt: Der Satz vom
Gruude als Friucip des .Schliefsens 129. lui. v. Hartmann: Transcen»
dentaler Realismus und Idralismoa mit besonderer Rücksicht auf daa
Kausalproblem 183. 3ratthia,'< Kapp^-s- Die Krkenntnislehre des Thomas
Uobbes 209. Lud. Fischer: Die Dreherschen Antinomieeo 233. Ä.Kuri:
Die Selbstaersetzung der Yerantwortliehkeitstbeorfe Ed. v. Hartmaan's
2ii. Fr. Jodl: Jahresbericht über Erscbeinuugen der aDglo-ameri-
kaaischen Litteratar ans der Zeit von 1888—1889. 257.
B. Aua Zeitooliriften vermiaohten Inhaltes.
Kirelien geschichtliche Stndlen. l. TM 2 Heft 1891. Sdndek:
Wolfenbattier Fragmente. Analekten zur Kirchengeschicbte des Mittel-
alters.
Jahrbtteber für protestantische Theologie. ZVIl Bd. 4. Heft.
XVTII. Bd. 1. Heft. 1891. SUck: Plinius im nenen Testament 545.
Tausch: Die gescbicbtUche Entwicklung des Begriffs des Lebens im A. T.
und die Ansitse der tieferen nentestameotliehea Fasaong XVIII, L
L, Paul: Bemerkungen zu einigen AuasprQeheD Ton Paul de I^gaide
in seinen ^Deutschen Schriften" 169.
Btimmen aus Maria -Laach. XLI. Bd. 5. Heft. XLII. Bd.
1. Heft. 1891/99. Pndi: Die Philosophie des ,wissenschaftliehen* Sozialis-
mus, Schlufs; (vgl. VI, 380 a. a. 0.) 478. Fie§eh: Der Zasammenbrneb der
heutigen (lesellschaft 14.
Theologische (^uartalsehrift. LXXIII. Bd. 4. Heft. 1891. Sdumt:
Der Begriff des iSakramentes bei denV&tern 531 BrM: Die Klenens-
romane und der Primat der ritmischen Kirche 577.
uiLjiiizuü Dy Google
Naoo BOehor und deren Beipredinngen.
NEUE BÜGHER UND DEREN BESPRECHUNGEN.
lUboi: Manoel d« pUloiophiei t. II: Logfqne, Ontotogie, Cos-
nologie. Lyon 1891; bespr. in den Annale» de philo», ehret, 123, 96.
Atzberger: Die christliche EachatologtV in tlrn Stadien ihrer Offen-
barung im A. and N. Testamente. Freiborg I6li0; bespr. von RösUr iu
der Litt. Rundschau 18, 7.
BUumlcpr: Das Problem der Materie (vel. VI, 381 a. n. 0.); beapr.
▼OD 6iebeck in der Zeit$ch. f. Phüos. u. pH. Kr. dd, 271.
Bteafis L'Estb^tiqae d*Aristote et de aea aaeoeaieors. Paria 1891;
beapr. in den Annahs de philos. chrÜ. 123, 100.
Btfluner: Ktliische Essays. München 1890; betpr. Ton Jäiegier
in der Zeitsvh. /. PhxliM. u. ph. Kr. U9, IIS.
8» BonaTentonu Opera ooinim Tom V. Ad Glarai Aqoaa 1891;
beqpr. vnn J. Üarh in der T.ift. Rumhchati TP. 10.
Brandt: Zur Entwicklung der platonischeu Lehre von den Seelen*
teilen. Leipzig 1B90; bespr. vou Bruns iu der Zeitsch. f. Philos. u. pli.
Kr, 99, 287.
Brentano; Vom Ursprung Bittlirlipr Krlcenntnis. Leipzig 1889;
beapr. ?ou WahU in der ZtUschr. / i'kUoii. m. ph. Kr. 99, 117.
GnUaea: Introdoetion i la um^trie dea eapaoea k troia di-
mensioni. OnoChier-VilUra 1891; beepr. in den Amiam dt fkiht, dirä.
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Carus: The Soul of Man. An investigatjou of tbe facta of pla-
siological an(i exi>t>rimontal psychology. Chicago 1891; beepr. von Ufer
in der Z'if^r'^r. f. tx. Phnn--fipfur iP, .m.
Catbrein: Moralphilosopbie. hine wissenschaftliche Untersuchung
der eiUUebeo, einacbltelfalich der recbtliehen Ordnung (vgl. VI, 381
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Giemen: Dio religionsphiiusophiscbe Bedeutung des stoisch -cbriat'
liehen fiudämunismus in Jostina Apologie. Leipzig 1890; beepr. von
SAnnz in der Theot Quartahchr. 73, 655.
Collins : R^8nmC> de la phiiosophie d'Herbert Spencer. Faria 1891 ;
bespr. in den Annales de philos. ehret. 123, 101.
Didiot: Goars de th^ologie catholique; — Logique surnaturclle
snbjective. Paris 1801 ; bespr. in den Avymh-- de philon. chrit. 123,
Btfrboll: Die Lehre von der Oenugtliuuog übristi theologisch dar-
geetellt (vg K VI, 126 a. a. O.) beapr. von fTeftans in der Them. ^ar<a^
aeftr. 73. G52.
Krsllnger: /ur Krkcnntnistheorie Hitschls. Züricli 1891; bespr.
von Flügel iu der Zeitadi. f. ex. Philos. 18, 412.
Fenaades: Cursas theologicus in uenm scholnrom tom. II. Matrfki
1891; bespr. von Vitiati Im Dirus Thomas: 1 319.
Flacher: Theorie der Gesicbtswahrnehmang. Lutersuchuugen
sor pbyaiologtieben Faycholngie und Erlcenntnlalebre. Mains 1891;
beepr. von Schwertschlager im Philos, Jahrb. 5, 88.
Franehi: ühiTna criticn. 2. Del Sentimento. Milano 1891;
bespr. im Uivus Thomas 4, 317.
FkwBtera: Etnde mir lee nrguments de Zcnon d'E16e eontre le
monvemfnt. Paris 1891; bespr. von Pfeifer im PhUo'^. Jnkrh. 5, '"iV
Ombcr: Der Fositivismus seit dem Tode A. Comtes bis auf unsere
Tage. Freiburg 1890; bespr. in den Asmäe» de philos. ehrH. 123, 308.
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510 Neue Bflefaer and deren BttpreehnDgen.
€hrtteiMin: Dm VerhSltois des Hwruw von A^nioo warn Jndentw
und zur jadiscben Littentar. OAttiogta 1891; bet|»r. von Äitttot^ Um
PAöo«. Jahrb, 5, 04.
Hnke: Die Religion aU tietstes Fundament der sozialen Ordnong.
Aratberf 1891 ; bogpr. von SpoimetikMb§ im Philos. Jahrh. b, 70.
llelini«:: Dio vier Temperamente. Paderborn ld88; beifr. tob
Flügel in dt« r Zeitachr. f. tx. PhUos, 18, 448.
Heitinsky: Herbartt Attbetfk in ihren gnindlnffmden TeHn
qnellenmärsig dargestellt. Hamborg 1891; beipr. von Fl»§d in 4er
ZeUfchr. f. ex. Phihft. 18, 446
Kahl: Dio Lcbrc vom i'rimat des Willens bei Aogastiuuti. Duos
Scotns und Descartes. Strafsborg 1886; bespr. von 8eipi9 in -der JStvKtek.
f, Phünn. «. ph. Kr. 121
Kellner: Cbiouoiogiae TertulliaDeae supplementa. lioua 1890;
bespr. ve« Kviberg in der Litt Stmdu^au 17, 899.
, Ktfnigt Die Kntwlclclnng dos Kausalproblems von Cartesins bis
Knnt. Leipzie 188B; bespr. von Ludewig im Philost. Jahrhurk 5, f<\.
Labwitz: Gesebicbte der Atomistik vom Mittelalter bis Newtou.
2 Bde. Hambolg 1891 : bespr. too J?l«ae in der Zeü$eh. f. JPMIos. «.
ph. Kr. 99, 80*^
JLebmknhl : Compeudium theologiae moralis. Freiborg 1890; be^.
in Auffii»tmH$ 8, 108.
Leibnitz: Philoeephische Schriften, hrsgeg. von Gerhardt. 7. Bd.
Berlin 1890: bpspr. von R. r. NmiUt-Jtieneck im PAi/os. Ja}ir}>. 5, f>5
Lemae: Die Principien der Kitsr.hlschea Theologie and ihr Wert.
Bonn 1881 ; betpr. von FUkgd in der ZeittOkt. f. e», PhOoB, 18, 41S.
Llpperhelde: Thomas von Aquino und die Platanische Ideon!ehrc
<vgl. V, }3S^ a, », 0.) ; bespr. von Kaufmann in der LiU. Rundichau
17, 370.
LönenthaT: Pseudo- Aristoteles Ober die Serie, eine psycholoj^ische
Srhrift dt's 11. Jahrhunderts und iHrp Beriebnnpren zu Salom^i iba Gabirol
(Avicebron). Berlin 1891; bespr. von Endrea im Philos. JaUrü, 5, 94.
Lerenielll: Philosopbiee tbeoreticao institotiooee seeondon doefri-
nas ArihtoK-Iis et F>. Thom. Aquiu. (vgl. VI, 126 0. 0. 0.), betpr. in den
Anvah-s de fjhilm. ch,c>. 12S, SOG,
Munzonl: De natura peccati dequc eius romissione dispatatlo. Lodi
1890 (v(rl. VI. 381 a. a. 0.); bespr. von ^r#nfcoW im Philos. Jahrh. 5, 60.
Marbach: Dio Psyrhologrtt^ des Firmianns Lactantins. Halle 1689;
bespr. von Siebeek in der Zeitsd^ f, Plnlo$, u, ph. Kr, 99, 280.
Meiner: Goethes Hhisebe Ansichten. Neifse 1890: bespr. Ton
Ziegiter in der ZeiUtch. f. Phaos. u. ph. Kr. 99, U2.
Molsdorf: Die Idee des Schönen in d^r W»'ltge8taltnng bpt Thomas
von Aquilin. Jeua 1891; bespr. von Viriatt im Divun Tlmm$ IV, 820;
von GutherUt im Philna. JaJtrbttch 5, 78.
Nöldecben: TcrtnIlMn. Ootba 1890; bespr. von Kelberg in der
Litt. Jiundsclian 17, 327.
Oberdorffer: De iobabitatlone Spiritns Saneti. 1890; bespr. von
Sdiane in der The<^, Quartahehr. 73, 651.
<Htemiann: Die hanptsÄchlichsten Irrtümer der Herbartschei;
Psychologie und ihre pädagogischen Konsequenzen. Oldenburg 1887:
bespr. von Bereher in der SMißcht, f. PMIm. u. pk. Kr. 99, 137.
Pappenhelm: D t nntfeMithe HprakÜti^mus d«*8Skepiik» r Arrsidem.
Berlin 188^; bespr. von Üruns in der Zeüschr, f, Phüoi, u,ph. Kr. 99, 288.
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STVDIO ET VERECVNDIA
VERl
Herausgegeben
Mitwirkung von Fachgelbhrtbk
Dr. HRNST COMMER,
Ü. Ö. PKOVKsaOB AK »KB rNIVtHBITlX PBBKUA.tr.
PADERBORN.
Druck ohd Yirlag ton Firuwand SeHflmNOB.
ZWEIGNIEDHRLASSUMGEN IN VÜBBTBE, 08SABBÜCK UND MAIMKI
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INHALT
I. Das Verhältnis der Wesenheit za dem Dasein in deo
geschaffenen Dingen nach der Lehre des hl. Thomss
von Aquin. (Forts, von VI, 327.) Von P. Magister
G. Feldner, Ord. Praed., Prior in Graz 383
il. Die Lehre des hl. Thomas bezüglich der Möglich-
keit einer ewigen Weltschöpfung. (IV. Forts, von
VI, 176.) Von Dr. Thomas Esser, Ord. Praed., Pro-
fessor nn der Univ. rsiriit Frciburir in der Schweiz . - }93
III. Apologeuiciie Tcüciizen und Ricluungen. 4. Artikel.
Über die Möglichkeit und Notwendigkeit der göttlichen
Offenbarung. (Fons» von V, 257.) Von Kanonikus
Dr. M. Glossner in München, Mitglied der röm. Akademie
des hl. Thomas 41t
rV. Beiträ^^e zur Geschichte der neueren Philosophie.
Von Dr. G. Grupp, Fürstl Bibliothekar in Maibingen.
(Sclilnss. Forts, v-^n A'T. ?72.) . 4Jl
V. Richtigstcnimn;t n der Ansichten des neuesten Kom-
mentators des m. Thomas von Aquin. Von P. Magister
G. Feldner. Ord. Praed 448
VI. Die Myüük des Angelus Silesius. Von Dr. P. Mahn
in Bernau. (1.) 472
Vn. Syllabus Pii Pontlficis Noni in nnlveraa re pi.ilo-
sophica iuxta mentem S. Thomae Aquinatis recentiumqne
philosopliorum per Prof. Dr. Ouilelmum De Angeiis-
Stella Neapolitanum evoluttis. (III. Fortsetzung von
VI,
VUI. Berichte von Dr. Uebinger in Knltcncnpcrs. Baeumker,
Beiträge m"- (^c^chichtc der Philosophie des Mittelalters.
Von Hammerstein, Goltesbeweise 50^'
IX. Zeitschriftenschau 507
X. Neue Bücher und deren Besprechungen . . , . jo^
Druclcfehlerberichtigung. S. 268 Zeile S v. oben lies: pajiis vinique.
- - - \<,
Das JaMseb fttr PMosophie und spekidatire TkeaUj^e
erscheint in vierteljährlichen Heften von 8 Bogen. Lex. 8*. Ptns '
pro Band von vier Heften Mk. 12 — .
Abonnenieuts übernehmen alle Buchhandlungen.
Bei der Eedaktion sind lulgende Schriften eingegangeü ;
P« Vau Bemmelen : Le Xiliilisnu- scientillque. IL Etpace '— toaps ~ nutüre
— mouvemeot. Leide. Brill iSoi.
Wtk nwBta: Geschichte der chri»tL Malerei, ^. Lief. Freiburg, Herder 189a.
W. KlUinif : Über die Grundlagen der Geometne. Sep.-Abdr. aus dem Journal
f reine u. angew. Mathem. Bd. 10^ 2.
J. E. Kimtxe: G. Th. Fechner (Mises^. hin dcutsclic
Brettkopf & Härtel 1892.
■)nen iics
s Cickhrtenleben. Leipzig,
H. LaeBimer: Institutionen des Kir chcnrechts. 2. Aufl. Freiburg, Herder 189a.
C. Tsiiscli: Einleitung in die Philo:>ophit:. Wien» Königen 1S92.
Ki TwirtewAi: Idee itnd Perception. ^e enteiiiitiiisifaeoret. UDtemjchnng.
Wien, KoQegen 1892.
ZeitBoliTiften.
A]iMlefiePin«t»liteekr«llMM.XXV.4-^ Augiutbnn.vm, 16-17.
IX, 1—2. Correspondenzblatt fOr den kath. Kieras Osterreiehs. X, 23—24.
XI, 12. Dirus Tlioniag. IV, 21—22. Jahrhfleber für prot. Tf»*»o]osie. XVlll, i.
Litejnurj Churchman. XXXVIl, 25-26. -\XXV11I, 1-5. Liiteriiriscüe Kund-
•dun. 38, I. PhUos. Jahrhueh von Gutberiet. V, 1* StiiUMOi «OB Ifaxto
Laach. ^ 2 Zeltaehr. t exakte PhUot. 18, 4. ZeitMkr. t PiffloB. «•
philos. KriUk 99, 2.
Antiquar. Kataloge.
Heinrifh & Klcmke Berlin N*. XXIX Altertumsuisseoschaft. Jaoohsohu
4t Co. Breslau N. 109 K. 1 heol. ^hüoa. Kerier Ulm N. 177 K. Theol. >iolte
Bonn N. 37 K. TbeoL Sehamprcll Leobschütz K. st K. Theol Siebert
Berlm N. aia Plulos. Pidag.
Verlag voa iferdinABd Sciittaingii m Pinlef iwni.
Quaestiones Selectae
ez Tlieologia Dogmatioa.
Auetore
Dr. Francisco Schmtd,
aacrae Thaolagiaa Vwtmott in Senüaarl« Bthtloenal.
VI et 493 pag. Firethun 8^ Mk.
FiroMpeeInmB tottn« operlja«
(loaestio L De multiplid consideratioae potentiae divinae. duae stio II.
De relatione Spiritus angelici ad locura et spatium. Quaestio III. De poena
igois in angeiis apostatis. Q,uaestio IV. De natura lapsa in comparatiooe ad
oaturam purum. QuaestioV. Deessephysicouniooishypostaticae. Q.uaestioVL
Qtfo sensu fragiUtates hitntaoae Christo necessariae et ^po voluntariae foeiint
Die Lehre von der Q-euugthaung Christi.
Theologisch dargestellt und erörtert.
Von Dr. Bernhard DOrholt
Mit kirchlicher Approbation.
590 S. 8. 6 Mk.
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Im Verlage der ÜMliibigialieB BaehhiilMg in Xtait^r i. W ist
eben erscluenea tmd dordi jede Buchhandlung zu beatehen:
Die Stelluiis: den hl. Thoman von Aqulii zu der
unbefleckleu EuipfHii^iilH der Gottesmutter.
DogmeQgeschichtliche Abhandlung
von Wllh. Töt>l>o,
Pri<*sl«r i!«r l>io('«M>« Osnabrück.
Mit kirchlicher G u t h c i i' u n g.
gr. 8. 104 S. Prds i Jt.
Im Vertage von fMlund MlMlagh in Mfltbm ist soeben
System und Gechichte der Kultur
von
Dr. G. Grupp,
Fiir»ll. liibiiütlitkar in M;4iiiing«iu.
2 Rande, gr. 8. Preis ./4 lO.cK».
Inlialt: I. Band: Ideeu und («esetze der Geschichte. XV! und 172 Seiten
Der vorstehende Band ^ibt eine Philosophie Uci Oc^uhichic aui criip;nschcT
Grundlage. Im ersten Abschnitt werden die Ideen der Geschichte entwickelt, im
zweiten Abschnitt d'\c HcrT: cl\ift £;c\Tis .er Gesetze über den Verlauf de Geschichte
nachgeu iesen. Zum bciilusse wtrd die Friige sepriift, inv^-ietera die Gesk;hicbtc
als das Leben der Menschheit gcfalst wer^n aanti.
U. Band: OcseMeble d«r neuMUlelmi hdbndumtm ud Leleiudalwlie.
Mit p Illustrationen. XVI und 521 Seiten.
In diesem /weiten Bande uclit der Verfasser dem i^owohnlichen und all-
täglichen Lehen des Volkes naliezutreten und ohne eine .spezielle Kriege- .'nd
^^irtscluftsgcbchiclUc. iiedits-, Religions- und Litteraturgeschichte zu schreiben
oder sich in die Gesdücbte eines einzelnen Volkes zu verlieren, einen Überblick
und eine Xusammejifassung aller der bcslimmtc Zeilen uuJi WAl.cr erfiillcnden.
Bestrebimgea 2U geben und in das iimcrste Fuhlen und Dcukea de^ Volkes ein
zc^nihrea. Den Hauptbestandteil dieses Bandes bOdct daher die Sittengeschichte.
Ein alphabethisches Register am Schlufs des 2. Bandes erm6glicht
eine rasche Orientierung über beide Bände.
In demselben Verlage ist erschienen:
Ungedruckte Domiidkaiierbrief e des 13. J alirliuxiderts.
Von ])v. H. Finkc,
Prnfes.^or an der Akademie in MUuttcr.
i8o S. gr. 8. $ J(.
K ....
Ferner:
Forschungen und Quellen
Koustanser Konziela.
Von l>r. Jl. Fink^.
Profeaior an <lrr AkAi'' mi' ir Müasicr
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