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H£ID£LB£RG£R
JAHRBÜCHER
DER
LITERATUR.
SECHS DUO ZWANZIGSTER JAHRGANG.
ZWEITE HÄLFTE.
Juljf bis December.
HEIDELBERG.
In der Universitäte- Buchhandlung Ton C. F. WINTER.
188S.
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N^40. HBIDBLB. JAHRa 0. UTERATUa 1881.
Jpoka^^behe GUere und neue Erwartungen auf dfe
Jakre 1880 6» 1886^ Beurikeaung.
Kein Theil der Bibeierklärung beweist auffallendejp
als die Apokalypse, wie unsicher der seligmacheofle
Glaube an GoU und göttliche Dinge seyn wQrde, weaa
er voD der Audwtog historischer Ueberlieferongen ab-
hängen rnüfste. Wie viele unläugbar GatwoHenden unter
den Bibelerklärern suchten hier Weg und Ziel, Bahn
und Richtung. Und doch : wie weit und immer weiter
divergent von einander sind die Linien geworden, auf
denen ihre Auslegung fortschreitet, während an der
Redlichkeit ihres Porschens und auch grofsentheils an
dem Mars ihrer \ orkenntnisse nicht zu zweifeln ist.
Eine Zeitlang freilich wurde es flElr das entschiedenste
Zeichen des Unglaubens ausgeschrieen, wenn kritisch-
historische Gelehrte, seit Joh. Sal. Semler, über-
haupt darauf aufmerksam machen, dafs die protestan-
tischen Kirchenlehrer zwar mit Recht behaupteten : das
Urchristenthum sey nicht aus späterer, unstäter Tradi-
tion, sondern nur aus der Samralu ng der acht urchrisi-
lichen Scbrifbn (s dem Kanon) «u erkennen! dafs
aber cb^n diese Vorsteher der Kirchen, welche zu dem
Urchristenthum reiner zurüc k/ugchen den Vorsatz haben,
doch bis in die Mitte des 18ten Jahrhunderts herab nicht
dnmai die erste Vorfrage genug untersucht hätten , näm-
Kdi: welche Schriften mit vollem Recht ffir ächt
urchrietfich erkannt und nach genügenden GrOn-*'
den in den Kanon aufgenommen worden seyen. Es galt
besonders für heterodoxen Unglauben, wenn Zweifels-
gründe , warum die Johanneische Apokalypse a) nicht
apoetoliaeh , fr) nicht von sp&teren Zeiten erklSrbar, und
c) niciit als geschichtlich erfllllt un erkennen sey, immer
mehr in's Licht gestellt wurden.
XXVI. Jahrg. 1. Heft. 40
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116 A|Mludy|^i«ciie firwartaagflii
Jetzt eniHidi, da den sachkundigeii Uoteraichungeo, .
wie es seyn soll , einige Decenoieii hindurch ohne eine
HlnderuDg von der (vermeintlich) episkopalischen Kir-
chen^evvalt, die Laufbahn zum Ziel der Wahrheit (d.i. der
überwiegenden Ueherzeugung) frei gelassen worden war,
zeigt sich das Resultat soweit vorgerückt, dafs (s. unsere
deswegen ensf&hrl(che Reeension im Heft 4. und ö.),
ein echtungswürdiger Theolog , welcher grgen atlePer'-
thien sich mit Umsicht in der Mitte zu halten sucht,
nicht nur ausspricht, sondern auch mit vieler Ruhe und
Sachlienntnils nach allen Seiten die Beweise dafUr con-
oentrirt, dafs die Apoitalypse a) nichtapostolisch, fr) nicht
auf spStere Erfolge hinausdeutend, und e) factiseh nicht-
erfüllt ist, dennoch aber d) da sie, im KirchenkanoQ
stehend, den Kirchen genossen bekannt seyn und bleiben
mufs, auch ftir dieselbe ausgelegt und anwendbar ge-
macht werden soll. Unstreitig wird sie demnach den
Nichtgelebrten anders nicht| als so, wie die Kritik der
Nicht«Heterodoxie sie endlich erltennen mufs« nach jener
ihrer eigenthümlichen Beschaflenheit kirchlich zu er-
Jilären und anzuwenden seyn??
Je weiter nun diese ailuiählich zum Ziel fuhrende
Linie sich rei^hts hin gewendet hat, desto weiter diver-
girivon ihr die gewifs noch bei den aUerineisten .Kir-
chengenossen fortdauernde (in ihr religiöses Bewufstseyn
recht tief aufgenomniene und eingesenkte) Behauptung,
; dsfs die Apokalypse ächtapostolisch, dafs sie
geschichtlich, besonders antipapistiscb« wup-
derToil erfftltt, und noch in weitere Erfül-
lungen hinaus leuchtend und wahrsagend sey.
Da wir von jener nicht nur für die Aufgeklärten er->
wiesenen, sondern auch allmahlig in die Orthodoxie
übergehenden kritischen Usberzeugung in Bezug auf die
LüQke'sche Einleitung im 4t und 5. Heft dieser Jabr->
bficher Bericht erstattet, und daran auch durob aiM*-
f&hrliche Darlegung unserer Anrieht gerne einen eigenen
Antheil genommen haben, so ist es der Muhe werth und
wird auf der andern Seite für die Sache der \V4bfheit
!
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. j
förderlich seyn, gleich unpni theii«:ch den Gesichtspunkt
darzustellen, auf welchem gegenwärtig die an Wahr-
sagung glaubige Apokalyptik «ch noch m er*
halten bemfihft
. Meist nehmen die kritisch Denkendeu oder Denk-
glaubigen gar zu wenig Notiz von der immer wt itersieh
von ihnen alj lenkenden Divei genzlinie des mirakulosen
Prophezeihung.«iglaubens, welcher doch wahrscheinlich
fiir jetzt noch unter denen Kirchenmitgliedern , die nicht|
vom Unglaublichen bereits allzusehr abgestofsen , in töI-
Ilgen Indifferentismtts Qbergegangen sind, vorherrschend
ist. Und doch kann die Berücksichtigung dieser Wir-
kungen des Wunderglaubens in der Bibelauslegung,, man-
cherlei wichtige Betrachtungen veranlassen. Man frage
sich z. B., ob der Gemeindelehrer sich Ton der Menge
leiten lassen sollte^? oder vielmehr (mit redlicher Vor-
sicht) die Menge auf das Richtigere hinzuleiten habe?
Das heifst: Man frage, ob etwa Der, welcher Astro-
nomie, SO gut er sie versteht, lehren soll, dadurch ge-
bunden seyn solle, dafs uns allen dennoch die Sonne m
ianfen scheint? Man frage etwa ferner: ob eine seit
vielen Jahrhunderten aus der idbltchen und frommen
Absicht, sich (Um AiUichristliclien entgegenzusetzen,
sehr verbreitete Deutungsart eben deswegen, weil sie
mit dem religiösen Bewufslsej^n Vieler gleich-
sam identifidrt ist, dadurch einen traditionellen Vorzog
hab«? und dergl. m.
Um die Sache und ihren Werth durch sich selbst
klar zu machen, wollen wir zu authentischen Erklärungen
dieser dem Supernaturaüsmus unstreitig angemessensten
Apokalyptik fibergehen. Da gerade jetzt und 1886. die
bedeutendsten Erfüllungen eintreten sollten » so. wären
vrir dem irrefragabelsten Beweis fftr den Weissagungs-
beweis en<liich recht nahe gerückt. Ks ist der Mühe
Werth, zu fragten: was hatte man, wie supernaturali-
stiscb ausgerechnet I zu erwarten? und wie sucht man
ounmehr5 da die ausgerechneten Erfftlinngen kaum in
einigon Pnnkten zntreflfen, bereils provisorisch vrieder
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neue VertagongeD und Fristen fBr diese miraknlose Aus*
legungswelse vorzubereiten?
Kunse, sinnreiche Andeutungen hierüber sind zu
Pehmen ans swei kleinen Schriften eines mir unbelcannten
Verfs.., aus welchen ich das Wesentliche) soviel möglich,
wörtlich zuhammeiiziehe :
[1.] D§r 9ier9ehni0 0«lo6er 1888. Siuttgaris hei Loßund und
Sohn, Ge§ekrkben den 14. Aug, 1SS2.
„Nach der Berechnung des seligen J. A. Ben gel
^s. dessen Lebensbeschreibung^) vpn Burk S. 277.) soll
den 14. Oct in Erflillung gehen, was Ofienb. IT,
18. 18. geweissagt ist Der Sinn der Stelle sey nach
dem Grundtext wohl so zu fassen: Zehen Könige, welche
vorher nicht Koni(»e waren, werden in Einer Stunde
mit dem Thier (also zu gleicher Zeit mit dem sich wieder
erhebenden Menschen der Sünde) eine königliche Gewalt
empfangen, einstimmig die Oberherrlichkeil desseiben
anerkennen, und sich zu seinen Zwecken gebrauchen
lassen.** — Nach der Bengerschen Rechnung wäre der
uns bereits unmittelbar gegenwartige Zeitzustand auf
folgende Weise bestinunt:
a) Das Weissagen der zwei Zeugen dauert
12(iO gewöhnliche Tage, zwischen den
Jahren 1830 — 1834.
6) Die letzte Zertretung Jerusalems dauert
42 gewöhnliche Monate, zwischen 1830—1834.
e) Das Aufsteigen des Thiers ans dem Ab»
grund, das bei seiner Ankunft, als ein in
Einer Stunde sehr mächtig gewordenes
Thier, höchlich bewundert wird, etwa -
im Jahr . • 1830«
JMsM tiel aatheatiacbeft von dem ^irwardig«!! VerbraitAr i«r
Kritik Neoen Testamcnta , und phiiologijrcli mnitemiftrsigen
Sdioliaiteii denelben aiifbewaiifeQde — Religaiensanmlnag enl-
hjilt io Tlcle gediegen valire Anseproclie und Lebenecrfoliran'-
gen , dafb eie fdr den Torartheilsfieieren fast noch aniiehender
■eyn bann, als fdr den BetchrftnbtdenbMidea« Pt.
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I
nach Beng^el, Osiaoder, Wurm, Burk u. A. 629
d) Das Thier nimmt seinen Thron auf den
sieben Bergen , wo es eine „kleine Zeit"
bleiben mufs 1881 — 1832.
e) Die einstflndtge Macht der sehen Könige
Cap. 11, 12. dauert Eine prophetische
Stunde, d. i. acht Tage vom 14. bis 22. Oct. 1832.
»Alle diese Ereignisse hätten nnn bereits anfangen, znm
Theil auch schon geschehen seyn mfissen , wenn Bengel
Recht hätte. Dafs das nicht der Fall ist, bedarf (auch
für Die, welche nicht zum voraus, sonrVern nur durch
hangreifliche Erfahrungen klug werden) keines Beweises.
Daher wankte dem Verf. schon im August 1882, auch
die Richtigkeit der Zahl 1836, indem jener „Fürsten *
Congrefs," den man aus Apok. 17^ 13. auf den 14. Oct.
1832. berechnet hatte, nicht mehr zu erwarten war.
Dem ileswegeo zu befürchtenden Unglauben zuvorkom-
neud, unternimmt der Ver£ jetzt sogar ^, einen biblischen
Beweis dafs das Jahr 183ft nicht das Jahr der Zukunft -
Chri^iti seyn kann, und somit auch auf den 14. Oct.
1832. nicht zu zählen war. Er rückt mit einem Mal —
vorsichtig und .entschlossen genug — alles Erwartete
and sogar fast inspirationsartig Ausgerechnete , hinaus in
eine unbestimmbare Weite der Zukunft, die er aber
doch eher nahe als weit entfernt zu ahnen scheint
„Matth. 24. und Mark. 13. rede Jesus nur in den
2 ersten Versen von der Zerstörung Jerusalems, und
derjenige Abschnitt des 24. Cap. im Matthäus, in dem
der 15te Vers vorkommt, müsse von der letzten (!)'
Zeit verstanden werden, da unmittelbar vorher V. 14.
sage, dafs das Evangelium zuvor gepredigt
werden müsse allen Völkern.''
Daher macht sich der Verf. zum 1&. Vers, der sich
auf den Propheten Daniel beruft, eine Uebersetzung
Qod Ausdeutung, die das glaubige Erwarten mit einem
Male in das — Grenzenlose der Zukunft versetzt. DerSinp
der Danielitischen Stelle 9, 24 — 2T. sey so zu fassen: *
])8iibea9ig Juhrwoehen (vou rieben Jahren) sind „ab-*
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IM Apakaljptiifehe Enratliiiifea
r •
* I
schnittsweise'' bestimmt über dein Volk und über
deine heilige Stadt (Jerusalem), mit deren Beendigung
alles längst verheifsene Heil deinem Volke zu Theii werden
urird. Vod diesen verlnufen T und 2 und 60 (al^.
im Ganzen 68) bis som Tede dea Messias. Nachher
wird ein mächtiges Volk (dieRdmer) komnien, und die
Stadt und das Heiligthum zerstören, und sie werden bis
zum Ende verwüstet sejn. In der letzten (!) Jahr-
woche aber wird Gott Seioeo Bund mit Einer Auzahl
Seines Volks erneuern (sie werden den Tempel wieder
bauen, und in demselben wieder Opfer bringen). In
der Mitte der T Jahre aber wird das Opfern auf-
hören; der Antichrist wird sein Bild vor dem Tempel
aufstellen, und diese Entheiligung des Ortes wird bis
an 8 Ende währen/'
i
Die 70 Wochen, folgert nun der Verf., werden also
in 3 Abschnitte getheilt: in 7, 2 und 60 und Eine.
Zwischen diesen Abschnitten aber yerfliefseii
Zeiten, die nicht gerechnet werden^ snd da*^
mentlich «wischen der 68sten nnd TOslen
Jahrwoche laufen 18 Jahrhunderte ab, die
bei der prophetischen Rechnung gar nicht
in Anschlag kommen (!), weil während derselbeo
▼on der Kreueigung, Christi, vnd b^nders von der
Zerstörung Jernsalem|>in, die Judenschaft nicht mehr
als ein Volk Gottes, und ihre Stadt nicht mehr als eine
heilige Stadt zu betrachten ist, die tO Wochen aber nur
auf „das Voll^ und die heilige Stadt" sich bezieheo
können." Somit wäre die lOste Woche noch'
snriich, und begreift die letzten t Jahre Tor
dem Ende der g e o;enwirtigen Weltverfassung
in sich. Denn die löste Woche müsse sich auf eine
i-eit beziehen, in welcher wieder von einem Volk Gottes
nnd einer heiligen Stadt die Rede se^n kann«
Jetzt, da die langgeglaubte Ausrechnung durch den
Erfolg sich ergeben sollte, und da sie sieh nicht er«
probte, jetat also, da die, welche endlieb das Laafer^
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harrte erleben sollten, um sonst g^ewartet und ge-
glaubt zuhaben, handgreiflich lernen mufsten, werden
endlieh gegen die ßerechnung selbst beachtungswerthe
Benerkaogeft mitgetheilt, denen nichts fehlt, als dsfs
sie dem wonderbegierigen Zeitidter schon Hingst hätten'
entgegengestellt werden sollen , da sie längst zum voraus,
ohne die leidige Widerlegung aus dem Erfolg erleben
ZV müssen, leicht zu machen gewesen wäreii»
S. 4. bekennt der Verf. nunmehr: ^Oline genö-
geinlen Grund behauptete Bengel , dafs die Wehdauer
auf lllH'^/g Jahre festgesetzt sej, und ebenso., dals di«
beiden Jahrtausende der Gebundenheit des Satans und
der Regierung der Heiligen nach einander ablaufen«
' Isdem er die 2000 Jahre Von hinten herein von den
Tltl^^ Jahren abzog, kam Er auf das Jahr 5717^ Jahr
der Welt oder auf das Jahr 1836. nach Christi
Geburt. Da sich aber dieses Jahr zum Ablaufstemiia
desNon -Cbronus, der wenigen Zeit" und der ?ierthalb
Zeilen eo gut schickte, so war es nlitlirlich, dafs Ihm
diese Zahl richtig wur<le, obgleich die Richtigkeit der
Anfangstermine für diese Perioden auch nicht hinlänglich
erwiesen ist.**
„Suchen wir eine Restätigung der Bengel'schen Rech-
nung in der Geschichte, so treffen wir auf das berühmte
Jahr 1809^ dessen Ereignisse ( Iväpoleons Decrete gegen
die weitiicbe Herrschaft der römischen Hierarchie über
den Staat Ton Rom) eine so auffallende Erf&Hung seiner
Voraussagungea zu enthalten schienen, Und jenem Rech-
nungssystem bei Vielen neuen Credit erwarben. Man
erinnre sich aber (dies erinnert jetzt der Verf.), dafs
fiengel schon bei der ersten Auflage seiner Erklärten
Offenbarung'* ungewifs gewesen: ob die 666. Jahre von
deiki Jahre 1148. bis 1810. oder von 101t. bis lt44. M
rechnen seyen? und dafs Er auch in der 2ten Auflage,
al^das Jahr 1T40. ohne auffallende ^ eränderung vorüber-
gegangen war, über den Anfangstermin der 666 Jahre
ebana» wibesteBit aieh ausspricht! (s. BrkL Offenb«
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6d2 Ajpokalji^tische Erwartungen
III. Aufl. S. 1071. und 1083.) Man darf also — wie
der Verf. jetzt einsieht — nicht zuviel Werth a«f die
Jahrzahl 1809* legeo; um fio utfeniger, ab es auge»- .
echelnitch ist, dafs die Macht des Pabstthnms In der
2tea Hälfte des ISten Jahrhunderts bereits gebrochen
"war, und die Ereignisse des Jahrs 1809. nur eioen
vorübergehenden Moment in der Periode des Nichtsejna,
darstellten, also mehr eine Offenbarung seiner bereits
eingetretenen Schwäche, als /die Schwfichnng aeiner
Macht selbst bewirkten. Vielmehr ist es nnn dem Verf.
das Wahrscheiniichsfe , dafs die Zeil des Thiers von
1073. bis 1T40. laufe , in welch letzterem Jahre daa
Pabstthum sichtbar genug zu sinl^en anfing.
Psj'chologisch ist , nach allem diesem , nichts merk- '
würdiger, als durch eine zweite Flugschrift
desselben Verfs* zusehen, wie die Glaubigen, da
man sie so eben von einem , endlich durch das Erlebte
unyermeidllch gehobenen , Irrthnm befreit (oder: erldst)
werden läfst und lassen nuifs, sogleich wieder auf einen
neuen, und was das schlimmste ist, auf einen viel we-
niger, übersehbaren, nämlich auf einen bis in die unbe-
stimmbare Zeitferne hinaus gedehnten Irrweg festglattbi|^
eingeleitet werden sollen.
Unter dem Titel:
[2.} JJaa Jahr 18^6. f^on dem Verfasser der Schrift : Der vier»
wknte Oetob«r 18S2." Stuttgart, bei LofiMmd u. Sohn. 188$. 8.
wird seit dem Nov. 1832. freimüthig erklart: „Der vier-
zehnte October ist vorüber, und seit demselben Zeit
genug, um uns Nachricht zu bringen , wenn der von
Bengel auf diesen Tag vorausgesagte „Ffir8ten-*Con<^
grefs** (= der 10 Homer, Apok. IT, 12.) an irgend
einem Orte wirklich gehalten worden wäre ! Durch daa
Unterbleiben desselben erhält die Bengel'sche Zeit-
bestimmung einen Stöfs, von dem sie sich, der Natur
der Sache nach, auch im Jahre 1836. nicht wird erholen
kdnnen. Aber, sagt Er, soll denn nun das ganze apoka^
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Back BmgAf M«id«r, Worai« BmIe n. M
Ij^lilisehe. System des sei. Ben gel als unbrauchbar
Terworfen werden, weil es erwiesen ist, da fs seine Be-
rechnungen auf das Jahr 1836. keinen Grund haben f
Veciifttea wiU daher der Ver£, dafii nicht nament"*
Üdi die erklärtesten Anhänger der B engerechen Rech-
wmg im Unwillen über ihre Enttäuschung das
Wahre (?) mit dem F'a Ischen wegwerfen. Er besteht
(larauf, dafs, was die Zahl 666. betrifft, welche den
Schlüssel zur ganzen apokalyptischen Zeitrechnung Ben-
gek bildet, gegen seine Anfiassung derselben nichts Ge*
frändetes sich einwenden lasse. Denn die Zahl desThleres
OÜenb. 13, 18. könne sich, weil im ganzen Capitel sonst
keine Zahl vorkömmt, nur auf die V. 5. vorkommenden
42 Monate beziehen. Da aber nach der allein pas-
senden (??)9 fast von allen protestantisehen , und selbst
von katholischen, Kirchenlehrern angenommenen. Avale*
gung durch das Thier das Pabstthum bezeichnet
wird, so passe kein anderes Wort als Subjekt zu dieser
Zahl, wie das Wort Jahre. '^). Wenn nun der Auf-
*) Die eaiidiiedleMte Widerlegung der Grondlagen alles apoka-
lyptischen Reohnene gebt ave swei Bemerkungen hervor :
1) Die Zahl 666 als Zahl dee Thlefe ist nach Apok. 13, 17.
nicht elae Zahl der Jahre, eoadern eiae Zahl des Namens
des Thiere. Daa Mfatt da« Thier hat nach der myAeritea
Andeutung des Apokaljrptikera r- einen Namen» den Er nicht
angeben will« de* aher aae Zahlhnehatahea bestehe , die in-
•ammengerechnet (wie man oft dergleichen Zablhnehetahea an«
eammen su ifiblea pflegt) der Zahl 666 gleich eeyen. Vecgl.
dteee- Jahrbücher Hell 4. S. 3öS.
l).BedeQtet Chroaos wie Immer, auch in der Apokal.
nicht .eine bestimmte Zeitperiode, sondern Zelt uherhanpt.
Dien bat «chon Storr bd Apok. 2, Sl. aagedentet nnd dadurch
in einem kleinen Notchen all jenem Rechnen seine Basis ge-
aommen. Ich sage: Storr, der ebenfalls ehrwürdig fromme,
nnd tiefgelehrte, an welchen hier um so mehr gedachl werden
aolite , weil auch Er in seiner Apologie der Offenbarung dieaa
nieht andere an retten wnfiite, als durch die Annahme, dalb
dna Meiate erst in ferner Zukunft erfolgen werde. Ich
machte Ihm, meinen nnrervergefsllohen Iichrer, schon vor
10 Jahren' dle 'Bemerknng, dafs doch Apok. 9, 26. die Meoschea,
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sohlofii im 18ten Vs blos den 42 Monaten gelten sollte:
so wäre es hinreichend gewesen , zii sagen , sie seyen
gleich 66(i Jahren; wenn man aber [die Zeit? nicht: den
Namen?] rechneo und also die Länge des einzelnen Mo*
nats suchen soll , so lasse sich davon kein Zweck eioaebeo^
als um einen Maftstab für die Berechnung anderer pro»
phetischer Zahlen in der Apokalypse zu finden. Nur hei
dieser Voraussetzung hätten die Worte im Anfang des
18ien Verses: — „Hier ist Weisheit" — einen Sinn^
Soweit also habe Bengel Recht. Wenn uns aber die
Apokalypse selbst einen Fingerseig gebe, wie die 42
Monate und fihnliche Zeitbeslimmnogcu , die nach dem
Zusammenhang nicht eigentlich zu nehmen sind, be- .
rechnet werden können: so lasse sie dagegen wohl ab-
sichtlich die Ausdrücke Zeit (hairoa) und Periode
(chronos) unbestimmt , ob gleich nach Offenb. 6, 11.
10, 6. 12, 14. gemessene Zeitläufe vörausgeseizt
werden müssen , für welche uns aber der Mafs-
Stab fehle.
^Wenn aber demnach Ben gel auf die Zeltrechnnog
in der Apokalypse ein viel zu grofses Gewicht gelegt
hat, so folge dennoch daraus nicht, dafs mit i\em Ein-
sturz seines Rech n ungs Systems auch sein ganzes Er-
klärungssystem fallen müsse. Seine Auslegung aey
bei weitem in den meisten Punkten Ton< seiner Rechnung
unabhSngig, wie man aus der neuesten „Erklärung der
Offenbarung Johannis, von August Oslander, Pfarrer
in Münklingen u. s. w. Sulzbach, 1831/' sehen könne,
die sich auf Bengels Rechuungen nicht einlasse, wäh*
rend sie mit aeiuer Auslegnug der Begebenheiten grd(h-
tentheiis einTerstanden sey. Nach dem Verf. sollen dem-
nach die auf 1836. verkündeten Ereignisse dennoch
dM» spifete Schidktale aogMlttatat wlvaa, alt Abmattet W
■chrieben wurden , leliwerUcli abef Je «ine Zeit beSuneD aficlitey
wo die Heidenvölker gegen die enlüviftefe Bfenge der Gbrieteo«
(und 'eeibil der Hahnainiedaner) ubemtichtig gewoidea eeya
bonatea* ^ Fe.
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gewif« «itttrefffln, wenn 'sif» f^leleli nicht in cliesem,
sondern in einem aiiileru Jahre kommen. Das, was
g-eschehen soll, sey wichtiger zu wifisen» als zu wisseB^
waan es geschebea weriie*
Und was ist es denn nun liauptsächlich, was jetzt
als supernaturaie Entdeckung- in einem unabseh-
baren Prospect, als Glaubensaufgabe, zu erharren sejn
soll? WunderTolie Dinge! Abgesehenr von Zeit*
bestimmangen , sagt S. 9, mOsseo [ja: mflssen!] uach
einer richtigen Briilfirang der Apokalypse — in Verbin-
dung' mit den übrigen Weis^^agungen des A. ii. N. T. —
folgende Ereignisse früher oder später ein-
treffen:
,,Eine Anzahl gläubiger Israeliten (!) muFs
Erlaubnifs bekommen, einen Tempel in Jerusalem zu
bauen ^ und wird den jüdischen Gottesdienst, so-
weit er sich mit christlicher Er kenn tnifs ver-*
trigty in demselben einrichleo. Dies wird unter Aa-
f&hrung der beiden Zeugen geschehen, welche zu dem
Eodü vom Himmel herabkommen. fVor nicht langer
Zeit, wollte man wissen, daPs die fQr die endlose \leh-
ruog unserer StaatsschuldenJast so wohlthätige, israeli-
tische Geidmacht £uropa*s auch mit Coustantinopel io
Yerhiltoisse zu treten suche und sich Anweisungen auf
das heilige Land der Väter ausbedin^en werde. Jetzt
wären bereits wieder andere Pläne auf Mehemed Ali
von Aegypten, den nunmehrigen Erbpachter des ara-
bisch-mohamedischen Staats, zu richten 9 welcher hof-
fentlich der christlichen Civilisation auch Palästina
dflnen wird« Def goldene Schldssel dffnet iberall, zu
Rom, zu Stambul, zu Kairo.]
„Ungefähr zu gleicher Zeit mii den swei Zeugen
erhebt sich," so flbtt der Verf. fort^ „au« dem Ab-
grunde der Mensch der Sünde, welcher alsbald
grofse Macht and Anhang gewinut und das „Pabst-
thum^ wieder emporbringt. Denn dafs unter dem Thier
aus dem Meere clas Pabstthum zu verstehen so^, müsse
Digitized by Geogic
CM AfoMyftbelw Cnrartungcn' '
(meint itDSer Ungenaflnter) jedem Uubefangcnen ein- '
leuchten, da es keine andere Macht in der Geschichte
gebe, auf weiche alle Merkmaie so genau pafsteo. Schon
der heilige Berohard sage (Epist. 125.): ^Dte Pälwte
fibllten Diener Christi se^n; sie dienen aber dem Anti-
christ. Es ist nichts mehr übrig, als dafs der Mensch
der Sünde offenbar werde; ja das Thier aus der
Offenbarung V Johannis sitzt bereits auf dem
Stuhle Petri.*' Dasselbe habe zu gleicher Zeit der
berühmte AbtJoachim unter Cl emens IIL den Kfinigen
▼on Franlireich und England ausgelegt Unter Bo-
nifaz VIII. war diese Erklärung beinahe allgemein; und '■
Frankreich liefs gegen den Pabst eine Münze mit der
Umschrift schlagen : „ Per dam BabyLonia nomen!*
„Eben Der „Mensch der Sünde" [horresco refe- \
rem] wertle alsdann den pMbstlichen Stüh! selbst be- '\
Steigen, das Pabstthum aber stürzen und sich sogar für )
den Messias eriilären , demnach als entschiedener Anti«
dirist anftrelen«** 1
Nicht genug! „Jerusalem mnfs erweitert, feine ^
Einwohnerzahl bis auf 70,000 vermehrt werden. In den '
— der letzten grofsen Entscheidung vorangehenden 42
Monaten aber wird die Stadt bis auf das Innere des '
Tempels in der Gewalt des auticbristlichen Heeres und ^
*} Der Verf. hat Minen Wahrsagangen aelbet dae Motto vorgetotats
IWn« «Ii« /atli mpmt Conandra futunt
Ora DH JvMtu ^ no* ««^iiani credita TVncrtt.
Nor darin, dafe eio non «n^iiain trtdita sejrn wurden» bat
Er vahrsclieinlicli nicht "wahrgfeMigt. Je unglanhlleher, deet»
eher geglaubt I Dies iet immer die Loiung der Hehreren. Dan
Vnglanbliche in glauben heilet einige Willeaeanetrenguog.
Dieee > me|nt man dann , mnt» doch Gott belohnen und nAe Oot-
teidionst anerkennen. Und äberhanpt iet liqgendwae tot doaa
Denhen nom To taue lu glauben (d* h. ane VerCiouen für*
wahniulialten) otwao eo angeaehmeo, die Iieero dee Gemfitiia
ohne Hdhe autfnllendeiy daAi die Oenhtragen ee hoffentlieh nie
aufgeiion vetdea. JPr.
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Mwh Bdfel» OaMlw» Warn, Datk o. A. ütV
Volkes sejn. Die prophetiflche Wirksninkeit der beidan
Zeugen gehe von dem Innern des Tempels (zu
Jerttsalem) aus, in welches sie sich mit ihren Anhängern
«irilckgezogen haben.
„Von allem börgerlichen Verkehr werden Diejenige
* ausgeschlossen, welche nicht das Mahlzeichen des
.Thier es an sich tragen. Die röniische Kirche aber
verde von den zehen Königen TerwBsCet nod vertilgt
Der Antichrist sammelt sein Heer am Ende der 42 Monate
in Syrien, um eine von Morgen und Mitter-
nacht (?) gegen ihn heranrückende Heeresmacht zu
bekämpfen. Die beiden Zeugen fallen in seine Gewalt, «
«erden getödtet und stehen wieder auf. Das Erdbebep
und der grofse Hagel (Offenb. 11. und 16.), die Brnene-»
ruDg des Himmel und der Erden (2Petr. 3.) erfolgen.
Der Herr kommt. Er vernichtet das Heer des Anti-
christs (welcher mit dem falschen Propheten lebendig
in den Feuerpfuhl geworfen wird), läfst den Satan auf
1000 Jahre in den Abgrund verschliefsen, und erhebt
dieTodten aus der ersten Auferstehung, zu welcher
• Ue Glaubigen gelangen, sammt den lebendig
Verwandelten zu sich in den Himmel. Ein Frie-
densreich wird auf der Erde gegründet. Jerusaleni
lad der Tempel werden nach dem Plane Ezechiele
ausgebaut. Jerusalem wird die Hauptstadt der
Welt Nachdem durch die letssten Zorngerichte Gottes
g^egen 6O0 Millionen Menschen umgekommen sind, so
wird nun von Jerusalem aus durch die bekehrten
Jaden (!) unter dem noch übrigen Drittheil des Men*
flchengeschlechts das Evangelium verkflndigt. Alle Heiden
bekehren sich und die Erde wird voll Erkenntnifb des
Herrn u. s. w.**
Aufidrficklich will der Verf. bemerkt haben, deb an
diesem Friedensreich, das eunichst für die
«luden (!) bestimmt ist, die in der letzten Zeit leben-
den glaubigen Christen nach der Schrift keinen An-
tkeil haben werden. Dieiifd werden entweder unter
I
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dtm Sehwerte des Antichri«l9 vmkemmen, onler, weon
sie den Tag Christi erleben , lebendig verwandelt werden.**
Quaef Qualiaf mdchte man ausrufen« Seiten-
blicke auf das so eben sich ^Gestaltende neue Araberreich
in Syrien u.^. w. sch( inea schon auf die neuen Voraus-
aagungen Kinflufs gehabt zu haben. Besonders <He Ju-
denechaft mag ihm Dank zollen. Wird Ihr Jerusalem
künftige Weltstadt, so kann man nicht schnell genug sie
emancipiren und in unsere niedere und obere Regierungs-^
behorden aufnehmen. Nach dem neuen Offenbarer aber
ist daran, dafs alles, was er so fand, im Allgemeinen in
der angegebenen Ordnung, in der letzten Zeit ge-
achehen werde, nach den Weissagungen der Scbrtüt,
sobald diese, wie es dem Worte Gottes gebührt, genau
fenommen werden, gar nicht 2« eweifeln. Und warum?
ntwort: 1) Weil theils durch Missionäre, iheils durch
Bibeln die Nachricht von Christo bereits in alle Welt-
theiie gedrungen sey. [Gegenfragen : Wie viele MilKonen
haben in 18 Jahrliunderten und jetzt Jmmer noch von
Jesus- als Christus kein Wort gehört f Weit mehr, die
nichts davon hörten, als umgekehrt. Und von denen,
welche auf diesen We^en Etwas von Jesus hörten, wie
nur wenige können das Aechturchristliche, wie viele
müssen nur das Dogmatische verschiedener Kirchen als
die Hauptsache gehört haben!]
2) Der Abfal l (nach 2 Tbess. 2 , 3. vgl. Matth. 24,
10—12. 23. 24. 27—39.) sey noch in keiner Zeit zo
einer solchen Höhe gestieg^en, und das Volksleben so
davon durchdrungen worden, wie in der unsrigen. [Und
doch sind die Länder, welche wir am besten kennen,
'Selbst nicht im Praktischen der Religion, noch weniger
aber im Theoretischen weniger christlich, als in dea
nichstvorhergegangenen Jahrhunderten !] Der philoso*
phische Schein, mit welchem In neuerer Zeit der Un-^
glaube In der pantheistischen Form so manche
Gemüther verblende, sey um so gefahrlicher, weil der
Pantheismus nicht nur alle wahre Philosophie, sondern
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Med ' allen Glpubep, wbMr dem an die lAkge^ ja Golt
' selbst vernichte ) und somit das Wahrbeitsgefuhl ganz
untergrabe. Wo aber dieses fehlt, da haix^ der falsche
Prophet leichte Arbeit. Der Einpörurigsgeist hänge
mit diesem Abfall genau zusammen. Uebrigens werde
das neu auflebende Pabstthum mit andern Waffen streiten,
lis an Gregor s VII. und Innocenz III. Zeiten ; — and
wie verführerijich die Aufsenseite eines Pabstthums wer-
den könne, sey an den Set. Simonis ten zu ersehen.
Dafs das Pabstthum von seinen Anmafsungen noch nichts
vergeben habe, da(^ es nnr auf einen günstigen Zell*
punict warte, um seine Ansprüche wieder geltend zu
mschen; daf¥ die Jesuiten bereit seyen, mit erneuertem
Eifer ihm ihre Dienste anzubieten; dafs es auch unter
den Grofsen noch manciien Gönner zähle, habe die Ge-
schichte der neuesten Zeit hinlänglich bewiesen. Wenn
es nun mit einer wohlgerilsteten politischen Macht in
Verbindong trite, wenn es Versprechotigen machte, dliB
dem fleischlichen Sinn der Zeitgenossen angemessen wä«
ren: was sollte seiner Erneuerung und Wiederherstel-
lung im Wege stehen? Dafs es immer noch Christen
giebt, welche es zweifelhaft machen wollen, ob unsere
Zeit die letzte sey, dies werde nur ein Beweis mehr
dafür ; denn es zeige , dafs die klugen Jnngfraoen schlafen.
Nun sollten nur nicht auch die, welche bisher noch ge~
nacht haben, schläfrig werden,"
So die neueste Apokalyptik. Wir ergänzen diesen
Udberblick, indem wir aus einer dritten Flugschrift:
[i.] Ueber die Beweisgründe für Benf*cU apokalyptische Zeitreeh"
nung mit besonderer Beziehung auf die Erwartungen im Jahre
1836. Fon J. F. Wurm, Pro/, in Stuttgart. iituUgart 1832.
tlie Hauptpunkte der Bengelischen Berechnung- für
die Apokaljrpvie überhaupt und besonders ffir das Jahr
1830. nebst deren gründlicher Prüfung um so mehr bei-
fügen, fia Dr. i«ficke auf diese Oeutnngsweise, seinem
Plan gemifs, am wenigsten Rücksicht genommen hat,
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Mi Apok.Erwwl«if6Dnicli Bengel» Manier« WimtB«tk«*A.
•ie aber, doch, da aia so sehr ▼erbreitet ist, a«ch an-
ders überzeugtea Gelehrlea nicht ganz uubekamit blei-
ben darf»
Eine grQndlicIie, aurftthrliche BeurCheilong der Ben~
gelischen Berechnungen und Ahnungen gab Joli. Ge.
Pfeiffer 8chon 1788. als „Neuen Versuch einer Anlei-
tung zuni sichersten Verstand und Gebrauch der Offeub*
Johaoois, veovon Burk in Bengels Leben S. 323 — 329.
mit rflhmlicher Uopartheilichkeit einen Auszug giebt.
Aber das Unglaublichere geht dem Terstftiidigeren bei
den meisten Ueberglaubigen und Gernestaunenden, so '
lange vor, bis es nicht mehr zu halten ist, aber eilends '
mit einer andern Unglaublichkeit vertauscht wird. Jeder
Aberglaube hat schon zum voraus seinen Ersatsmann«
Deq Bengei*8chen gans entgegengesetzte Grundsitze der
Zeitbestimmung enthSlt eine 1826. gedruckte, und in
Ernst GottL Bengel's Archiv für Theologie 4. Bd,
1. St. eingerückte Abhandlung Ciber die richtige Auffas-
sungsart der Apokalj^pse von Dr. St eu d el , Prof. In Tü-
bingen (auch einem Abkömmling Joh. Aibr« Bengels. )•
Dagegen beruflt man sich darauf, daft einiges, was i
ßengel mit scliarfem Seherblick, den man ihm alier- i
dings nicht absprechen kann , z. B. vom Aufhören des i
römisch -deutschen Reichs bald nacl| 1800, von Auf-»
hebung der geistlichen Stifter n. 8. w. geahnt hatte , ia
der Folge sich bestfitigf habe» Etwas gewaltsamer hat
man auf Napoleon gedeutet, was Bengel (s. dasLebea
▼on Burk 8. 301. und 270.) auch vermuthete, dafs näm^
lieh „der König von Frankreich einst noch Kaiser (wie
der ganze Zusammenhang lehrt^ römischer Kaiser) wer-
den dürfte. .
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N*. 41, HEIDELB. JAHRB. d. LITERATUR. 1838.
Apokalypthehe äliere und neue Erwariungen oMff die
Jahre 1830. 6» 1988» fnU Beurtheäung.
( B99 ehluj s.)
„Der Punkt, von welchem Bengel überall ausgeht,
\i'o es die Befestigung seines Systems gilt, ist die Zahl
des Thiers. 1) Die Zahl des Thieres 666. 13, 12.
druckt Jahre aus. 2) Diese Jahre Seyen nicht geoau
flW. Man müsse noch den Bruch ^ eines Jahres htn^u-*
fugen, weil es schicklich sey, mit jenen 666 Jahieu
noch eine andere Jahrsumnie, nämlich die 1000 Jahre
CZO, 1—4. zu verbinden, indem erst in dieser V er*
binduog ein sehr einfaches Zahlenverhältnifs, wie 2 zu 3,
sich ausspreche. Denn nicht 666, sondern 666^ ver-*
hält sich zu 9%%% oder zu 1060 ^ie 2 sm 8. — 3) Die
in der Apokalypse vorkommende Zeitbestimmungen, z.B.
Eine Zeit, eine halbe Zeit u. s. w. lassen überhaupt
sich durch Zahlen, ähnlich den schon erwähnten 666^
and 999^ ausdrucken , oder, mathematisch zu sprechen,
jene Zeitbestimmungen seyen fortlaufende Glieder einer
arithmetischen Progression, in der jedes folgende Glied
vom vorhergehenden um III ^ Jahre verschieden, und
deren erstes Glied III ist.
Jahr = eine halbe Zeit, auch kleine Zeit
genannt. C. 12, 14. 20^ 3.
2222/^ — = Eine Zeit. 12, 14.
— = Eine Zeit und eine halbe Zeit (eben-
daselbst.)
— = Ein halber Chronna. 6, 11.
_ = IMe Zahl des Thiers. 8, 14. Einerlei
mit den 42 (prophetischen) Monaten«
13, 5.
tTIVo — = 1 Zeit, 2 Zeiten und V2 Zeit. 12, 14.
^ = wenige Zeit. 19, 12
«VI. Jahrg. r H«ft. 41
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S4S ApokaljptlMlM Cmvimigvii .
990^/9 Jahr ^ oder 1000 Jahre. 20, 1 — 4.
1111% — = Ein Chroaus, oder Zeilperiode.
^ 6, 11.
2222^ — = ESn Aood^ oder: Ewigkeit von be<*
fitimmler Zeitdauer 14, 6.
^'^'^V^ — = A^^an^ Einen Jahrtausend, das
? dem Ende der Welt voi aasgeht, 20,
1 — 4.
6477^ ^ ^ Anfietoe; des undern Jahrtausend
tnittelbar vor dem Ende der Weitb
mV/^ — a= End« dt^r Welt.
Wichtig ist besonders der. Cbr onus, ein apoka-
lyptischer Universal-Zeitmesser, den R in seinem Cyklns
(s. iinten) selbst am Himmel wieder findet. Auch eineo
Nicht- Chronus, der kein ganzer Chi onus seyn soll,
hat B. aus 10, 6. abgeleitet. Er g-ieht ihm 1036 Jahre.
Aber dieser Nicht -Chronus pafst nicht zur Bengei'schen
Progression und ist kein Glied derselben. Ferner sagt
. davon, dafs die Zahl 666 eine Anzahl Jahre bedeute,
der griechische Text der Offenbarung nichts. Wahr»
scheinlich ist es, dafs ein anderes Wort (als Subjekt)
darunter zu verstehen 8( yn möchte. Am \venig:sten läfst
sich der mit dem Text im Widerspruch stehende Satz
von ^ Jahr übisr die 606 Ganzen rechtfertigen. B. würde
wohl nie diesen ungebührlichen Zusatz sich erlaubt haben,
wenn er ihn nicht zur Zusaminensetzung einer nur durch
diesen Zifsatz möglichen arithmetischen Progression nöthig '
gehabt hätte.
Er fShite nun wohl , dafs er solchen ohne Beweis
vorangestellten Behauptungen eine Stütze geben müsse.
Zur Beglaubigung des darauf gebauten Systems beruft er
sich auf die Uebereinstimmung desselben mit der Ge-^
»ehichtel! Aber bedenklich ist, dafs er gerade in'
Ansehung dessen, worüber man mehr als über alles umh
d^e^ine unzweideutige Zeitbestimmung hätte erwaKen
sollen, nämlich über die Zahl und Währung des.
Thiers fortwähiend unschlüssig war, und nie zu ent-
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sdicidin sich g^etraute, mtt welchem Jahr die Macht
«Ics Thier es aBgetai]g(Mi habe, und mit welchem dann
das Nichtseyn desselben eingeiretea sey oder eiolretea
verde. Geschichtlicbe Unlersuohiiogeo leileten ibo ra
verachiedene» Zeilen auf ?.erschiedene sehr too. eioandef
abweichende Zeitpunkte, etif die Jahre oach Chr. Geb.
1073, 1077, 1080, ll4a, 1159. In jedem dieser Jahre
kounte die Währung^ des Thiers, oder die überwie-
gend grofse Macht des Pabslthums ihrea Anfang genom*
oifD haben. Die Schwierigkeit wird Jieiaeswegs geho-
ben, wenn B.^ die aufTallende Behauptung wagt: .«»der
Anfang lasse sich erst aus dem Ende genau bestimmen.**
Wenn erst der Eifolg^ erklären soll, was wir noch nicht
erklären können, wozu be<hirfte es einer Voraiissagung?
Wozu nützt sie? Wenn nicht viel darauf ankommtf
ob man den Anfang ungefähr 80 Jahre früher oder spiter
setzt, so ist es kaum begreiflich, warum die prophe-
seihte Dauer selbst bis auf einzelne Jahre, selbst bis auf
5^ Jahre und 666 g;anze, so genau vürnusl)estimmt ist.
Wenn überhaupt die Bengersche Reihe über die apo-
kaiypfisctten Zeiten den sichersten Aufschlufs giebt, so *
hätte B., um folgerecht zu rerfaiiren, dieselbe schon mit
im ersten Zeiten lies Neuen Testaments «nfiingen, bis
auf 1059. und fortfuhren, und gesohichflich dar-
thun sollen, was sich Merkwfirdig^es bei dem Ablauf
jedes einzelnen aus III Jahren bestehenden Gliedes,
•der auch einer Anzahl Ton mehreren Gliedern der ganzen
Zrilkeito ereignet hat.
Ba R die 41 Monde IS, & den -«06^^ Jahren 4es
Thieres gleich setzt, und diese Monde fllr prope«
tische hält, so ist nach seiner Erklärung ein prophe-
tischer Monat = lö-^-^S gewöhnliche Jahre, und hier-
nach berechnet er die in der Apokalypse genannten,
»vischon die Jahre M7 md fallenden Tage und
Siaudeii. ikber Er nimmt sogar ^nen gedoppeHeu pro*
phetisch - mystischen Sinn der Worten Jahr, Monat «. s. w.
an; der eioe ist gültig für den Propheten Daniel, der
andere filr die Apcd&al^pse. Nach seiner Berechnung
iiod SV^Zeilea» pri^hetrach verataDdeo^ saviel ab 1111
Jahre bei Daniel 12, 7. und 177^ Jahre in der Ofieo-
barung. 12, 14.
Dorch ein sonderbares Mifsrersiindnirs sprechen
Manche, weil sie Bengels Schriften mit Zahlen angefüllt
sehen, sog"ar von mathematischen Re weisen, litirch
welche die Bengel'sche Zeitrechnung begründet sey. Eia
Zahlenspiel aber ist keineswegs ein nnatheniatischer Be-
weis. Der Mathematiker gebt von erwiesenen unbe-
streitbaren Sätzen und Gleichungen aus, und kommt nach
deren Verbindung auf etwas, das zuvor nicht erwiesen
war. B. ging vom Unerwiesenen , ZweifeJhaften aus.
Wie konnte er sicheres damit finden? Bs fehlt seinem
chronologischen System an nichts, als, sowie auch man-
chem philosophischen, ao streng erwiesenen Grund- und
Vordersätzen.
Die. nächste Frage Aller ist wohl diese : Was hat
man denn nach B. im J. 1886. und unmittelbar nach
demselben zu erwarten? Grofses und Durchgreifendes
allerdings! Nach seiner Erklärung soll in demselben vor
den Augeu aller Welt buchstäblich Alles in Erfüll uaf
gehen, was 19, 11 — 21. geweissagt ist. Christus
erscheint Anführer der Seinigen in einem furcht-
baren, siegreich endenden Streit Ternichtet er die zum
letzten Widerstreit versammelten Schaaren der Feinde
des Christenthums. Satan [so gewifs eine Person, als
Christus!] fällt dem Abgrunde anheim, Thier und fal-*
scher Prophet dem Feuersee! Zugleich mit dem
J. 1836, und nachdem durch die wichtigen Ereignisse
desselben eine neue Ordnung der Dinge, eine neue Welt-
epoche^ sich vorbereitet hat, beginnt das Erste der
2 Jahrtausende, die von diesem Zeitpunkte an noch
bis zum Ende der Weit rückständig sind. Im
ersten Jahrtausend liegt Satan gefesselt im Abgrund;
seine bisher auf Erden auageübte Macht ist gebrochen,
ob er gleich am Ende dieses Zeitraums auf III % Jahre
wieder loa wird. C. 20.
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nach Boigd^ OrfMdw, Wsnn» Bark n. A.
Mit diesem ersten apokalyptischen Jahrtaiisenti ge^
wiont äehtf^sChrislenthiim immer mehr Boden, und unter
dessen Bekeaoeru herrscht eine aulserordentiiche Fülle
des Geistes; auch gesunde, firnchtbare, friedliche Zeiteo
dod m erwarten; der Luxus, eitler Tand ulid Pracht,
und so manche andere Plage der Menschheit sind ver-
schwunden; die Menschen leben länger. Auch zwischen
Fürsten und Völkern hat ein neues schöneres Verhältnifs
sich gebildet. Die Zeiten der Hevolutionen sind vorüber.
Begenten und Obrigkeiten gehen mit Unterthanen, wie
mit ih^en Brüdern, um. (s. Burk in der Lebensbeschr.
Bengels S.29S«) Wer möchte nicht, ergriffen von dieser
Bengerschen Schilderung, solchen Chiliasmus, auch
allgesehen von ilw Frage, of) er in der Onfenbarung
prophezeiht ist, nur recht bald und eifrig herbeiwün-
schen!
Wie aber wurde B. durch seine Berechnungen so
bestimmt auf* das J. 1836. als Wendepunkt einer neuen
Zeit geleitet? Die Antwort ist kurz diese: Das Welt«
ende fällt nun einmal in's Jahr der Welt 7111^/^.
Rechnet man 2000 Jahre rückwärts, so kommt man auf
das Jahr der Welt 51777/^ oder in runder Zahl Ö77^
IThmittelbar vor dem ersten Jahre unserer gemeinen Zat-
rcchnnng sind nach B. 3912 Jahre der Welt verflossen.
Zieht man diese 3042 Jahre \on 5178 ab, so kommt man
mit B. auf das J. 1836, welches demnach einerlei ist mit
dem Jahr der Welt 5178, in welchem Satan auf 1000
JaKre gebunden wird«
Wie sicher aber sind nun eben diese Berechnungen ,
die B. gerade auf das J. 1836. geführt haben? Offenbar
um nichts sicherer, müsseir wir antworten, als das, was -
dabei als entschieden vorausgesetzt wird. Bengei geht
dabei aus von — dreierlei Voraussetzungen:
ar) dafs bei dem Anfang nnsrer gewöhnlichen Zeitrech-
nung 3942 Jahre seit der SchÖpf\ing verflossen waren ;
h) dafs das J 1'\1V/^ das letzte Frdenjahr sey und
c) dafs 2000 Jahre vor dem Ende dieser Welt, ilemnach
im J. 5718, der Satan gefesselt werde« — Kaum darf
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der BditMliter diese Vcnratiss^teungen «nrilbreD, M eil*
tert, schwankt und fallt das ganze Zahlen - und Ahnungs-
Gtfhäude, wenn man auch nicht die überhaupt für unser
Theoioj^isicen wichtige Frage in Anlchlag bringl: Ob
deOB unser Brdeoplaoet, der nicht einmal in UDSerm
Sonnensystem mehr als ein Mitteldinge vorstellt, gleleh*
sam das Centrum der Schöpfung sey, mit welchem Gott
g^nz besonders in Beziehung stehe, Mensch werde, den
Himmel (welchen?) mit der Tellus besonders verbinde,
als Regent dahin herabkomme? u. s. w. Die Astronomea
aageii uns jetzt, dafii es unübersehbar viele Sonnen und
Sonnensysteme gebe. — Aber genug. Schon die Prft*
fuDg der nächsten Momente wird überweisend.
Das wahre Jahr der Geburt Christi setzt B.
4 Jahre vor dem ersten unsrer gewöhnlichen christli-
chen Zeitrechnung. Dafs die letztere in sofern fehlerliaft
ist 5 als sie 2 bis 4 Jahre zu wenig zahlt, hat man schon
längst wahrgenommen. Aber wie Tiele Jahre es gemilm
sind, um welche hie das wahre Jahr der Geburt Christi
zu spät giebt, dies mit Zuverlässigkeit auszumitteln , ist
eine noch nicht gelöste Aufgabe. Wurm selbst hat der**
gleichen Versuche angestellt, aber ohne ein festes Re-
sultat gewonnen zu haben, (s. Astronomische Beitrige
zur genSherten Bestimmung des Geburts- und Todes-
jahres Jesu, eingerückt in E.G. Bengels Archiv für
Theologie II. Bd. und: Nachtrag zu di^eo Beiträgen iti
Dr. K laibers Studien I. Bd.)
Noch weniger ist das Jahr der Welt bekannt, das
mit dem Geburtqahr Christi zusammentraf. Nach B.
fiel das wahre Geburtsjahr Jesu in das J. der Weit 3939,
und das erste Jahr unsrer gemeinen Zeitrechnung in das
J. der Welt 3943. Allein Uber eben diesen Punkt wei-»^
chen ältere und neuere Kenner der Zeitwissenschaft um
viele Jahrzehende von einander ab. Wer das Jahr dev
Welt, in welchem Christus geboren ward, genau an-»
geben will, müfste mit der alttestaiucntlichea Zeitrech-
nung ins Beine gekommen seyn. Allein wer weifs, ob
unter den Jahreu bei Mose für jene frühesten ZeitM^
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öocli Beacel» ihUmJlm, ,Ww, Burk ii. A. U%
r ,
ab die Welt [d. i unser bischen Hrdeowelft] noch in
ihrer Kindheit war, Monds ^ oder Sonneiqnhre W ver-.
stehen sind. Unser hebräischer Text, der samaritanischo
Text, die griechische IJt'bersetzun^ der üücher des A.T^
der jüdische Geschichtschreiber Josephus , zählen die
Jihie der Erzväter oft um mehr, als hundert Jahre, von
«rnrnder verschieden; Auch pflegten die Juden, wie
schon die Stammtafel Jesu hei Matthftus lehrt, absieht*
lieh oft bei ihren Geschlechtsregisteru einige Genera-
tionen auszulassen, und Lukas in seinem Evangelium K.3.
ichiebt, der griechischen Uebersetzung des A. T. fol*
geod, einettCainan ein, den Moses (IB. Mos. K. II.)
sieht hat u. s. w. Wie inancherlei Unsicherheiten B. sich
gelöst und sicher gelöst zu habe« meinte, sieht, wer
sehen kann, in der schon angeführttn Lebensbesohfol-
buDg. S. 240 — 254 B. beruft sich auf die Stelle Ha-
baltuk a, 2, wo er das Mittel der Jahre, aber
gegen die wahrscheinlichere Erliiärunjf anderer Exegetea,
von der Mitte der Weltdauer Tor und nach Christus ver-='
Staad. Und selbst nach seiner Meinung liegt das wahre
Geburtsjahr Christi, oder das J. der Welt 3939. dooh
nicht so genau in der Mitte, da nach B. die
Sie Hälfte der Weltdauer sich mit 38ia endigen, die
Zeit des N. T.'s also um 160 Jahre ka«er seyn soll, als
die lies A. T.'s. Denn R sucht wahrscheinlich au ma-
dien, dafs die Welt [d. i. unsere jetzige Tellus-.Periodej
Dicht kürzer, als 1692, nicht länger, als 1880 Jahre
dauern könne, und bleibt endlich bei 1111% stehen,
tanu Terzuglich aus dem Grund , weil er in diesem Jahre
nicht nur ein Glied seiner arithmetischen Progression
(das löste) fand, sondern weil aus demselben zugleich
die heilige Siebenzahl unverkennbar hervorleuchtet
8. Ordo temporum S. 329 und 330. Wenn aber buf
Brklärnng der Oflfenbarung jene Progression nicht noth-
wendig ist, sa AUt auch die Ursache hinweg, warum
Bengel gerade das Jahr UllV/g gewählt hat.
Da nun, um Alles kurz zusammenzufassen, a) tia«
Jahr der WeU 3939, in %vei(jhes die Geburt Christi fällen
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648 Apokaljrpttfche Erwartungen
soll, äufserst ungewifs ist, da b) eine Welldauer von
VnV/^ Jahren folos auf willkührlichen Voraussetzungen
beruht, und da o) ebenso willkuhrlich ein Aufeinan*
derfolgen von 2 Jahrtausenden Tor dem Bmdm
der Welt zu Gunsten das Jahr 5778 angeoomnien wird :
so kann das J. Chr. IS^ü. unmöglich richtig berechnet -
eeyn . indem man zu diesem Jahre nur unter der Bedin-
gung gelangt , dafs es mit obigen 3 Funkieu seine voll-
kommene Richtigkeit habe. war, wie wir oben an
einem Seisplel sahen, über gewisse Punkte seines Sj-
Sterns nicht immer mit sich selbst einig. Aber wegen
der Hauptsache dessen, was im J. 1830. geschehen, was
vorangehen, was nachfolgen sollte, war Er von der Gül-
tigkeit seiner Berechnungen so sehr überzeugt, wie von
irgend einem Hauptpunkt seines Systems. Und doch
trug er in laiiterer Wahrheitsliebe kein Bedenken , sich
(Burk S. 300.) auf folgende Art su erklären: „Schon
lange habe ich es bei mir ausgemacht, dafs es mit meiner
„Erklärten OfTenbarimg" dahin kommen werde, dafs es
scheint, es sej alles aus, so dafs ich ganz vernichtet
werde. Zuletzt aber wird doch noch das Siegel auf
meine Beweisführung (?) gedruckt werden, und sich
dieselbe als Wahrheit legitimiren. Sollte aber selbst das
Jahr 1886. ohne merkliche Veränderung vorbeistrei-
chen, so w^äre freilich ein Hauptfehler in meinem System,
lind man müfste eineUeberlegung anstellen, wo er stecke."
*— Die Zeit drängt; Bengels Offenbarungen über die so
wenig offenbare Offenbarung hat, wie Er selbst erkennt,
bald eine entscheidende Probe zu bestehen. Man hat
sich selbst und Andern etwa Fragen, wie die folgenden
sind , zu beantworten :
Wo und wer ist nunmehr das im J. 1830. dem Ab*
grund entstiegene, und plötzlich zu grofser Macht ge--
^ngte Thier, das 1881— 1882. seinen Thron tfuf den
Bergen aufschlug? Apok. 17, 10. — Wo und wer
sind die 10 verbündeten, morgen- und abend - ländischen
Könige, die ihre vereinigte, nur Eine prophetische
Stunde, d. h. acht Tage lang vom 14—22. Oct. 1882«
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nftch Btti^l, OtisBder, WvfM, Bark «. A. «M0
ihiieriNle Macht — vielleicht, wie R vermuthet, auf
einem Congrefs — dein Thiere übertragen (Apok. 11, 12.) f
untl die, mit Genehmhaltung des Thiers, Rom, das
neiie BabjU>n , im J. 1833. verwüsten ? — Welche Zei-
chen ttosrer Zeit deuten auf das letzte, zwischen 1832.
«od 18W« fallende Wüten des Thiers aus dem Abg runde
oder des Antichrists, sowie auf eine gegen 1830 — 1834.
zu erwartende Zertretung oder Verheerung Jerusalems,
das um diese Zeit eine Bevölkerung von 70,000 Liin woh-
nern (nach unsern Geographen zählt es beiläufig nur
halb M viele) und wieder einen Tempel haben wird.
Apok. 11.
Auf jeden Fall gereicht es Bengel*n zur Ehre, auch
nur 'die Möglichkeit eines Grundfehlers in seinem
System zugegeben zuhaben* Die Schriften B.'s, auf den
man die Denkart vieler seiner enthusiastischen Verehrer
nicht übertragen darf, zeugen von einem sehr beson-
nenen, von fanatischer sowohl als von süfsüchter, iie-
beioder und doch verfoigungssuchtiger Schwärmerei weit
entfernten Charakter.
Zu vollständiger Beurtheilung der Bengelschen apo-
kalyptischen Berechnungen, welche begreiflicherweise
einen übergrofsen Eindruck machteo, weil die allerwe-
nigsten das Mathematische und Astronomische ^ auch nur
nach den angenommenen Voraussetzungen , zu erwägen
vermögen, gehört besonders noch' eine soviel möglich
allgemein veiständliche Enträthselung unter dem Titel:
[4.] J. B9ng0V$ Cyklui, odtr der ^Btronomiteke Tkeil
9on DßSMen mpokalyptitckem Sy^temy gmemvtntänd"
IM darge$teÜt und geprüft von J. F. fTurm. Prof. tu Stuit'
gart, Stuitg. 183L 8. 20 dT.
Diese Schrift eines so eben verstorbenen kenntnifs-
reichen, von Anmafsung äiifserst entfernten Verfs. ist bei
ulier KÖrze so klar und aufklärend , dafs sie Jedem, der
lieber seihst sehen als blos stautieii will , nicht genug
empfohlen werden kann. Sie giebt, was noch Burk im
Leben BengeU S. 33<k vergeblich gewünscht hatte.
•
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Ich erinnre mich hierbei noch an das Tielleichl aaf^
ftilieiuläte Beispiel, wie fÜe subtilsten iitul doch uubalt-»
barsten Entdeckungen alsdann gemacht zu werden pfle-
gen, wenn ein scharfeinniger; worlgiaubiger Mann ia
einigen — populär ausgesprochenen — Bibelworten ver*
hüllle GeheimnisBe ahnet « und alsdann alle seine Com»
binationskraft anwendet, um, wie erhofft, der Offenbarer
dessen zu werden, was die Bibel selbst nicht geoffea«
hart hat.
Bei Luk. 18, 8. ist ^Is^Wort Jesu aufbewahrt der
Ausspruch: „Wird übrigens der gekommene Menschen«
söhn den Glauben finden auf der Erde?** Durch
diese Worte %vurde in jener Blüthezeit der Mathematilc
als Freund von Barow, Newton, Leibnitz, Bernoulii
u. s. w. ein Schottländischer IVIa thematiker Johu Craig
zu der Frage bewogen: Wann denn der historische
Glaube, welcher mit der Bntferoung von seinem Eni«
stehungspunkt sich vermindert, allmfihiich sich so sehr
mindere, dals er dem Auf hören nahe sej und also, wio
Jesus gfesagt habe, fast nicht mehr gefunderi wer-
den könne?
Craig schrieb 1689. Theolagiae christianae
principia mathematiea. London, eine Schrift,
die zwar 1755. su Leipzig wieder gedruckt, doch aber
weg^n ihrer mathematischen Einkleidung wenige bekannt
worden ist. Ein Hauptpunkt darin ist, daPs der Verf. zu
berechnen sucht, in welchen Zeitabstufungen allmählich
etwas einst historisch- Bezeugtes durch die Zeitferne so
verdunkelt werde, dafs seine Glaublichkeit sich beinahe
in Null verliere und tnehschlich nichts mehr darauf ge-
baut %%'erden könne? Die überraschendste Rechnungs-
formeln, durch welche Craig das all mahl ige Ver-
schwinden der historischen Prpbabilitit be-
weisen zu können meinte, sind 1191. in einem Rostooker
Weihnachtsprogramm von Prof. Becker deutlich
dargelegt und zugleich giüiidlich beurthelU worden.
Craig wurde dadurch, wie er meinte, iiia thematisch
überzeugt, „Christum mno 3150. adjudicmm mlre^
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■ach Ben^l, Osiaodrr, Wvrm, Burk m. A. 991
mum veniurum esse," Er i»chlors nämlich aus der Stelle
bei Lukas: Christus oiDf^tte gerade alsdano wieder kom^
Ml, weno historischer Glaube an di« Voraussagiiogfea
•eim» Wiederkainiiieiis fast oichl mehr m finden seyn
virde. Ilies aber sollte , nai^ seinem CalcQliiS) unii
J.Christi 3150. oder 3ir)6. zu erwarten sejo.
Es ist gut^ dergleichen Verirrun^en des Tiefsinos
sieht gäns zn vergessen, weil zu keiner Zeil Warnungen
gcj^en ähnliche bald speculativ« bald exegetisch -trane^
Ceodente Versuche überflQssig werden.
Die Entstehungsgeschichte des Bengel i seh > apoka-
lyptischen Sj^stems findet sich auf eine auch für den Psy-
diologen sehr interessente , glaubwürdige Weise S« 240
bis 344. in der schon belobten Biographie:
-(&] 9r. JoA. Aihr. B^nftiw^ h^hen umd Wirken^ «Iffwl ita«A
htmMiryaUihm Mßierhtifn Tos Joh. Chr. Fr, Burk,
Pforr$r l^heUßmgtH. Mit Bvmgßlt ßüdmf§» Zwfitß Außagn.
Siuttg. 1882. m S. inS.
In langer Zeit las ich keine Schrift mit gemiscb*
teren Empfindnngen. Neben ganz fixirten Sonderbar"-
Mien, eine fiberwiegende Fillle von praktischem, durch
edle Frömmigkeit zu vielem Wahren geleiteten Verstand!
Maa könnte eine Anthologie daraus machen.
Dr. Pauluw.
mi4 B{mM9ktH, GctfiiraieK umd herausgegebm von Jüaeph Ckme
rtgMrtem Qkorktnm von StäFlorutn* Erster Band. Lins, MJ09,
l%iJk nnif Sohn. 18S2. 4.
Aach unter dem besonderen Titel :
Mrägo 9ur Go^ehichU IL Friedrich» do» i^ iertm* EriUr Bd» Ersten Hi^fU
Der Hr. Verf. verspricht, unter diesem Titel 6ine
fortgesetzte Äammlung dessen herauszugeben, was er in
Bibliotheken und Archiven zur Auihellnng der österrei-
cUseheneesohtehte Dienliches gefunden nnd eupnnimen«
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<8i dimel , Matffriali«! snr ditemleliisdiea Oetehichter
getragnen hat. Bis jetzt ist aber nur dieses erste Heft
erschienen. Wie cJer zweite Titel piizeig"!, beziehen sich
die darin enthaltenen Beiträge alle auf die Geschichte
Kaiser Friedrichs des Dritten oder, wie ihn der d9ter<«
reichisch^ Patriotismus zu nennen pflegt, des Vierteo.
Es sind im Ganzen drei, alie drei alter von der Art, dafe
jeder, der sich mit der Geschichte des fünfzehnten Jahr-
hunderts näher beschäftigt, gewils dem Hrn. Vefffc fiit
deren Mittheilung Dank wissen wird.
Zuerst hat Hr. Chmel ans den Verzeichnissen des
Ic. k. Archivs- die Titel der Handschriften ausgezogen ,
ivelche irgend eine Aufklärting über die Geschichte der
Zeit gewähren können, wo Friedrich das Oberhaupt des
teutschen Reiches war (1440 — 149«i.). Er hat einen
grofsen Theil dieser Handschriften selbst näher unter-
sucht, verglichen und excerpirt; dadurch hat er ihren
wahren Inhalt genauer kennen gelernt und ist in den
Stand gesetzt worden, das Veizeichnifs an mehreren
Steilen zu verbessern. Mit diesen Verbesserungen und
eignen Bemerkungen tiieilt er uns nun den erwähnten
Auszug daraus mit
Ohne Zweifel ist es aber von grofsem Werthe, dafii'
die reichen Schätze, welche jene Sammlung versdiltefst,
immer bekannter werden, damit dies die Geschichtsfor-
scher veranlafst, soweit es gestattet wird, sie immer mehr
zur Aufhellunng der Geschichte im Allgemeinen, der
teutschen und der österreichischen ins Besondere zd be-
nutzen. Daher halten wir es immer für ein verdienst-
liches Werk, den auf^erordentlichen Reichthum jener
Archive den Gelehrten vor Augen zu legen , obgleich
Pertz in dem Archive der Gesellschaft für ältere teutsche
Geschichtskunde Bd. VI. S. iOO u. ff. mit seiner ge*
wohnten, musterhaften Genauigkeit und Gewissenhaftig-
keit ein ähnliches Verzeichnifs der für teutsche Ge-
schichte brauchbaren Handschriften aus dem erwähnten
Archive gegeben hat. .
Da diese trefiliche Zeitschrift leider nicht die weite
Verbreitung geflmdeo hat, welche die Reichballigkeil ,
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■MMBtlich ihrer leiBtet)^ Bände; as flchStcenswe^theti Bei-
trägen zur Quellenkunde des teuUchvii Milteiaiters ver-
diente, und wir daher voraussetzen müssen, dafs einem
grofsen Theile der Leser dieser BläUer Pehzu Verzeich-
oifs nicht cur Hand i8l, so erlauben wir uns, mit einigen
Worten auf die Reichhaltigkeil der dort und bei un-*
serem Verf. Yerzeichneten Materialien aufuierlisaai zu
machen.
Sehr verschiedenartige Quelleuschriften finden sich
in jener Samudung vereinigt Den weniger wichtigen
Theil derselben bilden die Haudschriftea schriftstelieri«
scher Werke; doch finden wir auch hier neben schon
bekannten und gedruckten Büchern noch viele unge-
druckte und und unbenülzte, dert n ütei zum 1 heil we-
nigstens viel verheifseiJ. Bei weitem der wichtigere Theil
abd ahpt die urkundlichen Schriften, welche in dem
Archive aufbewahrt, werden. NatOrlich ist hier der
Rmchthnm aufserordentUch grofs: bei der Menge von
Ländern, welche dit^ Herrschaft des uhterreichischen
Hauses nach und nach umfnfste, deren urkundliche Denk-
mäler gröfstentheils, entweder in der Urschrift, oder in
genauen Abschriften hier nufbewahrt werden — bei <ler
historischen Wichtigkeit, welche theils das Hauptland
der Monarchie, theils einzelne Nebenländer Jahrhunderte
hindurch besessen — bei der Sorgfalt, die man, wie
es scheint, für regehnäfsige Sammlung und sichere Auf-
bewahrung ihrer urkundlichen Schriften trug — ist na-
türttch ein fast uÄerschüpiicher Schate TonjBolehea Denk-
nilera früherer Jahrhunderte hier aufgehäuft worden.;
Wir zeichnen unter der grofsenZahl der aulgeführten
Diptomenfascikel nur 2 Classen aus, welciie von beson-
derer geschichtlicher Bedeutung sind. Zuerst nennen
wir diegr^fsen allgemeinen Sammlungen aller wichtigeren
UvfciUMie«, durch die iin Laufe djcr Sfeit die VerhÜ.tni686
einudbier Länder fies österreichischen Staates festgestelk
worden sind. Solcher Sanimlunß^en sind viele aufgeführt,
weiche theils die Urkuitden im Originale, tlieils in wört-
iicbea Abschriften e^iihalten und oft durch eiue Reihe
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von JshrliiNuierteii uiMNilevbrichefi IbrtkiiireQ) also die
fest beglaubigten Grundlagen der gaazea Geschiclite ein-» '
zeioer Länder enthalten. ^
Hierher |;ehör4 Yor Allem der. Codex diplomaiiem
AmtrmcuSy die Sammlung aller auf das eigf^ntliche
Oeatcmicli .sich besieheiMieo Urkunden toh liM bis
in 8 Blndon, mit einem genauen Register;
flann die Salzburgischen Kammerbüch er oder
das Diplomatariimi der wichtigsten Urkunden des Erz-
sttfis Salsburg, ia 6 Bäadea, gieichüadls mit eiaetnall^
'geni4»inen Register;
eben so dM Tyroler Diploflaatarium, dienrich-*-
tigsten Freibriefe, Landesverordonogen und Verträge Ar
Tyrol enthaltend ;
ferner eine Copie der f&r die ganze europäische Ge-
schichte so unendlich wichtigen, in Venedig befindlichea-
Sammlung der vorailglichsten Traktale-der Republik Ve»
pellig, der bekannten Ubri de" Pmiii von 883 bis Itt«,
in 7 Bänden; und als Ergänzung dazu eine Abschrift der
10 ersten Theile der gleichfalls in V enedig befindlichen,
aus 38 Tlieiiea büstehemlen Libri CommemoraU; (sie
-enthalten die wlchtigstim diplomatischen Verhandlungen
der R^ublik ¥oa 1295 bis 118&, jene 10 Theile aber
«nfasssn die Zeit Ton 1295 bis 141t, berftbren also dio
Regierungszeit Friedrichs selbst nicht unmittelbar;)
die bekannten Sammlungen Andreas Dandulo's, Uber albus
und Ii6er biaacus, die auch in jenem Archive aufbot
wahrt werden, fchlon in Hrn. Chmel's Verceichnils n%»
tirlleii, weil sie von Friedrieh's Reglern ngsacit finl wm
S volle Jaliriiuoderte g^rennt sind; — <
endlieh das Eisa^äer Oiplomatarinm vom vierzehntea
bis zum sechzehnten Jahrhundert; n. s. f.
Die «weite Klasse von Urknndsfascikeln, dm wir eti*
.wihnett, gnhörl ansschlieftKoh der Zeil« 9 welbhei^dw
vorliegende V-emeichntfe gewidnriet ist: es skid dioite
einzelne gröfsere Urkunden, Iheils Sammlongen aller auf
ein einzelnes wichtiges Rreignifs bezüglichen Original-
sdirifbn. Fast für jedes der £reigoi«6e, welche ^imüsea
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fiioflufs auf (k'ü Gang der Regierung Friedrichs fibl^tit»
findet sich eine solche 8aininlung vor: so die Schriften,
welche die Verbiodoog Friedrichs mit Frankreich gegen
fiurg^und betrefTm; SO tlle die^ lürelche sich auf dl«
HiBdoi OeslreidM tnll Burgund, iiNibmiKler« wegen
Aer Terfifftiidviiig von Bbalk «od von Piirl, bctstehen;
so die Schriften über die Entlassung Ladislause aus
Friedrichs Vormundschaft; — die Fripch nssclilüsse zwi-
schen Friedrich, Maximilian und Wiadislaus voxi Ungarn
•nd Böhmen; ein Dipiomaliirium der Päbsie Mariin V«,
Bigen W., Nicolaos V., dann der Kiasar Sigiaoiuiul,
Alöwht vnd TVieilrieh , die KirchenTersamnriviif »i
Basel betreffend?: u. s. f.
Der wichtigste von den Beitragen, welche der Hr.
Verf. diesmal galiefert, ist aber der zweite: nämlicli
der Anlang eines Repertarium« der Urkanden, die n
Auf belhiBg der Geschichte Friedrichs vom Anfange seiner
Begierung in Oesterreich 1424. bis zu seinem Tode 14ML
dienen können. In diesem Hefte reicht dasselbe er^.i his
zum Jahre 1439, betrifft also nur Friedrichs herzogliche
Regierung. Die Einrichtung dieses Reperlonums iai
ditsdiye, wie in Böhmer's irefflichen Regcaten der tenl*^
sehen Könige (Frankinrt am Main, 1881. 44e): in de?
•fsten Columne eine fortlaufende Zahl; in der zweiten
»lie Ausstellungszeit ; in der dritten der Ausstellung^^ort;
in der vierten eine gedrängte Angabe des Inhalts und
ssast etwa zm bemerkende Dinjg;e, endlich der Aufbe*?
wiininginrt ilea Originals, nad wenn daseeibe aelsan
gvbnekt werden, in welchem Werke der AMrui^ an
finden ist. So enthält dieses Heft das Verzeichnlfs von
2M Urkunden österreichischer Archive in chronologi-
scher Ordnung, welche Ufknnden all« die Verhäkniase
Owteiieiohs oder seines RegenlenhaMea tielreffen oder^
Mia flies 4iei cnnigen Brivatnrknnden -nicht 4er Fall MI4
nenigstens, wie Ihr Inhalt zeigt, Licht auf die Ver«
liiitnisse des Privatlebens in diesen Ländern während
jeoer Zeit werfen. Bei fiem Stande der historischen
VViasenschaften in unserer Zeit ist es unnötbtg, ein Wnst .
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M CtaMi* lM«rÜlieii t«r «MtmiclilieliMi CfiAicllMte.
Aber die Wichtigkeit einer flolcben Sammluog und über
die aufserordentliche Erleichterung zu verlieren, welche
gie der F'orschiing gewährt. Jeder, der sich für die
Geschichte jener Zelt iateressirt, wird gewifs mit uns
begierig der Portsetzung und Vollendang dieses Werlces
entgegeosehn , YorEQglich da seioe Wichtiglieit sieh in
den folgenden Jahren natQriich noch vermehren muf«^
wo der Herzog Friedrich auf einen grüfäeren SchauplatS
tritt oder vielmehr gehoben wird.
Gleichsym als Anhang schlieist sich diesen beiden
Att&ätzen ein Urlcundenbuch an, in welchem 32 bie
jetzt nngedraclcte Originalschriften aus österreichiseketi
Archiven, die in die Regierungszeit Friedrichs gehören,
wörtlich und diplomatisch genau abgedruckt sind. Auch
dies ist eine recht dankenswerihe Mittheilun^, obgleich
die einzelnen abgedruckten Schriften von sehr verschie*
denem Werthe sind und nur der liieiuere Tbeii von
ihnen sich auf allgemeine Verhältnisse bezieht, nnd
daher zur Ausmittelung wichtigerer geschichtlicher That*
Sachen, zur Lösung historischer Fragen benOtzt werden
kann. Wer wollte aber fiesvvegen die übrigen Stöcke
für werthlos achten, ihren Abdruck für unnöthig halten?
Giebt es ja doch Qberlianpt wohl nicht leicht eine Sarnm«*
hing Ton Originalschriften aus einer ÜInger Yergangenen
Zeit, die dem ächten Geschichtsforscher nicht mannich-
facheii Nutzen und Genufs gewährt. Freilich dem ge-
meinen Sinne und dem iiochtrabenden Schwätzer uimI
selbst dem die Geschichte nur in Bausch und Bogen be»
handelnden Universalhistoriker bleibt eine solche Samm-*
hing eine Anhäufung Totf nnbedevteoden Schreibereien,
an denen man sich ohne Frucht und Nutzen abmuhen
Wörde, — oder gar ein Convolut von Erzeugnisscu einer
rohen und ungebildeten Zeit, die durch die Spurj^n dieser
ihrer Bntstehnngsperiode jeden Menschen von anfge«
kiftrtem Verslaode im Voraus zurückschrecken , so wie sie
dorch ihre geschmacklosen, schleppenden Formen jedem
feineren, gebildetereu Geschmacke ungeniefsbar, ja uner-
tr%lich sind.
fjPtc Fortsetzung folgt,}
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N°. 42. HBroELB. JAHRE o. LFTERATÜR. 1833.
Chmet, Materialien zur osterreichkehen Geschichte^
Von den kleinen, aber geflieg;enen Goldkornchen , die
in flen alten, modernden Papieren und Pergamenten ver*
bor|>;en liegen, die sich nber freilieh nur dem emsigf
sirchendea uncl tttigetrubt blickenden Aoge entdecken,
fthnen Jene natfirlieh nichts, nichts Ton dem GennMe,
tNireh den diese Kleinigkeiten dem 8innig;en Ge^chichtS"
freunde himdertfach fiie Mühe und Anstrengung ers^etzen,
die er auf ihr Aufsuchen gewendet hat. Wem aber ch'eser
Siaa verliehen ist, iler Sinn für die Erscheinungen! eines
V6i|[ang6nen Jahrhunderts, fÜrZustände eines yerschwon-»
denen Geschlechts, diese halb dem Verstände, halb der
Babildnngskraflt an^diörige FShIgkeit, sich deutlich in
andere Zeiten und Verhältnisse hine inzudenken, wer also
für den Germls wahier Geschichte überhaupt fähig ist, — •
dem leuchtet oft reiner und heller das 8ejn and das
W^en einer Zeit aus einem Papierstreifen herror , der
mit anwichtigen Worten in ihr selbst beschrieben wnrde^
tbaus den schönsten und glänzendsten Erzählungen eines
Jahrhunderte späteren Geschichtschreibers , ja leicht
Selbst ungefärbter und ungetrübter, als aus den llarstel-
luogen eines gleichzeitigen Schriftstellers, der seine Zeit
mit einem bestimmten Zwecke, mit einer ü!)erlegten Ab-
Mi- schilderte»' Denn da auch dessen Schildenin^eif
nttriiiiler der Einwirkung des überlegenden Verstandes,
durch vielfache Ahstraction aus speciellen Facten entstehen
konnten, so fehlt auch in ihnen die Unmittelbarkeit des
Itebens; die Einwirkung der Ueberlegung, der Eiuilufs
^ Individualität verwischt leicht auch in ihnen die
ogSDthllmlichen Farben der geschilderten Zeit, — wäh-
f«iid in den nicht für Schilderung der Zeit bestimmten
Schriften , die uns absichtslos mit ihren Sitten und Qe*
XXVi. Jabig. r U£ft. 41^ ' ,
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brättchen bcikannt oiacheD, ihr Charakter in aller unsiii*
telbaren Fülle und "Wahrheit, frei Ton Ueberleguiig uod
Absicht hervortritt. Mag man es immerhin einen klein-
lichen, beschränkten Sinu nenneii, der sich an diesen
Kleinigkeiten freut, oder woiü gar mehr für ein nutz-r
loses Spiel erklären, als für wissenschaftliches Forschen,
— es ist eionial so, je specieller, je ei|;entbiliiilieher,
je individnalislrter die Quellen unserer Gesehichtskenntnifs
'^sind, desto freundlicher sprechen sie uns an, desto mehr
\%irken sie nicht nur belehrend auf unseren Verstand,
sondern auch belebend auf unsere Phantasie, erwärmend
auf unser Gemütb« Wir können es nicht Ülugoen , gern
gäben wir die meiisten Bücher mit schön ansgedachtet
Anseinandersetsong der allgemeinen Staats-, Reichs-,
Kirchen - uod Weit - Verhältnisse für die Schriften, die
uns heimisch machen in den Städten einer anderen Zeit,
uns durch ihre Gassen führen., zu den Käufern und Ver<»
käufers auf dem Markte, zu dem Toben der bewegten
Volksmenge auf den Ptätaeen , zu den ruhigen Ueberle-
gungen der hochweisen Herren anf dem Rathhaiise, die
uns in die Kirchen und Schulen geleiten, dafs wir die
Reden der Priester, die Fragen der liphrer, die Dispu-
tationen der Weltweisen und Schrift^elehrten hören, die
uns in die KaSsen der Schösser und Zöllner, in die L&flen
der Kaulleute, in die Werkstätten der Handwerker , in
die Kinder - nnd Wob n - Zimmer der Häuser sehen lassen ,
kurz die uns im unmittelbaren Schauen Theil nehmen
lassen an den Freuden und Leiden, an der Gröfse und
der Kleinlichkeit, an den wichtigen Ereignissen und den
unbedeuteoden ^Sorgen einer längst vergangenen Zeit,
die ans so also über die Beschränktbeil nnserw 2eit und
unserer LebensverhäUttisse erheben, um uns f&r Augen*
blicke in die eben so engen Schranken einer anderen Zeit,
anderer Lebensverhältnisse zu verschliefseo , damit wir
uns der bleibenden, über das Zufallige erhabenen Ein*
heit im menschlichen Leben bewufst werden, zujgleicb
aber auch der unumgänglichen Nothwendigkeil nteter
Beschränkung des Allgemeinen durch einengende,,
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Chmel, Materialien zur österreichischen (icschichte. 6«U^
fällige Formen, der Hohlheit und Liig-e alles ohne solche
beschrankende, iudividualisirende Foriiieu Gedachten oder
Gesprochenen voo angeblicher Allgemeingültigkeit, —
ein Bewufutsey II , Aes^n Bedürfntfs ja doch am Ende
■lies geschichtlichen Strebens Ur«>prung und Anfang,
dessen F'ähig^keit eben geschichtlicher Sinn, dessen Be-x
fiiedi/iriitig alier wahren Geschichte letzter und eitiziger
* Zweck ist.
Wer soHle daher also (wenn ihn nur einigermafsen
(lieser geschichtliche Sinn beleht) die Mittheilung der
hier abgedruckten Üriginalscliritten des 15ten Jahrhun-
derts nictU für eine dankenswerthe Zugabe zu dem I]uche
des Hrn. Verfs. halten, da auch sie ttns vielfach in das
iDoere Leben jener Zeit nach seinen mannlchßiltigsten
Beziehungen und Verhältnissen blicken lassen, — wenn
auch der gröfste Theil von ihnen, wie bemerkt, nicht
gerade von grofsein Nutzen für die Aufklärung fuctischer ^
Verhältuisse, für die Beantwortung factischer Fragen
seyn kann. Doch geht auch dieser Nutzen nicht etwa
allen hier mitgetbeilten Schriften ab, viele von ihnen
beziehen sich auf die allgemeinen Verhiftnisse Sen dster* .
reichischen Staates und seines Regentenhauses, und können
daher auch zur Aufklärung der äulseren und allgcmeinea
Geschichte Oesterreichs im 15ten Jahrhundert gebraucht
. werden.
Denn zuerst finden wir mehrere officielle Actenstücke,
durch welche die Schicksale der österreichischen Staaten
«and de« österreichischen Regentenhauses iu jener Zeit»
wemgatiu theil iveise, bestimml wurden« Z.B.:
No. 16. ist eine Urkunde Herzog- Si(>^ismunds vom
28. Februar 1445, worin er für sich und seine Erben
tind Nachfolger verspricht, dafs, wenn er zu seinem vä-
^erliehen Erbe, der Grafschaft Tyrol könimen solltc^^
«f Ntohti ÜMk wolle ohne Wissen und Willen Kitoig
Medrich's. No. 26. Eine Urkunde von- demselben )
%Wfin er, nachdem er in den Besitz vonTyrol eingesetZJt •
Worden, aaf alle weiteren Ansprüche an seine väterlichen
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660 Chmel, Vaterialien lur dstofftttehliiiMn GMcliielite.
Erbstücke zu Gunsten König Friedrich 6 und seiner Erben
verzichtet. (Vom 1). April 1446.)
No.^18. Vertrag auf 8 Jahre zwischen den Gesandteo
König Friedrich 8 in seinem Namen, dem des Kdoigs
Ladislaus, seines Mündels, und seiner Erben einesTheils
— nnd den Landleulen ond StSctten von Mähren andern
Theils, abgeschlossen zu Znaim den lOten März 1445,
am Sonnabend vor Pahnj'onnlag'.
^ No 24. 25 2(). 27. Einiguogea und Theilungt-n zwi-
schen König Friedrich, seinem Bruder Albrecht und
seinem Vetter Sigismund vom Jahre 1446.
No. 31. Eine alle Verhältnisse des Landes umfas-
sende, sehr weitläufige Verahredun^^ der Tyroler Stände
wegen Verwahung des Landes wjihrend der Abwesenheit
Herzog Sigismunds.
No. 6. Eine Urkunde König Albrechts, gegeben zu
. Prag den 14. October'1488, wodurch er dem Herzoge
Friedrich dem Jüngeren den Blutbann in seinem Lande
verleiht.
Hieran schliefsen sich andere urkuudliche Schrffteii
an, die zwar nicht ofticielle Aktenstücke sind, aber sich
doch auf allgemeine politische Verhältnisse Oesterreichs
und seiner Regenten beziehen. l¥ir erwähnen davon
nur folgende:
No. 1. Schieiben Herzog Friedrich des Aelteren an
Herzog Albrecht in Angele genheiten der Vormundschaft
über seinen Neffen, Herzog Friedrich den Jungeren ,
vom 4. December 1434.
No. 2. Schreiben Herzog Friedrich des Jüngeren an
Herzog Albrecht, seinen Vetter, wegen derselben Vor-
mundschaft, vom 10. December 1434.
No. 17. Gedenkzettel und Geualtbrief König Fried-
richs an die österreichischen Machtboten für die Ver-
handlungen über den oben erwähnten Vertrag zu Zoaj^m,
vom 2ten März 1445. Die Gesandten siud , aufser dem
Probste von Neuburg und 6. Rittern, auch Andree hfl-
* brand die czeit des Rats gesohworn der Stat zu Wienn
und Raiohari Zettlinger burger dasßibs. ,,$iinderleich
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I
CluMi, Iteleffittiieii Mr dtierffeidiitclMii Ctoflciiidil«. til
ifll SO merkchB das meoiger zu Merhem sunder Zotpmoh
sä dem lannd mineDt cn habo der elleichn man Tilleicht
BecktMeh nicht vil schuldig ist IMochtn die Rett dana
umb^een das Si In unib soih ir sunder Zuspruch bei dem
Tag; nicht antburtt tettn untz das der frid wurd beslossu
■ad besteet So woril daan der fridbrief yedem man wol
Qiderwetan wo Tiid an welhem endnn er «ein zuaprodi
sa Recht oder zu mynn fnrpringn rnd Tordern aolt**
Thun konimeQ aber doch viele Punkte^ die Privatver-
hättnisse betreffen und deren Lösung^ voigeschrieben
wird. Im Vertrag selbst aber wird bestimmt, da (s König
Frieilrich 4 Männer und die Mähren 4 ernennen aollen,
die sollen sich zu Znaym versammeln und vor aie sollen
alle Priyatkjagen aus dem einen Lande liegen das andere
gebracht werden, die sollen dann durch Stimmenmehrheit
entscheid en ; „wurdn aber vnder den Achten vier gen
viern gleich stossig,*' so soll ein in dem Vertrage na-
meotlich angeführter Obmann (Christoph von Lichten^
'8iain, oder Michael von Maidburg, oder Ulrich £yn*
teioger von Byntzing) entscheiden tt.e. f.
No. 19. enthält : a) Vollmacht an die oben erwähnten
vier Schiedsrichter, einen neuen Frieden von kürzerer
Dauer abzuschliersen , weil der früher verabredete nicht
ZU Stande gekommen war; h) Befreiung der Gesandten
von der Verantwortung für den abgeschlossenen FriO'*
den; — -> ,,Al80 veirbaissen wir In bei unsern kunigkleichn
wertn das wir Si nll vier von solher gelubnoss wegn vnd
^^as Si in solihn frid machn gehandelt haba ob Si icht
üaruuib begegnend wurdn nach iinsrer Rete Rat an
•chadn haltn welln genedigkieich vnd vnge u erleich
c) ond.d) Ratification des verabredeten Friedens.
Hieran reihen sich nun aber unter den mitgefheilteu
Sticken vieie\ die gleichsam in der Mitte stehen swi-
scheu den Schriften, die sich auf die allgemeinen Ver-
hältnisse des österreichischen Staates i)eziehen und daher
Sur Aufklärung seiner äufaeren allgemeinen Geschichte
gebraucht werden können und- den Schriften , die, aufser
ÜUem 9lisamnienhiin|;e mit den St«at9verb«dtnu»aeu ,
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nur die Verhältoiase des EiaseUebene iNur&hren. Ks ünA-
dies nämlich Schrifteo , die entweder mbl anch ¥er^
hähnisse des Staats betreffen, aber innere, Finanz-,
Gerichts-, Verwalttings-Eiririchtungpen, und tkdier keine
Aufklärung über seine Schicksale im Ganzen und Ailge*
meinen^ wohl aber über seine Lage im Innern geben
können 9 oder Schriften , welche sich auf die Angelegen-
heiten einzelner Thelle des Staats, einsalner Gemeinden,
Corporationen nnd dergl. beziehen, oder endlich solche,
die zwar das Regenlenhaus angehen, aber nicht dessen
äufsere, politisclie Stellung, sondern die Privatverhält*
nisse seiner Mitglieder.
Hierhin rechnen wir e. B. die vielen g^ericktlichea
Schreiben, theils Herzog Friedrichs, theib der Richter,
theiJs der Partheien über vielerlei , verschiedene Klagen
und Rechtsstreite, welche reclit viel interessante Beiträge
über Sitten, Einrichtungen und Gebräuche, vorzüglich
Gerichtsverfassung und Rechtsgang im löten JabrhnD«*
dert enthalten.
Wir erwähnen davon niir No.28, ein Schreiben König
Friedrlch^s an den Bischof Leonard von Passau, worin
er ihm verbietet, über das im Österreichischen Gebiete
gelegene Schlofs „Pirkchenstain Gericht zu halten.
(Vom Jahre 1448.) Dabei liegen, wie. der Hr. Verf,
bemerkt, im Archive 1} ein Brief von densselben Tage
^an die Gebrüder Hans nnd Ulrich vonStahfemherg, wo-
durch ihnen verboten wird, bei einem vom Bischof etwa
doch gehaltnen Gerichte zu erscheinen nnd 2) ein Brief
an die Herren, Ritter und Knechte, die zum Recht spre-
chen gefordert werden, mit dem Gebote 9 weder Rächt
noch Urtheil zu sprechen*
Nicht uninteressant waren Ref. auch 2 Stfieke^ die Uber
die damaligen Geld > und FinansverhSitnisse einigen Auf-
schhifs geben, nämlich No. 28. und No. 30. Ersteres ist
der Anschlag einer Prinzessinsteuer in Steiermark, Kärn-*
then und Krain bei Vermähiqng der Erzherzogin Katha**
rina : „Vernierkht der Anskg der Stewer zh JonkfrawQ
Katbreyn vnsers gnedigisten herrn knnig ' Fridreiobs
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I
SwesUrr ttb ij Margkg^raf KariR Margkhf rtneii sa Padeft
vod «B Spaohaym gegebn vnd gen Regenspurg geantt-
wurtt igt worein. Anno domini etc. Quadragesimo sexto/*
„Von erst im lannd Steyr auf dye Preiaten Abtf»ssin vnd
prjorio vnd Juden vor dem perg vnd in dem perg.*' Die
PrfiUteii, Aebte und Aebtissinnen, Prioren und Prio-
rimieo, Johanniter und Teofschherren in Steiermark
tthien Easammen t240 Gidden, ^^Hye Jnden in Steir
kernden vnd Krajii vnd hiedishalb des pergs," die zwi-
schen der Priorin zu ..Studenvcz" und den Teutsch-
Herren aufgeführt werden, 0000 Gulden; die Summe
(kr ganzen Steuer beträgt 46,632 Gulden. ~ Daa
mite (No. 80.) iat ein Preistarif einiger von dem
Sehnnschreiber-Ambt anmusCellenden Urkunden: ,,Von
erst Ladung vnd Zeugbrief daiuon xij Pfennige. Von
Zeii^^b riefen Her Andertaiz^ dauon v ] Pfennige. Von Zeug-
briefen da Recht auf erkannt wird auf Hed vnd Widerred
SB lohn xij Pfennige." u. s. f. ,,Und ob er solicha oder
anders handelt das wider soliche Ordnung w8r, oder in
annder Wege sich nicht hielt nach der Landleot willen
vnd geuallen, 60 haben in (iie iandlleut aibeg abzusezen,
oder wpjLT darinn machen.**
Am interessantesten waren Ref. aber einige von den
Schriften dieser Klasse, in welchen uns die Bigenthüm-
lidikeil der Zeit, in der sie entstanden, recht deutlich
fsr Angen gef&hrt wird. Wenn uns nSmIich manche
andere Erscheinung jenes Jahrhunderts leicht verleiten
könnte, uns dessen Verhältnisse schon zu sehr denen der
oeaeren Zeit fthntich zu denken, so tragen diese Mit«
dieilungen gewifti dazu bei, uns zu überzeugen, daft
Jene Zeit, wenn sie auch an das Bude des Mittelaltera
grenzt, doch ihm noch Tdllig angehlirt, so ganz tragen
jeae Stücke daü Gepräge dieses Zeitalters.
So z. B. No. 4, welches uns wohl am meisten in die
verflossenen Jahrhunderte, auf den Höhepunkt des Mittel-
allers zurfickführt. Es ist dies ein Geleitsbrief des vene-
xiaolschen Dogen Franz Foscari fftr Herzog Friedrich
Yen Steiermark zur Reise nach Jerusalem, vom Jährt
s . - ■ *
■ *
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Chwel, AlatcjriaUm ^ur oAtcrreichitcben Gijecliifilito.
1436. Die gaoze bewegte Welt der Kreuzzii|re ^ die
Gefahr der Pilger auf der Reise uach dem heiligen
Lande, Richard Löweoherzs Gefangennehmuog ^ aber
* auch cUe Herrschaft Venecliga im MiUalin«fere «od aaf
den lofiela uod Kfiat^n des Morgeolaadea, die Erobe-
rung Konstantinopels unter seiner Leitung, kurz alle die
bunten Bilder des bttwegten Mittelalters aus den Jahr-
hunderten seines höchsten Glanzes steigen unwider^teh*
lieh bei diesem Briefe ?or unsern Augen auf.
Auf deoseibeo Qegensiaod beziehen sich die lieideB
Schrifteo ttoterNo.5: a) Pabst Eageo IV. erlaubt Herzc^
Friedrich dem Jüngeren (von Steiermark), das heilige
Grab in Jerusalem mit 100 Deg^leitern zu besucheu und
alles Nothwendige mit sich zu führen, y,dummado iu
aut persone prefaie ad partes Mo» alias illa non
deferatis aut deferri faciaiia que in pr^fectym vA
favorem hosthm ßdei Christiane redundare ualeantr
Ii) Pabst Eugen IV. gesteht Herzog Friedrich zu, dafs
sein Beichtvater auf der Reise ihm die bereuten Sünden
vollkommen eriasseü dürfe, aber nach der Rückkehr
müssen Herzog Friedrich oder, wenn er stürbe, seine
Erben die auferlegte Bufse thun. „Et ne quod absU
propter hi^usmodi gratiam reddaris proeUmor ad
illicita imposterum committenda ^ uolumus quod ai e»
conßdencta remissionis hujusmodi aliqua forte com-
mit i er es quoad illa predicla remissio tibi nullatenus
mfjffragetur. Et insuper per vnum aanwn a tempore
quo presetta noatra canceeaio ad tuam notitiam per^
uenerit cQmputandum singuüe sexti8 ferO» impedknentö
legitimo cessante ieiunes!* Konnte es an diesem Tage
nicht seyn, so soll er an einem anderen Ersatz leisten,
odt^r im äufsersten Falle sich vom Beichtvater dispensiren
und sich andere gute Werke auflegen lassen.
Wenn uns diese Schriften aber in der Erinnerung in
das Mittelalter versetzten, weil die schwache und klein-
liche Nachahmung eines bnfsfertigen oder abentheuernden
Fürsten uns das Bild glänzender, aber damals schon
Iftogst vergangener Ereigni^e vor die beeie rief| * — m
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YfliBeiaeD No. 11» 18. and 18. uns dagegen, müten in dnt
Leben de^ MUtelnllers, als das der G^enwaii, hinein,
nicht em Anklang früliciür Zeit ist es), der uns hier be-
rührt, nein, ist die frühere Zeit seihst, die noch
fofidauert, uugeäudert| wenn auch herabf^edrikkt uad
TMostahet.
Ne. 11. ist nämlieb ein Klagbrief der fiOrger von
Bttdweis (vom 15. Mai 1448.) an Pilltgrin von Pnohhaim
über Hans von Stahremberg" , der iiu^hrcrc ßud weiser mit
14 Wagen voll Wahren auf (leni Wege zum Lin/er Jahr-
markt gefangen hat. Stahreinberg soli die (iefangenen
iierausgeben , hatte er gegen jlie Börger von Budweiii
dae Klage , so wollen sie ihm vor dem rdmischen Kdoige,
seinen Mthen oder Anwälten in Oesterreich Rede stehn.
Nu. 12. Schreiben Balthasar Schellenbergers zu Weis-
SPtiberg an Hans von 8t;ihrembcrg wegen derselben Ge-
faogeoeu, vom O.Juni 1443: — ^ den vom Bud weis
rast wider Ratn wirdt, snnder von dem ron Rosenberg,
das 8jr die gefangn nicht hdcher aufs porgn , dann vmb
Tausend Schokch. dauon Geniel mir woll, vnd wollt
Ewch das, auch Treulich Ratn So von der gefangn
Wega mit ew geredt wurd, alls Ich veniym das beschelin
Wert], das Ir dann dar Inn nicht ze hertt seyt, damit
jeglicher seinen frewndt auff porgschaft von £Sw bringä
mag« Damit sy In kurtz ob einander kirnen, Dann vmb
die armen ob sych Niemant darumb anNemen wurd , da
. i^olkn mein prüder vnd ich auch woll wege mit 13w
vindn^ das die auch gelympfleirh von Ew kamen, Liefier
Herr Durch gotz willen Sej'dt in den Sachen nicht ze
hertt, damit die gefangn. nicht verwarlasst werdn Alle
ieh dann das zu gueler mass mit Ew berett hab.**
No. 13. Schreiben desselben In derselben Angele-
genheit, vom 10. Juni des nämlichen Jahres.
So wie hier aber ganz der Charakter des sinkenden
Mittelalters hervortritt, Faustrecht, Selbsthülfe, Geseta-
lotigkeit, Schwäche der obersten Gewalt, die nicht ver-
niag, die "streitenden Partheien vnr Unterwerfung unter
iWe Richlersprüche zu ^wi nge n , deren Einflufs vielmehr
TOd der freiwiiltgea Uoterordiwvg der Ptirthetea ab*
hingt, so M daeselbe auoh noch in ^oetn andern der
mitgtitheilten Stücke der Fall , welches uns von alleiram
meisten angesprochen hat. Dies ist No. 82 , da«? Protokoll
einer Rathssitzung zu Wien. Auch hier tritt jener Cha-
rakter freier und kräftiger Individualität hervor, der das
Mittelalter charakterifilrt, jener Mangel höheren SchMtzeSf
der die Einzelnen und die Corporationen auf eigne Kraft
and Anstrengung verweist, auch hier erkennen wir die
Zeit des Fau«streclites und der Gesetzlosigkeit, — aber
hier koinint noch ein zweitens Element dazu, was das
Anziehende der Erscheinung sehr erhöht. Während wir
nämlich dureh die Fallgitter der Thore Wiens, durch
die Schiefsscharten der Mauern , über die Zinnen der
Thürme draufsen auf dem offenen Lande den rohen,
Itriegerischen Adel sich in ewigen Kämpfen und Fehden
herumtummeln sehen, während wir die ßttrger selbst in
dieses Kriegslehen verwickelt erblicken, wie sie, um die
Anmafsungen feindlicher Ritter znrOckzuweisefi« die Weh?
ergreifen, sich in kriegerische Sehaaren ordnen und
ihre wohl befestigten Thore, Mauern und Thürme be-
setzen, — bemerken w^ir im Innern der Stadt auch das
Regen jenes Geistes der Bttrgerlichkeit , aus dem die
neuere Zeit hervorging, in dem sie sich entwickeUe,
durch dessen Verbreitung über alle Theile des Stauta-
und Volkslebeäs sie ihre Schdpftingen vollendete oder
vollenden wird. Es ist das der Geist der Gewerbslhä-
tigkeit ^e^enuber dem ritterlichen Müssiggange, der Geist
der Friedensliebe gegenüber der ritterlichen Kanipfbe-
gierde, der Geist der Unterordnung unter Gesetz und
gemeinen Nutzen gegenüber der stolzen Unabhängigkeit ,
der v^ligen Ungebundtenheil des kriegerischen Grund*
lierreu. Dieser Geist, dessen Erblicken, wie gesagt,
schon die Ahnung der neuen Zeit in uns erweckt, in
engster Vereinigung mit jener bürgerlichen Wehrhafti|^-
keit, die uns das Mittelalter keinen Augenblick ver-
gessen läftt, bietet das treueste, sehdnste B^d jener
Uebergangsperipde dar, deren Charakter eben in jener
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in ihr sich die Hände reichen und eine Weile verscIuMi-
zen neben einander fortlaufen. Darum also ist uns dieses
Frolokoll eine sehr aiigenebine , mannigfach erfreulich«
Gabe gewesen.
An Saud Paiilstn^ roiiversionis (25. Jan.) waren näm-
lich eine ziemliche Zahl von „Artikchi ' aufgesetzt vi or-
deji) über die in einer folgenden Rathssitsung Beschlösse
gefafsl werden sollten. Dies geschieht nun am Freitag
m Miare in einer Sitzung, wo IT Personen als gegen-
wärtig bemerkt sind. Der Bathsschreiber aber zeichnet
die .^underrediin« vjiU betrachtung" auf, „so die herreii
(ies [iats VDcl <iie genanten getan habent/' Das Jahr,
in weiches die Sitzung fällt, ist nicht angegeben, aber
cioe stürmische, kriegerische Zeit mufs ea geivesen sey n ,
denn die meisten Beschlösse handeln von kriegerischen
Rüstiinjgfen dei Bürgerschaft, ßefestigung dur Stadt und
cier^dticheii , „von der veint we^en die ^tz gar starkch
zu anger ligent.'* Wer wollte sich auch über dieses
kriegerische Ansehen der Zeit vt'uiidern, da das Protokoll
doch wohl der Regierung Friedrich s des Dritten ange-
hört, die durch des Königs Schwache för Oesterreich
zu einer fast ununterbrochenen Kette innerer Unruhen
und äiifserer Kriege wurde. Daher freuen wir uns des
mannhaften Käthes, der gehörige Fürsorge trißt und die
Stadt durch ihre Festungswerke und die Waffen ihrer
Bürger zu sicher d sucht, damit sie ritlerlichen Ueber-
■noth und feindliche PiQnderungs - und Brobernngslust*
Ivräftig zurückweise und, ungestört durch die Stürme der
Zeit, in ihrem Sch()rs(> die Gewerbe und Künste des
Friedens hegen und püegea könne, für deren Unter-*
stÜtaung und Förderung der hochweise Rath nicht we-
niger besorgt ist, als für die Wehrhaftigkeil der Stadt,
M wie er auch flir die Sicherheit der Bürger gegen
Feuersgefahr und anderen Schaden wacht
Wie gesagt, die Wefarhaftmadiung der StodI blelbi
Aer der Hauptgegenstand seiner Fürsorge. Deswegen
mm GhaMl, MaUrtolim m dttcmicMMiM Chwebiilile.
Mllen cuarst die Festungiwerke der Stadt io gehörigeD
Stand gesetzt werden :
„Item von der Statmaur vnd Statturn zuzerichten vnd
Sieg Tor ze machen etc. Ist beredt das man die Stat*
maar pessern Tod die Statturo zu det weer zuricbteo
▼nd darin haben solh Puehsen Staln, Phai Pntver vnd
andre wer das man sich aus denselben Tum gewern milg
wenn sein not wirdet/'
> «Aber auch die äufsere Brücke soll nicht ohne Schutz
bleiben , damit der Pdnd dort der Stadt nicht Sehaden
thun könne:
yiUem so ist auch verlassen vnd beredt das man
die ausser Prugk mit leuten vnd Söldnern sterkchen,
▼nd dauor aufm Und Polwerch darinn sich die leut wider
die veindt enthalten mögen, machen sol, vnd darnmb
einen graben als darczu gehört, von der veint wegen
die ^tz gar starkch zu anger ligent, von den der 8tat
gewisse Warnung komen vnd gesagt ist, das sy ye der
Stat ain smach vnd schaden an der Prugken erczliigea
vnd bewaisen mainen, als zu fürchten ist, nachdem vimI
der von liechtenstain ainen frid mit denselben veiuMci
aufgenomen hat."
„Item als der egenant artikei aufgeschribn was,
ward darnach zum Pesten gedacht an das Paw des Pol-
werchs, so mein herren vor angefeogt vnd geschifll
habent f&rderlich ze machen auf die Prngk . das mies
sol sein , das man dem nachgeen vnd zu end pringett
vnd machen so! wie dann das glinget, darnach sull man
sich verrer ricliten als man flas versteeu vud sehen^
weIhs weerlich notdurft vnd gut sein wirdet wLder.#|
veindt;'' :
Auch für gehörige Bewehrung der F'estungswerkis
niufs gesorgt werden, deswegen wurde oben schoa anT
geordnet, Puehsen, Stain, Phai, Pulver vnd andratldll
auf die Thürme der Stadtmauer zu schaffen, «nd wiSr
wird nun veroidnel, aiidi fSr sehirerie OeeeUUB-lflp^
zu tragen; • • >' Sn«».^
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OMmI, Miliriftli«« Sur itletnkhitclieii Ctotohi^lil«. Mi
„Itemr yjon der grofsen Pöchsen wegen Ist ver-
lassen, das man die solt lassen mai lu fi etc. flai^ms ist
ytcz oemilch beredt ivordeo, das mau <lie iilrderlich
vod aDuercziehea soi lassen ^lessen , als den mit niaSster
haojiseo daraus geredt ist, damit die Stat ainen guten
lengfhabe, vnA die nyembt leihen denn alatn der Stat
ze frumen vnd notduifien iiuczen."
„Item als man vor geredt hat das man ainen ordent-
lichen guten Puchsenuiaister iiaben sul etc. darauf baben
meia herro Tlioman von Passau zu ainen Puchsenmaister
aa^enoitimen"
Auf mehrfache Weise wird aber ilaneben auch f&r
Anschaffung kleinerer Waffenstiicke gesorgt, damit es
der Bürgerwelir nicht an ihnen felile: theils werden sie
auf Kosten der Stadt herbei^rschafit :
^Item das die Stat im H ithaus haben sol Taiisent
Ttrlschen vnd tausend Spiefs,'"
theils auf Kosten des Einzelnen, der als freier Börger
bewehrt sejn, und auch, wo möglich, noch reisiges
Dieostvolk mit sich bringen und für dessen Bewehrung
sorgen niufs:
„Item es soll auch in jedem haus beschaut werden
feSistet harnasch weerspies, vnd wer des nicht hiet,
der sol darum trachten das er es hat.**
„Item es sol auch ein veder der es vermag roskneclitt
vnd was zw weer gehurt liaben in seinem haus ob es zu
schuideu kumbt, das er damit berait sey.**
„Item das auch ain jeder hauswirt oder Inmann für
uoh-Yttd sein dienstTolkch, der nicht Armbst nochPiiehsen
vermag Tartsohen vnd S^Äes baben sei zu jeder Persop
Mn schuffür oder ein Ejsenhut."
Vorzüglich aber mufs für gehörige Eintheilung und
Ordnung der Bürgerschaaren gesorgt werden, damit, wenn
die Noth hereinbricht und der Feind vor den Thoren
W)heint, oder auch, wenn im Indern der Stadt der Friede
gMIrt wird, schnell die ganze Wehrmannnchaft zusanw
•togerufen werden könne und dann jeder seine Schaar
UQd seine .I^fibrer bestimmt und festgesetzt vorfinde: .
Wn Obmel , Msteriftllen snr Aatemidiiiohcii ^tclifilif e.
„Item (las yeds Tor besiinder seinen haubtmann
haben sol vnd yeds Tor aiii g^elögkl, vnd yecle gfassen
Irn haubtmaaa vnd yeds Virtail seineo haublmano/*
„Item ob icht ain geschray in der Stat tirilril oder
sich erhiib da got vor sei, wan man die grofs glogken
leütt das dann menigclich keinen sol, die in Stuben
virtail siczent an den Platz aiu Lugegk, die in kerner-
virtail siczent an den Newenmarklit die in widmer virtail
siczent an den graben vnd die in Schottnervirtail siczent
an den Juden Platz, vnd was dann die Christen haubt-
leut yeds virtails mit in schaffen , das des gehorsam
sej^en."
Aber nnr für den Dienst in der Noth kann der ^e«
werbfleifsige Bürger' seinem Geschäfte die Zeit abbre*
eben, um gewaffnet zu erscheinen; nicht zum steten
Dienst, zur Wache und Ausspürung nahender Gefahr
kann er verwendet werden, auch fehlt es ihm an der
Waffeniibong) der Kenntnifs des Kriegshandwerks, der
Kunde von Stärke, Persönlichkeit, Stellung der Feiadfl^
die dazu ndthigslnd, u. s. f., dazu müssen Leute gedun*
gen werden, die aus dem Waffenwerk wirklich ein Hand-
werk machen und für den Lohn der reichen Stadt geru
in ihre Dienste treten , gleichsam ihr stehendes .JUmt
bilden und zu jenen Diensten verwendet werden , wwi
der Bürger, so kriegsgerüstet er auch seyn mag,
gebraucht werden kann. j
„Item es ist auch meidung geschehen vnd verlassen
¥0n des Philippko wegen, der vii kuatschaft vnd gilld'
genheit der veint hat, vnd ein tedger gesell zndVfimiilii
ist, das man dem au uettiehen schreiben vnd- l^t'tliwiihl«
sol, vnd ob er sich herziehen vnd mit drein Phe^*den
ain gleichen vnd zimlichen Jarsold nemen wolt, alsdann
vor auch daraus geredt ist, so sol mau in aufnemen vnd
halden, wan er der Stat iii den leuffen, ak die J^tMilli^
wol nute Tnd: dloattteli sehi nüge." MMkfs
Vorzüglich aber bedürfen die Bürger eines geübten
und. bewanderten Anführers. Aus ihrer Milte gilU4iai
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Ghaial, MBtemlien nmt ibtemi^ischeii Geiebidile. 011
(f«ni Mangfel an Uebung^, da nur selten iKe Nofh tlie
Bürger wirkiich iu die Waffen ruft, ein solcher nicht
ieicht hervor, zudem soll er auch seine ganze Zeit auf
das |krieg.sgeschäft wende.n , was der Bürger aber aicht
kann , daher wird auch hier «lieder gern ein angesehener
Krieger, gewöhnlich riUerlichen Standes, angenommen^ .
der denn auch gleich seine Gefährten mitbringt, und
so jeoe geübtere Scjlduerschaar der Stadt verstärkt, sey
es nun, dals er iaiinerwälueü<l in der Stadt üiensttn
bleibt, oder, dafs er nur in der Zeit der Noib, für eineu
aiisbedungnen Liohn zu Hülfe steht:
„*Item von des Ebser wegen, ist beredt, das man
dem auch anvercziehen schreiben vnd bitten sol, das er
sich her zu dem Rat füge» vnd «las die dan aigentlich
sich mit im vnderreden, ob- sy im vberkomep mochten,
das er der Stat hie haubtman sein well vnd vmb ein
gleichs gelt, das der Stat zu geben sei, vnd auf etMch
Person vnd Pherd des der Rat mit Im aiiiig mag werden,
so sol er zu ainem haubtman der Stat werden aufge -
oomen auf ein Jar, wann sjr gut yertrawn zu ii; haben
nachdem vnd er sich vor gegen den veindten gehalten ,
vnd zn Zurichtung der Stat wol wiss zu raten. Ob er
sich aber in dem Sold nicht gleich wo\i vinden lassen ^
das der Stat zu swer wer, das man in darnach auf ain
Jar soll bestellen , als verr er ain geleichs gelt neinen
woh, also wenn sein der Rat begert, das er der Stat
dien von haus vnd treulichen anczaigen vnd zn Richten
' vnd allenthalben bewarn sull , wo dea notdnrft ist, oder
sein wirdet." , *
. So gerüstet kann die Stadt aber auch als mSeblIgn
Corporation nicht nur dem raubsuchtlgen-, aber gegen
die Stadt in seiner Vereinzelung ohnmächtigen Adel und
ihren minder bevölkerten, minder reichen und minder
befestigten Mitstädten in entschiedener Weise entgegen-
treten, sondern auch ihrem Landesherrn gegenüber er-
scheint sie als jene mächtige Corporation,^ stark durch
.^Ihr« Wehrhaftigkeit und durch die Freiheit, ja fast
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im ClMBel, ilaterittlien km ö^itttMkiwu^u OctclMto.
▼(Ulige Unabhängigkeit, welche schätzbare Freibriefe
ihrer Regenten von Alters her ihr sichern.
Daher ftihrt sie liei alJgetneioen LandesaDgelegen«*
heilen eine entscheidende Stimme, und ihre Bürger er-
teil einen unter den ersten Notabilitäten des Landes, um
in Aulh.i(T <fes Königs einen I'rieden mit seinen empörten
Unterlhanen zu unterhandeln (siehe oben S. 660.), und
ihr eigner Landesherr mrendet sich nur bittweise an sie,
Hin Schonung eines Ton ihm Begünstigten von der Stadt
2U erhalten.* Auch beschliefsl ein hochweiser Rath , nur
theilweise auf des Königs V^erwendung einzugehen :
„Von ersten haben sy gehört vnsers genedigisten
herrn des Kunigs brief , darauf sind sy zu rat worden,
das man darumb dem hiibmaister von vnsers genedtgen
herrn des künigs wegen sol zu antwurt geben also. Als
vnser gene(iigisler herr kunig^ Fridrich vns grschriben
vnd begert hat vnsern vnwilien gen Oswalten Keicholf
Valien zu lassen, vnd ob wir des nicht meinten ze tun,
das wir dann die Sachen auf seiner genaden Wiederkunft,
angesteen, vnd den Reicholf dieweii hie hanndien vnd
wandlen selten lassen etc. Ist vnser antwurt, das wir
die Sachen gen dem lleicholt uiciit iuug< n geuallen
lassen, wenn wir nicht wissen was noch darinu mocht
aufersteen aber vnserm genedigistem herrn dem kunig
ze geuallen, wellen wir die Sachen auf seiner genaden
Zukunft vnd tehreiben zu austrag angensteen und dem
Reicholf die zeit hie handeln lassen nach notturften,
vnd in vnguten mit im nicht schaffen haben, von der
sach wegen unz das die Sachen austragen wirt als vor-
gemeii ist, doch das seine guter hie auf solhen auatrag
«nverkfimert bleiben."
(Der J3ef«Aitt/« folgt.)
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N*.4& HEIDELa JAHRa B. UTEBATUR. 1888.
•i"— — ■ I — — —
Chmel, Materialien stur österreichkchen Geschichte.
Doch sehntet sie alle diese Macht ttod alles dieses
Aflsehn nicht dagegen, dafs in jeuer Zeit, wo nur tapfere
Abwehr vor Unrecht schirmen konnte, nicht eine kleine,
gegen sie ohnmächtige Stadt, die sich voo einem Wiener "
Bürger verletzt glauble, ihr, oder wenigstens diesem
ihran Burger, Fehde ankOodigt. Oer Rath, obwohl im
Gefühle seiner Uebermacht und daher mit ziemlich stol-
zen Worten , beschiiefst gleichwohl , damit nicht das
Ganze unter dem Streite eines Einzelnen leide, sich für
denselben zu Recht zu erbieten und auf friedlichem Wege
die Saciie beizulegen :
»Item aof das schreiben so die von Troppau vnd irs
mitburgers absag hergetan vnd gesant habent, voo Niclas
Ponhalni wegen ist beredt das der Rat selber darinn
falea vnd für den Ponhalm schreiben vnd recht pieten
sol. Als sy das ze tun bedunltcht nach dem pesten, als
Tmb solhe Sachen gepurt ze tun , vnd ob sy solch schrei-
ben abslahen , so sol man dan verrer Rat darinn haben ,
damit mau solhes iiiutwülens vertragen werde."
So weit ist also Alles kriegerischen Ansehens; die
gerüstete Bürgerschaft als mächtige, unabhängige Cor-*
poration jedem Feinde Trotz bietend, selbst dem Lan-
desberrn stolz gegenüber, Erscheinungen (wie wir oben
Bchon bemerkten ) dem Mittelalter angehdrig , dessen
letzten tlahrzehnten die Schrift ihre Entstehung dankt.
Aber neben dieser Erscheinung kommt nun eine andere, ,
poz entgegengesetzter Art in demselben Bilde uns ent-
gegen. Während nämlich in dem Staate des Mittelalters
die Sorge f&r das Wohl seiner Angehörigen fast nirgends
bervortritt , der Staat sich vielmehr fast ganz auf den
(noch dazu selir unvollkommenen) Rechtsschutz beschränkt
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614 Clmiel, Mat«rlaliMi nur tetsmieUMlie« OMchidile.
(den ihm Jahrhunderte später systematißireiulc Politiker
wieder als einzige Aufgabe stellen wollten) — und der
Binsekie sonach sich ganz selbst überlassen bleibt, wi«
es dem Sinne der kriegerischen Gruadbesitzer, die «r-
spr&nglich den Staat allein bildete, ganz ungemessen
ist, — finden wir in den Stftdien die Aufgabe der Ge-
meinheit viel höher aufgefafst und (versteht sich , un-
willkührlich) ihre wahre Bestimmung in Anwendung
gebracht, daf9 sie ihre Kräfte der Kraft jedes Einzelnen,
iberall, wo diese auf gute und niltzliehe Zwecke ge-
richtet ist , aber zu deren Erreichimg allein nicht hin*
reicht, als Ergänzung biete. Wir finden also dort die
GesamnUheit und ihre Vertreter mit dem Wohle des
Einzelnen beschäftigt, Schaden von ihm abwendend,
erworbene Vortheile ihm sichernd , den Weg zu Erwer-
bung noch mehrerer ihm bereitend. IMe gesellschaft-
liche Ordnung nimmt also dort schon riel mehr das
Gepräge der neuen Zeit an, und eben dadurch bieten die
Städte uns jenen reizenden Gegensatz, jene Verschmel-
zung widerstreitender Art und Sitte, jene Verbindung
durchaus verschiedener Zeiten in ganzer Schärfe und
Fftlie dar.
Auch in diesem Protokolle vermissen wir die Fürsorge
des Wiener Raths fiir das Wohlbefinden seiner Bürger
nicht ganz und, mitten unter den vielen Sorgen für die
kriegerische Kraft der Stadt, erläfst er mehre Verord-
nungen zur AbwenduBg Ton Feuersgefahr und Gebote
zur Sicherung des Gewerbes seiner Bftrger:
„Item es sol auch in jedem haus beschaut werden
feürstet" etc.
„Item das man von haws zu haus sagen sol das me-
nigcKch das fenr bewar, das nicht schad dauon kcHon.'*
„Item das man vor yedem Tor fefierhagken haben
sol. Item das ein yeder da die Nerb an seim haus,
daran man keten legen sol , das Slos darczu haben sol
auch von haus zu haus besieht werden.''
„Item es sol auch ain yeder hanswirt in seinem haUs
haben vir sohaffl oder mer, vnd laiter, vnd patiag' mit
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Chjiiel, Materialien zur dsterreicbischen Getdiichte. M
Wasser, Tnd krokcfaen yndern dechera zum ausstosseu«
Auch sollen ail Pader mit Irm gesind frawo vnd man
mit ira Padachefllein vad- tr^mlleiD zu lauffen ob elii
fear aufkam rnd daflelbsr Wasser zu tragen vnd helffen zu ^
retten, desgleichen sullen die maurer zimmerleut, Trager,
kallrager vnd ander ledig knecht zu hilff komen vod
treulich heiffea ze retten vnd sollien leuten die zu hilff
Tod reiiuüg darkomend ynd Trewltcfa rettend vnd arbeit^
leod den eoi rmh ir müe genug gieschehen nach dt»,
Rats erchantnurs.**
Und eben so:
„Item das man der iadner vnd ladaerin mjnner haben
8ol. wenn sy grossen furchauf Treiben , daraus der Stal
Tewrong geet, md sich pdse weiber Tnd vil pfiberel
bei in anfhaltent*
„Item voti den gastliewsern vor den Torrn ist beredt
das man vor den Torrn kaiu gastum sol hahen vnd das
auch die iadner vnd ladnerio in der Stat vnd in den vor-
Bieten anch nyemiit liaiden nöch gastnm darinn treiben
Ballen. Bi sullen* auch all geest.gieraisig vnd vngeralsig
ze rossen vnd zu fussen in der Stat in den rechten offen-
baren gasthewsero zu herberg sein vnd nyudter an-
derswa." etc.
Zuletiii kommt der Wiener Rath anf die Frage, die
aiieh in dhse^en Staaten sich noch immer jeder Einrich-^
tuog, oft das Beste hindernd, an den Fufs hSngt:
,^Item wo man das gelt nemen soll, damit soliicr zeug
der Stat ze nucz zevvegen bracht vnd gemacht werde."
Die Antwort auf diese schwierigste aller Fragen liat der
Herr Stadtsehreiber ans nicht aufbehalten und wir er«
bhren oü^ht, ivai^ der hochweise Rath über d)esen Artikel
Ür einen Besehlnfs gefafst. Nor vorher haben wir schon
beiläufig einmal gehört, „das <lie Stat yeAz nicht geld
vorhanden hat." Daher finden wir auch mehrere Be-
schlösse, dafs Einrichtungen unterlassen o«ler aufgehobeii-
werden sollet , die Kosteit verursachen , damit die un-
ntthigetf Adl^BlMf fftr das Nothweodige erspart we^dite.
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m Chmel, Materialien aar drterreieliiiehen CreMbiiAte.
„Item TOD den hüttern an den Thoren, ob die ab
sein sullen oder ob man sy lenger halten sul. Ist beredt,
dafs man der, nachdem vnd ir wocbensolt am nagsteo
ausgeen wirdet, nicht leuger halten soV^
,,Item von den fünfczig (was? der Gegenstand ist
wahrscheinlich durch einen Schreibfehler des Stadt-
schreibeas oder ein Versehen des Herausgebers wcg:ge*
blieben) wegen die man solt lassen machen als vor geord-
net ist, daraus ist geredt, das man die yetz ynderwegea
lassen vnd nicht machen soll."
jyWana die Sieg Tor ze machen , das sol man vnder-
wegen lassen** tt.s. f.
Zuletzt wird natürlich noch Fürsorge g-etroffen:
„Item wer in allen vorgeschi ilien geordneten stukchen
nicht gehorsam sein wii^ wie derselb zu püssen sey.
Auch hier ist aber nur diese Rubrik und nicht der dazu
gehdrige, wahrscheinlich sehr in das Einzelne gehende
Beschlufs in das Protokoll aufgenommen.
Endlich finden sich in unserer Sammlung noch meh-
rere Stücke, die ganz dem Privatleben angehören, Kanf-
briefe, V^erhandlungen wegen Anleihen u. dergl., wovon
wir No. 20. als den kürzesten unter allen gelieferten Bei*
trägen unsern Lesern wörtlich mittheilen wollen , damit
sie sich mit uns an der Feierlichkeit ergötzen, womit
der nach Hofmain en und einem gutem Stück Wildprett
lüsterne Bischof sein kleines Billetchen, wie die hoch-
wichtigste Staatsschrift, beginnt:
„Dem Edeltt vnserm lieben frennt Beinprechto von
walsse, obristem Marschaich in Oesterreich obristem
Drugseczem in Steier vnd haubtman ob der Enns."
„Leonart von gotes gnaden Bischoue zu Pas-
saw. Vnser freuntschaft beuor Edler lieber freund, wir
schickchen vhsern lieben freundn deinen Sunen zwa;
Ärmst, das Sie die zu irn kurzweiln an dem Gjaid
prauchn vnd hettn In die langest gern gesandt soltn wir
zeitlicher anhaini ko'men »ein, daz sy vnser mit aim
wütpret ob Sj icht damit hieto geschossen, gedacht
hetln. Sunder bittn wir dein freuntschaft mit gffitein-
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Chmei, JUaterialieo zur gsterreichiscben Geschichte« €TI
fleiis, ob du icht hofmer weisest, die vns zuuerkunden
wern, daz da wns die bettest wieso lasseo, wir echreibeii
dir auch g^ern ettwas hofmlr, so wissen wir dicsmals
nichts, dann, das vnser her herczog Hainrich, vnsern
Herrn Herczog Ludweign gen Burkhausen gfurt hat,
wie sich aber dieseibq sacheo machen werdO| wissen
wir nicht.'^
„Geben ze Passafi an Montag Tor yoser frawntag
Naüvitatis Anno etc. xlvjo."
Eine danl^enswerthe Zugabe zu dieser Urkunden*
Sammlung sind auch die beiden im Anhange vom Hrn.
Pf. Kurz mitgetheilten Stücke, namentlich das zweite,
eine Angabe der Eiukünfte der Erzherzoge von Oester-
reich iu den Jahren 1437. und 1438. Jh)s sind diese Ein-
künfte nach den einzelnen Provinzen zusammengestellt
und hier auch wieder auf die einzelnen Städte und Aemter
▼erthellt. Bei manchen Provinzen sind sie auch nach
den verschiedenen Quellen 5 aus denen sie geflossen, be-
sonders angegeben. Bei dem „ Fürstenthuinb Oester-
reich" z.B. zerfallen die Steuern, welche die Einkunfle
bringen, in folgende Klassen:
1) „Vngelt." Dies macht für 1438. zusammen 30,563
Pfand, Z Pfennige. Dazu trägt Wien 9230 Pfund Pfen«
nige, Linz 500 Pfund bei.
. „ Maut vnd Zoll." Zusammen 17,454 Pfund Pfennige.
Dazu trägt bei: Wien 1437. (1434, wie im Buche steht,
ist ein Druckfehler , wie aus den weiter hinten folgenden
ftechnuiigen hervorgeht) nur 814 Pfund Pfennige; 143d.
sogar our 078 Pfund 4 Schilling 6 Pfennige , so dafii ^
die meisten anderen Städte Wien hierin weit ilbertreffen;
80 bezahlt Linz z. Ii. 4380rfund 5 Schilling 16 Pfennige
für 1437. und 3568 Pfund 58 Pfennige für 1438; Ge-
münden 3876 Pfund 3 Schilling Pleonige; Stein 3053
Pfund 3 Schilling 6 Pfennige für 1137 und 2404 Pfund
6 Sehilling 23 Pfennige für 1138 u. s. f. Bemerkens-
Werth ist dabei die durchgehende aufserordentlich grofse
Verminderung des Zollertrags iin Jahr 1138. gegen 1137,
■
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01b Clmelt Materialien xur ötierreichitcb«^ Otfc^icbU)«
die aaeh Hr. Kurz am Schlüsse der Mittheilung bemerkt
bat. Ob sie durch HerabsetUDg der Zölle oder aus
ft^dern UrsacheD eiitalaDdeo» ist aus dem Verzeiebnifc
oicbt ersichtlich. |
3) „Vrbar/' Die Summe ist nicht angegeben. Wieo
trägt hier wieder nur 200 Pt und PfcMiiiige, Linz sogar
nur 40 Pfund, aodereOrte viel mehr, aber wahrscbeiu-
lieh sind bei ihnen die Aemter mit dazQ gerechqet^ deren
Haoptorte sie sind.
4) „Zechent Perckrecht, Pawwein, pringen zu mitt-
lem Jarn bey hundert vod achzig fueter mit sambt des
huebschreibers Weingarten.*^
5) j,Järliche Steur." Zusammen 3630 Pfund Pfen-
nige, wozu Wien allein 2000 Pfund beiträgt, Siinz gar
nichts.
Sehr lehrreich würde es bei der Vollständigkeit,
welche diese Verzeichnisse zu besitzen scIh iueo, gewifs
seyn, die einzelnen Angaben zusammenzuzählen und eine
Gesammtsumme der damaligen Einkünfle des dsterret-
chischen Regentenhauses aus seinen in dem Verzeichnisse
begrinenen Staaten daraus zu ziehen, was zu sehr nüU-
liehen V^ergleichungen Aniafs geben könnte^
Bei d^m vielfachen Interesse, was also die meisten
der Torliegenden , durcbans orkondlichen und aus den
besten Quellen gescliopften Mittheilungen für die Ge-
schichte Oesterreichs und für die de« fünfzehnten Jahr-
hunderts überhaupt haben — wünschen wir, recht bald
ein zweites lieft dieser „MatefiaUeo svr dsterreiohischea
Geschichte" ians dem Ibst merschöpftichen ReichtiMmia
der Archhre und Bibliotheken Oesterreichs anzeigen z»
können, welches, hoffen wir, die glückliche Stellung des
Hrn. Vei'fs. ihm, recht bald zu geben, erlauben wird;
Mittler.
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BftfWitei > AMonn« iftymoloffi^m 4e kl tag«« VfaBftta MI
1) Ptctr«fiii0tre cfljfmolo^t^ue rfe <a langue frangaisc ou
Im moto 99nt elau^M par familks 4jrc., par B. de Roquefort,
Jcadimies roy. cfe Göttinguc, dvs Antiquaircs de France et de
Normanäie '^r^. Sjfc; auieur du gtouatre de la langue tomane, de
Ntat d0 la pöitie fran^ai§e damt tet 12e et IS. titelet, pr6cid6 d'une
4ii90itUt9h» *W VEtymohgie par J. J. Ckamp0Uion^Figem€,
» ThUi. a 1. 7A. XL u, 4«a, 1. TA. 164 & mit einer 21fl Mim
utitfm9äo^tdßn Ittftle oJ^aft. ifee mui» eonfeimt i^Mif let tfeur vottoam
de ee dietimmaire. Pari», Decourehaut, rue d'Erfurtk JVo.l.
2j Voll st lin d i tr es (?) f r an z, - deut s v h e s ff ör t erbuc h in atif-
molüg. üfdnung ^ bearbeitet von C. F. i)cyhle. Stuttg. E. Schwei-
sarbarVs Verla^shandlung , 1832. Ein Theil in 8. XII (wovon
firn. D.'s V orrede 4, die ans Hirzel entlehnte Abhandlung übet
tliv IVortbildung 1<> Stilen einnimmt) und 5^4 Seiten {inbegr, ein
alph. Heg. von 4ti Seiten,)
Die^e beiden Werke verhalten sich im Ganzen wiä
Vater und Soho, so dafs ich mir erlauben werde, in der.
davon zu gebenden Anzeige und BeurtheiJung beide stets
zusammenzufassen. Htrr De/hle nämlich hat, wie er
idMi&ftr Vorrede berichieij^ naehdenf er sehon kMi|^ (Y)
die AMcht hegte, ein elyiifologl«die« WMerbucfh der
französischen Sprache zu schreiben, dasindessen in Paris
erschienene von Herrn v. Roquefort seiner Arbeit ZU
Grunde gelegt« Dürfen wir Uns erlauben, diesen Aus-
druck etwas 2tt bericbtigeo, Bö mßsseu wir sagen, dafi
Br. Dü sein frans. Original*) Mob iberslrtet hat, mit
Uebergeliung aller auf Etymologie, G^esebicfhle u.9.w;
bezüglichen Erörterungen, sowie mit willkührlicher Weg-
lassung theils allgemeinerer, tlteils speciellerer, auf Künste
U.8.W. sich beziehenden Ausdficbe, ale z.B. abaque,
^me, aeomf^ey acatn^ ii.8. w., welthe sich alle hei
Hrn. V.R. vorfinden ; -so dafs es auf den ersten Augenbliefc
Bcheiuen könnte, als hätte sich Hr. D. vielleicht auf die^
*) Einige Verbeflsernng^en in der Unterordnung abgereebnet, vöfur
er auch wieder eigene Sunden zu büfeen hnt, indem er s. B.
V^eulaire (von leeu») unter logU. (v. A&7o^) nachträgt, wäh-
lend er das von R. dort anfgeffihrte frffoeiilaire hätte streichen
•nd dies alles su Ueu stellen sollen.
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680 Roquefort, DictioniMiire etjrmologiqae de U laogue Fran^aiie.
der gewöhnlichen Sprache mehr angehörendea Wdritr
beschränken ivoUen, woran er, nach des Ref. Ermeaseo^
sehr wobl gethan haben wOrde. Aliein Hr. D. befolgte ,
bei Verwerfung oder Aufnahme jener speciellern Aus-
drücke durchaus keinen Plan, sonst würden nicht 2. 13.
blos acacia, coryne, yiristoloche , Di/scrasie, Dyse-
sthesie, Difshemorrh^e, Ih/shehie a.8.w. fehlen, und
doch andre dieser Gattung, z. B. acafou, carBO»d€f
Dyscmesie, Dysecee^ dysodie, dyspepsie, Dystkynne
u. s. w. dastehen. Auf eine planrnärbige Durchfuhrung in
dieser Beziehung müssen wir verzichten ; und es scheint
überhaupt Hn D* sich seine Aufgabe nicht recht klar
gestellt zu haben. Jedenfalls hätte er den sehr oogeeig-
neten" Beisatz „Tollstiodig den er in seiner Vorrede
p. 5. ohnehin gewissermafsen schon widerraflt , weglassen
sollen.
Anders verhäU es sich nil Hrn. Roqneforl, der
Torerstanf dem Titel ansdrficklich bemerkt, sein Diction*
naire sey kein vollständiges, sodann sicli ^ur Aufgabe
gesetzt hat (s. S. X.) , den P'ranzosen ein älinliches Werk
in die Hände zu geben, wie die Italiener, Spanier, £ng*
länder, Deutschen ( — er nennt blos das Wächter sehe — )
bereits besafsen; indem nach seiner Aeufeerung die mei-
sten in dieser Beziehung in Frankreich früher erschie-
nenen Werke kaum mehr als einzelne Nachweisungen
gäben , auch die Verfasser sich bien des absurdUe*9
hätten zu Schulden kommen lassen ( — leider hat sich ,
wie wir seheu werden, auch Hr. v.R^ nichts weni|;er als
frei davon erhalten — ). Welohe^nenere Werke jedoch
Hr. V.R. benutzte, hat er uns nicht gesagt; auch geht
ans d(ini seinigen hervor, dafs er z.B. weder das Boi-
ste'sche zu Rathe zog,*) noch viel weniger Werke,
Ton Burnouf oder Klaproths Asia polyglott a nebst
den dazu gehörigen Tabellen oder die Merian'sche Syo-
*) Was ihm Jedoch haam mfigüeh war, ila ei in donieelbett Jalurt
mit dem eeinigeo eracbleo.
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' und D»jli1e,* Fram.-D«atiMslioi WdfUirbnob. i61
^losj^e^) studierte, da sonst der ganze Gang seiner Dar-
Jegungen ein andrer hätte u t i tlen müssen. Auch sind
wir ferwandert, dafs Ur. v. H. des im J. 1826. erschie*
Denen etymologischen Wörterbuches von Noei keiner
Grwähnnng that; obwohl an dies^ häufig eher zq sehen
mr, wie man nicht iu Werke ^ehensoll. Wie dürftig
des Verfs. Kenntnifs von den in Deutschland erschienenen
hierher gehörigen Werken ist,**) geht aus der oben
schon beigebrachten Angabe hervor, und wenn Hr. v. R.
ttkht ohne eine gewisse SelbstgeÜlligkeit davon spricht,
wie dies sein Boch eine consequence seje , des progris
faits dans tetude compurätwe des langues en general
fit des nouvelles conquifles Jaites dans la science et
la metaphysi^e des langues, so wünschten wir, er
kitte nicht verschmäht, die Leistungen eines Adelung,
Vater nnd (wenn ihn die swei dicken und so abslorsend
ab möglich gedruckten BSnde nicht erschreckt hfttten)
unseres Grammatikers Grimm genauer kennen zu lernen,
um so etwas mit mehr Recht von sich prädiciren zu
iiöaaeo« Oder hätte er doch nur wenigstens dasjenige,
was seinem Zwecke am allernlohsten lag, Weinharts
Verwandtschaft der Sprachen^ Landsh. 1821. benntxt.
AHeio die Forderung, von der Literatur und den Arbeiten
der Deutschen Notiz zu nehmen, wurde bekanntlich früher
*) Mimlicb die von Klapjrotk in^s Fransdiltche fibenetite (mit
Banerknngen Sber die Wartetn der eemltischen Sprachen»
worin er tu zeigen taclitt dofs eie n«r ane nvei Coneonnnten
und einem vermittelnden und Endvokale betlelien). Parb*
Sclinlmrt et Heideloff. Leipzig, Pontiiien, Michelien et Comp.
1828.
**) Nocli der bäuCg felilerhnften Weise« wie die in seinem Lexikon
angefahrten deutschen Wdrter gedruckt sind« scheint er uber-
hnnpi unsere deutsehe Spruche nicht sehr xu kennen. Devon
mdehte, statt -nlter weitem Beispiele, folgendes einen hinrei-
chenden Beweis liefern. Nachdem er unter dem Worte Bern-
hnrd sowohl Bern die Stadt, nie den Beruhnrdiner anfge-
lihrl hat, ffigt er noch die Anmerkung beit on ne «anroi'l
/BWf uns fnsulte plut gronde ä im oltoimiiMl fm^m V&fpdatU
Bcrnaeller (sw) g^rdeur d'ours.
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6811 Roquefoffi, DinlMiaiiatr« .^tjraiologif m d» \m Uftgn« FrenfftiM.
gar Hicht an die Franzofleo, und wird aouli jetzi mi
eioigermafsen an sie gemacht, aaitdem sie ihren Naeh«-
barn einige Aufmerksamkeit zu schenken anßngen. *) j
Nach diesem Stande der Sachen inulVi also Ref. frei be- ]
kenoen , clafs , $o achtbar Ura. v. R.'s Ualeraehmen auch
an und fiQr sich ist, so Yieie Entscbnldigung er io ilea
zum Vheile bedentenden Schwierigkeiten einer solchea
Arbeit zu finden berechtigt ist, so noch wir auch 6eiD0
Gelehrsamkeit in maochen Fachern der Literatur achten
(wir denken hier besonders an «^eio DicL de la langue
römane, 3 Thle. Paris 1808.), dieses IMotiotmaite ety^
molog, dennoch den Anforderungen der Wissenschaft,
wie sie die jetzige Zmt macht, flnrchans nicht ent»
spricht, indem er selbst, obwohl gegen das Verfahren
der äUei n Schule eifernd, sich, wie öden schon bemerkt,
allzusehr noch von iiir abhängig machte, ja ihre Chi*
mären sogar mit einigen neueif vermehrte« Wir ^aben
somit aiieh< vorlinfig unser Urtheil Ober Hnu i^eyhle*!
Buch ausgesprochen , das jedoch für den Gebrauch noch
unzweckftiäfsiger dadurch wird, weil ihm alle etymo*
logischen, und also vermitteludeo, Krörterting^en fehlen,
wodurch Manches sehr sonderbar, ja gatiz unnatürlich
ziisanHnengeschoben erscheint Dieses unser Urtheil fibor
Beide wollen wir nun ausfiihrlicher begfftnden, nach«
dem wir eine kurze Bemerkung über die französische
Sprache vorausgeschickt haben.
Die frühere Art nämlich, dae Fehl der Etymologie
. auch in dem französischen Idiome zu bebauen, war^ dab
man das Meisle ab^ unmittelbar herstammead tou der
Wie mangelhaft jedoch di« Kenninifs naterer Literatur selbat
z. B. bei einem Cliaiiipolli«a*Fi||eac war, geht sieinlich
klar aaa dem berror, was er in diMev Beiielinng ui aeiner
Diu* nar VEUfm, p, XXXI. vorbringet.
**) Man sehe gef. welter unten da« bei AUeu BeaMrkte. .
Man sehe aacfa, was H. Ueiaing'er in aeinetn, dsoi Bef. im
Laufe aeiner Arbeit zugekonnmeaeR , Yarglelcheadea etj-
naologischen Wörlerbuche der gothtsch- tea toni- ^
8 eben MaAiiarten,^, XXXI« aber dSa FfanaduaelM beibringt.
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4
«
gfiecbischen, lateinischen, celtischen (und aquitaDischea)
Spreche ansah, die deutsche nicht zu vergessen. Diesen
Grundsatz ohne eine gewisse Vorsicht und Ei nschränkuay
iflwpnflen, würde heifsen, das gaDSe V er häl in ifs wissen-
schaftlich amstofeen« Woll«a wir nämlich auch hi«r ah-
ftrahirea von einer allgemeinen Verwandtschaft der
Sprachen — eine Idee, die, so vitil und so apodiktiscli
i^ie a!ich verworfen wurde, keineswegs aufzugeben ist — -
erleidet doch die /Annahme, dafs wenigstens die grie*
diische, lateinische^) ynd deutsche Sprache einem ge-
nwinsiiBea Stamme**) entsprossen sey, keinen Zweifel
nehr. Dafs nun die französische Sprache unter ganz
^esonderm Einflüsse einestheils der lateinischen, an-
(lerntheils der germanischen, und, jedoch meist auf
beschränktere Wei^e, der gri<echisohen stand (aufser
m vielleicht mehiierti Wörtern verwandter Sprachen ein
Snecbische» Zeitwort z«r Erklärung; dienen nmb^ w«U
die ver\\antlteü Dialekte es entweder nie hatten oder
wenigstens jetzt nicht oiehr haben), das zeigt uns, wie
gesagt, die Geschichte. Oh die italienische ***') sp&tef
«s bedenteod auf sie eiawirkte, wie Manche annehmen
«dlea, kdnnten wir •hne Weitere^ zugeben , f ) ohne
<hfc in der Hauptsache sich etwas änderte. Aufserdenv
^) Obwohl daa Verhaltnifi illeter Sprache sa di«tea Mikni
bdien ilir irerwandtea Tielleicht aehwisffiger sa bcetimiiiaD eejn ^
IMS» wi« aeaUch 4er BeceMenl ▼!» JAcksU Sdurlfts Ur-
spran^. dsr lalsiii. Spmhe (s. weiter antMi) m ilsr Jea. Iiit.Zeit«
vo|L diesen Jahse Ne» %U p. 86. beanerki hat.
'*) Neaerdritgs scheint man haafif^ das Sanskrit, »einer überra-
•eheoden Aehnlichiceit wegen , ilafür nehmen za wollen. Nach
der Ansieht der Kenner, s. B. eines Klaproth, ruht auch
diescB auf dem Altpersiachcn.
**) Weiche, eine Partbie Fremdlinge abgerechnet , wohl nichts
«eyn durfte, als. die alte romiiche Bauernepracbe.
t) Aaeh die Italien. Sprache eeheiot dem Reil nfiehr SMÜlline Eia-
wirfcaag auf dis.. Baehtaag dee fraaaöa. Geechnmlu (cf. UM
Art, pniL 1^ 4a. It».) oder nmch» Spraahfocai ubf»hBupt,
als aaf die eigeatllchea SprachfandanieBte geanfaert au haben.
4
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^4 Roquefort, Dlettonnatre ^tymologi^ae de la Iftngiie Fraiifaiee.
aber waren doch auch frühere Landessprachen da , aufser
der belg-ischen (also einem Dialekte des deutschen) die
aquitanische uad celtische. Erstere jedoch dürfte wohl
mit letzterer verwandt gewesen seyn (cf. Weinh. p. 3.) ,
obwohl den AquitaDiern gewöhnlich iberische Abkonfl
zu eschrieben wird. Ist es nan wahrscheinlich, dafs
die Kelten (welches wohl derselbe N.^nie ist wie Gallier)
zu demselben grofsen Volke gehörten mit den Germa-
nen,^) so liönnen wir nicht anders als annehmen, dafs
neben der allerdings grofsen Meng« lateinischer und
deutscher^*) Worter, neben manchen, die mehr auf
griechische und italienische Abkunft hindeuten, sich noch
eine beträchtliche Anzahl anderer finden wird , die eben so
gut für ursprängüch gallisch (oder aquitanisch) gelten
können als die verwandten deutschen, griechischen, ia*
leintsohen (und italienischen) für nrsprfingiich dentsch,
griechisch, vnd lateinisch gelten (cf. Weinh. p. 90.).
Werilen wir immer im Stande sejn, hier Verwandt-
schaft und Abstammung scharf zu unterscheiden
und zu bestimmen? So oft wir dies vielleicht auch nach
bestimmten Regeln nnd Analogien können, immer wer-
den wir^s nicht Aber der Unparfheiische mag ent-
scheiden, welcher Weg philosophischer ist, ob der,
apodiktisch diesen oder jenen Ausdruck einer Sprache
*) Man Tergl. gef. Jftkel germ. Urepr. der lat Sprache
p. 10. D. «. w. der Eloleltung ( der Scharfeinn aad die Gelebf*
•amfceit dei Verfe. Terdlent alle Anerkenniiiig, wenn man auA
dem Ten ihm aufgettellten Betnltate sidit huldigen Icano).
Gelegentlieh beoMrkl Ref., dafii Hr. J« bereite einen Torgänger
hatte as dem preufe. Appellationsgerichtsrathe P. F. J. Maller«
der in eelnem Buche, betitelt die Ureprache (die alle Aneg*
ist mit einem neuen Titel und der Jabreeiahl 1826. Teraeheo)
au «eigen eocht, dafa die andern Sprachen aue der dentecben
genommen eiod* Sieht man von der Unhaltbarkeit dieeee Sutsee
und manchen einaelnen Sonderbarkeiten ab, eo enthält daaTBuch
▼iel Intereaeantee.
**) Man Yergl. die vor dem Snpplementbande au Boquefert^a
DUt roHi. bellndliche Abhandi. du gcnk ife la lai^fHC fr* yron
Augule. - *
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vid beybie, Frftoi.-DealMhcs Worterliacii. . it§
ab Qttelle dieses oder jenes aDdern in eioer andern auf-
nstellen (man s. gef. in unserer Ree. die Artikel bahmce,
houcle, bougie , briser, brusquc , ceremonie u. s. w.),
oder dem Lt' inenden eine soviel als möglich freie Aus-
siebt über das Gebiet der Sprache und Spractieo zu
eröffnen, ihn dadurch gewisseriDafsen selbst mit in die
Ufltersachung hereinzuziehen und ihn in deö Stand zu
«eisen, frei von Autoritfitsglauben zu urtheilen? Wo
uDsrer Sache weniger oder gar nicht genügt wird, ist
es nicht ihre , sondern ihrer Wortführer Schuld. Nach
dieser kleinen Abschweifung gehen wir nun zur Sache
tdbst und unlersucbeo von vorn herein eine Reihe Artikel
l)'iD Bezug auf die etymologische Behandlung, *) 2) in
Bezug auf die Anordnung ganzer Wortfamilien.
Ah&He teilet Hr. V. R. ohne Weiteres von apiefula ab,
und es mag seyn. Aber hat das süddeutsche B e i e I i **)
nicht viel mehr Verwandtschaft damit? JciK iifalls hätte
auf avictda (suddeutsch Vögel i) und auf die Zeitwörter
djq(ii9 wehe (südd. wein) verwiesen Verden
mlleD. — Acherm kommt ihm, nicht etwa blös von
i'jffiq (Hr. v. R. schreibt acheoBf und beilinfig gesagt,
*He griechische Wörter mit latein. Buchstaben), wie
Andern auch, sondern, wegen der Svibe ron auch zu-
gleich von pi&. Er dachte also nicht daran, dafs doch
alle 4 Flusse , welche im Alterthume diesen Namen hatten,
ilui niimöglich aus dem von ihm angefflhrten Grunde
Inbeo konnten. Acheron ist nichts weiter als Acherusia,
^croniusy Acragas, d.h. unser deutsches Ach oder
Bach, und alle bedeuten Wasser; wer noch mehr
Fopen derselben Wurzel sehen will, vergl. Fabers
*) Wobei urir es — nach dem oben Beinerlcten — Um mit dem •
Eoqnef örtlichen Werke wa thsn hellen.
**) Wenn Hr. Aiigai« lo leiiier Ahh.: d« gMe de i. fr. p. 66.
ngt, dies ny cdnee derjeniger frans. WSrt«r, wclehee am mei-
.iten Weichheit und Wehllent bahe, dfirfen die Schwaben
■lels daraaf seyn, daf« eie dieeenTontng nUerwenigsten« theilen.
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RoqaefMTt, ]H«if«iiiialr« iHjmftlosfiqpie de Ift längs« Fransige. ^
(fl. h. Merlans) Sjngl. p, 57, {Weinhafts) Sprachwvr-
selo (Augsb. 1831.) p. 126 — 29. Tnpart. I, 31«.
Bei Acre fuhrt nns Hr. v. R. ein sächsisches f ?)
Ach er auf, das wahrscheiolich unser gewohnliches
Acker ist. Mii acna hal acte nichts gemeio.
sab A<)fcer.
Alhdtre muU es sieh gefalleo lassen , aneh hier nM^h
vom d aT£p7/Ttxdr und Kaßelv herzukommen, parceque
les V€(S€S ddlhdtre etoient si polls , si unis (!) quils
gU^soient enire les mamsil Wie kaoo ein, gescheuter
Mann solche nugaa 2u Markte tragen! Aber freilich
das EtymoL tnagnum (sub v. *^XaßdcrT^ov) sagt es ja ,
nnd citirt togar den Erfinder dieser ErkiSrnng , Metho-
dius, und eine Menge gelehrter Leute sagen es ihm
nach, Jetioch iiaiten meliieie üaraa noch nicht einmal
genug, und ersannen andre nicht minder gelehrte, aber
eben deswegen nicht minder unhaltbare Etymologien,
wie bei VoTa: Etf/moh und enm Theil auch bei See-
mann Manud. sub h.v. zu ersehen ist^ obwohl Letz-*
terer auf dem richtigen Wege war, als er bemerkte,
alabaaler sey ein durch seine Weifse ausgezeichneter
Stein. Wahrscheinlich ist Pün. H. N. 13, 2. oder aect 3.
die sehr unschuldige Veranlassung zu diesem etymologi- '
sehen Mifsgriffe geworden. Alabaster ist nichts mehr
und nichts weniger als ein weifsei Stein. Glückli-
cherweise haben wir zur Erhärtung unserer Erklärung
nicht etwa bios den gesunden Menschenverstand für uns
— der bekanntlich nicht immer seine volle Anerkennung
findet, — sondern ebenfalls eine, und Ewar entschc^i-
dende, Stelle bei demselben Plinius, ]. 33. c. G. oder
sect. 33, wo er sagt: — iiwenHur spumae laph can-
didae nitentisque : stimmi appellant , alii stibium äln
alabastrum. Nun ist Spiefsglas und unser Ala-*
haste r doch wohl nicht eins, beide haben also ihren
gemeinscbaftliehen Namen von einer ihnen geafelnsehaft-
liehen Eigenschaft, hier von der Farbe. Die Homer haben
noch ihr albus ^ die Sassen oJf^ die Franzosen haben noch
aube (albe), wenn auch in specieiler Anwendung , nicht
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n reehnen andre <Mitn geMr^nde Aufldrflcke; die grie-
chische Sprache giebt uns noch «las einfache aX(p6^f
freilich in sehr besondrer Bedentiing, allein iirsprüng-
Jich konnte dies Wort nichts Anderes bedeuten,
ait „Weifse," wie eben albugo im Lateio., dXrpog =s
UuKi^ im Griechischen aoch. Wird nun irgend ein Be-
Maaener lieber des Methodius (der seinem Namen
wmg Ehre macht) im EtyntoL gegebene Erklärung
ifloptiren wollen: nagä t6 aXXocpavrig tiq nvai? Die
fioilttBg asier ferner eeigt bekanntlich Aehidichkett^
«lez. B. mtrdasier (taob-ähoHch, olemtery bleuäire
fireifsartig), rougedire^ maräire = einer Mutter ahn*
lieh (ohne es zu seyn), dem Sinne nach ganz entspre-
chend der Form 1 ttneus (= Patrlcns)^ welches uns
einige hommes doctiushm , die jedoch «voii Vossius ge-
Mhrend ab^eferiigi werden , wirklieh von vi und Iri*
Wi berleitas, jäniidi den fnuttfiaiaehen Etymologen 9
Hia w. IL aiehi ausgenommen, die die maratref
Sprache und Erfahrung höhnend, zu einer „mal er
atra" machen, Hr. Auguis in «einem P/»coi^ri^ p. 56*
fiflfar, indem er es einen terme expresaif neoot
Das einfache aller will R. dem latein. composUam
ümhular € verdanken. Die Sprachvergleichung hätte
ihm die verwandten verba aal-ire, dX -doßai , dX^
ioß^i^ dX-t^axm^ dXX-OfUU^ nnser wallen nnd
fallen aviftthrcn mSasen, in denen allen nraptfinglicli
blas der Begriff der Beweg» ng lag.
Bei ^lleu versucht Hr. v. R. selbst eine Erklärung
aus dem griechischen iXiii'begog. Wer wird's ihm
glauben f Und heifstso was etymologisiren ? Biedern
Aator von Hrn. Mi II in nnd Ciavier gegebene Expli-
cation, als bestehe es aus dem so oft iiiilsbrauchten ot pri-
vativuiii und lorfum (?) =/ocZs, oder aus a und leudes,
tst erstens viel früher schon vorhanden gewesen, und
uater Andern bei Becin. ^6 v, allodium zu finden,
wo, wer Liebhaber aolcfafer Cnriositaten ist , noch einige
weitere finden kann; zweitens ist sie falsch, da weder
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088 Roquefort, Dktioan. et/inologique de la iangue ^rsmvai>e &c.
die franxdft. noch selbst die lateia. Sprache solche vocei
hybridas bildete; überhanpft ist sie gar nicht ans dem
Griechischen holen, obwohl Becni. behauptet: qm
elegantiorem lileraturarn cum Jutisprudeidia conjwi-
gat i non np^aturu7?i , esse graecae slirph, quasi aXXo
tdioy. Auf die Gefahr, der inelegantia beschuldigt zu
werden, schlägt Hef. einen andern Weg vor, nämlich
.das Wort als susammengesetsst anzusehen aus 91^11''
= ganz und dem alten ,,0d" = Eigenthum, das
sich noch in Kle5n-od findet, wobei blos das einiges
Bedenken erregen könnte ^ dafs das Wort alleu gewöhn-
lich mit frone verbunden ist, allein wir sagen im Deut-
schen auch „freies Eigengut oder Eigenthum;" da ja
bekanntlich auf manchem Bigenthume Lasten haften.
Amputer leitet H. von puiare richtig her; dies aber
unrichtig yon %£i5dof(ac , die einfachere Form von einer
bereits umgebildeten und verlängerten, die ohnehin gar
nicht hierher, sondern su Formen wie %v^iiriVf ßv^oc^
ßiv^oQy fundiis y f ut-aille u. s. w. gehört. Das deutsche
putzen wurde ganz vergessen.
Das unschuldige anire gewährt nach Hrn. v. R. dem
Blicke und der Seele quelque chose d'affreux!*)
Angeführt wird antrum als von dem griech. dvTpov
kommend. Und diesej? ? — Wenigstens die griechische
und lateinische Forin werden auf gleicher Linie stehen
und sbsh auf ein Zeitwort wie ^aivm^^ gähne, zurück-
fiihren lassen. Denn dafs die Gutturale häufig wegfiel,
ist bekannt. In antre wird also eben so wenig etwas
Grauenerregendes liegen, als in Kluft von klaffen, in
Grube oder Bcrobs von graben. ;
(Dtr Bۤehlufs folgt.)
*) Man vergL weiter oaten urcueä^
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\^ 44. HEIDELB. JAHRB. b. LITERATUR. 18SI.
Lloqucfort y Dictionnaire cttjmologique de la langue
Fraiifoise und Deyhle, Fr anzosiach" Deutsches
Wörter buch*
(Be$cklu/9,)
Arhre wird ganz schnlgerecht als Banm im eag-^
Sien Sinne definirt, ^) wiewohl es ttrsprQng^Hch gewifs
vorerst überhaupt etwas Geuaciistnes, d. h. Hohes oder
Gerades anzeigte, wie etwa alius , celitus. Es lautet im
Altpersischen orwer und ist mit gramen, Gras, cresco,
englisch to grow verwandt. So verhält es sich z. R mit
deaAasdrflclien Spv^j Bofü^ derb, der (sc Baum, z.B.
IQ Hold er ) 9 slaw. Derewo, die sich auf ein Zeitwort
wie Tp^(j5o, Tt^'jicö (ursprünglich dick machen) zu-
rückführen lassen müssen»
Warum bei ar^te eine ganz specielle,^) also eine
abgeleitete Bedeutung: oa de» poiasomf und es doch
herleiten von aristo ^ und dann erst ein zweites ar^te
aufstellen in der Bedeutung von barhe "de tcjü du ble9
Heifst dies vielleicht die Sprache metaphysisch behan-
deln? Hier konnte Hrn. v. R. sein eigenes cr^te oder
uaser deutsches Grath (Grätfaen z.B. eines Haus^,
elaer Maner) oder auch das englische uright, Angela»
areht , zurechtleiten.
Arroi soll von radius kommen. Warum verschmähte
er das italienischte arrido , das deutsche Gerät he?
Auf jeden Fall konnte er, bei seiner Vorliebe fkir griech«
änd latein. , XQ^f^ beiziehen. — Ferner leitet
Nur Boiite in seinem DicttODO. gpelit noch genauer sn Werke,
indem er togar die AtaidebBang licetinBit, ati-dSe«Mt de 6— iO
**) Wir werden weiter aotea am gelioiigeia Orte mehrere aaffil'
lende Beispiele dieser Art beibristgen.
XXYL Jalug. r Heft. 44 .
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090 Roquefort» Oictionnftire ^t^mologique de la langue Fran^aite
er halance voq hilcuix her, aUerdiogs sehr wahrschein-
lich für den, der blos nach Gleichlauten eiymologisirt
Wie., glanbt Hr. v. dafs Wörter mit so breiter Be-
deutung, als bäUmcer hat, Ton einem so speciellen, ans
irgeiul einer Ecke hervorgeholten latein. Worte entstanden
geyn ? Was wurden die Drutschen dazu sagen, wenn
ihnen irgend ein Grammatiker die Wörter wagen,
wegen (d, h. be- wegen) von dem metallenen oderhöl-
sernen Instrumente (das davon den Namen hat, weil
es wagt, d. h. sich bewegt) herleitete? Wollten
wir bizarr seyn , so sagten wir grade umgekehrt , hilanx
sey ebenfalls von halancer^ und nur aus Mifsverständnifs
durch 6is und lanx erklärt worden. Es wäre wenig-
stens immer noch wahtsidieinlicher. Und dafs die röm.
Spruche Wörter hart, dte nur durch das frauKösische
erklärt werden können, wer will es läugnen, wenn er
«or« und sort vergleicht und das Zeitwort dazu sucht? —
Balance ist von balancer gebildet, wie avance von
. manceTy und hat selbst wieder ein zwar veraltetes Pri-
mitiv haier, dessen Bzistenz aber noch aus „balant**
erheHt und in ftolfer nur etwas verändeii wt. Dies eiu-
fache halcr ist = dem griech. ßdKX€Li> und unserm
wallen, iinfl beide sind eins mit aller (cf), so sicher
wie Bach nichts anders ist als Ach. Zu diesem Pri-
mitiv gehört auch halayer (ungefähr wie Bu kehre
nogi(Si)\ ferner das provinsieUe halooher srs laogstm
dahinschlendem (dafs ^ in der Kutsche fesehieht, wie
die franz. Lexika angeben, ist nicht wesentlich). Auch
Galoches mufs hierher gehören, obwohl die iPran-
zosen es viel gelehrter durch Gallicae erklären. F«mer
h^ldmquin, so wie das Italien, baldachino, m wel-
chem Hr. V. R. die Etymologie aus Bagdad *) holt! Er
geht gern weit (cf. Bimgie), Beide Formen sind ur-
sprünglich deutsch und =: Wall- (d.h. wallendes) Dach.
*) Oü Vm ftM^puH def dr9f9 dt diver i€9 99iihmn, appeUtf \
•el0i» Minage, Söftytoiilctt. Demascb wive «In wAt ^em ein* \
farbigen Tacke gcbUdeter BaMachia k«ia Baliaehia.
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und Oejbte, Frans. - DeuUchet Wörtorbadk 691
Daqum ist dne andern Form für daU,*) Za derselben
Fmüie gehörcB endiich auch Baleme und PluMne,
welche leletere Hr. A. luid D. unter baieme stellen , ob-
wohl nach der von R. dabei gegebenen etymologischen
Erklärung, als käme es von rpao.**) Baleme — ba-
laena — und phaLene bezeichnen ursprünglich nichts
als; etwas Wallendes, d.h. sich Bewegendei. Soiat
ja auch <hakii eine andere Form für fbdKaita^ und vor*
trefflich kommt unsrer Behauptung das sn Stalten , dab
£e Phalene anch ii itSTOfidyri -^vyv heifst.
Bei Bateau führt Hr. v. R. zur Erklärung und Her-
leitung" (las griechische y:t3ar6g an. Dieses aber gehört
2aai Stamme cav, cojff' (cavus^ coffre u. s. w.), hateau
dagegen se hwUe, hotte, le baai, englisch ioal^ Bool
(welehes Hr. y. R. anch richtig angeftthri hat).
lieber Verwandtschaft and Abstammung von Bots
scheint R. zweifelhaft Mit ßcharHsiv jedoch hat es nichts
tu thun. Es ist dasselbe mit dem französ. bouquet,
humon^ bocage, dem hoUäod. bosq, unaerm BuacJi,
welches Einige von dem qpatern^r6iiactfa herleiten wollen.
!^1 richtiger eiehen wir Alles na Zeitw4lrtef n , wio
noUa (TüotGj) , cjpvco {v/.ri), facio, faire, fasen.
Bei boucle giebt R. zur Erklärung bucula. Allein
dadurch wird eigentlich, wie bei allen ähnlichen Fällen,
aiohts erklärt. Boucle isl unser Wickel, verwandt mit
Bi^, and also auf biegon nuriicknuf&hren.
Um iougie SU erklären, wandert Hr. v. R. bis nach
der afrikanischen Stadt Bugia , allwo die Franzosen Wachs
aad Wachslichter geholt hätten ! Er hätte es näher
haben können, wenn er poix vergleichen oder unser
Waehs, weich nicht verschmäht, oder vielleicht gc-
bont hätte.
fiteäEBr, sagt Hr. v. R, sey ein onoma^opie; manch*
Baal nennt er dies auch im mol J^actice. ***) Mit diesen
*) Welches bei Hrn. v. R. von Dos herkommt!
^ Die Phalene leuchtet ja nicht von selbst. Hr. y. R. macht öfters
' «olaile Geiankenaprünge, so B* M der Erkünmip voa Houi,
*^ Maeliitt «In aekv uDgeachicktev Aoaärntk.
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9d2 Ro^aeforl, DiciioBoaire eijmologigae de la Ungue Fran^aUe
sogenannten Onomatopees oder Xaturlauten wurde von
jeher eio groffies .Unwesen getrieben, und wird es na-
mentlich TOli unserm Verf. Ref. glaubt und der Beweis
dnfttr ist nicht weit herzuholen , dafs dieClasse derselben
sehr gering ist. Warum soll bouilUr darunter gehören?
Und wird dann unser sieden nicht auch, und scheinbar
mit mehr Recht , darunter gehören? BoulUr wird ver-
wandt seyn mit nnserm wallen, sowie ^iuv Ursprünge
lidi gewifs nichts bedeutet hat als sieh bewegen, was
ans dem damit nahe verwandten ^>7r hervorgeht. *)
Es sej uns erlaubt , hier noch einige der auffal-
lendsten Roquefort'schen Onomatopees aufzutühren:
Abot/ement, wovon sodann aboyer ! Baker, onoma-
topee du aan des livres; was fangen wir dann mit nn-
serm Knfs an, der scheinbar so gana anders lautet und
doch dasselbe Wort ist (die Oestreicher sagen Bosserl ,
die Perser und Türken Los). Catacornhes, sagt er,
sey ein Naturlaut, dessen ausdrucksvolle ( piltoresquea!)
Töne (pittoresk freilich für den, der kein Griechisch
versteht) den Schall des Sarges ansdrücken, wenn er von
Stufe au Stufe auf den scharfen Kanten derselben hinab-
rollt und pidtslich, mitten awischen den Gräbern,
Halt macht. Was wurde uns ein solcher Erklärer nicht
Alles aus dem so anspruchlosen, obwohl noch schauriger
lautenden tearaxofit^evopaL herausbringen? Nicht viel
weniger schauerlich schildert er uns das Onomaiopäe
^ataracte, obwohl er am Ende die richtige Erklärung
gie6l So soll Qaqtie ein Onom, seyn. Dann ist Schlag
auch eines; und was fangen wir sodann mit schlagen
und legen an? Sind vielleicht colaphus, Klapps und
alapa auch Natnrlaute? — Und kommt xokdnT& voft
*y Alle WSrtvr BSnUch, die Lebea bentdlaea» beieMMta vermt
aichti ale Beweg nng; io dlea noaieeieelie« CHefeen (e.AdM«)
iit l^iMii s= thiiDy haod^loj ee iit vivo webe, d.h. be-
wege mieli; uod wild Bwiechen 9^*i and t^fu die Spiaehplii-
leeephie einen «aden Untenciued etatnireB nie einen will-
knlifliclien, Yennittelit der AocMle wie eo tiiafig <— be-
meriilich geoiaebtenf
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iiiid Deyhle, Frans. -DeotechM Wörterbucli* IM
colaphua w. oder umgekehrt? Aber leider etelU
Hr. T. IL (und ihm nachsehreibend Hr D.) die Sache
sehr häufige grade auf den Kopf, jedoch nicht blos hier,
wie wir später sehen werden. So heifst ferner Croas-
scmeni f obwolil es unter corbeau steht, ein onoma*
iopee* Diese beiden Wörter aber gehören zu einer
'grofsen Familie, der wir das griech. yrjp^'iio (xi^p-do)
oder yap'VG) zu Grunde legen dürfen; dazu sodann
unsre krei- sehen, schrei -en, das franzos. cri~cr, das
latein. grwmio ; hierauf die davon gebildeten Substantive
xdp al (cor-bcauj und X7?p-v4 (gleichviel ob mil
Scimabei oder Mund; gebildeter nennt den x^gy^ der
Römer praec-onefh, einen S-prech-er). JSndiich
rechnen wir hierher noch grenouitte (st garanule)^
rana si. garana, und yovQovvi^ welches letztere, so-
viel ich weils, im Neugriech. Griinzer, d. h. Schwein
bedeutet Hält Hr. v.R. auch cano (verwandt mit j^alvQf
gthne) für ein onomaiopee, weil man sagen kann rana
cmät — Auch cosaer ist ihm ein mol factiee, wSh*
rend esseine Abstammung von quatio (catw, cüiio) an
der Stirn trägt und mit dem Italien, cozzare und cozzo
{cousse , secousse) verw andt ist. — Crachat ferner
heifst ein onom, und steht vor crachcr (so wird speien
von Speichel kommen?) Gerade so heifst erotdemeni
m wiomaiop^e, und steht' vor croüler; und an rauter
wird gar nicht gedacht — welches, beilftuflg gesagt,
höchst falsch unter roue steht Doch genug davon^
Bercieau, sowohl Lanbe als Wiege, konunf dem
Uro. V. R. von brebiSy parccquc les premicres ber^
geries etaient construites avec des hranches ctctrbrcst
Berceau, die Laube, kommt entwedw von bergea
oder wohl richtiger von virgula (italien. pergola}, vir*
guUwn, BerceaUf die Wiege, kommt von bercer^ d.h«
verser =: versare, gleichsam verseBum,
Brker soll von ßol^m kommen. Es wird zu bre«
eben gehdfen, so wie froher in der Bedeutnog 4ier
h peau (^dune feve). Süddeutsch sagt man bret-
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694 Roquefort 9 Diclioonaure dlymologlque de la laogue Fran^alie
sehen; niederdeutsch ist Brist (Brest) s= Mangel, und
bryta » brker*
Brusque kommt nicht vom italieo. hrusco^ sondern
ist mit diesem auf bruit zu beziehen? Wie kann Hr. y.R.
an la-brusca denken! Diese Buchstabenjägerei hat
eben die Etymologie so sehr und so lange in Mifscredit
gebracht»
Bei cncher hören wir Du Cange's Ableitung,
quasi rn sacco sese (?) abscondere, Saccus gehört
höchstens neben, wohl besser unter cacher, was na-
türlich nicht so zu verstehen ist, als käme saccuB un-
mittelbar von cacher. Mit diesem verwandt und es er-
klärend sind xiii^mf schützen, hegen, Kasse, Kiste,
caidse, Schutz, Hut, coase^ goussc^ housse, Hose n.s. w.
Chee wird nach R. aus capsa. Warum nicht ans
eosoL Calfater kdnnle mit Umgehung aller neu-
griechisdien und arabischen Wörter unser ki elf Ottern
bejn. — Cercueil soll von adp^ kommen ! Es ent-
spricht g-enau iiriserm Zargel, Sarg (gleichsam Sär-
gel). Sarg bedeutete ursprünglich überhaupt eine Ver-
tiefung, einen Trog, B» zu Wasser u.8.w.
Ccrcmonie soll von ;^a/f>o kommen ! Der erste Theil
des Wortes möchte verwandt seyn mit gcro, dem nie-
dersächsischen göra, dem engl, to char ; die andre
Hälfte mit munu9, — ^ Was hat aber cerfeuil mit ;^a/p(9
gemein? Es ist unser Kerbel, von kerben (admeiden),
▼erwandt mit earpo, ndgcpa^ xsigo, wegen der einge-
schnittenen Blätter. Dahin gehurt auch charpie und char-
pente, — Chaine \on catena^ und dies? von xa^^' iVal
oder von xdd^fioc. Sehr wahrscheinlich ist es auf gadden,
gatten (= verbinden) zurückzuführen. — Chkthe soll
kommen von ehcum s menibrane dtm grtm de gre^
nade! Bs ist verwandt mit siech, shcm, Com^
biner gehört viel eher zu binden (prov. binnen) als zn
compono; conge (italien. cofljg^cfo) zu concesaia, aber
nicht zu commealiis.
Ofrv^e finden wir unter carps^ weil sie, aacfaOujac,
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uüd De^ble, Franz. -DcuUcliea Wörterbucb. 68ft
corporis uiolcstia {corp^e) «eye. Aber wie soll man
nachher den Ausdruck corvees de corps erkläret), der
och doch fiadat? Näher «cheiot der Sache die Evklä-
nog durch eorrogare su kommen, schon deswegen,
weil corvee im Romanischen auch tram, suite , queue
bedeutet. Wir woiieu vorerst die mitte) lat. Formen cor-
veia , corrueia , corrua , coi^vata anführen . sodann
darauf achten , wie nahe diese letstte Form unsrer pro-
vinsiellen Aerwel für Arbeil steht. loh bin ftberxeugt,
wir seiieo in corvee nnr eine a^dre Form von dem alem.
and fränk. Araheit , schwed. Ji-fwode, angels. ear-
foeth. Dazu pafst 1) die Bedeiituiig; ager, cf. I)n-
Caoge t. 1. p. 610. ed. Basii. ; denn in ganz ähnlichem
Sinne sagt man auch Tagewerk, nealatein* dnatnum,
tmsL joftmäl , anch Tage wand, Tagewimn (cor-
lamiHrt in Crewana, überhaupt s ein Stück Feld in
€iaer bestimmten Gegend ) ; 2) die in der romau. Sprache
davon noch übliche Bedeutung^ suite, train, indem
dies dann blos das p f 1 i c h t g e mäfs e Geleite bedeutet ;
3) dafs eOfWe figiirlich für etwas Listiges gebraucht
wird, gerade wie unser Arbeit, besonders früher, z^ft
Theuerdank (s. Adelung): wie er den Helden bsingea
kunt in Schaden, Angst, Not und Arbejt.
Diese Proben von der Art, wie Hr. v. R. etymologisirt,
aisgen genügen. Wir gehen zum zweiten Punkte,
der Kritik über die Anordnung einzelner
Wortfamilien. Hier zeigt sich m der franz. Sprache
allerdings eine nicht unbedeutende Schwierigkeit, indem
manchmal bei einem Worte zwar derselbe Stamm , aber
bald in lateinischen, bald in griechisclien , bald in ur-
tpriogiichen französischen Formen. zum Vorschein kommt;
man TergieidM nur z« B. Wörter wie eoeur, oreUle,
hrefy cmr€9 Uer. Ja selbst schon einfachere führen
eine gewisse Buntheit herbei , wie etwa nur chev€i,
neben dem auch das (wiewohl nur landschaftlich, näm-
lich uiederbietagnesche) W^ort caval , das latein. ca-
iollus vorkommt In solchen Fällen hätte Ref. die lat.
Pom (wenn auch provinzielle oder veraltete) Form
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696 Roquefort, Dictiounaire t^t^mulügi^^ue de la iaügue Fran^auc
vorausgestellt,*) um\ dann, nach Aufführung* der davon
herkommendeo Wörter , gesagt: voa Cfwal i^t gebildet
cheval, and aater die§eB sodann die »nmittelbar davon
herstemoiendeu gestellt. Schwieriger wird die Anord*
Dung da, wo das lateinische oder griechische Primitiv
fehlt, wie z.B. bei coeuVy wo kein cor, wohl aber
ein cordhil, dagegen das griech. cardia sich findet.
Hier wäre es wohl iur die Deutlichkeit und Brauchbarkeit
des Buches am gerathensteo, die yerschiedeoen Familien
genau auseinander zu halten, die aus dem Griechischen,
oder Lateinischen beizuziehenden Primitive in Klammern
beizusetzen und zu erklären, und diesem das mit ihnen
zunächst Verwandte unterzuordnen, sodann durch Ver-
weisungen den wechselseitigen Zusammenhang und die
Yerschiedeoen Verwandtschaften klar zu machen* Sehen
wil* nun an einem Worte, wie R. und D. hier Terfahren.
Sie stellen z. B. das mit dem Deutschen zunächst ver-
wandte Deminutiv oreille (Oehrle) als Stammwort
voraus und or^uen ihm unter 1) was unmittelbar davon,
2) was von auris, 3) was von ovgy 4) was von mdio
herkommt, wobei Scouier, das doch Ton auacutto. ab-
zuleiten ist, von Beiden erst noch anter acouatique ge^
stellt wurde. Dieses Verfahren giebt den einzelnen Ar-
tikeln ein mehr oder w eniger krauses und buntes Ansehen,
und macht namentlich das De^h lasche, aller etwa mo-
tivirenden Fingerzeige entbehrende Buch schon deswegen
riemlich unbrauchbar» Hätten jedoch die Verff* sonst
nur nach festen Grundsätzen verfahren, so wSre, wie
gesagt, in der nicht unbedeutenden Schwierigkeit dieses
Punktes gewlssermafsen eine Rechtfertigung oder Ent-
schuldigung zu linden. Allein auch die übrige Organi-
sation beider Werke zeigt sich gleich unTolIkoninten und
fehlerhaft, indem 1) häu%Stammwdrt«r aufgestellt wur-
den , die keine rind ; 2) das zusammen Gehörende (wovon
oben schon Beispiele) häufig falsch geordnet und darge^
stellt ist; 3) was zusammengeordnet ist, häufig gar nicht
susammengehört. Dies ist nun zu beweisen«
^) Unj^efähr wie Hr. v« Ht bei aräer hat«
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1) Häufig werden als StammwMer solche ao^estelh,
äekeiDe sind. Wir meinen natürlich nicht eolche, die
m andern Sprachen als composifa herübergekommen,
in der französischen kein Primitivuin haben, wie z.B.
Ähfikiuer, Aboljr, Abominable , weil dies vielleicht zu
viele Schwierigkeiten darböte. Aber was soll Ahattre
als Stammwort f (Hr. O. hat dies, so wie noch einige,
aiB rechten Orte). — Was^fre^s» das so gut unter eeder
g<eh5K als proc^s, was Aberration, Abander, ^iccent
(welches eben so gut zu ehanter g-ehoit als caresse zu
ckerir). So ist ferner AccoitUer zu com, ital. conto ^
deutsch Kaote , zu stellen, denn davon kommt es, nicht
aber von aecwniiare, worauf schon die Cönstrnction
faecomier de quelquun aufmerksam machen konnte.
Accuaer wollen wir gelten lassen, wiewohl auf jaser,
das engl, chatter, und auf die lateinischen Stämme
suas^ und eac«s- (causari)^ so wie besonders auf
causer und kosen (verwandt mit dem griech. ^eor-
aXiiv) Rttckaicht sn nehmen war. Ador^ sollte nicht
fsfrennt seyn von Oracle^ ortthon n. s. w. Angohse
findet sich als Stammwort neben anxiclc ; dafs , bei
bei gründlicher Behandlung, angle eigentlich d^zn ;L:;e-
hörte, wollen wir nie iit geltend machen; armillet findet
sich nebea arme, als Stamm; Atäel gehört su Haui
(ohnehin ist es die apfitere Form). Atäeur ist getrennt
voa Aaioräe (wahrscheinlich weil letzteres nicht helfet
Autorschaft?), Avoir von Avidite , brauche u. s. w.
von bras y cependant und coup paradiren jedes als
SUmm Wörter, so auch croitre, das als incAoal. unter
oreer su etelien ist.
2) Das Zusammengehdrende ist häufig
'tisch geordnet und dargestellt Wir wählen, wie
auch bisher, die Belege zu dieser Behauptung, wie sie uns
^Uig unter die Augen kommen, und verweisen zugleich
auf das oben gelegentlich der Onomatopees Beigebrachte.
Almrher iSi als Stammwort hin* und Alles darnnter-
geslellt, was Ton dem einfiichen aor6er oder wie die
FranasQsea sagen; sorbir, sskmmi absorber^ herkommt;
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086 Roquefitfl» Dktioiuiaire ^mologi^oe de^Uiilwigue Fraofaite
9orhlr selbst aber ist gar nicht aogegebeo, und sorhet
gleht für sich. Aeholicbe locooseqaeDZ bei AUu^fm^
noter dem iOumn und eluder eteht; bei jissister, wo
zudem noch 8 ist er" bei den Franzosen im Gebrauche
ist , aber freilich als terme de palais ! Besonders häufig
aber begegnen ivir diesem Unwesen auch bei compositis
aus der griecbiecfaen Sprache; so findet sich unter w^i»-
drogyne gestellt; j^ndrakle, j^ndramame, Androma-
que, j^nS'omide, androtanue (Hr. Deyhie hat diese
Wörter zafällig nicht aufgenommen, also diesen Fehler
zufällig vermieden). Gleiche Verkehrtheit bei ^ii-
thropologie (hier folgt Hr. D. leider seinen^ Originale).
Unter JpoBtaaie, Abfall vom Glauben, findet sidl
bei Beiden jipoai4me, das Geschwftr! *)
*) Eben so Tenifioftfg nad der Metaphysik der Spraelie genifti
eetsen Beide anter Arehi =r Ers • . *, dae Wort ^ditoreAle«
nnterBtftlessdie lieilige Schrift, hihUographt^hM»'
moMt Binclierkemier n. e. w. (Hr. t. R. noeli verafiiilliger«
weil er wenlgetene flffiho» aad denen erste Bedeotwig anfihrt).
So etebt nnter Trmditeur (BibelTerr&tber), Trm4iii99$
Uebergftbe eines Gnts; noter Cotnit^ne» mit der Soane
aufgehend (beift. jedoch wieder motiTlrt dnrch das Grio-
chische), Wörter wie eosmoeratc^ eotmogoni«, cosssopo*
Ute u. s.w.; nnter dteau, Meisel, steht dieider, entschei-
den; nnter Dve, Hernog, nnter andern ahduett^r. Ab-
niehmutkei» 9duguer, ersiehen ii.e. w« Unter Prslds«
der Drnide, grnerle» Forstamt; dryopt4rid9, Farn-
kraut; unter cupide^ geldgierig, der Gott Ciipitfon; Com
wird erklärt durch Schote, und darunter steht gousse := Hosen-
sack (aber das Zauberwort fehlt , das den BeRcn In die Ecke
bannt und ans ihr hervorrafft; so steht bei Trabe xuerst der
Begriffs- FenersaulCt und dann kommt travie, dae Fach,
enfraoe#> FeBsoln u. s.w.; so ist Traire äbereetzt dnrch
Melken, und darunter gestellt unter andern; traj^on. Strich,
Iratt, Pfeil, tratt^, Abhandlung, attrait, Reix,
eontrde, Geg:end (etwa weil in manchen Gegenden Kiihe
weiden, und diese gemolken werden?) — Unter L^gwßr^ Ter-
machen, steht allc^^r^ anführen u. s. w. ; unter Biereure,
Mereier der Krämer; unter Orhcy Bahn eines Kometen,
erorhitant ; unter Fagin die Mu ttc rscheide, gaine die Mes-
ser scheide. Lexika solcher Art bcifsen etymologische per aali«
pAro^tn.
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uimI DeykU, Fmis.> D«tttocliM Wört«riia«ih. m$
Micht miflder iidklageiMwerth ist die Asordoueg oder
fielmehr Unordnung in manchen andern Wortfamilien,
wo die gewöhnlichste Kenntnifs von der Wurtbiidung
vor unzähligen IVlifsgriffen hätte schützen können. Davon
nor wenige Belege: AiUeurs (von aliorsum) ist als
Slammwort aufgestellt von aliener; ^llefa^'e als Stamm*
wort won aiteler; so steht bercer nnter berceau (a oben);
(Ummer unter Qdmmaiionf eoncupiscetä unter Cmu»!-
fiseence, cHier (xe^c}) i^at^^r caca. Unter ca/6^e findet
sich capse, case, casaque, caseme, chez (s. oben
cacher). CeUre steht unter celeräe, cmena und
mendie unter cendre , chrque nnter cercfe (dem
Demln. won -cirfue) ; chmA (romanisch audi cd, eaUt,
tmd) nnter ehaleur;*) cabrer unter chiwe, — so
wird gaison fprov.) von Gais, bocken von Bock , dtaaa)
von ai^ , hüpfen von '/ttttoc kommen.
Aufser diesem^ durch das ganze Buch sich fortzie-
heodeo , Gebrechen fallt bei der Prüfung einaelner Wort-
boiitien oicht weniger auf, dafs auch das allemächst
Verwandte durchaus nicht msammen-, und dem es be~
dingenden Worte untergeordnet, sondern mit gleicher
Planlosigkeit und Sorglosigkeit beliebig irgendwo unter
den als Stamravrort aufgestellten eingeschoben ist, also
dem Ueberblicke die ndthigenSub* undSubsubdivisionen
indit gegeben sind. 80 finden sich s. B» unter Dirne in
gleicher Linie nach einander aufgeführt domeatique,
domesticite und domestiquement ; domatne und do-
fnanial; domicile, domiciliaire , domiciUer und domi-
oilie (!); d»m^er und dornfficaUm. Dieser Fehler »
M^grofs er ist, wflre noch erträglicher, wenn die zu-
■ichst zusammengehdrenden wenigstens immer unmit-»
Wbar unter einander ständen ; aber auch hierin sogar
herrscht blinde Willkühr. Decaclieter z. B. und reca-
^heter sind von cacheter durch drei Wörter anderer
*) Gelegentlich sey bemerkt, wie scharf das Dict. de VJcademie
van 1B17. diese beiden Ausdrücke definirt: bei ehaud sagt es:
qui a d9 la chakwi bei ekaleur: QuaUU de ^i» chaud.
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160 Aoqaefort, Dicitoniiaife Ajinolcgigae de la langne Fnafalte
^Bedeiituii^, nämlich cacheiie, cackot und caohoUerie
getrenpt , und zwischen capmlaire und umcapsidah'e
stehen nicht weniger als iwuu und dreifsig , zwischen
locuht 'ii c und triloculuire bei Hrn. I). acht und vierzig.
Doch gehen wir zu unserm letzten Punkte, da Ts
nlmlich das unter eine Familie Zusammen-
gestellte häufig gar nicht zusammengehört.
Allerdings ist es sehr schwierig, manchmal, ohne das
ausgebreitetste Sprachstudium , kaum möglich , hier
überall den rechten \Ve^ zu finden oder festzuhalten.
Auch reden wir hier nicht von solchen Fällen,
Benrtheilende vielleicht blos eine andre Ansicht hätte
als der Beurtheilte (also als Hr. v. IL, denn Hr. D. hat
nur sehr selten eine eigene); sondern vot\ solchen, wo
der Fehlgriff durchaus am Tage liegt und notorisch nach-
gewiesen werden kann.
So hndet sich z.B. waier AbeiUe das Wort Abigeai,
\9L jibigeatus ; unter j^cre (lat. acer) das grieob. ^ertöte
(Hr. D. hat diese 2 Fehler vermieden); unter Babi
(Geschwätz) das Wort Bave (Geifer), wahrscheinlich
weil, wer plaudert, manchmal geifert? Babiller und'
Babil ist unser päppeln, Gepappei; Bave aber ge-
hört zu Buo (Imbuo), zu dem alfr. ive, zu ibe (Ebbe),
zu evisr und zu abee, welches letztere Hr. R. falsch
▼on apertura herleitet, da nicht die Oeffnung ab
solche so heifst, sondern in sofern Wasser herausläuft.
Dazu gehört auch das engl, eavcs = Wasser vom Dache
und das ital. inafjiare, besprengen.
Unter BaCy weiches im Deutschen auch Trog und
Schüssel bedeutet, und verwandt ist mit Becken,
Becher, und auf ein Zeitwort znriickgefiihrt werden
mufs, wie biegen, gehört nicht Bar^^z^e^ welches mit
bahre, fahre, 5rop - f i;o/itat verwandt sej^n wird. Unter
Bader steht liubcciley weil die Etymologen letzteres
gewöhnlich von Bacidus (gewifs falsch — so auch Ref.
iioch in seiner. letzten Ausgabe des lat Sch.wb.) herleiten.
So leitet, ich glaube ironisch, Hr. v. impoteni von
potencea (Krücken) lier.
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und Dejhle, Frans. -Oealieh«« Wörterbooh.
Brouet g^ehört nicht unter hohe. Jenes ist verwandt
mit unserm Brühe, nieders. Broi, unserm Brei, holl.
Broye, Brue; verwandt mit brauen. Wie kommt
fcroer pote, onser Pfote (pftlss. Pote, lat jued-j pes)
later poi'f .Weil Hn v. R, e^ erklärt : . mam elifiee
comme un pot ! Wie kommt ferner pot unter hoire?
Selbst wenn pot mit poc-uhim verwandt ist, dürfte
Qoch sehr die Fragte sejn, ob letzteres nicht eher zu
Bech-er, Beck-en gehört (s. oben).
Falsch steht Trebucher unter ßois; da es zu ire^
pigner, trip-udiare , tripp-elo gehört. Oder was
halte Ic trt buchet y die Goldwage, mit 60/« gemein?
Unter hörne finden wir sub-orrier ! so unter cou-
fki parc! es ist nämlich der Rest dieses soi disanl-
Campositums ( — marir)^ dem ersten Franzosen, der
es aaszusp rechen wagte , im Halse stecken geblieben
aad hat sich bis jetzt keiner ähnlichen Erlösung zu er-
freuen gehabt, wie jene Töne im Müiichhausenisclien
liorae. Parc gehört bekanntlich zu Pferch, bergen
(=: hegen).
Brassert unser braten» d. h. braven, griech.
jS^a^o , steht unter Bras ! Was soll femer Troc unter
nfwshe^ der Tausch, unter dem Spiefs, Zapfen
UQ(1 Hauzahn? Wahrscheinlich ist dies Troc mit
fragen verwandt, im Begriffe yon unserm anbrin-
gen, oder dem griech. TunqiüitQ (von m(»afii>}, dem
hMo. muifxre.
Was soll unter Bure, grobes Tuch, die andre
Bedeutung Schacht? In der zweiten Bedeutung ist
es verwandt mit fahren, Fuhre (letzteres wird in
^en nieders. Mundarten auch statt Furche gebraucht).
Wassel! unter hure ferner bourrer, welches eher
vmdt ist mit -bohren, fero$ was ferner bomrasque,
jhs htein. bereä», das griech. ßoppdgj in Dalmatten
jeld noch bora, und auf ein Zeitwort zu redncieren wie
Marren, purren = brummen; was endlich hourri-
9«e, latein. ßurricus, und wie veredus wahrscheinlich
^uf ein Zeitwort wie fera zurückzuführen ?
Yifi Roqiivfbvt, DictiMiuilf« MyiD«logiqiie de In Inogm Fran^iiie
Cancan (das latdn. quamquam) floden wir unter
canard; sarcasine (von o-apxd^Q und dies von oalga
aber nicht von crcfp?) unter rercucit!! so wie auch
MrcilCf Riodileischstein , sarcotique , fleischmachead
iiiid eio halb Duteeod ähnlicher. - Uoter Chat i tebt -cAo-
tmäter; werden wir im Dentochen ki teein nnfer
Katze (kitze) seteen. Chatatatter ist eben mit ob-
serni kitzeln dasselbe Wort, verwandt mit dem lateia.
tHillo , angels. citelan, engl, kittle und tickle. Unter
ch^re, Mahlzeit, Bewirthung, freundlicher Bmpfiing,
Steht acaridtre (von acer) und accarer, von xdpa
SS confronter, Igmrer (Staraos gnar^} findet sich
unter cwmoHre; cretie, mit cxcip, ord, ordw ca yet"
wandt, unter craie; decrepH (allerdings ein crux m-
terpretum) nebst a^ejjusculum unter crepe, Flor! Unter
cuhme der gneux, denn er ist reduä ä en demander
les reates. (Snete^. gehört zu qk^er {fue^er) italieo.
quesiare, und ist verwandt mit dem deutschen geizige
denn im Lettischen heifst geidziu noch: ich begehre.
Unter Curie (Curia, verwandt mit y6pog ^ und zu
reduciren auf xi^o (xelpa)^ schere, d. h. trenne,
scheide ab), steht Decurie (von decemy Za trennen
wnren Curer =s curare und eurer =s reinigen; letz-
teres ist eins mit ecurer (welches keinesweg^s ein compos.
ist) und unserm scheuern, engl, scour. Unter logie
(vom griech. Xoyog), löge, loger u. s. w. Louvoyer,
lavieren, unter loup ; Mite ,^ das deutsche Made,
Motte, steht unter Midas, weil dies die grieeh* Form
desselben Wortes ist. Das griechische aber samrot dem
deutschen und französischen läfst sich reducieren auf
das alte Zeitwort maten z=: zernagen. Parvis ferner
und parc stehen unter paradia; unter poule, Henoe,
unterwandern pulluler, imUBsm, potM (unser fett),
pulpe. Unter trabe das Zeitwort eetraper, das zu
straff, streif, gehört Unter trois z.B. tris (von
frans, wie trepas aus transpassus^y tr csser (andere
Form für dresser)^ und um unter den unzähligen Mifs-
griffen nur noch einige zu bemerken , unter temr : ap-
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1
und Oeyhle, Frans. - DtuUclie« Wörterbactu tfS
partement (von pars)^ coniigu (zu tago^ tango, tigojj
iestmer (vom ob§ol. almo), reticence (von tacere).
WeoD ouD über diese beiden Bücher schiiefeüch *
mh ein bestimmtee Urtfaeil aufzusprechen ist, so läfst
sich dem Ro q u efort'schen , seiner, obwohl sehr oft
irrigen et^ molog-ischen Erörterung weg^en , ein wenn gleich
Mhr zweideutiger Werth oicht ganz absprechen, nicht
gmchnet manche historische Notizen,*) deren Ausfuhr-
lidikeit jedoch zum Theile im MirsrelrhäUnisse mit der
Behandlung der ubrigea steht. Dagegen Hirüftte ich dem
Üejhl ersehen Auszuge, ein Dutzend Berichtigungen
etwa abgerechnet, kaum irgend eine Seite abzugewinnen
es mufste denn der der Wohlfeilheit seyn (da er nur
XL rhein. kostet), von der es empfohlen werden könnte,
ka Gegeniheile sind wir im Interesse der Jagend und ^
«iner gedeihlichen , d. h. vernünftigen Heranbildung der-
selben durch Sprachen, selbst durch neuere, genöthigt,
eia förmliches Anathema über dieses ganz «verunglückte
Werk aosansprechen, und den Hrn. Verf. aufzufordern |
vorerst selbst gründlichere Stadien auf dem Sprachge*
bisle so' machen, die er es versucht, Andere darauf zu
führen; da ein Wörterbuch der französischen Sprache,
selbst nur in dem Umfange, wie Hr. 1). ihn sich steckte,
allerdings sehr grofse, und nach des Hef. Ansicht selbst
fiillme Schwierigkeiten hat, als ein ähnliches der gri&-
cUsehen oder lateinischen Sprache. Der Uaterzeicbaete,
die verehrten Leser um Verzeihung bittend, wenn er ihre
Geduld hie und da vielleicht allzusehr in Anspruch nahm,
schliefst mit der Bemerkung, dafs er sich erlauben wird,
seine Ansichten über die Art und Weise, ein solches Buch ,
Air den Schulunterricht nützlich zu machen, dem Ur-
^Ule des golehrlen Publikums in dieser Zeitschrift bei
Wer 'andern Gelegenheit vorzulegen.
Karlsruhe, den 20. Mai 1833.
^ Di. E. Kär eher.
*) Aach manche witiige Bemerlcnitg, wie s. B. bei dem Worte Sbr-
honne, we et heilet: faetUti oü Von dispute depuia prcs de six
emU ans, Sana avotr rien condui äocUwra Ut cotnpofCf&t et
pd $oni loin d'avoir tout dit.
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IM Mm, HimUbiMh ier pnfcl&ielMii PUlowidüt, Sier Theit.
Httudbuek d0r prakiitektn PkUotophie odtr der philoMo^
phiaehen Zweklekre. ZwtUer ThtU» Die Btligioniphi'
lo$ophie oder die Welt9Weeklehre* Odert Bandhuch der
Religienephiloeephie und pkitoeephieehen Jeethetik»
Von J. Fr. Friee. Heidelbergs hei Ob*. A-. fFinter, 1882. XH«.
Schoo längst hätte eine Anzeige Ton diesem wichtigen
Werke hier erscheinen sollen: aber zufällige Hindernisse
verzögerten die Ausführung dieses Vorhaben«;. Der Veri.
liefert nämlich damit, wie auch der Titel angiebt, dea
zweiten Theil seiner praktischen Philosophie, deren erster
die Ethik enthält, yon der aber bis jetzt nur die erste
Äbthf iliiiig , nämlich die SiUenlehre, erschienen ist, so
dafs au der vollständigen Darstellung des ganzen Systems
dieses verdienstvollen Denkers nur noch die 2te Abth. des
Isten Theiles der praktischen Philosophie, der die phito-
sophtsche Rechts- und Staatslehre enthalten wird, fehlt;
Indessen haben wir über diese Wissenschaften schon früher
abgesonderte Darstellungen erhalten. (Philos. Rechtslehre.
Jena 1804. und : Vom deutschen Bund und deutscher
Staatsverfassung. 2te Ausg. Heidelberg 1832«)
Was non die hier vorliegende Darstellung der Reh*
gionsphilosophie und Aesthetik betriflRt, so beseichoel dinr
Verf. gleich im Voraus die Eigeiithümlichkeiten derselben
in der Einleitung durch folgende drei Punkte: 1) Verei-
nigung der Philosophie der lEieligion mit der philosophi^
sehen Aesthetik, 2) Erhebung des Glaubens Ober das
Wissen^ Darstellung der Religionsphilosophie, nicht als
höchstes Wissen , sondern vielmehr als Philosophie voa
dem Glauben und dem Gefühl, 3) Nicht blos Aussprechen
dieses Glaubens oder dieses Gefühls, sondern auch wis-
senschaftliche Rechtfertigung derselben durch Deduction
aus der Theorie der Vernunft. Damit ist denn auch ailet«^
dings eine sehr bedeutende EigenthfimlicAkeit dieser Re*
ligionsphilosophie bezeichnet, durch die me sieh vod den *
meisten jetzt herrschenden religionsphilosophischen An-
sichten wesentlich unterscheidet und mit einer Menge ifl
der Theologie und Philosophie geltenden Vorurtheiien in
Widerspruch tritt.
(Die Forteetmung felgt.)
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m 45. HEIDELB. JAHRB. u. LITERATUR. 183a
Frie9, Hmdbuek der pttdäkehenPhäoäcphie, SrTA.
Keine von deo theologischen Partheien unseres
protestautischen Deutschlands wird mit dieser ßehand*
lungsweise der Religionsphilosophie sufriedeii seya^ ob-»
gleich eiae jede doch wieder manche ihr sasagende
BlenieiiCe finden wird. Der RationaHsmus, insdmer
gewöhulichen Gestalt , wird , wenn er auch in dem Stand-
punkt der Relig;ionsphilosoplite selbst, nämlich in dem
lies durchaus seibststäudigen Denkens und Strebens nach
eigener Ueberzengung, immer einen Anklang finden
wird, doch gerade an den HauptsStzen, worauf diese
BeHgionsphilosophie gegründet ist, der Erhebung dea
Glaubens über das Wissen, und eben so an der Be-
gröndung der Religion auf Gefühl, so wie an der nur
iithetischen Entwickelung der religiösen Ideen « leicht
Analofs nehmen; denn ihm gilt der Glaube häufig nur
eine niedere religiöse Erkenntaifsweise, die in ein
Wissen verwandelt oder zu einem Wissen erhoben wer-
den soll 5 oder er will doch den Glauben erst noch auf
(iründe und Beweise stutzen, und seinen Inhalt in einem
i^oUatändigen YerstSndig vermittelten System von Dogmen -
dantelieo.^ Gefiihl und ästhetische Auffassung gilt man-
chen einseitigen Rationalisten als Zeichfm der Schwär-
merei und des Mysticismus. Eben «leswegen aber wird
sich durch diese Ansichten vom Glauben und Gefiihl der
Mysticismus und Supernaturalismus zn dieser
Baligionsphilosophie hingezogen fählen. Der Snperna-^
taralismns wird sich der Beschränkung des Wissens auf
das Irdische und der Erhebung des Glaubens Über das
Wissen erfreuen , indem er den freien Vernunttglaubea
Friess in seinen blinden Autoritätsglauben umwandelt;
«ber auch abgesehen davon, dafs er, sobald er diesen
seinen Irrthum rDcksichtUcb des Glanbens bemefkt^ sich
XXVI. Jahrg. 7. Heft. 45 .
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7W Fries, Handbuch der praktischen Philosophie, 2ter Thefl.
mit diesem piötzlich auf den Boden des entschiedensten
Raiiooalismus versetzt seheo wird, mufs auch ihm, wie
dem eiD8eill(|;en'^RallonaU6ina8, die Dor äethetiicb-sym*'
bolische Bedeutung^ aller Bogmen dorchane zowider sejro,
denn in den filogmen glaubt ja der Sopernaturalismus den
verständig ausgesprochenen Inhalt der geoflfenbarten re-
ligiösen Wahrheit zu haben, ihm müssen also die Dogmen
durchaus ganz eigentliche Bedeutung haben. Und yitüu
der Mysticismue eich vieUeichl hauptsächlich gero aa
Aid Ableitung der Retlgioii aus dem Gefühl tind an die
philosophische Rechtfertigung der Ahndung als religiöse
TJeberzeu*;ui)gsweise anschliefst, da er in diesem GetTihl
und dieser Ahndung eine dunlile, geheimnifsvoile Quelle
Seioer höheren ioneren Offenbarungen, Visipnen, Erfah-
rangen und eine psychologische Bezeichnung fttr sein
inneres Ocht zu haben wihnt, so mnlb er sich doch
auch bald wieder davon abwenden, wenn er findet , dafs
dieses Fries'sche Gefilhl iu seiner näheren Erklärung
keine einzige dieser Erwartungen erf&iit, und er muk
Sogar eine feindliche Stellang dagegien annehmen , vrem
er sieht, ^e diese Ahndung nur eine ästhetisch -^sym-
bolische Bedeutung hat, mithin sein Anspruch au ein
unmittelbares Schauen Gottes, ein unmittelbares Verneh-
ifien der ewigen Wahrheit selbst , ein empirisches Ver-
hältnifs des Menschen zu dem göttlichen Seyn, als etwas
ganv Unmögliches entschieden abgewiesen wfard. Aber
ungeachtet dieses theilweise günstigen und theilwebe
wieder ungünstigen Verhältnisses tier religionsphilosophi-
schen Artsicht von Fries zu unseren theologischen Pär-
theien, ist sie doch von nichts mehr entfernt, als von
einem schwankenden and schwächlichen Streben nach
blofeer Vermittlung, and Verdeckung der Gegensätze,
und Von dtr Begünstigung eines principlosen , flachen
theologischen Justr-rnUieu, das, mit Hülfe künstlicher
dialektischer Spiele und gezwungener allegorischer Deu-
tungen , die Versöhnung zwischen historischer Tradition
lind freiem Benken, tswischen positiver, kltkirchlicher
Dogmatik und Philosophie bewerkstelligt zu haben siish
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rühmt, und, ausgerüstet mit halber philosophischer Bil-
dung und halber historisch- philologischer Gelehrsamkeit
sich so voroehm breit mache. Vielmehr ist die Grund-
msichl dieser Reiif ionq^iiosaphie in ihrem tiefeten In-
flttii ein vdUig entflchiedeoer Rationalismiis, waon
■ü damaier nur im All|;emeinen den Grundsatz des
freien Denkens, und nicht eine besondere Art, diesen
anzuwenden oder einen besonderen Inhalt der religiösen
Lehre versteht Dieser Grundsatz des Rationalismus ist
ebea deria se entschieden eathaiten, dafii hier die reli-
giösa UiAerceugung rein auf den Glauben ^egrflnddt
ist, denn dieser Glaube ist der reinste Ausspruch der
Selbstständigkeit der menschlichen Vernunft, er macht
ach ganz rein durch das Selbstvertrauen der Vernunft ^
darch freie Erhebung der Vernunft ftber ilire sinnliche Be«
lehrSoktbeit geltend. Am häufigsten wird die Friesische
IM^ionsansicht wohl darin verkannt, daft sie f&r eine
Gefühls religion gehalten wird^ sowie man über die
Friesische Philosophie überhaupt oft das oberflächliche
Urtheil vernioimt, sie sey eine GeCählsphilosophie. Dies
itt in einem gewissen Sinne wohl wahri nur nicht in
dm, worin man diese Ansdr&cice gewdhnlich nlmmi,
difs sie der Reflexioiis- oder der Vcrstaiidesphilosophie
eot|;egensteht ; denn auch dies ist die Fries'sche Phi-
losophie in vollem Sinne, ihr Phiiosophiren ist Heflectiren,
uod> es gtebt keine andere wisseaschafitüche Erkenntnib
Ar sie, als eine reflectirte^ mithin auch keine wissen-
ickaftliche religiöse Ueberzeugung , als eine rellectirte,
selbst der Glaube ist reflectirte Ueberzeuguug. Das Mifs-
versiändnifs hat seinen Grund hauptsächlich darin, dafs
^as Verhäitnifs der natürlichen Ansicht des Wissens zu
dw idealen Ansicht des Glaubens hänfig nicht richtig
«kaant wird, woraus die fabche Anmafsung der Re-
flexion entsteht, dafs alle religiöse Ueberzeugung durch
Begriffsbestimmung und Reweis gewonnen und gesichert
Werden müsse. Die richtige Ansicht der hirhebung des
GHaubens fiblsr daa Wissen fordert hier nur eine Wissel*
üfaaft Ton dem Ofamben, nieht eine Wiaseqaehaft des
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19 FHei, Uainftlracli der priOttiieliep FbilotOflrfet fiter TMl.
Glaubens, d.h. eine ivisdeiMchaftliohe Dedvctioa von
dein Rechte und dem reinen Gehalte des Glaubens, aber
nicht eine Verwandlung des Glaubens in das Wissen. Was
die Entwickelung des Inhalts des Glaubens betrifft, so
atehl Fries io dieser Hinsicht eben durch seine nur
Ästhetische Darstellung der Ideen auf dem freieeteu ratio-
naien Standpunkt, weil hiernach alle Dogmen nur ästhe-
tisch-symbolische Bedeutung haben, mithin eine über-
natürliche Mittheiiung der ewigen Wahrheit in bestimm-
ten, begrifFsmäfsig ausgesprochenen Lehren, der Natur
d^r menschlichen religiösen Ueberseugungsweise gant
BSwiderlSuft, und jede positive ReligtoRsform nur als
Symbol des Einen , unaussprechlichen Glaubens gilt
Damit steht der Verf. freilich so ganz über der jetzt
geltenden Auffassungsweise religiöser Angelegenheiten,
ifideni man sich durchaus nicht von dem Vorortheil bs«-
relbeii kann , in einem nach bestimmten Begriflbn darge*
stellten System von Dogmen oder religiösen Lehrsätzen,
sey es, ans einer angeblichen Oflfenbarung oder aus der
Vernunft eine aiigemeio gültige wissenschaftliche Dar-
stellung der ewigen Wahrheit zu gewinnen, dafs er flr
ndthig hält, gleich in der Vorrede sich dagegen zu ver*
wahren, dafs er „nicht vor das Gericht der bestehenden
Institutioneu g^ezogen werde, so wenig auch er auf der
andern Seite sich anmafse, fijr Ort und Zeit nach seinen
aligemeinen Ansichten zu entscheiden , was nur durch
Geschichtskunde und Kenntnifs der wirklichen Dingfrim
Lieben benrtheilt werden d&rfe.**
• Doch nicht geringeren Widerspruch wird die Fries*^
sehe Religionsphilosophie von Seiten der herrschenden
Ansichten in dem Gebiete der Philosophie selbst zu
erfahren haben. Die aufserordentlich verschiedenartigen
Richtungen der Religionsphilosophie unserer Zeit, mdchr
teh sich etwa auf folgende drei Hanptrichtungen euriick-»
bringen lassen; die Kantisch c, die Jacobi'sche
und die Schelling-Hegci sche oder naturphilo-
sophische: die erstere gründet sich hauptsächlich auf
Reflexion und logisch demonstrative Methode, diasweite
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warn, UaMHuuk 4er prakllMlm PbllMO[^i«, 2lar TMl. «•
henift mch auf Gefühl, Glaube, unmittelbare Vernunft ,
die dritte auf transcendentale Speculaliou, intellectuelle
Anschauiing^ oder Dialektik. Unter diesen nun steht
Fries soHobl historisch, der Entstehung seiner Lehre
mdi, als auch in vieler Hinsicht der Methode nach»
lAnitch in Hinsicht der kritisch -anthropologischen Ma«
Aede, der ersten Classe am nächsten. Fries nennt
sich selbst überall einen Schüler Kants, denn er ver-
schmäht den Kitzel, durchaus originell zu seyn, keinen-
Lehrer zu haben, sondern selbst nur Meister zu sejrn.
la der Beligionsphilosophie aber hat er sich in wesent«»
ichen Pnnktfo von den eigentlicK Kan tischen Lehren
bsg^esagt. Vorzüglich darin, dafs er die Religion nicht
mehr einseitig auf die moralischen Grnndüberzeugungen
der praktischen Vernunft stutzte y sondern ihr uumittelhar
iadermenschlichen Vernunft ihren Grund anwies, indem '
er eistUch neben dem praktischen Glauben einen gldch
Boariltelbaren speculativen Glauben nachwies, und da*
dorch den oft getadelten Zwiespalt der Ka n tischen Lehre
zwischen <ler gänzlichen Erniedrigung der theoretischea
Bad der Erhebung der praktischen Vernunft aufhob;
zweiteiM, indem er den praktischen Glauben selbst nicht
Mos ab moralische, sondern auch zugleich als reltgidse
Ueberzeugung auffafste, so dafs nämlich die Eine Idee
des absoluten Zweckes einmal als natürliches Zweckgesetz,
ethische^ und dann als ideales Zweckgesetz, religiöse
Bedeutung erhält Eine zweite!, noch wichtigere Unter-
nheidttttg der Friesischen Lehre* von der Kanlischen
ht die, daft Fries sich vollständig von der logisch de-
monstrativen Methode frei gemacht hat und alle Beweise
fär die religiöse Ueberzeugung durchaus abweist. Zwar
hatte ^dafär Kant schon den richtigen Weg gezeigt,
lodern er die Unfähigkeit der Vernunft zur Erkenntnifs
des Ewigen nachwies , hauptsächlich aber 4^r€h die
Mare Unterscheidung zwischen Erscheinung und Sejn
^^'1 sich. Aber er verlor das richtige Ziel wieder aus den
Äugen, indem er zwar die Nichtigkeit aller theoretischen
Beweise für das Daseya Gottiss und die UasterblicbkeU
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tiO. FUmV Hiii4biich d«^ praktiiclMit Philoiopiii«« Stejr Thell.
der Seele nowidenprechlich darthat, daoti aber aeiiw
eigene religiöse Ueberzeugnng doch wieder in der Form
von Beweisen, nämlich aus moralischen Postulaten, recht-
fertigte^ Fries gründete dagegen die religiöse Ueber*
Beugung gaos rein auf die nnmittelbare Verauoftttber-
sengttDg des Glaubens, der Ober dem Wissen steht,
keiner Begrilndting durch Beweise bedarf und fUiig ist,
und vollendete dadurch den transcendentalen Idealismus,
den Kant nur unvollständig angedeutet hatte.
Mit dieser Ueberzeugungsweise des Glaubeos nähert
rieh Fries ,der Jakobi'schen Ansicht Jakobi war
es, der suenit der damals herrschenden fcbehen demoa-
strativen Methode und dem Vorurtheile für die Allgewalt
der Beweise entgegentrat, und einen Glauben und ein
GefiUii als letzte unmittelbare Ueberzeugung forderte.
Darin nun harmonirt allerdings Fries mit Jakobi, und
es ist bekannt, daft man ihu deshalb eines Synkrelisäuis
«wischen Kant und Jakob! b^chuldigt hat. Daflidiese .
Beschultlig;ung grundlos ist, erg-iebt sich aus den bedeu-
tenden Abweichungen der Fries'schen Ansicht von dem
Glauben von der Jakobi 'sehen. Diese bestehen darin,
dafs erstlich Jakobi unter dem Glauben Jede umnittel* >
bare Ueberzeugnng überhaupt versteht, also a«eh die
sinnliche, daher er Ihn als gleichbedeutend mit der An-
schauung nimmt; Fries dagegen nur die unmittelbare Ver-
nunftüberzeugung darunter versteht und ihn daher auf
das Bestimmteste von der Anschauuilg unterscheidet
Femer was dieses Glaliben als unmittelbare Vernunft^
Überzeugung selbst betriffl, so erhebt sich Pries darin
weseotlich über Jakobi, dafs dieser den Glauben nur
schlechthin als Behauptung ausspricht, ohne för die Gül-
tigkeit dieser Ueberzeugungsweise irgend eine wissen^
schafttiche Rechtfertigang zu geben, Fries dagegen
liefeK eine vollständige Deduction aus der Theorie der
Vernunft, dafs der menschlichen Erkenntnifs dieser Glanbe
notliwendig inwohne, dafs er einen ursprünglichen Be-*
stanfdtheil der menschlichen Veronnilt ausmachOr Dann
aber erhält auch in der Anwendung derCHanbe due ganz
/
9
*
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Fri^ H^adbudi der jiraLtisclicn riiilofoyhie, Z^ir Tlie|^* ''U
andere Becleuiung bei Fries als b^i Jalcobi. Nticlf
ihin borubl dieStiniießerkenaliiiri^ eben so gut auf Glaob^
«Is dia r«iiie VerDunrierkeoDloirs: die Sioownfchmiuaf
hai abo dieselbe objektive Gültigkeit als die Vernunft*
erkeiiiiluifs , die Sinnenwelt oder die Natur und da«»
Uebersifuilirhe oder Göttliche stehen als zwei verschie-
dene Healitäten neben einander, oluie eine möglich«
wissep^pbaftUcbe Einheit beider, Hi^r läuft also di0
WeltAuaicht auf eiueo rohen objektiven Dualismus bipiaus*^
Bei Fries hingegen ist die Sinne^anschauung nur die
menschlich beschränkte Erkeniituli^weibe, die daher zwar
auch objektive GiUtigkeit hat darin, dafs wir wirkliches
S^yn darin erkenneni aber nur eine eubjektiv beschränkte
oljektivo Gültigkeit, so dafs sie uns nur die Oiiige 7eigl|
vis sie liQS erscheinen , nicht wie sie au sich sind. Der '
Glftube hingegen ist die Anerkennung eines Sej^ns aa
sich, eines unbeschränkten vollendeten Se^ns, der aus
4^ reinen Vertrauen der Vernunft auf sich selbst ent*
springt. $Q atebeo 8imieaw«|t find Ueit^rrinoUcbes ^Is
Eia aad dasselbe 8eyo da, das üos our in der ersterun
subjektiv beschränkt erscheint, im Glauben als lieber-
sinnliches seinem Se^n an sich oder seinem vollendeten
Se^^n nüch gedacht wird. Der Dualismus ist so durch
d^Q transcendentaien Idealismus aufgehoben. Endlich
bli Jfk^hi giU der Glaube al« ^ue objektive ErkeuPt*-
DlGi des Ewigen , Göttlichen^ er ist eine unmittelbare An-
schauung des Pivvigen, hat also eine realistische Bedeu-
tung; hiergegen fafst Fries den Glauben durchaus nur
idfillüistisch, er enthält keine hphere, iatelieciueüe Jbir-
kwulAiä des Göttlichen selbst, sood^rp nur eine ideale
Ifterkanoung desselben, eine subjektive Nothwendigkeit^
^oa einem Seyn an sich, frei von den Schranken des
Endlicheu oder Sinnlichen. Der Friesische Glaube ist
^ kein unniitteibares Bewufstseyn von dem Ewigen und
Gattlichen, wie manocheSchiUer Jakobi's (Clodi|is)
% reUgiöae Ui^erseugung als ein solches fßßBßn , son-
dern in das Bewufstseyn kömmt er uns nur mittelbar
4inch B.elljB;;uon, imd^war nur in negativer Forifi, dua^h
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tlS Flies f Uandbucb der prakUsclien Fbiiofopliie , 2ter TlieiL
Va*neinaiig der Schranken der Endlichkeit. In der J««
kobi 'sehen Schule wird das Ewige und GdUiiche ge*
wohnlich als das letzte Glied in der Reihe des endKchen
Daseyns f!;edacht, die Freiheit als unbedingter Anfang
des Bedingten; nach Fries dagegen steht das Ewige
gjins Ober dieser Reihe des Endlichen und Bedingten,
es steht mit diesem in gar keinem natürlichen Zusan^- :
menhang , sondern beide sind nur subjektiv verschiedene
Ansichten des Einen Seyns. Zu dem Ewigen kommen
wir nicht durch Vollendung des Endlichen (dies ist und '
bleibt unvoliendbar), sondern dnrch Verneinveg der
Schranken der Endlichkeit ^
Am meisten steht der Verf. in Widerspruch mit der
Identitätsphilosophie, da hier schon in der Me-
thode zu philosophiren überliaupt, in der ersten Richtung
des Denkens der Widerstreit e wischen dogmatisch -spe-
cuhtivet-ttttd kritischer Philosophie stattfindet. Manche
■ Berührungspunkte zwar giebt es doch auch hier, wie
z. B. die Erhebung einer höheren Weltansicht der Ver-
nunft über die niedere des refiectif enden Verstandes ^
und die in *ider Schellingischen Schale gdtende
isthetische Auffassung des Religiösen. Allein noch diese
Berührungspunkte verschwinden wieder bei näherer Be-
trachtung. Denn jener höhere Standpunkt über dem end-
lichen Verstand soll dort selbst wieder ein höheres Wisseiiy
eine specnlative Brkenntnifs von dem Absoluten seyPt QQ^
jene ästhetische Ansieht der Schellingischen Schale
, wird als unmittelbare, intellectuelle Anscliauung des Ab-
soluten gefafst, die also doch wieder dem Wissen zufällt
Fries hingegen 9 nach seiner Ansicht des transceoden-
talen Idealismus, verwirft durchaus jedes Wissen von de«
Efwigen oder Absoluten , jede Wissenschaft aus Ideaui
sey diese auf intellectuelle Anschauung gegründet, WI6
bei Schell in g, oder auf transcendente Speculation,
dialektische Bewegung des reinen Denkens 9 wie bei
HegeL Ihm gilt als ideale Weltansicht von dem Ab«*
«oluteh nur eine Anerkennung desselben im Glauben ^ der
Uber dem Wibsen steht , in besUmmtea Begriffen uioM
■
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MFg^esprochen werden kann, und keinen andern urissen*
ßchaftlicheri Ausspruch zuläfst als einen negativen, in
srhrankenverneinenclen Ideen. Einen positiven Ausspruch
der Ideen giebt es nur für das Gefühl, die Ahnditn]g^,
deren Ausspruche jedoch aar ästhetische ond tymlMi-
Ibcbe Bedeutung haben, nur als Bild des Ewigen, nicht
als (las Ewige selbst. So unterscheidet der Verf. auf
das Bestimmteste die reine ideale Weltansieht von den
mystischen Philospphemen jener Schule, welche, die
leeren Formen der Einheit der Vernunft für das Wesen
der Dinge haltend ,^ die Ideen selbst hypostasiren. Damit
hingt endlich die Differenz zwischen Fries und der na-
tnrphilosophischen Religionsphilosophie zusammen, dafs
diese letztere nie von dem Pantheismus loskommen kann,
dem die kritische Philosophie einen festen Theismus ent-
gegenstellt. Die mystische Abstraction, die Verwechs*
long des Allgemeinen , des Begriffs, mit dem Wesen ist-
es, die Gott für das Wesen, die Substanz der Welt hält,
statt ihn über die Welt zu erheben als den Grund der
Welt Die leere Abstraction des All wird hypostasirt
nm Wesen alles Daseyns. Aber nicht durch Znsammen*
fassen alles Endlichen kommen wir zu der Idee des
Ewigen , sondern durch Negation der Schranken der
£adiichkeit, also nicht das Äff aller beschränkten Reali*
täten ist die nnbeschränkte Realität, sondern vielmehr
die Negation aller Beschränkung an den Realitäten ist
die absolute Realität , also eine Realität, die über allen
Beschränkungen der Weit steht, nicht eine Zusammeh-
fittsung derselben.
Diesen allgemeinen Bemerkungen f&gen wir eine
kne Ueberslcht des, Inf VerhältniPs su dem geringen
aafseren Umfange, äufserst reichhaltigen Inhalts dieses
Werkes bei.
In der Einleitung wird, nächst der schon ange«
gAenen Bea»ichnung der Eigenthttmliohkeit dieser Dar- '
sMIung (§. 1.), die Stellung der Religion^hllosophie
im S^htem der Philosophie erklärt (§.2 und 3.), wonach
HS (nicht zu der theoretischen, sondern) der prakti^
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floheo Philosi^lHe gehdri, UDd xwar hier als j^raklifloha
Ideealehre oder Lehre von dem SSweek der Welt nebea
der Ethik ais praktischen \aturlehre oder Lehre von dem
Zweck des meDSchlichen Lebens bteht. Nach einer vor-
läuügeu Gliederung des Ganzen unserer reügiöseo Ueber-
aeugungen aach den metaphysischen Kategorien {§»4.)|
wird die Aufgabe der ReligionsphiloMphie in ihrem Ver^
käliidre aar Aesthetik alher beelimmi (§. 5— T), dnreli
genauere Erläuterung der Begriffe vom Glauben, der
Religion und der Schönheit. Besondere Beachtung ver-
dient Iiier die Nach Weisung dais die Religkia
ihrem ps^ohelogiscben Ursprung, nach dem Heraen oder
dem LuetgeAhl gehört, aleo nicht, nach dem Vorartheil
vieler Rationalisten, ursprünglich ein Wissen ist. In so»
fern aber die Religion Gegenstand der Erkenntoils wird,
die Religion als Ueberzeugung, ist Glaube; im Lebeo
nad in der Gemeinschaft spricht eich die Religion in der
Ahndung ätthetiach als Sjmliol ane. Cbarakteriatiacb.iit
daHir der Sata (8. 0.): „die Geieteskraft der Religioa
liegt in der Fr ö ni4iiigkeit (dem Herzen), ihre Be-
rührung mit der Wissenschaft giebt siqh durch die Lehre
voni Glauben, ihre äufsere Gestaltung aber durch die
religiöse 8jmbolik'' (die unter der Idee derSehäo*
heit steht, mithin in dar 'Aesthetik ihre philosophiaßbc
Grundlage findet). — Das ganze Werk zerfällt in drei
Bücher: l) Glaubenslehre, 2) philosophische Aeetbei^^
d) die positiven Religionen.
Erstes Ruch: GJaubenslehre. Der Verf. bau*
delt hier zuerst (Abschn. 1.) von der religiösen
Ueberaeugung im Allgemeinen, und geht dabei
von der logischen Lehre von der Begründung
der Urtheile (Kap. 1.) aus. Die Aufgabe für die
religiöse Ueberzeugung ist nämlich die: etne wissesr
sehaftUche Rechtfertigang filr Behaupliingea au finden,
die, ohne sich auf Ansehauiingen bernfen ea kdnnsat
blüs in dem Innern der Vernunft ihren Grund haben. ;
Die Lösung dieser Aufgabe ist weder durch Deuionstration
(Naehwaisuag in der Aaschauung)) noch durch Beweis
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(hhMiung ans Prämissen), sondern mir durch De-
(iuction möglich, d. I. kritisch -anthropologische Nach*
Weisung aus der Theorie der Vernunft. Die Bedeutung
dieser eigenthOmlichen Begrfindnngsweite idealer lUbmr^
seugiingaii bt swar acfaea von Kant «BeiiianDt wordciii^
•berersi von Fries In ▼•Ilkommener Klarheit und Rieh»
tigkeit verstanden und an|S^ewendet worden. Die durch
diese Deduction gfewonnene r(?ligiöse IJeherzeug-un^s weise
ist der G 1 a u b e und die Ahndung, die über dem VV isaea
itehen. Zur näheren Verständigung dieser Begriffe tt»-
lancheidet der Verf« die logische Bedeutung vm
Wissen, Meinen und Glauben, wonach sich der
Glaube nur durch einen geringeren Grad der Gewifsheit
und das zur Entscheidung des Urtheils mitwirkende sub-
jektive Interesse Von dem Ufisien unterscheidet, von der
metaphysischen Bedertung derselben. Wissen ist hier
dis aaf Anschauung gegründete Ueberzeugung von 4om
SiooJichen oder Natürlichen, Glauben und Ahnden sind
Üeberzeugu Ilgen von dem Uebersinnlichen oder Ewigen.
Der Glaube ist ursprünglicher Vernunftglaubey oicbt
instorischer oderUeberliefernngsglanbe; er kann wissen-
fldiaftlieh nur negativ in Ideen ausge^sprochen werden,
■Ber positive Ausspruch derselben gehört der symboliscfe-
ästhetischen Ansicht der Ahndung. Der Glaube und die
Ahadsng deuten anf dem Menschen undurchdringliche
religiöse Geheimnisse hin, für die es keine höhere, na-
Midie #<ler ftbernatfiriiche Einsicht der Eingeweihten
gUi Bs gidkt keine fibernailirliche Offenbarung, keinen
Unterschied zwischen profaner uqd heiliger Geschichte;
positive Religion ist eben so natürlichen Ursprungs als
die natürliche, und unterscheidet sich nur von dieser
Asroh die «hirch historische Tradition und Gemeinschaft
Mrten BUdee und Symbole.
Im 2ten Kapitel: „Allgemeine metaphysische
Lehre von der religiösen Ueberzeugung," wird
die Deduction der religiösen Ueberzeugung selbst aus-
gefiahrt; hier treffen wir also auf den Mittelpunkt des
•%stems 4*» traoscendeotalen idesiisanis uml db Gmad-
^ der ReligMispUlesoplile. Der Ver£ konnte sich
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flu Ffkt, HtiidbMfc 4er piaktiielMa PbilOMypIue» 2lBr TMt
ifi€l«s6en mit Recht auf die ToHständlgereo Ainfthning^eo
dieser Deduction in seiner Kritik der Vernunft und dem
System der Metaphj^sik berufen (auf die wir deshalb
ebeDfalit) den Leser yerweiseo) , und durfte sich hier nur
mit HerTorhebung der wichtigsten Punkte, auf die es
ifaibei ankömmt, begnfl^en. Der Verf. geht von dem
aae der Kanti sehen Lehre bekannten Unterschied zwi^
achen der endlichen Wahilult der Erscheinung und der
ewigen Wahrheit des Seyn an sich aus. Um dies Ver-
hättnifs näher zu entwickeln, spricht er im Besonderen
1) van der Beschränktheit der sinnlich- bedingten fir^
kenntnifsweise des Wissens, welcher wesentlich die Form
der Unvollendbarkeit und Wesen losigk ei t anklebt (wofür
aber, zum Schutze gegen lien Skepticismus, neben dem
Grundsatz der Beschränktheit der menschlichen Vernunft,
immer auch der Grundsatz des Selbstvertrauens der Ver-
MRftfestsahalteDist, der, über die sinnlichcD Schraakea
hinaus , anf ein davon nnabhSngiges Seyn an sich hinibe^*
deutet). 2) Von dem negativen Ursprung der Ideen,
welche nach den 4 Kategorien entwickelt werden (wobei
flarauf zu achten ist, dafs die , Negation nur den Aas-
sprach das Glaubens in wissenschaftlicher Porni triffi^
während der Glaube selbst die erste affirmative Uebei^
Zeugung ist, und dafs die Negation nur die Schrankea
der Endlichkeit trifft, welche selbst Verneinungen siüd,
so dafs also die doppelte Negation doch die affirmative
Bedeutung der Ideen wieder herstellt); 3) von derSelbst-
stindigkeit des Geistes : nach der Negation alier Sdirankea
der Endlichkeit , d. i. aller mathematischen Bestimranogen
von Kaum und Zeit; bleibt nämlich von der Körperwelt
nichts, diese hat also kein Seyn an sich , es bleibt aber
das ich, der Geist, da dieser nicht blos mathematisch
bestimmt ist, in ihm also behalten wir einen Gegenstaod
Ülr das Sayn an sich. Ais dieser Jlednction treten daon
als oberste Kriterien unserer idealen Ueberzeugung drei
Grund^tze heraus: 1) das Princip der Beschränkung d^
Wissens fSr die Idee: die Sinnenwelt unter Naturge-
setaen ist nur Erscheinung, 2) das Princip 'des Glaa-
bcBs: dieser Brscbeianng liegi derINnge waliraa Wsssn
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1
Friet, Htndbuch der praktitchen Pkildtophie, Stor TMl. III
zu Grande, 3) das Princip der Ahndung: die Sinnen«
\ weit ist eine Erscheinung der Dinge an sich. Hiernach
werdeD eodiich noch die Philfisopheme von dein Mate«*
rialismiis, Spiritualiamus und Dualiamua, «od
i fiodein Fatallsmna und Theismus benrtheill, und .'
; das letztere gereclitfertigt. — Damit ist jedoch nur die
; speculaüve Grundlage des religiösen Glaubens gegeben;
dieser erhält jedoch seine praktische und mithin erst
( entlieh ^ reiigidse BedeotUDg durch die Kap. 3. ent*
i «kkehe Idee vem Zweck der Welt, oach welcher
Religionsphilosophie als Weltzwecklehre zu behan-
deln ist. Der Grundgedanke von der Selbstständigkeit
'. des Geistes führt zu den sittlichen Zweckgesetzen , diese,
I ata flothwendige Zweckgesetze, gelten zugleich als Zweck-
' gvelie der Welt, und lassen diese ab Reich der Zwecke
I tiefkeanen , ««ni Grundsats .der besten Welt eatwickein.
I So erhält auch hier die religiöse Ueberzeugung aus der
Sittlichen ihren Gehalt und ihre Farbe, doch nicht auf
dem Wege des Beweises , durch sogenannte moralische
I PMtiiiste, sondern nur durch Nachweisung des gleichen
Ursprungs der reUgidsen und sittlichen Ideen in den
Msehlichen €reiste.
Im 2ten Abschnitt folgt nun die „besondere
Betrachtung der Grundwahrheiten des Glau-
beos.'' Die GrudMahrheiten des Glaubeös können zwar
QU bildlich als ästhetische Weltbetraehtnng ausgespfo«
duB werden, aber doch nicht in beliebigen Bildern. Bs-
•Biteseo vielmehr abgewiesen werden 1) alle körperlichen
I Erstellungen von Gott, Seele u. s.w., 2) alle Bilder
I ^OQ Gluckseligkeit und irdischem Gelingen, 3) alle Bilder
'unmenschlicher Cresetsgebung , juristisch -politische 5
I ^' 4) nur in dem reinen siltlichen Leben darf diese
lidKge Dichtung ihre Bilder finden. Nur Pfiicht und
^e geben die reinen Grundgedanken der religiösen
Dichtung." (S. 92.) Aus allem Menschlichen ist uns
daher das allein würdige Bild (aber doch Bikl!) des
^oulichen die rsine Liebe, das Heilige u. Si w. . Diese*
^4uittngswelse der reügMssn Wahrhelten iit 1) nleht ^
'ttdi Beweise zu rechtfertigen, sondern nur in Erörte«
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118 Mm, HtndMi der pmktiiclwii Pliilamffaie, tür IWI.
Hingeo, und was von Kant, in Form Ton Bewmen fir
die Rechtfertigung der lielig^ionswahrheiten gegebea wor-
den ist, ist nur unrichtig in Ansehung der Form der
Beweise, meistens aber richtig in Aoedinog der Sadie
eeihef, aie blofee Erfirternng:. Gans zu Trrwerfen ist
aber 2) die falsche Dialeklik der neoplatönischeii Ideea*
lehre (der sich auch die neuere trausceotlentale SpcC»"
Lation bedient), die die allgemeinen Vorstellungen nicht
blos (wie sie sollte) lür analytische Hülfsmittel des den-
kenden Verstandes, sondern fftr synthetische BdLennt*
nisse wirklicher Gegenstände hält (die Abslraciionea hy**
postasirt), und deswegen in den abstracten Einbeitsfor^
men eine Erkenntnifs des ewigen Seyn selbst zu haben
wähnt (wie Fichte's moralische Weltordnung, Schel-
lings Absolutes, Hegels concreter Begriff ii. s. w.).
lieber Hegel sagt der Verf* in einer Aamerknog S* 99:
„Dasmf den Prenfsiscben Scholen verbreitete Heg e Tscke
Philosophem, das düngte: und geschmackloseste unter
allen, die in der Kanti. sehen Schule Beifall faiulen,
gestaltet sich in der grofsten Härte unter diesem Fehler.
Von der Körper weit weifs man' da nur, dafe es das An-
dersseyn des Einen, und von der Geisteswelt , dafs es
das Btosseyn des Anderen sey." * «
Die religiösdn Grundwahrheiten stellt der Verf. in
drei Ideen dar: Idee der Seele, der Freiheit,
der Gottheli) die aus den drei Kategorien der Rela*
lion des Wesens, der Ursache und der Wechsel wirkuog,
abgeleilei eind. . •
Kap. 1. Die Idee der Seele ist speculativ : Ewig-
keit unseres Wesens, praktische: höhere, ewige Be*
sttoiniang des Menschen. Der Ewigkeit unseres Wesen!?
.werden wir uns bewnfet, indem wir ein Glauben nur als
Petson, als Geint anerkennen. Damit wird die pantbci-
elische Abstractbnswelse verworfen^ wonach die Persin-*
lichkeit als Einzelheit nicht durch sich selbst besteht,
sondern erst durch den Körper gebildet wird, also mli
der Vernichtung des Körpers (im Tode) auch wieder
aufgehoben und in die Einheit des All wieder aufgelöst
wird. Aaf der «ndern Seite aber wird nach die Ansiohl
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Frtet, Handbucli der praktiichen Philosopiiie , 2ter Xlieil. 719
•
des getnelneQ Lebens, die die Idee der Ewigkeit als ein
0aspyn durch alle Zeit, als ein künftiges Leben auffafst,
lifewiesen, denn die nvahre Idee der Swigkdt iit nicbl
dti Bneyn diireh alle Zeil , sondern vielmehr ein Sayn
tilier der Zeit Daher ist die Idee des ewigen Lebens
nicht ei/2:^'ntlicii als Unsterblichkeit , sondern vielmehr als
UnTerderblichkeit des Geistes zu fassen« Dämonologie
und Eschatologie sind nur Gegeostinde der tr&anienden
Hiantaeie. Ferner, die s.g. Beweise der UnaCerblichlMit
der Seele sind als solche ohne Gültigkeit, und haben nur
als Mittel der Belebung dieser Idee Bedeutung. Sie sind
theilsspeculative, und diese verwechsein die Einzehdieit
und Identität des Ich mit der Einfachheit derselben
(M. Mendelaeohn); (heiis prakiteche, ivetehe alier*
dings die bedeutendsten sind , aber ebenfalls nicht eigeni^
lieh als Beweise, sondern nur als Deduction der unauf-
löslichen psjehologiselif^n Verbundenheit der ethischen
Zweckideen von der persönlichen Würde mit der religiösen
von der Ewigkeit unseres Wesena and unserer Bestimmung.
Kap. 8. t<*reiheit des mensohlieheo Willens
iL I. w. Die Freiheit darf nur negativ, als Unabhlngigkeii
der Wirksamkeit von den Schranken der Natur, gefafst
werden. In dieser negativen Fassung wird leicht die so '
oß irrig beurtheilte Coilision der menschlichen Freiheit
mit der gdttliehen Alimacht vermieden« Denn die Unab^ .
hiiigigkeit von der Natur ist dicht absolate Unabhängige
keit, und ein erschaffenes Wesen , eine Wirkung der hÖ<A*
sten Ursache, kann doch frei seyn gegen die Natur. Zur
Qfiheren Bestimmung der Freiheit gegen die Natur ist
ferner sehr wichtig, die scharfe Unterscheidung cwischea
idteier und ps^Chole^iseher Freiheit , d. i. der psychisch
iMlagten Kraft der Willkohr. Diese Anstchl vm der
idealen Freiheit als einer gegen die Natur, auch die psy-
Aische, unbedingten Wirksamkeit, hat für die praktische
Bestimmung dieser Idee eine sehr wichtige Folge, ihre
pnktbche Bestimmung erhält nimlich die . Freiheit des
WMens in dem Gegensätze von gut nnd bda Hier folgt
Wm aus der idealen Freiheit des menschlichen Willena^
zugewandt auf praktische Beurtheilung des eodlicheu Le-
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m Frfet« Itoibtoii der pffalitiielMNi .PlitlflMiofliief 8fer Tb«il*
bens des Menschen, die Süntlhaftig^keit aller Mea-
schen, der ursprüngliche Hang des Men-
schen zum Bösen. So sehr auch (Ü^se Aosichit loit
der der meifiteo religids^freisinnigen streiten .mag, so mub
sie doch ah das unTeriHeidliche Ergebnifs der nnläugbar»
sten philosophischen Coosequenz zugestaoden werden.
Der gewöhnliche Einwurf dagegen, dafs die allgemeine
Schwäche und Mangelhaftigkeit alier endlichen Tugend
nicht Schuld ^ soodera noth wendige Folge der Eadlichkeü
sey, fällt ans dem Gesichtspunkte der idealen Freiheit in
Nichts zurück, da eben diese Schwäche aus dem idealen
Standpunkt der Unabhängigkeit von der Natur als freie
Tliat , mithin als Schuld za beurtheilen ist Dagegen aber
wird, auch diese reine Idee der menschlichen Sündhaftig*
keit von allen jenen abergläubischen Entstellungen ttod
JMifsdeu tu Ilgen derselben scharf gereinigt. So wird .sie
entschieden von dem Dogma von der Verdorbenheit de8
seitlichen Willens und dessen Unfähigkeit zum
Guten onterschieden als blos ideale Sfindbaftigkeiti
so wil d alle Unterstülzuiig des Willens durch Zaubermittel
religiöser Gebräuche und göttliche Gnade als abergläu-
bisch abgewiesen, so wird den religiösen Lehren vonSüQ'
denfall, Erbsünde, Bekehrung und Erlösung alle, wissen*-
ncliafUiche Wahrheit abgesprochen und nur bildliche Be-
deutung zugestanden. — Hiernach sind auch die Lehren
von der Gnaden wähl und Vorherbestimmung zu
beurtheilen* Es kömmt nämlich dafür hauptsächlich auf
die strenge Unterscheidung des idealen und natürKcbeo
Standpunktes an, von der dann die Unterscheidung der
religiösen und der sittlichen Beurtheilung dieses Verhält«
nisses abhängt Von dem religiös - idealen Standpunkt aus
gilt nämlich allerdings Gnadenwahl und Y<n*herbestim*
nmng , wenn man nimlieh die natürliche Causalnothwen-»
digkeit des psychischen Lebens ideal als Gnade und gött-
liche V orherbestiitimung deutet ; von dem sittlich - natür-
lichen Standpunkt aus hingegen gilt einzig die Idee der
Selbststöttdigkeit des Geistes , hier findet göttliche Kraft
Stellen
{0er B€9ehlu/9 folgt)
üigiiizeci by LiüO^lc
IC.IA HBiDBLa JAHRB. D. UTERATUa 1881,
•
■ , ' "" . ' t=sssssas=ssssasssssssssssssssmsssa^
Fries, Handbuch der praktiachenPhäosopIUe, 2rTlL
■
Kap. 3. Vom Glauben an Gott. Speculativ ent-
steht die Idee Gottes durch Negiiung der in der Kate-
gorie der Wechselwirkung liegenden Naturnothwendig^
keit Die Welt, als oichl bestimmt durch wechselseitige
Naturnoth wendigkeit, ist geschaffen, also bestimmt durch
Gott, die Ursache der Welt. Diese Hauptidee
wird dann nach den Verneinungen in den übrigen Kate»
goriea näher bestimmt; quantitativ als das einige, ein-
telne, einfache Wesen, qualitativ als absolute Realität^
nodalisch als nothwendigesDasejn. Dieses höchste Ideal
der Vernunft mufs gegen Einmischungen und Entstel-
Inng-en der Wissenschaft hauptsächlich dadurch gesicliert
werden, dafs der Theismus gegen alle panthei-
ftischeo Ansichten behauptet werden, d.h« dafs Gott
alsU rsach'e der Welt (also als Wesen über derWelt)^
nicht als Substanz der Welt (also Wesen iu der Welt)
aofje^efafst werde. So darf Gott der Qualität nach nicht
aJsAUheit der Dinge, als Inbegriff aller Realitäten, soim-
dern als unbeschränkte' Realität, als Negation aller Be-
aeKrSnkurigett der' Realität gedacht werden* Eben s»
mufs die Idee Gottes in den übrigen Kategorieu nicht
durch Ergänzung oder Vollendung, sondern durch Ne«-
gation aller Beschränkungen des Endlichen gebildet wer«*
dttL Für den Ausspruch der Idee Gottes ist allerdings
das Bildliche unvermeidlich, aber nur ein psychischer
ünthropomorphismus ist zulässig, durchaus verwerflich
siad alle mathematischen Bestimmungen aus der äufseren
Natur. Daher warnt der Verf. hauptsächlich gegen die
Vevnischuttgen der Gotteslehre mit der Naturlehre, wie
ik in der naturphilosophischen Mystik Jaa Böhmens
und Schellings vorkommen. Was die Beweise
XXVL Jahrg. 9. Heft« 46
üigiiized
1
m Frl^, Hanabiicli tftr piaktiicliea I%iloio|fMe, CtorTheil.
für das Dasejii Gottes betrifft, so zeigt der Verf. 1) rein
logisch <lie Tlnmo^lK Iikeit derselben, unci 2) prüli er
die gewühnliciiea Beweise metaphj^sisch , einestheils ihre
INichligkeil als Beweise, anderoiheils ihre theil weise
Wahrheil als Grdrtemngen der Idee Gottes auf weiseofl. —
Für den speculativen Ausspruch der Idee Gottes stellt
iler Verf. zwei Hauptgechiuken auf. Gott ist nämlich
1) Schöpfer und Erhalter der Welt, 2) Herr des Schick^
sals und Lenker der Vorsehung, Um diese V^orstelluogen
voaNaturbegriffeii freien halten, ist 1) die 8ch«pfang
nicht als ein Act in der Zeit zu denken, sondern als
eui^e Schöpfunjg;, aufser der Zeit, aber auch die Welt
darf man nicht als ewig neben Gott denken, und Gott
nur als ihren Ordner, sondern die Schöpfung aus Nichtö
ist hier der rein ideale Gedanke. Bei dieser Gelegenheit
erklirt sich der Verf. Ober die Wunder dahin, dafs sie
nur dtchteriscli gelten können, als Ahndungen des Gött-
lichen in den ürscbeinungen der Natur, eigentlich ^e-
nörnmen aber etwas ganz Undenkbares sind, weil ili^
Verounfl gar nicht das Vermiigen hat, etwas in der Nator
zu beobachten, was doch gegen die Naturgesetze wSre,
da diese Naturgesetze die (subjektiv) noth wendigen
Grundformen unserer Erkenntnifs , also die Bedingungen,
unter denen Beobachtung von Naturerscheinungen fi^r
mdgUch ist, und nicht objektiv gültige Gesetae des We-
sens der Dinge. 2) Die richtige, rein ideale Ansicht
von der Idee GoUes zu dem Schicksale ist die,
das Schicksal und dessen Nothvveodigkeit die subjektive
(modaliache) Nothwendigkeit der Naturgesetze ist: eben
diese aber ist für die Idee zu negireu , Gott- also steW
dber den» Schicksal. Dies gilt nicht allein gegen des
gemeinen Fatalismus, sondern auch gegen unsere neuel«
Natur- oder Identitätsphilosophie, die Gott einem
heree Gesetz (Schicksal) unterwirft und ihn durch d'^^^
Gesetz zwingt, sich so und so zu offenbaren, flieh selbst
lu setzen u. a w. (so euMeht der HegeTsche Ctott na^
den Gesetzen der dialektischen Bewegung des Dettksfli^
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Fbm, ütfiidhiuih innililiwlMii Plilldto|plii»« Ster Theit IM
Die Me« GiHtes «Is Leakers cl«tt SchiokMii mar« 0icli kh
sittliche OrcJnang aussprechen , deren Ileri Gott ist; aber
auch darin ist ein nur bihilicher Aiilhropomorphismus^
der voo dem Bilde «ines tneDSchlichen SUates berge-
mMnmeQ ist. ^ Oamii werden wir zu der praktischefe
Bedeiitin]g der Idee Gottes hinübergeffalirt, nseh wel*
eher Gott als Gesetzgeber, Beherrscher und Richter im
Reiche der Zwecke, in der sittlichen Ordnung der Dinge,
III deakea ist. Die reiae Grundidee darin ist aber die
Idee vom hdohsten Gate. Hier ist das subjektiv be*
ftiftunle höchste Gut , diis Sittliche^ die Tugend, strenger
zu unt€! scheiden , als es gewöhnlich geschehen ist von
objektiv, d. 1. religiös, nach dem Zweck der Welt be^
Mimmten. Femer sind aus dieser Idee des höchsten
Gutes als Zweck der Welt alle sinnlichen Elemente von «
GIlKckseligkeit ganz zu entfernen, und namentlich auch
die Kantische Ansicht von der Vertheilurig der Gliick-
selig^keit nach Würdigkeit. Objektiv läfst sich der Zweck ^
der Welt nicht wissenschaftlich erkennen, soiiderii es
, Uftt sich nur im Glauben rein ideal anerkennen, dalb ^
Welt, ihrem Seyn au sich nach, der Idee des höch-
rteö Gutes entspreche • — und darin liegt die höchste
religiöse Idee, die Idee von der besten Welt oder
<tsr Optimismus, unte^ dieser Idee aber giebt es nur
dtts isthtftische Unterordnung, nur in der Ahndung läßt
ti^ in den Erscheinungen der Natur und des Meiischen-
tebens die absolute Zweckmäfsigkeit wieder finden. So
bleibt als höchstes Geheimnifs in den Ideen der Welt-
tegierung die Zulassung des Bösen im Verhältiuls
«r Idee von der besten Welt stehen , das durch keine
fheodicee gelöst werden kann; und als derächt reli-
giöse Glaube an die Vorsehung gilt die reine Entsag-ung '
ftof alles irdische Glück bei voller Hingebung an die ,
ViMteherrschende ewige Liebe. Diesen Gedanken spricht
Aa folgende Stelle sehr schön aus, die den Schlufs der
Glaubenslehre ausnuicht (S.155.) : „Wir glauben an Vor-
sehung und allgütige göttliche Weitregieruog , deren
^iger^ Liebe wir uns treu tlnd demöthig unterwerfen. '
üigitizeci by LjüO^Ic
m Frifli, Handbiivh ileT prafciit«li«ii PhilMphfe, SterTbeil.
Aber wir suchen die Hdlfe dieser Idee nicht in dieser
Zeitliclikeit hoffend oder gai (lurch Gebete schmeichelnd,
sonciem im Glauben an ewig-e Wahrheit und ewige Selbst-
ständigkeit des Geistes, liraft deren uns die ewige Güte
Rechtfertigung und Heiligupg mdgUch halten wird. AIIm
kommt uns hier darauf an , gegen Opferdienste und Eak-
sündigungsgeb rauche nur den Gedanken an die ewigfe
Wahrheit festzuhalten. Dieser Glaube soll das Vertrauen
auf die ewige Liebe sej^n, welches dem Menschen in
Gottergebenlieit und Andacht leb^t. Nicht Vertröstungen
Uttf GIQck und Erdenfreuden sollen wir lehren, sondern
den einzig reinen Gottesgedanken der Erhebung d«
Geistes über alle Wechsel von Freude und Leid. Nur
dieser Glaube tröstet in der Zerstörung alles Erdenglilcks,
nur dieser Glaube hat den Tod fiberwunden*"*
Zweites Buch. Sqhönheitslebre. Um diese
Anzeige nicht zu sehr ^auszudehnen, sey von der Sclida-
heitslehre nur das etwas genauer betrachtet , was ssr
näheren Erörterung des Verhältnisses der Aesthetik W
der Religionsphiiosophie dient. Dafür kommt es zunächst
auf den Lnterschied zwischen logischen und ästhe-
tischen Ideen an. Bestimmte Erkenntnifs mufs Verei-
nigung Ton Begriff und Anschauung sejn: Idee ist die
Vorstellung dessen, was über die Grenzen dieser be-
stimmten Erkenntnifs hinaus liegt. Logische Ideeo
nun sind Begriffe, die über eine mögliche bestimmte
Anschauung hinansreichen, wo also dem Begriff der Fall
der Anwendung in der Anschauung fehlt, ästhetische
Ideen sind Anschauungen, die über bestimmte Begrifle
hinausreichen, wo also der Fall der Anwendung gegeben
ist ohne den bestimmten Begriff, worunter er gehört.
Die logischen Ideen gehören <lem Glauben, der Ghli-
benslehre, die ästhetischen Ideen der Ahndung ^
Aesthetik. Zur Schllnheit aber kommt es auf zweierlei
an: 1) auf die ästhetische Idee selbst, 2) auf die Form
derselben, wodurch sie schön oder erliabeu wird An
der Form der ästhetischen Ideen ist ferner, wie an den
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1
Friet, Huulbacb der pmluiidieii FhiliMophie, Ster TheiL W
logischen Ideen, die spekulative und die 'prak-
tische oder teleologische Form zu untt rscln ideii.
Diesperulative ist die der mathemati scheu Schön-
heit, in welcher Gestalt und Spiel die beiden Formea
der Schönheit machen , welche in der Einheit in der
Amchauang, ohne beetimmlen Begriff der Einheit, be-
steht, und in der äufsei ( n \atur ihre Gegenstände findet;
die teleologische Schönheit ist die Zweckmäfsigkeit in der
Aoschauuog ohne bestimmten Begriff von dem Zweck,
velche ihre Gegenatände hauptsächlich in dem geistigen
Leben und dessen Analogie in dem Ausdruck des Lebens
üüd Organisiiius in der Natur findet. Die mathematische
Schönheit gehört dem Geschniack, ihm gefallt das
Bbenmafs in belebter Gestalt und belebtem Rhythmus,
die teleologische Schönheit gehört dem flathetischen
QefihI, ihm g^llt das Lebendige för sich und be*
sonders das Ideal geistiger Schönheit. Vorzüglich diese
letztere ist es, die zu der Verbindung der Aestbetik mit
der Reiigtonsphilosophie fuhrt, indem sie die religiösen
Zwecke der Welt, die als logische Ideen im GliToben
ausgesprochen waren, in der Anschauung nach ästheti*
sehen Ideen anerkennt, oder, indem umgekehrt in der
ästhetischen Anerkennvng der Zweckmäfsigkeit der Er-
scheinung^en die religiösen Zweokideen lebendig werden.
Mier aiud die religiösen Gef&hlsstimmongen auch zu-
gleich die Grandformen der ästhetivscheii Ideen. Der
Gefuh Isstimm ung der Beg'eisterung gehören die epi-
schen Ideen, der Resignation die dramatischen
Uean, der Andacht die lyrischen Ideea — Dies
-TethSltnirs tritt noch klarer hervor durch die kritisch-
anthropologische Deductiüü der Schönheit, die der Verf.
§. 46. liefert. Das Reich des Geschmacks g^cliört dem
GaotemplatiTcn Leben des Geistes, dem Herzen oder
Qemftth » d. h. dem Vermögen der Gefühle von Last
Ittd Unlust, der Welt der WQnsche und Hoffnungen,
im Unterschied von tiem Gebiete der Thal In dem
Herzen liegen als ursprüngliche Arten iles Wohlgefallens,
die des Angenehmen, des Schönen., des Guten und der
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126 FrlM, Uaiidiittoh 4er prakiMcheo Philotoiihi«, 2ter Thoil.
relative Werthbegriflf der VolikommeDheil. Mil alles
diesen Arten des Wohlgefalleos kann sich das fisthelisehe
Wohlgefallen verbinden , in sofern die icin contenoplative
Seite derselben für sich, ohne Beziehung auf die That,
festgehalten wird. Es erhält seine niedrigste Sphäre io
der sianliohen Anregung zu VergnQgen und Sohmert;
darüber erhebt die Phantasie die Unterbaltong , das
Wohlgefallen an dein inneren Spiel geistiger Thätig-
keiten untereinander; aus den höheren Werthurtheileo
entwickeln sich, nächst den Spielen des Scherzes, die
Hersllchkeit der Liebe und enhöchst der Ernst dcs Glau-
bens. Diese drei beleben aHe Dichtung , sie bilden deo
Stoff für die ästhetische Weltansicht. Aber die Erhe-
.bung des reinen Wohlgefallens an dem in sich SchÖneo
über den niederen Sinnengesehmack ist die Aufgabe der
Ssthetischen Kritik. Indem aich mit den Interessen der
Phantasie an blofser Unterhaltung die der Zufriedenkeit
verbinden, nnd diese ihr höchstes Ideal in der Selbst-
zufriedenheit, in der Zufriedenheit unter den Ideen des
Wdtsweoks finden, erhält die ästhetisohe Weltansioht
ihren Ernst und ihre Vereinigung mil dem religiten
Gefühl. Nach ästhetischen Ideen sprechen sich die reli-
giösen Ideen von dem Well/ weck in geheiligten Sym-
bolen aus, die für den Gebildeten auch nur als Symbole
gelten, fftr den Ungebildeten leieht als ewiges Sayn
' selbst gelten und so zu Aberglauben werden. Daaait
ist endlich die hohe Bedeutung der Schönheit für das
öffentliche Volksleben klar: sie liegt darin, dafs die
religiöse Stimmung sich in der ästhetischen Weltansicht
abspiegelt und in ihr lebendig wird* „Wir finden daher,*"
keifst es 8. „unter den drei Elementen dar Religion
die Glaubt nsfehre mehr als Angelegenheit der Erkennt-
nifs, die Herzensreligion der Frömmigkeit als eine Sache
der sittlichen Ausbilduug, die Symbolik des Cultus aber
bleibt die eigenthiuiUche poaitiTe Reli-
gionsangelegenheit und das Widitigste in der
ästhetischen Ausbildung des V^ölkerlebens. In unserer
europäischen Vöikerausbildung ist freilieli die ästhetische
Digiiizeci by LiüO^lc
Fric«, UwidbiiGli der praltlltcbeii Pbilotopbie, 2tor Tbtil. 737
i
Ausbildung des däeailicheii Lebens von der Gewecbs*
bildnng ungemein surflckgedrängt (Slrafsenbaa und
Dampfmaschinen können wir erfinden, Kirchen nur erben
und imchahmen), da!)ei die Geschmacksbildung im reli-
giösen Leben von dem verständigen Interesse der Fort-
bildung cier Glaubenslehre ttberwälligl und fUr die geniale .
Brfinfluog meist nur untergeordnetes Spiel im Dienst
der Laune und IVIocIe geblieben : aber die Gescliichte
der Völker zeigt iilx ia!!, dafs der Genius seine grofsen
Gestaltungen nur im öiieotiichen Dienste des Volks-
lebens zu schaffen veripöge,, dafs jede würdige Ausbil-
dung der schönen Kunst nur im Dienste der Religioa
gelungen sej."
Die Scböoheitalehre aerftilt in swel Ahtheiloogen : ,
Analytik des Schönen und Erhabenen, und
von der schönen Kunst. Die Iste Abth. handelt
von den drei ästhetischen Ideen besonders. Kap. 1. Die
epischen ftsthetischen Ideen begreifen die Schön-
heit in engerer Berieotuug^ d. i. die Anerkennung der
ewigen Zweckmäfsigkeit in den Erscheinungen, unter
der Idee der Begeisterung in sich. Dafür betrachtet
der Verf. näher die Verhältnisse von : Schönheit und
ADQebiaUchhei4) Schönheit und Vollkommenheit (SchÖU'«
heh Md Brauchbarkeit, Schönheit und das an sich Gute,
Miönheit und Regeimifiilgkeit, Schönheit und Leben,
Schönheit der Seele). — Kap. 2. Die dramatischen
ästhetischen Ideen erhalten ihre Form in dem Wi-
jiersprucb der Erscheinungen gegen die Ideen der ewigen
Kveckmiifsigkeit , also in dem Zweckwidrigen, unter
religiöser Idee der Resignation. Sie begreifen das
Komische, Elegische und Tragische in sich. — Kap. 3.
Die lyrischen Ideen vom Erhabenen sind dieje-
nigen, in welchen die Ideen der ewigen Wahrheit un-
*iittelbar vergegenwärtigt werden, unter der Idee der
Aadac h t, und zwar durch die Anschauung des Grofsen
•b Symbol des Absoluten. — Kap. 4. \^on dem Ganzen
^f, ästhetischen Weltansicht unter den religiösen Ge-
*
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728 FriM, Uaodbach dm pwklische« PbilMophie, Xler Xlieil»
miitbssiiminuagen. — Die zweite Abtheilung, voo der
schönen Kunst, bestimmt zuerst Kap. 1. den Begriff
der Kunstschönheit im Unterschied von der Natur-
schönheit, Kap. 2. entwickelt die Arten der schönen
Künste, nämlich der Bildungsküuste, und der Kfinste
des Genie*s, Kap. 8. handelt von den Aufgaben ao die
Künste des Geniels, und zwar im Besondern die Dicht-
kunst, Tonkunst, die Schauspielkünste und die bildendea
Künste (Gartenkunst und Baukunst , Plastik oder Bild-
haaerei und Malerei).^
Das dritte Buch handelt von den positiven
Religionen. Sehr gern möchten wir auch den Inhalt
dieses, an eigenthümlichen. und höchst wichtigen Ao^
richten reichhaltigen Abschnittes näher angeben, aber
die unserer herr^^c henden Denkart zu ungewohnte und
zum Theii ganz neue Beurtheiluugsweise des Verfs. in
diesen Angelegenheiten würde uns doch zu ausfllihrlir
cfaeren Erörterungen nöthigen , als der Ranm hier ga^
stattet. Wir verweisen daher nur im Allgemeinen vof>
zuglich Theologen auf diesen Tlieil des Werkes, worin
der Verf. einen reichen Stoff zu neuem Nachdenken
und weiteren Untersuchungen fiber die grofseo Fragea
unserer Zeil, über VernuiiS'l und Offenbarung, positifS
Religion, historische Grundlage der Theologie, Mystik^
Cultus, und über das Verbältnifs der Kirche zum Staut
* niedergelegt hat.
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KURZE ANZEIGEN.
■
Jd mimoriam eeebiiae ehrUHana« imtoumtM: inUrpnii9 Chri$t»
Fr* illgBn^ ord, tk0oL A. I. dwano. — Inetf ^oiifl Palearil
de eofiefUo »ntvertall et II6ero epi^tola tmendatiu»
edita atque prütfaiione adnotaiionihuBqu4 illu§trttja*
U S. 4i (LetpBig, 21. Oet. 188S.)
Das Andenken an dca Yortreff liehen philosophischen Humanisten,
Palearius, welcher 1570. ein Opfer de« vormallg-en Dominikaner-
In(juisitor« , P. Pius V., geworden ist, und über welchen »chon Baj^le
int Dictionulrc einen inte ressanten, nur in den Jahrzahlen ni( ht gans
riduiiren, Artikel gegeben hat, wird von Zeit Zeit mit Kecht er-
neuert. 1804. und 1805. gab der ttclHianige theologische Hiinianist,
Dr. Gurlitt im 4. Bd. des Bio r ap h en , und alsdann in einem bc-
sondern Programm seine über jenen Märtyrer der Wahrheit gpsam-
melte Nachrichten. Auch das 1. Heft der (h ider, nicht fortgesi tzttn)
Zeifsrhrift für gebildete evangcltsrhe Christen von Dr. G i e h c U- r
u. Aod. gab 1823. l^rinnerungen an den edeln Aonius, welche
haoptsächiich aus der in der schönen Amsterdamer Aungnlic Heiner
^Opcra ad illam editioncm, quam ipse autor *) recensuerat et auxeiat^
eicuHa, nnnc novis accessionibus locupletata," (ap. Henr. Wettstenium
iG9(i. 8.) Torangesetzten — latein. Biographie genommen ist. Diese
selbst ist RO trcfTlich geschrieben und in gedrängter Kürze so viel
sagend, dafa sie (etwa mit untergesetzten £rläuterangcn und Be-
legen aas den Werken des F. seihst) liesl>oders abgedruckt zu werden
Terdiente.
Bei der Inquisition zu Rom bestund eine Hauptanklage gegen P.
ia dem Vorwurf der ihn damals verfolgenden Franziskaner, dafs er
ciHR Germanis i und zwar namentlich mit Oecolampadius, Roterodamua,
Melanchthon, Luther, Poraeranus, Hurer u. A., qui in suspicioncm
▼tM!ati sint , gleich denke. In seiner Selbstvertheidigungs - Rede an
<<pn Senat zu Siena (Opp. p. 83.) hatte. F. darnuf die sehr freimüthige
Antwort rregeben : Ego vero ex theologis nostris tum stupidum arhitror ,
e«ae neminem, qui non intelligat et fatcatur, permulta esse in his,
ysoc nh Ulis scripta sunt, digna prorsus omni laude. Sunt enim gra-
viter, accurate et sincere scripta; repetita Tel ex patribna Ulis primi«.
*) Ist diese aus der litterar. Welt ganz verschwunden? Ich be-
sitze einn Auseabe Basileae ap. Jo. Oporimim. 017 S. in 8. ohne
.Tahrzahl und Vorred« » die anf italieaieehem Pafier gedraekl
«cbeiat. P«
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130 EpittoUun AonU FalearU emend. ed. Or. lUgoD, Lipt.
qui praccepta nobis snliitaria reliquerunt, \*s\ ex iiomiuentationibui
Graecoriim et NoHtroniiu hoininiira, qui, ctai cum columinibus illis
conTcrendi nou sunt, (in) inlcrprotatione tanicn nun ncgiigendi vi*
dentur. In his, quae sunt ex coniuientationibus sumia, qui (jcrmano»
accusant, Origenem, Clirjsostomuni , Cyrilluui, Irenaciiiu, ililnrium,
Augusttnum, Hieronymuin accusant. Quos si ego luihi ad imitandum
|iro|)OSui , quid obtundis? quid garrin, quod „cuin Gcruianis sen-
tiain?" So Falearius mitten iii Italien, ungefähr ums Jahr 1540.
(Denn, leider« Ut keiner seiner Reden oder i:^|ii8leia eine Jahrsahi
beigesetzt).
Kincn näheren Beweis, wie herzlich und verständig F. mit den
genunnlin D^iutschen oder vielmelir mit deuj Kriist für das Kirchen-
▼erbesserungs- Uedürfnifs übereinütiinmte , kannte man durch Schell-
horns Amoenitates historiae ecrlesiasticBc. T.l. p. 425 — 462. (lT87.)i
wo ein, aber ohne des Verfs. Namen, in mehreren Abschriften an
die obgenannten Männer, auch an Calviuus und die Schweizer
überhaupt gerichteter Brief mitgetheilt und cominentirt ^vorden iit
Eben diese für die beiderseitigen Reformatoren ehrenvolle fipistoli
giebt nun der — um die theologische Literatur durch mehrere der-
gleichen ausgesuchte Erneuerungen des Alterthümlichen (namentlich
über Soein) und durch Leitung einer fruehtreichen kirchenhistori'
sehen Gesellschaft zu Leipzig und deren Zeitschrift für die historische
Theologie — sehr verdiente Verf. des hier anzuzeigenden Programtni
deswegen aufs Neue, weil Er aus der Wolfenbüttler Bibliothek durch
den thäti^^^en Bibliothekar, Sehönemann , eine berichtigende Abschrift
von dcrsehien erhalten hat. Ein eigenes Verdienst dabei ist die voa I>
vorangestellte historisch beleuchtende Einleitung zu der für die Ge-
schichte des TridcntiNchen Conciliums zunächst merkwürdigen
(p. Ii. gewifs mit Rechi) in^s Jahr 1545. geset'i&ten Epittola. Da»
kommen einige von dem neuen Editor sehr glücklich gemacbtA Wi<>*
derheritellungen der richtigen Lesart in dem Briefe selbst.
Beiläufig erlaube ich mir noch etliche Vermuthungen suff Be-
richtigung dieses Textes vorzuschlagen; p. 13. lin. 14. „hthuie'* •ti^t
„isthue;" lia. 19. „ episcopatum oder vielmehr „ episcopium^^ itstt
„cpiscopura;" p. 14. lin. 1. „f ae" statt „vel;'' p. 16. lin. 8. „ad ur-
Vitium" statt „ad saevitiem;'^ p. 17. lin. 23. „Pontificis'' statt ,fP«"-
tificiae;" p. 18. lin. 24. „in loco ad id ageadum parato" statt 1*
quid ag. p. lin. 27. „scriptas. Priino loco" st. „scriptas: prioia Im^
p. 19. lin. 22. ^^extiturum" statt „eoram;" p. 20. lio. 4. aMcoutvarM'^
alatt „assecutos;" lin. 2& „in quibus nunc" statt „in quibiis aoi|*"
Der Brief ist aus Rom selbst und schildert aus naber lebhafter
Beobachtung, wie sehr Pabst Paul III. daran gedacht habe, dafi
io hoc Concilio de majestate ecclesiac romanac dequc fortunis omoiai^
jgpisGoporum et summorum pontißcaoi agatur. Daraas folgert P *
dafa also freilicb das judicium nicht cupiditati epiacopony», ipM^fljf^
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Uttum quMam torfui conllcHint, euja» «spat pwitlfoK ffwimmiM,
ilierlasseii werden sollte, weil diese raembra onnia üspfCt aaaeia
«Ique alligata inservitint, qnod ejtta «fta •enliaal m ffmoque percom-
mode viverßf P. macht bierauf, eigene, wegea dier Laaheit aller
Mten für moralisclien Ernst und ^üadliche Verbesserungen ^ leidar
«nausfilhrbar |*ebliebene Vorevhlfige t wie die damaligen Regentaa
darcb eine Auswahl der railkhaten Btichüfe, alt St^hiedsricbter,
vesendieho KlrchenverbMteraagaa betbeiaafälirea « Ffltebt, Rächt
aad Maclift gehabt hittaa.
Fftr naa Ist die merlcwtrdigata Stelle (p. 20.) die so christ-
liche und verständige Ermahaang gegen die damalige, In Wahrheit,
höchst klägliche Melaanga -Feiadachaften xwiechea dea deatechea
a«d Sehwataer- Reformatoren telbat» aralche grolbaathells nur ein
tranacendent melaphyaiaches oder superaataralistischaes Kvt in den
Graadtett, wa en nicht iat« hineinfwpagaa und dann wi&dur nach
doi TerachUdaaateo Deutungen in ihr Tameintltch christliches Be«
VffiliejB haraaaholten. Der bedaehtvama und philologisch aii%e-
Härtere Italiaaav atallt Ihaea dagegaa hMst eindringlich vars Omaia
Um baaa» fratraa« imo vero necessaria reip christianae rtm ataeaa-
taros ▼idea« li ^aa« MnMUm habatia» chriatiaaa pietata dapaaatia.
idfertar enlm ad aoa, «eo ab^ro, a«a vario eavnaaa« laagaaa «an- **
iMtiaaea tfieaanalaneaiaa eaie later vo« , ^uibaa diacrepanlaa aaa ia ^
Qiaai acntantiaiii aed aa Ia eaadem [^aldew} lacnai pafaitia caavenira.
Hfoil fraina» data hoe dirlata »aatra aaltem pro tempore, ai uaA
cencarratort ae impetam aaatlnere poialat adveraarU. 8t tat tantoa-
qae abaaaa raiaaaae Balgrlaalaa aa4 rejeciatii, ai pra apaatoMcIa ia*
üitatta aerYaadla defeadendo4|ae cTangelia aaa meaa aat Idemqaa
Miail YeatrI aeaaaa, quid aaan aat ad aammaai allamai eaiwe voa
taatopera dtatrahit aa dlajangit? . . . CoUlgite Toa per Jcsum Chrt* ^
atam .... Defeadeada anat malta lata, qaae aaperioribus aaaia
folcbra illaatraatla . • . . Si qaa ralerpref ationlt varieiat In aliqaa e«t
«aplle acriptoram diTlaorani , ae confodate Toa. Uaaaqaiaqae ia aao
ieaaa abnadet «... Defaadite, taeamlal aa, de qaibaa aoa arraatem
H ragam , aed atabUent certamqae aeatentlam habetia. Qaoa aatmaa
ipitatta aamtaroa eaae eoa hamlaeai qqoa ia Italia, GallUe at^ae Illap%*
aijaacriptia veatria e](cilaatia, al aadieriat OerqiaBoa aan mada aaa
«ae diaaipatae (^aod primo qaoqae verbo abjlciqat adveraarli, qao-
vtlA fiaoB alt diaienaiaala'' Deaa) aed Iii Britaaaaa atqae Helvetioa
«ae eoi^ttactoa. — — Deauoch aber; wer blieb aavarhatierlleb 1 IMa
loraieiotliche Orthodoxie oder daa RechthabeawaUf a aber Geheiai-
inaatalatA; wal^he die Bibel nicht offenbar gemacht hat, warle aber
He Thaalagea dia eigentlichea Offeabarer werdea ta hdaaan alch ao
hnge beredeten, bla aadUch dar gerade Wenaaheaveralaad darin alcht
Hagar ala Ualanahladerailib finden an mfiaaaa, «n naaerer Seit abar-
^^nd elnaah.
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732 Spitiolaiii Aonii PalearU eueiid. ed. Or. lUgea, Li|>t.
Merkwürdig ist es, dala P. in eben (liescm Brief p. IS.jvon sich
selber schreibt, als ,,nobis^ qui pro thristo cmori possumus." Die»
war bekanntlich das ünde seiner Lmifbahn ; das schauerliche Ende
£ine8 von Denen, „deren die Welt nidit wcrth war." Ilebr. 11, 38.
Unbekannter scheinen die briditi I? riefe zu seyn , welche
der edle Märtyrer, mit grofscr Modcmtion , aus dem Gefängnifs an
seine (zweite) Gattin und 2 Söhne gcerb rieben hat. Ich gebe des-
wegen hier diu nicht nnmerkwurdige Notiz davon, welche zugleich
1570. (statt 1569.) als sein TodesjRbr bekannt macht, aber in Deutsch-
land, soviel ich sehen kann, nicht in Uralauf gekttüUllQO ittf Mi
Novelle LeUerarie delP Amio 1745. p. 328. 322». 230. .
Roma.
Artieolo, e nemoria, oopfata dhi «n Ubre di San GioTanni d«*Fi6>
ventioi di Roms.
Laned\ a d\ 8. Lnglto 1970« «taeiido atatii cManftta la nostrt
Compagnia Domenica nette venendo il Laaadl giorno S. dt LagU«
1570. in Tordinona, ne fa dato nelle mani coadeanato a marte per
via di giostizia dalli rainistri della aacra lofaisbione BieMor Aonit
Palea rio da Verali» abitante in f^oUe dl Vatdensa, qaale confesio
o cofltrito domando perdone a Oio, ed alla atia glariiMa «andre Ver-
gine Maria, e a totla la Corte del Cielo, e diwe Tolor morite dt
buoD Cristiano, e eredere tntto <|Qello, ehe crede la S. Romana Chieii.
Noo fece testaraento alcnno, ae non che ci dette le dae aotto seritle
icttere scritte di sua mano, pregaadoeMe mandaoeimo alla mogUe e
figlittoü Booi a cdlle di Yaldenaa.
Gopie delle Lettere de verbo äd Terbam.
Consorte mia carissima.
««Noa voKrel che tu pigliasse dispiacere del mio plaoere, e a niali
il mio bene. i wmuta V ora che io pusui da gueste vita al mio Si^nore
9 Padr9 9 Dia, Io vi vo tanto allegramente , quanto alle nozze tiel
Figliulo del gran Re del che ho sempre pregüto il mio Signore, che
per ena bonth e liberalitä infinita mi conceda. Siecht la miii Con-
•orte dileltioelma, confortatcci dclla volontä di Die, e del mio conr
tealo, ed atteodete alla famigliuola Sbigottita, che restcrä, di alle-
, varla e cueiodirla col timore di Dio, cd easerli luadre e padrc. I»
era gi4 di iestaoraont vecchio, e diKutile. Bisogna che i figli cob
la Tirifc e col.endore si forniscano, a vivere onoratamente. Dio l'adre,
ed II Signore nostro Gesü Cristo, e la comunione delio spirito banio»
•la eon lo spirito Yostro.
„Roma 11 d) 8. dl Lnglio 1520.
Ttto marito
Aonio Palearl."
" Sicque Taltra lettera de verbo ad vcrbum.
„Lampridio, e Fcdnt, ligliuoli dikttissiriii , f]uesti miei signori
curtcsissimi insino all' ultiiiio nou uaacaao con esio me della loto
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EpittiilaiB AonH PftleitU «mead» ed. Br. nigoii» Lipa. M
eartttte, • ml pevmdttmo che io vi «criTa. Pieee a Die dl ehie-
narmi * te per qiietto meno, che voi ialendetete, che vi pernk
«pro cd anftvo ; che ee tl eemidenite bene , essendo eon mia aommtt
cmlaiiveM € piaten, per confomarTi alla volontä di IHe, vi avete
•■che rei a coatentare. La Tirta e diligensa Ti laacio per patrlmonia
eoB qaeller poche ftwolth, che avete. Noo vi laacto debito« inelti
diiedeae alle velte , e devono dare. Voi Biete emanclpatl pift di dfci-
dt» aaaÜa» aea dete tennti a*iiiioi debitl. Itnaado Ti foaeere chieeti
rieorrete a Sna Exceilenza il Sigaor Daca, che neu tI laieerh ihr
tofto. CThledl a Laca Pridio il conto dcl dare e aTcre* Gl sono la
lele dt ▼oeCra andre, e di allevare la Toatra terelitna, come Bio tI
hnk la graiia aoa« Salutate Aspasia, e cor Aoallla, mle figlmele
lilettiMiaie ael Signore. if^ero wtia H oeeielaa. Le tpirlto di DIo tt
CMMOll e coneerri nella sua grasia.
nlN Roma il di Loglio. IMG.
Voatro Padre
Aoaio Fakari.**
SopraaerUta.
,,A\\a sua cariftsima Consorte Mariette Paleari e a siioi di-
iiltiMiml figliaoU Larapridio et Pedro Paleari, a Colle vi Val-
dnaM« in Boijgo. Tictno a S. Caterioa. Qucsta notizia puo aerrire per
correggere appreaao il Moreri c ii Bajle raoao della morta
d'Aenio Faieario di coi fa gr»n disgrasia Peaaer viaeato aei ea-
aak» XVI.
Demnach hatte doch (a. Bayle*a Dictioa. anter den Art. Palea-
rina) 81 ml et la Epltome Biblioth. Gcaner. recht, dafe 1570. dae
Todaajahr dieaea Ana i den war. Von der IttqaUition hatte Er achoa
n der Oratto pro Se ipao geachriehea s . nt Hca iata« di§iricta m oaiaa»
mr^fi^fu, de maniboa eorum extorqneatar« fui pal Uvimmi* ita eausU
cradaÜMMie /arire dtd^eeranl. Za dea Stellea der beiden Abaellieda-
'bfiafe abort. i'a denen Er aelaem Tode ao wondervoU gelaaaen entge-
gen aleht, verdient aehr TergUchen an werden, wie Er im Tanrort
an. acMier Actio in Pootlficea rem. engt, dafa er dieae geaebaiehea
habe, nt, ai bene Inatrnctnm ad mortem, mora prior occapaaaet,
paat mortem ctiam prodeaaem optlmia fratrihna mebf qnornin malla
Tmtimonio hoc mederi in Cbnellio capiebam. Noch atSrker aprieht
*Af achon in Jener Rede p. 91. dieaea ana , wie Er Iftngat suTor fiber
Im Hittyrerthnm gedacht hatte. Man aieht ana dieaer Hanptatelle
•mlelch die Hanptrlchtoiig aeiner hnmaniatiBch-theologlacfaett Aaf-
iSraag and wie Er achoa damala daa Chrlateatham ala meaalaaiache
Thaobratle nnd die Anwendungen dea Lebena nnd TiMea Jean, hiato-
Haiffi aafgefarat hatte. Er bemft-alch nämlich anf aelne dem Senat
t» SIena vorgelegte Theologica. „In IIa de aerle et ordlne es omni
«iemitate flnenti; de Repnblica ante mandl principla deaignata con-
^Ihiteqo'e a Den, cvjua das', aactor et ^"^^erator annreat ^AHätntl
»
* »
■
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de ItTn- Jibrogata , et grjiviRRimo jugo Bcrvilotiff, diK»,( nilrnus tantum,
qoantum terapora haec iniscra , in qiiae incidiniun pi-rmiseruntt non
quantiim certe optabaniua, ^iiod in iis aperiendie incuH nullua sit pe-
rirnjo varunB. Sunt eniin homine« acerbi, diiri, criminosi, apnd tiwm
nc parens qntdeni et Dens snliiti« nostrae Cfiristus , omnium ^rentiuin,
oinninTn populrtnim Kcx , onini ex parte laddarl potest; cujus ex murte
quanta comrnodd alUitn sint huniano freii(jri , cum hoc ipso artno Thmcs
scripsissem , ohjectum Jn{t in accnsatione. Quid hfic Ifuligniii» dici,
ant excopitari potest'^ Ajeham ego, ab eo, in «juo divinilas inesset,
y\hi ruiii Kanguine pro K.ilnte noetra tarn amantcr profusa « nihil nos
(icbae (de) coelestium voluntatc dubitare , omnia nobis tranquilla et
quieta po^se polliceri: offirmabarn ex rnonnnentis veluBtissimig et eer-
tiR^iiniR, ßneiii inaloriiiii 6886 factum, notam omnem de^etniu iin. qul
animo in Christum crucifixum conversi , ejus fldei sc perniitterent,
acquiescerent proniissiH, spe pleiii hnererent in uno, qiii faltcre ncscit
opinionem. Hncc ita amara , dcti'stabilia , execranda sunt viRa XII
illiH, non dico hnminibns, ged feris iminanissimiff , ut grriptorem in
ignein deturban.' um cenaerent: quae poena gi mihi obeonda egt, pro
tcf^ttrnnnin dirio, qnnd festimnnium existimftri iltii l toIo pntiug, quam
llbellum, nihil est me heatio« P. C : neque enim puto Chrütinmm
€886, hoc tempore in hctulo mori: parum eit accusari, et deduci in car-
etrem: virgis caedi, reite suapendi, insui in culleum^ ferU objiei, td
%nMi t9rftH tttf ifc^ly •! Mi wupfMi^ik vaHfot 1» kumm ut pr9farmdM*
Dr. Paul««.
StAmi$$tkuldin %nd Staatäpapitret Mit drH JmMng9»t
^miktiiUnd 9wel VeBertftktm det tngtUekim und ftmutönvDktn
■ iNMisii» tett djn» «l(fteif J^hunätifU und $h0 ZtuammtmtähMg
uihr im eutopdUtht» H^nd^ Wfkmlneudm StwatepapdeM $ ^
■ Unter diesem Titel hat Unterzeichneter im Fnilijahri^ 1832. eine
Sehrift dem Drucke übergeben, üa derselbe aufgr fordert wurde,
davon eine Anzeige in diesen Jahrbüchern zu marhen , ko tluit * r c«
hiermit, um zugleich die Gelegenheit benutzen zu künncu, Einige»
der Lcsewt'lt nachtrSp-Urh mitzuthcUen , ^^ as ihm zur Kritik die«*'
Schrift nnthwendig 8( luilnt und in dt r Yorrtdc nicht erörtert werden
konnte. Es ff^cb^ der Grunde so viele, warum ein junger Gelehrter«
besonders wenn er die akademische Lehrerlaufbabn betreten, »chrift-
Htcllerische Arbeiten veröOentliehen ninfs, dafs der Unterzeichnetei
von diese« ^Vi« t^twtkMMit nur darauf bedacht se^a su muMCO
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l^faobt, dar«) die Kritik fleioe fiMirift , wnn den Oe^cnstani 094 4l0
UDtersucliung «elbit betrilit, Ton dem richtrgm Standpiittkto aus Im«
tMcbte. £fl giebt aber aaeli gewisse Oagaastaaii« , übav iMklio mif
«ia geistreicher Mensch achtaii»«!! kann niifl sollte, während mtm
jede andere Schrift uberhau|>t unter übrigens glaish^i Uiuetsnde«
mit Aecht nach^der EigeaihiitilichLeit beartheilt, wamit sie das Bia^
kflrige aniiebt and Neues aagt. Aa diaaea Klippe aabfidert dar
jnn^c Gelehrte ftm lakhtesten^ abar «fiali mmebor ftUar«, yiid il«r
Schiffbruch wird um aa oiibellvaUer, je mahflaamer man nach Orip
fpaalitit , GeDialität o. s. w., oder wie diese Eigenschaften alle ga<-
laoBt werden, gekrochen ist. GiicbUcbarwaiae gah^ri der Gegen-
itaiad obiger Schrift nicht sa janat Ciaata« sondern Torzüglich %U
fcraadera, in ileren Behandlmig man schon durch Fleirs, Beobach*
tOBgsgabe, Kenntnifs der LUnratur, der Staliaiik «ad Geschichte,
ianb anmofallges Urtbeil und redlir.be Ueberzevgang von der Wabr^
Icit der ausgesprochenen Meiaang £t«as leisten kann. Nach dteaen
lelitea Oaaichtapankten witnckl Uaterzeiehnetef obige Schrift heur-
tkeilt aa aeben« well ihn bat der Anaafbeitung derselben das Streben
Bach jenen Eigenscbalteo beaMle* Deradbe varbebll es eich niebtt
M ^aa Sehrift Aber dieten Qegenatand nach dem clmsiscben Werbe
vtaKebanina nar na laicbt eine ütne pott Amtnini aejn kann^
ni «ebl nnnh aejn mafa* Allein diaaea GeacIdciL könnte Einen nur
tat von der Yeriuanng elnea aekchen Bnchea nbimllen , wenn man
tkb lani Zweeke geaetsi bitte , die Sache beaser an maehen. Dafe
der Vei L dien nicbt von ferne im Sinne batte , das sieht man leiebt
ii der ganien Geetalt des Bachea, welche Toa- jener der Schrift Ten
Ncbeaiaa gana abweifibt» and aa dem Inlftalte seibat, da sie, wae
4is Harateliang des Unbestrittenen und Unbestreiibarea anbelangt,
•icb ia gebAiureader Seacbeidenheit ala Scbaldneria bekennt, und
•ell^ im Kampfe, wo er Tachtigea, Ernatea and, wie alles waa
NelMBiaa acbreibt, aaa inniger Ueberzeugang Bebauptetee lietrifil,
■itmSfsigem Sei bat vertrauen ficht, vobl eingedenk, dafa ea keiae
Maade ist, ia der ersten Schlacht obae Feigheit der grdfsera Kraft
vsisbea aa mqssen. Zwei JHaaptfragea achwebtea dem Yerf« vor:
«ilebea Biaflara bat der iatellectaelle, mor^liache, recbtlielie, poli*
Me aad wirtfascbaftitcbe Zoataad dea Staate anf seiaen Kredit? -<*
mk walohen Einflula ha* die Beaatauag dea Staatakredits oder die
iMmehald auf dea Zueland dea. Staalea? — Der J. Yeraueh baadelt
i<m Frage ia 6 Abhaadlongen ab , wovon die 5te am ▼olaquoöeeeCea
Vüdia molbte, da äie alle Gegenstande der Fiaaaawiaienecbafft be-
iSbi, nad hier iaalieeondere die ganze Lehre vom Staatsacbaldea-
v<Na abbandelt Der VI. und letzte Yeraach hat die andere Fragji
>aa Gegenstande. Da liei beiden Objekten die Grondlagen dea Staata-
^Nüla aad der Staataachnid aaeh die Faadameate der Untersnehung
kiMm, eo war es naturlieh, dafa der Verf. im II. Yeranche die
Üigiiizeci by
9tS BiMBtlarIc, ttMliwiMfliMteMielie VettadM.
Pffttge über die Mitwirknngf des Staatsobereigentbanflrechtea beim
Stwiliteliuldeinretea sergliederte. Alle bis hierher erörterten Mo-
ment» GoncOTrircn bei der CursbiMang der 8tWlt8pB|iiere ; darmn
•sehte es der Vwf. , im IV. Verioehe die Regnlatoren de« Carses der
Staatspapiere gmndsAtolieh zu entwickeln. Dies konnte aber nicht
▼ollstandig geschehen, und die Schrift würde eine Läcko gehabt
haben, wenn nicht im V« Versuche die Handelsgeschifte mit des
fitaatipnpleren Icnm erklSrt ^worden wären , da sie gerade nnd die
dahin einschlagenden Operetlonen den Cnra in der^ Regel am meisten
▼erfittdern.
So, glaaht der Unteraeichnete, linden sich die Gründe von dsr
Entstehung dieser Tersnche' in ihnen selbst. Nur der III. Versuch
der Verf. gesteht es gerne hat so etwas Ton einem Fremdlinge
in där Familie. Doch mochte er als angenommener Sohn am so
mehr Anerkennung finden dürfen , ale sein Wesen mit allen übiig«tt
Anders Terhtlt es sich mit den drei Anhangen, welche wohl
ale drei wesentliche Pfeiler des gansen Gebäudes angesehen werdes
aolUen, da sie die Anssiige aus Vorarbeiten sind, mit welchen sWh
der Verf. sn dieser Schrin ▼orbereitete. Bei fleifsSgen Stadien kann
man um das Material nicht in Verlegenheit seyn ; aber schwieriger
Ist seine Wahl , auch schon darum , well sie Cinem oft vebe thut.
Barum erklärt Untemeichneter hier, dafa daraus, dalb er Etwas
nicht angeführt iiat% nicht gefolgert werden kann, er habe es nicht
gekannt Er will sich aber dadurch nicht für unfehlbar erklären,
sondern wird vielmehr Jede gut gemeinte Zureehtweisung, Mitthoi-
Inng und Belehrung, wie schon In der Vorrede bemerkt iit, .nilt
dem^grofsten Danke annehmen.
Auch hier will der Verf. wiederholt um Nachalcht we««» ^'
Druckfehler bitten, unter der festen Versicherung, dafs aufiicr dea
angeseigt^n in den Zahlen keine rorkommen. Später, noch aufge-
fillene Druckfehler sind unter nndaren auch : S. XI. Z. ^ »"^f^
GefnIIschaft statt Gesellschaft. — S.445. Z; la. unten essectii'
statt affectiv. — S. 49S. Z. 8. oben Simonistni^ statt SImenisten;
und Z. 10. ▼. unten Capitalen statt Capitalien. «-^ 8.469. Z.8. r.o^icn
Arbeiter statt Anbieter. — S. Z. Ü. ▼. oben Yen such itait
Versuch. — Im ersten Anhango, besonderi 8. M4. nnd 5dft. mchrni^*
in dem etat. Illlistr. anstatt in den etat Itlnstr. » 8. S9t<
itatt a. 1668.
Di. E. Baumatarh
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xV. 4t HEIDELB. JAHRB. d. LITERATUR. 1833.
' Cour. Steph. Mattki99. Bertm» M JUme. 1881. VIU una
«18 Ä 8.
Der Verf. dieser tnil auffallender Ausfuhrlictikeit
bearbeiteten, vermehrten und aiifs Neue revidirten Preis-*
Schrift giebt nicht an , wie die Preisaulfgabe der Berliner
theol. Faciihät gelautet habe. Wir müssen also voraus-
setzen, dafs dreierlei Beieuchtungen der christlichen
Taufe, eine exegetischei eine dogniengeschi cht liehe und
eine dogmatische verlangt gewesen sey. Der dogmen-
geschichtliche Theil war leicht zu bearbeiten. Im Exe-
getischen hängt der Vvi i. am HerkÖmmliclien, eiinangelt
noch sehr der iogikalischeu Methode, unabhängig den
arsprüngiichen Sinn zu erforschen, und mischt überall
seine Dogmatik ein. Z. B. weil der jfidische Tr<toelyt
auch eine Waschung (eine Lustration) als Reiligungs-
Zeichen vor dem Opfern an sich vornehmen hiufste, so
bleibt er geneigt , dies mit der Taufe, wegen welcher
Johannes doch den unterscheidenden Namen d e r Tä u f er
bekam, doch zu identificiren. Es sey ja doch bapiis-'
mus quid am gewesen (S. 155.). Jesu Worte: oi3t<o
T'ftp Tcpenov eartv i]iuv ^Xr^^acrai naaav ^iKaioavvriv
erklärt S. 63: ita cmm nos dccet , otmie verum,
omne jusium quod in ritibua inest et comprobare et
eamplere, perficerey ad summum gradum veritatiB peP^
iaeere. Zugegeben, dafs auch in der ethnica et judmea
relhlo manches walir und recht war, woraus könnte
man denn sehen, (LJs Jesus bei dem Aufdruck aarja
Jtxatoirwri an das Gute in jenen Religionen gedacht
tebef und wie hätte sein Getauftwerden als Bestätigung
and Vollendung von jenem verstanden werden können,
dessen mit keinem Wink erwähnt ist. Dafs die heidnische
und judische Reh'gion deswegen noth wendig gewesen
sejr, weil sine iilis ipsa religio christiana ab homi'
nibin mieUectu . oomprehendi nm potuerit , ist eine
XXVI. Jahrg. 8. Heft. 4T
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\
\
m Mftimiet, £i|»o»ilio BaptiMUiUt hihi hi$U dogamilica.
dogmatische FicCiou» iivelche den Grumlsatz varaus-
setzen niüfste : Das Wahre kann nicht verstanden werden,
wenn nicht Irrthum und Halbwahres vorher geglaubt
worden ist.
Am meisten zeigt das Ganze, in welche Ubei^schwing
lieh dogmatische BegrifFe er selbst eingegangen war/
S. V. lesen wir: extra rclifi'ionem nulla est salus! und
nach (lein Zusammenhang wäre unter religio wenigstens
das Wesentliche der Christ iana ßdes zu verstehen. Diese
aber ist dem ffrdfeten Theil der Menschen seit IS Jahr-
hunderten nicht einmal historisch beliannt geworden, bt
also denn für alle diese Nichtehristen nulla aalus? oder
liann man vielleicht nach dem Verf. auch unwissend die
wahre Religion haben? Wenigstens l^n wir an der
nämlichen Stelle „rel^io hommem veluti inscium
ad verBatem duck.** Und clies mQlste freilich möglich
sejn , wenn (nach der dogmatischen Erklärung S. 347.)
die Religiosität dadurch entstünde^ dais der göttliche
Geist sich selber im Menschen entfalte (eese
expticet ) nnd zwar nach 8. 808. auf diese Weise , dafs
Oott in der Religion seiner selbst sich be«
wufst würde. y^Deu8 m religione sibi est conscius
Nach der Erfahrung und aller Religionsgeschichte
erkennen wir, dafs* allerdings die Religion in einetn Be-
streben der Menschen, sich mit der Gottheit zu ver*
binden, besteht. „Religio est mtnna inier hominem
et deum canfunciia'* Aber immer ist und bleibt diese
Verbindung eine Vereinigung des Denken9 und WollenSi
nicht ein Verweben und Verflechten der selbst«
ständigen Wesen ineinander. Wie sehr zieht der Verfi
das Geistige herab in das Sinnlich - plianfastische , indem
er die Erklärungen geben will: humana natura cum
dwina, et haec cum iUa coniexiiur . • • ipsum per
deum, quim komme versaina humana inneciit dwkd$.
Solche Miterklärungen, wie wenn durch Religiosität tlie
Naturen (Grottes und der Menschen) ineinaofier ver-
flochten wenden mü&ten, würden die besten Menschen
Digiiizeci by LiüO^lc
Maltbiea, Expotiiio Qapiitmati« biUl. hiit. dugmattoft. 739
\m dem ächtreli^idseu Besireben » ioi Wollen und Denken
mit dem Wollen Gottes Eines SU werden, ablenken, wena^
ffM sich bereden iiefreo^ dsA die Religion in einem
cOKiexere beider Naturen, der göttlichen und der
menschlichen bestehe und eigentlich nur Gott selbst
im religiösen Menschengeist Seiner selbst bewufst sey.
Sehr alliuAhlig) sehen wir in aller Religionsgeschichte^
Wtrden die Menschen einer würdigen Idee von
der Gottheit sich bewufst. Aus den unvollkommenen
Anwendungen der menschlichen Verstand ijg^keit und Ver-
flttoft werden die so lange von der voükommneren Idee
ikst Goti in viebirlei Abstaftingen entfernte Religionen
bigrMflich. Wenn aber Gott selbst in der Religion sich
seiner selbst bewulst würde, so niüfste ja wohl die Gott-
heit sich ihrer selbst richtig bewufst, und dieses ächte
Selbsibewilfstsejn Gottes niüfste wenigstens in dem We««
Mtlicben^ jeder durch Goti in den Menschen , c»tste*
kindea Religion rein enthalten und den Menschen in*8
Bewufstseyu gebracht sv\n. Da dies aber nicht so ist,
bomülste es unbegreilUcli l/Ieiben, warum die Religionen
ia «Ur Wirklichkeit meist ein der Gottheit so unwürdiges
Bswufstse;)^ vom Gdttiicben , besonders vom Heiligen i
(»dialten. Wenn Gott es ist, der in der Religion 9,si6i *
^^t eomciu8 seu ipsius" so müfste ein unwürdiges Be-
wiifstseyn von der Gottheit entweder unter den Menschen
gar nicht statt finden, oder die Schuld mufste auf die
Coitbeit fallen I- daft ewar sie selbst ihrer in der Religion
liditig bewufst würde, eben dieses Bewnfstseyn aber
nicht in dem Menschengeist entfaltete, welcher doch die
Religion nur durch sie bekommen und haben könnte.
Iteon nach & 804. religimiB idem ab aeterno m hi^
üorjn «al empUcitay quum det$» in aeternum mi
lltnme sese revelaverit. Wer mufs nicht mit Brsiannen
fragten: Ist denn die historia — ab aetevTio^ wie
sie doch seyn müÜBte, wenn religio in ihr ah aeterno
(iad «i neAsnnim) explicUa seya sollte.
Diese soaderkire Verwicklungen der Begriflfo eni-
stehen blos dadurch, dafs Gedanken, die aus B^riffe^
üigiiizeci
740 Mattbies, Expositio BaptismatU bibl. Iiist. ftogmatica.
Ideell und Sätzen bestehen, uud nur siod, wenn sie von
Denkendea gedachC werden in jener mehr poetischen,
als phtlosophischeD Sprache und Lehrmethode immer
• personificirt , und unvermerkt so behandelt werden, wie
wenn sie etwas an sich Bestehendes, Handelndes und
. sich Mittheilendes wären. Dazu kpninit, dafs alle Augen*
blicke Aehnliches mit Aehnlichem verwechselt vnd da-
durch als identisch behatidelt wird, so dars, wenn zwei
Begriffe gewisser mafsen einander gleich sind, 9it
plötzlich in g^anz anderer Beziehung identiticirt werdetf.
Ein solche« Phantasiespiel ist es, wenn S. 304. ffeJ^agt
ist.: ,)Es war von Ewigkeit her nur Eine Religioa
(s nuW tempori obnoxia), oder: E3ne und ebeniKe*
Selbe Idee von Gott hat nach und nach in allen Religionen
sich selbst entfaltet und geoffenbart. Eine Idee kann
nicht seac explicare et revelare. Jede Idee (oder
VerniJiiftanschauung eines Möglichen, welches ent^edef
um der Vollkommenheit willen wirklich ist, wie die
Gottheit — oder seyn und werden sollte^ ist fiii^
gends als in dem Geiste, in welchem sie (mehr otlci
weniger vollkommen) gedacht wird ; und so ist sie immer
Gedanke der sie denkenden Geister. Man kann veran-
. lassen, dafs ein Anderer, welcher denken kann and wü^
eine gleiche Vollkommenheitsidee denke, aber übcruH
und in jedem Einzelnen ist sie doch nur Gedanke, so
erhaben, aber auch so manchfach gedacht, als der ein-
zelne Geist zu denken vermag. Ebenso ist auch iH^
Religion, als eine andächtige- Erhebung des G^isiss
tQ der Idee des Vollkommnen , nirgends wie ein- an*
sich-seyn, wie ein ah arferno esse, sondern nur in
jedem einzelnen Geist vermittelst seines Strebens, ('^^
Vollkommene, besonders das Heilig -volHionrmiene, zs
denken und ihm sich selbst verähnliclien zn "ivaHeAZ-Ideettt
wie etwas an sich Bestehendes, sich MitthcfHend^ !n<l
sich selbst Entfaltendes zu behandeln, wäre eine poe-
tische Methode zu philosophiren, die g n zu schrn II in
das Phantasiren unendlicher Folgerungen übergeht. Wenn
nämlich nach §. 31. in der Religion sich Gott isehier
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Matdiict, Ex|»08itio BapÜtmitit biU. hUt dognalioi. 141
selbst hewufst wurde, so mufste also Gottes Bewufstsejii
voQ sich selbst io jedem Religiösen gerade so seyn, wie
es der Geist desselben fassen oder wie es stob selbst io
dieseoi entfalten kannte. Wäre alsdann dies nicht ein
eiipeatlieher Pantheismus von der sonderbarsten Art?
üeberali, in jedem Einzelnen , niiifste das Selbstbewufst-
ttjrn der Gottheit seyn und| weil doch alle diese Geister
ia?oUkoinmne Individuen sind , so uiübte es in jedem
äs anderes , seyn , nämlich ein mehr oder weniger, voll-
kotnmen sich Entwickelndes. Der Verf. setzt sich auch
aosdrücklicii S. 305. eine tota idea der religio acterna
aas den variia expUcationis momeatis zusammen, in
teen ih plurea religiones non dwha ^dem,
ied \ , ' pesiia (oder gradweise cottoeata) sej. So
führt (He Phantasie, als die Philosophie, in die nicht
platonische,- sondern alexandriuisch- scholastische Ver-*
Wandlung der Ideen in Substanzen , die in Gott subsi-
süeren und iM»gar ans dem Bytbos emanieren sollen. So
weit bringt man es, wenn die Jug^end sich im Phanta-
sieren immer nur Aliij^lichkeiten wie Wirklichkeiten er-
scheinen läfst und sich ihrer Sonde rjbarkeit freut, weil
man das beurtheilende Reflectieren in einen Mif$credit
bringt, woraus selbst bis in das gemeine Leben hinein
4te gröfsten phantastischen Unklugheiten entstehen.
• Etwas sehr Wahres, sagt der Verf. S. 341, dafs
die chriatUche Religion die Religion des Geistes
isyn soll. Mar der Geist nämlich ist fähig , ein Ideal
der. Vollkommenheit zn denken und zu verehren, nur
der Geist also vermag sich zu Gott zu erheben ; und das
Christenlhuni will, was in keiner andern Volksreligion
klar wurde, dafs der der Heiligkeit fähige Menschen-
gflist sieb selbst als das Höchste im Menschen erhebe «
wollend und denkend alle andere Kräfte sich unterordne,
und dadurch sich (lein Göttlichen möglichst verähnliche.
In diesem Sinne stimme ich dem Verf. sehr bei, wo er
iebreibt: Christiamta, qui JJeum colii, latus in spi"
Titu ine 98 e acper cum numim debet accedere*
Anek ist es eben so gewifs , dafs der Menschengeist sich
üigiiizeci
YIS MalChtot, Bxp«iUio BapitiniBils biM. Iii«t. dognMtkft.
• *
die Gottheit soviel möglich als den „volikommrieD Geisjt"
zu dcDken habe. Aber um so weniger ist diese psycho-
logisch und moralisch wichtige Beschreibung dessen,
was der Menschengeisi nach Jesu Aufforderung im Geist
und in der Wahrheit seyn und thun" solle, so nnitu-*
kehren, dafs am Ende der religiöse Geist des Menschen
Nichts seyn niüfste und nur Gott als Geist etwas in ibsi
wäre. Um äebt gut und rechtschaffen ^ aya&o^ xai
diuaiog m seyn, mufs der Geist sich gleichsm in sich
Oelbst zurfiekziehen und fragen , was er, wenn er ntclils
als Vernunft und Verstand wäre, als recht und gut er-
kennen und wollen würde. Dieser geistigen wohlbe-
dachten Entscheidung ist das Sinnliche unteriuordneB.
Der Geist regiert es alsdann so, dafii es, ium ohne ver-
werfliche Neben rOcksichten das geistig anerkannte Mdg*
lichbeste zu verwirklichen, auch alle sinnliche Kraft« .
anwendet.
Aus des Verfs. Umkehrang^ der Begriffe entsteht es,
« daft S. 848. sagt: Dens in komme se ipsum amat
(wie wenn Gott als der gröfste Egoiste zu denken wäre!
womit verbunden wird: hämo Dei spirilum sentit in ^
se versantem — wie wenn eigentlich nur Gott als
Geist im Menschen umginge?)
Vermöge solcher ungehinderter Bewegungen der
Phantasie im Absoluten werden S. 3G6. auch sonderbar .
versinnlichende Idealisirungen der Trinitätslehre gefol-
gert. Die infimta mibstantia^ in %velcher vere-^Esse el
Cbgiifare einerlei sey, ist dem Verf. der Vater. (Dies
wflre demnach die eigentliche Gottheit 9). Durch eideD
ewigen Akt, sich aus sich selber heraus zu manifestlren,
aeterno se ex bemetipso manifestandi actu, könne dann
dieser Gott nichts, als sich selber sengen sniAi^
fiiai 9e gignere, und dies sey unigeniims filim^^, k
Omnibus rebus creatie emn^aesfne y ab emmi ßse
Uber y suaque sponte in omne tempus ugejis; wozu bei»
läufig noch zu bemerken ist, dafs ;die Zeit aus der
Ewigkeit Gottes hervorgeht, aber auch Eine ewige
Zeil ist, die von den drei Dimensionen | G^eiiw*rt|
Digiiizeci by LiüO^lc
«
ll«4UrfM, Bifttili« Bfiftiiiiiaili Uü. tfugiMMi^ %U
Vergangenheit uiul Zukunft frei (und Uoch eiue Z^i(?}
wäfc
Wie deuii nun aber das driUe? S. 367. {lutworiel:
Weil Arner GoH niobl nir m 9€, iondero aqch aus
lieh fidkt se^, so sey er soglrich einsipf für sich
selber — pro kernet ipso, nec pro alio quoquam;
folg^lrch fsey paler pro ßlio et JiUus pro palre, damit
alles in creaia umuerßUate ad pairia substantiam [mh*
4mAmmi] xuriickg«he. Nun «ber, weil da» absolute
SqpQ Gottes sein C^Uare ist, dieses Cogitare aber dio
retditai> Dci und beides, «las Ksse und Cogitare nur
für sieh selbst (pro nuUo alio) ist, so sey it^nito
f^que aeterno ulvmsque compleüm vel tmUuo alierhrn
ad afteram moftf Gott aaeb — 8anciu9 ßmori$
9pirtiu9'; und weil pater infinitua Biftis e$t aeterno
ßlio und JiÜun in onme tempus sutis f acit pairi^ so
sey dieser Gott als heiliger Geist omni in gener^
beatuB,
Wäre alles dieses mehr ein wirkliobes PbilosopUrfio
lii ein Phantasiespiel (welches deswegen auch bald so,
bald anders gestaltet erschien), wer würde alsdann doch
aof irgend eiue Weise waliischeiplicli machen könoeii,
dafs den Urchristen bei der Taufformel Jesu Christi elwaa
dieser Art zu denken möglich gewesen sey? Was ge-
aehieht also durch dergleichen Deutungen anderes , als
dafs man drei ut christlichen Worten drei Deutungen bei-
legt, die, wenn sie äufserst richtig wär^n, doch gewU's
im Urchristentham und lange nachher nicht geahnet war«-
den konnten f Aof jeden Fall wSre also das Urchristen-
thum durch seine drei damals ganz anders verstandene
(Einweihungs-) Worte nur die V^eranlassung, dafs auch
4is Philosophiren in und aus dem Absoluten eine Trias,
eine gana andere, denkbar machte. Dadurch möchte
dieses Philosophieren uwar sehr mysteriös und daher fttr
unsere übervernünftige und verstandesscheue Deceanien
empfehleoswerth scheinen, doch in Wahrheit nicht christ-
lich werden können^ während Denen , welche die ur-
Bedeutung der Drei in der TauHprmel histo-^
üigiiizea by <«üü^lc
9
m MatlliiM, Ei|Mwitio DBpUflBiaU« Ubl. bitt dogvMtii».
lisch - exegetisch suchten, wenigstens der g^ute Wille,
die uiclii istliclie üreieiobeit zu Jincien und verstäiidig zu
lehren, in wohnte.
Manche Gnostiker (nach Kräften tiefsinneode Gott- <
heitskenner) des Alterthunis waren ofienbar schon auf
jener Bahn. Nur sahen und zeigten sie, dafs, einmal
ins Abtolute eingeg-angen, man schwerlich einen Grund
habe, dasselbe auf eine Dreiheit einzuschränken. Zeu^t
der Vater sich selbst (mhily nisi se gignena — p.366.)
als Vnigemtua ßius, und ist das wechselseitige „Ge-
iiugseyn" des Vaters für den Sohn und ,.(las Ge-
nugthun" des Sohns für den V^ater der heilige
Geist — der Liebe (S. 361.), warum sollte iricht
mfinito et aeterno horum trium cmnplem velmäM
olterms ad aUerum motu, wie Liebe, so auch Glaube
und Hoffnung (welche vereint in Gott ewiges Ver-
trauen auf sich selbst sind) als ein Viertes in der Ewigen
, Causa 8Ui, aus dem Seyn, Denken und Lieben ewig
«ich erzeugen und ewig erzengt seyn? Oder warum
soll d^sEsse, als Cogitare (als = Geistseyn), sich
nicht selbst alch ein Scire und Veite (z= in ein Rich-
tigwissen und ein HeiligwoIIen) unterscheiden muj^seu,
und dadurch schon eine Dreiheit in sich selfisf haben,
zu weicher sich die Liebe als ein Viertes, Einigendes,
der Glaube aber als ein ffinftes, Terhalten möchte!
und dergl m., bis vielleicht das Philosophireu, weh im
Absoluten immer mehr umschauend, mit Apokal. 1, 20.
und 4,5. wenigstens auf die Siebenzahl der »wu-
fcara toi; ^sov kommen könnte.
Ich beabsichtige nichts weniger, als eine Ironie gegen
den Verf., von welchem, da indefs die Vorlesungen He-
gels über Religionsphilosophie gedruckt erschienen sind,
klar ist, dafs er dorti<re Hauptgedanken mit Ernst ge-
fafst und in der Kürze zum Theii deutlicher, als der
erste Offenbarer , ausgedrOckt hat „ Qui vero ideam
dwmam objeciive aeae ejppUcantem , divinum per
res mundanas trium pfi um ag entern, voluerit con-
templari^ ad ^uem alium vhum," sagt & 306, „efim
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MtUbie«, £ipo6iiio BnplHinatiti bibl. htst. dognialica. 145
debemus relegare (?) nwi ad Hcgeimm , qui tum
de pktrhnis pkHosophiae heia, tum de hoc mprimis
urgwnefdOf ui m digfkim eai, exposmi m Fhaenome^
wUogia p. «85-^741'* (Die Phäoomenologle ist b€*>
kanotlich schon vom J. 1807.)
Meioe Absicht ist hur auf die Stellung und Methode
der verschiedenen Bearbeitungen der Theoiogie^ wie sie
sich unter uns zeigen, nach tinem Hanptunlerschied auf-
merksam zu machen. Dafs sie, die christliche rheolo^icj
als Wissenschaft, oder wenigstens als ein Strebeu nach
Wissenschaft fiber das Verhältnis des Menschen zu Gott»
mr das Knnstlbswahre der urchristlichen Bibelreligioa
empfinden und verehren wolle, doch aber ül)er das Po-
puläre (der Voiksverständlichkeit angemessene) hinaus-
gehen inu$ise, Hegt im Begriff der Religions wissen**
stiiaft. Die Frage und Zeitaufgabe ist folgende:
Ist es richtiger und besser, anzuerkennen, dafs in
sehr altmähligen, also nicht iofailiblen Fortbildungsstufen
die biblische Religionsoffenbarnng vor und oach Jesus
Christus dem menschlichen Geni&'th das , was darüber
der Menschenverstand fafste und das IVlenschenherz mit-
empfand , in Lehren und hauptsächlich im Leben , im
Thun uod Leiden der Besseren Torgehalteo hat? ist es
besser, daraus m folgern, dafs wir also auf dieser be*-
g^Riienen biblischen Bahn und in jener der Erfahrung
und der Verständigkeit gemäfsen Richtung, rationeil
fortzuarbeiteu haben, das ist. dafs man mit Anwendung
aller der menschlichen, zum Erkennen und Wollen des
Wahren und Guten wirkenden Kräfte, regefanäfsig und
lebenskundig fortrScke? Ist es demnach besser, daft
Wän z. B. <lem AUen nicht das Neue entgegensetze, aber
aach das Neue (von religiösen Kiasichten und Lmpiin-
dangen) durch das Alte nicht hindern lasse, dafs man
S.E durch die Auctorität des Ueberlieferten die Neuerungn-
flieht zwar zurückhalte und besonnener mache, aber auch
tl«r Tradition durch so manche unläugbar neuentdeckte
Wahrheit die. Anmafsung einer uuverbesserlichen Infalli-^
9
üigiiizeo by Liüo^lc
IM IftMhftQt, EiEiMMitio BapUtmtM bibl. hitftrdogMlIci*
bilität abgewöhne, clafs man aber hauptsächlich io allem,
was doch als Reli^ionsöbeizeugungf zum allgemein an-
wendbaren Wisseo gehört, auf Verständigkeit (um grüud*
lieh zu uberzettgao) und auf Verstindlichkeit baU«) um
nkhl blos Worte, sondern das Verstehen su Yerhreitent
Oder kann und wird es richtiger und besser sej^o,
wenn man ebenfalls bei dem Bihlischverständlichen, ab
dem Populären, nicht allein stehen zu bleiben, soadero
zu wissenschaftlicher Ueberzeugung weiter fortzusehreiteo
entschlossen ist, aber durch ein IJeberschreiten iu's Ab-
solute in weit mehr Mysteriöses und eigentlich in selbst-
gemachte Mysterien , wozu aus dem Urobrisilicheo höch-
stens einige Namen geborgt werden, Merzngehen strebt
und dann doch yon einer religio spricht, eo^ra quam
nuUa Salus est, und welche also doch für tlie Goltan-
dächtigen allgemein wahr, faf$lioh und anwendbar seyo
Miüfste ?
Alle diese Freunde einer christliehen Religionswis*
senschaft wollen von dem Biblisch bekannt gewordenen
ausgehen. Der Exegisierende und Kationalisirende Theil
erforscht, was dort durch Wort und That wirklich als
Religion gelehrt worden, sey, unterscheidet aber das gri*
iRtig bleibende und wesentliche von Zeitmeinungen, welche
jedoch damals nicht blos Einkleidung, sondern buch-
stäblich geglaubt waren (wie Dämonologie, Messianische
Herrschafts -Parusio P.8.W.) Durch Abscheidung sol-
«her Zeitmeinuttgen zeigt er das Wesentliche als deHo
glaublicher, und vereinigt damit alles, was in 18 Jalv*
hunderten weiter als wahr in religiöser Beziehung aner-
kennbar wurde und werden kann. Der idealisirende Theil
der deutschen Theologen dagegen nimmt auch die Zeit-
meinungen, oft^(wie in der Trinitäts- und Gottversdh*
nungslehre) blofse patristische , nichtbiblische Denk«*
versuche auf, und behandelt sie wie Symbole von ge-
heimnifsvoHen Theilen der Gottesidee , die man entweder
durch ein Hineinversetzen des endliche!» Geistes in Gott
als absoluten Geist entdecke > oder aus einem sogenanntea
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christlichen und kiichliclien BewuPslseyn hervorrufe,
uwmev aber als das christHch tiefbte zu glauben habe,
«figeacblet sie ioi Ur^hriitenthuin uicbt so g^dlHoht und
Mki so denkbir wareo.
Der Verf. f^ebt «ehon in EingaDg EL 2* zur Rechl«
fertigung solcher gewagter Ausdeutungen ein eigenes
Bekenntnifs. Das N.T. nämlich ist ihm wohl „das hei-
lige DeokfBal , wodurch Gottes Worl aofgegBeicbpol'' auf
wm köfnait Es eathalle nicbl our alles, was ziim from^
■ea Glaubeii hiareicbt, sondero aucb die Summe aller
christlichen Dogmen , aber — wohl zu merken ! alseine
summa nondum plane expoaita* Nach S. 5. is(
sogqr der einfache Glaube od«r das Wesenilichf; (suh^
Umäia) in der Bibel mmdum aecuraie explicaia. Daher
ii( ihm dann die Kirche die weitere Erklärerin und
zwar nicht durch die ratio y welche alles durcli Einthei-
luQg erläutere uod die l^i4ieit zum Zwe(;k Uab^ (iu
e^cleaia ratio rem per partes eapUmet, solam ad
impetrandam umtaiem lendensj^' sondern auch dadurch,
ilafs der heilige Geist eine zweite und höchste Ein-
heit gewähre, und endlich eine vollständige Vollendung
der Wahrheit bewirke = altera autem fidei umtos ^
Jtwe summa est, per dwinum spirUum impetratur ^ •
fti ftmam denique veritatis perfecthnem efßcH. Man
also wohl, dafs erst die Kirche und in ihr der
heilige Geist die religiöse Wahrheit vollends zur Per-
fection bringen soll, welche in der Bibel nondiini plane
^XflUcata wäre. Unstreitig Jcann das theolo]gische Nach-
Mkett nicht auf das, was schon vor 18 Jahrhonderten
über die Religion eingesehen werden konnte, beschränkt
^^yo. Aber sehr bedenklich wäre es zu behaupten , dafs
di«er zur ptena veritatis perfectio führende Geist
fnad« an die eeclesia (man weifa atugleiob nicht,
*i Welche?) sich binden sollte. Dies behauptet eigent*«
lieh nur die patristisch- katholische traditionelle Kirche,
^ach S. 4. liegt es im Begriff der eeclesia m Hit ans ^
dafe sie immer pr0 vera f^de wache. Soviel
^bst Ree welfa, ist nur in der kathoHsehen Kirche der
Üigiiizeci by LiüO^lc
148 Pff*f. BIftttbiM Erkl&rttng dm Briaii a» die Qßkim.
Artikel de Ecclesia der erste und eig^entlicli funda-
mentale, weil nur eine infallible Kirche immer weifs,
• vfas , wena ein chrisliicher Religioosartikel oppugoirt
wird| die Vera ßdes sey. Jede andere Kirche weilii,
dar« zwar m der fides als Treve für den von Chri-
stus offenbar gemachten Willen der heiligen Gottheit
Alle übereinstimmen können, ülier Wahrheit der
Giaubensartikel aber nicht lias ßewufstseyn , wel-
ches Alle oder Viele ?on dem, was sie in sich atifiiah**
fiten*, haben kdnnen , sondern nur die wissenschaftlich
Geübten urtheilen köniieu , ebendes%vegea aber uie wie
infaiiible Wächter des Wahren auftreten.
Noch weiter geht der Verf« S. 4^ indem er den in
der. Kirche wirkenden Geist als den Gottes Sohn
zu beschreiben scheint. ^, Nunc per illitm spiritunii
qui aetprnus in ecclesia est Dei filius, omne$
Christi imitaiores wmm totum conatüumi, et dUer
üUeri par est; Üa^ ui neque unus sit dominus, neque
ff her servus f sed onmes ipsi suit lam servi , quam
domini!*
Doch wegen dieses Strebens nach einer plena veri-
iatis perfectio erwartete Ree. in einer neueren exege-
tischen Schrift des Verfs. zu erfahren, was tienn die
Kirche und der Geist ihm zu einer genaueren Erklärung
der urchrisllichen substantia ßdei entdeckt und gleich-
sam geoffenbart haben möge. Aber aufrichtige zo sagen,
war für mich in der so eben erschienenen
♦
piBtlMwig de$ BrkfBB PanK an dU OaUdtr, nou ۥ 8t^ MatthieB,
aufierord, Prof. 4er TImU au ßreffswMc. Mit fre«o«derer
Berücksichtigung de» Commeatare von Heiner. Greifs-
walde^ hei Koeh. 1833. 138 S.
«
nicht eine einzige Stelle zu finden, in weicher spirUus
pietdorem veritaHs perfectianem effecissc videatur.
Nicht einmal von den ingeniösen Krueiterungen der
Dofrmatik, welche der dritte AbschniU der Preisschrift
nach Hegel und Marheinecke zu geben versucht hat,
findet «ich hier irgend eine interessrate Spur. Ueber
Digiiizeo by CjüO^lc
4
Vf^%\ Matthies £rkUrung dea Briefs an die Galatee. .
die Wahrheit deutet S. 37. auf 3 Quellen, von denen
aber nur JBiiae) die längst allgemein bekaaute, etwas
Ifewihren kann. ,,In GoU nämlich,'' wird gesagt, „bat
die Wahrhreit ^ihren reinen und nngetrfibteo UrqaelK"
Daran zweifelt gewifs Niemand, der irgend wahrhaft
Gott denkt. Wer aber vermag aus jenein Urquelle zu
schöpfen? So fort giebi der Verf. eine zweite Quelle.
Dl Gotl in äeioer ewigen Gegenwart lind Wirkaanikett
Geist, ist, ao werde gleiehfalla die Wahrheit ta clem
Geiste begriffen. Dies sagt mit andern Worten
wieder das Erste, dals in Gott (näniiich als Gei^t) voll*
kommen die Wahrheit seyn müsse. Wer z%veifelt^ dafs
die Wabrhett im Geiste .Gottes begriffen werde ? Aber
didareb, daft dort alles ▼ollkoinlnen begriffen ist« erhält
doch unser Geist von dem allem noch keinen Begriff.
Das dritte ist, dafs die ia dem Vater unmittelbar
begrfindete Wahrheit nun aiajHe von dem Vatef
enpfangene ' in dem Sohne olSenbar geworden it^, _
^e Snbstanz dea Evangeliums ausmache «nd mit 4e^
aüg(eignet6n Evangelio zugleich Eigenthum des Men-
schen werde. (Was erhalten wir denn nun durch diese ^
künstliche weitläuftige UiiitH)hreibmigen über die Wahr<^
Mt anderes, als was immer gan^ einfach zu ^igcn ist,,
dafs das Urchristenthum über die Religion mehr Geistig«»
v^ahres gegeben habe, als die Menschen sonst aus dem
Gdste oder aus Gott selbst zu schöpfen vermocht hatten?)
Was afi dieser N^achweisung einer dreifachen Wahrheit^
qvelle wahr ist, -erscheint als gar nicht neu, wenn gleieh
erkünstelter ausgesprochen; was aber neu daran wäre,
<iie Entdeckung einer ersten und zweiten Wahrheits-
quelie, ist leider weder wahr noch nutzbar. Wenn in
Golt die Urquelle' die Wiahrfaeit iet, und auch GoU ab
fldst sie haben' mli'^ ao wird dadnnch gar nicht a«ft
gehellt, wie wetin Der, w^elcher im Neuen Testament
*N Gottes Sohn zu uns redet, diese Wahrheit aus der
iJrquelle hatte. Wir erfahren nur beiläufig und dunkel,
daft der Verf. Gott und Vater und Geiat eigentlich Mmo^ ^
^ifcirt, indem er die Wahrheit ab unmittelbar in dem
üigiiizeci by LiüO^lc
Vater begründet und in Gott als Geist be|griiflfen ang;iebt
Da er alsdann die in dein Sohne offenbar gewordene nur
eine von dem Vater empfangeoe nennt, so kÖnimt dieser
Sohn in eine Abhängpigkeit, welche sokwer Ktt deokea
Wi&ve, da ihm S. Sl. eine Wesensgleichheit zeet^
kennt, welche der Sohn mit dem Vater t heile. Der
philosophirende Verf. vergiiüt demnach, dafs zwar bei
allen andern Wirklichkeiten des Wesentliche (z. B. die
Menschheil, die Thierbeit) etwas Generisohes ist, wel-
ches In den einzelnen Dingen indlvidttell existirt, bb^
nur von den Denkenden dorther als das den Einzelnen
gemeinschaiiliche in Einen Gedanken, in einen Gattungs-
begriff, zusammengefaTst wird, weicher aber als geoe-
risoh keine Substaas ist* Gerade da» WeaeBtliebe der
Gottheit hingegen , oder die Allvollkonunenheit, ist tticht
ah etwas Generisches, welchem also in mehreren gleich
sehr existiren könnte, sondern nur ai» die höchste Eine
Substanz denkbar. Deswegen sagte die Kirche nicht«
Der Vater und der Sohn habe g^leichea Weseft} ^
dafs die essenita Hwma (die Gottheit) ini Vater wie in
dem Sohne sey (wie das ^cnerische Wesen Menschheit
in h, c. individualisirt seyn kann und alle Menscheo
ymdem esseniiae , ö^otiortoc - sind.) Vielmehr sagte
die orthodoxe Kirche und mulste, wenn sie ihre wissen*
sehartiiche Terminologie yerstand , sagen : Vater
Sohn und Geist seyen Ein Gott, weil sie nicht etwa nur
einander wesentlich gleich, sondern weil sie zu-
gleich ö/AOu nur Seyen in Einem und ehendeoMsibeB
Wesen, in eadmn owm, so dafs mtb^iwUia el e$8eiiU»
dwma manerhe una bleiben sollte.
Noch unerwarteter war es mir, von einem solchen
^onst in's Absolute idealisirenden Dogmatiker 8. 63. 20
lesen; Christus, der sttndenloaeiSfAB Gottes , habe SMX
wegen ansererSfinden ein flchwer|^eatrafter, MTOfa*
werden können. In seinem Krewasestode wurden alio
die Sünden der Menschlieit bestraft. Christ©
widerfuhr, was eigentlich uns wiflerfahren
mufste n. s. w. Wäre der Verf. »it dergleichen £1^
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St&egHis, Geach. EigentlimiM wm WftM n. Jagd iii;DMilMlil. 151
gt^exi beim Woit zu nehmen, so niüfste man fragen:
HaUeo (leuD eigentlich alle Mensohea gekreuzigt werden
sollen? Wäreo alscfamii die Sünden der Menschheit (vor
Goli) gesiraft gewcsea? ^ Aber wieV wo? denkt
sich die Schrift und das Urchrifftenlham Jesu HinHeb-
tung als eine gütlliche Strafe? als Bestrafung- in
BesiehuDg auf Sunden? Nackt autgelienkt zu
Werdeo, war nach Mose eine abscheuliche Todes«'
srt) nmrapa^ fiir Menschen. Oer finibidrsie söllte vor
Nacht Allen aue den Augen Ht^ggeschaflt werden. Gre-
schah aber dies einem Sütidlosen, so konnten dieser da-
durch doch nicht ein für Gott gestrafter gewor-
den sejrn.
Doch in den wahren Takt ftr philologisches und
archäologisches Exegesiren ist liier gar nicht zu denken.
Ueberau hängt des V erfs. Erklärungsweise an dem längst
Abgethanen. Daher ruft er hundertmal gegen die Wi-
oeriscben £rklfirnngen tein : «,Sonderbarl Sonderbari"
tu, ohne sonst philologische Methode m zeigen. Von
Meiner Erklärung des Galaterbriefs (Heidelberg 1831.)
sagt S. V. sehr witsig : „Paulus weifs mit seinem scharf
aufgeklärten Verstände alles Schwierige und Tiefe in
denmdeten Fällen dermafsen su verflüchtigen, dab det
unbefangene Blick statt des biblischen Inhalts nicht selten
mancherlei Milsgeburten in neugebildeten Worten er-
bUckt,"" Eni aUquidf laudari a laudato viro*
Dr. Paulus.
t I r II
(ktchiebtliche Darstellung der EigenthumsverhältniMß ob H^M und
Jagd in Deutschland von den ältesten Zeiten bis zur Aushildimg
der Landeshoheit, Mün ^ersuch von Christian Ludwig Stieg'
Uts, der Rechte und der Philosophie Doctor und Pricatdocenten
an der Universität Leiptig* Leipzig ^ 6ct F, A, Broekhaus. 1832.
1 mci 309 & a.
Wenn gleich in den zalilreichen Schriften Ober Re-
gdUät der Jagden , die das 17te und 18te Jahrhundert
Digitized by GoeiJlle
ISS Stt«glUB» Gefoh. d. ^gcatlmiiit an Wald a. Jagd Ui Daiiftelil.
aiifasnmisen hat, immer auch manch« brauchbare fai«
s t o 1 i s c h e Notizen Uber die Eigenthumsverhähnisse an
WaUi und Jagd sich linden, so fehlte es doch bis jetzt
an einer zusammenhängenden Geschiohie dieses Gegen-
siandea. Oeon sowohl Slisaera Forst- und Jagdhiatorie
als Aolons Geaehichte der Landwictfa^chaft enthalten
mehr eine Geschichte der technischen «als der juristischen
auf Wald und Jagd sich beziehenden Verhältnisse, und
zumal auf die Frage über die Veränderun^n , welche
im Eigenthuni diesler Geg^enstände vorgingen, *i$t'mir
sehr wenig eingegangen. Eine sehr willkommene Er-
scheinung inufs daher jedem FVeund des germanischen
Rechts die vorliegende Schrift seyn, da sie einein so
interessanten Gegenstande eine umfassende,, sorgfältige,
ganz auf die Quellen zur ückgeheodeXIntersnchung widmet
Eins möchte man freilich gleich bei Betrachtung des
Titels bedauern, dafs nämlich der Verf. Wald und Jagd
nicht in allen ihren rechtlichen Beziehungen, .soodera
mir in ihren dinglichen betrachtet hat. Allein thrfh
leistet in der That das Buch in dieser Beziehung mehr,
als der l'itel verspricht, indem der Verf. gelegentlich
auch auf manche nicht dingliche Verhältnisse, Mriez»B.
.Forst- and Jagdstrafen, eingeht, theils bieten diese
letzteren Im Ganzen wenig Eigenthümliches und daher
kein bedeutendes Interesse dar, allenfalls mit Ausnahme
der Lehre von den Wald- und Jagdgerichten, in wel-
cher Beziehung aber rücksichtlich der Marken schon
das Hauptsächliche in einer Reihe von Schriften ge-
schehen ist, rflcksichtlieh der Forste aber bei der DQrf-
tigkeit der Quellen, wie es scheint, wenig Neues zu
h^en se^^o wird. . ...
fr
(Der B6$ekluf8 jQl^t.J
Digitized by Google
StieglÜB, Geschichie des EigenthumB an WulA und
Jagd in Deui^cUaML
m
Bin zweiCes, wa« fnan- bei Durchl^ung der Schrift
wünsche« möchte, itjt, dafs der Verf. seinen Gegenstand
üodi weniger isoUrt, noch mehr im Zusammenhange n^l
dem ganzen iUirig#o R«ohls£ii9Ulido de» Mittelalters Jbcr
liichtel hüiie» iii4kl|tfk Wir tageo npch weniger liolirt;
imn gewiC^ leistet die Schrift auch in dieser Beziehung
recht viel. Wir müssen jedoch unser n Verf. auch hiefr
gegen die Ij ngen iigsamen in Schutz nehmen. Allerdinge
M es die höchete Aiifgatie de« Heofatahistorikf»! jei^p
«Ottilie IpMltiit tor «te ei« doreh «He eoderii bedingt^
tnul getragenes zu hetrachlen und darzustellen. Wir
glauben aber, hiervon eine Ausnahine g-emacht werr
im oiiiik, wenn die Untersuchung eieen bisher n^ch
wenig oifer ger iiiolil beef belteteo <iie|[ewit9Bd betrifft
-Vir gieubieft, def« es hisr vieliaebr Pflicbl desl^emhepp
iich Bo viel als möglich an die unmittelbaren Er-
gebnisse der Hauptquellen zu halten und durch sorg-p
iiüiige Verarbeitung dieser, wobei ja bei der Ludieor
htiigkm^ deiwelbeo m m Q^lagmAmt m geietreichep
IkmbjbeliiNiee ele fcfeleo vfM, ein getreoss, in<9gli9l|9i
ebjektives Bild zu geben, Ideen aber, die- sich ihm
fficksichtlich des Zusammenhangs seines Instituts mit au»-
dmn aufiduftugen, von iler Haeptuntersuchueg getrennt
« heAhe« iiimI hiosustellea«. Gwt Itflcbt fiUirt «Me fiftrebap
«idi jeeer «lissftigea Bdiaadlungsweiee w eiBSpiliffW
Ansichten, die dann unwillkührlich in die weitere For-
schung selbst übergehen, und so dem späteren Bearbeiter
4$B Vortbeii entziehen, eef einer feilen Gruipdlage ner
Wicr jEwrlguhsteMi Vanßigtmiae xmb aber wpU dm
^Bssagto gekm, «rene, wie im r«illegelldwi Pal}#^ nm
nirtJabi«. 8.H4>it. 49
Digiiizeci
' TU SÜaglato, Qetobkiite d»« £igfuUb«iiit
IM» dtm Forscher oboo Unbescheidenheit noch keiae
imifMeode UeberschasuDg «lief altdeotocben Hechtein-*
Blilnte iittd ihr^r geadudbllif^lieB Bniwichriptiig verlas-
sen kann.
Wir wollen nun der Schrift im Einzelnen folgen, be*
' . aooders das hervorhebend , was mr Charakteristik der-
selben dient, und hie und da unsere Bedenken', Wünsche
und eigene Ansichfen beifttgeDd«
Der Verf. theilt das Ganze in drei Abschnitte, von
denen der erste den Zeitraum bis zur Entstehung der
Bannforste, der zweite deo bie nur Ausbildung der Lan-
deshoheit , der dritte die nach it» Butwickelung der
Landeshoheit eingetretenen Veränderungen schildert
Die letzte Abtheilung ist gewifs durchaus in der Natuf
der Sache gegründet; denn sowohl die Forsthoheit als
die Jagdhoheit und das Jägdregal , als die drei Institute^
urelebe in neuerer Zeit in den reditliohen VeiMltniswu
der WSider und Jagden Veränderungen hervorgebracht
' haben , sind ohne * weifel einzig als Ergebnisse der aus-
gebildeten Laudeshoheit zu betrachten. Wohi-iiefse sich
dagegen streiten über die Zweckmäfsigkeit - vod .fsihst
RIchtigkdt der ersten Abtheilung. Deon uraa die lelu-^
tere, die Richtigkeit, betrifft, so bleibt es doch immer
Behr zweifelhaft, ob nicht schon latige vor Karl dem
Grofsen und vielleicht schon in der ältesten Zeit das
königliche Eigentham und insbesondere die kteigUehen
Wilder eiaea beaeadera aiarken Sehutsea iNe
Gesetze Rothars (c. 325 ) wenigstens sprechen einen sol^
chen für einen einzelnen Fall bestimmt ans, wie auch
der Verf. S. 41. selbst zugiebt; das ripuariache Gesetz
aber acheint im tit. 60. c. S. auf die Verletsuiig des U-
'niglichen Bigettthmna die Strafe you 80 Soiidi n eetuea
(▼ergi. Rogge Gerichtsverfassung S. 43. 44.), und un-
terscheidet im tit 16. die siha Regis ausdrilcküch Yon
denen der Privatpersonen. Zwar wird in dieser letzten
Stelle auf jeden Holz- und WilddiebttuM, ehm UMr-
aekiad , wen der Wald geUhrte , dieeeibä Slmfe tou
16 Solid i gesetzt ; allein dies rührt wohl v<Mi den eigen-
Digitizeci by LiüO^lc
' tm WM iiMl JagA Iii IkMitMliM.
1Ü.
dHMiebM Aatlthteii^ iK« mM ibor des BmUs vm
Holz anii Wild in der ältesten Zeit hatte (quia res non
possessa, sagt der angeführte Titel), her, und
flchliefsl nicht aus, dafs die Verleteyng des Grund und
Bofkmi selbfll^ z. B. die Aomdiing, tm waidiem Faiie
nmeuilinh Iii #0. Q S. n reden icheint, mit hMierer
Strafe bedroht war. Was aber zweitens die Zweckmäs-
sigkeit obiger Eintheiiung angeht, so will Hell, nicht
mhehlen , da£s es ihm besser geschienen hättei wenn
«kr VerÜMser oiir zwei Abschnilte, die Zeit vor wind
4t Zeit B8.oh der Asebildung d^r Lundeebohelt ige*
QäH^hl, und im ersten nach einer allgemeinen Einlei-
tiiog über Wald- und Jagdeigenthum Oberhaupt, in
drei Tbeiiea ¥oa den Privatwalduagea , Markwäldturo
wi Porfrteii getrennt gelieiidelt hitie. Manche imange*
■ihiie SerMokelufig und Wiederholung wfirde dadereh
▼ermieden , und überhaupt der Verf. genöttiigt worden
sa^Q, den Zustand des spätere» Mittelalters dem der
Ikesten Zeit enger anzureihen 9 und beide noch mehr
VildMtfleeitillg <liirch einander n erlciftren« Insbesondre
iMdui^ wicf wir glauben, die Murlkwilder gann anderes
Licht erhalfen haben. Dena überall wird man uns nicht
entgegnen, «lafs es überhaupt ziemlioh gleichgültig sey,
welche Abschnitte inan wAhiew Nur gar zu leicht bringt
dt Zeitabeehttitt Spaltung' und Sonderung dahin, wo
IMitrgang und Verschmelzung ist, und kann so eine
|lUe Reihe von Thatsachen in einem schiefen Lichte
evscbeinen machen.
Naeh^eni^ der Verf. sich im §* 1. einleitnogswtfise
Ibar dit BeBobnffctaheit der Quollen seines Gegenstands,
die Zülässigkeit des Zurückschliefsens aus den
Miellen späterer Zeit auf die frühere, und über die
Gründe, warum die ältesten Volksrechte so wenig Ober
den fiogiichen Gegenstand enthalten, ausgesprochen hat,
Iwidsit er im ^ 2. von den Altesten Eigenthnmsverhält-
slBfen an Grund und Boden, und erklärt sich hier fQr
4ie Ansicht, dafs zu Casars Zeit die Deutschen mit ihren
Asctkar« gewochifeit hätten und erst später eia dauernder
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privativer GrttodbeiiCB eiagelireten s^. DafaIU£.| Mao-
nert Mgend^ die bekamite Stelle det OiMr ipoü VdÜ
kern, die auf der Wandernng beg-rifTeo siod, versteht,
hat er in seiner Geschichte der deutsehen Reichsver*
iissung ausgesprochen und mufe dabei bleiben. Bioe
eeiche Einrichlttttg bei einem Velke miinebinee , - dai
^ aeben feale Wohnsilce genommen, wQrrie ohne eine aeil^
feine Politik und eine grofse Macht der Obrigkeiten niclit
möglich sej^n; eralere läfsi sich bei den alten Deutschen
nicht wohl annehmen, vnd gegen leMere alpeilen die
mehrfluihen auadrficblichen Zeöifnlaae von' aaageddialer
Volksgewait. In Folge seiner eben erwähnten Ansicht
nimmt nun der Vcrf im ^. 8. weiter eine völlige Gemcin-
achaft aller Wälder und Jagden an und giebt höahstens
sn, dafe ffineelne Gemeinden schon W&lder wie gjwaa
Fleren In Beailz gfenemmen. §. 4 ~T entwiokeli da«»)
wie später ein Theil von Grund und Boden in dauernden
privativen Besitz der einzelnen Freien gekommen ^ wie
aber daneben das Gesammteigenthum fortbestanden, und
tiaa Reche der Beniilcan^ deaseiben ala Zabeh^r dea Ba*
aittsea ¥oti ichtem Prlvateigealhiim belraehtet woräHHy
wie zu <lie8em Gesammteigentbume insbesondere auch eia
gtofser Theil der Waldungen gehört, neben diesen G6-
liieindewaldangen (Marken) aberauoh, besonders in den
liKttdera, wo die lUmer firiher festen P«Ai gehabt)
talwälder besfanilen bitten ; wenn gleksh daa EigealhttiA
an ihnen noch nicht das Recht, jeden Dritten Ton der
Benutzung derselben auszuschliefsen , in sich gefafst
habe. Dieser Zustand soll wenigatens schon ebt Zeit dar
iltealeo Voikarechte , alao im Saea md 6ten Jahrluinderte
aoagebiMel gewesen Wir glauben jedoch, daii
vom V trf sorgfältiger , als es geschehen, zwischen den
Ländern, welche längere Zeit im Besitz der Römer und
^enen, weiche dieses nicht geweaeo, fa&tte anleraehlertMi
werden wMm. In jenta graten also, namentii^ in Mm
URndem weatlieh mm Rhein and südlich von der Donaa
finden steh schon gleich nach derGröncJting germanischer
V Staaten überall Privatwalduagen erwähnt; ao aameatlieh
üigiiizeci by LiüO^lc
I
m'4m ültfcheiif ff«piMiriieli«ii ^ bainsclien, iongobardi-
flehen, burguncHscheti und westg^othischeu Gesetzen.
Zw«ifelhafier ist es, ob es auch Mark Waldungen in aüaa
jus» lüadaiii gak Voo Volksgeieisen erwähal dar«-
adbea nr daa ripaameha Getela im lit. ir& Deoa die
Mlcn im Bur|i;fOlidiacheii und We$«tgothischen , weiche
der Verf. anführt, reden, wie dies schon Grimm *)
richtig bamerkt hat, luir davon, dafs die Wälder, welche
■a Jea amtebea dam rdmiachea GiHabesitaer uad deai
f «aiiiMiJiati AaqMa bei dar Erakaraiig des Landes g«^
tkeiiten Landgütern gehörten , nicht t^eulUcr getheiit,
sondern von beiden, ciem Römer und Germanen, ge-
mdaschaftiich beniUzt werden sollten. Die commarcham
des bairiachen Geeetzbuehs aber eiad wabiacheloHoh our
Bwlehagi ikrsalhaa Dorfgemarkang , ehM weitere Be-
siehang auf in ihrem Gesammteigenthume befindliche
Waldungen, vielleicht auch nur Grenznachbareu. Unser
. Verf. findet zwar eine Hindeutaog auf Gesammteigenthum
« sdani Worte aamfitfti^ welches i» XVI. GL l, §. I,
aad Griman eine in' der siha^ welebe in. XXL 11.
vorkommt. Allein «las exurtum kann eben so gut von
AnroduQgvonHaidegruud als vonAnrodung eines Waldes
•aeiataM(e» werdea, die silva in der aadern Stelle aber
fal aar« eiD»VriV8twaJd; dem daa Geseta aehreibt VoTi
4th Dar Bawohoer einer «ad derselbe Gemarkmig (oder
▼ielleicht Grenznachbaren) das gegenseitige Recht haben
sollen, ia des andern Walde (sitva aUerius) Vögel
ia iui|«n* Trotz dieaea Sobweigeaa der Volksreobte
•gbabeii wir jaidoch aoaehaiao an mHaeeo, dafa es we*-
ligstene in den Landern sBdIich yoa der Donaa oad in
denen des Unken Rheinufers, also naiiientiich bei den
Maiern, Alemaoaeo, Hipuariern und Saliern überall neben
dinMaatwftldero auch Geaieindewaldungen gab, indem
•dMelbaa aiah ia diaaan Gegendeo noch viel epftiar ynd
M^r zumTtieil noch bis auf den heutigen Tag erlialten
' In tteewlon . mdoer $cbrif| aber die MarkgeneeMiia^liafleii,
* ' ia* üw • WieiM JaMMern der Idtevalar » Bd. 45. -
>
Digitizeci by LiüO^lc
M6 Sii^glili, liMciaciite dM £%;wrilhiiM
Iwbeii. Wis dsgiaf M das wcMicIm md
betriff!, 80 mdgen Bwar dort wegen des längeren AufenW
halU der Rdmer die Gemeinde Waldungen nichl mehr so
häufig gewesen, seya, dafs sie aber gleichwohl aucküori
noch vorgeluNnman , schliafeea wir aaa aiMr biaher aaah
niohl -beaehtetoD aehr iolefasaaBtaa^ Stella In «ibmi 6«k
aetee, welches Karl der Kahle im J. 844. zu Toulouse
fijber die Verhältnisse der Spanier, die sich im fränki-
achen Reiche angewedelt, eriiefti £§ heifst dort: JUe§i
ek, 8eeundum aniiquam canau/Biudinem uUfne
paeeua habere ei ligna eueJere ei aqumnmn daelat
pro suis n€C€88iiatibus ubicimque pervcT^ire potuermt ,
. nertime contradicerUe juxta priseum morem Sem-
per deducere.
Anders aia in den Lindern aftdUnh 4m OmIi
und weatllch ▼am Rheine dürfle aieh dagegen ni^ »
aerer Ansicht die Sache im iunern Deutschland verhalten
' haben. Hier glauben wir vor dem 9ten Jahrhunderte
weder Privat- noch Gemeindewaldungea annohioam aa
kdnnen , sondern «na die Wilder fiberliaapt am «ngehaMr
an Umfang denlien so missen , dab an eine Vertheilnog
derselben an Gemeinden oder gar einzelne Personen und
eine Beschränkung des Nutzungsrechts noch ^ar nicht
gedacht ward. In dem sächsischen, friesisdiea omI thih
ringiadien Gesetabuebe wird denn amdi ebeo daawtfen
nie eines EigenÜMMaia an Wildern Erwihnung gethao,
und eine Stelle im thüringischen scheint uns sogar einen
indirekten Beweis zu liefern , dafs. zur Zeit seiner Abfas-
sung noch kein solchen beliannt war. Es heiiki nimiklb
in XVII, 2: Si homo , quadübai mtwhkumnam-
ium ad eapkndaa f^raa m ayfoa poauerii ^ ibique
pecua — uüerms captum vel mortmtm fuerU , qui
machinamentum fecit , dammm emendet. Oefs Je-
mand für Schaden, der einem Thiere auf eeioMi nignnn
. Grnad und Boden zugeslolken, einaiahea ac^lt, im aehr
«nwahiacheinlich ; ea kann also das s^/i;a wohl nur von
Wäldern, die in keines Privat -Eigenthume waren ver-
standen werd«fi, und daa iiuo dies nic)it wadcQQÜiob
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«B Waid unil Jngd io PcnUfliilattd.
(Migef&fi ist, bat ^hAI ia nichts anderem seinen Griud,
tii dafe Ibarhaiipt mcIi ftr kaim Privalwäldar
Seit dem 9ten Jahrhunderte scheint nun aber auch im
iaaern Deutschland Anbau und Bevölkerung so weit vor-,
geschritten zu seyn, dab man an die Vertheilung dec
Wilder *) m denkaa aofiof t daher finden fiich <fen
ia dwi Urkanden dieser SSeil die enteo %nreii Von 6e«
meinde- und Privatwäldern. Unser Verf. hat uns von
(leo ersteren mehrere interessante Beispiele mit^etheilt«
& heUst es io einer Urkunde von 806. (S. 13a Note 36.)«
^ tradidi — patiiculqm heredUaii» ^ fftofrii lor
km tue»» id eel iatmm emnftehmnhnem (wahrscbein*
lieh Bifaug) in sylva, que dicitur Hoissi m aqtälonaU
ripa fiuvii Rurae — communionemque in eandem sil^
Dom. In einer andern v. J. 801. (S. 133. Note 12.):
tindirft 'gmttmdam kms^diUUh meae ^ m väla UaUr-
i§im domimdkmemque m ayJvm ad supradMam
mllam perirnentea cum pastu pleuissimo Juxta modu^
bm curtilis ipsius. In einer dritten v. J. ?98. (S, 150l
MfHke 2&^^ ; tradidi — curtile vnum , et . ditodeeimam
jVM^ m 9yhHvn qmi0 dicüur Braclag cum paacm$,
d pkna dominaikme. Zwei andere Stelleo aoi dieser
Zeit, die uns aufgestofsen, wollen wir nachtragen. Es
ll^in den Tra^t Fiildens. p. 125: Fratres Fulden-
d^denmt^ — «innsee XXXIX. omn fonie ad
mUm fmiatdvm, quwdwmm^e eoram^parth ibidem
i
. *) Ucbcr die Art, wie man dabeLsu Werke ging, theilt uae der
Verf. S. 149. Note 19. eiae iateretMirte Stelle ane dea Maamn.
Boic. \. p,. S82. mit. Be Mflit dart: JMIKi gvldaai eaaet 4§
ChasteUn, — inf^restvs cum «ervii et rMlInlt «rfi « üleraia
vam in loco , qui dieUur Helngtrnpenga , ^ e* eilt «vna —
, absQue omni contradictione apprekemUt: detft nu» ui et erat
communem silvam de legitimia curtiferia apprekmidere t cl in po-
testatem sui juris tarn populari more, orÄomai iciöo^ «letiMMi* ,
ignium uttione domorumque edificatione, qiUiM tHstM' dfal an da
eodem loeo, quod her€dit4irio jure /^e^ilolMI ntjaSM PM f^jc
üigiiized
Stlflglltk»-OMclilchli det iäigaitliiitta
e«l 'ei cum Mlba eonrnnmi, quae mmlte tml ki pi»g4
NUhogowe. Pernef in F'ormul. Golclüst N. 15. (Caf»*
ciani II. p. 427. c. ^1) : oiwKm ntiUiaiern id est in pä9^
Ciäs, *^ in lignis caedendh et in omnihua , quibus
hmo in ctmmoü naUu tUi p^ewi. HioSf Imsitnl ftwM
ikiHoä thmlils das Wort iharckw so tdf , rfalti «s- aMIiI
\^6h\ Hwas anders als gemeinschaftliche Wälder bedeuten
kann. Z. B. Form. cit. N. lt. (Canc. p. 425 c. 1.): crcf-
Jmetitia cuncta, pascuas, marchas, aquarumque de^
eur$hnei. N. 18. (p. 426, cl.) V. hobm ti tä$mi
kwn tunÜB aiqHe ctnn ffätnähh - tnarotM ad tä^
dem periineniihus,
* Sehr interessante Beispiele von MarkwMIdern atf9 ^lüfl
Ilten Jahrhaoderte bat G r i in m in der oben aogeffthflaa
AecetMten gegebea 9«il dem Ilten ^erdeft-Me daM
lAiftier hioiio;er. Wie aehr wfir« M wluaehm, dalb$
besonders was die Urkunden* des 9ten Ms Ilten Jahr-'
hunderis enthalten, sorgföltig^ gesammelt i%'ilrcle. Wir vei^
denken es unaerm Verf. einfgemDafsen, dafs er aioh
Muhe ttlchl unterzogvD, da ea bei Getegpaiihcat *<lef B#*
titit^ung jener Urfcttnden Mr PrivatwMder, Forate uad
Jag;(Ien in einem hingegangen %vSre. Betonders erläu-
ternd für die Geschichte der Marken w&rde es aber
tinsres Bedflaketia ae^n, wenn man eiitfe IMler tnehrei<«b
Mariten voti der ersten Spur ihrea ¥tMlrommete bis arf
^le neneste Zelt verfolgte und dre Teränderutigen , ivel^he
init ihnen vorgegangen , die Theilungen , welche bei
ihnen- statt gehabt, mit Genauigkeit auszamitteln suchte^
Ea bleibt uns noch übrig, auf den vom Verf« aufge*
siellteo Sats, dafs daa Eigenthiim an PrivaturUldera , wo
«s überhaupt vorkam, doch noch nicht das Hecht, jeden
Dritten von der Benutzung derselben auszusehliefteo , in
sich gefafst habe, genauer aufmerksam zu machen. Klar
ist dieser bisher noch nicht beachtete, als UeberbMbsel
dar früharen Tdlligen Freiheit der Waldbenutzung zu
betrachtende und eben deswegen gewifs sehr interessante
Sata ausgesprochen in der L. Burgund. 28v 1 ^ wo es
heilst: quis Burguadio anU Rmmmm^ tfftkmm mn
üigitizeci by LaüO^lc
»
Mmi^t iwidcmät ligna 4t4 ««wmm 4i9 jtMeniißh ei
rtan potesiffttem , und dann sogar enie Strafe auf das
Abhatten Ton Seiten des Waltieigenthflmers gesetzt wird.
Da«6elbe scheial herVorMgeheii «M L. Sah 27. 28c &*
fiib orftorMi f9»i otamvni fwm ßterH signaia ptt*
H/tM'f •milltfiti citAicte h&b^m iMtptnn^ #t ywi» m^iA
annum eam capulaverit — solid, III, culpahiUs judi-
cdur. Doch liefse sich diese Stelle auch von Gemeinde^
waidungee verstehen. Endlich wUnd in demsetben Geselle
«rf i* dem ^ripuartsehen Die einer Cmpoeitioii dee
PfefcttahtB «tehemler Btome/eoudern nur von der «chen ,
Ifrfianenen und bearbeiteten Holzes geredet, und die
Bufse, welche darauf gesetet wird, ist überdies, wie
auch in deo loiigobardiecheii Oeseteen, iiii?erhAlliiii»^
Hifölg gering, wo¥m dee ripuerieche Oeaels, wie itthon
'Aea erwähnt ward, als Grund angiebt: qma Ugnum
mn est res poBseasa,
Im §. %, und 9. wird nun von dem Jagdrechle gehan«
Mt| Md der Verf. elellt hier Iheils aMe.ia defl «iMlea
fiMieliNin irofkoAaMleiidAi B^mmuiigeti f ber^agdgege»-
ÄtSnde zusammen, thell« jaucht er zu beweisen, dafs das
Jagd recht auf Privatgruridstticken dem freien Eigen-
thUmer, in Gemi^nde Wäldern allen Markg^Mssen ge*
Mnediafttieh sagesrteiideii faube, Unfreie aber nie Mlün
jägen dtl«4^; Sclfwevti^h ^ird iMn gegen diese Sitte
etwas Gegründetes einwenden kdnnen.
§. 10» redet endlich von den königlichen Waldungen,
ttiH) es sollen dieselben nach des VMfsk Ansicht damak
Mehfttftiebte von den Mirigen Printlwililertt verseiiiedeb
fN^^sen %efnt Blil^ Ref. hierin andrer Meinung, hat «r
bereits oben ausgesprochen uud mit Gründeo zu unter-
fitüt:ien gesucht.
Wem wir bei den cehn ersten PMtgntfken «nseres
UKerk« «AiMib Minger MS Ye^mlt haben, so kMtten wir
dlig^gen bei den sehn folgenden , welche nadi einer Ein»-
leitung über Jagd und W^ldvcrhültnlsse des sweiten
Keitrann» überhaupt und üket die (i^eiien dieser Seit,
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7m StiegUU, Gescliicbte de^ Elgen^niiif
von der Eatstehiingf , Beschaffenheit und weiteren Bnt-
mckelun^ detr liiMiafarste haodeio, desto kurzer se/D,
<h det V«r£ gerade «vf dieee« TlieU eeiae Jthuftmrfjbk
ipawmdai, umA mr> alt» «bn« Aaaudimmg ceittw Fat-
schungen uad Ansichten nicht entgegeazutreten wagea
. dürfen. §. IS. redet zunächst von der Art, wie die
Bttfinforst« errichial wurden und voo dea (irttodeii) warum
ilur . ünfnmg uaier lUrl dao Groftan fetalst verdaa
«ftiaaw Auch berührt hier der Verf. die Mdeer*aehe,
wn Grimm gebilligte Ansicht, dafs die Porste aus den
Jheiligen Hainen der Deu^hen eut^taodeo seym uad
•vhlirt aich gegen, dieselbe, weil mm Bieht einsehe,
eroiimi dieie Feiste Mekt tteuMttellNir u die KJceh»}
aeodera aa den üLönigp jiml diesem erst dereh Schaer
kling an jene geiiominen, da doch in dem Capit Car.
de partibus Saxoniae c. h ausgesprochen sejr, dafs die
Heehle der Tempel in grdfsereei AIaCm aef die Kirchs
Abergegaiigen. / Ge^lfa ein Einwand tm nioht.iiäbedw-
tendem Gewichte. Der Beispiele von Errichtung von
F<U'sten giebt der Verf. hier und in den folgenden Para^
graphen viele. Wir hätten gewünscht , dafs er nach
:VeUstäadigkeit geetrebt oder ^lenCUle seine» Werlte dm
Speaialkaiie ven Deeieehiaod init Angebe eller bdnne^
gewordenen Porste beigefügt hätte. Dadurch wäre nichl
unbedeutend einer Marken- Karte vorgearbeitet worden,
weiche immer noch zu den frommen Wünschen gehört
und freilich anch wofad grIUeere SehwierigkeileD ka^>
- Ba folgt nen von §. 14 — IS. eine Schlldening der ««f
die Forste sich beziehenden Rechtsverhältnisse selbst,
und zwar wird in §. 14. zuerst von dem Wesen der
Baenforste im Allgemeinen, ihrer Gröfse, den über sie
angestellte» Beemten, der. Strafe dea KdnigabaaMi W|d
der später an ihre Steile tretenden geredet, im §. 16.
aber werden die J agd Verhältnisse , im §. 16. die Wald^
Verhältnisse in den Forsten besonders betrachtet. Die
Jagdgesetae Karls des Gr. und die Beatiaunuogea 4m
Sadaranr «iid Sohwebenspiegela werden mMmaienge-
stellt,. V^leihMQg der Jegdgerechtigki^.eii aadere v(mi
Digitizeci by LjüO^Ic
«a 'YVaid uad Jiig4 in üeuU«:hl«iid. •
SiiieD' des Forslbeirn kommt schoo 4fter vor, um\ selbst
dipeifttchlosseoe Zeit wiftt d«M «nribfll Die Jagd*-
kig» wird «Im Foivthcm ignyelnt; dk» Betdiria«*
knng des Forstbanns auf gewisse grdfsere Thiere aber,
also den Unterschied zwischen hoher und niedrer Jagd
in der späteren Bedeutung leugnet der Verf. Ar diaaa
2iti Das 4mgdwk^ entteekte mtSk mok llbar eioge*^
ÜMIteleOnmdaticka, doeh mdil in der BagfA mur ÜMf
€Olche, die nicht achtes Eigenthum waren, so dalk also
das Jag-drecht fortwährend Ausflufs des ächten Ei^en-
tiMuas bheb iiad nur, da gerade damals so Yieie Freie
dkisa leMava aQ%akMi vod. mwS g^mulkkm ttod ladt^-
Mm Gralbe IbaHnigen , im immwr wemgwm MUkIm
coQcentrirt %vurde. Gesetze über die Waldverhältnisse
in den Forsten, namentlich iUier Aoroduugen, kommen
^fofiilte in den Capituiarien Karls des Gr. vor, fehlen
drit gäaxlidi im dM ftacbtebieheni uml is deo Ui^
hiadt» dgr gwiaahuu— ili Erat ala lUe Fotataadkr dasdi
Dtivastation gelitten, erscheinen sie wieder; so in einer
Urkiinde des Klosters Maurmünster vom J. 1144. und
de« Klosters Lorsch vom J. in aiMOi Geaate Hai»
ficto.VlL l^iar da« Nirobatgier Foiat» in Verof düwgcn
Ladwigs IV., Karb IV. und Albaechts L u. s. w. Anfso'
BestimnauDgen über Aurodung enthalten diese späteren
Forstordnungen dann auch scboa Voraohriften über die
Art des Holsäiaba, der Hutung, besonders nutSchwauiaii
ttri ider BienauBiielil fia daa Wäldani, Nntanngsarten.,
a^iche häufig den Umwohnern daa Forsts gegen gewisse
Abgaben (Forsthafer, Forstzehnte) und Frohnden (Forst-
dienste) Ubarlassen waren, ächliefsiich jiiacht der Veir^
iafiwiBriiaiMii anC die Aehnlichkait der Waldbeantnngar
mfcta iB den Fmaian mit danan in dan Marken ^ «nd
«rklärt dieselbe besonders daraus, dafs viele Forste aus
Marken entstanden. Interessant ist in dieser Beziehung,
(ia£8 der dreieicher Forst einmal Mark, ein andermal
du Kaiaar »banlar M|rkar übar dan Bfid^gar Raicha*
im gaoannl wird, und dafii in einer IjFrkiinde van 1819.
fimml geforstete Markeu d^ Grafen . yon Nasi>au voiv-
«
Digitizec
704 SiiegUia, G«tt:hicUte tiea Ligenibaius
koinaien. Im §. 17—19. wird nun von der Krwerbuug
der Forste durdi gwfiidie und wdllicbe.Groräe geredel^
imd ak &rwerbiiagtgiril|Kle «otvraehaidel dmr V^rLkwhM*
Hebe Verleih tmg nm ReiobirfbreUn , kal«erliehe Erihefr*
lung des Por»trechtö auf eig-nem Grund und Boden,
eigenmächtige EiafoESlung toq (xameinde Wäldern , eigen-
mächtig» Verwandlung etoe»*8]ir AaÜNclii Bad -Verwalr
tung K^riragenen Beidisfonila in eigaea Basilcikaaik
Der nun folgende zweite Abschnitt handelt im §. 20
bis 23. von den Marken , und cfer Verf. beschränkt sicH
hier darauf^ eine gedrängte liebersicht de§ in Grimms
RechtaaltertkDBiarB und in laeinarficbrifit ftbar die Maikr
fpemteenacbaftaa Bcfiadilchtn . su gebtat W^r hMMi
freilich gewünscht, auch Uber die&en interessanten Ge«
genstand weitere Aufschlüsse zu erhalten, sehen aber
.ein 9 dafs so lange oiebt neue ürkundaa eugänglich War-
den, beift bedentaiMler Fortaahrttt möglicii tat Bm
lla£ acilNtt iai aeii dar Herausgabe aeioer SohtiA .Ui
seiuen germanistischen Studien nichts Neues aufgestofsea,
als eine Aufklärung des ihm und auch Grimm unver-
atimdlich gewesenen Worts Schar, walobie wir hier nicht
.moTMilbaUen, wollatt. £ia heiAn ia einer mir handadirifi^
lieh mitgetheilten , in dem Arehir dea Klosters Cappel»-
" berg in VVestphalen befindlichen Urkunde vom J. 1S51:
Unweraia prae^entia vimris vel audiluris pateat evt-
deniet quid ego Atnoldm. de Estene «Jtea dkim 4e
.Kaniepe« pr&pHa a^ Bpmdm^m v^kmMey de eamcnin
et beneplaeito lAfnehe uroris mcc legitime Brunoms
fiUi nostrt Julie et Gostike ßliarnrn nostrarum , ff^c
.130» heredum et eoheredum nostrorum Qmnmrn vendi^
etjreaigmnd riie ei raiiemduUier juaio MndManm^alo
dmnino praepeeUo ei 'oeuümdm KmpcfAergcimi ^ gdb-
decim rasuras lignorum quod vulgo dwimt vi/iin 8chmr
holtfs suas [Leg. tneas] in mcirka tho Bereh-Ka-
mene ud -haUendum ei po^ideRdum Ubere herediUme
ei ib p^rpiimmt pro mere proprio queä vulgo dimtHi
ver ejfm dwelaeki eygen emm eetrum jurttm^ mUHkh
Obus r aiiinentiis et oppmdiciiB ^buacunque pro eerta
üigiiizeci by LiüO^lc
mn Wid4 mnä Jag« U DentMlilMidl. M
pmu^ Hmma' mhkl ad mhmiaiem meam pläm ira^
dka et sobitu et m usus michi et meis heredifnt^
cessarios jmsitn et canversa. Aus dieser Stelle geht
nun mit Bestimmtheit hervor, dafs das Wort Schar nicht^
«itteh frtther behattpt«t«i, Bof da« Maslrecht beschrioki
«•rdea ihrf^ mmkro ihib es a«eh von der Beholeigmi;
{gebraucht ward, und al$o gar nichts anders als ein
irieeller Antheil an den iVlarknutznng'en , mithin ganz
gkichbedeatend mit dem Worte War, Wahr ist.
• im drieten Abaehohte (§. 24— M.) wird eodlich m
rieft EigeothaiiiftTefliäktiiaaeB aa Wald und Jagd b«i deä
Privatgruiidstücken geredet. Der ältere Begriff von Wald-
eigenthum verschwindet nun, der neuere, der eines aus*
«kliaMichen Rechtes, tritt an die Stelle.^ Die Haupt-
lHaiGli« 4ea Uabergangs aetet der Vert io di« Aoabil'^
AiDg d^r Balmferate. ^,l)eiiit,'** aägt er & 143, „dit
Ärch die Einförstungen erfolgte, theils gänzliche , theils
nor theilweise Ausschliersung der Aogeseasenen von der
fi€nfileiiog der Forste 'Unter schweren, kaotn Sil er*
idiwingeiifleA Strafen , tand io späterer Seit ancii nni^
4or Furcht willkfihrlicher harter Ahndung, mufste eben
sowie der Ümstattd , dafs die den Umgesessenen in döH
Forsten verbliebenen Nutzungen nicht mehr wie früher,
jUhafblia bloa durch ihr BedfirfoiA begrenzt, oder gav
tt'Ihre'WIttklihr gestellt waren, sondern dafs hiet#be^
feste urkundliche Bestimmungen entworfen, und diese
oft unter Form von Gnadenbriefen ertheilt worden, «nd
fkb solche Berechtigungen durch eben solche Erthei-
hftgiiu öfk auch andere, als die nrspriingttch Beredi^
tigten, empüngen, dteldee etttes filrmlichen Bigenthmits ^
nach und nach erzeugen, neben dem die Erhaltung aller
dieser Berechtigungen, als Rechte Dritter an einer freni-
<len Sache, sehr gut bestehen konnte. War aber diese
MM'mneB BSgenthta» an Waid in einem dem ntasereii
artie liegenden Sinne einmal dh, 160 konnte sich dieSeHi«
atieh nicht auf die Bannforste blos beschränken, und ihr
Uebergang auf die den Privatpersonen zuständigen Wälder
ittAMgMieinett ilichf ansbiaiben.'* Bestiligt schehit diese
Üigiiizeci by LiüO^lc
m SÜcgUU, GuckUkiß dm ISigoiiaiami
AnädU beaoodeM imnh eine Stelle im* IniffMhes LtiidU
raohle, wo Privaiwälfler Ba;D'DMiMr geoiml
dft himm wohl dne Hinclevtoiig^ ««f den FWsilMiBii «A^
halten ist. Zur Zeit der Rechtsbucher findet sich naa
jener Begrifi: eines Eigeolbums an Wald schon ausge-
bildet; als Resl des älteren Begriffs erscheint aber, dtb
Mch dboD dieaea fteohtabtehm Bbigriffo ia jeam BigM»
thum hirter geahndet werde« sollen, wenn eine Mfihe«
waltung von Seiten des Eigeothüiners an dem Holze statt
gefunden. Uebrigens werden die Privatwälder selten als
Ar sich allein 9tehoiidoBesit£iiagoa, »ioiiahr fasl ianaer
d« Skbehdff der Hife uod AtclMr, ud swar nicht blas
der Freien, sondern auch der Hofhdrigen erwähnt; im
letzteren Falle hatte jedoch der Besitzer natürlich nur
die Rechte am Walde, s weiche ihm der Gutsherr ein-
geriuml. RSokaidittich 4m ^i^dftiato onoht dtar Vurf.
m bawaisMi , dafs auch ia di«aom SMlmnm die Jagd «w
Regal, dafs ^ie vielinehr auTberhalb der Forste stets er-
laubt, und dafs die Jagd befugntfs Pertinenz des Grund-
hesiteea und swar nur des ächten Eigenth^ma oder dar
Medkim Lehiie gew^aea Der.Bewoia dos eiolea StalM
arird besoodora aiia dea Rechtridleh^ geführt, dm4m
zweiteil aus zahlreichen Urkunden, in welchen die Jagd
als Pertinenz vorkommt, und aus altgemeinen historischea
Gtinden. Eiowfirfe der Vertheidiger der Ragatität wer«'
diu widerlegt Wir fikgm alloii dieses Sllaoa , deM
wir vebedingt beiatiiniiien, nieiUa hiaiii, elf <eHie SteMe
aus den Gesetzen des anjB>:elsächsischen Königs Caiiut, in
ireleher trotz der früh in England ausg;ebildeten Forste
die völlige Jagdfreiiieit auf eignem Grund und Boden
«aadrllölKlicli wierkaoot wird. Sie hiilet (CawiaBl IV*
p. 310. G L): Fefe etiam, ui qwJihet homo sit digm»
venatione sua in sylva et in agria sibi proprüa , ac
rnksiineat quiübet a venatiane meu ubicmfue paae»
haberi volo pro piena muleia.
Wir koaaaeo aor dritten Aibtheiha^:, die aad^ dar
Eatwickelung der Landeshoheit statt gefundenen Verän-
denmgM abliaodeliid , and betliohränken una lii^y dadio
Digitizeü by LiüO^lc
ÜB WaM iia4 Ja§4 in DeuUcälaiui. W
Uoiersucbung oun immer fe^lercaBoden gewiMi, wmhf
WIgiich damf, «im Chmg , de» d«r Verf. geiioMiMii
rad die Resultate, die er gewonnen, ansudeulen. $-30.
fedet von der Ausbildung der Landeshoheit und ihrem
Biaflaft auf die Wald - und Jagdverhältaisse im Allge-
Bigenthumiklie Anaicliteii aagl der Ver£
„iberLaBdeahoheU, aiit der dieütmii Jcriataa^
ehe sie den Landesherrn für den prmceps des römischen
Rechts anerkannten, nicht recht wufsten, was sie aufangen
soUteai ttod die sie fiir ein merum mixtum knpe*
rim, waaeie mil rtoiachen Amteideea (pt'a^eoim jirae-
krit0 ) in Verbindung braobten , aaeahen , aua der sie
aber doch endlich ein allg'emeines Laiuleigenthum , über
dessen Wesen nie klare Begriffe bestanden, durch tlie
Verbindung von grofsem Privateigenthum , iehnsherrii^
chit Gewa& mmd Regieruogsrechten io der Hand dee Pfla«
stobervorgerufeu, biMeten; Eiomiachungen derLehaen
des römischen Rechts, namentlich Anwendung und Aus-
dehnung der den Vortheil des Fiscus betreffenden Vor-
sobriften; DenonstratioDOT aua dem Staatszweeke , und
«inaaiilioh fiberiattftige Au Wendung der Lehre vmn öfibnl?
Ktbea Wohl : diea -waren dieMeinenle, die tbeUa UMt fast
gänzlicher Unkenntnifs der innern deutschen Geschichte
nod der deutseben Rechtsinstitute, theiia aber auch %vieder
a«f einzelne derselben, die dem Leben näher lagen, ge»
giiodet,' die AuabUdung der RegalitStalehre fiberhaupl
blrvieriM-aehten.^ Nachdem dann §.31. die Terschiedeaen
Ansichten Anderer über die Entstehung der Forsthoheit
kurz berührt^sind, wird in §.32.33. das Wesen der Fort«
haheit genauer entwickelt, der Unteiaebied zwischen Ihr
ii# dem älteren Ferstbana gezeigt, und der Inhalt der
daaeinen wichtigeren Forstordnungen angegeben. Ein
zweiter Abschnitt (§.34 — 42.) redet dann von dein Jagd-
und zwar §.34. und 35. zuerst einleitungs weise von
dem Begriffe und der Bntatehung der Regalien überhaupt;
Ah fiaMehungs^rOnde uimaait der Verf. an dai grofte
tteudeigenthuni des hohen Adels, Uebertragung der Re-
galien der römischen Kaiser auf die Deutschen , und Ver-
leihang derselben von diesen letzteren an die Landesherrny
Digitizeü by LaüO^lc
I
708 Stiegliti, Geaeh. d. fiigenibuiii« an Wallt n. HgA in Deutschi.
Mdlich Aamaftttiigeii der Landesheria ^ durch Lehren der
imnBkm von einem dmnmhm terrUmrii, von d«t* Beför-
dhirattgf de» Mhirtlichen WoMs il dgl. nstarallW. §. M
mlwickelt nun das Wesen der Jagdhoheit auf? den älteren
Jagdordnungen, §. S7 — 40. die Entstehuoj^ des eigeot<>
liehen Jagdregais in ein igen Ländern. Vorbereitet war dk
Jelztene bctondeni dnreh das Foraircful, uidrai I)ieil8 ndiM
•n deo Porsten sich ^ianicIlMde BeispiM die Idee e\w$
schon begründeten Jagdregals mit hervorrufen half,"
theiis die Grenzen der alten Forste leicht materiell ausge-
dehnt, und so auclr ia andern Landesdistrikteo die -dm
Laudetfaerrn ia jeim znetebeede Jagdbefiignifa erwerihes
'werden keimfe Fördernd wirkte daen ein : 1) die Jagd-
hoheit, indem theils die Vieldeutigkeit des Worts Wild*
bann benutzt ward, theils das in der Jagdhohßit enthal-
tene Recht, die Zeit des Jagens zu besliMMnen, auf deo
Gedaoken führe« kooiite«, dab die Staalfl^^ewali das Ji^gM
Mch ganz verbteteii dürfe, theib der allgemeiM «ed eo*
bestimmte Begriff des öffentlichen Wohls gar manche Be*
schränkuug des Jagd rechts gestalleie« 2) üer Einfittf^ voa
Aasiehle« der Recbtsgelehrtes. jMAiuehe DahiMi M
nilg^Mbee. Eigeothom des Püreiea aat Liande an« Ml
gründeten dieise Annahme theils auf einzelne Bei$pi«k
kleiner Territorien, theilf« auf die Analogie des dommium
numdi, welches man dem Kaiser sebou zuzugestehen ger
wohol war, theMa auf die grofse AaedehmiBg des Lekos^
irefbaadee. Andere Jurbieadagegm nahmen' das Jagdregrf
als durch Immemoriai Verjährung von Seiten der F^urstes
und stillschweigenden Consens der Unterthanen entstandefl
an, während noch andre die Regalität aus dem Wold des
fiteata herleiieleii , weil Mine dieralbe die Jagd mrwüiMi
Gelegeniieit zur Afbettlosigkeit, mw Verwilderfnig, z«
Streitigkeiten, Meutereien und Aufruhr gegeben werde,
and weil die Jagd eine Vorschule des Kriegs sey, diese
aber der Leitung des Fürsten untergeben seyn müsse,
findiich nahmen'' viele ilm Gründe ave deoi rünusch«!
Bechie, nnmcndkh aus den Ornndsitoen deaie||ie»..iber
herrenlose Sachen , her.
. (Die PottMetMung folgL}^
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N\4». HEIDELB. JAHRa D. UTERATUR. 183a
Stiegiii», Ge^chiehie de» Eigenihuim an WaU unä
Jagd m Deutschland.
Nachdem daon noch im §. 41. gezeigt worden , wiet
9ch die A&sichi, dafis nur Adliche sur Jagd berechligt
ttjo könnten, ausgebildet, wie die Eintheilung in hohe
nad Biedere Jagd häufig dazu beigetragen, wenigstens
die Regalität der erstereu durchzusetzen, und wie die
imnier häufiger werdenden Gaadexyagdeu ebenfalls die
Idee der. . Regalität begünstigten, werden in §• 42. die
hftdeatendsteii praktifleben Felgen der frQheren Pteragra-*
phen in folgenden Sätzen zusammengestellt: Ij Geineiu-
rechtlich ist das Ja^drega! nicht; weder eine allgemeine
Gewohnheit noch ein Reichsgesetz läfst sich nachweisen;
der historische Beiveis, den die Juristen zu führen ver*
Sicht haben, ist unrichtig. 2) Seibat in den Ländern,
io welchen die Regalität besteht, ist sie nie durch ein
klares Gesetz eingelülirt worden, sondern hat sie sich
allmählich ausgebildet; als Kriterium, woran die Exi-»
fUsßz derselben in einem einzelnen Lande zu erkennen,
mufs daher besonders die Vorschrift betrachtet werden ,
clafs beim Jagdrechte im Zweifel die Vermuthung für den
Bei»itzstand des Landesherrn streiten, der Unterthan also
den Beweis der Verleihung oder unvordenklichen Ver*
jfiinihg führen mOsee. 3) In der Regel haben jedoch
die Ritter und öfters auch die Städte zufolge Ihres be-
deutenden Einflusses auf die Landesregierung wahrend
des 16ten -Jahrhunderts, kraft allgemeinen Privilegiums
die Jagd auf ihren Gütern behalten. 4) Ist iq eiwlm.
I^bnbriefe die Jagd nicht auadclicklich erwähnt, ae kommt
es darauf an, ob derselbe vor oder na§ch Entatehung dee
Jagdregals verfafst ist, nur im letzteren Falle ist dem
Vasallen das Jagdrecht abzusprechen; wo gar lieine Re-
iXVI. Hkr^ 8. Heft 49 '
üigitizeci by
gaiität der Jagd statt Imdet, kaau nie eine Nichtvcr-
leihuog angenommen werden. 5) Im Zweifel ist nur die
' nieder« Jegd ab Terliehen zu betrachten. 6) Das öfters
d«moii6trirte Mit- und Vprjagdrecht des Landesherrn
ist nicht begründet und widerspricht sowohl der Natur
einer Gerechtigkeit als eines Prekariums. 1) Auch die
Jagdfolge ist öfters, wenn sie von Unterthanen gegen den
Latideftberru uuegefibt werden soll , an ausdrückliche Ver-
leihung oder uuv^rdmiküche Verjährung gebuodeo worden.
Im §. 43. spricht der Verf. echlierslieh seine Vermuthuu-
gen aus über die Veränderungen in den Wald - und Jagd*
Terhättnissen , welche die nächste Zukunft bringen dürfte.
Br hofft und erwartet Heschränkung der Forsthoheit auf
eine der Natur der Sache angemessene j)olieeiiiche Auf-*
i^icht, Aufhebung der Porstgerichtsbarkeit Privatbereeh-
ti^tcr, sowie der Vorrechte und Begünstigungen, welche ^
den landesherrlichen Wahhm^^en^ gegen die Privatwal-
dungen zustehen, Ablösung der Waldserviluten, allge-
meine Verpflichtung eur Ersetzung des Wildschadens,
BeschrSnkung derihgdhoheit, Beschränkung oder selbst
Aufhebung des Jagdregals und Rückkehr zu dem alt-
deutschen Grundsatze durchgängiger Verbindung der
Jsgd mit dem Grundeigeathume.
jl|f*teiip« de la diplomatie; ridigi pr^alahlement en Sbauch« pour
Hrvir de base et de gwde aux eonrs de diplomatie theorique et
proeifuB. Par Hellmutk ITinier. Pwrü tmd Befliß 1830*
läXXIund^S* %.
Die Schrift enthält theils einen discours preUmi-
naite^ theils einen AbHTs des Systemes, das der Verf.
dmsaäelMrt ausunftthren ged«nkl In der einleitung' er-
Mftvt si(dh d«r Verf., der ff »her Vortesuiigdn tthtt die
Diplomatie in Paris gehalten hat, über die GreiHllagen
seines Svstems. In dein Abrisse giebt er die Einthei-
lungen und den Inhalt der einzelnen Paragraphen.
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Wialer, Sy^kmt 4^ U filplomatie. III
Die Staatswisseusehift , sagt d«r Verf., zerf&llt io
iwei TMle. Dar ^im htudeil voo den ioaereo, der
aadere von den ftufeereo Verhältnieseo der Staaten»
Den erstem nennt der Verf. die Po H Ii Ic (oder die Staats-
wissenschaft in der engeren Bedeutung*,) den letzteren
die Diplom atie. Voa der Diplomatie giebt er foU
poden Abrilii;
Erster Tbeil.
Materielle Diplomatie.
Erstes Buch. *
Philosophieche oder rationelle Diplomatie.
Erster Abschnitt
Natnrrecht der Staaten oder Metaphysik des äufserea
Rechts der Staaten. (Völkerrecht.)
' Zweiter Abschnitt
Natürliche Politik der Staatea oder Metaphysik der
auswärtigen Politik der Staaten. (Hier scheint der
Verf. die Völkermoral abhandeln zu wellen.)
Zweites Bnch.
Geschichtliche oder empirische Diplomatie.
Erster Abschnitt
Aenfsere Statistik. (Oarstellong des dermaligen Zu*
Standes der europäischen and der amerikanischen
Staaten in Beziehung auf iiue auswärtigen Ver^
bälloiss«.)
zweiter Abschnitt
Positives oder praktisches Völkerrecht (Aach hier
wird der Verf. nicht blos auf Buropa , sondern weh
auf Aiuerika Rücksicht nehmen.)
Dritter Abschnitt
fmliw oder praktische aaswärtige Politik der (earo^
' päiscben und amerikanischen) Staaten«
Zweiter Theil.
Pormelle Diplomatie.
Erstes Bodi.
Vtrwaiiiuig der lauswärtigeii Angeüegenheiteu der
Saaten»
üigitizeci by LjüO^Ic
r>2 Winter, Sytttoie de In dlplomttie.
Erster Abschnitt *
Von dem Ministerium der auswärtigen Angelegen«
heiten.
Zweiter Abschnitt
Von diplomatischen Missionen.
1 Zweites Buch. .
Praxis der auswärtigen Angelegenhelten.
Erster Abschnitt.
Von dem diplomatischen Style im Allgemeinen.
Zweiter Abschnitti .
Von den einzelnen Arten diplömiUischer Schriften.
Dritter Abschnitt.
Von den Schriften^ welche sich insbesondere auf die
Dienstrerrichtungen diplonuitischer Personen be-
sdehtt.
Die Idee, welche dem Plane des Verls, zum Grunde
liegt, darfte, nach Retns Urtbeüet allerdings Beifall
verdienen. Man kann zwar darüber streiten , ol> der Name,
welchen der Verf. für die unter seinein Plane begriffe-
nen Wissenschaften gewählt hat, — der Name: Diplo-
matie, — der passende sey, obwohl dieser Streit mehr
deii Worten als den Sachen gelten würde.. Aber so Tiel
ist gewifs, dafs die Staatswissenschaft, wenn man sie in
Beziehung" auf ihren Inhalt eintheilt, ganz so einzutheilen
ist, wie sie der Verf. eingetheilt hat. Und ebensogewifs
ist es, dafs alle die Wissenschaften, welche der Verf.
unter dem Namen Diplomatie begreift, für denjenigen,
welcher sich ftr die diplomatische Laufbahn bilden
will , ein unmittelbares Interesse haben. Reft. glaubt
daher' den Verf. zur Ausführung seines Planes auffor-
. dern zu dürfen und von dem Werke, das der Verf.
ankOndiget, der Wissenschaft Gewinn versprechen zu
können.
Die Ausführung wird den Verf. zugleich die beste
Gelegenheit und Veranlassung geben , den Plan einer
nochmaligen Prüfung »Unterwerfen. Wenn dieser auch ^
^ naach Rctua. Daf&rhalten, die Prüfung im Ganzen
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Wülter, Sjstetuc de la diplomaiie*
718
^ewifs bestehen wird, so köunte es doch der Verf. viel-
leicht raibsam liaden, den Plan in einigen seiner T heile
n Terlamea oder ebzniodem. Man kann s. B> die Frage
aafweifen, ob es nicht in dem Inlerease der Leaer oder
Zuhörer besser seyn würde, den Vortrag des allgemeinen
Völkerrechts (oder, in der Kunstspraclie des Verfg.,
den Vortrags des Natarrechis der Staaten , ) mit dem des
positiven Völkerrefchls zn vereinigen. Zwar ist es an
sich vollkommen richdg^, dafs man, (vfie d^r Verf.
bemerkt,) Wissenschaften, die ihrem Inhalte nach von
eioander verschieden sind, auch im Vortrage von einander
10 sondern habe. Aber %vieV wenn die eine Wissen-
Schaft oor eine Anwendung der andern ist oder die andere
imr theilweise modiflcirt oder genauer bestimmt? Soll
der Lehrer in einem F'alfe dieser Art nicht auch das
sobjeclive Interesse oder Bedürfnifs der Lernenden be-
iidksichftigen9 Noch weniger konnte sich Rft. die Zweifel
bflsatworten, welche in ihm bei dem Theile des Planen
entstanden, den der Verf. pohtique naturelle des etals
ou metaphysique de la politique exterieure de tetat
. (erster Theil , erstes Buch, zweiter Abschnitt,) über-
whreibi. Wenn anders Rft« den Vert recht verstandet!
hat, so soll die Völkermoral der Gegenstand dieses Ab-
schnittes sejö. Abel l)abeii Völker andere Pflichten
gegen einander, als Rechtspflichten ? gehören aber nicht
diese insgesanmit in das Völkerrecht? Ist die Politik,
4ie anawärtige, nicht die Kunst, was unter V^ftlkem
Eachtens ist, in*8 Werk en seteen, oder, in Nothfllllen
den Staat gegen auswärtige Feinde um jeden Preis zu
vertheidigen ? Allerdings giebt es, auch wenn man das
Wort in diesem Sinne nimmt, theils eine allgemeine,
thsiis mnm besondere (auswärtige) Politik oder eine Po*»
litik:der und der in der Brfahrung^ bestehenden Staaten.
Doch möchte 'sich die erstere auf einige wenige und
sehr einfache Maximen beschränken. — Auf der an-
Isrn Seite dürfte sich dem Verf. bei der Ausfuhrung
«Ines Planes die Nothwendigkeit aufdringen, die Vdl^
kergeschichte von der diplomatischen Statistik zu trennen.
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4t4 Graberg HfilitS, Käinnreieh ViMAo.
Jedoch alle diese Bemerliungen treffen nicht das
Wesen, sondern nur einzelne Theile des von dem Verf.
TOrgelrg-ten PiaoM Nieniaod ist besser im Stande»
diese BemerküDgeo m prMeB und sie, oaoh Bflfiaikiii
Bar VerrolIfcommiiDig der Wisseisohaft m tmmtam^ ab
der Verfasser,
XachariA
J}as Sultavat Mogh.*rih ' ul-Aksä oder Kaiserreich Ma-
rokko. In Bezuf^ auf Landeft-, Volks - und Stacits - Kunde be-
tehrieben v on J . G r aber ß; von H emsö y vormaHgcm kÖ ntgliik
schwedischem Konsul zu Tanger und Tripoli u s. f. Aua der Hü^
lienischcv Handschrift übersetzt von Alfred Bcmnont. Stutt^wi
und Tübingen, in der J. Q. CoUa'scb/tn Buchliandlung» .
Ref. \st erfreut, die Leser dieser Riätter anf diese
ivahrhafle Bereicherung der ethnographischen Literatur
•fifinerhaam machen 21t könmi^ ivodurcb die Kemilnifs
Landes aufserordentlich gefördert wfrd, mpeMaes
trotz seiner Nähe bei Europa, trotz seiner Wichtigkeit
im Allg( jneinen und bei der Nachbarschaft von Algfier in
-den jetzigen Zeiten in s Besondere unbekannter ist, als
snuche der cntlernteateD und für Europa bedcurtunga^
hisesten Gegenden. Der VerC desoeiben hat aioh ab
schwedischer ConsuJ sechs Jahre lang in Tanger aufgCH
hallen, hat daher Gelegenheit, das geschilderte Land
und Volk genau kennen zu lernen, g-ehabt und hat, wie
das vorliegende Werk bembt, mit Ftetfa und SeharÜBkili
die eiefa darbietende iSelegenbeit benttst, um MiverM»*
wpe Angaben über dasselbe einzuziehen. So wurde er
in den Stand gesetzt , eine alle Theile des Staats - und
Volks* Lebens umfassende Besdireibnng jenea Reiches
so geben «nd eiie Menge von Irrrthllnnperti md nnrieii«
tigm AnflnebteB m yerbeeseni, die bb jetil Mer dnseiNi»
verbreitet waren. Den reichen Stoff, w^elchen der Hr.
Verf uns alsa bietet, bat er in drei Hauptabtheilutigeo
vertbeilt: Churographie nimlicb, EthnogtapWe nnd Rnk
niographie.
Digiiizeci by LiüO^lc
In jener spricht er zuerst über die geographische
Lage, die Eiutheilung des Landes 9 seine Kiifiteii und
SMbiifeQt Berge und Thäler, Flüsse und Seen, und fiigt
M# seliir reicbbaiiwe JJ#b«r»cht der Schriftsloller «ller
NiliMfltt b«i, walche dat Mogh'rib-oUAksa (von den
Europäern gfewöboüch weniger richtig Marokko genannt)
eatweder sj^stematisch beschrieben oder in Beisebeschrei-
boogaa gescbUderi oder auf Karten bildlich darg09ltli(
iudbeQ. Von dieaeii bildlioheo ^Darstellungen , om das
hi^r im Vorübergehen zu bemerken ^ hält der Verf. die
nach für die genaueste, welche Michaelis auf seiner
Karte des initteUändischen Meer«s und der aostofsandea
Uadar (Tübingen 1890«) gegebes hak Aua der aehr
gaaaaen Beaohr^ibang der ch^rographiscbcu Verfaftkniaie
' des Landes, welche der Hr. V^erf. giebt , heben wir nur
die folgenden, allgemeinsten Angaben aus: Das ganze
Reich durchzieht von Nordost nach Südwest, von d^
Gfawft Algiers bia an die Kftsteo des attairtiacheo Ooeaw
das Atlas -Gebirge, deseeo HaHpUheit von den Einge-
boroen A'drär genannt wird, was in der Sprache der
Urbe wohner dieser Gegenden (der amazirghischen, deren
athnographische Verhäitoisae wir später oaher erwähnen
Warden) Berg bedeoiet Oarmai glaubt der Hr« Verf.,
sqr durch die so Unfige Verwechaelung dea r ntid I «nd
dsrch die eben so gewöhnliche Umgestaltung des r am
Ende in a der Name des ganzen Gebirgszuges bei den
Alten, j4tU» vnd Montea atkmtici entstaaden, und aus
diaean Letsteaen wieder 4«acli Weglaaawig der eraliKi
S^lbe seine BeoeMung bei den Arabern dea Mfttelatlera,
Lamta, — Durch dieses Gebirg wird das gauze Land
in zwei Theile zerspalten, wovon der eine nördlich 'ttod
Wflstlich Tom Alias die Reicbe Fez nnd Marokko, der
«Idere • eildlicb «od Mlioh von jenem Gebirge sieben
^nzelne, fast unabhängige Proviossee unteir iter Ober-
hoheit des Sultans von Marokko umfafst. Die Gröfse
beider amsanimeD genomnieD schätzt der Hr* Verf. auf
1^)2^ ,geegrafliiache QimdrftI* Meilen.
Id dem jMveiifn Abechnittci schiWrrt der Hr. Verf. dat
üigiii/eo by
I
Klima und den Boden des tVlogh'rib-ul-Aksa« Auch
er stimmt in die Lobeserhebungen ein, welche alle jener
Länder kundigen Männer dem westlichen Theile des ndrd-
iicheo Afrika in dieser Hiasiebt ertheilen. Der Alks
schützt (wenigstens was die n(tardlii;h von ihm gelegenen
Provinzen belrißt, und von denen ist hier eigentlich allein
die Rede) vor den heifseo Südwinden aus dem Innern
und das Meer, welches von zwei Seiten das
liRQd umgiebt , trägt aarserdem noch aehr viel sor MiK
derung der Hitze bei. Daher steigt das Thermometer,
noch selbst in einiger Entfernung von der Küste, sogar
io der heifeesten Jahreszeit selten über + 28° R^aunu,
80 wie man es in der Ebene noch nie onter 4^ 4"" RiSaum.
hat feilen sehen. Auch die Beschaffenheit des Bodens
ist der Fruchtbarkeit aufserordentlich günstig. Die Felder
nur 5 bis 6 Zoll tief mit hölzernen Pflugschaaren aufge-
rissen, nie gedüngt, überhaupt auf das Nachlässigste
bearbeitet^ bringen stets wenigstens 20 bis SOftltigea
Ertrag, in besseren Gegenden WbisSOfthigen, in man-
chen Jahren sogar 100 bis FiOfachen, ja Mais in man-
chen Gegenden mitunter äOOfältig^eii. Daher ist denn
auch der Reichthum an Bodenerzeugnissen , ron denen
^er Hr. Verf. im dritten Abschnitt eine Jn'a Binzeine ans^
geführte Uebersicht milthef It , aufserordentlich , und die
' reichsten Gegenden Europa s bleiben daneben weit zurück.
Im vierten Abschnitte der ersten Hauptabtheilung schil-
dert una der Hr. Verf. noch die Beschaffenheit der Ddrfer
dea hineren Landea und der Städte in den Gegenden,
welche diesseits dea Attas Kegeti ^ namentlich in d^ient
welche weniger entfernt von der Meeresküste sind. Auch
giebt er hierbei eine nähere Beschreibung der bedeutea*
, deren unter diesen Städten..
Hieranf geht er zu der nweiten H^plabtheiiung des
gamsen Wei^kea, au der Ethnographie Uber. In den
ersten Abschnitte dieses zweiten Theiles beschäftigt er
sich wieder zunächst mit den Zahlenverhältnissen. Zwi-
schen den Angaben der bisherigen Beschreiber, welche
bei der EinwohoersaU des ganaen Mogh'rib^nNaksi
üigiiizeci by LiüO^lc
Graberg v. Ueoisf», üa« kaiserreich Marokko.
171
zwischen 4 und 14 Millionen schwenkten, hat er eine
Mittdaahl von 9 Miiiionen aufgefunden , durch Be>
v«ehnimgeii V deren Grundlagen und Gang er nni bei
iReMr Gelegenheit näher angiebt. Diese Bevölkerung
glaubt er auf die einzelnen Theile des Gebietes so ver-
ibeilen zu können;
im Reiche Ftz 3,200,000 auf 5543 OM.
— — Marokko .... 8,()00,000 — 3211 —
— Tafilelt und Siulschclioeta 700,000 — 1791 —
— A'drar, Sus ii. s. w. . . 1,000,000 — 3109 —
Im Ganson 8^,tNNI anf 13,714 OmT
Dies würde infi Durchschnitte eine Bevölkerung von 646
Seeleu auf die Quadratmeile geben. Diese Dichtigkeit
der Bevölkerung wäre noch immer viel geringer, als die *
▼on Andalusien, Algier, Tunis, der europfiisehen Türkei
ist. Nach den Grundlagen^ seiner Berechnung aber,
welche der Hr. Verf. diesen Angaben vorausschickt,
scheint diese Zahl in der That zu geringe, und wir müssen
daher entweder jene Grundangaben modificireUf oder
mOsiien aus ihnen sctilieTsen, daft die Bevölkerung des
Mogh'rib-ul- aksä in dei Wirklichkeit viel gröfser ist,
a^*^ die hier gegebenen Zahlen. Von dieser Einwohner-
zahl kommen etwa 500,000 auf die Städte und stadtähn-
liphen Ortschaften , und hiervon wieder 88,000 auf die
Stadt Pas , 50,000 auf Meknes , 30,000 auf Marokko u. s f.
Oer Ahstammung nach theill der Hr. Verf. die Be-
Wihser io folgend^ ClasaeD:,
Amazirghen oder Mazirghen. Sie sind die ächten
Abkömmlinge der fiitesen Bewohner des ganzen nördli-
chen Afrika von dem Nilufer bis zum atlantischen Well-
meere. Ihr eigentlicher Name tritt schon bei den Alten
i» den Formen Mazyes, Mazisci, Mazjces, Mazichi
und derg^l. m. hervor. Im Mogh'rib - ul - aksä zerfallen
sie in die Bereber und Tnariks und die Schellöchen.
Ieu9, etwa 2,800,0M Köpfe stark , wohnen am nördli-
chen Abhänge des Atlas in den fruchtbaren 'nifiiern,
die sich von dem Gebirge bis in die Nähe des Meeres
(
Digitized
■*
.berabsiebon; diese, etwa lylSO^WA Kdpfe ttarki vadium
westlich von ihnen, längs des westlichen Abhang^es des
Atlas bis zum Strande des alUati^heu Oceans. — Süd-
lich dea Alias laban aiidere sehr zahlreiche Amazirghen^
StänuDe^ deren GrSlse sich aber dttr<dutiä nichi aiidi
nur annähernd in Zahlen angeben lifst» Die Sprache der
Amazirgheu, welcher der Hr. Verf. sehr genaue Studien
gewidmet, hat nicht die geringste Aehnlichkeit mit den
semitischeD Mundarten, und .unterscheidet die Amasir-
ghen dadnreh str4Bng von clen späteren Biowanderarn aas
Asien. Man hört diese Sprache jetzt noch in ganz Nord*
afrika, vom Innern Aegyptens an bis zu dem Kap Nun
am atlantischen Ocean ; vor 100 Jahrea wurde sie auch
>aoch auf den canarischen Inseln gesprochen, die so ia
ethnographischer, wie in geographischer Beziehung die
Fortsetzung des Atlas - Gebii ges bildeten. Die Dialekte
der amazirghischen Sprache sind übrigens so verschieden
unter einander, dafs z. B. Bereber und Schellöchen sich
nicht ohne DoUmeftscher Tisrstehen. — — Gröfstentheils
sind die Amazirghen im MoghVib-ol-aksft ^ast ganz
unabhängig von dem Sultan und leben unter eignea
Stammhäuptlingen und einem fast unbeschränkten Grofs-
Scheich als allgemeineu Oberhaupte in stetem Kampfe
mit den übrigen Bewohnern des Landes, weil sie hinf^
ihren steilen Bergen nicht leicht aufgesucht und fBr ihre
Angriffe bestraft werden können.
Zunächst an Zahl liomu^ deoAmazirghen im I\fogh*-
rib-ul-Aksa die Mauren, die sich etwa attf i^äOfiM
belaufen. Der Hr. Verl hält sie fiir Abbanmlbige der
Einwanderer von Tersdiiedeneo asiatischen Stämnien, die
nach und nacli in Nordafrika eingedruogen sind. Die
ejrste solche Einwanderung geschab nach ihm schoii lange
vor den Zeiten der Römer, und as waren daber schaa
in dieser Zeit die jetzigen Mauren in den wostücfaea
Theile Nordafrikas vorhanden. Seitdem haben sie aber
alle Einwanderer, die nach und nach in diese Länder
gekommen sind , immer wieder ui sich aufgenommen und
sie gIflsUcb mit ai^b versdunoteeA.^ So noch aulotnt die
L
Digitizeci by LiüO^lc
Araber, die bei weitem die üherwieg-endste Zahl «1er
Eiawaoderer ausiuacbten* l>e8weg;ea ist auch jetet die
Sprache der Mauren ein Diiilekl 40ft ArabischeOt aber
mit fielan ffemilaB BeimiscbnQgeii , vortSglicli mit dem
Amtzirg^hisehen. Den Hauptbestandtheil der MMiren,
die jetzt im MoghVib-ul- Aksa wohnen, bilden die Nach-
kommen der aui Spanien zttrück|^etri ebenen Mobame*
ihaer. Daher «laobeB die Mauren tueh jetat noch immor
itn gebüdetemi Theil der Bewohner des MoghVib-ul*
iktk aus, sind die vornehmsten und mächtijG>^sten unter
den Einwohnern- der Stätite, haben die bedeutendsten
fiteilen bei der Regierung^, bilden den Kern des Heeres
Ml sted die einrigeii Marokiianer, die mit den chriül«
Kchfn V^Ukem in venultelbarer Verbindung stehen. Doch
sind sie unter dem Einflüsse des unbeschränkten Despo»
ti^QS and ihrer Stellung zu den übrigen Bewohnern des
Landes nach und nach tief von der Bildungsstufe^ welche
ihreVoreUeni, die Maaren ^ inSpaabea eiauahaien, herab
nd 9ogmr in edireekKche Rohh^f nad eittUche Verdor«
fcenheit versunken, so dafs ihr Charakter jetzt ein Ge-
misch fast aller hasseuswerthen Eigenschaften des mensch*
lichea Geietee ist, adbat derer, von denen man ihrer
Biigegengeeelatheii wegen glauben sollte, aie könnten^
b demselben Indiyidnam nicht aaglrioh vorbeadeo ^eya
Sie sind furchtsam und doch wieder unbezwinglich hart-
nackig, anniaüseod und kriechend demuthig, grausam
«nd waUistig, sebmutasig' nod doeb genufssüchtig^ hab*
gierig nnti doeb trag, deewegen, nmohae Anstreagung
ilne Habgier befriedigen zu können, betrigerisdi gegen
Stärkere, räuberisch und gewaltsam gegen Schwächere
aa£ Knm, nach des Um. Verfs. Schilderung sind
dbie Mwren eine der Terwm'fensten Meascbenelaesen»
4i ee aaf der ganaan Brde glebt
Ihnen zunächst stehen der Abstammung nach die utt*
verinischt o-ebHebenen Araber, die theiKs in den Städten
^nen, tbeüs als Beduinen auf dem lüiade ein VVander«
bten fÜMO. Ibra Xahl beIrSgl im Gaanen etwa 740,000«
Ha habtti aach hier ihra iifi^Sngiiclian SMten^ wia ihre
üigiiizeci by LiüO^lc
Sprache, in grofser Reinheit und Unverändertheit be-
wahrt uuci theilen alle Fehler und Tugenden ihrer Slam-
inesgeBosseQ in dem Ueimathlande sowohl, ai« io den
TerachiedensIeD Gegenden, in die sie nach md naeiivoi^
gedrungen eind«
Hierzu kommen dann noch 539,500 Juden, 120,000
Sehwarze aus dem Innern Afrika s , die meistentheib»
Sklaven, doch zum Theai auch frei geworden sind und
Reichthiiin und Bedeutsamlieir erlangt haben , so «i^ sie
aoeh ihrer Treue wegeo die elwa 10,000 Mann staAe
Leibwache des Sultans bilden.
Christen giebt es nur einige hundert, als Konsuln,
Kaufleute, Handwerker und Dienstboten bei christlichen
Herrschaften. Nnr in Tanger, TetoTan, BI-AraischnBil
Mogodore finden sieh einige Ausgewanderle aus Spaniel
und aiult rn europäischen Ländern, die sparsam von ihres
Einkünften leben. In den andern Häfen des Reiches ist
es ihnen nicht gestattet, sich aufieuhalten und ein Haus zu
besitaen , sondern sie dftrfen nur anf eine besohräidiLte Zei^
bei Juden sich eimnielhen. Diese Strenge soll ihren Ur»
Sprung in dem fanatischen Eifer des Sultans haben uoJ
In der Eifersucht der Muselmänner, welche die Vorliebe
ihrer Frauen fiir die Christen sehr nngern benerk^i'-
Ghristeosklaven giebt es seit 20 Jahren nicht mehr, uad
selbst die, weiche aus den nnabbingi^'^en l*ro¥inven dse
Ifltiern kommen, werden frei, sobald sie die Besitzungeö
' des Sultans von Marokko betreten. Die Abschaffung der
Christensklaverei war &n TÖiiig freiwilliger Act der ma-
rokkanischen Regierung bei Lebceiten des letntea fMtMß
Mnlai Soleiman.
Eben so vermindert sich die geringe Zahl der christ»
liehen Renegaten (Ügi) von Tage zu Tage mehr, da-
gegen mehrt sich täglich die der zum Mohamedanismofi
ftbertretenden Juden (Aslanii). Beitierkenswerth iat^ da6
wenn ein Jude Mohamedaner werden will, er snefSt'ko*
kennen mufs, dafs Jesus Christus, wenn nicht der ScJm
Gottes, doch sein grofster Prophet vor Mohamed ge*
Wesen und, dalii das Neue Testament die Botschaft Gottoi
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.Ckaberg v. H«fn»ö, da« Kaiserreicli Marokko. 9§t
hti damit er ciadarch gleichitai erst Christ werde und t»o,
wie die Mohamedaaer eagm^ der Ordnung der ver«
idnedeaeo ReHgtonen folge «nd-die Grade ihrer atafen«
fronen Volieodung durchgehe.
Im sechsten Abschnitte geht der Hr, Verf. zur Dar-
ileUang des Ackerbau s, der Viehzuobl» des Fiacbfangs,
im Jagd Iber. Alle Mlieae Gewerbe werden nalürlieh
gni roh getrieben , nnd Iroüs der Mfaerordeotlicben
Fruchtbarkeit des Bodens befinden sich die Ackerbauer
oft in drückender Araiuth. Hierzu träg't die Gewaltthä-
tig;keit der Regierung, die Unsicherheit des Besitzes uod
dW 'Ferbol der Gelrieideaiiifohr nach ChrisleiiUodero
feftiM den Geeetsen* dee Kerabs , waren der Seltan nur
einzelne Ausnahmen gestattet, zu gleichen Theilen mit
der Trägheit der Bewohner bei, welche letzte freilich
wieder eben so «ehr eine naAnriicbe Folge jener übrigen
VwhiitiiiM, als eine Wirkung des lUi«a*e uod der iir-r
sprHgfiohen EigeoCbUniKchkeit der Bewohner ifft —
Gepflügt wird gewöhnlich nur mit einem Ocii&eri,
deo der Lenker des Pflugs mit einem spitzen Stachel an-»
treibt. Nur wenn BNin tiefer pflügen will^ epannt man
itben den Ochsen noch ein aoderea Thier » einen £sel ,
da Pferd, eine Knh oder eine — Frau. Der Hr. Verf
ttgt, es geschehe dies in den ärmeren Gegenden sehr
b&Dfig, und er habe es z. B. selbst in einem Orte Bahli*-
reio bei Tanger öfter gesehen, dafs eine Frau in der
BUthe ihrer Jahre und ihrer Kraft mit einem Eeal Oder
MiaUliie^ nuaammengejocht, fast nackt und in Schweift
fibadet, gekrümmt den Pflug zog, und dafs der Lenker
sie eben so, wie das Thier, durch Stiche mit seineni
Stichel zum schnelleren Gdken antrieb.
: Wdlehe uflgeheure Kff;gebnia6e der unendüdi reiche
BWkn bei einer besseren Bearbeitung gewähren würde,
das sah der Hr. Verf. an einem Acker des portugiesischen
Coosuis zu Tanger, welcher gehörig gedüngt und be-
wtaen dnd ndl abrgfUtig auag^eeiicm Smn» beplel
Mrdflr-irar» Bier, war der Erlrag wirklich gunn:
(hnhlidu Ein K0raz. B. hatte 16(> Halme getrieben,
Uigiiizeci by LiüO^lC
yon rfMien einige drei Achre« trugen , wdche seMea ku*
sammea weniger als 40 Körner enthielten. Auch Wein-
reben gedeihen vortrefilich. Dip Trauben reifen schon
im Juni. Die Mohamedaner brauohe« dieaeUwo omr
nur, rnn sie frisch oder lüs Ronoen wm essea, eie geben
aber auch , wie die Versuche der Christen gezeigt haben 9
einen vortreßlichen , feurigen und haltbaren Wein. Obst
bringt das Land fast ohne Pflege in unendlicher FiUiei
eben so Hanf, Tabak, Oei u. s. f. , Icurs, die ganze in's
Biaeelife geheode fiehitdening desAckerbaoea und selaar
Ergebnisse, wie sie der Verf. liefert, bietet überall das-^
selbe Bild dar, die Natnr nämlich bei der schrecklich*
Sien Vernachlässigung too Seitea der Meascben ii| la^
ftag^laabHehesn BeiehthameL
Wir hraachen Icaani weitem crwihawa, dafr es nü
den Künsten und Handwerken, mit denen der Hr. Verf.
sich im folgenden Abschnitte beschäftiget, im Allgemeinen
sehr schlecht bestellt ist, da sie fastgaoa von dem Mea*
scheil allelfi abbäogeo^ uad die Natar aur ib-^rtiigereni
Gtade Unterstitanng tdetea* kano. Doch giebt ca •lali
dem trostlosen Zustande der Gewerbe im Allgemeinen,
im Einzelnen einige Ausnahmen. So werden zu Fas sehr
schöne ArbeiCeo wo Greldfaden gemacht aad ia ideha
Proviffzeo aehr gesdiaiiackToUe Teppiche ^witiit , die
in Baropa unter dem Nameo Urkisohwr Teppiche bekaaat
sind Der ausgezeichnetste Zweig der Industrie ist aber
die Lederbereitung, die nach der Aasicht des Hrn. Verfs.
in Pas alles iiberlrilft, was Europa in dieser Art keaai
FreiKoh liefert tuoh hier die Natur wieder die besM
Mittel zur Betreihuifg dieses Industriesweigs, zwei unbe-
kannte Pflanzeng-attungen nämlich, Tizra und Tasaja,
die and Atlas wachsen, vermittelst dcreo miaQ selbst aus
L«wen- md PartfaerMlen Leder anaebt, wAlb wie Selm«*
Httd weich wte 'Sride. Hat je doefa crtae der tÜBtUm
Lederarten (Maroquin) von diesem Lande den Namea
und wirii wirklich in seltener Vollendung in rlemselbea
&bri€irt Den besten rothen Maroquia liefert Fas, liea
taMm giftaea T^äULt^ den bestan gdbeii Masokhau *
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Weil bedcatewder uod gewinareichar fllr da« Mof h"-
rib-ul-aksa ist aber der Handel, vorzö/^lich der aus-
wärtige, — über den der Hr. Verf. sehr genaue und
schätzenswertlie Nachrichten mittheilt Es zerfällt der«
Mibe eher in 3 Theile : 1) den Handel mit dem Innern
m AfHka , 2) den Handel mit Europa , 3) den mit d^
• Orient. Der erste wird durch Karavanen g-etriehen. Aus
etwa 100 bis IM Personen und 1000 bis 1500 Kameeieo
bestehend^ brechen die Calfite» (einseliten Karaganen)
m Marokko, Tetovao, Fas, Tafileit u. s. f. airf. Zu
T\itla und Aklia, am Anfange der Wüste, i^tofsen sie zu-'
; s^arnmeo, um gemeinschaftlich als Accabe (Karavanen-
Tereinigung) , miluoter &00 bis 1600 Personen und 16,000
b» 30)000 Kam«eM umfaMead, die Wftsle zu dureh«
iUhMi «nd dedttroh in Btwae die Gefahren dieser Reise
zu vermindern. Zu derselben Zeit stoisen auf gleiche
Weise zu Agabli, dem Hauptorte der Oase von Tnat,
tr^^üien in der Wüsle die Karavaneu von Algier, Tunis,
6iMida»i% TripoK Wnd Fetüan'Msammen; an dem Ende
\ der Wüste, auf den Gremsen des Sudan tritt diese Kant*
vanenvereinigiing mit der aus Marokko zusammen, und
vtretfiigt setzen beide ihren Weg nach dem groFseu Bia*
nemnarkte, Tombuktu fort, wd sie theiis mit den ein-
Intaiischeii Kanfleuten verkehren , theils mit den Kauf •
leaten, die in gleicher Weise, wie sie selbst, aus dem
Süden, aus Senegambien, aus Guinea u. s. f erschienen
I sind und durch Karavanen die Produkte ihres Landes
zoni Aoitaiisehe herbeigfclhnftckt haben. Etwas fabelhaft.
I Uiagt die SrMiMg von der Art des Verkehres an man-
cben anderen Orten Nigritiens, welche (ler Hr. Verf. mit-'
theih. Auf eine Seite irgend eines Hügels, sagt er,
steUensich die mogh'rebinischen Mauren, auf die andere
Seite* die 4Selmmeii von Bern und andern Ufiern des'
l NbHfef^ If^iftr: ^eiie legen ihre Waaren unf den Hi'igel
i uedetund entfernen sich sodann. Die Neger untersuchen
sie tind legen unter jedes Stück Waare so viel Gold-
sUab, als sie ^eben vi^ollen» ' worauf auch sie sich ent-
feraen« 'Die Maulrte kdirM uurftck, und finden sie den
üigiiizeci by LiüO^lc
Goldsttnb mit dem Werthe de9 Gegeii9laiides stimnieiid,
so uehmeri sie ihn und lassen die Wuare; wenn nicht, so
nehmen sie diese zurück, und wird das Gebot nicht er-
höht, so ist der Haodel zu Ende und mao treoat sich.
Igt man hiogegen beideraeite safriedeo » iso yereinea sieb
Maaren und Neger und reisen vierzehn Tage mit einaa*
der. — Desto schätzenswenlier sind die Aug^aben über
die Gegenstände, welche tJieser Handel umfafst und das
Resultat desselben für Marokko. Der Ur. Verf. meiaii
dafa etwa für eine Million Piaster marokkaniachec W^anHi
durch denselben in daa Innere Afrika^s geflifaft, dafll
aber flu mehr denn zehn Millionen Erzeugnisse desselbea
nach dem Mogh'rib- ul-aksa zurückgebracht und weiiig-
ateos zu zwei Drittheilen wieder mit^ grolsem GeVfiM
nach iUgier und Tunis (und fiiiröpa» nach dem voMo
Foigenden) abgesetzt iverdea 9 so dafa also dieser Ver*
kehr für das j\lo^hVib*Jul-ak$a auiäeioidcatiich vortbeii-
haft ist.
Nicht weniger gewi nur eich ist auch der Handel mit
Europa , ao isehr der^elb« auch durch AuafuhrTtfbt^ 1
bei dem Getreide (wie oben schon erwfihnt wurden M
religiösen Grüudeiij, unerschwingliche Zölle (zuinTbeil
100 bis 200% des Kaufpreises) und willkührliche Be-
druckungen der Regierung gehindert wird. Die Ausfuhr
besteht tbeils in Naturprodukten und einigen ILunaterzeaf-
niesen Marokko 8 selbst, theik in den durch den Biaaas*
handel eingeführten Waai en des Sudan , die mit ungs»
heurem Gewinne an tiie Europäer verkauft werden. Die
Einfuhr dagegen besteht in europäischen Manufaktur-
wauren (Leinwand, Tuch, Seidenwaajrett)^ in.Kolonial-
waaren und Spezereien, in verschiedenen Metallen u.4^
und in etwa 130,000 Plaste la in baarem Gehle, wow
der Ueberschuls der Ausfuhrartikel aufg^ewogen wird.
Ueber dies Alles giebt unser Verf. die genauesten Nach-
richten» selbst Preise und Zölle der eioselnen Artikel)
welch« Angaben alle die gieoaueate BekaaulscbaA
dem Gegenstaude verrathen.
(Der £«««i^lf»/« fQlgU)
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0
iV. 50. flEIDELB. JAHRB. o. LITERATUR. 1833.
Gr ab er g v. He ms 6^ das Kaiserreich Marokko»
(Beachlufs.)
Sehr ioteressant ist auch die ziemlich ausffihriiche
MrilderaDg des Handels mit dem Orieote, wovon wir
Mge charakCertstteche Zuge ausheben. Sieben Monate
W dem Geburtsfeste Mohammeds vereinis!:en sich die
Pilg^er, welche des Propheten Grab besncheti wollen, in
der Stadl Fas. - Bin Theii schifft sich eia, um die Reise
hii Aegypten ganz oder mm Theil zar See sarttckza-r
legen, bei Weitem der gröftte Tlieil schlägt den Land-
weg ein. Die Kaufleute, welche den Zug nur des Ge-
winnes wegen mitmachen, oder den Handel wenigstens
mit Uebung der Reifgionspflicht verbinden, machen ihre
Eiakänfe^ alle Pilger versehen sich wenigstens mit ihren
MsMebedllrfnissen bis Tunis und Tripolis, der Emir^aK
Ho(l8cha übernimmt ijie Anführung des Zuges mit unum« -
schränicter Gewalt, selbst dem Rechte über Leben und
Ted, Nachdem noch von allen Seiten Pilgerzfige dazu
pMben sind, bricht ^ieKaravane auf, zuerst die Ka-
Biasieiwd Maulesel mit <ien Vorrlthen, dann die Pilger,
tJifi aus Armuth oder zur Bufse zu Fufs gehen, endlich
die auf Pferden oder Mauleseln reitenden Pilger. Die
filravane zieht durch das Innere des Landes über Kair*
Ha' uaeh Tripolis, dann nach Alexandrien, nachMeklra«
Qiberall, wo die Karavane durchzieht, schitefsen sich
Qeue Züge an , die seitwärts her aus andern Gegenden
ksttmen , eben so gehen aber auf jedem Punkte andere
9ige ab, die ihr Ziel erreicht haben , indem' sie sich zu
MST kirzem Reise, nur der . Sicherheit wegen, der
Karavane anschlössen ; doch sind diese Abgänge weniger
zahlreich, als die Zuflüsse, und der Zug erhält zuletzt
eine ungeheure Stärke. Sechs bis sieben Monate währt
(iwdluilteh die Reise, während derselbeu wird überall
nVI^ Mag. 8. Heft. 50
Digiiizeci by LiüO^lc
der lebhafteste Handel getrieben, die Karavaue ist die
Hawplverljiiuluno^ der clurchzogeoen Länder, Kanflcute,
die sich ihr anschiossea, trenaen sich 9 wenn sie zu dein
Orte ihrer BestimmuDg gekomineD sind, andere kaofen
10 jedem Orte und verkaufen in dein folgenden mit Ge-
winn und wiederholen dieses Geschäft viele Male, bi«
ßie nach Mekka geiang^eu. Hier angekommen, tiiftt die
Kaiavane einen J^braiarkt, dem uohl keiner der ganzen
.Welt gleich kommeA img, fünf Monate wifayri er jälir-
li^, und über 200,000 Menschen mi mAw als 100,000
Kameeieo besuchen ihn aus allen den Theileii tler Enle,
wollin der Moha^nniedanismus sicii verbreitet hat. Hier
k^ufei^ die Pilger imo wieder Handeiagegeaatäude der
verechiedensten Art, dif aua allen dieeen degendeo dert
aiieammen gebraeht worden sind , und kehren daiMi wieder
theijs zur See, theils zu Lande zurück. Letztere wieder-
holen dabei in umgekehrter Ordnung ganz den Verkehr
des Herweges, udi (Caufen. und Verkaufen, und bringen
endlich die buntaste Mischung Ton Waarap aua MaUuif
Alexandrien , Tunis , Algier u, s. f. nsit nach Hause. •
Zur Vervollständigung dieses Ka])itels dienen noch
die Angaben, welche der Hr. Verf. über M Unzen « Maafee,
Gewichte u. s.f. mittheiit, so wie Ober die Art 9 via Euro-
päer aich bei dem Haadel mit den Giogebovoan daaMagh-
vib-ul-aksa au benehmen heben. Interessant ist hieruaisr
diich die Angabe, dafs der Sultan von Marokko sogar eine
Art iroo Quarantäne ux seinem Reiche eiagetühst hat. Der
Saltap Mulai Suleiman verlieh nämlieh vor etwa 304ab*ea
de« christhcben Konsuln au Tanger die Befiignifii eiav
obersten Senitäts- Junta für die Seeseite, und die
schlösse dieser Junta werden ohne Appellation an Lokal-
behördea in allen Hafen beobachtet. Verdächtige oder
verpestate Fahrzeuge miiasatt aUe an Tanger QMraatiae
hait^ap; ain4 sie zu sehr aagasf^kt, sek waadai» efe ahae
Verai^ nach Port-Mahoa gesendet.
Zum Schlüsse dieser ethnographischen Schilderung
der Bewqhner von Marokko und ihrer Stammes- und
Gewerbsverhäitnisse, atelit der ifr. Ver£ unter der Auf-
üigitizeci by LiüO^lc
6rAb«rg v. Iii— KaiMit^lcb Marokko. 787
9chrif( Civilisation nocli <lte hervort reitendsten Züge aus
ibran Lebeo (vorsäglich detn der Maureu) zuiaiii-
meo, dt6 m» id Slanil fetMa iftoiMti, iber Uii« gmelK
fcbaraieii» ffildimg Oterboupt dii Uvth^U ru Mllem Wir
drhalteii daher hier neben t iner Schilder ung^ ilirer Sitten
und Gebräuche im Privatleben, ihrer Erholungen, ihrer
Piiiülieorerhäiiuisse und cieigl« vcirzüglich nähere Nack-
Mmdgm tttier die 8#rjg:e dinttr Vdlter Mr üniwidce-
httg* ihrer ifeifliif en FAhigkeiteti , Itlr Befriedigung ihrer
höheren Bedürfuibse. Die obige allgemeine Scluiderun|^
der Marokkaner, vorzügiieh der Maureu, reicht aber
hin, uns schon im Voraus zu überaeagen, dafa wir hier
Mil viel Tftiatliehea finden werden , dafli woMt eitlem
Vdke, "#16 das geschilderte, weder die geistigen B#-
dürfniss^ ^ noch die Anstalten zu deren Befriedigung
grols se^n werden. So ist es denn auch in der Thal.
' Iwar giabt es nämlioh in Städten imd Dörfern, weni^-
stCDs ia den dem Meere oiher gelegeoefl Gegeadan, aalnr
lahlreiohe Blenftentarackiileo , annreder Frivaüelhnien
(Mesid oder Mektib) oder öffentliche bei den Moscheeh
(daher auch Dsciiamaa genannt), die von den Knaben
vom gechfltan Jahre an besaobt werden^ sowie Mädoheif^
Mialaurr Pranen geliattc«; — aber in aü^n
Ummu ArO^aHaa Imfen die Viknäm niehla, ai» dia Veme
des Korain au iesen , auszusprechen, aus dem Gedächlnifs
berauaageo tind abzuschreiben.- Die meisten SchOler ver-
iMsan ittescf Schalen aacb, ariiaid aie ieien aabraiben
MnaariiF Viele bMbetf aber wdi f M0 aie den ganceii
Koriin auswendig gdenvt^ haben ^ dinn gehen sie A^dl
höheren Lehraislallen über, den Muda'ris (Orte des Uitf-
tSTfichls) and endlich zu der lioben Schule in Faa
-felr<«^ei-?isa ^Bana dar WeiAelt), wo von förmlich nnge-
MHen Lelirani in d^r Ofanmunib y Tbaotogie , Logihi,
Rhetorik, Poesie^ Arithmetik, Geortieftrie, Aatieuunlie,
ArzBeikunde Unterricht ertheilt, die Sagen und Cora-
mentare des Koran erläutert, das bürgerliche und geisl-
Hcbe> lieidi» ndl den Procefsfonnen gelehrt, und die
ikitaHisriu^B WlfAM dnM TUeb, Fkib^ wd A'Mm
üigiiizeci
(Plur. O'iama, bei den Europäern gewöhnlich Ulema)
erÜieiU werden. Aber da die Buchdruckerei im Mojg^h-
rib-ul-aksa nicht bekannt ist und, oni die sahireichen
AbBcbreiber oichi vm ihr Brod »i briagen , «ach nicbk
eingeführt wird, so aind Bficher selten und aMftererdeiil*
lieh th euer, ihre Verbreitung sehr gehemmt, daher auch
der Kreis der Schriftsteller (von denen der Hr. Verl. für
Jedes Fach die bedeutendsten anführt) sehr beschränkte
und religiöse Vorurtheile wetteifern mit der etltliehtti
EfttwQrdigung des Volkes, jeden geistigen Anfeehweng,
selbst nur bis zur Miitehnäfsigkeit, zu verhindern ; daher
bleibt nicht nur die Bildung des Einzelnen, sondern
.Sitte, Lebensweise, Arbeit und Vergnügung des ganaini
Volkes auf dem Standpunkte kaum halbgesiileter Bir*
baren, und denselben Charakter tragen dann auch,, sowie
alle Anstalten für Sicherung , Veredelung und Verschö-
oerung des Lebens, so auch die Einrichtiiog und Verr
wakung des Staates.
Von diesem letsteren handeli die dritte itnd letcto
Hauptabtheilung des vorliegenden Werkes. Im Allge*'
meinen bietet die Einrichtung des marokkanischen Staates,
so wie der Hr« Verf. sie hier schildert, ntcht viel Eigen-
thfimliehes und deswegen Intereseantes dar, — sie gleiohl
ciemiich der aller fibrigen mohanunedanisohes Staaten
des Orients , und aus deren Schilderungen sind uns die
meisten ZQge, die ums hier begegnen, schon bekannt.
Es giebt in der Welt keinen unbeschränkteren Herri-
scher, als der Theorie und Praxis nach der Sollen von
Marokko iet* Wie in den meisten orientalisohon Rdebiäl>
bieten sich nämlich auch hier Volkssitte und religiöse
Lfeberzeugung die Hand, um den Emir-al-Mumenin
(Beherrscher der Rechtgläubigen), den Khalifat-Aliah
fi hhalkihi (den Statthalter Gottes auf 6rden), den Imam
(obersten Prieeter), wie die Bewohner d^ Mogh'rih-
ul-aksa ihren Gebieter nennen, welcher nach ihrem
Glauben in gerader männlicher Linie von Hhosein, dem
sweiten Sohne Fatme's, der einzigen Tochter Moham-
meds, abstammt 9 Äber jede Beschrftnknng^^ mi «erheben»
üigiiizeci by LiüO^lc
Gräbel^ t. Heuieu, tiau Kaiserreich Marokko. 1§9
Weder ein Mufti , noch ein Corps des Ulema s steht mit
|8wkfieriiiafsen unabhängiger Gewalt nebeo ihm« wki
»bea den Snitan to CoBstaDtiiiopel , da er der reokl-
■iMge Nachfolger, eowle der ielbltohe Naehkoanne des .
Propheten auch in kirchlicher Bezieliung mit der höch-
sten Weihe und W^rde geschmückt ist. Eben so wenig
hat eio Di?an in politischen Diogeu einen altherjgebrachten
iiHpnicli, mitaeioeoi Halbe gehört n werden, ja nicht
damal BUoieter eriüireo , weiche einen bestfniniten Wir- ,
koDgskreis besäfsen, und darin modificirend auf die Ent-
schlfisse des Soltans einwirken könnten. Ein kleiner,
nach der Laune des Sultans gewählter Rath (Emd*
nheHtey die Vereinigung aitsender Personen), der aua
irg^end enem Oheime des Snltaas,' einigen Schreti»eni
und Rechtsgelehrten und den obersten Befehlshabern der
Leibwache zu bestehen pflegt, wagt es fast nie, auch
aar eiaeo anderen Rath der Meinung des Sultans entge« .
genKasetzen und ist nnr bemfon , durch stets gleich da-
siithige Billigung denselben in seinen etwa wankenden-
Entschlössen zu bestärkt n. Einige Günslling;e, mit den
vorzüglichsten Hofämtern bekleidet, werden bald mit
daain lyeslimniten Zweige der Verwaltung beauftragt,
m me dann mit einem Schebe von SelhstsUlndigkeit an
handeln vermögen , bald aber auch nur zu unmittelbarer.
Vollstreckung der Ikfehle des Sultans ausersehen, wenn
derselbe im Gefühle seiner Maeht und Weisheit es vor«
»ritt, die nnmittelbare Leitung aller Zweige der Staats-
fsrwaltangaeibat persönlich zu übernehmen. Kurz, auch
nicht der Schein einer Beschränkung stellt sich Üer All-
l^ewalt des Sultans von Marokko entgegen. Gesetze sind
uur die Ausflässe seines Willens, er übertritt, ändert,
maichiel, erlieaert, erläfst sie ganz ^ nach Willkühr,
(■staltet Ausnahmen von ihrer Geltung , oder UM diese
auch rückwärts , und in Fällen, die eigentlich nicht
thrunter gehören, eintreten, — er hat nicht nur die
Vsrwaltnng des Landes unter sich , er ist auch tler oberste -
BMnIer, er verhängt willkihrlich Strafen, begnadtgi-
dhr Verbracher oder erhöht die von anderen Richtorn
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nt Graberg v. Hemidt 4i« KaiMmM HsMillli^
ausgesprochenen Straftiii ; in Civilsachen jB^^c^t er nach
IVilikühr der einen oder der anderen Partliei Recht oder
eignel, um den Streit auf die kürzeste W^e su endeo^
«dl den sireitigeu GegeostaiHt salbst m; wie 68 Muld
Sttleimao im Jahre 18S1. unter den Augen dee Hniw Vctfe
2;u Tanger mit einer schönen Jüdin inachte, um deren
Besitz zwei junge [j<raeliten stritten, die der Sultan,
nachdem er sie, um mit Sachkenntnifs zu urtheilen, in
einem Nebeusimmer im Staude der Natur betraehlet hatA%
um keinen der Beiden auf Kosten des Andern begOnetigw
zu müssen, selbst behalten zu wollen ericlirte. Selbst
durch flie Gesetze der R( lig-ion ist er aus dem oben be-
rührten Grunde viel weniger gebunden , als andere Harri»
scher, weil bei seiner erhabene» Stellung unter dfu
Glaubigen, hei seiuer^leibliehen und geistigen 'Veribiu*
dung mit dem Propheten er mehr als irgend ein Anderer
im Stande ist, einer geinen Absichten ent^^preche nden
Interpretation allgemeine Geltung zu versohaflfen und da-»
durch die iGesetxe nach seinen Wünschen zu wend^ und
SU drehen. Im Jahre ISSStt. erschien nimHch im Reiche
Tafilelt, wo schon seit langer Zeit die ScherHfe, d.h.
die Nachkommen Moh.niimeils, die Herrschaft hesafseu,
ein Mann, Namens A li Ben Mohammed Ben A li Ben Juauf
aus Jambo bei Medina in Arabien gebürtig, und sieben
und zwanutgstet Nachkomme Alii unil J^^ate^e, dbt
Tochter Mohammed's. Diese seine hohe Altstammung}
seine persönlichen* Eigenschaften und der Umstand, da(s
unmittelbar nach seiner Ankunft auf mehrjährige Uik>
fruchtbarkeit eine fruchtbare Brndie folgle und des
Himmel eo selbst seine Schritte so segnen eckien, «e»>
schafften Ihm die Herrschaft von Tsfilelt, woriii iktt
Kein Sohn Mulai Schcriff folifte, der als der eijs^entliehe
Stifter der t);y'nastie augesehen wird. Siege und Erobe*
rungen brachten seinem Enkel Mulai Arshid die Haff»»
Schaft Iber das gunse Mogh'*rib*i|l-^uksL Bei 'den
Nachkommen jenes- MuM Scheriff ist seitdem die Herr^
sdiaft erblich geblieben. Diese bilden freilich aclioa
wieder ein ziemlich zahlreicbes Geschlecht, da die Zahl
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Ihir WM -Mtttai Seh^riff a(Mtainin<>ti<leti Scherilfc rfch be-^
leits auf mehr als 40,000 beläuit; was nicht zu verwun-
dern ist, da /. B. Mulai Scheriff selbst 84 Söhne und
124 Töchter hatte, sein Sohn Tsmaa'il aber, cter Nnch-
triget dm oben erwähnten Muiai Ar'shid sog^ar vaii 8600
Vnuhn wenigsten« 9258d(me und 842 Tdchter tt. Agl m.
Gewöhnlich folgt dem Sultan sein erstgeborener Sohn,
aber iast immer mufs er gegen mehrere seiner BrQder,
die alle ihre Parthei -haben, Krieg führen, und der
Mier ihfien bleibt tniai immer Steger und Herrscher, der
fkh des Sohatzea m bemichtigen weift. D^r jetzige
Sultan, Mulai-A'bd-er rahhmän , war beim Ableben Heides
Vaters, des Sultan Mulai Hischam , noch zu jung, um
seinen Oheim Mulai Suleiman biodern zu köonea^ sich
dcaThrdnes bu bemächtigen ood deoselben bis tuselttem
IMe (28. November 1822.) zu behalten; Da aber hin-
tetiiefs ihn Mufai Suleiman, gottesfürchtig, wie er war,
durch Testament seinen Neffen, weil er ihn ffir den rechte
nlAiigen Brbeo uod denjenigeD hielt, der am fähigsten
wite, das Land gut zo regieren uiid Friede und Hoiie
in üasselbe zurückzuführen , die durcli einen fdrchterli-
cheo Aufstand aller Bergvölker seit 4 Jahren auf das
SehfedlKctlste gestört waren. In dieser Erwartung täuschte
er sieh avch- nicht, und der jetzige Sultan, den der
fr« Verf. ganr avfterordeotlich erhebt, stellte die Rahe
MH Kraft und Weisheit wieder her und regfierte mit einer
bisher unbekannten Milde und Gerechtio^keit.
Die Staatsverwaltung im Einzelnen, die der Hr. Verf.
weitläufig , und sehr g^enaa beschreibt,; trelteü wir hier
tfehi Weher aöseinandersetzren $ dieselben Einrichtnngen
und Erscheinungen, wie in andern mohammedanischen
Staaten des Orients, beg-egnen uns auch hier : Statthalter,
die ihr Amt nur als Mittel der Bereicherung ansehen
und vermittelst der Polizei, Pinanzverwaltung, Crimioral-
jisUs m4 Mflitäranfilhriing, die sie in ihren Händen
l^ereintgen , die ihnen Untergebenen auf das Schreck-
lichste drücken und quälen , um ihre Habgier auf deren
Kkfisleii «II Stillen; Cadhi's, die bei der Mangelhaftiä^eit
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der Gesetze hm Verwaltung der CivUfetiehteherkeil dl ,
recht erfreulichen Gerechtigkeitssinn und grorsen natOr» |
licheo Verstand entwickeln , öfter aber auch nur fti l
ihren eigenen Vortheii nach WillkQhr Recht sprechea;
eine Regierung endlich, die alle diese Beamten gleichsam
yiie SchwSnmie betrachtet , die sie erst sich* ToHsauges^
isftt, um sie dann In die kaiserliche Schatzkammer as§t
zudrücken. Auch von den scheuslichen, grausamen Strafe?
arten wollen wir weiter nichts erwähnen , die ohne Ver-
liältaif&zu dem Verbrechen ganz nach Willkühr verhänget
werden, so, dafs einem weit weniger Schuldigen, aber
dem Richter Verhafsten Mund , Nase, Ohren ▼ollSchielii4|
pulver geschüttet und dieses angezündet, oder er bis al
den Hals lebendig vergraben wird, worauf denn alle
seine Feinde an seinem Kopfe ihren Grimm auslassen,
oder er, an den Schweif eines Maultbieres mit den
Fllben angebunden, todt geschleift wird — «während
ein vorsätzlicher Mörder mit Bewilligung der nftcF
Verwandten sich durch eine gewisse Summe stratloi
kaufen kann und dergL m. — Nur von einem Verhältnif»
wollen wir noch einige Angaben des Hrn» Verfs. wieder-
holen, von einem Verhältnis, welches vorsSglich scbarfii»
chend und zerrüttend auf das sonst mächtige marokkaWI
nische Kaiserreich einwirkt. Es ist das die Stellung der
^st unabhängigen amazirghischen und arabischen Bcrgr
und Land -Bewohner im Innern des MoghVib-ul-aksi
Sei den maurischen, arabischen und jüdischen Bew^
ern der Städte und Dörfer findet nämlich unbeschrä
die strengste Unterordnung unter die Befehle' des Sultanl
und seiner Beamteten statt, die Idee einer freien bürger*
liehen Gesellschaft ist hier ganz fremd. Gans anders
ist es aber bei den Übrigen,, theils nomadisirendeo, thsil%
auch ansässigen Bewohnern, Torzüglich im Innern di#
Landes und in den Gebirgen. Auch sie stehen zwar
unter der Gewalt der Statthalter, des Sultans ig den Pro^
vinzen , wo sie sich aufhalten , aber neben jen
des Sultans gehorchen si^ Horden - und Stani
Ql^rUuptern aii8^U}r^^^^ auf das.
«
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im Innern dieser Slamme hat der Statthalter gar keinen
Eioflufs, nur über den Stamm im Allgemeinen fuhrt er
die Oberauüsicbt, treibt den Tribut von ihm eia, beruft
dk Soldaten 9 itie deraelbe bei einem Kriege su stellea
wpfficbtel iai)- hill, uio mllglich, den Laadfrieden zwi-
schen ihm und andern Stämmen aufrecht und dergi. Am
meisten Finfluf«« hat der Sultan noch auf die nomadisi-
Kodea Beduinen- Araber. Hier ernennt oder bestätig!
er wenigstens die Scheikhei die Oberhäupter der ein--
nlaen StiniDie, euch iet ihre Gewalt beechrinkt, und
sie noch zum Tlieil tler Civil - und Criminal - Gerichts-
bai keil maurischer Beamteten unterworfen. Dagegen sind
die Oberhäupter der Berebern, die Amergaren , und die
im Soheiiteheit, die Amncraaen , erblich i im Innern
ihrer Sttoime keiner Obrigkeit beachrinkt und daher
fast unabhängige Lehnsfürsten. Aber was hier für das
Ansehn des Sultans am allerschädlichsten ist, — sämmt-
üdMAmazirghen- Stämme in diesen Gegenden erkennen
ab gemeineaines OberbnupC einen von ihnen selbst
idriiea Greft^8eheifch (Scheikh-K«bir) an, dessen
Uaterthanen nur zum Theil auf dem Gebiete des Herr«
Sehers von Marokko, zum grofseoTheile aufserhalb des-
selben wohnen« aDurch diese Stellung ist er nun von dena
MiaD fast gann unabhängig und ein geflÜhrlicherNeben*
habler för dessen Macht Da nun dabei diese fitimoie
iille sehr roh und kriegerisch sind, so ruft die geringste
Kleinigkeit einen inneren Krieg hervor. Die marokka*
Discbe Regierung beliauptet ihr Ansehen daher nnr d«p
dMch, dafs sie die steten Zwistigkeilen zwiflclien den
daselaen Stämmen selbst stels nährt und unterhält, und*
^kh so Gelegenheit bereitet sich des einen g:egen den
sodern zu bedienen ; eine Vereinigung derselben würde
di^angenblioiüiche Vernichtiing ihrer Anctorität herbei*
Uvea, da jene StSomie nasammen den übrigen Unter«
tibnen de s Sultans weit überlegen sind , wie das der
fürchterliche Bürgerkrieg in den letzten I^gierungs-
jßhrtü des vorigen Sultans beweist.
Kidelzt giebt d#r Hr* Vcrf* noch eine Uebmicht der
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6eM^ iiiidjMilitär?erlialliilB0e des m«rokkatil«oheii8lmM^
Aber rtie er im Jahre 1822 , wShreiHl etnes mebrmomi-
liehen Aufenthaltes des Hofes zu Tanger, wo er sich zu
gleicher Zeit befand, nähere Erkundigiuiig einzuziehea
Gelegenheit hatte. Wae stieret die Finanzen betriffl« eo
glaubt er, daAi.die Geeamititeimiabinen des Snltane aas
Steuern, Zöllen, Gesehenken und dergl. sich jährlich
belaufen auf
2,600,000 Span. Piaster
die Ausgaben auf 990,000 — —
SO dafs ein jährlicher Ueber*
schufs von wenigstens 1,610,060 span. Piaster
. bliebe, welcher jährlich im Beit-el-mell zu Meknas
begraben wird. i£s ist das die von 2000 Schwarzen be-
waehte Schatzkammer; des Sullatts, In der gttwöhnlieb
gewifs über 50 Millionen spanische Piaster an Juweten,
Gold- und Silber -Stangen und geniiiuztein Metall ia
spanischen und mexikanischen Dublonen und Piastera
hegen, welche Masse nur bei aafserord entliehen Gele»
geubeiten, Aufruhr , Bürgerkrieg, einer Thronvetäaiki
rung und Kampf um die JBrbfolge vefmindert m wer«
den pflegt.
Das stehende Heer beträgt jetzt nur noch etwa 15.000
bia Mann, wmnter 7—8000 Neger. Es lltgi
in den Residencen , PeStung^en and SeehafeA FestangeD
mit regelmäfsigen Gariiisoaeü giebt es 24, die Befesti-
gungen sind aber schlecht unterhalten, die Geschütze
nicht znreichend an Zahl, schlecht aufgestellt und noefc
Hehlechter bedient» Im Kriege kommen m dijssen sie-
banden Truppen die Aufgebote aus den kriegerisdMU
Völkern def Militärprovinzen und im Nothfall aus dem
ganzen Reiche. Ohne Mühe können M0,000 Mann and
mehr aufgeboten werden. Die Bewaffnung eines solcbea
Heeres ist freilieb eehleohl, Diseipiin unter ihm gir
nicht vorhanden, aber der eiwieine Soldat ist ein ^
freßlicher Reiter, ein ausgezeichneter Schütze und bis
zur ToUkühnheil verwegen. Daher mödite im lang
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CMtalf V. HmüS, ter iUiiCtvMi MftMlklM. Ufr
düMTOfl«« Kampfe fiolches Heer zwar jeder g^re«
gelten Armee encHich unterlieg'en , sein erster Angriff'
a|jer ist furchtbar und fast unwiderstehlich.
Die Seemacht, die 1193. aoe 10 Fregatteo, 4 Briggs,
Mfialeotten-und 19 Kanoitier-Sohaluppeii bastend ond
mit 6000 g^esehickten Seeleuten bemannt war, zählt jetzt
rtfcht mehr, als 3 Briggs oder Goelelten mit ttwa 40
Kanonen uod 13 Kanooierschaiuppen. Auch sioci es nicht
4Kte Kriegaachiffe , üMider« die kleinea Koraareoacliiff^.
vaa Priwtiatiten , die tn aeiobltB Flüaaen und Meere»*
QBtiefen, vor europäischen KriegsschifFKn sicher , lauernd
den Kauffahrern der gebildeten VOiker so furchtbar ge-
worden sind , dafs fast alle Nationen sich entschlossen
kbea, ckiroh Geaoheake und Tribute die Frenodachafl
inaTdkkaniaGheR Kaiaera a»^ erkaafenu Mit*4er Auf»
Zählung dieser Geschenke und dtu Traktate, auf denen
sie beruhen, so wie der Verträge zwischen Marokko und
dea aaropiiaehen Staaten überhaupt, und einer kurze«,
•bar aebr lelirreiekeo Gesehichte dea Mogh'rib-id^akai^
MB wlcber wir oben dl» HaapCpnnkte , die das jetzige
Kaiserhaus betreffen, mitgetheilt haben, schliefet der
, Hr. Verf. sein Werk.
• Aua der Vorrede erfahren Mfir, dafs dieses Buch Mir
^knm TheH dea Werkea bildet, woran der Hr. Ver£ aeil
lO^Jahreil arbeitet, welehea eine hiatoriack-geo^ra^
phbche Beschreibung <les nördlichen Theiles von Afrika
enthatteD wifd. Das Yoriiegemle Buoh ist ursprüogUch
hiKeaiaeh geschriebea und wurde von Hro. Aeotmont
aia fkr ÜMAohrifk dea Hm. VecfiL iberaetzl Di»
Vabersetzung ist gröfstentheils gut uod lädst nur selten
ih Sprache durehhiicken , aus welcher sie genommen
wurtie^ Wir wtnschen, dafs uns entweder Hr. Graberg
viati BemsO aelbat teehl bald nait ilam Origiula der
^nge» Tkeile aeiiiea Werhea eder Hr. R«nnonl mit
dner eben so gelungenen Uebersetzung von denselben ^
wi« die dieses Theiles ist, beschenken möge.
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/. Ourliit'ti MT». Hr. iet PkO. «. TM.» IVi/* iNr»«f. 4^ ^«»^
Aasn^Kttt II. Prqf* dtt orkiitah fachen am akßdemiteke» Offmtuh
«tum *u Hambwg^ arckä6lQgi9ehe Sekriften, getammät wai
mit Jnmerkungw ItghU^j herawgegthen wm Corn^liuB Müller,
Dr, tUf 'PMf Prof, am Bamhmrg* Ji^kmmeum, d« K^nigl. Pkilol
S* s« L$ipmig und dar Qrofi^wogL LtilL Get* m leiut EkrmmU»
gimdci der ümiwk^ 0§mUtok, »u Mpwig tmntapend* UU§/kd^
AUona, bH Joh AMr. Bammtrieh, 1831. Fili u. 4S2 S, t» gr, &
Wir unterlassen nicht, die durch Zufall verspätete
Anzeige dieses neuen Abdrucks oder dieser SamnÜHOg
archäolögischer SehriftaD des seL Gurlitt iiaclmtrag«^
iodetn 4)iese BekioBlniaehung einer Reihe von (SckriflMy
die zwar bereits gedruckt, aber durch ihre Seltenheit
einem gröfseren Publikum wenig-er zugänglich waren,
als sie es verdieoien, zugleich das beste Mittel ist, das
Andeoken an den HingesehiedeheU auf eine ehreovoUa
Weise unter uns dauernd zu erhalten , während die rei-
chen Zusätze oder Xachweisungen , die der Herausgeber
(so getreu er auch sonst, und mit Recht, seinem Grund-
satze war, in dem Taxi Gurlili's selber nichts zu äa*
dern und denselben vielmehr so zu überliefern, wie et
veh Gurlitt selber ausgegangen war) übenill beigefQgl
hat, den Werth und die Brauchbarkeit des Ganzen nicht
wenig erhöhen. Denn Gurlitt's Aufsätze fallen zum
Theil in eine Zeit, wo dieser Zweig der Alterthumswis«
eeosckafi erst ausgebildet oder vielmehr erst b^rfindil
wurde. Seit dieser Zeit hat sich der Stoff und da» Mäk
terial durch zahlreiche neue Entdeckungen gewaltig ver^
mehrt, und die darüber von gelehrten Forschern ange-
stellten Untersuchungen haben den Standpunkt der ar*
chäologischen Wissensohaft seit dieser Zeit , d. h. Mi^
Heyne und Winkelmann, in Vielem gänciich vei'f
ruckt und verfindert, so dafs manche früher in Umlauft
gebrachte Ansichten eine völlige Umgestaltung erlitten
haben« Und deshalb haben die vom Herausgeber aoa
der neueren Literatur hinzugelllgteB Nachweisungcfti einiii^j
um so grdfseren Werth und verdienen hin so eKei^Hym^
bare Anerkennung,, weil sie zur Vervollständigung des
Ganzen wesentlich beitragen, selbst wenn bei der tagiiclv
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wtchsenden Mmra de§ Stoffs ond den von Tag zu Tag
gemachten neuen Entdeckungen, auch hier und dort Ein-
zelnes nicht aog^efilhrt worden und somit noch weitere
Zusätze zu diesen Zusätzen oder' Nachlrägen gemacht
werden kdunton* .
Es eind übrigens in diesem Bande folgende Abhand-
iuag;en enthalten: 1) AlJgemeine Einleitung in
das Studium der schönen Kunst des Aiter-
thums ( ursprünglich eine Einladungs<;chrift ra den
Sefaulfisierlicbketten im Kloster Berge 1190, zu Magdo-
burg ersehienen). 2) Ueber die Gemmenkunde (auch
jt^izt noch sehr lesecsvverth, zumal bei den bedeutenden
Zusätzen und Nachträgen des Herausgebers, durch welche
der Aufisatz bedeutend erweitert worden ist.) S. 73 — 158.
Difselbe können wir auch von den beiden folgenden Abr
bandiungen rflbmen : „lieber die Mosaik,** 8.15701
lind „Versuch über die Büstenkunde/' S. 189 ff.;
letztere der auj»führjichste. Aufsatz des Ganzen, da er bis
8. 343. reicht, und unter Andern auch ein Verzeichnifs
der noch Torhandeoett antiken Kdpfe^ Hermen und Büsten
zn geben sucht, das nicht weniger als dreihundert und
fünfuntldreifsig Nummern zählt. Auch die gesammte Li-
teratur dieses Theils der archäologischen Studien ist mit
Genauigkeit and Vollständigkeit verzeichnet. Nun folgt
nach das ^Fragment einer archäologischen Abhandlung
Iber Herkules S. 843 iE, und eine biographische und
literarische Xotiz von Johann Winkelmann S. 371,
erschienen zuerst als Programm 1797. zu Magdeburg,
vorauf später mehrere Nachträge erfolgten ; unser Herausg.
Im auch hier nicht verabsäumt, die reichhaltige Literatur
der seitdem über Winke imann mchienenen Schriften
nachzutragen. Und so wird das Ganze eine willkommne
Gabe ebensowohl für die Verelirer des sei. Gurlitt als
Ar die Freunde der Aiterthumskunde zu nennen sejn.
der;auA^ren Ausstattung, Druck und Papier hat
QVn alle Ursache zufrieden zu seyn.
*
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im
Battitc hc Studien. Herausgegeben von der Gefit^lhchaft für Pom-
mansche Geschichte und /iltctthumskundc Zureiter Jahrgang-
^ Erstes lieft. Auf husten und im Selbstverlag der Ü^&dUchaft'
6UUin, inaa. Gedruckt bei F. Ihss*inland. und 208 S. in 8.
Wir müssen bei der Anzeige dieses zweiten Bandes
Baltischer Studien auf unsere frühere Anzeige des ersten
Bandes (Jahrgg. 1832. No. 45. S. 112 ff.) verweisen,
tincl- freuen nner, den dort g«fiuf9erten Wonsch einer bal-
digen Fortsetsnng dieser Forschnngfen erKfit zu sehiSii.
Möge der rege Eifer für Erforschung vaterländis^^hcr
Vorzeit, wodurch erst das Interesse an der Gegenwart
seine wahre Bedeutung gewinnen iiann, stets reichere
Frttehte 2U Tage iSrdern und so die Gemüther von des
stdrenden Eindrücken einer geränseh vollen Gegenwart in
die stillen flallen der Vor^i'elt zurückführen. Denn «o
allein kann das Gute wirklich gefördert werden, indem
Ton der richtigen Auflassung der Vergangeohelt und (iem
* gründlichen Studium so wie der Achtung, die %vir de^
selben zollen, unsere Wirksamkeit in der Gegetmaif,
wenn sie anders eine segensreiche sej^n soll, abhängt
Wir haben bereits in der früheren Anzeige den
Zweck dieser Blätter angedeutet, und durch nähere An-
gabe des Inhalts die darin voi Ix rrsc lieade Richtung zu
bezeichnen gesucht Auch fernerhin wird die Gesell-
schaft im Ganzen dieselben Zwecke yerfolgea und dem-
nach, wie bisher, ihr Hauptaugenmerk der Erforschung
Taterländischer Vorwelt zugewendet haben ; indefs sollen
auch (He Interessen der Gegenwart, so weit Anlage uhJ
XJm&og dieser Studien es erlauben, berücksichtigt wer-
den; es soll die Vergangenheit nicht als ein in sieh
geschlossenes 9 voa der Gegenwart ydUig getrenntes lie-
trachtet werden; es sollen in fhr vielmehr die Keime
aufgesucht werden, die ihre Saaten und Früchte bis aul
unsere Zeit hervortreiben. Die vicl&chen Interessen der
Gegenwart, die Anforderungen^, die mam jetzt, oft dfki>>
gender als je ond mit mehr Ungestüm als je, an ms
snnächst madhi, welche durch ihre amtliche Stdhng
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' liklidig mm^, Sur Btntf. tm
den Beruf haben, darauf einzugehen, erfordern eben,
Ton Seiten der lelztereo, «vena sie nicht durch schnelles
Hingeben und Gevihreii den^ ganzen SiaafsorganiiuiUB
gefilbrIiclM und in ihren Folgen oft höchst verderbiiche
Wunden 8chla/E;;en wollen, eine gründliche Krror8cliung ^
der Zustände der Vergangenheit, und so wird sich mit
der Berufsthäügkeit ein frei uisseitöchaftliches Streben,
wie es durch diese Studien genShrt und gefördert werden
soll, frenndlich vereinigen lassen. Daher ist denn auch
Behandlung des Stofls für staalswissensehaftliche Zwecke
Theil der zu losenden Aufgabe in diesen Blättern ge-
worden , die sich nach S. Iii. der Vorrede über folgende
Gegenstände nun erstrecken : Verfassung und Verwal-
tsng des Landes, kirchliches Leben, rechtliche Verhelf,
nisse, Ffandei laul \ tiktlir, Kuii^t, Wissenschaft, Sitte
nnci Sprache der Bewohner, auch Kunde der natürlichen
Beschaffenheit des Bodens und seiner Erzeugnisse : lauter
Gegenstände, die historisch sunächst bebandelt werden
sollen in der Art, dafs ihr Hervortreten , ihr allmShliges
Ausbilden, ihre Eigenthümlichkeit und ihr innerer Gehalt
erkannt und erfalät werde.. Neben der streng histori-
flehen Forschung soll aber anch die Kunst nicht ausge«
schlössen seyn, wovon einige Poesien von L. Giesebrecht,
ipslcke #leseHi Bande S. 1. 79. eingeschaltet sind , einen
erfreulichen Beweis geben.
■
Zuerst slofsen wir in diesem Bande auf eine sehr aus-
fiilir liehe Dai*stel!ung des Klosters Bei bog hei Treptow
an der üega, dessen vielfache mit der ganzen Pommer-
^^hen GesdiJcbte in engem Verband stehenden Schicksale
hier in einer umfassenden Darstellung besprochen und im
Binzeinen verfolgt werden. Dann folgt S. 81 ff. ein
Auszug aus der (isländischen) Laxdäia- Saga, die
zwar erst kürzlich vollständig herausgegeben, in Deutsch-
land aber schwerlich näher bekannt seyn dfirfte. Es mufs
ttBB daher dieser von Hrur Mohnike verfafste Auszug
•m so erwünschter seyn, da er das Wesentliche des In-
halts genau mittheilt und dabei besonders auf das Cha-
üigiiizeci by LiüO^lc
rakteristische der Sage, einzelne merkwürdige Besonder«
heiten und dergl. m. Rücksicht nimmt. Die Hauptbege-
benheiten der Sage fallen um das Jahr tausend unserer
Settrechunag, oder eigentiich noch etwas früher; die
Abfassung der Sage wird in das dreisehnte Jafarhoo*
dert verlegt.
Nun folgen 8. 101 ff. Nachrichten aber den Ro-
st ocker Landfrieden und dessen Einflufs auf Pommern
(von L. Giesebrecht) gegen den Schlufs des drei-
zehnten Jahrhunderts. Die Hauptbestimmungen dieses
Vertrags, der, ausgegangen 1282. von BogislaT und Ni-
colans von Werte alsbald eine unerwartete Ausbreitung
gewann und die meisten Herrn und Städte der ponimer-
schen und mecklenburgischen Lande längs dem Gestade
der Ostsee, bei der Zusammenkunft zu Rostock am Sonn-
tage vor St.. Veit 1283» (zunichst gegen Brandenburg)
yereinigte , werden mit Verweisung auf "die betreflendea
Urkunden S. 103. mitgetheilt; wir sehen daraus, dafs
dieser Vertrag im Inhalt, sowie auch in den für das Land
heilsamen Folgen, dem, was in Suddeutschiand durch
Rudolph von Habsburg für d6n liSndfrieden geschab,
sehr ähnlich war.
Einen interessanten Beitrag zur Kulturgeschichte lie-
fern die Bemeri^ungen von F. Kugler 8. 107 ff. über
die altereu Kirchen Stettins, deren Bauart, Styl
u. s. w. Von ähnlicher Art sind die S. 114 ff. von Pur-
gold gelieferten Beiträge zur Münzkunde Pom-
merns, wobei zunSchst seltene und nnerkwürdige älteife
M&nzen der Städte Anclam , Stralsund, Demmin, Stettin
und Greifswalde angeführt werden.
(l>«r B€99hluJ$ folgt)
üigiiizeci by LjüO^Ic
«
H'.il. HEIDELB. JAHRa a LITERATUR. 188&
Baltische Studien, Zier Theil.
Unter der ArulBcbrift: Geschiclit liehe De^k«
mal er, erhalten wir einen genauen Abdruck von fünf
ftr (He Gescliiclite Poninieins wichtigen, bisher nicht
durch den Druck b^anoi gewardeoeiif Urkunden ia lair
ttiaiaoher Sprache 9 wovon die ^hr ersten ans den Jahren
IKI — 1284. auf den oben erwähnten Landfrieden und
die darauf sich beziehenden oder damit ia V crbinduog ste-
henden Verhäitiiisse , als V^erptändungen , Fehden u. dgl.
Bich beaieben ; in der fünften bewilligt ein Pommerscher
^pmog der Stadt Stettin die A.olage eines Damms und
ik Erhebung eines Zolls auf demselben, unter dem
Ii Novbr. 1299. Aus dem Inhalt dieser Urkunde er-
sehen wir schon, zu weicher Bedeutung und Wohlha-
benheit damals die StadtStettin gelangt war. Künftighin
iall in jedem Heft unter der oben bemerkten Aufschrift
dae Auswahl der wichtigsten , auf die Geschichte Pom-
merns und der Nachbarländer bezüglii hen, noch nicht
gedruckten Urkunden niiilgetheilt %verden, dann abeh
dmeloe Bruchatücke Ton Chroniken u. A. der Art, wobei
bmnidera auf solche Denkmale Rücksicht genommen wer-
i^a aoll, welche zur Erkenntnifs der Verfassung^ des
politischen und kirchlichen Lebens, des Handels u. s. w.,
kutz %ur nähereu Kenutnifs des öffentlichen Lebens bei-
Infgen , ckhcir auch das Lebn$wesen vor Alleni beachtet
«erden wird. Der Abdruck dieser alten Urkonden wird
(wie auch die in diesejii Band mitgetheilten hinreichend
beweisen) in mögliclister Treue und Genaingkeit veran-
^tet werden, also mit Beibehaltung der ursprünglichen
flache, der Ijateini^hea (worin wohl die meisten Ur«
baden dbgefafet sind) wie der niederdeutschen, als d^
Sprache des Volks. Mit vollem Recht aber wird ver-
^^Qgt, dftfis man den alten Urkunden eine gr/öfsere Auf-
UYl. Jahrg. & Heft. 51
r
1
1 *
üigiiizea by LiüO^lc
80» ilAlÜAcbe Stadien» 2Ur Theil.
merksamkeit zuwende^ als solches bislier meistetis der
Fall war.
Für den Sprachforscher interessant ist der folgende
Aufsatz von W. Böh m er, Über die Niederdeutschen
Mundarten in Pommern, S. 139 ff. Es ist nändich
die Ahsicht des Vereins, einen vollständigen Ueberblick
der Mundarten Pommerns zu gewioneo: ein Zweck, der
nicht anders als du rcli genaue Nachrichten über die
Mundarten der einzelnen Gauen und Landschaften, von
eineelnea in densetbeo lebenden gebildeten Männern mitr
gefdieilf, erreicht werden kann, auf daft dereinst 'eise
ToHstSndige Sammlung zu Stande gebracht und dadufdi
dann ein Ueberblick des Ganzen möglich gemacht werde.
Daher wird die schon früher ausgegangene Bitte zu Ein-
sendung solcher Beiträge dringend wiederholt; da»,
was bisher eingegangen, besteht meistens in Beiträgen
der durch den Hrn. Bischof Ritsehl daM aufgefor-
derten Landgeistliclien, die freilich durch ihre Ver-
hältnisse und durch ihre Stellung über solche Punkte
zunächst besser, als andere Beamte, Auskunft geben
konnten. Es wird ein genaues Verzeiehntft der vaa
dieser Seite dem Verein gemachten Einsendungen S. 14Sff.
niitgetheiU, dann werden S. 151 ff. einijt>e wichtige daraus
bereits gewonnene Ergebnisse vorgelegt. Dahin gehört
ZBTördersi der Hauptsatz, den wir auch hier niederlegen
woHen,' dafs nämlich in Pommern „zwei grindiich
verschiedene niederdeutsche Mundarten neben einander
bestehen, in denen zugleich alle Unter- und Spielarten
der Provinz begriffen sind;" die eine derselben istmebr
rund und leicht - rollend , die andere mehr inreit, ga*
dehnt, voll, schwer u. 8. w. Zur Annahme elftes dfittift
Hauptdialektes (des Zachaner) scheint allerdings noch
nicht gehöriger Grund vorhanden; dafs übrigens jene
beiden oben genannten Mundarten sich nicht so mit cineai
Male und scharf von einander abschließen, sondern andi
'ilellaeh mit einander mengen , ist eben so mittrMeh äb
begreiflich ; indefs sucht der Verf, doch , so weit als
möglich 9 die geographische I,iage der beiden Mundarten
Digitizeci by LaüO^lc
wad die Diiirikte, ia wekheo soDidwl eine oder die
aadere stett findet, oiicliBuwcieeD ; daran knipfeo eidh
Mffa andere iDteremiite Bemerkungen über Charakter,
EigenthumlichkeiteD dieser Sprache u. A., worauf wir
Idermil atifiuerksaoi machen wollen. Den Schlufs bilden
«oe Reihe von eehr neilc würdigen Spiecbprobea, ftheile
in fiecoie (Vvlkelteder und dei^. n«), Iheile in Prosa,
' die zu interessanten Vergleicliung^en mit andern Mund-
arten Stof!^ g^nug darbieten. Dahin gehört auch dag^
& 1^2. miigetheilte, an frischer Einfalt und Gesinnung
mii den gefeiertsten alt^^engliachea nnd alt-achottiechen
Balladen welteifernde Votti^ied, dessen Heldin eine pom-
mersche Herzogin ist, Sophie, Tochter des Herzogs
Wartisiav VI. von Ponimern , der um 1394. starb , und
erste Gattin des Herzogs Heinrich d. J. Wir verdanken
die Miltbeilang dieses Liedes und der darauf bezugli«-
eilen Naohrichten fiber die Schioksale der genannten Uer»-
Zögin dem Hrn. Kr etzsch man
Den SclUufs des Ganzen nmclit der S. 177 ff. von
Hfo. Hering gelieferte sechste Jahresbericht
der Genellschafl Der Bericht des Stettioer Aus-
Schosses verbreitet sich zunsichst über die beabsichtigte
UrkundensammlunjOf des Vereins und die seit dem letzten
Jahresbericht eingegangenen handschriftlichen Denk^
fltf er« Ate hier tevgescbiagene Herausgabe eines eigeneii
pommerschen Urkiindenbuchs verdient alle. Beachtung^
und läisi die Ausführung um so mehr wünschen, als der
reiche vorliegende Stoff an Urkunden nicht füglich in
die Zeitschrift der Gesellschaft ganz übergehen kann
aadnur hdchstens, wie wir auch oben bemerkt » einaseloe
fichtige Urfcunden , mehr als Probe , in dieselben nach
zweckmäPsiger Auswahl aufgenommen werden können.
Daun werden in der zweiten Abtheiiung die alterthumli-
chen Denkmäfer aus vorchristlicher Zeit (Burgwäile,
Opferstätten, Grabinäler und dergL), worüber nähere
Berichte eingegangen , aufgefißhrt, und bei dem grofsen
Reichdium, den Pommern an Denkmalen dieser Art
bssital^ der Wunsch einer fortgesetaten aufmerksamen
§04
Baliischd Stadien, 2ter Thoil.
Beobachtung derselben ausgesprochen. Unier den hier
milgelheiUeD Nachrichlea haben die Uber awei heidniaehe
Grabstätten auf der Ostseite des Dorfes Snckow, 1 Mtib
nöi (Ii ich von Usedom besondere Bedeutung , desgleichen
die über eiiit-n bei Virchow im Daiiihur^er Kreise ent-
deckten Grauitbloek , dessen Erscheinen aut' einer an
Steinen ganz armen Feldmark allerdings sehr avüMtiead
Ist; eb es ein Opferstein ivar «der nicht, wagen auch
ivir nicht zu entscheiden. An die Angabe der nicht
unerheblichen, zahlreichen Aulsülze, die nieist aus dem
Gebiet der vaterländrsclien Alterthums* und Geschichts-
knnde eingegang^en sind^ reiht .sich der Bericht fiber
die Sammlungen der Gesellschaft und den Zwaeha, den
selbige theils an Büchern, theils an IVIunzen (römischen
und andern, id einzelnen Gegenden Pommerns gefun-
den), theila an alterthiimlichem Gerith, smvohl iuMetaii
(darunter ein besonders reicher, von Hro. Dohrn ia
Hökendorf , woselbst die Gegenstände ausgegraben ww*
den, eingesendet), als in Stein und Thon (Aschenurnen
und dergl.), endlich an Gemälden und Bildwerken er-
halten tiat, woran die Angabe der Veränderungen in
dem Personal der Gesellschaft sich schlieft!
Möge der rühmliche Eifer des Vereins und seiner
würdigen Vorsteher überall die gerechte Anerkennung
linden und sein Bestreben durch reiche Resultate ge-
krönt werden.
Chr. Bähr.
Straho*9 Erdhe$ehreihung in iitbenzekn Büchern, iVSvci
heriehtigtem grieehttehem Texte unier Begleitung kriti§cktr vi4
erklärender Anmerkungen, verdenUeki nen Ckrietepk OMtUek
Croekurd, Deeter der PkShe, und vemude Lekrtr am gymmiifli
mu Stralennd* Ereter Theik Mit einem Bhii geometritcber R-
guren, Berlin und Stettin^ in der Mcolaieehen Buekkandlnng,
XC1V und 587 8. in gr. S.
r
Diese deutsche Bearbeitung eines der wiehtigstet
glriechischea Schriltstelier für die gesammte Kunde des
üigiiizeci by LiüO^lc
Gmlniid, Ucbenetsong ii«t Siraba, laier Tbdl* 80d
AMerlhHiM verdieai keineswegs uoier die gewöhnliche
Kksse von Uel^erseteungen gfestellt zu werden, da hier
ein schon mehr wissenschaftlicher StaiHlpunkt vorwaltet,
welcher dieser Ueberselssung gröfisere Beachtung und
ttlbsl Aiasseiehifaing vor andern Werken ähnlicher Arl
MwendieQ muü. Wae der Verf. beabsichtigte, das - hat
fr hl der Einleitung §. 11. S. LXV. klar und bestimmt
ausgesprochen: „Zur Aufgabe und Leistunis;^ hatte ich
mir zunächst gestellt, eine anstofsfrei lesbare und den
firandteaU in Sinn uad Form treu wiedergebende and
Mpit zuMrlässige Verdeutschung zu liefern, welche nicht
aar dem der griechischen Sprache unkundigen Liebhaher
der alten F]rdkunde dieses grofse Schriftwerk zugänglich
machen un<) ihm ia ungestörter Lesung befriedigende
iiiid gennl^reicbe Unterhaltmig und Beiehrung gewähren,
Mdern auch dem gelehrten Kenner und Forscher den
vielleicht fehlenden griecliischen Text einigcrmafsen er-
setzen, oder auch den nicht fehlenden in schwierigea
Stellen erleichtern und erhellen könnte.'' Bei der grossen
Verdofbedheit des Textes war aber zur Erreichung diesee
Zwecks eine kritische Behandlung und Untersuchung
nnei Urslich , und erhalten wir mit dieser deutschen
liebersetzung zugleich eine tortlaufende Kritik des viel-,
fich entstellt auf uns gekommenen Textes, der hier viel*
fach gebesseit und berichtigt erscheint, so dafs in dieser
Riasicht der UeberseüBung in der Reibe der kritischen
Bearbeitungen Strabos eine wesentlic lic Stelle ge bührt.
Weniger ist in Absicht auf die Erklärung, wir meinen
l^eg^se und insbesondere sachliche Erörterungen, wie
■e bei eiuem solchen Schriftsteller sq höchst wOnscbens--
^tb , ja nothwendig sind , geschehen; im Grenzen finden
8»ch solche Erörterungen nur da, wo sie durch die kri-
tische Behandlung des Textes hervorgerufen und so in
gswisBor Hinsicbl nothwendig geworden sind. Wir be*
^ern dies , unterlassen aber nicht, die Entspholdigung
^ Verfs. anzuführen , dafs er die Masse des vorban*«
^toeo Stoffs durch solche Anmerkungen nicht noch mehr
babe^sphwelleu und . so das Cianae üb^r Gebühr habe
üigiiizeci by LiüO^lc
80(i Groskurd, Uebersetsung dM Birabo, ltte# ThelL
ausdehnen wollen (vergl. p. LXVIL) Dafs solche Au-
tnerkungen auch allerdings mehr Schwierigkeiten haben,
ab dies bei den kriliachen der Fall ist, leuchtet du,
Bomal da bei Strabo, wo sich im Garnen nooh so
wenig eiiiigerinafbeii bedeutende Vorarbeiten vorfinden,
während andererseits, theils durch gebildete Reisende,
theils durch gelehrte Forscher des Altertlmms viele sonst
dunkle Parthien der allen Geeg^raidiie jelat in ein kttra
Licht gestellt aind, die Schwierigkeiten sich hlufba.
Diese Forschungen mufften freilich bei einem sachlichen
Commentar (den wir bei Strabo für uoerlär$lich und
durchaus nothwendig halten, wenn ein richtiges Ver-
•t&ndnilli deaselben und eine Auflassung Im (^ist und
Sinn der wiasenacbaftUchen Alt^rthumskonde err«ieht
werden soll) benutzt und verarbeitet werden, was hier
nicht geschehen ist, weil, wie gesagt, der Verf. dies
als niifser seinem l^reise Hegend betrachtet hat, and blas
taf das Kritische und die getreue AuflhtMiBg des StMM
seine Sorgfalt und Aurmerkaamkeit auf eine atlevdiogs
rühmliche Weise gerichtet hat. Daher ist die Ueber-
aetzung im Ganzen sehr genau und getreu, ohne dafs
jedoch dem Genius der deutschen Sprache eine Gewalt
angethan worden wäre, und wenn auch Aber einaeina
Stellen Verschiedenheit der Ansicht über die Richtigkeit
der vom Verf. gelieferten Uebersetzung oder des von
ihm eingeleiteten kritischen Verfahrene statt finden sollte,
so wird man doch im Ganisen keine ^enü^AtAe Uraaeka
haben, einen Tadel Aber me Arbelt aue^predhea,
die den Charakter der Gründlichkeit, Genauigkeit und
Sorgfalt an sich trfigt, urui dabei v^n solchem Umfang
ist, dafs wenigstens einzelne Verstölse oder Verirrungea
sehr veraeihlich sind. Auf diese Weise gewinnt ab«r
die Ueberaetaung nicht Mos für den geblldelen, aber div
griechischen Sprache nicht kundigen, Freund des Alter-
thums , sondern auch für den gelehrten Interpreten 6in
Interesse, das noch vermehrt wäre, wenn die oben ge-
wünschten sachlichen Bemerkungen hinzugekommeil ni*
ren. Dagegen ist eine aehr auafBhrliche EInMiQng wratfi*
L)igiiizeci by LiüO^lc
geschickt, welche aufser der Dai leguniv' der Grundsätze,
nach denen der Verf. seine Uebersetzung^ geliefert hat,
Ziigleich alle die aligeiiieinen auf Strabo's Person und
$tia kijUerlasteiies Werk sich beziehenden Punkte ab<*
handelt 9 welche in seichen Prolegomenen behandelt ea
werden pflegen. Der Verf. führt zuerst das Wenige auf,
Mas wir über Stialio's Person und seine Familienverhält-
Disse wii»sen, und etstreckt seine Kritik über mehrere
dwnii in Vefbindnng stehende Punkte, wie n* B* die
Frage nach dem Gehirte - und Todesjahr StraboV Er-«
fiteres wird auf 687. u. c. oder 36. a. Chr. verlegt, ob-
, wohl aus andern Ursachen, als die von iiorai beige-
' brachteii sind, die durch des Verfs. Darstellung als un-
haltbar erscheinen. Das Tndesjahr wird als wahrscheinlich
isf 1I.C. oder 24. p. Chr. bestimmt. Auch die Zeit,'
während welcher Strabo sein grofsentheils noch vorhan-
deiies Werk schrieb, sucht der Verf. näher zu bestim-
Sien, und daran knüpfen sich weitere Untersuchungen
Iber seine Jugendbildung durch gelehrte Studien, fiber
seine philosophische Bildung (Strabo war nämlich Stoi-
ker), über die Reisen und deren VerlKiltnifs zu dem
lüoteriasseoen geographischen Werke, über Plan, An-
lage nnd Bestimmung, über Charakter und Bigenthfim-
lichkeit desselben, über dessen Vorzüge, wie Gebre-
chen , von denen es so wenig wie irgend ein anderes
menscliiiches Werk frei bleiben konnte, obwohl in ge-
cingerem Grade, als viele ähnliche Protjuctionen , und
dergL dl Datier ist auch (rine Ueborsicht des Inhalts
des ganzen Werks nweekmifsig eingescbeltei, weil diese,
einen UeberblicL giebt, der die Würdigung des Ganzen
erleichtert und zugleich elier von dem Umfang des
Werkes, dem Plan und der Anlage uns eine Idee geben
kann. Wie wenig in Ganzön seit dem Wiederauf-
Milien der alten Literatur Strabo behandelt, wie wenig
för ihn bisher geleistet worden, zeigt <lie im lOl
gegebene üdbersicht und Beurtbeiluug der bisherigen
Bearbeitungen (deren Ungenügendes wohl Jeder, der
mit Strabo aar eanigerm^iMHi bekannt geworden ist, ^
Digitizeci by LiüO^lc
m EttcydopMie im Gen« da lll«ade. IVine' ^nmlmt.
«ttlrani erfahren hat); die BeBchafieiiheit üm Textes, .
die verschiedeneo uns bekannten Handschriften , die
. übrigens sänimtüch aus Einer Quelle zu stammen scheinea,
und anderes der Art fällt ebenfalls in den Krei« dieser ^
UntersQchungen, deren Hauptmomente wir hier nnr in
Allgemeinen in der Ktlrze ansndevten versucht haben.
Ref. wünscht, sein kurzer Bericht über Inhalt und
Charakter dieser deutschen Bearbeitung Strabos möge
die Leser dieser Blätter von dem inneren Gehalt derselben •
überzeugen; er zweifelt nicht, dafs seine Wuam)he9 bei«*
dige Fortsetzung und Vollendung des Ganzen zu sehen,
von allen Denen jeretheilt werden, welchen diese Bear«
beitnng zu Gesicht gekommen oder welche dieselbe näher
geprfift haben* Auch Druck und Papier sind aehr b€>
. friedigend.
Chr. Duhr.
Mncycloptdic des Gens du M o 7i d e , repertoire universel des seien-
f€Sy des lettres et des arts; avcc des noticcs sw Ics principuks
familles fnatoriqucs et sur Us personna^es ctlcbrcs, morts et vivans;
par une sociite de Savans de dt' t ateurs et d*artistcs, franfaü et
^irangera. Tome pr emier. Paris. Libraire de TreutUl et trürts,
Rue de Lille No. 17,* Stmßhouj'g , grand rue i\'o. 15. Londres, 30,
Scho- Square , J833. 13 und 400 in gr. 8. mit dopp^lUn Co- •
lumnen auj Jeder Seite.
Der allgemeine Beifall, welcher bei uns dem Con*
versationslexikon zu Theil geworden ist, mag uns
entschuldigen, wenu wir hier auf eine ähnliehe Ersehet«
nnn^ in Prankreich anfinerksam machen, die allerdingt
durch das deutsche Unternehmen hervorgerufen zu seyn
scheint. Wollte man freilich das deutsche Werk, so wie
es, auch nach den mehrfachen Aullageu, die es erlitten
und den mehrfachen Nachdrücken, die davon gemacht
worden, jetzt ist, mit allen seinen Ungleichheiten und
allen seinen blos auf Deutschland und deutsche Leser
berechneten Artikel, die oft nicht einmal für diese ein
allgemeines Interesse haben , auf französischen Boden
verpflanzen, so wttrde schwerlich demselbeD in Frank«
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Jsnrjrcioptifiie de« Gens Uii 3JonUe. Tome preniier. 809
rdch ein gleicher Beifall zu Theil werdeo. Sollte daher
io Frankreich etwas Aehniiche« uateroommeo werdeo , so
ikrfte weder «ne Ueberseteiini; noch ein Aumg deft.
dütoehen Werkes i^^r^^ebeti werdeo, eoodero e« nmikte
im eigeDtlichen Sinne des Wortes ein neues Werk ge-
schaflen . werden , berechnet zunächtit auf französische
Leser and nach derea Gresehmack, sowie nach deren
MArfoim) eingerichtet ; m komiten deouiach (wio auch
iiwliej^endem Werke geschehen) wohl einzelne Artikel
des deutlichen Werks <Iari[i aufgenommen oder in verän-
derter Gestalt wiedergegeben werden. Die meisten Ar-
tikri bedurften einer völligen Umarbeitung in den obelf
benrnkten Besiehuogeo ; zahlreiche Artikel des deutsdien
Werks mufsten gänzlich wegfallen, während andere hin- »
wiederum eine g^röfsere Aufiuerk^ainkeit und Berück-
sichtigung erhalten aiufsten. IManche Artikel des lieut-
sdm Werkes scheineo eher für Gelehrte vom Fach , als
ftr gebildete Leser ausgearbeitet, sie ebthalteo Oinge,
die viel zw speciell für ein solches Werk sind , oder wis-
8en§chaftiiche Deductionen, die solche Leser, für die
doch das Buch seyn soll, in der That wenig anziehen«
Aidere Artikel des deutschen Werket beziehen sich,
an Theil io unverhfiltnifiunärsiger Breite und Ausileh-
öung, auf die nächsten Zeitereignisse und einzelne darin
hervortretende, sonst unbedeutende Personen, welche
wrf diese Welse ni einiger Bedeutung gelangen und ihren
Mstso leieht verschollenen Namen im Gedächtnifs der
Bbehwelt einigermafeen erhalten wollen* Zu dieeen und
ähnlichen Uebelständen rechnen wir noch die grofse Un-
gleichheit in den einzelnen Artikeln, die, was freilich
Uns geringfe Aufgabe war^ vor Allem vermieden werden
mabte^ um Ju de» Ganee mehr Gleichförmigkeit zu
bdagen; es mufste ferner In allen die Politik berfih-
fenden Artikeln die erforderliche Ruhe und Mäfsigung
beobachtet .werden, die sich nicht von den luteressea
des Tags und .den Leidenschaften der IVtenge hinreifsea
ttlst; es mulhte daher auch die in dem d^nlscheD Werke
baU.mehr bald minder hervortreteinde Vorliebe für eine
«
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«
%19 Encjclopödie des Gen» 4« Moude. Tome ftmut»»
bestimmte Parthei wegfallen, da da§ Werk keine&weg«
ikizu dieoea soll, polilische Ansichten unler der Menge
^ m verbretten, eoodeni gründliche Belehrnng imd nili-
liehe Kemiinifs denen su geben, die durch ihre Stellung
im Leben, thirch vielfache Berufsthätigkeit abgehalten,
nicht selbst aof eigenem Wegfe dazu gelangen könTien.
Diesen Charakter der ÜDpartheiiichkeit zeigt das freu*
ssdsische Werk b höherem Grade als das denteehe, ead
wir klkinen daram wOnsehen , dafs das Werk in. FVank-
reich und aufserhalb Frankreichs unter der Classe vou
Lesern, für die e» zunächst bestimmt ist, recht ver-
breitet werde, zumal da auch die Grfindlichkeit (ohne
Steifen Pedantismus) , mit welcher die einzelnen Artikel
^ Yon «len namhaftesten Gelehrten Frankmehs assgearbcitet
sind , dem Werke einen eigenthümlichen Charakter uod
Gehalt giebt, der es von so manchen Machwerken und
niittelmäfsigen Prodnctionen der französischen Presse
fadchst vortheilhaft unterscheidet Es sollte eio Weik
geliefert werden (und hierin liegt nach der Absicht uad
nach dem Plane der Herausgeber, ein wesentlicher Un-
terschied von dem deutschen Werke), welches nicht bios
für die Conversation, also für die Tagesiateressen »«^
denn fiber diese conversirt man — beetimmt sey, sea*
dern welches das für jeden Gebildeten Wissens würdigste
aus den verschiedenen Zweigen menschlicher Wissen-
schaft und Kunst enthalte, also eine Art von Encykle*
pädie, niebt fär Gelehrte, sondern Skr gebildete Leser
Jeden Standes. Daher noch der Titel: Ent^d^pedk
des gcns du Monde, Doch wir müssen wegen des Ein-
zelnen hier auf den ühf rall verbreiteten Prospectus ver-
weisen; zur Charakteristik des Gannea mögen die eben
vorausgeschickten .Bemerkungen dienen. Was aus ds0
deutschen Oonversationslexikon aufgenommen w&rdm^
ist durch ein beigefügtes C. L. kenntlich, was unter ver-
änderter Gestalt und Form daraus entlehnt ist, bezeichnet
dieChiffer C.£>.M (Conversationslexicon mod^E^/ Aber
die meisten Artikel sind, wie bemerke, neu au^earbeitet;
einem jedeif Artikel' ist der Name des Verfassers (eine
*
f
üigiiizeci by LiüO^lc
£Mi^el«|i4$4ie det Gewt da Monde. Tome pitauet. bii
löbliche und nachahmungftwfirdige Einrichtung) beige*
filgt, der Kürze vfegen durch einzelne Zeichen, deren
Berfentnng auf einer Taftfl nach dem Discaura prelimi^
nuire angegeben ist. AVir finden darunter die Namen
Artaud, Berviile, Depping (der eine Reihe sehr
Mbitabarer Artikel bearbeitet hat), von Eckstein (von
im Unter andern ein TortOglicher Artikel über dheimrd
ia dienen Band anfgenonftmen ist), Fetia (der inabcsun«
(lere die ia das Gebiet der Musik einschlägigen Artikel
geliefert), Gence, de Joug, Klaproth, ferner
Lebrun, Lefebv re-Cauchy, Matter, Orfila,
Pariaot, Reiaaud, SchnUzler (der die sahlreieh*
fltea Artikel aas dem Gebiet der Geschichte, Myi\\f>-
logie, Geo^E^raphie und dergl. geliefert — wir machen
hier nur auf den einen Artikel über den verstorbenen
Eaiaer Alexander aufmerksam •^), Sinner, Baron
Walckenaer, der Über geographisehö Oegenstttnile
(kntn vergl. z. B. den Artikel Afrique) , Reisen u. dergl.
Artikel geliefert, u. A. Eben so bitten w^r z. B. die
Artikel Abrantes, Adelaide, Agier u. 9u aachzuiesen.
Her Artikel Abmddr ist aas leicht an errathenden Orfta*
doa nicht sehr anaftthrlich ausgefallen.
Wir wünschen, dafs das Werk in der Art fort-
geführt werden möge, in welcher es hier begonnen
worden und sehen, im Vertrauen auf die gelehrten
MUitter, welche dem iJntemehmea beigetreten ainil,
MmI isb allerdings dea« FaMiknm die beste Garantie
über die Ausführung des Ganzen geben können, mit
Verlangen der baldigen Fortsetziyig und Vollendung ent-
fi||en« Mit zwölf Bänden soll das Ganze geschleaseo
M^« Vorliegender Band endigt mit Alexemder.
' Dvnck und Papier hissen , wie fiberbaupt bei fran*
sddscben Werken der Art, die fDr ein gpöfseres Publi-
kttin l>esttmmt sind , nicht leicht Etwas zu wünschen
iMg. Sinnentatelleade Bruckfehler sind una nickt aaf«
SMoGmi*
üigiiizeci by LiüO^lc
Juliiiib Pngwrf^hri €UtiJ4lngUng9. Bm Qßiithi im Mm
Getängm von J,B,ji* 1V€$$9nberg. Stuttg, u* Tüh* M Cotta,
1831. 318 {n
Lebie Schiller noch, «o wäre, ich begierig, «eiii
Urtheil über, diese« für die mortliach - religiöse Lebeai-
philosophie wichlige Gedicht zu vcriiehineo. Mehr
UaodiuQg und einen mehr inotivirten ZusammeDhang
der Breigoiese, «eiche dadurch auch poetisch - giauUft*
eher wOrden, hitle wohl auch Gr verlangt. In Uebrigeo
wurde Er walirscheitilich seioein Urtheil die Perde-
runden zum Grunile gelegt iiaben, die Kr mit so vielem
Scharfsinn in seinen Bapsodien über naive und senli«-
meniale Dichtung der böhern Idylle (des idylKsobea
Epos) gellend zu machen sucht. Er verlangt dort vor
Aiiem, dafs der Dichter nach dem Ideal strebe. ^Treibt
iliii," sag-t er, „der senümentalische Dichtungstrieb, so
Stehe er nicht eher als bei dem Höchsten stille; er ver-
flchmäbe den iio würdigen Aosweg , den Gehalt des Ideals
BU verschlechtern, nm es der menschlicheii BedOrftiglMit
anzupassen, und den Geist auszuschliefsen , um iiüt dein
Herzen ein leicliteres Spiel zu haben. Er mache sich
die Aufgabe einer Idylle, welche jeoe Hirtenanschuid
aneh io^Subjecteo. der Cnltur und unter allen Bedia*
gUDgen des rüstigsten, feurigsten Lebens, des ausge-
breite(st(ii Denkens, der raffinirlesten Kunst, der höch-
sten gesellschaftlichen Verfeinerung ausfuhrt, welche,
mit Einem Wort, den Menadien, der nun einmal nicht
mehr.naeh Arkadien mrück kann, bis nneh.Biysinin
fnhrt. — Rnhe, fahrt er fort, scfy der herracheode
Eindruck dieser Dichtungsart, aber Ruhe der Vollen*
duog, nicht der Trägheit, eine Ruhe, die aus dem
Gleichgewicht, nicht aus dem Stiliatand der Kräfte
ftierat, und vod dem Gefühle eines nncodUchen VermA»
gena begleitet wird. Eben darum , weil aller Widerstaad
hinwegiallt, wird es hier ung^leich schwieriger,
die Bewegung* hervorzubringen, ohne welche <loch
keine poetische Wirkung eich denken lälst. Die höchste
Einheit ronfa seyn; aber sie darf der Manchfidtigkeit
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Jttliii*« Sieben Gesäuge von J. H. v. WcMenberg.
mcbts oehmeD ; dasGenvüth mufs befriedigt wer«
<bo, aber ohse dafs dae Sirebea darum auf-
hdre."
Diesen Forclerung'eii des «elbstschaffenden Kunstrich-
terR nähert »ich die Pilgertaliit des Jünj»;lings, Julius,
wf eine edle Weise. AU id^llij»dief> üpos ist es mehuc
der Motinieotaleo ab naiven GaUnngr angehörendL 8dfi
Toriats ist, das Rmn-meiischltohe und Mensefalieh«
göttliche in seiner Verklärung^ so hervorzuheben, dafs
es sich über der V er \v Irrung der Zeiten und über allen
Giaoz äufserer Welterscheinungen als das darstelle, was
aa§rer Ltebe^ Achtung und Bewerbung ewig am wür-
digsten bleibt Vieles Merkwürdige in der skhlbaratl
Mitwelt geht an Julius bedeutungsvoll vorüber; Er wird
iaTheilnahiiie an dem Wichtigsten, was vorgeht, hinein-
g^ogeii, doch nur so, dafs seine noch unverderbte Kraft
tUarcfa angeregt , geprift , geläutert wird. Der Dichter
will, dafs die Klarheit seines Geistes, die Unschuld seiner
Gesinnung und Neigungen nicht nur ungetrübt bleiben,
sondern sich gefördert zeigen. Er lebt nicht in Arkadien.
Aber Allen wirkt eusammen, um ihp nach Elysium zu
liiten. Heitere Ruhe ist der vorherrschende Bindruck.
Diwe jedoch wird Ihm nicht durch Trägheit, durch
UDg-pstörten Genuls, durch niiilsiges Schvväi men zu Tlieil.
Ihirch alles Grofse und Rühmliche fühlt Er sich ange-
xogeo. Auch wo auf Seite des Gegners Avk edler Zug
hwvorscbiramert, empfindet Er Theilnahme. So weil
Er dem Eroberer auf seinen Zügen folgt, ist sein Gemöth
nur dem zugethan, was der Förderung* der bessern Men-
schennatur zuzusagen scheint. Erst als der Schein davon
w der fividenz verschwindet, entschliefst sieh Julius,
Rettung^ seines 'Bewufstseyns ans der Krafllanwen«
dnng für das OelTentliche zurücklrt tend , das reine Men-
schengluck in den ruhigen Thäiern der Schweiz, im
süllea Heiügthum einer unentweihten Liebe zu suchen,
•Diese, schdn in den leiden der unbefiingenen K,in->
dorwelt an den Ufern des Genfersees erwacht , wird im
Verlauf des Lebens mehrmals auf die frohe gesetzt; sie
L)igiiizeci by Liüü^lc
814 Jttliaf. Sieben Gesänge von J. H. v. Weasenberg.
besteht aber die Probe, und gewinnt dadurch an Läu*
terung und Starke. Sie empfängt zuletzt nach emer poo*
tisch malerischeo Wanderung 4lurch all die Naturwander
des ewif idylliscbeit Sohweiaef lamh "mt dar Kuppt des
Rigi gleichsam vom Himmel seibät Weihe und Bekrftn«
zungi Die Wahl des Rigi für den begluckenden Aus-
gang der Idylle darf um so mehr eine gidckUobe geaanat
werden, alä auch der Rigi es war, wo im Beginn der
Dichtung dem Knaben Julius ^ als Waisen der erste TiM
fiber den Verlust seiner Mutter ia die Seele gekom*
men war.
Bis dahin, wo seine Liebe ihr Ziel erreicht, hat
ihm die Freundschaft das Geleit gegeben; meist
in der Gestalt eines würdigen Erziehers, dann als diem
stirbt, in der eines edlen Jöng-lin^s Fianzesko, der,
selbst schon in der Schule des Leidens geprüft, tief das
BedHrfnifa und den Werth Achter Freundachaft fäUt
und sie treu bewihri
Durch diesen Entwicklungsgang wird in diesem Ge-
dicht die Anerkennung bezweckt: dafs reiner Sinn für
Gott und Vaterland, treue Freundschaft und nie eut-
weihte Liebe die Gestirne sind, die dein Menschen nr
hdehstmdgiichen Gifickseligkeit auf Erden den Pfad er»
hellen !
Man wird vielleicht dem Dichter entgegenhalten^
dafs er gerade in die Episoden, deren allerdings
in das Gedidit Ter webt sind, das meiste Leben, dis
maisle Bewegung gebracht habe. Was aber hindert vai^
das Ganze als eine Vereinigung von lieblichen Miniatur-^
bildchen und besonders auch von ^tiicbea Schilderungen
zu bettachten, für welche die ftufkere, wenig aftsgenuilte
Leiiensgesobidile der Personen gleichaaas der HahoMRi
seyn soll, nm sie gemeinsam zusammenzuhalten?
bemerken ist zugleich, dafs die Episoden im Julius thdls
als nothwendig erscheinen , wie die von Fraozesko's
Schicksalen, um den prennd in's rechte Licht zu siellso
md auf die Folgen ihrer Verbindung vorsubereiten, tinili
dafs sie zweckmäfäig wirken, um den Eindruck, den dis
/
Digiiizeci by LiüO^lc
lalla». SUben Gesänge von J. H. y. Weaaenberg* 81S
Wehbcf ebealieteea «nf dM-Geniitk des Julius und j«ilet
Beschauers maehen sollen, zo verstärkeii. Von dieser
Art ist die Episode von dem polnisctien Krieg uod von
im Hektenniädchen von Zaragoza*
EÜDigen mag tadelhaft vorkommen , dafs der Dichter
sich mehrerer Traumgesichte, als Maschinerie, be-
dient. Ist denn aber die^^^es ni< ht die natürlichste Ma-
schinerie. Ist nicht durch Träume und Ekstasen mit
der wenigsten Verletzung der Wahrscbeinlichlieit das
inbere und innere Leben und selbst die irdische Welt
mit der übersinnlictien zusammenzuknüpfen? Da die
neuere Poesie auf einen glücklichen Gebrauch der veral-
teten Göttersagen und des eigentlichen Wunderglaubens
vierzichten mufs, so ist nicht wohl abzusehen, was sie
nreckmärsiger an ihre Stelle setzen künnte, aKs Traum«
gesiebte. Nur dafs diese mit den Verhältnissen in üeber-
eiostimmung stehen, oder gar aus ihnen hervorzugehen
den Anschein erhalten müssen! Jede Dichtung stellt
ihre Bauptpersonen auf höhere Stufen, über die gewöhn-
liche Empfindung und Erfahrungswelt. Sollen Exaltirte
nicht auch Seher werden können? nicht in einem halb«
\Tachenden Mittelzustand zwischen Sinnlichkeit und Gei-
stigkeit ahnungsvolle Anschauungen haben? War der
Sothusiasnius der alten Welt (wo er nicht Schein und
Täuschung war) nicht in der Exaltaliori der Seelenkräfte,
io dieser iunern Realität gegründet? Sind nicht die
Neheim, selbst nach der Sprache ^ Exaltirte?
1d wenigen Gedichten dieser Gattung werden so viele
Beschreibungen wirklicher ^i aturseeneo gegehon, wie ^
Idar. Tadel wurde dies Our dan verdienen,^ weae diaie
KitargiBiAälde (deren Urbilder meist in der fiebweiz und
llftlien sind) nicht wahr und gut gewählt, und nicht
zugleich sehr passend wären, um den moralischen
ruck zu erhöhen, welcher durch diese Schüde-
niDgen belebt wird. Dafs der Dichter dagegen um-
rtAodliche Beschreibungen von Schlachten und Gefechten
möglichst vermied , wird man ihm mit Recht zum Ver*
Digitizeci by
816 Julius. Sieben Gelänge vön J« H. v. Wcssenberg.
■
(lieust anrechnen , beioaders weaa inaa m die Natur seines
Gedichts denkt.
Z« .einer VergleichuDg iiiii der Luiee ¥#n Vof* «ad
mit Göthes Hermann und Dorothea wird weder der
Kunstbeiirtheiler noch der Leser veranlafst. Auch sind
Vergieichungea dieser Art weder gerecht noch nalürlich, :
wo das Deue K'onstwerk weder NacfaahniUDg'Doch Rival
der andern seyn will. Jene unsterblichen Iilyllen be-
schränken sich auf die Schihlerun^ einer Liebe, die im
erstem gar kein Hindernifs, im letztern ein nur in der i
Einbildung bestehendes yoründet, das desto schöner sich
entfaltet und gehoben wird ; wobei aber die grofeen An-
gelegenheiten der Menschheit bei Vofs nicht berührt,
von Göthe nur benützt werden, um die zwei Haupt-
personen in ihrem iruüviduellen liebenswürdigen Lichte
aus der übrigen Weltverwirrung hervorzuheben. Der
Dichter des Julius hat es vorgesogen, die Verbindung
dieses jungen Mannes mit der schweizerischen Luise, die
wir seinen weiblichen Genius nennen möchten, als ilen
schönen Lohn der unversehrten Bewahrung seines sittli-
chen Charakters bei allen Eindrücken der Welt, in die
er verflochten ward , darzustellen. Wesentlich aber ge-
hörte es zu seinem Plan, die bedeufendsten Erscheinungeo
der neuesten Zeit, mit Rückblicken auf die Vorzeit und
auf das Eigenthumliche verschiedener Völker in einem
treuen Spiegel, zu zeigen. Sie sollten sich in der Seele
seines Julius so reflectiren, dafs das wahrhaft Grofssi
Schöne und Edle von allem falschen Schein sich ablese
und scheide. Es sollte mit möglichster Klarheit ans einer
der Wahrheit und Tugend geweiheten Dichtung überali
dies hervorleuchten, dafs der Mensch trotz allem Wirr^
und Wechseln der Zelten die Befriedigung seiner edlerb
Natur erreiclien könne, Wenn er aufrichtig das Göttliche
verehrt, in dem Menschen seinen Bruder hebt, und un-
verrückte Treue in der Liebe bewahrt \
«
(Der U«scA{u/« /el4rt.J V
f
*
i
Digilizeci by LiüO^lc
N . &2. HEIDELB. JAHRB. d. LITERATUR. 1888.
Julius. &ehen Gesänge von H, v. Wessenherg
( B e 6 c h luf ß.}
Iq ein Paar Strophen, welche zum Voraus von der
Gewandtheit des Aasdrucks nod der reinfliefsendea Vefi*
Jbildybg (welche in der gebandeneo Rede der oeoeeten
Zeit bei Vielen, leider , zur Seltenheit geworden ist!)
eine Probe geben, hat der Dichter selbst seinen allg;e-
meiuhin wirksamen und wichtigen Zweck dem Leser zum
Tkeil eDtdeckt und die dafür aogeweudete Mittel an-
gedeutet :
An uns gin^ eine grolHO Zeit Torübcr«
Oft reich an iloilnang, düster oit und wild.
In mancher Seele spiegelte sich irübcry
In andern heiterer ihr fliehend Bild.
Ihr Mifsfj^etön zuckt noch durch infinrhr Fiber;
• Des Weisen Atip^e nur Ridit Ülar mnl mild.
Und was der WcIbc sah, ein edier Richter,
Zeigt euch , von ZauUcrglana verklärt , der. Dichter»
Der Dichter warnt im Tielbewegtea lieben.
Wo Täuschung oft den Edelsten belog*
Ihm ziemet, das mit Strahlen zu umgebeb,
Was eitler Wahn mm Staube niederbog. 4
Den schönsten Ruhm soll im Gedicht erschwebett
Was in der Welt den Blicken sich entzog.
„Nichts bringt die Zeit, das nicht die Zeit begräbe|
n^in Stern nor eimfalet ewiglicli die Liebe 1
Der Plan und Ueberblick des Ganzen ist folgender:
Julias, die Hauptperson, an weicher die unserer —
viel lernenden , unklar empfindenden , aber desto weniger
denkeudwolleadea ~ Zeit eo odthige Mltliche Aue*
tÜdung gezeigt wird , ist so ebeo ale Roabe won der
sterbenden Mutter verlassen. Ein alter Freund der El-
tern aber, ein Schuler Aeskulaps, Eudor, nimmt ihn
m sich imd bildet Geist und Herz in ihm zuerst durch
Bewaadeniiig der Natur and ihrer Wohlthättgea Ordamii^
XXVI. Jahrg. 8. Heft. Ö2
ms Julius. Sieben Getftoge TOB J* U. % . WeM«ik)l»«rg.
> im Grofsen und Kleinen, auch durch Einkleidung; des
Wabren io kindliche Mährchen und Sinnbilder, aUdano
aber durch geschichtlich bewährte Musterbilder nicht
mir der ReclitschafFenheit, sondern auch der Lebenslhä-
iigkeit und des praktischen Uqternehmungsgeistes.
9, Durch lolcher Bilder Reih'o führt ihn von 1¥eiien i
Ole.Hufld Ettdet^e «lif lichien HimmelihöhS
Von wo mau cah den Sohn dee Hw'gea echteitfln«
Die Meneohheit su befrein Tom Sfindeuveli,
Vm für das 'Gottesreich sie xn bereiten. — -
Wie » wenn nach langer Fahrt aü Iiund und See
Pilgere Aug* entdeckt Helmaiiiegefilde, -
Steht J u 1 1 tt a entiuckt Tor J e e u Bilde«'*
\ach dem zuciteii Gesang führte Eutlor seinen Pflege-
sohn auch durch die poetische Welt von Homer an bi«
zu Tasso und Klopstocks Messiade. Zugleich aber wird
schon im Kinderumgang durch jenen ätherischen Magae-
tismus zwischen der männlichen und weiblichen Psyche,
ein geheimer Zug von Liebe gebildet, die in der ganzen
Folgezeit (auf eine freilich mehr wunderbare, als moti-
virte Weise) die Leiterin und Tugendbeschutzerin seines
Lebens wird.
Sympathie, die schon in Kiaderieiden
Mit leiser Hand gebeioie Bande iTehtt
Dais sie Tor Tausenden einander wihlen ,
Dafs Eine gans wie In der Andern lebt,
^ In Beiden jede Wonn^ nnd jedes Qa&len,
Wie Klang aus Einer Saite, wiederbebt.
Ihr Engel wachet an der heiTgen Quelle,
DixlH kein Gtiwulk trüb' ihre Aethcihtslle ! "
Kaum aber tritt Julius in die Jüngllngsjahre, als das
Sturmgewitter geldgieriger Freiheitspiraten (matt lt$e
Leben md Abentheudr Hanet Clary^s während der
Revohition, übers, von Gleich. 1829.) von Frankreich
her den Schweizerbund zu zersplittern drohte. Auch Er
mit seiuen Spielgenossea eilt, auf des Landhauptmaons
▼Ott Beding Huf, dem Vaterland zu Hälfe« So tritt
der kunse Freiheitskampf bis sur UnterdHIdmaig des
kleinen Hirtenvolks der Bergkantune in die Idylle als
Aenderuog der Sceoe. Auch Julius stürzt und wird für
Digiiizeci by LiüO^lc
Ml hinweggetragen ; atufr LqIm nebtt dtr Matter §ind
(^beufalls Verjagt und bemühen sich jetzt um des jungen
Freundes Verpflegung. Eudor führt den Genesendes
fmh Italien. Denn des weiter bliokeBden Allea Ahniuiy
Iber das SchwraerUnd ist:
„So lang et mnfs nm den Kometen irren,
Dem Frankreich folgt , viril nur Betrug es kirren/*
Uüverkennbar ist, wie den Dichter selbst sein unzerstör-
bares Italien aasieht^ dessfio Vergegenwärtiguig jetal
der dritte Gesang gewidmet wL
„Italia! Ein Gottertraum dem Blicke
Noch jetzt, wo fremder Waffen Klang dich füllt»
Und d^einem Volk der Weiterobrer Tücke,
In Luflgestalt von Freiheit, aich verhüllt.
Was that nicht die Natur zu deinem Glucke,
Du sePge Flur, die jede Sehnsucht Rtillt?
Zum ParadieB bist du von ihr erküren!" •
So rief JEludor, im Heize ganz verloren. '
Statt der vieleq Lokalschilderuagen^ aaf welche wir hier
anr hinweisen können, heben wir zwei gedankenvolle
Strophen heraus, die in jene Zeit der Demfithigung
fallen, aber immer warnend wiedertönen müssen:
„O Rom! Trub tont um Dich der Völker Klage.
Zweimal hat Gott ihr Wohl Dir anvertraut.
Und zweimal warfst Du in des Sehit knals Wage
J}'m Machtbegier, die in die Wolken bant.
GranitfcU glaubtest Du die Unterlrige,
Du, dem vor keinem Abgrund je gegraut.
Doch zweimal brach den Bau die Zeit zusammen;
Du stehst vcrAvais't. und rin^s die Welt in Flammen.
Gesondert sind iiuf vw]y; beide MiLohte,
Von Gott zur Ifut der Menschheit a ii igeiiteUt.
Da, wo Religion und Staat die Rtt litc
Sich freundlich bieten , freuet sn h die Welt.
Doch wehe dann dem menschlichen Gcschlechte,
Wenn Leidenschaft der Beiden Vinn entstellt,
{ Dafa bald die Kirche strebt den Stfiat zu meistern,
yQ4 b»Id dex Staat mit Fesseln droht den Qei^
■ • ' Stern!**
Der Greis Eudor stirbt
«,Das Stanbgewand, die Tielbeweinte Leiche»
* Beuteltet Mise bei Taese'e £ieiie.
L)igiiizeci by LiüO^lc
8id Jnliai. 8l«bea Gwiiage J» H. W«MMberg,
Wie durch eiii Wunder (denn nnser Dichter schafft
Wunder ohne Maschinerie aus dichterischer Macht-
▼ollkonuiienheil) wird dagegeo im yierten Geesang Julius
plötzlich mit Frao^esko, einem wjlrdigen Freunde
vereint, der einst nach Tripoli in'a Harem eines BaMa
geraubt und dort der Liebling einer ebenfalls geraubten
Zaire geworden war, die mit ihm entfloh, aber doch
nicht lebend Italien erreichen konnte. Beide Freunde
darphwaodera jetzt die afidlieheren NatDrherrlichkeitefli
die den Dichter selbst so innig angezogen haben:
,>0 Nnpolis! Italiens FruhHng'sgarten !
Warum erstarrt in Deinem Schoos der Geist
Von Winterfrost? Wie konnte bo entarten
Dein Volk, das nur für Raub Geschick noch weiset?
Des Stromes Abflufe scheint es abzuwarten
Mit offnem Muntl. Das sfifRc Nichtsthun heiTst
Ihm Glück. Wils Wunder, bist Du längst dem Norden
Und Süd, dorn Ost und West ein Spielball worden
Hier, gestehen wir, war nns die Episode von dem
Karthäuserinönch Vs 5(1 — 57. vorzüglich ansprechend
In einer Wundergrotte , dein schauerlichen Averons
nahO) sehen die Frennde am Ende des vierten Gesangs
unter, eauberischen Harmonil{a*8 Melodien in einer weis-
sagenden Fernsicht halb träumend , zum Voraus treiliich
geschildert Napoleons Gestirn^ von seinem Anfsteigeo
an — bis zn (lern Eiland, wo ,
Anf kahlem Torsprung taft ein dottrer Krieger*
Die Woge Maral; Seht Iiier den Weltbeiieger! ^ .
Sie selbst «olUen bald an der Kometenbaha dieses Sohns
der Revolution Antlieil nehmen, welcher allzngutmiithige
Freiheitsfreiutde» ebenso wie die gezwungenen Gewalt-
herrscher, zn Maschinen seines genievollen, aber nar
um 80 mehr verdammlichen Egoismus zu macheu wulste.
Zuvor läfst ein neues Wunder Franzesko am Vesav
Vater und Schwester seiner Zaire finden. Flora veran-
laftt beinahe in Julius 'eine Untreue gegen das Andenken
an Luise und in Franzesko eine Eifersucht; aber eine
glückliche Traumerscheinung entwölkt die Gemüther,
»
I
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J a 1 i a e. Sieben Getange von J* H. t. WeMeaberg. iU
und Flora's Vater (reibt vorerst beide zo neuer, ^i'Qrdiger
Tbatigkeit io das, noch räihselbafle, Frankreich hinüber:
^ Am SditaAi erhoV dar GaetlreiiDil hoch den BeehaSi
»Auf Washington'« und Koosiaiho'n Wohl!*'
Rief er begeletcrl am. ^Ubm Bild der JEUeher
Der Meneehhelt leuchte hell von Pol na Pol |
Ee itrable Freiheit nnter nlle Bächer,
Doch Schrechen in der Willknhr Capital!** ^
Der Alte hatte unter beiden Fnhnen
Marat, de« Monechheit eehSaem Tag na aiiaea.
Der Raum und die mehr verflochtene Verwicklung
d^r folgenden Begebenheiten erlaubt uns nicht, weiter
im Einzeloen sa aeigen, wie die Freunde, denen Luise
and Flor« immer ihre Träume waren," Mch Jetst doch
auf dea Vaters Antrieb erst noch in die Wagnisse des
Lebens unter Napoleon Sturzen, wo selbst Corsika
(S. 195.) glaubte,
An€h ihm eej jelat der Freilwit Tag erechieaoa.
LonKt Frankrolcho acliönea Leo« ein Koree dach!
Bald acht ihr'Iha» den alle Welt bewundert,
Den Geaina vielleicht ffir manch Jahrhnadeiil
Sie landen zu Frejus, wo
,,Nochjitand ein JubeUiogren an der Stelle
Wo, kehrend ans AL^ypten war au'« Land
Gestiegen — Frankreichs Held, wie Morgenhclle
Aus finstrer Nacht. Froh auf dem Stclzfufa stand
Ein KricgRiiiiinn dort; gleich der geschwätzigen Qaelic
Pries er in Einem fort, wie er am Strand
Des Nilstroms hU \\ und bei den Pyramiden
Für ew'gen Huhm gekäiii|ift sam Invaliden.
Das Frenndepaar niaimt jetzt an allen Unternehmangeii
Napoleons AntheiL Des Dichters Muse aber bleibt par* «
theilos.
„Der Wahn wai ungeheuchelt, dafs Befreiung
Der deiitRohen Stämme Zweck des Krieges sey.
Voll Mitleids blickten sie auf die Entzweiung
Der Fiirsten, auf der Völker Sklaverei,
Und g^laubtcn gvrn der schönen Prophezeiung
Von Deutschlands Rettung aus der Barbarei.
' Wie mancher Dciitsche, theilend die Bethörung ,
lUif, fiegeo Wunteb, m seinea Volke Entehrung.*
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in JbH««» flielbea CMbge jmn VL WesMiilierg.
Wm teilt tioh Min« ! SoIm» cMi «KbluiieB
Der Fvetind auch sein gelielitM Vatarlaml*
Von aehdncr Hoffbung beide tteracn glühen . ,
Froh bieten dem Befreief eie die Hand.
. «»Bef relet^!** httldt» Klang ton Hanlibalen;
Boeh ach l wie oft «h epfit als Trag etlcaant
M Schön lacht der Bl fithenstraach } doch, Wandrto lange
,,Nicht lacch darnach ! Still lauert drin dtc Schlange.^*
Die TälischuDg dauerte, wie bei Vieleü, bis ra den
gewaltamea Uateroehimiiig^ea gegen Spanien. , An sich
betrachtet ehid diese dem Ree. immer wie politisch noth*
wendig ersciiienea. Frankreich liatin, es mag nun ab«
solutistisch oder repräsentativ- monarchisch seyn, nie
gleichgültig dabei bieih«^, ob es in seineiti westlichen
Rficken nidit Ton dem entgegengesetzten 8;f8tem he*
droht werde, und also zwischen ewei Feuern stehe. Ah
lerdings aber wurde die Ausführung' des politischen Ge«
botSy Spanien sich zh assimiliren, von deui neuen Charie-
magne mit eiiler so auffallenden Betrftglvt^keit versucht,
dafs jeder Zeitbeobaphter indignirt seyn und, von nnn
, an, eine Nemesis nahe erwarten mufste. Für den Dichter
ist diese nnsre beiläufige Bemerkung- b!os Nebensache.
Ihn möchten wir vielmehr fragen , ob es nicht doch
zweckmäfsig gewesen wäre, von der äuFseren kriegeri*
sehen, oder politischen Thitigkeit der beiden Ilaiiptper-
sonen mehrere einzelne Züge zu schildern. Allerdings
ist zwischen der Idylle und dem Epos ein grofser Un-
terschied. Sollte aber dieser nicht auch darin bestehen,
dafs , wenn dss Bpos mehr den Zusammenhang dc^ Ge-
schehenen geben mnfs, die Idylle, wenn äut^ abge-
rissen, doch einzelne anziehende Handlungen, wie cha*
rakteristische Miniatur -iGremulde, mittheilen kanu.
Seinem mehr sittlieh -^religidsen Zweck gemäfs w endet •
sich der Dichter dahin, dafs bald unter der Gewalt-*
herrschaft die Ueppigkeit, „die, Fürstin böser ('een>' '
durch die Tbat bewiesen habe.
. Mir mufs with Allen schmiegen«
Mir »iemffl, den Welt -Beweger lu beskgea«
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Julius. Sieiicn Goftäoge von J. H. v. Wes«eiibetig. 9^
Aach gegen Julius werden Netze aufgestellt. Die be-
leidigt^ GefalUuchi, in Jokontle personiticirt, reifst das
Freuodepaar aaseinaofler. Durch höfische ArgiisI soll
selbst Lvise getäuscht werden. Im gansen Gedichl
streiten der böse und der gute Dämon nie angestrengter
gegen einander. Ein neues Wunder aber brin«;t Julius
mit Luise bei einer Yogesischen Heilquelle zusainmeo^
doch nur so , dafs gerade jetzt der Eroberer alle seine
Kämpfer am Fufue der PyreufiM yersaminelt. <
^Den Adlerblick hat Casar langst geweidet
Voti teincr Sonnenhöhe an der Gegner Sclitna^hi
Da «teigt, in eines Seraphs Ghiiiz verkleidtt«
Die Ehrsucht tief herauf in sein Gemach,
Und haucht, indem lie Lug und Trug vergeudet.
In ihm die schluiumemden Begierden wach.
^Dein ist die Wolt," sagt sie im Schmcichcltonc ,
«,FftUt auf dae Haupt Dir noeh Hiapaaiean ürone/'
'«»Sieh* Wie nie wankt, das Spielaeog elnea Welbea,
Uted ihres Mnetlinge; allem Volk mmm Uofcn!
.Sie fätU Dir an, ein Spiel dee Zeitvettreihee ,
Fuget Da aur List der Drohung Doonerton.
Regt sich das Vblkt der Waffen|(iana betäub' es!
Der Gnadenfulle sey d^r Zahmheit Lohn !
Die Herrseher werden Deinem Zweck begegnen
Und ihre Schwäche Deine CSvoTsmuth segneti.'*
Napoleon, 60 scharfeichtig und glucklich in der Be-
handlung der Franzosen 9 der Italiener und Deutschen,
verfehlte den Charakter der Spanier, wie nachher der
Polen und Russen. Er scheint mehr die gereiften und
überreifen, als die halbcultivirten Volkscharaktere be-
griffen und die Kunst, ihrer sich lu bemcistero , in sich
gehabt zu haben. Das Freundepaar mufe, bei all seiner
patriotischen Tapferkeit, diese Fehlgriffe auch in der
Belagerung von Zaragoza mit biirseik.
In Italien war indefs auch Vater Alphotts gestorben.
Flora wendet sich deswegen zu Luiden in ihr Schweizer-
land. Den Freunden in Spanien begegnet zu gleicher
Zeit noch eio fUeUich hergezaubert as Abentheuer iiiit
einem feirntticheii Heldeaialidchen, (tio rron lAcheuder
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Liebe auch in das Kriegsspiel getrieben worden Wir.
Endlich aber sehen beide Freunde (auch im Träumen mit
einander tthereinstinimend ) , was jetzt ihrer würdig sey.
„Wie mahnt uns jetzt die Gotlbeiit — Fttnnd, ich meinet
Nicht länger lociten durP uns Siegesriihra ,
Ein tapfre« Volk mit faltchem Freibeitateheine
Zu machen sa der Uersrchsnch t Eigenthnin.
|«afa uehen ana in ontre Btillen Haine »
In nnsrer schSnen Ao'n Elysiura;^
linTs mit der Myrlh* ans dort den Lorbeer tautehea.
Wo tfoUYergeaaen nnare Quellen ranaeben !**
ESoe treffliche Wendung i§t ee, dafs der Dichter sie
jetzt durch Bearn führt und ihnen den Gedanken ein-
giebt —
„Wie war' ea, in der Troubadours Gewände
MDnrcbaögea wir» wertb ihrer Zeit« die Lande
In deo Anmerkottgen wird bei dem Gebnrtalande Hein-
richs IV. die siiiDvolie Anekdote herausgehoben: „Auf
dem Platze zn Pau in Bearne wurde Ludwigs XIV. Statue
errichtet, deren Fufsgest eil die Bearner mit der Inschrift
verzieren liefsen: „Cehaei est peiH ßls de noire ben
Roi Henry!" Nur so liefsen sich die gaten Bearner
die Schmeichelei für einen Monarcheu gefallen, der
UO wenig Volks freund war.**
Aach wir möchten hier mit dem Dichter einstimmen;
ytWarmn doelr aehicbt man nicht daa Tbronea Erbw
Weher, damit aie« fem Tom Sehmeieheltrug
Und Sieehtham einea Hofea, daa cnrerlien»
Wae Heinrichen der Liehe aefadnev Zog,
Von deaaen Glans die Strahlen nie eraterhen,
9rah in daa Hen, dafa ffav aein Volk ea aehlogf
Hier ward heim Volhe», tren and heitert
In grofser Bergnatar die Braat ihm weiter.^
Bei Petrarka's Quelle schliefsen die beiden Trouba«
dours die Sängerfahrt nach ihrer Liebe Land
„Und nn das Felsportal der Quelle b&n^en
tyOie Frenode Jetit die Leier mit Gelängen.**
Bald aber ~ —
„Die Miiflchen staunen, zweifeln, steh n bctrolTen.
„Kein Scbeinbiid ist». Wir sind ea Selbatr* So spricht
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I
JbIU«* 8Me» CMuig« von J. H. v. Wetsenberg. M
Mit llarar 8tina Jaliat , nmi offea
Sind Site Ann« smii Empfang. Es Meht
Die Thrin* hervor. O Wonne öber Hoffen! —
Nur eines IriU noch in die Mitte. Der Dichter selbst
(wir meUeo uns, das folgende schöne Zwischeospiel^ das
aber eine harte PrQfangsseit für die Liebenden gewesen
seyn möchte, kaum anders erklären zu können!) i§t,
seinem Stande gemäfs, so einzig der platonisch-religiösen
Liebe geweiht,, dafs er es nicht zu hart findet, vorerst
noch die ganze vereinigte Karävane von Müttern nnd
Brattt|iaaren durch eine Menge schweizerischer Natur-
prachlgebiete umherzuleiten, bis er sich endlich beim
herrlichsten Sonnenaufgang auf dem Ragi die ersehnten
Beiohnungsworte erlaubt — -
,,Hier, wo im ßild unf strahlt der Liebe Quelle,
Ward' auch ihr ew'gisr Bund gtMtih(t Gott!"
Die Bräute lächelten ilir Ja! mit Wonne,
Und nie sah eiuea schuuerii üund die Sonne.
VoreinigenJahren warRec. bei dem Betrachten
der beiden Heldengedichte von Pyrker innig
durch den Gedanken erfreut : So wahrhaft dichteriisch
ist also ein hoher Wßrdeträger der Kirche, welche fiir
das Anschauliche au$ der Religiosität das Meiste thun
kann, Ar reine Knnstempfindmigen aasgebüdet nnd be«
geistert geworden ! Diese Freude erneuert sich ihm in
erhöhetem Grade. Ein Mann von gleich hoher Stellung,
dessen kirchlich wohlthätige Wirksamkeit Ihm äufserlich
frofse, und innerlich noch gröfsere, Wurde gewährt,
▼ereinigt hier mit einem gleich krftftigen und aufs Feinste
^gebildeten Kunstgef&hi den Edelmuth der Ge-
sinnung, dafs ihm Geschmack und Kunst nur deswegen
höchst Werth sind , weil sie Ihm Ideale der sittiichen
Lebensthätigkeit als liebenswürdig und menschlich
möglich im unvergänglichen Glans idyllischer Dichtung
aufstellen lielfen.
Dr. P auluün
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I
886 C L. Bing'» Uebcn. r« LeMUlij M^Mraltei. Ladwig« XIV.
KURZ£ ANZEIGEN.
ßi§ monarchische Staatsverfassung Ludwigs des Vier-
zehnten. Ein geschichtlich -politisches Gemälde ^ nach dem Fran-
zösischen der zweiten Ausgabe des Peter Eduard Leiaoiil0|*
Leipzig IbiH). J. C. Hinrieks'sehß B^kkandlung»
Auf diete mit Geist und dnrchdringendcin Scharfsinn, zugleich
aber mit der genauesten Detailkenntnirs entworfene Schilderung jenet
Ideal« TOD absolatistitch - g u t e n Zeiten, wie sie Ludwig d. Grolse (?)
zuerst im neuern Stjl hervorgebracht hat, macht Ree. wegen dietM
kochst belehrenden Inhalts, absr auch deswegen TorzägJiich aufmerln
•am, weil die hier gelieferte Uebersetzung wie im Original zu IfliSI
und mit beleochtcnden Moten ausgestattet ist. Der V6rf. starb
Paris den 26. Juni 1825. Der Uebersetzer, welcher dieses seiner Bear-
^
bcitung würdige Werte sc:bon nach der Ausgabe Ton 1816. anssa-
wülilcn wufste , und im 21. und 22. Bande der allgemeinen politiscbea
Animlen WZ^. und 1827. bekannt machte, Ist der badische geheiois
K( ferendär, Karl Ludwig Ring. Die jetzige Ausgabe ist TervoU-
ätäiidigt aus der, nach des Verfs. Tod mit dessen Yerbcsserungea
erschienenen, Ausgabe seiner Oeuvres, Paris 182!).
S. XIV. finden wir bemerkt , dafs desselben Verfs. kritische Ge-
schichte der beiden Regierungen nach Ludwig XIV., wozu er unter
Napoleon aus dem Archiv des nuswmrtigen Ministeriums htatorisclis
Aktenstücke «rhaltea hatte, nach seinem Absterben unter das SigUl
der Rcgierui^ genommen worden ist. Die Vorrede bemerkt S. XTt
„Der Verf. dring^t zu tief in den Gt;iät einer Regierung, die man all
musterhaft anii;e8ehen wissen will, und erinnert zu nachdrücklich tS
die ICcchto der gribti«; moralischen Elemente der Gesellschaft. SehlS
Iiistorischen Arbuitcn iiiurntcn also wi)fil alH furchtbar crscheinSB«
Jeder unbefangcuc Frcuiul der (Tcschichtc mufte um mehr mit Us*
geduld wünschen, dafs jene kiitischo Geschichte, so wt'it sie tSS
Lcinontey vollendet ist, nicht unterdrückt bkihcn, sondern unter
günstigen poHtischen Conjuncturcn recht bald der OciTentlichkeit frei
gegeben werden möge.*' Ree, fra^t aii;^elcgentlich : ob die« nicht
der Reformwoche von 18S0. bi icitK erfoI«^t sey, so daf« ch auch fit
Deutschland, und zwar am bcstcu durch clieu diesen Uehtir&titfit
fruchtbar gemacht wcrdeu könuto.
^ Dr. Paulus,
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Erster u. sweiter Jahresbericht d. Sinzbeimer GetcUf diaft. 827
Erster J ahresberic ht an die Mitglieder der Sin zheimcr Gesell-
schaft zur Erforschung^ der vaterlüudisckcn Denkmale der f 'orzeit
von Stadtpfarrcr K. li'Hhelmi in Sinzheim, d. Z. Director der
Sinzheiincr Gesellschaft ^ inrJcf Mttf*^lied der naturforschenden Gc-
sdhchnft Sinsheim Ib^l, ai^f KoaUu der GweOtchßfU l»4 &
in gr. 8.
Zweiter Jahresbericht an die MitgUeihr der Sinzheimer Ge'-
ielUehaft zur Erjorsdamg der vaterländischen Denkmale der
Vorzeit von Stadtpfarrer K* WUhelmi mSmmheim^e. Mit einer *
lilhographirten Tofd, Sinzheim 183S. ^i^f koete» der GeeeUsehßfU
*Wii haben sclion frülicr in diesen Jahrbb. Jahrj^. 1830. TS*». 33.
S. 52i. bei Gelegenheit des daselbst angizpiprteu >V( rki'8 des Hm.
Statltjifarrcr Wilhnlmi nber die Geriuanischcn 1 odeslitif^cl bei
SiBfflirini , der rühnilichea IJestrebunj^en dee in dieser Stadt durch
die i hHti«»^keit des Herrn Stadipfarrers f^ehildeten Vereins f.ur Kr-
(orscbung vaterländischer Denkmale der Vorzeit gedacht, und er-
greifen crern die eich uns darbietende Gelegenheit, hier einige Nach-
riebt 7u bc n von der weiteren Thätigkeit den Vereins und seines
wurtliirtn \orstther8, von dessen Untcrguehuiigcn wir noch weitere
AufdchliisRe über die in llunkel gehiilltc Vorzeit unserer Ge'z^cndcn
crwnrten haben. Seinem unermitdetcn, die Spuren der Römischen,
vti« der Germanischen Zeit verfolgenden l:^iter, and seiner Thätigkeit
inBbmondrre veitlanl<cn wir die Erscheinung der beiden Jahresbe-
»irhie, in welchen uns Derselbe xuvürderst ;:^enaue Naehrirhlen mit-
theilt über den Aufenthalt der Körner in den Gegenden des Rheins
und Neckars, über deren Hcerps^fii^e und deren Ansiedelungen, so
weit hiBtorisehe Traditionen und lokale Denkmale, an Ort und Stelle
gefunden, dies zu iM'Rtimmen erlauben. Entscheidend durftexi hier
för die Folge auch die weiter südlich bei rioizfieim entdeckten Rö-
mischen Niederlassungen werden, deren fortgesetzte Nachgrabung
noch manches lur die Geschichte nicht unerspriefsliche Resultat zu
Taj»p fördern und die Kenntnifs der Uiiniis« iicn Micderlassungeh in
Uit&cTn Gegenden nicht Mctitü: aufhellen wird. Aulserdem aber giebt
UM Ur. Wilhcliut noch weitere Nachricht über die seitdem statt-
gefundene Auldei kung mehrerer Grabhügel in der Nähe von Sinz-
Mm, welche i[a Ganzen ähnliche Resultate lieferten als die froher
•H^gröbeni^ n ; ferner über mehrere andere in der N5he licfiindlichc
Atterthüiner der römischen, wie der germanischen, der heidiiint htn ,
wie der ^hristliel^n Vorzeit. Diese Angaben werden im zweiten Jah-
»■esljrric lue fortgesetzt, welcher unter Andenn merkwürdige Nach-
richten über die römischen Gräber cnthiUt, nelt^ho kaum eind
h*lt»e Viertcl«5tTinde von den früher geöllnetcn vierzehn deutschen To-
<lt»hiigeln entfetfit sind, ferner einen mit einem Grundriis begiei-
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m Faaor, iber GMe*t Ipbigmiia.
teten» aufläirllchen Bericht fibeir die Aiiif|f«bdiig im FwidiiMiite
einea grfiraeren rdmiichen Geliftndee in der SiiiBtieiiii«r Stadtwaldnng
(dorcii Hrn. Reehtepraktiltant F. Hecliinaiin). In Verbindung dtniit
stehen ebenfalle Machrichten ttber andere im Odenwaid entdecktoi
Beete romiecher Mijederlasinngen und Sparten dereeiben. Ucbe? dieMn
Nachrichten und Entdechnngen von ait- römischen nnd heidnifcbcn
Besten sind al»er keineswegs dio Denkmale der christlichen Zeit nnd
des Mittelalters Ternachlassigt worden. -Dies neigt anl^er andeio
vielfachen Beweisen, welche wir In den Berichten selber nachnnletes
bitten , auch die rühmlich« Aufmerksamkeit nnf filtere Gerichtaotd-
nnngen oiid Ortsweistfinmer, wie dies ijivs dem sWeiten Jahresbericht |
ersichtlich ist. Hier wird nnmlleh Tornngsweise mitgetheilt eine lekr !
merkwürdige Urkunde» eine der ältesten TolUtandigen , schrill- '
liehen Gerichtsordnungen des sechsaehnten Jahrhunderts, welche eni |
Hans Pieiekert Landschade in leinen ehnrpfftlslschen Lehensddrfets
Ober-Aieholsheim und Heidensbaeh einführte, mitgetheilt dufch
Hrn. Hofr. Heck er na Biishtersheim« Dem S. 15, Ton Hm. Dr« Batt j
aosgeap^ochenen Wunsche einer spcciellen Charte dieser Gegend dM I
Odenwaldci , nnf welcher die Niederlassungen' der Bdmer, Ihre StnilMn- |
nnd Heereszuge und dergl. m. genau angegeben seyen« Wnnechenirir j
baldige Ausführung. Vir hoffen , diese wenigen Hittit'eilungen nnd
Andeutungen ans dem reichen Inhalt dieser beiden JshresbericIHs '
werden genügen , nm unsern Lesern von dem Zweck der GeseUi^Mifti !
ihren Bestrebungen und der Bedeutung der bereits gewonnenen Be-
snltate einen Begriff nn geben , und damit au Fertsetanng des so :
jrähmllch Begonnenen aufanfordern* Wir nwelfeln nicht« dalb ihre j
Bemnhupgen mit dem besten Erfolg gekrönt werden und unsere Br- j
Wartungen, das Dunkel, welches bisher die frühere Geschichte na» i
perer Gegenden umgab, erhellt zu sehen, nicht unerfüllt bldbea.
CÄr. Bahr, \
Veber Göthe'a Iphig enia ^ ein ästhetisch ~ literarischer f^ersueh, täi '
Beitrag zu f^orstudien über Göthc , von Karl Heinrich PudOT-
yiU tf. 161 & 8. Marienwerder , bei Baumann, (broßck.)
„So lange noch Geschmack und Freude am hdhem Sebdsss |
und Erhabenen ein Erbtheil des deutschen «Gemfi theo ist, so lang«
wird auch Iphigenia auf Tauris, in dentecher Zunge Temonunent
durch die inwohnende Schönheit und durch den Ausdmek der erha-
bensten Ideen des Henschengeistes unvergängilcn seyn*** Erkennt
man diese Worte des Verfs. an, so liegt darin. auch die AnerkenpaaK
der Abdicht seines Buches* Indem wir diese Anerkennung Toiani*
•etxen, nnd voraasaetnen mfiüeo, weil ja das Schone nnd aai*^
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Pttilort Aber Qdtlie's IphfgVBie. 619
Ntth««id%k€li tnr dwt ine|i«elilielie Leben nicht bewieien und ge*
leiirt werden kann, londern in dem freien Menecbengennfthe aU ein
■nprnngliehee, lebendiget Wiesen eich entfaliel nleo nnler eoleher
Veranisetenng aehen iflt nnr daran? , vie nneer Verf. eelnem Zwecke
laekgegttngen iet, „niit Innigkeit naeh dem ▼eredelten Urbtlde einea
Riiapeoden geatrebt an haben , nm aneh an lelnem Thjoile einen Weg
bahnen an helfen, anf welchem das Toile Veratandnife der grofmr-
tjgen Deakmale nnterer Literätnr dem gebildeten Leaer erleiobtert, .
aad IG die reine Flamme der Bewnndernng nad Liebt fnr allee hei-
milche Schdne, Grofce und Edle genährt werden.'' (S: 14.)
In der Eialeitnag iprlclit er erfrenliche und anregende Worte
übtt die Nothwendigiceit , bei unserer gelehrten Schnlbildnng die
Hattersprache niclit an Temachlässigen , sondern sie vielmehr ao
siaem' Hanptgegenstande des Unterrichts au roacKen. «»Die gelehrte *
Welt, so wie die deutschen Eraiehnngs- und Unterrichtsbehörden
haben diesen Gegenstand einer roradglichen Beachtnag gewürdigt,
nad noch unlängst hat sich die höchste 'preufsische Anfoichtsbehorde,
vielleicht aagleich durch die Wahrnehmung geleitet, dafa durch das
heieingedrungene, neoalexandrinische Zeitalter die helterh, freien,
pradncIlTea Anlagen, erdrückt an werden, in 'Gefahr siad , darüber ao
weise, und umsichtig, nls nachdrücklich ausgesprochen, dalb man in
dea l^rgebnlssen des deutschen Sprachunterrichte, Inabesondere in den
deatschen Anfsätaen der fitir die llochschule geprüften Jünglinge
die Geiatesblttthe der Jugend und die Stufe ihrer Ge-
fammtblldnng wahrnehmen müge." ( S. 5.) Mochte doch „ die ge-
lehrte Welt" überall Im Vatqrlande jenen<* weisen, umsichtigen nnd
aacbdrücklichen Ausspruch der holten prenfoischen Behörde behev- -
aigea I Was Hr, P. sugleich dabei über den Unterricht im Altdent*
sehen sagt, billigen wir gänallch. Ohne uns jedoch länger bei der
Bialeitnng aufanhalten, gehen wir Joint gleich nur eigentlichen Un-
tsrsachnng über. - Sollen wir nun von dieser ein allgemeines Vrthell
ftUen; so ist es dahin nusauspreehen , dafa die Untersnchnng, hin-
sichtlich desjenigen^ was sie wirklich giebt, noch gar Manchea wfin-
sdiea läfst, jedoch hiiislchtlleli der Subjectivität , aus welcher aio
hsrrofgeht, eine anerkennende Zuneigung nnsprechen bann. Natürlich
geht* hieraus hervor, dafa in eraterer Riosfeht auch manches Sehäti^
bare gegeben wird. Eben well wir dem gdatreichen Verf. in letatere»
BImicht freundlich entgegen au kommen haben , aprechen wir «naofn
«Bbefangenen Tadel ana. Um dlesei allgemeine Urthell an hegrfin-
dsa, gehen wir Jetat genauer in die Betrachtung dea Geleisteten ein,
■ad da finden wir denn auerst, dnlb eich der Terf. die Totalan^
tchaaung dieses kdstlichea Gedichte nicht beatimmt geang verdent-
lieht hat« um eine aelbstständige Einsicht au gewinnen, und nun
Hsse Einsicht der Art vor nun au entwickeln» dafa dieaes schone La-
bmibUd mit allen aeinen grofsartigen Hlnteigründen sich ala eine.
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BSQ . Piidor , über tiöthe s ipbigeair.
höhere, idcLilische Welt vor uhh entfaltet, und die Fif^nrcn des Bilücs
al§ BewoluK 1 jener ewigen, in sich begründeten Welt sich kund
geben, fio diilö jede cinzehie Person nicht blos mitleidend erscheint
an einer vuii verschiedenen Personen gebildeten Handlung, iondcro
zugleich Uli t wirkt, dnfs ein Tolhtündiges Bild jene« hubern Lelums
steh in unserer Phantasie darstellt. Dies letztere ist es vorzuglich,
WH8 der Verf. vcrnaciilassigt hat. Denn gerade das ist das Kigen-
thfiiuliehe dieses Diama's, diifs eg sich vor dem Hintergründe eines
groinartigen und reichen Lebern» bewegt, indem 7;n<^lcieh dieser Mia-
tcr'»rund durch tlic uu ttretendcn Personen seihst gleichsam in den
Verdergrund gezugen wird, und sich ilii hIh mitwirkende höhere
Mächte zeigt. Dieser Hintergrund besteht aus dem Walten der Götter,
Griechenland und dem Volke des Thoas. Um dies deutlicher einzu-
sehen, und zugleich den dem Verf. gemachten Vorwurf zu rechtfer-
tigen, wenden wir unis jetzt zu einigen Personen des Drama, in so-
fern sie nämlich als von dem Verf. schon charaktejriurt za beur-
theiien sind.
Bei dem Charakter der Iphigenie ist nicht bedeutend genng dar-
gelegt, wie durch dieselbe eine religiöse, und darum acht historische
Idee zur poetischen Anschauung gelangt, nnmlieh die Drlösung eines
alten,, grofsnrti gen Geschlechts vom schweren, selbstTcrschuldetcn
Schicksale. Diese bnttuiiruug wird durch Iphigenien vollbracht,
einmal dadurch, dafs sie ferngehalten wird aus der heimischen Le-
bensweise ihres Geschlechts , der nach nothwendigen Gesetzen des
Daseins selber, die auch kein Gott ändern kann, eine unheile t zeu-
gende Gestaltung ungenommen hat, und zweitens^ dafs es ihr eben
dadurch möglieU wird, mit hoehBtcr Reinheit des Gemüthes und
daraus hervorgühciidem unbedingten Vertiauen zu den Göttern den
Fluch auszulöschen, den Tantals £nkel „mit vollen, wilden Händen
ausgesägt.*' Indem sie nun das Selbstbewiilsisejn dieser ihrer Be-
stimiuung hat, welchen eben nur in dem unbedingten Vertrauen za
den Göttern beruht, bildet sie so den schönen Mittelpunkt des Ganzen.
Dies bat der Hr. Verf. nicht bestimmt genug hervorgehoben. Sie ist
durchaus mehr als eine edle Jnnr>ii<au, die der Neigung ihres reinen
Herzens folgt, sondern sie ist die von der (Tottin auserwählte Prie-
sterin, die anerkennt, dafs die Göttin etwas Höhere« mit ihr vor-
habe. Auch Thuas und Ai'kas sehen immer nur das M cib in ihr,
und können [n'ivh daher manches in ihrem Betragen nur als Stolz,
Eigensinn, weibliche Schwache erklären. Hierin liegt besonders eine
Schönheil des Gedichtes, die hier weiter auseinander zu setzen, es ^
uns an Raum fehlt. — Wir wollen nur noch bemerken, (iafs der
Ur. Verf. auch das innere VerhältniXs des Arkas zu dem ganzen Ge-
dichte nicht vollständig aufgefafst hat. Gerade durch Arkas kommt
ein bedeutendes Mnment in das das ganze Gemälde hinein, näm-
lich d«r Blick auf da« Scythiscbe Volk, durch weichen gewaltig
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*
FfeniiirdnetlMBeii 4* Ob. A. Hejm. ^ta ^1
wirkenden Hintergrund besonders die Gestalt der Iphif^enie und dann
die detTlioas liervorgfliolie» wird. Hierbei zugleich Arlmt viel cdl«r
gsMt«n all Theas, worin sich auch wieder die Besonnenheit daa
^kbtera ßeigU Wir mcUan Uro. mr auf falganda W<»rto det
Af k«i wimetluam i
Des K5nigs anfg^ebrachtcr Sinn allein
\ Bereitet dieecri Fremden bittern Tod
* Das Heer enlMöhnte langst von harten Opfer
Und von dem blut'^en Dienste Rein Gtinüth.
( IV. Jufz. 2. Auftritt.) >
Wie konnte (U r 11 r. \pr\\ sagen, dafa das Murren dea Volks dia
£rneiierung der alten, Mutigen Fremdenopfer verlange?
' Gern gingen wir noch weiter in der Betrnrlittm^ nhcr vorlie-
gendes Buch, wenn wir nicht die Grenzen einer Ii((«n8ian zu übcr-
ichreiten fürehteten. Möchte Hr. P. dies dnreh unsere Hecension
Angedeutete nicht ganz «einer Dcnchtan^ unwerth halten, wenjn er
einen zweiten Tlieil iHiuljf iten sollte, zu dessen Heransgabe wir ihn
aufmuntern. Allem Anhtluin naeh war ihm folg^endes Buch niclil
bekannt: „Kleine Abhandlungen , die JPocsie und Kuasi belreüao^,
TOB J. D. Falk. Weimar 1803.'*
Dr. Aug, Emst ümbreit.
Ailgemeinea Fremdwörterbueh oder Handbuch zum Verstehen
und Vermeiden der in unserer Sprache mehr oder minder f^ebräuch-
lichen fremden Ausdrücke , mit Bezeichnung der Aussprächet der
Betonung und der nöthigsten Erklärung von Dr. J oh. Christ.
Aug. lleyse, weil. Schuldirector zu Maf^dtburg und Mitglied der
Gelehrten - Vereine für deutsche Spruche zu Berlin und Frankfurt
am Main. Erste Abtheilung. Von A bis I. Zweite Abtheilung
von K bis Z. IS^cbit tinem IS achtrage. Scchntc rcchimufstge , »ehr
vermehrte und verbesserte Ausgabe. Hannover 1833, Im Verlag
der BakiCschen Hof buchhandlung. XVII u. 444 und 44G in gr. 8.
Wir koniKMi QMer Im diaMD Jahrbb. 1828. Na. 56. p, 8fNlir. ^
M Avfecigc der fnnftea Autgaba aoageaprochaniM Vrthail uAier dito
TaUaandigkeit, Zwaakaiafaigkalt «ad Grfiadllebkiit dietea Wditaf^
kaeha ^ welchem keia aaderca in dieser HIaaicht aa die Seite gcatelil
vsfdea baan» aar wled^rholea^ aaoial da diese Vorsage bei der
Muten, Torllegeadea Aasgabe nocb mehr bervortreten. Leider aber-
dlle ela ffar die WitBenschaft au frfiber Tod den tbätigen Terfaiaer,
kild aach der Vollendong der fnnften Anagabe, ebe er nocb Haad
ia die aene aecbate legca konnte, deren Sraebeinen wir der Tha-
ft^eitaeiaeagelebrteaSobiw, dea Profesaora Heyae sa Berlia, Ter-
^iiidna, ^relclieai nit dem flbrigen Nacblafi dea veratorbenen Vatera
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I
9S,t FvMMliNhrtoribaeh toü J» Oh. Hi^m «to AMjgr*
«ich die Sorge f är dieses Werk feiiflel , und der n\s eine Pfli^kt
dflr Piet&t betrachtete, sicli demselben mit allem Fleifs und Eifer zu
widmen. „Ueberzeugt,^* so sagt Derselbe in der Yorfede S. XVI,
^dafs unbedingte Vollendaag hei Werheo der Ait anerreichbar igt,
lief« ich mich durch die ungemein gunstige AiifnaiMDO der fralMM
Aaagaben and den hiaiiaglich gesicherten Aaf des BocIm r in dem
Strei^n nach fortwahrender YerToIlLanininiing nicht aufhalten und
scheute keine Mähe, sowohl durch Bereicherung, aU durch Berich*
tigung den Werth des Buches noch sn erhöhen." .
Als Beleg dieser Aeufserun^ und nnsercs eignen Urtheilt wollen
wir nur den einen Umstand anfuhren, (iafs blos in der eraten Ab-
iheilung der neuen sechsten Ausgabe an fünfzehnhundert, in der
zweiten (ohne die in dem Nachtrag enthaltenen) über 2250, also im
Ganien über 3700, oder richtiger an viertausend neue WMer In
Allem aus den ▼erachiedeneteo Gebieten des Lebens, der Wisaenschcft
und Kunst hinzugekommen sind ! Aber wir müssen auch weller be-
merken, wie der ganze Inhalt des Bache einer genauen und corgfftl*
Ilgen RoTision von Wort zu Wort untenrorfen worden Ist $ die Be*
weise liegen auf Jeder Seite dee Bache vor. So elnd manche Irrthd«
mer, die in den früheren Auegaben eich oingeechlichen halten,
beseitigt, Manches in der Orthographie, so wie in Angabe derQwm«
tität , des Geschlechts nnd dergl. m. berichtigt und Tervollstftndigl,
und dadurch der Innere Gehalt des Bachs, neben seiner mdgliehilen
Vollstindigkoit, nicht Wenig erhöht worden. Aus diesen Grfiadcn
zweifeln wir nicht, dafs auch dieser nea^ Ausgabe der, verdienie
Beifall in noch . höherem Grade an Theil werde , als dies hei dm
früheren Ausgaben der Fall wAr, und dafs die mühevolle Arbeit dm
Herausgebers die gebfihrend« Anerkennung finden werde, snmal da
auch seinerseits der Verleger keine Mühe gescheut hat, durch eise
ungemessene infsere Aamtattung billige Wunsche lu befriedigen nnd
dnher auch, wenn man Umfang und Gehalt des Werkes bedenkt, einen
gewifb höchst billigen Preis, Ilm die Anschaffüng lu erleichtern und
die Terbreltung su fördern, festgestellt hat. Noch, bemerken wir,
dnfs wir von demselben Herausgeber ein aunaehst für den Achtdeut-
■cheu Spfuehsehatn bestimmtes Hnudwörtorhuch der dont-
•choa Sprache nu erwarten haben, das, nach einem sehon mit
dorn Vater gemeinschafllleh veittbredotflu Flaue untonoramen und
uungefflhrt weiden soU.
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&ä - IIGIDELB. JAHRa o. LITERATUR. 1833.
Btr Apostel Paulus. Erster Theil oder chronologische /?e-
merkung en über das Leben des Apostels Paulua. Ion
Karl Schräder. Leipz, 1830. u. 264 S. mit zwei Charten.
Schoif als Mitglied de« theolo^. Semioars za Bonn
1821. wurde der Vei'f. zu chronologischen Bemerkung^en
fiber das Leben des Apostels Paulus veranlafst und seine
Ariieit als i'reisschrifi gekrÖQt. Davon giogea in der
Folge seiae weheren Untersucbiing^en über Leben -und
Lehrart des Apostels aus. Und welcher Gegenstand ans
der Geschichte des Uichrisienthums ist, neben der Ge-
schichte Jesu selbst, wichtiger, als ein heiteres Forschen
über den Mann, welcher das Christenthum der jüdischen
i^postel, die so bald wieder der ceremoniöseren, auf
Weltbezwingung hoffenden Theokratie anhänglicher sich
bewiesen, aus der sektenartigen Abhängigkeit vom Ju-
denthum herausarbeitete und auf die höheren Grundsätze
der Yon Satzungen freien Uebci zeugungstreue, d.i. auf
deb Geist Jesu, zurückführte? Durch seine uoeigeD'*
ailnge, rastlose und kluge Thäligkeit war ja dieser
Apostel das Organ der Vorsehung, welches durch Be*
freiung der christlichen Religiosität vom pharisäischen
Ceremoniendienst und durch Hinweisung auf das überaU
mögliche Gottverehren durch geistiges Rechtwollen,
darch Stnaioavvn sn maxe&gy die Möglichkeit zeigte,
wie die christliche Religion eine universale seyn kann,
wenn sie sich nicht weder durch theologische Metaphysik
Qoch durch kirchliche Herrschsucht in ausscbüefsende
Meinungsgesellschaften und Kirchenparthien verwandeln
läfst.
Der Verf., oenrenwftrtig evangelischer Prediger za
Hörste bei Bielefeld in der Grafschaft Ravensb( rg^, liat
diesen hohen Zweck seiner Forschungen tief empfundeu.
£r beweist nebst der für die Aufgabe nöthigen Gelehr-
samkeit und vorurtheilsfreien ForschuDgslust eine lebhafte
Begeisterung Ar die Hauptsachen , welche auch seinen
XXVI. Jahrg. 1». Heft. .53
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834 Karl Schräder, über die Chronologie
Au&druckso hebt, dafs Licht und Wärme dario vereioigt
fiiod ; wodurch Er entweder bei einer aufgeklärt religiösen
Gemeinde odlar zur akademiscben Ausbildiing grfindlich
beredter ReligioBslehrer vorzüglich zu wirken tüAg
seyn wird.
Während dies der Eindruck ist, welchen sein Werk .
im Ganzen auf den Ree. gemacht hat, erlaube ich miri
ohne irgend von dieser günstigen Beortheiluug etwas su-
rOckzutiehiueii , utii der Sache selbst v%iUen bei einzelnen
Stellen einige Bemerkungen, welche ich f&i^ Berichti-
gungen halte.
Sehr zweckmäfsig isl 's , dafs der Verf. zuerst di«
chronologi>( hen Data und Beweisstellen über die Folge
der Hohenpriester, der Könige und der römischen Statt-
halter in Judäa nebst der Zeitfolge der Imperatoren bis
Nero, noch ohne unmittelbare Anwendung auf die Le-
bensgeschichte des Apostels, S. 1 — 35. vorausschickte
und festzustellen suchte. Dafs S. 4. die Zerstörung Je- j
rusalems auf den September Tl. statt 10. gesetzt wird,
Ist wahrscheinlich nur Druckfehler und ohne Knfiiife
auf das Leben des Apostels.
*) Hr. Repetent Göschen zu Göttingen macht hierüber io seioea
„Bemerkungen tut Chronolog^ie des N. Test.** theoL Stadien.
1S8L Heft 4.) S. 130-32. eine weitl&afiae, an lieh richtige,
aber wahrscheinlich für Uro. Schräder ganz enthelirliche S&-
riehtignng. — Ich habe hei dieser Gelegenheit über jene Bt-
msriLiuigen auch einige auf Meine chronologische Forschnih
gen sich beziehende Bemerkungen beizusetzen.
1) Welfs icbniclit, 'vrariiin in der Vergleichenden Tshslk
Aber die Chronologie des N. T." S. 706. neben 25 angeführtes
andern Berechnungen gerade Meine Untersuchungen abergangai
sind. Mein Conmentar war 1800—1895. nach langer Zeit dai
erste Werk, wo alle die Chronologie der Krangelifo tietret-
feadO' Momente neu und ansfiihrlich antersncht wurden. Bie
genan entwickelten Resultate h&tten um so mehr in die Tabelle
eisgetragen, werden sollen, well alle dort von No. 10 bis SS-
folgende Untersuchungen sieh selbst mehr oder minder aof di«
Meinigen bcnegen haben. E^uen nicht allnn gewdhnliolieB CM
Toa Urandllchkeit und Sachstudinm wagen ihnen auch BIrjeaige
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im Leben des Apast. Paulua. , 8^
Dafs nach S. 15. llerodes 1. im J, 3. €i?ite Chr. nat,
oder vor Anfang der aera Dyatmiana et vulgaris und
nicht abzusprechen, welche dergleichen mnhsamc Ansubungen
der historischen Interpretation als BemuhungeQ tür das Nie-
dere, nämlich für die Wirklichkeit, Lcachrieben , während sie,
freilich viel leichtei:, in^s Höhere und liefere plicintastischer
Meinungen über das UebermenschUche und Unticbtbare aber-,
fliegen oder nntersinken.
2) Selbst die bedeutenden Nachtrage zu den chronologischen
Untereachungen des Coniiueniais und deren Ausdehnung auf die
Apostelzeit, wie ich sie im 1. Theil Meines exegetischen Hand-
buchs (als neuer Bearbeitung des Gommentars) gegeben habe,
hätte wühl der neue Vntersncher %n berücksichtigen Ursache
genug gehabt, da sie schuu 18«>0. ]h rausgekoiuuien sind und
anderwärts nicht Tersuchte, vieUcttigc Coiubinalionen über diese
giinze Reihe der urchristlichen Zeitverbältnisse enthalten, die
mit denen Ton Bengel, Vogel und Süfskind verglichen, zu
einer fast unerwarteten Uebereinstimmnng über die Hauptpunkte
nahe hinlt^iten. Besteht etwa jene aadachtToll erscheinende
Sentimentalität für das Tiefe darin, dafs man gerade das gründ-
licher forschende, well es das schwerere seyn uiufs, ignorirt
und dem gläubigen Fublicmn aaviel iBöglidi aus den Augen
rückt 'i
3) Nur einmal wird aiit Meine Untersuchungen hingedeutet,
aber so, dafs Hr. 6. weder mich noch die Sache richtig gefafflit
hat. 705. schreibt Er: Da nnn Süskind mit Dr. Paulus
von der (s. Idelers Handb der Chronol. Th. 2. S. 47 ff. 145 ff.
Anm.) nachweisbar falschen Ansicht ausgeht)
dafs die Jahre der Stadt [=a& ürbe Cond.'] auch da-
mals noch jedesmal mit dem Fest der PaHiieOt d. h*
dem 21. April, begonnen hätten, so folgt'* . . . Die
Sache ist: a) der Jahre ab Urbe Condita wurden zwar meh-
rere oder wenigere angenommen, aber ihr Anfang war, ob
man nach Varro , Plinius 8, 7. u. A. oder nach den Fastia Ca-
pitolin. oder nach Dionyg. vou Halik. aähit, immer das Fruh-
lingsfest der Palilien. (s. Hiccioli Chronologia rcform. T. I.
L. IV. e. 2. fol. 152 auch Idelers Lehrh. d ( hrnnol. S. 'iSO.
b} Davon mufH der t^hronolog nur u ntersclitiden , dafs
der Anfang des bürgerlichen Jahrs der Consuln seit
COl. ab U. C. auf den 1. Jan. p;eBt't>it war und daher auch jedes
Jahr unserer aera Dionys, oder vulgaris mit dem I.Jan, anfängt.
Der Abt Dionysius setzte vornus : Jcsuh st y den 25. Dec. vor
deot Anfang «einer aera geboren > konnte aber t da 4io fiifferens
V
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836 Karl Schräder , über die Chronologe«
zwar kurz vor dem Pascha starb, i9t richtig, und es j
l^leibt eben deswegeo das ParadoxoQi dafs Jesus,
nor wenige Tage betreffe, immer da» vom 1. Jan. bcginiiciide
erite Jahr seiner aera Post Chr. ISat. auch aU das erste |
Lebensjahr Jesu geltend machen. Nur weil wir dagegen
jetzt nat hweiscn können, daf« Herodes I kurz vor dem Tascha
des Jahren o. ante annum 1. aerae vulgaris 8. Dionys, starb,
und Jesus wcnij^stens 2 bis 3 Monate früher geboren seyn niufa,
ist aiieh m il» , ihils (wenn Jean Geburt nicht noch bedeuteod
weiter vun dem Tode A^B Herodes I. cntleiut war — welches
anzunehmen die bei Idelcr ini Lehrb. d. Chronol. S. 425. nach
Keppicr und Miinter bei uüksirhtigte grofsc Planeten - Coo-
juiiction keinen hinreichenden Grond giebt) der dritte annv»
turrens ante Chr. iV. dem ersten laufenden Lebensjahr Jesa
gleich war, und folglich Jcnus im Lauf des 1. annus Dio-
nys, post Chr. N. schon vierjährig wurde, c) In diese Be-
rcclnumg aber hat bei mir nur die aera 0!ympiadum einigen
EiniluTs. Hr. G. irrt deswegen 8ehr, wciüi meint, dafs ci
Meine Ansicht stören konnte, gesetzt, dafs die Palilieii nicht
immer der Änfan^j^ der Jalue ab Urbe Cond, gewesen wären.
Für Meine Data wurde davon nichts Bedeutendes abhängig <
»eyn. d} Endlich klagt Hr. G. ganz ohne Noth, wie wtini Suls-
kind (oder ich, oder irgend ein Sa^hvcrütuiidi^er ) unsre jetit
gewöhnliche aera Dionys. Tcrdrangcn wollte. iSnr in den Zeiten
des Urchristenthnms, wenn wir manciies andere Gleichzeitige
damit zu vergleichen haben (z. B. wenn zu fragen ist, wie
alt Jesus im 15ten RccrirrungNjAhr (Jc8 i ibcrius war? oder mit
welchem Jakr die Apotjtelzeit beginne? wann Pauli Bekehrung
geschehen seyn könne? und dergl), ist es iiothwendig, wohl
• daran zu denken , dal's Jesu» im Lauf des 1. ann. Diou. schon
vierjährig, also während des 27. Jahrs unserer aera schon
dreifsigjährig geworden ist, dafn ako die Apostelzeit im 81-
(nicht im 23.) a. aerae Dion. anfing, folglich zum Beispiel der
' ' Tod des Agrippji (Apg. 12.), da er in's J. 44. DtoR. fiel, nach
dem lote« Ostern der Apostelzeit erfolgt ist, wo also, da Faului
'* und Barnabas über den Versuch, Heidenapostel zu seyn, die
Judenbekehrung aber den jüdischen Aposteln zu überiassea,
. sich mit Diesen nach Gal. 2, 9. vereinigt halfen, das 14tL Jahr
seit Jesu Auferstehung begonnen hatte, e) Während dtiuDiiJ^h
alle dergleichen Zeitangaben gar wohl immer auf den i>a-
railclen anvus Dionys, zu red uc Iren sind, so vergowe»
die Exogetcn und die Lehrer der Geschichte des Urchristeu-
thans nur gar sb oft , dafs für die dem Urchmteathaoi eigen-
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im Laben dea Afott Pmlat*
«richer wesigstaDS etliche Monate vor dem Tode des
Herodes lETeboren eeyo niufs im Jahr 3. ante Chr.
natum geboren ist. Dafs aber in dieses Jahr 3. der
dionysischen Aera gar keine zu Jeruealem sichtbare
Mondeekiipee ftely ist lodeft durch die astronomischen
Untersvcbuiigen Too (dem kflfdich versforbeoeo) Prof.
Wurm zu Stuttgart entschieden und im 6engei*8cheo Ar-
chiv 2. Bds. 1. St. S. 34. bekannt gemacht nvorden. Die
im J.4. ante Chr. iV. zu Jerusalem in der Nacht vom
Uten zum ISteo Mine sichtbar gewesene partielle Monds- -
iosternirs darf uns aber dennoch nicht bewegen , den Tod
des Herodes I. um Ein Jahr früher zu setzen; wie Ide-
iers Lehrbuch der Chronologie (Berlin 1331.) S. 423.
deswegen annimmt, dafs unsere aera mindestens vier
Jahre zu wenig zähle«
In dieser Beziehung habe ich im 1. Theil Meines
exegfetischen Handbuchs über die 3 ersten I>an^elien <
(Heideiberg 1830.) & 2Ö6, noch vollständiger als läOS.
thürali<:he Hcfj^cbcnheitcn der M irkli( Ik und w^hre Sj^nchronis-
mus iiitiuer in finrni Jahr zu surlu n ist, welches tini 3. über
das Dionysische hiiuiua laaft, das heilst , dals , z* B. was im
o. Dion. 44. geschah, eigentlich im 41. Jahr nnch Jesu Geburt,
und thcils im llStcn , theiis iia 14. Jahr nach ■einem Tod ^e-
Hcheiicti ist, da die erste Ostern (=r AuferBtehangstOfi^) nach
dem Sascha des 34sten Lebensjahres Jesu eintraten.
4) Hr. G. drückt sich S. 707. sehr unrichtig aus, wenn Er
schreibt: ,,Ich rechne die Jahre R o in 8 vom I.Jan, bis zum
81, Dec." Nicht die Jahre der Stadt können so gerechnet
werden, aber das Jahr der Consuln und das von Julius
Cäsar verbesserte lief vom I.Jan. Idelers Lehrbuch
S. 328. aä8.
5) Ueberhaupt ist nach der Natur der Sache unmöglich,
dais, wie S. 710. annimmt, ein Chronolog, z. B. Eur« hius, ver-
schiedene aeras ),trotz iliirr urrspiunglichen Verschiedenheit
mit einem und ibcndcm selben Datum beginnen und
schliclscn lasse." Wer kann gegen das Ursprüngliche? Man
kann nur sagen, in dem vom 1. Jan. beginnenden onn. Dion. 40.
ante Chr. A'. beginnt die 185 Olvmpiade, alser erst im August,
nirht im Jantmr Auch sind Eusebius uful II ieroiij^mus in
diesen Fragut BeMchencr, wie wir, keineswegs aber Zeugen.
888 Earl Sdiraile», ib6> die Chränologle
in der Z. Ausgabe des Commentara, gezeigt ^ dab den-
noch Heiotles 1. ia dem durch viele andere Data genau
bezeichneten cmnns dionysmnus 3. gestorben ist und nur
seioe Kraakheit noch von der Zeit jener MoadsÜDsteroifs
an (s. Jo.8 Archaeol. IT, & 4«) bis in die Nähe des
Fascha, welches in das wirkliche Gebartsjahr Jesu fiel,
gedauert hat. Diese zuverlässige Unterscheidung zwi*
sehen dem wirklichen Anfang des Lebens Jesu und unsrer
gewöhnlichen , erst vom Abt Dionysius (seil a, 525.) mit
einem Fehler yon 8 Jahren gangbar gemachten Zeitrech*
nnng hat zwar in der weitereli ZeiientferaaDg. keinen her
deutenden Einflufs, äudert aber doch in jener Zeitnähe
vielerlei sonst gewöhnlicli angenommene Synchronismen.
Ich habe deswegen keine Mühe gespart, nm durch Ver-
gleichung Terschiedener Data im exegetischen Handbuch
noch weit Tolktändiger , als ehedem in Meinem Com-
mentar, zu zeigen^ dafs das dritte Messiaspascha, aa
welchem Jesus gekreuzigt wurde, zwar in das 34steLe-
ben^ahr Jesu lallt, diesem aber doch nur das 31ste Jahr
der aera Dmysiana parallel ist. Auch die Päbste,
welche seit Pelagius II. a. 578 — 590.) nach In-
dictionen zählen, beginnen diesen Indictiouen-Cyklus vom
1. Jan. OTtTij 3. vor Christi Gebart, und da die Gehurt Jesu
wenigstens um Jblin Paar Monate früher als Merodes desL
Tod erfolgt seyn mnft, so rückt der Anfang des Lebens
Jesu ziemlich nahe nn den 1* Jan«, als den AiAng des
Dionysischen Jahrs.
Nothwendig hat nun diese Berechnung , dafs die
Kreuzigung und die Auferstehung Jesu als der Anfang
dor apostolischen Zeit auf Ostern 31. unserer Zeitzählung
und nicht, wie gewöhnlich, auf d8« oder 34. amüDbm.
zu setzen ist, auch bedeutenden Einflufs auf die wahr-
scheinlichste Beantwortung der Frage : wie bald Pan-
ius zum Christenthum fibergegangen sej^n
könnef Verständiger Weise reduciren wir jede andere
Zeitangabe, auf unsere kirchlich unch politisch allgemein
recipirte aeruy welche auliser Gebrauch setzen zu wollen
keinem Exegeten einfallt. Dennoch mufe, wer in der
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im lieben de» Apost. Paulu«.
8a9
ersten Geschichte des Christenthums das Gleichzeitige
riciiüg vergleichen will, imaier darao denken, dafsJesu
Leben um. 3 Jahre früher als unser Kalenderjahr ange-
fangen hal, dafa also Jeaas nichl im am. Dion. 80. aach
rar W Jahre alt war, dafs die Wiederbelebung Jesu,
der Anfang der Apostelzeit, die Bekehrung Pauli u. s. w.
früher fielen , ala man gewöhniiah rechnet u« s. w.
Der Verf. wurde, nach S.3T, über diese Fragen zum
Voraus in eine unrichtige Bestimmung verwickelt, weil
ersieh durch eine Stelle des Josephus, ArcliioL 18, ft.d»
(8. 62& Kölner Ausg.) zu der Varaussetzung bestimmen
Hers, dars Herodes Antipas seineu' utiglücklichen Krieg
mit dem Araber- König AreUs erst, nachdem so
eben der Tetrarch Philippus gestorben war,
unternommen habe. Der Tod des Philippus, welcher
nach Herodes L Tod, also öacb dem Pascha des Jahrs,.
IQ welchem Jesus schon geboren War, Regent der Bata-
näischen Tetrarchie wunle, fällt nach der Angabc bei
Josephus in sein 37. Reglei uiig^^jahr, zugleich aber in
das ZO. Regieruqgsjahr des Tiberius. Dieses eiuÜgtjB
mit dem 19. August Deswegen mufs Philippus zwischen
dem April und August des armus Dim* 34. (oder S Jahre
Qach Jesu Kreuzigung) gestorben seyn.
Josephus nun (Aroh. 18, T S. 686.) erzählt die
fanze Geschichte der Herodias allerdings erst, nach-
dem er den Tod des Tetrarch Philipps nach jenen
nchtigen Bestimmungen angegeben hat. Auch macht
Jaaephnu deo Uebergang von der Nachricht über das
Bade der Regierung des auch atfs dem N. T. vorthellhaft
bekannten Tetrarch Philippus zu der Geschichte der He-
rodias durch (he Formel : 'Ev Tovrc.) Ss (TTaaiai^oviriv
Apexac 6 nerpatoi ßaaiXivg (Vater der ersten Frau des
Herodes Antipas) xtti 'HooBr^g (Antipatec berüchtigt wegen
deren Veratofoiog und der Heirath mit Herodias, der Mör-
derin Johannes des Täufers). Verfehlt aber ist dennoch
'lie Zeitbestimmung, indem der Verf. folgerte , der lieber-
gug der Herodias zu dem Tetrarch Antipas in Galiläa
Karl Sclirader, über CluroBologi«
mltese nach dem Tode des Philippus erfolgt seyn, da
Josephns vielmehr nur den gansen Verlauf der Geschichte
der Herödias, wie er sieh von der Zeit des Verliebt-
werdens bis zum Tode des Imperator Tiberius fort ent-
wickelte, mit einem Mal zusammenfafst, sein iv touto
aber bei einem Geschichtschreiber, der nicht annalistisch
erzähit| nur den allgemeineren Sinn : $9, tovto sc. }(govm
t=s in diesem Zeitraumi ansdröckt Hätte der Krieg
wegen der Herodias nach dem Tode des Philippas, also
in der zweiten Hälfte des a. Dion, 34, begonnen, so
müfste freilich der Täufer Johannes, welcher durch MiÜB-
billigung ihres Uebergangs aus der Ehe mit dem ärmereo,
in die mit dem reicheren, Aber Galiläa und Peräa regie-
renden Bruder, sieh den Hafs der Herodias spätesteos
im a. Dion. 33. zugezogen haben und im Jahr 34. ent-
hauptet worden sejn. Daraus folgert der Verf., dafs
die Kreuzigung Jesu nicht früher^ als um das Pascha
ami Dkm 8& erfolgt seyn könne. Eben dadurch wird
die Möglichkeit der Bekehrung des Saulus noch Viel
weiter hinausgerückt und der Verf. auch veranlafst, zu
behaupten, dafs Paulus, welcher bei dem Tode des
Stephanus veavUKg genannt wird, damals erst npcb
junger Mensch von ungeßhr 20 Jahren gewesen sej
Dagegen würde fBr mich die nächste Bedenklicht
diese se^n, dafs einem pharisäischen Lehrjünger, dessen
Alter von dem gewöhnlichen Alter eines Habbinen noch
60 weit entfernt gewesen wäre, schwerlich jene grofse
Vollmachten nach Damaskus von den Hoiienpr|aslli|i:
hätten anvertraut werden kdnnen. Noch entscheidasiK
aber ist dagegen , dafs Jesu Geburtsjahr zuverlässig tV
dem Tod Herodes des I. , also um 3 Jahre früher istf
als üTmus 1. Dionjfs, post Chr, iV. Dafs Jesus, als
sich taufen liefs, ungefähr 30 Jahre alt warr^sgii
Slstes Lehenqahr s dem a. Dion. 28. so ebei^-getedigt
hatte), und dafs Er am dritten Pascha nach diesem An-
fang, schon im a. Dion, 31. gekreuzigt wurde. Die Ent-
hauptung des Täufers, welche nach dem suf^jj^iea Mes-
flaspascha JFesn erfolgte, fiel demnaoli in 4m''fL/^*^^
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fai Lebmi 4e« A|iott. 'Eftillw.
841
oder ii> das 33ste Lebensjahr Jesn ; <lie Apostelzeit aber
begann mit den ersten Ostern, im «ilsteii n. Dionys*, so
dafs die L/mwandiung des ^auius id einen Verehrer Jesu
als des geistig' wahren, eine Universal reiigion mdgiich
flncbenden idealischen Messias schon im Lauf des a.
Dkm, 31. oder 32. geschehen sej^n kann.
Nach meinen weiteren Untersuchnngen gestaltet sich
das Verhältnifs von Herodes Antipas siir He-»
rodias ond zum Täufer Johannes, zugleich auch
das (I e s A r e l a s zur Stadt Damaskus im dritten
Jahr nach Saulus Bekehrung, Apostg. 9, 23.
2 Kor* 11, 32. — wenn wir Arch« 18, 5, 1 — 4. ge*
Dauer und mit Menschenkenntnifs erwägen — so, claft
des Täufers und des Apostels Paulus Lehensgeschichte
einige aufklärende Data daraus erhält, welche dieUiiter-
suchung b( ioiiuen und mich hier zu Mittheilungea der-
0eibea veranlassen.
«
Herodes Antipas, der jfingste Sohn Herodes des I.,
▼on einer Samariterin Marthake (Arch. 11, 1. S. 584.
17, 12. S. 605. It, 8. S. 595. — hatte des Araber-Kö-
nigs, Aretas, Tochter j^govov tidn noXvv geheirathetf
ehe er eine gewisse , hier wirksam werdende Reise nach
Rom machte (nicht etwa die unter Augustus, um Te«
trarch zu werden, sondern eine viel spätere, unter Ti-
.berius, um das J. Dion. 28. joder 29.)
• Auf dieser Reise nach Rom s CTTukhofiEVo^ inl
Pc3p?C9 i^kommt er abwärts^ in die Wohnung eines
„Herodes, der sein Bruder (Herodes I. Sohn), aber
nicht von Einerlei Mutter war/' = Kaxd'^ iTat
tv 'Hpadovy aSeXrpov üVTog ovx oyLoyLtitgiov sc. oi-
uav* (Wo diese oext« war? wird hier nicht bestimmt
Nur dab sie nicht su Rom war, wird klarer.)
Bei diesem Besuch wird Er verliebt in Herodias,
die Fran jenes Herodes (welcher Matth. 14, 3.
%üq genannt wird). Die I^erodias ist Tochter des Ari*
Mobnlus, eines Bruders jener beiden (Herodes), Schwe-
Agrip|ias des 1. dessen, der s^terUia das
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M Karl Selnvdtfr, ib«r die GtuoMlogie
gauze Gebiet Herocies des I. wieder vereinigt bekam).
Er, Antipas, wag-t von Heirathen zu sprechen. Sie
nahm es an. Ueberaiaküafie {avp^iiKoi^ Ycrinuthhch
auch mit ihrem Rfanoe^ dem ärmeren) werdeo gemacht,
dafe eie'ln dea Tetrarchen Haas übergehen wolle, wann
Er von Rom her (zurück) gekommei/ seyn würde.
Herodias und ihr erster Mann waren demnach damals
nicht au Apm.
lo den Uebereinkünften zwiacbea den Dreien war
auch, dafs Antipas die Tochter des Aretas ver-
atofsen solie (exßaXeiv) da Er sie sonst nach judi-
schem Gesetz neben der Herodiaa zu behalten die Frei-
heit gehabt hätte.
„Nun schiffte Antipas nach Rom" = xat 6
(i€V ei^ Txiv FcofJLi^v eTzXei , ravra avv^e^evofm Alles
dies war also noch vor dem Wegschiffen aus Pa-
lästina oder SL^rien gescheheiii so dafs Flerodias '
und ihr erster Gemahl dort wo? — gewohnt haben
müssen. Wahrscheinlich in Syrien, wo früher (Arch.
17 , 12. S. 610.) bei dem Prätor Varus ein Uerodes Phi-
lippus als Privatmann gelebt hat
Da Antipas von Rom zurück, also wieder nach
Syrien und Palästina kam =z snave^cogst^ meinte er, die
Araberin wisse noch nichts. (b)r hatte also die Herodtas
nicht von Rom mitgebracht!) Diese aber hatte schoa
9fveTig (Ausforacjbnng), floh m ihrem Vater, fiber die
Burg Machärus, die ,,damals ihrem Vater zins-
. bar war" = tote tcö itargi a-btriq t5^0TeA>? — und
entdeckte dem Vater, die Absicht des Antipas (als noch
nicht vollzogen)«
Aretas fafste nun Feindschaft, begann aber Krieg,
nicht unter Erklärung*, dafs es wegen der Tochter ge-
schehe, sondern wegen der Grenzen bv tri yri rti
FafiakiTiSi* Sie schickten jcrrQarriyovQ gegeneinander
und iM^a^n^ fevo^evrjg 9 ducp^agrt ^ag 6 arparog ^Qm*
dov» Dies besonders dufch Verrätherel, weil einige aus
der Tetrarehie des Philippus (aus Batanän u/s. w.) ent-
f
K
%
1
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tai hdbem Am AfHMt. Vaftl«t. ßi$
flohene In HerodesHeer mitgefochteu hatten — (pvjaSeg
Alles susammeDgeiioinineii , miifii abo diese Plueht
und des RriejjfS Aafan^ geschehen se^n , ehe die Tochter
lies Aretas verstofseu und Herodes öffentlich an Antipas
übergegangen war. Denn wäre dies schon geschehen
gewesen, so würde der Araber nicht blos Grenzsireitif-
keilen snr Ursache des Kriegs angegeben haben.
Wahrscheinlich fiel also der Kriegszug des Anlipas
über den Jordan hin schon in die erste Zeit, als der
Täufer auftrat Luk. 8, 14. (ins J. Dion. 29.)
Erst während der Krieg ausbrach, ging He|;odia$
öffentlich zum Tetrarch Antipas über.
Damals, als Johannes dies getadelt hatte un«l ge-
fangen genommen wurde ^ war Machärus w ieder
in des Antipas Gewalt, so dafs Dieser den Täufer
dort gefangen setzen konnte, a. IXon 30 — 31. Jesu
33 — 34. Der Anfang des Kriegs mufs demnach etwas
früher erfolgt und Machärus dem Araber abgenommen
worden sejn.
Nach einer allzu unglücklichen Schlacht mit Aretas
erbittet Antipas vonTiberins und erhält den Befehl : Vitel-
lins, der Prätor Syriens« solle den Aretas bekriegen und
lebend oder todt dem Imperator liefern. (Die Schlacht
stlbst mufs später als des Täufers Hinrichtung im a. Dion.
30, doch aber so nahe erfolgt seyn^ dafs man sie als Gottes
Strafe wegen der Enthauptung des Täufers deuten konnte.)
VItellius (dem Antipas auch sonst nicht geneigt)
üar endlich mit einer Hauptrüstung gegen den Araber
(Kleineres mag vorher, um Herodot und Tiberius zu
befriedigen, geschehen seyn) erst bis Ptolemais und auf
dasgrofse Blachfeld {^iyaTtiStov vorgerückt, als er zu
Jerasalem des Tiberlos Tod erfuhr, also nach 10. Märs
37. Dion.
^ Damals also, da Aretas mit Herodesf und dessen Be*
tthütaer, Tiberius im Krieg war^ der syrische Prätor
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•44
Kttl Mfitef filier düie ClMNHMlogi«
aber bis 37. mit dem Krieg wenig, uncl unter Cajus gar
keinen Ernst inachte, mochte Aretas wohl Damas-
kus occupirt baben, nämtich 3 — 4 Jahr« nach Jew
Ted, da SaoJiu aus Arabieo nach Dama8ktts mrOckkam
und die Judes gerne dort ihn yerhaftel hätten« Apg. 9, 21k
2 Kon 11, 32. Gal. 1, 17. Die daaiaskenische Gegend
hatten früher die Romer zu Antoaiu«; und der Kleopatra
Zeit. an Herodes (L), noch ehe er König wurde, ver-
pachtet. Arch« 15, & S. 518. Leicht kann sie also da*
mab, da Saulua dort, 3 Jahre oach seiner Bekehrung,
vom arabischen Ethnarch (!) verhaftet werden sollte,
an den Araber -König auch verpachtet gewesen seyn.
Selbst dies , dafs Aretas Ober (xamalitische Gegenden
Streitigkeiten mit dem Tetrarch von Galilfia und Peraa
haben konnte, seist vbraus, daGider Araber in Nord-
osten vonPeräa (im Damasoenischen Arabien) Be-
sitzungen oder Ansprüche hatte. Denn vom Peträi-
scheu Arabien lag Gamala so weit weg und war durch
Perfia vom Gebiet des Peträers so abgeschnitten, dsft
durch Gamala Aretas cum Krieg gegen Antipas keines
Vorwand hätte bekommen Iconnen , wenn er nicht van
einer andern, ais von der Peträischen und Peräischen
Seite, nämlich von Damaskus her in einer Beziehung
auf das Gamalitische gestanden wäre«-
Diese Momente deutlich zu fassen, ist für die neu-
testamentiiche Geschichte und Chronologie bedeutend*
Aber ssugieich läfet sich auch die Fragte: Weicher
Herodes-Philippus denn der erste Mann der
Herodias gewesen seyf der Entscheidung näher
bringen und eine Lücke in Josephus Arch. 17, 1. be-
richtigen.*)
*) Ich wcUb wohl, dar« dergleichen BemuhnogeB am geaaae
Sachken ntDisse, nm die Grundlagen aller hlttoriwli-piy-
chologischen Interpretation , nicht nadi dem Zeilgeechmaclt
Derer sind, welche alles aus dem reHglSaen Bewuftteeyn nad
der chrietUcb-evangeliechea Geeinnaag genomniea haben «ellMi
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ini Leben 4et Apost. Paalu«. , 845 -
Nach Arch. 17, 10. S. 599. war <ler Tetrarch
PbiiippQs ein yvifjaLog aSßXcpog (= ?oii Vater und
Mttiter her Bruder) de« Archeiav8| welchen Au-
pistss saoh dem drilteo und leizteo Testament Herodee
.ihiL som Bthnarch von Judäa, Samaria n.8. w. machte.
Herodes Antipas war auch des Archelaus Bruder
Tdn derselben Mutter, einer Samariterin, Arch.17,1,
Namens Mai^hake, Arch. 1?, 12. S 605.
Dennoch sind in Josephus Aufzählung der 9 Frauen
(welche Herodes L zu gleicher Zeit hatte) und der Kinder
derselben Arch. 17, I, S. 584. nur Antipas und
Archelaus, nebst einer Tochter, Olj^mpias, als Kinder
ebenderselben Mutter, der Samariterin (Marthake) ge*
nannt, t^p ds sv raig jvvaL^i HifU tov l^iiage&v
&yovg fua* xat naiSiC avry AvTi%ag uai Ap;^eAaog
xai ^xyyaTTiQ OXvfinLag ...
Hier mufs also der NanM des'' Philippos, des
nachmaligen Tetrarch von Eatan ea u.8. w..^osgefaU
Un sejn. Denn als yvi^aioq adiXtpog von Archelaus ,
rnUiste er dort mitgenaont erscheinen.
ond da« übrige nur snr nieder on Wirliliclikeit tecbaen. Aber
— religioMs, ebrUflichet Bewiir«ttejo mU jeder Cliriel lishea.
Wosn dann theologieelie Stadien, wenn der Leitrer nieht aucli
noeli maneliee baben eell , wna der Laie nfciit eo leiclit «icii
erwerben irnnn. Allerdinge teilte keiner bei theplogiieben Stu-
dien bleiben, der Klebt rellglSe«!, eTaagelieebe Geelnonag baben
will. On ne pmä pa9 DrolemeRt UMogiea, tam wmr de
In BtUgiim» Aber der tlieolegfaebe Lebrer der Nichtgelebrten
ioll sich Bttgleich w allee dae bemüben, wodurcb er dleten
daa Rellgldie, beeeadere daeBibllicbe, veretänlllieher, aneebfln--
Uchor, glanblleber an machen Termag. Alidaaa wird der geitl*
liehe Lehreretaad die Jetiige Gefabr abwenden, fär entbebrllch
gebidten in werden. Wer In eelner Sache eo au Hance leC,
. dab er Grofeee and Kleince den Andern aue eelnem Vorrath
hervorheben bann, der wird ale nnentbehrllch gelten. Matth,
la, ftS. YoraftmUeh deewegenp Terbreifete ilch daa Urchriiten-
thom eo eciinell, well ee mit aelnen moraliach* heiligen 'Wahr-
h^ten ihf rall hielatlech anfltal I
•
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846 Karl Schräder, über die Cliroiiologie
Ebenderselbe nachmalige Tetrarch, Philip-
pus, war aach mit Arch>elau8 awgleich von Heco-
des I. im xw«Uea Testament zut ftckgeaetat^ wd
Antipater sie beide dem Vater verdächtig gemacht
hatte. Arch. 17, 8. 8. &95. Dagegen hatte Herodes
damals den Jüngsten (nach K. IL S. 604.), den An-
tipas zum Haupterben ernannt.* — Im dritten und
letzten Teatament hingegen — Arch. 17 ^ 10. S. 6881
war Archelaaa ala Haupterbe, Aotipaa als Tetrarck
Ton Galiläa und Peräa, Philippus als Tetrarch tob
Trachonitis, Gaulonitis, Batanäa und Paneas bezeichnet.
Man sieht also, dafs diese Drei gewöhnlich miteinander
verbunden wurden, und überzeugt sich um so melir,
dafs in der Einen Stelle, wo Philippus auch ab jvnio^toi
adskfpog des Archelaus genannt gewesen seyn mnb
(S. 584^ Arch. 17, 1.) dieser Name nur auSjSfefallen sejro
kann. Ayrtjra^ xac ^^iki^nnog xai AQ)(^6Xaog u. s. w.
mfissen als Sdhne der Samariterin genannt gewesen
seyn. Diese machte Herodes im dritteo und leisten Te-
stament regierend. Augostos liefe es dabei , liiigeacblst
Antipas nach dem z w ei ieii Testament Haupterbe zu werden
versrichte (Arph. 17, 11. S. 604.), und die übrige He-
rodische Familie den Archelaus am wenigsten erhöht
sehen wollte»
Dagegen ist nun. erst derjenige Herodes Phi-
lippus bestimmt zu finden, welcher als Bruder de»
Antipas, aber nicht als Sohn derselben Mutter
i= ov^ oixo^qT^Log f die Heiodias zuerst zur Fras
g*ehabt hatte. Dieser Herodes war nach Arch. 18, T
S. 62& Sohn der Tochter des Hohepriestern
Simon. Als solcher ist er auch Arch. 17, 1. (S. 583.
unten) aufgeführt Unter den 9 Frauen des Herodes,
die er nach Ermordung der Mariamne, zugleich hatte,
war Doris, Mutter Antipaters (des noch vor dem König-
thum gebornen, ältesten, lange intrikierendeu Merodes -
Sohns) dio erste, alsdann ^vyarriQ tou ctQx^^^i
c| ig nai Avowiiog at>T^ (Herodi I.) y^aig ey^yoviL
4
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4
im Leben des Apoit Paola«.
847
Auch Arch. 18, 7. S. 628. bemerkt abermals, dafs der
erste Mao» der Herodias, Soha d€r JVIariamiie (Ii.)) Uec
Tochter des Hoheopriestere Simoo geweeea eey, und
dab sie eine Tochter, ftalame gehabt haben.- (Diese
Salome wurde nach Arch. 18, 7. S. 628. oacMier Ge-
mahlin des Tetrarch, Philippus, welcher also um so
gewisser niclii der erste Gemahl der Herodiaii gewesen
seyn kana. Er müfste seine eigene Tochter geheirethet
haben.)
Den Sohn der Hohenpriesterstochter, Herodes ge-
nannt, hatte Herodes I. im ersten Testament Arch. 17, 4.
& &86. zum Haupterben eingesetzt, aui den Fall, dafs
der znerst eingeset^ älteste aller seiner Söhne, Anti-
pater, Dorissohn, früher stürbe. Als nachher Herodes L
die Mutter Yerstiers — Arch. 17, 6. S. 580. — strich
er auch ihren S^ohn g^anz aus deai Testameat. (Daher
kaui dann Herodes I. später darauf, die 3 Söhne der Sa*
maritanerin) Archelaus, Philippus und Antipas regierend
sn machen. Der Herodes der Hohenpriesters-
tochter aber war seitdem Privatmann und nur
ärmerer Miterbe am Priv^tver mögen des Va-
ters.)
Da der erste Mann der Herodias nach Joseph uss aus-
drücklicher wiederholter Versicherung Sohn der Hohen-
priesterstochter war, nach Matth. 14, IL aber der erste
Mann der Herodias auch Philippus hlers und eben
«lieser Philippus der Herodias nach Arch. 18, 7. S.62&
nicht za Rom, sondern an einem Ort wohnte, wo ihn
Antipas, erst nach Rom reisend, besuchte, ihm die He*
i^ias abdingte, aber bis er von Rom surOckkam, noch
fcei ihm liefs, so finden wir wahrscheinlich eben diesen
(Herodes-) Phil ippus, nach Arch. 17, 12. S. 610.
in Syrien bei dem Prätor Varus sich aufhaN
tsod. Dorl war ier offenbar Privatmann. Der Prätor
fOhickt ihn, während Archelaus und Antipas vor Augustus
■•ö die Hauptherrschaft stritten , aus Syrien nach Rom,
^leils um ilen Bruder (Archelaus) , welchem Varus wohl-
wollte, beizustehen^ theils um, wenn getheilt würde
Oigitized
816 Karl SeliTail«r » .ft^/d. ClinnHi1#gie Im hihw d. Apoil. Putvc«
auch einigen Antlieil, uoigav Tiva, zu hekoiimien. Währ-
scheinlich war dann derseifie, nachdem das Herodesreich
ohae ihn besetzt war, wieder ia Sj^rien bei dem römi-
sehen Prfttor voo Syrien, weicher gewöhnlich zu Antio«
chia resMirte. Bei diesem nähm der aus Galiläa meh
Rom reisende Tetrarch Antipas Abschied, wurde dort
in Herodias verliebt und konnte wahrscheinlich mit dem
ärmeren Bruder über sie accnrdiren, so dafs <heser sie
mit einem Scheidebrief entiiefs. Johannes, der Täufec,
sab^ strenger der Intrike suf den Grund, da nach jüdt*
scher Sitte besonders Ehen mit des Bruders Frau , wess
diese Kinder hatte, sehr miisbiiügt wurden.
Ein dritter Herodessohn , auch Philippus genannt,
war nach Arch. IT, 1. S. 584. von einer Kleopatra, einer
Jerusalemitin , erzeugt. Von diesem sagt dort Josephus
ausdrücklich : 6g xat atnog ev Vq^ih rgocpag etx^v-
Wahrscheinlich blieb dieser zu Rom/ Er beweist aöf
jeden Fall , dafs Herodes I. zwei Sdhne von vefschiedeneii
Frauen, Philipp benannt, hatte, den Tetrarch und
diesen Kleopatrasohn. Um so eher ist anzunehmen, daft
auch der Sohn der HohenpriesterstocIUer diesen Bei-
oamen haben konnte,, also 3 Philipp! unter des He-
rodes^ iSöhnen' waren.
Je schwieriger und für die meisten unangenehmer
die Eniwicklangen solcher Individualitäten seyn mögen,
d«sto nöthiger ist es, dafs Gefibtere sie durch wieder-
holte Uiitei>.iichwng der vorhandenen UeberiieferungeD
zu entwirren streben. Von dergleichen iu einander ver-
schlungenen Zeitumständen, so kleinlich und veraltet si«
seyn mAgeai ist nicht selten eine zuverlässigere Bis"
sieht in bedeutendere Begebenheiten abhängig. Geriw
hier iät dies sehr der Fall.
i^Ücr üeschlujs folgU) '
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N°.54. HEIDBLB. JAHRB. D. LITER ATUA. 188S.
k
• X
♦
I
Karl Schräder , über die Chronologie im Leben
des Apostel» Paulus.
r
b der SpeciilgeiehichlA der Bnlelehiiiig - des Chii«
ftenilhmtis durch die wesigea Wirksamkeitsjahre Jesu
uüd der Apostel bleibt manches sehr dunkel oder ist auf
sehr verschiedeae Weise zu beurtheileo , je nachdem die
rkhtig^e Zeitrechnung beobachtet oder zum wenigsten
iheraehen wird , diiCs vnsere kircbUche Chronologie
«»D der wahren Zeitrechnung des Lebeua Jesu immer
um 3 Jahre dilferirt, folglich die Apostelzeit nicht, wie
der Verf. S.87. anniomit, im dionysischen Jahr 35, viel-
mehr echoo am Ostern des Jahres 31. unsrer Aera a»*
fsbngen hat Daher kann und mufs dean auch dio li»«
ktoizeit des Apostels Paulus und die Zeit seiner Bekeh-
«n^ um mehrere Jahre früher gesetzt werden, als der
Verf. es berechnet, weil er sich durch eine uabestimm-
lere Stelle des Josephus sogar zu der Voraussetzung be-*
Siefs 9 dab die Kreuzigung Jesu nicht iqd Dion»
Mir Sl^ sondern imht früher, als Ostern 8& gesche-* ^
hen sey.
Selbst die gewöhnliche Voraussetzung, dafs die Be-
iiehrung des $aul nicht schon im ersten Jahre der Apo*
Hdsdt s=3 zwischen Ostern mmi Dion. 81. und 32. ge-
Mhehen eeyn kdnne, entsteht nur aus einer nichtpragma-
tischen Gewohnheit, dais man als Schriftausleg^er für
Erzählungen, bei denen wir jetzt uns ziemlich lange
anfzuhatten pflegen , z. B. für die 9 ersten Kapitel der
A^telgeschichte, auch in der Wirklichkeit eine gtir
laoge Zeit anzuDehmen wie durch ein Gef&hi der Zeii*
lange bewogen wird. Psychologisch betrachtet aber
sind vielmehr die Einrichtungen der Muttergemeinde
za Jerusalepi, wie sie in den Kapiteln 1, 2, 3, 4« bis
nyi« Mug. 9. Hell/ 54
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Jl^ Karl Schräder f über die' Chronologie
Vs 12. ♦) 6, 6, 1, 8. bis Vs 3, ind. 9, 1 — 22. be-
schrieben werden, offenbar Folgen eines nocli ganz fri-
«cheq Bathnsiasmos, welcher ntch seiner Nalor achaeii
das Unerwartete bewirkt, aber eben deswegen auch nicht
gar lange in gleichem Grade fortdauert.
Der gewöhnli( hen Annahme, wie wenn bis zur Be-
kehrung des Saulus eiae Reihe von Jahren vergangeo
wftre, ist auch dies entschieden elntgegen, dafli die sad*
'dueäisoheii Hohenpriester und Ma^ffiaten, welche Jesos
mit solchem Ingrimm ans Kreuz gebracht hatten, uii-
ni^glich nun mehrere Jahre lang^ die Verbreitung dieser
Neume8sianer mitten in ihrer Tempeistadt mit so viel
Nachgiebigkeit) als mao gewöhnlich veraussetsrt , hätten
«ich entwickeln lassen kdnnen. Die in Apostg. 4, C
aufgezählten, Hannas, Caiphas und , wa^ an dieser herr-
schenden Priesterfamilie hing, müf^iten mit einem Male
ihre Natur geändert haben, wenn sie nicht schon im
ersten Jahre , aber methodisch und stnfenweise , auf die
Vemiehtuflg einer Pttithei hingearbeitet bitten, dieehae
Zweifel nicht einmal zu Jerusalem sich zu bilden und zu
*) Die Reile 6iimali«lt tcasn naeli ihrem Inhalt 9, SS. ST. alchc
For ,deiB Jahr 46. 41. «e geeproehcn wotdea aeya, Jndae Im
tta aach Aich. 20, a. a IHM», «nter Tmim «.BlOT.a9, «eflihv
dee Jadas Galil. natev der Pracaratur de« Ateiandoffa a« 41«
fHier 47* Dal^ Lakaa» der anter den Angea dee Faalua aa Rom
«chrieb, hier Irrige« eingetragen habe, Ist gar nicht wahr-
scheinlich. Oer Text erfordert nur eine Terheeeerte fnter-
Mcu m^wmn t^ eulav fma rmna, Sa ««It Ist die Bada
. Tliiuidaa aad daüea Anhaag, AMaan Vi^avt «te «eoa 0«'
- e^ala-^Snahliiagt lapget achon) J^wSec ^ JViA^syr'j^
Tpfi a«ry|gia<pi^( nater <(airinlna nach des Atphelaae AbeelvaDS
in» a. Hion. 8— >9» lu ofirm» Aoov. oti^ cBtTW^ntaiimo^ enewln»
(Cr eelbet echon lange). Kot
«i^Siy^ae. Der grurree Anhang , der den Juda« aelbat üfcaiMt
hatte, wht aeit a. Dana* 46* ader 47* aotetrent, da Alanvd"'
Z eeiaer SShae ing and hrevaigen Her«. Eingeiiif^rt !•> die
Rede GamaUels vor der viel früheren Ervahanag der Diaiceoei
and des Stephanas, weil Luha« die Welse, wie die Saddncler
gegen die 12 Apostel procedlrtea, nasaannea hatte ÜMsaa «aUss.
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im Leben des Anmi. PaiiIua. 851
bleiben vermocht h^tie, wenn nicht die grausame Mifs-
haadlung Jesu bei vielen vom Volke einen Abscheu gegen
maß Vetfolg«r erweckt hätte, welcher deo Nachgeblie*
beoen wenigstene mehr SchntSy ab de anfangs sdbfl ^
erwarteten, gewährt hat.
Der Verf. rii< kt tiie Bekehrung des Saulus und seine
dreijährige Abwesenheit in Arabien «ehr weit hinaus und
«bait.deewegaa einen ziemlich kurzen Zeitraum für die
ifl Apostg. 9, M. und Gal. 1, 21. angedeuteten Brfolge,
dafs der 3 Jahre nach seiner Bekehrung erst nach Jeru-
salem auf 14 Tag-e gekommene Saulus von dort nach
Syrien und Cilicien gekommen sey, bis ihn JBarnabaa
Bit Jahr vor dem TiKie dee Königs Agrippa, aiao im
i. Dien« 43. in die Ifutterstadt dea Heidenchrislentfaums
Antiochia von Tarsus herüber geholt habe. Er nimmt
deswegen an, dafs 8auls Bekehrung in der Mitte desDion.
Jahres 39. erfolgt sej, nachdem er beinahe 4 Jahre (?) ^
diaChriaten verfolgt habe. Für den Aufenthalt in Cili*
den aber denkt er sich dagegen nur ungefähr ein halbes
Jihr; und doch finden wir in dem späteren bekannteren
Leben des Apostels keinen Zeitraum, wo ihm alles das
iiätte begegnet sejn können, was er Z Kor. 11, 28'<«^8SL
m^sich selbst andeutet
Umgdiehrt halte Ich deswegen auch aus diesem
flnmde, weil alle jene Lebenserfahrungen einen aiemn-
. ßch langen Zeitraum voraussetzen, die Wahrscheinlich-
keit für überwiegend , dafs die Christianisirung Sanis
schon gegen Ende des ersten Aposteljahrs, seine erste
Baise na^ Jerusalem also, da er 8 Jahre abwesend ge-
wesen war, in das 4te Aposteljahr oder a. DIon. 84. ge«-
Wlen sey. Seine darauf erfolgte grofse Thätigkeit, von
welcher wir aber, wenn sie nicht 2 Kor. 11, uns in den
gedrftngtesten Angaben doch gleichsam vorgerechnet
«Ire, gar nichts wissen könnten, erhält alsdann in seinem
Ubenslanf vom a. Dion. 85. bis 42. einen Wirksamkeits*
'aum, wie sie ihn nothwendig zu erfordern seheint.
Für die übrige Berechnung der Lebenszeit des Apo-
fitda ist nichts nothwendiger, als eine richtige Bestim«^
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852 Karl Schräder, über die Chronologie
. mung der ersteo Bekehrungen in Neu - Galatien , da
Derbe, Lystra und die umliegende Gegend, wo Paulus
und Barnabas^ schon nach Aposti^. 14, V. Christenge-
meinden gesammelt und geordnet haben , damals un-
streitig zu Galatien gehoi teii und daher der Brief an die
Galater vor jene Zeit zu setzen ist, wo nach Apostg. 15.
erst wegen der Gemeinschaft zwischen Heiden - und Ju-
^denchristen vier Dogmata oder Bedingungen festgeeetst
wurden, von denen im Galatischen Brief noch keine
Spur ist, und die doch Paulus nach Apostg. 16, 1 — 4.
auch nach Deibe und Lvstra zu bringen sich lieeilte.
Sonderbar scheint mir dagegen die auch in den neuesten
Erklärungen des Galaterbriefs grundlos und bioe nadi
der Herkdmmlichkeit beibehaltene Hypothese, dafs GaL
2, 1. von der dritten Reise des Apostels nach Jerusalem,
d.i. von dem, was Apostg^. 15. erzählt wird, zu ver-
stehen sey und also in der i^eitordnung diesem (frühe-
sten) Briefe des Apostels vorausgehe. Möchte man doch
die bei jeder Untersuchung allein zur Wahrheit fühl'ende
Methode auch hier anwenden , dals wir nämlich niemals
das Herkömmliche blos deswegen , weil es das Ange-
wohnte ist| als feststehend voraussetzen und alles Andere
nur wie eine gewagte Opposition durch allerlei anaw»-
chende Antv^orten zurückweisen zu dfirfen 'meinen, da
wir vielmehr immer auch das Herkömmliche zuvörderst
nach seiner Begründung strenge zu befragen und blos
wenn diese hinreicht, als etwas Festes anzuerkeuuen
haben.
Gerne beschränke ich mich aber hierüber' auf die
Bitte, das in meiner Erklärung des Galaterbriefs voll-
ständiger Dargelegte nicht blos umgehen, sondern prüfen
zu wollen, weil in den früheren Theii der apostolischen
Wirksamkeit Pauli ohne die wichtige Zeitbestimmung
der galatischen Bekehrungen kein heller Zusanmienhang
gebracht werden kann. ' Eben so gewifs hindert
Vorurtheil , wie wenn der Brief an die Philipper nicht
aus dem Prätorium zu Cäsarea, sondern zu Born (wo
doch Paulus nicht im Prätorium verhaftet war, sondern
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I
im Leben d«e Apoet. Paula«. 85$
ugeBßhlomea an eineb Wächter in eigener Mieihe wohaeo
durfte) geschrieben worden sey, durch mancherlei damit
verbundene Umstände eine ineinandergreifende Einsicht
io die späteren Briefe und das Leben des Apostels zu
Rmd. Darauf aber hier einsngeheni kann der Raum
■Dg nicht erhinben.
^ Der schwierigste Punkt in den für die apostolische
Chronologie nothwendigeti Voraiissetzungeu scheint in
der Besiioiuiuog der Prokuratur des Felix als Bruder^
von Pallas überSamarien oder über ganz Jndäa.za liegen.
Jesephns giebt weder io der Archäologie, noch im jfidt-
sdien Krieg irgend eine Spur, dafs bei den Klagen, die
mau gegen <len Procurator Cumanus hatte, auch Felix
compromittirt gewesen sey. Tacitus hingegen in Annal.
12, 54. bemerkt, beim 12ten Regierungsjahr des Clau-
dius, d.i. bei ann. Dion. äSt- — &3. sehr speciell, daft
die Provinz Palästina eigentlich getheilt, die naiio 6a-
Ulaeorum unter Cumanus, die Samaritaner aber unter
Felix gestanden hätteq. Bei Joseph us ist offenbar Cu-
manqs eigentlich für die Samariter eingenommen und
vielmehr den Galiiäern, durch deren Ermordong die
Smaritaner den Streit r^ngefangen hatten , und den Ju*
dätjro, welche sich der Tempelbesuchenden Galiläer an-
nahmen, mit Unrecht entgegen. Davon aber, dafs der
jtetthalter von Sj^rien, Quadratus, den Felix mit auf
den Bicbterstuhl geisetzt habe , ist bei Josephus keine
l^r. Dennoch aber mfifste aach nach der Rede des ^
Paulus Apostg-. 24, 10. l'elix ix noXXav eTO}v xiJCTfig
Tö i^vet TOVTC^ gewesen seyn, und diese Rede scheint
iaid nach Pfingsten des ann. Dion. 55. ausgesprochen
ifardea m seyn, so dafs zwischen ihr and der Absetzung
des Camanos nur das Jahr 58. und 54. gefallen seyn
köante.
• Wenn dennoch Tacitus recht hat, dafs Felix im
Jahr 52. jatn pridem Judaeae impoßUus gewesen , sey
isd besonders die Samaritaner ihm untergeben waren
(Fefict Samßriiae pareretä)^ so wäre eine Vereinigung'
dieser verschiedenen Nachrichten vielleicht nur - dann
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8M lUtL Sclifader» über, die Chronologie
flodf lieh , weno man aniiehmen dikfte , dafs Felix umf
voa Clandlua eine gewisse, nostreitig einträgliche» Aof**
sieht aber Judäa, d. i. Palästina überhaupt und besonderi
über Samarien erhallen , aber nicht die Obliege»heit
gehabt hätte, .gewöhnlich selbst in der Provinz gegen-
wärtig ZQ seyo. Nach Suetonins vit. Claud« 28. war fiiöi-
lich Felix nicht blos durch seinen Brnder^ sondern aadi
für sich selbst bei Cäsar Claudius begünstigt. Ckmdk»
libertorum praecipue suspexii . . . Felicem, quem
cohortibua et alis provinciae Judaeae prae-
posuit trhtm regbunwn mcnitum. Einem sokhao
Gfinstling konnte dann vielleicht eine der Gewinnsadit
erwünschte Aufsicht über jene zum Aussaugen bestlnMlfe
Provinz eingeräumt seyn, ohne dafs er gewöhnlich von
Bom abwesend seyn mufste. So etwas mochten auch seine
zwei ersten Frauen wohl leicht anders einleiten können. Ab
Bude, da die Anfragen gegen Cumanns zu heftig
worden waren , scheint Felix dann doc^b selbst in 'W
Provinz gereis't zu seyn; der syrische Prätor Quadratus
aber war wohl klug genug, um den Günstling des Glau*
dius über das, was in dessen Abwesenheit geschekü
war, lieber wie Richter, als wie Mitschuldiger, m-tHh
handeln. Nachher, da im Oktobeir Dion. S4. Nerell
gierung anfing, Agrippa IL aber die Tetrarchie
Philippus von Nero bestätigt und vermehrt erhielt, setste
Nere zugleich den Felix zum intgonog el^ m^i^ koiKp
*Iovdaion^9 d. h- ttber den ffrdftten Theil voi» gao^l^
lästin^ Jid« Kr. 2, 22, S. 706. Ton da in fti«fstf»dril
Felix in der Provinz seyn, weil Nero dem Pallas tfB^
jeneb Freigelassenen überhaupt nicht sehr geneigt war.
Als nun aberPanlus nach Pfingsten des folgenden Jalires
seine Vertheidignngsrede vor Felix Stt halte» ^katts,
konnte er dennoch darauf sich beziehen, dafs Peihf i^t^
von längerer Zeit her unter Claudius ein Richteramt äWf
das jüdische Volk gehabt habe. Selbst der Ausdrssk
des Apostels, dafs Felix „tw tdvet rovTta seit vielös
Jahren Richter gewesen" mj, nohehltaMliigihi^h^
erkläret zu hsseo, daft Felix besondei«
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m§e»eUi gewesto iqrs wlUei Weil «in Hebräer dim
«8 80 eigieotUch ra 86100111 «dyoc rechoete.
, Folix war, so glaube ich eine Einst! miuu 11g zwischea
Tftoilss und Josephus vermutheo zu dürfen, unter Clau-
(UiM mei«4 mit seiiifia voroehmeu Frauea zu Hom, den-
noch aber „Judaeße imposUu»," d. i. mit dor eiutrif*
fichen Aofsicbt über den grdfeteo Theil von Palästina,
welcher nicht mehr der Herodischen Familie übergeben
war, ausgestattet, jedoch so, dais Cumanus dort gegen-
wärtig se^Q aiufste, Felix hing;egen von Rom aus uiög«
liehst die Vortheilo besonders aus Saniarien bezog. Den
Ssoiaritanern waren überhaupt die Römer günstiger, ab
dsn Joden, weil dieselben sich ihnen immer eher anbe-
quemten.
Nero nahm zwar schon in seinem ersten Regierungs-
jahr ss: Dien. &5. dem Bruder des Felix, Pallas, die
füTse Verwaltung der Staatsrechnungen ab. Tac.AnnaL
IS, 14. Dennoch fiel des Pallas Ansehen, so lange
noch die ihm ganz hiogeg^ebene Agrippina sich erhielt,
also bis in das 5te Neronische Regierungsjahr = 59,
ttiofat ganz, wie dergleichen festgewurzelte, reiche Höf-
luge wenigstens den äuberfsn Schein der Gunst noch
lange zu erhalten verstehen. Doch war Pallas schon
vor dem zweiten Jahr IVero's (vor dem Okt. 55.) nach
Xac. Ann. lü, 23« itaum dem Verdacht einer Verschwö-
rang g?gen Nero entgangen. Und eine baldige Zurück*
teteung auch d^ Bruders, Felix, war daher (lange vor
des Pallas Vergiftung = a. Dion. 62.) bei jeder Voran*
lassung zu erwarten. Indefs eHcligtt^ auch wirklich , nach
meiner Zeitberechnnng, schon das 2te Jahr der Verhaf-
taug des Apostels 'zu Cäsarea nach Pfingsten nnni
Dion* 67. = dem Sten Reg. J. Nero's, wO Apostg. 24,27.
Velix den Pesttts zum Nachfolger erhielt; so
dafs Paulus im FXihjalir 58. Rom erreichte und im Früh- "
jahf 60, d. h. bald nach dem Anfang des Oteu Neroni-
sehen Regierungsjahrs, jene 2 Jahre sich schlössen.,
weMie Br in der Verhaftung zu Bei» , nach Apg. 2S| 80«
«nC eine ziemlieh leidUche Weise zugebiMlU hftt. Naob
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^ 656 Dr. G. W. Böhmer
Ermordung der Agrippina , wo Sencca und Burrhus nicht
eininal durch halbe ^Nachgiebigkeiten das dnrch dei
Knechtsioo der Meisten gaoz übermftihig gemrd^n
Kraftgenie Nero's vom SdiltnimsteD suHIcksciliaiteii yer»
mochten (Tac. Ann. 14, 13. 14.) wäre ohnehin an keine
Schonung gegen Felix mehr zu denken. >
Dafs der selbstdenkende Verf. in den beiden folgen- |
den Theilen des Werks viele interessante Ansich-
ten über das Leben und die Lehre dfs Apo-
stels theils beweist, theils wahrscheinlich m macheii
SBcht vnd dabei dorchgän^i eben soviel Talent , als Prei-
sinn und Darstellungsgabe zeigt, kann,- um des Raums
willen, hier nur angedeutet werden. Vielleicht findet
sich eine andere Gelegenheit , besonders Ober Einen
Hauptpunkt in der Lehrdarstellung , oämiich fiber dM
Ite Kap. dss Bandes 8. einige nöthi^ scheinende Unter»
Scheidungen mitzutheilen, um den Grundsatz desVerfs.:
,,Der Glaube sey nach Paulus die wahre Tugend uod
die Tugend sey der wahre Glaube" (& 188.), mit der
Lehre Ton der Ueberzeiigongstreue in diqenige
Harmonie zu bringen / welche nach msiner Binsid^t die
ächtpaulinische ist.
Dr. Paulus,
■
JFIe QUich9tMung der Juden mit d^h ekriMtUtheu StuuU'
hürgtrni «aeft tfrsr Mb^kktU md WuhOokM im gUotüM'
Ikhm Beüpiüm gez(dgt von Pr. 0, IF. Böhmer. Geitüiem
1888.' FII«.iaS. 8.
Der für Andeutungen des Guten freisinnige und
kenntnifinreiGhe Verf., weicher bei der Umversitäts-Bi«-
bliothek zu Gdttingen den bereits bis zum. IZteo Baads
fortgeiückten juridischen Realkatalog mit anerkanntem
Fleifse bearbeitet, giebt hier zuerst einen Ueberblick
. der für die Verbesserung der Juden und ihres Zustssdes
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fdr die GleichtteUmg der iuübn mit den Vebtigea. 891
iMrkiHIrflfg'sieii Sehriftiin nnd Verordnungen, nnd als*
dami 8. 28. bis zum Ende Beispiele von moralisch gutem
Charakter aus specielleo Uaudluogen mancher Mitglieder
dieser Nation. Er hatte zu einer solchen Schrift um so
ttdur Veraalaisiiog , da sein Grofsvater, Juel* Hea-
oin^ Bdhmer, der uoTergefsIlohe Darsteiler and Be-
richtiger des Jua ecclesiaalicum Proteatantmm^ sclion
nOd durch eine Dissertation de cauta Jud,aeorum
iolerantia für eine umf^ichtige bessere Behandlung der
Mensehaft .mit philosophischer und staatsrechtlicher
Giiadlichkeil die Bahn gebrochen hat.
Das allein wahre Mittel dazu ist eigentlich schon in
der Reich^^polizeiordnung vom Jahr 1530«
Tit. 27. §. 12, recht gut angegebeo. Die deutsche
fieiclisregierung wollte dsmalen schon , dafs ^^sie ihre
Lsibeinahmng haben sollten." ^^^fer dann Juden bei
ihm leiden will/* sagt der weitere Text, „der soll
sie — doch dermafsen — bei ihm behalten, dafs
sie sich des Wuchers und yerbotenen wucher-
litkeu Kanfs eothalten und ^mit siem Hoher
Hmdthierung and Handarbeit ernähren, wie
eiae Obrigkeit dasselbe einem Unterthanen und dem ge-
nuinen Nutzao zum Besten und Träglichsteu zu sej^n an«
sehen und ermesseo wird." Ernährung durch ziem«-
liehe Handthieriing und Handarbeit-i wie sie
dem Einzelnen und dem Ganzen nützlich ist, dies ist's, was
die Staatsregierungen nicht vom Belieben der Ungleich- ^
gebliebenen abhängig bleiben lassen können, vielmehr
gegen den blos vorgeblicheo Ceremonienglauben als vorr
ttofige Bedingung der Menge Torsohreiben milssen.
• Böhmers Dissertation bemerkte: dafe diese salu^
^erriina c onstitutio hactcnus plane in obser-
^antiam non est deducta , quanwis optandum
mei, ut deduceretur. vergl. dessen Jus eccl protest,
^ IV. L & tiL «. § a». qnd wahr ist ohne Zweifel ,
difr die Anftmbme zum Handwerklemeo und in Hand-
^erksinnungen häufig erschwert wurde. Doch aber ist
autder an^a Seite auch — in der Wirkiictdieit, da
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888^ Dr. O. W. Böbner
maii die Menschen nichl aiiin voraus schon so« wie .ab
seyasoUea, sradern so, wie sie siod, m nehnieii hat ~
nach den wählten Ursachen, waitint es bei der Aiffoafme
211 1 laiulwei'kern Schwierigkeit hat, zu fragen. Denn ia
dieser ganzen, meist nur einseitig vieibe^^prochenen Sache
kann es dem Mann von Herz und Kopf gar nicht
«laraiif ankommen, die Beschwerden, welche Juden aod
Christen gegen einander habe« kdnnen, irgend zu hättfsa
und zu steigern. Vielmehr iluirs der iil der Mitte sle-
heH<le Unpartheiische , weder von einem Sciieiu der Li-
beralität noch von kirchiicheD Vorurtheilen geblendet,
die wirklichem Ursachen dieser Milsverhätt-
nisse zu erforschen »uchen, damit diese tfuvdr*
derst aus der Wurzel gehoben werden , weil sonst eine
nur wörtliche und gebotene Gleichstt^iliiBg Derex,
die in ihren Sitten uml Erwerbsarteo angleich blei-'
ben wollen, f&r beide Theile voraussichtlich durch
Vermehrung der Unzufriedenheit und der Zudrängüch-
keit, zum gröfseren Unglück werden müfste.
Bei Handwerkern nun bindert vornämlich der
doppelte. Wochenfeiertag* Denn wie kMU der
Meister , w^her am Sonntag nichl arbeiten lasseo darf^
Jungen nnd Gesellen annehmen, die auch noch amSoour
abend nicht arbeiten dürfen? und wie kann ubjerhaupt
ein jüdischer Faaniiienvater die Seinigen durch Hand-
arbeit ernähren, wenn er unter 7 Tagen 2 der Handarbeit
nicht widmen darf.. Dies ist daher sostrcstig eise Haupt*
uvsaohe, warum bei ivehem der gröfste Theil nur durdi
' den Hausir- und Sehacherhandel sich zu ernähren fort-
fahrt. Hieraus aber entsteht eine zweite Hauptlirsache
. der Nichtverbes«;eruug, dafs nämlich die an dba bansi*
rende Umherlaufen nad den .Bewerb durch Zungenge-
wandtheit Gewohnte meistens alles HandarhefiSea
zu beschwerlich finden. Denn wäre nicht diese
Arbeitsscheue, so könnten die mehreren zu andern
unzünftigen Handarbeiten und zum Ackertea ibergehea,
bei welchem siie, wenn sie ifan nur mit eigener Haad
betreiben wollten, von dem Widerwillen ,^ den etwa die
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^ für die Gloicbatellung der Juden mii den Uebrigen. ifill
Handwerksinnungen g"eg*«^n sie höben möchten, nicht
abhängen würden. Kaiser Alexander hat deswegen den
Ntfel auf den Kopf g^tfoffm, Indm er Glller«nvcfrb
und HMdarbeiten ah Mlflel^ in der StaeiriMIrgeraoh«!!
illiMeiben, vor^ichrieb, aber auch das eigene Anbaoeii
und ßewirthschaften forderte. Anders wird die Ab<re-
wöhnung von der eingewurzelten Arbeitsscheue demZulaii
iberkssen md nie terwirklicht werden.
Nicht gerecht genug ist der Verf. 8. M, wenn er
meint: ,,<lie Regierungen sejen durch das Donner-
wort angeblicher Zions wacht er von der AiisfÖh-
rmg jenes trefilichen alten Reichspoiizeistatuts abgehalten
werden. Zum Beispiel io Baden sind eile einem Birger
flilnebte Brwerbsarten atieh den' eiAheimiachen Juden ^
die auf 17,IN)0 angegeben werilen , schon seit 24 Jahren
frei ^eg( ben; dennoch wird statistisch behauptet, dafs
io dieser langen Zeit die Zahl Derer, die sich zum Er-
üttireD dtirch siemiiche Hnodthleriing und Handarbeit '
gewendet heben neoh nicht auf . geetiegen sey.
Wovon ernähren sich nun die flbdgen 16,0M? Immer
noch von jenem als jßdisch verrufenen Zwischenhandel? .
nn^eachtet in 24 Jahren eine ganz andere Nachkommen*
^aft herangewachsen seynrinlifote) wenn die Bltero so-
jjMeh auf das erleobte und vot» der Obrigkeit gewaasehte
Asndern jener gemeinschädlichen Erwerbsweise bei ihrer
Kindererziehong ft'ei .viiüg und dankbar gedacht hätten.
Dauert aber der Schacher bei ungefähr 16,000 immer
ooebfort (bei einer Zahl, weiche für Beden viel gröfser
. mit nnfevliilliiirsfaifsiger iet, als wenn in Frankreich
liilgefthr 150,000 gezählt werden), se wird kein fUr
beide Theile gleich menschlich und rechtlich Den- -
kender anders urtheilen können, als dafs diese übergrofse
ZftU der blofsen Unterhändler fftr ihre G^nden, bo-^
iMer» kr denen von den Südten entfernteren Ddifsrn ,
immer venl^rblfeh waren, und also seil 1808.
grofsentheils aus eigener Schuld auch in den Nachge-
mchsenen bisher verderblich geblieben sind
KidnMA manche niohl zu Handwerkern ttbergehea,
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iü Dr. a W. adlimw
weil dies imhr Kesten vernmehl, so Jctoaten sie deeb
Tagelöhner und Haudaibeiter beim Landbau sejii, weaa
sie nicht arbeitsscheu wären , und dazu durch den dop-
pellen WocheofeierUg gleichsam genöthigt würden. Ver*
suchen die Stealen diesem betiarriiciien Sciiaclierwesee
Diir iodirect entgegen zu «rbelleo ood sogar beschritt*
kende Miltel, welche die Humanität nicht billigen kaoD
(z. B. V^erhi( ten der V^erehelichung vor dem 35steu Le-
bensjahr) anzuwenden, so wird es dennoch duroh freien
EotScbluA nie aufgegeben werden 9 weil die, welche in
5 Tagen sich den Lebensunterhalt für 7 erwerben sollen^
dies ohne ein aursergewohnUches Gewinnmittel nicht
leicht möglich finden. Deswegen also, damit jede Ju-
denfamiiie nicht. durch rabbinische V^orurtheiie genöthigt
sey, in ö Tagen das Möthige für 7 Tage sm gewinaeU)
ist das Verlegen des Wochenfeiertags auf den Sonntag
eine Bedingung, die g^eratlezu als Staatsge^etz anzuordnen
nöthig seyn \^iicl, und auch ^ar wohl befohlen werden
^ darf, weil es nicht ein Eingriff in die Religion des Jo-
denthums. ist, vielmehr der am Sonnabend w arbeitaa
befehligte Israetite, dadurch (s< Ladenburg uberGleicii-
Stellung der Israeliten Badens. 18ti3. §. 5.) nicht aufhört,
seiner Religion getreu zu seyn, indem (jetzt?) sogar die
Rabbiuischen Gesetzgerkläruogen zugeben, dafs« wenn
die Obrigkeit, s«B. im Kriegsstand, ein Verlegen des
Sabbats befehle, alsdann der Jude von jener alterthfim»
liehen Tagsbestimmjing dispensitt sey.
\ach dieser wohlthätigen Absicht machte ich aa
einem andern Ort die kluge Bemerkung eines alten Kab-
binen bekannter, dafs uwar nach der Beschreibung der
Schöpfung 1 Mos. 1 U.2. der Schöpfer am letiien
Tage der Woche seinen Sabbatstag gehalten habe , dafs
aber der erste Mensch, welcher am 6ten Tage ge-
schaffen worden war, alsdann gerade den ersten Tag
derjenigen Woche, die er erlebte, als seinen .mensch-
lichen Ruhetag zu feiern hatte. Dies stimmt mit der
Tradition unläugbar überein, und es wird also auch
nicht einmal die alteJctbUmliche Tageszäh*
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für liie Gleichstellung der Juden mit den Liebrigeo. Mt
luog geködert, weno die Landesobrigkeiten fest-
MlieD, dafs der wocbeniliche Ruhetag ebeo derjenige
«rite in der Woche aeyn eoile^ wie Adam a^inen
ertteo Woehentag^it feiern gehabt habe.
Für die Verständigten (wenn sie nicht aus blofsem
Eigendünkel — 2 Mos. 32, 9. ,34, ». 6 Mos. 9, 6.
ftr Feetbaltung desaen, was sie aeibat als veraltert er-
keaaeo, coDtrlLre Vereine atifteo wolleo) iat es ohaehia *
klar, dafa ea nur eine fiophiaterei wäre, wenn man be*
baupten wollte, dafs den wöchentlichen Ruhetag gerade
auf den letzten Wochentag zu verlegen, eine Reil-
giooaaagelegenheit sey* Was für eine Religion vHkte
Aea, die von einer Tagwihlerei abhinge? Und waa
niflite man yon Menacheo denken*, die daa Unpaaienda
ta ihrer Religion zu rechnen versicherten, nur um einer
zeitgeniäfsen Verbesserung in Nichts nachzugeben? Der
Geist und Zweck der mosaischen Geaetzgebung iat^
dife je von ? Tagen Einer für Menachen and Vieh zur
Briniinng au^eaoiidert aeyn aolie. Dieae Verfügung
itammt ans einer äulserst wohllhätigen legislatorischen
Klugheit; und es ist ohne alle Frömmelei sehr verwerf-
liah, dafa die Wochenfeier bei den Christen meist nicht
onhr ein wahrer Ruhetag für die körperlich Arbeiten^
dftu, aondern ein Tag entweder besonderer- Anatren-
gungen für Menschen und Vieh oder eine Feier für Aus^
Schweifungen geworden ist. Diese Verkehrtheit nämlich
entstund, weil man vergessen hat, dafa der Ruhetag um
des Menschen willen aejn sollte, nnd weil man ihn Uoe
nach Geboten der Kirche an betrachten pflegte, iber
die man allmählig anders zu denken anfing, weil man
(las Mittel nicht mehr für den Zweck des Ganzen zu.
halten lernte. Was also die Chriaten zu wenig thao>
dadb aollien die Juden nicht. Ungar in Viel au thiin ver^
iukftt aejn ; und diea kann geradezu ala Poltzeigeseta
der Staaten verfügt werden, wie auch bei Mose nur die
Feier Eines Tages unter sieben eine Religionsverordnung;
die Bestimmung des Tags aber eigentlich nach 4 ftioa
l&» .aB^a6. Poiiaeigeseta tet.
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M8 Dr. O. If. Baiimer
Hat alsdann der Familienvater 6 Tage, utn für seinea
Hausliait erwerbtliäUg zu sejn, so VfwAen ihm auch daza
diejeaige Arten v^n Arbeiten nreieh«», durck welche
der grfifste Thetl mioot Mitbürger ohne dn sehledi*-
terdings w«chfie{$eitig Betrug «nd Hafii erregende« Scha-
cher — sich zu ernähren hat. Und auf diesem Puakt,
dafs nicht die Erwerbsart der meisten Juden sie arbeits-
sefaeu, mit Schlauheit gewinnsüchtig und dadurch ga**
hftssig mache, beruht die badeutcfiidste Bedingung, ohne
welche ein Verwandeln ihrer In allen Lebeusfrerhiii*»
nissen und Sitten auffallenden Ungleichheit in wahre,
wirkliche Gleichstellung immer unmöglich bleiben wird.
Kommt atadauo noch hinzu, dafa die vielfach ge»
«bOekteu auoh von denjeuiges mancherlei rabfaiDiscjica
Oaremouiengefieteen , welche ihnen ao viele Koeten und
Quälereien aufnöthigen, durch ein durchgreifende» Ge-
setz des Staats, der keine dergleichen Winkelgesetie
und fremdartige, pedantische Ceremonleugetueter zuge-
hen oder gar geltend nuicheu darf, frei gesprochen ufld
dagegen geschützt werden, so kaun es aiehl lange an-
stehen, dafs die Mehreren selbst diese reelle Verbe^se"
rungen ihres Wohlstands dankbar fühlen und zugleich
dsroh das Abgewöhnen einer ^enge widriger Ungleich-»
heiten die wahre Gleichstellung au sieh selbst verwirk*
liehen. Wundern mufs man sich nur, dafs die meisten
Petenten um Gleichstellung doch nicht dieStaatsgeselzge-
bungum Hülfe zu Mebung jener Ungleichheiten, besonders
um iMichtsuhissung vorurthmlsvoHer Rabbi nen und «n
Botlasttttig von uuntttflen, kostspieligen, und daher aueh
'mm Sdiacher«-' Erwerb hintreibenden Äitsungen gebeten
haben, sondern nur in Eile eine Zulassung zu Anstel^
langen erreichen wollten, die fßr den gröfsten , wahr-
haft leidenden, TheU ihrer Vottagenesaen keine Hfiife
• wftre. '
Allerdings haben schon manche Einaelne in der Na*
tion gezeigt, dafs sie zur Ausgleichung jener aostös*'
sigen Ungleichheiten in der allgemeinen Geistes- and
Sittenbiidung' Fähigkeiten genug haben«. Aueh müSkU
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itir die Glciolialelluiig der Juden mit den Uebrigen. 803
gewife der zweite Theil der Bdhmerisclien
Sckrift, die Saaimlung guter Charakterzflg« von Eio* *
leinen dar Natioa , mck dareh Boeh viele «ndenr wlhon-
tischer ertveif liehe s«r Bhre des GMttliehe» in der Meneoh-
heit vermehren tasten. Mir j^elbst ist in Meioem Leben
mehrmals die Freude geworden, dergleichen (wenn auch
lafeerHch heterogen ereeheinende) Ehreaminner kennen
av leineB «nd sie dam anvorkommend gar gerne anaoH
flriehneBt^ wento rie gMeh aieiit nicht ca den reicheren,
und uoch weniger zu den sogenannten Aufgeklärten ge-
hörten; da diese, wie neu ihnen der erhaschte Lichtschein
fley, durch das unveratäadige Schwirren and SchwämMd
der Oianlingsehcft ^errathen, and &B» nach in so eehr
aDbeatfiimiten BegrifRea eehweben, dafa aie Staatage-
fellsch aftsvo rzüge wie Menschenrechte for-
dern zu können sich bereden, gegen Diejenigen aber,
welche ihnen das Ausfahrbare klar amhea woltteo,
dareh Uageberdigkeii bemerkHch maebea, -was van
ihaen^ wenn m roriievraohend würden , ca erwarten wftre.
Aber auch die erfreulichsten besseren Erfahrungen,
dafeso manche intellectueli emporstrebende, oder durch
Wils schimmernde Kdpfe and gewifs auch manche rad^
Heb reehtschaffisne Heraen einceln sich hervorheben,
«Urde es nicht, wenn der Verf. ein wait vollafiadi«-
geres Musterbuch solcher Achtungswürdigen beurkunden
kÖQBte I — gerade fQr Das ein Beweis seyn , was auch
von arir immer angerathen wurde, dafs ailerdinga alle
Ks, velche aich im Gesc^Hsehafdioh - beeseren als
fleieb beweisen, Binaelnen und PamiHeaweise mit
Vergnügen durch völlige Gleichstellung ausgezeichnet,
die öbrige Menge der SchwerverbesserliQhen aber eben
dadujroh zum Gleichwerden aufgeregt werden sollten.
Oder sollte es denn gesetzgeberisch kluger and moralisch
christlicher seyn, der für das Unpassende und Wider-
Villen erweckende dennoch hartnäckigen Masse die er-
reichbare Belohnung zuzuwerfen, ehe sie das, was sie
ieit 24 Jahren thnn kpnnten , ernstlich benutzen zn wollen
beiviam habea? ^
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864 Iii*. G. W. Böhmer fär die Glekhstellang der Juden u. s. w.
Nur, versteht es sich, clafs die fursorgende Gesetz-
gebung auch ferner alle äufsern HindernMse niögilchst
m heben, besonders die Vfriisiehnng der Tor DecenQieii
gegebenen^ Concessionen nnd ihrer Folgen kräftig so
betreiben, voi nämlich aber niclit durch Legitimation
vorurtheilsvoller Rabbinen neue Hinderungen zu legali-
siren und mehr als es vorher war, auf Kosten der Ge-
meinden festtnsteilen ^ die Pflicht habe.^ . Wer irgend
Termag, der sinne, nichi auf Streit nnd Wortgefechte,
sondern auf sachkundiges Entdecken, worin auf beiden
Seiten die Hindernisse des endlichen , reellen und nicht
blos das Regierenwolieo oder die Dominirungslust We>
niger befördernden Besserwerdens bestehen! £r eiiine w*
pattheiiMdi, anf welche nicht einseitige, nnr liberal schri«
nende Weise, sondern auch gegen die Mehrheit Derer,
die den schon bestehenden Staatsverein constituiren , ge-
recht ausfuhrbare Hülfen vorgeschlagen werden können?
In dieser Gesinnung bekenne ich, vorziigiich anf des
begierig' m seyn , was der nber das die Nationsl.*
Absonderung am meisten beweisende Problem von
Ehen zwischen JJuden und Christen bekannt zn
machen, in der Vorrede zusagt. Oefientliches vielsei-
tiges Erwägen wird auch hierüber Licht und Rath
schaffen. Ich bin darauf um so anfinerksamer , da ish
kurzlich ein schaodervolles Factum erfahren habe, wie
ein unabhängiger und sonst belobter jüdischer Vater
seine einzige Tochter lieber langsam dahin sterben liefs,
als dafs er ihrer Liebe nn einem' Christen , gegeti wel-
chen sonst nichts einnuwenden war, die dterliche Hn-.
wüligang gewährte.
14. Jttii 1838.
Dr.^ P au ins: '
% \
m
*
■ ■
1
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*
N*. 55. HEmBLB. JAHRB. o. UTBRATUR. ISU,
Dtr Jude. Periodische Blätter für Bdigion und GewutensßreiheUs
In zwanglosen Heften herausgegeben van Dr. Gabriel Hiesetr*
Srtter. Band. Altona, 6«t J. F. Hammerick. 18d2. 2U8 Ä\ 4.
Zu der Verbesserung* des inneren und iiufseren Zu-
staodes des jödlschen Volks, ins Besondere ia Deutsch-
kod, mttsti wirken, da« rat das Ziel, welches der Heraus*
giber dieser Zeltsehrift zu erreichen wfinscht und m
erreichen hoffen darf. Er erklart sich über diesen seinen
Zweck ausführlich in einer wohlg^eschriebeiiea Ankündi-
gong, mit welcher die Zeitschrift beginnt. Kr fordert
dirin sngleicb Andere au Beiträgen auf; und schon ist
■dieser Aufforderung yon mehreren Seiten entsprochen*
worden.
Es versteht sich von selbst, dafs der Verf. für sein
Velk vollkommene Heiigionstredieit und eben so alle die
pilitischen und bürgerlichen Rechte in Anspruch nlmmt^
vekhd derchristlichen Bevölkerung der deutschen Staaten
sastehn. Dem Verf. ei^enthümlicher ist das, was er (in
der Ankündigung^) über die M(iglichkeit der Fortbil-
dung und Veredlung des Judenthumes und über den
Wag, der zu diesem Ziele fährt, änfsert. Wir können
aas nichl das Vergnügen versagen , die Hauptstelle wört-
lieh mitzutheilen. In die entschiedenste Ab^eschlos*
senheit versunken und von jeher ohne alU u Anspruch
auf Prosei j^tenmaclierei , hatte das religiöse Leben der
Juden in früheren Zeiten, besonders in den letzten Jahr-
handerten der Erschlaffung, die der ssweiten Hälfte des
▼origen vorangehen, kein Aug-e für Alles, was rings
umher vorging, kein Bedlirfnifs und keine Fähigkeit
sich nach aufsen zu .vertreten. Die Ersten aber, die au9
dieser Abgeschlossenheit hervortraten, gaben, voll Freude
tber die gewonnene Freiheit, das System, von liem sie
rieh losgesagt , gern dem Spotte Preis. Unsere Zeit aber
duldet keine Abgeschlossenheit; sie will, dafs keine Er-
scheinung sich dem Lichte des Tages entziehe, dafs
n?l. Jabig* 9. Heft. 55
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MS Abi* Mt, Herauf. Tftii ftiitaer.
jede besondere Richtung sich vor dem Richterstuhle des
Gesainmt-Bewufstseyns der Menschheit rechtfertige, und
diejeuige, die sich dieser Pxüfuog eutzUhea sollte, hätte
sich ctais Todesurtheii gesprochen« Von der anderen
Seite hat 'die jüngere Generation unter uns Iceinerlei Ur-
sache, dem alten Systeme, dessen Herrschaft sie sich
niclU erst in mühsamem Kampfe entwunden, das der
freien Entwickelung ihrer iiiiduug l(eioe Schwierigkeit
in den^ Weg gelegt , zu grollen; sie vermag es ohne
Hafa, wie ohne blinde Verehrung, wenn auch nicht ohne
Liebe, zu beurtheilen. Wir, die wir dem Gruodsatee
des F'orlschreitens und der frciej«ten Forschung huldi-
gen, wir haben uns die Aufgabe zu setzeui die Befuguifs
dazu aus dem Grund wesen unserer Religion absuleiten,
und nachzuweisen, wie das Haften an dem starren Bucl^
Stäben des Gesetzes von den ewigen unvergänglichen
Wahrheiten unsrer Lehre zu trennen ist. Dafs der in*
nere lebendige Gehalt dieser Lehre durch die eigue-
göttliche Kraft die Form zerbreche, die ihn seit Jahr-
tausenden gefangen gehalten , ihufs das Ziel unseres Stre-
bens sej^n , und darum ist es wesentlicher, dafs das Be-
wufstsej^n jenes Inhalts belebt und gestärkt, dafs der
Funke der Begeisterung für göttliche Wahrheit in d^
Gemüthern angefacht, als dafs einzelne mangelhafte For-
men von aufsen bekämpft und zerstört werden." — War
diese Ansicht von den religiösen Meinungen und von
der Zukunft des jüdischen Volkes hat, verdient vor allen
Andern über die Ansprüche und Bedürfnisse dieses VoUus
gehört zu werden. . ' *
Man wird dem Herausgeber gewifs beistimmen i weoa
er sein Unternehmen als ein zeitgemafses darstellt. Deaa
die jüdische HevölkeruDg- der deutschen Staaten, (von
diesen Staaten wird in dem Folgenden aliein die Hede
seyn,) hat, im Ganzen genommen, in den letztverAos*
«enen SO oder 40 Jahren in mehr als einer BesiehilV
bedeutende Fortschritte gemacht, und gleichwohl sind
diese Fortschritte von den Gesetzgebungen jener Staaten
noch nicht so allgemein oder, uicht in dem Grade .berück-
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i Der Jade. Ilerausgeg;. von Riesser. 861
§ichtiget worden, wJe sie in andere» Beziehungen ^lie
mit dein Zn^itaiide der bfirg;erlichen Gesellschaft vorge^
gangenea Veränd<^ruiig^ll berücksichtiget hab^n.
lo den letztverfloMeneti Tierzig Jahren haben dich
unter allen Ständen und Classen der bürgerlichen Ge-
sellschaft eine Menge neuer Heen , vielseitigere und
freiere Ansichten, selbst Kenntnisse , die sonst nur dos
Eigenthum der Gelehrten ^der der Gebildeteren waren ,
verbreitet Die Begebenheiten, die Welthindei spra-
chen; sie veranlafsten selbst den kurzsichtigsten Zu-
schauer zum Nachdenken, zu lJrth( il(>u. Das neue Licht
giogaucli den Juden auf. Eine bedeutende Anzahl junger
Leute aus diesem Volke widmeten sich den Wissenschaften,
meist gute Köpfe und fleifsige Schüler. Diese wendeten
Dicht selten die Kenntnisse und Einsichten , die sie auf-
Schulen und Universitäten gewonnen hatten, dazu an,
ihr Volk zu unterrichten und aufzuklären , auch wohl
aufzuregen; Viele aus ach tu ngs werther Liebe zn ihrer
Nation, Einige einj;edenk der Demfithigungen, welcl^e
ihnen selbst in den Jahren der Kindheit widerfahren
waren. ( Möchte es doch unter ihnen nicht auch solche
geben, weiche — um den müdesten Ausdruck zu ge-
brauchen — durch eine eckelhafte Eigenliebe und Leicht-
fertigkeit sich und ihrer Sache schaden!) Andere wirr-*
den schon von der Schreibseligkeit des Zeitalters err
griffen.
Auch die religiösen Meinungen und Ueberlieferungen
der Juden wurden von den aus der Nation hervorgegan-
genen Schriftstellern dffentlich zur Sprache gebracht Oer
Jugendottterrieht wurde verbessert; es erschienen Reli^
gionsschriften , in welchen das Judenthmn in einer ver-
edelten Gestalt, man kann sagen, in einem christlichen
Geiste dargestellt wurde. Einige dieses Volks hielten
sich an den Kern der Mosaischen Gesetzgebung, an die
Lehre von einem einigen Gotte. Noch merkwfii^dlger
n^ar die Erscheinung, dafs an einigen Orten eine Anzahl
jüdischer Faitiilien einen religiösen Verein stifteten , oder
zu stiften beabsichtigten , dessen Grundlage ein veredeltes
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t
068 D«r Jade. HmMgttg. tod RUiMr*
Judenlhum , des Deismus, war. So geschah es, dafs,
fast unbemerkt, ein Mittelg^Iied zuiseheii Judeu und
Chrisieo oder eiaUebergaog vom Judentbuine zum Chri-
iteDthmn« ins Lebeii Iral. Deoo giebl nicht unter
den Christen Einige oder Viele, welche das Christeo-
thuni nur als eine gemeinfafsliche und auf das Bedürf«
nifs der Menschheit im Ganzen berechnete Einlileiduug
des Ueismus betrachten?
In derselben Periode verbesserte sich in den meisten
deutschen Staaten auch der ökonomische Zustand der
{'indischen Bevölkernng. Der Krieg ist demSpeculations*
landel besonders gflnstig. Ueberdies fehlte es in dieser
Periode nicht an Veranlassungen zu Geldgeschäften. So-
wohl an jenern Handel als an diesen Geschäften nahmen
die jüdischen Handelsleute ganz besonders Theil. Geld
und Gut giebt Macht und Mutb. (Es wäre der Mühe
Werth, den Binflufs genau aussumitteln, welchen die
Juden in Deutschland und in ändern europäischen Staaten
auf den Nationaluohlstand gehabt haben und noch jetzt
haben. Er wird fast allgemein für nachtheilig gehalten.
Dennoch dürfte er auch seine Lichtseite haben Die
Staalswirthschaftsiehre hat schon so manche IrrthSmer
und Vorurtheile aufg^r deckt. Vielleicht kann sie auch
über diesen Gegenstand ein neues Licht verbreiten. Wir
wünschen, dals die Aufgabe auch in der vorliegenden
Zeitschrift nicht unerörtert bleibe.)
Alle diese Veränderungen mursten zugleich auf die
Sitten und das Betragen und auf die gesellschaftliche
Stellung der jüdischen Familien einen wohlthfitigen Ein-*
flufs haben. Dafs sie diesen Einflufs gehabt haben, kaon
Ree. wenigstens von seinen nächsten Umgebungen mit
gutem GewiSvSen bezeugen. Kr darf überdies aus meh-
reren Gründen vermntben, dafs man dieselbe Beobach-
tung auch anderwärts geuiacbt haben werde. Wenn msa
aus dem Schnluwinger auf die UniversitSt kommt, so
sucht man sich vor allen Diiigeu in seinem Aeufseren
'seinen neuen CommiHtonen gleichzusteliea.
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Der Jode. HerauHgt g. von Riesaer.
81»
Mit allen dief^em soll jedoch nur so viel behauptet
werden, dafs sich die jüdische iievöikeriing der deut-
schen Staaten im Ganzen, nicht aber, dafs sie »sich io
allen ihren Individuen gehoben hat DöCh wenn es auf
ien Höhen Tag^ wird , verbreitet eich die Helle nach
und nach auch über die iViederungen. Wenn auch die
Besseren und Besten des jüdischen Volks — und der
Herausgeber der vorliegenden Zeitschrift gewife am me^
Sten — darauf mit allen Kräften hinarbeiten werden,
diejenigen Stammesgenossen , welche noch keinesweges
anziehend sind , weniger abstofsend zu maclien, 8o mag
doch, was Einzelnen zur Last gelegt werden kann, nicht
Mafsregeln rechtfertigen, welche gegen die Juden über-
haapt gerichtet sind. Das ist ja eben der Streitpunkt !
Die Gegner der Juden sagen : Ihr se^rd eine Nation , ihr
seyd Fremdlinge, denen wir die Bedingiingen nach Ge-
fallen vorschreiben können, unter welchen euch der Auf-
enthalt im Lande gestattet seyn soll. Die StimmfUhrer
des jüdischen Volkes antworten : Wenn wir auch einer
andern Abstammung sind, als diejenigen, unter welchen
wir wohnen, so ist es doch unser fester Entsclilufs, mit
euch ein l)iirgerliches Gemeinwesen zu bilden. An un-
sere Abstammung knüpfen wir nur unsere religiösen Lieber«
eengnugen. Wir wollen in Zukunft — oder einstweilen,
bis dafs ihr erkennt, dafs wir uns auch dem Glanben
nach mit einander belreunden können, — nur eine be-
sondere Reli^iorisg'esellschaft bilden. Ist es nun nicht
ein Widerspruch , in weichen ihr euch verwickelt, wenn
Ihr euer Verfahren gegen uns mit unserer Nationalität
vertbeidigel, und gleichwohl Alles tbut, um zu vorhin«»
dern, dafs sich unsere Nationalität auf die Anliänglich-
keit an die religiösen Ueberlieferungen unserer V oreUern
beschränke? Die Gesetze dürfen und solieo die wider* *
teohtlicheu' oder- gefährlichen Handlungen Einzelner
bestrafen. Aber ist es recht und. billig, wenn man eine,
ganze Klasse von Landeseinwohnern unter eine strenge
polizeiliche Aufsicht stellt, weil Eiuzclneu dieser Kla^^c
nicht zu ti^ueo seyn mag?
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$1% Dar Ja4«. Ileraatgeff. von Eiew*
Doeb^ wenn Thalsadien in Frage eCehn, ist mltaU-
g'emeincn Jit^hauptun^en wenig; odm nichts getlian. Am
besten nbeizeri^t ii Zahlen. Ke<\ kann uenigstens eine
Thatsache, weiche gar sehr zum Voriheiie <ier Juden
fprioht, durch SSublen beglaubigen, Aua den trefilicben
Criniinaltabell^n, welche daa Groraherxoglich Badenacba
Justizministerium alljührfich bekannt macht, geht hervor,
dnfs, wenn jnan tlie Zahl der Vf^rbreclien and Verg"eben,
welche von Chnalen und welche von Juden im Grois-
herzogibome begangen werden, mit dem ZahlverbäUniase
swiachen der christlichen und der jüdischen Beydlkerung
des Landes vergleicht, die bei weitem g^eringere Zahl
auf die letztere kommt. — Wir wünschen übrigens, dafs
der Herausgeber der vorliegenden Zeitschriit, sowohl in
dieser als in andern Be2iehttngen9 auch auf dieZabl^lt^
Statistik seine Aufmerksamkeit richte, z.B. auf die Frage,
ob in dem und dem Lande die Zahl der Juden , welche
sich mit einem Handwerke oder mit den» Ackerbaue be-
schäftigen! in einer gewissen Heihe von Jahren zu- oder
abgenommen habe.
Gemfifs ihrem vielumfassenden Zwecke zeichnet sieb
die Zeitschrift durch die Mannigfaltigkeit ihres Inhaltes
aus. — Sie enthält z. B. Nachri( Ilten von den Landtags-
verhandlungen und den Gesetzen der einzelnen deutschen
Staaten, welche die Verhältnisse der Juden betreffea;
und es sind diese Nachrichten zugleich mit kritischen
Bemerkungen ausgestattet ^famentlich unterwirft der
Herausgeber die Verhandlungen der Stände in Baden,
(1831 ) in Baiern, und in Hannover, in so lern ai^ sich
auf jenen Gegenstand bezogen, einer Prüfung, diezwar
streng, vielleicht auch zuweileii eioseitig; abv nicht
bitter oder muthwillig ist. Eben so kommen in der
Zeitschrift mehrere Abhandluiig^en vor, welche einzelne
Tlieile <Ier Verfassung der jüdischen Gemeinden ins
Licht setzen; z. B. S. 15. eine Abh. über die Rabbinent
S. 106. eiue Abb« über das Schulwesen, ^i. hat. diesa
Abhandlungen mit besonderem' Interesse gelesen, da sia
so Manches enthalten, was deiu christlichen Publipuiu
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I
Wehnert, nb» 4. Prenfi. StMt«<»rg. u. $(MUi4iflaimcb«ft. 8Y1
\ieniß;er bekannt ist. Beide Abliuntllurigen siiul zugleich
für die eben so schwierigfe als inhaltsschwere Frnt^e vou
Wichtigkeit, oh und wie die Regierungen zur Verben-
leroog <le8 iaoerea Zu«l%odes der jttdischeo Gemeind«a
beitragen kdimen und sollen. Mao hat , (um dieae Be-
merkung mit einem Beispiele zu bestätigen ,) in einigen
deutschen Staaten cien jüdischen Gemeinden des Landes,
den einzelnen und der Gesammtlieit , eine Organisaüoo
gegeben, welche ein Gegenbiid 4>der ein NachbihI von
4er Organisation der chriallichen Reliffionegesellachaften
Aber vielleicht hat man sich nicht genugsam vor
dem Fehler gehütet, <lie jüdischen Rahbinen den christ-
boheo Geistlichen gleichzustellen. Die Rabbiner sind
Dur Schriftgelebrte, Ihr Elnflufa i^ dem Fortschreiten
des indischen Volkes schwerlich günstig; auf jeden Fall
diirfle es nicht gerathen sejn , demselben, der ohnehin
grofs genug ist, durch Staatso^esetze noch zu steigern. —
Auch Receusioneo giebt die ^Zeitschrift; z.B. eine Re*
ceasion von Jost's allgemeiner 'Geschichte des Israelit!«
sehen Volks. — Bndlich machen wir noch auf eine Bio«
graphie aufmerksam, (S. 182) welche dem frOhver- ^
storbenen Artbur Lumlej Davids, den Verfasser einer
Grammatik der Türkischen Sprache, zum Gegenstande hat.
Schllefslich wflnschen wir der Zeitschrift den besten
Fortgang, auf dafs sich der Geist, in welchem sie redi^*
£irt ist« immer weiter verbreite.
Vthtrßsn Gei$t ätr PreufiUckon Sta^UorgOMiBaÜQn und
Siaat^dien^rBchoft» f^om Begimrungtraih Dt, fVthnert
Potidam, hei Fercf. Rkgßi. 1833. 106 S, 8. >^
Die Sohrift enthält zuvörderst eine prüfende Dar*
«leliung der preursischeoStaafsorganieation, d. i. der Or-
ganisation der Regierungs- und Verwaltungsbehörden
der preufsischen Monarchie. Der Verf. vergleicht diese
Ofganisatioo mit den Grundsätzen, welchen die Organi-
4
1
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§11 WebiMri, ftb. d. Preaf«. Slftstiori;. n, Staatidienevaeliftf^
sation derSiaatsverwaltung in einimi jeden monarchischen
Staate entsprechen soll. Er zeigt im Einzelnen, dafs
und warum die preufsische Staatsorganisation mit diesen
Grundsätzen übereinstimme. Die Ausführung ist eben so
belehrend, als anziehend, auch für das Ausland, fiür
Mrelches dieser Theil der preufsischen Verfassung^ au8
mehr als einem Grunde der Gegenstand einer besondern
Aufmerksamkeit ist.
Dafs der Verf., ein erfahrner Geschäftsmann, die
preufsische Staaisorganisation aiis eigener Ei'fahrung kennt
md sie daher nach dem Leben schildert, hfaucht nicht
erst bemerkt oder versichert zu %verden. Dagegen wollen
w\r einige Stellen aus der Schrift wörtlich anführen, aus
welchen sich ergiebt, wie richtig der Verf. die Forde-
rungAi aufgefafsl habe, welche man an die Organisation
der Staatsverwaltung eines monarchischen Staates machisn
kann. „Grundregel einer wohiüberdachten planmäfsigen
Organisation der Staatsverwaltnng,*' sagt der Verf. S. 2,
„ist Erhaltung der Einheit bei unvermeidlicher Tren-
niing ; die Aufgabe ist, formelle Einfachheil mit- innerer
Lebendigkeit und organischem Zusammenhang zu yer^
bindi ii ; das Svstem besteht in durchg reifender Theilung
nach Heaibeziehungen , Centralisirung der Hauptm?issen
in den Händen Einzelner, und in hierarchischer Ordnung
der Mittet^ und Unterbehörden nach geographisch -ge-
bildeten Verwaltungsbezirken und in Wechselwirkung
' gesetzten Attiibutionen.** — „Das monarchische Priucip
in seiner edleren Bedeutung fordert Streben nach mög-
lichster Uebereinstimmung, um das Ineinandergreifen aller
Räder der Staatsmaschine zu sichern; im Mittelpunkt
vereinigen sich die Leitung und der IJeberblick, und
durch die Zwischenräder werden die verrcJiiedenen Stufen
in einer dem Ganzen anpassenden Be\vei;iing erhalten.
Die rationelle Ausbildung der Staatseinrichtungskunst
macht in iinserm Jahrhundert einen Hauptgegenstand des
öffentlichen Interesses und Nachdenkens aus; nach Ver^
edlung der Staatseinrichtungen strebt die Beweg-ung des
Zeitalters ^ mit dem Bestreben der Regierungen begegnen
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Wehnort, vib. d. PreoAi. Staatnorg. u. Stiattdieoerscliaft. 81S
sieh flie Wünsche der V ölker; und es kann für flie Sache
des reiuen Künigttiums nur Gewinn sejn, die 8egnung;en
einer aufgeklärten Staatsverwaltung^ und den Werth der
vom Monarchen ausg^ehenden organischen Einrichtungen
den Kraftäufserungen der aufgeregten Geister, die sicll
an der Grundlage der gesellschaftlichen Verbindung
selbst versuchen möchten, entgegen zu stellen. Keinem,-
der die Gesinnungen der deutschen Völker heobachtet
bat, kann es entgangen sej^ri, dafs der Sinn aller Classen
angleich mehr auf administrative Verbesserungen als auf
Verfassungsfragen gerichtet ist , dafs der wahren Theif-
nahme am Gemeinwesen in den Fortschritten der Hegie*
roogskunst ein reelles, würdiges, erreichbares Ziel dar*
gelmten wird, während die auf das Schrankenlose ge-
wendete Unruhe meistens fruchtlos bleibt.* Auf niesem
naturgemäfsen Wege kann sich die Staatsdienerschaft
berufen fühlen, in ihrem freien Wirken für die Interessen
des Staats die Höhe der Ginsicht zu repräsentiren , zu
welcher das gesellschaftliche Leben durch die fortschrei*
tende Bewegung der Geister vorgedrungen ist.'* Und
S. 5: „Die grofse F'rfahrwng von dem unzertrennlichen
Zusammenhange der staatsbürgerlichen Freiheit mit einer
nnerschütteriich begründeten Regentenmacht verbreitet .
immer mehr das Bedfirfnifs der Einheit und Ordnung in
derStaatsverbindung; und so wie die festbegrOndeteRe*
jfifierungsniaclit die sicherste Gewiilirleistung der bürger-
lichen Freiheit enthält, so ist a!ieh wiederum die <reord-
nete bürgerliche Freiheit <ler sicherste Triiger der He-
gfutenmacht Die wahre Freiheit ist nichts Anderes als
Herfschaft des Gesetzes; eine solche kann der Regent
am so leichter geben, als sie für ihn selbst Gewinn ist;
]ede andere Freiheit ist nichts als die Gewalt , eigen-
mächtig zu handein Keine Zeit war so erfüllt von dem
Drange nach Gesetzlichkeit, nach dieser einzigen wahren
Sehotzwehr rechtlicher Freiheit, als die neueste; diese
AnhängHchkeit und Ehrfurcht für das Reich der Ge« -
setze, die feste Ueberzeugung, dafs F'örst und Volk im
ties^tae i^usammentreffen und im Begriff des Staats UQ*
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§74 Welmert, ib. d, Preafii. SUfttiorg« StaftMieneracliar^
serlrennlich sind, ist die etsie Bediiigrungf des Flers der
Moiiai chieen , und von Seiten der Völker das Palladium
jiler rechtmärsigen Freiheit.**
iu dem zweiten Tbeiie der Schrift, (voo.S. 86. au,)
ist von der Stellung und von dem Charakter des Beara-
tenstandes in Preufsen die Rede. Die Verfassung wQr«
diget die Beamten nicht etwa zu blofsen !\la8chineo herab.
Sic haben viehiiehr, der V^erfasswng nach, diejenigfe
Freiheit des Wirkens, welche die Bedingung^ des wahrea
Patriotismus ist^ und das einzige/Mittei^ Geist und Leben
in der Staatsdienerschaft zu erwecken und zu erhalten.
Auch aus diesem Theile der Schrift wollen wir eine Stelle
(S. 91.) wörtlich anfuhren. „Mit diesen organische»
Einrichtungen ^teht die ganz eigeatliümliche Bedeutung
des preufsischen Staatsdienerstandes , als des gebildetsten,
geistig am meisten emaiicipirien Theile clor Nation, in
enger Verbindung. Wie ein zahlreicher Mittelstand die
Hauptstütze <ler Staaten ist, so wird wiederum eine den
wahren Anforderungen des Staatslebens entsprechend
gebildete Staatsdienerschaft der Kern und die Seele des
Mittelstandes ; in dem Stande der Staatsdieoer- stellt sich
im Durchschnitt der Fond der Nationalbildung, das gei*
stige Element des öffentlichen Lebens dar; und es wird
im preufsischen Staat nicht verkannt, dafs der Beamten-
Stand als ein tüchtiger Vertreter der in dem Volke woh-
nenden Bildung-« und Einsicht angesehen, werden kann,
dafs in der Beamten - Aristokratie der fähigste und talent-
vollste Theii der Slaatseinwohner, die eigentliche ideelle
Kraft des Volksgeistes zu finden ist. Der Mangel an
Brauchbarkeit und Tüchtigkeit fvr die Staatsgesohafte
aufser dem Beamtenstaode und im eigentUoheu Volk isl
so fühlbar, dafs man auch bei einer etwa Weiter gehende«
Elitwickelung des constiiutioneilen Lebens des Mittels
nicht würde entbehren können, vorzüglich Staatsdiener
zum Wohl des geeellschaftlicheo Zustandes in den Ständs-
versammlungen zuzulassen, und dafii diese gu tgesinntSt
den Gesammtvorrath von Gesobäftsübung in sich scblies^
sende Classe ohne Zweifel bald ein Uebergewieht über
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jtB« unpraktische Volksvertreter erlangten wOrde, die
sich €]urch nichts empfehlen, als flurcli t^rheuclielten oder
wirklichen Fanatismus für die wandelbaren Zwecke einer
repräsentativen Oppositionssucht.'*
Die Stelle ist so inhaitsichwer , dar« sie der G^eo-»
»laiHl eines äusfllhrliehen Commentars werden könnte.
Der ßeamtenstand ist in Prenfsen und in mehreren
anderen deutsi lien Staaten — etwas ganz anderes, als
er, um eine sehr nahe liegende Vergleichung zu wählen,
ii.B. in Frankreich iat. Zahlreich , gebildet und unter*
riehtety einet bleibenden und atandeeniftrsigeo Auskommens
sattsam versichert, von einem rühmlichen Korporations-
geiste belebt, mit der Nation mannigfaltig verschlungen,
bildet er unverkennbar eine Art von National repräsenta-
lien. Wenn die Einführung einer reiehsstädischen oder
einer Reprisentativverfiissung oder die einer solchen Ver*
fas8ung zu gebende Einrichtung in Frage steht, so ist
fiabei die neue Stellung , welche der ßeamtenstand du ich
eiae &oicbe Verfassung erhalten könnte , vielleicht eben
SS sehr, als das Interesse des monarchischen Priocigs, in
firwagan^ zu aiehn.
Wir glauben genug gesagt zu haben, um das Puhli*
cum auf die vorliegende treSliche Schrift aufmerksam
Zjä machen. ^
Schliefslich können wir den WuQSch nicht bergen^
(mf$m es auch unbescheiden ist, von einem Schriftsteller,
der so viel geleistet hat, noch mehr zu fordern,) daft
es dem Verf. gefallen haben möchte, sich auch über
Verhältnifa zwischen den Gerichten und den Kegie-
rungs« vod Verwaltungsbehörden zu verbreitea £$ sind
la dep neueren Zeiten einige Stimmen laut geworden,
welehe die Selbsfst&ndigkgit der preufsiscben Gerichte
in einigen Beziehungen zweifelhaft gemacht haben. Wir
^iind tiberzeugt, dafs die Sache auch eine andere Seite
habe, Auf jedea Fall hätten wir gewünscht, auch über
diesen Gegenstand vou dem Verf, belehrt zu werden^
Xac hariiL
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876 Janke, Abhandll. über Preufs. Städte-Ordnung u. a. w.
Abhandlungen über einige der wichtigsten Theile der Preufsischen StädtC'
Ordnung, Städte- VerwaHung und Kommunal • Verfassung. In Ver-
bindung mit Mehreren herausgegeben von J. K. Th. Janke, Dr.
der Phil, und K. Pr. Regier ungsrathe zu Berlin. Eine Zeitschrift
■ in zwanglosen Heften. 1. u II. lieft. Potsdam, bei Ferd. liiegel.
1833. 8.
Ueber den Zweck rlieser Zeitschrift erklärt sich der
Herausgeber so : Die Zeitschrift soll das Organ werden,
durch welche biedere Vateriandsfreunde ihre Erfahrun-
gen, Wünsche und Ansichten über die Verfassung und
Verwaltung der preufsischen 8(äd(e und Gemeinden (ins
Besondere über die k. preufsische Städteordnung) zum
Nutzen, zur Belehrung und Belebung aussprechen. —
Nach dem Inhalte der vorliegenden beiden ersten Hefte
zu urtheilen, darf Rft. hoffen, dafs es dem Herausgeber
gelingen werde, diesen wichtigen Zweck zu erreicheo.
Das erste Heft enthält mehrere Abhandlungen,
welche den Herausgeber zum Verfasser haben und, wenn
auch unmittelbar nur die Stadt Berlin , doch zugleich
Fragen von einem allgemeinen Interesse betreffen, z.B.
die Fragen von den städtischen Steuern, von der Gewerb-
freiheit, von dem Armen wesen. Wir wollen aus diesen
Abhandlungen, die übrigens Allen empfohlen werden
können, die sich (in Prenfsen oder anclerwärts) für die
Verwaltung städtischer Gemeinwesen interessiren , nur
Einiges herausheben. Die Einwohnerzahl hat sich in
Berlin seit 1815. von Jahr zu Jahr bedeutend vermehrt;
zugleich aber auf eine höchst bedenkliche Weise die
Armuth. (Der Herausgeber theilt zur Bestätigung der
einen und der andern Thatsache mehrere interessante
Data mit, welche aus amtlichen Berichten entlehnt sind.
Sie gehen jedoch nun bis zum J. 1828. Nach den poli-
zeilichen Seelenlisten lebten in fliesem Jahre innerhalb
der Ringmauern von Berlin 206,566 und aufserhalb der-
selben in den engeren Polizeibezirken der Stadt 15,10T
Personen, also zusammen 219,673, da» Militär nicht
mitgerechnet. Im Jahre 1815. betrugen die F^amilien
der Eigenthümer und Miethsleute 40,271 , im Jahre 1828.
Googl
aber 49,935. Vermehrung: 9664. Im Jahre 1815. gab
es nur ZIZ2 Familien, die Arinuthshalber frei von der
Kommunalsteuer wareo, iui Jahre aber 8556 solche
Familien. Vermehroiig: 6434. Demnach übertrugen
80081 15 Pamilieo «ioe dürftige; im J. 1828. mufsten
4^2 Familien die Kosten einer dürftigen Familie über-
nehmen.) Der Herausgeber vrrhrcitet sich ausfiihrlicli
ober die Ursachen dieser beätorgliclieu Zuaahuie der Ar-
woi und seine Ansichten verdienen gewib alle Beach-
tag, weonaie auch, der Natur der Sache nach, nichl
^gemein Beifall finden dürften. Die Hauptursachen
seheinen die im J. 1811. eingeführte Ge w er bsf reiheii
uad die von den Einwohnern zu entrichtende Armen*
taxe n se^n; doch sind wohl der Uebergang vom
Kriegmistande in den Friedenszusfand und das in allen
Iffofeen Staaten bemerkbare ZudrSngen zur Hauptstadt,
(wo Manche ein Eldorado^ zu finden glauben,) — viel-
leicht auch noch eine andere tiefer Hegende Ursache,
von welcher ich an einem andern Orte zu sprechen ge-
denke, kaum von geringerer Bedeutung. Auf die
erste dieser Ursachen, auf die Gewerbsfreiheit , scheint
UQs der Herausgeber zu wenig Gewicht zu legen. Wir
sind zwar weit entfernt, die Meinung derjenigen zu thei-
Ion, welche, (wie der Herausg. anführt,) diese Ursache
Ohr die einzige halten oder wegen dieser Folge der
Gewerbsfreihett die Wiederherstellung des Zunftzwanges
verlangten. Kein Gut ohne ein Uebel ! (Die Religion
ist unser höchstes Gut und doch — tatUum religio po^
UiU mtmdei*e malorum?) Wir geben auch gern zu,
4ab die jGewerbsfreiheit in den ersten Jahren nach ihrer
Einführung nachtheiliger, als in der Folge und nachdem
dgQe oder fremde Erfahrungen vorsichtiger gemacht
haben, wirkt. Aber das kann schwerlich geleugnet
werden, dafs das Zunftwesen ein Hemmnifs der Ueber-
tAlkerung und der Verarmung ist. Das ist vielmehr der
oiaiige Grund, mit dem das Zunfitwesen vertheidiget
Werden kann. Das Zunftwesen gewährt diesen V ortheil
^ar dadurch, daii» es die VervoUiiommnung
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hI8 Janke, Abhandll. libcr Prcufs. Stildte-Ordnang a. «. w.
der Gewerbe verhindert. Denn wo Gewerb^fiei-
heii besteht, da läuft der ältere Meister allemal Gel^hr,
seine Kondschaft über kurz oder Uber lang an den jOn«
geren und besser unterrichteten oder thätigern Meister
zu verlieren. Gegen dieses mit der Gewerbsfreiheit ver-
bundene (Jehe! ^iebt t s vielleicht nur ein einziges Mittel,
das in der Macht des Staates steht, — die Aufnahme
neuer Börger so zu erschweren, dafs nian nüt die,
Wielche ein verhalt nirsmliftig bedeutendes Vermögen nach«
weisen können , zuläfst. Wir wissen recht wohl , daft
Über dieses Mittel, als über eine Be^cliränkurrg' der
bürgeriiciien Freiheit, von gewissen Leuten, die sich
Freunde der Freiheit nennen, der Stab gebrochen wer»
den wird. Aber, indem man für die Freiheit streitet,
vergifst man nur zu oft der physischen Bedingunj[:;:en,
ohne weiche die äufsere Freiheit ein Unding ist. Jrdoch
die Armentaxe möchte gleichwohl die wirksamere Ur-
sache seyn. Auch der Herausg. klagt über die Unvoll*
kominenheil der diese Taxe und das Armeuwesen Uber*
hanpt betreffenden preufsischen Gesetze ; er fiigt zugleicll
mehrere beachtungswerthe V erbesserungsvorschlä'ge hin-
zu: Wir würden aber noch einen Schritt weiter gehn,
.wenn wir auch keineswegs die Schwierigkeiten verken-
nen , welche oian zu besiegen hat , sobald man eine MafiiH
regel, die man bereits ergriffen hat, wieder zurück«»
nehmen will. Eine jede Armentaxe ist ihrem
Wesen nach ein Uebel und ein gröfseres, als
dasjenige, welchem man durch sie abheifeo
will. Es ist bis jetzt wenigstens dem menschlichen Ver«
Stande nicht gelungen und es wird ihm schwerlich
gelingen, den nachtheiiigen Folgen einer solchen Taxe
und den von der Verwaltung der Taxe fast unzertrenn-
lichen Mifsbräuchen vorzubeugen. Warnend ist Eag^
lands Beispiel ; es ist bis jetzt dem vereinten Scharfsinne
der StaatsmSnner und der Schriftsteller dieses Lande!
nicht gegluckt, das Uebel zu heilen oder auch nur dessen
Fortschreiten zu hemmen. Ein Recht auf Wohfthä-
ligkeii macht Bettler. Aber, was an die Stelle einer
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Hak9^ AUiandll. über Pmf«. Städte^Ordmuiff u. t. w. 819
Armenlau setzen f Rehren wir zur Weisheit unserer
Voreltern xuriakf Bei diesen war die Arrnenpflegfe le-
diglich uud allein eine Angelegenheit der Kirche. Das
ist sie noch in mehreren deutschen Ländern, und das
sollte sie wohl flberall sejn oder bleiben.' Die Geistli-
chen kennen in der Regel die Mitglieder ihrer Gemeinde;
se ivis^cn zu den Herzen <ler vvohlHabendereii zu spre-
chen; eine Wohhhat aus ihren Händem empfangen, wür-
diget nicht den Empfänger herab, wie das von andern
Hfnden vertbeillo Almosen u. s. w.
Wir haben uns bei dem Inhalte des ersten Heftes so
hoge verweilt I dals wir den lohalt des zweiten nur mit
wenigen Worten angeben können. "Dieses zweite Heft
enthält: 1) Eine AbhaiHÜiin^ des Herausgebers mit
der Ueberschrift : Der Preufsische Städtebürger und
Stadtverordnete nach der Städteorduuog vom 19. Novbr.
1808. (Ein schätzbarer Commeotar zu diesem Gesetze
10 Beziehung auf die in den Gegenstand der Abhandlung
einschlagenden Stellen.) 2) Grundzüge einer ländli*
chen Kommunalordiiun^ für Preufsen. V^om Staatsrathe
Krause in f^rfurt. (Eine treffliche Vorarbeit zu einem
Gesetze. Durch die Mafsregeln wegen Auseinander-
seCzong^der ^utsherrlichen und bäuerlichelD Verhältnisse
ist auch hier der Weg zum Ziele gebahnt.) 3) Nach-
richten von <lefi neueren Sehicksalen <ler Stadt Königs-
berg. — ]q der Ir'olge wird die Zeitschrift auch Re-
censionen geben*
Zachari ä. '
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880 Sjiecuiaiive Philotopiile.
1) Hegels f' orlesung en iihcr die P kiloaophie der Reltf^^on,
ficb,^t eii^cr Srhrift über die lieweise vom Daseyn Gottes, heraus^e-
^cbtii von Dr. P h. M a i/t t i ne c k c. - Hände. Berlin 1832.
Z) Die Idee der Gottheit, eine philohouliiache Abhundlung; alg
wh$en$ehofiUehe Grundlegung 8u emer Philofophie der Beligion
von C. H. ti'eifse, Prof. ifar PhUotopMe «t der ümverntdi n
3) Die Grundlage der philosophische^ Religiontlekre
dargestellt von J. Th. A. Suabedissen p l^f* 'ti Marbtwg,
Marburg und Kassel 18'51.
4) J' Erichson, Professor der Philosophie 2U Greif swalde : tiber
'. die Theodicee, über das moralische und üst hetische
Üebel, Prohtemt der Tkeodiceef über den Knd»week
der fi^elt. Drei Hedem » zur Feier de» (rtburMages dt» Kbm^
. von Prvnßcn in den Jaktin 1880 — 82. gehalten an der ünivereliut
•tt GreiJ »walde^ , ^ .
Steherlich gehört eu den bedeiitendsCen Ersehen
Illingen der gegenwärtigen philosophischen Epoche (las
überall kundwerdende Bestrc^ben, den bisherigen Gegen-
satz von Glaubea uqd Frkennen völlig abzustreifen, und
auf dem Wege reiner VernonftrorschuDg die Religion zur
Wissenschaft za erheben. Wohl erkenn! man nämlich ,
dafs nur also die Heilung der vielfachen Zweifel und Spal-
tungen möglich sey, die jetzt nicht nur die wissen«rliaft-
lichen Theologen y sondern das innere der christlichen
Gemeine selbst «erreifeen ; d^fs nur ans der Klarheit freies
Brkennens eine lebendige und fortwirkende Erneuerung
wahrer Religiosität sich erwarten lasse. Weniger allgemein
möchte dageg*en zu;^estanden werden, dafs umgek( Int
auch die Speculatioa erst dann, wenn sie üasGemüth, die
religidsen Anfordernngen tief und ganz zu befriedigen
vermag, mit Einem Worte : wenn sie eine christliche
geworden ist in wahrem und lauterem Sinne, selbst formell
das Siegel der Reife und V^ollendung an sich trage. Dafs
übrigens in dieser Forderung die Würde des Gedankens
nicht gefährdet, derselbe vielmehr zu seiner höchsten
Vollendung aus nnd durch sich selbst aufgemähnt werden
soll , versteht sich ; und wie vielfach auch in dieser Sphäre
speculativer Untersuchung die Differenz der Ansichten
sey, über das Priacip reiner und unbedingter Forschung
selbst findet kaum irgend ein Streit mehr Statt .
' (Die Fort»e%9ung folgt,)
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■
Jl\ 56. HEIDßLB. JAHRB. o. LITERATUR. 1833.
Speculative Philosophie,
(Fortsetzung»)
' » ■ • *
Dagegen acheint man sich von manchen Seiten diese
endliche Versöhnung von Religion und Philosophie, und
die damit zusanimenhängeiide Vollendung der letzteren
näher vorzustellen , als sie wirklich ist. Man möchte den
Anfang für das Ziel, die erste Aussaaf für die Aerndte
halten, c|ie Einzelne, weil sie selbst an der Zeit sind,
flchon eimzQsammeln sieh anschicken. Ja mehr noch bilden
Andere sich ein, Feijg^en lesen zu können von den Dornen,
Qod Trauben von den Disteln; und so zuversichtlich
flanben sie, die eigensten und individnellsten Lehren in
ihren abstrakten Formeln eingefangen zn haben, däfs es
Noth thut, indem urir im Begriff sind, die oben ange^
führten Schriften Ober Religionsphilosophie zur verglei-
chenden Beurtheilung zu bringen, vorerst an den scharf
ausgeprägten Charakter des Christenjthums zu erinnern,
damit die abstumpfende , Auffassung und Auslegung des-
selben, die sich filr philosophische Behandlung giebt,
(larat^ gehörig sich contrastire.
Das Christenthum an sich ist gar nicht speoulativen
Inhalts oder hat die Absicht solcher Unterweisung. Das
Kosmogonische oder iVIjthisehe der ältern Religionen
schliefst es gerade aus; nur , dafs die Welt freie Schöpfung
des göttlichen Geistes und Willens ist, den Gedanken
der Urpersonlichkeit Gottes fiber der Welt hält es fest
Wid scheidet sich dadurch von jeder pantheistischen Re*
h'gion und Weltansicht. An den Menschen vielmehr ist
es gerichtet, und hegin nt lehrend eigentlich erst mit
ihm, wie er sich findet in seinem Selbstbewufstsejn und
Gewissen, im gesammten Verhalten zur Natur und zu
ach selbst, sey s im Einzelnen wie im ganzen GescUechte.
XXVI. Jahrg. 9. Hefl. 56
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9
Sil SipeciilaUve PhUotophie.
Hier kann sieh ihm nnn nicht verbergen das Gelühl der
tiefen Zerrissenheit und Ungenuge, aber auch der Schuld,
und, in dieser endlosen Verflechlung, der forterbeoden
Sünde. Auf der einfachen AnerketnitDifs dieses Faktums
beruht das Christenthuui. Dadurch erhSIt der Gedanke
einer Erlösung, Wiederherstellung erst Sinn uihI reale
Bedeutung, ist nicht blos Allegorie oder in Vorstellung
Sehülltes Philosophen!. Ebenso ist es dabei nicht out
er bioisen Idee, mit dem sul^ektivea Gedaukea einer
tirlSsung gethan, sondern Chnistus, diese Person, ist
der Bürge wie der Mittelpunkt für die Wahrheit der-
selben; und wie die Geschichte in Vergangenheit und
Gegenwart erst durch dies in ihr niedergelegte und sich
verwirkiicheutle Eridsuugselement Inhalt und .Bedeutung
empfangt ; so mflssen auch für die Zukunft prophetische
Weisungen die Gewifsheit seiner I orlwirkung und seines
endlichen Sieges bis an das Ende der Tage hinansführen.
Dergestalt ia sielt abgerundet, aber aus Lehre in Wir-
kung Stets hinübergreifend, ist das Christenthum etwas
durchaus Thatsä^hliches, sich selbst berührende und neu
erweisende Energie: es beruht auf der Anerkennung
freier Persönliclikeit , in Gott wie im Menschen, deren
iuuerfiter Verkehr mit einander die Sphäre seines gehei-
men offenbaren Waltens ausmacht Daraus ergiebt sich
der Begriff der Kirche, der Gemeine, des Cultus und
des Sacraments. Die erlösende Anstalt, auf Christum
und seinen Namen g^i iindet , ist die Kirche, die immer
siegreicher und tiefer diese ibrltisung in der Gemeine zu
VerMirklichefi hat; deren gemeinsame Heiligung durch
Lehr«, Erbauung, wechselseitiges Beispiel ihr nie auf-
Mireiidelr Oulfus ist Aber das Christenthum richtet stdh
an den ganzen, ungetheilten Menschen: auch sein un-
mittelbar leibliches Dasej'n soll geiveiht, von heilig^en-
dem Einflüsse durchdrungen werden. Dies ist die Idee
^ S^cmmeuts als Taufe miri Abendmahl. Aber die
ganze irdische G^genw«rt , die Ee1tlicbkeit,'ist «efbst
nur Bruchstück der Ewiglieit; lediglich in Bezug auf
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S|ieculativ6 Fhilo»opliie. (tö<i
dies«, als Vorbereitung auf das Himmelreich, isl dem
Irdischen Werth gegehw^ und ohne den ernst* und
urahrgemeinten GegeAnto eines Jenseils und Diesseits »
eines KOnftig nnd Jetzt ist der Charakter des Christen*
thuiiis dahin ! Hieran schliefst f»ich die Lehre von einer
innigeren Vereinigung mit Gott nach diesem Leben , oder
eiaer weitern Entfernung von ihm. Aber mth hier wird .
SeligiLeit und Verdammnifs an die ganze ungetheiite Per«^
sdnltchkeit geknüpft; es ist nicht eine yage Unsterblich«-
keit der Seele, noch wenijgfer eine abstracto Ewigkeit in
Gott : auch die Leibliciikeit ist unabtrennbar vom per-
sönlichen liasieja; sie ist nicht zufällige Hülle, sondern
£t unvertausclibare , ausgqirägte Wirklichkeit der Seele «
selber. Dies bezeichnet die Lehre von der Auferstehung
des Leibes, über welche die BegriflFe hergebrachter Auf*
kiärun«; wie bihlieri^er Speculation sich noch am wenig-
6teu haben zurechttiaden köaneu« .
Diese HaaptzOge reichen hin , um zu bezeichnen ,
Vorauf es uns ankommt. An sich ist nämlich durch das
btoise Zeugnifs, dafs Etwas christlich sej, über die ob« .
jektive Wahrheit desselben wissenschaftlich noch Michtt
totschieden; aber es handelt sich hier dayon, seinen
wesentlichen Gehalt nicht zu verlieren, welchen eine
rationalistische Auslegung wie eine abstracle Begriffgiae*
taphjsik fast gänzlich nivellirt nnd ausgeleert habe. Jene
hat allerdings sich selbst überlebt; aber an ihreStelle ist
neuerlich eine speculative Behandlung getreten) welche^
indem sie, wie sie sagt, jenen christlichen Inhalt denkt^
nicht blüs üb(M ilni denkt, damit zugleich behauptet^
ihn nach seinem objektiven Ii« stände erst gewonnen, ja
gerettet und wiederhergestellt zu haben. Die nachfol-
' gende Vergleichnng mag zeigen, ob dem in der That
also sey !
Niemand verkennt, dafs wir hierbei besonders die
ireligionsphilosophischen Arbeiten der Hegerschen Sciiule
im Auge haben. Indem wir jedoch jetzt die Darstellung^
des Meisters selbst besitnen , anstreitig das Wichtigste ^
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Speculative Philosophie.
was über diesen Gegea&taod seil laoge her efschknen
ist; mofs jener Vorwurf entweder bestätigt Ofler saruck-
genommen werden. Aber selbst im ersteren Falle soll
darin kein Tadel liegen, oder eine Anklage in gewöhn-
lichem Sinne. Mehr oder Anderes nämüch von einem
Erkenninifsstandpunkte zu verlangen, als er darzubieten
vermag 9 ist baare Ungerechtigkeit: nur sollte er selbst
sich nicht zumnthen, was er nicht vermag , arö wenigsten
jedoch über seine scharfgezogene Grenze hinübergreifen
wollen in ein Gebiet, was ihm schleclithin unzugänglkh
bleibt. Der durchgreifende Grundmangel der Hegel'-
schen Philosophie besteht darin ; mit der Idee von, Gott
. nur bis zum Begriffe des logischen'Processes, der unend-
lichen Weltdialektik gelangt zu sejn , ohne den wahr-
haften Begriff des absoluten Geistes, den der Persön-
lichkeit, zu finden ; überhaupt das grolse Princip, dafs
Alles Vernunft, Gedanke sey^ auf das Formelle
iler blos logischen Momente des Denkens zurückbrin-
gen zu wollen. So wie nun an einer andern Stelle ein-
dringlich gemacht worden, dafs, bevor die Philosophie
über diese abstracte Auffassung nicht gründlich und voll«
standig hinausgebracht ist, an eine Versöhnung derselben
mit Erfahrung, Leben, mit allen Richtungen der geisti-
gen Bildung nicht zu denken sey; und dafs gerade bei
diesem Punkte Hand an's Werk gelegt werden miisse zo
der rechten Fortentwicklung: so ist es der Zweck ge-
genwärtiger Abhandlung, das Gleiche in Bezug auf ihr
Verhältnifs zum Christenthum zu zeigen : nur eine Piii-
losophie, nicht des BegriflSes, sondern der Freiheit, kann
auch eine christliche werden. Audi in den FI e gel-
schen Vorlesungen über Religionsphilosophie tritt dieser
Grundniangel des Princips noch überall hervor, selbst
hier ist ihm Gott noch nichts mehr geworden^ als der
wohlbekannte dialektische Procefs der Idee : als Anderes
ihrer selbst sich entgegenzusetzen, diese ewige Selbst-
entzweiung eben so sehr aber wieder aufzuheben, und
SO» durch die-Aeufserlichkeit der Natur, zu sich selbst
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Speciilative Piiiiotoplue.
886
als dem Geisle zurückzukehren. Dieser unendliche Procefe
der Weh- mid Meiischwerduog GoUes ist die Schöpfung i
die Menschwerdung seine Personificatioo und sein Be-
wufstwerden, und tiies das höchste Ziel wie dab (jeheiainifs
a!les Daseins, und so auch des Chiistenlhums. Der
Gott christlicher Lehre isl dagegen der ewig per8Öo^
liehe: er hat geschaiBTen und sich offenbart , Mfeil er es
wollte; die Welterlösung ist nicht dialektischer Mo-
meot, sondern freie Gabe aü den Jreitiii IMciischeugeist.
Hiermit ist ein andere s (jJe hiet, eine neue, jenem For-
raalismus völlig unzugängliciie Betrachtungsweise eröfiiiet.
Zwar spricht Hegel oft davon, and auch in diesem
Werke ist es sein wiederkehrender Liebtingsgedanke : dafs
Gott nicht neidisch sey, dafs er sich und seine Natur
dem Menschen offenbart habe. Wie kann jedoch N eid-
los igk ei t dem nachgerühmt werden, der seine Gabe
sieht vorenthalten kann? Denn gleichwie der Begriff
des Grundes die weitere Bestimmung einschliefst, nnr
in seiner Folge sich su manifestiren und wirklich zu
seyn ; so liegt es im Begriffe dieses Gottes, sich zu of-
feubareu, falls man dies nämlich iiberhaujit noch Offen-
barung nennen mag: denn er ist selbst nur Mer sich
offenbarende Procefs; und Alles bewegt sich in. der Noth-
wendigkeit des apriorischen Begriffs, wie ein dialekti-
sches Rechenexempel ! So kommt er mit der vermeinten
Tiefe speculativer Auflassung eigentlich nur zu einer an-
dern Art rationalistischer Accom'mndation und Verwü-
8tung: die speciellsten Lehren und Aeufserungen Christi
mOfsten sich bequemen , nur im Sinne jener Begriffsab-
stiactionen ausgedeutet zn werden. Die Ei lüsunj"^ durch
das Christenthum , die künftige Seligkeit ist nur das ab-
strakte Bewufstseyn des Menschen von seiner Einheit
mit Gott , d. h. das Bewnfstwerden Gottes in ihm : das
Böse und die Sllnde das formelle Aufsergottsejn , die
unmittelbare Bcvvulhtlosigkeit des Menschen über jene
Einheit ; die Unsterblichkeit wird aufgefafsl als die
Ewigkeit des denkenden Geistes in Gott, das Himmel-
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M6 Slpeenlfttive PMl^otophie.
* . f s
reich und das ewige Leben als der Zustand fies zui Wahr-
heit gelangten Bewulistsejns in der Gegenwart. Noch
haltung^loser wird die Deutung, wenn selbst historische
Thatsi^en, wie der Tod uod die Anferstebyag Chri^U,
als MomeDle des Begriffes behandelt und liir die dia«
lektische Explication der allgemeinen Natur Gottes er-
lilärt werden: sein Tod für in Gottes Wesen g-esetzte
ewige Negation ) seine Auferstehung von den Todteu, als
der fernere Moment, diese dialektische Negation wieder
aufzuheben und sie zn überwinden. Hat je ein Doket,
ein Gnosüker willkührlicher und nüchterner allego-
risirt !
Dennoch steht, was nicht zu übersehen, wissen-
fichaftlich betrachtet der abstracto Begriff am ün-
fange der yollendeten Wahrheit, und nur durch jenen
ist auch zu ihr zu gelangen. Es ist nämlich der grofse
Gang speculativer Fortbildung, das Abstracte, als die
Grundlage, mehr und mehr in sich zu vertiefen, und
«ie selbst dergestalt zur Lebendigkeit und Freiheit fort-
jBUflihren. So ealhih auch jener Standpunkt die Wahr*-
heit, nur noch in ihren allgemeinsten Grundzögen ond
in halber Entwicklung begriffen. Und dies gilt auch
in vollem Mafse von der Hegelschen Beligionslehre,
welche nicht nur eine ächt speculative, sondern wahr^
haft religiöse Seite darbietet Daher auch das Gepräge
der hohen Resignation, ja der Erhabenheit, welches
veredelnd auf ihr ruht. Sie kann als vollendete Mystik
des Begriffes charakterisirt werden, nahe verwandt mit
der der Phantasie oder des Gemüths: auch sie macht die
Einheit der Seele mit Gott zum Mittelpunkte ihrer Lehre,
aber, wie dort phantastisch oder hlos gc fühlToü, so hier
nur abstract gehalten, und, worin eben das Wesen aller
Mystik besteht, nur noch halbentwickelt, und nicht zur
Freiheit und Freudigkeit lebendiger Wahrheit entfaltet.
Daher denn auch das Anziehende derselben und das Ab-
stofsende zugleich in dieser Verflechtung lind seltsamem
Wechsel Wenn jedoch, auch dem minder Kundigen
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Sl^ouiative FbÜMoplile.
^1
fühlbar) ein vetborgenei Gronilgebrecbeii nviß eio ge*
heimes Web das Ganze durchzieht , ja wenn es stellen-
weise in einem grellen Mifstone plötzlich hervorbricht:
»elbst fiit^i^er wird beschwichtigt durch die reine und
hohe Religiosität} welche als Gesinnung überall sic|i
offenbart, und so nahen wir dennoch mit anerl^ennendsr
Verehr iing und Dankbarkeit dem reichhaltigen Werke zu
deiseo näherer Betrachtung.
Der Plan des Ganzen ist mit bewundernswOrdiger
Kraft und Begrif&stetigkeit entworfen und durchgeführt.
Es ist ein Unternehmen so neu als an sich von der gröfsten
Bedeutung, die historischen Erscheinungen der Religion
mit dem Begriffe zu durchdringen, um sie theils in ihrer
scharfen Sondernn||p aufzufassen, theiis doch auch die
Eine, durch sie hindurchgehende Grundidee zu recht - ^
fertigen. Dennocli zeigt öich hier schon in der Auffas-
ßuiig der vorchristlichen Religionen , viel mehr noch
später, die Einseitigkeit des ganzen Standpunktes kennt*
lieh genug.
Als Aufgabe di«fier Vorlesungen wirc) bezeichnet
<U. S. 288.) I die Vernunft mit der Religion zu yerspb-
osn, und diese in ihren mannigfaltigen Gestalten als
Doth wendige zu erkennen. Religion ist — i^as als
abstraktester Ausdruck Wahrheit hat, — das Be w u fs t-
se^o Gottes; in unmitteibarer Weise alsGiauben;
Ml veimittelter, denkender, als Philosophie: wfMlurcb
dann mit Rei^hit der Religion wie jPhilosophie derselbe .
Inhalt vindicirt wird. * Nun kann jedoch die Religion
ihrem Begriffe unangemessen sejn; daraus eigiebt sich
ii«r dialektische Procefs:. dafs die dem Begriffe nicht
SQtsprecbenden Religionen ans sich selbst zur absp-
lutea Religion sich Tollenden noAssen» Dieser Foirtgang
des Begriffes ist zugleich das objektive Hervorbringen
der wahren Religion; der Geist der Weltgeschichte
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888
Speenlailve Philotopbiv.
real 181 rt eben jenen dialektischen Proceft^ und es ist
seine Arbeit durch Jahrtausende gewesen, ihn zu vollen-
den. (I. S. 119. 183. 184.) — So erheben sich schon
diese Fundamentalerklärungen nirgends über den Be-
griff des absoluten Processes cur Idee der Persönlich-
keit und einer freien Offenbarnng, weiche Bornirtheit
der Grundansicht im Folgenden nur noch härter und
abschneidender hervortritt.
Aber anch die einzelnen beschränkten Religionen,
wiewohl nicht entsprechend ihrem Begriffe, enthalten
ihü ueuigstens in sich; sonst wären sie Oberhaupt nicht
Religion. Sie sind nur besondere Momente des Be-
griffes: er ist da in ihnen, aber noch nicht als völlig
verwirklichter«
Die Unmittelbarkeit iät das Natürliche: daher ist
die erste, die Religion in ihrer Unmittelbarkeit, —
die Naturreligion ; ihr Staudpunkt — Einheit des
.Geistigen und Natfiriichen. Eine unmittelbare Existenz ,
Sonne, Thier, Flufs u. s. w«, wird als Gott gewufst.
(I. S. 202.) — Die niederste Form derselben ist die
Religion der Zauberei (S. 220 ff.), deren Wesen es
ist, daiis das Geistige absolute Macht über die Natur
habe. Dies ist zunächst jedoch nur noch das einzelne,
empirische Selbstbewnfiitsejn dee Menschen, der sich
höher weifs, als die Natur, und so durch Vorstellung
und Willen, unmittelbar (magisch, zauberisch) einwir-
ken zu können glaubt auf dieselbe. Dies sej die „äl-
teste" Weise der Religion, und ihre wildeste, roheste
Form« (& Abgerechnet, dafs hier und an andern
Stellen die ganz nnhistorische^ wiewohl in der Conse-
quenz des Priucips liegende Ansicht hindurchblickt , dafs
diese Religion, als dem Begriffe nach die unvollkom-
menste, auch die älteste seyn müsse: so scheint mehr
noch in der ganzen Auffassung ein Irrthnm zu liegen,
der weit in das folgende hinübergreift. — Nur da kann
noch von Religion die Rede seyn , %vo der Mensch
über sich ein Äilgewahiges erkennt, sich ihm unterwirf!^
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Spccolative Philosophie. 889
oder, seine Uebermacht anerkeniu ii<l , es wenig-stens zu
seioein Besten zu Jenkeo, für sich zu gewinnen sucht.
In dem Bewufetseyn magischer Gewalt des Meoscheo
über die Natur aas sich selbst) wie es hier darge«-
stellt wird , wäre daher das letzte Element des Religiösen
ausgetilgt. Aber der ganze Begriff ist überhaupt nur
aus falscher, dem Principe des Systemes aecommodirter
Auffassung hervorgegangen, wif nicht minder der des
Petischdienstes. (S. 237.) Bs giebt nirgends sol-
ches Bewufstseyn und Verhalten des Menschen zur Natur
Ueberau vielmehr , auch in seiner tiefsten Erniedrigung
und rohesten Gestalt, scheuet oder verehrt der Mensch
eine unsichtbare Macht, ein furchtbar Unbeiianntes , das
Ardemd oder stdrend plötzlich Aber ihm hervorbreehen
' kann. Dies nnentfliehbar beengende GefOhl des Menschen
ven seiner Abhängigkeit ist jedoch nur die erste rohe
Hülle, der Boden, worin die Ofienbarung des Geistes
Gottes ihm aufgeht. Daher ist jenem das Göttliche
noch ein Geheimes, Verschlossenes, schwer zu En trätli-
selttdes:' Alles droht ,^ weil es ein Unbekanntes ist; daher
jede ahnungsvolle Naturerscheinung, jedes merkwürdige
Geschöpf ihm Symbol dieser Macht wird, und so schafft
es sich Fetische, die Träger und gegenwärtigen Sinn-*
bilder jenes geheimnifsyollen Waltens. Aber eng ver-
bunden mit dieser superstitlösen Götterfurcht ist die
Th eurgie, gleichfalls ein' fast durch alle Religionen
sich hindurchziehendes Princip. Die Verehrung , der
Cttltus gewinnt und besänftigt die drohenden Gewalten;
da meint der blinde,, in Aeufserlichkeit erstarrte Sinn,
durch die Gebet- und Beschwörungsformel selbst diese
Macht sich unterwerfen , zum eigenen Dienste zwingen
zu können. So sind die Schamanen, die Naturzauberer
aljier Art Theurgeo im rohesten Sinne: nicht durch ihre
Persönlichkeit, ihr Selbstbewufstseyn meinen si^ Stürme
und Gewitter beherrschen zu können, sondern durch die ^ '
Zauberformeln, die sie erlernt haben, die durch alte
Tradition ihnen überliefert sind. Ueberhaupt ist die
V
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Speonlative PliilMO^I«.
auch Ton Hegel (I. S. 81tt.) angefilhrte Teinpelinschrift
zu Sais fler Schlfissel zu allen heidnischen Religionen,
zumal den roliesten und aberglaubigsten : „Ich bin, was
war, ist, und se;^u wird: aber meinen Schleier
bat noch Niemand gehoben."
Als die zweite Form der Naturreligion wird die
jüdische aufgeführt, die Religion der Phantasie.
(S. 275 ff.) Wir müssen es tief und bezeichnend nennen,
wenn von dieser gesagt wird , dafs sie zwar an das Hdchste
der Idee erinnere, aber antch die Verkümmerung an sich
trage , in der Zerflossenheit der einzelnen Göttergestalten
die geisti^sfe Einheit nicht festhalten zu können , wodurch
sie zur Miisgestalt des rohesten Aberglaubens herab-
sinkt. Wirklich sehen wir in Religion und Philosophie,
dafs , je wahrer ui|d liefer ein ErkeBnlnifsprincip an sieb
ist, aus seiner abstracten oder einseitigen Auffassung m
desto widrigerer Irrthum hervorgeht, wie auch gerade
die Verzerrung der edelsten Gestalt die grauenvollste und
widrigste ist. So wird in der indischen Religion, aufser
der pantheisttschen Grundlage: (Brahm ist Alles;) allss
Uebrige dnreh die Phantasie endloe and oberflfichlich
peisonificirt. Grofse Naturgegenstände, sinnliche Natur-
gewalten , geistige Leidenschaften oder Kräfte werden
phantastisch als die Belhätigungen Brahms aufgefafst;
und so entsteht eine nnendiichey wiUkilhrlich erdachte
und dem Spiele dev Phantame unterworfene Gdtterwelt;
welche wieder von der pantheii» tischen Abstractioo deä
Einen in Aiieni absorbirl wird.
Der Begriffsübergang yon hier ans niun Paraismns*
als der Naturreligion des Outen (S. 836, 3T. 342.)
ergiebt sich nicht ohne einige Härte. Brahm war
das noch Bewufäte und Bestimmungsloseste, die ab-
stracto Substanz. Diese mufs zur logischen fieibst-
bestlnunung fortgehen , und diese Selbstbestimmung Ist
das Gute. Das Gute jedoch in der Form der reiaeo
Unmittelbarkeit und Natürlichkeit ist Licht; iliesem
Steht der Gegensatz, das Bdse, als die FinsterDifs ge-
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SpMlatife riiilMopMa.
Ml
gtoiber, 6. w. — Wie indeb hier schon , io der Sphäre
der Natnrreligion, die tiefe ethische Idee des Oeten
! sich ergebe, ist in der That nicht abzusehen, und der
angenommene logische Fortgang frommt hier wenig.
Es ist eine der tiefsten Bestimmungen toq Gott, zu sagen:
die Macht ist das Gute, weshalb allein schon dem Par-
sliiniis ein anderes Begriffsverhältnirs hatte angewiesen
werden müssen. Der IIa um verbietet, auf das Einzehie
der Deduction , wie auf weitere Ausführungen einzuge-
hen; aber selbst äuCserlich beurtheilt kann die Stellung
dieser Religion, bei der Reinheit ihres Cultus und ihrem
I dsrchaus ethischen Gepräge, ewischen der Rohheit und
I Ungeschlachtheit indischen und ä<>^yptischeu Aberglau-
beos nur Widerspruch erregen. —
Die vierte Form ist die Religion des Ruthselsi
die äg-y p t isc Ii e. (8, 342.) Hier ist das (jiötUiche
I wieder die Macht; diese tritt jedoch in verei ti z eiieu
SubjeiitiTittten und Existenzen, an Menschen, Thieren,
I hervor: -es ist die Vermischung von Substantialitit und
i Subjektivität. (IL S.S.) In sofern die göttliche Macht
I in dieser Vereinzelung* erscheint , kann sie es nur im
Gegensatze mit den i^aturgesetzen ; hier ist daher der
Ort der W«nder, während dagegen in der indischen
ReKgion Alles wunderbar, phantastisch ist (8. 848.)
Doch ist es «las Höhere der ägyptischen Religion gegen
die persische und indische, dafs die Momente der Affir-
I luation und Negation des Lebens und des Todes, welche
io diesen auseinander fallen, oder als änfserlicher
lUmpf des Guten und Bosen., des Lichireiches mit der
I Piasternifs erscheinen, in jener zur immanenten Einheit
' des Subjekts vermittelt werden. Der Gott, üsiris,
stirbt, d. h. er giebt sich dies Aadersseyn selbst: die
Negation ist ihm eine immanente, und dies ist das H<^«
here. Die dritte Bestimmung zn diesem Schmerz und
IWde ist aber, ans demselben wiederaofzustehen.
Auch diese ündet «ich in der ägyptischen Reii<rio?i : Osiris
. ersteht ewi|; von dem Tode , und erscheint so als da«
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SpfcnUttTe Philotopbie.
freie Subjekt, als die unendliche Persdnlicb«-
keit (S. 354.55.) So sehen wir die ägyptische Religion
plötzlich zu den höchsten Begrifieii hinaiif^t klai t , deren
die Fhiiosopbie überhaupt fähig ist: wir tiudeo hier Be-
eiimmungen, wie sie bei der Aufiassuog des Todes Christi
gerade also wiederkehren , und schwer möchte esseys,
einen durchgreifenden Unterschied hierbei aufooweiseo.
Vielmehr müfste man nach der ganzen Lage der Sache
dem ägyptischen Symbole sogar den Vorzug lassen vor
dem christlichen, ueii dort der Gott in der VorstelluBg
der Gläubigen ewig stirbt und ewig wiederaufersteht,
der Gott in Christo jedoch nui' einmal! (Man \erg\,
auch, was über den Begriff des Strebens der Gottheit
in den alten Religionen überhaupt gesagt wird. (S. 3ä2
bis 859.)
Die zweite Haupistute ist die Religiuu der gei-
stigen Individualität : Gott fängt au, in die Subjektivität
einzutreten; er ist nicht mehr absolute Macht, sondera
Person, und der Gedanke ist das Herrschende uod
Bestimmende der Welt. Aber auch diese Stufe durch-
läuft mehrere Formen:
1) eines Gottes, der im Gedanken , die reine unsian-
liche Subjectivität ist. Gott ist der Eine, nur sich selbst
Gleiche , keinen andern neben sich habend , noch Etwas
duldend, was Selbstständigkeit hättet Er ist die Weis-
heit, die sich fortbestimmt zur Thätigkeit aus sich selbst:
er erschafft die Weit aus Nichts, aus reiner Allmacht;
es sind keine Kosmogonien, wo das Natürlich «Sinnliche
Gestaltung des Göttlichen ist. Dadurch werden aber die
erschaffenen Diuge etwas Aeufserliches, Unwesentiichei;,
in Nichts Verschwindendes, nur dazu da, um Gottes
Allmacht zu bewähren. Es ist die Religion der Erha-
benheit, das Judenthum, als deren Charakteristisches
es bezeichnet wird, dafs die Natur entgöttert, za
einem Werthlosen herabgesetzt ist ; Gott hat in ihr noch
nicht, wie in der Religion der Schönheit, der grie-
chischen, in dieser Aeufserlichkeit sein FürsichseyAt
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I
Speculatlve Philosophie. %9Z
seine wesentliche Verwirklichung. (IL S. 51.) Die
Einheit des Ideeilen und Reelleo isl in der jüdischen
Religion nicht nur nicht festgehalten, sondern ansdrück-
lieh negirt : Gott ist wieder in ein blofbes Jenseits hinaus-
geruckt.
2) Dies ergSnzt die Religion der Schönheit, in
welcher 'das Endliche und NatQr liehe verklärt ist im
Geiste, dadurch dafs es sein - Z e i c h e n wird ; wobei zu-
gleich das \alörliche selbst sich als die andere Seite,
als wesentlicher Moment verhält zur göttücheri Substanz.
Es ist daher wesentlich,* als freie Subjektivität in dem
Bfldlichen, als seiner Manifestation, zu erscheinen: dies
ist die Weise der präsenten Individualität, der Schön-
heit. (S. 102.) Aber jene Manifestationen der Schoulieit
md selbst mannichfacher Art; und so tritt sie in eine
Vielheit schöner Götterindividualitäten auseinander« Aber
ditrüber schwebt noch das Allgemeine als die selbstlose
Macht, weisheitslos nnd unbestimmt in sich, das Fatam,
die kalte Nothwendi^keit, welcher jene Gestalten der
Schönheit selbst unterworfen sind.
8) Diese absolute Macht roufs sich zunächst zum
absoluten Zweck fortbestimmen, zuvörderst jedoch
mit dem Mang-el , dafs er ein von Menschen g-esetzter,
iafserlicher , empirischer ist, der Staat und die Welt-
herrschaft; die Religion der Zweckmäfsigkeit,
£e römische. (8. 180.) Wesentlich ist, dafs sie bei dem
iafsern Zwecke stehen bleibt. Im Christenthum näm-
Bch ist es absoluter Zweck, dafs alle Menschen zur Er-
keaatnifs der Wahrheit kommen; da ist der Zweck ein
innerlicher, er nimmt das Individuum in sich auf und
nacht sich mit ihm identisch. Dort hingegen ist er
■ach äufeerlich, zwar absolut, abier nur in Form der
Gewalt, der äufsern Nothwendigkeit : die Freiheit und
(lie Rechte der Individuen werden vielmehr unterdrückt,
ist an sich die Forderung des Höchsten in ihr gesetzt,
aimlich Vereinigung des reinen Ansichseyenden nnd der
Zwecke; aber diese Vereinigung ist nur noch eine nn-
Digitized by Google
m
göttliche, rohe. (S. 132.) üie römischen Götter sind
daher praktisclie, nicht tlieoretißche , prosaische, nicht
poetische Gestalten, obgleich eben deshalb diese Stufe
an Brfindung iminer neuer Götter äni reichsten ist —
Hierauf folgt eine treffliche, wenn auch nicht durchaus
neue, Charakteristik des röniihchen Geistes in Heligioa
und Staat; und so wenig uns auch das Forinelle, der
dialektische Uebergang^ aus dem Vorigen genügt ^ 80
stehen whr doch nicht an , die weitere Ausführung dieses
Abschnittes für das Trefflichste des ganzen Buches zu
erklären.
So weit die Vorstnfen zur absoluten Religion,
dem Christenthume. Wir öberlassen es Andern, den
Plan und die Anordnung des Bisherigen nach ihrer wis-
senschaftlichen Berechtigung und der Wahrheit des In-
halts ausnihrlicher zu M^rdigen : uns mufsten kurze Ao*
deutungen genügen. Doch können wir die Stellung der
jüdischen Religion als blofser Vorstufe zur griechischen
und römischen nicht anders als unverträglich finden mit
der historischen und dogmatischen Entwicklung des Chri-
stenthums selbst In demselben Mangel der Grundauf«
fassung ist es auch zu suchen, dafe gerade die charakfe*
ristische Seite des Judäismus unberücksichtigt geblieben
ist: die prop heti scTie, wodurch es, selbst a?s nn-
vollendet sich hekeunenti, auf die Zukunft und deren
Vollendung hinweist. Dies unterscheidet die jüdische
Religion nicht minder Ton allen übrigen, als ihr urbild-
licher Begriff* von der Einheit Gottes, ihre erhabene
Symbolik des Schaffens durch das Wort, die Idee der
Allmacht, welches Alles Hegel selbst anführt, um e9
sich jedoch wiederum durch den ungehörig eingemischlea
Gedanken des Jenseits und Diesseits, der Nalurcntgdtte«
rang und dergl. zu Terkummern. Und so hätte eine
Religionsphilosophie, die in der That das Christliche
zum Mittelpunkt macht, vielmehr von der scharfen Son-
derung des Judenthums von allen Natur - und Phantasie-
religionen auazugehen, wodurch sich audi eine vdiUg
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Specttlatlve Philosophie.
895
veränderte Grundaosicht der letztern ergeben mächte. —
Endlich ist vom Herausgeber schon erwähnt worden,
dafii die nordische Mjrthologie nnd der Muhaimdanismiis
in dem Plane des Ganien fehlen. Wenn jedoch, wie
hier behauptet wird , alle Momente des Begriffes mit
dem Vorhandenen schon erschöpft se^n sollen ; so tödtet
ein überzähliges Glied die ganze Begriffsentwicklang in
ihrem Keime.
Aber der beengende Gesichtspunkt der speculativen
Gmndanslcht irüt in der Darstellung des Christenthnms
nur noch deutlicher hervor. Inders behaupten wir damit
nicht , (lafs die HegeFsche Ansicht ch sst^lben eigentlicli
falsch sey: Tielmehr enthält sie, wie jede wahrliaft spe-
kulative Auffassung, die ernste, tiefe Wahrheit, nur nicht
die ganse Wahrheit. Nicht was er positiv erkennt;
sondern wie weit er das Erkannte diirchflihrt , nicht was
er beliaiiptet, sondern zu wessen Behauptung er nicht
gelangt, was er jedoch, wegen des ausschllefsenden
Geistes seiner Philosophie, damit zurückweist und ver-
Uhignet, ist das Element des Irrthums in ihm. Er bleibt,
inrie schon angedeütet, ftberall nur bei der änfserlichen,
formellen Seite der Wahrheit!
Die Religion, heirst es hier von NeuM, ist das
Selbstbewufstseyn Gottes von sich : aber erst in der ab-
soluten ist die letzte Schianke desselben durchbrochen.
Indem der Mensch überhaupt nur von Gott weifs, ist
Gott zwar Bewufstseyn im Menschen, aber nur an sich,
Aich! für sich. Erst indem das endliche Bewurstseyn
sich selbst als Eins weifs mit Gott, ist darin Gott auch
für sich Bewufstsejn geworden. Es ist der absolute
Procefs Gottes, Sich Gegenstand zu seyn, aber in diesem
Unterschiede seines seihst 'Sich zu wissen, darin also
mit sich identisch za bleiben. Der Fortgang zur abso*
teten Religion ist selbst eben dies Thun, diese entwik-
kelte Lebendigkeit Gottes, sich zum Wissen seiner selbst,
zum absoluten Geiste zu macheu. Das Allgemeinste fafst
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806 Si^ttlative PMlAmpliie.
flieh darin als Eins mit sich im Concretesteo , und Gott
hat so sein Selbstbewufstseyn in der christlichen Ge-
meine. (II. & 15L ö2 & m U.6. w.)
Hieraus ergiebt sich die bekannte Deduction der
Dreieinigkeit. Die absolute Idee ist a) Gott an
sich, in seiner Ewigkeit, vor Erschajffung der Welt ge-
dacht; eigentlich eine Abstraction und, wenn dabei ste-
hen geblieben wird, eine Einseitigkeit: — das Reick
des Vaters. Aber Gott uuterschcidet sich 6) absolut
von sich selbst: seine Entzweiung. Dies ist die
Schöpfung, als Natur und als Geist. Aber erst iin Geiste
kommt er m sich -selbst, bereitet er sich die Versöh-
nung dieser Aeufserlichkeit : so ist er nicht in der
Natur, sondesn erst im Geiste, im Menschen, als der
Sohn bestimmt. — Diese V ersöhnung wird jedoch erst
c) in der Sphäre des Geistes erreicht. Das endliche
Selbstbewufstseyn, der Mensch 9 weifs sich darin ab
Eins mit Gott; Gott selbst ist Person, Ich geworden;
die unendliche Versöhnung des Al^g^n^^^n^"
creten, näher des Menschen mit Gott, und damit das
Ziel, der absolute Zweck der Schöpfung ist voll-
bracht. Diese Verwirklichung und Ausbreitung ^es gött^
liehen Seibstbewafstseyns , die geistige Gegenwart
Gottes in cler Gemeine, ist die l^hätigkeit und das
Reich des heiligen Geistes. —
Dies ist die speculative Grundlage und der eigent«
liehe Inhalt des Ciuistenthums : alles Uebrige besteht
in weitern Expositionen und Anwendungen desselbee.
Wir heben noch eioaseiue charakteristische Züge dara^
hervor.
?
(Die Fortietxung folgt.)
I
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N^ 57. HBlDfiLB. JAUUB. d. UitiHAi ÜA. 1833.
Speculative Philosophie»
(Fortaet s un g,)
Gott Ui aicht blos die abstracle Identität des ersten
Moineals, soodero auch der uneadliche Uotefeebiedi
aber aoch dieser nicht uoversöhnt mit sich und von sich
abgefallen, sondern auf dem Gipfel dieser Entzweiung, '
im iVIeiisclien , stelU er sich wieder her, und wtifs sich
darin als Eins. Diese sich ewig unterscheideode und
darin bei sich bleibende Thätigiieit, diese uneodiiche
Totalität macht Gott zum Geiste. Es ist dies das „ S p i e 1
der ewigen Liebe*' mit sich selbst, wodurch es nicht
2U1 Krnsthaftig^keit des Andersseins, zur wahren Tren?
nuiig und Entzweiung kommt. So ist es grofs und wahr-
liaft gesagt, wenn es hcifst: ^ott sejr die Liebe;, aber
man mufs nicht stehen bleiben bei dieser einfachen Be-
stimmung, sondern sie analysirön. IS» liegt eben
darin — die Entzweiung;, die doch keine Entzweiung
ist, der Unterschied Zweier, die für einander doch nur
Eins sind , der ewig sicli treutiende , und doch darin als
lilios sich wissende absolute Procefs! — Schwerlich
jedoch möchte mit solcher „Analyse** auch nur ange-> ^
streift seyn an das, was im christlichen Sinne göttliche
Liebe hei fst, wo Gnade, Erlo^iiing, Erbarmen, kurz die
persöniichsteu Eigenschaften der höchsten Persönlich-
keit gemeint sind. Was hat damit das hohle Spiel jener
Selbstliebe «oter den Gegensfttzen des absolntenPro«*
ccsses zu schaffen? Soll sie nichts mehr seyo, als das
Unabweisliche einer exakt durchgeführten dialektischen
Rechnung in Gott? An diesem einzigen Zuge charakte-
risirt sich der Hegelianismus aufs Vollständigste. Wer
etwa Brod des Lebens von ihm erwartete, dem. reicht er
Stein, die regelrechte Crystaltisation seines logischen
Formalismus, und damit jede Erinnerung an einen per-
XXVL Jahtg. 9. Heft. 57
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896 Specnlative PIpUosophie* .
sönlichen Gott und eine freie Ofleabaruiig verstumme,
werden alle darauf deutenden christlichen Lehren unge-
echeat in's Abstracte sttrackrersetzt , und die Bedeutung
des Thatsächlicheo , Coacreten , Vollen ihnen ausgemer-
gelt. Es ist ein vollständiger Entleerun g^procefs des
Christenthums, den wir nun Schritt vor Schritt zu be-
gleiten gedenken.
Der -Mensch ist an sich, dem Begriffe nach, gut,
iveil «r Gottes Ebenbild ist; aber doch sugleich auch in
seiner unmittelbaren Natur btee, weiter nur ^lurch
Entwicklung der Freiheit aus seiner Substanlialität heraus-
treten kann : er mufs für sich selbst erst werden, was
•er an sich schon ist. (S. 210 ü.) üarin liegt aber der
Begriff der Freiheit, mithin iler Gegensatz des Guten
fid Bdsen, der hiernach an jedem fiümtelnen zu seiner
risis kommt« Dies geschieht dadurch, dafs er aus der
Natürlichkeit, der Selbstsucht seines Willens heraustritt,
Und mit der Allgemeinheit des Willens, seiner Veroünf-
ligkeit 1^08 wird. Die fernere Dialektik dieses Gegen-
gatees ist scharf und vortrefflich durchgef&hrt ; aber es
ist auch hier nur der dialektische Gegensatz. In der
Wurzel nämlich und nach der Schärfe des Begriffes
bleibt der Unterschied des Guten und Bösen lediglich
ein theoretischer./. Als blos Sich wissend, ohne
m^h darin als Eins zu wissen mit Gott, ist der Mensch
böse. Versetzt er dagegen sich in das- Bewufstsey n
dieser Einheit, so ist seine Versöhnung, Wiedergeburt,
Erlösung vollbracht ; die sittliche Umschaffung des Ge-
mQtlis, die eigentliche Wiedergeburt, wird dabei von
Hegel keines weges in Abrede gestellt ;# aber das Pnocip
isl zu abstfact-ohomSehtig, um sie ^ntsoheidemt in deo
Vordergrund zu stellen. Aus gleichem Grunde wird
(S. 244.) dem Spruche: „Liebe Gott über Alles und
den Nächsten wie Dich selbst;" überhaupt Allem, was
als moralisches Gebot ängesehen werden kann', lind waa
deh tbeils schon fm AUen Testament , theils auch io
andern Religionen finde, ausdrücklich die Lehre vorgfe*
zogen: „Trachtet am Ersten nach dem Reiche Gottes/*
V
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SpecnlattTO Philoiophi«.
dh.: Werft Euch unmittelbar in die Wahrheit, v«r«
setzt Buch schlechthin in die intelleciuelle gei*
nil^e Welt,'* was eben nichts Anderes ist, denn jenes
(abstracte) Sich als Eins wissen mit Gott? Und mit
wie warmer lie^eisterung der Verf. hier und an andern
Steilen das Erhabene 'dieser Einsicht andringlich in
machen weife: dennoch kann man nicht umhin, sich Ton
einem kalten Hauche angeweht sn fühlen, wenn man anf
die Eisfelder zurückblickt, auf welchen man sich zu
solcher Höhe erhoben, und auch hier nur — Eis um
rieh erblickt!
Ferner wird als Hauptlehre der absoluten Religion
heryorgehoben : dafs die Seele nnsterblich sey« Aber
noch hier bleibt iiber den ei^nrentlichen Sinn dieses Aus-
spruches kein Zweifel übrig, indem die nachfolgenden
Bestimmungen liinzutreten. Das freie Subjekt ist unend-*
UchesPursichseyn, fther die Endlichkeit , Abhängigkeit,
Aber ttufsere Umstände erhaben, von Allem schlechthin
20 abstrahf ren Uhig. Das Subjekt hat hierdurch abso-
lute Wichtigkeit, ist wesentlicher Gegenstand des In-
teresse Gottes; denn es ist die reine Gewifsheit
seiner in sich selbst; es ist zwar abstract, aber abstractes
An und Ikr sich 8eyn, Dies kommt in der Gestalt vor»
«lab der Mensoh als 6<^1st unsterblich ist
Dies mufs aber nicht also vorgestellt werden, als
wenn die Unsterblichkeit erst später in Wirklichkeit
trSte; vielmehr ist sie seine gegenwärtige Qualität;
der Geist ist ewig:^ also schon deshalb gfegenwärtij^s
lllr ihn als den Oenkemlen, ist das AH gemeine 6e^
genstand ; dies ist seine Ewigkeit. Der Geist hat nicht
in seiner Natürlichkeit zu verharren, sondern er soll sich
zum An und für sich se^n, zur Allgemeinheit er-
heben, und diese innere Ewigkeit ist seine ^^Unsterb-
Nehkelt.*' Der Mensch ist durch das Erkennen nnsterb-
Uch ; denn nur denkend ist er keine sterbliche, thierischo
Seele, ist er die freie, reine Seele u. s. w. (S..219. 20.)
Dies ist nun ohne Zweifel eine werthvolie, aber ganz
distmete Einsicht: der Begriff der apriorischen
Digitized tjy Geogle
900 Speculative Phiiosopliie.
Ewigkeit ist mit der höchsten Scliärfe ausgesprochen
worden , und es ist ganz richtig , zu behaupten , dafs
der Geist, indein er aUgemeioe Widirbeiten erkennt, d.h.
indem Idas Allgemeine in ihm znm Selbstbewurstseyn
lioinmt, damit an sich selbst die Sphäre des FJwigen
' betreten hat: er lebt in der allgegenwiirtigen Welt ewiger
Wahrheiten. Und wie es ein logischer Widerspruch
. wftre, zn behaupteo, dafs etwa fler mathematische Be-
griff des Dreiecks sterben , oder die reine Idee des Guten
ader der Freiheitals ein einzelnes Ding vorgefunden und
irclisclier Zerstörung unterworfen werden können: ebenso
widersinnig ist es, die Einsictit eines ewig Wahren im
erkennenden Geiste mit den Begriffen der Endlichkeit
oder Sterblichkeit in Verbindung zu bringen. Deshalb
hat aber auch diese Betrachtung nicht das Gnifemteste
zu thun mit der FVage nach der Fortdauer der geistigen
Persönlichkeit, und Hegel hat hier, wie viele seiner
Vorgänger, zwei ganz entlegene Begriffssphären mit
einander verwechselt, die des apriorisch £wigen,
und der unendlichen Zeitdauer: nur diese, der indi^
viduellen Seele zugeschrieben , heilst ihre Unsterblich-
keit; jener Begriff dagegen kann zu einem versuchten
Beweise derselben Nichts beitragen und .ihm Nichts ent-
ziehen : es ist ein ganz anderes Gebiet weit epeciellerer
Fragen und Betrachtungen. Dennoch ist zuzugeben,
dafs Hegel weit weniger unbefangen in diese Verweclir
selung gerathen ist, als frühere Denker, indem er offen
genug ausspricht, dafs Unsterblichkeit bei ihpi etwas
ganz Anderes bedeute, als man gewöhnlich dem Worte
beizulegen pflegt; denn die Individualität wird hier
vielmehr absorbirt und verschlungen in der abstracten
Ewigkeit des geistigen Processes. Er hat eigentlich nur
das Wort: Unsterblichkeit aufgenommen ids äuisere
Decoration seiner Lehre; weshalb er denn auch nicht
unterläfst, an allen Stellen, wo es vorkommt, den Aua«'
druck: Ewigkeit ihm zur gehörigem Rectiflcation bei-*-
zufügen. —
Der Mittelpunkt chrisUicher Lehre ist jedoch tUe
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SpecQlaiive Pliiloiophle.
Saheii der göttlichen Natur und der menschlichen in
Christo, wodurch der Betriff ilesSohne» Gottes erst ein-
zelne sinnliche Realität erhält (IL S. 231,) Dies ist für
die Anschauung; das unmittelbare Zeugnifs und die Ge*
wifeheUy dafs die Versdhnang; zwischen Gott und Mensch*»
heil 10 dieser einzelnen Person, die da Mensch zugleich
und Gott ist, Tollbracht sej. Der sinnlich erscheinende
Gott ist Christus : dies „Ungeheuere," was dem V erstände
schlechthin widerspricht, dessen Nothwendigkeit aber
gezeigt worden, ist in ihm vollbracht. Es ist darin
fiiktlsch ausgedrückt : dafs in der ewigen Idee das An-
derssein keinen Eintrag thue der Einheit, die Gott ist.
238. 39 )
In der Lehre Christi wird ferner unterschieden,
dafs sie Anfangs nur als abatracte in sich concentrirte Be-
hauptung, in eincelaen Aussprüchen energischer Parrhesie,
mithin polemisch, ja revolutionär auftreten konnte, wäh-
rend sie erst später, nach dem äufsern Verschwinden
seiner Person, im Bewufstsejn der Geraeine entwickelt
und vermittelt werden konnte. Als Kirchenlehre
konnte sie also erst nachher allm&hlig ihre äufsere Vol«-
lendung erreichen. — Aber seiner Lehre ist auch das
Schickisal , das er als endliches Individuum gehabt hat,
hinzuzufügen: er ist Mensch mit aller endlichen Bedürf-
tigkeit; aber die besondern Neigungen, Schwächen,
wettlichen Ihtereeaen desselben bleiben ihm ferff, weil er
schlechthin In der Wahrheit ist, weil er in der Endlich-
keit des Erscheinens dennoch Gott bleibt. So raufs er
auch das Leos der endlichen Naturen auf sich nehmen:
zu sterben. Aber Christus ist zugleich den gesteigerten
Tod des Missethäters gestorben ; die Menschheit ist an
Hun auf dem änftersten Punkte erschienen. Daran offen«
hart sich aber die furchtbarste Paradoxie: „Gott ist ge-
storben; — Gott selbst ist todt." Dies ist der finch-
terlichste Gedanke, dafs alles Ewige, alles Wahre nicht
ist, die Negation siebst in Gott eich findet. — Aber
gerade hier tritt die Umkehrung ein': Gott nämlich erhält
Hch in dieser äufsersten Negation , nnd steht wieder auf
Digitized by
* SHcalaliv« Philoiophi«.
zum Leben; womit die Neg^ation diefler Ne^atioA, der
Tod des Todes an ihm vollbracht Ist. Dies ist die
Auferstehung Christi. „Die Auferstehung; gehört we-
«entlieh dem. Glauben an: Christus ist nach seiner
Auferstehung nur seinen Freunden erschienen ; difse
iet niciit^ äufseriiche Geschichte fttr den 'Ungflau-* *
ben, sondern nur ffir den Glauben ist diese Grschei«
nung," (S. 249. 50 )
Indem hier eine Begebenheit, welche sich zu einev
bestimmten Zeit und unter bestimmten Umständen ereignet
haben eoH» als die nothwendige SxpUcation def
Nator Gottes selbst gefafst wird, haben wir nur eine
einzige Frage zu thun : Behalt jenes behauptete Factum
des Todes, die Auferstehung, factiscbe Wirklichkeit,
oder ist es nur Symbol, Allegorie» mythiseile IlftUe
jenes Philoso|ihenn8 ? -Die «nietet angeÄbrten WoM
fcdontea dergleichen verborgenen Sinn allerdings vermu-
then lassen: doch müssen wir diese Auslegung verwerfen
in Betracht anderer Stellen (z. B. : „Die Bedeutung der
Geschichte ist, dafb^ es die Geschichte Gottes selbst ist.
Gott ist die absolute Bewegung io sich selbst, die det
Geist Ist, nnd diese Bewegung ist hier an dem In di.
vidtto Torgestellt;'* u. s. w. S. 255.) Aber dadurch
wird die BegrijfFeverwirrung nur norh grofser ; denn
nach dem Sinne der Lehre ist jenes Sterben Gottes und
seine Auferstehung daraus etwas Immanentes, ;£iwiges^
unendlich Brneuertes : es ist der Proeefe der nbnolutea
Selbstentäufsernng Gottes in die Weh, und ihrer Zurück-
nahme in den Geist. Warum bedarf Gott deshalb noch,
im Individuo, dies Schicksal zu erleiden, oder im
£inzelnen dies sgrmbolische Spiel mit sieb selbst sü tral«>
benf Dagegen gehalten verdiente tust der Osirismythoft
den Vorsng; denn er ist klar in sich nnd bezeichnend:
jedes Jahr stirbt der Gott, aber bei der wiederkehrenden
Fruchtbarkeit der Natur steht er wieder aum Leben nut
Hier ist wirklich die ewig wiederkehrende Tbat der
Belebung das Symbol mgleich nnd die faetisohe Bewfth-
rnng der Macht des Gottes.
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Sjpeculalivc Piiiiasopliio.
Natürlich k«uin es uns nicht eiiifallea, Heg eis
Rechtglau bigkeit in Frage zu bringen; nur geseigt
werde» y wie bei dem beetäodigeD Ruckubereetzeo histo-
riseker Lehreo dee ChristendiMms los Hohle und Ab-
fitracte, gerade um der überall dabei zu Tage gelegten
Orthodoxie willen, eine Sprachverwirrung entstehen
müsse, die um so- störender ist, als demjenigen, was
dort etwas durchaus BesUmmles bezeichnel, hiar überaii
sofort eio ioderer 8ion, ein quid pro quo, stillschwei«
gend untergelegt wird.
Von dieser unwahren Grundauffassung abgesehen,
ist jedoch fmi durchaus vortretilich , was im dritten Ab«
schnitte: vom Reiche des Geistes (S..2ä1 ß.) ab-
gehaodclt wird. Dia abeolote Idee im Momeate des
Geistes stellt sich in der Gemeioe dar: es sind die
Subjekte, die im Geiste Gottes btelien, denen aber jener
Inhalt, als göttliche Geschichte, gegenüber steht, die
fbrnnaoh den Glaiibea daran haben aoUen. Hioraiis
satsicht
a) ffcar Begriff der Kirchenlehre, welche eunichst
als Autorität gilt und so verbreitet wird : bei dem Be-
stehen der Gemeine ist die Lehre schon fertig, und es
ist in ihr schon enthalten und au%eesigt, was am Indi-
vidttum als solchem hervorgebradit werden soll.
6) Aber das Individunm ist, selbst noch bewufstlos,
dazu bestimmt , dieser Wahrheit theilhaftig zu werden.
Dies spricht die Kirche im Sacramente der Taufe aus.
Er sey nicht im Elende geboren, und werde nicht eine
feindliche Weit antreffen , sondern er habe sich der Ge-
pnne nnr anzubilden, die aJs sein Weltzustand schon
vorhanden ist — Aber der Mensch mufs zweiiii.il ge-
boren werden: das natürliche Herz, worin es befangen,
ist der Feind, d^n es bekämpfen mufs. Der reale
Schmern seiner Unaogemcasoidieit iaa Verhältnisse zu
Gott ist ihm indessen, wenn nufcb nicht erspart, doch
gemildert V denn er hat sich das dargebotene Element
tler Wahrheit in der Kirche nur anzueignen. (S. 270 ff.) • —
Das Letzte dieser Sphäre ist aber der Genufs dieser
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Aneigoiing , der Gegenwart Gottes : dies ist dasSacra-
menl des Abendmahls, in welchem dem Menschea
auf sinnliche Weise das Bewofstseyn seiner Versöhnung
mit Golt, und (las Einkehren des göttlichen Geistes in
ihn gegeben wird. Die lutherische Vorstellung desselben
wird übrigens als die einzig tiefe gebilligt. (S. 27&.)
c) Der GeisI hat sich endlich jedoch lur allge«*
meiilen Wirklichkeit m realisiren. Dies enthalt su-
gleich die weitere Entwicklung,, Portbildung und üw-
-Formung der Gemeine. Die göttliche Wahrheit tritt in
ihr dem ßewufstsejn zunächst als eiu Anderes entge-
gen, das als Autorität dem Glauben verbleibt, oder durch
Apdacht dem Einzelnen angeeignet wird. Aber dies ist
. theils etwas Aeufserliches, theils etwas Vorübergehendes,
Schwindendes: der göttliche Inhalt, die Wahrheit, wird
nicht absolut gewnfst, sondern nur vorgestellt; ihr
'GenuTs zerrinnt in ein Vormals der Erinnerung oder einen
jenseitigen Himmel der Zukunft. Der Geint aber
hat sich schlechthin als die Gegenwart, als erfttilte
Wirklichkeit zu begreifen: jedes unklare, trObe, nur
in der Vorstellung oder Sehnsucht liegende Jenseits
fioU aufhören. So mufs die Weitlichkeit zum Gepräge
des Geistes umgeschaffen werden. Die Wahre Versdh-
nnng, wodurch das Gdttüche sich im Gebiete der Wirk*
lichkeit realisirt, besteht in dem sittlichen und rechtli-
chen Staatsleben: dies ist die wahre Subaction der
Weltlichkeit. (S. 279.) Dann hat aber auch die ideale
Seite, der Glaube , sich zu entfalten und zu reinigen.
Die Religion in der Form der Wahrheit und Nothwen-
digkeit ist aber Philosophie. Eist darin ist die christ-
liche Wahrheit vermittelt, gerechtfertigt, schlechthin
bei sich selbst ; alle verworrenen Vorstellungen eines
Dereinstigen , erst noch zu BrfQllenden, sind verschwun-
den. Die Welt und in ihr die Gemeine sind selbst dtf
realisirte, manifestirte , gegenwärtige Gott, in seiner
vollen Wirklichkeit. —
Und so begegnet uns noch am SchluSvSe eine tiefe
Wahrheit, verflochten in die alte einseitige Harte. Hegol -
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SpecnittlUe PhiloKophie.
wei9t hierdurch, wie durch seine ganze Philosopliie mit
Recht alle Jenseitigkeit des PJvv igen zurück , irrul besteht
auf der AÜgegenwart Gottes A'ie auf der Einheit de«
fiwigeo und Endlichen, In dem Sinne, dafö das Endliche
eben dtts uneDdlich Schivindende , Nichtige nnr die Er-»
flchetnung »ey. Dies ist die wahre, tiefe, eben so spe-
culative wie religiöse Seite seiner Lehre, und diesen Sieg
des Begriffes durch alle Instanzen durchgesetzt zu haben,
macht die grofse ßedentuog derselben aus. Aber damit
UiigDet er zugleich aus blo8 formellem Mifaverstande ein
gerade bestätigtes Jenseits anderer Art und Verwechselt
Begriüf^, die in entgegengesetzte Sphären fallen. Er
verwirft die Idee des Himmelreichs, als eines Derein-
stigen und Zukünftigen , und in den abstracten Begriff
der Wirklichkeit sich einengend, zertrümmert er damit
Ar Christeothum wie Speculation den andern Grund-
pfeiler der ganzen, umfassenden Wahrheit. Weil Gott
schon im Irdischen sich oliefd)art, und es Nichts giebt,
als seine Wirklichkeit und Otienbarung : so bleibt die
Gegenwärt darum doch nicht die höchste Gestalt der«
selben; «nd weil der Mensch schon hienieden seiner
Bridsang und Versöhnung mit. Gott Tersichert seyn soll
und kann, und aus dem Geiste wiedergeboren; so mufs
dies darum nicht- als Vollendung, als höchste Staffel
seiner Seligkeit gelten, and alle Verheifsungen des Chri«
8tenthums sich nur an der, so oder anders beurtheilt,
inuner verkümmerten Gegenwart erschöpfen ! Wenn wir
vielmehr frei von der Selbstbornirung^ eines mangelhaften
Systemes oder einer ein^^eitio ( n fTan)aufklärung den Men-
schen in seiner Tiefe auffassen; so findet sich das Cha-
rakteristische, dafs gerade das Höchste an ihm mit ge*
hrimer Trauer und Sehnsucht gemischt erscheint, dafs
selbst Liebe und Andacht, die reinsten ßlüthen seines
Dasejns, dies Gefühl der Ohnmacht des über sicli Hinaus
Verlangens an sich tragen. Nicht Sich sucht und hofft
er im angestrebten Jenseits wiederzufinden, sondern; ein
uaendlich Hdheres und Besseres'; und dies ist sogar die
Wurzel aller religiösen wie geistigen Entfaltung* Der
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McDSch iB seinem Ciefsleo SeitotbbwttfsUejro zeigt eicb
als halb?olleadete8, 'mithin ahnendes, sehnsüchtiges We-
sen; und wie dies der Schiiissel zu einer lebendig^ea
Psychologie ist, so kann auch die Religion, die an ihn
als einen Solchen sich richtet, nicht verstanden werden,
ohne diese Einsicht gegenwärtig au erhaiten. —
Haben wir es nöthig gefunden, das Wahre und Tiefe
in diesem \\ erke schail abzuscheiden von dem V erfeiiltea
und alsciieii , von Beidem jedoch als gemeinschaftliche
Mutter die Consequenz des Principes erliaant, welches
Hegel mit scharfer Klarheit durchaofUhren bemfen war?
so verliert dadurch das Werk selber Nichts von ' seiner
Wichtigkeit und B^fleutung, vielmehr wird diese nur
genauer iixlit durcli die vollständige hinsieht, was jenes
Erkenntnifsprineip zu gewähren vermöge, und was durch*
aus nicht! Und so wollen wir nicht abschrecken, son*
dem aufmahßen zu einer selbstständigen Anffassungf dar
hier niedergelegten Ansichten, die besonders fÄr jeden
wissenschaftlichen 1 lieologen nicht ohne die bedeutend*
sten Anregungen bleiben kann. Denn auch nach unserer
Ueberzeugung bedarf die Theologie jetzt der kleen,
der Tiefe, nicht nur des Gemftths, sondern a«eh des,
Gedankens , der speculativeu Behandhing. Dies kann
nicht besser g-efördert werden, als durch scharfe Sich-
tung der Principien, Klarheit über die Gonsequeozeu
eines jeden Standpunktes^ nnd die Einsieht, was dar
gegenwärtig herrschenden speculativen Bildung weseat*
lieh noch fehle. Uns kam es darauf an , diese Einsicht
auch an unserm Theile zu fördern, nicht aber die leeren
Wortgefechte zu erneuern, die von Leuten ohne rechte
. Jb^insicht angefacht, desto endloner fortgesetzt waidan
können, als sie selbst, possirlich 'genug, andemwahrai
Pnnkte der Conlroverse immer vorbeischlageo.
Für die Letzteren erwähnen wir deshalb noch beson*
ders des Anhanges von Hegel: über die Beweise
* vom Uaseyn Gottes; welche ihnen Uber die von uns
anger^te Streitfrage allerdings Licht geben könnte Die
bekannten Schnlbewrise ftr das Daseyn Gottes bedenten
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I
ftSmIich nach Hegel nichts Anderes, als die Entwick-
lung und Erheburi|[r des Be\vii(«stKeyns aus seiner Un- ^
mittel bar keit zum Denken, und darin zum Denken
des Ewigen. (S. 800. 301.) Uiese Erhebung könne
«alweder vom Seyn siun Begriffe, oder vom Begriflfe zum
Seyn fortgehen. In erstcreni Falle führe das Rewufst-
se^u des Zufall if^cn , endlichen Sejns auf die Gewi fsheit
eioes nothwendigen, ewigen; — dieii der kosinolo-
Ifisobe Bewei§: die ürkeontnifs einzelner Endswecke
erhebe i^ieh zur Eiiwidit ei nee abcioluten Bndzwecke ^ ~
tler tel eoloö^ische. In zweiter Beziehuog , indem vom
reinen Be^i^rifte der Wahrheit und Wirklichkeit ausge-
gangen werde, darin also BegriO und Wirklichkeit 2MI-*
Mmnenfalle, enMeheder ontoiogieche Be%veis. Ihnen
«Hen liege dber die allgemeine Bestimmung zu Grunde, "
dafs das unmittelbare, endliche Bewulstsejn sich in sich
seibfit aufgeben nuifs, um sicii zur Wahrheit, zum
Beoken des Ewigen zu erheben« Uätte nun Hegel
den Inhnil dieeerv wie ee echeini, gelegenllichen Be-
IreobUing volletlindig auezuAhreo und in dae Ganze eelne« «
Sjstcmes einzureihen versucht; ihr Platz wäre nur vor
der Logik ^^cwesen, als die wesentlich einleitende Vor-
wisscDSQhaft derselben , wodurch er derselben zii-.
gleich einen tieferji und weeenhafteren Anfang gesichert
ttftle, als die leere Dialektik des Seyns = Nichte, Diese
immanente Selbstentwicklung des Bewufstseyns, und darin
der Beweis, dais io der vermeintlichen Enciiichkeit ein-
zeiaer Dinge und Gegenstände selbst nur dae Absolute,
Blrige^ als ^aa unendlich sich offenbarende, erkannt
«erde, diese ^akehr in die allgegeuwirtige, aliyersdh*
sende Wahrheit ist nämlich die laaggesuehte erste
Philosophie (ph, prima); und es ist merkwürdig,
dafs Hegel am Ende seiner Lautbahn wenigstens indi-
lekt hingedentfit hat auf diese wesentliche Ergänzung .
«nt Erweiterung' selBea jeweilige« Standponlttes.
(Die Forttetsung' folgt.)
«
t '
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ilM Utwng W«ir VI. Von Bebreit.
Herzog Weif VI., letster weißscher Siammh0rrjn SüädßmU^hland
und teine Zeitgenossen. F, IV.'Behrens^ Htnogl, BrmnmelM*
DuirieUgerichts ' Auditor w Braunsehweig* BrawMekwtSg
Gedruckt in Her zog i. H^mBenhaue-Buehdruckerei. XVI u. 276 & 8.
Es ist eio eigenes Uagllick, was kaom irgend eise
ahllere Wissenschaft mit der Geschichte theilt, dafs sie,
wohl ihres uaiien Anschliefsens an die allg^emeitien Ver-
häknisse des Lebens wegen, von allen auch nur einiger-
niafsen wisseoschafilich Gebildeten, gleichsam wie eio
Gemeingut angesehen wird , %velclhes man nach Ge£aliea
bebauen und benutzen könne, auch ohne sich ^ineft be-
sondern Rechtsgriind für dessen Ausbeutung erworben
zu haben. ' Dem verdanken wir es, dafs, was in anderen
Wissenschaften in dem Grade wenigstens gewifs unerhört
ist, Leute, die auch nicht die geringste Mühe, nicht
die geringste Zeit auf das Erwerben der stir geschicht-
lichen F^orschung nöthigen Vorkenntnisse gewendet haben,
so bald sie die Lust anwandelt, sieh unter der Zahl der
teutschen Schriftsteller zu erblicken, rasch und monter,
ohne Besinnen^Darstellungen geschichtlicher Gegeastfiode
in die Welt senden,^ und dadurch fast jedes Jahr die
geschichtlichen Schriften der Zahl nach zur gröfsten
Masse hinauftreiben, mag sonst der wirkliche Gewinn
eines solchen Jahresertrags auch noch so gering gegen
die Früchte an andern Zweigen des Baume» Wissenschaft*
lieber Brkenntnife seyn.
Zum Theil tragen davon die Schuld aber gewifs mit
die gar zu glimpflichen Urtheile, die nur zu häufig über
" solche leichte Erzeugnisse der geschichtlichen Literatur
gefillU werden« Denn wenn ein Schriftsteller der oben
bezeichneten Art mit Anwendung des iiiöglich geringsten
Pleifses ein recht oberflächliches iin<l seichtes Büchlein
in die Welt geschiekt hat, und er min selbst fürchtet,
es möchte doch vielleicht Jemand sich unterfangen, zu
sagen, dafs das Werkchen eben ein recht oberfiächlidiee
und seichtes Bflchlein sey, so sucht er diesen harten
Tadel gewöhnlich dadurch von sich im Voraus abzuwen-
deu, dafs er erklärt, er verzichte- auf den Ruhm selbst*
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Uersog Weif VI. Von BeJireni.
standigfer, gelehrter Forschung, diese anziistrlien habe •
gar nicht iu seinem Zwecke gelegen , sein Buch se^
Bichl für Gelehrte rom Fach hesümiiit, der Ktasse von
' ff
Lesero, ftr die er geschrieben, werde dieee Forschung
(loch nichts nutzen, es komme da nur auf die zueck-
juälsige ßenutzung des schon von Anderen Erforschten,
Mif deutliche Darstellung, übersichtliche Anordnung,
aosprechende Schilderung und dgl. an, — > und was die
Mjebten Ausreden weiter sind. Die Beurtheiler 'aber
«od dann gewöhnlich auoh menschenfreundlich genu^,
diese Ausrede gelten zu lassen , das ^.choii jg-ezückte
Schwerl entsinkt ihrem mitleidigen Arme, und die Er-
kiirung der offenkundigen Nutzlosigkeit des Werkchens
Ysrwandelft sich wohl gar in eine Anerkennung, dafs der
llr. Verf. den bescheidenen Ansprüchen , die er selbst
nsr an sein Werkcheii gestellt, vollkommen und auf eine
höchst anerkennuugswerthe Weise genügt habe. Kef. ist
aber der Ansicht, dafs eine solche Milde höchst unzeitig
lad dem Gedeihen der .Wissenschaft selbst höchst nach-
theilig ist. Sage man doch ja nicht: ,,Ei nun, wenn
eia solches Werkchen keinen Nutzen bringt, so bringt
es doch gewifs auch keinen Schaden, und man kann ja
den Verf. also seine unschuldige Freude gern gönnen/' —
Jene Schriftchen sind keineswegs so unschädlich , als es
scheinen möchte, der Nachiheil, den sie der Wissen-
schaft bringen, ist grofs genug. Erstens, und das ist
schon oft genug gesagt worden, da es gar zu deutlich
ia die Augen föUt, ^erstens verderben sie den Geschmack
ta ernsteren, streng wissenschaftlichen Werken, da ihre
Verff. bei der geringen Achtung vor der Wahrheit, von
der sie gewöhnlich beseelt sind, leicht ihren Schriften
einen gewissen Glanz der Dichtung verleihen können,
den seinem Werke zu geben der gewissenhafte Forscher
im Dienste der Wahrheit verschmäht. Leicht bewirken.
mt daher, dafs jene ernsteren Werke neben den ihrigen
tfeoken und unerquicklich erscheinen. — Dann, wenn
üas auch nicht der Fall ist, so stillen sie wenigstens
eben so gut. den Durst nach geschichtlichen Darstel*
Digitfzed Google
910 Heraog Weif VI. Von Behrens.
Innren, und Mancher, der ohne das Bestehen jener
leichten Werkchea an den ächten Queileo der Wahrheit
seinen DoraC geldscht hätte, |rill gar nicht au ihnen
heran , weil er durch jene schon befriedigt nnd gesättigt
ist. Endlich, nm nur noch das Eine aufzufilhren, bei
dem ärmlichen Zostande unserer wissenschaftlichen Lite-
ratnr, wo bei der beschränkten Theiinahme an wirklich
gründlichen Werken , nur die ungetheilte Unterstützung
derer, die dafür noch Sinn und Liebe haben, das £iv
scheinen solcher, Seht wissetischaftlicher Werke ohne
Opfer von Seiten derer, die sie der Wissenscliaft dar-
bieten wolieo, möglich macht, — bei diesem ärmlichen
Zustande unserer Literatur verschliefst ein solches ober«*
Ilächliches Werkchen gar oft dem besten Buche über
denselben Gegenstand den Weg Kunl Tageslichte, und
dieses stirbt vor der Geburt, weil die durch jenes Zwit-
tergeschöpf getheilten' Kräfte nicht hinreichen , auch
noch dem ächten Kinde der Wissenschaft zum Leben zu
«yerheifen. Also gewifs ist es nicht gleichgültig, ob
solche leichte Schriftchen von Tage zu Tage sich mehren,
und es ist eine wahrhafte Pflicht, zum Nutzen und Ge-
deihen der Wissenschaft die gutmüthige Nachsicht bei
Seite zu setzen und, so viel durch rücksichtslose Darle-
gung der Untauglichkeit dieser Büchlein möglich ist,
von dem Herausgeben ähnlicher, die Wissenschaft nicht
fördernder Compositionen abzuschrecken. Dies mag Ref.
entschulfligen, wenn er für die Beurtheilung des in der
Ueberschrift genannten Werkchens einige Seiten dieser
Blätter in Anspruch nimmt, die er sonst gern der An*
seige werthvollerer Schriften offen gelassen hätte.
Die Leser dieser Blätter , denen die Schrift des
Hrn. B. noch nicht selbst vor die Augen o;ekomnien ist,
werden aus diesen Vorbemerkungen schon schliefsen,
dafs ihnen hier nieht ein Werk von wissenschaftKchM
Werthe, nicht das Brgebnifs gründlicher Porsobangen
vorgelegt werden wird. Diese Vermuthung wurde auch
der fluchtigste Anblick des Rnches selbst ihnen bald fast
8ur Gewifsheit erheben, wenn sie beim Dorchblättern
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Uersog Weil VI. Von Behrent.
911
desselboD zutäiiig^ auf die ßemerkuogen des Hro. Verft:.
ttiefsen, die auf seine Ansichten von Queiienforsehung
und bisloriflche Kritik für die Geschichte des -MittelaUerii
ichlieTsen lassen. Ref. fBhrt daher einigte davon , die
ihm gerade wieder in die Augen lallen, auf, ehe er sich
zur Betrachtung dessen wendet , was diese Art von For->
icfauog deno wirklich zu Tage gefördert hat«
So Keigen uns gleich die ersten Worte des Hrn. Verfs.,
seine Ansichten von Qnellen j^eines Geg^enfsfande« und
von dem Werthe derselben, und wir erfahren dabei
iiebefiher auch, wie deutlich ersieh den Zweck des Ci^
tireas Ton Belegsteilen in historischen Darstellungen ge^ "
Bweht hat
Das Werkchen beginnt nämlich gleich nach dem
Titel, Dedication n.s. £ S. 3. folgendermafsen :
„Der Verf. erfDilt "vor Allem die strenge Pflicht jeder
Geschichtschreibun^, die Quellen der erzählten Thal-
sachen nachzuweisen. Doch mufs sich diese Nachwei*
rang besonders des Raumes wegen auf die wichtig-
sten (!) und vorzüglichsten (!) früheren (I!)
Berichte beschränken, und diese können hier gleich im
Eingange deshalb genannt werden , weil gewifs <Ier
blofse Geschichtsfreund es gerade nicht bedauert, die
meisten Belege einzelner Thatsachen an ihren eigentlichen
Stellen im Fortlaufe der Geschichte selbst zu vermissen
and es dem forschenden Kenner lieber seyn mufs, sie in
ihrem ganzen Zusanuncuhauge in den Quellen selbst auf-
zusuchen, eine Mühe, die, was vorausgesetzt werden
darf, durch genaue Kenntoifs der Zeit sehr erleichtert
wird.**
Nuü kommen die Titel folgender Werke:
1) Ollom jPWsaiyciisis chrmicon und libb* de gesth
BrUierici I. cum contmuathne RadeokA ; 8) ;
ie & Btasio; — 8) Canradi de Lichienau abbati»
l^rspergenhis chi^onicon; — 4) Sigismund F'eyerabeuds
Turnierhuch ; — 4) Helferich de eomttum Suev. polat.
TtUnng.famiUa; — 6) Leutneri Aisl. monaaierä if eaaO'
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nt Hwwog Wdff VI. Von Belwaif .
fontani; — 7) Arscaii Sulgeri unuales XwiJuUenses ; —
8) Lucä Grafensaal; — 9) Leihnitzii Scriptores verum
Brunsvicensium ; darin : Anonymi Weingarten8i6 hisloria
de Gue^ et chronicon a Chr. n. uaque ad ann, 1197;
— LadisL Smdhebn; — O/Ao ei Aoerh. Morena; —
Ms er. Stemfradcnse ; — Excc, ex Arcnbcchii chro-
nico ; — 10) Mural ori delle antichitä Estenst ; —
11) OrigineB Guelficaef — 12) SatUer Geschichie.voQ
Wuriemberg. s
Weniger wundern wird man sich Qber diese wirklich
possierliche Zusammenstellung freilieh , wvnn iiiaii erst
die Anmerkung S. 56. gelesen bat : „Die Geschichte der
Rheinpfalzgrafen von Toüner und die Orlginee Guelficae
setzen Gottfried'« Tod in da§ Jahr 1148, gegen welche
Angabe aber ein anderes Werk Bedenken erhebt. ^ Denn
das von Marquard Freher, einem sehr gelehrten und
fleifsigen Geschiclitsiorscher herausgegebene Chronicon
haureshameh8€y weiches jene Quellen an Alter
fibertrifft und daher auch wohl, obgleich diese Fol-
gerung schon manchmal getäuscht hat, In seinen Be-
' richten zuverlässiger seyn möchte," u, s. f. .Also Toll ner,
die Origg. Guelßeae und das Chron, Laureshameuse l
Denn was hat Freher mit den Angaben <les von ihm und
bekanntlich nicht von ihm allein herausgegebenen Chron,
Laureshamense zu Ihun f Wahrlich eine wat^re Parodie
auf geschichtliche Kritik, die freilich aufser der obigen
Zusammenstellung unter Anderem auch noch 153. ein
Analogon findet, wo Hr. B. schreibt: „wie unter Anderen
Otto von Freising, der Mönch von Weingarten und Leib«
nitz sagen.** Unwillköhrlich ist Re£ bei dieser Art vou
Quellenkritik, namentlich bei dem ernsten Untersuchungs-
tone des Hrn. Verfs. in der oben angeführten Anmerkung
das Sprttchwort eingefallen : ^£r hat läuten gehört, aber
nicht zusammen schlagen."
(Die ForttetMung folgt,)
V I
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f
#
ü'. 58. HEIDELB. JAUHB..O. LITERATUR. 1833.
Herzog Weif VI. Von Behrens.
m
( F o r.t e t s un g»)
Doch nun auch etwas über die Resultate dieser boa-
derbareo Arl toq Forschang, die in der That so ausge-
fiülen sind , wie die Leser dieser BiStier sie nach diesen .
vodäutlgen Notizen erwarten werden. Zwar ist nänalich
gar inanche Ai)g^al>t; des Hm Veifs., manclie einzelne
Erzählung richtig Das wird Niemand wundern. £s
fiebt, was so den Gang der Geschichte im Allgemeinen
betrüBTl, so gute und ziemlich zuverlässige Vorarbeiten
(wohin z. B. die Darstellungen der Schicksale Heinrichs
des Stolzen, Welfs selbst und Heiiaiclisi des Löwen im
zweiten Bande der Origines Gueljlcae gehören ^ die der
Hr. Verf., wie er S. ä. selbst sagt, vorzüglich benutzt
hat), — dafs man durch deren Benutzung, auch ohne
die Quellen selbst zu studieren, eine wenigstens zum* '
grofseu Theile richtige Erzählung zusammi nsetz( n kann,
und so viel hat der Hr. Veif. denn auch glücklich zu
Stande gebracht^ — aber eben so viel wenigstens, was
er erzählt , ist auch nngewifs , ^heil weise falsch oder
geradezu unwahr.
Um mit möglichster Raumersparnifs einen hiniei-
chenden Begriff. von der unzähligen Alen«;e einzelner ,
Irrthümer zu geben, die in Hrn. ß.s Buche sich finden,
will Ref. etwa 3 Seiten aus der Mhte desselben nvillkühr-
lieh herausheben und ihren einzelnen Angaben nach etwas
genauer durchgehn, daraus wird man tluich eine ein-
fache Multiplication so ohngetähr einen Uebeischlag
▼an der Zahl solcher Irrt^ünner im ganzen Buche be-
komaen;
Wir nehmen dazu die Seiten 85 bis 87, wo mit der ^
Thronbesteigung Konrads des Dritten eine neue Epoche
ia der Gesciiichte des weifischen Hauses beginnt,
nvt Jaliig. 9. Heft. 58
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914 Herzog Weif VL Von Behrens.
Hier heiist e§ :
„Dem Herzoge von Schwaben, Konrad von Staufen,
bahnteo jetet (nämlich nach Lothars Tode) der Neid
und die Mifsganst, welche in aller Stärke gegen das
Weifenhaus aufwucherten, den Weg zum Kaiserthrone*
Hier ist erstens „Herzog von Scliwaben** durchaus
falsch. Konrads Vater bekleidete diese Würde wohl,
aber Konrad nicht, denn nach des Vaters Tode eriiielt
sie Konrads alterer Bruder Friedrich (Oiio Frismgenm
hist. Frideriei L I. c. 10.) und behielt sie bis zu seineui
Tode, wo sie sein Sohn Friedrich der Rothbart von ihm
erbte, (ibid. l. I. c. 39.)
^Neid und Mifsgunst u. s.f.'' als Grund der Wahl
Konrads- ist, am Gelindesten ausgedrückt, schielend inid
lange nicht erschöpfend : schielend , — weil die Abnei-
gung der Fürsten gegen ileiiirlch natürlich und nicht
unverdient M'ar; nicht erschöpfend, — weil aufser jenem
Grunde noch manche andere Ursache für Konrad mit-
■ wirkte. Hätte der Hr. Verf. die Quellen gekannt und
\ nur ganz einfach wiedergegeben, was sie selbst aus-
drücklich über die Ursachen von Konrads Ueherwiegen
sagen, so würde <iies hingereicht haben, Jedem diese
. Ursachen völlig deutlich zu machen. Man würde sehen,
dafs ein Hauptgrund allerdings die Uebermacht war, die
Heinrich schon als Herzog von Baiern und Sachsen besaff,
deren weitere Vergröfserung die Fürsten natürlich für
ihre bisherige unabhängige Stellung besorgt machen
mufste. Man würde aber zugleich auch finden,^ dafs
Heinrich selbst durch sein Betragen (was Hr. B. wieder-
holt gegen die ausdrücklichen und unverwerftichen Zeug-
nisse der Zeitgenossen zu beschönigen sucht) das Gcwidit
dieses Grundes aufserordentlich erhöhte, indem er ira
Gefühle seiner Macht die Fürsten stolz behandelte , und
vielfach, namentlich auf Lothars zweiteimZuge in Itelit«n,
, beleidigte, den Thron gleichsam wie ein IhmvonBechts
wegen gebührendes Eigenthuni ansprach, und eben des-
wegen die Fürsten nicht einmal um ihre Wahlstimmen
ersuchen mochte. (Siehe hierüber unter Anderen die
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Herzog W«lf VI. Von Beliren«. ttl^
lusdrücklichen und deutlichea Angaben bei BerthaUL
Ziolfuldens. in Hejk Mowum Guelf. Pars hisL p. 213.
M Olto Frkmgen». hiH. FridX Ub. h e. 22. uiul ekrmu
i VIL c. 22. u. 24.) Mao wird« eatdlich sehen, dab
noch iDanche sehr wiiksame Xebenursachen hinzukamen.
Dahin gehört z.B., dafs der Gruud weggeiailen war,
.welcher b«i der vorigen Wahl die öffentliche Meinung
w de« Staufen abgelenkt hatte » dafii nftmlicb der Hab
gegen «las fränkische Königshaus nnd dessen Angehdrige
in den dieizchu Jahren, die nun seit Heinrichs des
Fünften Tode veiiiojsjjea waren, nach und nach seine
Kraft verloren hatte. (OUo Frising. hisL FridL I. L 1«
e*22.) Dahin gehört auch, -dafis Adalbert ypn Mains,
der als Kaneler so bedeutenden Einflufs auf die^ Wahl
hatte, und diesen nach Heinrichs des Fünften Tode gegen
die Hohenstaufen geltend machte, jetzt gestorben war,
md daher ihren Wünschen nicht mehr hindernd ent«-
gegentreten konnte. Dahin gehört endlich > was Hr. B«
im Folgenden nur flichtig andeutet i dafs derPabst, der
damals gleichfalls gegen die Staufen gewirkt hatte, aus
Gründen , flie in Lothars Geschichte und Heinrichs des
Stolzen Charakter und Stellung deutlich genug hervor"
treten 9 jetfil eifrig fi&r Konrad arbeitete und durch seinen
Legate« Theodewin deseen Erwabluag auf das Wirk-
samste unterstützte u. s. f. Kurz, man sieht , wie unvoll-
ständig und selbst fehlerhaft die obige Angabe des Hrn.
Verls, über diesen (iegenstand ist, wie er den richtigen
Standipunkty dem die Leser denselben betradtfen
.mfifsten , Q» ihii iin~^ gehörigem Lichte m eehen , ver-
rückt , zagleich aber, wie leicht er durch dnige Ver-
trautheit mit den Quellen seioe Darstellung hätte ver-
bessern und vervollständigen können^ so dafs sie die
einfirahsle wd klarste Anschauung der wahren Verhäit-
nisse gewährt hätte* '
Hr. B. fahrt fort:
„Ohne Mühe gewann er (Konrad) die Stimmender
meisten geistliobc^ und weltlichen, von dem Pabste In-
Aoeeiia Ur uufgereicieH , zum TheU gegen Heinrichen
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1
916 llersog Weif VI. Von Behreaa.
heftig erbitterten Fürsten | liefs sich in den Ostei fasten
^1138. zu Koblenz wählen, und von einem päbstilclifn
Gesandten, dem Kardinal Theoduin , in Aachen salben
und krönen, in solcher Eile, dar« Heinrieh keine Zeit
hatte, es mit G&te oder Gewalt zu hindern."
Das Bild,^ welches sich hiernach der Leser von den
Vorgängen vor und bei. Konrads Wahl machen mufs,
wird wieder durchaus falsch seyn. Es ist ganz un<l gar
nicht wahr, dafs Konrad ohne Mühe die Fürsten zv
seiner Wahl bestimmte, es bedurfte aller Anstrengung
seiner Freunde, vor Aileii des aus Eigennutz höchst thä-
tigen Erzbischofs Adalbero von Trier (siehe vorzüglich
die hier aufserordentlich lehrreichen Genta Treveyorunu
in Eceard corp, hkt, Tom. II. colunm. 2199.), es be--
durfte aller mögliehen. K'ynetgrtflTe, z. B. des Vorgr^feas
vor der angesetzten regelmäfsigen Wahlversammlung
(AmiaUsta Saxo ad ami. 1138. und Otto Frismgens,
chron, Vll, 22.), um die Wahl durchzusetzen. Eben so
ist ee durchaus nicht wahr, dafs Konrad die Stimmen
der meisten Fürsten zu seiner Wahl gewann: denn bei
derselben waren aufser ihm nur der schon genannte
Adalbero von Trier, Arnold von Köln, Buggo von
Worma und Konrads Bruder, Friedrich von Schwaben
anwesend, und diese gaben ihm damals allein ihre Stirn*
men (Geata Trev* JLL vergl. d.«llgeni, Aaedrücke fast
aller SEeltgenossen fiber die geringe Zahl der Wühler) , —
erst nach der Wahl und nach der Krönung , und unter-
stützt durch das einmal Geschehene gewann Konrad
nachträglich die Zustimmung der meisten Fürsten , wobei
denn , freilich die Tom Verf. angedeuten, vom Hef. obai
-weiter aüseinandergesetsten Grfinde bestimmend aiif sie
wirkten.
„Dieses rasche V erfahren, diese dem Baiernherzo^fe
so unerwartete und mifsfailige Wahl zerrifs- alle seine
grofsen Entwürfe, alle seine glänzenden Hoffouilgeo von
Hoheit und Glück. Seine Hoffnung zum ßrwerbe des
Kaisertbums zerrann. Denn ihre Schutzwehren Avareo
gefallen : seine hohen Verdienste um das Reich galteo
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Herzog Weif VI. Voo Bcbrem. IUI
dea IVeiflero und HamrD als verächtliche Kinschiueich-
loogen in die Kai§ergufisft; seine nahe Verbindung mit
dem Tortg^en Kaieerhamie ab schlau gewähltes Mittel zur
Uoterdrttckung der reichsständischen Gewalt und zur
Anmafsungf der KaiserwOrde, und das diese Meinung
bestätigende Daseyn eines £rben von der Kaisertocüter
Gertrud, so wie der Empfang der Reichsklei nodien von
dem sterbenden Lothar « als der stärkste Antrieb mc
Vereitelung seiner hochfahrenden Absichten.**
Aus diesem Satze können unsere Leser zugleich die
Ausdrucksweise des Hrn. Verfs. kennen lernen , die un-
nothige Anhäufung von Redensarten bei Dingen, die
sich ganz einfach sagen lassen, die Uebertriebenheit ia
den einzelnen Aosdricken, wodurch immer die Hälfte
der Wahrheit in dem Ge»^ag^ten aufgehoben wird, endlich
am Sc lilusse der langen Phrase die bombastische Steige-
rung zur völligen Unverständlichkeit oder , genau genom«
aen, eigentlich zur völligen Sinnlosigkeit.
Was ist das schon fDr eine gespannte Redensart:
„die Hoffnung — zerrann, denn ihre Schutzwelu ea waren
gefallen?" ^Vie schief, wie unwahr geradezu ist der
Satz: ,,seine hohen V^erdienste um das Reich galten —
als verächtliche Einschmeichelvngen in dieKaisergunst?"
Jene Verdienste um ifos Reich erwarb ja Heinrich oflW«
bar erst nach seiner Vermählung mit Gertrud , und da
bedurfte es ja doch gewifs keiner Einschmeichelung in
die Kaisergunst mehr,* da Lothar aus Liebe 7u seinem
einzigeh Kinde ja schon nnaufgefordert Alles für Hein-
rich ihnn mufste. Was ist das nun wohl ferner für eine
grofse Schlauheit, die in der Vermählung mit Gertrud
zu dem angegebenen Zwecke lag, eine Schlauheit, die
in ähnlichen Verhältnissen auch der Dömmste besitzen
w&rde? Wie völlig sinnlos ist endlich „das diese Mei-
MDg bestätigende Daseyn eines Erben von der Kaiser-
toehter Gertrud wenn man diese Redensart nur etwas,
analysirt? Die Meinung ist, Heinrich habe Gertrud ge-
heirathet, um sich dadurch die Kaiserwürde zu ver*
schufen > und diese Meinung wird dadurch bestätigt,
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918 Hersog Weif VI. Von Behren«.
dafe er inii ihr einen Sohn erzeugt hat. Also das Daseyn
eines Sohnes aus H.'s Ehe mit Gert rad bestätigt die Mei-
nung, die man hat, von der Absicht, ans weicher Hein-
rich mehrere Jahre früher jene Ehe sciilofs, was
ofieobar uur dann einen Sinn haben würde, wenn man
annehmen wollte, H. wurde keinen Sohn gezeugt haben,
hätte er jene Absicht b0i Eingehang der Ehe nicht-
gehabt.
„Heinrich dagegen, vom Hochgefühle seiner Macht,
von beleidigtem Stolze nnd verletzter Ehre zur muthig-
sten Gegenwehr . und zur beharrlichsten Vertheidigang
seiner Anspräche an den Thron aufgiernfsn, tiMättB die
' Wahl Kohrads von Staufen ftr erschlichen und nichtig,-
und blieb an den von Konraden zur Auslieferung der
Reichski ei iu)deu und zur Huldigung nach Bamberg und
Regensburg ausgeschriebenen Reichstagen ans. Kurs
darauf nach Augsburg vorgeladen, erschien er tmr pei^
sSttlich, und lieferte die Reichsitleinoden aas; weigerte
aber die Abtretung eines Theiles der von Lothar empfan-
genen Lehen, was der neue Kaiser verlanjrte, dem die,
vorher noch nie einem Reichsfürsten verliehene Herrschaft
über die beiden mächtigsten deutschen Länder^ Baiern
und Sichsen, allzu bedenklich su sejn schien. Zugleich
nahm Heinrich, mit einer zahlreichen Schaar erschienen,
in seinem Lager aufserhaib Augsburg eine so drohende
nnd gefährliche Stellung ein, dafs I^onrad, Arges be-
fürchtend, eines Abends nach der Mahlzeit, ganz in der
Stille, ohne sich von einem der anwesenden Fürsten m
Terabschieden , in Begleitung eiuiger Kltter nach Wäre-
bürg eilte.**
Hierin sind wieder mehrere offenbare Fehler. Er-
stens: Zn Regeasbnrg blieb Heinrich nicht aus, wie
Hr. B. sagt, sondern erschien dort persdnlieh, wie wir
Im Oiio Frhmgens. (chrm. f. VII. e. 28.) Anden. Gegeii
diese Auctorität Ottos, namenth'ch in einer Sache, die
sich in Baiern zutrug, würde Hr. B. seine Meinung nicht
durcli Dodechin's Angabe (Contm. Martani Scoti ad am.
1188«), dafe nnr die Gesandten cies Königs, von Heinrich
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HcKiOK Weif VI. V«ii BehroM. 919
■X.
urSckkehreDd , dorl mil Rmirad sutammeog^etr^flfen
Haren, stützen können, wenn ihm auch J>odechin^ Er-
zählung; bekannt gewesen wäre, was, wie das gleich
l?o%eada,8eigt, oicbt der Fall war.
Zweitens: Die Hegaiien lieferte Heinrich nicht zu
Anjö^bnr^, wie Ilr. B. sagt, sondern Hchon zu Reg^ensburg
ab (siehe Otlo Frmiagensw L L (und nach demselben
hmyim. fVemgart an. Heß Mm. Ouelß P, Uai. 34.)
wä IMhekki ih); nur kam 09 lu keiMr f&rm-
Ifchen Unterwerfung und zu keiner vüllstäodig'cn Aus-
söhnung, weil Konrad die Versprechung-en nicht halten
wollte, durch welche er die Herausgabe der liegalien
bewirkt kalte (siehe Oiio Fri^ L L). Vielleicht , dafii
neh «n der Naohriobt atwae Wabree isi, die der spStere
älbericus monach, triam fontium (Leibnitz /4ccesa,
hist, T. 11. p, 283.) seiner sonst ^anz aus Otto Fri^. ge-
oonimenen Erzählung von der Zusamnaenkunft io Regene-
burg einflicht : „ Konrad habe Heinrich nicht vorgelassen,*'
difs «Iso KMrad doreh tlolse Bebandlong ecinee frfiher
Iberntächtigen, jetzt von ihm iberfiOgelieo Gegners die
AussShnong hinderte.
Drittens : Zu Augsburg erschien Heinrich überhaupt
gir nicht, sondern lagerte sich gleich, ohne in die Stadt
zu kommen, wo Konrad war, uiit zahireichem Gefolge
• der Stadt gegenüber, am rechten Ufer des Lech*s. Die
Unterhandlungen wurden daher nur durch Unterhändler
gefBhrt^ die sich drei Tage Vergebiicb bemfihten, eine
Versöhnung zu Stande zu bringen, wie dies Alles der
Anon. Weingart. 1. l. deutlich genug erzählt, welcher
hier die genaue Erzählung von den Vor^:ii)g;en zu Augs-
burg (aus der die anderen Angaben genommen sind,
die der Hr* Verf. hat) seiner S6nst ganz ans Ottonia Fri*
smgensiB ehren, entlehnten Darstellung einflicht.
„Hier sprach er über den Herzog als einen Reichs-
Und die Acht aus, und ihm gleich darauf auf dem
fteicbstage su Goslar Sachsen und Baiern ab; Jenes be-
kam Albrecht — — dieses Leopold — — .**
Digitized
920 H«nog Weif VI. Von Bduenf .
Auf dem Reichstage zu Goslar sprach Konrad Hein-
rich dem Stolzen die Herzogthiimer Sachsen und Baiern
gewiiis nicht ab. Das sagt keine einzige Quelle. Wäre
dem Antnymus Wemgartenah nach Hefs's Ausgabe zu
tränen, 8o wären sie ihm schon xn Wiirebnrg abgesprcK
eben worden, aber es fragt sich, ob das Mac. des iftis*
nymus diese Angabe selbst überhaupt hat, denn Leib-
nitz's Ausgabe ; Script oi^es Reruni Brtmsvicetismm Tum. I.
pag* 189. hat statt duaäus abjudicanlur den Singular,
und sollte die Angabe auch ächt seyn, so ist sie doch
offenbar nur ans einer nachlässigen ZnsammensiehuDg
der aus Ottonis Frisingcnsls chronicon l. VII. c. 23. ge-
nommenen und sonst wörtlich abgeschriebenen Nachricht:
„tandem judicio quorundam principum apud Herbi"
polhn proacribäur ac in proxima luäwitate domm
m palaiw (leg. pladio) Goalarienai äueafua ei ab'
judicaiur^ entstanden. Es ist hierauf also nichts zu
geben. Wahrscheinlich wurde Herzog Heinrich in Würz-
bnrg nur in die Acht gethan , womit allerdings der Ver-
lust der Herzogthiimer verbunden war, tiber die Herzog-
thümer aber, da cUe Versammlung auf fremden Qodea
war, nichts Weiteres verfügt, dann zu Goslar Sachsen an
Adalbert, später in Baiern Baierii an Leopold ver-
liehen und damit die AbsetznnjSf vollends vollzogen. ( Siehe
Oltonis Frismgemis chronicon L 1. und die Zusätze zu
dessen Nachrichten im Anonym. WeingarU L L
Auf der folgenden Seite (87) finde« sich ferner noch
folgende Irrthumer :
53 Heinrich eilte — aus Baiern — , wo die höchst
abgeneigte Stimmung ihm Gefahr drohte nach
Sachsen." Dies war gewifs nicht die Ursache seiner
Reise, ^ sondern er wollte ganz natürlich in Konrads Nähe
seyn , um sich dessen etwaigen Unternehmungen In Saasen
entgegenstellen zu können.
„Seine Ankunft war Vielen unvermuthet, aber Allen
erfreulich/' Das ist wieder gewifs nicht wahr, denn
Sachsen bestand gar, nicht etwa aus lauter Anhängern
Heinrichs, Adalbert hatte eine ziemlich starke Parädi
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Herxog Weif VI. Von U«hrena. 921
das zeigen die Ereignisse im Anfange desselben Jahres
1138, in dessen Ende vielleicht Heinrichs Ankunfl in
Ssehsen noch ßllU, die Vereilelung der von lUcheiM
sasgeschriebenen SÜisaininenkiififl m Qiiedlinborg durch
%n ( Annalist a Saxo ad ann. 1138.), die Gefangenneh-
mung seiner Gegner bei -Mimirberh (ibid,) , die Erobe-
roog von Lüneburg, Bardewick, Bremen, Nprdalbio-
gieo (HebnoU chrm. Skw. LI. e. Ö4.) u.s.f. Diesen
ihhängern Adalberts war Heinrichs Ankunft' aber doch
gewifs nicht erfreulich.
„ — trieb den bereits eingerückten Grafen
von Anhalt weit über die sächsischen Grenzen hinaus."
Dies 2ieägt wieder recht, dafs der Hr. Verf. dgentUch
gar keinen Begriff von Stellung und Lage der Personen
und Dinge hat. Klingt es docli gerade, als ob Adalbert
in Sachsen wer weifs was für ein Fremdliiif^ wäre, der
mit irgend einem ausiändischen Heere über die sächsi-
schen Grenzen einrückt, lim das Land au erobern;
während er einem sächsischen. Geschlechte entsprossen,
ja ein Abkömmling der sächsischen Herzoge, im Besitze
einer Menge von Gütern in Sachsen, bekanntlich ebenso
viele Ansprüche auf das sächsische Herzogthum hatte
md Sachsen wenigstens eben so gut angehörte, als der
nur von mütterlicher Seite aus Sachsen stammende Baiern*
herzog Heinrich , — auch seinen Wohnsitz in Sachsen
hatte, so dafs er unmöglich in Sachsen einrücken, son-
dern höchstens dort sich au9»breiten und Eroberungen
machen konnte, so wie er nicht weit über die sächsischen
Grenzen hinansgetrieben werden konnte , etwa wie man
Ak feindliches Heer hinaustreibt , sondern g^dthigt
wurde, für seine Person aus Sachsen zu entfliehen, als
Heinrich seine Anhänger besiegte, ihire und Adalberts
dgae Burgen eroberte u. s. f.
„H. stellte sich in Goslar . ohne Bedenkmi ein und
argios.** Heifst das nicht den Glanben an die Vergif*»
taug HeiHrich's bestätigen? Da doch der Hr. Verf. un-
mittelbar darauf sich gegen dessen Wahrheit und w ie es
scheint für die Meinung erklärt, die den Tod Heinrichs
Digitizec
9X2 ' BttMg Weif VI. Vom BdimM*
dem Grame über sein Unglück zuschreibt, was wii idni^
genSy trotz dem Zeugnisse des Auclarium Gemhlacense
ad Jlmelmi etUimuitionem Sigeberii Gemblacmäi» (amt,
1189.) eben so weoig mit grober Beslimiiilheit behenpteii
mlk^teii, dft die g;aiuie Angabe letchl ihren Grand it
dem Wunsche des Mönches haben kann, seine schöne
moralische Phrase: „nec attendens Hlud dictum rnun-
äanae sapietUiae: levius ßi paiientia, quidqwd nefoB
eal eorrigere^ aambring^n» wie dap in ianeend andere!
Stellen bei Schrifteteilern des Mittelalter» der Fall isi
Doch wir halten ein, denn wir würden ein dickes
Buch schreiben müssen, wollten wir in dieser Weise
die Fehler alle angeben , die wir beim Durchgehen von
Hrn. B.*8 Bache bemerkt haben. Sa wie auf «Uesea
Seilen, so geht ee im Durchechnili dureh das gauie
^ Buch hindurch, und wir sagen gewiis nicht zu viel,
wenn wir behaupten, von einzelnen, rein factischen An-
gaben des Hrn. Verfs. ist vielleicht niciU.viel weniger als
^ie Hälfte geradexn faieeh oder wenigstens nicht naelL«»
wcisbar, yon iolchen Darstellungen aber, die auf eiutti
Combination mehrerer einzelner Thatsachen, auf einem
etwas allgemeineren Ueberblicke über die Verhältnisse
der handelnden Personen und dergl. beruhen, ist fast
keine, so, wie sie aus reinem, ungetrübtem Anschauea
der Quellen sich ergeben wftrdOf enthält fast jede irgend
etwas Schiefes, Halbwahres, Unknnde der eigentlichen
Zeitverhältnisse Verrathendes. Die ubergroise Ausdeh-»
aung, welche diese Anzeige so schon gewonnen bat«
bindert uns 9 nu den bereits mitgetheilten Belegen nedl
neue aus dem unerschfi^iclMNi Schalxe hlnnuanfHigenf
den das Buch daran darbietet. Die Darlegung der PeMer,
die sich auf drei einzelnen Seiten finden, dispensirt uqS
aber wohl auch von der Verpflichtung, weiter nachau-
weisen , dafs die Resultate der Forschung des Hrn. Ver&
den sonderbaren Ansichtea entsprechen , die deiselbe^
wie wir oben bemerkt , von Forschung und Qnellen und
' Kritik damals, als er sein Büchlein schrieb^ gehabt zu
haben scheint.
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Ucrsog Weif VI. Von BchrcBi«
Ref. könnte hier eigeollich diese Aozeig^e schliefsen,
deoo mil dem Nachweise voo iler UmniveHänigkeit dt«
mliegenden Buches in allen seihen Angaben, welchen
Ref. hinreichend geliefert zu haben glaubt, ist anch zu-
gleich nach<;( wiesen , dafs es für die Wissenschaft nutzlos
und zu der Klasse von BCichern zu zählen ist, die wir
im Anfange unserer Anzeige bezeichnet haben als schad*
liehe Ensengnisse desGlanbens, zu gescbiehllichen Dar«
Stellungen bedürfe es eben weiter keiner besonderen,
gröndlichen Vorbereitung, einige allgemeine wissen-
schaftliche Bildung sey dazu völlig hinreichend. Doch
woHen wir noch einige Worte fiber Hrn. B.'8 Bttch fili^
iUe genOgsamen Leute sagen, die ihre Ansj^Oche an ge-
lehichtliehe Werke so gar sehr zu beschränken wissen ,
dafs sie bei allen Fehlern in den einzelnen Angaben,
denselben doch noch einen gewissen Werth beilegen,
wenn sie nur sonst durch Anordnung der Begebenheiteo,
durch die Betrachtung derselben ¥on allgenneinerem
Standpunkte ans« dnrch die Art der Darstelhing und
Sprache irgend einer an sie gerichteten Forderung ent-
^rechen. Auch diese leicht befriedigten Leute würden
nämlich trotz ihrer Genfigsamkeit nach unserer Meinung
doch ihre Rechnung nidit bei deat Büchlein des Hro. B«
finden.
' Was zuerst die Anordnung der dargestellten Bege-
benheiten betrifft, so scheint uns diese auch verfehlt und
so eingerichtet zu sejn, dafs sie durchaus den gerechten
FVifderüngen an eine Biographie und naoiouftKch an leino
OimteihiDg der Schicksale eines Mannes und „seiner
g^enessen wie sie Hr. B. nach dem Titel seines Buches
verheiTst, nicht entspricht, den Forderungen, daf« eine
solche Darstellung ein einiges, leicht übersehbares Bild
der Schicksale des Mannes, Ihres Zusummenhangcs unter
ücfa md auch ihrer Besielfungen auf die VerbSitnisao
der Zeit, in der er lebte, überhaupt gewähre, welche
letzte Forderung namentlich bei einem Manne mit Recht
gesteih \i^erden kann, der so tief, wie Weif VI. , in die
allgemeinen Breigwisse seiner Zelt orngriif. Der Hr. Verf.
«
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Herzog Weif VI. Von BehrenB.
klagt so oft über Dürftigkeit der Nachrichten , über die
. vielen Fragen hinsichtlich der Schicksale Welfs, welche
unbeiiitworlei bleiben: — dies hätte ihm eineo Fioger-
seig geben kdmen , dab er die Geschichte eines Mannet
aus dem zwölften Jahrhundert nicht so behandeln müsse,
wie man vielleicht flie Geschichte eines in den neuestien
Zeiten Lebenden behandeln könnte, %vo viele, reiche
Quellen fast über alle, auch die einzelnsten Gestaltungeq
seines Lebens Nachricht geben , — dafs er sich nicht
zum Zwecke setzen müsse, dieses Leben selbst gleichsam
isolirt in den Mittelpunkt der Ereignisse zu stellen und
durch alle Perioden und Verhältnisse hindurch zu ver*
folgen, wo so viele vorkommen , von denen die Quellen
ihrer Natur nach ganz schweigen, sondern dafs er es in
seiner höheren Bedeutung für das Allgemeine auffassen,
dieses zum Hauptgegenstand der Darstellung machen und
das Wirken seines Helden gleichsam nur als den Stand-
jHinkt für die Betrachtung des Allgemeinen benutsBcn
mfisse. Weif des Sechsten ganze allgemeinere Bedeutung
.besteht aber in seiner ftellung zu dem beginoendeo
Kampfe seines Hauses mit dem Hause der Hohenstaufen;
diesen Kampf mufste der Hr. Verf. in den Vordergrund
seiner JSrzählnng bringen. Dessen Beginn, dessen Fort-
gang, das Einwirken Welfii auf dessen Entwickelung,
sein männliches Ringen in diesem Streite, endiicli sein
verzweifelndes Aufgeben desselben nach dem Tode seines
Sohnes, sein Lostrennen von den weiteren Schicksalen
seines Hauses, sein hoffnungsloses Versinken in genuft«
sllchtige Schwelgeiei nach dem Zerreifsen jenes Bandes,
das ihn an die Schicksale seines Hauses gekettet hatte,
das mnfste er schildern, und er konnte uns ein sehr an-
sprechendes, sehr schönes, sehr belehrendes Gemälde
vorführen« Jener Kampf ist für unser Vaterland, ist fir
Italien, ist fikr ganz Buropa so unendlich einflußreich
gewesen, sein Entstehen, sein Gang, seine überraschen-
den Wendungen sind so anzidiend, dlie grofsen Cha-
raktere der Einzelnen, der Corporationen , der Ideen,
die in ihm hervorireteo^ so interessant, dafs .sich nicht
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Ucroog Weif VI. Vun BehreiM.
leicht ein schönerer Stoff finden läfst, die Betrachtung
d«s erstell Theiles jeoes Kampfes von dem Standpunkte
Welfs aus aufserdem so oeo^ so eigenthOmlich (da man
im Aligemeioeo denselben immer von dem gleichsam
oflßciellen Standpunkte der Hoheu^lauien aus zu betrachten
gewohnt ist), dafs der schöne Stoff dadurch nur an Reiz
uad Interesse hätte gewinnen kdonen. Fiir eine solche
Darstellang wären anfeerdem auch die Quellen, recht
beofitat, reich genug gewesen, ein schön susammenhMn«*
gendes Ganzes zu geben, Hr. B. würde sich nicht über
D8rftigkeit des Stoffes zu beklagten gehabt haben , wozu
er bei dem Wege, den er gegangen ist, freilich oft genug
I Veranlassung fand. Hr. B. hat iliesen Weg nicht ein-
\ geseblagen. Jener Kampf selbst ist ihm nur der Hinter* .
( gruiifl seines Gemäldes, er geht davon aus, eine reg^el-
I rechte, zusammenhängende Biographie Weif s von seiner
i Gebort bis zu seinem Tode zu liefern, ihn zu verfolgen,
da wo er in jenem Kampfe hervortritt und da, wo sein
f Leben bedeutungslos dabinflieftt, oder wenigstens sich
1 nar auf untergeordnete V^erhältnisse bezieht. Daraus sind
aber neben der Verrin^ferung- des Interesses, was die
Schrift überhaupt gewähren könnte, zwei groise Mängel
des Buches entstanden.
' Erstens hat Hr. B. sich seinem Plane gemäfe geiiö*
Ihigt gesehen , auch über d i e Verhältnisse in Welfs
Leben, über die Zeiten desselben zu sprechen, worüber
die Quellen uns durchaus keine Nachrichten aufbewahrt
btben, wo' er sich also genöthigt sah, die Lücken,
welche die urkundlichen Nachrichten lieben , mit reinen
Vermuthungen auszufüllen, die entweder geradezu auf
Nichts oder nur auf ganz allgemeinen Verhältnissen, die
für alle Zeitgenossen Welfs gleich gut gelten, be^
rahen.
Re£ f&hrt als Beispiel dafiftr nur -das an, was Hr«
&17 u. ff. über Welfs Jugendschidrsale sagt, was nur
auf ganz vage, allgemeine Vermuthungen gegründet ist;
dann das , was er S. 33. über den Aufenthalt Welfs in
lUtaeA feit dem Tode seines Vaters anfährt, was si^
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m Oersog WeU Vi. V«n Bdbrm. '
uiedet' theils auf ganz uaskhere Hj'potheeen , gröFsteu-
Iheils wohl §ogar auf eioen mirsverstah denen Ausdruck
des Anonymm Weingartemis siüUi (vergl. QrigimB
Guelßeiae T«IL ji«860.); «Ddiich das, wus ebenso uner-
wetdich & 4& über Well*« IVehrbaftoachvo^ enfthU
wird.
Der zweite Nachtheii , welcher aus der Weise her-
vorgeht, wie der ür« Verf. seine Aufgabe betrachtet hat,
ist die Reiheofo^e, ia welcher er die Begebeiiheite&
iMähU , die den wahren Zasamnieabang derselben , m wie
die ganze Bedeutung von VVelfs Wirken in einen ganz
verdüsternden und undeutlich machenden Sciiatten sielU.
So wird maa bei der Anorduuiig , die Hr. B. gewählt
half den engen ZasauiBienbang gewife nicht ahnen, ia
dem WelPe und seines Bruders Schicksale such in den
früheren Perioden ihres Lebens schon zu dem begin-
nenden Kampfe mit den Hohenstaufen, der alle ihre eiii-
2eioen Kämpfe und Lebeusverhäitoisse in sich aufnahm
Md gleichsam verscblanjg, siehm-
Erstens bleiben schon die Ursachen und ersten Ge-
staltungen dieses Kampfes, sein Zasammenhang mit des
allgemeinen Verhältnissen der damalig^en Zeit, mit der
Stellung der kirchlichen und politischen Fartheien , MO wie
mit der Lage der einfinfereiobsten PsmiUen in Deutsch-
' land bei der Anordnung und Darsteliung des Hra. Verfc
durchaus dunkel. Denn die Erzählung, welche Hr. B.
' davon S. IG u. ff. gi< ^t, ist durchaus ungenügend. So
istz.ii. eines der wichtigsten Momente in der Entstehuag
des Kampfes, ja das, auf welchem die Uebertraguiig
der schon bestehenden PeindseligkeiCen zwischen Lothar
•und Heinrich dem Fünften auf die Hohenstaufen eigent-
lich ganz beruht, völlig übergangen, die Verwand ti^chaft
der beiden staufischen Brüder, Friedrichs und Jvonrads
mit Heinrich dem Fünften nämlich. — Der Leser, %?el-
€her der Verhiitniese ni«lit schon kundig ist, übeisiebl
daher gewifs, dafs die Hohenstaufen nach Heinrichs ikfi
Fünften Tode sich etwa in derselben Stellung: befanden,
in welcher wir Heinrich den £tol2en naqh Lothars Tone
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Herzog Weif VI. Y«n Behren«. S^27
finden, und dafs sie auf diese Stellung ganz ihuliche
ADsprfiche grAiideteii, wie dieser sie bei der folgenden
Throuerledigung machte.
Zweitens übersieht der Leser bei Hrn. B/s Anordnung
(und darauf wollten wir hier vorzüglich aufmerksam ma-
chen) gewtfs auch, dafs schon der Kampf um die Be-
setstmg des Regensbtirger Bisthums, der um die cal-
^isciie Erbschaft, dss Verfthreo Heinrichs gegen Fried-
rich von Schwaben zu Zwiefalten , kurz fast alle die
Vorg-ang-e, welche aus Heinrichs des Stol/c ii und Welfs
des Seciisten früheren Leben erzühlt werden, iu näherer
eder fernerer Beziebnog nuf Jenen grofsen Kampf, das
Hauptereignife'der damaligen Zeit, standen. Nachdem
Dämlich schon S. 37. der Vorgang zu Zwiefalten, S. 48.
die Regensburger Fehde, S. 56. der calvvische Erbfolge-
streit erzählt worden ist, kommt erst S. 16. die erste
aosföhrllcliere Erwähnung von Lothars Kampf mit den
Staufen, S. 77. die Brclhiung von Heinrichs des tStoIcen
Vermählung mit Gertrud, endlich erst S. 93. eine Be-
trachtung über den Kampf der Weifen und Waiblinger,
seine Bedeutung und seine Folgen , obgleich die mittel*
bare Entstehung dieses Kampfes sich schon ans den Zeiten
Heinrichs des Fünften h^sehrieb nnd eine frühere Dar-
-Stellung der Verhältnisse desselben alle die erwfihnten
Ereignisse erst in ihrem wahren Lichte, ihrer allgemei*'
Deren Bedeutung würde haben erscheinen lassen.
Der Hr. Verf. hat also durch diese Anordnungsweise
Idch selbst die Mittel geraubt, seiner Darstelhing Einheit
and Klarheit zu geben nnd auch den AnsprOchen auf
tJebersichtiirhk( it nicht genügt, die man mit Recht an
eine Darstellung seines Stuffes machen könnte. Er wird
al!^, wie wir oben anführten, auch den so bescheidenen
Ansprildten derer nicht genügen, die, auf Zttverlissi|(-
keit der einzelnen Angaben und auf wissenschaftliche
Forschungen über die wahren Thatverliältnisse verzich-
tend, nur eine klare Uebersicht über den Zusaomienhang
der cvnählten Ereignisse durch das Buch gewinnen möch-
ten , noch ihnen wird es nicht bieten , was sie eodmi ,
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m ^ Uenw« W«ir VI. Vor Bubrcvi.
ein einiges, zusammenhängendes, leicht QberschaubaraB
Bild der Schicksale Welfs und ihres Einflusses auf die
allgemeinen Staats Verhältnisse, der Umgestaltungen, die
sie in diesen mit herTorrufen halfen, so wie der Art,
wie sie von ihnen selbst bestimmt, Ton ihnen medificirt
und gewendet wurden.
Trotz aller der Mängel, die wir nun bisher in dem
' Torliegenden Schriftchen gerügt haben, würde dasselbe
doch noch bei einer gewissen Klasse von Lesern. Gnade
.finden kfinnen, wenn es den Forderungen entspräche,
welche diese Leute an geschichtliche Werke machen. Bs
sind das nämlich die Leser historischer Schriften (wie
grofs ihre Zahl ist, zeigt der Beifall, den Werke in im-
.eeren Tagen finden, die gerade nur ihren Bedurfnissen
■ angemessen sind), welche auf Gründlichkeit der For- *
schun^, auf Zuverlässigkeit der einzelnen Angaben , auf
Wahi iieit der Combinationen, selbst auf Zweckmäfstis^keit
.der Anordnung verzichten, wenn ihnen dafür nur Ideen,
-wie sie. sagen, d,h. allgemeine Betrachtungen, Räsoa-
. Demente, Declamationen u;6. £ moralischer, religiiiser,
philosophischer, psychologischer oder endlich politischer
Art geboten werden. Dann Oberselieo ^ie ja gern den
Mangel der erwähnten Nebensachen. Wer wird aber
auch beschränkt genug seyn, bei der Nach Weisung grolser
.Gesetze, im Leben der Menschheit , bei der Darstellinig
neaer Offenbarungen des Weltgeistes, bei der Verfol-
gung philosophischer Grundsätze durch die erzahlten
Ereignisse, oder gar bei tler Vertbeidigung der oder
jener politischen Ansicht noch solche Kleinigkeiten, wie
Wahrheit der Erzählung , oder solche Aeufserlichkelten,
wie Uebersichtlichkeit der Zusammenstellung, zu verlan-
gen? Wer kann dem Genius in seinem Flu^e die Berück-
sichtigung solcher, jeden Aufschwung hemmenden, Ne-
: bendiflge zumuthen? Vor diesem Tribunale könnte also
aelbst eine so leichte Arbeit, wie Hrn. B.'8 Schrift, noch
gerechtfertigt erscheinen; haben ja doch Bücher da
Beifall gefunden , dit; an iiistorischem Werthe noch weit
unter Hrn. Bb's Werkchen standen.
f Der B99ehluf$ folgt,}
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N'.üO. HElDBLa MHRR ». UTBRATUR. 18ML
Herzog fVelf VI. Von Behreni.
Aber trider fehlt dem Torliegendea Bfichleui auch
die Art von Xorzugen, die vor diesen Richtero ein
güustiges Urüieil auswirkt Denn mögen wir auch unsere
Ansprüche an solche Zuihateo und Eioschiebsel in hisio«
rischeo Werken so oiedrig^ ab nsr ininer ' mdglieh,.
•lelien : der Inhalt der AbeehwelfongeD von der Erzäh*
]ung, clie wir hei iliii. ß. iinden , ist doch in der That
zu wenig ansprechender Art, als dafs er irgend als Ersatz
der übrigen Mängel des Buches dienen könnte. Denn
dies werden weder die gar alltäglichen and flachen ^ mo-
talischen oder psychologischen Bemerkungen thun , denen
wir hier und da z. B. S. 20, 28, 84, 85. u. a. a. O. be-
feg;nen ; — noch die Beiirtiieiliing-en von Verhältnissen
des Mittelalters, die auch so gar keinen Sinn für die
£igenthalmlichkeiten dieser freilich in Denk - nnd Hand-
langsweise von der unsrigen ganz verschiedeneii Zeit
Verrathen, wie die sehr gewöhnlichen, durchans nicht
iodividualisirten und daher unwahren, tadelnden Urtheile
aber, die Geachichtscbreiber des Mittelalters S. IT 20.
u. a. m. a. O. die eben so alltäglichen Bemerkangen über
Waadergeschichten S. 68, ftber Weib Religiositf t & 21.
«ud über die Wulfhildens S. 71; — noch die auf die
gewaltsamste Weise herbeigeholten Hindeutungen auf
politische Verliälloisse anderer Zeiten, wie z»B. das wirk-
lich komische Hereinziehen der Lehren von dem politi-
flehen Gleichgewichte in die Betrachtung so ganz ond
dvrchans verschiedener Verhältnisse, wie die des stan*
fischen und weifischen Hauses gegeneinander waren, in
Vergleich mit den btaatenverhältnissen, wo jene Lehren
ihre Entstehung, Ausbildung und Anwendung gefniiden
haben , S. 81« — noch die juristischen Untersnchnngen
8.80, ob „nach dem Artikel 18. §.2. des hief an^
XX Vi. Jahr^ . ^. Heft. 50
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MO Swios W«lf ¥1. Tum .Bftoiif.
vendbar^n (!) achwihischen Lehotechla''. Albredift
vonCalwe reclitlich begründete Ansprüche auf die Lehne
seines verstorbenen Oheims, Gottfried von Caiwe machen
konnte; — ^ noch die, gezwungen genug , eiogescbobeae
Tirade zu Erhebung des Bvaaiiicdiweig-LttneburgischeD
RegenieuhauseS) S. 12; — noch alle die verechtedenen
Ansichten, Bemerkungen, GefUhle, Betrachtungen u.s. f.,
die der Hr. Verl. aut tUe bezeichnete Weise hier und da
aogebrachl.bat. Also wir zweifeln^ ob Hrn. B. s Schritt-
ehe», soivie es ist, selbst als Lese- and Ustoffhaitimga-
'biieh Beifall fiadaa wütde.
Dazu kommt noch, um endlich auch trüber noch
ein Wort zu ^agen, daT^ auch Hrn. B.s Sprache, die
äufsere Form seiner Barste! iung. im Uinaeinen , nicht daau
beiträgt, das Lesen seines Buches angenehm zu machen.
Zwar ist BÜmlich mAHgemeinen seioe Breähfaittgs weise
:lu»inesweg8 unangenehm, Tielmehr ist sie flieftend und
klar und wohl verständlich. Aber nur gar zu oft wird
ihr ruhiger Fortgang unterbrochen. Bald steigert sich
in doD BeGtamationen und Tiraden des^Hrn. Verfs. seine
^ Spuaohe mm »irefständUebea Bombast, bald üällt sieia
aeine« ktitischea ' Untarsuobungen und Betvacbtungen
unter den Erzählungston herab, so dafs durch das ganze
W erkeine höchst unangenehme Ungleichheit derScbreib-
art herrscht, die desto unangenehmer aalßiUt, je weniger
durch das in den Abschweifungen roü der Braihhing
Gieholene irgend ein Ersatz für deren Unterbreehuiig
gewährt wird.
Fast von allen Seiten sah sich sonach Ref. genÖthigt,
•alschiedenen Tadel über das vorliegende Werkcheo
ausBUsprechea^ Warum er überhaupt ein Urtkcil ahaa-
geben flir PIKoht hielt und die uDhedaateade BrsdMi*
Bung nicht vielmehr ganz mit Stillschweigen überging,
hat er auf den ersten Seiten dieser Anzeige angeführt,
dafs er, aber ein anderes Urtheil der Wahrheit gemä/s
über daß Scbriftehen aiebt fiilleii koonle, damn wki
taieh Jeder, der sich etwas aähW mit liistaffisehea For-
schungen, namentlich gerade über den bebandeiten Zeit-
Digitized by Google
ül
ftm lic)0chäf)ligt hat, schoo durch ÜGchtig^ Ansicht
des Buches leicht überzeugen, uod wird bei näherer
Oarchsicht desselben unseren Tadel gewifs auch in jedem
sioielaeD Funkle gegründet finden. Ja Ref. ist versi*
cherif dab dar ihm sonst vdUig unbekannte Hr. Verf.,
wtao er rieh seit dem Erscheinen des Buches noch
weiter mit historischen Arbeiten beschäftigt und sich
teitdem vielleicht mit den Erfordernissen geschichtli*
ober Forschung, ao wie mit den daau nöthigen Vor*
kaantttissen oimgarnMilien rartraut gemacht bat, selbst
die Wahrheit des oben ausgesprodiOMQ Urtheils fiber
ssia früheres , mit ^ai zu grofser Flüchtigkeit und gar
zu wenig Vorkeantnis^en verfafstes Werk anerkennen wird.
Möge Hr. B.) ist die Voraussetzung gegriiodet, dafs er
«oh noch weiter mit geschichtlichen Arbeiten beschtt-
tigt hat , derpinst die Ergebnisse aaioar rriferen und mit
etwas mehr Aufwand you Zeit und Mühe angestellten
Forschungen über irgend einen Theil unserer vaterländi-
schen Geschichte bakaoat machen, damit Hei., ohne
der Wahrheit 2u nahe n treten , dnroh Anerkenoong
der bessern Leistungen des Hrn. B. den enisohiedenen
Tadel aufwiegen könne, den er über das vorliegende,
unreife Erzeugnifs einer flüchtigen Schrissteilerlaune aus^
^echea mufste.
9^9lMMig9 4Miunfc 9wr Amlag9, FtrÜgnng und nctierat Nta$am*
iMAm^ 4er g^krfg» oder iogMOimtm orlMtfeAen Bnmnßn.
MfitmOMh mif etgtm BrflAnm§t g€gHhM md fUf die prdb-
Heeke'JtmdUnmg tarMtet wm jL Pen Btruehmmnmt M»m.
^ünet^. BttMm^hf JRtitffr d. M9nigß. CtH(- F«r4i«aitr u"d
Sokw 4» S> Bruekmann, /relUteet* Mit MX ^dntq/Ua*
Bemrmm 1888. X u. 888 & 8.
Reines und in hinlänglicher Menge vorhandenes
QtteUwasser gehört unter die aotbwendigsten Bediirfnisae,
wurde daher von den ältesten Zeiten an vud wird ttoeh
gegenwärtig vorzüglich geschätzt, und wenn sich Men-
■
Digitized by
Braekinaiiii, Aber Bohrbranlien.
sehen wegeo anderweitiger Bequemlichkeiteo oiler Vcw-
theile entschliefsen, an Orten zu wohnen, wo jene« man«
g;elt, ohne hierüber viel und anhaltend zu klagen, so ist
dieses nur aus der Macht der Gewohnheit zu erklären,
iadem der Mensch nach einer höchst schätzenswerUien
naifirlichen Anlage sich willig in alle Verhältnisse ftgt,
ja sogar in ihnen zufrieden und selbst glöcklioh ist, so-
bald er sie aus innerer üeberzeugung als uotlnvendig
erkannt oder sich von früher Jugend an damit vertraut
gemacht hat. Inswischen regt sich doch an allen Orten,
wo jenei nothweudige Bedllrfnifs mangelt, ziemlich all*
gemein und bei Vielen sehr stark der Wunsch nach' einer
Verbessci iiiijs; in dieser Hinsicht, man pflegte daher alle-
zeit wiederholte Versuche neuer Grabungen anzustellen,
und nahm oft seine Zuflucht zu künstlichen Filtrirungen,
ohne jedoch dem tJebel hierdurch gründlich abzuhelfen.
Es ist daher merkwürdig, dafs man das so nahe liegende
und treÜliche Mittel des Böhlens für diesen Zweck, mau
darf wohl sagen gar nicht benutzte, ohngeachtet das-
selbe schon seit 1671. in Modena, Frankreich und ver-
muthlich schon weit früher in der-Umgebung^ von Wien
nicht bloa praktisch angewandt, sondern auch schon da-
mals durch Cassini öflfenttich bekannt gemacht wurde,
und das Bohren in die Erde im Allgemeinen unter die
seit undenklichen Zeiten üblichen Operationen gehart Erst
seit wenigen Jahren suchte man in England und in America
hfiufig die Quellen durch Bohren auf, in Frankreich
wurde die Sache durch nähere Untersuchung der in
Artois seit mehr als 100 Jahren üblichen Methode des
Brunnengrabens allgemeiner bekannt , von den FransQOSeo
kam Kunde davon zu den Teutschen , und in dem ge*
genwärtigen Augenblicke geben Hunderte erbohrter,
oder nach jenen sogenannter Artesischer, Brunnen
einen reichlichen Ersatz für die dabei aufgewandten Ko-
sten. Insbesondere haben Garnier und nachher Herl-
cart de Thurjr durch ihre ausführlichen Werke den
Gegeiistand cur allgemeineren Kenntnifa gebracht, in
Teutachlaod aber erschienen adir bald mehrere Schräfiieii
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Brnekinatoii , Aber Bobrbriihii«!.
98S
über dteees interessante Problem. Peinige dersetben be»
handelten die Aufgabe als eine rein physikalische und
meehanische blos im AUgemeioen, weil das Publicum
rieh einmai dafür interessirte, und die darüber bekauot
gewordeneo Schrifteo begierig las, die meisten be«
sebrieben das ▼on ihnen bei selbstgemächten Versuchen
angewandte Verfahren, nur wenige behandelten die Sache
in einem weiteren Umfange, und verbanden die Resul-
tate fremder und eigener Erfahrungen ear JBrreicbnDg
dner zweclc|^emMlieD Vollständiglieit
Unter diese letztere Classe gehört das Torliegende
Werk, dessen Charakter hiermit also im Allgemeinen be^
zeichnet ist ; es mufs jedoch zugleich berücksichtigt
werden, dafs die Verfasser zunächst nicht beabsichtigten,
die Aufgabe streng wissenschaftlich zu behandeln, son^
dem Ttdmehr gebildete Hydrofecten und Banmeister mit
dem Ganzen bekannt zu machen, die zahlreichen Regeln
beim praktischen Verfahren anzugeben, die vielfachen
Werkzeuge , deren man sich bei ungleichen Tiefen und
bd verschiedenen zu durchbohrenden Erd- und Fels--
Arien mit Vorlheil bedient, genau zu beschreiben, und.
jeae dadurch in den Stand zu setzen , ohne stets wieder-
holt eigene Erfahrungen zu sammeln, vielmehr mit Si-
cherheit und hioiäogücher Gewifsheit eines günstigen
Erfolges an geeigneten Orten die vorhandenen Quellen
diirdb Bohren aufousuchen. Nicht leicht aber konnte
jemand einen nXheren Beruf zur Abfassung einer solchen*
allseitig genügenden praktischen Anweisung haben , als
die Verfasser, denn beide hatten bereits theils gemein-
stdiaftUch theiis einzejn an mehreren Orten unter sehr
abweichenden Bedingungen durch ungleiche Erd- und
Fels -Lager und bis m bedeutenden Tiefen wirkliche
Bohrversuche mit günstigem Erfolge ausgeführt, als sie
C8 unternahmen, dem Publicum das vorliegende Werk
zu übergeben. Wenn man ferner hinzunimmt, dafs die
Verfasser sich vorher mit der Torhändenen Literatur über
diesen Gegenstand bekannt gemächt, aber nicht die
fremden Angaben unverändert wiedei-gegeben , sondern
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984
V. BmdiiiMiaii, Aber BolirbrnBBeii.
vorher kritisch geprüft haben , aurserfiem aber hlnliiig«-
Hch gewissenhaft sind, so dafs ihre Erfahrungen volles
Vertrauen verdienen, so ist hiermit alles dasjenige an<^
l^egebeni wonach sich der Werth der vorKegendea
Schrift Ton selbst beurtheiten läfat.
Nach dieser allgemeinen B^zeichniing dea Inhata
würde es überilü^ig sejn, alles Einzelne namhaft anzu«-
geben, und Ref. begnügt sich daher mit einer kurzen
Ueberaicht der wesentlichsten ^ hier tereinieo Unterstt*»
chungen. Das WeriL beginnt mit eiMr nur populiren,
keineswegs «rechdpfenden , aber für d«ii Yorlieganden
Zweck genügenden Betrachtung über den Ursprung- der
Quellen aus den Hydrometeoren, <lie hit^r allerdings am
rechten Orte ist, weil hierauf eben lüe Kennaeichan be-
ruhen, ob man nach Wahrscheinliohkeitsgriodeii an frgaiMl
dneiB gegebenen Orte Qaellea an ^warten habe; w-
gleich ist in einer iVnmerkung gezeigt, wie sich die aus
einem Rohre von gegebener Weite abfliefsende Wasser-
menge berechnen lasse, um den bei Vielen herrschenden
und oft schwer feu beseitigenden Glaaben m berichtigen,
als ob diese blos Ton der Weite des Ausguftrohres ah>
hänge, da doch die Druckhöhe von einem noch viel
wensentlicheren Einflüsse dabei ist. Es folgt dann eine
allgemeine Beschreibung der 10 Bohrbruonen, welche
durch Brnckmann den Valerie Heilbronainttglikeb*
ticheni Brfo^ hergestellt warden, deren reichHohw
Wasser nicht blos im Allgemeinen xam Betriebe melirer
. Gewerke benutzt, sondern tngleich ah ein Mittel tur
Sicherung gegen das Gefrieren anderer Betriebswässer
verwandt warde, und wofür die Gesellschaft enr Aaf*
munteraiig Taterliadischer Indttatrie ia Baris die jgoldetie
Medaille als Belohanng snericannte. Hierauf ibigt ^eti
S. 04. an das ganze beim Bohren der Brunnen aneuweo-
clende Verfahren, also auch eine vorausgehende Aniei-
tnng, die Schachte bei den Bohrbrnnneu abaabauen, da
es aus vielen Chründen Tortheilhafter ist^ annror Siasa
aolchen Schacht niedei^gehen aa lassea, «ad ia dissefli
daaa areiter zu bohren , als sofort von der Erdoberflaoha
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aii den Bohrer einzutreiben. Die von bis 174. fol-
gende ßeitchreibuiig deg Verfahrens beim Bohren » der
daai erforderliefawi Gerälbschaften , der antuw€nd«ndea
VonicbteiiMifirrtffela, der Uttifsniittel ^ deren man sich
bd mof lieben Schwierigkeiten und Unijrlilckeiailen, z B.
beim ßrechea einer SüiDge bedient luid dergl. m., über-
g-eht Ref. mit Stiliscliu eigeii , da sich keiu kurzer Auszug
daraus niittheilen läbiy uiul alle Angaben praktisch sehr
braucbbar «tod , weswegen es keiner &Bnier|Kungen darflber
bedMf.
Eine vorzügliche Beachtung verdient die von S. 174.
an gegebene Anweisung;, die in geringerer Tiefe er-
boUrlen Quellen, die uicbt bis zur Höhe der in gros*
ierer Tiefe aufgeschlosseneD empersleigen , und letzteren
anfterdiin an Ergiebigkeil nackstefaen, desgletcheo solobe
Brd- und Stein- Lager, in denen sich das aufsteigende
Quellwasser wieder verliert, so dafs es sich nicht über
die Oberfläche der Erde oder auch nicht bis zu derje«
nigen UiUie erliebt, die es ohne aolcbe Ableitungen er-
rekdieD wQrxIe, auf «ae EweekmftTsige und sichere Weise
abzuscbliefiieo , und somit das Wasser lirferer Quellen
bis zur möglichen erreichbaren Höhe abgesondert auf-
steigen zu machen. Obgleich nämlich keineswegs jede
Bohrung überhaupt eine Quelle nothwendig aufschliefst,
auf all^ FaU «ber uicbl jedereeii eine über die Brd-
ober fliehe auafliel^de liefern kaoo , so ereignet es sich
doch sehr oft, dafs man mehrere Quellen in ungleicher
Tiefe antrifft, von denen die tiefsten wo nicht in der
Be^el, doch in sehr vielen FäUeo das meiste und das
am hoohsteo anftleigeDde Wasser 2u geben pflegen« Wenn
im Falle mehrerer in uugleichen Tiden *erbohrter Quellen
alle bis zur nämlichen Höhe aufsteigen, so vereinigt man
ihr gesammtes Wasser in eine gemeinschaltliche Ausgufs-
rühre , findet es sich dagegen , dafs. die liefer liegeudea
mehr Wasser nnd höher aufsieigendes ^geben, als die
flneher liegenden, durch die letsleren aber abgeleilet
und an Reicfaihum uml Höhe vermindert werden, <Mler
Wenn4as Wasser der Queiieu durch lockere Erdschichten
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930 ' V. ftnickmaiiD» übe' Bohrbfoonea«
und zerklüftete Felslager abfliefst, so mofs das der ergie-
bigsten gegen diese Abflüsse gescfafiteft, und für sich snr
grdfsten erreichbaren Höhe ge£5rdert werden , woea hier
bestimmte, deutliche und praktisch ausführbare Anwei-
fiungen ertheilt werden. ladefs steigen auch manche
reiche und in den grdfsten für den vorliegenden Zweck
rithlichen Tiefen aufgefundene Quellen nicht über die
Oberfläche-der Erde empor, sondern bleiben mehr oder
weniger tief unter derst3lben stehen. In diesen Fällen
hat raaa auf allen Fall einen Pumpbrunoen in der Hegel
mit gutem trinkbaren Wasser, welches wohl im Ailge*
meinen am besten durch eine gewöhnliche Pumpe ge^
fordert wird, denn selten mdchte es rfithlieh oder über«
haupl nur möglich sejn, dasselbe durch ein Wasserrad
oder einen Stofsheber zu heben, weiche nach der hier
mitgetheilten Angabe durch den Ueberflufs der Quelle
eelbst bei vorhandenem Ablauf getrieben werden sollen.
Ein Wasserrad dürfte uimlich in der Regel zu viel Wasse»
erfordern, auch dessen Anlegung, noch dazu in der unter
diesen Umständen und für eine solche Anlag-e nie unbe-
trächtlichen Tiefe, mit grofsen Schwierigkeiten verbun-
den seyn, der Stofsheber aber,, dessen Anlage gleiohfaiie
unter den in solchen Fällen meistens vorwaltenden Vm^
standen keineswegs leicht seyn würde, ist für die prak->
tische Ausführung noch immer nicht hinlänglich erprobt,
so dafs man mit völliger Sicherheit auf die vollständige
Erreichung der erwarteten Wirkung rechnen dürftsi
denn so vollendet auch die Theorie desselben ajafter den
vom Verf. genannten Männl^rn namentlich durch V.Langs-
dorf, E^telvvein, Brunacci und Andere dargestellt
ist, so gaben doch die angestellten Versuche keineswegs
die durch Rechnung gefundenen Resulioite bleibend, nni
es scheinen noch nicht genugsam erforschte Hindernisns
obzuwalten, welche das Spiel der Ventile hemmen, und
dann einen Stillstand der Maschine erzeugen, worin ohne
Zweifel der Grund liegt, warum dieser höchst sinnreich
ausgedachte, so einfache und bequeme Apparat bisher
so sehen* in Anwendung gebracht wurde. Ref. wftrde
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N
V. Brackmaan, ühtr Bohrbrunnen. Stö?
fiir (Iir<;pn Fall des alten Sohoti's vervielfältigeode
Rid-Sinier-Maflchine fir am meisten geeignet halten,
welche mit eioem geringen Vc^rlnste 4iir die Reibung
Wawermengen liefert, die im umgekehrten Verhältnisse
der Höhen zu dem Betriebswasser stehen, lieber die
Kosten des Bronnenbohrens sind blos allgemeine Be-
trachlangen mitgetheilt, wie eich auch bei den ungiei**
chen Preisen des Materialetf an Terechiedeoen Orten nicht
andeis erwarten läfst.
Vielfache Belehrung für Praktiker enthält die fol-
gende Beschreibung der verschiedenen anderweitig Ton
im Vei^mern gebohrten Brunnen , n&mlich zwei z« £r-
hngen, zwei Bu NQrnberg, einer zu Crailsheim, wobei
nigicich die durchbohrten Schichten und die Tiefe, iu
welcher die Quellen gefunden winden, nicht blos ange-
geben, sondern auch durch eigene Zeichnungen versinn«
licht eind. Hieran schüefsen eich dann die folgenden Be-
sehretbungeo sonstiger Bohrungen, namentlich in Teutsch-
land und in Frankreich, mit jedesmaliger Angabe der
dabei vorgekommenen geogno^tischen Verhältnisse. Na-
meBtlicli sind für die in Frankreich angelegten zahlrei-
chsn Bronnen die gediegenen Werlte von Garnier und
Hericari de Thury nach der dujrch Waldauf von
Wslldenstein gelieferten Uebersetzung benutzt. Hier-
bei findet man zugleich eine durch Figuren erläuterte
Beschreibung der in Frankreich gebräuchlichen VITerk* .
mge, welche verschiedentlich von denen abweichen,
deren sich die Verff. des vorliegenden Werkes zu be-
dienen pflegen, fedoch haben die letzteren meistens den
Vorzug grofserer Einfachheit und daher anch minderer
Kostbarkeit. Von den übrigen ßohrbrunnen in England,
io den Niederlanden, bei Wien, in Italien, selbst in
Africa und hauptsächlich in den Nordamericanischen
Staaten werden blos kürze Nachrichten gegeben, aus-
führlicher dagegen ist die Mittheilung des Verfahrens,
welches die Chinesen seit mehreren Jahrhunderten beim
brbohren ihrer Salz- und i^'euer - Brunnen anwenden,
nach Intbert, wobei nuin eben so sehr die kunstlose
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i^im V. Brackmunn , über BobibrooDeD.
Eriiaduiigsgabe der Chiuesen , als iDsbe80iiilei*e ihre ganz
unerreichbare beharrliche Geduld bewundern muFs. Ei-
nige Zweifel 9 welche «ao hier gegea die Aiehiigkeil
der EnsihluDg geäuberl findet, dürften indeA nicht weU
durchaus begründet seyn ; □amentUch sollen nicht Bam-
busrohren, sondern metallene angewendet werden, was
jedoch minder wahrscheinlich ist, da tuan in jenen Ge-
genden die ersteren sehr allgemein in Anwendung bringt,
mit mehrerem Grunde wird aber in Abrede gesteilt,
dafs man einen abgebrochenen Bohrer durch neue all-
mählig zermalmen könne ; allein wenn man bedenkt,
dafs hierzu der Angabe nach filnf bis sechs Monate erfiar*
derlich rind, io wird man in der That sweifeihafik, ab
nicht auch hierbei, wie beim gtäia oavai btpidemf
das Unglaubliche durch unüberwindliche Beliai rlichkeit
möglich wird.
Den Beschlufe des ganzen Werkes machen einige Zu-
gaben , welche zwar nicht von bedeutendem wiasctnechaft-
ilchen oder technischen Werthe, aicher aber vielen Le^
Sern 8ehr willkommen sind. Hierunter gehoreu die
Reductiou der in verschiedenen Ländern üblichen Fufs-
mafse auf die im Werke gebrauchten würtemberg'scheo,
Indem eich der würtemberg'ache Puili zum parieer wie
0^75 zu 1 verhält^ desgleichen die Literatar Mer die
Bohrbrunnen, die bis auf einige italienische Werke nach
sehr vollständig ist, ferner eine Uebersicht der Lage-
rungsverhäitnisse der vorzüglichsten Gebirgsformationeo,
hauptsächlich nach v. Le«nhard's GrundzQgen der
Oeognoaic und Geologie, und endlich noch man Ab»
hancTlung Iber die Bigenthilmliehketten der Quellen nebsl
ihrem V orkommen in den verschiedenen Gebirgsarten,
wobei Wald auf v. Wal den§t eins bekanntes Wedi
Qber die Bohrbrunnen benutzt ist.
Vl\r wiederholen nochmals, dafs dieaea, einen Michst
wichtigen technischen Ciegenstand albehig behandelnde
Werk für den Praktiker vom gröfsten IVulzea und uo- '
gleich belehrentler ist, als irgend eins der anderweitig
bekannt gewordenen* Druck und Papier sind sehr gut,
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GuizeUi Spec. prin«. geo. jur. Hum. ilc del. et poea. 939
aufseniem aber And die Zeichnungen von den erfor-
derlicheD Apparaten auaaehmend deutlich , so dafa eio
geibter KOnatter sie hiemach und «iH fieniKfeung der
hinzug^efuc^ten Beschreibung sehr gut und mit Sicher-
heit verfertigen kann, ein für die Auweaduog höchst
wichtigea £rforderiiife.
M u u c k 0.
KURZE ANZEIGEN.
Spteiamm pHncipiorum generalivim JurU Rusiiae de delir th et poenia ad
mtUm redactorunu Stripsit Herrn. Guizeiti, S. C. \L Imp, Aut-
Diese Abhandlung-, welche der Verl. hei r Jurigtcnfncultat
zu Koni|j^bbtr(; zur Erlangung der Doctorwurdc einreichte, enthält«-
einen willkomniLnen Beitriip;- zur Erweiterung und Berechtigung un-
serci KciirUfiifs dus russischen Strafrechts. Der Verf. hat in derselbe
die Vorschriiteii dieses Rechts über diejenigen Gegenstände, welclie
in dem allgemeinen 1 heile des Criminalrechts abgehandelt werden,
zoiaintnengestellt. Er handelt daher Tun dem Begrifie und der Ein-
theilung der Vcrgeiien; von der Zurechnung; von dem Yersnche de»
Vergehen; von den Theilnebmern ; von den Strafen u. f. ir. — Ref.
will Einiges aus der Abh. herausheben , was von einem Bllgemeiiierea
Interesse sej'n dürfte. I^och immer sind die GescMe dt« Katcert
Alexis, des Sohnes Michaels, v. 29. Jan. 1649. (Uiosheiiia) die Grund-
lage des russischen Criminalreelitfl* In der Rcja«! weiden aack die
schwersten Verbrechen nicht mit dem Tode beetrnft. Doch leidet
diese Regel gewisse Ausnahmen. Desto lahlreiclior sind die Arten
der die personliche Freiheit treffenden Sfmf^n. An der Sjiitse dieeoK
Strafen steht die Venreltttng aaeh Sihlvien, ireleh« wfedernm swel
Gtfede hat, indem^ der Verbreclier entwedar an affentllehea AHbelten
•d«r com Anhaue den Lsadee irwnvtheill wird. Aach fcdrperUche
Zochiigungen sind In tmcliindeaen Aastafnngen anaw 'den gneelsti-
elitn Strafarten. Jedoch siad gewiM SfAnde doaneiben niehl nntar«
iNrrtto. Dnh AitrMMttiea der Naeenfldgel l$i durah ein £diet vom
H. Oec. 1811. aurgcliohaa Warden.
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940
Feuerbacli'« kleine Schritten. Abtb. 2.
Anselm'' t von Feuer b ac h kleine Schrien vei ni{s(hten InhaiU,
Zweite Abtheilung, Nürnberg, bei J. A» Stein. 18ö«i. 8.
Mil V«rgnftgeB leigM wif 4i«t« F^irtieltviig «iner S^mtnlmg
•a« diu gewffs Vielen willkomnteii tmyn win!. IHe in dieser Fert«
eetaong ealhaUeneD Schriften dee den^Wiweneehaften nn frah eet-
riMenen Verfe. haben vielleicht ein noch gröfeeret oder doeli ein der
Gegenwart noch nihev liegend ee Intereeee« all die Schriften der ^nlea
Abthelinng. Wenn aie aneh inegesammt bereite früher In Drnd[ ci^
echienen waren , lo waren ele doch gröfetentheilc , entweder in Zdt-
■chriften oder einseln abgedruckt, nicht nach Verdienet bekannt ge*
worden. — hi» Schriften dieeer Abthetinng elnd folgende: ,yErkl&>
rnng über meine angeblich geänderte Uebersengnng ii
Aneeh'ung der Geech wornen-Gerichte. (9er Verf. erklärt,
dafe er eelne den Schwurgerichten günstige Meinung nie geändert
hnbe. Aber nie liahe er dieie Gerichte unbedingt oder unter einer
Jeden Voranesetsnng nngeprieeen ) — ITeher die obersten £pts*
eopnlrechte der |»rotostantieehen< Kirche. (Sehr nusffihr-
lieh und befriedigend.) — Worte des Dr. Martin Lntherjiber
christliche Freiheit, sittliche Sucht and/ Werkheiiig-
keit — Rellglonsbeschwerd e n der Protestanten la
Baiern im Jahre 1822. (Auch die unmittelbar rorhfrgeheaden
beiden AbhsndU* jcheinen mit besonderer RucItsiGht auf Raiern aui-
gearl»eitct worden zu seyn.) — IbI denn wirklich Karl der
Grofee im Jahre 193. von Regenshurg aus, durch des
Altrafthlgraben, an Schiff nnch Wurnhurg gefahreaf
(Der Verf. neigt, dafs die Nachricht ron einer solchen WuMerfahrt,
welche In einigen Chroniken Torkomnit, falsch eey.)
Gesr Ii icht liehe Gern aide aus dem lihc i7ikr€ isc liaierm.
Erstes Heft: Das hiningcr Thal. Entworfen von J oh. Georg
Lehm ann, protest. Pfarrer zu H'cifsenheim am Hcrfz. Auf Kosten
des f 'c) fassers. Heidelberg, gedruckt und in Commission bei Georg
Heichard. 1832.
Der Hr. Vorf. will unter diesem Titel nach und nnoh die 0fr-
•chichte mehrerer ein^ner Gegenden und Orte ans der Nachbanchaft
seines Wohnortes damtellen. So wie dieees Heft die Geschichte 4m
leininger ThalsB enthält, so will, er In dem nächeteu die Sehlcfciile
des -durkhoimer Thaies emählen und dtrin eino aueführliche 'Gi-
oshichte der Stadt Därkhelm und die Qesehnlbttng ihrer reimnlia
Umgebungen, die Haupt- Momente aus der GesehiditiC der Grafsehtft
Pfeffingen , dann die Geschichte der Grafocbaft Limburg (welcher der
Hr. Verf. (wenn Ref. nicht Irrt, schon frfiher eine eigene Monograpfai«
gewidmet hat), der Hartenburg, endlich eine BesChKeihung desTkalet
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Lehmaaip» Qetcliicbtl* Gcrnftlilfl a. «i> Mlieiiikreite Mermi. iHl
fui lier aiil demselten In gvtcbkfctllcli«»! Zlivtniiiiwliftnge afohc-nileai
Bug Franlceniteiii , netit ftllen älter diese Geilend im Monde des
Telkee lebenden Sagen lielern.
TenEoglidi beelinnu' der Hr. Verf. dteee kleinen SebtHlett den
Unrebnern der dnrin gesdillderten Gegenden eelbit und deren Knch-
liren , doi^li nnch Fremden , welehe die 'releliett nnd echAnen Finren
längs der weiwrelciicn Hardt tieenclien und eich Aber die Seblckinle
«■lerrlehten wollen, dnreb welehe die mbirefehen Bnrgen md Ht6«ter
mieb nnd nach die Gestalt erhielten, in der eie Jetxt so viel snr Vcr-
••diteetiinp Jener reisenden Gegenden beitragen , oder Aber die Bege-
bmlieHen der Stidtehen , welche in sefaneller Attfefnanderfolge ihm
ihm gastlieben Schoos dfibeui. Diese Bestimmung hat der Hr. Verf.
■mhllssig bei seiner Arbeit im Auge behalten nnd daher die geo-
graphische Anordnungeweise nleht im Allgemeinen auf die Tcrthel-
Isag der Materien, unter die einnelnen Hefte n.^dergl. besehrinht,
•SBdem sie nneh in den einaelnen Heften selbst bis nuf das Einaelnsto
dsrchgefährt* Wir erhalten daher ( i^ e ntlich nicht eine Geschichte
d« leintnger Thaies, oder des klelneb Gebietes, an dem es gehörte,
^er des Grafenbanses , wdNshes es Jahrhunderte lang besessen hat, .
•ssdsrn Aber das Alles hören wir nur gelegentlich cinselne Bemer-
ksogen ; den Hanptfaden aber bildet die speciellste' Geschichte der
Bargen, Klöster, Dörfer u. dgl. in jenem Thale, kurz jedes eiosdnen
Pttshtfs, der nur Irgend einer aelbstständigen Geschichte fähig ist
Das Werbchen beginnt mit der>Beschreibong nnd Geschichte der
Feste Geniel nin gen am Eingange des Thaies, einer Feste, die
Mireh interessnnt ist, dafs sie seit dem Jahre 1506. xwiscfaen^den
Qrtfea von Leiningen Und dem Bischöfe tou Worms getheilt war, so
dds die erstore» die nördHche Hilfto, die 'Bischöfe die endliche be-
tilhea nnd die Grenae dieser Besitnongen auch iurserllch dadurch
heieichaet wurde , dafi die Grafen ihren Antheil mit Kalk bewerfen
Itdhsn, wahrend der wormsische Antheil d>e rohen Steine seigte.
IHmn fahrt uns der Hr. Verf. in das liebliche Thal selbst, dem ran-
•cbeaden silberhellen Karlebach eatgegen und glebt uns eine körne
BNebrelbung ron dessen Tordersten Theile mit dem Bisehofs-
*blde, dem Hinkolsteine, dem Silberthalo, dem Malhofe*,
dsa verschiedenen Mfiblen, die langst des Karlebachs das Thal bele-
hm, dem Dorfe Karlsbeig u* s. f.- So gelangen wir -nu einem der
^'"FlgvganstAnde der Darstellung , an der Feste Alt-Iiolningen.
^mu Beschreibung und Geschichte wird aiemllch wolflönfig g^ben,
nd damit werden nebenbei mancherlei Notinen fiber-dle Grafen ron
Milngen, ihre friheren. Besltaer, rerhunden. Dann fuhrt nun der
A^?erf• nach dem Kloster Höninge'n, welches oEne halbe Stnado
Ha AU-Iieiningen entferat liegt. Hierbei rerweilt Hr. L. mit sichle
Uiher Vorliebe und giebt uns auerst eine genaue Beschreibung ron
^ Ueberrsston dieses Klosters und daan euie weltlinfige Darstellung
IMS UbiMn, GcMlitelill. Ckmil«« «* 4. Blifiialiraite Mena.
seiner Geachiehie yqh aeiner SliffiiB<(, velche der Verf. in 4at Jahr
1120« setzt, an bis cum 6. Jan. 1569, wo der letzte Prmr Arnold usd
die noeh übrigen Klostergeistlichen da« Kloittr den Grafon tm ht^
singen als Stiftern und Landesht:rren "Vrrfiirtw , selbst su der evan-
gelischen Kirche übertrat«* und als Pfarrer nngestalH wurden. Oer
Prior Arnold z. B wurde zum Pfarrer für Honiagfa aelliat ernaaot
und ihm 70 Galdan Ci^id« freie Kost und einige sonstige Vortheile
•als Besoldung angewiesen. Mit derselben Ausführlichkeit schildert
der Hr. Verf. die Geschichte der lateinischen Schule« welche im Jahn
1573. van den Grafen PhiU|>p, Reinhard und Georg in Höaisgei
«alhsjt errichtet und mit dem gröfsten Tbeile der Einkünfte des ehe-
valfgen Klosters dotirt wurde. Diese letztere Erzähl nn^r ist aicht
•hne Interesse, Torzüglich durch die Darstellung der INoth und der
Bedrängnistc , mit denen diese Anstalt während des dreifsigjährij^n
Krieges und sonst au kämpfen hatte, se wie durch die Mittheilssg
Bweier Lectioosverzeichnisse, des einen aus den ersten Zeiten der
Schule, des andern vom Jahr 1614, aus denen wir die geringen Air
Sprüche kennen lernen , die man damals an eine solche Wissenschaft*
liehe Vorbereitungganstait machte. Nach dem ältesten Verzeichsiiee
waren nämlich alle Schüler nur in 2 Klassen getheilt, und obgleich
jede derselben täglich (i Unterrichtsstunden hatte, so wurde von Klaa-
sikern z. B. doch in <l<;r ganzen Schale nichts gelesen, als Cicere's
Briefe, Reden, und Ca(o and PlutnrcVs Buch über die Ereiehiin«!
• der Kinder. Anhangsweise folgt nun endlich noch die Geschichte >on
Grünstnclt, wrlclirs ei/;entlich nicht zu dem leininger Thalc eelbit
gehürt, sondern etwa eine lialbe Stunde vaa deaaea Ausgange entlerat
liegt
Alle (Hlsc kleinen Speeialgcschichtcn hat der Hr. Verf. recht
^leifsig nnd genau aiis^^c nrbrltet und dabei die Quellen , die dafür vor-
handen sind, ziitn Tlitil niu h nii^edrucktc, «ort^^ara benutzt. Anfser-
dem unttrstijtzU; ihn hicrljt i gowohl, als vorzüglich bei der HcHi brei-
bunj» de« ^(■■;^cn\väi tif;( n Znslaii(!< N der einzelnen Ptmkte hciuc Hiil«er«t
genaue KenninilH di-r Orth vcriiiiltiiissie in diesen, «eitur Uciin.uh so
nahe |2;elcgenen Crei;endin. Kurx d.iK Liü<:hlcin, welches kcitun Aa-
spruch darauf macht, eine ^Mrklieiie Bcruichcrunp der hlHttirischcn
Literatur zu seyn, wird doch gewifs von Jedem dum oben angegebenen
beschränkten -Zwecke ang-eraesaen gefunden werden. Viellefrht wäre
ee diesem Zwecke et]tK|>rechend (und bei der Fortsetzung dieser kleiaefl
Sammlung möchte Ref. dem Hrn. Verf. rathen . auf diese Bemerkoeg
Rücksicht zu nehmen), wenn Hr. L. sieh eine etwas pjrfifscre Ge-
drängtheit zur Regel gemacht hätte, damit nicht der Leser durch gar
zu viele Kleinigkeiten ermüdet, ehe er im Stande iat« dia interaMaa-
terea Angabea aus denselben herausaufinden.
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Btiiiim %mm nipennnt , «i« N» Sul.
MS
pMä Amotmi «6 llhuin* driÜM |»Mlot«fiA0nMi Ai alM« «mtMrWfffle
Mltrlol« IfÜMml« AAMMia le^fme imp09rmtim §erif9k Nie»-
immt 9mml, YVeiwrmj^, »eminarit regit pkilologiei «oMb oi^ii«-
ffat. ffoiifiae. TVpli Cbrott Geor^tt , M»CCCXXMi. 9^ S. in gr. %.
Uator d«B mlÜTelclieii V«i«idbcii, dlie Ffagn««te. Titlomrr
tdiriftotaltot m Mauneln mmä «nliMn , vi« «le in 2oitt«
•iMhinMi «M, «imH ▼•rlNH«ii4ft ScIiMfl« W^lolie die Bniffliiliclie
■4m. IHchters Rhinn«« ratlwU, ff«wtr« «im viihinlidi« Stell« «in,
blen «io sowohl durch Vollständigkeit ond rnfBioend« B«iiMdliiag
dct Gegenstandes, als durch einen classisehen Vortrag sich ansxeich-
■et, und in uns den Wunsch erweckt, den Verf., der mit diessnn^
Vsrsneh naerst In der gelehrten Welt nnfgetreten ist, noeh öfters
««r diesem Felde tn erblicken. Ole Znsaoiaienstellang nnd ^rdrte^
mg der wenigen ans dem Leben des Dichter« Rhiamis (den «ine
Angabe bei Saidas an einem Zeitgenossen des Sratostbeaes macht,
ilie awlschen 276—196. a. Chr. seist) bekannten Angaben, eröffnet,
wie billig, das Ganae, dann folgt die Angabe der Schriften ond der
teans nn« erhaltenen, freilich leider sehr vahadeateaden Brnchstücke.
Calsr die Cksönge episoher Art fuhrt der Vetf«, anfi Mmiyv^aiuC,
'ISigaadäkk^ esevoAiK«, 'A%dyuif 'Wawmi anter diesen Titeln n&mllch *
Skid eine Awahl Fragmente ^othandea, neben andern, von deaea es
aabskannt ist, welchem Gedichte sie angehörtem. Ole messenlsoiien
ftis^nge «fhalten dadurch «ine besoadere Bedeutung, dnfs Pansanlas
WS ilinen hanptsäahllch seiaa BsisteUnag der messenischea Kriege
gmeinmen hatt ein Piwikt, den der Verf. mit Recht näher behandelt
asd'esörtavt hat Ueber die Herakleen sind unsere fdachrichlso au
divfiig, als dnl« wir nber Anlage, Inhalt und Gang demelben nähere
• Aafsehluasa erwarten oder nenn Vermutbungen wagen durften« £her
lilst stcb dUes bei den drei andern Gedichten thua , so wenig genau
vbr and» im Gaaaen über deren Inhalt unterrichtGt sind. Es waren
4iN aweifelsohse Geübte« wie sie jenes Zeitalter der alexandrini-
«iben Paa^ie lieferte, benchreibende Poeme, erzählende Epea» hislo-
iifcb<.gsogTapblfQh'>iii7thisQhen Inhalt«, in sofern in ihnen die alten
Tmdiliaaap aber Ursprung nnd Sehiaksalo der heUenischcn Stfimme»
«ber ^sraa erste Sitae und Anlagen von Städten und dcrgL m^ ba^
hsnddt wurden, und die Dichter in der Darstellnag uiid Eratählang
dieser Gegenstände ihre Gelehnamkeit nnd ihre geographisch -histo-
tiscben Kenntnisse an den Tag zu legen suchten. In wie weit dies
sneb bei den bemerkten Gedichten des Rhianus der Fall gewesen,
erlauben indefs die wenigen Bruc* stucke kaum näher zu bestimmen.
Is der aweiteo Abtheilung bringt der Verf- (Hc Stellen bei, in wel-
chen des Rhianns als eines Grammatikers nnd Kritikers gedacht wird,
der eine leider- anr au wenig uns bekalinte Reconsioa der homeri-
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944
WotMl, Alle« oinI Neue«.
•dien Geilielile lieferte, die selbst Wolf «eU Köber.anscblagea m
rodtsen glaubte, ole ghaliche RecenueneM aallerer GraiDmatiker jcnw
SSeltalteMu — I«4er dritten nod letzten Ablheit nag fübrt derYerf.
die bei Stobfiu« und in- der Anthologie befindliehen fipigrämme auf,
das einiig velUtändige, wm wir besitzen, und was nne sugleich über
das poetische Talent dieeet Dichter^ cinigerm^rsen artheilen läfst.
Der Verf. hat mit Benutenng der früheren Erklärer die inm ¥cr-
etftndnifs nöthigen Erörterungen bei jeden fipigramm beigcfüg^i omi
so einen voUständit^en kritisclHexegiclieciiea Comnieotar geliefert, wel-
cher äberall die Beweise ciaes grAndlieiien «nd amfaeeendeo Sprtdi-
aindiume eatbilt.
Altes und yeues. Blätter für die Jugend, zur Beförderung wahrer
Vtratandes • und liLyzcnsbiUlun^ ha uus^cgcben von lf\ U^etzel,
Director der hohem Stadtschule zu Barmen. {Der Ertrag ist zu
wohlihätigta Zwecken bestimmt.") In Comniinsion bei C, J. Beekir
in Elberfeld. U u. Zs quartalhefi^ 1831. I*i3 und Sb 6\ m 8.
£• «ollen diese Blätter 9,in sorgfältig gewählten Ersähloages,
gnten Gedichten, Lebensbeschreibungen, Merkwärdigketten ans der
Lander-, Volker- and Naturkunde der Jagend eine angenehme asd
nntaliche Lektüre dnrbieten and das Herz auf Gottesfurcht und vikis
Främmigkeit binlelten." Yfit glanben wohl das Urtheil aussprecbM
an können, dalk dieser Zweck durch den Inhnlt, und dnreh die Alt
und^Weise der Behandlung erreicht sey, and nehmen kein BedeiAss,
diese Blätter de^alb* denen, für welche sie besliianit sind, an
pfehlen , als eine nntxUche , belehrende , den Sinn auf höhere Ge^s-
•tftnde richtende Lecture. Auch die einseinen Gedichte (a. B. öksr
die Blumen, das Frühlingslled, Winterlied) empfehlen eich darpk
einen einfachen, das kindliche Gemüth anspreehenden Sinn. Unter
den Ertählungen machen wir aufmerksam auf Heft I* S. 14 :
hat der Herr Jesus die Kinder so lieb,** oder die ausfilhriiche ürssb-
lung S. 49 ff.: ,«Der merkwürdige Bauersmann. Eine wahre nnd
lehrreiche Geschichte," oder Heft II. S- 18 fi. auf die grofscre Ertsk-
lung „Johann Christian Stahlschmid's Leben und Schicksale an Wetter
and WBL Lande.** — Wir wdnsehen dem Unternehmen/ segensreickM
Fortgang.
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N'.W. HBiDBLB. MURa UTERATU& 18M.
DeAgobardi. arcJiiepisropi hugdufiensis y vita et scriptis. Com^
ment. pertun.na ad Itist. eccl. scculi IX. quafa in Acad. Ludovietana
ad summos in phihü. hvnorcs rite capessendoa a. 18S1. publ defcndit
€nr. Bern. Uundcslmgen. P. I. Agob. vitam continent.
6'iti««en^ bei Lichtcnba'^cr. 94 8*
Unter den jungen Männern, welche ihren auf kir-
chengeschichtliche Forschungen verwenrleten Fleifs
neuerlich durch gute Frobeschriften bewiesen haben ^
Terdieni der Verf. nicht nur durch die Bearbeitung, son-
dern vorziiglich auch durch die Auswahl des Gegen-
stands dieser Schrift eine rühmende Ausseichnung. Aue
dem MittelaNer \si lür unsere Zeit hauptsächlich nur
der spätere T Ii eil, von Pipin und Karl dem
Grofsen an, einflursreich und in diesem Betracht eines
besonderen Studiums Werth. Wozu hilft es sonst, dü-
stere Zeitalter, wie das sechste und siebente Jahrhundert ,
zu (hil ( h forschen , wenn ihre Wirkungen bis aut unsere
Zu^iaiuie herab fast von keiner Bedeutung mehr sind und
solches Bemühen etwa nur durch die Richtung auf das.
IjDÜbersehbare und die unbegrenzte Wahrheit, dafs doch-
alles Menschliche in einem Zusammenhang stehe, für
Die gerechtfertigt scheineii iikx hie, welche überall vom
Ei anfangen wollen und daher kaum bis zur Henne selbst
kooiineo?
I^Ag^g^D ^ Epoche der Losreifsung des
Westen vom morgenländischen Kaiserthum
flir die indefs gewordene europäische Staatenwelt nicht
nur an sich der wichtigste Scheidepunkt , sondern auch
deswegen, weil «lurch den Charakter der Regierung
Karls des Gr., in welcher sein gleichsam hausväterlicher,
immer erst vom Einzelnen in's Ganze übergehender «nd
dennoch genialer Ordnungsgeist vorherrscht, eine sehr
gründfiche und ziemlich schnelle Verbesserung des ganzen
staatsgesellschaftlicheo und kirchlichen Zustands vorbe-
reitet war.
Dafls aber dieses Begonnene keine | oder vielmehr
XXTI. Jahrg. 10. Ueft. 60
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schädliche FrlIciUe trug, iiod durch diese nichi nur die
CaroliDgische Dyoasiie su Grunde ging, eondem aych
Üir Jahrhunderte ZerrfiUungen des Regineots und Zef»
Stückelungen der Staaten veranlafst waren, davan lag die
Schuld fast aliein in der Person und Kegierungsart seines
Nachfolgers, des, zum Unheil für ihn und für Alle, nur
aberglaubig frommen Ludwigs. Diese Quelle der Uebel
ist demnach eines Torzüglich geneuen Studiune und der
Vergleich ung; mit dt in werth, was nach dem Regier
• rungstjpus Karls des Grofsen zu erwarten gewesen wäre,
weil derselbe nach der Arl wahrhaft grofser Geister
durch umfassende Verbesserung der einseiaen Theile ein
tilchtiges Ganzes zu schaflfen angefangen batta
, Traurig genug ist es, dafs gerade das, wodurch
Karl alle weiteren Verbessertino tii möglich machen wollte,
nämlich die Verbreitung gelehrter Kenntnisse
unter der sogenannten Geistlichkeit deswegen
das Gegefltheil wirkte, weil mehr die Kirche, als die-
Religion, und mehr, ein Lernen Air das Wissen als eine
Bildung der Gemüther für christliches Rechtwolieu und
üechthandeln, zum Ziele jener Bestrebungen gemacht
war^ und weil zugleich die sogenannten Weltlichen
laeiflt noch als eine sich absondernde Kaste in der ange-
wöhnten Barbard 'ttflfl Rohbeit zurQckbliebeo. 1km
kam dann die h^sondere ungliickvoUe Fügung, dafs ge-
rade die Hauptperson, welche Karls Werk hätte fort-
setzen missen^ durch das ihr von Kindheit auf
eiogeprägte Erlernen und Verehren der
Kenntnisse des Clerus ein Knecht deuselbeo
geworden w a r.
Es ging hier noch schlimmer, als bei Kaiser Va-
ieutinian, welcher, weil er selbst wenig gelernt, aber
mturiichea Verstand genug hette, um, wie viel ihm
frfifaer erlernte Kenntoisse nützen könnt|;n, zu begrafea,
nun den Thronfolger, Gratian, ilesto eifriger zum Ge-
lehrten bilden liefh, dadurch aber dem Reiche nur einen
Mann vorbereitete, welchem die Mufse bei weitem lieber
war, als das Regieren. Auch Karl hatte im früheren
kriegerischen Und ritterlichen Hof leben wenig gelernt.
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Ar. |I«ttdlMlktgeB, villi Agobferfli, Atefciej^t Ingdift. ttt
aker «loidi eigentbimltehe G«ilA«0ktift WuAto Er ah
ein ohne Geräusch uberall thätigcr Regent für Vieles die
Kenntnisse Anderer beflacht.^am zu benutzen und znm
Tiieit selbst noch sieh anzueignen. Gar sehr betrieb er
«6 dagegeu , dafs der Sohu Lodwig desto mehr eiogelernl
md «ingeOhi haben wihe. Oer einzige Fehler war, daft
der Vater «ricfats Von seinem Geiste in ihn ttbertrageti
konnte. Auch um das Regieren einzulernen, versetzte
ihn Karl frühzeitig als TJnterregeoten na'ch Aquitanien,
und viel Löbens Terbreitete sich von dort ftber das unter
Lodwigs Namen gefißhrte Regiment Aber, wie ei bei
irilMweiehen uttd schwachen Geinfithern zu geschehen
pflegt, Lud\vig selbst kl liie niclit , zu regieren, sondern
nur durch die vom Vater ihm Ziip;egebenen regiert zu
Werden. Dies offenbarte sich, da ihm Karl die grofse
Aufgabe, eine Iregonnene Staatareform über die dtei so
verschiedenen , so grolben Reichsbestandtheile weiter M
f&hren, htnterltefs.
Luduig ;i^eliÖrte mit seinem immer wankenden und
doch immer wieder auf sich selbst zurückkommenden
Eigensinn überdies unter die Nachahmer^ weldhe dae
Madige Gesdiiclc huben, das , was Tön Andern pMsead
uilt«riiom«neo %nir, gerade nnter den unpastsend^ten Urti-'
stSnden ebenso machen zu wollen. Karl hatte die gerst«*
liehen und weltlichen mit ihm zugleich gesetzgebenden
Magnateli wechselsweise durch einander in Schranken
gelialteii , die Gei^tKchen aber , yomllmlich ditteh die
de« WeMHehen fehleaden Kenntftlsse den Mangel det
Sut^rlichen Macht zu ersetzen angeti ieben. Ludwig war
für seine Person den Studien und Uebungen der Geist*
lichkeit so ergeben, dafs er einen tiefen Respect vor
ihrem Stande haben mufste, dennoch waf Er sogleich so
herrisch, daft Br selbst manche Im Einzelnen sehr will-
kührlich behandelte, noch mehr aber seinen Höflingen
und Rittern Eingriffe in ihr Anseht ii und Stiftungsgut
zuliefs, die als Neckereien der (Jebermächtigen desto
liefer aufreihen. Schon aber begann jet2t die weniger
ai^cSabave Uebeirmaeht der Studien und die Kraft des
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946 Dr. Uundeabftgen, Tita Agobardi, iircliiepi Liiydae.
Worts oder Berecitamkeit gegen die Unkundigeren zu
wirkeD. Aufserdem, dafe die Verstaodefibildaog allein
Dicht besser, sondern nur anch für das Schlechte ge-
wandter und mittelreicher macht, wurde «luch der zum
Lernen angetriebene, g;eistlirhe Stanc! meist durch Em-
porkömmlinge aus den ungebildetsten Kiabseu übeilülU,
deren Sitten und Leidenschaften, wie sie erziehungslos
erwachsen waren , roh und ungebändigt blieben , durch
die erworbenen Renntnisse aber nur um so eher die in-
neren und äufseren Mittel , ihre Selbstsucht bis zum
IJebermuth zu befriedigen, erhalten konnten. Ueberdies
bestund alles nur ans zwei Ständen, deren jeder als Kaste
zusammenhielt, dem andern entgegenstand, an einen
dritten Stand aber noch gar nicht denken liefs. Alle
Machlhabeiulen im Reiche theihen ^ich nur in die beiden
Klassen, welche als weltliche und geisliche unterschieden
wurden, und nur im äufi^ersten Fall aus der übrigen
Menge die henrorstecbendsten unter sich aufnahmen , die
Menge selbst aber in der Unmacht zn erhalten strebten.
J]ald nachdem Karl nicht mehr die Wage hielt, zeigte
es sich durch die schiiininsten Erfahrungen, wie gefähr-
lich es ist, wenn die zur Wissenschaft fortschreitenden
Kenntnisse meist nur einer gewissen Kaste angehören und
darin znnftmäfsig getrieben werden, so dafs die Unwis^
senden unter den Mächtigen auch wieder ihre eigene
Kaste dagegen bilden und geltend zu machen suchen.
Zwischen diesen zweierlei Kasten stund nun der
schwache Ludwig wie eingezwängt und meinte, seinen
Vater möglichst bald auch darin nachahmen zn können«
dafs er sein Reich, in STheile zerstückelt, seinen Söhneq
uiittrgab, den äll( sten sogar als Mitkaiser annahm und
unbedachtsam genug voraussetzte, die Dankbarkeit (diese
ohnehin unter den Menschen so seltene Tugend!) werd^
jene erhobenen Machthaber immer ans Pietät zur folg-
samsten Unterordnung unter ihn bewegen. Statt des
Einen Hofes, von dem man mit Recht witzelte, daft
die aulu für die Meisten nur eine olla sey, drängten
sich nun um vier Throne alle Die, welche als Güu$t-
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Or. HuDdeshagen , v.ita Agobardii Archicpi Lugdac. 949
iinge sich Klerikaiisch oder HiUerüch auf KosteD des
Volks SU erheben und also dieses zu unterdrücken ver-
mochten. Murrend Termehrteii sich die Klagen fiber
Xfangel an Gerechtigkeit und Staatsverwaltung. Weil
man in einem solchen Zustande gerne nimmt, wo etwas
zu finden ist, so wurden auch die Klagen immer schreien-
der, dafs die Kaiser, die Könige und ihre Ritterschaften
besonders die Kirchen- und Klostergfiter wie etwas nur
ikr sie Gesammeltes behandelten und die Mftnner des
Kriegs und Hofes, wenn sie im Dienste der Welt gleich- •
sani ausgedient hatten, in die heiligen Pfründen Gottes
oder der Kirche eingedrängt würden. Da es dem Klerus
an äofeerer Schutzmacht fehlte, so wuchsen diese Be-
schwerden im Stillen, bis Gelegenheit 2ttr Gewalt ent-^
stand. Doch bereitete sich der Klerus für diesen Fall,
der nicht ausbleiben konnte, dadurch vor, dafs die Mei-
auog, Ludwigs Aegierungsrecht sey „von Gott," aber
eben deswegen auch den Stellvertretern Gottes, denKir-
chenhänptern , aur Beurtheilung unterworfen, in ihn
selbst und in die Glaubigen festgepflanzt wurde.
Endlich entwickelte sich die miihsaHi zurückgehaltene
Zwietraeht. Ludwig vermählte sich auts Neue, wurde
jetzt auch noch von der zweiten Gemahlin Jutlith und
Deren gewaltthatigem Günstling, Graf Bernhard von
SepCimania, beherrscht, bekam einen Sohn, Karl, und
sollte nunmehr auch für Diesen ein Regierungsiaiul
schaffen. Die drei Besitzer hatten nicht Lust, etwas ab-
zutreten; ihr Interesse Tiehnehr war, alle Regierungs-
fehler Ludwigs öffentlich auszustellen. Jetzt wurde vor*
nämlich' ein kirchlicher Zelote, Wala, der als naher
Verwandter ( consobrmus Caroü M. patrui cius filius.
Uta ff aide f. 442. auch Schwager des Grafen Bern-
hard) unter Karl und Ludwig vielen Einflufs gehabt,
and da er diesen verlor sich mit vollem mönchi-
schen *) Ernst zu dem ineinander wirkenden gallischen
*) Juxta itrofe sRioiu ni tiionBKdf rini nr^ununtose monthM , nc nostruiit
alHfiHfi [tropriaui v(»liintuttm stqm rctur. Altoquin , njcbat, quo-
iiiuUo riitionem pro aliquo reddiluroä i^io (Alibas) nhi et potesta-
4m cornorh «iit volwniattm i)ropm nrfrttrti mihi reiinauat, Vita
Walae. f. 459.
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IM D«. Hutd^luigeD, yIU Agobardi « Arclilepi LvgdM.
Uiui deutscheu Doppelkloster Coivai zurückgezogen hatte,
dazu benutzt, dafs er auf einem Reichstage 829. (IVote
zur FHa WcUae Jol 867.) zuvorderst ,,vqd 8eiteo GU»itas"
(oder d«f Kiroke), JUndwl^ Rcigieriiiiff ate kircken-»
vivberisch aofriff, wagegeo «r dm qpätcvbia Iummv
mehr yerfolgteo Plan, dafs die Kirche mit allen ihren
einmal an Gott abgetretenen Besitzungen in die mdgiichsie
IJuabhängigkeil von dem ganzea weltlieboii Regtmeat
Yersetzi werden müfste, als das eindige Gege&iniltel hmw-*
Tarbllekea ftef& Wala, ala ein strtog eoihakBamar Mdneli,
veriangle fvdMidi nur, dafs die Rircheii^üter nicht blos
nach Belieben des Kaisers und der Weltlichen gemifs-
braucht mrerdeu sollten, dafs vielniidbr durch besüinnUe
Verabfiedaeg und Theilaog von der Baccb» abjg^velu
«ftrdei. ai ^uid (rgÜonahUüer) ad mua^-määiiBe €aM-
benahm met y nod daft
^en sejn sollte, ad sevularia tramvolare. VHa Wahle,
f. 470. Dieses Streben nach kircblkJm* Selbstständig-
keit aber imilfte um so auffallender seyi», waii die Natioa
der Franke« toq jeher daa heidalsGhe nod naebber das
chrietlkhe Priesterthom nicht sehr andSchtig zu behan-
deln gewohnt war. Jetzt hingegen fühlte der Klerus
die unter Karl erworbene Macht der Kenntnisse, die
HofgeistHchkeit besonders benutzte ihreStelluDg (£ 471.)|
und das Guter selbst wucde AiiMel wm Sdiihniiistett, laeB
Ludwig tau Kindheit auf ein Kne^ diss pfUfflseheu
Aberglaubens gewordea war und selbst die seit Pifun
gewöhnlicU gewordene heiligend -schützende Fatinel:
„Von Gottes Guaden ' buchstäblich sieb sa erbbirea
liefs, wie wenn die Bisebdfe als Goitas SteUTeriiete
von seiMV Regierungamiee Reebeueeluift m fordhm,
uad ihn duveh Rlrchenbufte zu degradSreo befugt uaren.
Unübersehlicbe Verwirrungen und der soiiderbafste Par-
theieuwechsel waren hiervon die Folgen
Bafd (c. a. 830. Väa Wahe foL 477.) vereinifta
sich Alles wider den schwachen Kaiser und den Anbang
seiner JucUth« Graf Bernhard ( über welcben Pascbasiiis
f. 473. als tyrumma naso = der seine grefse Nase hoch-
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l>rk Uttüdetbagou , vüa Agolimnll, Arckiept Inigda«. 9&1
trug, spottet) Ilüchlete nach Spanien , dieKaiseha, deren
SeliJi'Kftrl tmn ihm nmachreiben eiq lotereme liatt#,
nvfele sieh durch den Rloirter^ühleier Tom T^de reiten ,
Lodwig selbst sollte das ßet^piel der Merovinger er-
neuern und die Mönclistonsur annehmen. Aber in Kur-
zem zeigte sich's, ciafs das blosse Verwechseln der Kiaen
Regierung mit Ureieo andern oiohts verbessere und nur
die Fabel deaeo, am kraakeo Beiir einmal 6cli«o ge^
wdbnten. Fliegen erneuere. Das Volk, so gutmflfliig ,
wie die kursfsiclitige Mengte iniiuer zu ^^ej^n pflegt, fühlte
gegen den mifshandelteu Kaiser Mitleiden nnd die Män-
ner, denen ee wirklich mit dem Verbessern in Staat und
Kirche Eraet war, ifewauden zweimal die HlllfD der
Mehrheit so weit, daffi der abg^etste und durch die
feferlichste Pönit( nz selbst des Rerhts, Rittei waffen 2u
tragen, beraubte Pius doch wieiier auf den Thron ge-
setzt wurde. Aber wider Wala und die, wie gewöhn*
Keh« kleine Pbrthie der Ordniingsfreande aus beiden
Easlen stunden bald wieder awei eigennQtrigere, tou
denen die eine das F%eich förniUch unter dem Namen
Gottes in eine ilenschaft der Prie«;ter verwandeln woUte,
die andere aber bei den drei, o<ie.r vierfach getheiiten
Höfen und Regierungen ihren Vertheil sicherer im Kriege*
und Hoftlienet m finden glaubte«
Agobard nahm durch Schriften und persönliche
Thätigkeit für den Vortheil der Kirchenkasle auch an
der Parthei der weltlichen Feinde Ludwigs grofseu An-
theil. Deswegen konnte der Verf. mit Recht das Leben
dieses Brebischolll als die Schiltlermig der ganzen Zeit ,
fua der wfr indefk eine psychologisch^* historische Skizze
gaben, mit hinreichender Auswahl so bt^haiulelii , dafs
wirklich die Biographie des Einzelnen von der Geschichte
seiner Mitwelt mehr als von ihm selber enthält, und also
eigentlich in das Stuiünm jenes Zeitalters einleitet, wo
der Kampf der weltlichen Kast^ zunftchst die ungleich-
artigen Nachfolger des grollen Karl zu Grunde richtete,
Deutschland alsdann zum Wahl reiche oder zum Spielbali
der Greistliefaen und Weitiicheo, aus Staatsbeamten in
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StaalsajiUbesilzer verwandelten Magnaten machte, und
auch, bis auf die Zeiten der vorsichtigeren Habsburger
herab, in jenen unbeschreiblich verderblichen Streit mit
der Pabßtmacfat uad in Aomafwog einea Rechts, fibcr
lUilien , welches ohne Reichselande war , in RdmersilgeD
m despotisiren , verwickelte.
Das noch für unsere Zeiten "Wichtigste wird im Ka-
pitel XII. S. 67 — 82. riclitig, zugleich aber doch so
dargestellt, dafs wir gerne eine noch bedeutendere Aih
Wendung daran knüpfen mochten. Pamals, da Ludwig
seine Judith und ihven Bernhard wieder an sich gezogen
hatte, und deswegen 833. seine Sohne auls Neue be-
waffnet gegen ihn anrückten, kam auch der römische
,,8unimus Dei Ponfifejß" (fol. 484.) (iregor IV», wahr*
scheinlich durch Lothar, den Kaiser und König von Ita-
lien, aufgeregt, zur Theilnahme wider den Vater Lud^ i^
in Bewegung. Wala's Parthie hielt (foL 479.) sehr
darapf , dafs die erste Theilung des Reichs und die Er-
nennung Lothars zum Mitkaiser apostolica saiis aucto^
ritate ßrmata gewesen sey. Wala hatte auf die Wahl
des Pabsl Eugen grofsen Einflufs gehabt (foL 464.) 9 da
er Anfange 818. dem Lothar als paedagogus beigeg eben
(f. 462.). Lebeihaupt war die zelotische Parthie Walas
weit mehr dem entfernten apostolischen Stnid, ais denen
aus der ^lähe bekannten fränkischen Metropolitanen zu-
gethaa Des Pabstes Aufenthalt im Heere der Söhne bei
Colmar machte Aufsehen, und selbst die fr&nkische Geiet-
lichkeif war in der Meinung, ob? und wie weit er sich
in ein Richten über diesen Streit einzulassen hätte? sehr
getheilt. Eine beträchtliche Anzahl von Bischöfen hatte
den gedemOthigten Ludwig wieder auf den Thron ge«
setzt, weil sie selbst durch ihn Alles zu beherrscbeii
hoffte. Sie war «laher gegen den Pabst, wenn er mii
kirchlichen Waffen die Söline zu unterstützen suchen
w^urde, höchst aufgebracht. Dieser Theil des fränki«
sehen Klerus war noch so wenig an die Idee von einem
Universnl - Episkopat Roms gewohnt, dafs sie Gregor IV«
(f. 4btt.), wie in der viia PiiLudimci bezeugt ist, hn*
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Dff. liua(l««hBgen » yiu Agobardi, Arcbiopi Lufdae. 969
drohteu, weott er, um zu excomtnunicirea (Ludwig
fkirch Kirchenfemlt z« befehden), hergekommen wtr«,
solifte Er vielmehr als excommunioirt wegsusiehen haben.
Aach wnPete Gregor selbst, nach «einer ephiohi an die.
Bischüfe, dafs sie ihm in ihren Sprengehi Jemand (d. h.
Aohäoger Ludwigs) zu excommuniciren , nicht geslaUen
woUten. Sogar der fromme Ludwig behandeiie ihn, da
der Pabst endlich ihm in seinem Lager einen Besuch
nacfate, ohne alle gewMinliche Bhrenbeeeugungen (foL
48i).j, weil er unberufen und nicht wie seine Vorfaiiren
nur voctttuü z=z auf Betehi des Hegenteo, vor ihn ge-
kommen sej.
Dennoch ereignete sich hier der sonderbarste pllüa-
iiohe Wechsel der Ansichten und Erfolge. Nach der
liber diese Thatsachen oniiibar sehr f^lanbwürdigen Le-
bensgeschichte des Wahl (die von seidciii Begleiter, Pa-
schasius Hadbert, ebeataiis Mönch im deutschen Corvey,
verfafst in MabUlons Actu sanotorum ordhm Benedict^
See. IV. P. I. /. 489. nachzusehen ist), wurde der
vorher lange von der Kaiserin Jndüh verfolgte Wala aus
seiner Zurückgezo^enheit in jenem Kloster, Deutsch -
Corvey, durch Gesandte des Pabstes und der Könige,
ia (las Lager der letzteren zu kommen, genöthigt, wo
CT den Pabst durch jene Bischöfe sehr in Furcht gesetzt
antraf. Wala und Radbert, wie dieser selbst als „comea
mremotus" erzählt, übergaben dem Pabst „einige
durch die Autorität der heiligen Väter befe-
stigte Schriften seiner Amtsvorfahren, nach
welchen Niemand widerspi-echen könne, dafs
Er (der Pabst) die Vollmacht, ja Gottes und
des heiligen Petrus und seine eigene Auto-
rität dafür habe, um an alle Völker für den
Glauben Christi und den Frieden der Kirche,
für Verkündigung des Evangeliums und Be«
ttitigung der Wahrheit zu gehen und zu
sehieken [folglich auch nan vocatu» zu kommen],
und dafs auch in Ihm alle die überwiegende
Autorität dcö seiigeu Petrus und eine leben-*
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Dr. Uundeshagen, vila Agobardi, ilrcliie^i Lugdae.
Alge VoUriiacht sey, damit Alle von Ihm sich
cichteii lassen mürsien, Kr selbst aber van
Miemaiid bb rieklen say«
Leickt krt bu f laubeB , wa» Radberl hinziMctet, ilalk
der Pabst diesen Schriften*) froh und dankbar bei-
gestimmt habe und cla du ich sehr ermuthigt worden sey.
Alle Erwartung^ aber übertrifft es, dafs hierauf Radbert
§• 18. fol. 490. Tersichern konnte, der Pabst sey Bwar
xmk Lwdwig obm BSekt'Bod ehae EbrenfoeBeBgong io
das Lager der Söhne zarftekgekommen , in der darauf
folgenden Nacht aber hätten durch eine be-
sondere Wirkung Gottes (!) den Kaiser alle
die Seinigen mit einemmale verlassen Bod
sich mit deaa Lager des Milkaisers Lotksr sbs.
Italieit (a pariejtlhrum ei Pemi^Sei») bbio BretaB*
nen Aller so vereinigt, dafs dieser nunmehr
den Vater cum Justina aua ohne Schwert-
Htreich gefangen nehmen und sich, okoe eiBsa
Heichstagakesch^Bfs, BBm alleiaigeti Ober-
baBpt des Reiche (auf eine Zeit lang) erheben
k o n n t e^
*) Ich e«be, wegeoidei Merkvärdigkeit, wörilicb, waA Pascijasiui
Esdbertaa» alt Auffenzeuee von dem Verlauf, erzahlt t „Ohlau
•aaellMlmo pontifici. Satis TeneraMUter cai» maf^na aloerilate
ne« excepit, qnia rrnriabator et ipae animo, pro tiiHbas, qaae
repercrat, qitalia nuiiqiiam prius credere potuiHHet. (!!) Ter-
retatur auitm, ^od valde dolendom eAt, ab Augost» et ab
MnllMia attie, etasm oft EpitcopU, qui aibi [aldb unteveiBMite]
K'flie (i\i\im Tenisaimua , deztraa dederunt (so geoau weifi et
8oha»!), qTiod nnanimpB esse ad reRifitendum his, qni ad-
verso erant , llegibiis filiig, Prlncipibus «t pupiilo. IiMopet
consiliabiuitur ürniaiUea (prob dolor!) quod eundem j4postolicum,
mdtf ni% weaht» «eneraf » -dep^ner^ thhmrmtt. Erat enrm ibi
Faihur [Ebba al« Gegner de« mit Jeremias TergHchenen Wala]
et reltrini , Pridein rnm JuRfina (Judith) sentientea. Qlllbof
auditis pontijes pturinuiui iiiirabatiir et oere6otur.
„Unde et ai dMiaMt nonnulla, eanctaram patrsm auctafl»
täte firmata, jMraedecessommyue conscripta, quiluis nullus con-
tradrcere possit , quod Kjns cRsct pdtPstriR, inio Dci et b. P^tn
Apostoli ^ Nuaquc auctoritii!« ^ tre, mittcre ad omne& genies ^ro
ficlti Cbristi et pace ecclcsiarum , pro praeäicatione evanf^cUi et
otierNMie waümth, et in e» eaaet anifiAr tautvrUag^ kt&ti JMri
escelkm» et poteatas yiva^ a quo oporttni utä^$naa imHovri its»
ad ipse a nemine judicandus esset.'*
„Quibiifl proPccto 8cripti$ grataaler accepit [verm* aceeieitj
et valdo confortatu$ eat.^*
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*
Dr. UuoüeshagcD, vita Agobardi, Arcbiepi JLttgdae.
Paschasius mgi uns zwar, dafs diese hnmutatio mentia
mguloinm 8ine ulliu», quantum rescire p^9tui,
perauamioue mui eathertatione geschehen «ey;
iBMfe vaUe dihtenlo m4 euudem Powtifieem
nimua pro miraculoy und Einer der Römer ihnen
entgegen gesuugea habe: Ihxtera Dmnmi fecit vir'*
UUtm Sfc.
Sehr wichlig aber wird, in diMem ZiMnmenhaDg,-
die Frage: Vdn welcher Art .denn jene nomnnlla
sanctorum patj'um auctoriiate Jirmata praedeces"
SQrum (ponttficis) cons cript a gewesen se> n möfs-
teu, die dem Pabi^te so viel Ernr^ulhigung gegeben hätten,
und die doch wohl auch auf Jenas ptötsUcha, sonst fast
labsjtraiffiche Uebergehan Darer, qui pridia iam fprteB
erlmt ei conatanies , vom Vater zu den Söhnen Einflufs
gehabt haben möchten.
Charakteristisch ist es, dafs der Hauptinhalt jener
Sehriften in dem Satze bestand : Von dem Pabste aiüfsiep
flMi AllO) Er abar sieh fon Ntemand richten laaseii
(a quo oportebat ukiversos ßtdwari , iia ut ipse a
nemine ju die an du s esset). Bekanntlich geht dieser
Satz von mifsgedeuteten Worten des Apostels IKor. 2, 15.
aus, welcha im lateinischen Kirchentext sagen: „Spi^
tituaii» mdem Judicai amnMt« ei ip^e a nemine
jmdieetur^ An diaStetle des Pneunwtlsehen, d. i. des
ChristHch -^vernünftigen, welchen allerdings die anima-
lifich- sinnKehe Denkart = das -i^v^ixor, nicht richtig
zu beurtbeile» varnMig, setzte der Klerus oder die Geist*
Hohkeit gar mi gerne sich aelbat, wie wem» sie
aHain nad gewife die Gelatigen wdreo. {So viel
hängt üft an einem Titel, an einem Kunstwort!) Auch
IWhaslus Hadbert seihst (eben der, welcher nicht nur
die Transsabstantiationslehre in ihrer handgreiflichsten
Sestah vorzutragen angefangen hat, son«|er» auch , s. Gie-
Klar K.6.,iIL Periode §. 14» 8. 90. etne Nonne belehrte^
daf^ Ckfieiue wie cAvuafl» vhceribus cenceptue^ ebeniKO
minme et clcmso utero natus gewesen sey) erklärte
jene Stelle gar zu gerne von der biscliiiflichen über alles
andere Urtheil erhabenen Autorität
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i>56 Dr. Uundeshagfen, vita Agubauli, Aicluepi Lugdafe»
Nicht das Ehrenvollste ist es, dafs Gratians Deere-
tum Di'st.W. cm, 6. deo auffallendsten Satz; Si Papa
9uae et fratemae aabäi negUgens deptehenditur in*
«lifo . . nihilomimta immmerabiles popido9 catervatim
secum ducit primo mancipto g enenna e , cum
ipso plagis muliw in aetemum vapulaturus [vapula-
turosi^], hujus culpaa istic redarguere prae»
sumit mprtalium nullus, quin cunetoa ipse
judicaturua a nemine €8t judicandua, mn
deprehendafur a ßde devkia — unserm deutschen
Apostel, Bonifacius, zuschreibt, welcher kaum da-
durch zu rettea sejn möchte, dais Le Plat in Dias*
de apuriia in Graiiano canonibus e. 10. diesen conoo
-als perperam Bonifacio Mariyri tributua
beseichnel (s. CoUectio Praeatantior, operum jua Ca-»
non'ic. illustranihim T. XVl. p. 932. Mainz 1790. 4.),
aber keine Gründe für diese Ehrenrettung* des Bekehrers
aogiebt^ welcher our dadurch entschuldbar scheint, weil
E!r ohoe Rom aeiae Art von Christiaaisiruog« nicht für
ausführbar halten mochte.
Dennoch ist, wie bekannt, die besonderste Anweu-
duü^ jenes Satzes von iler römischen Universal -Juris-
diction und Exemtion = vom „judicari universos , ita
ut ipse a nemme judicandua esset ^ auf den römischen
Oberbischof etwas eigenthumlich Charakteristisches in den
-^Pseudo- Isidorischen Dekretalien, welche, wie Blonde! .
in seinem Pseudo- Isidorus (Gent 1628.) von S. 77. an
augenscheinlich gemacht hat, erst nach dem Jahr 830.
bekannt geworden sind. Eine erneuerte (vergl. in der
angef. CoUectio Mogunt, Btaaci Com, de Canon, laidori
meroatoria c, S. p, 20.) Aufmerksamkeit scheint uos
demnach die Frage zu verdienen : ob sich nicht durch
diese Stelle der Lebensbeschreibung Wala's eine weiter
zu verfolgende Spur ergebe, dafs dieser, der Vereiniger
des gallischen und sächsischen Benediktiner^Klosters
Cörvey, die Person war, welche wenigstens einen be*
trichtlichen Theil jener Pseudo - Isidorischen Aufsätze
conscripta) dem Pabste zuerst zu seiner eigenen
I
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Djr. Huodethagen, y/iin Agolmrdi, Arnfaiepi Lugtlae. ^ 95?
Erniuthiguog vorgelegt und dadurch auch in dem Lager
Ludwigs eiDen so plötzlichen Schlag möglich gemacht
habe? EDjtstehen konnte dieser nicht, ohne etwas, was
auch den damals Ludwig beherri^chenden Theil der Bf- .
scliofe mit einem Male niederschlagen und von ihren
Drohungen, den Pabst seihst zu excommuniciren , zur
demüthigen Machgiebigkeil bewegen konnte. Der Titel :
„coMcripta praedeceaaarum'* und „ßrmaia
Baaeimwn pairum auciorUate^ kann nichts treiFender
bezeichnen , als den gröfsten Thefl jener Pseudomdo-
riana, welche fast alle tlen älteren römisthen Bischöfen
vor Siricius namentlich beigelegt und zugleich aus man-
cherlei pstristischen Stellen compilirt sind. Das dritte
AofFallende ist, dafe diese praedeceaaorum eo|i*
ieripta dem Pabste selbst nnbekannt waren und ihm.
erst durch Wala vorgelegt wurden. Gerade so zrigt es
die übrige Geschichte. Vom Jahre 8t^5. findet sich bei
Mmsi XIV. fol 513 — 5ir eine epiatola Gregorn IV.
TOD 88Ö. in der Sache Aldricfas von Mans, welche offen-*
bar pseudo* isidorisch klingt s. Le Plat Dias, l c. c, 17.
p. 881. Hatte Wala 833. jene seine (vennuthlich noch
nicht vollständige) Sammlung dieser Art Gregor dem iV.
auf dem sogenannten Lttgenfeld zwischen Strasburg und
Basel das erste Mal so annehmbar gemacht, so kann jene.
ajnaiola vmn J. 885. die erste Anwendung von Rom aus
gewesen se^n, den Walaschen Fund versuchsweise zu
benutzen.
Noch eine, Zeitlang nachher war man dennoch damit
von Rom aus sehr behu^am. Nach Msstricht Hkiw.
Jhttia eccL (Halae 1719. a) 8. 217. citirte Leo IV.
«wischen 847 — 855. immer noch Dekretalien von Siri-
cius an. Selbst Pabst Nicolaus I. beruft sich im J. 863.
nur noch auf Dekretalien seit Siricius, doch mit cleni
Zusatae-: «»ac ceietarum romanae aedia ponlificum!*
•i Mwi XV. fol. 874. Erst im Jahre 864 und 87ö. ist
Nikolaus I. entschlossen, sich auf alle dergleichen De-'
kretalien entschieden zu berufen, vgl. SchrÖckhs K.G. 22.
S. 161 — 155. Und dieses Mannes Charakter konnte es
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•Jlerdiogs mit sich briogeii, dafs er esdHoh das^ ww
fichoo Hüter den Franken glefchsam wie eine Enldeokung
in Umlauf gekommeD war, nunmehr auch von Ram aus
IV ie etwas Anerkanntes zu behandeln wagte und ver-
mochte.
Der Verf. bat nach dem gansen Inhalt, seiiicr Disi
eich in jenee von einer langen Ziiktitift echwasgeres Zeitn-
aher so gut htneikisiiidiertf^zQgleidi beweist er auch ia
der Beurtheiiung der gewählten Hauptperson des in der
That zweideutigen Agobards eine so rühmliche Unpar*
theilichkeit, dafs wir Ihn vorzüglich anfmuntern mÖohteOi
der Geschichte Wala'e .fiberhavpt und beaon«-
ders allem, was jene praedecessornm t^^fi*
scripta und ihre pseu d is i dor isc he Wirksam-
keit betrifft, vollständig nachzuspüren. Es
ist ein wahrer Mangel, dafs jene psendisidoriscbe Dekre*
taliensamniong nnr in den ConcUieneammlvngea mrslreBt
zu finden und «tse oichi leicht in einen volbiftndigca
Ueberblick zu fassen ist, da nur die ganz selten gewor-
dene Collect io Concilwrum quatuor gener aliufn von Jac.
Merlin (Colomae 1530. T. JLIL 4n ki. Fol.) sie hnzn*
eamaenhängenden Abdruck gegeben iiatte. fiine neue
Ausgabe von dienern Autor etassicus dee rdmi-
echen Curialrechts, aus tieferen NachspQrvngen ia
der Geschichte und besonders aus Blondeis Pseudisidorus
so vollständig und partheilos wie möglich beleuchtet,
wird ein grofses Verdienst für die nächst bevorstehenden
Zeiten ueyn. Man beruft eich bei der gegenwirtigefl
Vernachlässigung der kircheureohtllchenStmlien'Mireioi
allzu unbestimmte Weise, wenn z.B. in unsern Repräsev»
tativ- Verfassungen, welche jede fremde Gesetzgebung
ausschliefsen müssen, von der kirchlichen Discipün die
Rede ist, Qbcrhanpthln «if kanoniadMe Recht, und sucbt
dadurch (wie neuerlich in der Würtembergisoben SMude»
Versammlung am 11. März 1833. s. Allg.Ztg. Beil. No.t6l
S. 303.) Minister und Stände von der gesetzgeberischen
Aufsicht über die Kirchen Verfassung xurückzuschröckea.
Man hat in dieüLenkordate den weil «Uiiili hnUnii i|[<jml
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Ar. IlaMteliagtfi, vite Agobardi, Ardileiii Lvgdat« 9S9
rfnick Ton fieobaektung ^er Canonum, fui vigtnt sich
enredeo laso^a. Mao verwahrt sich tii8g<eli«ini gegen ifle
gemeinschaftliche Veronlniing der deutschen Hheinländi-
sehen Regiei untren vooi 30. Jan. 1830. iiml hofft in Her
Stille ndit diesem Scbeinrecht weiter dagegen vorzu-
rücken. Fragt man aber gena«er, sd soll aicfa dasMeiate,
wogegen Bittwe&dnngea nach dem besseren Geiste des
KeitaUers ndtfaig sind, doch genau genommen nur anf
die vermeintliclie Gesetzgebung jciu r Dekrefalien , deren
Uaäcfatheit jetzt keki Sachkundiger mehr zu bezweifeln
wagt, und auf die weiteren Folgerungen gründen , welche
diaa v&ä Pfibsicii Mid Ceaeiiien auf die falsche Vwaus-
fotaang , daft dort eine «mite Kirchengesetzgebung ent»
haltea gewesen sey, bona ßde gebaut werde». Soll
denn nun aber, unabänderlich für Kirclie and Staat Das
▼erbindiieh seyn, dessen nnächter, dunkler Ursprung von
Nimand miriir geleugnet werdea kann? Mttfe nicht em
GebSnde^ das'aüf eittem sotchen Fundamente errichtet
worden ist, vom Gründe ans untersucht und das einge-
schobene Unhaltbare abgetragen werden, gerade damit
das, was vor der ächten Gese}zgebungs^ Klugheit ge-
reohtferligl werden kann, desto williger beobachtet
werden kMne!
^ In der Verzweiflung , die pseudisidorische Sammlung
als Schrift nicht mehr vertheidigen zu können. ver~
SBcht man wohl gerne die Behauptung, dafs, wenn auch
ilie Form yoächt sey, doch der lohalt nichts anderes
gcliOf • ois was damals längst lo den Verhältnissen des
Iränkischen Reichs zn der römis'chen Kirche Gewohnheits-
recht gewesen scy. Wollte man aber auch über den
grorsen Unterschied zwischen unbemerkt gangbar gewor-
denen GewohttbeitoB und schriftlich bestimmtfM, gesete*
Uchen Aussprüchen wegsehen, so zeigt das oben gegebene
WniafscheGeschichtfragment, daft ein grofterTheil der
fränkischen Bischöfe jene Unternehmung des Pabstes
Gregor IV., sich als Richter unter dem Vorwand: für
den Frieden der Kirche und für die Wahrheit! in die
Staatsverhältnisse KU mischen, und als einer, der Von
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ttSO Ar. H«iide«iMig«St vita ^AfoliiArdi , Ar«lii«fi l^igdae.
Niemand gerichtet werden dürfte, zu erscheinen, keines-
Wegs anerkannt war. Es zeigt sich , dafa Gregor IV.
selbst diese pr aedccessorum conscripta nicht
gekannt hatte. Und war dann gleich der Glaube an die
Kenntnisse und die Kechtlichkeit des (in der Haupt-
sache allerdings über sein Zeitalter erhabenen) Wala sogar
bei den Gegnern damals so stark, dafs sie, an der Gültig«?
keit jener Schriften als Kirchengesetee gar nicht swei-
felnd, in Einer Nacht auf die Seite des Papstes und der
Söhne wider den \ ater überzutreten, für unvermeidlich
hielten, so darf doch eine solche höchst unkritische lieber* '
eilnng gewifs nicht die Wurzel einer nnabänderlicben Vei-
bindlichkeit filr die jetzt nicht mehr so kurzsichtige Naeh-
welt bleiben. Aiit anerkannt uuächte Gesetze und deren
Folgen gegenwärtig sich noch zu berufen, kann wenip;-
stens, in der europäischen Ausdehnung der Hationalität
über die Länderstrecken zwischen den Pyrenäen und den
' Karpathen, nicht mehr zeitgemäfs nnd zulässig sejn.
Der Geschichtforscher, statt um so vielerlei andere
verschollene Dinge sich zu IjeküiniiK lii , kann der Gesetz-
gebung unsrer Zeit, welche allzuoft durch dunkle CiU-
tionen des mittelalterlichen Geistes in Schauder verseist
wird, keinen wichtigeren Dienst leisten, als wenn er der-
gleichen spectra so recht in ihrer ersten BrscheinuDg
mit historischer Unbefangenheit er^tdtt, enthüllt und
dadurch die Zurückweisung derselben in ihre Ungültige
keit bei den nunmehrigen Gesetzgebuogsbehörden um to
augenscheinlicher rechtfertigt. Es kann gewifs nicht fehlss,
dafs — wenn junge Männer von, der Art, Wie sich Insr
der Verf zeigt, die sonst so wenig gelesenen Schriftsteller
des 9ten und lOten Jahrhunderts mit einem auf die^ea
universulhistorischen Gegenstand scharf gerichteten ÜiiiCk
und mit dem Gedächtnifi^ eines Blondels durchforedMS,
diese meist absichtlich im Dunkeln gehaltene Alatorle mx
vollen und wolijthätigsteo Klarheit durchzuführen isL
Dr. Paulus.
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HEIDELB. JAHRB. b UTERATUR. 18UL
■
Die Probleme der Staatakunat, Philosophie und Physik,
Zur Herbeiführung einea teaaeren Zustandes für Füraien tmd f^ölker^
ff^issenschaft und Leben auf das befriedigendste gelost, f^'on K. F.
Hauer. Leipzig, {bei Chvtn. AoUmann, 183S. 1U8 S. ti. IF
Forrede, 8.
Mit einem wahrhaft peinlichen Gef&hle noternimmt
Reft. die Anzeige dieser Schrift. Der (uns gänzlich un-
bekannte, wahrscheiniich noch jugendliche) Verf. ist
vnatreitig ein guter Kopf; auch Kenotoisse, besonders
in den Natarwissenschaftett , Terräth er; ihm liegen die
Meinungen, zu welchen er sich beicennt, am Herzen; er
hat die Sprache in seiner Gewalt; die Schrift enthält
eiiii«»e dem Inhalte und dem Vortrage nach trefliiche
Steiieo* Auf der andern Seite gehört die Schrift zu der
Klasse derer, in welchen der Verfasser dem Verstände
und der Auflclirung den Krieg ankündiget , damit er in
der Ideenwelt, die er sich selbst geschaffen hat, desto
ungezügelter walten , die Geg^enwart vor einem Richter-
Stuhle, den er selbst hingestellt hat, desto entschiedener
anklagen könne. Besonders ein Gedanke hat sich Rftn«
•beim Durchlesen dieser Schrift wiederholt aufgedrungen«
Möge doch der Himmel unser liebes deutsches Vaterland
vor einer jeden inneren Erschütterung bewahren! Wie
viele einander geradezu widersprechende Vorstellungen
TOn dem , was den deutschen Staaten noth thut, gähren
auch in den besseren Kdpfen! Wie ganz anders lauten
die Stimmen, die hin und wieder in Norddentschland,*
und die, welche am Rheine ertönen. (Die Vorrede der
Schrift ist von Berlin datirt.) Während von den Kijien
das Mittelalter und eine auf die Verschiedenheit der
Stände gegründete Verfassung und der politische Werth
p*ober Körperschaften gepriesen wird, wird von Andern
das Sj'stem der französischen Revolution und die Reprä-
sentativ Verfassung und die Einheit des Volks bis zum
Himmel erhoben. Die Einen scheuen die Andern lieben
nVLJahfK« 10.Hefl. 61
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die fremde Weisheit. Uoter der Einheil Deutsclilaiids
denken sich die Einen etwas anders, als die Andern. Und
kommt es dann zu Vorschlägen, die ins Einzelne /^ehn,
da setzen wir uns pur 2« oft dem Vorwurfe aus, welcher
IIII9 von AusläiiderB- gemacht zu werden pflegt, dafs wir
uns mehr durch die Speculation als durch praktische
Kenntnisse auszeichnen.
Rfl. glaubt den Inhalt der vorliegenden Schrift kurz
so baaLeichuen zu können : Die Schrift enthält eine neue
Auflagades Systeme» deftPaAtkeismaa^ Diese neue Auf«
läge HBterscl^tdel sieh tm den ftlleten hauptsichlicli
dadurch, dafs sie thmls auf die Physik nach ihrem cier-<
maligen Stande, theils auf den dernialigen geseilschaftli-
cheo Zustarxi der europäischen Menschb^t Hücksicht
ttimml ^ IVft will offen gestehen, dafs er da« System
4c» Fanlheismus für ilas einsige hält, iitelohen das Rälhsel
der Well auf eine^ e«nsequente Weise zu Ideen vemag.
Hiera)it bekennt er sich nicht zu diesem Systeme. Drrm
ist das eine Gewährleistung für die Wahrheit dieses
Systemes, dafs es auf eine jede Frage ein» Antwort giebt?
ihir Geistesitvanke^ der eine fixe Idee bat, ▼ermag Dicht
etiten Allen, was ihm widerfiihrt, nach dieser Idee z«
erklären. Aber ist deswegen seine Grundidee richtig?
Jecioch, hiervon auch abgesehn, dürften einige der frü-
heren Auflagen desselben SystemeS| z. & dio Darsteliraig
Spinoca'n, der hier in Frage stehendes vorauaieha seyn.
(Wir naciien den Verf. nameolKeh auf SpinozaVi traoiaM
theologicO'polilicus aufau rkbam. Nirgends findet man
vielleicht das Wesen des Staates im Geiste des panthei-
Stiscken- Systemen besser dargestellt, als in dieser Ab-
handlung.) Wie kommt der Verf. z« dem Begrlfllb .edef
wi« eriüilvt eit das Daseyn des Materiet Reft. hat
darüber in der Schrift keinen Aufschluß gefunden. Oder
hat sich nicht der Verf., wenigstens in der Darstellung,
ein^ Sprunges schuldig gemacht, wenn er, zum MeO"
•ekcifr Ibrtsobreileni] , an die Idee des durch die* ganze
Natni! verbreiteten Lebens sofoit die Ideen des iUebli
und der Sittlichkeit reiht?
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1
Ranct, die Wobleme d. Staatilr., Philo«, a. Phyilfer. MS
Es ist schwer, von einer Sc lu ift, wie die vorlie-
gende ist, einen Auszugs zu gel)en. Doch will Rft., um
«Oer Fflieht Dachzukommen, die einem jeden Rftn. die
erste seyn seilte« den ?ei*9ih^h ftiachea, ans der Schrift
wetffgsteiis die HaupfflätKe« (so riel al# m^lich mit den
eigenen Worten des Verfs.,) herauszuheben.
I) Rinleitung*. l>re höchste Aufgabe des Menschen
ki die Erforschung und vernünftige Entwickelun^ dessen,
was- wir Letien aennei». Dre Wisseoschaft hat das Leben
ztt erklären, sie soN der Spiegel desselben seyn. Da sie
V»n dem zeitlichen Leben zu dessen Ursprünge, d. i. zu
dem ewigen und g^öttüclien Lehen aufsteigen mufs, so
ist sie zugleich die Wissenschaft von Gott. Sie kann
aiteh durch den Namen: Philosophie, bezeichnet wer-
ckir. — Ii) Das Leben. Dieses iist das Erscheinen
des Urgefstigen in der Wesenheit itnd Kdrpertichkeit
Behfifs der unendlich mannigfachen Uebung der ewigen
aiilebentligen Kraft Daher iiberali Mothweudigkeit uqd
Z#eekmiMgkett« Die Körper sind diejenigen materiellen
Werkeenge, durch welche dai9 IJrgeistige wirksam wird
vtid im Ldif»n ersehetnl Iii) Das Lebensprincfp.
Djs^ Princip alles Lebens, das ürgeistig-e oder Allbele-
bende, kann nur ein Wesen sej^n, welchem das Leben als
ein« Eigenschaft zukommt. Dieses Wesen, (Ckitt
sAer dle.Wdlseele,) muA sich in alten Kärpem, je-
dock, d« dfe Kdrper unendlichen Ufodificationen unter-
fteg^n, in unendlichen Modificationen otteiibaren. (Der
Unterschied, den man zwischen belebten und nicht be-
lebten Körpern macht, ist daher ein Unding.) Daa
Wesen^,' welche», erfahrnngsmäfsig in jedem Kdrper
an finden ist, ist der WärmestoflT; dieser ist das sinnlich
efkennbare Lebensprincip; er ist geistiger Art, da ihn
keine Kunst zu zersetzen vermag. Steigerungen dieses
lebensprincipes sind die Wärme, dann das Licht. Die
Verschiedenheit der Kdrper beruht auf der Verscbie-
denlieit desrfirrarde», rn welchem sich jener Sidff in ihrne» "
sAbbart und, ohne dafs sie irntergehn, offenbaren kann.
Wvklich seibstleuchtende Wesen und Körper oder Licht-»
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9M lUiiiert dt« Probleme d. Slaatak., Pblbw. n. Pbjeilu
wesen nnd Licbtkdrper kUniien auf anderer unvollkom«
nienen Erde nicht vorhanden sejrn. Die uns bekannten
^ Lichtkörper, die ihre Lebensgeister alä Licht ansstrahlen,
sind die Sonnen. — IV) Die Luftbai tigkcit. Sie
besteht in derjenigen Eigenschaft gewisser Körper (&E
der Fische, der cartesiacben Taucher, ) Teroidge welr
cher dieselben in gewissen Behältnissen ein dOnneres Ele-
ment enthalten, das deni äufseren dichteren ElenieDte,
in welchem der Körper sich bewegt, das Gleichgewicht
hält und dadurch dem Körper das Vermögen derSchweb-
barkeit verleiht. Die Erde ist ein solcher Kör^r. Sie
ist nicht dicht, sondern voll unermefsiicber, ein hdclut
dünnes Element enthaltender Gcfafse. So erhält sie sich
im Schweben In ihrem Innern liegen Feuer und Wasser
in einem ewigen Kampfe. Darin besteht das Leben der
Erde« — V) Die fieweg.ung. Sie iaidas auf allge*
meinen oder besonderen Gesetsen beruhende Vor-, Rfick-
oder Seitwärtsgehen eines Körpers im Räume. Sie he-
ruhl auf der Lebenskraft und ist eine Aeufserung dieser
Kraft. Je höher ein Körper auf der Stufenleiter der
Körper steht, desto freier i^ seine Bewegung. — VI) Die
Wahrnehtnbarkeit der Körper, ^in jeder
Körper hat ein Wahrnehmungsvermögen, d. i. die Fä-
higkeit, wodurch er von der Aufsehwelt gewisse Ein-
drücke empfängt und sich mit ihr in Berührung zu setzen
vermag. Dieses Vermögen ist eine nothwendige Folge
von dem durch die ganze Natur verbreiteten Leben nad
von der Einheit dieses Lebens. Gleichwohl steht dieses
Verintigeu nicht allen Köipeiii in gleichem Grade noch
in einer jeden Beziehung (oder in Beziehung* auf alle
Sinne) zu. — VII) Der Sonnenkörper. Der Verf.
stellt hier die Sonne als den Repräsentanten des bshh
benden Principe in unserem Sonnensysteme dar. — VlIQ
Der Lichtglanz der Körper. Was mau gewöhn-
lich Farben nennt, ist die Art, wie sich die den Kör-
pern inwohnende Wärme oder Lebenskraft, (als ein mehr
oder weniger nuttes Licht,) dem Auge offenbart. Die
Farbe ist daher auf das Innigste in das Leben eines jeden
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Bauer, die Probleme d. StaaUk., Thilos, a. P|iyftik. 9<>5
Körpers verwoben. — IX) Magnetismus und Eiek-
tricität / Sie sind das Mhtel, durch welches die Le-
bensgeister gleichartiger oder verwandter Körper in
Gleichgewicht erhallen werden. Wirkt dieses Mittel in
der Form der Wiiniie und erkennen wir es l)Ios an dieser
Wirkung, so wird es magnetisches, wirkt es in der
Form des Lichts, so wird es elektrisches Flutdum
genannt. Der Verf. handelt hier noch von Sternschnup-
pen, Irrwischen und einigen andern Naturerschei*-
nimgeii, auch von den Heilungen durcli Magnetismus.—
X) Die Wechsel rieh tu n gen (oder, in der ge-
wöhnlichen Sprache der Physiker, von der Polarität)
der Körper. Die ganse Schöpfung ist eine grofse
Einheit Ein jeder einselne Körper steht in einer dop-
pelten Beziehung, in einer geistigen, vermöge wel-
cher er dem Alllebendijjfen oder der Gesammtheit arrjfje-
hört, und in einer körperlichen, auf welcher seine
individuelle Existenz beruht und vermöge welcher er
einer andern Gesammtheit, der des Materiellen, ange-
hört Diese beiden BigenthQmlichkeiten , von welchen
die eine auf das Jenseits, die andere auf das Diesseits
gerichtet ist, zusammen nennt der V erf. die Wech&»el-
richtungen der Körper. (In dem Menschen zeigen sich
diese zwei Wechselrichtungen in dem Kampfe zwischen
der göttlichen nnd irdischen Natur des Menschen.) Die
eine utul die andere Richtung mufs in einem bestimmten
Punkte ronrentrirt seyn ; sie müssen also ihre Pole Iriben.
Soest würde die eine und die andere Richtung nicht
einer bestimmten Regel unterworfen sejn. Aber beide
Richtungen und ihre Pole , das Göttliche und das Tr-
dische, stehen in ununterbrochener Wechselwirkung mit
einander. — XI) Die Menschwerdung Gottes.
Sie ist das Erscheinen Gottes in der Menscldieit über-
haupt Der Mensch ist seiner geistigen Natur nach das
Ebenbild Gottes. In ihm offenbart sich Gott selbst , so
mmi auf unserer Erde eine solche Offenbarung möglich
war; durch ihn erhielt die Schöpfung auf unserem Pla-
neten ihren Schiufsstein , ihren Endzweck. Mit dieser
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Absicht steht die MeBSchweriliing: Jesu io einer uRiiiili-
telbaren V^erbinilung. „Aus der Tiefe der Philosophie
' 8cliö|irten wir dieGewifsheit, dafi» eine Offenbarung GoUe^
im IMixMBcheD nickt niir möglicii, sondern dafs sie notb-
wendii^ und wirklich eingetreten, die JMoiBaUcliie Mjttbe
also kein Traum der Binhitdungskraft sej!:. Die gleiche
Möglichkeit eiiiei zweiten Offenbarung ist also nicht nur
eben so vorhanden, sondern diese zweite Offenbarung
erweiset sich sogar ebenfalls als nothweudig, weil es
di6 Seibeterhaitung des Göttlichen im Menschen, die
FOrsorge dafdr galt, dafs nicht aller Znaammeohang zwi>>
sehen Goii und seinem irdischen Ebenbilde sich auf-
löste." — XU) Die e i s t i e Form. Die verschie-
denen Formen und Gestalten der Kär|i«r sind die ver-
echiedenen Arten, wie sich das Lebßn o4er Galt in dar
Materie offenbart. Die Yerschiexlenbeit die^ Offenbar
rungen (oder der Körper) beruht a^jf der Verschiedenheit
der Materie, in welcher und durch welche die Lebens-
kraft wirkl. Ueberau aber wirkt sie zweckinäfsig , iiod^
wenn auch vereinsBelt, doch smgleich als ein Ganaes* Wir
(dürfen, annehmen, ^^dafa ee auch eine CeDtraleonne gebe^
auf welcher Gott selbst im reinsten Lichte throne." *^
Xill) Der Staat. Schon die Thierwelt bietet uns eio
Bild der Staatenwelt dar. Indem Üiber, Bienen uimI
Ameisen ein V^olk bilden , hat ihr Leben ein gemeia^
«chaftlichea Ziel , einen Mittelpunkt, in dem jedee indir
vidoelle Interesse yerschwindet Oer Staat» der van
Älenschen gebildet wird, mnfs auf eine ähnliche Weise
der Anlialts- und Mittelpunct der gesellschaftlichen Thä*
tigkeit wie der menschlichen oder sittliclien VervoUr
kommnnog eeyn/ Der erete, jedoch nntergoorA*
nete Zweck des Staates beflieht si«h also auf die TU^
tigkeit oder auf die inateriellen Interessen der Börger.
Die Interessen der Einzelnen müssen innerlich an einander
geknüpft, die Einzeioen durch einen materiellen Voriheil
au einander gebunden a^n. Eine eolche Verbindung der
Biozelnen finden wir in der GemekideYeppfafeung nicht
einmal ia der Idee, vielweniger der Wirklichkeit nach;
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wflU «b«r legt sie «ich um tl«r vi 4ee verachicdcflM
Stenden unfl Korporationen , durch deren Auiliehung also
eifi Staat seinen Zweck nicht nur nicht errt^icht, sondern
gwlich verfehlt. Indem übrigens die Stande und Kor*,
porationen wiederum Thette eines Gadmi tnail« des ilmaB
ihren BeeitK garantirl, machen sie in diesem Ganzen den
Staat aus; cltr Schulz, den sie in diesem Ganzen ge-
niefsen, erzeugt ein moiaiisches Band, den I'ati iotiMiius.
Der zweite und höhere Zweck, die sittliche Vollen-
duog, hat zum Gegenstande, deu Menschen zum Gatl-
liehen empor zn heben und ihn an dieses zu fesseln.
Durch das sogenannte Auiklärungssystem wird dieser
Zweck gänzlich verfehlt; die Bildung des VeivStandes ist
viehnehr nur in so weit an ihrem Orte, als sie sich auf
(\en ersten Zweck beziehl. Der Urquell der sittlichen
Vollendung ist das Gemülh ; das Band , das siUliche In-
dividuen zn einem Ganzen vereiniget, ist die Kirche.
Die llcligion ist das lebendige, innige, zweifellose liias-
seyn unseres geistigen Individuums mit Gott, das Leben
des Theiles im Ganzen und des Ganzen im Theile, ein
«nbewurstes Leben in Gott. Die wahre Civitisatien be-
steht darin, dab Alle zu jener friedlichen Gemeinschaft
hiostreben, bei der das Privatinteresse in tias aligemeine
Wohl verschwimmt und jeder Zwiespalt eine Ausnahme
von der Regel ist. Auf diese Civilisatioa, auf das innere
Leben, auf das Leben in Gott sind die Gesetze und Re*
gierungsmafsregeln vorzugsweise zu berechnen.
Ref. hat den Verf. sprechen lassen, ohne ihn durch
irg-end eine Bemerkung oder Frage, oder auch nur durch
ein Fragzeichen, zu unterbrechen. Auch jetzt will er
das Urtbeil über die Billigkeit oder Unbilligkeit des zn
Anfange dieser Anzeige ausgesprochenen 'Tadels dem ^
Leser gänzlich anheimstellen. Eben so wenig will er den
schneidenden und selbstgefälligen Ton rügen, in wel-
chen der Verf sehr oft, und schon auf dem Titel, ver-
fallen ist. wird die Zeit kommen, wo der Verf. selbst
der Meinung seyn wird , dafs es ei uen^ andern und bes-
seren Weg gebe , wie man Aufsehen erregen oder seinen
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988 Bauer, die Prablene SlwUk,, Pkiioe. n. Phjeilr.
Sehrifteo Eingang TerachaffeD Miine. Newton sagtet
Ich komme mir vor, wie ein Kind, das an dem Ufer
des Oceans mit Kieselsteinen spielt. Und das sagte ein
'Newton! — Doch der Verf. ahadet (io der Vorrede)
«elbaft seine nahende Bekehrung«
Der Verf. bemerkt in der Vorrede, dafs die ß;egen-
wärtige Schrift der Vorläufer eines gröfseren, jedoch
erst nach Jahren erscheinenden Werkes seyn solle. Da
Rft wQnschte, den Verf., einen Mann von Talent, 3er
iVissenschafl zu gewinnen, so erlaubt er sich, an ihn
eine Bitte zu richten , — die Bitte , dafs der Verf. doch
vor allen Dingen Kant s Kritik der rennen Vernunft Stu-
dieren wolle. Nicht als ob Rft die Absicht hätte, den
Verf. zu einem Proselyten der Kantischen Philosophie
zn machen; (obwohl diese Philosophie, entkleidet von
ihren Aufsen werken , nur einen Commentar zu den Aus-
sprüchen der Schrift enthält:' Unser Wissen ist
Stückwerk, d. L auf die Erfahrung beschränkt. Der
Glaube allein macht seligi d. i. der wahrhaft
moralische Mensch vermag seine Ahndungen einer fibä»
sinnlichen Welt in Glaubenswahrheiten zu verwandeln.)
Sondern weil Rft. überzeugt ist, dafs jenes Werk das
Schnlbucli eines jeden denkenden Kopfes
seyn sollte. Und warum ? Weil es die Lehre durch
die That prediget, dafs man sich wegen eines jedeo
Wissens oder Erkenntnisses , das man zn besitzen .oAtf
errungen zu haben glaubt, vor allen Dingen die Frage
vorzulegen habe: Wie, auf welchem Wege bist Dn^l
diesem Wissen, zu diesem Erkenntnisse gelangt? ^
Zaehariä.
n:.t*
• i;
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mie, dto T«lktaiHiferftiietfit M0
Dr. Lud. Thilo, oril. LtAnr d. flUtot. o. 4. ümh, JMa». ^
JVefttl efnoB Anhange: ht FHedrieh Murhard d» MompUaturf —
BrMlai», 6ej Fr. AenfM. 1888. 286 ^. 8.
Wer wi?d nicht g;ern die Stimme eines Veteranen
Iber die hdchsten Fragen der Staatswiweoschaft yer«
nelimen? Die Stimme eines Mannes, der, (wie er selbst
in der Zuei^nungssclirift sagt,) „fast au das Ende seines
akademischen Lebens gestellt»' in fliese Schrift gleichsam
sein politisches Testament niedergelegt hatf Wenn auch
dieselben Fragen schon oft und yiel besprochen worden
sind, so ist doch eine neue Erörterung derselben, wenn
sie, wie die vorliegende, mit Verstand und Mäfsigiing
angestellt wird, um so willkommener', da in Deutschland
die Literatur eine ihr eigenthttmliche und eine andere
Stellung zur öffentlichen Meinung hat, als z.B. in Franic-
reich oder in Grofsbritannien.
Man kann den Verfasser, als politischen Scliiiftsteller, .
vielleicht so charakterisiren : Er ist ein F'rt und der durch
Stände oder Kammern gemäfsigten Monarchie. — Wir
wollen jetzt versnchen, eine linrze Uebersic^t des lohaits
der Schrifi zu geben.
Es giebt zwei Wege, zu einer Verbesserung des
Staats zu gelangen , den Weg der Gewalt und den Weg
des Rechts. Der letztere, der allein erlaubte, wird sich
von selbst eröffnen und ebnen, wenn bei einem Volke
die Ueberzeugung von derZweckmäfsigkeit und Ausfuhr*
barl^eit einer Veränderung mit der Zeit allgemein ge-
worden ist. — 'Der Staat, wenn auch ein Werk der
Menschen , hat dennoch den aus dem Wesen der Mensch-
heit hervorgehenden , also in dem Plane der Vorsehung
Hegenden Zweclc, den Men^hen die Entwiclieiung ihrer
geflammten Anlagen und Kräfte möglich zu machen , ihre
Sttf dem Bedfirfnisse der Kultnr und Civilisation bem-
henden Ansprüche in wirkliche Rechte zu ver-
wandeln. — Die Staatsverfassung ist die Gewährleistung
für die Uebereinstimmuog des Staates mit seinem Zwecke;
Diejenigen irren also, welche auf die Beschaffenheit der
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I
im Thilo« 4i» \Mm9W€^Mi.
Verfaismig k«ia«D oder n«r aioen geringes Werib l9g&^
So\i iilier cifie Verta»mng tliese Oe^ihrletstung anthalteo,
so inufs sie, io der Monarchie , einerseits den Willen des
Volks und andererseits die Sanction des Fürsten für sich
babeu. Durch die Sanction des Fürsten wird der Wiiie
4ß$ Völte^ aa sich nur ein Wüte £inaelii^, «llereraC tu
einem aJIgMieinea und ainsigen Willen. • — Die in der
Staatsgewalt enthaltenen besonderen Gewalten sind die
gesetzgebende, die richterliche und die voilzieheude
Gewalt. Wenn auch das Volk bei der Gesetzgebiiiig
vaiuiUeibar oder mittelbar su hdren ist, so ist «s «loCh
ein Irrthmn, ihm 4leswegea die gesammle Staalsgewalt
beizulegen. Der Verf. zieht hierauf eine jede dieser
- G( wallt 11 iur sich in ßetrachtung, z. B. in Beziehung auf
die hVage, wie eine jede derselben zu organisiren sejTi
damit sie das^ was an sich Rechtens ist« verwirkliche.
Diese Gewalten sollen einander atehl fliehen oder befein-
den, sondern ixi einander wirken, auf denselben Zweck
hinarl)eiten. Der Fürst ist der Mittelpunkt dieser Verei*
nigung f der Schiuisstein des Gebäudes* — Im Staate
bestehen zwei MächloY der Wille des Volks und der
Wille des Fürsten, dieser Wille aber ist der hl^herd
Dem Plirslea kommt die Soaveräaetfil and Kwar von
Rechtswegen zu. Diese aber besteht in dem ansschliefs-
liehen Rechte, die Gesetze zu ^nctioniren und in dem
Httbedingiea Veto. Der Souverän steht nicht über den
Gesetze ia dem Siaaet dafe er es fUr erlaabi hallen
dürfte Y die Geselle sa verleisea. Dagegen kann ef
wegen einer Verletzung der Gesetze nicht zur Verant-
wortung gezogen werden. Jedoch uimiht der Verf. von
dieser Regel die Verletzung des Staat^rundgeset^
aas. — Wollte man dem Volke die Souveränetat beUo*
ipea, so mffiftte man aaaehmen, dafs seia Wille waseol*
lieh ein daig^r und ei« nul dem Reehtiigmtae iftberela«
stiainiender Wille wäre,
Ref« hat seinen Zweck erreicht, wenn diese Andeu-
tungen ftbor dea Inhalt der -Schrift hinreichen, d4f
PabHeam aaC die Sohrift selbst und aaf die VetaiOsi«
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% * *
I
SthiiHWww, ai€r 8la«l ihmI AtaatovitMMliftfl. fit
mg-eo, die m zu weitereo Erörterungeo enthält, auf-
iii*irksam zu machen. Er bemerkt nur noch , dafe «ler
Verf. dau Ueith Seiner Arbeit durch die Berücksick«
iiguijg und Beurtheilii«^ «Ur Meimiqf an Andertf tiiohl
meaig erhöht hat
Der Inhalt des Anlian^es kann in das Wörtchen: Ja!
9immmeug4tzQg^a Wiarden«
Zmvhariiä.
Vtber den Charakter und die Aufgaben ttnaerer Zeit in
Ueziehung auf Staat und S t et at s wis 8 en 6 c Ii af i, I. Il^t^
f om Staate überhaupt und die Gt srhirlue keiner H isscnfichaft. f^on
Fr, Schmitthennerf Prof. der KameralwisaenKhaft in Gietsen,
Gieuftn, bti G. K Beyer. 212 S. 8.
Anfipnichslos kündiget der Verf. seine Arbeit (in
der Vorrede) an. Aber die Arbeit ist so ausgefallen,
dafs s\e gegründete Ansprüche, auf die Aufmerksamkeit
d«» Piibiicttm8 bat. Wir kennen keine Schrift, welche
eine so gute und^ voltatändige Ueberaicht der ^esamm-
ten Geschichte der Staatswissenschaft enthielte, als die
vorliegende. Uud besoudtrs wegen dieser Uebersicht
können wir die Schrift mit gutem Gewissen allen deueu
empfehlen, -welche sich der Staatswissenschaft widmen
wollen oder gewidmet haben Möchte sich doch der
Vttt. entscIiRersen , diesen Theil seiner Schrift in einem
Jröfseren Werke noch mehr auszuführen. Er weifs recht
wohl, (das beweist die vorliegende Schrift,) dafs die
Qeschichte lier Staatswissenschaft , oicht ohne zugleich
die Geschichte der Staaten und der Völker ssu berück-»
sichtigen, mit Erfolg vorgetragen werden kann. Auch
die Geschichte der übrigen Wissenschaften würde in
eintai gröfseren Werke dieser Art nicht unbeachtet blei-
ben dürfen. Die. staatsuissenschaftiiche Literatur nimmt
▼on Tag, zu Tag an Umfang zu; man kann sagen , auf
eine fast beängstigende Weise. Desto mehr werden Werke
über die Uteratui^ der Wissenschaft Bedfirfnifs. VieU
Dig'itiz^ by Govk^Ic
t
•tt flcliiBiltliMaflr, filier 8tMl iind SUmtivtitenMhaft.
l«Mii würde es, radmm eeya , das Werk mit der Ge^
schichte der Wissenschaft bei den Völkern des heu'«
tigen Europa zu beginnen, des Mittelalters aber und
des Einflusses der griechischen und der römischen Lite-
ratur auf die der Völker deutschen Ursprungs nur in
der Einleitung zu gedenken.
Den Inhalt des vorliegenden ersten Heftes bezeichnet
schon der Titel genugsam. Oer Verf. hat dasselbe in
^wel Bücher eingetheilt. Das erste Bach (8.1 — 48.)
handelt von dem Wesen des Staates, von dessen Zwecke^
von der Entstehung der Staaten , von dem BegrifFe und
den Theilen der Staatswissenschaft Das Buch enthält
zwar gröfsteolheils nur Bekannteres; doch ist dieses mit
'Klarheit dargestellt. Das zweite Buch bat die Ge-
schichte der Wissenschaft zum Gegenstande. . Der Ver£
macht drei Hauptperioden: I) Die alte Welt, (der
Orient, die Griechen, die Römer, ) II) das Mittelalter,
III) die neuere Zeit. Von den ersten beiden Perioden
sagt der Verf. nur wenig; desto ausführlicher ist er bei
der dritten Periode. In dieser verbreitet er sich über
die Literatur aller der Nationen, welche an der Spitze
der europäischen Cultur stehn; auch spricht er von den
Fortschritten der Wissenschaft iii( Jit etwa blos im Ganzen,
sondern so, dafs er die verschiedenen Theiie der Wis«
senscbaft unterscheidet.
„ Das zweite Heft (dieser auf drei Hefte berechneten
Schrift) wird eine Statistik der politischen Interessen
und Potenzen der Gegenwart und eine unbefangene Prü-
fung der inneren Wahrheit, der Bedeutung und Macht
der herrschenden Doctrinen geben. Das dritte endlidi
soll, so weit es aus den Vorzeichen in der Gegenwart
möglich ist) die Gestalt der Zukunft deuten."
ZaehariA
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des ddeig et 4u marriages , et 8ur Uura rapportt cstre «lur el ov«c
lef §aim$ ete, par U doeteur Brächet, de Lyon, Qm/rage cou^
rmmi par VAcademie roy. det Bcienees, arts tt hettw-httree de Lyon»
l9«i, ImprMMrM de Louie Petrin, 16SS. 79 8. ^
2) De la distrtbtitton pur mois des conceptions et des naiasances de
Vhomme, eonsidcr^e dans ses rapports avee les saisona ^ avcc les
elimatSt avec le retour periodique annuel des Jogues de travail et .
de repos , d\iboiidance et de raretc des vivres et avec quelques in-
stitutions et coutumes sociales i par L, R, yHlermö. 18S1. IUI
Die Statistik wird nicht mehr als ein Gegenstaml
der Neugierde betrachtet, ihr segensreicher Einflufs auf
medicinisch- polizeiliche Einrichtungen ist allgemein an-
erkannt ond gebfihrend gewürdigt. Vor allem verflankea
wir Männern, wie Hofmanh, Villernne, Queteleft
und Reiffenberg sehr gediegene Arbeiten und Unter-
suchungen, deren Ergebnisse zu ferneren Forschungen
anspornen. .
Dr. Brächet, dem ärztlichen Publicum rühmlichst
bekannt durch seine gekrönten Schriften über die Con-
vuisionen der Kinder, über den Mohnsaft, über die
Functionen der GaogliennerYen, errang einen neuen Lipr«-
. beer durch die statistischen Untersuchungen Ober seinen
Geburtsort Givors, eine kleine, an der obern Loire
frnchtl>ar gelegene Stadt von 6000 Seelen.
Eine Znsammenstellung der Geburten innerhalb der
JAre 1803 bis 1830. nach Monaten, Geschlechtern
^•s. w. zeigt an, dafs die meisten Geburten auf die Mo*
Date Januar, Februar, März, April, Mai, Oktober,
November und December kommen, woraus hervorgeht,
^ der Winter ond der Frühling für die Empfängnif»
günstiger, als der Sommer und der Herbst sind, was
^beils durch unsere socialen Verhältnisse bedingt seyn
^^S^ theils aber auch tiefer in der Natur begründet ist«
Sehnliche Resultate erhielten Viller m^ und Qoe*
^elet, was um so bemerkenswertfier ist, als diese Letzten
we Untersuchungen in Ländern und Provinzen machten, ^
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9T4 VfHMmid« SHüM^wb de OlvoM.
weIciM dmh den'dharakter de» Bmffm nwi <ter B««
^'ohner wesentlich ver«(chieclen von dem Departement der
Loire sind.
Die männlicheD Gebttrten überwiegfeH hier bedmieiid
die weiblichen, indem sie sich wie 11 : 10 verhaken ^
iode(s in andern Gegenden sich ein Verhäjtoifii }S»Z : 21
herausslellt. *
Oie Jahreszeiten scheinen Indessen ohne Einiluft avf
die Erzeugung der Geschlechter zu sej^n , indem in Giyors
wenigstens sich nichts Bestinmites hei^ussteJIte
Die unehelichen Geburten zu den ehelichen verhalten
sich wie 1 : 45, ein in Vergleich zu andern Gegenden
und Städten sehr gunstiges Verhältnifs.
Auf 103 Geburten kommt eine Zwillingsgeburt, und
von 8 Kwiltingskindern starben 7 innerhalb der ersten
beiden Wochen nach der Geburt.
Durch eine grofsere Sterblichkeit zeichneten sich die
Jahre aus, in weichen Mifserndten statt hatten irnd wo
in Folge einer bedeutenden Ueberschwemmuirg tri der
Nihe der Stadt Simpfe entstandeo« welche von den Bie*
wohnern noch nebenbei zum Flachsrösten hermtzt t?UT*
den. Nach Beseitigung <lieser Foci einanatwnh ver-
minderte sieh die Mortalität auf sehr airfiallende Weisen
Rucksichtlich der Monate wurde die geringste Sterb-
Kchkeit im April, Juni und December, die stärkste im
August und September wahrgenoHamen (was von deo
BeobachtuKgen in andecn Grc^enden, wie Paris und die
preuftieche Rlieinprovinz , wesentlich abweicht., indem
hier die dblei ersten Monate des Jaiw» durch eim ao^
fallend große Sterblichkeit, der August und der Sep-
ten^ber dagegen durch eine sehr ger inge Mortalität sich
^nneuaeichDea pflsges. Kef.) Die Bezieich nung der Ui»«
sacbett dlqaes gseiheiB Stisrblichhett in de» jer^tMinaleii
beidei» Monaten ist der Verf. uns sefaiddig gebUtsben; .
wenigstens können wir die von ihni angedeuteten nicht
als genügend anerkennen und sind im äegeatheil sefar^
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geneigt^ hier den Einfluß versteckter, an Oertlichkeiten
gebundeoer Schädlichkeiten zu vermuthen.
Wie überall , so starben auch hier mehr Ihdividuen
mdMiKch'en, at» wetbltehen Geschreeht», und swar Im
VerhSltnils von 41 : 40. Der Januar war besonders ge-
fährlich den Mäuuerfl, der August und September den
Frauen*.
Awsh in OiTors, Mtie in mnikm Gegrnden, trifft
die grdf^te Sterblichkeit das Kindesaher ^ indem der
vierte Theil HämmtHcher Sterl)(-lälle auf das erste Le-
Imiijabr und »wei Fünftheiie auf die drei ersten Le-
bensjahre kommen. Mit dem vierten Jahre zeigt sieb
iMaa merklich geringere Morlaiität bis mm dreiftigsten
49hre, wo eine auffatteifcde. Zunahme derselben wieder
ricbtbiir wird.
Atfgust, September und October waren den kind-
lichen Alter vorzugsweise geföhrlich, Februar, April
uod OcCober waren es am weni^sien, eine Thalsache,
welche die heifsen Sommeiiagü als den Kindern nicht
zuträglich bezeichnet, aber mit den in anderen Län-
dern g^emachten Beobachtungen im Widerspruch ist.
Der (Jeberflufs an Brennmaterialien in Givors erklSri
vielleicht einigermafsen die geringere Sterblichkeit im
Winter, läfst aber die auffallend grofse Sterblichkeit iu
den Sommermonaten un^örtert.
Es erreichie» m^r Fraiien, «is Männer, ein hohe«,
AJter, das mitijere Lebensalter inGivdrs betiug ZStJahr«
MOtl ist analog dem in Schweden.
Eft fielen nur sechs Selbstmorde in der Migegebenei»
Zeil veir, Ükmf bei Männern , worwiter ein eintuidsfe»
benzig jähriger, uiid 1 bd Wanen. Bs erscheint alü
«ne grofse Lücke, dafs der Veif. es sich nicht hat an-
gelegen servil lassen, zu ermitteln, wie viele Indivi-
duen in dieser Zeit durch Ungliicksfälle , durch die
natürlichen Blattern und andere eontagiose Krankheiten,
durch Hydrophobie, durch acute und durch chronische
Krankheiten ihr Leben eingebüfst haben, wodurch wir
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tm yUimtf« Stotirtique de.Givim.
gewib maDcheo AuftchlHfs über die namhaft ^ mnachlcn
Abweichungea Yon andera Sfädteo und Gegenden er-
halten hätten.
Die Zahl der geschlofisenen Ehen in diesen 28 Jahrea
ist 10<t7. Ausgezeichnei reich an neuen Ehen warea
die Jahre 1812. und 1818, 'und ewar deshalb, weil die
Ehe Yor der Conscription schützte.
Die meisten Ehen kemnien auf die Garnevalemcoate
Januar und Hornung, die wenigalen auf den Mirz, in
welchen did Fasteneeit jf)£lllt. In 137 Fällen hatte nur
eine bürgerliche, aber keine kirchliche Trauung statt
gefunden.
Die Geburten zu den Sterbefilllen verhielten aioh
im Allgemeinen 9:6, die minnliehen Geburten zu den
weiblichen 11 : 10, die Sterbefalle bei den Männern zu
denen beim weiblichen Geschlechte 40 i 39. Auf eine
Ehe kommen 4t% Geburten.
Zu bedauern ist es, dafs der Verf nicht die Ver-
hältnisse der Ehen , Sterbefalle, Geburten , des Alters zu
den verschiedenen Ständen ermitteln konnte.
Die zweite Schrift enthält die Resultate einer Zu*
sammensteliung der Geburten innerhalb einig-er Decea-
nien in vielen Ländern Europa'«. In Frankreich kom-
men die meisten Geburten auf den Monat Februar,
den sweiten Platz hat der März, nächst diesem der
Januar, hierauf der April, der November, der Septem-
ber; die wenigsten Geburten fallen dem Julius anheim,
dann folg;6n der Junius, der August, der Mai, der
Oetober, der December. Dem geniäfs finden die niei-
eten Coneeptionen statt im Mai, Juoi, April,, die we^
Bigsten im Ocipber, September, November. ~
(Der B99ehluja folgt,}
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Vl\ 62. U£10£LB. JAHRB. d. LITEHATIJR. 1888.
ViU^rme, iSMißß^pn de Qktar$. ,
An« einem Vergleiche der Zahl der Geburten in den*
nördlichen und südlichen französischen Departe-
Bieots ergiebt sich eine gröfsere Empföngnifs wahrend
der Wintermonate für die südlichen Provinzen, indefs in
den nördlichen mehr Empfängnisse in den Sommermo-
naten, namentlich im September, erfolgen. Aehnlicho
Hesuhatc lief ern andere Lancier , nur ist in Coppeidiagen ,
Holland, Belgien, Eng-Iand u. s. w. nicht der Februar,
sondern der März an Geburten der reichste, weichem
letaten rücksichtlich der Conception der Junina entspricht^
und In Boenos-A^res kommen die meisten Geburten auf
die dortigen Wintermoaate Julius, August und September,
die wenigsten auf die dortigen Sommermonate Januar,
Februar und März,
Aus diesen und ähnlichen statistischen Zusammenstel-
lungen glaubt Ville rnie bicli zu dem Schlüsse berech-
tigt, dafs die letzte Hälfte des Frühlings und der Anfang
des Sonimers, die Zeiten der Volksfeste, . Gelage und
häufigen Gesellschaften, sowie ein mäbiger Beischlaf,
für die Fortpflanzung günstige Momente seyen, wäh-
rend der Spätsommer und der Anfang des Herbstes, die
Pastenzeit, die durch Theurung der Nahrungsmittel aus-
f ezeichneten Zeitabschnitte einen entgegengesetzten Ein-
ofs zn Oben scheinen.
Auch die Nähe bedeutender Sümpfe sind der Zeu-
gung nicht förderlich , wenigstens fand der Verf. in den
anMmpfeo reichen Landstrecken eine ungewöhnlich ge-
ringe Geburtenzahl. — DieSumpfausdünstnngen gehdren
zu den schwächenden Einflüssen und können schon ai^
dLesem Grunde die Fortpflanzung nicht begünstigen.
XXVI. Jaliti^. 10. Heft. 62
1
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SfeMilatiT« PMlOMpbi«.
Ein Umstand, der auch einigermafsen für die grös-
sere Geschlechtslust im Früliiiiig und Frflhsoininer spricht,
ist die um diese Zeit in Frankreich beobachtete unge-
wöhnliche Hittfigkml der Nethsttobt, welolle nr KennW
nife der dortigen Gerichte icem.
' Die gröfsere oder ^geringere Zahl der iu niancheo
Zcitperiodea netveschlossenen Ehen ««iheint^ nicshl we-
«eQtUck auf die Zahl der Geburten in infloiii»n, ja m
scheinen sogar auiser aller Beziehung zu stehen, wenig-
gtens ergiebt bich nichts Bestimmtes aus d^ hier mifge-
4b«Uten Schiffern.
' V i 1 1 e r m e verspricht ähnliche Untersuchungen über
' 'dRe Mortalität im Allgemeinen , über die Sterblichkeit
'eines jeden Alters, über die Krankheiten tn Besiehung
m den Jahreszeiten, Klimans, welche zusamiAen dib
Bruchsteine tu einem amfrssenden Werke Ober Hygiefnu
publica und Mediciualpolizel abgeben.
Hey f eider..
♦
1> Bmgtl» y9ri9»ung$n üttr äiß Pkilo40pki9 der R§ligi9n,
neSft dner Schrift ^er dh Beweiee vom Pofey» Gnitea^ kertmig-
9on Dr. Pk.'Markeinee^e u. 9.W.
t) Die Idee der Gottheii, von C. H, H eif%e u. <. 10.
Die Grundauge der philoeep&ieehen Beligienelehrf
dargeetdtt nen J. 7A. Süubedieeen ü' e,
4) J. Erickson , über die Thtodiceci über das m oraltsche
und ühthetische Ucbel, Probleme der Theodicee} über
den Endzweck der U elt u. s. w,
(Sorteetgung der im vorigen Hejt, abgebrochenen Recension.)
* Diese Betrachtungen leiten «um Werke des Prof.
Weifse: „Ueber die Idee der Gottheit'' hin-
über, in welchem uns nicht nnr eine scharfe EiDsicbt
über den charakteristischen Mangel de» Iiege1*schM
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flttndpii^lflS wigegmUlit,*) Modtrn das rnghaUh dio
bestimmte Aufgabe tu losen beginnt, wiseeaftohaft«*
lieh über jenen Standpunkt hinaus zu gelangen. Alle
die Ideen, welche wir in der Hegel 'sehen Heligions-
pbilosophie theils verkümmert , theils nicht erreichl
Bfiheo, die Qe^riffe eini^ götdicben Persönlicblieit jen-
seits der Welt, einer freien 'Schöpfung und Offenbarung
Gottes, einer substantiellen Individualität des krtalürlichen
Geistes, mithin auch einer eig;entlichen Unsterblichkeit
desselben, finden wir hier in den Vordergrund gerüclit)
und zu leitenden Hauptideen gemacht; und so verdieal
diese Schrift um desto gröfsere Aufmerksamkeit, als sie
nicht nur, was wir bisher allerdings als die Hölie der
gegenwiirtigen Philosophie betrachten durften, weiter-
führt und fortsetzt, sondern bestimmter noch dabei die
eigentlichen Lebens- und Wendepunkte zur Sprach^
bringt, die nach wissenscliaftlicbcm Rechte eben jetzt
an der Tagesordnung zu seyn Terdienen. Aber noch
näheres Interesse gewährt sie dem Referenten, der, iq
ähnlichen Untersuchungen und Darstellungen begriffen^
die erfreulicbste^Bürgschaft fiir sein eigenes Streben darin
findet, nicht nur in der allgemeinen Grundansicht, soii-
dern auch in vielen speciellen Resultaten dem Verf. zu
begegnen. In Betracht dieses Eiiiv(^rständnisses jedoch
und des aufrichtigen Dankes , welchen er ihm bei dem
Studium seines Werkes für vi d fache Belehrung scliuldig
geworden, glaubt er sein Bedenken gegen einzelne Theile
der Darstelinng um so weniger zurückhalten zu dSrfen ;
und überhaupt kann es, bei der Beengtheit und Paithei*
aigc9tUqhe Grense 4e« PanthctamBs miil 4c« philoiopliiicliea
Tbmniiii , mit bepoDderer Räcltticht suf Hegel« ReligioiuH
Philosophie^*: in Senglere r^ligiöeer Seiteohr ift* Haina
ISaS. Befl I. II. III., welche nicht nur eine ilnrchgreifeade Bc'*
. .feuebtang den He gePechen Stanäponkle, eeoilern auch eine
iraifere Äaeffihrung mancher iai oben ervähnten Werke ange«
demeten Ueenr en0ifilt, welche man init ider Hanptfchrlfl ait
' ' aef|glaichi0 wshi tftan wird«
Digitized by
\ - '
■
i
Mi 8|Mc«iaÜT0 PlOlütoplii».
lichkeit, die jetzt ärger als je, die einzelnen pbiloßopht-
scheu Be8trebungea auseinander hält, sogar nicht ohne
Belehrung seyo, jetsi wie künftig denselben wesent-
liehea lokalt yoa iwet' veftohMdcmn Sttten battacbM
SB acheik
' Zur Orientirung über des Verfs. Ansichten ist Fol-
gendes Torausatuschicken : die ap^culaliye Theo-
logie bildet nach ihm eiuen besondern, und Bwar den
letzten Theil der Philosophie des absoluten Geistes. Sie
selbst zerfallt aber in drei Theile : 1) die I(lee der
Gottheit, weiche im gegenwärtio en Werke ausgeführt
ist; 2) die Philosophie der Keligion, worin die
Gottheit in ihrer cöncrefen Offenbarung nach den ein-
zelnen Reli/nifionen, oder, wie der Verf. (S. 12.) sich
ausdrückt, nach ihrem ,,Erfahrung8begrifFe" erkannt
wird; 3) die religiöse Ethik^ welche das substan-
tielle Verhaltnifs des Menschen zu Gott, den Begriff
des Guten und Bdsen , der Erlösung u. s. w. zu unter-
suchen hat (S. 312. 73.) — Ihrerseits schliefst sich die
Speculative Theologie nach dem Verf an die Aesth etik
an, aus Gründen, welche der weitere Verlauf darlegen
wird. Ueberhaupt nämlich zerffillt nach ihm, die Lehre
Tom absoluten Geiste in die Idee der Wahrheit, wdche
' in der Wissenschaft; der Schönheit, welche in der
Kunst; der Güte, welche in der Gottheit die ihr ent-
sprechende Realität findet So bildet die speculative
Theologie nicht nur den Schlnfsstein dee ganzen S^fste-
mes , sondern alle Hauptfragen der Specnlation können
erst hier in letzter Instanz ihre Auflösung finden. Alles
Vorhergehende ist daher, wenn auch nicht von blos
problematischer Wahrheit, doch lediglich Vorbereitung
auf den höchsten Standpunkt, der erst am Ende des
Ganzen erreicht wird.
Gegen diese Gesamoitanordnung desSj^stemes können
wir einiges Bedenken nicht zurOckhalten. Hiernach schieae
Dflmlich fast das Ende des Systemes ein neuer Anfaug
zu werden, xler von hinten Alles aufzulösen und uui^u-
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Speculalive Philosophie. ■
gesUiten droht, was bisher in ihm ausgemacht war. Die
Ideen nämlich, deren Erdrlemng der Verf. bis an's
Ende aufspart, Wie jene der Persdoliohkeit Gottes, der
Schöpfung;, der freiMi BatwicKlung der Kreatur aus sich
selbst u. s. w. , sind von so fundamentaler Bedeutung,
dafs sie durch das gesammte System iiinciurchgreifen und
ihm das charakteristische Gepräge aufdrücken. Falls
mn dieselben erst dann cur Sprache kommen , wenn alle
speciellen Fragen der Natur-» und Geistphilosophie be-
reits erledigt sind : so bleiben sie entweder ohne rück-
wirkende und berichtigende Kraft für die ganze Ansicht -
10 ihren früheren Theiien, wie es allerdings nach strenger
GoBseqiiene sich Torhallen müTsle; und wir haben dann
swei Philosophien, nicht E^ne. Oder es wird jenes
höchste Resultat schon stillschweigend für die früheren
Theile des Sj^stemes anticipirt, sie bereiten durch ihren
Inhalt jene höchsten Ideen vor, und leiten ihre wissen*
.schaftliche Begründung ein, ^ie denn das Letztere wirk*
Kch die Meinung unseres Verfs. ist: so bleibt wenigstens
der unbequeme Zirkel übrig-, dafs, wenn zuerst von der
Folge zum Grunde, von der Welt zu Gott autge-
«ti^en worden , nachher anf irgend eine Weise der Rück-
weg von Oben herab gesucht werden miiili^ nm auf die
einzig speculative Art des Beweises das Begründete wie-
derum aus seinem Grunde hervorgehen zu lassen. Immer
wird man daau gedrängt werden, nachdem man den
Gipfel gewonnen, nach das Vorhergehende darnach von
Nenem nmziigestalten , wodurch die Form des Systeme»
äufeerlich auseinanderweicht — Wir erkennen jedoch
in dieser Anordnung eigentlich nur ein noch nicht abge-
streiftes Erbstück aus der Heg ei sehen Lehre vom ab-
SC^luten Geiste, welches dort ganz am Platze, hier aber
schlechthin zu beseitigen seyn möchte. Dort ist es uämr
lieh Gott selbst, der sieh, wie auf den vorhergehenden
Stufen, so auch in den Momenten des absoluten Geistes
dialektisch vollendet; daher er auch nur im kreatiii liehen
Bewufstseyn Person wird. Weifse erhebt sich ent-
scheidend über den Begriff des absoluten Processcs ztfr
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mz Speculativ« Pliilovoplii«.
Ideeller göttlichen Persönlichkeit: damit gewinnt
Alles eio aadere§ Ansehen, und wie er dadurch dem
LeichoaiD jener Phi(|^ophie suerst Leben und Beseelung
einlHinchte; eo ist dieseldee «dbatvlel z« umBchaifleiid
für die gesammte Grundansicht in allen ihren TheHen,
um bis ans Ende aufgespart zu werden. Vielmehr ist es
oach unserer Ueberzeugung schon die Aufgabe der Onto*
logie oder Metaphy§ik, als .der Lehre von den ewigen
Ideeo ~ däeaelbe, was Hegel die Logilc genmt
hat ^ den Begriff der Gottheit bis zn jener Höhe flu
vollenden, wodurch sie sich in ihrem Fortgange zu spc-
■Ottlatifer Theologie verklärt. Der Schlufsstein der letz-
teru wi#e daher die Idee der absoluten Persönlichkeit
Gottes, woms sidi der Begvilf der freien Soh^pfanf «
als Basis der Natur • tttid Geistphilosophie, und damit
der Uebergang in die concreten Theilc der Philosophie
naturgemäfs ergebeu wurde. Aber auch unsern Veif*
-hält Ret dieser, wie er meiot, einalg folg«riehtigea
Anerdoung dee S^pstemes weniger abgeneigt , indem er
(S. 13 ff. u. sonst) ausdrficktich su erkennen glebt: im
die speculative Theologie, selbst in der von ihm gege-
benen Steliung, zur reinen Metaphysik aurückza-
kehren scheine 9 dafs mati ihre Begrifieeniwicklungra
«b«trakt logische' nennen ktene^ ohne jedoch dabei
on vergessen t ^daft sie empirische ThatsaeVen
vor sich und hinter sich habe" Es ist nicht zu ver-
kennen, dafs in den letzten Worten der Hauptgrund
liegt, warum der Verf. die speculatite Theniogfie hinter
die Aesthelak^ mithin an'sBnde desAystemes gestetii hat,
Jene Tör eie fallenden „empirischen Thatsachen** sind
ihm nämlich die in der Aesthenk abg( f( iteten Begriffe
der Schönheit, des Genius, der Liebe, der Giate. weiche
aich in der Idee der Gottheit dialektisch coneeatriren,
mithin dieser ihre Entstehung geben, Sollte tndeft
*) S. «Jilee der Gottheit,** S. 88-*- 56. und »«Abrifs meine«
■tems*! in Weifae^s Schrift; ,»öber da« VerhUtofb de» PMl-
l(ai|M W Piiitotophie,*' 8.74. 79 9 —"eio« Sehrift» wddbe
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m
sieh ftidtfli, wie^Rcf. in eigenen Derelellnngm Bu zeige»
iiofti dnik jene Idee aneh Anf kOrserin Wege und an
anderer Stelle sich wissenschaftlich eotvvickein lasse, so
glaubt er gerechtfertigt zu sejn, wenn er jene Gründe
zwar Aaerkiennend^ doch nicht von ihnen fiberseugt^ f&r
sieb von dieoer Anordnung keinen GebriMich macht
Wir geben vorerst eine zusaminenged räumte lieber-
Bwhl des Gedankengangs, bevorworieod jedoch, dafr
manobfls Einzelne, b^eadera dieinteneflapnteoJiiatAriacbfQ
Erorleningen der Schrift, Übergang^ werd«n mufa
Die Abhandlung zerfallt in drei Hauptabsehniite ,
von denen der erste den pa n theistischen Standpunkt
darstellt IMeser gebt dialektisoh in den' zweiten, dett
Deisnfna über, welcher sich ab direkten Gegenatle
des ersten erweist: beide volleu<len sich endlich in dem
dritten, vermittelnden, der Idee der (iottlieit. Jedem
dieser Standpunkte entspricht zugleich nach des Verfg.
Behauptung eine der bekannten Beweiafornien Ar den
Sasejn Gottes, dem pantheistiechen der ootolegfache,
dem deistisehen der kosmologische , dem vermittefadeHf
endlich der teleolojs^ische, wodurch diese Beweise nicht,
wie gewöhnlich, blos vereinzelt betrachtet, sondern als
in einander ftbergehende und sich erginzende nacbge-'
wiesen werden.
Der Begriff der Gottheit ist abzuleiten aus den Yor-
hergehenden Ideen der Wahrheit lind der Schön-
h^U, welche in der Idee des Gnten Tcrrntttelt werden;
WShrend aher bei jenen ihre RealHit eich «mptrisch
and faktisch von selbst erweiset; ist für diese dagegen
der Beweis der Realität erst zu führen. Aber in welcher
Weise? Aus der Idee des Urguten selbst mufs das
Sayn desselben, aelne Realität erscbhisaen werdent
ditteir Gedankengang ist vorgebildet In dem ontotogi-
«b^slMiij^t mU il€r kier a«g«B«iglcQ ▼o^slictoi ^mtdßu «aft«,
«m die wimiilicliaftlichem Annohteo des Yerft. ia Ibren gaaian
2a«amraen1iaage tn filiertehea* •
1
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m
scheo Beweise: derSchlufg von den Begrifl(B mf
f|«8 Sciyn Golt«8» welcher hier indeb eolwiokell, mnd
Ton seinem änfeerlichen sjllogistischea Formalisimis be*
freit werden nuifs.
Der Welt in ihrer Tofalitit, wiefern in ihr da« Oote
sich zun erscheinenden Existenz herausbildet, kommt
Schönheit zu. Die schöpferische Kraft derselben in
der Weit ist aber Eines und Dasselbe mit Jenem Einlieits*
principe der weltlieheb Dinge : in Gott iui das hdoiiete
Princip der Schönheit, weshalb er, mit AoedrSeken ,- die
sich aus der Aesthetik von selbst zur Entlehnung^ dar*
bieten, der Welt^enins, oder auch das alte Kreaturen
zur Schönheit verknüpfende Band der Liebe genannt
werden kann. (8. 62.63 ) — Wir haben diese SteUe
herausgehoben, um die nähere Anknfipfnng unseres Verfiu
an die Aetthetik zu zeigen, wodurch freilich in diesem
Znsammenhange sein Standpunkt gerechtfcrtig-t erscheint.
Bei uns tritt an die Stelle jenes Begriffs der Schönheit
der rein ontologische : der Einheit in der Unendlich-
fceit, oder populär ausgedrfickt : der Wbhlordnnog, der
Harmonie {noa^og), worin in höchster Abstraktion
dasselbe Princip ausgesprochen ist, was sich in sinnli-
cher Erscheinung als Schönheit, in der Geisterwelt
als sittliche Weltordnung, in Gott als höchste Vor-
eehnng nunifestirt. Je weniger wir deshalb selbst den-
Umweg darch die Aesthetik nothwendig finden, um so
mehr müssen wir im nächsten Fortg.mg^ des Werkes darin
einen Absprung, ja ein Rückgreiien in das Abstrakte und
blos Metaphysisdie erblicken, wenn er nach einer so
ästhetisch -geistigen Auffassung der Idee der Gottheit
(S. 66 ff.) die Untersuchung über ihr Verhältnifs zu Zeit
und Raum folgen läfst, wiewohl wir dem darin Ausge-
führten dem Inhalte nach vollkommen beistimmen« Es
ist nämlich unsers Erachtens eines der gröftten, aber
▼erbreitetsten specnlativen Vorurtheile , die räumlich--
zeitliche Existenz dem Absoluten , als dem Dinge an sich
abzusprechen, und es so zu einem wahrhaft Unwirkli-
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dm, j« w«iHi num den Beg-riff flcMrfer enrSgen wolU«^
in sich Widersprechenden zu machen; und es verräth
Ton Seiten unseres Verf^. die tiefste Einsicht in die bis-
herigen Gebrechen der Speculatioii, dafs er diesem tra-
ditioDelleo VoriirlbeUe kfihn entgSBg^Dlritt Sayn heiÜBt
nach ihm: 10 der Zeit scyn, cLh. eine Vergangeiiheiti
Gegenwart und Zukunft haben.*) — Deshalb würde ich
jedoch den Ausdruck: A u fse r zeitlichkeit (S. 70. 71.
?ergL auch S. 77.) auf die apriorische Begriffswelt nicht
«Dweodbar findeo, ujnzn bezeicbneii, dafs sie, alsbloW
Begriffe, das noch nicht Wiricliche rind: ich würde den
Ausdruck: Nicht- oder U nzeitl ichkei t für dieses
Verhältnifs bezeichnender finden, in dem Sinne, dafs
sie noch ZU abstrakt sind, um etwas Wirkliches = Zeit-
lioiies zu bezeichnen, iviewobi in ihnen die Grundlage
aller Wirklichkeit enthalten ist Dennoch ist Gott eben
die Einheit jener Xicht- Zeitlichkeit und der unendli-
chen Dauer in der Zeit, weil er nicht blos der aprio-
rische Begriff, sondern damit zugleich auch die volle
Wirklichkeit ist Gleicherweise yerhält es sich mit dem
Begriffe des Raumes, und so „bildet sich dasSeyn
Gottes in die Formen der Zeit" (und des Raumes)
»»hinein, §o gewifs es ein Wirkliches ist." (S. 78.) —
Bies ist damit zugleich der wahre Kern der ontologischen
Beweisführung: der Beweis der Raum-Zeitlichkeit
Gottes ist zugleich der seiner Allgegenwart, oder
der absoluten Wirklichkeit seiner Idee. Damit nun
der Sache nach einverstanden, finden wir nur den oben
angeführten Ausdruck nicht ganz bezeichnend, ja viel-
leicht Mifsverständnife erweckend. Zunächst ist nämlich
das Absolute sich selbst das Formgebende; nicht aber
*) S. ,« Abrift meinet Systems** a. a.O. 8. 96« „Esisteos und *
Wirklichkeit iet nur derajenigea muiehreiben, vae entweder
noter' der Fenn der Zelt geietst , oder der beharrliche Orttnd
elnee unter dieeev Form Geeefsten iet, d« h. fnr dae et eine Vor-
gnnaenfa^t, Gegenwart und Znknnft giebt.**- Idee d« Gott b*
8> 88« 88*
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986 S|i«cnlitive FliilMopliie.
failflet es steh ein in ifgend eine ((pIo9 vortiismMtsettdQ)
Form. Wesentlicher jedoch ist überhaupt nicht einmal
zu sagen: ilafs Gott eintritt oder sich einbildet in Raum
und Zeit, als ob beide irgend' etwas w&Yea neben eder
au FS er ilini. Vielmehr ist «u eefgen, wad unsere onto*
logifvehe Rmtm- und Zeiltheorfe nachzuweisen gedenkt,
welche bisher freilich mehr nur in polemischer Beziehung
von uns dargestellt werden konnte: wie das A^^solute,
als thatkräftig sieh auswirkendes, die unendliche PfiHe
des Daseins in sich vollsiehf und ist, deren aosgelaerta
Form unser Denken als Räumlichkeit und Zeitlichkeit
fafst, welche an sich selbst jedoch, d. h. als leere, Wi-
dersprüche sind, und in flen Begriff der weseo-
haften, realen Unendlichkeit zurücklaufen. Gott ist
die absolute Allwtrklichkeit, d. h. Alidauer uud All-'
rSumlichkeit; das schlechthin Raum und Zeit Schaf«
f en d - Erf ß I ! end e. Dies ist unseres Erachtens die
bleibende Wahrheit des pantheistischen Standpunkts,
und es wird hierdurch in unserer Metaphysik dasJeDiga
geleistet) was etwa mit dem ontoiogischen Beweise Ter*
glichen werden könnte: die Idee Gottes hat siqh als die
unendliche Wirklichkeit nachgeuiesen.
Hierdurch betreten wir mit uuserm Verf. die BegriA*
Sphäre des Deismus (IL Abtheil. S. 139 ff.), als dessen
historischer Repräsentant Leibnitz bezeichnet wird.
P,amit bctgegp^n wir jedoch uoerwar^ «iaem Rückschritt
auf eineo, wie wir glaubten, f&r immer Aberwundenen
Standpunkt, welchen der Verf. zwar als dialektisch noih-
wendig nachweisen will , ohne uns jedoch von dieser
Nothwendigkeit überzeugen zu können. Um nämlich die
Begriffe der A ufser wel tlich keit (?) und Persön-
lichkeit Gottes abzuleiten, knüpft er an die Form dss
kosmologischen Beweises an , woraus ein Gegenüber, eia
Gegensatz sich ergeben soll zwischen dem Grunde der
Welt, Gott, und der Welt selbst. (S. 158.) Am Be-
griffe der Welt soll sich die GewiMieit eines jensei-
tigen Grundes derselben ergebe? , ^^weil eben dieSchün-
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heil die Aufbewahreriri jenes in flfem WelthegrifFe unter-
gegangenen, aber als Forcleriing eines Höheren, nie zu
Tertilgemlen Ei nheit8begri ffefl ist/' Die Oioge der
WeK, wiefern sie diesiftf f^hdl -edtbellrten, frftren n-»
ftltige; diese Eullilifgkeit jedoch hebe fifcll selbst auf
durch die in der Welt gesetzte Schönheit, worin die
Gewirsheii eines geistig Ab<;oluteo als eines Jens et ^ ..
tigen ausgesprochen sey. (8.159.) Wartttn jedoeh der
tetstere Betriff damit als jenseitiger, aiifserwelti«
Rchier bezeichnet wird , ist nicht absnsffien. Der Be^
gtiff des „Grundes" erweiset sich diaielctisch viehnehr *
als wirklich nur in seinem Begründeten; der Begriff der
„Einheit"' (des lebendi^on Einens) ebenso ab nur in der
Wirklichkeit seines Vielen gegenwärtig: Und so ist
jenes v^meintliche Gegenttber ewischen Gott und Wek
durch <lie Dialektik jener ße^i ifF*^f)estimmunjcren vielnu hr
wieder aufgehoben und vernichtet, was auch des Verfs.
schliefeiiehe Meinung ist, wfthr«nd er Iiier mir eineU
flwisefaenstandpunfct einnimmt, der nach «nserm Dafür-
Mten gar -fc^ne |>Mk»sophfsehe Bedeatang hat. Whr
■werden vielmehr mit den Ausdrücken von extramundan
und iutramUndan an die Vorstellungen erinnert, mit vvel-
dien sich etwa Jacobi noch herumschlug, die aber
teheu Lessing kurzweg für ungeoiefsbar erklärte,
vni sich in diesen Gk^enstSnden , was auch jetet noch
2U beherzigen, „Alles natQrlich ausgebeten haben %vollte."
Soll darin aber der wesentliche Begriff des Deismus
bestellen ) so sind wir völlig der Meinnng, ihm als einer
Ittbraachbaren Ansicht damit fiir imikial' den Abschied
BS ^^en. Allerdings bat der Verf. recht, wenn er in
Rolchetn Deismus die Wurzel der gewöhnlichen rationa»
iistischen Ansichten findet, und behauptet, dais Gott
damit in ein Unbekanntes, blos Geglaubtes sich ver«
Modle; aber wir leugnen, dafs es ein speculativer Stand*
punkt sey, noch mehr, dafs er, als der höhere, den
Pantheismus widerlegen könne. Doch ist die Betrachtung
wichtig und wesentlich , zu der sogleich ubergegangen
wird, dafs ^rst durch den Begrff der göitltehen P«r-»
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r
gdalichkeit (im DdtDiüs) m Miitd gegeben wefde,
dem Pantheismus „entgegenzutreten." (S. 161.) Nur
meinen wir, bedarf es gar nicht, eines Theils eines sol-
chen Eütgegentretens, andern Theiis ein^ solchen
deiatischen PeradlDlichkeit Gottes, wenn vom panthei*
«tischeo Standponlit auf den theislischen in der Thit
dialektisch übergangen , jeder derselben also mit dem
andern wahrhaft vermittelt und zu einem höhern drttteo
erhoben wird. Was am Pantheismus wahr ist, die un-
verbrüchliche Einheit (Sottes mit der Welt, bedarf iiiclit
' erst wieder an%ehoben oder zweifelhaft gemaeht n
werden, sondern es wird durch den Theismus nur Weiter»
gefuhrt, damit aber berichtigt uiid verklärt, indem Gott
hier zugleich als der ur persönliche begriffen
firird. Wie Gott als Substanz Eins ist mit der Welt,
SO erbebt ersieh über dieselbe als Subjekt, d«fa. naeh
unserer Terminologie : als absolutes Selbst und Allbe-
wulhtse^u : und es ist das tiefe und doch sonnenhelle
Mysterium der Person, des Selbst in Gott wie in (ier
Kreatur, dafs es das Aussondernde zugleich und das
frei Vereinende, — das Unterscheidende, aber gerade
im Unterschiedenen Bindende ist^ Aus diesem Theis-
mus aber, der zugleich pantheistische Grundlage hat,
mufs sich die neue Philosophie erheben, in der diese
den Leib, jener die Seele des Ganzen bildet, und woriO)
was sonst nur Gegenstand eines Glaubens, oder entferoteS
Ziel einer aufdämmernden Sehnsucht war, hier der einzig
stichhalteede Gegenstand des freien Erkennens , ja der
unmittelbar vergegenwärtigenden Anschauung wird. Wir
brauchen fortan, über Gottes Geist und seine Absichten
nicht mehr specnlativ oder phantaslisch«- ahnungsvoll si
träumen: er .ist vielmehr allgegenwärtig und aller*
kennbar in jedem Zuge der Welt; das Tiefste und
Höchste ist damit das Fafslichste geworden, und jeder
wahrhafte Gegensatz zwischen £rkeanea, Glauben, An*
schauen darin aufgehoben.
Aus gleichem Grunde scheint tpns von diesen Dsii*
mus aus ein neues dialektisches Umächlagen des Deii-
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nw imd Mckgaiif in den nintbefmim^ (iS. IM ff.)
gleichfalls nicht noth wendige, weiche nach unterm Verf.
io deu beiden Formen des Identität«i8ji)teaies (als teleoio-
^i<;chem Pantheismus) und der dialektisch speculativen
Methode (inUef^l) beziehen sollen, üa«. leiste S^ttm
wird abslrakter Bef riffspantheismus genannt, ond ala die
leiste Spitze und als Endresultat aller auf dem ontologi-
sehen Standpunkte zurückbleibender oder vom kosmolo-
gischen auf ihn wieder zurücksinkender Theologie be-
seicbnet (S. 229.) Allerdings verharren jene Systeme
noch auf dem über wiegend pantheistiseben Standpunkte;
aber wir mflaaen sie schon als wesentliche Vorstufen er*
kennen zur wissenschaftlichen Vermittlung des Pantheis-
mus und des Theismus. Schellings Naturphilosophie,
— so lange er nämlich nur diese Seite hervorhob; später
hat bekanntlich der tieftinnige Urheber derselben die
gerechte Erwartung eines weit höhern Abschlusses seiner
Philosophie erregt; — hatte das Absolute unter dem
Begriffe des absoluten Lebens, der immanenten V ernunft
^irt, und damit die anendlich wichtige Idee desDyna*
Huschen in die Wissenschaft eingeführt Hegel sog
schon deutlicher die HGlle hinweg von dem tiefsten Ge-
heimnisse: er bezeichnete gleich Anfangs die absolute
Idee geradezu als das Subjekt, den absoldten Geist;
aber mit charakteristischem Mangel verkümmerte er sied
selbst nachher diese Entdeckung , . indem er jenen ur-
Idbendigen , alle Erkenntniik erlösenden Gedanken noch
als etwas Abstraktes behandelte : das absolute Denken
bleibt bei ihm nur der dialektische Procefs, der logisch
formelle Gedanke ^ der sich noch nicht in. Gott zur abso-
luten ^ in. der Kreatur zur unendlich concreten Persön-
lichkdt befreit hat —
' Aus Jenem y^ROckgange" soll sich ab^ die Erhebni^
hl den htehsten, Alles vermittelnden Standpunkt erge-
ben: dies ist der teleologische Beweis oder die
Idee der Gottheit. (III. AbtheiL S. 234 ff.) Er
kenunt durch eine dialektische Ableitung des Begriffes
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der Dreieinigkeit Slüode, und ist^ wie* ^ev Wie|ii%8le
und inhaltsreichste, so auch derjeuige, bei welchem wir
mit ta^i diiichgüngiger Beistimaiunii; verweilea kpQpeji.
Der von Ewigkeit zu Ewigkeit wirkliche Gott ist
allein der dreieiiiige; sonst wäre er wieder ntir das leere
Ahstraktum des Deismus. Gott nämlich, als Persdnlich-
keit gedacht, ist hierin nicht blcs einfaches Seibstbe-
wnfstseyn, was wiederum ein Abstraktum wire, sondern
die Beziehung auf Anderes, und zwar auf andere
PersÖidiehkeit ist damit in ihm gesetzt.. Dies abflute
Verhäitniis zu sich selbst ist als die zw eite Persönlich-
keit in Gott zu fassen, aber das Verhältnifs zu derselbe)^
als einer ibin andern, mithin als Schdpfung , Kreatur^
die zweite Persönlichkeit ist daher eben so sehr das Ob-
jekt, als der realisirte Zweck der Schöpfung. Sie ist
das der Schöpfung eingepflanzte GegenbÜd des göttli-
chen Geistes; kreat ürlieher Geist, »aber zu gleicher
Odttirchkeit mit jenem berufen. Damit wird jedoch det
einseitige Begriff eines Zweckes aufgehoben: was Ziel
oder Zweck der Schöpfung ist, wird zugleich als die
achlechthio anfanglose und ewige Selbstbestimmung, das
immanente Wesen Gottes begriffen. — Diese zweite Per-
ednlichkeit Gottes in der Wett wfirde jedoch mit der
ersten einen Gegensatz bilden, und wir damit in einen
Dualismus verfallen, wenn nicht ein dritter Moment in
Gott, gleichfalls als Persönlichkeit, gesetzt wäre, in
welcher sich die Einheit jener beiden ausdrückHch be-
währt und befhätiget.. (S. 211.) So erhalten- wfr eioe^
dreifachen Mittelpunkt der Selbstheit in Gott, — eine
dreifache Ichheit, woraus sich die alte Triniläls-
iehre Ton Vater, Sohn, und Geist, dem letztern ^ .a|$
ausdrücklich ausgehend zugleich von Vater und Sohn,-^
spccttitiav abgeleitet findet (8. 9t3 ) Das t^e^riofpche,
die W^t schöpferisch ordnende und zusammenhaltende
Bewufstseyn ist nur Eines, die der Welt gegenüber«*-
stehende FersönUchkeit def Vaters: die zweite, der
kv^atörliolie ßmi^ ab^r ^Wl G<^taicbk#i^ ^brsiMWint»
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«bo an «gIi oder dm Begriffe nach, Bios lail* jener,
ist der Soho; ciie thatkräfüge Einheit beider, das Er-
heben des kieatüriicheu Geist«>s zur Göttlic)ikeit, ist die
driUe eerstm, der Geist (& ?&>
In (lieber Deduction könnte die Behauptung; einer
drei fach eu Ichheit in Gott allerdings unerwartet er*
scheinen, und wir glauben sricht, dafs speculatiT oder
auch nacli dem kirchlich dognnithcheii Sprachgebrauche
die Sabstantlirung des Geistes als drittes Ich in Gott
ern adSquater Ausdruck sey. Rr ist, und deshalb heifst
er ausdrücklich der heilige Geist, auch nach W ei Ts es
Darstelhjng die hergestellte Einheit zi^ischen cfein gött-
lichen ond kreafUriichen Ich, die yerwirkllchte SohO'-
Schaft des Mssteren, urodnrch berde wesentlich Eins,
nämiich Zwei sijid ohne innere Trennung, Tiehiiehr im
Bande der Liebe geeinigt, wodurch erst die Erlösung
voll bracht ist — Bs ist hier nicht der Ort, nach diesen
Prflmissen unsere Ansicht von der Trhiitit weiter darzii«
legen ; wir wollen nur aufmerksam machen : dafs hier-
nach Gott, unter der Kategorie des Weltschöpfers
gefafst, noch gar nicht als Drei einiger bu denken sey.
£r ist als solcher nur die weltsciidpferische Vernmi£l,
der JbogoS, der, im Anfange bei Gott und Goti selbsl,
dennoch dem Begriffe nach von ihm zu unter8cheide|i
ist: diese schöpferische Offenbarung in die Welt ist die
unmittelbare und ewige Folge seioes Seyns, — liacl|
bildlicber Analogie^ der ewig und allein Gezeugte
in^moroHOQ nai ßovayiPVQ)j der ewige, Soliq des
Vaters, durch den alle Dinge sind. Diese Einsicht
von dei ewigen SelbstefFenbarung^ dt r g^öttlichen Vernunft
als Weit war jeflocb auch der tiefem Speeulatioa des
Aiterthoms keineswegn fremd, wie ja selbst der Aii»t
drucks L^gos oder Nas nur nus platonischer und arir
stotelischer Philosophie sich in die jüdisch -christliche
Gnosis fortgepflanzt hat. Aber entschieden blieb dem
Alterthume die fernere Erkeuatnifs Gottes, dafs er der
Welterldser eey, versagt: diese ist die eigen thümüch
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998 8pecBlativ0 PhilMplile.
christliche, den Begriff Gottes erst vollendende, so wie
er auch hierin erst als Dreieiniger gefafst werden kann.
Daraus ergiebt sich, mit welchem Rechte die alten Kir-
chenlehrer behaapten konnten, daDi in der Tdaität nidift •
nur das charaktertaiieche Mysterium des Chrislenihnms
enthüllt, sondern auch, dafs die Einsicht in dieselbe
allein dem Christenthume vorbehalten sey, weil Gott
erst in ihm sich gaoz nnd nach allen Richtungen seiaoi
Weeene offenbarl habe. Aua demselben Grunde köaoio
wir auch nicht ganst dem Satse beislimnien : „ dafs dia
Dreiheit der Personen in Gott wäre, auch wenn es keine
Welt noch Schöpfung gebe" (S. 269.); wodurch
fast wieder an den deistischen Standpunkt. eines Gegen-
salses und einer Trennung Gottes und der Well erioserl
SU werden schebt Doch bezeichnet jener Satx Tiefradir,
wie der folgende Zusammenhang ergiebt, dafs die Mo-
mente des Unterschiedes, die Nacheinanderfolge im Be-
griffe Gottes als in absoluter, aber nicht todt mechani^
scher, sondern lebendiger Einheit su denken sind.
Vom Begriffe der Schöpfung redend (S. 216 fl.),
setEt der Verf. nätnüch sogleich hinzu, dafs dieser 19
dem Vorhergehenden schon mittelbar gefunden serf:
der dreieinige Gott ist zugleich der schaffende und ck»
. Verhältnifs der Welt zu ihm ist darin gleichfalls ge-
geben. Hier jedoch ergiebt sich der Begriff der Frei-
heit als ein schlechthin uniyersaler: auch den selbst-
(bewuftt-) losen Natnrdingen wird sie zugeschriebsa.
Unter Freiheit ist nämlich nicht die Eigenschaft schon
fertiger Geschöpfe zu verstehen, sondern der eigentliche
Hergang des Werdens und Entstehens dieser Geschöpfe'
selbst, — ihre sich yollziehende Selbstgestaltungi
die jedoch nicht Ihrer realen Nothwendigkeit entgegen^
gesetzt, Tielmehr mit dieser identisch ist (S. 2S6.)
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N°. 63. HEIDELB. J A 1 1 UB. u. LI TEK ATUR. 1833.
Sptculative Philosophie.
( F o r l 8 t l z u n ((. )
9 ■
Der Verf. unterBcheidet nämlich zwisclieu der apriori-
sehen oder logisch • abstrakten Nothwendigkeit , tind der
realen, in beMimmter Weise erfttilten; eine Unterschei-
dung, welche zugleich auch erst die rechte Einsicht in
den vorhin aufgestellten Begriff der Freiheit giebt. Die
Nodi wendigkeit eisterer Art ist die eines dialektischen
Fortschreitens im Begritie^ des reinen GedankenS|
Meile wir überhanpt den ewigen Wahrheiten zuer-
keiiQM. Die andere dagegen ist die einer positiven, der
Kreatur verliehenen Aüla<; f ^ die Summe von Kräften,
Welche das Wesen eine$ Dinges ansmachen, und dessen
Natur und Entwicklung absolut bedingen. Die letz*
tero'lst innerKch Eins mit seiner Freiheit, ja sie ist selbst
Mr das von innen her treibende Princip derEiftwicklung,
in welcher die Kreatur ihre positive (eigenthiimiiche)
Wii kliclikeit behauptet und ausfiillt. Hieraus ergiebt
sich unserm Verf. der Begriti der Schöpfung. (S. 293«)
Die göttliche SebÖpferthätigkeit giebt nämlich den za-
reicheiideil Grund nur der Mdglichkeit, nicht der
V^irklichkeit der Geschöpfe : jene reale Noth wendigkeit,
die Anlage derselben, ihre materkt prima ist aus
Gott; die Entwicklung aus ihnen selbst, d.h. ihre
Verwirklichung ist ihre Sache. „Die aus dem Wesen
Jhries Schöpfers,, wie aus einer Basis sich herausarbei-
tende Kreatur ist demnach ein Höheres, als ihr Schöpfer,
wiefern dieser iKinilK h in keiner andern Bestimmung,
als der des Grundes oder der iVlaterie gedacht würde.
Das vfrahrhaft Höchste aber, oder der als Gott da-
seiende Gott ist allein der frei über der Schöpfung,
die zugleich sein Werk und triebt sein Werk ist, schwe-
bende, allumfassende und selbstbewufste Gottesgeist,, in
UVI. Jahrg. 10. Heft. 83
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8iP«cii1iiif e PbU««»ph{ie.
welchem aUe neu entstehenden Geschöpfe p raformirt,
alle vorhandenen aber als in einer höhern Einheit des
Erkennen« oder der Idee vereinig t sind." (S. —
Darin iiegi aber Eiigleich die Unlerscheidung , in wiefero
die Schöpfung^ in Göll als ewig, innerhalb des kreaMIr»
liehen Daseyns als zeitlich, d.h. in der Zeit anfan-
gen tl zu (lenken ist: was, der Scilöpferidee nach, ewig
und untheilbar in Gott ist, wird ersi, Yolieiaht sich ia
eigener finlwicl&elttng , hat demnach da jB^inoen la
der Zeil.
Hieraus ergiebt sich der Begriff der göttlichatt Ver-
Ziehung (S 309 — 337), weiter der Erlösung.
(S. 337 — 378.) Audi d^bei Irilt jexloch als leitende .
Grundidee hervor die ununterbrochene Fortwtrku^gGol«'
lea in die Well, in lebendiger Wechselwirkung nail der
frei sich entwickelnden Kreatur. Und so ist auch der
Gedanke „des zum Besten Lenkens," oder der besten
Welt, wie er der Idee der Vorsehung su Grunde
li^l, hier nichl in gewöhnlicher Weise zu fassen, als
wenn Göll unler den oneDdlicb möglichen WeUpiansa
den besten hervorgesucht hätte, um ihn nun, in alles
Theilen fertig und präfonnirt, ein- für allemal hinza-
stellen; sondern dieJLeilung und Wahl des festen, d.h.
des absolut Guten, gestaltet und steigert «ckfoii«
während nach dem jedesmaligen Resulliile der vorher«*
gehenden Schöpfung: es ist eine wirksame 'IXeberwiB-*
d u n g der relativ widerstrebenden Elemente in der
Schöpfung, ein stetes Hervorrufen des Guten aus dem
BöseU) Mifsleitelen, indem ein relativ WidergöllUchtf
in der zum Bösen erregten Freiheil allerdings afiauel*^
kennen ist ~ Darin ist zugleich schon der Begriff' der
Welte liösung gegeben. Höchster oder absoluter End-
zweck der Schöpfung ist Gottgleichheit des Geschöpfs^
cL h. Einheil des kreatürlichen Ich s mit Gott. Die Welt
ist im Sohne gesohaffBo;. Gott bat ihr «eint GbeiibiUI'»
lichkeil aufgedrAckt (S. 345.) Hier finde« jedock
eine Art von Antino nii e Statt: die Freiheit der Meh
selbst verwirklichendeo Geschöpfe lä&l fttr Göll
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«inen üfoment der Zufätlig;keit zurück. Dennoch ist
jener „Zweck'' ein abi^oiuter, a priori not h wendiger,
fluithin nicht niohtoejrntonnender, und so ist er obeo so
, sehr der Anfang ddr fieböpAiDif. dem Begrifte naeh,
als «r, irerwirktichl^.erslallmähltch und in ua#nd-
lieber Steigerung" erreicht wird. (S. 357.) Da ist
denn nur <Ier Moment der Zeit, der einzelnen Verwirk-
lichung ein Zufälliges, nothwendig aber, dafs überhaupt
der Zweck der Schöpfung erreicht werde, weil er ip
Gott, an aich, schon vollende! ist Aber ilas Hufs^re
Wann hat sich Gott rorbehalten.
Die Gottgleiohheit der Kreatur, als ihre absolute
Bestimmung, kann aber nur bedeuten ihr Hr schaffe nseyn
zur gleichen Ewigkeit, oder zur Uasterblichkeit. '
Diese kann jedoch blos als d^r Preis oiner seibstthätigso
Erfüllung ihror gottverlieheneQ Bestimmnugerreicht^wer^
den ; der Mensch erwirbt sich erst durch Freiheit seine
Unsterblichkeit (S 352.); durch die Wiedergeburt zur
geibligen Absolulheit. Diese durch die Offenbarung im
Gewissen, im religiösen Triebe, in den geschichtlichen
Rsllgionen durchzasetsen und zu vollenden, ist diß Th^t
der WelterlösuQg, für welche alle aodaro Weltzwecke
Inipr vorbereitende Stufen sind. Daher eine doppelte Te^
leolog^ie des Reiches der Natur und des Reiches der
Gnade, welche dennoch in einander greifen. Hieran
|»9hliefst sich die Einsicht in die Möglichkeit, und
cTurch die Freiheit der Geschöpfe bedingt, die Wirfc^
iicjl^keit des Bdsen^ Es ist .picht ein blos relativer
kfatigel, ein Substanzloses, sondern ei«i Begriff voHsuV
^ stantiellem, ja gci>tig^ absolutem Inhalte. Das Böse ist
nicht ein abstrakt IJngöttliches, sondern positiv Wi-
dergöttiich es , dessen allgemeine Möglichkeit den-
•floh in dem Wesen Gottes wie der Schöpfung liegt, in
^r . Wurzel der Selbstbeit ebeO} wodHrch die Kreslnjr
OTT Gottgleichheit berufSen ist : so kommt das Gute wie
■ das Base nicht blos äLirsci lich oder als eine zufällige Ein-'
zelheit zur Schöpfung hinzu; sondern es ist der tiefe,
iMMBente Verlauf derselben, duri^ die Freiheit und
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99$ SpeoaUtive PUtoMplito.
deren Krisis hiailurch das Gute aus positiver Ueberwin-
duog des Böseo hervorgehen zu lassen , wodurch der
Begriflfder Brlösuog^iDe universale, die giuise Schöpf KOf
«mfassende Bedeutung erheken hat —
Wir haben in kurzem, freilich zumTheil verblafstem
Abrifs die Hauptgedanken der Schrift wiedergegeben i
und mdchten hier beinahe unsern Bericht achliefsen , um
die betleutenden Anre^un^en, die darin enthalten sind,
vorerst nur zu weiterer Beherzigung und Erwägung zn
empfehlen. Mancher Begriff wird freilich noch näher
durchbildet, mancher zu scharf gefafste Ausdruck be-*
richtigt und eingeschränkt werden mQssen; indefs ist
dies Sache der weitern Verhandlung, wenn nur der lei-
tende Grundgedanke des Ganzen gezündet hat. Es ist
der Begriff der Person Ii chkeit, . in Gott wie in der
Kreatur» und die Binsicht über das Verhältnifk beider su
einander, welche eben sosehr die rationalistische Jen«
seitigkeit Gottes und den Begriflf eines mechanischen,
wie AeuCseres zu Aeufserem sich verhaltenden Schaffens
und Wirkeus der Gottheit in die Welt ausschliefst; als
den blos pantheistischen Begriff einer Identität beideri
oder einer dialektisch processirenden Selbstvollendnng
Gottes im Menschengeisfe abweist. Eins ibt die Kreatur
mit Gott in ihrer Uran läge (was hier nach dem Vor-
gang der alten Mystiker die materia prima genannt
wird) 9 aber aus dieser sich entwickelnd » kommt sie enr
Wirklichkeit durch sich selbst; die Wurzel ihres
Daseyns ist die Freiheit, d. h. dasjenige Princip ist
hier zum universalen gemacht, was erst in der selbst-
bewufsten Kreatur als eigentliche Freiheit hervortritt ^
(Und hier glauben wir allerdings, dafs der Verf. den an
weit gefafslen Begriff der Freiheit näher zu speciaHsirso
hätte, — wiewohl er ihn selbst schon gelegentlich eio-
• schränkt und berichtigt; *) — besonders wenn er nach
seinen Grundprämissen eine Philosophie, der. Natur aus*
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wMkwm geiiickto, woM sich ihm nvImeiMMMi
geben würde, dafn im Gebiete der Schwere und der
elementaren Phjsik recht eigentlich die Nothweridi|^keit
herrscht, welche erst ia der Welt des Organischen io
Selbstentwicklung, dem erttea Analogon der Frei-
heit, in dar eeliietbewnftten SchOpftang in Freiheit
rieh anfldet) Von der letzteren, dem kreatürlichen
Geiste, deshalb anch der eigentlichen Schöpfung, gilt
jedoch Alles, was der Verf. ferner entwicket. Jeder ist
ihre Krisis und Entscheidung selbst übergeben : sie ist
ttnancipirt durch Gott, und doch bleibt sie Bins mit ihm.
Er hat ihr ein Pfund Terliehen, mit dem sie wuchern,
oder es verderben lassen kann. Sie steht frei Gott ge*
genüber , dennoch kann sie sich nicht losreifsen von ihm,
weil die Kraft zu jener Selbstthat nur die verliehene ist
Uad so vermag die wildeste Selbsterhebung die ewigen
Grundfesten der Schöpfung nicht zu erschüttern, wie*»
wohl ihre Freiheit eine wahre , und ihre Seligkeit oder
Verdammnifs ihr eigener Ertrag ist. Dadurch ist aber
der Begriff der Vorsehung, der Wellerhaltung und Br*
lösnng erst ein lebendiger und Gottes würdiger gewor«*
den, der bisher, wenn er gedacht werden sollte,
immer an den entgegengesetzten Klippen zu scheitern
firohte: entweder zu einem abstrakten Determinismus zu
erstarren, oder in ganz anthropopathische t Gottes VqIU
kommenheit einschränkende Vorstellungen ausuuarten«
Hier ist Gott in der empörten Freiheit allerdings ein
relativer Widerstand geboten; er hat die mirsleitete that-
kräftig zu überwinden, die beschränkte, in sich unge«
^ Qttgsame zur Vollendung emporzuführen : der Gedanke
einer göttlichen Vorsehnng, Leitung, Brldsnng wird
damit ein allgegenwärtiger, wirksam naher und Töllig
Verständlicher. Der Weltplan Gottes, sein orilnendes
Schaffen und Entwickeln ist nie abgeschlossen; dennoch
ist er kein mechanisches Nachbessern oder Einfilgen eines
nachträglichen Gliedes in die ewige Ordnung, sondern
das Hervorrufen und Bnlfalten der Kräfte des Guten,
die als das Ursprüngliche und einzig Reale Iq der Kreatur
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vonioigegebeii ^imI. Wir kteMtn clabtl «a dm All»"
^ipi uch (lesTimäus erionern: dafs Gott 8ej, der aus AU^m
das Bessere herrorrtife, d. h. das iirgpiüng^Hch Gute,
als das oiir noch nicht akitiaiisirle Wesen jeiier .likrfiaiur»
Dae tel«öla0iache Pruietp wird dMinruh^ wm m
Msei^ Veit rkhlig beseichnMf mm ielilecliihin «nivct«
iüdeiii es das ontologische und kosmologische
dialektisch überwondeO) damit aber zugleich in aicb
mfgeaommey hat ^
Vielfach verwand! mit dem Standpunkte, de# den
t^ieologischeo Begriff der Schöpfung suni durdh-
greifenden macht, kann die Behandlung der sp^culatltr-
reli^L^iÖsen Hauptprobleme gelten, wie sie sich In den Ab-
handlungen Jbrichsons iiber die Theodicee iin-
deo. Sie sind voni Standpunkte des religiös-
SstKetischen Bewufstseyns aufgefafst, welches durch
die Räthsel und Widerspruche der erscheirtendeA Welt
sich hiuclui chkämpfend, dennoch an der Idee dt r ewigen
Harmonie und Schönheit, in der geistigen wie der natür-
lichen Schöpfung, sich über jene Zweifel erhebt. £s isi
der Sieg deü urspruugiichea Gotteshewufsisejrns, der
eingeborenen Religiosität fiber die einzelnen Härten <ter
Erscheinung, und die Beruhigung eines durch FrÖm-
itiigkeit geläuterten und befestigten Vernunftglaubens^
indem sich hier das Bekenntnifs aufdrängt, dafs die ein-
seinen Incongrtteozen der Welt, als gegründet in dem
unendlichen Zusammenhange der binge, uls fiiozdne
uiierforschlich bleiben, aber in jener höhern Einsicht •
verklärt, nicht mehr ein Grund des Zweifels und deir
Anklage werden kdnnep.
'} „lieber die pbilosopliiache Idee des OptiiiiisiiiuR, oder der bestea
Welt;" Gr«if8W. 1827 (N. I): „über die Theodicee;'' Dai.
183(K (N. Tl.): „über da« moralische, theoretische und ästhc-
ti8(he Vfhet;*' Das. 1S31. (No. III.): t^^het den Endcveck
der Welt;" Dat. 18ft2. (No. IV.)
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Ünleugbar ht dieser Stunclpuitlii der «llgemeio«*
menschliche zu nennen, weil va' austliücklich davon
absieht, jenes ur<;prihigliche Gottesbewufstse^o selbsl
Speeiilaliv begrQaden oder vermitteln zu wollen. Den-
weh hat er fieinemito ffir die Speculatipn ein doppeltes
Interesse. Zuerst nSmllch tritt er als ursprüngliche That-*
stehe <les Bewiifstseyns in den Umkreis ein, welchen die
SpeculatTon anzuerkennen und zu?n Gegenstande ihrer
Untersuchung zu machen hat: sodaun aber wird er be-
Senders lateressant darcfa die Tiefe , dorch die religiöse
denialität mit Einem Worte, mit welcher er die re-
ligiöse Wahrheit, weiclie zugleich die acht speculative
ist, über die endlichen Reflpxioiisbestimmnngen hiiiaus-
ffihrt und selbst im Ausdruck deri^elben die Einseitig-
keiten überwindet, welche ans der vereinzelten Anwen^
dang der Kat^orien anf sie entstehen. Dies unbewafste
Zeugnifs der Wahrheit für sich selbst und dai in der
thatkräfti^e Sie^ des Religiös - speculatlven iiber die
mangelhafte, am Gegensatze zwischen Glauben und Er-
Itennen, zwischen Empirie und Speculation h^tnäclcig
fifiSdialteDde Terstandesbildung unserer Seit ist gerade
jetzt von der gröfsten Bedeutung. Bekannt ist, da(b
jener Standpunkt der religiösen Unmittelbarkeit beson-
ders durch Jacobi repräsentirt wird : von diesem wurde
er indefe polemisch gegen die Speculation gerichtet, in-
dem er denselben Inhalt nicht einmal approximativ in
den philosophischen Systemen wiedererkennen mochte,
vielmehr selbst mit den Waffen der Reflexion und unter
einseitiger Anwendung der Kategorien die l^eculation
zu widerlegen suchte. Anders der Standpunkt Erich-
Sons, der durchaus und fiberall auf harmonische Verei*
nignng der verschiedenen Richtungen des Geistes dringt
(No. IV. S. 8. und sonst) und sich zur wichtigen Einsicht
erhebt, dafs die vermeintlichen Gegensätze des Erken-
nens, als Glauben und Speculation, wie nicht minder
eine sinnig forschende Empirie, doch nur Einen Ge-
genstand und« Inhalt haben, die göttliche Idee, die
eben das allein und absolut Wirkliche ist
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1000 ^ Speculative Philo»o()l»ie.
(No. IV. S. 16. 17 ff.) Dies ist der wahre und höchste
Weltbegriff, wofür nach ErichsoA die specuiaüve
W,eUphilo8opbie („Kosmologie'') d«o ayriorischfiii Be-^
weis (d. i. aus den reinen BefprifCfn Yon Gott und im
Wiriclichkeit auf^erGoU); die Theodicee deoBewM
aus der wahrhaften Erkenntnifs der Gegebenheit
zu liefern hat. So erhält vor allen Dingen die Theo-
dicee selbst eine höhere Bedeutung als gewö)iiiUeb».iil
ist nicht eino fiide, Rechtfertigung Gottes w^en ^er
eimseln^n Weltmaogel, sondern durchbildete qpoenbiäff
Theologie: sie hat Gott in seinen nnendlichen BigeiH
Schäften und in seinem ewigen Verhältnisse zur Welt all-
seitig zu erkennen; weshalb auch jene, die Gott für
wissenschaftlich unerkennbar erkläreOy die Probleme der
Theodicee für unicisbar erklären müssen. (NobUUL'fii.ö|ff)
In diesen Problemen behandelt er mm, nach der
Anordnung, den Ursprung des s. g. metaphysisches
Uebels, oder der Endlichkeit der Geschöpfe überhaupt,
sodann das physische und moralische Uebel,
jcndlich das Mifsverhältnifs zwischea V^die^si und Gl^i^
In der Welt, wozu nachher noobt msorm Veft..^g0f
IhBmIich (N0.IIL & 21.), der Ursprung det tsil^
tischen Uebels oder der Häfslichkeit binzttkomait
Doch nach seinen, besonders in den letzten Abhandlun-
gen, mit Kraft und Klarheit durchgeführten Einsichteo
ierhebt sich der Ver£ alsbald über dne so p^^puläre 4^
fiissung, — Die sogenannten Anklagen Gottes wegen .ÜV
Endlichkeit der Kreatur, wegen der Schranken Wftlf
Wissens und Vermögens zerfallen ohnehin in Nichts::'
sind Produkt einer modernen Hypochondrie, und mehr
in subjektivem Mifsgefühle als im Thatbestande gegruiir
det: und jene „Schranken" beklagen die am meiste
welche nicht einmal dijese selbstthätig und .fldb^^i^ri|^
send auszufbllen im Stande sind. — Wenn dabeir iPMiH
gefragt wird (No. IV. S. 18ff.), was absoluter Endzure^^ [
der Welt sey? so ist die rechte Antwort: die ünend?'
lichkeit des Daseyns ist sich selbst Zweck, die
Volikommenheit.des Qai^en duri^h dpa. Ptyl^ij^^
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Bi«9ttioeii 'i/uA dm Gtmp», ivt4iireh di» Fn^e nach
mnßm be«OBdero Eodawtiiky und das ibniioh hu*
tende, in diesem ZusammenhaDge sogar absurde Problem :
warum Gott geschaffen, aiigewiesen ist. DieSchöpfuog
ist ein System von Zwecken: jedes Geschöpf ist Zweck
ia.siob nad dennoch auch Zweck für das Gan^e; Aüm
diaol, entwicMiid nad v^lendeod., den Gimzan^ tiiid
anpfangt diesen Dienai von ibm anrAck. Di^ kaiua maft»
mit populärem Ausdruck für diese sich selbst geuiefsende
Positivität alles Daseins, die Glückseligkeit der
Geschöpfe nennen, und diese mit uosctroi Varf, als End-
sweck der Sch^yfuiig bezeichnen, wenn amn dapnit nar
uehta AeulheMav Acddeiildl dam Trelandcfa, aandern
das Selbatgeftthl der eigenen Lebenaharaoaie und Voll*^
kommenheit mch denkt Hierdurch erledigen sich von
selbst jene Fragen wegen der UnvoUkommenheit der
IVelt, VI egjen der Zulassung des Bösen. Der Wid^spruch»
die Negation ist selbst in fler FiMie des Positiven |^esetz(,
weil dies nicht eili todi Feriigea^ sondern SelbslentfaU
tUBg, Leben, Freihält Ist; mithin den Kampf der Ge-
gensätze in sich trägt und sie tliatkräftig überwindet.
Dies giebt der hergebrachten theologischen Vorstellung
von der göttlichen Zulassung des Bösen eine positive
Bedeutung: es ist nicht blos das negatiye Gewähren-
lasien; das Zuaehen, was immer Gottes nnwQrdig wäre»
sondern in der zum Bösen verkehrten Freiheit das Her-
vorarbeiten einer Krisis (wie in Krankheiten), um au
der Ueberwindung des Widerstandes (der Versuchung)
das Gute sich befestigen und verklären zu lassen. Keine
positive, aeibstkräftige Wirklichkeit ohneUeberwältigung
von Gegensätzen, was sogar, vorandentend fllr das Gei-
slerreich, dnrch alle Naturprocesse hindnrchgeht: dies
ist dei po5!.i live Begriff der Verklarung, welche immer
Danke], Disharmonie, \Vi<Iersland voraussetzt, wobei
wieder niir die verkehrende Reflexion abzuhalten ist^
dafs dieser Consequenz zufolge das Böse sey, damit
jene Verlüäru ng zu Stande komme. Jedes solche damit
▼avliselii- hi dem 6edank«n, Aufy daa Positive eit^ Leben^
diges, der Eiutwicklung Unterworfenes ist,
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» *
„Weher also zuletzt nodi der irTtfiafA9^ Rr hl
onvermeiillich , weil die Wursrel des Denkens die Frei-'
heii ist, und so kann es sich, wie dies« zum Bösen,
alw tauch zur theoretischen Gottesscheu verhärten, ilh
ihre Bimeicigkeil und WUllilIhr hertiiickig: fe^hült gegeil
die höhere Idee der Einheit, tfnd w)e eineil fiifiieliTerA
stricliten Irrlhum des Willens, so g\ehi es einen Eipen-
sina des Oenkens, von dem Beispiele genug gefunden
werden in der Geschichte de» MeinenB. Hier eher er«
beitet kkh d^r Widerspruch von selbst henmr, der
diese Verhärtfmj** IM, und io die «ilgemeine W«liA«lt
wieder ziii iickleitet. Aber es ist eben das ^rofse Werk
mifassenderSpeculation, gegen die Einseitigkeit des Wi-
derspruches nicht nur tolerant zu seyn, Bondern ihn sogar
in sich aufeunehmen als einen Moment im (j^esammtim
Systeme der Wahrheit. So ist andt hier die Wfoaenseliaft,
die allversöhneade und erkennende Specolatkon, die
beste, ja die einzige Theodicee.
Wenn sich die Bedeutung der eben entwickelten Ao-
slcht darin ergab, dafs ihr Verfasser, durch die Inten*
flitlit seinea religiös • ästhetischen Bewufstseyne yeleiteli
«ler höchsten speculatiTen Weltanschauuo^i; mit Kraft sicK
bemächtigte, und so einen Gehalt in sic h anticipirte, der,
streng wissenschaftlicli behandelt, freilich einer tiefero
Unterbauung bedurft hätte; weshalb wir auch, wenigstens
in der Darstellung, manchmal ein Schwanken und Zurück«
sinken in die Auffassung und Ausdrucks weise gewöhnter
Ueflexionsphilosopliie bemerken konnten : so zeigt sich
in dem Werke von Suabedissen das Streben nach
methodischer, von Grund aus aufbauender Behandlung.
Aber auch hier begegnet uns noch ein Kampf zweier
Elemente, nicht unähnlich dem vorhergehenden, der
sich mehr im Formellen ausspricht. Der tiefe Sinn, der
*) «Gtiuidsttgo H>Ues9»id«eliea BalijiiMialalim.** llarlHWf.ia^
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specnletive Takt des Verfs. hat ihn fast überafl richtig
geleitet auch bei iin||«nü|^en(iem Begriff^^anfKlruck , wie
mch denn überhaiipt di« Wahr hei t dem tiefer sinnenden
aül sinaigon Geist« «ionab «nhnsengl iäfet , odcI ak At^
Unfi'A ikrfaolltvnDg dcs.Oawittlia «der d^k PhpnlMS
da und dort in i^ielfiuDbeii Kß^en uns beg^egnet. Abe^
in solcher Form bleibt eh nur eine isolirte Erhebung,
eiageschlassea in einea ■ besondera Winkel des txeistes,
tbia Varibehr mit detn gesammten Brimmad und der
gtwalintaa WsHamMit. , Viehnahr -ataht 4b& ftenkttt^
weil noch nicht durchgeiWirt, mit 'setnea Vorartheilaflr
nml Einseitigkeiten ihr noch gegenüber, mannigfach
sie bekämpfend and sie irre machaod an sich selbst. Sm
iil eis Toröbergehendes Leuchten, nicht die Alles Ii»"- ^
iMida «od durdidriogeiifl» Klathcit sduMchCaiaMT
vad aeibstgeivisser Vernunftansieht. Dieser Zwiespalt,
der geheimer oder olfeobarer durch unsere gau/f^ reli-
giös-'wissenschaftiieba Bildung sich hindurchzieht, ist
aaab im vorliegenden, sonst trefilichen Werke nicht g^W
aMgsyttclaas i htw liegt er beaoidert hm lnoMignietttey
Aar Form m dem speeaiatiyeii Ittlialleb Aar Oedaake»« .
fortgang ist meist nur ein äufserlicher, die Begriffsbe-
stiairauDgen gehen hervor aus einseitiger -Anwendung der
KaAegori«, wodurch sie, atatt daa Pfiflcip dae Fort-
toiur^taia und NlheriNistiniineBa in rieh aelbat au habm,*
kloa neben nnd gegen einander gestellt, in Wider-
spruch mit sich gerathen.
Weifs der Mensch voh Gott, und wie und was
weifs er von ihm? Von dieser Frage wird angehoben,
obna jedoch das Varhiknifa daa wieaendea Snbjefcts mm
gewofsteo (Hrjekia tfefer zn beeeiehnen. Bs wird nur-
zurückgeschlosseo vom Seyn des Bedingten auf ein Un-
liedingte«: es ist das Urweseo, welches nun ferner
als Urgrund, als Urleben, wdiich als Urgeiai
fertbestimml ivird (§§. 6~16.); nnd d«r Verf. beaaierki
riohtig , dalb erat widern das Unbedingte ah Umeiat,
Wrwissen erkannt wird, es Gott i»>t, in dem Sinne,
in weichem die Religion von ihm weife. „Gott ist von^
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MM Spcjotoliw MiilMtpiiir
seinem Geiste aus der lebendige Gott, nnd 9» eih
zeugt sich der rechte Begriff seiner Persdnlichkeit. Sie
ist seine. Lebendigkeit ab ciine soiclie gedacht, deren
Grund und Wesen «e Geialigkeit sey." (§.50^
Biditig; dMh bfoibi weh hier der Bew6», daft CM
der Urgeist , das UrwIssen ist ( §. 19.) fast n*r ittaNsrileh
und formell, weil er nicht immanent entwickelt ist aus
dem Begriffe des Urwesens selber, wor^u^ sich das wich-
Üg9j aiiein spaoidaiive VerhjUtn|flr ergeben hiitta, dato
der Fortachcilt ymtt absliaktm Ba§nff nmm csMiialara^ .
wai miilii« wahre», ngleieh der Riekgang in dsi
wahre „Wesen" und den Grund'* jen^ Begriflfes ist;
durch weiche Betrachtung die ganze Form des (hier
MMT fefOiellea) Beweises eine eigentUeli apeculalive B#«
dalaag erhalten hätte. — Ala Urgruad aber, flhit
de» Verf. fort, iai und beMügC eich der Ui geist mir n
aeinem Werke, und so ist dieHelt nicht geschiedeo
von Gott (§. 38.): dennoch wiril sogleich wieder hinza-
Ufeaelat, data Gott nicht die Welt ist, und nicht mr-
Wialt gehört,, ck er bioa der Urgrund dereeJben itf.
h dlaaem Niehtgeschiedenaeyn and dooh nieht IKttsseyD
Gottes und der Welt liegen offenbar gegenseitig sich
aufhebende Bestimmungen, die, b los also neben einaa*
der gestellt, nicht umhin können, zu einem äufsern Wi-
dempruche fortgetrieben an werden. Die Art jedeoh,
wie. dieser nothwendige Gegensatz gelöst wird — witk*
lieh gelost aber nm^s er werden, und wenn es nur auf che
formellste Weise geschieht: dafs Gott in der Welt das
Andere aeiner selbst ist; — diese Art begründet etat die
rechte Einsicht io das Wesen des Theismiia* Die*
selbe Frage kehrt indefs bei dem Ver£ nnr in anderer
Gestalt wieder, wenn er Gott für Einheit erklärt im
blofsen Gegensats^e zur Mannigfaltigkeit, abermals ohne
zur innern Veimittlung beider Begriffe fortzugehen.
( 40.) Doch nach hier fehlt eigentlich nicht die richp-
üge Einsicht; sie ist nur unausgesprochen swiiM^hen den
Zeilen zu lesen. Wenn es näiiilich heifst: daTs Gott an
aich keine Mannigfaltigkeit von Jiräften, Eigenschaften
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Specnlative PhikMophie. \Wi
0. s. w. , (sondern Lirt irihett ; alle Mannigfaitigkeit da-
gegen nur in der Weit zu suchen : nachher aber gleich-
mM hinzugesetzt wird : dafa sieh der Begriff Gottes hi
•dnem VerliiltfliM s«r JVelt m der Betfteh'inDg
m einer solchen MannigfaltigJtelt entwickelt oder ver-
deutlicht: so sehen wir nicht ein, warum — nicht blofi
in unserer (subjektiven) BeUachtuag , sondern real uaA
wirklich die Einheit Gottes sich nicht aeitei in dme
«wiiditelie Mannigfiiltigkaii «iner Welt explieiri «ttd
,,ve7deiiilich«^ hah^n sollte. Di^ESRheit ,,8ch«int'^ skh
oicht blos zur Mannigfaltigkeit zu er^chliefsen, wodurch
wir plötzlich in eine fast eleatische Abstraktton eines
Isefta Sias, Jte SoheiBwelt emet^-^b^m » liBsrea Vielbeil
ilHi gegenüber, swriicksiidcea : soodera beide fieilehi
dhrahdringen sich, «wd ihre Trenming epwSohst was
blos aus einseitiger Betrachtung dieser Kategorien.
Ebenso zeigt sich derselbe Gegensatz unaufgelöst in der
entscheidenden Untersuchang, wie sich Gott zu Ranni .
md SSett Terhalte» (§. 49.) „Gott ist nieht seHiich. und
iiieht rkamlieli, da er ▼ieinehr der Grand aller xeMI*
chen und räumlichen Wirklichkeit ist; da sie also in ihm
sieht, er nicht in ihr. Aber er ist darum nicht von
4er Zeitliehkeit and Häamlichkeit gesehieden 'W^s, er«
Ar wirlfiet also aiebt i n der SEeit and Ite Raaaie,^ als
ei^-ein weilliohes, also zeitllehes and riimlicliee
Wesen: er wirket auch nicht in die Zeit und den Raum,
als stände er neben und aufs er der Welt. Aber er
wirket zeitlicher und räam lieber Weise , da dis ZeitUebe
aad BiaiAUoIiey^ also aaeh Zeit and Raam, aas aelaem
Wiffcen fet So stehet die Zeit aad des Raa»- ia der
Ewigkeit, weil alle zeitliche und räumliche Wirklichkeit
in dem ewigen Leben stehet" u. s. w. Man sieht,
die einzig richtige Erkenntnifs dieses Verhältnisses liegt
ua lüateig;raade, als aoeolwielieite Primsse: ikfe Gott^
als die aoeodlichs IVir klichkeit, daeZeitraadRanih
Schaffende sey in dem oben von uns entwickelten
Sinne. Deshalb sind alle von Saabedissen aufgeführ-
ten negativen Bestimmungen richtig, aber sie schliefsea
sich zu keinem vollständigen and darcliaiw begrqiüchen.
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tt^MI» - ■- »-
«WD vpmnMivv iiiiiinM|HiiB*
positiven ResuiUte zusammeu, mreehalb immer el^as
Mystisches, ünbegreifüches, der schärfern F'assun|ö^ Wi-
(lerslrebeiules in jenen Behaaptiiogen zurückbleibt ^
deioherweise läfst uns seioeijs^r« von 4*0 IfigrasduiftMi
CMtfls (§§. äl^M.) aar ▼ereiimile AlMtraheiMm «bw
Iceoneo, welehe, neben einander gestellt, nicht aus einan-
der entwiekelt, in dieser Aeul^erlichkelt sich gegenseitig
beschränken oder aulheben : die ü u veränderlich^
IwU Gottes & B. D^beo seiner Ali wir kenm'keU, die
(hier ^abstrakt gefiUiito) Allmecht neben der gflsidi'»
fiills behaupteten Freiheit der Kreatur «um Bösen.
So hat auch der Begriff der göttlichen Alhvisseiiheit,
(eines „ Vorh er wissene auch des Unwahren und üten^
§.57.) Hl «lieser Darstellung greise Sehwierigketlen^ erftr
^elmelur er läpl sieb in einen enbegreillielien H^gang
anf, weil er nicht aus einer dialektischen Ineinandef«'
arbeitung der Ideen des Urgrundes und des Urbewufet«*
seyns hervorgegangen ist.
.Wir glauben, dereh das bisherige den phiiosopbt^
soken Sbmiiptfiikt des gegenMrtigen Werks- biorachend
ehsrakterisir« zu haben; aneh bler ist nämlich das ia^
teressanteste« zu sehen, wie die Idee der Wahrheit die
^ ^reden Feroien und Gegensätze eines nnvoUstandigea
Denkens ziir Lfige macht eed in efeh auffteibtr Aber
sieht bei ihran Wideieprnobe soll es bleiben « irielmtbr
wird erst jenseile desselben, aber durch iltn hindurch,
die freie, den Gegensatz versöhnende Wahrheit ernta-
gen; in dieser £iosicht liegt die grofse Bedeutung de^
gegenwärtigen specnkitiven Umsehwuages auch Cttr du ^
Beligionsphiloeeptlie. Bka jedes Begriffsabstraktnoi iskf j
wne es isl^ iwr im Gegebsatse nm Andern; tnebien I
solche Abstraktionen (iaher, als Eigenschaften einem
ud demseliien Subjekte, wie hier Gott , beigdegt, ma-
cbeti dies zu einem Sttsemmen BntgegengeeetstflSt
d« h. einem Wtderspniche. l**) • Aber jeae bebenftets-Bs*
') Auf diese Efnsicfit, im Vorfeclpchm p^csaj^t, prtindet »teil rfi«
t«iie metaphTtiscbe Fiction durdh «iae Aeike ander^jr erklfrcB
eSer bsgrciincA maoiivii ^411*
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1
Sonderheit des Abstrakten i&t nur Erdictiluog eines uu-
voli^üdeleii DeokeDf» : NtclUi ist dergestalt vereinzell,
meiern aU Beisooderee es nur IViom^n t der leben'*
d%aii £iab«U, dni subteb»! i« c)er PeiMolichfcaU ihre
Verwirklichung findet. So ist 4i«idee des Lebens und
der Persönlichkeit^ zuliüchst der göttlichen, der
letzte, Alles ansgleichendf) lind versöhnende Aufschlufs,
und \fir sind diesem Punkte der spe^lativen
^ipkecie mm Ceoljrufli d««fiiimQiiiiidg:edafiltnn0 wiaiiir
jr^rgedrungea
Im Begriffe der göttlichen PersÖniichkeit erkennen
mt nämiicb zugleich die Basis und dcui Anfaog einer
n4iri«tlichen Phiiggyphie^ aber darin auch allein und
wwiiMaftiich. JBrat hlnratts «rfiabt sich die M^slicbMl
«iiNM* eigentliehmi (d.h. freiwilligea) Off«nbar«iig
(iottes, nicht nur in der Natur und im Menschengeiste,
sondern auch in der dritten Form eines besondern Sich*
offenbarens an denMenscbea; ohnn deron Aneckoontoils
ib» P^iive 4e« Chrisleatbiiiiia mmw etvaa Pafaduas,
der frriea VeraunfieioBidii Wlderslrebaiiriaa bebitt, iii4
^0 entweder rationalistisch als Fabel und Mythe angesehen
oder, wie es bei H eg e I geschieht, als die Vorstellungs-
l)üile xim Begrilfes, deMMMb aJ« das Geringere und
Warihkiaei'e babaodeU'wnrd«« mafe Hiw dagegen wir^
^roh die PbilosQfihle salbsl darauf gedrungen, jHiaa
positive Offenbarungselement zunächst überhaupt nur als
etHfas Bedeutsames anzuerkenno« alhnählig auch es
imaer verständlicher zu finden, endlich es wijrjclich za
veiatebaa. £oia4 dtoAnark^aiiinife^daer CeiatefWfil, «Ua
4rib'Tilbor die Graoaeo laeiwohiicbar V<iNkoRimenhei^
♦ber iiie Extreme des menschlich Guten und Bösen erhebt,
«aerläfeiiche Voraussetzang des Christenthams, wie jeder
positiven Religion : d«^ hier bezeichneta Gr undaasi^bl
läbt abaTraiae aakbaAMilieatlDifii akbl aar fibrigi aMH
ijtaaia ergiabi aioh so^nrar au» derselben, ab auie naMr«-
liehe Consequenz. Aber dringender wird noch eine vöi-
lij?e Umgestaltung der Psychologie nach diesen Prämissen
nötbig, um über eine Menge bedeutender, aucb in die
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1006
Religion ei ng^ reifender Fragen besseren Aufschlufs geben
zu könaen , als bisher Vemiioft uind Metaphysik es ver-
mochte. So sind ohne die richtige Einsicht in das Ver-
' hiltniA too Setzte irad Leib und iwn dem unbedingfti^ii XJn^
terworfen^eyn des D u n k e I • S eei i s c h e n (d. h. Lrib-
Ik lien) unter die iVlacht des bewufsten Geistes manche
Lehren des Christenthunns und uiaoche "vrunderbar ge-
'nannte Thatsachen des gesteigerten intelligenten Lebens
linbegnsiiidi oder iddersprethend ; ftberhaopt dirfto «ioe
. tiefere Psychologie , wie sie schon die Reife der Witseih*
Schaft verlangt } und worauf selbst die dring^endsten That-
sachen hinftthren, in den sogenannten Geheimni«^sen der
Religion einen nnerwarteten AuCschlufs versprechen, aa^
iiientlich, was den Glanben an peraöaliehe Poitdauer,
tel^nnden mit der Lehre Ton der Atiferatehnng diHf Lliibes
betrifft. Jener wie diese bleibt gleich unbegreiflich, ja
begriffs widrig, so lange man noch an der gewohnten An-
ifiicht einer Doppelbett des Menschen oder gar eines Ge-
. gensatses von Kdrper «nd Geist halltet s tiann ist der leüi*
Hkhe Tod äieTrennnng jener Doppelheft-, niid ^amU
. offenbar die Vernichtung (oder der Ruckfaii in die hlofse
Potenz) für jene Hälften, die nur mit einander zu exislireil
vemidgen» Nach unsern psychologischen Ansichten da-
gegen besteht der Mensch in keinem Sinne ans Seele
md Leib; sondern er ist nur l^eete ~ oder anch Leib*
lieh k ei t; denn diese ist jene. Die Einheit der, zu
einem in sich selbst abgegrenzten Ziele zusammenwir-
kenden SKiele nennen wir ßberhanpt Seele, Mittelpunkt
des Orgttnimas,^ deren Selbstandwirkiing im RHvpnie;
wie sie vom Abgriffe der Wirklichkeit Überhaupt" u«ab^
trennlich ist, als das erscheint, was wir Kdrper, Masse
nennen. Nach dieser Ansicht ist der Tod organische
Krisrs, Failenlassen einer bestimmten Form seelischer
. Selbstgestaltnng , worin die Wnrsel des Men§cfaett/die
IrnKvidnalttlt; ificht nur nicht angetaslet ^wlrd , viddidMr
sich steigert und (leiblich) weiter entfaltet. — ' • ~
iDer Bfthlufa folgt.)
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\'. 64. HEIDELB. JAHRB. d. LITERATUR. 1838.
Speeulative Philosophie.
*
( Be9thluft.}
Wie damit , was man sonst viel zu abstrakt Unsterb-
lichkeit der Seele zu nenueo püegely eine weil tiefere
Begründung erhält, liegt am Tage: hier fiihrt die ganze
Nator dieseo Beweie. Das MeDScheDlebeti ist nur das
Sichentfalteo aus innerer^ induridtteller Anlage in das
Licht des Bewufütsejns, nach einem Grund- und Ur-
typus, dessen Kraft und Verwirklichung weit über die
Grenzen unmittelbarer Gegenwart und Erscheinaog des
Menschen, hinausreichl: (wobei wir aar Erläateruog nur
an die inneren Lebensrechoungen der Somnambulen nach
einer, wie sie es bezeichnen, dem Menschen einge-
pflanzten Grundzahl erinuern wollen.) Iti jenem sich
entfaltenden, organisch* seelischen Bewufstwerden des
Menschen liegt aber auch seine Selbetentecheidnn^
im Verhähnifa zu Gott, und der wahre Punkt der sitt-
lich-religiösen Lebenskrise fällt gleichfalls hierher. Wenn
wir aber oft genüge im Falle sind, bei intellektuell oder
sittlich tief verworrenen Individualitäten, denen wir nicht|
iiad die sich nicht helfen können, sur Einsicht zu kom*
men: dafa hier nur eine höhere, die eigenwillige Selbst-*
Verstrickung lus^ende, durch eine Gegeakrise die gel*^
stige Ge^tiindiieit hersttlieode Erg-änznng aus ihrem
schöpferischen Ursprünge her helfen könne; so haben
wir damit den Begriff eines erlösenden Gottes , gleichsam
als psychologisches PostuUt, gefunden, und stehen an
der Schwelle eines Geistermysteriums, wo Seelenlehre
nnd Religion sich uneru artet begegnen und in fortge-
setzter Wechseldurchdringung die Aussicht in Wahrheiten
bieten, von denen die bisherige Begriflismetaphysik sich
noch Nichte träumen läfst Wir können diese AndeU'*
tungen und Perspektiven hier nicht weiter verfolgen;
\vir wollen nur hinzusetzen, da& uns hier die Grenze der
XXVI. Jaiirg. IQ. Heft. 64
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IMO . Undley, SjttM BoUuiik.
gegen wärügea wissenschaftlichen Bildung bezeich-
net scheint Was bis jetzt darüber hinausgegangen ist
in jeoes Gebiet, Mrar unentwickelte Ahnung, hervorge-,
rufea durch halbbewufste Sehosucbi des unbefriedigten
Geistes, dfter noch ein in die Hülle barocker Phantasie
eingehülher Halbwahn. Das Dämmernde und Gährende
soll davon abgeschieden, und hier vor Allem der feste
.Boden der Wirklichkeit, der klare Begriff und die
Beobachtung nicht verlassen werden. Dabei ist es aber
von der bdchsten Bedeutung^ m sehen, me Speculatteu
und höhere Naturbetrachtung gleicher Weise sich der
Religion zu nähern und in sie überzugehen beginneu.
Wie weit diese Wechselwirkung gediehen, eben so sehr
aber anch, welche Kluft dabei noch sn fiberwinden sey,
dies isn^ zeigen war der Zweck der gegenwärtigen Beaf-
theiiung, welche deshalb nicht die alten Gegensätze zu
bestätigen oder zu vergröfsern trachtet, sondern auf ebe
nahe erreichbare Zukunft und iu ihr auf eine tiefere
Versöhnung und BefriedigUDg der 'Geister hinsuweiseo
beabsichtigt *)
Fichte.
Einleitung in das natürliche System der Botanik: oder
tystematische Uebcraitht der Organisation ^ natürlichen Verwandt-
* $chafien und geographischen Verbreitmig des ganzen Pflanzen-
reichs, nebst Angabe des ISutzens der wichtigsten Arten in der
Heilkunde , den Künsten und der Haus- und Feldwirthschajt. ^on
John Lindley, Professor der Botanik an der Universität mu
London u. i. i/j. Jus dem IhigHivhen. H'eimat$ im Verlage de*
Landes - Indu&triti- Comi)toirs, 103^. 524 S. 8.
Die Lehre von dem natürlichen Systeme dea Ge^
wäehsreiches ist in Deutschland längst verbreitet, und
wird schon geianme Zeil hindurch auf den Universitäleu
öffentlich vorgetragen; seitdem Cassel im Jahre 1817.
*) Da öher
J. F. Fries Handbuch der Hcligions •■ Philosophie und philosO'
^ phUtkm Jestketik
«cbon (in No. 44. 4&. 46 ) von einem andern Reo. berichtet VM^tn»
8o konnte dieses Werk, den Getelten dee Inatitate gemire« nickt
mit in diese Gemmintreceneinn anfgenommcn wsvden.
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Lindley, System der Ooianik.
1011
sein Lehrbuch der natörlichen Pflanzen-Ordnung schrirfi,
ist eine ganze Reihe anderer Werke gefolgt) die deiiH
selben Gegenstände gewidmet, dennoch von gans ver-*
tthiedenen Gmmlsäteen ausgehen nnd von sehr nnglei-
chem Werthe sind. Schwieriger fand diese berühmte
Lehre in Fuf^laiid l^in/;;ing, untl unser Hr. Verf. *«pricht
TOD einer grofseu Menge tief gewunselter Vorarüieile^
die man zu bekämpfen tiabe, nm ihr Eingang sn ver^
schaffen; ja zn der Zeit, als der Drnck des yorltegenden
Werke« angefangen wurde ( 1830.) existirte auf den brit-
tischen Inseln noch keine in englischer Sprache geschrie-
bene Einleitung zur Kenntnirs der natürlichen Familien
des Gewächsreiches, und erst seit Kurzem ist eine Ueber*
SMzung von Richard's Nauveattx Eldmens de Boia^
nique, toq Clinton bearbeitet, in London herausge-
kommen.
Bei einem zum allgemeinen wissenschaftlichen Ge-
brauche bestimmten Wexke, meint unser Hr. Verf. , müsse
rnn vorzuglich swei Gegenstände im Auge behaHen,
nkn müsse nämlich erstens die Wissenschaft der Po-
pularität nicht aufopfern^ dann aber zweitens die
^^arhe den Studierenden so leicht machen, als es die Be-
schaffenheit, des Gegenstandes nur immer zulasse. Beiden
Anforderungen glaubt Hr: Prof. L. besonders dadurch
genügt m hiibeli, indem er eine Clavia mabftica ver*
fertigte, durch deren Hfilfc <lie Familien auch von An-
föngern, in sofern nie nur auch die kleinsten Organe der
Pflanzen genau zu unterscheiden wissen, bald aufge-
fiiBdeo und bestimmt werden kann, In welche jedes eiii-
seine ClewMchs gehdre. Bs ist ihm nicht entgangen,
dafs auf diese Weise das naüii liehe System in ein künst-
liches umgewandelt uird, und er ^ucht sich auch auf
mancherlei Weise deshalb zu entschuldigen.
Die Einleitung enthält znvdrderst eine, doch such
ivirklich gar zu dürftige Geschichte der Pflansensysteme,
und sodann anf sehr ausführliche Weise eine /Vuseinander-
selzüng der Vorzüge des natürlichen Sj«stcnjs Tor dem
allbekannten des Linne, wo jedoch, für einen Deut«
9Qhtn UMlgiteos , gsr nichts Nenes beigebracht IdrdL
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. 1012
UndUj, Sjiten der Botanik.
Gewifs ist übrigens, dab die Pflanseokonde heot zu T^e
eine viel scliwierig-er zu erlernende Wissenschaft gewor-
den ist, als sie es noch vor zwei Jahrzelieuten war, und
Hr. Prof. L. hat vollkommen Recht, wenn er sagt : es
giebt keiodWiMeiiflchaft, welche jeioe mehr auf's Kleinste
gerichtete Beobachtung , eine grdftere Geduld bei Un*
-tersuchungen , oder eine fortlaufendere Uebung des Beur-
theiiungsverinögens erforderte, als die der Botanik. —
Von besonderem Interesse ist die fleifsi^euud scharf-
sionige Erprterong des verschiedeoeo Grades toq Wich-
tigkeit derCharaklere, welche die einzelnen Organe zar
Uestinmniii|^ der Affinitäten liefern, sie sind deshalb ein-
zeln von der Wurzel bis zum Embrjo des Saamens durch-
gegangen und ans dem gedachten Gesichtspunkte kritisch
beleuchtet worden. Vprtrefilich ist der Grundsatz, dab
Charaktere von rein phygiologischer Natur, d. b. solche,
die von Verschiedeaheit in dem Innern anatomischen Bau
hergeleitet sind, einen gröfsern Werth haben, als Ab-
weichungen in Form, Stellung, Zahl und dergi., wel-
ches blofse Veränderungen äufeerer. Organe sind; nvr
mnfa man bedauern , dafe der Hr. Verf. diesen Grundsatt
in der praktischen Ausfuhrung ganz vergessen zu haben
scheint, und bei den einzelnen Ordnungen doch nur
höchst selten darauf zurückkommt
Was nun die Ausführung oder Anordnung des Sysleii»
betriflk, so theiit L.eämmtliche Gewächse in Vmctdares
und Cellularea , und die ersteren wieder in Ejcogenen
und Endogenen, wie schon viele Andere vor ihm; allein
die weitere Unterabtheilung ist neu, denn die Exogeoeo
zerfallen blos in zwei und zwar höchst ungleiche KlaMo,
die Anghspemda und Grymnospermia , welche letatere
nur zwei Ordnungen Enthält — die Coniferae und Cy-
cadeae — während die Augiospermia 226 Familieo in
sich begreift; sie werden wieder zerspalten in Polnpe-
talacy Jpetalae, Acklamtdeae und Monopeialae , woria
man die alten bereits von Jnssien benutzten Anord-
nungen wieder erkennen wird. Die Polypetdkte ihrei^
seits zerfallen wieder nach DecandoUes Vorgang in
TluUamißorae und Cal^c^rae, deren jede wieder zwei
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Liodiejr, Sjatem der Botanik. lOlS
Unterabtheilungen — die Apocarpac und ^neorpae'^
hat. Die ISodog^eneo siod in zwei Uoterclassen gebracht,
die Obanaceae und Petalöideae, so wie die Zellen-
gewSchse \n FiUcoideae y Mmcoidcue und Apkylluc ge-
theilt sind.
Die (] putschen Bearbeiter des natürlichen Pflanzensy-
Sterns haben grofsentheils sich bemuht, nachzuweiseii ,
welche Familie des Gewächsreiches als die am meisten
entwickelte und am vollkommensten ausgebildete ange*
sehen werden müsse, ohne dafs deshalb die Ansichten
übereinstimmten, indem bald die Leguminosen, bald die
Rof^aceen , bald die Aurantiaceen für die vollkommensten
, aller Pflanzen ausgegeben wurden, während Decan-
dolle sein System mit den Ranunculaceen beginnt Hr.
Prof. L. hat um diesen Gegenstand aicb wenig beküm-
mert, und scheint es Oberhaupt nicht der Mühe werth
zu halten, deshalb sich in specieile Untersuchungen ein-
zulassen. Fr fang;t mit den Araliaceen an , und hätte
eben so gut eine jede andere Familie aus der Abtheilung
der Exogenen an die Spitze des Systems stellen können ;
allein gerade diesen Gegenstand vernachlässigen, heifst
oflfenbar, dtC' wichtigste und erste Rücksicht, ja die
Basis des natürlichen Systems aus den Augen setzen. —
Musterhaft ist übrigens die specielle Bearbeitunjs^ der
einzelnea Ordnungen; nach Angabe der Literatur folgt
die Diagnose , dann die Erörterung der etwa vorhan-
denen Anomalien, hierauf der wesentliche Charakter^
die Verwandtschaften, auf deren Aosmittelnng beson-
derer Fleifs und Scharfsinn verwendet ist, die Angabe
des Vaterlandes und der geographisrhen Verbreitung,
sodann der Heilkräfte und anderer Eigenschaften. Zum
Schlüsse werden jedoch bei jeder Familie nur einige
wenige Gattungen als Beispiele genannt, so daft man
also hier (ein Hauptmangel !) eine Tollständlge Anftähr-
long und Eintlieilung sämmtlicher Genera in die natür-
lichen Familien nicht suchen darf.
Sehr zweckmäfsi^ ist es, dafs bei jeder einzelnen
Familie Uire Bestandtheiie und Heilkräite erörtert werden^
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I
1014 Liodley» System der Botanik.
indem gerade diese Verhältnisse äufserst brauchbare Wioke
Ober die Aoordoung selbst und die naturlichen Verwandt*
t^aften abj^eben k&ioen, nur ist m bedanerii, dafs uos«r Hr.
Verf. nicht immer am besten unterrichtet 8U seyn CM^elnt,
auch hängt er unveirückt an den Aussprücheu Decan-
doiies, denen er gleich Orakeln folgt, und doch hat der
Genfer Botaniker seiner Theorie zu Gefallen, mancherlei
Dinge geänfsert, die eine genaue Prftfnng nicht «usfaaltoA;
ja schon bei der «weiten Familie, die der UnaJ>dtiferen,
kommt dieser Luisland vor, indem Hr. Prof. L. nach-
spricht: „Die Saamen der Dolden sind in keinem Falle
Gefahr bringend , und gewöhnlich ein erhitzendes und
angenehmes Gewürz." Die Unrichtigkeit dieses Sataes
luit lUf. aehon früher gegen Deoandolle oaehgfewio-
sen, und die jüngsten Untersuchungen haben dies noch
mehr bestätigt, denn gerade in den Saamen des Conlum
maculatum oder des gemeinen Schierlings (die Hr. De-
caodoUefilr ontchädUqh ausgiebt) ist das Conüot jm
so iuflierst heftig und giftig wirkanite Substanu, weil
reiner und reichlicher enthalten , als in den übrigen
Tlieilen der Pflanze. Das Gummi ammonkicmn leitet
liindley noch von Heracieum gunimiferum ab, und
zeigt dadurch » dals ihm die i^ieueren Nachrichten iber
die Mntterpflaase dieaea Gumniiharaea uabekaant ge-
blieben sind. Die Paeonien sind hier noch mit den Ra-
nuncnlaceen vereinigt, worüber man sich um so mehr
wundern wird, da an andern Orten um viel geringerer
Merkmale willen» als die sind, welche die HaaunkelD
voa den Qiohtresen treanan , neue FWmlian toq nasena
HrOi Verf. aufgestellt worden. Die Saamen der AquUegki
werden von ihm einfach tonisch genannt, ein Fehler,
den er hatte vermeiden können« eben so wie Ur. Decaa-
dolle, wenn Beide die Schriften des Liane fleiAigsr
geleten hätten. —
Bei den Nymphaeaceea vermiAt man gams die dath
wohl zu beachtenden Ansichten der Hran. Bartlin^
und Schultz über die Stellung die.eer Familie im Sj^-
steine, wie denn, überhaupt uns^r Hr. VeiC aaläer Mar*
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I
(ius uud Link kaum aocU irgend eiaea andera «Wut- ^
süaen Botaaikef kennt.
Die CiljrcftBtheeii bilden eine von Liadley neaaaf-
gMiallle Ordoong , die auch toq mehreren ScbrIfMd«
lern angenommen worden ist; sie stehen hier zwischen
den Winter een und Monimieen, und doch sagt der Hr.
Verf, selbai, Jussieu habe Rechi gehabi, aie zu den
Rmoeen su Bahlen, da keiM andere Ordmag mit ihnen
ofliar verwandt aey; eben ao sonderbar ist es, daft daa
Arom der Calycaniheen nur den Blumen zugeschrieben
wird, da dieses doch vorzugsweise in der Rinde seinen
Site hat. Dafs die Berberideeni namentlich die Beeren
vaa Berberi» vulgaris ihren eauren Geschmack von der
SaaerkleeaiMe erhatle» tollen 9 ist vietteiebt anr ein
Schreibfehler. —
Nach Ehrenberg's Vorschlag ist die neue Fa-
QÜlie der Reaumurieen , bios aus den Gattangen Reau"
naria vad Ualolaehae bestehend , au%enemme«9 was
froher auch achaa Kunth gethan hatte; ktaterer atelll
«e zwischen die Hjpericeeci und Guttiferen, Lindiey
zwischen diese und <lie Saxifr.ii^een. Die Gattung BauerS)
von Robert Brown zu den Cunouiaceen gerechnet,
ist biar an einer eigenen Faaiiiie erhoben , wozu besorg
im der abweichende Habitiia, nebst einigen, doch ei>ea
ükbt sehr bedeutenden Verschiedenheiten im Baae dev
mäanlichen Genitalien die Veranlassung gaben. Bei
den Grossularieen verweilt der Ur* Verf. lange, um ihre
Varwandtackaft mit denCacteeä nachzuweisen; ev hebt
die wenigen Anniherungspunkte beider Faniilien redii
florgftitig heraus , vergifst aber gana die auberaidenl^
liehe Abweichung beider in Hinsicht der Vegetationsari
und der Eigenschaften, wenn man auch den ao gewaltig
abweicbeodea Habitus (der so oft den Grund zur Auf-
staUnng neuer Gruppea abgab) hier för gana anbedea*
Itad iMltea will , and doch der Unterschied awisehea
einem Johannisbeerstrauch and einer Fackeldistel ist
Harüch nicht klein ! Betrachten wir aber ihre vorherr-
sehenden Beatandthdile, die Cacteeu haben reichlich
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t
1016 Lindlej, Sjttem der Botanik.
einen Milchsaft, der den Grofsularien ganz fehlt, die
scharfen und pnrgirendeni hantröthenden Eigenschaften
jener I tvird mau bei diesen Tergeblich eiichen. Stark
riechende fitheriech-öligre Thelle sind häufig' bei den
Grofsuiarieen, den Fackehli^telo mangeln sie ganz. Mmmt
man nun noch auf die GrciFse und Schönheit der Blume
der Cacteen , auf itire eigenthümliche Art des Oeffiiens
und Schliefsens derselben Rficicsicht , so wird mao ge*
stehen müssen, dafs die ylelbeliebte Nebeneinanderstei-
lung der Grofsularien und Cacteen eine hpchst untiatür-
liehe ist Schicklich konnte man die Grofsularien die
Myrten des Nordens nennen, und deoigemäfs ihnen eine
Stelle im System anwrisen.
Aus der Ghttnog CXrcaea hat Lindl ey eine eigeae
Familie gebildet. Man wird dies nur billig-ea niüäseo,
denn der Unterschiede derselben von den Oenotheren, zu
denen man sie bis jetzt rechnete , sind so viele und so
deutliche, dafs man sich Wundern mufs, warum diese
Trennung nicht schon frfiher yorgenommen wurde. Da
Unsef Hr. Verf. offen gesteht, dafs ihm die Eig-enscliaßea
der Circaea unbekannt seyen, so muls man ilin atif die
Schriften der alten Botaniker verweisen , wo er sie ange-
aeigt finden wird; auch über die Eigenschaften der Sa-
mydeen, Sanguisorbeeoi Celastrineen, Passifloreen, Or*
diideen und so vieler anderer ist er nur höchst unvbll-
ständig unterrichtet , indem er kaum etwas mehr anfuhrt,
als sein Vorbild Decandolle darüber gesagt hatte.
Die Aufstellung und Erörterung der Pomaceen ab
eigene Familie rührt von npserm Hrn. Verf. her, der
diesen Gegenstand schon im Jahre 1821. auf sehr goifi«-
gende Weise bearbeitete. Die Amygdaleen sind hier
ebenfalls als eigene Ordnung- behandelt, sie sollen sich
von den Rosaceen und Pomaceen durch ihre Drupa, durch
die ein Schleimharz liefernde Rinde und die Gegenivaft
der Blausäure unterscheiden, welchen letzteren Umsfaad
der Hr. Verf. als ein Hauptmerkmal ansieht und mehrmals
wiederholt; aliein er hat vergessen, dafs diese Säure
auch bei den Pomaceen vorkommt, namentlich in den
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Linilley, Syalem der Botanik.
lOil
Saanien der Quitten und in den Hiumen von Sorbuf
amcuparia, und andern.
Wenig^a PflaosenfiiinUten sind 90 TielfUtig in den Sy-
stemen der Botaniker herumgeworfen worden, als die
Resedaceen; nirgeucis haben sie eine sichere Stelle. Hr.
Decandolle hat sie schon da und dorthin gestellt,
ohne dafa er sie stehen lielse ; Bariling bringt sie z wi-
sehen die Poljrgaleen und Famariaceen ; Kunlh zwi-
schen die Capparideen und Datisceen; Reichenbach,
der sie charakteristisch genug CoUocarpicae nennt, theilt
sie den Cruciferen zu, und dürfte damit am richtigsten
ihre nächste Affinität angedeutet haben, wenn gleich
ihre Stelle neben den PapaTeraoeen schwerer zu ver*
theidigen seyn möchte. Schulz setzt sie zwischen die
Droseraceae und Turner aceae ; Hefs zwischen «liese
und die Violarieae; Richard zwischen die Flacour-
iianae und Cappartdeae; Don hat auf ihre Verwandt-
schaft mit den Rsnuncnlaceen auftnerksam gemacht, und
besondere hat man die g'enaueste Affinität zwischen den
Gattungen Reseda und Dclph'mmrn finden wollen. End-
lich setzt sie unser Hr. Verf. neben die Euphorhiaceeii !
Doch das ist noch nicht Alles und die Zeit ist noch nicht
gekommen , die ihnen eine ruhige Stelle versprechen
iännte.
Als eigene Familie (BrcxiaCeae) stellt Hr. Prof. L.
die Gattung Brexm anf , worüber Ref. ans Mangel an
Autopsie dieser madagaskarischen Pflanze nichts sagen
kann; aacb die Gattung Siaphylea hat der Hr. Verf»,
getrennt von den Celastrineen, zu einer eigenen Gruppe
erhoben, was sich allenfalls vertheidigeu läfst, sowie
die Aufstellung der neuen Familien der ISepentheae ,
Nitrariaceae und Pyrolaceae. Ais neue und eigene
Familien sind ferner die Scaevoleae und Brunoniaceae
behandelt, nachdem sie vorher mit den Goodenovieen '
vereinigt waren.
Die sehr ausgezeichnete Bearbeitung der Boiagineen
oder Asperifolien von Schräder in Göttin^ren kennt
unser Hr. Verf. nicht ; eben so wenig die ungemein fieis-
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11118
Liadie^, System der Botanik.
eige und grundliche Bearbeitung der Caryophyileea von
Bartling; auch das, was fiber die Eigenschaften dieser
lelzten Familie gesagt wird , hätte bei weitem vollstän-
diger nnd geaaaer sejn kdonen unir soilen^
'Wie schwierig die Abtheifung der Endogenen .in gut
dharakterisirte Gruppen ist, fuhUen alle Botaniker, die
•ich diesem Geschäfte unterzogen ; was unser Hr. Verf.
hier Neues und Eigenes liefert, besteht hauptsächlich in
der Aufstellung der Gillesiaccae y als einer eigenen Fa-
milie, die Gattungen GilUeaia und Mieraia enthaltend,
die bisher mit des Asphodeleen yereinigt waren.
Man hat bei der Erscheinung des vorliegenden Bu-
ches in England grofse Lobeserhebungen von demselben
in Deutschland verbreitet, schon frühzeitig die zu iie-*
femde Uebersetzung angekündigt, weshalb denn aach
grofse Dinge davon erwartet nnd gehegt wurden ; man
düille sich jedoch, \yie dies unter dergleichen Umständen
so oft geht, nicht ganz befriedigt finden. Dennoch ist
Lindie^'s Einleitung eine wahre Bereicherung der bo-
tanischen Literatur, in der ihr eine ehrenvolle Stelle
gebohrt, denn sie enthält viele neue und eigene Ansichten
über den Bau und die Structur der Fruchttheile so man-
cher Familien , nicht wenige scharfsinnige Beobach-
tungen und Andeutungen über die wahren Affinitäten der
Ordnungen; sie ist dem deutschen Botaniker besonders
noch darum schätzbar, weil man hier gesammelt findet,
was in den englischen, zum Theile sehr kositbaren, bei
uns wenig verbreiteten Schriften, über die Kenntnifs der
natürlichen Familien des Gewächsreiches, enthalten ist.
Gar sehr mufs man übrigens bedauern, dafs der anonyme
Uebersetzer der Botanik wenig kundig zu seyn scheint;
wenigstens hat er nirgends Notizen und Nachträge bei*
gefügt, so zahlreich auch die Gelegenheiten sind, die
fast bei jedem einzelnen Abschnitte sich dazu darbieten*
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I
Mbekiavol. Pur Ariaud. IHd
Mac h i avcl , 9on gcnie et ses errcurs. Par A. F, 4t%aud* Parii»
mi. T, /. Xi tt. 4^^ T. IL 537 ^. ».
Nie Bind Tielleicht su Einer Zeil Qber Bioen Geg^ea-*
siaml zwei so verschiedene und doch miteiuaruler so ver-
lr;in^liche Werke geschriebeo worden, als dieses Ruch
ukeK das Lebea de« Maehiavell und die CharakierUtik
die§e6 Maooee in den bistorischeo Schriften dee unter-
«eiohoeieo Referenten, die neulich aveg^egeben wurden.
Hier schreibt ein Franzose und ein Deutscher, der eine
ein älterer, der andere ein jüng^erer IMann ; der eine
durch eine Keibe von Werken über itaÜeuische Maierei »
Antiquitäten, Poesie bekannt und seine Werke eeibel
f esucbl, der andere kaum aua dem Dunkel herrortretend
ttod durch einen im Mifsverständnirs über sich selbst
begonnenen früheren Versuch bei einer Klasse von Ge-
lehrten ein wenig discreditirt; der eine vormals iranzö*
Bischer Gesehäftsträg;er in Florenz, Wien und Horn, der
aridere ein simpler deutscher Privatdocent ; den einen
macht sein langer Aufenthalt in Italien und ein langes
Studium des ilurcntiiiischeii Staatsinannes zu seinem Uu-
ternehmen hinlänglich befugt, der andere, der kaum
acht Monate in ItaHen anwesend, seine 2eit awischea
Kunst, Aiterthum und mittelattrige Literatur theilte,
schrieb in dieser Zeit, ohne andere als allgemeine Vor-
Studien gemacht zu haben , nicht allein sein ganzes Gut-
achten über den Maehiavell , sondern auch eine Geschichte
def flofenUnischen Historiographie d-tzu ; der eine ist in
einem Hauptfach ctea Helden seines Werkes erfahren und
bewandert, der andere in einem anderen Fache dessel«^
ben, so hofft er wenigstens, kein Fremdling. Dies sind
Gegensätze in der Persönlichkeit der zwei Autoren ; sie
mufsten grofte Verschiedeoheiten in ihren beiderseitigen
Werken hervorbringen. Daan kommt, daft die beiden
Verfasser beinahe ihre Nationalität ausgetauscht nicht
haben, nur zu haben scheinen. Der Franzose schreibt
ein Opus von zwei Bänden , der Deutsche fafst sich etwa
in den achten TheÜ dieses Raumes zusammen; jeuer be*
nialat seiii Buch, um in Noten md Text gelegentlich
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1020
Macbiavel. Far Aruud-
politische Ansichten und Meinungen, Erörterungen ein-
zelner PuQCte aus der neueren Zeit, Räson neinents über
Charaktere tiod Begebenheiten der alten Geschichte nie-
derzulegen,' der andere verfolgt seinen Zweck vielleicht
mit allznvieler Strenge und Kürze. Haben uns nicht die
Franzosen vorgeworfen, wir verstünden kein Buch zu
machen, weil wir mit unserer rniilen (ieielirsamkeit den
Leser plagten, mit unserer breiten Weitläufigkeit den
Leser langweilten, mit unserer Achtlosigkeit im Styl deo
Leser verletzten, mit all unserer Anstrengung zd keinem
Ziel, ZD keinem Resultat gelangten f Wohlan, dieser
Franzose besitzt eine crude Gelehrsamkeit, wenn ei auch
den Leser nicht eben damit plagt, der Deutsche plagt
vielleicht den Leser , aber gewifs nicht mit cruder Ge-
lehrsamkeit; der Franzose verfahrt mit einer breiten
Weitlänfigkeit , sollte sie auch nicht eben lang^weileo,
der Deutsche aber, falls er langweilt, thut*s znverlSssig
nicht durch breite Weitläufigkeit; der Franzose hat
eigentlich gar keinen Styl, sondern er läfst fast immer
den Machiavell selbst reden, der Deutsche behandiclt
nicht selten den Machiavell ischen Text selbst da, wo er
fibersetzt, mit einiger Freiheit; der Franzose gesteht es
bescheiden selbst, dafe er mit seiner grofsen Anstren-
gung zu keinem^ Ziele kommen wollen, der Deutsche
meint ganz treuherzig, mit seiner ungleich kleineren
Anstrengung zum Ziele gekommen zu seyn. Hr. Ar taud
ist ein Mann, der seinen Machiavell mit einer scrttpa->
losen Gewissenhaftigkeit und Genauigkeit geJesen bat;
noch mehr, er hat den ganzen Procefs, der seit drei-*
hundert Jahren vor dem Publicum anhängig ist, dujch-
studirt; er widmet den Schriften, die pro und contra
erschienen sind , mehrere hundert Seiten seines zweiten
Bandes, während der Deutsche diese Angrifife und V«g
theidignngen ganz knapp von sich abwies; Hrn. Ar tri»
entgeht nicht die kleinste Falte in Machiaveirs Heiml
nicht die versteckteste Zeile in seinen Schriften , nicht
der kleinste Fehler in seinem Gedächtnifs. Macht er
einen lateinischen Schnitzer, Hr. Ar taud corfiortiärl
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Uftcbiavel. Par Artand. 1021
braucht er in seinen Briefen ein f^ara^ieieches Wdrtcben,
so freut es Hrn. Artaud und er zweifelt nicht, dais er
vortrefflich Französisch gesprochen hahe ; beg^eht er
einen historischen Irrthum, Hr. Artaud spOrt ihn auf;
citirt er den David falsch, Hr. Artaud weist ihn za-
recht; apielt ein gewisses Pillenrecept in MachiaveU's
Leben eine ^^e wisse Kolle, Hr. Artaud läfst es von
Chemikern und Apothekern machen; die Rede führt
Hrn. Artaud airf ein Gebetbucii der Königin Anna von
Bretagne, er beschreibt es, wie es noch existirt, in
6ei'.ier Eigenscliaft ah Präsident der Gesellschaft der
französischen Bibliophilen ; soll eine Stelle aus Commines
citirt werden, so läfst sie Hr. Artaud in derselben Ei-
genschaft in altcü Cliaraktercn drucken; jedem kleinen
Tractat in Machiavell's Werken weist er nach chronolo-
gischer Forschung seine Steile an ; nicht das kleinste
Fragment ist in seiner allgemeinen Analyse unberücksich-
tigt geblieben; keine Unterschrift in MachiaTelFs Briefen
und Berichten ist fibersehen, denn der er&hrene Diplo-
mat weils, ilafs unter seines Gleiclieii die zarteste Beob-
achtung der Regeln der Etiquette herrscht, und dals
ans dem Uebergang von einem jjUnterthäpigen Diener,
zu einem blofsen Diener Machiavell" auf gestiegenen
Rang und Selbstgefühl in dem ilorentioischen Secretär
zu schliefsen Ist Was hat nun der Deutsche hiergegen
zu setzen? Dafs er seinen Autor kennt, trotz dem Hrn.
Artaud, würde er wohl nicht gerne bezweifelt sehen;
dafs er seines Autors Fehler nicht übersehen hat, giebt
er hier und da zu verstehen, lehnt es aber ab, sie zu
bekritteln ; dab er aber Citate, Unterschriften und jedes
Bruchstiickchen mit so diplomatischer Genauigkeit 'er-
wogen, mit so chronologischer Schärfe an die richtige
Stelle gewiesen habe, das darf Er nicht behaupten wollen,
der von fünf bis sechs Werkchen des Machiavell gar
nicht redet, der von den Büchern über den Krieg eher
handelt, aU vom Fürsten, oder, wie uns Hr. Artaud
künftig zusagen keifst, von dem Büchlein über dleFüc-
stenthüfuer« Der französische Verfasser giebt eine voll-f
Digitized
im Maeliiftvel. Bmr Artaail.
Ständige Analyse <ler sämmtlichen Werke Machiavells;
eine minuliose Erörterung seiner Legationen und Nego-
' tialionen, meistenthells mit den treu ttbersetzteo Worten
ded Atttora selbst; sein GrundsatK ist dabei, es gäbe
nichts Rielnes in dem poKtischen Leben eines solchen
Genies. Dafs bei einer so j^rüudlichen Ausführung na-
mentlich dieses letzteren Theiis von Machiavell s Werken
der Verf«, viele Leser zu ermüden fürchten mufste^ war
natürlich nnd wird von Jhm selbst geäufsert; dagegen
bekennt sieh huch der Deutsche f&r diese Methode im
Allgemeinen, nur dafs er sie nicht so kleinlich wird aus-
gedehnt wissen wollen. Ihm scheint es, als ob in un-
serer Welt der Bücher und der Gelehrsamkeit in der Fülle
und Masse nicht das Wissen bestehen kdnne» als ob der
Stein der Weisen nicht sowohl durch Aufschichten ab
durch Wegräumen und Ansscheiden zu ftnden sejn müsse.
Er hat sich deshalb scherlich darum ^j^ekümtnert , wenn
hier so viel Gewicht auf mancherlei der kleineren Pro-
dnete des Florentiners gelegt wird , wenn der Verf« des
französischen Werkes z. B. ( 1 , 202.) in den Deoelinsiea
' die „höchste Poesie" findet, denn dem Deutschen niifs-
hagt an diesem Ausspruch der Geschmack des heutigen
dichtenden und lesenden Puhl icu ms, das für Poesie nimmt|
wa0 irgend ein junger, unruhiger und leidensohaftlichsr
Mensch , aufgeregt durch die Frische seiner ungestOm-
men Empfinclungeii , nicht selten durch Unmiith über
seine Verhältnisse, durch gestörte Ideale m\i heifsern
Blute, mit lieberhafter Laune, mit erbitterter Seele ia
Verse bringt, die ihm die gemachte poetische Sprache
einar kaum «mporgeblihten Literaftur biet^rt, lo Reime,
die ihm ans der nämlichen Quelle zufliefsen, in Gedan-
ken, die allzuoft R( miniscenzen derselben Art scheinen.
Diese Heftigkeit , dieser patriotische Eifer, diese glatten
Reime 4 diese scharfsinnigen Antithesen, diese Allegorlee,
sprfidiwdrtliche Sentenzen und Witzworte l'elzen auch
in Machiaveirs Versen , allein der Reiz ist kein poeti-
scher. Di^s also und dergleichen üels den deutschen
Verf. unbesorgt, allein wie mochte ihm wohl zu Muthe
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«
MftoliitT«!. ftrAftutd. im
werden, als er hier den halben Band des Werkes eines
Diplomaten, eines ehemaligen Geschäftsträgers in FIo«
renz, Wien und Rom über einen Diplomaten, über das
Muster aller Geschähslräger vor sich sah? Genrifn,
ohne Besorgnifs ging er nicht an das Bach, denn wie
leicht konnte er mit seinen unerfahrenen Paar Jahren
sich in jener Beurtheiliing der Gesandtschaft 'an Cäsar
Borgia die gröfsten Biöfsen gegeben haben, so altklag
er sich auch dabei antustellen scheint; doch ging er
darum nicht minder in dem ernsten Wunsche daran,
wirkliche Aufklärung inid Belehrung zu finden. Aber
hier fand er sich g^etäuscht; zu seiner Freude vielleicht?
nein, vielmehr bis zum Mifsmuth, denn durch die Ver«
gleicbung dieses Buches belehrt zu werden ^ wäre ihm
anendlich wichtiger gewesen, als sich durch sie etwa ein
wenig geschmeichelt zu sehen. Die nationale Eitelkeit
scheint Hrn. Artaud veranlafst 7.u haben, Machiavells
Gesandtschaft am französischen Hof ausführlicher als alle
andere za verhandeln) und dabei allerhand Puncto genau
EU besprechen , die man fOr unbedeutend halten machte.
Er hebt dort den Geiz der florentinischen Signorie her-
vor, der den Gesandten immer in Xoth und Schulden
bringt, allein er scheint wirklich übersehen za haben,
bei all seiner sonstigen GrÜndlichkeiS| dafs der Geld*
uiangel von anderen Gesandten nicht so empfunden ward ,
wie von Alachiarell , der aus Grundsatz volle und offene
Uäode an den Legaten forderte. Hier dagegen, in der
liegation an den Herzog Borgia, die weit wichtiger ist '
vod weit lehrreicher, wo wir zuversichtlich in die Schlan-
genwege des diplomatischen Verkehrs nfiher eingeführt
' zu werden hofften, hier zeigt uns Hr. Artaud weder
das änffFitliche, kleine Benehmen der Signoren, noch
den schärferen Blick, das gesunde Urtheil , die peinliche
Lage des Machiavell ; dort rühmte er an dessen Berichten
die Unersohrockenheit, den Wahrheitssinn, den Patrio-
tismus, und verwechselt dabei die Zeiten, die damals
mehr ertrugen als heute, hier aber übersieht er die
Feinheit der BatbsChläge , den Tact in seinen Vorwürfen
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IIM Macbia^eL Par Artaoii.
lind , ah Alles nichts helfen will , die un; estümme For-
derung' der Abberufung, die nichts anderes bezweckt,
als die Sigiioren zu entschiedeneren Mafsregeln anzu-
feuern, während Hr. Artaud dies ganz anders und ganz
Übel m deuten scheint.*) Man hätte denken solleui
fiber den Redekampf , über die VerhandlungskonsC zwi-
schen dem Herzog; und dem Secretär hier mehr zu finden,
als die blofsen Andeutungen des deutschen Verfs. , allein
man iindet selbst die Andeutungen nicht. Wo dieser
lauter Schlauheit, Lisi^ Vorsicht zwischen Beiden sieht,
sieht Hr. Artaud Freundschaft; wo der Herzog mit
einem gezeigten Vertrauen den Florentiner einzunehmea
und cordial zu machen sucht, sieht Hr. Artaud Inti-
mität; wo der Herzog den Secretär zu übertölpein sucht,
sieht Hr. Artaud gar nichts. Die Unmöglichkeit, io
der sich Machiavell findet , das Geheimnift des Herzogi,
das Dunkel, in das er sich huUt, zu durchdringen, wird
nicht erwähnt, wohl aber des Breiten über eine Geleits*
Versicherung für die, florentinischon Jiaufleute gehandehi
die in der ganzen Geschichte eine ganz unnöthige Epi-
sode ist; was der Herzog durch sein auffallendes Alleiih
stehen, durch die Art, wie er ganz auf sich selbst ruht,
auf MachiavelFs politische Ansichten wirken konnte; was
des Herzogs Plane seyen; was für Reden über seine Plaae
gingen, wird nicht henrorgehoben : und doch ist es nur
dies, was die Signoren, was selbst den Machiavell io
diesen Unterhandlungen vor den Snlsersien Vorwürfen
schützen kann.
iDer Bt§9htuf$ folgt,}
•) Er cicfieint daffir zu halten, diifs Manhinvell etwas von de9
Herzoi»-« Planen pfCMiifet «clt^^r gemerkt hätte, und dafs er de«-
balbf um seine Seele zu retten, ao un^-cduldig von seiner Seile
vegbe^phrt hätte. I, 114. II a pcut-etre exagcrc i etat de
d^tresse oü il e'est vu dans ccttc missioii ; il a plcurf^ misinre,
comrac un veritablc enfant : il a manifeste le plus opinütre
emprcssemcnt de sortir de cet et^ir» I«e ctime appa^tiABt
loat eutler k C^tar Borgia«
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N". 65. HEIDELB. JAHHB. o. UTERATUR. 183%
Sfachiavel. Par Artaud.
( B e 9 c h lufa.)
Bei Gelegenheit der Erwähnaug des Hofaianiies, der
dem Secretär eioige vertraulichci Mittheilungen • macht
(p. 105u), io Bezug aaf die Geschicklichkeit der Leute»
lütt denen der Herzog umgeben ist (p. 104.), stimmen
die \ erfr. einmal zusammen. Gleich nachher aber wird
bei Hrn. Artaud über die Bundesartikel und die Unter-
handiungea des Herzogs mit seinen Feinden leicht weg«-
fe^oDgen, und sein Benehmen gegen Florenz bleibt
m Räthsel; Dab der Verf. des französischen Werks
übrigens den Machiavell in dieser Sache theilnahm- und
schuldlos sieht, ist natürlich, da keiner anders kann,
der dieQoeUen durchliest; aoch dafs er ihm kein Ver-
brechen daraus macht, wenn er sein Mifsfallen in dem
berüchtigten Document nnterdrftckt, ist erkiSrlich, da
auch er dies Document als einen amtlichen Bericht an-
sieht, in den kein Lob und kein Tadel gehört, und da
er weifs, wie wenig man einen Menschen nach seinem
Anftreteo in einem Amte beurtheilen mufs, das ihm ,,die
Regeln der strengsten Convenienz , des Ernstes und der
Kälte, und Rücksichten auf unwissende, eitle und pe-
riodisch wechselnde Magistrate auferlegt."
Ich komme zurück, um meine summarischen AnS'-
q[»ritehe im Eingang zu erhärten. Der franzdsische Autor
neht sich dem ganzen Europa, das in den Angelegen-
heiten des Machiavell seit dreihundert Jahren als ein
permanentes Assisengericht constituirt ist, um den grofsen
Procefs Uber den Mann zu instruiren , gegenüber, und
tritt — weder als Ankläger noch als Vertbeidiger euf^
sondern er scheint bestellt, die Acten zu rendiren, ia
Ordnung zu redigireu und den Geschwornen zur leich-
teren Ueberiiicht Yorznlegen. Der Deutsche sitzt ia der
' UVI. Jahif. 10. Heft. 65
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1026 MachiaTe). Par Artaad.
Jury, resiimirt und giebt sein Votum bereits ab, und
mufs nun gewärtig sejn, ob die übrigen Mitglieder mit
ihm oder gegen ihn öder gar oicbi stimmen, und dem
Fransosen beifallen werden, der wieder von vorne zu
untersuchen anfangen will. Kenne ich meine Deutschen
recht, so werden bei ihiKii Stiiinnen in jedem Sinne
fallen 9 bei tleni letzten aber wird es sein Verbleiben
haben. Hier sieht also Hr, Artaud in einem greftto
Vortheile. Zudem gewinnt er durch die grofte Gewis-
senhaftigkeit^ mit der er an seine Aufgabe geht, durch
die hohen Begriffe, die er davon hat, durch seine wahr-
haft deutsche Bescheidenheit jeden Uörer und Leser
eben so sehr, als der Deutsche durch sein vorlautes Ab-
stimmen uad seine wahrhaft franBöriseheV ^as mdohte
ihn kränken , aber doch nicht eben deutsche Anmafsung^
abstofsen könnte. Hr. Artaud f^^fri in seiner V^orrede,
er wolle des grofsen Processes säuimtliclie Aktenstücke
dem Publicum wieder Yorlegen, und sie mit den erforw
derlicben Erläuteraingen und Evdrterungen begleiteo.
Nichts wolle er tibergehen, er werde den Dichter, ijss
Politiker, d(?n Moralisten, den belustigenden Erzähler,
denComöden, den Strategen , den Historiker MachiaveU
TorfUhren; Alles in diesem Universalgenie hütte er beur-
iheilen, oder vielmehr vorlegen mfissen, um demPnbli-
eum das Urtheil möglich zu machen. „Er^n (intred
p. XI.), remluj malgrt^ quelques resisiances ^ ä placet
mon nom en tele de cet ouvrage, jai Menti Im n^ceS'
m$e de pnmvet au fmWo le respect fue je -parte ä
#e8 ddemom; je tiai rien negUge pour eopciier ass
'Mettiiony pour meriler sa bieftveillance y et pour rem**
plir ma täehe en komme dhonneuTy en komme scru-
puleux ohservateur des rdgles preacrites en.tmts po^^
peur ies hahkude» de Im eeciete chmme, m hmame
ja» asfm'aä A Are Im par les eepräs jugiee ei
reux. Je rlcd rien omisy rien Imasei en arriere, d
temps , 1Ü veHles y m sollieitafmm , ni prih*e9, m »acrh
ßcea, pour achever cwwetmbi&nent ume tdche difß-
eile, que tmä le 'monde ne paunmä pmß entrepreudre,
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JÜAGliiavei. Far Arbiad.
^ älaqueUe je me suis devoue, carps et bient, mec
k fht8 emkr äbandon." Gewifti dies ist sehr ehrea«-
Werth; und Ref. muh bekennen 5 dab diese Unverdros-
senheil, dieser redliche Kifer durch das ganze Buch
durchgeht, das uns eigentlich mehr an die Forschungen
neuerer englischer Gelehrten erinnerte» als an fraiizd-
ä§che. Wenn uns der umackere Mann seine Aktenstficke,
woerexoerpirt, roijt mehr Umsicht ezcerpirt bitte; denn
nach dem, was der erwähnte Geschworene im Gedächt-
oifs hat auä dem irilheren Lesen der ganzen Acten ^ kam
€8 ihm vor, als ob viele sehr wichtige Dinge in den
Sebstten gestellt, viele sehr unwichtige herausgeliobea
^enj daztt*^ hat der Belichterstatter, der im Grofsen dem '
PnUicum das IJrthciil freilassen wollte, im Einzelnen
allzuviel geurtheilt. Mir dünkt, dafs er zu sehr sich an
^ einzelnen Fälle gehalten hat mit seinen Vertheidi^
gungen, und an das Gamse der Handlungen und der Ab-
riekten des Angeklagten zu wenig , oder eigentlich gar <
•icht; mir dünkt, dals er sich dadurch des gröfsten
Vortheüs hegeben hat, dessen er sich vor einer Jury
bedienen konnte, bei der die moralische UebenBeugung
gib; die abgerissenen Worte des Maohiavell, vereinaell
lUaentirt^ brechen ihm de« Hals, ohne all^ Rettung ; des
Mannes Maximen, Leben, Werke im Ganzen setzeu ihm
<)ie Börgerkrone auf. Wenn er den Heiden seines Buchs im
Allgemeinen €harakterisiriy was tbut er? Er zählt (p. 1.)
uf, wai er niöht AUeier war; ein praktischer , ein theo«
relis^her Staatssluin, ein tiefer Conuuentalor das Plato^
des Aristoteles , des Titus Livius, des Tacitus, des Sal-
lu&t, des heiligen Thomas , ein Hersteller der Comödie,
ein Novellist , ein erotischer und satyrischer Foet, ein
Qfierraildlicher Vertheidiger der vernfinftigen Rechte
seines Landes, ein durchdringender und scharfer Beoh*
achter der Sitten des civilisirten Europa seiner Zeit, ein
grofser Historiker, ein Universai])nl)licist , ein Stratege.
Aber armer Machiavell, wenn nicht ein gemeinsamer
Mittelpunkt da ist , auf den sich alle diese disparaten
Eigenschaften concentrfren lassen , wenn 0ie ntcht alle in
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1028 Machiavel. Far Artaad.
derselben Peripherie gröfsere oder kleinere Räume be*
schrieben,, wenn nicht die Enge des Einen durch die
Weite des anderen dieser Räume bedingt und entsehnl«
digt würde, welch eine kömmerliche Stelle würde dann
der treuliche Mann in vielen dieser Qualiläten einnehmen!
Der tiefe Commentator des Plate, des heiligen Thomas!
der Novellist, der Poet! Doch dies mag so hingehen.
Allein schlimmer Ist's, dafs Hr. Artaud sich anf dl«
A^ertheidigung einzelner politischer Lehrsätze des Ma-
chiavell einläfst, indem er sie aus dem Ganzen heraus*
reifst. Wenn er für den florentinischen Secretär über«
hanpt sich in günstiger Stimmung zeigt, so bedenke
jeder Lesef , dafs der Mann weit entfernt ist von diplo^
malischer Nichtachtung moralischer Vorschriften , im Ge-
gentheil hat es mich überrascht, einen so strengen Sit*
fenrichter in ihm zu finden und einen so vortrefilichen
Begriff von der modernen politischen Moral von ihm zu
bekommen, wie ich ihn in meinem Leben nicht gehallt
habe. Man lese nur seinen Abscheu gegen einen Cäsar
Borgia,*) seinen Abscheu gegen die Doctrin des Ma-
chiavell, dafs unter gewissen Umständen Wort haltea •
unklug sey. Wenn er aber den Machiaveli 8u retteo
meint gegen den Vorwurf einer Vorliebe ftr den Herzog,
indem er aufspürt, dafs er ihn mit den Namen eines
Verstellers, eines lauernden, lockenden Basilisken be-
legt, so werden sich wenige seiner Leser beruhigt ffihlea;
und wenn er mit Vergleichong der heutigen, ihm in so
gutem Lichte erscheinenden Sitte das einzelne CSipitel
*) I, US» Ce mUörable sant patrie, esptee de brigand m Ifl
titea,. at doot od pouvait 4ire qu^il dtait sans pöre , puiiqo'il
na ponvait nommer le sien , ne manquaU pas d'ane «orte de
talent, d*dloqaence et d'babiletd en affaires, möme il MViit
panir Jaitemenl, — tnaU tontes ce« coneiddration« ne tmoit
. qa% Taeenaer eoeore ploa de n^aToir paa chercbd k fonder
aatoritd qae protegeaient tant de puiaaancea , aar la fiddlitd k u
fol, et aar cea Tortna doht quelques princea de ce tempa-la Inl
doanaienl rexemple.
*•) I, 350. Aujourd'hui — il n'tat plus permit de incntir. üo
diplomate qui fluivrait de tellcs maxime« serait le jouet de »on
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MachiATeL Par Artaad.
1029
über d«D Wortbruch bestreitet, so wird ihm eben eo
wenig Jemand betpflichten , der dies in seinem richtigen
Zasammenhan^ sieht. Wenn er (I, p, 220.) dem Ma-
ciiiavell den schnellen Ueberf^ang^ zu den Mediceero vor-
wirft, so liätte er auch da nicht übersehen sollen, welche
allgemeine GmndsätEe den Florentiner dabm leiten; hier
ist ein Punkt, wo die Kenntoifs der Sitte jener Zeiten
wieder mmmgänglich war. Auch p. 811. yeftheidigt er
in solch einer 8chwachen Weise wieder den Machiavell
gegen die Anklage seiner Neigung zu Borgia ; er wünscht
nur, dafii Machiavell sich oftner, deutlicher, bitterer
über ihn geinfsert habe, und doch glaubt er, dafs das
biscfaen moralische Mirsfallen , was er in feineo Aeufim-
rangen fiber ihn findet, das sonstige politische Wohlge-
fallen aufwiegen könnte. Hier sind wir im Mittelpunkt
der Kritik des Hrn. Artaud angekommen. Er wägt
hin und her, Wahres gegen Falsches, gutes gegen Böses
in den Schriften des Machiavell, und denkt mit dem
Srsteirea dem Letcteren ein siegreiches Gegengewicht
zu halten. Dies liegt in seinem Verfahren, es liegt anch
siemlich deutlich in einer Stelle auf I, p. 293. ausge-
druckt *) Er legt daher auf Machiaveirs humanere
paye et des aiitrcs natioiis; rhommo en place, qui pasuertiit
pour manquer ä sa parole, qui «e complairait dane cctte poli-
tiquc d^une si petttc dchelle, comparaitrait de^'ant nn tribunal
qin rend ausai ses arröta: mille journaax proclameraient tous^
les matiDs ^ca nouvelles perfidies. On ne tromperait pas troU
fois saiiB etre demasqad. Aajourd^hni let prlticipciux diptomatet
de TEnrope sont des hommes aussi distiDgoes par ia droiture
de leur esprit que par leors talents; et la «ociätö ne refoit-elld
pa« ton» les jnura, daos sons sein, des mtnUtres , qui eoitvcnt
Ofit, U- lualin mC'rae, discut^ les affaires de TEtat? La, Ics
femmes , It s hommea de lettres, les propridtaireä d une fortune
iiide'pendautü , Ics bons espriis , mille puissances diverses fe-
raient jastice du menteor et de l'impie.
*) Je ne dis pas , qu*en continuant d*exaniiiier les principaotes,
nous ne trouviitna matiere ä obeervatinns tres - scrieuses sar
pluBieurs prdceptes iniques qa'il y Huia lieu de combattre, <:onime
!• fiuneaz cbapitre 18. lor ia maniere de inaiiiteoir sa paroie ;
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ICttO IHaehisTel. Fftr Artend.
Doctrinen eine gana besondere Bedeutung ; seine Be>-
kämpfung der Confiscation ist eine derselben, die ihm
sehr schwer in die Wagschale fallt. Hr. Artaud ver-
xeiht dem Machiaveü seine Lehre vom Wortbruch wegen
der von der Confiscation; er vergiebt ihm das Unredit,
das er mit seinen Urtbeilen hier und da den Frannesea
thutj wegen seiner sonstigen Welt- und Völkerkenntnifs;
er hält ihm seine Träume über italische Einheit zu Gute^
weil sie von Patriotismus zeugen , nnd weil er nioht ein«
iieht, dafs ein MachiaveliiscKer neuer PSrat in dergl^
eben Bedenkliehkeiten, wie Er sie (I, 41S.) vorbringt,
gar leicht Rath schaffen kann ; Hr. A r t a u d entschuldigt
MachiavelTs frühere, im Exil, in der Noth, in gröiserer
^ Jugend geschriebene Schriften mit seinen qpSteren, reft»
feren; die Discnrse mit der Kriegcknnst) den Quiraoani
mit dem Gutaebten an Leo X. , mit der Instmetion an
Rafael Girolaino; den Fürsten (11, 170.) mit der Ge-
schichte, und er hat nicht gesehen, dafs in der Ge^
schichte die Lehre vom neuen Fürsten an verschiedenen
Beispielen deutlicher, klarer vorgetragen wird, als ia
dem Fürsten selbst, der alle Kdpfe zu verwirren be-
stimmt scheint Er meint mit seiner chronologischen
Reihe der Machiavelischen Schriften die Inconsequenz
darin zu erläutern und zu entschuldigen; die Verände-
rungen in denselben sind successtv; er meint (I, p« 9116.%
Machiavell habe allmShIig seine verschiedenen politi-
scheu Lehren modificirt, verlassen, wieder ergriffen und
unier neuen Gesichtspunkten dargestellt, bis er zuletzl
bestimmte Ansichten festgehalten habe. Diese besUnraitea
mai« Je ne saorai« trop diSplorer qo^on ait bi peu lu cet ouff^gei
et que surtout on connaisse si imparfaitement en France cetto
qnanttte de pftges (noquunics, animeee et brölantes, qni foar-
millent dam ce traitd. Je fmirai reiamen de ee cfaapitre, ea
faisant observer, qiie tous lea jngetneDs portdi, Ici eor ia France,
«i Ton excepte la petite dnreld sialigne qiM 1« eardinal i'^tait
bien Btttrde par aa proTocation , oiiVeat an caractii« d'urfraoite'
et de (^rftTite', qui portent bien plM avaat la CMvktHMi dam
reaprit mteie du lecteor Irao^oia* ^*
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mi
AMiohlM in teiueD Gesohichls • und KriegsbAcherD aber,
Mgt der deutsche Autor, sind die niihlichen, die io den
Discurseii und im Principe Üü^en; die grufsere Reife in
ersteren Weikcri trkennt er an, die gröfsere ürdiiung
auch, eine Veränderung der GrundiäUe und Oociria
wiithif aaeb oichl die kleinste. Wenn Hr. Artand ge*
legeotKeh bedauert, dafii man so viele AuMpröche dem
Machiaveil , niclit aber dem Tacitus oder Aristoteles ver-
dacht habe, aus denen er die nämlichen entlehnte, so
lyilte ihn eben dies auf deo Weg leiten müssen, auf
dam eioBig zu eioer richligeo Analcht des Machiaveil zu
gelangen iat Bei jenen eah man die guten Principien
Torherrschend ; das sah man auch in den Discursen,
und hat deshalb diese immer geloht, obgleich sie um
hmu Haar besser sind, als der Fürst, es sey von Grund«
sMh» oder Foraohung, oder Styl die Rede. Studium
der 'Geschichte Uberluiupt , om dies recht deutlich zu
sagen, dann Studium der italischeu und lloreniinischeD
Geschichte im Besonderen, dann Studium der Werke des
Machiaveil und die Erforachuog des obersten politischen
Gruttdaatses des Staatamannee, uud des Einheitspunkte«
in dem moralischen Charakter des Meoacben kann allein
zu einem Urtheil über diesen IVIann berechtigen. Das
Studium der Gescliichte besitzt Hr. Artaud nicht in
den Döthtgen Maafse, das Studium der Werke des iVIa-
chiavell vielleicht in allni grofaem; einen politischen
Gh^undsaiz hat er nicht gefiinden , sondern nur Wider*
Spruch und Schwanken , Wahrheiten und Paradoxen. W er
mit Machiaveil über seine politischen Sätze philosophirend
räsopniren und um die Wette diviniren will, dem wendet
er verichtlieh den BfidKea und zeigt Uin auf griechisi^o
und römische Oeschicble, wo seine Lehren Thateo sind,
und Glück und Grörge biachlen; er will nicht erst ahnen
*) frent den Kcl\ ungemein , dafs tnuh » iix r Noti», die er in
.diesem Werke gefunden hatr, (l< r voitreil liehe llahlinnnn iu
. eeinen Vorlesuiijjjen eine AniiteiKL iilx r den Fürateii des iM.itlua-
^ell au«2U8prccheii püegt, die luit der Beiuigeu ganz öbeiein-
BMtmaeii •cbeint.
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1088
MBchiavel. Par Artaad.
und rathen , was mdglich uad im Reich dos Peielhetirai
ttt§fBhrbar ist, er weife, w«8 möglich war ttnd aosge-
führt worden ist, und lauscht sich nur darin ^ daft er
meiot, alles m6g;Iich Gewe^eae müsse immer möglich
seyn. Wenn man mit dem Machiaveil um seine morali-
schen Sätze zaaken will und auf sein blutendes, von
des Vaterlands Schicksal gertthrtes, menschliches Hers
bauend , allerhand sentimentale Milderungen seiner harten
Predigten zu erhalten hofHt, so wiederholt er kalt sein
sed ego censeo — deoo er wuFstp voraus, weil man
mit dem neuen Calo das ungerechte Schwert nicht zog
gegen den Feind, gegen welchen ein Vertijgnngskrieg
DOthwendig war, darum muftte mn bedrohtes Land der
sieg'endeD Kraftlosigkeit und Schwäche, dem Geiz und
dem Eigennutz erliegen. So ungefähr würde der deutsche
Verfasser urtheilen, der vielleicht mit seinem kleinen
Werkehe. (ai parva ma^ campimere licet) ineme
ähnliche Lage kommen dOrfke, wie MachiaTell -selbst
Weder Machiavelli war seine Wahl als das Ideal eines
Menschen oder Schriftstellers oder Staatsmannes, noch
das aragonische Volk, dessen Geschichte er in demselben
Bande historischer Schriften behandelt, als das Ideal
eines Volkes. Aber die Eigenschaft der Kraft und Con«
Sequenz, die in dem Manne und in dem V^olke herrscht,
die war seine Wahl, die schien ihm als Muster der Ge-
genwart vorgehalten werden zu müssen, die allerhand
Tugenden kennt, aber Beharrlichkeit und energische
GrundsKtua nicht kennt Dieser Mann und dieses Volk
wiesen ihn vielfach auf das römische Alterthum. Auch
Rom gehört nicht zu seinen Idealen; er hat daher die
griechische acncpQOGrvvri neben die p&fiiqy vielleicht hier
und da nicht ohne Zwang, gestellt Gegen die Ait
Ton Beurtheilung aber, wie sie in Artaud*s Werk «cb
findet, und gegen die Art von Büchern, wie Artaud's
Buch eines ist, hat derselbe sein eigenes Buch und die
Beispiele seines Autors ausdrücklich gerichtet Er hat
die Gegenwart im Auge und die Vergangenheit ist ihm
besonders als Lehrerin der Gegenwart wichtig. Br
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Sehwdkart, nairimonii comei^atia« deflnitio. IMS
mnfste daher urtheilen, nicht blos wieder auf die ver-
flossenen JahrhuDflerte das Publicum zurnckweisen , wie
Artaud thut. Aber herzlich kann er auerketmen , dab
sich die beiden besprochenen Bücher aufs BeaCe Ter-
tragen, dafa Jedes von beiden so eiemlich Alles giebt,
was das Andere nicht giebt, und dafs sich doch die
allg:emeinen Endurtheile, auch in vielen Fällen die ein-
zelnen, hier und da durch ein ei^nies Zusaminentreffea
fast bis auf dieselben Woria eateprechen.
Gervinua,
KÜRZE ANZEIGEN."
F. C, Sehweikart fr. mnirimimH eoRfdmitlM d^^ialMo. M&nig^,
1832« 15 5. 8.
Ref. Im die hier ansaieigende Schrift mit besonderem Intercsie,
da «e ihn in Gedanken an die ferne Ostsee zn einem alten geehrten
Freunde x^rsetste. Hätte doch der Körper da« Uenachen Flügel, wie
■ein Wort — D«r Verf. beatimnit den Begriff der Gewiasenaehe
(riöblis) so, dafa ale nacfi dem Jur« eanonieo diejenige Ehe aey,
deren Ahaebliefaang kraft einer in ^bro «eaaejeiifiae erhaltenen Dia-
penaation nieht die geaetriielien Pdrmliclilielten beobachtet worden
aind. Er bandelt nngleieb Ton den FiUea, in weleben eine Diapea«
eation dieaer Ar^ ertheilt na werden pflegt. — Vor wen%en Moiiatea
bani eine aolcbe Ehe Tor den engiiacben Gerichten nnr Spracfie. Din
Ehe war in Rom von einer Engländerin ex dispentatione papaH ein-
gegangen worden ; ohne Znatimmniig der Mutter i welche alch mit
der Tochter nnglelcb in Rom aufhielt; Ton einem für die Trauung
beeondera berollmächtigtcn Geiatlichen. Oer Fnlt hatte noch mehrere
andere Iceineaw^ erfreuliche Eigenthfimlichkeiten. Vgl. die TImea
T. 16. Mai' 1883. Baa cngliache Recht wendet dea Qmadaatas hocnt
ftgit «efnmy auch auf läen an.
1 «•
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Nmpoletm und O« dkwtotiMilMi SfnsttteMtfai. Bkt Erhmndn^ 4kr
dm Rechttbeatand der, in NaptMom JitfiragCt tkim ^uthmktktn
Capitalachuldner ertkeiHen ^ittung. UH Jnmerkungm kerumg9'
geben von Ferd* Carl Sehweikart, oaipreufi* Trihunahatke md
ord. Prof, der Rechte zu Königsberg, — Königsb, 5. 99^* Vuur,
18S3. 110 S. %.
■ Di^ Schrift hat eine Ton den Tieleo Kechtsstreitigkeiten sum
G^enstandii, zu welchen die von Napoleon verfugte Ginsiehnng der
oharheMiechen Capitalien YeraalaiBUDg- gegeben hat. Das in dieser
Sache (von der JuristenfacaltAt ^eu Konigsberf^) gefprochenr UrtheU
entochied für die Schuldaer» aliio far die Gültigkeit der auf dm
Titel der Schrift beseichneten Quittung. Die rechtliche Ausfuhruai
iat gründlich und ao antgearbeitet , dafs die Schrift einem Jeden em-
pfohlen werden banUt fir welchen die allgemeine Streitfrage eia aa-
mittelbarea oder mittelbaree Interecse hat.
Dtti revohttiendre und emeHMwnM IfVaKea eder der Idberaiüem
mneerer ZtU, Fen Bd. Höniek§, Or. der PkUoe, Deeeam, l«
i. C meeke a. Seku. 1888* 4S & 8.
Eine mit Wärme und in blühender Sprache gi s( In I« lu nc Ab-
handlung über die politiRchen Hauptfragen deg Taga l ]>cyr Yerfi
•fthreibt im Geiate der Jt'arUiei de« rechten Mitteia.
Gramaiaticae arabicae Elementa et formarum doetrine
per tm^utas deetripta. la mum praelectionum digemii
Füllers, Ph. Dr. privatkn deeeM m üiiivenitaie Bonuenti
Bemm 40 & 4;
Je einfacher das Graniniatikalische der orientalischen Sprachea
gelehrt werden kann, desto besser. Nicht nur dürfen die ohnehis
nicht allziizahlrcichen Liebhaber derselben nicht durch entbehrliche
Künstlicbkeiten zurückj^escbröckt werden. Auch die Natur dieier
Sprachen selbst ist nicht für eine auegekünsteltc Regeluuifsigkeit.
Nur was zur Bestimmung des Sinnes genau beachtet werden maftt
ist gleich anfangs festzuhalten. Ueber^viülea Andere uia<^ man, in-
sofern es freier Sprachgebrauch ist, üeobaclitungen machen, ubei dea
Namen von Kegeln oder Gesetzen oder dann wieder von Ausnahmen
und Anomalien sollte man nie dafür gebrauchen* In den orientali'
öchc absprachen sind die freien Naturspiele der Sprechenden noch hör-
barer und sichtbarer gohiiebeu. Ist doch auch im Arabischen die
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Dr. VnlUvt UMbur. anOK. GrMiMiik.
§Mm9f9 P«Mtetioii nwt i^traii Vnpmiigt vmA immer eine uiiia-
reichende Beseiclmniig deteeD, wm die lebeede AiiMpmche nicht dem
4Qge, «onderD dem Ohr gegehen hatte. Deewegep geitehe ich» dafe
minhy der icli einet ia alle die Sablilitäten von Dans, Hiller» Scht-
lard-Speidel, Schräder o: w.« trota einem,' eingeweiht» aar deeto
miihsBmer das Nethige voa dem Znfalllgea selbttaaeeheiden gelernt
■nd alt Pfof. erientatinm an Jena mit einem die Erleichternng ha*
lobaenden Erfolg gelehrt hatte , «eit der doeh eo Itaaatreieli gewor-
denen MMieehen 0i«mmati1i mainee vormaligen Zali^iien » Dr« Vater»
vor mehrerea eoldieB aaefabrliehen Kanatwerkaa ein walwee Sehaa-
dem ergreift» weil am Ende ja doch nar die Coaeaeaatoa ia den
meisten Failea als alter Text gelten können, die Massoretiscbe Pnncta-
tien aber mit allea ihren PunctUchkeiten aad Aaomaliea yiel au spat
iit» um über die '^ältere Auesprache des langst ausgestorbenen Dia-
lekt« anch aar elae aaverläeeige Ueberliefernng gewähren an können.
Aarserdem eiadi waren die orsprnnglieh noch von Orientalen ver-
fafsten Grammatiken durch Tiele Ihnen eigenthilmliche Kunstworte,
velche aber meist Metaphern sind » die das Wesentliche der Sache
nicht beschreiben, das aller Erleichterung bedürftige Erlernen der
mit 'dem IHebriischea Terwandten Dialekte. Deswegen machte ich
wboa IIW, eiaen Versach, die arabische Grammatik anscm occiden-
taliachea Spradilehren fibalioher in der Kirao darsaoteilen I Wosa
s. B. das Anfaihlea voa fast drei Dutnend Wortformen anter der an-
deutlicfaeo Benrnmagi Pluraiia fraeta j^^uJl^jAi\% » Sind doch
diese Fermea niehte anderen als fliomtao eolfeetsaa» welche in das
Wörterbuch gehören.
D« Verf. wird für 8eine Schüler in der That Viele» dadurch er-
leichtert habeu, dafs er ihnen das Meiste, was vor dem Lesen ein-
zelner Texte überschaut und dcui GedächtnilB ein <:^epräg"t werden
mufs, tnbellarlscli vor Aii;^x-n legt. An dieaeii i'uriucn kann aiK h um"
Lestf n das Lesen •clbat für den Anfang geübt und das Auge an die,
leider! neue Schrift2Ü*;e j^ewöhnt werden. Denn Fertigkeit im Lesen-
letneo und da« Aubwendigwissen der gewöhnlichBten Wortformen mufs
Mrohl berichtigt seyn , ehe mau zu den Texten übergeht , hei denen
man sich ^( rne um den Sinn und daher desto weniger um das nöthige
QediichtniisM erk hcknmmert. Iii tihcn bei eineia neuen Abdruck auch
die schon bemeikten Pluraiia irregularia weg, die, weil die liedeut-
eamkeit der yielerlei Formen doch nicht im Allgemeinen angegel^en
Werden kann , ohnehin jedesmal lexikalisch aufgesucht werden mÜKäcn,
so kann vielicicht dagegen bei denea p. 38. S9. hlos arabisch ange-
gebenen Adverbien , Präpositionen , Cunjunctionen die Bedeutung,
ohne welche sie dem Schüler nieht wohl etwas nut/en kiMinen, bci-
getchri^ben werden. Auch mochte ihre Menge eher in cirie alpha-
belisoke, iaikctiarieche Reihe -^u sLeUejK »ej^n, wodurch die L^bereicht
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1036 Tetzner, Geschichte für Schulen.
' zu erleichtern tat. Wir bemerket hier zugleich , dftft 4«r Terff. «Hh
ücn > orrath lesbarer Texte durch
Haretki, M oallaca cum scholiis Zuzenii e cudicibu.s Parisiensibut
et Ab ulolae carmina duo tnedita e codicc ])etropülitano. Edidit,
latine vertit et commentario instrujcU J o, Füller 8, Tjfpts regiii
arabicis. gr. 4. (1 Kthlr« 16 gr.)
und darch
Torafa0 M^mUaca e* Zu»am icluiUh mieh Pariier HandaditifleB
(mit einer Auevahl Rdeiceeeher Noten, dem Leben des Dichten
nnd einem nrabiechen Wortregister anegeetnitet)
verdienstlich Termehrt hat. Schade nur, flafs diese Abdrücke« un-
geachtet die konigUcheu Typen dazu benutzt werden dtirflen, doch
um 80 hohe Preise verkauft werden. Das zweite kostet 2 Rihlr. 8 gr.
Wird nicht der Buehhandel die grundliche deutsche Gelehrsamkeit
und dadurch sich selbst durch die immer steigende Freiserhöhuog
ersticken? -
Or. P o tt I V f .
1) ^ll^emesne 0efeAicJlfe fiSr fidr^ertcAnlsn, Smmmiem nad
Sslfrstuneerrteftf. ^en A Theodor Toiguer, Sebulendireetor ss
Lofi^eafalea. Lrip^ig, M F^. Ckn$U Dürr^ 1881. 8. SreUt
Bändoh^ Um ^aate» def JHertkumi, X n. 198 S, ZweiUt
BdndeAen. GcicAteAle des ülttfdottm. n. 19$ $. Driti9ß
Bändthm, GeeeHekto, der nmerea Zelt. n. 868 &
2) Leitfaden für den Unterricht in der Allgemeinen Geschichte, he^
sonders in Bürgerschulen ; nach dem grbfseren Lehrbuche von
D. Th eodor Tetzner, Schulendirector zu LangenaaUa* Leiptigf
bei R'. Chrut. Därr^ 1822. FJU n. 218 5. tn 8.
Bächer der Art müssen sich vor Allem durch eine einfache und
leicht faisliche Oarstellunf^ empfehlen , welche zwischen dem streng
gelehrten Ton und dem Trivialen klüglieh die Mitte zu halten weift;
ihr Haaptinhalt mufs sich auf klare Darlegung der Fakta und Nach-
weisnng ihres Zusammenhangs erstrecken, ohne gelehrten Prunk und
ohne gewisse Reflexionen, welche dem Gatzen den Schein des Gel ai-
reichen !geben , in der That aber nur die Mängel goschichtlicbcr
Forschung bedecken sollen. Es ^verdient dies vor Allem Beachtoig
in einer Zeit, wie die unsrige, wo man lieber durch glänzende Ti-
raden prunkeii, und den Leser einzunehmen, als durch einfache,
getreue Erzählung zu belehren sucht, wo mau sich der Geschiihte
als eines Vehikels zu bedienen sucht, um gewisse politische An-
•ichten zu verbreiten und die Maaae für bettimmto Abaiciiten an
I
I
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TeUner, Geschicbto für Schalen.
1037
Winnen, wo man «ich nicht scheot, rlie einzt lntn Faktn der Gescliicht«
nach eiiieitt bestimmten Sinn zn modeln, oder durrh deren theilweise
Verschweigang in einem andt;ra Licht darzustellen, oder wo mnn
dem Faktum durch die heigefugten Reflexionen einen ganz andern
Sinn unterzulegen sucht, hios in der Absicht, den, der nicht die
Mittel und die Zeit besitzt , die historische Wahrheit aus den Qnellea
■ellMt sn ermitteln, za tauaehen. Wenn raanebe Werlte in dicaem
Geiate and in dieaer Tendenz geacbrielien , in der nenern Zeit za
einem Anaeben gekommen alnd, daa aie Ton Seiten ihn» biitorlaeben
Gebnlta nimmermehr verdienten, ao iat diea ein beklagenawerthea *
Zeiebcn anaerer Zelt« dem nur dnrch grilndliche Jngendbildang und
fortgeaetste Selbatbildang mittelat bmncbbnrer Hnlfamittel, ao vie
durch die Wiederkehr atrengerer hfiaalicher Zoebt nnd einea dadurch
erweebten beaaeren Sinne , abgeholfen werden bann. Vorliegendeo
Bach gehdft ao den Hälfamitteln , die wir inr Erreichang dieaee
Zwccbea nie brnachbnr nnd geeignet empfehlen bdnneni frei too
den oben berührten Gebrechen , iat der gewaltige Stolf der Geachiehto
hier mit matindiger Anawabi « wie ea die Beatimmang de» Bocha
«rforderte, behandelt, die Thntanchen aind einfkeh enihlt, der in-
nere Zaaammenbmg der Fabta ao klar nla mftgÜeh aachgewieaen,
ao dnfa der Leaer su einer Uaren Anachnuang der Begebenbeitea
gelangt und ^ber deren Zatammenbang , Bedeutung nnd dergl. aich
aelbst ein UrtheU au bilden im Stande ist. Denn der Leser soll hier
nicht für ein oder die andere politische Ansicht, die gerade im Geiste
der Zeit iat, gewonnen, sondern über die Vr rr^nn^enbeit getreulich
belehrt werden. Dabei wird auch aberall auf Caltar- und Bildnngs-
geichichte, Sitten und üinrichtnngen n. dergl. m., ao weit es dem
Zweck und der Bestimmung des Buchs entspricht , verdiente Rück-
aioht genommen. Daa erste Bnndchen umrafst nebst einer allge« ^
OMinen Einleitung, worin der Begriff der Geschichte, die Häifswit-
aenschaften derselben und Anderes der Art berührt ist, die Staaten
des AlterthuniH in vier Abschnitfen, wovon der erste bis auf Cyros,
der zweite bis anf A1rxanrt(»r den GroTfipn reicht, der dritte zunächst
das rnmistlif Reich bis auf Atigitfit br greift; im vierten wird die
Geschichte bis auf den Untergang' des Hbondläniliät-Iieri Reichs fort-
geführt. — Das zweite Bändehen enthält das Mittelalter, bis
cur Reformation durch Lnther und Zwingli reichend, in drei Ab-
Bcbnitten , wovon der erste bis auf den Untergang des karoHngietihen
Hauses, der zweite bis an das Ende der Kreuzzti^«, der dritte dann
' bla auf die Reformation reicht. — Dan dritte Bändchen ist in vier
Abacbnitte eingetheilt, deren erster die tvirehenreformation eriählt
and bis auf den Anfanp^ des dreilNlfrjiihripcn Kriej^es reicht, der
SWeite von da bis auf den Tod liodwig'« XIV., der dritte bia auf den
Anfang der französischen Kevolution, welche selber Gegenstand des
▼ierlen Abachaittes ist, worin die Geschichte bia anf die neueate
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1038 K. F. W. Lanz» Laleinisdie Leatliücher.
Zeit herab geiülirt ist. Eintin jeden Bfindchen einil aufter der voran-
geschickten Ueberticht (ies Inhalts nacU deu tsloaelaeii AbichnitteB
und Paragraphen gcuaue Ucgiaicr beigefügt.
No« t, ist eine aweckmifaige SSugabe, beatimmt« dem Schüler
iD die Hände gegeben na werden* nli ein Unltpunkt, an welchen
der weitere Ünterriebt eich anlEOÜpft, oder als eine Grundiage, auf
welelier dann der Unterricht weiter fortgebant werden liann« £ia-
tbeilnng und Anordnung des gesainmten Stoib ist daher hier un-
verändert geblieben, naturlich konnte aber in den einzelnen .Ab-
acbnitten .nur das Bedeutendere , was Ton allgemeinem Interesse und
allgemeinem Einflnfs war, hervorgehoben werden. Hält man diesen
Standpunkt fest, so wird man diesem Leitfaden Brauchbarkeit and
Nfilslichkelt nicht absprechen können.
1) Lai9ini§ehe9 L99€bueh für dk unteren Mta$g€» der Gj^nma-
slen ff SU M* F, W, hunz, JOadamur und H'^Shmrg» Druck aad^
Ferlag von Ii. & Lans, 183$. Xf^I und S48 S, <i» gr. S.
S) Lüteinls chea Lesebuch für die mittleren Klassen der Byrnna-
sien von K. F, fV. Lanz. Darmstadt und Leipzig» Druck tmd
Ferlag von M, W, Leeke. 1838. JT «ad 293 & tu gr. 8.
4
*■
Ohne (lafä wir hier die Giündo ausführlich darlegen können,
mit welclicj» der Verf. in der Vorrede die Erscheinung dieser Lese-
bücher zu rechtfertit^en bemüht ist , glauben wir doch versichern zu
können, (icils diisulbc nicht aU überflüssige oder nutzlose Grsctiei-
' nungen ljutrachten sind, dafs vielmehr der Verf., ein stetes Fort-
schreiten vom fiteren zum Schwereren beabsichtigend , uod von
Stufe 7A1 IStuIt!, von St hritt zu Schritt den Knaben in der iRteisi;-
schan Sprache weiter führend , ein brauchbares und /.weckmafsig ein-
gerichtetetes LeäeLuch für deti Unterricht im Lateinischen zu liefern
suchte, welchem ans diesem Grunde auch eine allgemeinere Verbrei-
tung und Einführung^ an arulcm Orten als Ihirmstadt zu wünschen
ist. Der ^au/a' StolV ist in drei Abschnitte getheilt; im ersten stehen
solche Srttze und Stucke, \v(» ein gut latein^cher Ausdruck von der
wörtlichen Leber tra^unf^ uenif^er abweicht oder doch leicht atifje-
fundes werden kann, wie z. B. das Einfachere aus der Syntax der
Casus, leichtere PaiLicipiaieonKtructionen und dergl. ra. Zuerst kom-
luen Sententiae, dann Dicta mtmurnhilia, dann Fabulae und darauf
^arratiunculae (kurze Erzählungen). Unter dem Texte stehen hier
und dort bt i schweren Formen die InfinitiTe angegeben. Im zweiten
Abtcbnide p^eben die Aninerkungea schon freiere Wendtinj^en an und
suchen dem Scliüler mehr oaehznbelfen a sonst iuMlea sich noch hier
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im
tatlliw vkr VstmlillMnlvBgait 4te wir .eboa bei dem ertien Ab-
ichnilt ugflgfib«!! babea. Im dritten Abtcbaitte werden die An-
nerbnngen (und mit Recbt) eeltener i damit der Schuler sich eclbet
n Bndea lerne nnd an Selbstotindigbeit sich gewöhne. Aach hier
diieeellien Wer Unlerabtheilungen ; die SentenÜae entbellen meist knme
8itse ebn« schwere Yerblndnn;, durch ihren Inhalt benelehnend und
ism HemnrSren daher Torsagsweise geeignet $ die Dieta et /«eia
mmorabitim bilden dfena in den eehon ' mehr aasammenhflttgendeB
DiMtellQngen in den thMae (an deren Stelle im dritten Abschnitt
M)^9Um ftammen) nnd Norratlttiieiifae die Mitte, welche letsteren
beiendera nnm scbriftliclien Uebersetaen oder doch dberhaopt inr
Bildnng des dentsehen 8ty1s geeignet sind. Die Eraäblnngen in der
letitea Abtheilnng des dritten Abeehaltte (aus Justin entlehnt) geheii
in die Anfinge der Qeeehichte Aber, und. so enthilt dann der vierte
Abschnitt tnnmmunia kUttmae HMmnme «r Enir&ph exurpta. Oena
dafs Eatrop tou Knaben mit Interesse gelesen werde» Ist eine Brfali«
rang, die auch unser Verf. gemacht bat Eine biaaebbaro Zugab«
^ ist das beigcfögte Wörterveraeichnifs.
No. 2. Auch da« andere Lesebuch , das an das eben erwähnte
sich unmittelbar anseht ielst, ist nach gleichen Gmndsätaen ansgear-
beitet, nnd namcntUch ein stetes Fortschrelten vom Leichteren zum
Schwereren durch^än^i^ hcriicbsiehtigt, auch durch reichhaltigen
Stoff der Lehrer in deo Stand gesetzt , leicht uberall bei der Lecture
die gehörige Auswahl au treffen. Auch hier findet eine gleiche Ab-
tbeilung des Stoffs statt;« die beiden ersten Abschnitte sind Torsuga*
weise anm schriftlichen Ucbertragen bestimmt. Bio erste Äbtheilung
des ersten Abschnittes enthält //pophtkegmata et narratimu nlac , die
EWeite Narrationes et DeaeriptioMBp die dritte Epistolae (aus Cicero),
die Tierte Loci moralea et sententiae^ wie z. U. De'^deo et pietate, De
phtute^ He grato animo^.De morte Jjrc ; in dem zweiten Abschnitt
stellen zuerst die Xarratiunculae et deacriptiones , dann Oratiunculae^
dann Epistolae und dann Loci moralee. Der dritte Abschnitt schliefst
sich in Absicht auf den Stoff genau an den vierten des ersten Band-
chens an, und giebt, wie jener eine Uebersicht der römischen, ao
dieser daa Wichtigste aus der griechischen Geschichte; auerst kom-
men Uragmenta historica, aus Justin entnommen, And swar mit Weg^
laasang des rhetorischen Schimmers, der sich hier nnd dort bei die-
sem Schriftsteller findet, und dann folgen ^itae exceüentium impera~
torum aus Cornelius Nepos. Wir wünschen dem Bestreben des Verfs.,
ein durch Mannigfaltiglteit dee Stoffs und zwecicmäfsige Auswahl so-
wie passende Anordanng branchbares Uebungsbuch geliefert zu haben«
die Tordionte Anerkennung und seinem Buche allgemeinere Verbreitung.
\
t
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«i
R€marqu€§ tur qtuifmß» pa9$ag9» de VJnikoUgU
8tohi9 par CkarU» Jugm$t€ Boving, doeimnr w pMIm, ä
SS & Iii 8.
la dieser Schrift behandelt der Verf. eine Anrahl von Stellen
au8 der Anthologie des Stobäue in iritisch- exegetischer Hineicht
und mit Itpfionderttr Rücksicht auf die (bisher nicht gekannten) Va-
rianten eiucs Ürusscler Manuscrlpts, das allerdings für die Kritik
des Textes von Belang ist, dcHstii der Verf. auch früher bei einer
andern Gelegenheit bereits gedacht hatte. Vergl. Jahn s und See-
hode'« Jahrbb. Su|>pl. 1,3. p. 344. i>ie Bemerkungen und Urtheile
des Verfs. zeigen von gründlicher Sprachkenntoifs und richtigem
Takt; weshalb sie allerdings grüfsere Beachtaog ▼erdienen. — Wir
erinnern bei dieser Gelegenheit noch an eine andere Schrift dei-
■elbeo Verfassers:
Mir« 4^ iUr. F. Gnidii, tur THai dt ^«meignmtnt en Mgifm (fv
Ch. Btving). firturtOet, cAes J. P. BMuM, UbniM, futdek
Momtttgn$, /Vo. U. ISSS. Sl & mgr»9.
Wer sich ein Bild von dem trauri/^en Zustande machen will,
in welchen die hohena BiidiingRaiistalten in Belgien, für welche
■ die holländi8(-he Regierung so Viel pethan hatte, seit der Revolu-
tion, die dicHCR Lnnd von Holland I<tfirir8, gerathen sind, der lese
dieses Schreiben cinctt ruhigen, Wrilirheitliebenden Mannes , um daitiu^
xn erkennen, wie eben diise Revolution, die dem Lande die Frei-
heit (d. h. die Zügellosigkeit und Ungebunden hcit) zu gehen sieb
rühmte, die cur wahren Freiheit, zu der Freiiiclt des Geistes bil-
denden Anstaltan, die frniier einer so sorgsamen Pflege sich erfrev-
ten , seretöri hwL Die Folgen difter Zeretörong werden nicht am-
Ueilieii. Umer V«rr. sieht if e wolil ein , und daher teine woK^
Miiitaii Bemerkungen, denen wir aar Berüebeielitignng wonidii
kennen.
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ti'. 6ö. HEUiELB. JAHRB. a. UTfiRATUR. 1888u
Ä Liftri Sapientiae Alexandrina indule per per am as-
terl«. Seriptit C. h/U\ Grimm, philos. Dr., TheoL Baetal et
in Aemd. Jmtemi privatim docena, Jenae 39 S. 8.
Der Verf. hat in den 5 ersten §§. sehr richtig dar-
;ethao, dafs das Buch der Weisheit, die So^ta ia
Gott zwar schon etwas .stärker, als im Anfang der Sa-
iomon. Sprüche Kap. 8, 12. 22 — 3L 9, 1 — 18. ge-
schieht, personificire, aber doch noch nicht wie
eine wirkliche Person in oder änfser Gott, so
wie es bei Philo häuß^ p;eschieht, vorbestellt habe. IMan
Sieht hierdurch am b( steii auf dem unlau^baren histori-
schen Wege, wie ailmählig aus der eiutacheu Voraus-
setzung, dafs in Gott höchste Weisheit, wie hdcbste
Wahrlieit« gedacht werden müsse, zuerst das poe*
tische Spiel, von jener Wdsheit wie von einer
Person zu reden, gefiel, weil überhaupt die mei-
sten Menschen, statt reiner Gedanken, sinnliche Vorstel-
lungen sich gerne vordalten lassen und ihnen daher durch
Poesie als ein scheinbares Wiridichmacben der Mög^
Rchkeiten und durch Oratorie als Ueberrednngskunsl
sine ]\lenge Irrmeiuuogea wie Philosopheme unterscho-
ben werden.
Am weitesten geht im Weisheitsbuch diese Personi-
fication der Sophia in zwei Stellen, wo sie (8, 3.)
Mitleben mit Gott habend, avfxßmaiv %€oS.
€;tot;üa und (9, 4.) die der göttlichen Throne
Beisitzerin t«i^ iov '^eov ^^oycmv 'KdgtdQoq ge-
iiaaut wird* Doch so lange das Hauptwort ein Femioinum
wfir, konnte davon nioht so leicht, wie von einem ,,deu8
iecundarma" gesprochen werden, und diettbrigsn Pr»-
dicate, welche ^yder mit Gott lebenden Beisitzerin seiner
Throne" beigelegt werden, zeigen imiiK r noch deutlich
genug, dafs der Verf. sie nur wie eine poetische
Person dachte. Zwar sagt er 7, 22, auch: „in ihr
ist Geist, iv airt^ meviia^ aber dies sagt bei weiten!
XXYl. Jahrg. 11. H«l|. 66
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1041' Or. Grimm, Vom niclitaleMiidriii. Vrapr. d. B. der Weiibdi
noch nicht, dafs sie selbst ein besonder bestehen-
der Geist spvn sollte. Da Geist oder Geistigkeit immer
das Höchste auch im meoschiichen Wesen bedeutet, so
oniftte auch dem Gotte^wesen ein Geist (Ps. 139, 1.
Spr. 18, 4«), und sodann weiter auf poetische Weise
auch der personificirten Weisheit mav^ia oder Geistig«»
Iceit zugeschrieben werden.
j
So lange die in diesem Dogma gebrauchten Worte:
chochmah, ruach, 8ophia und pneuma Feminina oder
Neutra waren, wurde es noch nicht so leicht, sie in eine
selbstständige Person zu veruandeln. Zum Unglück gab
es denn aber auch ein Masculinum, durch welches
ebenfalls, wiewohl anfangs seltener, die durch Wolleo
und Befehlen wirkende und ordnende Kraft Gottes aus»
gedrfickt werden konnte. Die Veranlassung dazu wurde
schon durch das sogenannte Schöpfungslied 1 Mos. I . ^
gegeben« Kürzer und energischer konnte dort der Ge-
danke: „Was Gott will, das wird und istT' nicht aue-
gedrfickt werden, als durch das bekannte „Gott sprach:
Es werde! und es ward.^ Daraus nun entstund uYimit«
telbar der Ausdruck im Psalm , dafs durch Ciottes
„Wort" "Iii Alles geworden sej^. Nachher aber bil-
dete man im Chaidfiiscben und im VbIkedialekt ans dem
hebräischen Amar das dem Dabar gleichbedea-
tende K"^22''22 iVieimera. Jetzt war schon ein Anlafs
gegeben, Gott und Meimera des Jehovafa gewis-
sermafsen von einander zu distinguiren, ungefilhr so,
wie man den redenden und dadurch wirkenden Gott von
dem denkenden und wollenden, gleichsam als einem noch
ruhenden , menschlicher Weise zu üistiguiren wagen mag.
Nun aber wurde dieses „Wort** auch griechisch
Ausgesprochen als 6 Aojog, und jetzt hatte man eio
Masculinum, von welchem weit eher, als von <ier £o<^ta
oder ratio dwina, wie von einer wirklichen Person oder
Subsistenz zu reden war. Wie viele Meinungen bildet
man zunSchst aus der Sprache! Denn entstehen gleidi
die Sprachzeichen zuvörderst auis dem Geilachten, so
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I
Ui. CUimiD, vom DichiBlexuodria. lirapr. 4. B. der Weipheit* 104^
wirken dann doch lUe Zeichen der Gedaektsn wieder auf
da« Denken zurftck, welches ohoe den schnellen Go«
bmob dar Worta, als bed^tssnisr» absr «Ii Mm vkl-
destigpr Zeichen, nur sehr lan^^satn Wirken könnte^
Zwar hat dann doch ilas \\ eisheit^huch auch den
Aoyog imnner noch als das Ternüafti^e Willens-
worl Gottes, der Sophia parallel gestellt, wie |L 8,
1*^2. D», der du das alles, machtest in djeinem Logos
(s= Denk- und WiHenswort), hast auch dnrch^ die
Sophia {::^ Weislieit) den Menschen ausjg^erüstel." o TiotT?-
aag ja %avta iv Xo'^co aou xai nj crorpia xaTcaxfiua-
9^ tov dcy^pQaroy. Audi redet sie III, 12. den Herrn
sa,. dessen Logos Alles heile c 6 trog^ uvfitf
l^fog 6 nawa l&ptevog, VergL Pa 127. Jes. 5&, 11.
Ps. 147, 15. Denn Gott ist dort 6 navrav (To^ti^q
== der Heiland von Allen. Bei den Alexandrinern
aber wurde (man weiis, da Aristobuls FragiQea(e
nichts vom Logos^ babon, nicht» wie lange schon vpr
Philo) Gewohnheit, alle Geister, durch welche
Gatt redend und wirkend gedacht wurde,
Logoi zu nennen, gleichsam Vernunftsprecher,
lieber diesen dachte man sich dann einen höchr
sten Logos, wie unmittelbar aus GoU auf eine eigene
W«is^, picht durch SchafFen, sondern durch Zeugen,
d.i. durch Fortpflanzen wesentlicher Aehnlichkeiten —
hervorgegangen, so, dals durch Ihn Gott alles und alles
Uebrige, alles Gewordene habe machen und werden las-
sen, weil Gott selbst (so meinte man Gott aufs Höchste
ehren ni kdnaen !) für das Schaffen fili#|r ei^aelneu Dinge
viel sn erhaben wäre.
Durch dies^ sonderbare Vornrtheil wollte man Gott
Oie gröfste Vollkommenheit, Heinheit (Abgeschieden-
heit) aller Materie und von allem Unvollkommenen
tterhaupt «ischreibeo , während man ihm doch dadorob»
dafs nicht sein bldbes unmittelbares Wollen flir altes,
was ist, genügend seyn sollte, gerade das Gegentheil,
eine grofse Beschränktheit und Unvpiikommenheit an*
dichtete und ««gleich nel 9« sionlicb «ich beredete« wie
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1914 Dr. Grimm, vom nicbtal.exandrin. Unpr. d. B. der Weisheit.
irain die Materie aa sich veruareinigead wäre. Dennoch
wurde dorch diese eiamal angenoknmeDe (pbantattkche)
Voriamteangen eofori eine sonderbare Untersdieidnog
hervorgebraclii. Der aus Gott liervorgegangene, alles
schaffende und rentierende, höchste Logos mafste ja wohl
als voll Weisheit gedacht werden. Man tingirte
sich: GoU habe^ als weiser rovs^ oder in seiner 'ewi<^
gen Sophia (Sprüche 8, 19.20. 8, 22.) Ton AUeni>
was werden sollte, in sich Urbilder, iSeag tdtcov^ oder
generische Ideale =: apx^eTvna -^evixa» Da er nun durch
,,den in seiner Art einzigen Logos = Ao^o^ ^oyo-
jtvm^ alles Uebri^e verwirklichen lassen wollte, haira
OtbVL alle jene generische Ideale von dem Wesenlliclico
aller Dinge, welche werden sollten, in jenen Logos con»
centrirt. So ausgestattet sey Dieser aus dem Gotteswesen
als ein zweiter Gott für klles „Unvollendete"
{aTtXiq) hervorgegangen, so dafs er nun für sich sub-
ai stire = tJ^eo^axai. Leicht aber mufste es doch
diesen phantastisch Phtlosophirenden zu Alexandrien bei*
' fallen, dafs, wenn gleich der ersterzeugte Logos =tjrp«-
TOTOXo^, alle Ideale der weltlichen Dinge aus dem Got-
teswesen in sich herüber bekommen habe und deswegen
rio detts mleritiediifs sey, dennoch Gott seibat nicht
dine Weisheit seyn kdnne. Daher triffk »an denn
bei Philo die Sonderbarkeit an, dafs eine ätherische
Soepta in Golt geblieben ist und der hervorgetretene
Aoyo^ nur aus dieser 'Locpia erzeugt und ausgegangen
oegm sollte, um das ftitestd aller wirklichen Dinge = si^ic*
ßvraTog rmp dvrmr m seyn. Dem Philo ist es nioht
zu viel , jene innere inwohnend gebliebene Weisheit
Gottes die Tochter Gottes zu nennen, dabei aber
doch De profug. T. L 653. ed. Mcmg. zu behaupten,
sie sey „männlich und ein Vater^ welcher sie
and erzeuge in Seelen das Lernen, die Zucht, die
Wissenschaft, die Gesinnung und lobenswürdige Hand*
langen/* • '
^ Zu Philo's Zeit hatte also die alexandrinische Gott-
beitslehre nicht nur zwei W^sheiten Gottes, Bine in
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I
Dr. Grimm, vom aichtaloxandrin. Lc«yr. d. ü, der Weisheit. l#45
ihm geblieben und ^ioe als UateigoU ans ibm hervor-
febiaohte =3 ^pocpoptxog^ «ondero 68 war nahe dabei,
dafe aach die in GrpU gebliebene) wenn aie einmal ala
Mann und Vater =z dcppr^v undnartiQ^ angepominea
war, zu einer wirklichen Person innerhalb dea Got-
tes weaens ausgebildet werden konnte.
Bis dabin kam ea jedoch erst vollends durch die
popnlftrernnd nichtalexandrimsch-philosc^liirenden» an»
üarianisdien Kirchenviter, denen es nicht mehr genug
war, den aus der Gottheit hervorgegangenen Logos als
<)as höchste Mittelwesen zu betrachten. Vielmehr meinten
sie, jeoeo Dualismos Ton zweierlei göttlichen Weisheiten
(te immanenten and der als Logos emaoirten) dadorch
SMMMitbeistisch aufheben zu kdnnan, dab cKe ganse Weis-
heil Gottes im Gotteswesen ^ iydia'^eTog sey, aber
doch als eine eigene Person innerhalb dieses
Wesens sobsistire. ^
Diese ganse historische fintwichtang ist besonders
Ar msere Zelten md flr die speculatiye Tendenz
derselben wohl zu bedenken. Es wird nämlich dadurch
g:eschichtlich unverkennbar, dafs das religiöse Alter-
thum nicht etwa tiefe geheimnifsvolle Ideen von der
Gottheit geabnet hatte, sondern dafs vielmehr das end-
Keh ▼ersoohte Denken eines persöalichen Logos im
Gotteswesen selbst nur das Prodact der Phantasie
war, durch welche die Gotteskraft, Weisheit, zuerst
aar als eine poetische, alsdajin wie eine wirkliche , aber
aas Gott faerrorgegangena .und untergeordnete Person
gedacht oder vielmehr rersinniiebt wurde, bis man end-
lich die emanirte Person wieder snrack nnd in Gott
hineinversetzte.
Auch nach diesem Wagestück der patristischen Hjper-
phymk dachte man, — zum Beweis, woraus diese Phan-
tasiespiele entstanden waren — lange noch den als zweite
Person in der Gottheit anerkannten Logos wie einen
Sohn, welcher doch minor patre sejn müsse. Nor
der Vorwurf, dadurch der heidnischen Mythologie vom
Jvpiter und dessen untergeordneten Söhnen ähulich z.a
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1M6 0r. Grimm , vom nichtaiexandriQ. Urspr, d. B. der Weisheit.
werden, und das bessere Streben nach einer Monar<*
ehie in Golt Ahrle endlich bis dahin, dafs Vater
nndSohn einander gleichgesetct (pariflcirt) sejn mAfstefi,
und dafs das Gottes wesen als Suf)staüz uur Eines sey,
wenn gleich- drei Subsistenzen (Hypostasen) darin als
persönlich unterscheidbar bestünden. Die patristische
Dialektik meinte r es sey ebenso mdgiieh und denkbar,
dafs Drei Ein Wesen Seyen, wie es freilich denkbar
und der Erfahrung gemäfs ist : dafs in drei ISinzelnen
Einerlei (aber nicht Ein und dasselbe) Wesen verwirk-
licht sej, so dais das Wesen~ dreimal da ist, wie die drei
eiaselnen P^sonen. Sie ahneten aber dnrch diesen Pehl'^
^ begfriff nicht etwa tiefe Geheimnisse; vielmehr verwedl'*
selten sie, in ihrer etwas stumpfen Dialektik, das unitum
mit dem unum hlemqiie oder nahmen, wie manche Na-
turphilosophen, das denkbare V ereiatseyn fiir wesent^
liehe Identität oder fiinerieiheit
Deswegen, da dieser erst poetische und alsdann ohne
Beweis eine aus Gott hervorgegangene Weisheit m eine
Person verwandelnde Ursprung des kirchlichen Begriffs
Logos historisch unbestreitbar ist, kann derselbe auch
nicht m einer Grundlage specnlativer Bntdecknilj; Isines
inneren Verhältnisses in Gott, nämlich sweier Personen
in Einem und Ebendemselben Wesen gemacht werden.
Wenn eine philosophische Speculation dieses versucht,
so hat sie weder den Sinn des urehristlichen Satzes:
V 0€oc "^iv o KoyoQ für sich , noch entdeckt sie nach phi'-
losojf^hischer Methode eine Kwetheit , die im Gottesweseti
bestehCi Wir wollen diese beiden Behauptungen, weil
die historische Aufklärung dafür im Vorhergesagten ent-
halten ist, kurz verdeutlichen.
Sagt der philosophirende Theolog : Gott ist ~ Lo-
gos, so ist gegen diesen Ansdrnck al6 >Bezeicbming deb
gdttlichen Seyns, da(W es nämlich ein Seyn der vollkom**
men wirksamen Weisheit sey, nichts einzuwenden. Er
bedeutet, dafs die Gottheit zu denken ist als wesfenl-
^ liehe Weisheit und zwar als sprechende, d.i.
nicht blos deilkende, sonderta durch Wi'as^n iftr«
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^ Dr. GriMin, vom aichtalezandtiii. Unpr. d. B. der Weieheit 104V
»
kende WeiiheU. In diesem Satze ist demnach Logos
als gleichbedeutend mit H^orpLa gedacht, wie dies der
frühere einfache Sion der Gottesverehrer auch noch im
Weisheitobucji g^ewesen ist. Erst weilerhia findet man
als alexandrinisch-jftdische Vorstellung^ eioeo aus d^r
Weisheit Gottes zfjr Weltbilduiig hervorgegaiigeneo , vor
allem übrigen VVcrdeii für sieh seyenden persönlichen
Logos. Diesen meinten freilich die Alexandriner, wenn
€1 gleich niifi^Diia geofilenbert wftre, als einen Mittelgott
denken zu mttsaen, weil eie nach apecnlativer Methode
als unlätigbar voraussetzten, dais der eigentliche
Gott, der ungezeiigte ewige Vater, mit dem Werden
und Bleiben aller uichtvoilkonamenea Dinge nichts uja~
aittelbar sn thu haben könne. Da aber diese Voraus*
setBung, wodurch man in der Gottheit die höchste,
reinste Vollkommenheit zu behaupten meinte, vielmehr
dem Wollen nnd W irken der Gottheit eine Unvollkom-
meaheit, nämlich eine nicht unmittelbare Wirksamkeit
auf aliee, zuschreibt, so. ist das vermeintliche Philoso-
fbem nur ein Versach, etwas in der Gottheit als mög-
lich zu denken, das bei genauerer Beurtheilong als nicht
gotteswürdig und folglich als uichtmöglich aitzuerkennen
ist. ,Da8 sehr gut gemeinte alexandrinische Philosophen!,
iwischen Gott und die Welt einen Mitteleott zu setzen,
ist demnach blos ein Versuch der menschlichen Denk-
kraft, in sofern sie Möglichkeiten ersinnt, das ist, der
Phantasie. Die Möglichkeiten , welche dieselbe zu denken
proponirt, können aber nicht für Wirklichkeiten gehalten
werden, w^nn die genauere Bei^rtheilung den dafiir an-
genommenen Grmid, weswegen sie zu denken seyen^ .
unhaltbar findet
Ind^ war zur Zeit, als das Urchristenthum sich
aufser Palästina verbreitete, dieser Glaube an einen Logos ,
als einen zweiten , die Weltschöpfung vermittelnden Gott,
Unter dea hellenischen Juden allgemein bekannt. Ferner * i
ist es unverkennbar, dafs, wo die zwei unter der Auto*
ritüt des Apostels Johannes kanonisch gewordenen Theite
des Neuen T/s, zuerst die Apokalypse 19, 14. uud dauu
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1048 Hr. Gvunm, vom nichtalexandri«. Ujrtjpr. il* 8u der WeiAbeit.
der Prolog; des Evangeliums, den Logos MoUes als Ei-
nerlei mit dem MessiasgeisI beschreibeo , sie diesen Na««
tnen ohne nlle weitere Erklärnng, also -offenbar
nach der damals bekannten und keiner ßegriffsbestim-
ttiung beciiirfenden Bedeutung, also nach tiei alexandri-
nisch- jüdischen Theologie, ausgesprochen haben. Of-
fenbar ist auch durch den Zusammenhang im Prolog,
dafis dort dieser Logos ah ein persönlicher Gott (durch
den Satz: &eo( o Aofog = ein Gott war der Log€s)
▼on dem Verf. de9 Prologs gcgiavbt wurde, aber als ein
Gott, der von 6 dem Gott au sich
= avTo'^eoCy zu unterscheiden vnd in Beziehung
auf denselben = npög top ^iüVj wirklich da sey. Da
noch überdies derselbe als der Log-os beschrieben wird,
durch welchen ohne Ausnahme alles Das geworden
eey, was geworden ist (also alles aufser Ihm selbst,
der nicht ein gewordenes» sondern ein aus Gottes
Weisheit gezeugtes und in*8 Besondere emanirtes seyn
sollte), — so bezeichnen alle diese Prädicate zusammeo
genommen gerade den Logos, welchen zu denkeü oder
Tielmehr philosophisch zu dichten die Alexandrinerj
aber ohne genflgenden Grund, eingeführt hatten.
Wer nun jenen Logos des Prologs, als urchrist-
lich gedacht, za weiteren philosophisch - chnstlicheD
Lehrentwicklungen anwenden will, der mQfste demnach
ihn gerade in jenem alexandrinischen Sinn als eine aufser
dem Gotteswesen existirende, "über allem Gewordenen
als Gottes Organ für alles .Werden stehende Person an-
nehmen, durch welche alles, was wurde, geworden
eey« Wer hingegen dem Ausspruch: „der Logos
war ein Gott" einen andern, ,wenn auch höheren,
Sinn beilegt, der hat wenigstens gewifs nicht den Logos
des johanneischen Pro!o|2:s zur Basis seines weiterenPhi-
losophirens, und kann daher nicht ohne Widerspruch der
historischen Interpretation dies andeuten, dafs er eioeu
nrchristlichen Satz philosophisch weiter analege, oder
sogar aus dem speculatiTen Philosophiren über Gott et
begründen wisse.
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I
Or. Chrlmm, tmb alclitale3UH4ria. Urtpr. d. 8. der WeUfaeil. 1049
Ueberdies kann auf keine Weise behauptet werden,
dafs das, was in jenem Prologe von 6 AoyoQ prSdicirt
ist, im eigentlichen Sinn urchristlich und nicht
blos der venneintUcb TerDunCtvoUe Glaube Dessen war,
welchem jener Prolog zuzuschreiben ist Denn sammelte
gleich der Verfahr desselben aus den Ueberlieferungeo
von Jesus selbst, die ihm wahrscheinlich vom Apostel
Johannes angegeben oder hinterlassen seyn mochten,
alles, was nach der Tradition Jesus über seine Person
Verherrlichendes ausgesprochen hatte, so ist doch in
diesem allem nicht nur keine Andeutung, daA der Mes^ .
siasgeist mit den Eigenschaften, weiche die Alexandriner
ihrem Logos beilegten, von Jesus gedacht worden sey.
Vielmehr hatte Jesus weder die Benennung Logos ge-
braucht, noch von sich selbst behauptet, dafs durch ihn
als Messiasgeist Gott sein Vater alle werdenden Dinge
geschaffen habe. Schreibt doch Jesus die Macht,
ihm die Seinigen zu erhalten, nach Joh. 10, 28. 29.
nicht sich, sondern dem grdfseren Vater zu, da viel-
mehr der schaffende Logos Macht genug für
dieses in sich selbst gehabt hätte.
Sehr achtungswerth ist die Redlichkeit des johannei-
schen Prologisten, dafs er, so sehr begeistert er selbst
von der Vorstellung eines weltschaffenden Untergottes
war, doch dieses nur in Steilen, wo er selber spricht,
ausdruckt, durchaus^aber nichts davon in die Oberliefertea
Reden Jesu hinein legte. Eben so sehr ist es (besser
als gewöhnlich geschieht) zu bemerken, dafs der Pro-
logist, indem er jenen Logos und den Messiasgeist für
einerlei Person hielt und unbedenklich ideotificiiley den-
noch bei weitem von der späteren Meinung, wie wenn
in Jesus d r e i erlei, nämlich der Logos, der mensch-
liche Geist und der irdische Leib zu denken wäre,
entfernt blieb. Da er V. 14. bis zur Menschwerdung
seines Logos fortgerückt ist, sagt er vielmehr keines-
wegs, dafs der l^gos Mensch, dv'h^&nog^ sondern
nur, dafs er ein lebender Leib, (ja^S, geworden,
also der Logos incarnirt (aber nicht evav^QGi^xsiti^
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1050 Dr. Gritnnii vom Dtchtalexandrin. ürspr. d. B. der Weisheit.
sey, und dafs er in dieser Wohnung, nämlich des
Leibs y unter ihnen gelebt habe und von ihnen betrachtet
wurde«" Nehmen wir also die Sache, wie e» seyn soll,
genau, so ist 1) das Denken fiber den Logos überhaupt,
nicht im eig^entlichen Sinn urchristlich, weil selbst Der,
Welcher dafür eingenommen war, weder die Benennung,
noch die Eigenschaften seines Logos mit Aussprüchen
von Jesus Christus zu belegen gewufst hat. Noch we-
niger -urchristlich aber ist es 2) wenn die Speculatiou
einen Logos entdecken zu kömien meint, welchef als
Person in dem Gotteswesen sey. Denn der Prolog spricht
Tielmehr von einem auf alexandrinische Weise denkbares
Logos, welcher aufser Gott als ein Mittelwesen swi-»
sehen Gott und all^n Geschaffenen seyn sollte. Er ge-
braucht daher nicht ilen Ausdruck: 6 Ao'^og rjv iv to
d£(p> sondern nur ^^6^ tqv ^ebv ^ wo TtQOQ dem hebräi-
schen =: ad correspondirend , . nicht einmal mit
7[aga verwechselt werden kann. Wobei zu bemerken
ist, dafs auch im ersten Johannes -Brief 1, 2. der näm-
liche Ausdruck -qv ^gbq röv naviga gewählt ist 3)
weicht , wer den Logos als Person in Gott mit eiuero
ganzen Men^ichen, also mit einem menschlichen
Geist un<i Körper ia Verbindung denkt, selbst von
dem Prologisten Ab^ der, seinen Logos nur mit einer
<rap| als Wohnung, axnvv* in Verbindung gesetzt hat.
So gewifs demnach eine philosophische Speculatioo,
welche den Logos als eine Person im Gotteswesen est*
deckt zu haben glaubt, nicht mit Dem ObereinkonHOl,
was wir historisch als urchristlich anerkennen mOMei
oder könnten; eben so gewifs ist ferner ein solches Phi-
losophema, wenn man es auch blos für sich betrachtet,
als eine philosophische Entdeckung über die Gottheit
gründlich zu iegitimiren, nicht möglich. Man sagt wohl:
Wenn Gott sich selbst ewig anschaut, oder denkt, so
ist dadurch ein alter ego ewig wirklich. \V as Gott als
seyend denkt"^ das ist eine Wirklichkeit. (Der Ewig-
sich Denkende wäre alsdann der Vater und der durch
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■
Dr ChrtmiD, vom oichlalexandriii. Lirspr. d. B. der WeiilieiL lOSil
Gottes des Vaters ewi^^es Selbtterkennen i^leich ewig
Seyenile wftre der Sohn iip neDoen , so dafe )Kwei einander
gleiche PersiMien ein Ego^ md ein AUer^Ego der
ewige Gott seyn inufsten.) Wäre die Voraassetzung'
dieser tief^^innigen Deduction richtig, clafs nämlich, wenn '
Gott sich selbst als wirklich denke oder anschaue, eben
dumit das Anschauende und das Angeschaute wi« eine
vefschtedene Wirklichkeit oder Snbsistene (Perecm, Wy-
postasis) wirklich seyn müsse, so müfsten nun von Ewig**
keit h^r jene beiden Pej-soneo entweder sich selbst nicht
ferner als wirklich gedacht haben oder es m&fste, so-
imld sie sich ewig wieder daditen , abermata eine gleich
. ewige Pereon in Gottes Wesen da gewesen seyn. Dieser
Versuch , zwt;! oder diei Personen im Gotteswesen plil»
iosophisch denkbar zu machen, müfste demnach viel
weiter führen. Wenn dadurch , dafs das Gotteswesen
lieh seliMt anschaut oder sich selbst offenbart , es wie
Vater und wie Sohn ist und nun wegen dieser Unter-
scheidung ewig zwei Personen als Gült subsistirten , so
mfifste ja wohl auch die Person Sohn wieder die Person
Vater sich zum Gegenstand des Anschauens oder Den-
kens machen. Auch würde der Vater sich ferner selbst
als Vater* und der Sohn sich weiteifort als Sohn an-
schauen müssen. Sind aber durch die Selbstanschauung
Gottes zwei Personen ge\^«orden, so mfifste ja wohl
durcii die Selbstanschauuog des Vaters auch wieder etwas
liemonlich^subsistirendes und ebenso durch die unver«-
meidltche Selbstanschaunng des Sohns ein persönliches
subsistiren, welches als das Angeschauete sich zum An-
schauenden wie ein Andet-es verhielte. Und wo-
durch sollte speculativ zu bestimmen seyn, dafs die zwei
Personen sieh mit einander nur noch einmal als wirk-
Kdi 20 denken hfitten, und dafs deswegen der Geisi
die dritte Person in der Gottheit wäre? Wo ftndd die
philosophische Speculation überhanpt gleichsam eine
Grenzbestimmung, dafs jenes göttliche Denken seiner
Selbst nur drei PerMb^ und nicht mehrere in seinem
^igen Seyn ewig zu Verwirklichen h^tte?
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Dr. Grimm , vom nkblalexandrio. lirapr. 4. der Wcisheii.
Dr. Marheinecke schrieb im §. 169. seiner Grond-
lehren der cbristlicheo Dogmatik (Berlin 1819.) „indem
6o4t «ich selbst erkeoneod nioh gleichsam
selbst objectiTirt, ist dieser Andere, der sein roil-
koinine08te8 Gegeobild ist, selbst wiederum doch nur
aus ihm. Mithin sind zwar Bei ci e als Geg;enstand
und Grund, nicht aber dem Wesen nach ver»
schieden." Dasa kommt^ dafs, ungeachtet eine dritte
Person gar nicht nrcbristllch ist (denn das Heilig»
geistige in der Taufformel ist urchristlich nirgeads
als eine Person gelehrt!), und ungeachtet ein nvevua
' als Person, wie 6 Aoyocy nicht einmal alexandrinisch,
auch nicht vom johanneischen Prologisteo ons ftberiiefert
^t , sondern bekanntlich nur kirchlich und später ange-
nommen wurde, doch die Speculation auch dieses 3^
rechtfertigen oder vielmehr aus sich selber tu deducireo
versucht Und wie Dies? Man mufste wohl« da die
Heiligkeit das disiinctive Prädicatdes Pnenma, wet-
. ches der chrtstlicheTänfli ng anzverkennen erinnert wnrdS)
erwarten, dafs das Heilige im Verhältnifs des Vaters
und Sohns gegeneinander, als der Grund der dritten Per-
son 8|ieculativisch zu entdecken seya möchte. Aber nein!
Der ewige Vater und Sohn soll auch ein ewiges Dritte«
durch die ewige Liebe innerhalb des gdttli*
chen Wesens so splrirt haben, dafs der Geist als die
dritte Person eigenthümlich und hypostatisch sej. S. eben-
daselbst §. 469 und 472. Welch willkuhrliche Fictioa,
da in Beziehung auf das heilige Pnenma nie m "der
Bibel von der Liebe, die zwischen Gott Vater und
dem Gottessohn Jesus ist, ein Wort gesagt wird.
Wäre aber dennoch dieses zweimalige Objectiviren
durch die Speculation philosophisch begründet, somifste
man an diese so viel wissende Enldeckungsknast aar
noch die Frage richten; wie sie denn darzuthon ver*
möge, dais' nicht nach ihnlicher Weise jene drei Pef^
sonen des göttlichen Weseos sich selbst noch einmal ob-
jectiviren mufsten, um jetzt — etwa die Wahrheit
ails das ewige Erzengniis des Vaters, Sohns und Geist«
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Dr. Grimm, vom Dtchtalexandrin. Utgyr. d. B. der Weisheit. 105S
ebenfaUs im Gotteswesen hypostatisch zu machen; be-
sonders da neuerdings ein so grofses Gewicht auf das
Wort J esu gelegt wird^ dafser* yy Ich bin die Wahr-
heil" nach Joh. 14, 6. ausgerufen habe, wodurch
rieh für die wesenlHc^he Wahrheit wie Gott er-
klärt haben soll. Wäre dies, würde wohl ebendie-
selbe Speculation wenig;stens noch zwei weitere Personen
mit gleichem Reclit anzunehmen haben« lienn nach der
«Dgefuhrten iSteile hatte Jesus zuerst gesagt: ,,lch bin
der Weg,** alsdann: „und die Wahrheit i** und ebenso
endlioh : „ auch d a s L e b e n." Oder sollte es etwa dieser
speculativen Philosophie schwerer werden, einen we-
sentlichen Weg und ein wesentliches Leben zu denken,
als eine wesentliche Wahrheit oder als einen Geist, der.
TOO Vater und Sohn persönlich nnlersehieden Wflre,
ungeachtet doch gemfk Gott Vater ein ewiger Geist ge-
wesen seyn muft und als solcher nicht von sioh selbst
unterscheid bar seyn ka nn.
Nur weil die dogmatischen sowohl als die spe-
culativen (das was so sej'n inufs, von oben herab er-
schauenden) Hyperphysiker fast imoier an die Intel-
ligenz (= das denkende Erkennen oder Wissen) allein^
nicht aber auch an das Wollen oder die innigste
Selbstbestimmungskraft zu denken pflegen, wird
es erklärbar, warum man nicht neben der zur besondern
Person gemachten Intelligenz, dem Logos, auch als
dne dritte Person den Willen (die ßovXn oder evdo'
xta) quasi - philosophirend aufstellte« Da der Wille
Gottes ohne Zweifel eine heilige Geisteskraft ist,
so würde es für die speculativen Kenner dessen, was in
Gott ewig sejn mufs, räthlicher und um vieles wahr-
scheinlicher sejn , auf die dritte Hypostase durch Per-
eonificirung des heiligen Willens, darin Vater und
Sohn seyn mufe, hinznleiten, da ^ das heilige
Pneuma ans der Liebe zwischen Vater und Sehn zu
deduciren, nicht einmal in den Prädicaten des Hagion
Pneuma einen Schein von Anhaltnng hat. — — Wieviel
anders und besser würde sioh dbeihaupt das vermeii^.
Digitized
liehe theologische Wissen aogefuilt und g>eslahet haben,
wenn die Tiefsinoig'en mehr an das Wollen und
Sollea des Guten gedacht, und nicht blos aof der
^inen Seile Ober dem eilmäohligen Deakeiif arf
der andern über dem Böeewollen wie brütend ge-
sessen hätten, so dafs ihr, den aHf^in^uten Gott Vater
fast vergesi!iendes Sj^stem , neben dem nur durch lolelii-
genz schaffenden Logos den leidigen Diabolos ai«
nbeolnt böaen Willen 'zum HaHpigegenetaad bei
Genug ! Dieee vermeintlieh speculative VerwicklitD*
geu höreii von selbst auf, sobald mit historischer En*
denz anerkannt ist, dafs vom Logos als einer weltschaf-
feoden Person Jeeiia eeldfit nichts gesagt hat , der alexaa*
driniache Logos aber nur , weil vorher die Weiebeit
Gottee dichterisch pereonificirt war, endlich ale eiae
wirkliche Person gedacht worden ist, ohne dafs für diesen
durch damalige speculative Dogmatiker gewagten Sat2
eine Art von Offenbarung nachgewiesen werden kann.
Dr. Marbeinecke hat awar in der „vdlUg Mi
anagearbeitetea Auflage -aeiner Grvadlehf en der ebrist-
liehen Dogmatik'' die den Bejsatz : „als Wissenschaft''
erhalten hat, die beiden oben angeführten Stei-
len (wir wissen nicht, nach welcher Inspiration eiues
beeeern Wiasene?) weggelassen« in Wabrbeil ab#r
flichis ▼erbeaeert Denn nonmehr erkllirt §.208: „Weno
Gott in seiner innern Offenbarung betrachtet werde als
Denken rein für sich , nur sich darin vernehmend, so
sey er Vernunft zsz koyog , vorgestellt als Soho."
JBtne Krfciimng, die man im Altertham von Seiten der
Kirche an verkeiaem beliebt hat, in sofern der wegey
ADmarslicbkeit verbafste Bischof vonSamosata sich Vater,
Logos und heil. Geist als drei Kräfte im Gotleswesea
zu denken beschuldigt war. Dieser Verketaerung weicht
der §.210« dadurch aus, dalli der Sohn ein Anderer
ganaaal wird, ta welchem sich das Weean (GoM^)
aelbet anschaue« als daa Wissen Sei-Ues Wesens bi
sich selbst unmittelbar zurückgehe und in der Bewegun|(
au seinem andern Seya j(8icb) zugleich sieh fi^iM
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Dr, Grtain, Tom nicbtalci^ndriii. Ur»pr. d. B. der Wciiheit. 105$
l^leich mache« Diesem üele Speculiren — oder lline'm-
Bchaueo in das, was durch Gottes ewig^ AnKchaueii
ftioer selbst in GoU ewig b^o und sich bewegen raOsse —
mögen wohl Die vereteheo , welche sich ihres Verstandes
mehr, als es mir gelungen ist, entäufsert und ent-
selbstigt haben. Doch verstehe ich glücklicher Weise
noch soviel, dafs auf jeden Fall auch dieser neuausgear-
bsiteten Dognuitik ah speculativer Wissenschaft^ d^
Sohn wie ein Anderer (also imaernooh, wie ein
Mer-ego des Vaters) geblieben ist, wenn gleich er
jetzt auch als Vernunft dargestellt \\ird5 und doch
die Vernunft ohne Zweifel in Gott selbst ewig se^o mufs
aad nicht, als otyectivirt, siir nnterschddbaren Person
werden kann.
Man kann nicht anders, als über diese erkQnstelten
Widerspruche um so ^mehr erstaunen, weil sie doch,
nach <lein eigenen ßekenntnifs in §.426, nicht einmal
sia- biblisch aufgegebenes Rätbsel, sondern nur ein
kirchlich selbstgemachtes sind. Denn S. 863.
wird (ganz leise) das Bekenntnifs abgel^t: ^Wer die
Wahrlieit ^on der Einheit Gottes in drei Personen nicht
zunächst aus dem Unterricht, dem Wissen und Glau-
ben der Kirche habe, den könne die heil.^chrift
an und filr sich dieselbe nicht lehren, obgleich
sie ihr nichts weniger, als fremd sey. Matth. 28, 19.
2 Kor. 13, 13. Joli. 15,26. „Der Geist sey es, wel-
- eher Gott als den dreieinigen schon im alten ßunde,
obgleich noch verborgen, erkennen gelehrt habe;., ins
neuen Bunde habe er ihn viel klarer und nnverkennbarer
geoffenbart; in der Kirche aber erst diese Lehre
in die Form des Wissen s erhüben, jedoch auf
eine zwar nie der abstracten^ Vorstellung,
' aljier dem Begriff vollkommen genügende Weise.
Vier blichst sonderbare Gradationen-! Dort wo die
Kinder der ersten Offenbarungsseilen noch am wenigsten
eine Lehre zu erratlien vermochten, und also, dafs sie
ihnen recht bestimmt ausgesprochen worden wäre, be-
durft hätten, soll sie ihnen gelehrt, aber noch ver*
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Dr. Griiuiu, vom nichtalexandrin. Urspr. d. B. der Weisheit
borgen zu erkennen geg-eben worden seyn Ein
Erkenneniehrea, das doch eia verborgenes sey,
begreift nuo freilich wieder der arme Versteod* git
nichl !
Die zweite Gradation wSre, dafs Gott als der Drei-
einige im neuen Bunde durch den Geist viel klarer und
unverkennbarer geoiieabart sey. Dennoch weifs gewifs
Dr. M. eben so wenig, als z. B. det ehrwürdige Knapf
in seiner Dogmatik» eine Btbelstelle anzugeben, in wel<*
eher Gott Vater als eine besondere Person und nicht als
Gott überhaupt verständen werden mQf^ite. Eben so ge-
wifs ist biblisch keine Stelle nachzuweisen, wo das Prih
dfcat des lebendigen Gottessohns etwas anderes , als-des
Messias nach der Verwandtschaft seines Wis-
sens nnd Wöliens mit Gott bedeute, wie der ju-
dische Hohepriester Matth. 26, 63. dif^ses Wort ge-
braucht und so gebraucht hat, dafs es auch Jesus selbst
V. 64. durch ein „Wie Du sagst ' von sich bejaht and
nicht' anders erklärt hat.
Die dritte Gradation ist freilich wichtig. Nur dU
Kirche und diese erst, nachdem man 3 Jahrhunderffe
hindurch nichts Bestimmtes gewufst, sondern nur man-
cherlei Erklärungsversuche gemacht hatte, brachte es
endlich dahin , dafs der Lögos in das GotCeswesen zu*
rOckgedacht und auch die Unterordnung der zwei andern
Personen unter den Vater alhnählig in eine i^arität vef-
wandelt wurde. Ist denn aber nun dem Protestanten
die Kirche eine Off enbareriu Ton Lehren, die „der
Bibel nur nicht fremd" wären? Känn die Kirche
Geheimniftlehren , die anders nicht als wenn sie geoffisn»
hart sind, den Menschen bekannt sejn können, dennoch
wissen, ohne dais die Bibel sie deutlich, als geoffenbart,
enthält? Und war es denn wahrhaftig der Geist?
odervielmehr nach der klaren Kirchengd^chichte , die
Mächt der Hoftheologir, was eine Zeiuang alle WaR
arianiscii, endlich aber doch homousianisch machtet
euer B9§€kluf8 folgt,}.
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\°. 67. ilEIDELB. JAHRa o. LITERATUR. 1833.
9t. Qrim m, vom fdchidlexandrm9chen Ursprung des
BucJis der Weisheit
(BetchlufB.)
Ein grofses Glück aber oiiife es sejro, dafs die
Kirche diese Lehre Bwar viel beitiiiMBter nd begreif-
eher ftte die Bibel geoSmlmt hat- und eie doch nie
tof ei De der abstracten Vorsteliuog genügende Weise zu
geben Termochte. Denn daher stehen jetzt dergleichen
^eculativ- philosophische Theologea auf der vierten
Dad hdchsten Stufe, am jenes Dreieinige als ein
Philoeopbem cv oflEenbarent das ihre Vernvnfk nodi weit
bmer zu objectiviren wisse ^ als selbst die Kirche, die
es doch besser, als die Bibel vermocht hatte.
Zur nöthigsten Beleuchtuog aber für diese speculative
Gebeimnirsoffenbarnng isl wenigstens noch an berühreii,
darch welche tiefsinnigste Einsichten der qpecnlative
Wisser an Berlin seit 1827. — diese* viert» Stnfe
seiner abstracten Vorstellung von den drei Personen in
dem Einen göttlichen Wesen erstiegen hat.
Sein §. 205. schickt als eine grofse Entdeckung voraus,
dtfi) ^in der wahren Religion die Mehrheit nicht
mehr die Negation der Einheit, sondern die
Differenz sey und dafs die Eiaheit nicht mehr
die Negation der Mehrheit ^ey, sondern die
Identität des Unterschiedenen.'' Höret, ieseti
snd leset wieder« was diese viererlei Sätze bedenten
sollen. Allerdings klinge sie^ durch ihre Sdiallworte
▼on Negationsdifferenz und Identität , zum Erstaunen tle&
sinnig. Aber warum suchen sich doch Die, welche sol-
chen Klingklaog anhören oder ies^n, nicht ohne Stannen
deutlich zu machivif was denn eigentlich dadurch ? und
ob damit Wahres oder baarer Unsinn gesagt w^rde? Wir
wollen das Gewirr entwiokehi. Hat denn je ehi Terstln-
UVL Jahrg. Ii. lieft. CT
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Iiis Dr. Chrfami, Tom nushtttleMiufariii» Unpr« B. il«r Wewbeit
diger Mensch gdDQiat : 9»die Mehrheit sey eine
Negation/der Einheit?" Hat erät die fiS^geDaaBte
Begriffsphilosophie uns Uebrige von diesem M iisbe-
griff befreit? oder hat nur sie selbst erst den IVJifs-
begriff erfunden, wie wenn irgend einem Denker das
Weaentliche der Mehrheit Inder ,,Negalion'* der
Einheit m bestehen scheinen könnte f Werniclit obstu-
pescirt ist , wird so/v^ieich sagen : Die Mehrheit ist — *
weder in der Religion noch sonst — Negation fler Ein-
heit ; Mehrlieit kl überall nicht durch ein Verneinen der
Einheit; deaa Mehrheit ist Yielaaehv ein Wieder*,
holen, ein Denicon vnd Wiederdenken der
Einheit!! Ebenso ist umgekehrt weder in der wahrea
Religio», noch in irgend einem Denken — die Ein-
heit Negation der Mehrheit» Wenn mau die
. Mehrheil nei^rte-, an hlMbe niehteltwa die Einheit, Sen-
dern es bleibt das Hebe „BOehls;' Ke Einheit aber
ist yielmehr immer die „Wursel" der Mehrheit;
denn durch 1 und 1, ist Mehrheit.
Eben ^ unrichtig ist die vermeintliche Begriffsbe-
etimniiii|^9 laut welelier. die Mehrheit die Diffe-
renn dter Einheit seTn soli* kt denn die Meiivhelt
dadurch, dafe in der Einheit eines tohi andern unter-
schieden wird , also das Eins gleichsam in Theile getheilt
werden kann? Vielmehr sobald irgend eine Grofse,
ohne andere Beeiehung gesetzt wird, ist Einheit gesetit
B i n h eil iet^dar erste Begriff bei jeder Grüfte, hi sefero
rie gesetat rnid nteht wiederhelt wird ist also
keineswe^ ,,die (dentitat d es Unterschied enen-"
Denn wenn Einheit gedacht wird , geht kein Unterschei-
den Toraus; viehaehr ist das Eine immer das Erste. N«r
wenn es wieder gedacht wird^ wd nmm A ven A an-
tersehmlet^ so entsteht« aladann dl«i DIfferemf,
wegen welcher eine Mehrheit zu denken ist.
Traurig ist's, dafs dergleichen specuiative Verwir-
rungen den Verständigen zu d^gleiohen Auseinander-
setzung hoehtralmider Iradiimw . nadrigeo ^ weil die
Zeiterfidmmg seigt , dnfe gar m vidb^ » Genandeakflo
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ftr. Orim, vom Bichtekianiiiii« Urtpr. d. B» der Weiiheit. IW)
ungeübt, dergleichen speculative Prämissen wie Grund-
wahrheiten anstaunen, die ja wohl wahr se^n niUrstea,
weil sie, so kategorisch avigeipieolMi, über allen Ver-
stand wdi iD da« Ueberver^äodife hinaus gehen aollaa.
Allerdings «imliob yarsteht eine grofse Mehrheit der
seit ungefähr zwei Decennien Nachgebildeten nicht mehr,
was sie sonst wohl verstanden hätte, jetzt aber nur so
gaoz dumpf anschaul« seit .der hochfliegettde Ueberver-
•tead der Spmlalioo , sich den Tiid Vermnift f&r s«ne
spitsflodlge BegriflgfKrmmuigeD «nmfeead, das Ver-
Ständigsejri und die Uebung in Zerlegung und Prüfung
der Begriffe, wie etwas Niederträchtige» | in Verrufne-
bffaohi hat
Bioam s^lohen apecaialiven Dogmatiker iai nao fimüeh
daran gelegen , dafc ainh der gläubige Shhärar dareden
hsse: die Einheit sey Identität des Unterschiedenen. Denn
Wenn dies so wäre, so könnte er alsdann 1,2,3 Per-
sonen als unterschieden angeben und doch behaupten,
dafs daduroh dia JBiaheit, weil al« ideaütät des Untere
•ohiadeaM nsy, gnr nicht gestdrt iperde. Dnhar wird
es ihm ein leichtes, a6 jene Prämissen mit gr<Aer Zu-
versicht seine „Dreiheit in der Einheit anzuliängen« So
Dr. M. Man höre und erwäge. „In der christlichen
Religiitot' §agt Er, „ist Gott in aeiner abstracten
Uaterneliiadatoaighoit und grundlosen Uamitlei*
barlEeit torgeateilt als Vaten Er ist in der Un-
terscheidung seiner von sieh unendlich mit
sich identisch = Gott in Gott!**
Soll nicht auch diesen Misciimaseh, wer noch seinen
Vaiiland ifevittet hat , ein inschen ansainanderiayen V
Was heHM denn 'dies: ^, ünteiaelieidnng Safawr Ten
Sich?" Wer, wenn er nicht ein Doppelgänger ist,
kann, auch nur im Denken, sich ^on sich selber so unter-
scheiden , dafs dadurch Einer und — ein Änderer
wflrdef Bin. fielst, ein selbstbewufstea leh^ mag aicli
als ein fisttnan «nd dinn aveh naidi aatnen veancUededalan
Kräften und Deziehvngeir bctrachic» 9 aber weiin n. B.
der Geifil sitb selbst von seinem Denken oder Wollen
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1000 Dr. Grimm, vom niehtalexandrin. Urspr. d. B. der Weiiheit
oder Wirken onlei^heiflet, so unterscheidet er nicht
sich von sich selbst, sondern ^ine oder die andere seiner
Kräfte betraehtet er, in sofern sie von den übrigen vef-
iehleden ist iedm soioko Kraft ia| atsdcnn mit den aar
dem ia dem Einen Wesen, ^s sie aasmachen; ni»-
mand aber kann sagen ^ wenn die Vernunft oder der
Wille vom Geist unterschieden wird, da£s alsdann doch
der ,,Geist im Geiste** acgr^ wie Dr. M. behaupten
will, 4bü Gott in Ooll aay, weaa GoU als Vater fich
▼oe aicli aalber MimciMid«- wid decA nneodlich ndft
sich identisch bleibe. *
Der speculative Wortkünstler versteht hier nicht ein-
mal sein eigeoes fijwtefli^ Kaob dieaaai ist Vater die
Bezaieheynif einer • Per ees, eisch eioea Unter-
acheidbifteBt- CtdH,^ Ibier beHaohlet, ist also niobt
in einer abstracten Unteischiedslosigkeit.
Denn wie wird Gott, nach diesem speculativen 8;ystein,
Vater? Gerade dadurch , daüs Gett-aioli aeibar anschaat
«hI min iieh ala den Ansohaveodas vee dem Aageachanten
ebatrtoi untamAieidet Omnafii^wirB gerade daa Ge*
gentheil von Dem su sagen, was Dr. M. — in seinen
Wortformeln sich selbst verlierend, so hingesch rieben
hat. Gott ist (in dem System) als Vater vorgestellt —
gerade wegen seiner abslMelett „Unter-
acheMImrfceH^'* dmr^ welche er^ vfioh-aeltei tn-
aefalNieBid, dicpea angoseliiMrte Seibat' ab Sohn betraeUol
und daher l^iler ist , weil Er , der sich selbst Ab-
schaoeade, dadmrcli sich zum Sehn hat (oder haboo
Wenn ^mm diei nach dem Sjafem te -lal» ao kaaa
man , , damaalbea gemilk, nieht sagen t Oeit iai in
Gott^ sondern: der Vater und der Soho ist in Gott
Denn der sich, selbst Anschauende und dc^ Objectivirte
oder Angeschaute (Gott) ist in dieser Unterscheifinag
dennoeh Aar nüjaJiiobe Ge^tt DacUvob wäre daoo
niohtm 4ee>S^» 4^ waarflWie U«leinQliM in dar
mendlMien4dMili4^ Vielmehr iaI 4er Vnter, als
Person, jobei* so sehKiwiorderi Sohn Goties des Vaten
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Dr. OffiBim, Tom nichtalexandrin. Unpr. d. ü. der VVeüheii. 1061
auch der unendliche (oSmIich persönliche) Unterschied
in der unendlicbeo Ideotität (nämlich der GoUein-
keit). Oer Eine WMenlilebe €tott onlendiflidet sich
ak Vater (oder als dm sich ielbst Ansohaoewien) ehern
m sehr Ton dem angeschauten Selbst oder dem Sohn,
als der Sohn für unendlich oder ewig unterschieden
gelten mufs.
Dadurch aber wird dem «neh nicht „Gott ava
Gett/' vietmehr «ird Dir Vater aad Sohn atia
Gott, wenn der stell selbei anselMNiaiide Gott deswegen
Vater ist , \i'eil der von ihm Angeschaute als Sohn zu
betrachten seyn soll.
Das dritte speculative Spiel wevh «über den Geist als
Person iai noch amMkrbarer; und aehen der JieiL Baal-*
lins war, wie bekimil, nieht mnsonsl Iber der Per-
sönlichkeit des Geistes in grofser Veriegenheit, da
Gott an sich absolut Geist und heilig seya mufs und
folglich kau» w aageo ist, wie er als eine dritte
Person In eineui mteradieidlMiren fiHnn Geial aegmsidL
Dr. ML aehrelblt ,,Goit aber, dieldeatittt der Iden-
tität nnd Difi^erenz, ist vorgestellt als Geist Er ist Der
in und aus Gott Seyende und so für sich.
In der wahren iieligion, welches die Gbriatliohe ist,
sffenbaH »eh Göll als der 'Dreieinige."
Wie »ttssen wir dies, nm nIeht bloÜM Wette m baben^
entwirren und verstehen, dafe Gott sey *dlie Iden-
tität der Identität und Differenz?** Allerdings
ist der sich Selbst Anschauende nnd der angeschaute
Selbst (dem Worte nach) nur in einem Schein von
Dl i f « r en 8. Denn wer sich aelbsl ansehnnt , der»bleibt
gewifs Er Selbst, nnd wird dadurch nieki-ein Andmr.
Wenn also der Unterschied zwischen Vater und Sohn auf
diesem Ans<äiauen und Angeschautseyn beruhete, so wäre
dadurch in'^r Identität nicht das Geriogete feiadart,
nnd d^r siieciriatfTe Philosoph aoMa acliDn dam ge-
wShbt seyn, w4l*-80 oft nnd* Viel gesagt ist, daft der
Vorstellende und das Vorgestellte, Subjekt und Objekt,
Eines und ebendasselbe sey. Dies ist wenigstens alsdann
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1062 Or. Grimm, toih nichtalexaiidriii. Urvpr. 4. B. Wtltk«ft
durchaus wahr, wenn der Vorstellende sich sich selber
zum Objekt macht Die Differenz ist Vater und
Soha Diese Differenz aber ist nur durch eine Selbst«
«DterscheMug des Selbei tob eich aelbst, dee sieh selbst
ansohanendeB von 0ieh dem edbetairg^eMiiaalen Selbst.
Diese Differenz ist demnach immer Identität. Ihr Sinn
ist: der Eine Gott ist Vater und Sohn! Wie aber nun
eio Dritter, ein persönlich davon untersoheidbarer ? und
Bwar eitt heiliger Geist 9 Wie eoil dieser TonCtott, Aera
vollkommenen G^lit, in eine Diflereas zu brinfen eejoT
Ist nicht yieliiiehr Gott, der ToUkommene Geist, die
höchste Itlentität der (an|5fenommenen) persönlichen Dif-
ferenz , die das System Vater und Sohn nennt ?. Dr. M. aber
ist noch ebinud wider sich selhel oder wider eein Syslemi
indem er die diftle Person , den QMst , dadnrch gezeigt
haben will, dafs Dieser die Identität der Identität und Dif-
ferenz in Gott sey. Der in Gott Seyende ist in diesem
System der Vater , der aus Gott Seyende ist der Sohn.
Diese beide sind and bleiben identisch sa Gott'eelbsti
Am sich Selbst nnschanende nnd der angeeokaale Selbsi
Also i0t die Auflösung dieser Differenz in die Identitit
als Gott unmöglich ein Grund einer dritten Person, die
der heilige Geist seyn soll. Denn dieser soll ja wohl aus
Vater und Sohn ansgehen, aber nicht Vater und SoIm
seyn. Br coli aach nichi ihre Diffievens oder Unter-
soheidbafkeit anflieben nnd in Identität verwandt, ▼iefr-
mehr soll er selbst ein Dritter, ein Unterscheidbarer
seyn.
In H^iefern er ein Dritter sey, gerade dies ist in det
Schrift immor angedeutet, indem er der Heilige
oder Hefligwollende genannt wivi. Wobb efoo
alle diese Künsteleien, die allerding^s, wie Dr. M. seihst
bekennen miifs, n?jr eine Oflenbarung (nicht der — leider
unmündigen — M.irche, sondern) derjenigen Kirchenväter
ist , welche am Bade , -nicht durch den Chisi fiotlas,
eondern dnrrii die nietet hervsehenden HofftiiriMre herr-
schend geworden und die Meinungsherrsch^rin geblieben
ist Woau also die Verschwendung all «Ucser specalativeo
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Or. GfflMi« vom aiditftlexaiMliiii. Unpr. d. B. der Weiibeit. MI
Verwieklttogen uod Widerspiildhet um nnr das Rilri«
fltiBCh- kirchliche gegen da§ Biblische flur Diejenigen
noch eine Zeitlang scheinbar zu machen , die durch der-
gleichen Wort- uodBegriffiiineagerei, wie durch ein tiefet
Ocaim, stauneod oder gar atepid gemacht werdeaküDDea.
Liaan wir all daa Garede toq Diffarans, dia doch
Mandtftt aey, und sogar Ton Ideatität der Identität und
Differenz, in Das auf, was dadurch g:esagt seyn soll, so
ist durch die schwerverständlichsten Aitötrengungan der
SpaouialiiHi nichts gesagt, ak nra^ liligst, oliae dafs aa
ifgaad jemand ac|iwtadala mucbl^ ala baare, klare
biUische nod veniOBftige und wohlveratftadlicha Wahr-
heit erkennbar wurde und von Vielen in jeder Kirche
erkannt ist. Die biblische Dreiheit ist unverkenn-
bar. Es ist duicfagäagig der naialicba Gott, wel-
ahor ala Vater Terehrt wird, weil allea durdi Um*
bt, weil foaaondera die Geister, seine Sühne aeyn oder
werden sollen, und weil der Messias Jesus im vorzüglichen
SioD sein geistiger Sohn war. in eben diesem nach Joh.
17, 3. aUeinwahren Gott- Vater ist aber vorzüglich zu ver-
ehraoaaioe ailwallMde Waiabeit iiadaiine heilige
Wilieaakraft» Dieae werden In der UbUachen Sprache
oft personificirt. Durch sie beide ist Gott „Geist'*
= vollkommen wissend und vollkommen Avollend. Nur
ist sein «Geiat, ^der besser: „ßr als Geist'' nicht
oa Dritles, aeodem Gott iat \«el8)ieitmist ond Heilig*
kailageiat ria ü^n und ebenderselbe Golt u%d i^toIU
kommner Vater im Himmel." Matth. 5, 48.
Dafs aber das vollkommene Wiss^ vollends ^^fanz wie
eine Peraoa gedacht worden ist, dies bat nur die nüfin
langene, unkritische Specnlation oder Pseudonymoa
Cbmie dei^AleKandriBer und der Uber Jean Setbataohil-
demng hinausgehende {ohanneische Prologtst zu rechir
fertigen oder zu verantworten. Möchte also doch ja nie
weiter behauptet werden, dais Dies „zur wahren Reli-*
gieo gebiie,*' oder gar daa Wahreate in dem Christen-
Anm aey» Weift man doekunr nUsaaefar, dnreh weldie
geistlose , den Stot durch die Kiroiie mrvMtepde Pbäm^
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und HoftchraDzenkinipfe es kirchlich geworden i§t Niin»
meiir aber verursacht es einen grofseo Theil der leidigea
Unkirchlichkeit , die sich weder durch eio Gebieten
. noch durch eio Veraiuoimen jener uobAbUscben Kirchea-
gDods Torbeesern «ad ia Liebe dessen, was oieht kirch*
lieh sejra^ sollte 9 imiwsDdelo Itfst. So yerkÜDstelt und
über allea VerstaDd hinausstrebend, jene — nur patri-
stisch- kirchliche — Lehrverwickiongen des 3. 4. &ten
Jahrbaucieris «osere speculativeo Köpfe zu werden ver-
führen, so euifsohiist der biblische &m über eine Trias
(Dreiheil) Gottes 'nod^deren Verbindnog mit dem Logos
ia Jesus. Einfachheit aber ist der Ciiarakter der Wahr«
heit, besonders der Ar Alle nöthigeni der reli«
giösen.
Die Philosophie^ mteir dem Mei^Beo einer wie von
oben heeab (quari i spemUa md jmt upeeula) alles,
was in Gott and aufser ihm seyn müsse, erschauenden
Speculation ist auf dem Wege, sogar in Auslegung und
Ausschmückung von .Kirchenmeinungen, welche in den
Zeitan des Sinkens und Fallens de^ wissenschaftlichen
und Isfhüiseliep Geistesbildung Ober die biblisoh*chris>»
liehen Religionslehren Imausgehen wdlten, sieh Ton
jener Einfachheit des Wahren in's Unabseh-
bare zu verlaufen. Um so mehr ist es die Anf-
g;abo und das Verdienst geschichtlicher ^ pluhilofisoh
«nd psycbologisoh« begrOndetor Fofsehn^pen« theils dss
mdi^gbjatFaoltisehet wiedasUnblblisohe, leider, kiroh«
lieh geworden ist , aachzuweisen , theils aber auch daran
zu erinnern , dafs am Ende doch alle jene speculativ er-
kdnslelAs Biaiektik keineswegs eine Vertheidiguog dessen
«t, wtts jene kirohlicheo SKtne behaupiMi. Cted doeh
diese niebl dnroh Vernunft und Ideen glaoUid» f*w»«
den, sondern nur als eine durch bischöfliche und höfiscbe
Intriken der Kirche aufgezwungene Giaubcnstradition so
lange noch fortdauernd, als man die klare Wabriieit ans»
snnproohoo und das Uoihristentbuiii. durch W^gremigasf
dar patristiseheafSstionon'md MeinungsfclBsto wimlsr*
zustellen Scheue hat Was iiUf t die T i us c hu n g , dss
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Ar. flfffaw, TO« aielitftl«kBa«lrui. Uispr. d. B, 4er Weiibtit. IMi
Kircheatuiii fiailureh erhalten zu wolleo, dafs man
Dogmen eioen Sinn aosukünsteln versucht, den die Kirche
nie gehabt, nie beabsichtigt hat? Waa kann es auf die
Dauer helfen, wem man Idealiiatorphilbw^hieD VDd tpa-
eaiative BegriflB^piele dadsrcb sw empfehlen iuchl, da(s
darin die Worte Dreieinigkeit, Versöhnung u. s. w. in
einem völlig unkirchlichen Sinn wiederscballen , in der
Menge aber doch das unbiblisch- aberglaubige gangbar er-
ballen, und deoUebergwgio dasUrchriatentbumf s,B.
dem besser uaterriehteten Judkn oder dem den reinen Leh«
reo Jesu redlich ergebenen Theisten sichvverci jiiachen?
Auch um der dogmatischen Anwendung willen war
es demnach wohl der Mähe werth, dafs der Verf. einen
aeueii Pleifs a«f das apokiyphische Weisbeitebuch wen-
dete. Um&At nnn nfimlich dmr GManhengang und den
Ton desselben ganz, so kann nirgends her deutlicher
werden, wie allmähüg in der Phantasie jener Zeit das
Personificiren der l^^ea in Gott dem Verwandeln jener
Gottedkmft in eine wirUiehe Person ganz nahe kam.
Wo der «Ite Ver£ noch an das Feminkmm ^^Weisheit''
denkt, da ist sie ihm nor eine Beisitzerin, eine Midebendo
bei Gott, in welcher er aber doch schon, wie in einer
Person, ein eigenes itvEVfta zu denken versucht So-
bald er aber ^as Masculinum Ao^'o^ dafür substituirft,
SS winl ihm dieser (aber freilieh nicht dnrch Philoso-
phiren, sondern nur po^lsch) fast gase -eine Person;
jedoch nicht eine von der Gottheit zu einem auf^^er und
neben Gott bleibenden Subsistiren ausgehende. Die auf-
fallendste Stelle dieser Art ist 18,15. 16. Der Verderber,
welcher die Erstgebornen der Aegyptier in der Ansauge*
neeht getddtet Imbe, ist dem Verf. „der allvermllgeode
l^igos CfOttes — 6 ütavrodvvoifiog Xoyoc tov ^eov — -
welcher vom Himmel, von den herrschenden Thronen
(Gottes) als ein entsdieidender Krieger mitten in das
WS Verdorben, bestimmte Land sprang, als mn scharfes
Schwert tragend den gltttlloben Befehl , dem nicht aW
zuweichen ist. So stund er und erfUIUe dies alles mit
Tod. Er reichte an den Himmel; war aber doch auf
die £rde getreten."
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MS Dr. QtliBiii, tom alehteleiaaififl« Vtvpr. d* B. i«r IMiMi
Für uns Occidcntalen , die wir das populär uad poe-
tisch Gesagte gar zu geroe als dogmatischen Ernst und
GeheimoiAlehre nehmen, sind gerade dergleichen Bei-
spiele am meielea nMiigf, um ans den Uebergang ?om
Peraonifidrai in wirkliche, imterechetdbare Pertonen ab
möglicii und orientalisch gewöhnlich zu zeigen. Ent-
stehen doch auch in unserm Philosophiren viele blos
scheinbare Schwierigkeiten ane der Gewohnheit, allzneft
Vernnoft, Versland, Willen «.s-w. wie Personen eineo^
der gegenüber Bnetellen, woraof dann erst die Gegen-
sätze derselben mit grofser Konst gelöst werden solieu,
während es vielmehr nur Ein Menschengeist ist, der in
all jenen seinen Wirksamkeiten nur mit sich selbst au
thnn hat Eben durch solche historische Nachweisniy
aber, dab die angeblichen Personen, Logoe, Pneums
Hagion, nur aus poetischen Personificationen entstanden
sind, müssen wir uns um so mehr warnen lassen, sie
Dicht wie hyperphysische Wirklichkeiten uns vorzuhal-
ten, deren Nothwendigkeit in Gott die Specnlation sa
erklSren habe, Tornimlich damit .die Kirche, welche de
rieh als Personen kQnstlieh genug ausbilden liefs, da-
durch aber doch nur etwas Patristisches und Unl)ibli-
sches erhalten hat, auf eine scheinbare, den Mystiker
und den Denkscheoen täuschende Weise noch eine Zeit-
lang recht behalte onil nicht vielmehr — dlnrch 8tiU»
sidiweigen ~ davon entwöhnt werde.
Der Verf. berücksichtigt auch noch andere in dem
Weisheitsbuch bemerkbare Lehrmeinnngen als nicht -
alejuindrlnisch. Sobald man einen Logos als einen Geis!
annahm , der alle nur WeltschopAing ndthige Id^n oder
Urblldor ans der Weisheit Gottes in seine Persfolichkell
- herüber erhalten habe, so erschien in diesem Philoso*
phicren Alle«!, was g;eworden ist, auch die Materie, als
eine Emanation der Geistigkeit des Logos , so wie auch
bei den Indern *) alles Gewordene aus den geistigen GM-
*) Ich kann nirbt nndora, als mich nchr wundern, daPB in deu
9, Kosmogonischon Aoaiclit^n iler Inder amd He-
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Or. Griuiiu, vom ntciiialexandrin. Urapr. d. B. der Weisheit. 1061
tern hervorgeht, die sich selber als Körper geslalteil.
Denn wo die Körper, wie bei den loci^ra, nyr für Phä-
mmieiui (fitr tnata, wie sie es neoaen) gehalteo werden,
kann auch das Mat«riett« ah Wirkung oder flenrorbrie*
gung von Geistern gedacht werden. Im Wetdieltflfcveh
hiogegen wird 11, 9. die materielle Welt vorgestellt als
^1 vXrig AfjLopcpov. Sein Verfasser setzte demnach wie
Ilios* 1, 2. das Dasejn einer Erdenmasse voraus, welche
Wiste and grauenvoll da gelegen habe nl9 ein Abgrund ,
fib^ welchem der GeisI Gottes, aimlioh die bildende,
die Elemente dem Chaos herrormfende Denk- und
Wtilenflkrafi Gottes, sich bewegt habe oder die prima
m^rijc gewesen sey* Von Ideen hingegen als von
1>räer,'' von Prof. Johansen zu Kopenhagen (Altona 1S33.)
die Indische Vorttellung, wnlcliB nanli-S. 4. auRdriicklteli sagt:
„Ursprünglich war dieaea AU wir|UI«h Gaiat (Seele, soal)^
ulUin . . Anderea aia er vav nichts da«" mit der alt-
hebräisch cn identificirt werdan aoll, wo doch der Verf. aelbat
sagt , daff« man aus den Worten Genna. 1. and Hiob S6, T. dia
Vorstellung lerne: dafa Daobel dae Weltall amgab, dara
Gewässer exiatiitea (and ein Tehom a-olMTI«la aaA
Breite war, weloliea «)■ aio nfuiitai^ af ttupenJkum TOm Geial
nur bewegt, nicht erseogt wnrdc). Bf enaifch war znerat der
Geist Alles und durch ihn wird allea wie eine Abspiegelung,
die ebendeswegen nur eine Eracheinang ist Aithebr&iieh
ist die Aercz |>ni^ von y)'] (daa Untere, woiaof gegangen'
wird) schon da ala etwas, zu wekhcra der Geist hinzukuiuiiit
und aus welchem Gott nach and nach hUht^ HlmmeUgowölb,
^eerwasser, Gestirne u. s. w. hervorruft und als bestehende
Wirkliehkeitcn an Ort und Sti 11c zu gehen gebietet. Alles diea
emanirt nicht au« Gottes geistiger Substanz, sondern an«
dem Tohu va Oulm oder Tchora. Nur der Menschen g e i s t
wird dem Erdenbild von Gott aus ihm selbst eingehaucht. Was
kann in dieser ersten Inspiration dentlicber seyn. als dieses
Unterscheiden , dafs das Geistige dem Altbebraer aus dem Gei-
•iigcn kam, daa Materielle aber als Mischung vorlag, die nur
des Geistigen zum Scheiden, Herworrulen, Ordnen bedurfte.
r\m Ißt »»"ab. weich seyn, im Tlhcl also Wüicli raachen. ^
Dieg hütte die Ranch Gottes zu bewirken, die Masse tra da-
bei zu machen. (Auch die syriRelio «cdcutnng beruht auf
W e i ah hoi t Dahor ena-britonde Mutterliebe, Mitleiden u. b. w.)
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1MB Dr. Gtinun, «{«hteleuMMa. Utvpr« d. 8^ to WMmH.
wesentlichen Urbildern für alle Arien der
Dinge denkt das Wefsheltsbuch Dichts.
Das Resultat ist, dafs das „Sophia -Buch** also
nicht in die Zeiten za versetzen sey, in weichen die
alexaDdriaische Tbeolegie «Irf die Weise plaioaisirte,
wie wir es am meistea in den Philonischen Sohriftes
finden. Daraus schliefst Hr. Dr. Grimm auf einen pa-
lästinischen Verfasser, der in der makedonischen
Zeit mit griechischer Sprache und Denkart bekannter
geworden eey. la die Uateieclieidaiig tom alexandrini*
sehen Philoniafaren bewogen aveh mich aHe diese Grttnde,
einiaustimmen. Es viäre aber vielleicht ein Drittes noch
wahrscheinlicher.
Das ganze Bach nämlich enthält, wenn ich nicht
irre, ebensowenig, etwas CharaIcierisliBchea anäPalistias,
als ans- Aegypten« .4Seine Hauptrichlnng ist: Volkdbe-
herrscher V die es bald als Könige und Richter, bald ak
«^Ty raunen** anredet; Ivamend aufzuforderu , dafs sie
gerecht regieren, besonders aber das \oUil Gottes, wel-
ches 18, 13. der Sohn Gottes genannt wird, nicht
»ifsliaBilehi saUten« Deswegen wird aa viele «Ite Beispiele
erintteii> Wie Gott die Voreltern als die Rechtha*
bende = Stxatovg immer geschützt und gerettet habe.
Daher die Uinweisungen auf. die ägyptischen Plagen,
die aber doch gar nicht so eingekleidet sind-, wie weaa
Aegypteahiid dem -Besdir^iber naher b^iml gewesen
wäre. atelh aadi die Abgdtieaei überhaupt
meist als Bilderdienst, selten als Thierverehmng , dal
Religion der Söhne Gottes gegenOber.
Es wäre demnach leicht möglich, dafs der Urheber
dieser Abwarnui^en «n - damalige Tyrannen ebensoipiU
anAer CaUMM, ^als avfser Aegypten , folglich ein jft-
disch - griechischer Gelehrter im syrisch- makedonischeo
Reiche, etwa noch vor den Zeiten des Äntiochus Epi-
phanes gewesen seyn möchte , als die Nation durch ihre
aohlimme Lage^ zwischen (Syrien and Aegypten von bei-
derlei heidniseliett Dynastien her manches Tyrannisdieh
doch aber noch niciht so viel zu leiden Iiatte, ak spä-
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Dr. GfiMi, T4MB BiehtelmaMa. Vttpr.'d. B. der Webheit 1M9
terhin zur Makkabäerzeit , auf welche noch keine An-
spielung vorkömmt. Bei einem aus diesem Gesichtspunkt
wiederholten Durchlesen des Weisheitbachs ist mir we- .
aigslcos nichts 5 was dieser Verm«llninf entgegeastfinde^
wäi aber manches Torgehomme« , was mir dadurch er^
klärbarer erscheint Ich unterwerfe diese Ansicht der
Prüfung hauptsächlich deswegen, weil es oft denlJeber-
blick jener Zeitbegebenheiten, und besonders die zeitge-
mabe Ansicht der Ei^tebinifr <*nd Verbfeitnng des Ur*
ehristenthoBM n bindeni aeheint |> daÜEr man nm die Zeit
zwischen Alexander und dem Urchristenthum gewöhnlich
Dur an Palästiaa oder Aegypten denkt, nicht aber zu-
gleich die vom Euphrat an durch Asien und Griechen-
bind bis nach Rom und nach Afrika zerstreute grofl»
Menge meist gräcisslf ander Jndea in Reobanng nimmt,
«oter, denen manches Apokrjphische entstanden seyn
kann, da in der That der Hellenismus der uns bekannten
griechischen Apokryphen und Pseudepigraphen von dem
aeatestamentlieiien Idiom besonders des Matthäus, Petrus^
Jakobns auf mauch^rlei Weise vetschiedeu ist Die Frage
also ist: Sollte nidrt jene unter SalemaMS Namen an
auswärtige Herrscher, als Bedränger des Volks Gottes
gerichtete Abwarnnng, jene Lobpreisung der die „Söhne
Gottes die Juden, immer lehrenden und schützenden
Getteswuisbeit, eb^r antiochaulach;,. 4ds alexan-
driniseli oder palistMnsch sejuV Mau deuke^ wie grofs
die Zahl der Juden zu Antiochia war, in dieser Mutter-
kirche des freieten, panlinischen Urchristenthums, ohne
welches das Christentbum wieder zur Judepsecte (Apg.
Sl, SMh^Sö») herabfesunkeiL wäre und nie das hätte
werden Monan, dessen Forts«hrelte& »ur Welt-
religion—von Ammon so eben, widir und frei-
müth^^ zu scliUdern angelangen hat.
Dn Paulu$.
II »
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IflO Mm, «I ]l<uii« Icgun MUali». Bd. BImü*
I««« l>0t Jtftftoteoriim et HomanaruiB le^ttai CoUmtio*
S cotftd6tt« manittcitpttt Ftnrfoftoiieim tt Fereettenti nt^vt repertit
avfitum Qique emtndatam tdidit, noiU indicihutqu9 iüuttrwH Fri-
derieuM Blume, HamhtitgeMk, m Jeademim Geof^a JhtgtiiU
AtiU90»a9r, 9kign* Brft. Hmnovratfim B9gi ab mtUmk cMt. fitftt'
« a f » lii}Miiatt J^h^ mnt. mUXCXMXUi. JLLFiU m W 8.
Dab die vorliegende Ausgabe der CoHatio sehr
Vieles Vor ihren Torgängerionen voraus-. Iiaben müssei
deutet schoD das Titelblatt derselben ao, wornach hier
zwei, erst seit etwa zehn Jahren bekannte^ Haadschrifteo
derselben benutzt \vordeQ sind.
Die Ausgabe zerfallt in vierTbeile: in Prolegomeoai
den Teit der Collatio mit Anmerkiingen , Bxourans crl-
tid und Ittdices. Die Prolegomena aind in drei Kapitel
eingetheilt, von welchen das erste, de Origme Colla"
tionis öberschrif bpR , von dem Verfasser der Collatio,
. von ihrem Zwecke, von ihrem Titel und von ihrea
Quellen, handelt. ' Es zeigt hier der Hr. Heraosgebsr,
dafe Cnjas keineswegs, wie mait so Mi' behauptete,
(Schütting, Jurisprud. antejust. pag. t2T. not 1.
Zimmern, Gesch. d. röm. Frivatrechts. Tbl. 1. T
Anm. 26. — Schweppe, Rechtsge&ch. 3. Aufl. S. 211.
Anm. 1.) geradezu ^Is gewifs angenoriiroen, dafs der
Jurist Licinius Rufinus der Verfasser der CMttttio
sey, sondern ihn manchmal wohl nnr der Kurze Wegen
so genannt habe, und iiberhaupt von der Wahrheit dieser
Autorschaft nicht überzeugt gewesen s^. Hat doch
schon Pithou in der Vorrede seiner Angabe der Col-
hitla eine solche Absurdität von. sich gewiesen! Dift
sich In Deutschland ein Manuscript def Cöllatttl vorfinde,
welches Licinius Rufinus als Verfasser nenne, steht
zwar in Cujactt Recitat, solemn. äd Pauli Quaest
Hb, XI. I./., wie sie Marq. Freher sechs Jahre nach
dem l\»de ihres Verft. zu FranidiiH herausgegeben iiat;
allein der Hr. OAR. meint, es sey dies woU eher eia
Zusatz von Freher, als eine Erzählung von Cujas,
indem der Letztere , wenn er eine solche l^i'achricht er-
halten hätte» gewifs AUes aufgeboten haben würde, um
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Mm. et Rom. Icgam coUatio. isd. Blurii. mi
di«8 Mamwoiipt oihar besichtiyeii m k^nneo. *) Die
Verfertigung der Collatio setzt der Ilr. Herausgeber an
das Ende des fünften Jahrhunderts und hält es für nicht
unwahrscheiolich 9 dafs der Verfasser derselben ein Cle»
riker gewesen eey« Es habe dee Bueh wohl dazu dienen
sollen, die Ueberelnstimaanng des moiuecben nnd rdmi-
sehen Rechts in*8 Licht zu setzen, um so zu zeigen,
dafs für Christen die Kenntnifs beider von Nutzen sey.
Oafo der ttrsprüngliche Titel des Werks gelautet habe: .
„itemDei, quamDornnm» (Smßeua) dedii adJdojfsen"
damit stimmen nun aneh die vom Hrn. OAR. beniitaten neu
entdeckten Haodsohriften überein; fast alle Ausgaben
der Collatio kennen ihn, wenn sie ihn auch nicht auf
dem Titelblatte führen. Die Stellen des mosaischen Rechts
ttnd, wie der HrtHerantgeber annimmt, vomCompilator
der Collatift entweder ans dem Gedftcbtniise oder ans
irgend einer, une nicht bekannten, griechischen Ueber-
Setzung des Pentateuch entnommen, indem sie sowohl
Ton der Hieronymianischen Uebersetzung als von allen
übrigen bekannten bedeutend abweichen. Die aus dem
römischen Rechte entlehnten Fragmente sind, wie be-
kannt^ nur GMeke ans den fünf im Citirgesefne begün-
stigten Juristen und den drei Codices; Paulus und
Ulpianus sind am meisten benutzt; nächst ihaeu der
Gregorianns Codex. **}
^) Diese Ansicht des Hrn. Hernusfi^eliers scheint dadurch bestätigt
zu werden, dafs der ^an/e Satz, welcher die Erzählung von
jenem in lieutschland befindlichen Mftauscri|ite enthält« in der
Lyoner Ausgabe der Cujasischen Werke ▼on 1614 (Tom. I.
p. IWb) weggelassen worden ist ; über den Gmnd dieser Weg-
fassuRff oiürite jedoch das Verhältnirs dieaer äatgßbo sn der
Frankfurter vom Jahre 159(> entscheiden.
**) Es sey Ref. erlaubt, hier noch herauszuheben, dafs der Hr.
Herausgel^r durch eine scbarfsinniij^e Conjectur einen neuen,
gchlagenden Beweis daffiir beigebracht hat, ialk die Zeit der
Abfassung des Gregorianischen Codex wohl an dto Ende des
dritten oder den Anfang des vierten Jahrhunderts gesetzt werden
müsHe. Es wird nämlich in der Collatio (Tit. I. Kap. 10.) ein
Rescript aus dem Grej^orianischen Codex un|^efübrt; da aber,
* we «MM den Nesen dee reaeribireadeü Kaisers lesen Rollte,
■teht in der Pithee*tehen AnegelM: „Qwd^n dnm,'' in den beiden
neuentdeckten Manuscripteii : „quod ei DiVA'." Der Hr. OAR.
hat nun (vgl. die der Ausgabe beigegebenen Scriptnrae Specim,
Ulf 1.) treulich geieigt, dafs diese Worte unzweifelhaft aus
\
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107t Mm. et RmB. legnm c^Uttlo. VÜL BkuaB»
Im zweiten Kapitel wird von den Mann Scripten
der Collatio gesprochen. Nachdem die Nachrichten über
die Handschriften , welche der Erzbischof Hinkmar
' Ton Rheims, Tilius, Contins und Charondas
gesehm haben, mitgetheilt wordeo, wird TOir derjenigen
gehandelt, nach welcher Peter Pit hon seine Ausgabe
(1573.) veranstaltete. Die Resultate der höchst fleirst-
gen Untersuchung gehen dahin, dafs man nicht weifs,
wo dieses Manuscript gefunden und wohin es später
gebracht worden ist QowiA isl aber, dafs dasselbe
Cujas auf einige Zelt Iberiasson imrd, weicher es mit
einer gedruckten Ausgabe collationirte; dies Cujasische
Exemplar findet sich noch in der Bibliothek der Stadt
Ber n. Es enthielt die Pithou'sob^ Handschrift aufser der
ColbUio nocli das Diotatana da coasiliariis, die Collatio
de tnloribns nnd einige Justinianeipcfae Novellen , hatte
sehr häufig dieselben Fehler and Irrthumer des Abschrei-
bers, wie die beiden neuerlich aufgefundenen Codices,
war aber wohl älter, als.dleief ud am^nile der Collatio
▼oUsl&ndiger.
(#«r B€9€klMf$ folgt)'
^yDwel ei DNN."** «itotandeB •Ind; er glaubt Mu nach ^et**
der Name des Kaiser« Maximiänu» autgefalleii , nnd die übrif^en
drei Zeichen für „dommi nottri^^ zu leaeii seyen. Auch wird
man es wirklich, wenn man die Züge der Handschriften ai- <
■icbt, für sehr leicht möglich halten, daf« aus di ein qu eni-
•taadeii ; dalb tlbet 4 il«in Ab— halber «Ar oft statt el
•etat sey, dafür brinp:t der Hr. Herausgeber mehr«» Beispiele hd.
DaMelbe Rescript Rteht auch im juBtinianeischen Codex (L. 5. C
ad Ug, Com. de »icar. [9, 16.]) und trä^t hier die Namen der
Kaiser Diocletian und Maximian an der Stirnc. Mannte nui
aber OregnrlasM diese Kaiser „ifemAil «efft^^* m nmU «r antsr
ihrer Regiening seinen Codex verfertigt haben ; überdies werden
an einem andern Orte der Collatio (Tie. VI. Kap. 4.) cbenfall"
bei einer Stelle aas diesem Codex dieselben Kaiser ^.nobilianm
Csworet** genannt. Es mag hier nech bemerkt werden , dafsbi
der Cujasischen Ausgabe toq 1586 die Worte: ^^quod n dsal*
num" in den Text aufgenommen sind, am Rande aber ,,/sip'
DiocL ei Maxim.^^ steht; die Ljoner Ausgrabe von 1593 dagegen
läfst die Worte qu, t d. gans weg. Van de Water in seioea
CMiM. Jm. nm. Mb I. 9. IS. (nicht tik. U, wie bei Sc^ltf«
steht) Terwandelte das quod •< in „^uod ett" (es seilte sich aoi
das vorhergehende ,,r€ffcri[ptuiii** hjnsiehen), und wollte in den
Zeichen düm üe Manen dar ffilgpr f^Wesirtiont el Mufi-
mianV') find«««
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I
N*. «a HfiiDELB. JAHRa a LITERATUR 188&
Moa. et Rom. legum eoUatio. Ed. Blumii.
Der Hr. Herausg-eber zeigt ferner, dafs das Manu-
script, weiches als ein Legat von Scaliger in der
Bibliothek zu Lejden aufbewahrt wird , eine von diesem
Gelebrieo verfertigte Abschrift des Pithou sehen Codex
sej; voD dieser Reliqitfe ist aiieb in der jetrigenAnspiba
fiabrauch gemacht. *— Nach diesen Untersuchungen
kommt die Reihe an die beiden erst neulich entdeckten
Manuscripte. Das erste derselben, aus dem eilften Jahr-
I hunderte, wurde Wien inf Herbste des Jahres 1822
, von Hrn. Prof. von LaneizoUe aufgefanden, nnd ist
whon längst Ton Hrn. Geh. Jusl Rath Bxener in der
Zeitschr. für geschieht!. R.Wiss. Bd.* V. S. 338
bis 357 genau beschrieben worden«. Das zweite ent-
deckte der Hr. OAR. Blume selbst im October 1822
io der Bibliothek dei Domkapitels zn VercellL Diese
HandscbriR, deren auch der Hr. GJR. Biener in der
Gesch. der Nov. öfters (S. 72, 229, 234, 605, 606.)
erwähnte, und welche, eben so wie die Wiener (nur
dafs es bei dieser erst in den Addeodis geschah,) schon
ia der zweiten Ausgabe des Veroneser Gajus benutzt wor-
den , ist — wenigstens nach des Hm. Herausgebers Mei-
nung — vor der Mitte des eilften Jahrhunderts verfertigt,
fast ganz ohne Abkürzungen geschrieben, selten mit Gi-
pitalbuchstaben^eziert. Die Handschrift besteht ans
rerschiede.nen l^oilen. Der erste Quatenio, welcher
erst später, wahrsöheinMeh als der ursprQngliche ver<*
Joreo gegang-en war, jedoch von derselben Hand — wie
das Folgende,— geschriebeti , eingeschoben wurde,
fiugi so ans ,^Ine^^uttt mnum regimum et cwäatwnf
m quibus Mfietorum' Apösto^Mn' dtor^ra reqtdes^
cirnt;^^ und kurz darauf steht: ,yIncipU e:Bpo8itio quoi^
UYl. Jahrg. XL Heft. . 68
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1
1074 Mos. et Hoin. legum eollalio. £d. BLuoiii*
tuor evcmgeliorum der Inhalt ist theÜs theologisch,
theils juristisch; daran schliei'st sich das Prooemiuni der
justiDiniiekcbeo loetiliilion^o. Der swmle Quaternio be-
ginot tnilIeD im rnhalteTerzeicfanisse von Julians Novellen,
und fährt (laiiü mit dein Index der Titel der Collatio fort
Nach Julians Epitome , welche bis Const. 128 oder
Cap. 585 geht, steht noch als Anhang dazu und unter
Fortsihiiuig der Capilelzableo : 1) die Nov. 94; 2) eine
Sonuna der Nov. fi&; 8) Nov. 114, 148, 188; 4) Sammi
der Nov. 121; 5) der Anfang des Dietatum de consi-
liariis; 6) endlich ein Xu^zug aus einer Constitution de?
Codex ttftd ein anderer, dessen Quelle ixich unbekannt
ist; ^) dann eine Abkiirzongf aus einer Interpretatio des
iheod. Codex , und ein Stllckchen aus Paulus , wel-
ches sich auch in der Collatio (Tit. XIV. Kap. 2. §. 3.)
findet. Auf diese Anhänge zu Julian folgt eine Abhand-
hing de mcestis moralischen lohaits, dann eine Ver-
urandfscbaftstafel , mit einem Zusätse aus den Laogobar*
dischen Gesetzen, welcher von neuerer Hand ge-
schrieben — mit den Worten endigt: y^Anihrosius judex
hmc (sie!) legem scrm (sie!) m hoc Ubro*' Nach
*) „Lex im. DXCIII. Consiitutio Metridiati. Pupiilis Tel adaltit
res 8UUB nec vendi nec clonari Tel commutari licet nec coai
fratfe «uu." Dafs dies ein Auszug aus L. 4. C de praed. min,
(5,71.) nev, hat Hr. Prof. Rudorf f entdeckt, wie der Hr.
OAR. in den Gott. Gel. Anzeigen v. 17. Sept. 1833.
St. 150. 151. nacliträglicb onvähnt. — „IIXCCC. Lex I. /nip. Jn-
iontno (hIc!) /i. Muciano. Minor quod absque tutore Tel cara-
tore vendidit vel obligavit, dum ad legitimam aetatem Tenerit,
restituitar illi.'* (Ref. ist darauf aufmerksam gemacht irordeo,
dafs das /4ntonino" Tielleicht ein ähnlicher barbarischer tifh
luinaliv se;^, wie jeneR ..Trumero" in der Wff^nrr HS»; Zeit-
schrift f. gcsch. RW. Bd. Y. S. 355. ^Zh)
, ^,BXCV. De donatMMt Donatio dir«cta eat^ nbi fai pmiBMti m
Ilona (ta) traditur« Quod hI donator quartaui 'aUii tiM reser-
TBTerit, donatio non TalebU." Hrn. OAR, Bl. ■«lba| verdanken
•mir die Machweisuog, dafs die (eehr merkwürdige) Inlerpie-
tatio in L. 1. Tkeod. Cod. d« donnf. (S, 12.) die Qnelle diMcr
Worte iii. Man aehe die Torbln angeMrtoii Mtt JMt Ana.
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Mm. H Rom. Icgnm coU«ti#. Ed* Biuteli; 109S
allm dicieif Sifioken fimlet sich denn unsre Coliatio auf
vier und zwanzig und einem ha Ibeir Blatte, von Tit Vjt
Kap. 4. §. 1. an zwar von derselben Hand, aber we-
niger schön gesohrtebeQ. Da§ ganze Matiuscript achliefsl
MiU emigeo Bemerktiogeii, mm der Jarispmdeiiz ond 4er •
M#val entoommeo. Zn bemerken isl, dafe eowoht zu
Julian als zur CoUatio Marginal« und Interiineargiossen
sich vorfinden; diejenigen zur Coliatio hat der HnUerau^
geber (p. XXXiiL) abdrucken lassen.
Im letzten Abschnitte dieses Ckpitels stellt der Hr.
Herausgeber Belrachtunfi;en über die Individualitäten des
Phhou'schen und der beiden neuentdeckten Codices an,
durch welche er seine, gewiß richtige, Meinung,
dafs alle drei von einem gemeinschaftlichen alten Codex
abstammen, zu befestigen sucht. ^Es ist zu demZweeke
ani^er Anderm noch eine Tabelle beigefügt,
welche sowohl die tiiach die Sorglosigkeit der Abschrei-
ber, als auch die durch die zweideutigeii SchriftzOg;e
des alten Muttercodex entstandenen Verwechselungen der
Bnchstatien anschaulich macht So z. B. gehört zu der
erstem Arf., dafe quo nobis statt canubns, .htn^fieUs
statt een^fteiis, cogahtr statt cognaio», zu der itfweiten,
dafs z. B. seductos für sed vetus, regulis für secuUs,
et grandes für execrandas, valcre et für sua heres
«si, derwea abdieant iur d€u$ eradicavit geschrieben
itonle» wk
Im dritten Capitel endlich handelt der Heraus-
geber Von den Aus<^aben der Coliatio. Die Edfitio
prineeps ist bekanntlich von' P. Pithoir Tom J. 1579;
Me Mgmden 10, *} von denen» im Anhamgd (p. 806^ SM.)
Ref. hat von di«t«n Aufgaben mir 8 geechen; die liiedge Uni«
wnUtsbiSliotWk'beeitsI mfr 5 daviAi, namlicb die von 1589,
1M8« ms., um, Vm, Wo Mus^ von IGGU ist in Hugo*s
Indes fonliapi beider Amsterdamer von 1698 (No. 55.) gele-
gtottilicb enrÜiat; »ie findet sieb in den Qri$ici tacri. LondinL
1868^. FaL Tom. VIII. pag, 150 — 211; dagegen ist daselbst die
Aufgabe yfom M88t welebe tef d«r Fraabforter Sanmlttng der
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1076
Mos. ei iiom. leguiu cuilulio. Ed. Biuniii.
ein chronologisches V erzeichnifs steht , sind mehr oder
weniger auf diese gebaut Interessaut ist folgeode Notia^
aaf welche der Hr. OAR. (pag.XU.) aubnerktein tnaobi
Rittershueius sagt in dem eeioer Ausgabe yoo Pavli Sco-
tent. vorausgeschickten Prooemiuni (bei Schulting p. 194.),
er habe in seine Ausgabe alle Stellen aus den Sententiae
von Paulos, welche sich irgendwo Torgefanden bäUeo,
aufgenommen; — „pra^erea iUae, fuae stmt apui
lidmum Rufinumy m modo is esi auetor (JoUatkum
illius legum Judaicarum et Romanarum , quae e.rtat ^
edita prhnum a, P. Pühoeo : et nupet* a me in En^
chiridion Juris Quadripariitum relata est!'
* Zufolge dieser ) im Juni 1504 geechrlabeneo, Steile
mllAte ein solches Enchhidum erschienen seyn; all^
der Herausgeber bemerkt, dafs er nie Ton einem derar-
tigen Werke des Rittershus Etwas gehört habe; und
auch Ret hat nirgends die geringste Spur davon aufBa*
den kdnnen. 6 c ko 1 1 i n g Mist die Worte des Rittershus
abdrucken, ohne eine Anmerkung dazu uu machen, wie
eres doch sonst bei fehlerhaften Angaben zu thun pfle^-t;
sollte dies etwa dafür sprechen, dafs er eine solche
Sammlung gekannt habe? — Hatte vielleicht Rittershus
ein derartiges Werk im Mauuscripte fertig, ohne daft
es je gedruckt ward?
Was nun endlich die jetzige Ausgabe der Coliatlo
selbst, von welcher diese Anzeige Kunde geben soll,
betrifft, so iKli ihre Dekonomie gans dieselbe, welche
bisher gewöhnlich war, nur dafs die Capitei , d. i. die
einzelnen (mosaischen oder römischen) Stellen, wo es
geschehen konnte, wieder In Paragraphen abgetbeiU
sind, um das Citiren bei den gröftern Fragmenten zu
Critid tacri eneliien, aiciit ▼•iwidMMt. Dia Aufgabe
S. V. CieenvM, mMe der Hr. OJR.- Hugo (No. M.) tfflv
J. VStl BoOieiU, der Hr. DAR. Blnme alier te eise Mil
(p. XLI. net. S.) in 4ae Jahr ISTl, das aadre Mal (S 106.) ia
dae J. 1ST2 tetst, ffilirt anf dem Titel dae Jakr 1S7 \ die De-
dication dei Verlegen lit ft^ilieli vom Deeemri^ lSVl*
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Mo«, et Rom. leguni collaiio. £«l. Hluniii. 1071
erleichtern. Der Text selbst beruht auf dea beiden neu- ,
eotdeckteo M«ou§cripten und der Scaligerischen Ab*
achrift; D«r da, wo der Text derseibea augenscheinlich
verdorben ist, hat* der Herausgeber, wenn durch Con-
jeetoralkrkik unbezweifelt der richtige aufgefunden ward,
diesen hergestellt. Die Abweichung der einen Hand-
schrift von der andern ist in den für die Lesarten be-
stimmten Noten auf das Genaueste an^emer4(t. — Wie
sshr der Tesrt durch die Wiener und VeiceUeser Hand«»
Schrift gewonnen Imi, werden einige Beispiele von bteher
oorrupteo Stellen, deren wahre Lesart uns jetzt bekannt
wird, hinlän^iich zeigen. 80 z. B. ist nun der richtige
Text jener Stelle aus des Paulus Uh, sing, de mfuriis,
wo derselbe von der durch die zwölf Tafeln festgesetzten
Strafe der Iigiiriett sprichl (TU. IL Kap. & §. &), in
jenen beiden AI anuscripten enthalten. Denn während man
bisher am Ende dieser Stelle die keinen Sinn gebenden
Worte: „Qitae lex generalis fuit libero trecentaa scr-
t'os CL poenam subito sextei^tiorum ^ las, welche Jak.
Qodofredus durch eine sehr gewagte Conjectur ganu
verindern wollte (welche Conjectur von S. van Leeuvea
ia seine Ausgabe aufgenommen ward, worüber Ihm Schul»
Ung in der Praef. so bittere Vorwürfe macht): finden
wir nun folgenden Satz: ,,Quae lex generalis fuit;
fuerunt et speciale s , velut illai fpsi quis os
fi'egii libero , , ireeewtos , *) (si) servo, CL poenam
ssinto oesteriioTwn^ — Bbenso ist die in Ifl. X. Kap. 2. ^
§. 3. schon von Pithou wahrgenommene Lücke in beiden *
Handschriften nicht vorhanden ^ indem diese folgenden
Text liefern: „In mandati vero judicio dolus, non
eiiam culpa dedueitur : quamvis singula--
riter denotare liceat, in tutelae judicio
utrumque deduci, cum ooiiuo pupillif non
otiam tutoris utilitas m admimstratione veroeiur!* —
TO. XV!. Kap. 2. §. 8. wird die Lücke, welche sich
früher vor den Worten: „altera dtnndiam" befand ^
*) Co4. Vhi4.s COC$ TldUiebti ^trMeatotum'*t -
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1098 Mm. Ol Rmd. legam callaUo. £4 Blanii.
von dem Vercelleser Codex gani^ ebenso au^gefüUt, wit
wir sie min schon längere Zeit in dem Verooesischeo Grajus
lesen. — Zu vielen Conjecturen g^b frflher aacb 4is^
Steile mXVL Kc^l. §. 2. AolaA, welch« m b«tete<
„Earum, gutman ieBiwumda rumpuniur m$ mHte
JIujU , ipao quidem jure testamenti decedmU. ^ Dafs
von allen Conjecturea keine den richiigea Sinii dieser
Worte hergestellt hat, zeigen nun unsere beide» Uaod«
fldiriflteii, in welchen jene Stelle felgeademHifte« gefsfet
ist: ^,E<irmn*^ {der Hr. Heretifigeber setssl initSchiiUiflf :
,,quorum testamenta rmnpuntur aut mrita
fiunAy ipao quidem jure testati decedunt , aed per
conaequentias sublato teatamenio inieaiüii
rfecednftf." Doch diese Brisfiele n»ogen gmUigm
DaA es dagegen auch noch sehr viele eerrupte Lestrfca
gibt, die aus den beiden neuaufgefundeoen Handschrif-
ten nicht verbessert werden können, läfst sich leicbl
denken , da sie ja — wie schon oben bemerkt ward
lidehstwahrscheinlieh mit dem Pitbon tchea Codex Bioet
alten Codex sar gemeinechaftlichen Quelle gehabt habeo,
welcher die Ursache mancher Fehler gewesen seyn mag.
6o steht denn, um nur dieses Beif^piei herauszuheben,
in der bekannten Stelle aus Gajus (TiL XVI* Kap. 2.
wo derselbe von der Erbfolge derGentilen i^richt, aedi
im Cod. Verc : — prima eommeniario ei ttUinnim
est;" im Cod. Vind.: „— — primo commentarw re-
apandit et ultimum eat;" der Verooesische Gsyus hat
bekanntlich diese Worte jetzt geheilt» Viele solcher
Terdorbenen Lesarten 6io4 aber aneh derch die echsrf»
einoige Conjectnralkritik des Hm. OAR., von wekher
wir schon oben ein Beispiel anzuführen Gelegenheit hat-
ten, glücklich gehoben; ejs sey uns erlaubt , noch einiger
ähnlichen Conjecturen hier zu erwähnen. Tit. I. Kap. 6.
§. 3. stehen folgende Worte ans einem Rescrlpte Hadrian'%
welches von Ulpian anfgenommen ward , Ober den Un-
terschied von vorsätzlichem imd casuellem Todschlage:
„E re itaque comtituendum est, et quo Jerro percus-
aU ipaa funditu»;' so liest Piihon; ,9^a frottdi*
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Mo^ m Rm. l^w c«lUüi». K4. BliuBii. i«W
Im/' die Wieoer, iiikI ,Ji>8a fradiUtg" die VercellMer
Handschrift Der Hr. Herausgebe i hat den Namen des
Todschlägers y^Epafroditua^ herausgefunden. TiL X.
üaj^ 2. §. 6. heifst eä in allen Handschrifieo; »it e-
spondit deposäa si subripiattir, dommu8 domui
habei ßo*ii actkmem Schon Ciyas vermuthete
riclitig, dafs das rcspondil aus eiiK ui IX mit einem Queer-
striche entstftnden sey, was sowohl respojidU ais (wie
es hier heiisen mufs) res bedeuten kann; das domui
blieb aber eio%SteiQ des An^iofses; der Herausgeber
rSamt ihn hinweg, indem er „€0 nomine" dafhr liest
jfV/. XV. Kap. 2. §. 2. wild !)ei dem Senatusconsulte
Oher die Mathematici gesagt, es sey streitig gewesen,
ob auch schon die Kenntnifs von dergleichen Dingen
oder blos das öffeniliche Lehren derselben zn bestrafen
sey ; früher sey man der letztern Ansicht gefolgt; ,,p09tetM
var 'iutum ; nec dmsnnahin d u m est , noiinimqunm in-
repsisse in usum , ut et mm jiroßterentiir et publice
r epr eilender ent" Pithou meinte, es müsse rcspon-
derent heifsen; allein nach den Schriftzügen der bei-
den neuen Handschrifken (reprebereni Vind. ruberem
Verc.) hat die Conjectur des Hrn. OAU., zu lesen: „se
jn'arhrrent " Alles für sich. FJs finden sich aber frei-
lich noch in manchen Stellen verdorbene Lesarten, deren
Sehwierigkeiten noch immer nicht gehoben sind. So
s. B. gehört hierher jenes Fragment ans L^Ipians Werfte
de oliicio Proconsultis (Tit. Vlll. hup. 7.) , wo davon
gesprochen wird , dafs durch ein Senatusconsult die
Strafe der Lex Cornelia de faisis auch über Die verhängt
werde, welche etwas Anderes, als ein Testament he-
trilglicherWeise zusiegelten u.s. w.; wo es denn in §.2.
ferner heifst : „Item qui ob iiistruendam udvotationetn,
testimoruave pcctmiam avcepcrit , pactfmw fueril^ so*
detatem eoi&rit y atU aliquam delationem intcrpo-
suerit" . Cujas wolUe dies ^fdekUionem" der L, 20.
ad Leg. Com. de faU. (48, 10.) folgend, in „oftb*-
gationem*' verwandelt wissen; den Schriftzügen würde
es näher kommen « wenn wir ffte^tutionetn lesen wollten.
Digitized by
leSO Mm. et Aom. legom coUailo. £d. Blamii.
Ob aber diese Coiqeciar beaehtiingswerCh eey, des ibei*
läbft Ref. der Entocheiduag too Ksndigerem. —
Einen Commentar zur Collatio wollte der Hr. Heraus-
geber oicht liefern, soudera er hat blos in den Noten
meistens solche Paralellstellen angeführt, welche bei |
Scholtiiij^ entweder gar nicht oder fehlerhaft aDgegeb€0
sind. .
Am Ende des Werkes finden sich (p. 147 — 155.) I
die Imdices Kapitulorum abgedruckt, wie sie in der I
Wiener und Vercelleser Handschrift stehen. Ihnen feigen J
(p. 156'— -164.) eilf ESivetirstts crkici, worin dieGrfinde \
für die Aufnahme einiger schwierigerer Conjecturen in ^
den Text entwickelt werden. Zuletzt endlich (p. 165
bis finden wir, die reichhaltigsten Indices, wofär
dem Hrn. Herausgeber nicht genug gedankt werden kann,
da solche Arbeiten! so mfihselig sie sind, einen sebf j
bedeutenden Werth haben. Das erste derartige Tef- |
zeichnifs ist ein ganz vollständiger Index reruin et uer-
horum^ das zweite ein Index personarvm unter den
Rubriken: Imperatorum nomioa; Consulum nomina; Fro-
consules , Vicarii 9 Legati ; Jiireconsnltorum nomina; Mi-
lites ; Privat! pagani ; Populi , Proyinciae i Urbes ; > m
drittes ist der Index fontmm CoUathms in Beziehung
auf mosaisches und römisches Recht; das letzte ist eDd-
lieh der Index Auctorum , in ^vcJchem zuerst alphabe-
tisch alle Schriften verzeichnet sind, in denen ^ mehr
oder weniger, Rücksicht auf die Coliatio genommen ifit;^
dann dasselbe Veneichnifs in chronologischer Ordnunf*
Als Zugabe erhalten wir eine schdn gearbeitete Probs-
achrift aus dem Wiener und Vercelleser Manuscripte. ^
Druck und Papier sind sehr schdn. Die bedeatüp
deren Druckfehler sind in den Corrigendia angegeben; «
kann hier etwa noch hinzugefügt werden , dafs p.
1. 9. V. unteu patri zu lesen ist statt patria, '
Es würde unbescheiden seyn, wenn Ref. zum Schlmie
■ochjrgend ein Lob Uber die Arbelt des Hrn« HenH#
gebers aussprechen wollte. Aber den Wunsch kana
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Jikg , vom G«liraaeli iler BtianiiUel btl der Ckfeirt. MB!
iifehl Überdrücken , dafs derselbe durch seinen neuen
Beruf nicht verhindert werde, recht bald mit der Er-
füllung seiner die Geschichte der Pandekten, die
A^rimensoren und die Leges Langobardorum
btftreifeiideD Verq[irechiiog6Q das jurittiscbe Publicuni
Stt erfreuen;
Dr, D cur er.
Z€Um, bei Immanuel fVebel: Dafe der Q^hrmnek innerer Uei»'
mittel »ur Beförderung der Qehurt dee Kiudee miiid-
fruehtloe und geeunden Fmuen eogar eehddlieh
eeffs naehgefoeaen van Dr* Jehmm CkriUian Gottfried Jorg,
KMgl Sdeke» Hofrathe, ordmft Prefeeeor der GAwUhülfe an
der ünieenfMlt wn Leipzig, JHreeier der daeigen SntHndvmgeteknk
m, e, w. 1888. Fili n. 9» & (PreU 54 kv:)
Es ist nicht 20 verkenDen, dab regelmäfsig verhu*
fende Geburten sowohl von Laien, als auch von Heb-
ammen und Aerzten mit mehr Aufwand von Arzneien be-
handelt werden | als die Natur dieser allerdings schweren,
aber doch rein gesiindheitgeniäfsen Verrichtung fordert
«od verträgt — Baudelocqne'a Zeller'a, Bo€r*8|
Mai's, Weidmannes, W. J. Schmitl^a, Ndgeie's
uud Jürg's Beiiuihung^eii , der^Natur ihre Rechte zu vin-
diciren, jeden Eiugriif, mechanischen wie dynamischen,
in den gesundheitgensärsen Verlauf der Geburt abzuweh-
ren y wird imflner noch nicht gehörig gewflrdigt Zwar
ist man in neuerer Zeit grobentbeila von dem fibermäfei-
gen Eingreifen mit mechanischen HUfsmittehi in den
normalen Act des Gebärens zurückgekommeu ; allein man
hat sich auf einen andern Weg verirrt : ' man g^lauht
Dämlich die Geburt durch sogenannte dynamische Mittel
modeln au dürfen und zu können. — Diesen nicht blos
tanfitcen, sondern oft schädlichen Gebrauch (Mifs^
braoch) von inneren Mitteln su beachrinken, und die
Anwendung der Reizmittel während der Geburt fast ganz
ZU verbannen, ist der Gegenstand vorliegender Blätter.
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IM M|C> vom GdbnMMb 4er fttiimHUl M dtr fi^luiit.
MU R«clil tedelt der Hr. Verf. ia lier Eisieilwif ^
dafs manche Hebammeabücher ein ^^atjzes Register von
Arzneimitteln (worunter sogar sehr eingreifend wir-
kende sind) autsteileo, welche deo Hebanuneo zum be-
liebiges Gebrauche io die HSode fegebeii werden sol-
len; und dafs LehrbOcher der Gebortahfllfe filr Aersie
diesen zuniuthen, einen reichlich gefülllen Arzneikasten
nachzutragen I wenn sie zu einer Gebärenden gerofeo
werden.
■ Der verdienstvolle Hr. Verf. sucht in drei Kapiteln
nachzuweieen : Erstens , dais das regelmafsig verlaufende
Geburtsgeschftft der Unlersliltoting durch innere ArzoeieD
nicht bedQrfe; zweitens, dafli ee nomögiich eey, die
regelmäfsige Geburt des Kindes mit sonst unschädlicheo
inneren Mitteln zu unterstützen oder zu beschleunigen)
und drittens, dafs es schädlich sey, gesunde Gebäreode
mit reisenden Arsneimitteln za behandeio.
In dem ersten Kapitel giebt uns der Hr. Verf. seioe
Ansicht über das Streben des Uterus bei der Geburt
Das Gebärorgao strebt nach ihm in jedem eioselnen ge-
eundheitgemfiften Gehurtsfalle, möge dieser auch hin-
sichtlich der Zahl und Stärke der Wehen und der Zeit-
dauer des Verlaufs noch so verschieden se^o, dahin i die
ftufseren Eitheile, die Häute nebst der Placenta, todt-
zodrficken (Aasdrock des Hrn. Verfk) , und den FMs
erst, nachdem dieses bewerkstelligt worden ist, an die
Aufsenwelt zu drängen. So lange die Wehen die Fötal-
placeuta an ihrer Peripherie durch den Druck nicht ge-
tödtet haben , oder so lange eich nicht eine wirklidie
Regel widriglieil in das Gebnrtsgeschftft mischt, eder
ein dem Leb'en der Motter oder des Kindes drohender
-Zufall die schleunige Entbindung verlangt; so lange ist
Niemand berechtigt, an dem Gange der Verrichtung)
eey dieser auch noch so langsam ^ zu meistern: denn nor •
erst (?), oachdem die fiarseren Eiorgaoe^ die Hinte
gfimlich, die Plaoenta aber nur oberflächlich, abgester-
bea sind, und letztere allen Verkehr (?) mit dem Uterus
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JöTiK« Geiirancti der MeismiUel bei 4w Oebiirt itM
dhg^broohem faal, b^iiinl ciiaier seine Kräfte im kocb-
fteo Omde ativustrengen, nm sich des «lynamisch schop
gelreiiDfeii und dadarcll völlig enifremdetea Pfleglings
zu entledigen.
Id dem zweiten Kapitel sucht der Hr. Verf. die ITn*
nioo;Iichkeii, die regelmäO^ige Geburt des Kindes mit
sonst uDSchädiiehen inneren Mitteln zu unterstutzen und
zu Uescbleunigen, darzuthun. Er sagt; ^Sehe ich mich
in den Handbüchern des alten und neuen Arznei vorrathes
miii so erblicke ich nirgends ehien aatfirlichen oder
kfinstlicben »edicinischen Stoff als auf die Gebirmutter
wirkend aufgeführt , der nicht zugleich auch eines ihrer
Nachbarwerkzeuge oder den ganzen Körper in Aufregung
§^$»U Deswegen fühle ich mich auch zu behaupten be-
Wfigen, dafs jede Art Ton innerer Medicin5 bestehe sie
werur sie w»lle, welche weder die nro- oder ch^lo"
poetischen Gebilde , noch das Gesammtgefafssysteni des
Organismus aus der gewöhnlichen Stirninuog heraus -
und zu einem schnelleren Fördern der ihnen obliegenden
Verrichtungen mit fortreiist, auch unvermögend ist, die
Thätigkeit des Uterus besonders abzaSndern." Auf diesen
Satz gestützt, behauptet der Hr. Verf., dafs weder das
Castorenm , noch das Seeale comutum eine eigenthüm-
liche arzneiliche Wirkung auf den Uterus anbringe und
unterhalte, — Uniäugbar ist man früher zu weit gegan-
gen, wenn man einzelnen Arzneimitteln eine blofse spe-
zifische Wirkung auf ein bestimmtesOrgan zugeschrieben
hat; aber zu verkennen ist es nicht, dafs gewisse Mittel
in einer besonderen Beziehung zu den Functionen ein-
zelner Organe (die sogenannte topische Wirkung innerer
Arzneien) stehen, und dahin vorzugsweise ihre Wirk-
samkeit verbreiten. Dies hat der scharfirinnige Vogt
Iq seinem Lehrbuche der Pharmakodynamik so klar nach-
gewiesen, daft darüber kaum mehr ein Zweifel zn er-
heben ist.
Buisiehtlieh der Wirkaog des Bibergeils acheiot der
Hr. Verf. ganz übersehen zu haben, dab nicht hU»
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1084 Jörg, Tom Gebrai|ch der Reizmlttal M dar Gelmrt.
durch die AssimilationsorguDe , sondern auch durch die
Vermittelung der Nerven die Arzneien mit ihrer Kraft
um organiacheo Leben gelangen.
Dem Mutterkorne spricht der Hr. Verf. nicht nur alle
Weben beihätigende Wirksamkeit auf da» Gebärorgao
ab ; aottdero er sucht andi noch durch angesCelhe Ver-
suche dar^uthun, dafs es durch seine Wirkung auf dea
oberen Theil des Darmkanals die Thätigkeit des Uterus
schwäche und lähme. Allein der Hr. Verf. hat die Beob-
achtungen Ton Prescot, Atlet, Ives, Löwenhardt,
Brunatti und Anderen nicht gehörig beriicksicbllgl
and gewGrdigt , und durch seine Versuche an gesunden
männlichen Individuen zu einem etwas einseitigen, theo-
retisclien Räsonnemeut sicli hinreiften lassen, auf welches
gesit&tzt er das Kind mit dem Bade ausschüttete. Bea
gdiört nieht zu den blinden Verehrern des Mntterkonis»
«nd glaubt gern, dalk bei seinem Darreichen sehr hftollg
«las Cum hoc mit dem Propter hoc in Bezug auf die
erfolgte Thaisache verwechselt worden ist; allein seine
Beobachtungen erlauben ihm nicht, dessen Wirksamkeit
auf die Geburtslliätigkeit an Jengnen.
Im dritten Kapitel weist der Hr* Verf. die Schädlich-
keit des Darreichens der reisenden Arsneimittel bei ge»
Sunden Rreifsenden nach. — Die Geburt beginnt mei*
stens des Abends oder in der ersten Hälfte der Nacht*
zeit, »ie regt den Assimilationsapparat auf, bewirkt häufig
Uebeikeit, Neigung zum Erbrechen, wirkliches Erbre-
eben, benimmt die Eislast; erzeugt ein allgemeines Aa^
geregiseyn, Wallung, Erhitcung des Oesanamtorganii^
mus, vermehrten Durst und dergi. Bs darf daher nicht
wundern , wenn unter solchen Verhältnissen und bei deoi
während der Geburt auf die Geschlechts- und die be-
nachbarten Theile erfolgenden Drucke das Darreichen
▼on erhitzenden Mitlein Congestion, Entzündung und .
Fieber erzeugt. Kein erfahrner Geburtshelfer kann diese
nachiheiligen Folgen des Gebrauchs von Reizmitteln io
Abrede stellen.
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B»ii4l » Aber Ffl«ielpeiMUalMber. • IMI
Der Hr. Verf. verdiente deshalb für diese Abhand-
luog aiien Dauk, selbst auch von denjenigen, die sich
mit ihm über seine oft vorgetragene Oxjgen- Theorie,
über sdiie Ansicht in Bezug «iif das Streben des Gebär-
Organs wfihrend der Gebort, fiber die Versettang den
Milcbsloffs und ikber die WirkiNinikeit einzelner Mlttd
. nicht vereinigen können. Durch seine Warnung vor dem
«nnöthigen Gebrauche der Medtcamente während der
Geburt hat er sich ein neues Verdienst erworben. £§
dürfte sich überhaupt der Milbe lohnen, einmal im Gänsen
ciiie Abhandlung Sber das zn schreiben ^ was die
Geburtshelfer am Geburtsbette nicht thun
sollten.
Dieses Schriftchen ist dem durch die Heransgabe der
sämmtlichen Werke grieehischer Aerzte Verdienten Hrn.
Prof. Dr. Karl Gottlob Kfihn, Senior der medicinischen
Facuität zu Leipzig, am Tage seines fünfzigjährigen
Promotion^ttbiläums gewidmet worden.
Dr. Franz Ludwig Peiat
Bondip ihr. E», «la« FrUatlpMUekialfUbtr und dm BeihttT
fukrtn In diutt MrmikktH* Bme M^nognqikm nmeh efpenen Bnkr
aehltuingtn m epüfewueA«» wul Mfundkdim JFSIIfli». fikrlm ISSS.
gr. 8. (2 Rthlr. 4 gr.)
Die yorliegende Schrift beschiWgt sich mit der
Darstellung einer Krankheit, die f&r den praktischen
Arzt um so interessanter sejn mufs, als man, obgleich
sie in neuerer Zeit immer häufiger aufzutreten scheint,
in ihrer Erkenntnifs noch so weit zurück ist, dafs ihr
selbstständiges Bestehen noch von Vielen in* Zweifel ge-
zogen wird. Da nun nnserm Verf. reichliche Gelegenheit
zu Theil geworden ist, diese Krankheit, theils spora-
disch, theils epidemisch, zu beobachten, so theilt er
uns hier seine, bei dieser Gelegenheit gemachten Er-
fahmgen mit; und Ref* rnnfe, um seine Ansicht Uber
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19Bi Bmü, FViotgiyitoehiiMIdter,
I
«len Wetth des Bacbe» sogteicb in der Kftm aimiispre-
ehen, bekennen, daCs uns in diesen Mhtheiiungea eio
recht vollständig-es Bild des Frieselpi techiailiebers nach
seiner äul'seren Seite hin, wie uns dasselbe in der
Efscbeinun^ nämlich entgegentritt, dargeboten wird,
und daA dteBeobachtmigeD desVerffi, SMreif Bef. de»-
selben ans eig;Q6r ErfabniDg zu Mgen wetmag^ trabt
und der Natur getreu sind. Hiermit ist aber auch die
beste vSeite des Buches bezeichnet. Denn was der Verf.
über Pathologie und Therapie der in Hede stehend^a
iS^rankheit miUhailt, iai weit entfernt darrotty anch aai
ttiäfiigen AnaprSchen genügen zn Unnm Anfserdem,
dafs eine Nachweisung der Anknüpfungspunkte, dnrcA
welche das Frieselpetechialfieber mit andern, in der ärzt-
lichen Weit sehr wohl bekannten Krankheiisformen in
Beziehung tritt, gänzlich vermif^t wird, ist das eigeot-
Jicb Patbologüeha im höchsten Grade dürftig behaiMieli,
und daa Therapeutiacba bis auf einiges Wenige , wo dea
Verf unmittelbare Beobachtung richtig geleitet hat,
ungeachtet eineji sehr bedeutenden Breite, eigentlich
ohne allen wissenschaftlichen Werth. — Mit diesem
harten Urtheiie soll übrigens keineswegs dem Verf. 28
nahe getreten werden; sondern vielmehr mufs es, weoD
man billig seyn wfll, anerkannt werden, wier sdvr dier
Gegenstand selbst einer wisseaschaftlichen Behaudluag
bis jetzt noch widerstrebt.
Da es nun nicht unsre Absicht ist, in das Eiuzeloe
des Werkes tiefer einzugehen, so erlauben wir uns, hier
einige Bemerkungen über das Frieseipetechialileber mit
einfliefiien zu lassen, welche bei Denjenigen, die dasselbe
ans «gner Anschauung kennen sAi fernen 'noch kein^ Ge-
legenheit gehabt haben « und unter -der etwas fremdartig
klingenden Benennung etwas allzu Beschränktes sich
denken möchten,, der Sache vielleicht ein gröfseres lo-
teresse geben.
Keinem Arzte kann es unbekannt se;^u , in welchei
Bttukei von jeker die. LdMre von den Nervenfiabtr
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BoBdi , aiMr FriflMlp^Uekialfieber. li§1
(diesea Begriff im Sinne der älteren Schule genommen)
gehüllt ist, und wie man ^ich vieinUtig bemüht hat,
dieses pathologische Chaos zu lichten. Was ältere, grofse
Aente hierfür gethan habeo, bezieht eich nur auf die
ModilitiU\ mit der dieses pathologische Rdlhsel in die
Erscheinung tritt. Mau s^jiach von einem Unfieber mit
erhöhter, und von einem Unfieber mit verminderter Sen-
sibilität, ohne dafs man damit der ErkenntDifsdea^eigent-
iwbea Weaena viel näher gerfickt wäre. In neneref Zeil
8cheinl man , dnrch genauere Nacbfereehungen avf - den»
Felde^ der pvithologischen Anatomie vorzüglich, etwas
^ weiter vorgedrungen zu seyi^ ; und wie überhaupt in der
WifiseDich^l schon Vieies gewonnen ist, wenn man ein-
nal zn sondern begiimt, so glaabt Ref. niehi au fiel nn
wagen mit der Behauptung, dafs die Lehre vom Unfieber
erst in neuerer Zeit eigentlich einen patliologischen Boden
gewonnen hat. Jedem fällt von selber ein, wie ^vielfach
tia Toa Gastro - EnterUk , von Febris enlericO'-pUui^
foaa, TO« sporadischem und Abdominal- Tjrphns n. s. w.
die Rede gewesen, ^nd die, diesea Forschungen m
Srunde liegenden Thatsachen anch keineswegs ein Ei-
genthum der neueren Zeit, so mufs man doch die Art
lad Weise, mit welcher sie in Betrachtung gezogen
weiden y maA die ihnen somit ertheille pathoh^sche Be»
deutong als ein Eigentham der Neneren anepkennefft. —
Hier glauben wir nun auch den Gesichtspunkt suchen
zu müssen , von welchem auch für unser Frieseipetechial*
fieber das gehörige Licht ausgebt. Betrachten whp
aIniHcb die unter den ai^deuteten Benennungen neuer--
lieh aufgeführten besonderen Krankheits- Zustände etwas
genaucfr, so läfst es sich schwerlich verkennen, dafs
durch alle eine gewisse pathologische Gleichartigkeit *
sich hindurchzieht, welche die Ansicht gestatten möchte,
alle diese einzetq namhaft gemachten Krankheits*Formen
aar als verschiedenartige Stufen Eines und desselben
Krankheits - Processes zu betrachten, w^elchen Krank-
heits - Procefs wir selbst wieder nur als einen exanthe-
■uatischen, als einen in einem besonderen Miasma oder
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«
1^ Bondi, über FrieMlpetoohialfieber.
CoQtagium bei^odeten anfsufiisseD vermögen t and ge-
rade mit diesem Contagium scheint uneer Frieselpete«
chialfieber in einem nahen und viel innigeren Verhältnisse
SU stehen 9 als bisher allgemein anerkannt worden. So
subjektiir und einseitig diese Ansicht andi fürs Bnte
acheioeo mag, und so wenig Re£ bis jetd selbst noch
im Stande ist , dieses objektiv zu begründen , so ist sie
doch zu innig mit seinen, über das Frieselpetechialfieber
ihm gewordenen, Erfahrungen verknüpft», als dafs er
sich enthalten könnte, dieselbe hier auszusprechen. Nar
bittet er, durch allzugrofse Ausdehnung dieser Ansicht
ihn nicht mifszuverstehen. Denn soweit Ref. davon ent-
fernt ist, jeden Fall des Frieselpetechialfiebers für ein
Nervenfieber zu erklären » eben so wenig kann es ihm
einfallen, behaupten so wollen, dafs man die Quelle
alles und jeden Unfiebers in dem Contagium des Priesa^
Petechialfiebers suchen müsse, da gewifs auch noch
andere Coatagien ein achtes Unfieber zu produciren
vermögen. Nur davon hält er sich durch Erfahrung,
ftberzeugt, dafs das FrieselpetedKatSeber als solchfll
pathologische SEustSnde zu erzeugen vermag , wie fli
die Neueren mit den oben angeführten ßenennungea
bezeichnet haben, und <lafs dasselbe den neuerlich so
vielfach besprochenen Zuständen, hei welchen maai
durch die krankhaften Entartungen delr Schleimhaut der
Eingeweide geleitet, den Sitz der Krankheit im Uoter>
. leibe gesucht hat, recht eigentlich zu Grunde liegen
Ja selbst Schönlein's Abdominal -Typhus scheint ihm
nur der Cblminations- Punkt dieses pathologischen Fie*
oasses n sejm. —
C0tr BßMcklu/M folgt.)
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N*. ea HBIDELB. JAHRB. n. UTERATUR.- 188S.
" I ' ■'■ — — — ■■— ^— — — ■■ I .—
Bondi,. über Rieselpeiechia^ber.
4
1Mb ttbrigens Ref. seioe Idee Tom FrieselptiteGlml*
fieber nicht bios an das eigeütliche Friesel- Exanthem ,
sondern ^ ieIII1ehr au das Krankheitsbild imGanzeo knüpft,
-glaubt er nicht besonders versichern zu müssen, da eine
solche Einseitigkeit oicht weniger tadelnswerth sejn
wSrde^ «le jene ee gewesen iet, welche ihr» Aufmerkr '
samkeit ledigltch den Geschwüren des Dannkanab 2Ur
gewandt hat. Uebrigens gehört das Exanthem doch so
wesentlich zum Ganzen, dafs diejenigen Fälle, in wel-
chen es nicht bemerkbar ist, oder wo es vielmehr eine
RIchtiMig nach Innen genommen hat, fast eben so wenig;
avfhfireo, Prieselfieber su eeyn, als di^enigen Fälle des
l^fplm eaniagioBu9y hei denen kein fixantbetti erscheint^
aufhören , zum Typhus (jonlag. zu gehören. •— Ref.
begnügt sich, den Zusammenhang ties Frieselpetechial-
fiebers. mit andern bekannten und bedeutenden Krank-
heiten angedeutet zu haben , und hofft übrigens mit Ver-
Inmen^ dab die ZeU nicht mehr -allzu fern seyn möge,
ni welcher die Pathologie kein Urfieber mehr kennt,
welches sie nicht auf eine ganz specielle pathologische
Quelle zurückzuführen vermag.
Nach dieser Abschweifung sey es uns erlaubt, einige
abgebrocbene Bemerkungen film das Frieselpetechial-
fielfer am eigner Erbhrung mitzotheilen. — * Da& die
Krankheit ansteckend ist hat auch Ref. sich mit Sicher-
heit überzeugt. In einem Orte namentlich war es ihm
möglich, den Gang der Krankheit Anfangs von Haus
zu Uaus zu verfolgen. — Dalk die weifse und rothe
Farbe des Exanthems keinen sehr wesentlichen Unter-
sohied bedingt, und dalk, so wenig er Anfimgs auch in
diese Ansicht sich finden konnte, das gewöhnlich söge-
\XV1. Jahrg. 11. Heft. 69
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1090
Bondi, ülier FrieielpetachialüeUer.
nannte Scbarlachfriesel (dessen Verschiedenheit von dem
eigentlichen Scharlach schon Hahne mann mit Recht
behauptet hat) liier aogereihet werden mfiase, daTon hat
Rrf. aufter Anderem vorzilflich aach der Umaland über-
zeugt, dafs er in einer und derselben Familie, ja in
einem und demselben Zimmer gleichzeitig Frieselkranke
mit weifsem und Andere mit schariachrothem Exanthem
M behandeln kalte. Vielleicht ist die rothe Farbe dü>
MlbM mit einem ncuteren , nnd die weüke , toystallMh
Bißfichaffenhett des Fri^sels mit einem mehr schleichen
den Verlaufe verbunden. — Was die Behaodluag
anbelangt I 6o liann nicht dringend genug darauf an^
«erksam gemacht werden , wie wichtig es ist, die hi«r
Sb Mendlieh iMcbaren flehleiaiflichea des Magens lad
der Eingeweide nicht durch reizende Arzneimittel, be-
^sönders im Anfange, zu verletzen. Emukwa sind hier
oft das einzig Anwendbare. £6 giebt Falle, wo % &•
titrt siäriai. in mehreren UaBen dolai* n^di sn m-
iKeod 9bt die Schldmhaut Ist, änd wo omid slfttt des üf.
ammon, avisat, den L»ja. C. (X suec. wählen muls. *}
*) Hiele enorme Reiibarkeit der inneren Setüteimfliehen fit ge-
#ire aneh bSallg ^e Vnache dee, unter den Mte* Anwiditeii
nüf düMi VUüm BiWdiler gins jUtnlieli erftigsndea Mm.
Ref. will hier aar einen FeU der AH niftteileB. Sia adkr
luAftlfer nnd «onet gerander Meim hatte seit einigen Tagen
dae IVieielfieber* war nber eo wenig krank dabei» dnft er Uo*
das Bett hütete» ebne daT« ich ibm Amnei in Teroidnee Nr
nStlilg eraebtete. Dae fiiimthem ataad in der ecfadneten BM»
BMi «ilaabte M Bua wogea mehrtägiger tteatopfneg «Ii«*
atergone Hr 1 la\ Seaneeblitter tinier eelaett damn Olit te-
«liea «n laieea» und dieiee den Tag über na Teriehroa. Oft«
aber« g^en meine Yomchrift, die angegebene Uenge Smt»»
nur mit wenig Wmer kochen lieAs nnd so anf einmal sn uät
nalim» so entstanden alsbald Anfiriliken des üttgeaa» Idtpi-
siMlefbett» Bangigkeiten n. s. w. , and der IBmii %ar mb ^e-
^igen Sünden eine Leiche» ohne hei dkaem» ssast silr
romieht%ea Kranben eine andere Urionhe hfitIA enttsblit
den können. — Bei einer anderen Kranken» die dien s« aiAe-
dentend erkrankt war, entstanden aal ein Ql9» Weinss, dtf
Ihr von mir Terbeten war» fast alle feafiaie der ChOlM ^
baldiger Ted*
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CkMtie der AngelaacliMa. UNtt
Wie iu ähnlichen Fällen ein Meister der Kunst gehandelt
hat, läfst sich an einer, vor mehreren Jahren in den
Heideib. klin. Anualen mitgetheiUen Abhandlung über
jFe6r. enierico^piiuito^a des irefilicheo Puch eil
meben. — AderUtoe mQchieii selten, und dann, ab
mehr revulsivisches Mittel , our in geringer Menge und
mit grofser V orsicht zulä^ssig seyn. Desto häufiger und
driageoder aber sind gewöhnlich örtliche Blutentlee-
ruogea durah Blutegel auf den Unterleib 9 die Broel,
«der aueh den Kopf, angezeigt Diese bilden eine Hanpi-
hSlfe und werden , -wenn sie indicirt sind , nie ohne den
grüfsten Nachtbeil unterlassen. — Die sogenannten iVer-
vma niUien wenig (vielleicht gar ^iichts!), und dies
Wmge nur in dem epiteren Verlaufe. — Nutaen glaubt
ML auch.^ften Ton einer frühseitig gereichten Gabe
«aiger (4 nnd 5) Grane Calomel mit etwas Ophsm in
Substanz gesehen zu haben. Wenigstens schien diese
Methode, das Calomel zu verabreichen, hier immer der
gewöhnlichen , nach welcher ee in kleinen nnd öfterfl^i
Gaben gereicht wird^ vorgezogen werden su müssen.
Dr, Weber.
80hmidt.JProf. ä«F BachU »u J«na. Bnitr TheU. ihn IM
«c&if V^ibentimtng ^nihtOtend, Leipzig 18SI. X€IF u, 804 S. 8.
Ikif,fbegnAgt«ich mi einer vorläufigen Aoneige des
iS dtoBSü ersten Theil des genannten Werkes Geleisteten
Wfid Bezweckten , und behält sich vor , nach Erscheinung
<les zweiten Bandes ausfnhrlicher clnrauf zurückzukom-
men. Dieser erste rheii enthält auiiser dem Xexite der
Gesetze und der dieutschen Ueberaetnung desselben (die
der Verf. 49 wsern Augen weit wieniger Ursaohe gehabt
Ntte w entschuldigen; als die lateinische, die er zuerst
«a ihrer Stelle zu geben dachte)^ eine ausführliche Ein-
^^U^y .die »tbeUe Aber die vorhajadenen Ausgaben und
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1092 UcttcUe der Angelsachsen.
Handschriften der angelsächsischen Gesetze Auskunft ge-
ben, Iheils als Aiihaltpunkt bei den ErlftuteniDgen in
«weiten Abtheilnng dienen wAV Da nao diese Einlei-
tung den Hanptgegenstand bilden würde, den wir M
bei Beurtheilnng dieses Bandes vorsetzen konnten, 80
finden wir uns um so mehr bewogen, eine nähere Erör-
'.terong ihres Inhalts vorerst zu unterlassen; mit den darin
enthaltenen Artikeln über die Geschichts- und Reehts-
quellen der Britten und Angelsachsen wollte der Verf.
besonders die Aulklärung des „so oft verkannten Ver-
hältnisses des wälischen Rechtes zu dem angelsächsi-
schen'' fördern; dies wird von einer anderen Seite h«r
auch in den Erläuterungen geschehen, imd dort wiiH
, sehen wir den Verf., der zugleich als liiatoriecher Pei^
scher und als Rechtskunrliger das Allgemeine und Be-
sondere kennt und vergleichen wird, vorzüglich gerue
zn hören ; da hier zuverlässige Rechtsdenkmäler beider
Vöikerstännne nebeneinander zu halten sind, und nicht,
wie in der Geschichte derselben, über Werth oder Uli-
Werth der Quellen gezweifelt und gestritten werden nvri^
so ist in diesem Felde ohne Zweifel zu einem weit zu-
verlässigeren Resultat zu kommen. Ref» freut sich oiia
auf diese zu hoffenden Anfschlilase, er Icann aber eben
darum nicht gut vor deren Erscheinung ein besämattf
ürtheil über das Allgemeinere, was die Ei alei lang ent-
hält, aussprechen, znmal da er nicht die Üble Gewohn-
heit mauchcr Recensenten bat , ein Buch von vorn herein
mit der Absicht zu lesen, den Verf. zu belebreu, mnl
nicht vielmehr Ton ihm zu lernen. Da der Verf. ein Imf
jähriges Studium auf diese Gesetze verwandt hat, van
deren Wichtigkeit „für die Kenntnifs der Grundlagen
des deutschen Rechtes'* er so sehr mit Recht iiberzeiigt
ist, so würde es, noch dazu fttr einen Nich^uriaten, aa-
mafsend sejn, ohne weiteres über ErgebniM, die sich
auf eine genaue Renntnifs des Einzelnen stdtsen^ abspre*
eben zu wollen. Sonst können' wir nicht leugnen, dnb
wir über Manches, was hier über die Geschichts- und
Rechtsquelien der Britten gesagt wird, eioe etwas aO:
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Getetse der Angelsacbtcn.
weichende Meinung haben, die sich uns auf dem Wege
der Vergieichuog der Geschichte verschiedener kelti*
scher nod anderer Stämme , uod bei der Brwägnog des *
Charakters der. gallischen Nationen, wie er sich auch in
der neueren Zeit noch trotz Vermischung und fremder
Coltur erhalten hat, aufdränis^te; und manches wird auch
nach den versprochenen Erläateruogen freilich übrig
bleiben was uns zu widerlegen scheint So, um nns
darchaiis nur an das Allgemeinere za halten , werden uns
die Sagen bei Nennius und Jeffry v. Monmouth gar -zu
weit weggeworfen. Wir wollen gewifs nicht behaupten,
dafs davon ein historischer Gebrauch zu machen sey,
allein wenn man diese Werke so ganz aufser allen Bezug
mit den alten ächten Sagen in den Bar4enliedern nnd hi-
storischen Triaden setzt , so könnte man sie wohl auch
Überhaupt verschmähen wollen als Quellen zur Kenntnifs
der eigenthüiiulichen Natur uod der Cuitur dieser Völker.
Usd dies, glauben wir, würde eben so gefehlt seyn,
als wenn wir n ähnlichen Zwecken die grofsen epischen
Gedichte ans dem Sagenkreise der Nibelungen, des
Dietrich von Bern u, dcrgl. nicht wollten gelten lassen;
auch diese trennt eine eben so gewaltige Kluft, wie die
wtiischen Bardenlieder von den späteren Sagen bei Jeffrjr,
▼o« dar Geschichte der historischen Helden nicht nur,
sondmi auch ohne Zweifel von solchen älteren deutschen
Liedern , die gleichzeitig unter den Gothen existirt haben
müssen I wie unter anderen deutschen Stämmen, und
deren einfachere, historischere Natur bei Jornandea,
Paul Warnefried «nd Anderen ganz offenbar ebenso
dnrehscheint , wie in den alten wälischen Bardengesän-
gen. Wir hätten also hier, und auch nachher, wenn
der Verf. die Frage über das Alter der Molmutinischen
Gesetze berührt, mit gröfserer Bestimmtheit seine An-
irichi übctr .die firaachbarkeit und den Werth dieser
Werke im AUgemeinen gehört; und in Bezug auf die
letzterwähnten Gesetztriaden scheint es uns, als oh auch
ohne Kenntnifs der galischen und wälischen Sprachen,
so viel aus dam Geiste und dem Inhalte dieser Reste ganz
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1094 Gesetze der Angelsachsen.
klar einzuseheü 6ey, dafs weder so eigenfhttmiiche , jeiler
anderen nationellen Cultur so ganz fern stehende und fremde
* Eioiichtungeo 9 iioch auch solch eine Porm, Ivie die, m
welcher jene Eiiiricbtnngen uns Qberliefert sind, niemita
und nirgends könne ersonnen werden , auch wenn deiil
Ersinnenden noch so viele und genaue Kenntuisse dei
Aiterthuri\s zu Gebote ständen, unter deren Voraussetzung
, der Ver£, wie ie« echeint, geneigter wäre, «ne Erdieh**
tnng ansnnehmen, was wir eigentlich nicht Verstehen,
da unserer Einsicht nach eine Fiction dieser Art eher ^
aus den jüdischen und allenfalls spartischen Gesetzen das
hätte entnehmen müssen, was sie in den heimischea
Sitten von Wales nicht Torgeftrod<in hätte, von deaoi
der Verf. hier gans absusehen scheiM. was uns
dafs er sich um den späteren und gegenwärtigen Zustaod
von Wales wenig gekijmniert hat, obgleich ihm dieb
Ton wesentlichem Aiutzen gewesen wäre, da man hier
mit einem Volke stt thun hat, dai sdnen uralten Siüaa
so treu anhängt. Der Verf. hüte also hfef Viel (lositi?^ ,
sprechen können, ja sollen, damit nicht wieder von gräm-
lichen Pedanten, die nie in ihren Büchern was anderes
als todte Buchstaben finden, ein ähnliches Gezänk auf»
gebracht Werde, wie Uber Osman's Gesinge;, denn er*
dichten und ersinnen konnte man wohl in riner Brfl fsR
reger Einbildungskraft eine romantische Welt, deren
Theile man aus der heimischen Sitte und aus allerhand
alten Ueberlieierungen und fremden Vorstellungen be^
terogeo zusanimensetzte, so dafli «beU dämm dito jg^
schickteste Hand des gefstrettibsteta Coiti]|MDfalsteli *ausW'
chenSchdpfnng^en die Unnatur nie g^nz verbannen k^aote,
allein ersinnen kann man nicht ein so öbereinstimmendes,
geschlossenes, consequentes Gemälde eia^ häuslichen,
Familien-* und Staatslebens, ilas ebeü si MM die
meine Natur der Menschen Hü UiMslanito, ^ genat^
bestimmt und mit vielen einzelnen , über alles mensehtit:^
Erdenken erhabenen Besonderheiten die nalionelle Coltor
eines sehr eigenthümlichen Völkchens absjpiegeH; wir
meinten mit unserem vor eiaigm Jidiren lü dtoier 9^
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idurift g:«g^6beiieD Abbild dieses Gemildss, iDdem wii^
ünn jmm Gestell gabeo, eben nichts anderes errei-
clien , als mit Gntkieitlung des Inhalts von der beschwer-
lichen äufseren Form jenen inneren , lebenvollen Zusam-
meohaog desto deuliicher zu macfaen, der die Aechtheit
«ad dae Alter dieser Triaden , sdbsl die Aeo|itheU und
das Aller des Wesenilichen an der Form dieser
Denkmäler jedem verbürgen muFs, der von Leben und
Wirklichkeit andere, als aus Büchern geschöpfte Be-
griffe hat. Halte der Verf. sich auch nach der Er-
scheinungsfona alter Gesetee in alten VöUcern, B. unter
bdern, elwas umgesehen, so würde er auch nicht so
sehr daran zweifeln , dafs diese molmatinischen Tria-
den wirkliche Gesetze waren ; und warum er $ie grade
(p. XXXVII.) „unter dem Gi^^ichtspui^iktje hi/stn^^jipcher
Lriirgedachte" auflassen will , yerstebea wir aiicb mphi
leohl, da wiv von Historischem gar Dichte, und von
Lehre und Gedicht im Grunde eben so wenig darin fin-
den. Man mufs nur an solche alte Reste nicht unseren
Begriff von Gesetz halten, sondern den des Volkes, aus
dem sie stemmen; und eben so in diesen Triaden nicht
von poetischer Aaffassnog reden, diu eio Waliser , der
aa seine Bardenlieder gewöhn! ist , gewifs nicht darin
finden würde; und eben so darf man, da in diesem
Volke, wie der Verf. seihst bemerkt, idsyr Hang nach
eioem gowissea siltUchen Lehrton so gewöhnlich ist,
Bichl dämm wd Am solche besrnfsto md in bestimmtep
Iwecken gemachte Daratdlnng schliefseo , wie p. XL
geschieht. Sehr gründlich ist der Paragraph üb&c
die beiden Hauptquellen der angelsächsischen Geschichte,
den Beda nad die Sachsenchronikf und ibi* V^blUtoib
n steh oad Ca aaderen, firiUieim oder .^terMt
«hichlHchen Werken. Höchst ansHehend jTahden wir
äuch die Znsanwienstellung der wenigen Züge , die wir
^us der altsächsischen Verfassung kennen , mit den Grui^d-
2igen der angelsächsischen , deren Hauptveränderungeu
««schachlUck oad einfach icrklirl srerden. Dlsse Ab-
^danitte qpamasB nnaerfo ganae Erwarlung auf die euh .
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Eeloen näheren AmAhrnDgen in dem zweiten Tiieüe,
den der Verf. hoffentlich recht bald uachkommen lassen
wird. In jedem Falle werden wir in dem Ganzen ein
Werk besitzen, das dem deutschen Fieiise, unserer
Gründlichkeit und Umsicht Ehre macht nnd geeignet
ist, die Engländer zu beschSmen, die^nf diese so wich*
tigen Gegenstände nie einen entsprechenden Eifer Yer>
wandten.
O^rvinua. ,
t > t
1) GrunMiM dir Mti§or9iogk m näktMr BtakHumg otff UMmI-
lami» CUmo. BHt 8 Kt,, «tW vergUMtndm Tkermmnefinedi
imfl meAfir«! TMUmh Fom Dr. <7. Schühler^ Prof, d» Mo.
Tübingen, mekrmrer gMkrUm Gudtiehi^tm' BOigUede. tti IrH-
grirender der aügtmtüim Bne^ßdopiUit d$r getammim Lmd
imd ffamwbikiekt^ der DmUeken. Leipzig 18tl. SM S. VL 8^
2} Lehrbuch der Meteorologie von L. F, Kävitz, Professor an der
vereinigten Friedriche- Lnhenität zu Halle, Erster Band mit S Ii-
thographirten Tafeln. Halle 1831. XFI u. 510 S. Zweiter Band
mit a lithographirten Tafeln, Halle i.832. XX u. Ö9d S, gr. 8.
Bei der Anzeige dieser beiden Werke der neuestto
physikalischen Literatur, die einen so allgemein als wich-
tig anerkannten Gegenstand behandeln, und woyon das
aweite schon durch seinen blofsen Umfang die Anfaml^
samkeit des Publiconul erregen mnliiy werden manchs
Leser dieser Zeitschrifk eine ansfllhrliehe, ins Einselse
eingehende, Beurtheilung* erwarten , und sich über die
wenigen Blätter wundern, woraa£sich Re£ beschränkt.
Allein diese Kürze ist nichts. weniger als eine Folge der
Bedentnngslnsigkeit des Gegensla^hs oder der Maflgd^
haftigkeit sdner Behandlung, sondern wird vtelseitf
durch das Gegentheil hiervon nothwendig geboten, wie
eine nähere Bezeichnnng beider Werke bald ergeiiea
wird.
Die Meteorologie wird zwar von mancfaen für leichl
gehalten, die kein Bedenken tragen, mit ihi*en Bridi*»
rungen einzelner Luftersqheinungen hervorzutreten oiei
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MetoorologieeR vo« SekAblttr nuA V«b Ktetli.. IM.
gar mit dem allerschwerafen PreUeme, aiiiilioh einer
Voihersagung der Witterung, den Anfang zu machen;
genau betrachtet .«rehört sie jedocli zu den schwersten
physikalischen Disciplinen, und wer einmal anfäogt, sicl:^
ernflilidi daipit su beichäflig^B | behält meistens ketnci
Zeit SU andarn eigenen Forschungen übrig. Die Uteren
Werke über diese Wissenscheft sind durch die unglaub-
lichen Erweiterungen und Umgestaltungen der Physik
unbrauchbar geworden, selbst die kurze Uebersicht von
J« T« Majer und die Beiträge von Lampadius liegcA
10 sn wdter Ferne, in den neuesten Zeiten hat ach keioi
gewiegter Physi|^er, yermathlieh aus dem angegebenen
Grunde, auf ihre anafllhrliche Bearbeitung eingelassen,
vielmehr beschränkte man sich auf dasjenige, was einige
Handbücher der Physik als gelegentliche Erörterungen,
oder in einer eigenen Abtheilung enthalten. Eine solche
findet sich namentlich bei den neuesten Handbüchern
d«r Physik von Baum g a rtner und dem dee Ref. selbst,
auch Ist es wohl an sich klar, dafs alle «nr Meteorologie
gehörige Untersuchungen in der g-rofsen physikalischen
Encykiopädie, dem jetzt herauskommenden neuen phy-
aikaUschen Wörterbuche, nicht fehlen dürfen, die fibri-
gene Re& unter die schwersten ihm nug^llenen Auf-
gaben rechnet Die groben Schwierigkeiten liegen haupt-
sächlich darin, dufs eine gründliche Behandlung der-
meteorologischen Erscheinungen ohne eine hinlängliche
Kenntnifs der physikalischen Gesetze gar nicht möglich
iat, dafe dann aber eine kaum übersehbar^ Masse von
liatarialiea verliegi, die überall serstreuet nur mit Mühe
gesattmelt werden, und eineeln genomaMn leicht irre
fuhren, weil alle Erscheinungen im unglaublich g^rofsen
Xiiiftkreise mit einander zusammenhängen. Das Publicum
wird es daher dankbar anerkennen, wenn Gelehrte sich
4ttm Genchifite unterziehen, Ordnmig und Zuaammenhang
4b daa Ganse n bringen.
Die beiden hier amrairigeoden Werke sind nach rfnem
ganz verschiedenen Plane bearbeitet, indefs haben die
Verfasser von beiden sich seit längerer Zeit ernstlich mit
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1098 Metaonriogieeii von SchüMw und wim Kirnte.
dem Studium der Meteorolog^ie beschäftigt. Wenden ,
wir uns zuerst zu No. 1 , so hat bekaantlich der Verf.
desselben seit vielen Jahren mit grofser Anfmerksaaikeit
eigene Beobachtnngen aogestelU nnd auch andere ^
unmittelbaren Vergleichnng ivegen hieren veranlaftt; es
sind daher vorzugsweise viele hierdurch erhaltene Re-
silitate von ihm hier aufgenommen, uud als eine Folge der
anderweitigen Studien desselben ist zu betrachten, dab
Iberall der Znsammenhang der Witternng mit dem Garten-^
iind Feld-Ban nachgewiesen wird. Bei der Wichtigkeit
einiger Kenntnifs der Meteorologie für die Landwirth*
schafi ist daher dieses Werk allen denen vorzugsweise
zu empfehlen, dl« sich gegenwärtig zum grofsen Vor-
Iheile für die filaatswirthschaft im Ganzen, ernatlich «ad
nach wissenschaftlicher Vorbereitung mit der Agricnitar
beschäftigen. Als hiermit zusammenhängend ist es dann
auch anzusehen , dafs das ganze Werk in zwölf Capitel
eingetheiit ist, denen die Witterungsverhältnisse der ein«
Keinen Monate Ton einigen Orten in Teotsehland , vea
denen hinlänglich lange fortgesetzte Beobacbturigen be-
kannt wurden, neb^t den monatlichen Erscheinungen ia
der belebten Natur hinzugefugt sind. Die einzelnen Ca-
pitel handeln nach einer allgemeinen Eüoieitnng zaent
Tom Drncke der Luit nnd dem Bäromeler nr Messosf
desselben. Hierb^ ist nicht Mos daa Widitigste ilbir
dieses für den Landbau höchst nützliche und fast unent-
behrliche Werkzeug beigefügt, sondern, was für den
vorliegenden Zweck am wesentlichsten ist, ea sind aiiob
die wichtigsten Regcdn angegeben , nach deneo ans 4m
Veränderungen desselben auf die naidifolgendo Wüte*
rung mit gröfserer oder geringerer WahrscheinlichlMit
geschlossen- werden kann. Hierbei vermifst Ref. indefi
swei Dinge. Zuerst sind die gewobnlicbea Barometer
meistena seMecht, nnd doch ^kann man nehr leicht m
einem für solche Beobachtungen gans vorzOglidien
langen , wenn man eine wenigstens 1,5 Lin. weite Rdhia
mit reinem Quecksilber füllt, auskocht, in einem ge-
wöhnlichen Gbse mit Quecksilber autrichtet, letataiei
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XfltoiHFoldgieeii von Sdidbler qmI' fon K&mlB. 1099
geg;ezkdea Stauh durch eine Bedeckung' schützt, erstere
aber ab einem Brette mit einer Skale versieht Solohe
tiannte der erfahrne Placidus Heinrich eig^enl«
Hohe Barometer, fhaea gleichen die jetst ttblioheii
NeraialbaromeCer, und man iRndet den Ort der Skale
leicht vermittelst eines gewöhnlichen Mafsstabes, da es
für den vorliegenden Zweck oiobt einmal nöthigist, die
absolute Höhe des Quecksilbers mit völliger Schärfe zu
bestimmen. Zweilena hat aicli Ref. bisher stets roefa^r
tberseugt, dafs seine frühere Angabe einen hohen Grad
von Sicherheit gewährt, nämlich bleibend heiteres Wetter
ist zu erwarten, wenn das Barometer Morgens um U Uhr
am höchsten steht | dann etwas fiiUl und Abends wenig
.wieder steigt, Teränderliches dagegen, wenn es bei Tage
Migt nnd Nachts oder Morgens ftllt. Der Grund hier-
von ist för den Sachkenner leicht begreiflich.
Im dritten Capitel wird von den Winden, und zwar
nur sehr kurz von den Passatwinden und den Moussons,
gar nicht von den heifsen , desto ansführlicher von den
veiinderlichen , mit Rdcksicfat auf ihr Verhalten zur
Witterung gehandelt. Auf ähnliche Weise sind die übri-
gen meteorologischen Aufgaben untersucht, nämlich die
Teipperatur, sowohl die mittlere, ohne BAcksicht auf
ftre Auffindung durch Quellen Wirme, als anch die ^er-
ünderliche tägliche und jährliche, dieHygrometrie, die
Verdunstung , wobei die eigenen Beobachtungen des
Verfs. einen schätzbaren Beitrag" zu tliesem noch wenig
bearbeiteten Gegenstande liefern , die Luftelektricität,
worüber der Verf. beinnntlich viele dgene Untersuchnn»
fBn bereits mitgethdll hat, die Wolken mit Rücksicht
ÄSf Howard*8 Bezeichnungsart derselben, die H^dro-
meteore mit der hierfür sehr zweckmärsigen Ausführlich-
keit, die leuchtenden Meteore, wozu aufser den Gewit-
^ ttttd Wirbelwinden andh der H§hniueh wd Moor-^ ,
^Ipf getoiMi irt, isndHeh der Biniofe des Mondes auf
Witterung und auf die organische Natur, beides
Wifeh der Ansicht des Verfs. bekanntlich sehr bedeutend,
and auletat aUgemeiae WiUerungsregela.
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IM HettfOtolugiM T0tt Sehobler iiad tob Kiatt.
Aus dieser Uebersicht ergiebt sich also im Ganzen,
dafs diese kleine Meteorologie das Wichtigste und Nütz-
licbsle dieser Wissenschaft klar und für die praktische
Anwenduog sehr sweekmäfsig geordnet enthält , mithm
den Oilettanian» namctttlich den A^roMBMDy unbeduigt
vorzngs weise enipfohlen werden kann.
Von einem ganz verschiedenen Charakter ist das Werk
No. 2. Der Verfasser desselben hat früher die Physik
im ganzen Umfange studirt, und ist dem Publicum weg-en
seiner gründlichen Kenntnifs dieser Wissenschaft hinläng-
lich bekannt. Schon seit längerer Zeit beschäftigten iho
einzelne zur Meteorologie gehörige Untersuchungen vor-
zugsweise, zuletzt aber hat er mit höchst regem Eifer
und mit juji^endücher Kraft diesen speciellen Zweig er-
griffen, eiue Frucht dieser Bemühungen ist das yorlie-
gende Werk, und gegenwärtig- widmet er schon zum
zweitenmale, unterstützt durch 'die bekannte Liberalität
des die Wissenschaften allseitig thStig fordernden prens-
sischen Gouvernements, alle seine Zeit und Kräfte fort-
gesetzten meteorologischen Beobachtungen auf den Gipfeln
der Schweizer-Alpen* Während der Arbeit zeigte es
Mch nämlich t dafs manche Probleme, namentlich Aber
die Beschaffenheit der Atmosphäre in bedeutenden Höhen,
noch keineswegs ganz im Klaren sind, und dafs es hier-
über noch immer an hinlänglich genauen anhaltenden
Beobachtungen fehlt, wie schätzbar auch die Resultate
sind, die wir den angestrengten Bemühungen eines
de Saussüre, de Lüc, Leop. yon Buch und ins*
besondere Alexander v . H u in b o 1 d t verdanken. Von
dem Eifer und der Beharrlichkeit, womit unser Vcif.
diese Aufgabe zu lösen abermals unternommen hat, läist
sich allerdings viel erwarten«
Die beiden bishei' erschienenen Bände enthalten kei-
neswegs die Meteorohigie v#llstindig, viebadir nur sni
einige Theile derselben, das Ericbeinen der Fortsetiu^
wird nach dem eigenen Geständnisse des Verfs. dadurdi
verzögert , dafs er selbst zuvor den Schatz seiner Erfidi-
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I
Mtieorologieea iroB SeMbler und vda Rimlt. lUH
ruDgen durch anhaltende Beobachtung'en ip der Schweis .
und Italien vermehren will, da zwar die Masse der vor-
handenen Materialien kaum übersehbar ist, man aber
dennoch, gerade bei wichtigen Problemen, oft aus Mana-
ge! ao fpstbegrflndeteD Thatsacbeo, nicht zur Entscheid
duog kommen kann. Bs läfst sich daher auch olcht be-
stimmen , ob zur Vollendung des ganzen Werkes noch
ein, oder was immerhin möglich ist, noch zwei Bände
von gleichem Umfange, als die beiden vorliegenden, er-
forderlich seyn werden. Nichtkeoner könnten hiernach
TO der Voraussetzung verleitet werden, als ob diese
grofse Ausdehnung eine Folge der Weitläuftigkeit im
Vortrage sey, die nähere Einsicht der Sache zeigt jedoch
aug^enfallig, clafs die Ursache in nichts anderem, als im
Umbnge der Sache selbst zu suchen sej, denn der Styl
ist einfach und rein didactisch, und bei manchen Unter-
suchungen sind sogar blos die Hauptresultate kurz mit-
getheilt, ohne die Aufgabe bis znr definitiven Entschei-
dung zu bringen, wie z. B. gleich im Anfange des ersten
Theiles bei der Frage über das stets gleichbleibende
Verhillnifs der Bestandtheile der atmosphärischen Luft
und Über die Zulässigkeit des Daltoa'schen Gesetzes,
wobei auf die ausführlichere Behandlung dieses Gegen*-
Standes im neuen physikalischen Wörterbuche verwiesen
wird. Allerdings sind die hier .behandelten Abschnitte
mit einem hohen Grade von Vollständigkeit und ansfübr*
licher, als man es sonst findet, bearbeitet, die zählrei-
chen vorhandenen Materialien sind aus den weit zerstreu-
ten Quellen mit seltener Beleseuheit gesammelt, überall
Aber gewahrt man nicht blos eine leicht nur Verwirrung
erzeugende MiCtheilnng derselben, sondern der Ver£ hat
zugleich die Muhe nicht gescheuet, sie zu ordnen, die
schiechteren von den guten zu sondern, und die letzteren
2Ur Begründung aligemeiner Gesetze zu vereinigen. Auf
diesem Letzteren beruhet ohne Zweifel ein vorzüglicher
Werth dieses Werk^, wodorch es sich von allen früheren
nntersthridet , dafs nähilich die rinzelnen meteorologi-
schen Erscheinungen nicht isoUrt stehen , sondern dafs
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fibmll iht ZasttffimeDhang nicht etwa aas allgemeinen
uiibegruncleteD Pnncipien und unerwiesenen kosmischen
Kräften abgeleitet, sondern aus vohlbegründeten, klaren
und einzeio leicht Terständlichen Thatsacheo, im Ein-
klänge mit noerfayintea pbyaikaiiachea Geadami und nit
Benatsnng des Ckloib eotwicMt ist
Die bereits behandelten Abschnitte betrefij^n die che*
mische Beschaffenheit der Atmosphäre, dann eine allge-
meine Uebersicht der Temperatnrverhältnisse, demnächst
die Winde und endlich die Hydrotneteore im ersten
Theile. Bei den letzteren ist die von Gasparin zuerst
in Anregung gebrachte Unterscheidung in Sommerregea
and Winterregen weiter entwickelt^ bei den Winden
aber ist die verändeiliclie Richtung derselben mit deo
sie bedingenden Temperaturen und Hjdrometeoren in Ver-
bindung gesetzt, auch bedarf es kaum der Erwähnung,
dab überall die brauchbaren Vorarbeiten beoittst and
die Meinungen Anderer kritisch geprfifl sind. Der zweüe
Theil enthalt eine genauere Untersuchung der Tempe-
raturen zur schärferen Bestimmung der isothermischen
Linien, mit einem am Ende aus Erman's Beobachtno-
gen hinzogefttgten Nachtrage , dann ftber difs (Schwan-,
kungen des Barometers and endlich über die elAtri*
sehen Erscheinungen in der Atmosphäre. Auf allen Fall
fehlen also noch die gesammten leuchtenden Meteore,
and wenn der Verf. obendrein den tellurischen Magoe-
tismos mit in den Kreis seiner Untersachungen ziehen
eollte, was bei dem, gegenwärtig kaum mehr zweifel-
haften Zusammenhange desselben mit der Temperatar
sehr zu vermuthen ist , so läfst sich hiernach der Um-
fang der noch zu erwartenden Abtheilungen mindestens
ohngefahr schätzen, insbesondere wenn man hinzaninunly
dafls ans dem reidien Schatze der seitdem angesteflteo
eigenen Beobachtung en des Veifs. nodi ifricäiti^e Nach«*
träge hervorgehen müssen.
Sesehrinkea eich also die AfOqprilche des ersten dsr
angezeigten Werke auf Leichtigkeit und Be<iuemli^itik^l
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Brief w«€bsel zwiielieA Ueinr. Voft und Jean JPanl. 1108
der Uebersicht, 80 lassea sich bei dem zweiteo Voll«
•tilDdigkeil mid Tiefe eis wesentliche Vorzuge belrach^
teD, und jirenn jenes dem grofeeo Pttblicimi als sehr
brandbbar empfohlen werden kann, so darf dieses da-
gegeo io keiner Bibliothek derjenigea fehlen, die sich
selbst mit der Meteorologie beschäftigen, oder zu einem
eigeaeo Urtheile über die £rscheiauogen im Luflkreise
gdai^geii wollen.
M u n c k e.
Brief wech$el %wi»ohen Heinriek ^ofs und Jean Paul,
Bmmgegehen' von Jbra harn Foft. Mit Beinr. yof$*9{vokllg9-
tnjjBTmiem} Bildnife, BvidtWerg, bei WkiUr, 1833. 148 & «V 8.
(Frei« 1 11. 18 kr.).
Das Wort der MenschenliennUiift : Zeige mir,
mit wem Dn umgehst, so weifs ich, wer Do
bist! wird besonders in den Rfickerinnerungen an den
frühe von uns geschiedenen, Ton Manchen, weil Er fQr
Ostentation allzu bescheiden und schüchtern war, leicht
mifskannten Verf. bewährt. Er war Göthens und Schil-
lers Schfitding und Hausfreund, Jean PauU Frevudy
▼leler vertrauteren Gemflther Vertrauter, der Genosse
ihrer Freuden und Leiden. Charakteristisch besonders
ist es, wie geschätzt Er war von den gleichalterigen
Gelehrten gleicher F'ächer , und wie Er dies ohne Eifer-
sncht, duroh fördernde Theilnahrae an ihren Arbeiten
Terdiente» Weil Er nach seiner Bedlicfakeit gerne auf
MaDgelhaftes sie pritatiin anftnerksam machte, mbtt aech
in öffentlichen Urtheilen, Hecensionen, Notizen, mehr
auf die Sache der Wissenschaft, als auf die Person
achtete, und nur aus entschuldigeBder Gntmüthigkeit
schonend war, wenn nicht Anmafsangen ma schärferer
Rüge aufforderten.
In seinem Briefwechsel sprach Er sich oft viel kecker
oder entschiedener aus, als im schneller wechselnden
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IIH BnUmtchutl swiMlim Hclnr* V«ft iib4 Harn Pml.
Gespräche, wo 6r, was ihm airfBel, erat hfai ood her
bewegen^ und nicht voreilig beantvvorteo wollte. Des-
wegen wird auch die Fortsetzung der Briefe und Brief-
aosztlge (die nicht durch Weglassen kräftiger Urtheile
allzu achenend seyn dürfen) vieles Treffeade. zum Wort
bringeo. Soli die Wahrheit jgewiniien, so mvfa mao-
ehes, was suerst mib rasa gesagt ist und desto «u-
partheiischer und rücksichtloser gedacht war, uicht allzu
lange nachher auf den Dächern (des Publicums) laut
werden.
Jean Paul vollbrachte zweimal frohe und erfreuende
Wocheain Heidelberg, Vormittags arbeitend , wie wenn
er BU Hause w5re, alsdaon in dem von Ihm begeisterten
Umgang belebend und hochgefeiert. Schon beim ersten
Hiersejn war Heinrich VoHs sein ßdua Achates. Daher
dann ein ununterbrochener . Briefwechsel , inhaltsreich
besoüdera durch des Lernbegierigen wohliiberdachte Mit*
theilungen über seine Arbeiten an Sliakespeare, Aeschj-
los und (S. 125.) Aristophanes, auch über neuere Ger
genstände <ier schönen Literatur, die er, als thäliger
Recensent, berücksichtigte. Er strebte natürlich dar-
nach, über seine Methode und einzelne eigenthüniüche
Ansichten dem «^charfsiQuigen ästhetisch - philosophischen
Freund in der. Ferne ein Urtheil möglich zu machen
und belehrende Winke abzugewinnen* Gerade deswe-
gen werden diese Briefe sehr interessant , vornämlich
als Conimentar zu Vofs's Studien über Shakespeare , in
welchem Er durch historisclie Forschungen und dich*
terisches Mitempfinden so einheimisch war, wie die w^
nigsten englischen, mehr gelehrten, als poetisch sjaoh
pathisirenden Ausleger diesios dramatisoh verwirlclicheu^
den Genies.
4 • »
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70. UEIDELB. JAHRB. v. LITERATUR. 1833.
Briefwechsel zwischen Hcinr. Vojs und Jean PauL
( Be» e hlu/s.)
Maa lese zuerst die heitere Sccoe auf einem Reise«
aiisfliig zwischen Dienheim und Mainz, wo ein Paar
einen «^Mdster Vofs" kennen lernen ^ der ihre
Bichterbibel noch mehr, als sie selbst, in Saft und Blut
verwaiideil hatte. Dies zeigt dann der Briefwechsel selbst
durch Expositionen ül)er den Sturm 8* 17, über den
Sommernachtlraum 37, über Romeo und Julie S. 40
hi842, über Lear und Machet S* 44.45, über die histo*
rischer Einleitungen bedürfenden Geschichtdrama*8 von
König; Johann bis H^fini ich VIII., S. 84. 85, vgl. S. 5. 6,
vorzüglich aber S. 58 — 62. über Hamlet, wo V. an-
scheinende Widersprüche in dessen Handlungsweise da-
darch auflöat, dafa Er zeigt, der Dichter wollte Hamlet
nicht blos Walinsinn spielen lassen. Er gebe ihn ab
wirklich wahui»innig, nur so, dafs der junge H. (anders
als der Greis, Lear) noch volle Kraft zu sinnen und zu
grübeln behielt, während aein Herz in Stücke zerapmn-
geu und aafgelöait iat.
Diesheifst psychologisch interpretieren! Die
philologisch kritische Sjlben- und Wortklauberei, das
Kleiaste herabgestiegene Detailstudium mufs aller-
diogs vorausgegangen und erst beendigt seyn. Aber den
nralh alsdann der Erklärer nicht in diesen Kfimmel-'
hafitgkeiten (wie Reitz sie nannte) stecken lassen oder
gHi* verlieren , wie jetzt manche das Nene Testament nur
um der Partikeln jagd willen zu commentiren scheinen,
^^och weniger .darf er, was sein Originaldenker gedacht
I^en mftsse, a priori, das heifst eigentlich nur, nach
eigenen Phantasien — construiren. Die Phantasie des
Brklärers mufs .so in die des Dichters eingedrungen seyn,
dafs er nur aus Diesem Stelle für Steile nachweisen kann,
UVLJalirK. 11. Heft 19
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lim BrfofpediMl wtrMhitm UOmt. y«b und Jeu iVwl.
welches Charakterbild demselben durchaus vor|[^eschwebt
habe, nach welcher bestimmt gedachten Persönlichkeit
er jedesmal seine Personen reden und handeln iieis. Dies
that Vofs; und Jean Paul erwiederte (S. 66.): „Ueber
Hamlel hast Du kästlich und geoiai erraihen. Wer sich
(so) wahnsinnig stellt, war's und Wirdes und- ist's.''
Ebenso ist die allgemeinere Charakteristik über Sha-
kespeare und seine Bearbeiter, S. 42 — 44. 58, trefl'end.
Zugleich aber wird Calderon, S. 19 — 23, hochge>
achtet S. 33b erklärt Jean Paul: In der Caiderons-
Uebeffseisang hat schon Schlegel nmsikaüach viel gel«*
stet , unendlich mehr Gries. Da ist wahre ^Seelefr-
musik.
Aber auch vieles, was uns näher berührt, tritt hier
ins Licht. Nicht nur Notizen über Jean FauTs spä-
tere Werke, sein Leben, den Kometen a»8. w.« sonders
auch Urtheile ober einzelne Zeitprodocte, wie Kranse's
Sophismen fGr den Nachdruck 8. 9, 11, Müllner*«
Yngurd S. 23. 29, Schröder S. 95, Zoega S. üa,
Walter Scott S. 141. 134. 138, die Schauspiele von Hou-
wald S. 120, den (zu wenig belianntgewordeneo) Hufs,
Ton Schier,, Grillparners .Ahnfrau & 63, woS«67«
Jeen Paul „mit rother byiantinischer Kaiserdinte" un*
terschreibt, welcher auch an mehreren Stellen des Vaten
Vofs Sprachgediegenheit und Lebersetzerskraft ganz an-
dere würdigt , als es die Frivolität Mancher anerkemien
will, die ohne ihn nicht mündig geworden w&ren. s.
S7. Auch von den späteren Schriften dieeea Albneialeii
eohreibt Jean Paul 6. 87: „Auch hier ist die Vos-
eische Prosa ein Goldbarren für den deut-
schen Sprachschatz, sowie Euer Gesammt-Sha-
kespeare uns ihn und die Sprache zugleich erneuert.
Durch Eure Keckheit, den einsilbigen Brittejh
der ja eelber im fiDglischen für die Britten ein SImi
Voll drängendes Treibboln ist (S. 92.) in einen eia-
sylbigen Deutschen zu verwandeln, gewiool
un8re Sprache wahrhaft, deren Wasser Andere so weoiiri
wie das pl^sische, einer Zusammendrückung fthig halAeo-
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Streben nach G e d r ä n g* t Ii e i t kaan die Sache der
Zeilschriftsteller nicht sevn, die nur einem oberflächli-
cheo l^ubiicum durch französireude leichtverstäadiicha
Wilsigkeit Kursweü miichen wollen, tun die Menge tag-
tiglich an ihrer table dfhote %u yersaminelB,
Die späteren Aufsätze voo J. H. Vofs, aaf welche
Richters, des Sprachforschers, Urtheil sich hier bezieht,
find besonders die beiden über Frita Slolberge
Uebergang (nicht nuin rtaiiichen Kirchenweeen allein,
Madern) t»r hierarchisch arielokratisehen Unfreiheil und
zu einem unglaublich weit ^getriebenen Hang, auch An-
dere, und gerade die Vorzilglichen, ebenso unfrei zu
BMcheo* Oer Uebergang an sich wäre Privatsache
Qod, vom Standpnnci der Geiatesfreiheit aus betrachtely
iadiTidueller Irrihum gewesen, S. 87. Aber Proeo«
lytenmacherei ist die arge Lust, Andere in Fesseln
20 locken , S. 89. Vor dieser mufs zu jeder Zeit, wie
vorSeelenverkäuierei, ofTen und kräftig gewarnt werden»
Sie, diese Tochter der BigenoQtsigkeit und Herrsch»
saehl, hingt sich an jeden Aoctorttälsglauben der Einell
wie der Andern Kirche und macht ihn durch die Mei*
nung von einer mystischen Kraft zum AUeiuseligmachen
NOtiriach.
Griber di^ Gesinnung und die Menschenkenntnidii
i«i weither Jene Vossisdie Rettungen der protestantiaohefi
Vhmk^ und Lebensfreiheit geflossen sind, geben hiet
mehrere Briefe des Sohns, welcher nach S. 89. 91. Stol-
berg als Einen „Mann Ton unwiderstehlicher
Antiehungskraf t** von Kindheit an so verehren ge*
wahM wu?, a 69^64. 97. IttL die unaaittalbarMeD
Beobachtungen. „Und Den Mann, schreibt H. VoA
S.90, den noch jetzt viele unchristliche und überchrist-
ticbe Christen als einen Heiligen zu verehren vorgeben.
Den haben Aristokratismus [Kastengeist] und Aflerreli-
gion zu Dem gemacht, was er nun ist; sie habm all die
sdlen Keime erstickt, die, Ton der Sonne des Bürger«
smas gereift, die erstaunenswerthesten Früchte getragen
bitten, Sie haben ein MeisterbUd zertrümmert Stolberg
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\
t
I
> 1108 Btl«fvMhMl «wImIi^ Heiar. ¥üb «nd Jcm BmmU
lieb' ich sosehr, als je, das heifst, den alten Stolberg»
der aber, obgleich lebend , nicht mehr auf Erdeo ver«
weilt'
Am Vater sah der io dieser Aqgelegeoheit am weoig*
8ten voreingeaommeDe Soho, wie Er dem Freu ml ver»
traut, täglich die Wahrheit des Worts: „Wo gutes Ge-
wissen ist, da ist wahre Hube. S. 98. Nichts Persönli-
ches rührt Ihu in dieser Sache. Ich bewundere (wS. 85.)
kl des Vaters Schrift den ruhigen Ton, der milde isti
wo Milde ausreicht und doch eine grofse Kraft im Hia»
terhalt ahnen läfst , manchmal aber auch derbe i^t und
doch nicht aus Leidenschaft Kraft vergeudet. W ie sehne
ich mich, fügt Er gemiithvoil hinzu, über religiöse
Gegenständ e einmal Deinen Posaunenton, iheurer
Jean Paul, zu Ternehmen! Die meisten Theologen
schweigen. Wohl uns, dafs wir noch Laien haben, wie
Du, die zu reden wissen. Das Wort hat die Weit er-
schaffen; das Wort wird sie erhalten!" — •
Und geratle dieser Punct mag der leiste seyn,, auf
den wir wegen des reichen Inhalts dieser Briefe aaf-
merksam machen, weil er unstreitig der wichtig-ste, der
universellste ist. Warum sollte es Ree. verhehlen, wie
Werth ihm, für die Sache zuvörderst, aber auch für dis
Person, die Steile S« 68. von Jean Paul ist, wo Er unter
dem 7. Jan. 1819. an Vofs den Anfirag giebt: „Paulas
grufse von mir recht herzlich , und sage ihm, dafs aieia
Studium seines Commentars, so wie das wieder-
holte von Lessing, mich immer stärker gegen dis
nenen Ueborchristen, wie Kanne, Ibicms a.s«iK
erbittern, wie es- schon mein diesjähriger Nsu-
jahrsanfsatz im Morgenblatt zeigt Ach, hätien
wir kein anderes Christenthum , als in den vier Evange-
lien wörtlich steht und also keine drei Ckristenspultuages.
Wie Tie! Blut und Nacht wäre dem armeb Biirppa er-
spart worden."
Dartiber erwiedert S. 18. H. Vofs sehr richtig: „Die
Glorie um Christus und die Apostel ist köstlich für den
Maler, Dichter, religiösen Menschen ; aber der Wahr*
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Briefiroeliiel swiicben Uttlor. Vofs und Jean Paul. 1109
heitliehencle, cier sich nicht mit dunklen (be-
fühlen [mit dein doch nur erst aus Aogewohaheiteo ent-
stehenden religiösen Bewu&tseya] begnOgt, will
aseh historisch wissen, wer €hristus war, ob,
wie alte Mystiker sagen, vergötterter Mensch, oder ver-
menschte r Gott." Man bedenke nur, dafs ein mit dem
Logos persönlich und untrennbar vereinter Menschen*
geist uns Uebrigen nie ein Beispiel seyn könnte, was wir
als Menschen bq werden vermögen. Wenn in Jesus der
Messiasgeist nicht wahrer Menschengeist, sondern ein
Wesen einer höheren Gattung (nach Schleiermacher)
mit einem solchen m Einer Person vereinigt gewesen
wäre , wie könnte er andern Mensch engeistern im Leben
aad Sterben gezeigt haben, was aooh ihnen möglich und
mn der Wahrheit willen Pflicht sey.
Der Briefsteller hat nur Einen Zweifel (S. 70 ). Es
sey nicht (mit Paulus) vorauszusetzen, „dafs die Facta
in den Evangelien so, wie sie sich in Wahrheit zuge*
tragen, enthalten Seyen, dafs also deäi Interpreten blos
aafgegdben sey, die Facta durch Aufstellung^ einer rieh«
tigen, und Hinweiß^räumung- einer verdunkelnden Ausle-
gung von aller veiclunkeliHlen Umklei<lung zu entliulleu."^
Jtslr erklärt sich (S. 71.) für uberzeugt, dafs schon die
Bfangelien Jesus in einer. Glorie vorstellen, die
Bf im Leben nicht hatte, mit Einern Wort, dafs sie uns
statt der objectiven Wahrheit häufig nur ihre sub-
jective Ansicht davon g-eben."
Ich bedaure sehr, dafs mich der Freund niemals
, hierüber mit Ihm mich su besprechen veranlafste. Ich
würde vorerst ihn gewarnt haben, sich nicht durch die
immer wiederklingenden Kunstworte von Objectivität
wnd Sobj ecti vität blindlings im Kreise hei umrühren
zu lassen. Jeder hat nur das, was er auigefafst hat,
also das Subjective, zum Object. Die Aufgabe
jst nur, daft der Bewnfttseyende das, was in ihm selbsl
ihm vorgehalten (objicirt) nnd als wirklich oder als
wirklich - gewesen aufgenöthigt ifit , vollständig auffasse,
betrachte .und in Gedanken oder Begiiiien festhalte. An
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Uli BiMiracliMl iviielieB Heiar. YoU aod Ifwh
flieser Vollständigkeit des Aiiffassens oder Subjectivirens
. (= Festhalteos ia sich als dem Subject) wird aach der
Redlich «bewurstseyende oft durch allerlei Ursacheo 4er
Serstresimg , durioli ScbnelligkeU. ki der Thathandliivg^
durch die MeiDiin^, maoches EiDflufereiche nur f&r Ne>*
benumstand zu haitea oder die Wirksamkeit von Haupt-
Ursachen nicht zu kennen, g^ehindert. So mögen wohl
die Apostel und E?angelisieQ auch s^lt^o das subjective
Objeot gam geftftt haben. Sie waögw B. niehl deaft-
Hch sieh g^daohl haben 9 wi^ Tiel das glawbenavoile Vef*
trauen auf die Messiaskraft pbjsisch vermochte, und dafe
eben deswegen die meisten He Hungen vermeintlich dä-
noDiscber Besitzungen , welche daskals das schwerste
achleneii, im der Thal» weil Yor depi Mesaiaa alle Di»
monien weichen mvfiBlea, die Mchteaten waren» Sia
mögen schnell wirkende angewandte Mittel , die bis-
weilen nur überhanpthin (als Oele, Speichel, BSder)
genannt werden » als Nebensache betrachtet und daher
meist nichl geauan^ haben , wie gie ftb^rhauLj^t daa» vat
geheilt wurde» flnfserat unbestiaunt laaaen und das Meiila
den Dämonen, die vor dem Messias nicht Stand halteo
* konnten, zuschreiben. Daran aber, dafs sie das, was sie
auffafsten, redlich überliefern, habe ich nie zu 2w«i£ela
Grund gelftuiden» folglich in ihren lieberlieferangan
nicht leicht etwaa Unrichtiges , aiMideis nuv UqtoUiMik
digkeit vorauszuaetaen Ursache gehabt Daraus folgt,
dafs man das als Factum Angegebene festeuhahen, irohl
aber manches nicht Angegebene zeitgeaiäfr hiawBiidefikea
und die KOrze zu aufiiiKren hailk
Sie ftherliefern auch i!o^u dea^61air)e>J(eM nicM»
anderee, als wae mau daaiala dem MessiasgeisI, ali
Tbrzüglichstem menschlichen Gottessohn glaubte, ari»
deswegen auch Jesus um die Herrlichkeit, weichest
vor der Menschwerdung als präexistireoder zum^ Messias
bestimmter Menschengeist bei dem Vater, ala dem lUeir
»igen Gott, gehabt, ala um etwas, das Er nach dasi^
Tode wieder erhalten könne (Joh. 11, 3» 7.) und gar
nicht, als um etwas bittet, das wie eijue g^tfttipha Maftaf
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BciefwecliMi zwiMben UeUr. Vofa und J«aa PmL Uli
oder Pefson immer antrennbar mit Ihm verbunden ge-
wesen wSre. Aach Vob fand sehr richtig S. 97. dae
Haipiresultat : „Nie spricht Christus von seiner wunder-
vollen Geburt, von der Dreieinigkeit, vom Büfsen für
die Weitsündea, von einer VVuaderkr^t des Abendmals,
TOB seiner Himmel- und Höllenfahrt, von seioer Alir
niaseaheil. Eioeti Sohn seioes biiBinllscbeii Vaiere neaut
Er ddh und fiMrdert, dafs Alle (in der gottgetreuen
Gesinnung) leben, wie Er, damit auch sie Gottes
Söhne Seyen." (Matth. 5, 9. Eom. 8, 14} Was die
[^iiliach* scholastische Theologie als das Uncntbehr-
lichale am vollstäodigsteo weib, darüber kanii sie ans
Jesu Mniide nichts , oder kau» doige verwaodte Worte
oachweiseo.
Noch an mehreren vollständigeren Stellen über ReU-
fioa imd ächtes Christenthun isl der ganze Briefwechsel
reich. Jean Paol wollte beaoocUra im Lessingischeo Sina
dariber sehreiben, 8. 77. Wie antimjslisdi diese» ge<-
Worden wäre, hauptsächlich nachdem m^'Stische lieber-
ipannungen auf Geist und Leib seines Sohns so verseh-
rend gewirkt hatten , ist aus der so gebaUvollea n-WAhir** ^
heil ans Jean Pauls Leben*' Heft 8. sn ersehen.
Genug. Beide in der Geinüthlichkeit und Wahrheitn-
forschung so verwandte Geister verliefsen uns, während
sie noch vieles vorbereiteten. Um so wönschens werther
hrti's, dafi» ihre ReHqoieii (¥0» Vofs auch Aussige aus
•sdern interessanten Briefen, Receasionen and Program«
men) sorgfältig gesammelt werden. Dem biedern
Heinrich Vofs gebührt ein Have, anhna Candida f
wie £r selbst es 8. 88. über Jean Pauls Si^wiegervater
«Mprach:
— — heiligen Sclüaainier
«chlall Er. Scheiden von uaa Gute , so aoniit niclii T«4.
Dr. Paulu9.
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1112 Selbstbiographie voh Dr. Aug. 1 riedr. Wilh. Crome.
üelbstbio^r ap h ic von Dr. August Friedr. fVilhelm Crome,
Senior der Luivo aiidt Gicbsr^n. Stuttgart , bei Metzler, 1833,
Cromes Namen wird io den Jahrbüchern der Wie*
eeoschaft itr ehrenTollem Andenken bleiben. Die Linder-
kunde verdankt ihm ungemein Viel, und seine Schriften
in diesem Fach haben anerkannten Werth, ^ein g-röfstes
Verdienst besteht aber darin, dafs er einer der ersten
und Yorsilglichsten Begründer ,diese§ höchst nütetichea
Lehrfachs in den Hallen des akademischen Stttdioms
war, und dafs er beinah' ein halbes Jahrhundert vor-
trefflichen Unterricht darüber ertheihe. Dadurch lebt
er im dankbaren Andenken von Vielen; dadurch hat er
sidi aber anch Ansprach erworben, im Andenken der
Nachwelt fortznleben. Durch seine Selbstbiographie hat
er sich selbst ein schönes Denkmal gesetzt Sic ist ein
treuer Spiegel seines cdehi Lebens, Bestrebens und Wir-
kens. Schmucklos und doch anziehend ist die Erzählung
seiner Jiigendbildnng, seiner Lehrjahre, seines Auieat»
halte und Wirkens im Basedow'schen Pbilantropin et
Dessau, einer merkwürdigen Anstalt, über die er uns
manches Interessante mittheilt, und die für ihn eine gute
Vorschule iür seine lange akademische Laufbahn zu Gies-
een war« Das Eintönige dieser Lanibahn verschwindet
in seiner Erzählang durch die vielen Episoden, dk
eich in dieselbe verflechten, worunter vorzüglich seio
Verhältnifs , in das er zu Kaiser Leopold IL auf der
Krönung zu Frankfurt kam, und seine Sendung an deo
Feldherrn Bernadette zur Unterhandlung der Neutralitat
der Darmstädtischen Lande die Aufmerksamkeit in Ab*
Spruch nimmt. Was Kaiser Leopold ihm in einer lan^
Unterredung über seine Vcrualtiing in Toskana niit-
tbeüte, gereicht diesem helidenkenden , humanen Für-
sten zu grofser Ehre. Crome entsprach dem Vertrauea
des Kaisers durch seine vortreffliche Verdeutschung des
italienischen Werks über jene merkwürdige Staatsverwal*
tung. Im Umgang mit dem französischen Feldherrn ge-
wann er dessen ganzes Vertrauen und seine besondere
Zuneigung, wodurch er in den Stand gesetzt wurde,
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SeltMtbiograpbie Toti Or« Au^. Frtedr. Wilh. Cromc. IIIS
seiner Regierung", seinem Land und besonders der Uni-
versität Glessen erspriefsUrhe Dienste zu leisten. Auch
seine spätere Reise in der Schweiz und 8ein Aufenthalt
bei Pestalozzi zu Ifferten lieferten seiner Selbstbiographie
anstehenden Stoff. Ueberhaupt macht diese den Leser
mit manchen merkwürdigen Zeitgenossen bekannt Wie
er selbst in seiner Wissenschaft unaufhörlich weiter strebte,
und wie er sich Mühe gau, den Unterricht darüber der
akademischen Jugend recht nützlich zu machen, ist aus
seiner eigenen Erzählung abzunehmen » so wie mehrere
seiner Schriften es beurkanden.' Von seinen Privatto-
genden, seiner rasttosen Thätigkeit, heitern Lebendig-
keit und grofst u Herzensgöte können diejenigen zeugen,
die in uäherm Ver hältnifs mit^hm standen. Sehr vielen
Menschen hat er freudig, mit eigener Aufopferung von
Kraft, Zeit und Geld geholfen und genützt. War er
seinen Frennden ein treuer Freund, so zeigte er g^geu
seine Feinde stets die gröfste Versöhnlichkeit und seine
Rache bestand nur im Wohlihun , so weit er es ver-
mochte. Den akademischen Jünglingen aber war er
ein uneigennütziger, väterlich gesinnter Rathgeber und
Freund, und die Lebendigkeit , Klarheit nnd Bündigkeit
.seiner Vorträge, wozu er sich jedesmal gewissenhaft und
mit Sorgfalt vorbereitete, waren ganz geeignet, den
Lerneifer zu wecken und zu beleben. — Das erste Werk,
wodurch er sich in der literarischen Welt rühmlicli be-
kannt machte, ist seine Froduktenka r te von Eu-
ropa mit ihren Erläuterungen, eine Arbeit, wie noch
keine war versucht worden, und die überall Bewunde-
mg" und Nacheiferung erweckte. Die dritte Ausgabe
erschien zu Hamburg 1785. und die vierte hei Cotta zu
Tfibiiig^en 1804. Von seinen andern Werken verdient
hier vorzüglich das : Ueber die Kulturverhältnisse der
ciiropäischen Staaten, Leipzig 1792, ferner die Ueber-*
sieht d^r Staatskrftfte der sämmtlichen europäischen Län-
der mit einer neuen Verhlltnifskarte von Europa. Leipzig
1818, und die Geographisch- statistische Darstellung der
Staatskrafte der sämmtiichen , zu dem deutschen Staaten-
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1114 Ltleinitcln ScbvlgrMMiMlUr, viM> BlalbUnlwM.
bunde gehörigen Lioder« 4 Bde. Leipzig 1810— >18S1.
rühmliche ErwähiiUDg. Das vollständige Verzeichnirs
seiner Schriften ist der Selbstbiographie ang^ehängt —
Sein achtzigjähriges Leben (er ward geb. 115d. und
sUvb 1833.) fiel in einen Zeitrmm , der filr die geislig%
wimmieliaftliche, siUliohe ond potilische Bildung uad
Gestaltung der Menschheit von der höchsten Bedeutuog
und Wichtigkeit ist. Er hat Vieles und Grofses erlebt,
und durch redliche und unennudiiche Verwendung seiner
Talente in seiner Sphäre dasn mitgewiritl, 4alii das
Wahre und Gute die X>berhand gewinne und der Perl-
schritt der Menschheit gefördert werde. Er ging mit
dem BewuTstseyn zu den Vätern : nicht umsoost .gelebt
zu haben. Ehse eeioeni Ciedäcbtoifa !
Laieinische Schulgrammatiken.
für aXh CUutm^ im mm» faßUakm md 4m ünt^niM: ttWä^
«emdbii fbrvi der Dan^eOimg. SwrMiei «m Ferdinmnd filtli-
imkauMf Prefetwr am Lsfcttm au OvuUma. Mit dnm Ferwmi
wm X C. Orelll ZüHek, M OnU^ FßfiU u. Comp, 1888. Ifl
und 888 8, in gr, 8.
Die Gesetze unseren Institntn verweisen una bei dia-
aem Werke auf dne blcdhe Belalio« seinea Inhalts, seiaar
Einrichtung und BestinDmung; und indem wir diese in
liefern suchen, hoflfen wir durch eiue nähere Angabe der
Beschaffenheit dieser Grammatik nnaeie Leser in deD
Stand zu seinen » selbst zu beurtheileii, in wiefeni dmeh
diese neue Graauiialik die Maase der Torhanilepett nad
mit jeder Messe aich mehrenden Lehrbücher der late^
nischen Sprache ohne Noth vermehrt worden ist, oder
ob durch Charakter und Anlage, eigeathümliche Ein-
richtnng oder Behandlnngsweise das Eraeheinen diastf
, Granunatik hinUngliidi gerechtferliyl eraeheinen kaaa
Daa^ Vorwort des Hrn. Prof. Orelli enihftk tre0Ucli0
Winke für Aufstellung eioer iateiuischeu Schulgrammatik
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^«Melnitche Sotmlgranmatlli , m F; Blmbtnihaiiii. 1119
4
wwie eines umfassenden lateinischeB Lexikons.'^) Für
jene siel It er drei Haupterfordermsse auf: Klarheit in
der ^esainiuten Darstellung, anschauliche Vorlegung tier
Paradigmen und Beispiele und eine besiiminte, in s Auge
fallende Abiheilung in drei Curse. Ferner fdnd aufsec
Aodemi dasu erforderlich : bericbligte Texte der A119-
gabee der etnselnen Autoren , daiiB wo möglich gute
Specialgrammatiken und Speciallexika über die einzelnen
Autoren, was uns noch 60 «ehr fehlt, so nÖthig dies
Httch wäre, damit in einer solchen umfassenden Gram*
loelik die Bigenlbuml ich keilen der bedeuteodereo Schrift^
stellet mehr hervorgehoben werden kdnnlen nod nicht
Allee, so sti sagen, Aber Einen Leisten geschoren würde.
Auch niüfste man billig weit mehr, als bis jetzt gesche-
hen , auf die italische Sprache zurückgehen, die, mag
sie nun aus dem Verderbnifs und der Entartung der ge-
bildeten Schriftsprache Rom's, oder eus der ursprQug*
liehen Mwuma raelica ( Ungua ) hervorgegangeu seya,
doch laMner noch, namentlich -in den älteren Werken
der Literatur, so iVlanches enthält, was dem lateinischen
Sprachforscher manches Verhältnis erst recht klar wer- /
den läfst.
Der Ver£ hat vor Allem jeilen drei eben bemerkten
Hinptfofderuogeii vs genSgea gesucht, die Regeln cnnd
• *) Der Plan, den Hr. Orelli zar Anlage einet Lexikon« macht, bt
karBlich Mgender: Eine GeMUaelMift ¥«b 20 ^aO Philelcgoa
iatlviid«t fileli neM Zusieh aag vaa SifflUPten in der Jnrispre-
deoz, den Natuvwieseoschaften a. «. w.; an der Spitze des Gaoaaa
itelll ^la Hauptredactor mit einigen Gehälfen; zuTÖrderst wer-
den Geiner und Forcellini Terscbmolzen, der Text in den Bei-
spielen nach den neuesten Ausgaben berir1it?p;t ; jeder der ein-
zelnen Mitarbeiter übernimmt einen und (l*^n andern Schrift«
itelier zu bearbeiten , wob^i auch die bisher so sclir ver-
DacdilaMigten Kirchcmritcr zu Rathe gezogen werden mÜR8en,
Beeg-leichen die Inschriften u. A. Die Redactiim würde dann
alle diese Heiträge zu einem organischen Gan/.ta vereinen. Sa
wurde freilich etwas ganz Andcrca zu Stande l^oiiimen, al«? alle
die bisherigen, meist in der Ausführung luiisgliickten oder ge->
beittMteo UBtejenehmungQO ähnlicher Art.
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1116
Lateinische Schulgratnmatik , von F. Bleibimhaus.
Überall einfach, klar und mit der Bestimmtheit gegeben,
welche sie der Fassungskraft des Jünglings empfiehlt;
wie denn^n dem Mangel der meisten neuen Grammatiken
(bei aller Anerkennung ihrer sonstigen Vorzuge) hin-
sichtlich des Formellen, welches den Forderungen der
Jugend nicht entspricht, indem bei den Einen Alles zu
abstract ist und dadurch die leichte und richtige Auffas-
sung erschwert, bei den Andern hingegen methodische
Behandlung und eine systematische, den Ueberblick er-
leichternde Anordnung des StofTs allzusehr vermifst wird,
Damentlich auch bei den meisten, mehr oder weniger,
„jener kurze, präcise P^ormelstyl, welcher die mnemo-
nische Fafslichkeit und Behaltbarkeit der Regeln so sehr
begünstigt," der Verf. des Erscheinen einer neuen lateini-
schen Grammatik hinlänglich gerechtfertigt glaubt. Seine
Grammatik ist Schulgrammatik im umfassendsten Sinne
des Worts, in sofern sie für alle Classen eines Gymna-
siums berechnet ist und darum das, was für die eine, sowie
das, was für die andere Classe bestimmt ist, bei einem
jeden einzelnen Falle durch Ziffern am Rande bemerkt,
so dafs Lehrer wie Schüler das leicht herausfinden kön-
nen, was für sie pafst und was für ihre Classe gehört
Dadurch freilich ist die Klippe vermieden, für eine jede
Classe eines Gymnasiums eine besondere Grammatik zu
schreiben, was oft nicht einmal gut ausführbar, oder
auch selbst unnöthig ist, auch dem Schüler ohne Noth
den für Bücher zu machenden Kostenaufwand (der doch
immer, wo möglich, auf Bücher gerichtet werden soll,
die für ihn einen bleibenden Werth auch für die Zukunft
haben) vermehrt. Freilich konnte dadurch auch den
Beispielen bei jeder einzelnen Regel (die hier auch stets
in*8 Deutsche übersetzt werden) nicht der Umfang und
die M annichfaltigkeit gegeben werden, welche den Lehr-
büchern von Bröder (um nur diese gerade zu nennen)
und Ramshorn einen so grofsen Beifall verschafft hat;
daher man versucht seyn möchte, beim Gebrauch vorlie-
gender Grammatik noch ein anderes, durch eine schöne,
aus den besten Classikern entlehnte Beispielsammlun^
Google
\
LateinUclie SchulgraminaUk , \on F. ßieibimhaas. 1117
ausgezeichnetes Lehrbuch zu empfehlen. Auch sind jedem
Abschnitt Fragen beigeiügt über das im vorherg;ehenden
Bemerkte, damit Lehrer wie Schiller in den Stand ge*
setst §ejen, in der Schale , wie prifatim eine Hepetition
ies Durchgegangenen anzustellen.
Die Anordnung der einzelnen Materien hat manches
KigeothUmiiciie und von der bisher eingeführten Weise
Abweichendes. Zwar zerfallt auch hier das Ganze in
swei Theile, in den etymologischen und syntaktischen,
wozu noch ein dritter, welcher Prosodik und Metrik*
enthält, hinzukommt, nebst einem Anhang*: die Genus-*
regeJo in Versen. Der erste Theil enthält die Lelire von
den Buchstaben, von der Ortophonie, Orthographie
ndbst den Abbreviaturen (reeht befriedigend) und von
Formenlehre im engern Sinn, welche erstens die
veränderli( Jh n Redetheile (Substantive, Ailjective, Zahl-
w^ter, Pronomina und Verba^ < — also Declinatlon und
Coiyugatioa) in sich schliefst, dann sweitene die an-
veräoderlichen , als da sind Adverbien, Präpositionen,
Conjunctionen , Interjectionen. Nun folgt ein letzter Ab«^
schnitt dieses ersten Theils: Etymologie im engern Sinn
oder VVortbildungslehre; wo wiederum in zwei Unter«*
abiheilnngen von der Ableitung und dann von der Zu-
tManmensetsnng der Wörter gehandelt wird.
Der zweite Theil, die Syntax oder Wortffigangs-
lehre, zerlnlli in drei Theiie, in die Uebereinstimmungs-
lehre, in die Bestimmungslehre und in die Lehre von
der elgenthiimlichen Wortfügung, der sogenannten- Sgn-^
tfUfis amata. Die Uebereinstimmungs lehre soll zeigen,
wie die verschiedenen Redetheile eines Satzes in ihren
Formen mit einander übereinstimmen, und sonach wird
dann von der Uebereinstimmung der Nomina, der Verba
(d»'h. des Verbnms mit dem Subjeat), und drittens der
Antwort mit der Frage kirzUch gehandelt. Die Beettm-f
iMings- oder Rectionslehre ist natürlich weit amfassen**
der, da sie die Kegeln angiebt, nach welchen ein Wort
die Form des andern bestimmt oder regiert. Also zuerst
von. der 9«^.vteDg der Nomioa, d. h. vom dem Ge-
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11 ti UUelaiwbe ScinlgrunMtflr, von F. BleibiahtM.
brauch der verschiedenen Casus, dano von der Bestim- ^
mung des Verbum, wo vom Numerus und den Personen,
vom Genus, vom Gebrauch der Tempora ttad Modi^
TOD Gerundium, Supinum und Parlicipmm gehauMi
wird. Darauf folgt die Lehre Tom Gebrauch der hr»
llkein: der Adverbien, Präpositionen und Conjunctionen,
über FVage und Antworten, uutl ülje^r die Oratio ohliqucu
Im dritten Abschnitt kommen alle Abweichungen vom
gewöhnlichen Sprachgebrauch vor, d. h. von den Regiia
der Uebereinaümmungs- wie der Beslimmungelehre. Ab
einen vierten Theil kann man den nun folgenden Ab-
schnitt von den Archaismen rechnen, der eigeiulich auch
unter den dritten, unter die Lehre von cien Abweichua«
gen gehört Bs werden diese Arobaismea durcbgangan,
wie aie in fiohreibnog, in Flesion und Verbindung der
Wörter vorkommen. Auch sind am Schlufs einige Proben
aus älterem Latein (z. B. den Zwöifta feigesetzen u.
Lieder der Arvaiischen Brüderschaft, Grabschrift der
Scipionen n* A.) mitgetheilt und dem Gänsen ein Aohaog
beigefügt) weither Regeln Uber die Construotion der
Wörter eines Satzes, zum Behuf des Uebersetzeas iUI
dem Lateinischen in das Deutsche enthält. Der fönfte
Abschnitt enthält die eigenthumlich lateinische Wort-
fÜ^nff) worin nach einer Uebersicht von den Zeitalteni
der hiteiaiechen l^rache und Angabe der in . ein jedes
fallenden Autoren von dem eigenthQmlichen Gebrauch ,
der Redetheile (der Substantive, Adjective, Pronominn,
Verba und Partikeln), von der Häufung und Weglassuog
der Wörter, ven der Stellung der Wörter wie lierSWei
▼on de» Perioden , von den eyntaktiechen Figuren > hi
den fehlerhaften Abweichungen und endlich vom riai*
sehen Kalender gehandelt wird»
Der dritte Haipttheil des Ganzen beschäftigt 6i(^h
mit der Prosodik und Metrik , «o dafe in jener die allge-
meinen und besondern Regeln nebet den Angubeti ttbii
dichterische Freiheiten , vorgetragen werden ; in diesf
von den Versfüfsen, von dem Verse und von den Vers-
arten im liitaaelnen sowohl als in VerbiadttQ|^ mebrenr
derselben in Gedichten gehandelt wird.
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Xitoia. SebtlgnBnmtilt tm Krebt-Oeiit Ito A««. 1119
Wir haben, am voseren Lesern eine Vorstellang^ v<hi
der Einrichtung und Anordnung;, weiclie der Verf. be-
folgt hat, zu geben, die Beihefolge def einzehien Ab-
schniUe geoau aogegeben, müs^ten aber die Prüfung des
BinselneD ans denroben bemerkten Grunde andern Bläl<>
tern Oberlassen-. Eben so wenig Itfeoeo \Yir hier Uber
die Anordnung des gesammten SU^s, der freilich zu
manchen Bemerkungen bei einzelnen Lehrm Veranlage
sung gehen durfte, uns ausfühi licher erklSren, ohne den
uns angewiesenen Kaum zu überschreiten. Wir winschen
Abrigans dem Verf. Anerkennung seiner Leistungen und
«eines rfihmlichen Bestrebens » ein den Unterricht in der
lateinischen Sprache wesentlich fSrtlern des Hulfsbuch zu
liefern, seinem Werke aber, das auch in Druck und
Papier sehr befriedigend ausgefallen ist, und dessen Ge*
brauch ein sehr ausführliches Register erleichtert, eine
firanndliche Aufnahme.
II) Lüi€inische Schulgrammatik %um Gebrauche für alle Kltw
Ben von Johann Philipp Krebg, Doct. d, Philos, u. Profmw
ä, aUen Idter, hmmogL Gymnas, su IVeilhurg. Dritte ufn-^
§[9Uth€ii€te Auegnhc von Dr. Eduard Gei«t, G^wmmnaUehrer
mmGkisen, Giesaen 1833. Druck und Vertag aoa Georg tHedriük
H<af0r, Fater. XU mmd S4S & m gr, ^
Die hier in der dritten Auflage anzuzeigende Schul-
graminatik hat sich bereits in früheren Auflagen von
leiten ihrer Brauchbarkeit so ben'ährt, dafe wir nähere
Bekanntschaft mit ihr bei den Männern von Piach wohl
voraussetzen dürfen, und also hier blos die Veränderun-
gen in der Kürze zu bezeichnen hahen , wodurch die
neue Auflage, deren Bearbeitung wir der einsichtsvollen
Tfaätigkeit des Hrn. .Dr. Geist verdanken , von den frü*
heren sich unterscheidet Dieser näiillidi hielt vor Allem
die Bestimmung der Grammatik für alle Classen fest;
er verwirft die Ansicht derer, welche für die unteren
Classen ein anderes grammatisches Lehrbuch Terlangen,
und hält ein zwischen den ausfuhrlicheren und kleineren
Grammatiken in der Mitte stehendes, die Bedürfnisse
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1190 IiBtein. SchnlgrummMJc ?oii Rrebt-Mil. Ate AoA,
aller Classen gleichmäfsig^ berücksiGhti^endei Lehrbuch
fÄr den Schulg-ebrauch am geeignetsten; höchstens sejr
für die allerersten Anfangsgründe ein kurzer, meist blos
Paradigmen eolhalleoder Ausziig- nöthig; Schülern der
obersten Klasse aber wohl räthUch , auch ausführlichere
GrammatikeD nebenbei kennen zu lernen. Nach diesen
Grundsätze ist nun auch der Verf. bei der neuen Bear-
beitung dieser Grammatik verfahren, welche für die
verschiedenen Ciassen einer und derselben Lehranstalt
diep^ SolL Der Terständige und einsichtsvolle Lehrer
wird dann gewifs auszuwählen wi^en, was für rine jede
Ciasse bei der Benutzung der Grammatik am meisten
nöthig ist. Der Uebergaiig von einer Grammatik zur
andern beim Schulunterricht hat manche Unbequemlich-
keiten und zieht sogar manche Nachtheiie herbei, die
kein aufmerksamer Schulmann übersehen wird. Aus die«
sem Grunde können auch \\\\ nicht anders als diesea
Ansichten des Verfs. beistimmen.
Im etymologischen Theil finden wir, und dies mit
Recht, die Bedürfnisse der untern Ciassen — und für
diese soll ja auch die Grammatik seyn mehr , als in
den früheren Auila<>en geschehen war, herucksichtiigtt,
es werden die Paradigmen so vollständig als möglich
geliefert und bei allen lateinischen Wörtern, . bei Decli-
nationen und Ckinjugationen die deutsche Bedeutung hin-
zugeftigt ; es ward endlich auch in di&r äufsern Einrieb«
tung Manches veräiulert, um die Uehersicht und das
Erlernen zu erleichtern, wie wir denn z. B. darunter auch
die hier vorgenommene Abtheilung nach Capitel rechneo;
es wurden ferner lexikalische Uebersicbten { <lie früfasr
fehlten , beigeffigt u. A. der Art. Als die wichtigsten 1^
Sätze bezeichnet der Verf. selber S. V: eine UebeisiclU
der Genitivbildnng in der dritten ÖecHnation , ein Ver-
zeichnifs der Defectwa CmihuSy vollständige Augaiie
der Bildung der Perfecta und Supina, Verzeichnila der
Deponentia^ der Impersonalia, der Adverbien, Präposi-
tionen und Conjunctioiien. Dazu kommt noch der ebeafalls .
früher vermifste Abschnitt über die Wortbildung,
(Der Be9€hluf8 folgt.}
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N". tl. HEIDELB. JAHRB. u. LITEHATÜR. 1833.
lUu^ Sckulgramtnatik. von Krebs- Qeist. Z. AiM.
* ■
{ B e 6 c hluf 8.J V
«
Im andern ) syntaktischen Theiie, ist zwar auch
die frühere Anordnung: beibehalten worden und konnte
attch nicht füglich g^eändert werden; doch finden wir
auch hier manche Aenderüngenf, welche die Rücksicht
auf den Schuigehraiich zu erforflern schien. Dahin ge-
hört das rühmliche Streben na( h grölserer Kürze und
Deutlichkeit im Vorfrage der Regein , und dabei insbe-
sondere auf das Bedeutendere hinzuweisen, oder viel*
mehr das Bedeutendere vor dem minder iVichtigen be-
meiklich zu machon. Dadurch aber ward es QÖthig.i
einzelne Regeln umzustellen, andere ganz nea zu bear-
beiten 'und dergL m. An die Stelle des nun weg'gefal-
ienen Anhangs von der Constroctibn der Wdrter sind
zwei neue Abschnitte gekommen, der eine über Bedeu-*
tung und (»ehiauch einiger liesonders wicbti*^en P;irti-
el n , der andere über die grammatischen Figuren.
Die den einzelnen Regeln beigefi)gten Beij^piele haben
keine wesentliche Veränderung erlitten; auch die kriti-^
aefcreii and artdern Bemerkungen sowie die Verwetsungeii
auf Schriften neuerer Gelehrten, die nach dem ersten
Plane des Hrn. Verfs. als zu einer Schul^rammatik un-
passend, wegfallen sollten, sind geblieben aus Rück-^
stchlflii, die wir vollkommea billigen missen, da wir
im Geg^entheil ihr Wegfallen bei dem mannichfachen
Nutzen-, den solciie V^erweisungen immerhin gewähren
können, als einen Nachtheil betrachtet haben würden.
Im Ganzen werden sich überhaupt wenig Stellen ünden,
in denen nicht die bessernde, berichtigende und jrer«
mehrende Hand des Hrn. VerK bemerMich wäre, der
Alles gethan hat, um seiner Grammatik in der neuen
Gestalt möglichste Voltendung zu geben, der daher auch
XlLVl. Jahrir. IL Heft. ?1
♦ -
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■
im GcrlBcli, Lateinische ScliulgraimniUllr.
alle seither erschienenen Grammatiken, so wie andere
darauf bezügliche Schriften sorgfällig für seinen Zweck,
80 weit es dienlich walTi beuutet hat So hoffen wir
denn mit dem Verf., ^^dals die RreBaische Grammatft
auch in ihrer neuen Gestalt unter ähnlichen Werken ihren
Platz behaupten und beim Jugendunterricht mit Erfolg
werde gebraucht werden können." Bio auafuhrliches
Woriregisler erleichlert deu Gebrauch«
IH) La t ci n t s c he Schulgrammatik für A nfün^er un d Geübitfe
von F. D. Ger lach. Erste JbtheUung. Formenlehre.
Zweite JbiheUung, Syntax. Ua$el, in der Sckweigbäuset'
»eken BuehhandL 1839. XU v. 178. 52 S. FlII u 278 in 8»
Der Verf. ciitschlofs sich zur Herausgabe diefcr
Schulgrannnalik in Folge einer von Seiten der V erl^gs-
bttcbhandlung an ihn gestellten Aufforderung um 8o eheri
al« er selbst schon seit längerer Zeil mit Ausarbekos;
etiles umfassenden LebirbuchS der lateinischen Sprachs
beschäftigt war, als dessen Vorläufer wir nun gewisser-
mafsen dieses Werk betrachten können. Bei dem jetzigen
Standpunkt der lateinischen Grammatik und allen den
daraitf gerichteten Forschungen wird das Hauptgeschift
das Herausgebers einer f&r den Schnlgebraneh besttnun-
ten Grammatik auf Methodik und geschickte Anordouug
so wie auf zweckmäfsige Kehaudlung des vorhandenen
Stoffs gerichtet seyn müssen, und eben aus diesem Gruode
Wird vorliegende Scbulgrarnnsatik neben ihren feabkrei-
chen Schwestern besondere Aufmerksamkeit rerdiensS)
indem sie neben der zweckmäfsigen Einrichtung und As-
Ordnung des Ganzen auch durch einen klaren und fafs*
lichefi Vortrag sich auszeichnet, und darum einen sichern
nnd vielfachen Nutzen bei dem Unterriebt venpricbt
Allerdings Ist, wie der Hr. Verf« in der Vorrede ririitif
bemerkt, nur eine zwiefache Abstufung des UnterrieMi
denkbar, wovon die erste sich rein an die geschichtliche
Auffessttttg des Gegebenen hält, die zweite dagegen mehr
den Innern Zusammenhang der Sprachgeselae, theUsis
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der allgemeinen Sprachlehre, theils in der Eigenthüm-
Uchkeit der besondern Sprache und des SchriftMteHers
Dachzuweisen hal^ jeoe sÜHzt ^ch insbesondere auf daa
Gedächtnifa, «od wird ohne dessen HCife atets mangd-
liftft bleiben; aileb hal die VeroaohUasigung wohl geord-
neter GeddchtnIfelibHngen grofee Nacbtheile bei dem
Unterricht hervorgebracht, und wird sie überall hervor-
bringen, wo sie nicht in dem g-ehörigen Grade beröck-
sichtigt wird. Und wenn in dieser Beziehung der Verf.
& V. unter Anderin bemerkt: „welchen grofsen Einflufa
BameDllich wohlgeordnete Gedächtnifattbungen auf die
ganse innere Anabildung auatiben , liat die neuere Päda-
gogik fast ganz verkannt,'' so hat er ieliler ein wahrea
Wort geredet, und es gehört dies mit zn den beklagens-
vkerthen Erscheinungen und Verirrungen unserer verbii'*
daten Seit, die in ihrem elenden SelbatdAnkel nichts mehi^
acheut ala Mfthe und dar nichta leichter iai, ala übeir
Allea abzusprechen. Man zog es nSmlich vor, statt der
f&r petlantisch und altmodisch verschrieenen Gedächt-
nifsitbüfigen, den andern Weg, den sogenannten philo-
sophischen, einzugehen, es sollte dem Knaben philpao^
iphiach Allea begreiflich gemacht «erden, er aotite den
Grund einer jeden Sache begreifen lernen, er aoUte ao
zum Seibatdenken angeleitet wertlen iiber Gegenstände,
deren tiefere Auffassung ein gründlich-historisches Wissen
voraussetzt, das ihm noch abgeht, und eine gewisse phi-
losophische Bildung, die aelbat nur daa Produkt einer
gut gnleit^tfMi JSralehung und einer gewiaaen Reife der
Jahre aeyn kmm* Man braucht nur aelbat ala tiehret in
dem Falle gewesen zu seyn, einer solchen Methode beim
Unterricht zu folgen , man wird bald sich überzeugt ,
haben, wie wenig dabei herauskommt, wie der Schüler,
in den Elementen und in allen Formen vernachlässigt,
demungeachtet über Allea, waa er nicht i^eifo ufid nicht
•verateht, wegzuräsonnireu angelernt wird, was unaere^
Erachtens für ihn selbst und seine ganze folgende Bil-
dung weit nachtheiliger ist, als wenn er gar nichts ge-
lernt hätte« Dhimit iat nun aber nicht geaagt^ ala weaa
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Gerlach, Lateinische Schulgramniatilf.
hei der andern Metbode jene GedSchtnifsöbiingen rein
mecbauisch sej'n sollten. Gerade das Geistlose, was deo
Gegnern dieser Methode Anlafs zu Tadel i^egeben , soll
durch eine sweekmäßiigfe Behandln ng;swei§e Termieden
werden. „Es soll (wir gebraueben bier gern die Worte
des Verfs.) vielmehr durch passende Zusammensteliiiog
des Gleichartigen eben ein inneres liewurslseyn der
Spracbgesetso erstBUgt werden, weloheft höher anMschla-
gen , als alles angelehrte Risonnement" Wir Qhergebeft
die Yon diesem Standpunkt ausgehenden weiteren Be-
merkungen des Verfs. über den zweckmäfsigeri Gebrauch
seiner Grammatik beim Scbuigebrauch , und fli: dies*
falsigf^n Anweisungen, die er dem Liehrer giebt^ wir
bilten. diese lieber beim Verf. selber nachmlesen, der
übrigens in der Anordnung des Stoflb der gewMi»-
licbtn Ordfiiing folgt, ohne dafs wir jedoch irgendwo
die deutlichen Beweise gründlicher Erforschung der
Sprachgesetze in dem fafslichen, dem G^ichtskreis des
Schillers angemessenen Vortrag vermissen. Von einer
Zugabe von Beispielen oder Betegen bei den einzelueR
Lehren (wie sie uns das gröfsere Lehrbuch, das der
Verf. beabsichtigt, wohl erwarten läfst) konnte natürlich
in vorliegendem Theile der Formenlehre nichl wohl die
Bede seyn,' doch findet sich bei der Lehre Von des
Zahlwdrtern, Pronominen und Partieipien, die aller»
dings ohne Einsicht der Anwendung in den einzelnen
Stellen nicht wold verstanden und vollkommen begriffen
werden kann, eine aus den besten Schriftstellern zweck»
mfifsig zusammengetragene Auswahl von Belspi^ettv dii^
wenn sie der Lehrer betifi Unterricht mit seinen 4Sclil"
lern analysirt, gewifs von wesentlichen Nutzen seyn wird.
Die Abwandlung der Nenn- und Zeitwörter ist io einem
eignen Abschnitt am Schlüsse angehängt.
Bei dem zweiten Theii, welcher die Syntax
enthalt , ivar des Verfs. Streben vor Allem darauf ge-
richtet, die Gesetze der Wortfügung möglichst klar,
bestimmt und <ieutlich vorzulegen, jedoch nicht aul
Kosten tier Griindlichkeit ^ im Gegenthoil soll darck.
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«
Gerlacli, UileUi^lie SchulgrammfiÜk. «lUft
A (101(1 II uti|i^ und Zu$fainiii(>n8telluu^ cle» Schülers eigenes
.Vachderikeri geweckt und gefordert, dadurch aber die
richtige Auffassung der Regei erleichtert , werden. Dazu
(litßDtauch die mit vieler Sorgfalt und Umsicht hier ge-
troffene Aiifiwahl von Beispielen, die einer jeden Regel
beigegeben hiiid; aus ilinen soll sich der Schüler die
Regel recht anschaulich inachen. Dafs der Verf. die
zahlreichen V orgänger auf diesem Felde theii weise benutzt
hat, wird ihm O^iemand verargen, da er es auch offea
in der Vorrede erkUrt; warum sollte das Gute und Rich-
tige, das Andere bereits erkannt, verworfen oder Ijei
Seite gelegt werden? Aber man wird auch manches
Eigeatbumliche finden, das Resultat umfassenderer Por-
sehun^fMi, die uns in einem gröfseren Lehrbuch, womit
der Verf. umg«ht, dereinst mitgetheilt werden sollen.
Dafs wir der Erscheinung fliese« umfassenderen Werkes
mit grofsem Verlangen entwr^efiselieu , brauchen wir
unsere Leser wohl nicht noch besonders zu versichern;
wir wünschen aber dem Streben des Verfs., der ein Buch
zu liefern suchte j welches zwischen ekier rein empiri-
schen und einer streng scientifischen Darstellung der .
Syntax die richiige Mitte halten. soll ^ die wohlverdiente
Anerkennung und Beachtung.
Was den Inhalt der zweiten Abtheilung und die An-
ordnung des Ganzen betrifik, so folgtauf die Lehre der
Verbindung von Subject und Prädicat, die Lehre der
siozelnen Casus (Nominativ,' Accusativ, D«iüv , Ablativ,
Genitiv) , dann , riach einem kurzen AbsclBiitt über die
fiodeutung der Verbalformen, die Lehre vom Gebrauch
der Tempora, Participia, des Supinums und Infinitivs,
dann des Imperativs, Indicativs und Conjunctlvs; dann,
die Lehre von der V eibindung der Sätze, insbesondere
durch Relativa, dann von Copulativsätzen , Disjunctiy-
sätzea, Folgerungssätzen, Adversativsätzen, Comparativ-
sftteen, Satze mit Zeitpartikeln, Causalsät^e, Absichla-
und Folgesätze, Ooncessiv-, Cöoditional - und Interro-
gativsätzen, nehbt einem Anhang über Periodeubau^
griliiiaiatische Figuren, Prosodik uud Metrit^.
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IIM Prognniiiio ali«r Clc«ro
Ad examina holemnia in gymnasio Hanovicnsi, ivvitat Dr. Augu-
8tu8 Fe r diu au d US Sold an. Praemissae sunt quaestioues
criticae in Ciceronia orationcm pro Li^ario. Hannoviae,
ex officina t^pographica orphanotropJtei, MDCCCXXXIII, 2d 6.
in groß 4. '
Actus solennes gymnasii regii Tlipontini prid. CuUnd. Scptcmbr.
MDCCCXXX. rite hahendos indicit Ernestus V ict or Kduar -
tius Vügfsl, in schola Latina cum f^ymnasio juncta primae claibii
prucceptor. P r aemit t unt ur o b s c r v a t ion e $ ad aliquot ti-
ceroni$ locoB, Bipgnti, tifpi» üitUrianiM, MfiC(!CXXX» ^
in gr, 4.
JHu9 90lmmmjggmm. regü BipomihU dU Aug, MDCCCXXXU.
nie ktAmidoM — imdkU Joannen H^nrieue Hertel^ gf/mimH
reUür «f proftnor. Praemiitiiur parietüM leellent« ui
M. T. CicßreniB Tu9üulana$ ditputationes, excerpta e co-
OrMi editione diligentimm€ •Mifuf». Pm* ,
tjoiil0 I, eodieit nvtiütm et Hin' pHm^. varim hefunm «pfttM.
4} Lecliffsft T»m«sae. SeriptÜ Jmt9nin$ Bauwut arh. (Qui-
tk$ tM» 9ghmmia gywmatn RfOwgetwU — imdkUNMamiiehMit'
mr, gymnoMÜ i^wifootu9). Friburgi, typia FHdcnci WagneH, IStt.
52 51 in 8.
Index ac reccnsio aliquot codi cum Mss. in Lycei Constan-
tiensis bibliotheca repositorum nec non Cic^ronianae lectionit
specimina e cod. nostro desumta notisque iritici^ instructe. Pro-
gramma j quo • ad examina autumii(dia — perhunmniter invitnl
Franci»cu» IVeifsgerber, philol. in lyceo Prof- societati Bi-
burg, hist. scrut. adicriptua. Vonataniiaa: ad luLum ßodüu» Ss
^ißcma Bßmnharfiiana^ MDCCCXXXil, U S, in 8.
Wir verbinden hier mit einander eine Reihe voa
PrograoiDien , welche sich sämmtiicb auf Krllik und Er-
klärong des Cicevo beziehen wi im dieser Hiaetoht
schätzbare Beitrfige mthalten» die w>hl racdi ehen
gröfseren PnUftam bekannt n werden wMimeii.
No. 1. Der uns bereits durch andere Leistnng-en auf
dem Gebiete der Römischen Literatur r&hmlichst be-
Icannte Verf. behandelt eine Reihe Ton Stellen der Rede
Pro Ligurhj in kritisch -exegetischer Hinsicht, womU
sich manche schatzbare grammatische uutl sprachliche
Bemerkungen verbinden. Für die Kritik benutzte l>©r-
ielbe die Coliationen zweier Hsiadscliriftea der Wolfen-
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voo boldan, Vogel, Hertel, Baumstark u. Wcifsgerbcr. 1127
bttUler Bibliothek, des Cod. Gudianus II, der au« dem
vierzehaten J«hrhiindert stammt und ohne Zweifel zu <i«n
▼orallgiiehereii Handsehrifloii Cicero's gehdrt, wie auch
emtie öftere Uebereinetimmuog mit 4m Erfurter Codex
beurkundet, uad einer ehedem Helmstädt'scheu Hand-
schrift aus ilem fünfzehnten Jahrhundert ¥on untergeord-
netem Werthe. Dabei wurden die verschiecUoeu äUereo
und neueren Ausgaben «orgfähig' zu Rathe gezogen,' jaod
■dl« ▼mchiedeDeii Bearbeiter dieses Rede b^agt, so
dafs wir in der Vollstäiidigkeit der krilifichen Behaod*
lung Nichts vermissen. Mit Umsicht und B€SoiHieaheit
prüfend ist der Verf. iiberali auf Wiederherstellung des
iirsprftagiichea Textes bedacht , nach der Grundlage der
'auf uns g;ckemDieBeii Handscbriftea und ohne wilfiiiihr*
liohe ll^euerQDgssuoht; was in «ns den Wunsch err^t
4ittt, Ten dem Verf. dereinst eine YolletSndige Bearbei-
tung dieser Rede, so wie der Rede Pro Dcjütaro ^ wo-
mit sich Derselbe, wie wir aus dem Vorwort ersehen,
schon längere Zeit beschäftigt hat , zu erhalten. In vor-
lie^^endem Programm werd«n folgende Stellen in mehr
oder minder aiwfllhrileher Weise behandelt : Cap. 1. §. 1.
(wo tcf In den Worten »westigaium €»i id, qMd iaie-'
bat vertheidigt und beibehalten wird), I, §. 2, wo der
Verf. sich für die Lesart: 8ed tarnen hoc conJUetdem
für ita ow^tentem entscheidet und gleich darauf für
^« enim Ligatma, wo^ f;ewMinlieh igUur l^ß*
rAis; auch die Lesart: „Legatm m jäfrkHxm cum C.
Conaidio profectu» est " wo etnijg^e HnndschrviUm
cum Consule Comidio , andere cujh proconhulc
Conaidio, wird mit überwiegenden Gründen gerechtfer-
tigt. II, §.6. wird quum prodo vertheidigt, wofür
Andere pröbo haben, und über die Lesart fooe im Ver-
folg , sowie 'über die Stellang des ProniNnep hoc Einige«
•bemerkt — II, §.8, wo die Lesart: „n&n dmbHem -ift-
c^re, de Ligarn non audeam cenßleri" vertheidigt
wird, um so mehr, da die Autorität der besseren Hand-
schriften dafUr spricht. — IV. Haec admirahilia sunt etc,
liäjt 'ea der Verf. aip beslen, dein Vext iron W^sli^ «n^
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Fjrugraiume üh«r Cicero
Orelli zu folgen. — IV, §.11, wo der Veif. im Gansteo
der Lesart von Schütz und Orelli Ueilrill. — V,
§. 13. hall der Verf. tgmeeai für besser als das gs- ^
ivöhnitche Ignoscaktr^ und eben so gleich darauf durm
für licliligci als das von Eini^eu aufgenommene gra-
vius. — Cap. VIL §. 20. wird die Vui^ata: „A'erf
tarnen Ligarium senatum iäem legaverat" verlh ei-
digt. §. 21. hält der Verf. für agebat im Ganzen rieh*
tiger agebani uod vertheidigt gleich darauf ipsarum* '
Mit Ausführlichkeit wird Cag. VIII. §. 24. behandelt |
uud eben so IX, §. 20. (wo die Beibehaltung- von par-
tibus in Schutz ^enomiiH n wird. Dageg^eu XI, §. 31.
hält es der \ erk\ iür geratliener, roguntium wegzuiasseo.
— XII, §. 35. wird zwar tum (in den .Worten qualk
tum T. Ligarm» quaeator urbanus fuerii erga l«j
vertheidigt, aber in den folgenden Worten hält es der
^ Verf. fui besser, cogilanlcui zu strtiichen. — Cap. XIL
§. 36, wo die Vulgata „nisi ut in eum tui i^ludiosum
et bonum virum Judicares" in Schutz genommen wird.
Bei»der kritischen Erörterung dieser Steile kommt der
. Verf; auch auf manche Punkte der Grammatik und des
Sprachgebrattchs $ wir erinnern hier nur Beispieldhalber
an die Bemerkung S. 7. über den Gebrauch des Piono-
men Ts und das Schwankende in den Bestimmungen der
neueren Grammatiker darüber; S. 9« über den Gebrauch
von enitn oder S. 20. über ^uamquam. mit folgendem
Coigunctiv; Auch Ober legatua uatl legaiio fiadep sieh
nähere Nach Weisungen S. 16. — Am Schlufs Ist die
vollständige CoUation des Coiiex Gudianus mit dem Orel-
li sehen Texte mitgetheiit.
. No, 2. verdient mit gleichem flechte als ein schätz-
barer Beitrag zur Erklärung des Cicero bezeichnet is
werden I da wir hier eine gleich umfassende und «ib-
sichtige Behandlung des Gegenstandes, verbanden mit
gründlicher Sprachkenntnifs , die sich in mancheu für
Grammatik uud Sprachgebrauch nicht unwichtigen Be-
merkungen beurkundet, antreffen« Die einzelnen Stel- |
len^ die hier beb<indeU werden, sind ans versehiedenen
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4
von Sol4aa* Vogel, Ucrtol, IlMiiiwtiitk u. Woiftgerbcr. 11X9
fidurifle» Cicero'8 i^eoömmeOf ihre lärärtening giebt
Geh'genheit zu - mHoehen andern Bemerkungen , oder
Erörterung^ anderer, geltigeutlich angelührten Stellea.
Zuerst wird bt-liandell Brut. l\% §. 16, wo der Verf. in
der KrkiäruQg xier Worte ex Jiovk fructibus dieSciiüizi-
$che Erklärung rorsieht, und insbesondere den Sinn und
die Bedeutung der Worie: exuaiusque flo9 aiii
veterie uberiettia exaruit, welche so vielfach An«.
Stöfs bei (ieu Kritikern erregt haben, näher zu erörtmi
bemuht ist. Eine eben 8o ausfuhrliche Erörteruiig ii^t
der Steile V, §. 19, zu Theil geworden. — In Cap. V,
^21. will der Verf. mit Wetzei statt: mä sane, m
.pai€9^ Ubera lieber lesen: aui plane, ai potea, Vbera,
Qod die von ihm beigebrachten Stellen sprechen aller-
dings für diese Lesart. — Vill, §.33. vertheidigt der
Verf. die Vulgata : „verumtatnen nulura uu/f^is lum
(Andere tunc) ccmique nowmnquum quam aul (An-
dere haud) vfüione aUqua auf (ullo) Observation^
ßabair _ XXX, & 114. vertheidigt der Verf gleich- .
falls die Vulgata phnoaophmtm de 'ae ipaorum ophuo .
u. s. w. — XL. §. 147. schlägt der Verf. vor, zu lesen:
quo utebaiur perfamiiiariler Scaevola nosler ; ilage-
gea XLVL §. llk. hält auch er die bereits von meh-
rern aodfMrn Kritikern verdächtigten Worte: ict est, ad
naairt^a revertanmr für ein uonfitxes Glossem, und sucht
darauf zu zeigen, wie solche erklärende mit einem id
est eingeleiteten Zusätze in Cicero's rhetorischen und
philosophischen Schriften meist richtig sey<^n und V er-
dacht erregen dürften, was z. B. in den Episteln schon
weit eher der Fall sey; wofür denn auch die Gründe
aogieAhrt werden, nebst einer Brdrtemng S. 15. Aber
die andern Bedeutungen und Beziehungen, in welchen
Cict i ü ein id est oder hoc est anzuwenden pflegt, ins-
besondere häufig soll es mit dem darauf folgenden Zusatz
der Rede eine gewisse Kraft und Eleganz verleihen,
und dient «laher bald zur Ironie, bald -zuni Gegensatz,
<Nler auch e^ wird fast ganz gieichbedenteud mit dem
ßipf^cben Cap. LVl, f. 204, ^^ieht es der Verf.
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illMI . Prag ffMMie Aker €i«ero
inil Bll6ailt (wie frOher sohaa Schate ▼emuitlnl^
Bu lesen: „ui laocrcUem m aeerrimo ingenio Theo«
pompi et lentissi/no (fQr lenissimo) Ephori di-
xiase $radiium est'* — LVIU, §.212, erklärt sieb der
Verf. gegien den von Orelli var|^schlageoeii Zusate oon-
mdares nach den Worten 2 cujus qmaiuor ßUL — In
der Stelle LXV, §. 288. wird im Ganzen ^ie Vulg^ata
vertheidigt und der schnelle Uebergaog' von einer Coii-
struction in die andere oder Tieluiehr die Abwechsluog ,
fai derselben durch mehrere geelg^nete Beispiele ilacbga- '
wieaen* Uebrigena sireichl auch yn^er Vevf», «od «war •
mit* Recht, -das mnftehla quad vw den Werten: gradm I
tuos et quasi progressus etc, — LXXXIV, §. 289.
seigt der Verf. die Schwierigkeit^ das Wert etantem \
fsfSed in coniHium veniant, ad »ianiem judicem dh
^wd €tcr) befriedigend «1 erkIftfeO) mid eehlägt daher
lieber ^or bu kaens ad o^eitmniem judwenu — In
der Stelle ad Attic. 1 , 16. §. 12. schlägt Derselbe vor«
statt ,,quacum abiem comulatu sum domrnn reduotus"
m lesen: quae quum abiem conaula tu etc., und in
4er (Steile In Verrem Act IL Üb. 11^ M. §. 13& wüi
er für aeei dct^c iltedbei* lesen aeeedere (bei welehw
Gelegenheit auch gute Bemerkungen über <len Gebrauch
ven excedere und intueri). In der Steile De Nat
Deerr. 11,4, ^ 12 : ,^l4aque mter onmes mnnum gm-
tum 3umma eweUU; onmäma mim etkninl «kr
Verf. Bwaf loa Ganzen der you Vieterina Vergesehtageoeo
Interpunction dei Stelle bei, jedoch mit Beibehaltung
des von Victorius verworfenen Wortes Summa, nnd des-
halb macht er den Vorschlag, die Stelle lieber aa m
lesen und abeiithellen : „liaqiue bder omneä eüiiiwnw '
. genihm summe <semiai (onm^nm emm dumlMm all .
ei hi ankno quasi iasculptum ) , esse Deas" Fir |
Summe spricht die Stelle der Rede Pro Quinct. XIX. ;
§. 61. In einer andern Steile derselben Schrift De alt :
Peorr. I, 8. §.24, welche bei dieaer Gelegenheit a«-
f&hrÜcher behandelt wird, erklärt sieh der Verf. gagan \
Qreliii i|nd vertheidigt die Wei te; nulla geita est neqae
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VOM Soliian, Vogel, Rertol, Bmwilart n« W«ibgerlier. IWH
tarn majisuei wo Orelli immansueta aufgeuotn-
men haUei wa» unser Verf. als unciceroiiianisch yerwirft,
ittdem Cicero, wem er (wie Orelli behauptet) eine Sie»-
gerung hier hüte «Bwendeo woileD, Heber dafür ein
Imn fera^ tarn hnmania fresetet haben wUrde. De
republ. I, 20. §. 33. weist der Verf zuvörderst aus »neh-
rern ähnlichen Stellen nach, wie wir an den Worten
rogemm — quaeretnus lehnen Anstofs n^lunen dürfen,
imlem nun Mieren in ähnlicher Weite aef den CotgtmcÜT
Phi<!seniie da« Futonun Indtcatiiri folge. Die aficbatfoU
g^enden Worte : spero nos ad haec ipsa via perve»-
turos «ind nach dem Verf. 80 aafzufasssen : spero nos
fenrnduros vid (d.i. ratume et ordme rei accoma-
Ado) ad hmee Ipaa — quae nunc mHmi. In ftha*
Kcher Weise koimnt vid bei Cieevo De finn. II, 14. $.44.
vor; und darum vertheidigt auch der Verf. in dei Stelle
De Legg. I, 13. §. 37. das von andern Kritikern be-
•trilteiie oder fQr unciceronianiach gehaltene Her aer-
ffioim, mit ROcIisichC aaf .De orat. II, &7. §. 234, wo
wir Miere di$pM§aitoniB linden. Der Verfinser ergreift
diese Gelegenheit, um an einer Reihe von Stelhn zu
zeigen, wie mifblich es sey, einzelne Auvsdrücke oder
Redensarten als anciceronianisch zu bezeichnen, woAr
rieh doch Belege und Beweise bei näherer Untersnchaag
aUlBnden laam, wie dies in den fiiafaeha hier aufge*
Ahrlen Stellen der Fall ist, wo man wider allen P'ug
und Recht den Text in der Meinung änderte, derselbe
enthaile eine niciit ciceronianische Ausdrucks weise« Wir
Manen darane lernen, mit welcher Vorsiclii omui aolche
ITrtbeHe eieh erlanben soll.
No. 3. giebt zuvörderst eine sehr genaue Beschrei-
bung einer in der Zweibrficker Gymnasiunigbibliothelc be-
findifohen und von den Zweibrücke rn Herausgebern des
Oieem, die eich iaat -gana an Braestia Jlecension hielten,
ao gut wie gar nieht beaalden Handaehrift Jer Tue-
cula H'en Cicero'S. Die Handschrift, welche dasgatise
Werk vollständig entiiält, ist sehr scfiÖn geschrieben
Ufid sqU amtlitiiaieilitoli apch vor <h»s dreia«it|n|eMirtinad^rt
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t
*
IIIS X ProjgMHmte dlMr Cic«f0
gehören. Weitere Vermuthungeii über clen Ort, Hid
die Zelt, wo und wann die Handschi itt gescliriebeo,
wagt der Verf. aus Mangel an Daten eben so wenig ak
über deo Schreiber oder ar^prungiichea Besitzer der-
selbeo. fkost werden wir sorgfältig über die Beschaf-
fenheit der Handschrift und die darib befolgte S^hrri*
bung, Orthographie u. dergl. in. unterrichtet, und dann
folgt von S. 5. an die genaue und voilsländige Coilatioo
der Handschrift im ersten Buch mit dem Orelliscbsn
Texte; Dafii die Htiidisehrift für die Geisiftitung des
Textes von Bedeatoog* ist, mag ans dem einzigen I5n*
stand hervorgehen, dafs in diesem ersten Buch der Text
der Handschrift an nicht weniger als dreihundert
Stellen von dem OrelH*^chen abweicht. Bei einer neuen
Bearbeilong der Tuscvknen (Ivir bttben eine solche,
deiti Vernehmen Bach, Ton Htn» Reciar Moser, der
uns schon so manche schätzbare Bearbcitui)g;en der phi-
losophischen Schritten Cicero s geliefert hat , in Kurzem
eu erwarten) wird daher vorliegende Coilation nicht über*
sehen wierden dürfen , und der Verdiente HeraiWKeber
dieses Programme dürfte sibh dann auch eher entecblies-
sen, seine zwar iiöchst mühsame, aber für die Kritik der
Tuscuianen sehr erspriefsliche Arbeit auch auf die übfi*
gea vier Böcher auszudehnen. -
No.,4 fihie Heptae von Stellen aus Cicero'e Btur
ins wird hier kritisch wie exegetieeh behaadrit^ «ad
damit eine Reihe von weiteren Bemerkungen in Verbin«
ihinfr g^ebracht. Wir wollen aiK'h hier die behandelten
Stellen augeben , da eine nähere Kritik bei diesem Pro-
. ducte des Inlands uns nicht verstattet ist, und wir.blss
die Aufmeffksamkeit der Freunde Cicero's auf diese kri-
tischen Versuche lenken möchten. — Zuvdrderst Cap. I,
§. 2 , wo sich der Verf gegen Orelli für die von Cor-
radns vorgeschlagene Verbesserung entscheidet und seine
Gründe dafißr ausfiihriicber eniwickelt. — Dann Cap. Ii
§.3, wo Lamfains Lesart gegen Ellendt in Scbuli: ge-
nommen wird ; Cap. I , §.4, wo Insbesondere die Wolle:
f^auo magw quam SMort^m cipium tempore ' ^riir*
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ieri werden; II, §. 6. wo der Verf. die Lesart: ^tkunc
auiem mit praeter ceteros auf cum paucis etc," für
die richtige hält und bei dieser Gt^le|!^enheit auch über
die P^rüket aut und deren Gebrauch Biuiges bemerkt 4
dann aber insbesondere die Worte : quum farmn pojnilf
ttmimii, quod fui99et quasi iheatrum illiuB mgenii
näher, mit Rücksicht auf das Veihältnifs der Tempora,
behandeit. — §• ^- ^^^^ Verf. herstellen aiä
ierrore (für errore) hommum aui timore. — II, §.8.
nimmt der Verf. die von mehrere^i Kritikern engt foch-
lese Lesart rebus ampUasimh honoribus in Schnta
and sncht weni^tens en zelten , däfs sie nieht unlalei*
nisch ist. Zuletzt wird die Stelle Cap. IV, §. 16. aus^
lUhrlicher kritisch und exegetisch behandelt
No. & Der von Freiburg an das Ljceum zu Consta na
verseilte Verf. , wo ihm avch augleloh die Aufsicht üb^
die Gjrmnasialbibliothek anvertraut wurde « giebl uns in
diemm Prog^ramm einen erfreulichen Beweis, wie er in
seiner neuea Stellung sich der Wissenschaft ersprieisllcli
und nützlich zu machen sucht Er ertheilt uns zuvor-
derst Nachricht von einigen bisher unbekannten, inCSon-
atana befindlichen Handschriften. Wir bemerken darunter
1) eine «ehr schön geschriebene Handschrift dea vier*
zehnten Jahrhunderts, welche Cicero's Schriften De
Amicitiay Paradoxa , Cato major, XII Sapientum epi-
taphta C'iceronis, SaMust's Catiiina und Jugurtha, sowif-
einiges Andere enthält. 2) Eine Handschrift aus dem
Anfang dea sechscebnten. Jahrhuiideria, welche die mit
▼ieien' (und wie der Verf. versichert» den berdts ge^
druckten bei weileaa vonsuziehenden) Scholien verse-»
henen Satiren des Horatiu^, die ebenfalls mit Scholien
versehene Grorgica Virgils und einiges Andere enthält,
mter amiern cies Erasmus Stultitiae laua, offenbar noch
vor dem Druck geschrieben« . Auch eine auf nenn Per^
gnmentbtättem in gr. PoJio enthaltene Biblia Paupertan
verdient Beachtung^, eben so ein deutsch - latetnbches
Lexikon von Joh. Roiler in Pforzheim aus 1499, interes-»
saoiljür den deutschen Sprachforscher. Unter den alten
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1194 Ports, Iwfcli' Oat toeUüfcall -
Mf d«r BMiolheli befladlldM» Brucken imcU der Veit I
S. 4. mit Recht aufiiierksain auf die eeltene Bolo^ncsei !
Ausgabe der Briefe <les jöng^ern Plinius von Philipp
Beroaldas uui 1488^ auf deren Werth noch neuerdings
J. C. OreUi (a Plimi Epietolae seledt Turict 1831.
p. VI.) hingewieieu. Aoe jener znetst erwikniea Ctoemr
nlanischen Handschrift theilt nnn der Ver£ von S.:7. u
eine sehr sorgfältig gemachte Collation der Schrift De
AmicHia mit und begleitet diesellje mit eigt neu kriti-
eehen Erörteruogeo » welche dem Text dieser vielgeie-
eenen Schrift an mehreren Stellen eine beaaer« Gealik
geben , oder auch die eingeführte Leaart gegen falsoke
Aenderongen nchlltsen' adlen. Wir winsiAen, dafa d«r
Verf. diese Bemerkungen weiter fortsetzen und uns auch
ans der andern lianilschrift das mittheilen möge, was
für Kritik und Erklärung des üoratius nnd Virgiiiits
darin von Belang äch findet.
Chr. Bähr.
Jrchii der V^ettUekaft fir dHtre BeBthichUkwid* nf
Ikifdt'denmg «Amt GemmmHmigtike der qmäUmmkriften deuiichr
G0$ökUktm de^ MUkHidief, keraMgtgeben «Mi O. H. Pertz.
StekMtem Bwd€$ erttct 6i« viertes H^t. fJannover, in der
BMutkM Hof^hkähdlmig. 1832. FUl u. 024 gr, 8.
Indem wir bei dem beschränkten Raum dieser Blätter
nur Weniges ans dem reichen Inhalt dieser in Eiuta
Band vereinigten Hefte asAhrcn kennen, hoffen wir docb
damit wenigstens nnsern Leeern einen Begriff von du
Thätigkeit und den Leistungen des verdienten Heraa»*
gebers zu geben und eine Uebersicht dessen, was .^ein«
unermödete Thätigkeit im Verein mit einigen andern Ge-
lehrten für die denteohe Geschichte und deren Qaellen-
etttdiuni insbesondere geleistet hat Ohnedem ist selfait
der Inhalt meistens von der Art, dafk er keines Ansmgi
fähig, vielmehr eigene Einsicht, wozu wir hier auffiMP'
dern möchten | erheischt So enthalten gleich die aesB-
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zehn ersten Nummern oder die zveihunderlfünfzig ersten
Seiteo lauter ii^lcfatige VcrzeichnL«se der in verschie-
denen Bibliotbekeo des la- und Auslaudes befiiiflli-
efaen, für di« deuteche Geechkhle mehr oder miader
bedeiileiidett nmd mciet uogebmiiten oder ubeimtilen
Hendschrifltes , deren Kunde wir grofsenthells erst den
BemDhungen des Herausgebers verdanken, der mit eben
80 viel Treue als Genauigkeit sich diesem schwierigen
amd mihevollen Geschäfte einer Anfzeichnung der Hand-
oehriften auf eeineit Reisea mtet sof eii hatte. Ueber die
Handechriften der Wolfcnbfittler Bibliothek giebi Hn
Oberbiblif>thekar Ebert zu Dresden Nachricht, Uber
die der gräfl. Plettenberg'schen Bibliothek zu Nordkirchen
(raeist fiber westphäiiscbe Geschichte) Hr. Dr. Trofs
in Hamm , Ober die der Bambei^er Bibiiolhek Hr. BibL
Jic>, über die zu Prealau auf der OentralbibUolhek
(das'* «weite VerseichDjft) und Aber die ebendaselbst auf
der Bibliothek zu St. Elisabeth (worunter ein Cassiodorus
und Jornandes) befindlichen Hrn. Prof. Steng^el; über
die der Hamburger Stadtbibliothek Hr. Archivar Lap-
penberg; Von dem Herausgeber selbst erhalten wir
men Auszog aus dem Verzeichniiii d^r Handsehrifieii
flos Wiener Hof- und Stiüttsarchivs (meist dslerreidtisehe
und benachbarte Diplome,' Urkonden , Chroniken), und
einen ähnlichen Auszug aus Martin Georg und Jul. Niclas
Kovachich v. Schenfcwilsil eperlorium expedithms diph*
maiho Uietariae per artMva el bibUoiheeas Htmgm^
riae, Traw^J^ankie, SUwomae ei Croatme anrn» 181A
uaque 1816, femer ein Verzelchnffs der zu Pesth im
Museum des Hrn. Niclas von Jankovich befindlichen
Handschriften zur deutschen Geschichte (sehr bedeu-
tend und reieh besondere an dstreichtschen , salzburgt*
sehen , nirnbergisobeu und andern Chroalkon , Urkunden
iiiid Bricfimmmlungen) , ein fthnliehes der im Stift Admoot
in Steiermark befindlichen, und Nachträge zu den Be-
merkungen fiher die in tjieben östreichi»^chen Stiftern
(Heiltgenkreuz, Lilienfeld, Kloster Neuburg, Göttweih,
Mdlk, Seitenstetten, Kremsmilnster) befindlichen Hand-
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lia« Peru, AM. «.fieiallMilk f.' MrtMto Geiohichttitande. Gr Ud.
"Schriften, endlich Verzeichnisse der auf den Bibliotheken -
zu Göttingen, Cassel, Halle, Leipzig (auf der üaihs-
bibliothek wie auf der UniTersitätsbibliothek), in ilem
geheimen Archiv 2u Dreeideii und in der Sammfong des
russ Kanzlers Grafen Romanzow zu St Petersburg befliid*
liehen Handschriften. An diese Verzeichnisse schliefseo
sich an die über die beiden ersten Bände der Monumenta
in fien Gott. Anzeigen gelieferten Berichte des Hrn. Pertz
in einen wiederhohen Abdrnek nmi danrn ein Befiehl
über den Stand der Arbeiten lier Getellschäft fikt filiere
deutsche Geschiclitskunde am Schlufs des Jahrs 18^.
Bas Erscheinen der beiden Bande der Monumenta v.er*
danken wir fast einsig den iinermfideten Bemilhuogen des
Henusgebers dieser Hefte, und wm er in dieser Berne*
hing geleistet bat, hat nnch mit Recht afierwirts dre
Anerkennung gefunden, die ihm in jeder Hinsiclif ge-
bührt. Es ist bekannt und liegt zu Jedermanns Einsicht
vor, welch eine Masse der für die. dentsche Geschichte
wichtigsten Denkmale hier entweder um erstenmal ab»
gedrnckt oder doeh in einer so wesentlich verbesserten
und berichtigten Gestalt erscheint, dafs wir wohl über
den glücklicher Erfolg, der die ungemeinen BemuhuiH
* l^n des Herausgebers gekrönt hat, staunen müssen, der
nns sogleich die erfreuliche Versichemog dca Brachdnew
der fibrigen Bände der Monumenta in unnnterbrocheocMr
Reihenfolge glebt, da Alles hierzu bereits so vorgear-
beitet ist, dafs nur äufsere Hindernisse einen Aufschub
in der Bekanntmachung herbeifuhren dürften. So soll
die ganze swelte Abtheiiung des Wjeri», welche die
simmtlachM , Lateinjecii nod Deutsch geschriebenen G«^
setze von den Volksrechten des fünften und sechsten Jahr-
hunderts bis zu den Rechtsbüchern de^s dr^lzehtiten aod
bis zu den Städterechten der folgenden Jahrhunderte herab
enthalten wird , binnen wenigen Jahren vollendet im Dmek
erscheinen, wfthrerid zugleich die' Arbeiten von den fiil^
gendeii Händen ununterbrochen fortgehen und eine gleiche
Aussicht zur baldigen Bekanntmachung uns eröflneiL '
(D^r Bt9€hiu/9 folgt,}
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«
N^ 12. HBIDBLB. JAHRB. d. UTERATUIL 183&
Periz, Archiv der OeseUschaft für deutsche Ge-
. schkhtskunde, 9^ Bd,
%
( tietchluf9.)
la clieAbtbeilung der Geschichtschreiber falleo
I nicht wenig«« als fünf uoü neunzig Werke, deren
' B«kaan(maohvDgf in den übrigen Bänden demnächst er-
Mgeo soll; es sind darunter nicht wenige Inedita; unter
den übrigen ist keines, welches nicht durch Verglei-
ehuog von noch unbenutzten Handschriften, die bei meh-
im wichtigen Schriften in grdfserer Anzahl vorhanden
lilid, bedeutend gewinnen wird. So wird des Enno^
diu« Panegj'ricus auf Theodorich in einer nach einer
londoner Handschrift verbesserlea Gestalt erscheinen,
Jordan es De rebus GeticiSy nach nicht weniger als
Beanzehn Handschriften, Gregorius Turonensis
(Hkimia eecleriaMca Franemtm) nach ^en beiden
la Moutecasino und zu Rom befindlichen Handschriften,
die Gesta pontificum Romanorum nach eilf Handschrif-
teo, die Gesta regum FraaoQrum uach mehr als drei*
zehn, des Fanins Oiaconns Geschichte der Longo-
bavdea.naehaeohnehn Handschriften, LuHprandiHiaioria
9m t^mporis nach neun Codd. , Sigeberti Gcmhlacensis
ohronicon cum corämuatwwbus , nach acht Haudschrif-
tea nebst ungedruclUiir Fortsetzung bis zum Jahr 1150«
(von Hm« Prof. Stengel), Adami Bremensis historia,
a^h Tier Handschriften (von Hofr. Dahlmann), Ecke-^
iatdi ckt^meen^ ebenfalls naeh «eben Handschriften,
die Gesta Trevirorum nach neun und zwanzig Hand-
schriften, worunter neunzehn TrierWhe, dann OUonis
Frismgensis cbnmcon und bisleria ¥riäerwi I. u. dgl
Batii die Heranagabe der meisten dieser Solviften, mii
Aasnahme eihiger, welche die HiM. Stensel, Dahl-
Biann, Lappenberg und einige andre Gelehrte übernommen
XXVi. Jahrg. H. H«ll. 12 ; :
s •
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Uli FiNfta» Ml¥ 4n ^P^tehM
■ ► ^
Jidien, vfio dem Hmnagttber des Cfaiiiseo, Hrn. Hofnih
Perfz zu erwarten ist, bedarf wohl kaum auch eiaer be-
joadern Bemerkaog^.
Bedea(«odes haben wir ebenfalte in der 8 weiten
Abtheilnog, welche die Geeetie begreiß", za erwarten.
Hier eoll demnliehet entcheioen das Bdidum Theodorim
(von Hrn. Prof. Walter), die heg'es H isigothorum (nach
zwei Codcl. von Demselben), die hex Burgundiomm
(nach neun Handschriften von Prof. Bhine), die Lex
Sälkm ^lipUB t$ neentiw (nach mnw mid dreiUg
lIhMacliHften ) , vöti Hra^ JMMh PeNs , » der aUoh
tite LeJt Tkurmgarum und die hex Saxonum zu liefern
Obfefhömmen h«t, dergleichen die Lex Ribnarmrum nach
dreiiseho HaoiteehrifteB; die hex Alemannorum in vier
Bi^^niiOBeii naoli ReuDaehoflandaehriftea vta HYn.>Pffet
Wklter , 4el- iNich die Lern Ba^wmimm nch neaa
Codd. litfern will; Hr. Prof. Blume wird die Edkta
rcgum Jjong<}/)ar darum nach vierzehn Handschriften und
die fiystema tische Lombarda, ebenfalls mit Benutzung
kahlrisicher Codd liefleni, Hr. Prof. Falok di« LeOtFri-
^kHHtm, wMii iiiveh mililf MeDg;e von Cbpituktien, aaeh
viele ungedrnckte, kommen, deren Samttilnn^ Und Her*
aiisg-abe Hr. Hofrath Pertz übernommen hat ; ferner
M&raulß tormulae, F^malae Aietnamnicae und As-
deres ^hk Alft^ ferner dfis deutsch geookridieteB BeehH*
Mtli^^ wie der Sachsebapioifet, 4lor Scfawabea*
apiegei, die Richtsteige (wovon z. B. der Sachsen-
spiegel schon ganz fertig 2uin Druck daliegt). Audi
l&lr die Herausgabe der deutschen KönigS'P' i|od Kti*
aferttrkttnden Ist eohon so Viel geftehdraii, dab wir
ftlNr das «iM t^selain Mnrf&hren fBr nOdiig halten« wk
MrMla All^t #ad Deutschlands, Italiens und FNat
l*eichs Archive Ittr die Urkunden der Merovingcr nod
Carolioger enthalten, vollständig benutzl ist oder dacli
ieltier Bearbeitung mit M#ehatef|i entfagansieht.
Bio «toHe AMitdilonif : ftriafe, eailttlt trichi «i*
ft%br Iiis ä^b<^ und d^eiftig Nmiimrn, damnte# Gm-
aiodor's labri variarum, deren Anigabe wir ntch
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für deutsche Getchichtt&unde. 6tcr 13 d.
1180
\\tTtthn Handschriften zu erwarten haben , ferner die
Episiolae Mcumi, Cctroli Magnt, ebenfalls nach zahl-*
reichen BandfcMtf t«a ^ die Epiai^ae SMiatdt mich dem
Original u iMii, 4«tiD «Hier aadern ilie EpkMae Frl'"
deriei II., Peiri de Vinea, ConradilV.^ Manfred},
Conradhti (worunter r.wel bis dreihundert un^edrucktc),
aus den päbstlichen Regesten, und wohl an siebenzig
Ihtuisohrifteti^ deren Bearbeitmig Hr. Btbliothekar Dr.
Behmer fibelPMiiifiieii hat.
Aas der ffinfleR Abtheilung, A Iterthfimer, fGhreo
wir nur an : CaroU M, Breviariwn imperü aus dem Ort- ^
giaal zu WoifenbuUtel , die Traditiones Sangallerwes
UBÜ Hiraaugien^eB , meUrert fi/^crologia und Cateti*
dATM, Cmrmhtä u.dg4 m. Aneh ^Bt Oeögrapkas Ra^
vmma» wird aus einer Pariser Handschrift berichtigt er-
scheinen , uad in der letzten IVuminer sind auch Runen,
au« Salzburger, Vaiicanischen, Pariser, St.Gaiier, Brfis*
seier und Londoner Uaad89hrifteii «othelted.
Wer iollte olcht wBascheii^ durdl thfttige Milwir^
kang AUer^ die Ar vaterlftndisdle Geschichte efti In^
teresse habea , das grofsartige Unternehmen gefördert
110(1 voileodet zu sehen. In einer Zeit, wie die unsrige,
ist zwar nicht die er^ealiche Aussicht, ^wie aie ooch
vor wenigen Jahren war, ata die Interessen des Taga
Md der Politilc Qoeh nicht die Gemfither von den ern->
Sien Sludien der Wissenschaft allzusehr entfremdet und
einer sogenannten praktischen RIchtUbg zugewendet hat*
tsu, welche in ihrer unmittelbaren Beziehung auf die
Qegetiwart gern ai€h der Milbe einer grundlichen firlbr*
schung der die Gegenwart bedingenden ZostSnde der
frbh^rn Zeit etltschlägt uad lieber in allgemeinen (nichts
sagenden) Räsonrtements sich gefilllt, als einer sorg;fäl-
tigen Brgründung des Einzelnen, wodurch das allge-
meiae Ürtheil heMmiiit ^eHeft eoll, naehgeht Wir
heSlM hideft aMh hnmef , der «Mite Ciiaililtflef iinierel^
Nation und der ihr in wohnende Sinn f^r grOadfiche Wis«>
senschafl und Bildung werden den endlichen Sieg über
ciea wiche Leichtigkeit davon tnigee.
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Die fibrigen AnftStae die§ei BandM «nd theih rfi«
Hierärischeo , theils literarisch -antiquarischen Inhalts,
TCin No. XXII. an bis No. XLV . incl., wir erinnern hier
nur an des Hrn. Ritter von Lang Naehriobten über deo
Otto Frisingeosis NOi XXII , an ibehf ere gediegene Auf-
eitze det Hm. Archivar Dr. Lappeoberg, über die be-
vorstehende Ausgabe des Albertus Stadensis und diesen
Autor, über die ebenfalls bevorstehenden Ausgaben des
Helmold und fies Arnold von Lübeck, sowie mehrere
noph ongedruekte Chroaikeo aua norddeutechep Gegen-
den , desgleicheo au die Beechrdbungen des alten Main-
gau's und «les Sinugau's von dem vor einiger Zeit ver-
storbenen g^elehrten Domkapitular Dahl (No. XXXIX
und XL.), die Nachrichten des Hrn. Prof. Strahl über
, Ruftlanda äiteete Gesandtachaftea in Deutachland, sowie
über die deutschen in Rufisland und das erste Freund-
schaftsbündnifs zwischcu Rufsland unti Oestreich unter
Friedrich III. und Maximilian I. (No. XLI.), endlich
einige Aufsatze des Herausgebers (No. XXXVI.), Vor-
rede des Liber Biancas aus dem Original, uqd XXXV 1,
die Vorrede zu den Kamroerbfichero dea Salshurgischen
Domcapiteis vom Jahr 1497. aus dem Originell.
. Fo» JpoU^miuB^ d9m RkodUr, Mm dtm Fwmt^fH dn ör-
fdknfl wtdHdiekM «o» Dr, iViUmann^ CHefMrtr am katktU'
•cften Gynmiutftiii mu E6ln* Köln 18S2* l>mcft und Vtrlag mn
AT. l>n-Jlfont-SeJtotider|'. JT J u. 140 & 8.'
Gin Gedicht, wie des Apoiloniua Argonauticat welr
ehea, ungeachtet der schon späteren Zeit der Abfassviif
und der durchweg darin vorherrschend eo historisch-
antiquarisch-gelehrten Tendenz an so manchen Schön-
heiten reich ist, und nachdem woblbegründeten Urtbeü
oinea Leasing, Jacobs und Anilern so viel Anaiahfailii
hat, das, wenn auch gleich Plan und Anlage und aelM
die Ausführung Manches zu wünschen übrig lä&t (wss
1
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ApolliNiliik Argonantenftilirt, too Willvm. 1141
übrig^ens mehr dejii (leisle jener Zeit ziiztisch reiben ist,
und in der Art und Weise, iu der man die Poesie damals
behandeite und betrieb, seine Entschuldigung^ findet),
doch im Eiozelkieo , io der Schilderung einzelner Cha- ,
rakteriB, Begebnisse, Gegenden ii.s. w., in Mirstellung
der Affecte und Leidenschaften , viel Treffliches dar-
bietet^ und darum selbst von spateren Dichtern vielfach
nachgeahmt worden ist, verdiente gewifs eine Verdeiit»
schung, welche, Sinn und Geist des Originals so getreu
als nidglich wiedergebend , die des Griechischen Unkuo—
digen mit diesem rroduct Aiexandrinischer Poesie be-
kannt machte, Andere aber zu tieferem Eingehen und _
gründlichem Studium desselben veranlaiste, da ein sol-
ches, selbst abgesehen Ton dem gelehrten Nutzen, schon
TOD dem poetisch -ästhetischen Standpunlite aus, gewifs
sehr lohnend ist. Es kann hier nicht der Ortsejn, die
allgemeineren Fragen über den poetischen Werth der
Argonautica und andere damit in V^erbindung stehende
Punkte näher zu erörtern und so Etwas zur richtigen
Würdigung dieses Gedichts beizutragen , das lange Zeit
vernnchlässigt , erst in neueren Zeiten wieder hervorge-
zogen und von der Verunstaltung des Textes jetzt eini-
germafsen durch die Bemühungen mehrerer namhaften
Kritiker (insbesondere zuletzt von Wellauer) befreit und
dadurch lesbar geworden ist : was freilich die erste Be-
dingung einer Uebersetzung ist, die, wie vorliegende,
auf Richtigkeit und Treue Anspruch macht und mög-
lichste Wörtlichkeit sich zum .Gesetze gemacht und auch
dies in soweit erfüllt hat, dafs man bei näherer Eijinsicht
ond Prüfung gewiüs Ursache hat, mit des Uebersetzere
Leistungen zufrieden zu seyn , zamal wenn man die
grofsen Schwieri^^keiten in Krwägung zieht, welche na-
mentlich in metrischer Hinsicht hier hervortreten. Und
ehen diese Sorgfalt des Uebersetzers in Berücksichtigung
der Gesetze der Metrik mag es entschuldigen , wenn in
der Üebersetzung einzelne Härten hie und da bemerklich
sind , die bei fortgesetztem Studium und wiederholter
Durchsicht vielleicht in der Folge verschwinden werden.
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SehM die Blogaogsverse kdnnen in diwer Uinticht
geführt werden. Dagegen fehlt es auch nicht an aoileru
besser gelungeaeii Stdieo, wie z. R I, 48& ff.:
— Jeitö Tertttclite
Or^ßumt «in LM, die Gnitmri^ [Y] hochaaf fa M Linkfln ge*
liehen.
,»Sieli, er iMtaog, wie 4ie £rd* uod der Flimmcl hucIi nech, w
wie dfi8 Weltnieer
Unter einander gcraificlit Torinals in Einer Gestaltung,
Aus dem verderblichen Streit sich entwickelte, jegliches ändert;
Dann, wie im Aeiher unnoeh die hebarrlicheo Zeichen behaiipten,
Alle Gestirne Tcrcint und der Mond und die Bahnen der Sonne^
IfVie das Gebirg aufstieg, wie rauschende Ströme geworden.
Wie Erdnyinplieii «igleieh, wie jegliches Wdfmehm erseogt
ward*"
Oder die Stelle von der Dnrchfahrt der Argeitaatea dnrdi
die Sjmplegaden , II, 549 ff.:
Alp ea dem Schlund sie gelan^^te« der kaum hinsiehendee Ein-
fahrt ,
Welcher von rauhem Geklipp auf den doppelten Seiten ametngt iit,
Und ajs von unten herauf uiubrandete striidelnde Meerfluth
Je(zo das Sphil)' ^uf 4^r Fahr^ t and eie vofif ajrte fuJir^D
Zagen,
Und aael» iMrrile dee Qeldee der wild anprallenden Felsen
Btals aa da« Obr aaschlag «Qd Tarn FInihteliwall tos'tfp die Hf«
Jelso erhob n. s. w.
Bine fthnliche Btelie kommi IV, 98» ffi vor bei der Be-
eehreibung Toe den iBehwinimeiideit Fdfeea, mraas irir
einige Verse ausheben wolleo:
9»A)s nea der Slrdmang^ (vewalt lii den irrei|dea Felfen bi^^
schofs,
Haben den Saum des, QfßwtmtVn s|q emuar biü aom gläai en^
iiniee,
Hoch am Gcklipp und im Sturz aufbrandjender Wogen gestaltel^i
Stemmten sie sich kraftvoll allwärta in gemefsner Entfemnn^.
Siebe, da» Schiü trieb hoch in den Strömungen $ rings das
wge
Qlamte ^idi i»aicliend empr und es. sobUig, |aA|t tosend ^
Felsen «
Und eie tedifarten anjelit das Oewolfc , BeigsCellea Teii^eicbNr,
Wietoam «atergctanehl;» in die tiefesie Tief« [f] desÜ-
grunds
Sanken sie «sin, wenn jetzo die wjiitbende Bmadaag. ompeitli^''
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A^lionim Argonautpiifalurt, von Willniaiiii. 114^
Btwat angestofsen mad wir bei IV, ItflB*
Allen im Busen
Starrte das Hers graueaToU, ood e« blaTst' um die Wange
Erbivleliep.'
Oder hfti XV, 1612
«
-— — mril der K4lrper wir hoeh tm de|n Haniite
Ring» um d«i Rdckea herab uwA die Uniiaviigett M« tirdani
Bauohe
Völlig den Göttera an Wucht» den beseligten , etaiiDea|l geihn^
■
Oder bei den schOoeo Schlursworien des* Ganzen ;
„HeldeDfireschlecht, Heil dir» o beseligtes! Mo^e dan Lied l^icr
Immer too Jahre zu Jahr einschmeicheloder kiingeu den Mea«
eohen I
Jelao nah' ich bereite dem to licht anfetrahlenden Ziele
Euerer Leiden und Mnh*n. Nicht b&nmetea neue Gefahren
Brohend eich auf, eeit ihr yoa Aegina*e Strande gusegelt,
Nicht mehr hemmten der Sturm* Aniiämpfuiigea; eondern'in Ruhe»
' An Kekro|iiii^r I<ande hfamfC aiid' an Aull» fl^tef ert
Zviichap Kdbnia hindoreh and' 6pnntiechen Stedten der Lolcter»
Beyd ihr erfreut an die Kuate von Pagaaal niedergeetiegea/*
wo freilich an dem dritten Verse Manche mii uns Austofs
oebmen verdien.
Eine Abhandlung ül)er das Leben des Apollonius ist
dem Ganzen v()ranj»^estellt ; deu einzelnen Büchern gelien
genaue Uebersichten des Inhalts voran. Die Zugaben
S*144iP., nöthig gemacht dureli den Inhalt des Ge-
dichts, eptbatten eine Reihe von erlclSrenden Anmerfcun*
gen und Notiveii sam Yers^ändnifs der zahlreichen in
dem Gedicht voricommenden mythischen Naiuen, Ort«»-
iiamen wie Personennamen, oder manclier dunklen
tlien u. dgl. Die Uebersetzung des Aescbyleiscben Aus-
drußk» j[Pf'ometb. 7.)* navrJx'^^V ^vqoq atXagi den
kuasihmiühmißn PeuergUpz (& kdnn^Q
wir idchl bItilgeB, wenn gleich Vofe, den der Ver£
fol^t, so übersetzt hat. Auch die S. X. hingeworfene
Aeuiserung : ,,d;ils der Römer Virgilius des ApoHonius
Ar^i^aj^Uci^ zum unverkennbaren Vprl^ild bei Anlage der
\AueiM|d* gjaüibU," fautbäit nach unffi^reni l^OMmDH si»
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U44 PiiUiftogUr.
Viel; übrigens iöl es sehr zu billigen, dafs der Verf. ia
den Zugaben sorglallig auf die Virgiiischea Nachbildiin*
gen eineeloer Stellen hingewiesen hat Weichert in der
Abliaiidliing über Leben und Schriften des Apolloniue
S. 465 ff. und Balfoort^in Specim. de Apollon. Rhod.
laudd. poett. p. 70 ff. haben darüber ein IVlehreres ge-
sagt Dafe Virgil viele einzelne ZOge, Bilder, Sehii-
dernngen ii. dergl. aus Apollonios entlehnt oder auf eine
mehr oder minder eigenthümliche Weise ihm nacbge«
bildet hat, wird darum Niemand leugnen wollen. —
Druck und Papier sind befriedigend, obwohl die Verse
mit etwas kleinen, jedoch sehr deutlichen Lettern auf
weifsem Papier abgedruckt sind.
KUFxZE ANZEIGEN. '
1) Methodik für Elementarl9kr$r ^ oder W^^weistr auf
Vnterrichtefeldem der Folksachule. Entworfm wnt Sä. Ermt
Ludw. Schweiitr, Dir. dw Burger - Schule u. Insp. des Land-
§chullehrer-Seminart zu Weimar. Zetls, 69t J. Wdbti, 1833* S*
i Vni II. 3S1 S, lieft«! einer Ta&eUe>.
OaftBfiidffiili cioMBaeliei, w«tehei des I«e1iv«rii lo denVelit*
•ebiil«n ptaklUch die beeten Helhoden für jedes eiraelne Fach «a-
glebt» i«t swar eebon dnrcli Andere« die wie Denselt Zerre naer,
Harnie'eb fn der Vorrede genaoat sind, 10 befriedift wardeo, dafi
ein nenep Buch der Art an sieh nnnöthig scheint, allein der Yer^
dee-vorliegenden erhielt Ton Seiten der dortigen Oberschul bclidide
den Anftrag, eine solche Methodik zu entwerfen, und eine Concor-
renz sohsher Lehrbucher kann immer dem nieht kleinen PuLliknoi
willkommen seyn. Der Hr. Verf. rfes vorliegenden erklHrt in der Vor-
rede, dafs es Ihm weniger auf Neuheit als auf Brauckbarkeit an-
komme, dafg er nicht an eine allein seligmachende Methode glanl^et
und de Tg er die Rolle des Eklektikers g-ewühlt habe. Das beweist er
auch schon in der Einleitung bei den Begriffen : Erziehen , l nter-
richten »md dc8een verschiedenen Formen, wobei ^'ej;en Einseitig-
keiten in der AuM endung mit Recht gewarnt wird* Ueber Fianmafsig-
keit des Unterrichts, AafangS" und Zielpooct und Weg von jenem
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PMagogUi. 114S
4
•V 4lf«tai, BaacktichUgiiiiir «ier ▼eracHediMo BcdurfiiiMe, Enrek- ^
Innf dei Inlervue o.«. w. höFi man den nicht nur beletenen, ton-
dem BBcb aelbtCdealcenden iind wohlerfahrnen Schalmann sprechen,
Ow Boeberverzeiclioir« über rüclagogik, Dialektik und Methodik iit
lach «eiC etwa 1813 noch bei weitem nicht vollständig. ,
ütater Abacbnitt. Unterrichtsgegenstände der Volksschale» hei
welchen es vorxugs weise auf Fertigkeiten ankoniiut: Lesen, wobei
der Verf. mit Recht mehr verweilt, und sehr praktisch belehrt, in-
dem er unbefangen über die verschiednen Methoden urtheilt, s. B ioi
§einen Gegeuerinnerungen gegen das Schreibeodlesenlernen , — Sin*
g«n, dabei die Würdigung des Gebrauchs der Ziffern und des der
Noten, — GedächtniTsübungen, — Schreiben, — Zeichnen; alles
aasfiihrlH-lier , als es nuthig sclieinen mochte, aber mit uniiii ltf>1!mr
pralitiRcheii Regeln. — Zweiter Ahschn. — Gegenstände, welehc vor-
zugsweise die Geistcscultur belürdein : Formenlehre, — Rechnenun-
terrirht, — Denk iibunf^en , — deutsrhe Sprache, — Religion; ebenso,
nur möchten >vir nicht alles sohin gelten lassen. Wenn %. 11. untt r
den Denkfiliu Ilgen Collisionsfälle zur Uebung des UrtheiU voi l;? It gt ,
werden, so ist das eine Aufgabe für Eleinentarschüler , ilu' ( t>ias
nicht viel weniger Verkehrtes wäre, als wenn man in andern Schulen
aufgeben wollte, die beste Staatsverfsssun^ zu entwerfen. Wa» der
Verf. über den Religionsunterricht sagt, uiid mancher £in^vcndung
unterliegen, und wenn er den Abraham einen Fol^theintc n nennt,
und von dessen Familiengott spricht, so ist das ni( hl das P^inzige,
was selbst die Partheiansicht, welche hier durchhiirkt, nicht billigen
wird. Wenn er nun gar einen Katechisinus a erlangt , worin nach
dem ersten GlauhcnHNiUz ; ,,ich glaube «üi Gott,^^ der zweite heifera
toll: „ich glaube an mich und hinzufügt, dafs „wir diesen klaren,
trostreichen Glauben an Gott und uns Jesus Christne verdanken,**
•0 hat er es da freilich nicht mit dem Zeitgeist ▼erdorben , wie aber
döa Geiste dea Cbrlalentbana aoldief Unlairidit gefalle, tat eine
•■deie Frage.
Der driita Abaeknitt befalat die gemeianntiigan Kenatniiae: —
HMMsbenkande, Unterrtelit Aber den Körper and aber dU Sealn,
iuaer in der Getcbiobtei in der Geographie, in der Nalnrfcnndei
überall gute pralttiache Orandafttsa, ttater oinaciiaa andern, wdeheit
vir ans Gründen« die wir biar alclil wiederholen wollen , oielit bat-
■liaiBien kdnnan.
IKa Sahkifabamarkvng daa Um. Yarfa. antfciiftat swar davali
ibra Beecbeidanbait dan Kritiker, iadaaaen itano Mn daali niahi oan-
^in, an fragen i W9av die Anafabrlichkeil, womit die Iialtigegon^
•t&nde salbat nnd die Gedanken über die Zweck mafsigkeit daraoUiaa
ia den Vnikiicluilen , wla auch über die Art ihrer Behandlung Tor^
getragen wardan, da dieaea allea bekannte Saoheo sind, und sieb
Kttia Radiär, walche aia angaben, in den ilaaden dar Sahnllabrar
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Pädagogik
iNjAndeiif Gut iit ei allerdings , wenn ilor erlUhrne DelnilimuiB mIm
ftbwelelienda iüoitichten » aeine erprobte» VerfahnmgeweiM n. dergl.
ntittheilt» aber diaae« bomita doch wabl aof eiaam käraafan Weg»
gaaabehaii* Aaeh aaban wir nicht, waram io viela Seiften mit der Uta-
fatar bedruckt aind, die daeh weder Tollatandig, nach mit einer Am«
Wahl daateht? Oaa Schlalkwort «»VorwATta," TerUngi wenIgeleM
inebr, nad nrüchte wabl daranf ffAhran, daib die l»avaita la daaLehM
elngacrataaen Lehren aneh ia dam Leben, aowabi la dea (fcniliaficB,
ata unter den Lehtera der Tolfcsaebalcn, wie wir das an« den gote«
Krfolge bereits kennen, gefordert werden, wo aieh daan auch das
fachte Varat&ndniDi dea Vorw&rtaachraltena ia uaaerm Scbalwona
argtabt.
O IFarfa un 44ufick9 Biütitr und Brmiek^ri^ntn, Rm
jßrtmmHniMg inidf 4nhsitupgf durch treue Erfüllung tftra» Aa#atfl^
n/ct für dm WM de$ Faterlandw thäiig mitzuwirHn» 5SrJbip/b-
tM» in der Buekkandfun§( der ^aiekungnuieta^t, 1883. 12. (ft
tt. 88 & Freie 8 gr.)
Worte iu'\t Wärme schon gesprochen, welche swar beknnnte
lind belobte, aher noch \ ]v\ 7n woni«- bfachtete und befolgte Lehren
enthalten, und w<?k*h( r wir nnn crfrcticii , weil sie hoffentlich vielo
Leserinnen finden. Denn fichim Hns Adifsere empfiehlt sie, wozu (iu
gehört, dal's man sie bald d mchliefiüL Die mütterliche üestimmüng,
in dem häireltchen Kreise die Kinder zur sitiUchen Freiheit, zur Re-
ligion, %tim edlen Streben zu bilden, sie Tor falschem Enthusiasuu»
2tt bewahren, dapet^en waliren Patriotismus in ihnen zu erwecken,
ein glückliches Faiiiilienleben zu bcjä^riinden , den Einfi^if« , dee vint
treue, liebevolle Mutter aof die Söhne hat, »um Segen derselbe zu
benutzen, das wird vorerst an dau Herz gelegt, worauf dann die
Betrachtung^en für solHie firmeherinnen folg-en. „Stille, häiiKÜche Ta-
genden sind die Grundlage einer acht weiblichen Erziehung; sie iifld
der schönste Sehmuck unsers Geschlechts, und dienen daau ^ alle an«
dem Vorzöge zu erhöhen.'' (S. 5.) Allerdings eine längst aiierkaMdl
Wahrheit, aber moft aio nicht eben jetat und auf solche Weise «ia-
derholt werden? Vernehmen wir ja dooh die laute Forderung sogar
ffir Vallnacbutan i daa weihliche Geaeblaeht aalle für die Theilaahw
aa dea- politacbaa fingen gebildet werden II
Bbaaaa iat aa' gaaa aalCgcartfk , dafa 4ia Laaaidaaaa dla bavih^
tan Iiahraa dar phyiiaalian Bnriiahung biaa mikt mabram BMIIam
aanunaagaalalH lladea. Vaa daa ald^lMiaa wird aadaaa aaafabili^
geeprocfaen, aad daa antt ffaia^a BaaMMbaageo , a. B> S* S8I.
daa vlala Moialiaireii, aad voa dar itaabfan ikri, aan Oabanaai
l$aw«hnea, Waa Aber Frahaiaa , GbataklaiMdaag, WaMieitaUikat
PMlabttrava, WoMvallaa, fialbatbaharraaboag o» a. w. getagt Mf N-
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I
Pädagogik. IUI
«teht nicht IiIm in einm allgewtin«« RAMiiiBMitaiit, m Ist ms da»
Mm ia ilaa Loben goopMclwo , sBm TMl oncfa at» im EMk*^
nng de« Ree., wie insbetoBdens aber djo Stmfott dep Kiadort
Eben hierin werden noch fcuuBg auch setbil tob Mutten, di« Mk
ifitk Maat als Jßrzleherinned geltend machen, grofae FdUor hsgas^
gen; and aichl niimler in dera S. ^ f^. ierähviaa' Panct, wie to»»
kehrt c« Viele anfangen , die Bich dai heranmafasende Klari' im
Freunde soziehen möchten. So hat ma auch rorzöglich angespro-
chen, was die Verfasserin (?) über das Zartgefobi, aatbat zartaii^
nig, m^t (S. 61 fgg.) — Doch, wir wollen die Leserianea selbst nr*
tbeilen la^iRen. Und wenn dann eine oder die andree Ragt, r* das Alles
MisRen wir ja 6rli(>n Innpi-f» , f*8 Kind pote Lehren, aber wararii so
eiwttg mnU It'^vn'i" so tragen wir da;j;^rgen nur: „habt ihr aiirh
diese faulen Ltliren befolgt?" Die seltnen Mutter, welche das be-
jahen lionnra, werde« sich dann Gliirk wünschen, und in ihrer scluinen
Wirksamlieit gefördert fühlen. Wer ch aber weifs, wie selten nucii
tster den Frauen, deren Bildung ruhinenswerth ist, diejenigen sind,
die sich wahrhaft, auf Ersiehung verstehen, der freut sich, wenn
ihaen die Pflicht, sich darüber belehren zn lassen, an das Hers ge*
Isgt, und durch Fjolchc Itleine Schriften, die auf ihren Fntz- oder
Arbeitstischchen wenig Uaam und Zeit verlan/^en , auch erleichtert
wird. Sie mögen allenfalls vorerst den Schlnfs lesen: Unmöglich
Itann ich die« kleine Werkchcn beendigen, ohne die Mütter und iir-
iieherinnen , iu deren Hände ich es gebe, nochmals daranf aafraerk-
üni gemacht xn haben, welcher wicbiige Berof ihaoa tob der Vor^
MbOflg auferlegt ist, und wic-vial Ooiaa sto I« ilmi lilr die Gegen-
«iif aad Nacbwall «i stiften Tom^n, wenn alo ihn ftren nndl
SnrSiienlMlfll offiilen , und dabei atets die unlüna BeatiaMnong do»
Ilaieif, jJiao Varedlsagr nnA^ Belligiing, im Ange htOMmJ^ idior du
Bialb,oigBntlieii Itt^ilmafi niobt Mofto fioffaaioo aaya»
^! Er Ziehung eh üc hl ein y oder : Anweimng zur Erziehung der Kin'
der für den Bürger und Landmana , vom VerJ^. dßr Schivelmer
biblischen JUstorica nach Hübner. SchtLelm, bei Spher^* 18äö. 8.
(VUI u. 215 S.)
^ gniea ¥olMneIk Wir «dtawchon oä in die Hände rom
Mtidvigen nnd^v- Hohen. Alle können daraaa lernen, und keinLeseas
Ipm £rzielinngspfltchten obliegen, wird es acs der Haad legeB) <dNM
et filidea adr'Hand an nelimen, und ohne nicht nur daiana.Tiel wm
■elaer Freude anJenien, sondern auch jene Pflichten recht lebendig
sa fahlen. Denn es enthält die Lehren fär die körperliche and gei« "
«ii^ Bniehung, und wie sie weiter in Gapiteln hier vorgetragen
«Mdan^ miger s|rsteaiaiia«dl , als nherall tecfat firajbüsflii eioginU
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1148 Pidagogik.
feiid Hill anstehend, so daft der Verf. in fraiem Ergnfo Wcl Tietti-
chee mittliellt Anoh eprielil ftberall daa Leben de« Christenglanben
tändafcki nnd bei den nieht karg angefnbrten Beispielen feiilt nicbt
die Hinweieniv anf dae Bililisehe. Die kemlinfte Spraclie macht ot
fnr \g«nieiBe Derfbevohaer wie fir hoehgebildeie Sifidter an eher
angenehm teistiadliehen Ijeetfire* Se iet ee na«di Inhalt nnd Peim
ein wahres Völkebach.
Wir witiea |a, daft untere Eraiehnngskenntaieee noch immer
aum Erstaunen wenig verbreitet sind, nicht blos wenige nnter der
niederen Yolkielntse, die doeh ihr heiliges Recht darauf crlicnnee
■eilte, sondern nach in den vornehmen StänHm , welche die Bächer
und Anweisungen , die vielleicht in ihren Bibliotheken stehen , oft
am wenigsten benutzen, weil sie meinen, dafe sie das Allee ja schoe,
auch wohl besser würsten. Dieses nicht su grofse Buch wird ihoeo
leichter zu durchblättern seyn, und dann wird ihnen manches io die
Augen fallen, das sie tiefer hereinzieht. So etwa gleich aiif der
ersten Seite. „!Vlanchc MeriRrhrn thun viel fiir ihre Kindtr, avoIIpq
sich aber über Einzelnes ni( Iit« RFigt ii lassen ; z. B. eine unreinliche
Mutter macht dur<;h diesen Fehler manches sonstii^e Gute, das ihren
Kindt in nutzen konnte, kraftloa. Ein Vater, der mit seinen Vorge-
setzten immer in Streit lebt, erzieht keine p^ehorsninc Kinder." (lit
das immer der Fall?) — ,,$ara und Rt^bekkn hatten nicht den Glas-
ben ihrer Männer, — darum wurden anch ihre Söhne — wenigstem
nicht wie Abraham. Wir finden, dafs auch Jakobus, Johannes üui
Timotheus fromme Mntter hatten." S. l92. leuen wir: Man laue
namentlich keinen Sohn Tfarrer, auch nicht Schullehrer werden,
desBon Muttei' blos irdisciien Sinti, aber keine i'ieude an der Ehre
Gottes und der Ausbreitung seines Reichs hat. Eigentlich sollten
überhaupt nur die Söhne wahrhaft frommer Mütter studieren." Dafi
diese Verschrlft ia ilirer Allgemeinheit nicht gelten kann , sagt schoa
die Erfahrung, nnd was einige Seiten weiter der mit der christlieba
Kraielinng ee so ernsüieli meinende Terf* bei Gelegenheit des Üidm
Scfanerses üVer Qiftratlieae Kiader als wahiiiafi geiatllclieB Tml
effgt> läTsI decli daran denken t dafs eogar verirrtoa^angealieiilea aiekt
eine geisllielie Wirksanikeil für die Zakuaffe abgesproehen weidsi
darf. Ee läfbt eich noch Einiges nnsstellen» auch bei den Regeln flr
die physische Erkiebang, was nicht immer so strenge genommen wer-
den dnrfy indeskea wiird dne gmde niebt an MilVgriffen Terlmten. Wir
Voltten nnr biermit den Wnnoeh ansspreeben, dab eiao eoldie A>*
weieaag für dae Volk sieb aaeb vor Jeder übertriebeaen Fordemg
Initen mnese. Dngegen mdeblen wir nnsem Lesern Ton Jedem Blatts
Probea voa dem cbristlicbea Gelato nnd praktlaeben Sinne diM
Belehrungen hier absehreiben.
Wir wöllea nnr noch Weniges herauf greifen. S. 90 : „ Maacbs
£itera wetden, wenn sie dieeee Baeli leeen« danken: Adi, das M
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Pädagogik.
1141»
Vorschriften, nlles Vorschriften, die für Andere passen raugen, aUer
für mich nicht" — worauf der Verf. treffenden Bescheid g-icht. ~
S. 101 : „Die Eltern wisHcn oft nicht, wie wi( liti«;; Munrhes au ihnen
den Kindern ist, und wann die Stunde int. wo Ein Wort von ihnen
den Funken der Gottesliebc \m Herzen dtr iiinder anbiascn könnte.**
— S. 127: „Liue reiche und schöne Sprache der Mutter, die sich
leine Schimpfwörter, keine niedrigpe AuHdrnckQ erlaubt, bildet dna
Kind sehr." — S. 175 fg. über Zuclit und Strafen der Kinder, insbe-
sondere S. 179: „Schlagen soll man eigentlich nur bei bestimmter
Widersetzlichkeit der Kinder. — Wohl den Eltern, die dann be-
•oanen «lad,) bei dea«ii da« Kind fühlt : Biein Widerstand wird nicht
Mfen« Ich habe «a öfter gesehaii, dafa wenn -die Kleinen bei den
ctaton Seblagen sogleich Fnrchl und Ehrfurcht tot den Eltern be-.
tarnen, hernach keine Bchldge n5chig waren.** — S. MOt „1^^ Sohn
kinpft mit dem Vater, bia der Vater atlrht, and dann ainkt er e#*
•ohdpfl ven den Wnndea dieaea Kampfea nieder, alehk die Fehler,
die er dnbei gemacht, glanU nnn, er dorfe nlchte 'miMUligen, waa
der Vntar f nr gut gehalten , ersieht lelne Kinder wa adurachen Men*
•chea, lebt ohne Frendo nadiatlrbt ohne Motb.**
Im Anfange dieser Vorschriften sind auch nicht jene wichtigen
Punete übergangen, über welche ein helliger Schleier geworfen ist,
aber alo aind mit einem bewnndernawnrdigen Zartgefühl raweit be-
merkt, ala ee doch die Vorbareitnng inr Kindarerslahnng erfordert.
Btt Anhang spricht Aber die Behandlong ▼erwahrloaeter Kinder,
wann« Toratindig, nur fir drtllche Verhiltnlaae mehv beatimmt, and
wie daa ganse Eniehungsbächlein ich! ohrlatllch.
4) Pahelbuek, Fünfzig Faketnför KimUr* in BOdem, g^setefawt
wm 04 $0 Speck t€r, jiVeftff «Inent wmMtkttftm Anhange» üaai-
ftvrg, hei JFVlerfr. Pertkee. 9, (48 S.)
Ein reelitcR Kindcrbucli, wie wir c« längst wünschten. Kind-
lich die Sprache, kindüdi der GoiRt, und das ebenso recht, dafs es
darum christliche Eltern für ihre Kinder geeignet finden, auch wohl
selbst gerne in die Hand nchtnen werden. Denn die Probe des Kindli-
chen ist , dafs es auch das Geraüth des Erwachsenen erbaut. Ree. wurde
bei dem Durchlesen dieser Fabeln in neinc Kindheit, wo er an der
Mutter Schoofs Fabeln las und Kinderlieder lernte , angenehm zurück-
versetzt, und freut sich, in diesem Buche noch ein besseres seinen
Enkeln znsenden zu können. Auch die liilder nind besser , uIh man
sie ehemals hatte; nie sind sauber radirt, mit Recht nicht illuminirt,
auf jedem Blatte über der kurzen Fabel stehend« und werden gewifa
die Kleinen erwecklich ansprechen. Z. B, sehe man ^en KnKbeii,,
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UM JAMgat, Qwg|M|iliifl.
Jer eis MdH Mi Joügm^Vdgelä «altecki Mrt. OMi dUm^ mt
imd Mgls
„Knabe, ich bitt* dich so sehr ich kanii:-
O rühre mrin lileincs Nest nicht an !
O sieh nicht mit deinen Blicken bin!
Es liefen ja meine Kinder drin,
«ie wcrdflii enclireebca und ingatlicb scbfei^Ht
^ehn du acbanat mit den grotwa Aufen Iierelä.
Wohl eihe der Knabe dae Neetchen gcra ;
Doch stand er behutsam still von fern.
Da kam der arme Vog^el znr Ruh%
Floa hia nad deckte die Kleinen zu,
Und aah m firanndlieh den Knaben an:
Hab' Dank, dab da ihnen kein Iield gvthan.«*
Wai^ es iüt 4ieee BläUer schicklich, so möchten wir taoeh üf
gleieh folf^ende Liener Fabeln :\,Wandersniann nnd Lerche** hlerb«-
aelM, nie Beleg, win sie wmth dem EnracbMnen etwaa sagen« Mdb
dia Deebc» dbb Bachab, iat aablr nnnehend dnrcb. die hedantiaitta mI
nletUehea Anahaekan , «ad babibfend danOr die kiadwaiaiiiga B«rta^
la Tenea. . .
Oer Anhangv entbSli kindlich- and chrittlich-icli^na Lfcdart
wakhe nach achea da« 8 jährige Kleine gefna aaawendig leraea fWi
weaa de ein lieber Mnnd ihm Toraagt.. Dan Lied: ,«Jaea« segnet
die Kiader»'* gehört beaoadara ia die Kleinkinderechala, ^€)Uijf»
Kiadergewife aaeh dem bekaantea Bilde, daa an der Wand Itigh
nit Innigkeit hinichanen werden. 80 aind meKrere C^endiichten aii
dem Erangeliam gawaUl. Daaa fa|gen niich einige Sailaa mm-
a^che. Die Nachachrift an die Eltern giebt den rechten CklifP^
dteaea Kinderbnchea ao an , wie ihn der Unteraeichnete aiehl bfip
annngeben wnfate. *«..
Sa A w
Erster Curaus des Unterrichts in der Geo graphie Ät
L. y. Jüngst, Lehrer am Gymtuuium stu Bi«l^el4* f'**^%^it
IHM Bmibr Khld dbdli luiifliilillKi Vaa^Mblliil
— 1,., tri, aft * hfci * j jj-ttju ^ätA aaa^A^tji*Ai4»u4_ fc---*«-* — - ^ d^'a^^]Mt^
■ aar varnervnang nao TTieaampinag ueUu iraiarfwuia jm am
gra|>Bib ttedUlat M üraHleÜ, Sohflid HittlbnIilUl fftf 4äB 'G^MM^i^^
aina la anan wniiaaaanviQiaiian inainpifBiMii ninnt vma ssqhbbi
dattt Ibifc tttt(iiitMhilieh, to^laMril^ ireoh te «A ttUi iMR
Ibbita «iner IHähf^ Vob Iffataed bM JahfMüMeft bkltKttymFm
grorsen Zahl det Sldlttatt tiad de^ AÜKMttilibhbit des i^fäfßtM^
Unterrichtb ktintti^ll idaten fügltch mtehrtei'e btebenelnbiidtö bijl>ti#i
aM diaienidich kaan «ach dam wllbgaadaa BüilUm jffjtUf^
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Sl«ig«rlM, De vra UmfoHmafiti^ 1151
«icbi «ligMpmicliwi irenlaii, in ■olpn et «Ina 9)lge|iieliie Uebi^nicht
der Lander- nad TdLfcerkmub «atliftlt. et aller iblee für die
Schaler keetimiii^ eeya k^an , Udcm der liejtrer den Inlinit ofieehin
irissen male, oder ttun Mersn nnderweitig^ unentbehrlicbe Hnlfs-
mittel sa Gebote stehen» eo iet die fo JSeiten lange Venrede and Ein«-
leitnng nebit den hiningcfügten Uebungen aberAussig , and wäre ee
bester gewesen» diesen Raum für eine weitere Aoefuliraiig der Geo-
gftllbie ««n ftnrepa sa benataen.
meniatib* Sar^i 6. H* L. St^ig^erihal, Canrevtor* CetUk
MDCCCXXXli, tfflh G. R F, SeknUH, (Nehit: JahnB-BetUlä
über das Lyceum der Siadt CeUe* womit u, s. 1». eiaibidet Dt, Lad-
wig Philipp Büpeden, IKreclor^ SO ^ in 4.
9ft8 Wort •rra^.anaTußoXij kommt bekanntlich bald in allgeiiiei-
nerem Sinn voa jeder Tor Gericht deponirtco Summe Tor, bald in
8|>cciellem Sinn, wo ca eine bestimmte in einem bcstiuiiiitcn Fall
oder l^i'orer« deponirte Summe bedeutet , wie dies z.B. insbesondere
bei Erbscliaflsföllen und Erbscfiftftsstreitigkeiten der Fall war. Daher
aetereucht der \tit, in dieser Icsenswerthen Abhandlung den Ge>
braiieh und die Bedeutung des Woilä zunächst in diesen Fallen , mit
rteter Rucksicht auf andere damit verwandte oder auch in ahali*
elen Beaiebangen gdlirauchte Aasdrücke (wie a. R dia/uux^nfia), sa
dab daa flaaae einen aebr achalabaren' lleitrag an der in iiaufcHai
ZflUea awar neMM beliaad^len, lAer, ibver eigenen Sdbwierig-
keitea wegen , neeh inmer nicht genng erdrierlen Mira des Atli»
sehen fWeeses , liefeit« die nicht sowohl dnreh allgemeiae Bisen-
BonenU ala dareh gräadlieha £r6r«erung (wie iaiehae Ider gesahahaM
iet) der einwelaan hier ▼otbanknenden Anedrfieite, daraa flbhtaneli
oad Aawendaag, anfgahallt werden kann. — Me beigafigten Seh«l«-
aacfarichtea geben ehie genana Uabarsieht dar IiebrgageMteda all
dsai Ljcevm, «ad litofarh aagleiefa die erfreaUeiiali Beweise taa dar
Thitigknt nad deft laitgaaetetan Bemühnngen dee Ditactara «nd^dar
8oMbeii6rda*« die Amdalt isnidv Aaha an bafeMn «nd im UvMMh
den Stande an. aifaalMli.
f
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1168^ liidleM Atlici v^n A. Bftttunliflk
Mndiw Attiei odertprahittekt AnhUung sut Hektigen Menung tad
Ausspräche ixt 'OrUMsekkn F«fUi2ttiui, «If ftetonrfmrSBMdkiwA'
tigung d» AUi$eh9n DieHer* Aw dvm BngHtektn hearheiM «o»
Dr, Anton Bonmtt ark, €hofikenogi*.Bad, Fresßuar am Gymiia-
Wirai c» FHÜInKfg* tMhwrgf ünw^nidithiMmidlimiC nmd Bnekr
druekeni der GcMdier Groot. 1888. XiF n, 182 ^. ^ gr, 8.
Der Hr. Verf., der bereits früher im Jahr 1830. in einem Index
Prosodiacus Latinae Unguae antibarbarus , für die richtif^e AuHnprcube
des Lateinischen ein Verzelchnifs Ton Wörtern geliefert iintte, liereo
Torletzte Sjrlbe leicht unrichtig auagcsproclien wird (s. Heidelb. Jahrb.
18^1. No. 12. p. 190.) 7 hat in dieser Schrift, welche - 'Heine
deutsche Bearbeitung eines in England unter folgern". ^^^^^ Vtel er-
.flchiencncn Büchleins; Indkes /ittici. Or ad fluide to tke yuantity of
the greek penultima t chiefly with rejcrcncc to attic writers Oxford et
London 1824, ist, einen ähnlichen index Prosodiacus der Uriechi-
B ( h 0 n Si>rache, zunächst was die richtige Ati»sprachc der Tor-
letzten Sylbe betrifft, geliefert. Die Nützlichkeit und Brauchbarkeit
«ines solchen Bttchleias, zumal för aolclic, w«lche uieh^ in dem Bs*
•its guter Wdrtetbiclier iind , in densn dl» Qninilt^ der Sjibca
■ieh angegebea findet« dua aber aaeh inibafondere bei dem Srlerica
'der Spraeiie , ^wo eiae faleelie Aoeeptaeiie a<»eii dftorer irarfceaiart,
•ale im Iiatelnieehea, reejitfertigl binlanglioh dae CreelielBeB dieetf
Schrift ia deateehem Gewaed, aamat da sie dareh die Th&tigkeft des
•deatsclieii Heraotgebei« atelit wenig gewonaen iial^ Otfreelbe bit
«icht bloe die eiaielnea Warter ia iliren Formen gcna« angegebta
•ad mit dea aötiiigea Accentea Tereeliea , eowie die Haa|itbedeBlaeg
•hiaaagefigt« eondera aach maaeliee UeberflOMiga 3vegselaefeen , Am-
dn»f wa* aötfaig eebiea, liinaagefngt aad lo da« Hangalbaile «P^
gftaat« aach eiaselae IrrthäaMr dee eagÜ^ieliea Verfaeeera berlebt%tt
«ad 81»ecatt die aeaeetea in Pisateehlaad aber dieeea Faabt etiebie-
Maan Farecbaagea mit gewohnter Sorgfiilt nad Gaaaaiglrait benatiC.
Vm^ eo ambr mnDrta ee eae'lnfrcnidefl , S. T. der Torrede aater Aa*
dern die Worte zu lesen: „zumal da nicht blos ehedem, sonders
aalbet jetzt noch in gar ninnclien Schalen die barbarische Sitte
herrscht, das Griechisohe einseitig nach den Accenten zu Jeaen.^
Ref. hält im Gegeotlie^l diese barbarische Sitte ^. der die alten Grie-
ehen erweislich eben so gut wie die Neugriecheo gehaldigt, für dil
einzig richtige, die zugleich allein eine feste Norm abaogelien, ead
den Schüler vor MifsgrifTeit jeder Art aa bewabrea Temng. — > OfBSk
und Fapier sind aehr befriedigend*
j
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I
I
N*.T8. MBIOmiB. JAHRB. ik LITERATUR. 189^
Beiträge zur Ke nntn iß de!? K atholiciamut und zur För-
derung der Sache det Lichtes und der fVahrfieit ^ oder
Kritik der 7}euet,fen uvd merkvürdigstcn Erscheinungen avs dem Ge-
biete der katholischen Theologie von C, M. Eisen 9c h ni i d , Prof.
zu Schveinfurt a. M, Leipzigs bti G, frolbr^cht, IBSS. X ti. 2^8 S,
Nach seincjn vielfnclK n historischen Beleuchlungfen
des katholischen Kircheiiglaubetts^ des CtUtus und der
Kircheo Verfassung aus den Quellen der römischeo Kircbey
worauf auch UDsere Jahrbücher öfters aufinerksam ge-
macht haben, fafste der unermüdete. Verfasser den gewiA
ffir beide Kirchen fruchlbaren Kntj«ehlufs,.in befM>nderQ
Heften merkwürdige Erscheinungen auf dem Gebiet der
katholischen Theologie des Inlandes unfl Auslandes be-
kannter zu machen, sie durch Beurthei laugen und weitere
Notizen zu beleuchten, nichtige Documenle, die den
KAlhdictsiiius der neuesten Zeit charakierisirea , zu sam-
meln und die BemOhungen der heiter denkenden Katho-
liken iür Verbreitung des Lichtes ebenso wie die An-
strengungen der Verdunkelung ins Licht der OetieatiichT
beit zu stellen.
Das erste Heft dieser Beiträge enthält Vd Nummeni
folgenden durchgängig merkwOrdigen Inhalte ; 1) Ka-
tholische Grundsatze Uber die Ehe von Mich. Witt-
mann, Weihbischof zu liegensburg; — 2) Sjstera der
katholischen Doginatik von Dr. Klee; — 3) Hoiniüen
des h. Chrjsostomus, aus dem Griechischen übersetzt vqq
Wilh* Arnoidi; — 4) Domdecan Joseph Weber,
Tonr Christoph Schmid; — 5) Beleuchtung einer
ROge in der Schrift: Paradoxen der Zeit, Frankfurt hei
Wesche; — 6) Die literarische Stellung des Protestanten
BU dem Katholiken vom geistl.Rath und Prof. Dr. Salat; ,
— 7) Lieber die grofse Verschwörung gegen das Chri«
otenthum von Fr. Geiger; — 8) Suüo Spirito cmiu
papale che produBse Rifarma . • . come riäuUa. de
motu euei ciasäici, maeahne de Dante, Petrmrca,
XXVI. Jahrff. 12. Huft. .18
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11§4 Eiseuscluniclft Kritik der neuetUn Ltscheiuungen
JBacaccio. Disquisizioni di Gabriele Rosetti,
Prof^ di Lelleralura itaUana nel Collegio del Rc m
iMdrm . . Landra, 1832. XV und 460 & in 8. b«
Treiittel u. Warz u. Richter; — 9) 1) Sendschretben an
deo Hrn.Brzbi8chof Boll, von Dr. R. A. Preiherm vod
Reichlin- M el (legg, — 2) Act des Uebeitrittes und
der Aufnahme des Dr. v. R. M. aus der römisch - katho-
lischen in die evangelisch -protestantische Kirche; —
10) Reeensionen der Röntgsbergerlsoheo kleinen Schlif-
fen : 1) Concilien und Btichöfe, oder die oeve Reforim-
thw in Deutschiami. MUncheR 1882, — 2) Auch eis
Wort über Rehgions-V'ereiiiigung, — 'S) Haniiibal,
oder Beiträge gegen den neu aufstreliendeu Obscuran-
lismuf} , herausgegeben von Pfarrer Königsberger.
1 ^ft, Heft ; — 11) Die Freiheit der katholischen Kirche
hl llj^ftrlemberg , von eiBem katholischen Getetltchen,
Ulm , 1882 ; — 12) Schreiben Pahst Gregor» XIV. »n
die Erzbi«K.liöfe und Bischöfe in Baiern ge^en die
gemischten Ehen; — 13) Rundschreiben Gre
gors XV!. an alle PaCriarcheo, Primaten, Erzhiscböfe
Md Bischöfe. Zur Ankündigung s^ner Stuhlbesteigung
und Andeutung der zu befolgenden hierarchiselL-cttflfr-
llstischen Grundsätze.
Die piibstlichen Sendschreiben sitnl vollständig mil-
getheiit und mit Bemerkungen begleitet Von dem Send-
schreiben des ür. und Prof. von Reichlin^iVteldegg
an den Erzbischof zu Preiburg und^ron dessen Veranlas-
sung ist ein summarischer Bericht erstattet, i»d4 das bsi
dem fjebertritte abgelegte Glaubensbekenotnifs des RM.
über die zwischen beiden Kirchen fortbestehenden LV
terscheidungsl ehren in 13 bestimmt, kräftig ttnd ge-
mäfstgt ausgedrückten Sätzen mitgetheilt. Die Ihesio-
gischen Schriften von Weihblsehof Wtttmanii wd
IVof. Klee sind ausffihrlioh und mit GrftndHcbkc^t gB-
prfift. Bei der ersten besonders widerlegt E. dHrch Bf^
idärurrg aller Jesus als den Sohn Gottes oder dertiottheit
betreffenden Bibelstelleir 'die gegen neuere Protestanten
dfters vovgebrachte Einrede, wie wena hm DeM^ttaa
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in der liatliAtisclifn Theologie.
(ier symbolische Glaube au die Gottheit Jesu versehwud*
den sey« Durch eine dem Wort und Sinn, auch der
irdheateu Dogtnenfrelheit gentäbere Exege^ ^«iff^ <He
Debereinstiintnong d^s protestatitischen Ralionali^mus mit
ften biblischen Urkbnden ; wobei hauptsächlich auch
dies zu bemerken isi , dafs die Urheber der Reformation
nur die im MiUelaiier ausgebildete Lehren der päbstli-
cheo Kirche genauer geprüft haben, weswegen das
Wesentliche ihrer symbolischen Confessiönen in den (för(*
dauernd wahren) Gegensätzen gegen den Papismos he^
steht, fttr tttchfere andere Erforschungen des Ursprung*
liehen Christenthutus aber damals nicht nur die Zeit,
sondern auch die philologischen und philo'^nphischen
Vorübungen fehlten, folglich auch darin nichts neueS
Bleibendes entdeckt werden konnte.
Mit gebflhrendem Ernste und mii GrfindlichkeU
sind (No.5.) die Vorwürfe, welche dem Verf. wegen
verfälschter Darstellung der katholischen Glaubenslehre
in den Paradoxen der Zeit gemacht wurden, zurecht
gewiesen. Unbefangen und hochachtungsvoll sind die
Verdienste des Domdecans Weber für die Verbr^f-
tätig des Lichtes und fUr die Förderung der christitch^M
Tilgend (No. 4.), ^owi<^ die Bestrebungen dtr ffetge*
ginnten kathol. Geistlich ki it von VVürtemberg (iVo. Ii.)
und die Arbeiten des heftig angefochtenen freisinnigen
baierischen Pfarrers Königsberger (Xo. 10.) gewürdigt.
Sehl" rrterkitttrdig sind die Zeugnisse von Verdorb^d-
heil ttes fdmrfschen Hofes, welche die Schrift des Pt6t
Gnbrief Rosetti, eines geborn^n Katholiken, thtft
den antipäbstfichen Geist, welcher die Reformation her-
vorgebracht, und über den Einllufs , den jeneV antirö-
mische Geist in der Literatur Europa*'« und vorzüglich
in Italien, besonders in Dante, Boccacio, Petra rka u. s.w.
bewirkte, untef No. 8. iiefert Die dhma Cömedia yon
Daafte ist nach Rosettt eine niaSkirte Paraphfasif . dfev
Offenbarung des Johannes ^ angewandt auf dlaS Pabsl^
thtinl. Die Apokalypse theilt sich in drei Hauptscenen:
Gemilde der verkehrten Welt in Babj^lon; Gemälde
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Biteatchmids Kritik der aeUMlen firtcheiDOiigeD
des Gerichtes und der Strafe BabyloD^ ; Gemälde dM
neuen Jerusaltüns, welches an Jerusalems Stelle Ulli
Dies vergleicht R. mii (len drei Haupttheilen der ver-
sch leierten Paraphrase Danle's« Die Holle en [«spreche
dem ersten, das Fe^feuer deiu zweiten , das Paradies
dem dritten GemSide. Man rechnete 1000 Jahre des
^, Reichs Christi und da diese mit der Zeit Sylvesters II.
sich zu endigen schienen, so wuidt^ geglaubt, dafs nun
Satan auf kurze Zeit gelöst se^, aber das ihm verfallene
Babyion seinem Sturz nahe seyn müsse. Von Rosetti
werden, der Reihe nach, Zeugnisse genug aus den frii-
-hern Jahrhunderten angefiihrt, in denen der päbstliche
Hof dem heidiiischeü ßahylon iiiul dem Hofe des Satan
verglichen und die wohlthätiije Wirksamkeit dieses Kin-
heitspuoktes der kalholisciien Kirche gar nicht anerkannt
wurde; uämüch die Zeugnisse des Claudius, Erzbi-
schofe yoa Turin (a. 820 — 889.)» <ies Mdnchs Lam-
bert von Aschaffenburg, des englischen Garmeliten
Wilhelm Djsse, Arnulfs, Bischofs von Orleans,
Franz P e t r a r k a (s, dessen Ephtolae und das Memoire
pour servir ä la vie de Petrarque. tan 1351.), Aiiiert
▼OD Capitaneis, Legaten des Innocenz VIII., Francesco
Negri von Bassano, Jacob Aconzio vonTrient, Ro*
bert, Bischofs von Lincoln (a. 1258.), Eberhard,
Erzbischofs von Salzburg, s. Aretin. Anna!. Buch T
Sonderbar genug ist's, dafs auch unsere deut-
schen Romantiker, welche so emsig die Sänger des
Mittelalters wieder erwecken wollten, immer auf Deu-
tungen eines geheimen Sinns derselben hin- ,
weisen, aber auf solche, wodurch Liebe so der mittel-
alterlichen Hierarchie geweckt werden sollte. Nicht nur
Rosetti zeigt, dafs jene Gehe im spräche vielmehr anti-
römisch war. Schon Gingui ne schreibt:
' '„Fast alle^ Eklogen Petrarkas sind räth^elhaft
und geheimnifsvolL Ohne Schlüssel, den man nicht
Immer findet, ist es unmöglich , sie sn verstehen . . •
Einige sind wahre Satjren, wie die sechste und siebente,
wo Fabst Klemens VI. augenscheinlich unter dem >^aoien
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in der iMitliolUchcn Tlaulo^ie- _ 1157
Mition (mUlSy sanft, ^utig — eletnena) dargesteiU ist
In der ersteren wirft ihm der heil. Petrus unter dem Xa-
men^Pamphilius mit Harle den Zustand, der Lauigkeit
vor , in welchem sich die Heerde befinde* (Hhi. tiL ^
JFIial Fol II. p, «T)
In der zweiten Kkloge" (fährt Gingueiie fort) „tritt
Mition auf in «1er Sceiie mit einer Nj' niph e Ep^, d.h. mit
derStstdt Avignon (Epicureu), Die Nymphe durchgeht
die Kardinäle der jRelhe nach , welche unter Sinnbildern
▼ersteckt sind , die tod dem Hirtenleben stammen , unil
malt sie mit den hSPslichsCen Zügen und schwärzesten
Farben. Der Inhalt der folgenden Eklogen ist sehr ver-
schieden, und doch trifft man darin sehr lebhafte Züge
gegen Aviguon und den Hof daselbst. Er läfst den
Kardinal Coloooa unter Ganymed s Namen sprechen ; er
spricht selber unter dem des Amj^klas.« ...
In einer andern Ekloge y die Conflictatio betitelt , ei*-
zählt ein Hirte einen Zwist des Pan und de« Artikus.
Letzterer macht dem Pan Vorwürfe wegen der Gunst-
bezeugungen, die er von Fanstula erhält, uud der
Fanstula wegen der Gefälligkeiten , die sie ihm spendet
Unter Pan und Artikus ist der Köni<^ von England ver-
standen, unter Faustnla (die Gattin des Faustuhis, eine
Anspülung auf die römische Lupa) der pabstliche
Hof. —
Unter dem Schilde dies(^r Geheimsprache cirkuiirte
dieses Hirtengedicht in der Welt. Die Päbste waren da-
durch gräulich getroffen, und Petrarka schlummerte
rnhijg. Die Päbstler lasen es, wie wir die Bukolika
eines Theokrit lesen, und die Witlersacher des Pabstes
sogen neuen Hafs daraus. — ....
Petrarka selber hat sehr deutlich gestanden , dafs
seine Bukolika den nämlichen Inhalt , wie seine Briefe
haben , jedoch unter einem täuschenden Gewände. Und
er setzt noch hinzu, dafs er seine Hirtengedichte so Ter*
mummt habe, theils um den Gefahren zu entgehen,
theils nm dem Geschmacke seiner Zeit zu hul<llgeii, der
eine solche Darstellungsweise liebte. Wenn Päbstler es
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nS8 Eimicbmidt Kritik der neuwles KrtebetDOOgen
nicht TerstandeDi 8o war doch den Widersach des.
Pabstes das Ganze desto leichter eii ent^iflTern; dies aber
war nur möglich dutcli IJtbcreiukunft über eiue ge-
meinsame Geh (Einspräche. — ....
Schon Boccaccio, der mit Pe^rj^rka fast nur Eine
Seele ausmachte, hatte der Welt gesagt, da^a in den
Bulielilia seines Freondea ein Kern Ter borgen aey, ^
Speise für wenige Zahne , während die anfsera Schaala
för alle wäre. Iii dem vic rzehiiten Buche seiner Genea-
logie der Götter läfst er verschiedene Blitze leuchten , . .
So heilst es auch im zehnten Hauptstück.: Es ist Thor-
heit| zu glauben, dafa die Dichter un|er dof Hülle üßt
Worte nichts yerborgen haben : dafii aie piir fti^tUUffi
Fabeln gedichtet hätten, jlie nichts, ala die Aulaeqaeife |
vorstellten. Wer ist so unwissend , dafs» weim er unsero
Dante ^ehv oft die verwickelten Knoten der heiligen
Theologie Ipsen sieht, er niciU nur den Philosophen,
(Sondern auch den Theologen ap ihm gewahr ift ird? Oder
«ua welchem Grunde hatte er woiil gedichtet, me Grifaa
jenen Wagen aqf die Höhe einea Berges achleppt , be-
gleitet von sieben Leuchtern und eben so vielen Nym-
phen, nebst dem übrigen Theile des Triumph-Pompes?
(Gerade dieser Theil des Dante scheu Gewebes, sagt
Rosetti, auf wichen Boccacio die Aufmerke mkeit rigi^tey
sey der Schlüssel zu dem Ganzen.) Wer indchte ao eia-
ftitig sejrn, zu glanbeq, der berflbn^te Petrarka habe
89 viele Nachtwachen, Mühe und Suidium daran ge-
setzt, um in seinen Bukoljka zu dichten, dais ein Pain'
philius und Mition und andere fabrlä4i$ige Hirten mit-
einander sängen? Ich köpote au<4) meiner Hirtenge-
dichte erwähnen ) deren Sinn ich genau weifSf aber idi
lialte es für besser, «n schweigen.'* So BocC9cia^
Ernste Erwitgung verdienen anch die ^itgemäfi^,
ana der Schrift des geistlichen Raths und Profej^sofS
. Pr. Salat: „Die literarische Stellung de$ Protestanten
zu dem Katholiken" (Landshut. 1831. 702 S. in 8.) anter
No. 6. ausgehqbenen Steilen. In Hiosii^ht apf di« VlVh
knngen des Volksglanbeni an das ojm^ <^pm'^^m io
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im
der Kiodertaufe, die Kraft tlw Sacrameiito echoo ao
mad für aich,' «oabhftngig too der Geaionuiig de$ Ena«
pfangers «las Heil wirkeoi vad wonach die geteuften ,
voa aller Schuid gert iuigtt u Kinder bei ihrem Tode so-
gleich in den Himmel komiiien sollen, werden sehr be»
heraiguugswerthe Thateachen initgetheiii* Neuerli(^h erali
mübU Salat, fielen wieüar T^kltuDgen getaufter un\
mfijHllger Kinder vor* In der Gegend too bindshttt
schlug ein fionet wackerer Familienvater zwei seiner Kin*
der todt; das dritte liefs er leben, weil es ihm schon so alt
geworden und zur Vernunft gekommen schien, (Infs der
Vater besorgt ivar, es möchte eine Sünde begangen haben»
Bei IMUagen gab eine Multer, auch eine Verehlicht6|
illrea zwei Kiodevii den Tod, oder, wie eio sagte^ das
ewige oder 'himmlische Leben. Schon vor längerer Zeit
hörte eine Mutter,- welche vier unmündige Kinder hatte,
eine Nachbarin, die eines durch uvn Tod verloren, sich
damit trösten: Sie habe ja nun einen Engel im Himmel
«lad einen Furbitter. Diese Bede ergriff sie. Die Vor-*
Slolliing bemliebtigle sich ihrer Phantasie, und lieis kei^
BtM Schlaf io ihre Augen konttneo« Aufttehend sodaaBf
sieht sie ihre Kiirder noch schlafen, und schlägt sie
alle todt, springt dann auf die Gasse und schreit: Jetzt
habt^ ich auch Bogel im Himmel , auch Fürbitter, uod
ich habe vier!
In Ansehung des» Ueber^Aogfs der Schuld derStamm-
eltern auf die Ntf chkommed vorsiMdite Proi Klee ( No« 2«
47 ^ 4g.) den Anelofs der Vern^fl durch die Hypo^
'tiieSe des Trailucianismus zu heben, nacli der nicht
blos das Körper-, sondern auch das Seelenleben durch
die Ajeltern erzeugt werde. Aus dem geuetisch iunigea
ZosammeDhaailp der Kinderseele mit ihren Gütern werdo
die Uebertffsgting der gelstil^ Blj^enheiteo« also a«cb
dos Verderbnisse der Seele erklärbor^ (BrsI schafft maa
sich das Räthsel einet angebornen, vererblichen Sdod^
haftigkeit, und alsdann macht die Speculation alle mög-
liche Anstrengungen , um den selbstgemachten KnOteo
Ml Idee»!) Am einem Act clor Natorthätigkeit den.Utv
Digitizeü by
im
Kiieaaeboiid« Kritik der nncitmi EfMkeinnagen
Sprung des geisti^Q Wesens absnieiten , ist ein meli-
physischer förmig, ftsraßaaig eig aXXo yevog. Aoeh
wäre die Theorie von. Erbsunde, verglichen mit der von
dem Tauf^acrament, im Wider^ipruch mit dem System.
Fromme christliche Eltern himl durch die Taufe voo der
ErbsQade frei gemscht und können durch ihre fromme
GesiDnan^en uod tvgeiidhalleii Wandel eine hohe filefe
in der christlichen Vollkommenheit erreicht haben. Nach
dem Traduciauiümus MÖrden von frommeu geieioigten
Seelen der Eltern nur unschuldige fromme Kinderseelen
hervorgebracht werden. Umgekehrt mllfste durch .die
lange Eeihe der Erzeugungen Ton sfindhafteD SHsni
jedes folgende Geschlecht schlimmer ab* das iwhergo*
heode ( avia petnich9ior ) werden » ohne es vermeidet
in können.
In der katholischen Dogmatik wird ferner die Erb-
sünde nicht blos als ein unabwendbares, schuldloses Erb*
übel , sondern als eine durch Zeugung fortgepflanats
Schuld gelehrt, welche den Kindern Verwetünng vor
Gott and ewige Verdamoliing »izieht, wenn sie nicht
dorch den christlichen Glauben nnd durch die Taife
gehoben wird. Genug. Es würde, wie Salat bemerkt,
das moralische Uebel gerade, ja g^anz wie ein physi-
sches vorgestellt. Waltet da nicht der haare Materia«-
lismus?
In Hinsicht der Restauration der Mendican-
tenklöster, welche der Seelsorge Aushülfe leisten 99U
len, macht der g. R. Salat aufmerksam a) auf den
rohen, für die Sittlichkeit so verderblichen Alierglauben,
nach welchem der Mönch sein Gebet als Surrogat aa-
bietet, wenn die beschränkte Gutmfithigkeit klagt, daüi
man vor Arbeiten nicht beton kdnne; wo£ir sodann die
Gabe von Getreide, Schmals, Butter, Bier 11. «.w. desto
reichlicher aoslalien soll. Bs Hegen ThatsacHen ver,
dafs hin und wieder auch ein weit Aergeres, das nicht
genannt werden soll, in die Familie kam. h) Wird auf-
merksam gemacht auf die, im Ganzen so drückende in-«
directe Steuerabgabe, welche unansweiehlich dort^ wo
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in 4«r UlliQlltciieii TIaeologie. lUU
I
ein solches Rlosler errrtchtet wird, eutsCeht Wenn von
der Aushülfe in der Seel sorge gesprochen wird,
so entste ht die Frage , was zur Bildung' des Volkes, man
möge die religiöse oder moralische ins Auge fassen , er-
forderlich se^? welche Vorbereitung uod weiche Keoat-
nife des Volkes? weicher Segen kann von den sogemiaaUNi
y^Sntlelpredigten der Mdnche," von der Möochsmoral
flir die Büdu^ig des Volkes erwartet werden?
Die gute Sache der wechselseitigen Aufklärung wird
sehr gewinnen, wenn der verdiente Verf. seine Beiträge
zur För<ierung des Lichtes fortsetzt, mit unbefangener
Wahrheitsliebe auch die in katholischen Schriften nio*
deryeiegte Wahrheit aas Lieht sieht, die Irrungen aber
mit wissenschaftlicher Grindlichkelt beriohtigeä hilft.
Der Druck ist im Ganzen correct; doch fielen fol-
gende, nicht angezeigte Druckfehler auf: S. 26. Z. 15.
von unten vereint statt verneint .S. Z. ^ P^'g*
statt pori. S. 123. 1& v. u. ist nach „erwie^^en,
dallB" ein wichtiger Zusatz einsoiohalien ttötbig, nämlich
dieser, daik — „in den Verhandlungen sn Constanz
, (Sess. 19.) und in dem Lateran. III. Can. 16. jene Lehren
bestimmt ausgesprochen sind worauf alsdann weiter
folgt, dafs auf dem IV. Concii im Lateran und auf der
K«V. zu Lyon im Jahr 1245. wie zu Constanz eben diese
Grundsätze in Anwendung gebracht wurden. Das Decret
des Constaozer G>ncilittnis, welches auch Mansi Tom«
XXVII. foI.?91. aufbewahrt hat, sagt darQber, ifafk der
kaiserliche Geleitsbrief dem Hufs nicht zu halten gewesen
sey, bestimmt dieses: c um Jo. Huf s^ßdem orthodox am
perimacUer o/^ugnans se ah omni salvo con-
iltt#ltt et priviiegio reddiderii alienum nee -
■mliqua eibi (j^ei) fidee aut promiaaio de Jure
ne$utaU, dhmo vel humano fuerit in praejudi^
dum catholicde fidei o bserv and n wodurch
als Grundbegriff des katholisch oeknnienischen Concils
ausgesprochen ist, dafs kein Versprechen, wenn es dem
hathoiiGianban znm Präjudiz wäre, gehaHen werden aolle.
Dr. Pa^ulue,
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im
Vmknt die Sündloäigk^it Jesu. Eine apologetisehe BetraehtuHg
vm Dr. C. Vilmann, ord. Prof. der Theol. zu Halle. ZweiUr
verbesserter und vermebrtv AMruck, Homburgf 6ei FrMr. Perllm^
8. (144 &>
Dogmeo, welche dki Orthodoxie festhiell, zu btr
havpten oder ausmtofsaa, war die iheologlaehe Bewe*
gung des Zeilf eiste« io sdoein aufeinander Mgendea
Proteus -Weehsei. Wie viel oder wenig die WalirhA
flabei einwirkte, mag; eine uubefaiigne Geschichte der
Tlieologie enthilffen ; für cÜe unbefangene Würdigunjg;
der Dogmen scheint die Zeit gekommen zu aeyo» Oie
vorliegende Monographie ist eio Beweis hiervon ; sehen
der KWeite Abdruck derselben «aeh wenigen Jabren, mehr
die Schrift selbst aber wird den Leser mit dieser Uebeiw
zeii*iuiig erfreuen. Sie geiiört in die Reihe der vor-
züglichen, welche wir der neuen Generation von Theo-
logen verdanken , auf die wir älteren mit froher Hoff nuo^
sowohl für die Wissenschaft «Is Ar das Leben des ChfH
etenthttuis hinbiieken mdg e»;
Der Inhalt der Schrift betrillt die Person dessen , auf
welchen sich das Christenthum gründet, lind ist also
mit Recht von dem Verft ,,eine apologetische Be-
trachtung" genannt. Wie das hier abgehandelte Dogms
mit der Wahrheit und Göttlichkeit unserer lieiligen Re-
ligion zusainnicnlKinge 5 ist wohl schon auf den ersten
Blick klar, liier aber wird dieser Zusammenhang exege-
tisch, philosophisch und historisch zur Deutlichkeit ent-
wickelt ; schon die Einleitung legt es vor Augen.
Der erste Abschnitt erklärt und begründet den Be-
griff der Sünd|osig^neBt Jesa, mit feiner Uoterscheidunf
TM Uneündliehheit, welche» beides da# Griechische
'Atsc/EftstprirtTf« in sidi schltefiMk Denn^Mdes Ist Piair
eejn von Binde, jenes von wirklicher im- laneren wie isi
Aeufseren, dieses von dem Habitus, von derjenigen Be-
schailenheit , woraus die Sünde hervorgeht. 0a aua
meine Abiiandlong," sagt der Hr»Ver£, nicht sowohl
darauf gerichtet ist, zu beweisen, dafs Jesns keine sftnd«
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im
liaf^^NaUiranlage Jbeso«Keu (wiewohl dies auch notfiw emiig
vpraiisgeseW werilta miifs, weQo er ^ttriti^iifrei «e^n
«oli), «pudern vielmehr, liaft er aichl wirklich ip
sei tiem Denken, Wollen umIThun gesQndig;! habe, so ist
der Ausdruck Siindlosi^keit ang^ouesseuer.'* Der Leser
wiril indessen jeue Paientliese noch durrh v'in Fin<;(^-
^eicbeii verstärken, wenu er weiterhin üoiiet, dais dei*
Bevreiji in der Thai j^nes mit eiuschMefiit,. ßo gßwif«
io dem Wesen der reinen Siftiichkeit liegt, die in Gott,
„dem Urquell nicht blot aUesSeyns, sondern auch all^r
Heiligkeit" begründet ist, und zu welchem ja „jeder
Mensch in seinem Ursprung und in seiner ganzen he-
il^of^Atwicklung in lebendigem Verbältoirs steht*' (ß, 18«).
iMlijcli sagt der Verf. weiter: qichtß hindere die An*
oalim^f ftihf^ duroh die Eiiiwirkmig der schöpfei^iscbeii
weltordnenden Causalitftt io oiQem beatimmten Indlvi»
duuiii die allgemeine Fortpflauziing des HanjS^es zur Sünde
unlerbroclieti uüd das sittliche Vennögeti in ursprüngli-
^her Iii|,eg^rität wieder hergestellt, auch ei«e solche Fülle
iittlicber Kraft niedergelegt nnd fortwährend leb^dig;
^rbulten wordeo sny, dfifs dieselbe Impht und upgebemoit
ia iBeokenieser Reiobeil und götMicher Schönheit siofi
entfalten konnte" Wird aber das angenommen, so ist
hiermit Heiligkeit behauptet, wie $ie ^Qch unser Verf.
ebe^i fo aMgc messen nennt, und djese — wie verbÄlt sie .
siph w jener ti eiferen, Einheit mi dem Vater? -~ Oais
m ia Jeiiv ivirUi^b erschieQei>i des ist too dem Verf.
auf eine schon äiifteriich, aber vollkommen für den, der
deo Geist dei» Christenthums in sein Denken aufgenom-
men hat, genugende Weise erwiesen. Der Leser wird
des in diesem ganzen Abschnitt finden, und vielleicht
di#fl^lben Stellen mit dem Ref. untersUeicben , wie S. SS.
des %eugm(9» das in der Vereweifleng 4» VerrAthm
Judas liegt, ued &85, dafe die Apostel kein solebes
sittliches Ideal hätten schildern können, wenn sie es
nicht in dem Herrn gt st liaut hätten; S. 27, wie die
Seelengröfse Jesu sich in den schwierigsten Verhältnissen
bekuRdft« „wo er mit «weifelloeei Bube «^e Becble und
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I
Wahre zu ihm wable;*' insbesondere auch die-Anineck.
8» S9. Uber das allgemein Urbildliche in Jesu 5 ^so dab
er, obwohl es seine Bestimmung mit sich brachte, dem
männlichen Geschlecht anzugehöreo, doch auch für das
weibliche ein zureichendes Muster der reinen Sittlich-
keit ist," uod über ilas Verhältnifs zu den besonderen
Pflichten , und über das Ganze , den Geist, des sittti-
chen Lel^ns; & Sl-— 88, wie das Allgemeine in dem
Individuellen seines Charakters dasteht, und das afe Ein-
heit dtr Gottesliebe; „der Charakter Jesu ist göttliche
Liebe in reinmenschlicher Erscheinung." Dann weiter die
Widerlegung der Einwürfe, besonders für die Wahrhaf-
tigkeit seines eignen Zeugnisses iber sibh selbst, das der
Verf. so schön entwickelt (S. 89 fg.)r dafs wir es unter
das Beste in dem ethischen Gebiete rechnen wQrden,
wenn es nur noch etwas scliärfer und tiefer ausgefDhrt
wäre. Heiligkeit und Wahrhaftigkeit ist an sich Eins,
und das in einem wesentlicheren Sinne, als es der ge-
' wohnliche nimmt, in jenem biblischen der dAifdcto.
Eben dahin führt der Verf. in seiner kurzen , aber wie
' es uns scheint , richtig getroffenen Erklärung der äfiagria
Joh. 8, 46. vergl mit V. 47 und 44, und 1 .loh 1, 8,
wo er, auf jenes Tiefere hindeutend, bemerkt, dafs der
Gedanke zum Grunde liege: so wie die Unwahrheit und
der Irrthum aus einer sündhaften Neigung des Willeos
hervorgegangen, ebenso fordere die reine Erkenataib
der Wahrheit Sllndenfreiheit, und Jesus, wenn er aadi
etwa Pehllosigkeit der Brkenntnifs unter jener d[xaQria
gemeint habe, sich doch dabei zugleich eine Pehllosig-
keit des Willens beilege, und jene nur in sofern behaupte,
als er „sich das aus Gott sej^n im eminentesten Sinne die
Tollkommenste Verbindung mit Gott^ ein Leben uuSUIhI
in Gott zuschreibe;" ferner, dafaer, indem er sieh die
Wahrheit nennt, „nicht blos die Richtigkeit sirfser
Lehre bezeugen wolle, sondern dars in ihm die höchste
religiöse und sittliche Wahrheit Leben geworden sej"
Der Leser wird auch die weiteren exegetischen Andeu-
tungen in diesen Blittern belehrend finden; und Riesel er
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.TIi«ol«gie. 1166
in der ^nm. S. 43: ^wenn wir das, was diese Stellen
flessen ungeachtet in sich fassen, besonders dit^ Joliaii-
oeischeo , in ein Ganzes zusatn tuen fassen , so ergiebt
üch doch eine Grösse der Sillllchkeit ^ die nicht leicht
voD Jesu aaf eioen «odero dflrfte Ubergetragen werden*'
it*8.w«, 8o wird er dieses „nicht leicht^ ans denselben
Gründen in ein ,,gar nicht ' verstärken. Auch w'iid es
der Leser folgerichtig finden, dafs „die Machteinheit
des Sohnes mit dem Vater die W i i 1 enseinheit noth-
wendig mit einschliefse, weil überhaupt In ^r keiner
Beziehong^ Einheit eines TemQnftlgen Wesens mit Gott
statt finden kdnne, anftier in sofern sie durch dleWIllens»
einheit vermittelt sey, wo aber diese mit dem göttlichen
Willen ist, da müsse auch nothwentli^ vollkommene
Freiheit von der Sünde seyn." — Auf diescu Funct wer-
den wir noch einmal zurückkommen.
Der zweite Abschnitt fuhrt den Beweis aus den
Wirkungen des Christenthums, und vergleicht mit dem-
selben andere Religionen hinsichtlich der Idee der Sünd-
losigkeit. Es wird geaeigt, dafs in der christlichen Re«-
llgion eine neue geistige Schdpfung ausgegangen, das
eigentliche Leben itiGott, und dafs dieses aui die Pei.süa
Jesu, durch welche auch seine Lehren erst ihre Bedeu-
tung und Kraft' erhalte, zurückgeführt werden müsse;
ferner: dafs „alle christliche Ideen in gewissem Betracht
in <lem menschlichen Geiste präformirt und daher auch
mehr oder minder In den vorchristlichen Religionen und
Philüsophieen angedeutet Seyen," und dafs nur in dem
Christenthum die Sehnsucht des Herzens nach dem Voll-
kommiien befriedigt werde; endlich dafs die Idee der ^
^ Heiligkeit, die auf dem Gebiete des heidnischen Glau-
bens fehle, durch die historische Erscheinung Jesu sich
nunmehr als Thatoache entwickelt habe ^ wodurch denn
,,nicht blos Gesetzinäfsigkeit und Rechtschaftenheit, son-
dern freie, schöpferische Liebe des Guten" bewirkt wird.
^Eioe Sittenlehre, wie die christliche (S.66.)9 die eben
auch nicht biofse i«ebre| - sondern ein ^euer sittlicher.
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11(1« Thcoliigie.
Geist ist^ wird nicht ersonnen, ist nicht einseitiges Pro-
duct des Nachd( nkenii, sondern allseitiges Werk des
Gemüthes, Geistes und Lebens, sie ist Lebe dt«'
ichöpfungf, ttnd wenn in dieser SehOpfdb^ «itf hoher
heif iger Geisc if altet , so ntuft tt merrt in d^ni Schöpfer,
in Christo, gewesen sej^n.** i
I
Drill er Abschnitt- Widerlegung- der Einwürfe,
««erst der geschichtlichen, dann der philosophisehea
Das Treffliche, was der Verf. gegen die ersleren und
hiernach über die Entwicklung Jesu in seiner Geistes-
bildung, über die falsche Ansicht and den Ausdruck ¥oa
eineoi Plan Jesu , und über die Vereuchungigeschichle
engt — Aber letstere noch in einer eignen Beilagt,
worin er die parsboliechen , mythischen und andere Auf«
faj^!^ungen derselben prült und die seiiiige, Objectiviiuii^
einer inneren That§ache bei klarem ßewufstse^n, reciit-
fertigt — fifaerläfst Ree. dem Leser, ohne auf etwas 1
weiter einsngehen, als auf den Begriff einer Versu- !
cfcung dee Helligen. Dafs es hierbei auf deii Begriff
des Bäeo anfcomnre, ▼ersteht dich. Der Hr. Verf. gieM
ihn aucli richtig nnd in i^einen wichtigsten Beziehungen
Än, wenn er sagt (8.79.): .,I)a9 Böse, die Sünde ist
theits der Mangel , thetls das Entgegengesetzte dt» Gih
ten*^ (soweit erkenne» es Auch die Weisen des Heideih
thume), „das Besüimmtwertlen des freien Wesens in Aeiner
gtLttZea Lebensrichfnng' aus einem andern Grunde, als
dem der Liebe zu Gatt und seinem Willensgesetze' (so-
weit erkennen es jpne nicht, weil diese Liebe und
kenntnifs erst in und mit Christus erschienen ist), es ist
das Leben der von Gott und seiner heiligen Ordnuif
sieb abldsenden Selbststtcht** (bis in diese liefere Bi*
* kenntolft desr Bdsen kamt nur je«e SelbsCerkenotniA Mkk
ren, welche der heilige Geist in dem Christen bewirl<)i
Auch sind wir mit dem Hrn. Verf einverstanden, ffafs
die adp^ nicht das dem Ufensehen anhaftende Böse sey,
nicht die Sinnlichkeit, wie manche in ihrer Theologie
oAsr PMIoeopMe es j^eaonMnen» wohl «IM, dMA in der
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ardg^ das BÖse seinen Ursprung" nehme. Dieser Punct
kann nur in der freien Selhi^tbehtiminung liegten, in wel-
cher die Versucliung mit eioem Heize Andringt, den
aber erat ein freies Anfnebfneo mm eigenilichei» Reis
moht, eben an clem» was nnaere Sprache aa ziemlieb
mit dem' Worte Gelflaien -IteseiehnNüt. Hlf^nrnt ist der
Abfall von dem göttlichen Wiüen und da^ Wallen der
Selbstsucht geschehen. Soweit vermögen wir <len Ur-
sprung der Sünde in dem Me nschen zu erkeuaen. Und
Meroacb muf^ sieh die Uneindliolikeit bei «ler Venu«*
ehung dorch die Abweisnnp dea Reizes eben in dem
Pttßete bewShren, wo daraelbo eindringen oili^r beetinttn»
ler, wo er zum Reize werden will. Die Sprache des
N.T., insbesondere im liumerbriefe , sagt dasselbe, nur -
in jener anschauiicheo Weise, welche das christÜGho
Selbstbewufstseyn g;ewährt. Ebenso denkt ea nncfa «naev
Verf., wie besondert S.81« (die Annierkitng iai nkhl «a
iheraehen) zeigt. Nur vermifkt Rea etnigea in der
Schärfe, wenn es z.B. vorher heifst: „Der Gedanke
des Bösen ist an sich betrachtet indifferent; er ist selbst
schon böse,, wenn er sich in der Seele des Menschen
erzengt f oder^ wenn er mit theilnehmender Nei-
gung gehegt wird, — — er ist aber nicht b^se, wenn
er nur ein gegebener, von aufsen an den Geist ge-
brachter ist" u. s. \v. Wie aber ist das letztere mög-
lich? Ist er doch Gedanke! wird also gedacht, und
nur Denken erzeugt den Gedanken. Wird aber eine
äufserlicbe Brfahrung' gemeint, welche sich dem Rein-
gnten darbietet , wie ea der Verf. gemeint zu haben
acheinl, da er S. 8T. sagt: „selbst dieser Gedanko war
Jesu seinem Ursprünge nach ein fremder, weswegen
er ihm als Teufel objectivirt gegenübersteht,' so mnf^
man allerdings das zugeben, da Jesus ja nothwerrdig
das Böse der Meo^hen wnfste, und in dem Wesen,
das sich absolut dem Willen und dem Reiche Gottes
widersetzte, den noviqgög erkannte. Nur kommen wir
damit nicht weiter als dahin, dafs Jesus das Sündigen
als möglich ansah; und auch \iier siud^ wir verlegen,
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1168.
. wie der Reio^te, wenn wir ihn nicht »igleich flir
den Alhvisseiulea halten, das Böse (t6 tcovtiqov) auch
nur denken könne, da er es, indem er es der Wahr-
heit, nach — nicht hlos als äiiisere Ersoheiauog^ soa«
dem als in dem freien Wesen vorgehend — in seinem
Denken erzeugen miib. Tief und wahr isl (S 88.)
der Punct , auf welchem in der Versttchung die Sttadle
beginnt," als der bezeichnet, „wo das herantretende
Böse -anfängt einen wirkliehen Eindruck auf das Ge-
möth zu machen, wo es für das Leben irgendwie be-
stimmend wiH," und richtig wird von der ,,ge8et**
widrigen Lusl"" gesagt, dais sie noi^^'d Mos cur SOnd«
filhre, sondern diese schon yoran^et^e, dal^ es also ^
flie innere Sünde selbst sej, die zur Sünde lockt " Aber
dabei bleibt immer noch dunkel, was mau unter dem
„herantretenden Bösen** zu denken habe? — Doch wir
mfissen bei dieser Frage hier abbrechen, und zwar fra«
gend : welcher Theologe oder Philosoph hat sie noch
beantwortet?
Was dieser Abschnitt über das Besondere in dem
grossen Berufe Jesu sagt, was er theils Eur Richtig-
stellung des Ideals von sittlich ▼bllkommenem Ban-
deln, theils zur Lösung tier bekannten Vorwürfe, die
man einigen seiner Handlungen, z. B. der Tempelrei-
nigung, machen wollte, klar auseinandersetzt, und wie
er die de Wettische Ansicht, welche in das Sinnliche,
also in dfe Natur das Bösic setzt, siegend widerlegt,
empfehlen wir der Aufmerksamkeit' der TheoIogebJ
Der vierte Abschnitt enthält die Folgerungen ia
Beziehung auf die Lehre und das Werk Jesu , und sie
erhöhen durch ihre klare Ableitung und praktische An-'
Wendung' den Werth dieser Monographie.
(Dßr H€9cklnf9 folgt,}
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74. HEIDELB. JAHRB. a LITERATUR. IMS.
Dr. C. Ulimann, über die SänMoBigkeU Jesu.
Sie hat in der Entwicklung der theologischen Wis*
senschaft noch einen eignen Werth, den wir hier nur
andeuten können. Der eine PuDCt ist die philo<iophische
Seite, welche die Dogmengeschichte in den nionotho« -
leiischea Streitigkeiten nicht Ubersehen darf. Ein zwei-
ter 9 dem zunächst liegender Puncl ist das heilige Band 9 .
Welches Gott mit dem Menschen einigt, und das in
dem Gottmenschen als das grofse Mj'sterium der Mensch-
heit erscheint. Wir kennen sehr gut jene rationalistische
Denkart in ihrer Consequenz, welche den Menschen von
Gott losreifst, um ihn ganz in sein Selbst hioeinzn«
nieheo, uad sich blos durch sich festhalten zu lassen.
Wir wissen auch, dafs aus der Kantischen Philosophie
eine Richtung hervorging, welche diese Autokratie als
das Höchste aufstellte. Wir erfuluen aber auch einen
höheren Schwung hierin, während die gemeine Denkart
in jener Selbstvergötterung hängen blieb, es war jener,
wie er genannt wurde, intelligible Fatalismus, in weU
cheii einer der schärfsten Denker unter den Kantischen
Philosophen gerieth — zu seiner Ehre sey es gesagt — »
K. Chr. E. Schmid, welcher die Autonomie der prakti-
schen Vernunft so in ihrer Reinheit vorstellte, dafs sie
die Freiheit des Menschen zur Noth wendigkeit machte.
Nor ein Schritt weiser, so sehen wir eine sittliche Wil**
lensthätigkeit, die von oben herab gewirkt wird, und
die sich nur dadurch von der Annahme einer Gnaden-
wirkung unterscheidet, dafs sie von unten herauf in
dieses Wunder führt , wenn man anders folgerichtig
denkt Aber freilich kann sich der Pelagianismus diese
Conseqnenz nicht gefallen lassen, weil er, anf dieser,
Spitze angelangt , sich in das Nichts der Ichheit stilraen
XWh Jahrg. 12. Heft U ' .
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1170 Tlieelogie.
inürste, wfihrencl der Augustinianismub von Gott, dem
Urquell alles Guten ausgehend, in seiner Consequeni
herabsteigend in die Freiheit des Menschea, diese nur
erhebt und sichert — ? Jener hohe Aufschwung im Gebete
des Augustinus : qtUs Domine dat mihi alierum Te, ni
eam a Te ad Te f (wenn ich anders die Worte richtig
behalten habe) bieten denfi speculativen Denker in der
Theologie eine Aufgabe dar. — Das ist der Pur.ct, auf
welchen wir oben noch einmal zurück zu kommen ?er-
sprachen, aber blos um ihn als Aufgabe SQ bezeichaen.
Wir könnten noch an mehrere j«(dcher Puncto erinnern,
unter andern auch den, dafs das Sittliche in dem Denken}
das Zusammentreffen des Guten mit dem Wahren tiefer)
als bisher geschehen, aufgezeigt werden mdge.
Wie die Theologie im Fortschreiten begrifien sejf,
davon giebt die vorliegende Schrift einen erfreulichen
Beleg. Was der Verf. S. 46 fg. wahr und schdn Aber
den sittlichen Glauben an Jesnm spricht, „dafs er See-
lenerhehung lordere, freie Begeisterung für das göttlich
Gute und Schöne, das sich uns im Leben Jesu durch
Wort und That ofifenbart, lebendiges, zuversichtliches
Ergreifen der Liebe, die uns in ihm entgegenkommt"
und was er von dem Zusamm'engehdren dieser Gesinanif
mit den iufseren Beweisen für die Göttlichkeit der diriit-
' liehen Religion, von der Verbindung „des Erlösers
und der zu Erlösenden," durch denselben Geist, durch
w«dGhen er sie sucht und sie ihn finden , was er too
dem anscheinenden Zirkel in der Beweisführung der
Apologeten, der aber vielmehr ein ans dem Mittelpuict
der Wahrheit selbst hervorgehender und in sich selbst
sich vollendender Organismus ist, — was der Verf.
von allem diesem berührt, darin spricht sich die Ueber-
zeagung eines christlichen Theologen aus, der zugleich
ein Beispiel von dem wahren Portschreiten in der Tk0h
logie giebt Denn das ist nicht etwa ein ferfgefaeodes
An- oder BinfQgen' in den Zeitgeist', je nachdem der
Wind wehet und wieget, sondern ein unbefangenem Aof-
I
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Bnehliolti, JaH«t. AbhaBillungen. 1171
nehmen alles dessen » was die historischen, exegeti-
schen, philosophischen Forschungen darbieten, und der
hierin sich frei entwickelnde Glaube. Die vorliegende
Schrift ist nämlich nicht blos ein 2ter Abdrncl^, sondern
eine verbesserte Abhandlung, in welcher der i^elehrte
Verf. selbst eine entschiednere Brkenntntfs der Heib-
wahrheii darlegt
Schwarz.
JmrUtische Abhandlungen au» dma 6«6tMe dn keatigw Rdmi^
sehen Reebts von Dr. Alexander August von Buchholta^
Professor der Rechte. Königsbergs im Farlage dtt Gßbrüdtr Bfm-
träg9r, Fili u, 400 gr. 8. IMS.
Ebenso wie die vom Verf. im Jahre 1831. heraus-
gegebenen „Versuche über einzelne Theile des Römi*
schen Rechts. Berlin u.s. w." im juristischen Publicum
die gebiihremle Anerkennung banden, werden auch Tor-
liegende Abhandlungen, die als die versprochene Fort«
Setzung der genannten Versuche zu betrachten sind, ge-
wifs mit flem Beifalle aufgenommen werden, den sie SO
aehr verdienen. Der Zweck des Verfassers bei Heraus-
gabe des Buches ist im Allgemeinen kein anderer, als
der, den jeder, besonders ein akademischer Lehrer »
der Abhandliingen herausgiebt, im Auge hat. Aber eine
dem V^erf. cigenthumliche Tendenz, die, wenn das Buch
richtig beurtheilt werden soll, besonders hervorgehoben
werden mufs, ist folgende: £r beabsichtigt durch seine
Abhandlungen auf die in den jetst gewöhnlichsten Hand*
and LehrbQchern über römisches Recht Torkommendeo
irrigen Begriffsbestimmungen, unrömisohen Eintheilan-
gen , falschen Ansichten und unrömischen Darsteilungea
einzelner Lehren aufmerksam zu machen, und durch ein
«tetes Zurückgehen auf die Quellen selbst, der richtigen ,
jilber ganz oder theiiweise verkannten , Ansicht Eingang
EU verschaffen — und so eine den Anfordeningen der
iHrissenschaft und dem jetzigen Umfange unserer Qaellen
entsprechende compendiarische Darstellung des itimi-
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IIIS iiuchhüitz, jurist. Abhandlungen.
sehen Rechts vorbereiten und verallgemeinern zu helfen.
Dieser Zweck des Verf& bringt es dßüü natürlich mit
Steh} dafs durchgehends auf die besseren Compendiea
eines Thibaut/MahleDbruch, Mackeldey, Warn*
kdnig, Seufferl und Anderer Rücksicht genömmei
ist — - nur zwei neuere I.( lu büclier sind in dem Buche
gar nicht berücksichtigt, *) — uud man liann (iie vor-
liegeadea Abhandlungen selbst als eine Materialkritik
über einzelne Theile unserer Lehrbucher betrachten. Ans
dem Zwecke des Boches erklärt es sich aber auch , wenn
manches scheinbar Unbedeutende und anderwärts schon
Bekannte einen Platz gefunden hat: denn es sollte auch
auf dies, in sofern es die Mehrzahl oder einige einfliifs-
reiche Lehrbücher nicht berücksichtigten , wiederholt
aufmerksam gemacht werden.
Was min die Tendene des Buches, wie sie eben her-
vorgehoben worden ist, anbctrifflt, so wird sie bei Allen
volle Anerkennung finden, welclie nicht alles das ver-
werfen 9 von dem man nicht sogleich, wie man sich
wohl auseudrackeo pflegt, einen praktische» Nutze» mit
Häqden greifen kann; welche vielmehr yon dem grofm
Nutzen fiberzeugt sind , den einet klare, yeti fr^ndartlgm
Ansichten uud Bedeweisen reine Darstellung des römi*
sehen Rechts, sowie es uns durch Justinians Com-
pilation (neben welcher jedoch, wie sich versteht, anch
die andern noch erhaltenen Rechtsqnellen an benulxeo
tiud) überliefert ist, fttr die Bildung der Jugend und
die Anwendung des Rechts selbst nethwendig haben
mufs. Darüber sind die Stimmfähigen^^) im Gebiete
*) Dies sind: Ii ai in berger Jm Romanum privatum idque purum
und Mayer's Lehrbuch der Institutionen und Rechtsaiter-
thoner.
Wir machen hier nur uuf Ana aufmerksam, was Bcthmann»
Hollweg in seiner sefarr leeenairertben Vomde som GronA*
risKn für Vorlesungen über gemeinen deutschen CiTiljprocerif
Bonn 1B3S. und Schilling in seinen Bemerkungen über rd-
uische Rechtsgeschicbte S. 24 — 26. über den VorUieil der ge-
■ehichtliclieii Behandliing d^ rfimiscbfiD Rftclito luid ciaer ve*
germanisehen Attflclit«ii reiaea Daritellaag jene« Rechtei
sagt halivn.
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Baehholta, jnrift. AbhaoilinageB. 1122
»
der Rechtswissenschaft längst einige und es wäre gewife
ilberflüssig, hierflber ooch eio Wort zu sprechen.
Aber auch die Ausflihrung der einzelnen Abhand-
lungen selbst läfst im Ganzen nichts zu wünschen übrig;
bei einem Schriftsteller, wie Hrn. Prof. v. Buchholtz,
läfst «ich nicht anders erwarten, als clafs er mit sorgial'-
tiger Berücksichtigung der Quellen und Lileratur gear-
beitet hat Uebrigens hat der Verf. in den meisten Ab-
handlungen weniger den Gang einer ausführlichen Un«
tersuchung, die luis den Ideengang des Verfassers von
Anfang bis zu Ende reproducirt, gewählt, als vielmehr
seine Ansichten nur kurz, jedoch genügend entwickelt
Tadeln dagegen müssen wir, dafs der Verf. sich hier
und da undeutlich un^ungenau äusgedrfickt hat. (So
heiftt es B. auf 8. 817: „dagegen steht dem Bmphy«
teuta wegen seiner Contractsverbindlichkeit eine beson-
ders benannte Klage, die emphytmiticarui acth , zu
U.& w*^" statt dafs es heifsen sollte: dagegen steht dem
dommua emphyteu8€Q9 wegen der Contractsverbindlich-
keiten des Emphyteata n. s« w.) Offenbare Versehen sind
es aber wohl nur, wenn der Verf. S. 86. Note 18&. bo«
hauptet, dafs die Collatio von der testamentarischen Erb-
folge auf die Intestaterbfolge ausgedehnt worden sey,
indem hier gerade das umgekehrte Verhältnifs statt ge-
funden hat; femer wenn er 8. 212. Not 18. sagt, dafs
ein extrmeaa nach const 10. C. VUl, 48l nie mehr
die vSCerllche Gewalt Uber das Adoptivkind erwerben
kdnne, von dessen Gegeiitheii er bich leicht durch einen
Blick in die Abhaadl. von Lohrs im Magazin Bd. IIL
No. XI. uud in Schillings Bemerkungen über römische
Reohtsgeschlchte S. 428. hätte überzeugen können; fer*
ner, wenn er sagt, 8. 879, dafs Vater und Sohn in Be*>
siehung auf das pecuihtm profeetithm in dem Verhält*
uisse von Piopiietar und Fruktuar ständen.
Wie sich die Versuche des Verfs. meist auf das Sa-
chenrecht beziehen , so beschäftigen sich die Abhand-
lungen des gegenwärtigen Randes mit dem Familien-,
Erb- und Obligationenrechte in folgender Beihenfolgei
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1114
Bachhoits« Jurist. Abhan41itagmi.
I WiJiiii unterscheiden sich die hereditatU p€Utio iind'ilic rei
vindicatio? S, 1 — 16 — - II. lo welchen Fälleil wird eine Erbschaft
traDKmittirt? S 27 — 95. — ITT. Veln r die noch jetzt geltenden Un-
terschiede zwischen Cognaten und Ai^natrn. S. Dß— 105. IV. Haftet
der Fiacus über den Vermogensbetrag Jfnianrfcs , der ohne sonstig«
Erben verstarb? S. 106—111. — V. Wem ist zur Strafe die fett«-
menti factio entzogen, und Wer heifst inteatabilis? S. 112—121.
VI. Ueber die gesetzlichen Enterbungsursachen der Kinder und der
Eltern. S. 128 — 148. — VII. Ueber die Besch ran l< im ^ des jus ac-
crescendi hei der testamcnturihcben tirbfolge. S. 14Ü— 155. VIII.
Ueber ein Paar Falk-, in welchen der Ahzn^ der falcidischen Qoart
wegfällt. S. — lüÜ. — I\. Ueber den Btigriil eines rechtlichen
Geschäfts und eines VennilchlnisÄCs insbesondere. S. 160 168. —
X. Uiljer die Dauer der dotis cautuc, icd nun numeratae r^uerdu unt!
exctjitio. S. 169 — 178. — XI. Ueber die Ilückforderungsrechte der
Frau an ihren Dotalsachen, und über deren Verjährbarkeit. S. 179 —
186. — XII. Ueber den Widerruf der Schenkungen an die Kinder,
' veiHi ihf Matter streite Elie eingegangen ist. S. 187 — 191.
XIIL KdniiMi Kinder ra einer iNitati?en Ehe für legitime Kinder
geltenY S. 192 — 198. — XIV. Ist der am hundert zwei und acht-
^sigaten Tage Geborne im siebenten Monate gebore» ? S. 199— 206. -
XV, Ueber die allgemeinen Gmndaftlse bei der Adoptio». S. 207 - Tiii.
— XVI., Ueber swe! ahgebllohe Fälle dea Verlustes der vaterlichen
Gewalt 8. 121^881. — XVII. Ueber die Einwilligung des \d >ptiv-
kinlea nnr Snnnclpatioa. S. 282—241. — XVIII. Ist bei der Legi-
tfaintion dnreli naehforgende Ebe die Einwilligung der Kinder noth-
wendigf S. 248—248. — XIX. Beitrag zn der Lehre von der Ver-
nnTeernng der Güter Minderjähriger (zur Erklärung der c. 8. C. si major
faeku. 5, 74.) S. 249-- 261. — XX. Wer ersieht einen Pupillen, und
#ie endigt die Tutel? S. 262 - 26a XXI. Glebt ea im Jastinia>
aeiiehett Rechte «In^a Mm äomttf 8. 269 '-274. EXIL Ueber
die EiatfaeUitng dar yoeto. 8. 275-289. - XXUI. Baitnig ku der
Lehre von den geaetillehen Zinsen. S. 290—298. -* XXIV. Ueber
die Anfhebung der MIetha wegen ndthiger Reparaturen nnd nuTar-
hergesehcner Bedarf nfiie dea Vanniethera. S. 299—394. — XXV.
Ueber die Unterschiede awleehcto der Em|>hyteaaia and Enaarliaiaa.
S. :^05 - 322. - XXVI. Uabnr den Begrüf dea imMnaMt AMa»
S. - ^9. — XXVII. Wem etebt tlie fmtiva enadcifw anf &249
liia 346., — XXVlil. Auf was für eine Sebald wird eine besaUte
Summe abgerechnet? S. 847 —358. — XXIX. Bnitrag sar Lehre Ton
der Verjährung der Klagen und Saehen der Kirchen. $. 899— 86a —
XXX. MUcellen. S. 869 ^490.
Es kann unsere Abj^icht nicht se^n, jede eiozeloe
Abhaodliuig einer aiisführiichea Kritilt zu «nterwerfeib
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BuchbolU» juriit AhiiaiMllaJigea. 1115
Dmsa Zwecke dieser Jahrbücher gemärs müssen wir uos
darauf beschränken, den Inhall der wichtigeren AufsStse
kurz anzudeuten , und dadurch unsere Leser aufsumun*
tern, das Weitere bei dein \ erf. selbst nachzulesen.
In No. II. sucht der Verf. au der Hand der Geschichte
und mit Anwendung einer im Ganzen sorgfältigen Exe«
gese der einzelnen hier einschlagenden Stellen die Lehre
Ton der Transmissian der Erbschaft zu entwickein. Das
Recht, eine Erbschaft zi| transmittiren, besteht ihm darin,
dafs ein zur Erbschaft Berufener sein in Erfahrung gezo-
genes, aber nicht ausgeübtes, Wahlrecht, die ihm de*
ferirte Erbschaft anzutreten oder auszuschlagen auf seine
Erben ül^er trägt. Nach dieser Begriffsbestimmung find
viNi der Transmission aosauscheiden die transmiasio ex
Jure euk^hf ex eapHe infantiae^ ex capUe resUtU'
iloitla ia mtegruiiiy llieodosiana und andere F^älle, die
man gewöhnlich hier aufzuzählen pflegt. Mit der hier
entwici^eiten Ansicht können wir uns nur theil weise für
einverstanden erklären. So halten wir es nicht für nö-
thig, dafs der Erbe, der transidittlren soll, Wissenschaft
YQn <l«r Delation gehabt habe, da es' die const,?. G. VI,
30 iiiclit sagt, obwohl sich der Verf. auf sie ganz ije-
sonders beruft und die const. 19. C. eod. eher entgegen-
zustehen scheint. Ebenso können wir es nicht -billi-
gen» wenn der Verf. das Recht des Erben, die die*
sem deferirte Erbschaft ^aussiischlagen in -seine Begriifs-
beslimmang, wohl mit Röcksicht, auf const 19. cit.
aufgenommen hat, da doch das Wesentliche der Trans-
missionsfalle nur in dem Rechte der Antretung beruht.
Da^cg^ glauben wir allerdings, dals man die /rans«
msssio ex jute euüatia (wie dies auch die gewöhnliche
Anuiehi ist), die iramnu ex capUe mfani. and die
iremmn, Theedosima tob den Transmissionsfällen ganz
au^cheiden solle; denn beiden letztgenannten ent-
halten nur Rechte zum Voitheil.e der Väter und der
Kinder, nicht der Erben überhaupt, was , wenn ein
eigeoilicheff Traaamissionsfall angenommen werden sollte,
der Fall s^viKfigte. Erklärt werden vom Verf. in chro-
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1176 Biicliholta« jiifitt. AbliaadliiiigeD*
nologischer Reihenfolge folgende Stellen : I. fr. 5. D.
XXX VU, 4. [Julianas]. — II. fr. 80. pr. D. XXIX, t.
[AotoninusPius]. — III. fr. 53. pr. D. XXIX, 2. [Gajos].
— iV. fr. 4. I) X\IX, 5. [Papinianus]. — V. fr. 6.
§. 1. D. XXXVlli, 25. ihhI fr 42. §. 3. IX eod. [ül-
piaous uad Papinianus, el«^entlich ein Hesoriptvon Marc-
Aurel]. — vi. Const. 1. C. II, 51. [Severus et Antonia
Qus]. — VIL fr 86. pr. D. XXIX, ä [ PaplnUiitts]. ^
Vm. fr. 12. D. XXXVII, 10. [Pap.]. — IX fr. 1«L D.
XXVIII, 2. [Afiicanus] und fr. 84. D. XXIX, 2. [Pa-
pinianus] ein sehr ung^enügender er elniguugs versuch
beider scheinbar einander widersprechenden Stellen.
X. fn 1. §. 1. D. XXXVIII, .11. [ÜJpianus] ein gewöhn-
lieh ganz übersehener Tvansmtsaioitsfaü , auf den der
Verf. zuerst unter den Neueren aufmerbam nuu^t ^
XL fr. 4. §.3. D. XXX VII, 4. [Paulus]. — XII. Const.
19. pr. C. VI, 30. [Paulus nach der Relation von Ju-
stinian]. ~ XIII. Const. 18. §. 1. C. VI, aU, [trana*
missio ex capite infontiae]. — XIV. Con^t. nnic C. VI,
52. [transmiaah Theodoskmä]^ von welcher der Verl
mit Recht bemerkt, dafs sie eigentlich nichts weiter ala
eine gesetzliche Subslifntion zum Voitiieile der Descen-
denten des einges( tzlen Desceudenten enthalte. — XV.
Const. 19. C. VI, 30. und Nov. 158, \tranaui, Jusiinio'
neaj — XVI. Const. 8. C. VI^, 61. — XVIL Const. 34.
CUI, 28; Als Resultat diesier Auafllfarungen, welehe
man in dem Buche selbst nachlesen mufo, stellt d^rVerf.
folgendes aul ; Xach den uns erhaltenen Quellen scheine
die Lehre von der Transmission der Erbschaft zuerst
von Julian und zwar für den Fall erwähnt zu «cjta,;
dafs ein im Testamente instkuirfer BmunidfeiU9 waget
der Ungewil^heit , ob seinem^ Testator ein präterirter
9UU8 geboren werden wird, oder nioht, bis an aeinea
Tod nicht habe antreten können. (Xo. I.) Denselben Fall
erwähnten auch Paulus (No. XI.) und Papiuian
(No. IX.). Ja der letztere gebe (No. Vlll.) jedem in-
stituirten Erben das Recht der Trananrission in dem Falk^
dafa derselbe wegen der Erscheinung eines iriahei' nnbe?»
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BuclihuUx, juriHt. ^bhanUlutigcii. .^^^^
kannten^ unmündigen, Sohnes des V^erstoi beneii , der
mit der contra tabuUts bonorum possessio auftrat, die
ihin isiifefaUeoe Erbschaft bis ab seiuen Tod nicht er-
werben kdooe. Viel weiter §ej Ulpiao tbeila io der
Interpretation des Scti Orphilianl (Nüi. X.)« thells iq
der des Scti Siiianiani (i\o. IV.) gegangen (die Stelle,
welche der Verf. unter IV. erklärt, gehört übrigens Pa-
gifiian, nicht Ulpian an, und es waltete daMer hier
ein Versehen ob). Den SchtuTssteio in der Gesctiicbte
der TransmifsioB bilde Juatiniaae Verordnung
Const 19. G. dt (No. XV.). SaomtUche vor Justi-
nians Gesetzgebung aufgekommene und von ihm auf-
geführte Transmissionsfciile enthielten aber lauter Jura
sing-ularia und seyeti deshalb strict zu interpretiren und .
nicht anf alle der Aatretnng ent^^egienstebende juristische
Hiaiienriflse auszudehnen , wie dies gewöhnlich geschehe*
Die Richtigkeit seiner Ansteht ergebe sieh besonders ans
fr. 3. § «i'^ I)- XXIX, 5, worin Ulpian ganz «ieuiiich
sage , dafs , wenn noch ein anderes, selbst juristisches
Hiodernifs Ursache der Nichtantretuag gewesen sey, als* .
dano dieTransmifisioin der Erbschaft gar nicht statt finden
lUHuie. Für unser heutiges Recht aber mftsse man nach
dem Aileni folgende Grundsätze aufstellen (S. 89 — 94.) :
Sey dem Erben seine Designation zum Erben bekannt
geworden, so stehe allen Erben, wenn sie innerhalb der
gesetzlichen oder erbetenen Deliberationsfrist, oder in*
nerhalh der voni Testator ihnen gesetzten Frist gastorbeii
sejen, das. Recht zu, diese noch nicht vollendete Deli-
berationsfrist auf alle und jede ihrer Erben zu transmit*«
tiren. Wenn aber Jemand nach Ablauf der erbetenen,
der vom Testator oder Gesetz gegebenen Deliberations-
frist- gestorben sey, so finde nur in folgenden Fällen
TniBsmission der Erbschaft-Statt: 1) Wenn ein Desceb**
deart Instftuirt und nngewib sey, ob dem Testator ein
posthumus geboren werden werde, auf den der Testator
gar keine Rücksicht genommen habe , und wegen dieser
Ungewifsheit der institnirte Sohn nicht antreten könne
und darüber sterbe. Hier transmittire er ^eio Antra-
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im
tmgsreeht auf Mine Erben. 2) Wenn gegen irgend einen
tettnmenfarischen Erben ein UnnUindiger uifltrete, der
sich für ein erbfähiges Kiiic! <les Testators ausgebe,
dessen Kindschaft aber zweifelhaft sey, so solle, wenn
V vor der Entscheidung des Prix^esses über diese Kind-
schaft und Erbschaft, der eingeseti^ Erbe sterbe, der*
selbe eeioe Ansprttche auf seioe Erben traosmiilireai
8) Wenn eine Mntter ohne Teslmnenl sterbe, uftd ven
ihren Kindern beerbt werden solle, diese alier deshalb
nicht antreten kuunten, weil eine Status (fKicstio (das
Gesetz spricht aar von einer quaestio über den staim
famiUM) gegen die Mutier vorgebracht werde, imd sie
wfthrend des Processes stürben, so werde das ihnen de-^
fertrte Erbrecht auf Ihre Erben transmhtlrt. Damit seyen
aber auch alle Fälle der Transmission der Erbschaft nach
heutigem Rechte erschöpft. Denn die Bestimtuungen
des Scti Silaniaai sejen nicht aiehr anwendbar. Uie
aber aufeerdem von den Neueren noch hierhergezogeoea
Fiile Seyen entweder, wie Na II, XliL und XVL, Rechte
der VSter, oder, wie No X, XII, XIV. und XVU,
Rechte der Kinder, oder, wie No. III., Folgen des
Salzes, dafs eine Erbschaft nicht theilweise angetreten
werden könne, oder^ wie No. V., es werde bereits die
Erbschaft von dem ersten Erben als erworben fingiri,
oder endKoh wie No. VI« und VIL, es kdnnten die&bea
reeliYuM» m miegrum er persona deftmeii verlongea '
Diese kurze Inhaltsangabe von No. IL zeigt wohl hin-
länglich, wie vieie eigenthOmliche Ansichten der Verf.
hier entwickelt hat, und wir hoffen, dafe «ie, wenn sie
/ noch nicht alle gebilligt werden künneu, nickt nube'
rfloksiehtigt bleiben werden.
In No. III. wird uns eine, jedoch Manches «u wie»
sehen übrig lassende, Zusammenstellung der im neuesteo
Rechte zwischen Agnaten und Coguaten statt findenden
Verschiedenheiten gegeben : wodurch er nachzuweisen
sucht, dafs beide auch jelnt noch nicht v^Hg und in
jeder fietiehung gleichgestellt Bßjm» Wer hat 4mm .
dies je behauptet! '
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I
BaelihiiUs, Jurttt. AjkhM^lHBg««. 1119
In No. IV. ffiQhrt der Verf. mit besomlerer Rfidcsiolil
auf Co US t 5. C. X. 10. aus, dafs der Fiscus, det in die
bona vncantia, als Erbe (?) succedire, über den Be-»
stand der Masse hatte.
Unter No. V. fiodct sich folgende AiisAhrung: Zur
Strafe eey die HHameMf^eih aeikfa our entiQfeo des
Sdhofti der Hochverrlither, Leuten, weiche in Biiil^
schände lebten, Pasquillanten , den in Heiden oder J«-(
den verwandelten Christen and den zu den IVlanichäern
und Donatisten gehörigen Ketzern, Intestabiles wurden
ftber nicht bios dia Pasquillanten genannt, sondern auch
die Manichäer, Donatisten and die Sdlme der Hacliver-
vä«her.
In No. VI. giebt uns der Verf. einen Beitrag zur
Erklärung der Nov. 115. folgenden Inhalts: Da, wo in
der Novelle bei den Enterbungsursacben der jb«ltern gegen
ihre Kinder nur der Sohn genannt sey, müsse niaa die
euuBm exberedaiHmis auch aur auf diesen beschränken^
wie in Cap. S. §. 4. fk T lOl 18. <— Ebenso müsse man
bei den Enterbungsursachen der Kinder gegen die El-
tern streng bei den Worten des Gesetzes stehen bleiben,
and demgemafs sey, wenn nur dem Sohne das Enter*
bungsrecht gestattet werde, wie Im Cip. 4. §. 3. 4, eine
Aiideimiing auf andere Kinder ansvlässig. Das Eni-
e^bnogarecht endlich stehe regelmäfsig nicht beiden EU
tern, sondern nur dem von ihnen zu, gegen welchen,
das Kind sich vergangen habe. Daher gebe die nur ^
dem Einen der beiden Eitern zugefügte Injuria nicht
^m Anderen das Recht der Enterbung.
tJnter No IX. glebt der Var£ eine Kritik der ton
dMi Nonaren aufgesteltteit BegrÜfsbesIxniraQngen dnes
rechtlichen Geschäfts und eines \ eruiächtnisses insbeson-
dere, und findet sie sämmtllch unzureichend. Er selbst
giebt von dem ersten folgende Definition ; ein rechtlichat
Geachäft ist eine Willenshandlung (einer oder mehrer
VefMinen), welche in eesetalicher Perm die Emfrfte*
dung , Aendemng oder Aufhebung Ton redilHohen Ver-
hUltntSBen bezweckte; von dem anderen aber stellt er
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diese DttfinilioD auf: Vermäi^htaife ist jede ia einein leteten
Willen engeordoeite Scheiikuii^ , welche nicht eine ifi*
recte oder indirecte Universalsuccession in das Yermdgea
des V^erstorbenen begfrunde.
X. Eine sorgfäUige Interpretation der Nov*
fährt deo Verf. zu dem Resultate, dafs sämmtliche Bs-
etiminiingea dieser Nov. sich nur auf die pmrela nm
tmmeraUte doth besiehen, mid dafs'<laher die in. der
const. C. V, 15. fQr die exceptio non maneratae
dotis festgesetzte Zeit fi ist umgeändert sey,
XL Nur unbewegliche Dotaisachen, welche bei d&
Ttemamag der Ehe unmittelbar an die Frau fallen solitcOi»
Seyen während der Ehe der ordentlichen Veijäbraag
entzogen. Bewegliche Dotalsachea aber se^en weder
der ordentlichen, noch der aufserordentlichtän Verjäh-
ruug entzogen; jedoch köiiue der Frau und nur dieser,
wenn sie die Dos zurückfordere , erst von der Treonang
der Ehe an die Einrede der Verjährung entgegengesetzt
werden. Dies folge aus const. 30. G V, und Rei
stimist dem Ver£ Im Wesentlichen bei.
XIIL Der Verf. bestreitet die gewöhnliche Ansicht,
dafs bei der putativen Ehe schon nach Römischem Rechte
derjenige Theil, der sich in gutem Glauben befinde,
aber auch nur dieser alle Rechte eines, wahren Eheg^atteo
habe, die Kinder hingegen in fidtiebung auf beide Eher
gatten als recbtmäfsige Kinder angesehen werdan mib»
ten. Seine Hauplbeweisstellen gegen diese Ansicht sind
const. 23. §. 5. C V, 4. und const 3. C. V, 18.
XV. Bei der Adoption im allgemeinen Sinne, d« h*
mglcdch bei der Arrogation und der AdofttioD .im en-^
geren Sinne* |^ge man drei Ornadsalce aufansifUail»
ans dteen sich alle bei derselben ^orkoittmeiiden Beoblsr
regeln als Folgesätze ableiten lassen sollen : die
Adoption ahme die Natur nach — die Adoption sej ein
subsidiäres Mittel, sich ein Ktnd zu verschaffen — und
die Adoption müsse weder dem Adoptivfcinde, noch eiueni
Dritten nadbtheiiig seyn. Der,Ver£ nntersncht nuiif eb
and in wieferp man die einaelnen Sitae* jene» RegelQ
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Bucbholis, juritt. Abhandlungen. üb!
iicliti^ subsMmirt habe, und ob sie sowohl fiir die Aiio-
gatio, als für die Adoptio im eogereii Sinne gültig sej'ea«
XVL Unrichtig sej es» wenn überall der 8atz aufge«
•teilt werde, dar« die v&terliche Gewalt sur Strafe ver^
leren gehe ^ wenn dc¥ Vater «ein Kind aussetze: denn die
const 2. 4. C. VIII, 52, mit welcher letzten Codexstelle
die Nov. 153. irleiitij^ch sey, sprächen überall nur von
SdaYen. Auch in dem Falle, wenn der Vater seine Toch-
ter swinge, sich Preis zu geben, gehe die Täterliche
Gewalt nicht ipso jure verloren, sondern erat auf die
erhobene Beschwerde der Tochter durch den yon der
väterlichen Gewalt befreienden Ausspruch des Richters,
wie dies hervorgehe aus const. 6. C. XI , 40.
In NaXVII. findet sich ein Angriff auf die gemeine
Meinung, dafs die Binwilligung des Adoptivkindes sur
Bmanelpation nicht nöthig sey. . Nach dem allgemein
ausgesprochenen Satze des Römischen Rechts: ßUtmfa'*
milias emoncipari rnvHus non cogUur y und da die für
diese angebliche Ausnahme angeführten Stellet] const. 10.
pr. C VIH, 4SL u, a. nichts bewiesen (V), müsse man
, die Einwilligung .des AdoptiTkiodes smr Emsncipation für
nfithig eracjbteo» •
XVIII. Gründlicher, als es hier geschehen ist, hätte
nachgewiesen werden sollen, dafs auch das kanonische
Recht zur legHimatio per subsequens matrimonium
Einwilligung der zu legitimirenden Kinder voraussetze.
Dieckes Beiträge zur Legitimation durch nachfolgend«
Ehe No. II, die sich Uhr die entgegengeselate Ansicht ent-
scheiden, sind von dem Verf. nicht berücksichtigt worden.
XIX. Von der bekannten const. 3. C. V, 14. giebt der
Verf. hier folgende Auslegung : die Bestimmungen des
Gesetzes bezogen sich nur auf mündige Minderjährige,
diferlei, ob die Veräufserang von dem Minderjährigen
selbst, verstehe sich mit Einwilligung des Curators, oder
Von dem Curator vorgenonunen worden sey. Jedoch sej
das Gesetz auf solche Nicliiigkeiten zu beschränken,
welche aus dem Mangel eines gerichtlichen Veräufse-
magsdecrets entsprängen. Von den Worten t atmmsUm
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V
I
litt Bnehholls, jart«l» Abhsmllaiigen.
* ■ I
Ins zu Ende enthalte die Constitution aber darchaus nicht
eine neue Disposition , sondern lediglich eine Bestätigung^
des bislang geltenden Rechts. Mit dieser Erklärung
stimmen v/W uberein. Darin mnd wir jedoch mit Ha-
dorff ^ das Recht der Vormitiidsohaft, Bd. IL S. 4411.
eiaer MeiDoog, fbfe man das Gesetz aoch anf Unorihi*
dige beziehen müsse.
XXII. Nicht blos mit der Eintheilung der pacta , wie
die Uebersehrift angiebt, sondern auch mit der der con-
tracttm beschäftigt sich , wenn auch nur zu kieioem
Theiie^ die vorliegende -Abhandliliig* Zu den pacim
praeiorkt laesen eich nacfaf des Verls. Ansicht mitGewtft^.
heil nur zählen: die constituta pecunia , da^ receptum
der Sachen eine^ Reisenden, und das pactum über einen
aafsergerichtiichen Eid. LegHhna pacta seyen das simple
Versprechen einer «las nach cooet. (>. C. V, 11, das Verspre-
cheo einer Sqheniiuiig nach coiist.35. U Vlii, 64. nnd seit
Jastinian das Compromire. DiejMiclii ncfpeelif endlich
gehörten nicht zu den pactis nudis, sondern würden
diesen in const 10. C. II , 3. g-eradezu entgegeng;esetzt
XXIV. Der Vermiether dürfe nicht bios wegen no*
thiger, sondern auch wegen unn9thigerHeparatoren kun-
digen* Zwischen beiden Ffiilen finde nur der Unterschied
ftati, dafe er, wenn er wegen nöthiger Reparaturen Itün^
dige, blos das damnum emergens, wenn er aber wegen
unnöthig'er Reparaturen ki'indi^e, das omne quod interest
dem Miether ersetzen müsse. Auch sey es dem Vermiether
gestattet, wegen Torhergesehener Bedürfnisse die Mietbe
. (eines Hauses) zu kündigen: denn dt9 Gesetz (const &
C. IV, 65.) wisse nichts Ton der gewdhuKchea Beschrän-
kung, dafs er nur weg-pn unTorhergesehener Bedürfnisse
kündigen dürfe. Uebrigens macht der V erf. mit Recht
darauf aufmerksam, dafs man die const. 3. cit. auf das
Conmodat, wie man wohl thne, nicht ausdehnen dürfe,
weil zw ein Jus shgulare enthalte und ein solciiee stnet
interpretirt werden müsse. '
XXV. Es wird hier eine fleifsige, jedoch zu sehr ins
Einzelne gehende Zuszauneostellung der Verschiedenhei-
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Buolili«!!«, j«riaA. AJibMlfauig«». litt
teil zif Ischen Emphyteusis und Siiperfiom gegebeo. Mit
Reclit isl ftbrigm fom Verf. die Behauptung au%«ateite
mnd bewieeoD, daft Geg^ensfand der Emphyteaaia sowohl
ein Grundstück wie ein Gebäude sejii könne, während
als Object der Superficies nur ein Gebäude vorkomme:
wovon man oft wegen fr. pr. ü* VllI, 3. das Ge-
gentheil behauptet
XXVL Ueber den Betriff des po$s^$ioma furtum
giebt der Verf. folgende Ansicht, welche mit der
Hrn. O.A.G.R. Marezoll im Arch. Bd. Vlll. gegebenen
wesentlich ubereinstiiiimt : Gewöhnlich ver«i(ehe man unter
possessionis furtum den Fall, wenn der Dieb seine eigene
bewegliche Sache aus dem fremden rechtlichen Besiico
entwende; Diese Oefloition sejr aher niehi richtig, da
alle sehr aahireich hierfür angefthrte Steilen dnrchane
nicht sagten, dafs ein solcher Fall zum possessionis fur-
tum gehöre. Im Gegfcntheile zahlten die Institutionen
(§. 10. iV. 1.) und Gajus (Comment. Iii. §. 200.) die
Entwendung des Verpfanders der Terpfiindeten Sadie ana
dem fioMtara des Pfand^Iäubigera aum rei furtum* Da-
gegen gebe uns Theophilus die richtige Erkllrong an
die Hand, welcher statt einer Erklärung des possessionis
furtum folgende Beispiele anführe : wenn ich dnsjenige,
was mir als Faostpfand oder zur Aufbewahrung hingege-
ben ist. wie ein Eigenthömer besitze. Auch in nnserem
CJorp» Jur. fehle ea an Beispielen filr die ¥on Theophi I na
aufgeführten Frille nicht , nnd hiernach mflsae man den
Begriff des possessionis furtum so gfeben : Derjenige be-
geht ein possessionis furtum, welcher zwar im Besitze
einer beweglichen Sache sich befindet, aber nicht in einem
solchen, der mit allen juintischen Wirkungen veinehen ist,
nnd' eich wider sein besaares Wiaaen in habaftohtigar Ab-
sicht einen Besitz mitToHen juristischen Wirkungen durch
eine äufsere Handlung zueignen, also seine Detention oder
seinen Interdictsbesitz in Usucapionsbesitz corpore et
animo verwandeln will. Verwandlung der Detention in*
biofiien Ittterdictabeaitn genüge noch nicht zum Begriffe des
poaaeäsioms furtum, weil ja Theophilna verlange,
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flafs der possessionis für ate dominus besitae. Aileia wie
hieraus dies Requisit der Verwandlung der naturalis
possessio in den üsucapionsbesitz folgte, sehen wir nicht
MI, da doch der jenige gewifo auch als dowäauB besitzt,
4tir aioh den Interdictsbesits corpore et ammo aomaGit,
fphiie das Recht eioee Aodereo aimerkenoen, UebrigcoB
bemerkt der Verf. mit Hecht, dafs das possessionis fur-
tum mit dem Verbrechen der Unterschlagung nach gemei-
nem Rechte übereinstimme, indem der Unterschlagende
ja seinen Natnralbesitz in Civilbeiitz (?) .verwandle.
XXVIL Dem PfaadgKiabiger stehe nut die eondicüo
meertif nicht aber die cofufticlib futUva, welche blas
dem dominus gegeben sey, zu.
XXIX. Vertheidigung der jetzt gewöhnlichen Ansicht,
dafs die vierzigjährige Verjährung der, Kirchen und an-
derer ihnen gleichgesetsten Orte, wohin auch die Hoqpif
tftier und Sttflnngea zum Loskaufe der Gefangenen
bürten, bles an die Stelle der 10-, SO- nnd 80jährigen
praeseriptio gesetzt , und dafs das den Kirchen des
Abendlandes in Nov. 9. gegebene Privilegium durch No-
▼elle III, jedesfailfi aber darch die s. g. Fmgmatiea
mmctio aufgehoben sey.
XXX. Unter den ftiiscallen seichnen wir ans die^r*
hiining dea fr. 2. D. XXXUI, 2. und die ISemerkilog über
fr. 11. §. 1. D. XXIX, 1, auf dessen Inhalt gestützt der
Verf. gegen die gewöhnliche Ansicht behauptet, dafs nur
derjenige Soldat gültig testiren könne, welcher de siatu
SUD f amiliae incertua aejr. Andere BemerknUgea das
Verfs. hfitten wir dagegen gerne Teriairst
• Möge denn diese kttrae Inhaltsangabe, durch wekbe
wir unser oben ausgesprochenes günstiges Urtheil bestä-
tigen zu mfissen glaubten, dem Buche recht viele Leser
gewinnen und ihnen dieselbe Belehrung zu Theil wenka,
welche wir, wie wir mit- Vergni^gen gestehen» darais
gewonnen haben .
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NM& HEIDELB. JAHRa o. UTERATUR. 1888.
Archiv für die neuste Gesetzgebung aller deutschen
Staaten. Unter Mitwirkung vieler Gelehrten in Deutschland her-
ausge^eben von /Alexander Müller, Großtherzogl. Sachsen' ff^ ei"
marisehent Hcgiti un^ s- Rothe, l bis llltvr Uand^ und If'ten Bandes
Istes Heft, Mauist bei Kupjerberg. IWoL gr* 8. (Preis: jeder
Band 9 il)
In einer Zeit, wo Alles nach Gesetzen sclueit, wie
weiland die li^iaeliten in der Wüste nach Wasser und
Brod, und wo tagtäglich so vleJe Produkte erzeugt wer-
den, welche dorch ihren schnellen liotergao^ diegrofse
Zeit Yoll kleiner Menschen auf das genaueste beurkun-
den, ist gewifs kein Buch zweckmafsiger und zeitge*
linäfser, als ein Archiv für die neueste GesLtzg;ebung'
Deulscldands. Durch ein solches Archiv müssen aber,
wenn es den Bedürfnissen entsprechen soll , folgende
Zwecke erreicht werden: 1) Es mufs dadurch den Ge-
setzgebern der übrigen deutschen. Staaten , wo Über
diesen oder jenen Gegenstand noch keine Gesetze Vor-»
banden sind, die Möglichkeit gegeben werden, alle vor-
handenen mit Leichtigkeit zu erhalten, und zum Zweck
der Bearbeitung der neuen zu benutzen. Die gehörige
Benutzung kann aber durch den biofsen Text nicht er-
£iell Werden, sondern dazu gehören auch die Motive,
welche den Gesetzgeber znr Passung des Gesetzes im
Ganzen, und aller einzelnen Artikel bestimmten. Hülfs-
mittet zum richtigen Ver«!tandnifs sind daher die Ent-
würfe, die etwa darüber abgegebenen Gutachten und
Bemerkungen der Collegien , Universitäten und einzelner
Gelehrten, die vielleicht darauf erfolgte Abänderung
des ersten Entwurfs, die Anreden, mit welchen die
Minister den Ständen die Gesetzcsent würfe vorzulegen
pflegen, die Commissionsber iclite und die Debatten der
Stände, sowie alle Bemerkungen, welche von solchen,
die bei der Gesetzgebung ein Wort mitzureden haben,
gemacht werden, und endlich alle sonstigen Materialien,
XXVI. Jahrg. 12. Heft. - ' 75
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U85 Malier» Mkir far dia MSttl« Ctottifg^biiiig
die etwa aufflerdem dabei noch bennlst ivorden «od.
Während nun der Text der neueren deutschen Gesetze
im Ganzen noch mit ziemlicher Leichlicrke it zusammen
zu bringen ist, indem fast in allen deuthcluu Staaten of-
ficieile oder wenigstens Privatsammlungen angelegt sind,
io iet es. rein uatnöglich , alle Materialien Eur Interpre«
lation, mraue der Geist dieser Gesetae au entnehmen
Ist, sich zu verschaffen. Es mufste daher ein Archiv
der deutschen Gesetzgebung vor allen Dingen aufser dem
Text auch auf diesen Punkt seine Aufmerksamkeit richten.
Auf diesem Wege würde 2) die Wissenschaft liehe
Behandlung des neueren deutschen Hechts allein niöglicli
und fruchtbar werden, indem nun die Gelehrten die Ge-
setze selbst in ihrem Geiste stuflieren , das Gemeinschaft*
liehe zusammenstellen, das Abweichende ausscheideo,
und so einen Uebeiblick über das gesammte neuere
deutsche Recht gewähren könnten. Dadurch wiirde ferner
3) der allgemeine praktische Gebrauch erleichtert,
ja ganz aHein möglich geoiacht werden. Die Uoterthaaea
der verschiedenen deutschen Staaten kommen so vielfach
mit einander in Berührung durch Verträge, Ehen, Krb-
schatten u. s. w. , dafs unter wenigen Keclilslallen sich
immer einer beiludet, der nach flen Gesetzen eines an-
deren deutschen Staates zu beurtheilen ist. Da nehmen
die wechselseitigen Communicatianeo kein Ende, bis dia
Proeefskosten den Werth des Streitobjekts ilbersteigea
Aufser dem praktischen hätte ein solches Archiv 4) auch
einen hohen historischen Werth, indem die Nach-
welt daraus die Methode unseres Zeitaltera, G^etze zu
Stande zu bringen, vollständig kennen leroea und die
Fähigkeit respecttve Un&higkeit dessaibeu zur GeseU-
gebung beurtheilen könnte, und endlich die MaiterialieB
zu einer vollständiji» en deutschen äufscren und inneren
Rechtsgesehichte vor sich lieg^en hätte. Damit könnte
sogar 5) auch ein partieulärer Zweck erreicht wer-
den, wenn die ^ozelnen Riefte je die Gesetzgebuqg eiasi
besonderen Staates umfafsten, und zugleich als bewdori
Archive ftlr die einzelnen deutschen Staaten, aiisgegeb«o
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der d«D(ichM Statten. 1189
virden, wodurch zugleich für das unmittelbar praktische
Interesse der Juri.nien der einzelnen Staaten gesorgt würe.
Oadurch würde zugleich, was auch zu beriicksichtigen
ist, das pccufiiäre Interesse des Verlegers auf jeden Fall
gedeckt seyn, indem, wenn uodi das Ganze Iraiie sekr
grofse Abnahme fände, sich doch auf einen bedeutenden
Absatz in jedem einzelnen Staat, dessen Gesetzgebung
gerade die eiiizelneii Hefte umfafste, rechnen liefse. End-
lichwörde es noch ü) eiiieni ephemeren Zwecke ent-
sprechen, weit die durch die Zeitungen angeregte Neu-
gierde alsbald befriedigt werden konnte.
Sollte ein Archiv für fite neue deutsche Gesetzgebung
allen diesen Zwecken entsprechen, so müfste es beiläufig
so angelegt werden: 1. Seinem geographischen Umfang
nach umfafst es alle deutschen Staaten. Es beginnt, wo
in jedem einzelnen Staate eine neue Gesetzgeb ungspe*
riode anlangt, also in den constitutionellen mit der £in-
fiihrung der Verfasisung. Die einzelnen Gesetze werden
chronologisch von dieser Zelt an aufgenommen. Dem
Anfangspunkt geht eine statistische Uebersicht des bis-
herigen Rechtszustandes voraus. Die Gesetze werden so
behandelt, dafs die äufsere Geschichte vorausgeschickt,
der Text nach der authentischeD Ausgabe abgedruckt^
in den Noten die Motive zu jedem Artikel aus den oben
bezeichneten Materialien aufgenommen, und io geßll-
figer Form gehörig zusammengestellt werden. II. In
clciii zweiten Theil eines jeden Heftes werden schrift-
stellerische Abhandlungen, Beurtheilungen, Anwendung
und deren gute und schlechte Folgen, Modificatiooen
^lurch die Praxis, neue Vorschläge, und endlich haupt-
sacblich vergleichende Abhandlungen der versctiiedenen
Gesetze aufgenommen. Für die gleichförmfge Behand-
lung des ersten und Haupttheiis, nämlich der Gesetze
selbst, müfste aus jedem deutschen Staate ein Gelehrter
gewonnen werden, der das Ganze in gleichem Sinn be*
inilcMte, wiliffend fftr den zweiten Tli^ii alle geeigneten
AiMnindItfngen' aufjg^eflOfnmen werden Manien. III. Bas
ganse Archiv erseheint Heftweise, wie es das vorhan*
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IIBS Mitller, Archiv ffir die Dcneito GeMtsgebniig
dene Material und das BcdüriuiLs erheischt, und zuar
immer unter doppelten! Titel , als deutsclies Archiv, und
als Archiv der Particularstaatea , was ja sehr wohl durch
Tmchiedene Seitenzahlen, zur Bequemlichkeit des CiU-
rens, dislioguirt werden könnte..
Betrachten wir das vorliegende Archiv nach den
Zwecken, denen es entsprechen könnte, und nach der
Anlage, wie sie seyn sollte , so umfafst es höchstens den
letzten Zweck , und dem ersten Hauptzwecke wird nur
sehr unvollkommen, oder gar nicht ^^euQgt. Es sind
Gesetze aus diesem oder jenem Staate, wie sie gerade
dem Herausgeber in die Hände kamen, neuere früher
und ältere später, Kritiken, llebersichten über, die Ge-
setzgebung einzelner Staaten, Vorschläge u, s. w. ohne
Ordnung und Zusammenhang , ohne Plan und Auswahl
aufgenommen. Ein solches Uiiterachmen kann und soll
für die Ewigkeit angelegt werden, darf aber, wenn es
brauchbar sejrn und bleiben soll, nicht nach der Confu-
sionsmethode, sondern mit Plan und Umsicht und mit
dem Streben nach' möglichster Vollständigkeit einge-
richtet werden. Nur durch Einen Umstand mag der
Herausgeber einigeniiafj^en entschuldigt werden ; näm-
lich durch die ungeheure Ungeduld iini^r rrr Zeit. Bios
das, was dem aagenbücklicben, dem Tagesbedurfnisse
entspricht, findet Absatz und Le^er; und alle grofsarti-
gen Unternehmiingen scheitern an dem leidigen Streben
nach' Wechsel und Neuheit^ Was wird unsere Nachwelt
dazu sagen? Werden wir wohl, was gewifs nicht hoch
geschworen ist, ein Institut auf sie verpflanzen? Wann
wird auf das Aprilenwetter einmal ein anhaltender Mai
folgen ? Die der Ewigkeit trotzenden Institute der Vor-
zeit haben wir mit aller Macht sertrümmert, und noch
ist kein haltendes Fundament gelegt zur kfinftigen Auf«
erbauuug !
Nach dieser Abschweifung will Ref. den Beweis füh-
ren, dafs das Archiv in seiner jetzigen Anlage eine ephe-
merii; Ersclieiuuug ist, die, wenn nicht Plan und Anlage
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I
der dedUchen Stuten. ~ 1189
In dasselbe kommt, aucii bald wieder ihre Etuischaft
erreichen mufs. Nichts ist leichter, als diesen Beweis
zu fuhren, er ergiebt sich aus der blofseii Angabe des
lahaits.
Der erete Band enthält: die knrhefleleclie Verfaiftonge* Urkunde '
vom 5. 'Jan. 1831. und kritiache Bemerkungen darüber vom Advo-
katen Martin an Hamberg; — die YerfaMungsorkonde den Konig-
reiehe Sachien vom 4. Septbr. 1881. nnd kritische Bemerkungen dasa
von Ruder; *r die k6nigl. eächtiscbe Verordnung, 'die Einrichtung
der Hiniateriai-Departemeate und die darauf bezug habenden pro vi-
aoriechen Tbrkehrongen betreffend, vom 7. Novbr. 1881« und Bemer-
kungen darfiber von Demaelben; — kdnigl. aachiiache Verordnung
wegen der 'Errichtung det Staatarathea vom 16. Novbr. 1881, und
Noten dasu von- Demae Iben; — einen Veberblick öber Preufsena
Provinsial - Stfinde und die desfalla beatehenden allgemeinen nnd be-
aonderea geaetsliehen Bestimmungen nebst einigen Winken , vom *
Herausgeber; — die königl. preuTsische Kabineta - Ordre vo|ii
4* Decbr. 1831, betreffend die genaue re Beoluirhtung der Grensen avi-
achen landeshoheitlichen und fiscaliachen Rech ts verbal tniaaen , mit
eiliem kritischen Anhang über die Frage : ob nnd wie su unterachei-
den, sey zwischen dem Landesherrn und dem Staatsfiscus, dann swi*
sehen landeshoheitlichen nnd fiscalisrhcn Rechtsverhältnissen,? Von
Johann Ludwig Kl über; — Zar Geschichte der Gesetzgebung Aber
öffentliche Gcdfinkeniiiitthrnun«;^. Von Dr. Paulus; — PftTugcaetz
für das GrorsIi«*rzo!^thum Hiidm nehmt tlcr He«^« iituliin!^ (trs Hr2,te-
rnngficntwurf« und den darübt r erstatteten ricliten der I. iinii Ilten
Kannncr der badischen Standi? des Jahre« 1H31; — Bemerkungen
über den neuen haierischen Entwurf eint« GeHet/biielis iibi r das Ver-
fahren in Slrafsaehen. München 1831. Von D r e n e h ; — Wie können
die Gesetzgebungen die Judenschaft veranlassen, die ndttii^e Verlu-
gnng des wöchentlichen Rnhetags auf den ersten Wochchtag nach
der biblischen Andeutung über den ersten Sabbat gewissenhaft vor«
zuziehen? Von Dr. Paulns; — Wie kann die neuere Gesetzgebung
am besten da« Sehacheia der meisten Juden ohne Gewalt abändern?
Von üenistjlben; — Sachsen - Gotbaische Verordnung ubi i lÜc Ab-
lösung; der Huthen und Triften und über die Besömmrung der Brache,
Toni *i Jan. ISä'Z, und Bemerliungen darüber von Ruder; — Sachsen-
Gothuisehe Verordnung, die Vertheilung der Gemeinheiten snm Behuf
ihrer Cultiviruag betveilbad. Vom 2» Jan» 18SS, mit Bemericnngon
von Rüder; — kdnigl. Säcbaiachea Geaeta über die Errieliliing der>
liandrentenbank vom lt. Mir« 1832, und Boniericungen dann von
Rüder; — Fovtaetaung der itritiacben Beroerltungen über daa Staate-
grandgeseta Karlieaaena, von dem Advolcaten IMaTt^n au Hambarg $
— Uabefoinhunft aator den Uforataaten dea Rheine und auf die Schiff-
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1190
IIAller, Avcbiv for die tuateU GUMtigelmag
fftbrfc Fliitie« sieh besiehende Ordonng. Ifftch «Itiklle»
T«te
Der Inhalt des zweiten Bandes inI folrrondcr : Zur ReTieiea det
preorsischen Hypothekenwesens. Von Dr. Grarell; — mr preoM*
ichen Gesetsgebnng. Nachgebote bei Subha8tati4»nea« von Dr. Gri-
vell; — getchichtliche und krifisclie Bemevknngen sa der Ueber-
eiakunft unter den UfcrRtaiiten dos Rbeiaa und auf die Schifffabit
dietei Flusses sich beziehende Ordnung; — Gesetz für das konig>
reich Sachsen , über Ablüsunj^cn und Gcoieinheitstheiliuigen Tom
17. Marz 1832, und kritische Hcmcrliungen über dasnelbe von Rü-
der; — pesrtzlif lic MürRrrj^cln der deutsclicrf f^tindes^ersammlung
zur AuitcclitliaUun^ dtr Ordiiuii^: und Ruhe im deutscher Bunde; —
Ansichten über die rcvidirtc SUidtcurdnun^ tiir die prcufBischc Mo-
narchie vom 11. März 1831, im Vergleiche mit der alteren Städte-
ordnung vom lÜ'Novbr. IHdB, nacli ihrem Verhältniase zum Ganjeo
der i)rcuRRis( hen Staatsverfassung und nach iiirer Bedeutung für das
conBtitiitionelle Leben in Preufsen. Von Heiahard. Als Anbaog
die revidicte Slddteuidining vom 17. März 1831; — künigiich säch-
sisches Gesetz., die i'ublicattiiu und Einführung der nUgemoittcn
Städteoiilnun^if betreflend, vom 2. Februar 18ij2; — kriüsche Bemec-
kungca über diese Slfidteordnung von Friedrich von B ü 1 a u.
Der drttto Band üniiafst : Bcmerkutigen zu dein k. k. östreichi-
scben Präsidial vortm^^e über die Mafsregeln zur Aatrcchtlialtan<v der
gesetzlichen Oirlruiri<^r und Hohe im deutschen Bunde und übet- dieHe
Mafsregeln selbKt, von W an ge n h c i in ; — die Civil - und Olminal-
Geselzgebung des GrofNhcrzogthums Uebbeti srll (ter Zeit, (lu daitnc Ibe
zu den constiiutinneilen Stttuten gehört, von dem llofgerichta -Advo-
katen Ilojjp in Darmstadt; — Gesetr, über die Verfassung und Ver-
waltun«];' der Gciueinden im Giufsht rzti^Lliuüi Baden, und das (xeaeta
über die Hechte der Gcmeindebiirgcr und die Erwerbang des Burgst*^
rechts; — die Verfassungsgesetze des Grofshersi^tlianis Hessen» bi-
atoriscb- kritisch Itelenchtet von Prof. D». Waifa in Giefsen; —
daa badiacha Gaaata ibar dia Farmaii dar WaUa« a« daa varaabia»
danan CtoiMiiiidciiiitara und dar Abgaardaalaa dar afturtalAigtrAlebMi
Einwafcnav In eiaar Gameioia 'aad der Aaanärkaf ; Bnüaehaa Ga-
aaCa aber dia Aafffaebong daa Blotaabntea «nd äbar dia Avfbabung
daa Zehaten van Naabrfichaa mit eiafgan dem Vrapriiiigo «nd dar
Aafbebttag der Zebalen Aberbaniit galteadan BeaMvbangcti « toh dam
Baranagabar; — Badiacbaa GaaaU übet dia Attfhabaag dar Um*
ranfvabadan ; die CUvil - aad CrlmhialgaaatagabUQf^ daa Gitafabaa»
aagtbQON HaMen aeit dar Zeit, da daaielba a« daa eanatitniianallaB
Staaten gebdrt Van dam Hafgerialitsadvakalen Bopp in Barmaiadt
Fartaetanag. . Zratea Kapital, Gaaaia, den NavaiaabnAan vom nanea
Aorodongaa betreflend. Zweltea Kapitel. Geiala iragan Abldanag dar
Prirataebatan. Dritlea Kapital. GceHa, den Aibbanf fiaanlilchar
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il«r lieoUcheii Staaten. 1191
Grundrenten Lctreffend. Viertes Kapitel. Gtsttx über die Aufhebung
der 8ogenanntcn Fornluatioo»- Strafen. Funftea Kapitel. Gesetn ül»«r
die an die Stelle tkr Confiecatinn des ganzen Vermöf^ens trctendeo
Strafen der DeRcrteure und Rctrwritur«; — Bcnkschritt an die deut-
schen ßundesfürsten conntitntioneiier Staaten; — KurhesBiRchcs^ftc-
tetz, die Bürger^arden betreüend, vom 23. Jun. 1822; — das liekru- '
tirung^Rgetetx für Kurhesseii, vom 10. Juli 1832; — kritische Be-
merkungen ulier diese Krieg^n^pgctsic KurheMens von dem Advoltatea
Martin zu ilambcrj^; — übersichtliche Barstelluiig der wurtemb.
Gesetzgebung zur Entfernung der Grundeigentbumsbelastungen ; —
Kurheasificbes Staatsdlenstgesetz Tom 8. März I8S1.
, Bea vierten Bandes Istes Heft enthält: Beweis , dafs in dem
Bandesbcschlufs vom lü. Septbr. 1819. die .Bundesglieder zu Einfüh-
rung oder Beibehaltung der Censur sich nicht verpflichtet haben; —
Censurv erordnung im Ilerzofrtbuni I^leiningen von 1832; — Ucber-
sicht der prcufsishbtiu Stdulüverwaltung , vom Syndikus K lenze in
Untersen ; — Badische Gesetze über die Gendarnfterie , die Alilitär-
dienerpragmatik, über das Sehuldencontrahiren d<^r Ofüziere, über
die Einführung von Etappengeldern an die beurlaubten Soldaten,
über die Widersetzlichkeit gegen die öü'entliche Gewalt und über
£hrenkränkungen. Unter der Rubrik : Zur Kircbengesetzgebung,
worden die neuesten kirchlichen Verordnungen für Preufsen, Han-
nover, Würteoiberg, Baden, Grofsherzogthnm Hessen , Sachsen- WeN
mar-Eisenach, Nassau, Sachaen-Gatha-Attenborg und Koburg initge^
theilt; — äberstchtUche Oaratellanj[f der MUit&r- ond Kriegs Verfas-
sung des dentsehen Bundes, aus dem Gmiehtspunlcte des SflentUehen
Reelits, und mil einigen koemo|iotltisehen Annerltungen ; — köhigl.
baierlselie Terordonng Tom 28* Navbr. 18^ ia Betreff der Prüfungen
W dea ioUlndUclieo HochscIialeB, nil Bemerkungen ; — Hannöve;-
, riscbe Verordnimg übdT die Prüfung und Aostellung der Advokaten;
— neuestes Gesets des Cantons ZArIch vom 2S. Brachmonai 1831.
i!>es die Bedingungen der Verhafinng und der EntlUssung aus dem
Variiaftt nttgeliietlt mil Bemerkungen über das Vefffassungareolii
TU« Vittef DiaUr|. <— B«disehe Geeestae Aber die jeweilige tbelV«
weise Erneuerung der Stäudevers^immlung in beiden Kammern» nlier
die Civilliste, die' Abschaffung der bürgerlicbea Züchtigung» über
die Aufhebung des Strafticngeldes » die Aufhebung der Strafsenbau-«
Militär- und Gerichtsfrohnden ^ — TnbeUe über die Kreise und die
Aei^ffiaentntioa der Mrandenburgischen Provhnialstinde.
Alles gut und schön , scd nunc non erat his locus,
ruft Horaz dem Herausjo^eber zu , nichts steht am gehö-
rigen Platze. Ein Plan von diesem Archiv ist dem Ref.
nicht zu Gesicht gekommen; er kano daher blos tiach
dc(ip Inhalt nrtheiien ; allein gerade demnach liegt ihm ,
«
4 '
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111KB Schafer, Trierische Flora.
wie die eben angegebene Uebersicht beweist, gar keiner
zum Grunde. Die einzelnen Abhandlungen zu beur-
Iheilen, gestattet weder der Raum dieser Blätter, noch
liegt e8 io der Intentioo des Unterzeichneten, da es be-
reits anderwärts geschehen ist Er wünscht daher dem
Unternehmen eine zweckniälsigere Einrichtung; und
daraus wird sich der guiv Füitgang von selbst ergeben.
Papier und Druck sind gut, nur sind zuweilen in dea
ersten Bänden ^ie Lettern nicht vollständig ausgedruckt
Dr. Huck,
Tr i er i s c h c Flora oder kurze Beschreibimg der im Regiertin f^s be-
zirke Trier wild wachsenden Pflanzen y von M. Schäfer, Lehrer
der Matkematik und Naturgeschichte am Gymnasium zu Trier.
Erster Theil, 1 — lOfc Klasse, Zweiter Thcil, 10 — 22«te Klasse,
1826. Dritter Theü, Z^ste Kiaate, 1829. Trier, bei J, J, LintM.
Kein Land hat so viele Floren einzelner Provinzen,
Districte und Städtegebiete aufzuweisen, wie Deutsch-
land, kein anderes, Frankreich nicht ausgenommen, ist
in botanischer Hinsicht so vielfach durchsucht und be«
schrieben worden, wenn gleich wohl noch gar manches
zn thnn übrig seyn dürfte. —
So zahlreiche Floren Mir haben, eben so verschie-
den ist der Geist, der in ihnen herrscht, und wenn
man von einem neaen Werke <ler Art Kunde erhält, so
ist sehr daran gelegen, zu erfahren, was denn darin
eigentlich zu suchen sej; denn wenn gleich alle, darin
übereinstimmen , dafs sie die Pflanzen der durchsuchten
Gegend systematisch aufzählen, so ist doch die Art und
Weise der specielien Ausführung unendlich verschieden.
Wenn wir sehen, dafs der eine Botaniker vorzüglich
darauf ausging, neue Art*en aufzufinden, oder in deren
Ermanglung solche selbst zu bilden , sein wertbes mihi
fiberall anzubringen, gefällt sich ein Anderer im Gegen-
theil , recht viele alle und längst anerkannte Speeles ein-
zuziehen, seine Vorgänger überall zu hofmeistern; jener
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Schafer, Tneriadie Flom*
möchte gern als ein Erfinder, ilieser als ein grofser Be»
formalor ang^esehen sejn , und einem solchen , meint er,
stehe eine Dosis Grobheit recht ^ut an. — Der eine Flo-
riste giebt uns schätzbare Aufschlüsse über die g'eogno-
stische Beschaffenheit seines Districtes, über das Ver-
häitnirs der Pflanzen zu den Gebirg^sarten, auf denen sie
wachsen, sowie über eine Menge anderer Umstände)
welche .die Geographie des Gewächsreiches erläutern;
ein An^derer dagegen berührt von dem Allem nichts. Dort
sehen wir eine Flora, in der die Varietäten und Spiel-
arten sorgfältig aufgesucht, geordnet und beschrieben
slody so dafs daraus wichtige Winke über das Wachs-
thvm und das Verhalten einzelner Arten und Gattungen
entnommen werden kdnnen; hier finden wir eine andere,
wo die Varietäten kaum berührt oder als unbedeutende
Kleinigkeiten ganz weggelassen sind. Während der eine
FJoriste die Monstrositäten und MifsbÜdungen der Ge-
wächse kaum kennt, oder sie absichtlich übergeht, maciit
ein Anderer gleichsam Jagd auf solche abnorme Bildun-
gen, and während er sich -außerordentlich Yiel darauf
SU gut thut, zieht er aus seinen Beobachtungen mit
Hfilfe seiner Weisheit, die thörichtsten Schlüsse. Der-
gleichen Gegensätze liefsen sich noch eine grofse Reihe
anführen: wir wollen sie jetzt aber nicht weiter erörtern,
sondern zu unserer Trier sehen Flora ubergehen. Sollte
Ref. einzeln zergliedern, was derselben mangelt, und
dem Geiste des Zeitalters gemäfs daran wfinschenswerth
wäre, so wQrde dieses eine lange Abhandlung erfordern,
die sich aber bedeutend abkürzen läfst, wenn man den
St^^l umkehrt, und einfach berichtet, was sich in den
Torliegenden dreien ziemlich starken Bänden wirklich
vorfindet, und dies möchte hauptsächlich Folgendes seyn:
Im ersten Theile befinden sich schätzbare Angaben
über die Gebirgsarten 4er Trierischen Lande, über die
Höhe einzelner Punkte, über die Temperatur- Verhält-
tii«;se, die Fruchtbarkeit einzelner Districte u. s. w. , sie
scheioen sämmtUch von dem Hrn. Prof. St ein Inger in
Trier herzurühren; femer eine kurze Anleitung zunp
I
%
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UM Bohts, Qmhiebl« ter iieseni ^MiCidM« FoMie,
Slndimn d«r Boteniki insbamidere der Termi^iologie^ ~
Die Pflanzen sind nach Linn^a System geordnet /dte
Gattungsmerkmale ausfuhrlich angegeben, die Arten mei-
stens kenntlich und g;ut besehrieben, Fundort und Blöthc-
seit beigesetzt , hie und da auch- etwas von dem Nutzen
und Gebraiichaart. Es ist keine neue Art geschaffen,
keine alte eigenmftcfallg eingezogen. Auf den krjrpto*
gamischen Theil acheint der Rr. Verf. Tiefen Pfeife und
* Zeit verwendet zu liaben, wie er denn auch fÖr die
phanero^amische Section schon einige Nachträj^e lieferte,
BO dafs das Bestreben , nützlich zu werden, unverkennbar
ist. Anlkngern, welehe in jener Gegend sich mit der
Pflansenknnde bekannt mieben wollen, wird dieses Bueli
wesentliche ülenste leisten,' und kann in dieser fflnsiclit
bestens empfohlen werden.
€ktchicite äer neuem deutschen Poesie. P^ortesungen 9ün jtmgm»i
fVilhelm Hohtz, pöiting$n, 18^2. IF u. U9 8, 8.
Gttchichte dw dnttsehen Nathnal - Literatur mit Prohem #Br dtutschtm
DiehtkwMi md B^rßdiumkwt, Fon Dr, Karl Her* og> ivtm, ISSL
Das letztgenannte dieser beiden Werke umfafst das
ganze Gebiet der deutschen Poesie und behandelt die
neuere Zeit mit unverhältnlfsmärsiger KOrse ; das ersteie
bescliäfligt sich nfit dieser aussehliefslich. Auch wir
wünschten in diesem Anfsatze bei dieser neueren Periode
besonders zu verweilen. Nicht leicht wird sich eine Ma-
terie unter nnsern literarischen Erscheinungen auffinden
kssen, die häufiger und einförmiger, mit mehr Liebe
vnd mehr Ineompetenz, bei gleich grofsen Vorarbeiteu
Im Binzeinen mit gleich kleinem Erfolge im Ganzen wire
beliandelt worden, als di^ Geschichte^unserer National»
titeratur; und wenn sich von irgend einem abgetrennten
Theile derselben dasselbe mit noch gröfserem Nachdruck
behaupten Üfst, so ist es gewifs die äleschichte der auf»
blühenden poetischen Bildung im vorigen Jahrhundert»
Wir halten daher jeden kleinen Fingerzeig, der hier
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and Heimg, flThitlrtB dsr dtMlMli«i NaÜMl-UHfltDr* Utt»
wmf MM W^i« aufnarinm DUMhl uod auf wlMKge SSM»
4«ute( y für onTcrielillicli wid aiitttlMMnswerih , iiiifl
darum haben wir uns zum iViederschreiben der folgenden
Andeutungen entschlossen, die nur für niehiß anderes an-
l^esehen werden müssen, ais für AndentvitgeD. Der Ge-
danke, der uns bei dem Niederschreiben derselben leitet^
bedingt da» Verhftllnife dieses Autetasa m iten Mgm
Werken, die wir unter vielen aus Tefachiedenen Grftnden
als Repräsentanten wählten, der Gedanke nämlich, es
sey in Recensioneo von Schriften über eine erst werdende
Wissenschaft von gröfserer Wichtigkeit, dafs man »ich
imt dem beschäftige, was in deoaelben fehle, als mit
de«», vag darin falsch «nd achlef wj^ weil Mangel nnil
UnvollfliftatUgkeh kinfig ein rntocferea Urtheil bedingt,
nicht aber von diesem bedingt wird. So wird auch Jeder
ans unseren Bemerkungen über ilas Manj^elnde in diesen
Literargeschichten unser Urtheil über iliren Werth leicht
enathen , womit wir imdeesen mehr aaf das Ersiere deuten,
ah anf das Letztere, dat namentlich In der letifen '
ilode triel anapnichloser mehr einen elnfiichea Faden
durch die Geschichte der schonen Literatur geben, ab
diese selbst vollendet vorleben v^ill.
Unser Tadel trifft zuerst die Titel nicht nur difjser
beiden , sondern fast aller Werke über diesen Gegenstand«
Diese Böcher näögen allerhand Verdienste hjaboi, allcia
geacbiehliiche haben nie fast gar keine. Sier verfoigeo chro*
nelegisch die Taitchiedenen Dichinngsarten, sie neiSMl
Hl chroRologfscher Reihe die Schriftsteller hintereinander,
wie andere die Büchettitel, und charakterisiren dann,
wie es anch sejr, Dichter und Dichtnng. Das aber ist keine
GeacfcBetiie ; es ist kainn das Gerippe ra einer GeBchichte*
INwchgreireocl iet aelbat die Bebaodlnsg hi Manan'a «od
Wachlers Venmehen nicht hrstonseh , mm hängen aibniTiel
oder neigen mindestens zu ästhetischer Beurtheiiung und
verlieren darüber den Gesichtspunkt des Ge«ehichtschrei -
bers. Mit ästhe^cher Kritik hat der Literarhistoriker
gar ntchtnnn thvn, and das mögen eiob doch am meisten
diejenigen gesagt seyn lasse», die von eigenean Urtheil
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TAIlig eDibUMM^ von den noiliBliolMteo KiiMtrichleni die
nnftholichsten AassprQche Aber ihaliche Dlchlang'en ia
Einem Buche über Liteiaijs^eschichte zucainjiientragen.
Die Aestheliß" ist dein Literarhistoriker nijr Hillfsmittel ,
wie dem politischen Geschichtschreiber flie Foiitik* Nut
ihre allgemeinslen , nnr ihre überall als gültig aaerkaaolei
Geaelse dürfen ihm gellen, nnr die allgemeinste, unbe-
eireitbarete Anwendung datf er dayon machen. Da nnd
dort aber mufs er sich feste Ansichten schaffen, und das
ist freilich in dem Einen wie in dem Anderen dieser Hülfs-
mittei. schwer , und wenigstens ist man in der Aesthetik
nicht so leicht damit fertig, wie in der Politilc , weil hier
wenigstens die CSonsequenn von Lehrbüchern und Grnnd-
sitsen hittfiger aneatreffen ist, wfihrend dort bei keinerlei
Parthei ein autorisirtes Handbuch gelten mochte, uud
die Aiisbihhing- einer eigenen, selbsithtändigen , bestimm-
teu Ansicht in diesem Fache nur die Frucht eines langen
nnd reifen Nachdenliens , eines feinen und unverdorbenea
Geschmacks seyn kiinn. Wer sich aber eben diese Wis-
senschaft und deren Grenzen deutlich gemacht hat, der
wird weniger versucht werden, in ein historisches Werk
ein ästhetisches Urtheil überall einzustreuen, so wie der
ächte Geschichtschreiber überhaupt keine politische Farbe
zeigen darf; viel weniger aber wird er, wie das in dem
Buche von Bohtz der Fall ist, mit der ärmlichen An-
sieht einer Schule, oder wie Andere thun, mit den ge-
borgten Ansichten der verschiedensten Kunstrichter,
seine Geschichte ausstatten wollen. Der ästhetische Benr-
theiler zeigt uns eines Gedichtes Entstehung , sein inneres
Wachsthum und Vollendung in sich selbst, seinen ahtt^
luten Werth dem Ideal gegenüber, « sein Verhiitnifs sa
dem künstlerischen Charakter des Dichters überhaupt
Der Hwtoriker zeigt seine Entstehung aus der Zeit , aus
deren Ideen, Bestrebungen und Schicksalen , sein inneres
Verhältnifs — Entsprechen oder Widerspruch — mit
diesen, seinen Werth für die Nation, seine Wirkung ia
Mitwelt und Nachwelt ; er vergleicht es zunächst blos mM
dem Höchsten, was diese Zeit, diese Nation, ia
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und HtnMig, GMdiieIrte der dtBfi^M Ntli«i»l-IitoffttDr. lliY
dieser €hittung geleiitel hat; erseigt sein eng^eres Ver-
hältnifs zu dem Dichter, sein Entstehen aus diesem,
sein historisches Verhältnifs zn ihm und seinen übrigen
Werken; behandelt er nicht bios diesen Einen Dichter,
SO mufs er je nach seinem Gesichtskreis das Verhältoifii
von Didier ood Gedieht zu der Zeit, wa der.Nntion, zu
der europäischen Cvltur, zu der gesammten Meuschl^eit
erörtern.
Von solch einer weiteren Ansicht aus hat uns noch Nie-
. mand eine Geschichte unserer Literatur dargeboten. Das
einzige Werk von einiger Bedeulung, das uns durch hi^
aiorisohe Behandinug 'Wenigstens hier und da einiges
Genfige thun kann, bleibt immer Manso's Veraaeh. Im
Mittelalter fehlt es ihm weit zu viel au KeiHitnils utid
Lectöre, dagegen sagte uns theil weise die Darstellung
fler ersten Jahrzehnte des vorigen Jahrhunderts, wo er
freilich gute Vorarbeiten hatte, immerzu; in der letzten
Zeit fehlt dagegen wiejder aller Blick auf das innere Ge-
triebe und die ungeheure Bewegung der Geister, wäh-
rend die Leere und Kälte der vorhergegangenen Jahre
nicht gut in der Darstellung zu verfehlen war. Und doch
mangelt ^Ibst hier die Nachweisung aller Gründe und
Quellen der Erscheinungen ; es mangelt durchgehends
die Uebersieht; selten ist den handelnden und produci-
renden Literaten und Dichtern ihre rechte Stelle ange-
wiesen. Besonders Eines sehr wesentlichen Fehlers machte
sich Manso schuldig', der überall schädlich einwirkte.
Durch seiue Vorliebe für die letzte Dichtungsperiode
verleitet, eilt er unaufhörlich vorwärts und versäumt, das
Vergangene festzuhalten. So erscheinen -denn hier z. B.
'Halier und Hagedorn als durchaus anregende und bahn-
brechende Männer. Sie sind es; aber sie ruhen auf Einer
Seite ganz auf den Früheren. Wir werden es wohl unten
noch einmal behaupten, dafs die Periode von den Schwei-
Bern bis auf Klopstock eine Art von Vorspiel von der wirk-
sameren und erfolgreicheren Epoche ist, die mit Lessing
beginnt; wif können dies weiter rfickwärts Ähren und
behaupten , dafe auch Haller und Hagedom in ähnlicher
Weise wie Klopstock zugleich die Grundsteine eines spä^
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leren md die Sdhiaftstme elnee frtherea 0<M«det eied,
und dafs sie sich zu Günther und Brockes ähnlich ver-
halten, wie Göthe zu den regellosen Genie« und den
ecbmachtenden Ljrikera der Göttingischea Zeil. Und so
wie diese beidea Mioner BOthweodlg -von zwei Seiten
geseiieB werden mteeo, so Ut dies mit jedem anigc^
seichnelen und Tefdienleren Dtehter oder Kritiker der
froheren Und der folgenden Zeit der Fall: mit Klop^tock,
der in dem Messias ganz Fmpfindnnjv war und dann in
seinen Bardietten kurz nad kalt ward; mit Göthe, der
erst in Götz und Werlher ganz zwischen die wilder 6e»
nialltftt und die ▼erscliwlinaieiide Weloltlieit der jmgee
Dichter d«malij|^r Zeh getheill war, und denn in der
Iphigenie zu klassischer Ruhe und Besonnenheit gelaif^te
und daher von Schillers Räoliern äufserst unangenehm
berührt ward ; mii Schilter, dessen verschiedieoe Epachen
Jedermann kennt , und so mit vielen Amlem. So mufs '
man nach, nm die heterogenen Btschetanagen «nd. die
deeh gleich willige Aufbafrme der veischiedenfttsfi Dinge
in der schweizerischen Perioile zu erklären, durchau!? die
entferntere Zeit und den entfernteren Baum nicht aus deo
Augen verlieren. Wir werden onten beibringen, wie viele
Berücksielitigung hier die provindelle Entwicklmig der
LiteraA«r verdient; hter bemerken wir, dafs» wenn rnsn
die Sdielde des IT und 18. Jahrhunderts gehöri]^ «a
betrachten vergifst und unbemerkt läfst, wie damals der
Mangel an originalen Werken der schönen Literatur tole- '
rant machte, es schwer begreiflich ist, wie Günther neben
Brockes, Malier neben Hagedorn, Gottsched eine Zsi^
/hing lieben den Schweleern so friedtidt «nd gleiokansr*
kennt best Aen konnte«. Damals suchte man
neue Bücher, und in jedem Buche etwas Neues. Wielaiwl
spricht es in seinen früheren Jahren geradezu aus , dafs
er nur das Neue und inomer etwas Nenes von <lem Dichter
verlangt I und darin sucht er besonders auch Rlopetechs
Vorcttg. Man Cifhinte sogar meinen , iir der Drstti^geiw
sehen Dicbtknnst sey dh^e Fardermg wunderlich
wickelt in die Theorie übergegangen. Nun durlleD die
Sdiweizer imr englische Blätter nadudunen; Gettseked
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9
durfte mir wie Ofits auf di# Alten rarwatoeat wenn «r
auch nicht das Geringste davon Yerstand; er darAe nur
auf die Franzosen schiaipfen, wenn er auch in Allem sie
copirte; er durfte nur die Engländer wie Wieland heraus*
«^eichen, wenn er auch den iranzöiirenden'Afidison, wie
dieser den Shaflesbni^ varzUglich im Auge balle; kurz,
man durfte nur etwas Neaes anregen, um dea Beifalls
eidier nu seyn, wie Gettsched besondera In seinen BemA-
hung'en um'^i Theater erfuhr. So machte deau auch Haller
viel Aufsclun, im Grunde nur, weil tr den Ton der eng*-
liacheo Uialektiker und malerischen üichter angab; denn
data seinen Biehlungen viele Poesie inwobne, scheint er
selbst nicht geglaubt nu haben , and wenn ea aoch einfi
' ecMagienderen Beweises bedHrfle, wie wenig dicbteii^
sehen Gesclimack er hatte, eines untriig;li(:heren Zeug-
.oisses, als es seine Gedichte ablegen, so sind es seine
- ästhetischen Urtheile, die er in den Göttinger Anzeigen
. g^elegentlich niedergelegt hat. Es ist also nur Form und
Material 9 worin er ein Verdienst hat, und das nftmlidie
^ilt V0a~ Hagedorn. Auch die kritischen Werke der
Schweizer konnten überraschen, als sie 1140. an die Stelle
von Gottscheds hölzerner lli( htkunst eine Theorie setzten,
die dem materialistischen Zeitgeschmack ganz angemessen
war; denn damals betrieh man in Frankreich und England
die Vergleichung der bUdendea und redenden Kfinale
überJiaupt sehr eifrig. Dies Alles konnte aber natftrli^
zu keinem eigentlichen Grundsätze der Dichtkunst führen;
man trieb sich von einer Reget zur anderen und fapdsich
am Ende nicht weiter als vorher. Hier |ieht man deut^
Jich 9 dals diese Zeit ganz der sogenannten scbiwachea ^
angehfirti wo das Mechaoieehe Aberall vea'waUetet Sine
neue Epoche bringt oder bereitei offenbar erst Klopatodk;
Man hat an ihm allerhand gelobt und getadelt, man hat
ihm unzählige Seilen abgewonnen, man hat die poetische
Sprache gqiriesen, die orieolaUschen Bilder bewundert,
die nordisclie Mj^thologie veracbniAht als eine schlechte
Neuerung, man hat die Versart zu greisen Renelutionep
benutzt, man hat deo Stoff getadelt als z|i wenig sinnlich,
oder bestaunt als grofs und erhaben, man hat die Ortho-
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1200 Bohts, CSfMcMehle 4er arae» demticbflii Poeiie a* t^wA
doxie, die poetische Unwahriieit, des ewige Einerlei,
den lyrischen Schwung vürfrpwotfen : die flaiiptwirkuDg
aber, die namentlich der liistori^^che Beurtheiler hervor-
heben tnufste, hat raan nicht gesehen. Ks war die, dafs
der Messias eine gewisse grofse Periode, jene Zeit, welche
die Arndt, Andreä, Speoer, Mosheim und die Kirchen-
liederdichter darstellen, vollendete, wie Werther und
Faust später eine andere, und dafs durch dies Gedicht
der üebergaug von den religiösen Tendenzen zu ästlieti-
schen veraniafst war, was nie Klopstockianer seihst nachher
milUnmuth betrachteten, so natürlich es auch war, daf%
da einmal die Religion zu einem Gegenstand des schdnen
Denkens geworden war, Wieland von seinen früheren
christlichen Aufsätzen aus zu seinen späteren unchristli-
chen kommen mufsfe. Seitdem der Mes^iias erschien,
gewann nicht allein aut der Kanzel die geistliche Bered-
aamkeitHerz und Gefühl, statt des früheren Dogma, auch
In der Dichtliunst ward nicht mehr wie vorher der Regel
und dem Verstände Alles eingeräumt, sondern der Em-
, pfindung. Und obgleich die feurig -andächtige Muse, die
überall mehr auf die Empiindung als auf die Phantasie
wirkt, gerade das ist , was dem Messias als Gedicht scha- ,
det, indem man eben dadurch, wie es die Literaturb riefe i
ausdrücken, vor lauter Empfindung gar nichs empfindet
(ein kaltes Feuer nennen sie die ähnlichen Cramer^scheo
Oden sehr treffend), so mufs man gleichwohl gestehen,
dafs diese dictirende Empfindung" doch wieder des Dichters
Hauptverdienst ist, indem von der Kälte und Leere der
herkömmlicheQ Dichtung um jeden Preis auf Wärme
und Gefühl, von dem Materiellen auf dasPsjohische über-
geführt werden mullste, was nicht anders geschehen konnte,
als Indem man von Lehrgedicht, Bnsählung, Beschreib
bnng und Naturschilderung auf das Moralische des Men*
sehen überleitete , indem man den inneren Menst hen zum
Gegenstand der Dichtung machte, so dals also Kiopstock
eine Erlösung des Menschen in mehr als Einem Sinne
vollbracht hat
(Di9 F«rtfcfs«lig folgt,)
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N'. m HEIDELB. JAHRa o. LITERATUR. 1833.
Bohtz, Geschichte der neuern deutschen Poesie , und
Herzog, GeschhiUe der deutschen JScUhmd-Literatur»
(Fortietzun^.)
So ongeiUhr würden wir uns den inneren Znsani- *
menhang der Erscheinungen jener Jahre denken; hieraus
^ würden wir nni«^ die wSrmere oder kältere Aufnahme der
verschiedenen Dichter und Gedichte erklären. Mango hat'
sehr lichtvoll den fiufseren Zii«saminenhang erzählt,
aliein sobald er sich von da entfernt, geräth er sogleich
itf ästhetischet Räsonnement, und unser historisches In'^
feresse isl ans. Daraus folgen dann Irrthüiner über Irr-
fhAmer, Mängel dof Mängel» Manso erkennt 2s B. nicht
an, dafs die Ausstellungen der Gottschedianer an der
seraphischen Poesie von Einer Seite einen sehr gute?if irund
hat; sie war allerdings von jenem Sin neu fieb er be-
gleitet, wie esTiiiler nennt, das nachher eine so linge-
mefn bedeutende Rolle zu spielen anfing. Im Gefolge
dieser sublimen Dichtung begannen nachher so Viele, ein
sogenanntes Poetische, reine Hirngespinste, verwirkli-
chen zu wollen ; die unnatürliche Andächtelei Anderer
rief im Gegensatz die Freigeisterei hervor, und nun be-
gann jener denkwürdige Kampf zwischen den Anhängern
am Alten und den Nenerern, swischen den Anakreontikern
md Seraphikern, den Theologen und Lessing , den Christ-
lichen lind Griechischen; ein ganz neuer Scliwung kam
durch die njitionelle Erhebung im siebenjährigen Kriege;
jene abentheuerliciien und auffallenden Schicksale einea
Kleist, Brandes, Bode, Bürger, der Karsohin n.A. bilden
eine ganz neue Reihe von Erscheinungen; jenes krank-
hafte Wesen der Zelt kommt hinzn, das sich Von der
träumerischen Hypochondrie eines Hölty bis zu der furcht-
baren Reizbarkeit eines Zimmermann in unzähligen Abstu- ,
fungen, in dem frühen Tod der Cronegk, Brown, Hölt^,
EUaa-Schlegel , Abbt u. A. in seinen härtesten physischen,
XXVL JtHag, Heft. 76
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r
lin BohUt GettbicbUi der seam -iletttmJieti Pomm«
wie in den härtesten geistigen Wirkung^en in den Stecken-
pferden des Lavater, den Räthselri und Geheimnissen
Hamanns, den Grillen Basedows, dem baioeken Wesen
und dem spätem Wahnsinn des Lenz u. s. w, beohachteo
läfei Der Freiheitsgelst, der sich in den jiuigen Poeten '
regte, die Schrankeolosigkeit ihres Beetrebene , die Zfi-
gellosigkeit ihres äufseren Treibens, die Regellosigkeit
ihres poetischen Wirkens, der Geschmack an der niedrig-
sten Volkspoesie, (ler Umsturz allej» Heiligen , dieVerach-
tiing der KiopstQck und Geliert, die trüber ii^s warea
i|iit Christentbum und Bibel , durchkreuzen sich aut's Wil-
deste lind Wunderlichste mit der FrÜminigkeit eines Hajkr
und den fixen Ideen des Lavstc^ Qnd der Magnetilw,
der poetische Materialismus mit denr> luftigsten Spiritua-
lismus, das Rationale mit (iem Supernaturaleu, der derbe
Menschenverstand mit Empfindsamkeit, der weiche Fairi4>-
tisinus der Iselin iniit dem ebrenvesten Wesen uocl Wirken
des tüchtigen Mdser , der streng sittliche Hermes und die
Gdttinger mit WieUind ; in Klinger , in dem Verfasser des
Gdiz und Werther, in dem Verfasser der 'fandeleien und
des Ugolino lagen die streitenden Elemente nebeneinander;
in den öffeptlichen Beurtheilungen wechselte das lahmste
Toleriren mit den härtesten Angriffen in den latemtar-
briefeQi den Frankfurter und Züricher Blftttem — und
wer könnte alle diese feindseligen Richtungen «ad ColB*
sionen aufzählen , wer so im Fluge diese ganze merkwür-
dige Gährung andeuten, die mit nichts zu vergleichen ist
als mit der Reformation, mit der griechischen Zeit am
Sokrates oder mit einer politischen BeTolntioiiy dieso
grenzenlose Verwirrung, in der mir das Eäne grofartige
Bestreben nach dem Sieg des Humanen in allen Verhält-
nissen gleichmäfsig durchblickt, diese ungeheuere Bewe-
gung, die so manches treffliche Talent vernichtete, irrte
Hqd dahinrifs, und ia der nur der Eine Lessing. ioipsr
aufrecht erscheint, dieses wunderj^are ReformaticH|8« uad
Revolntionsgenie, der, im Besita des ¥oQslep Variraiieas
der Nation, mit sicherer Hand unter dem Brand der Erde
die Zügel nie verlor, nie die grade Bahn verli^#,
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sidh nicht Tom H<»clinrath berfihreii Heft «od gvade da,
als ihm Deutschland fast allein huldige, als ihm lUe
Ulbert und Gleim ihr „Shakespeare- Lessiii^" zuriefen,
iM^aante, kein Dichter za seyn , und der sich auch nicht
Kleiomutfa beugen iiefs, sondern, als Göthe schon
aitt%etreten urar, seinen Nnlhen «ohfieb und In «einer
fiphälre leistete, was neben ^^dienem noch Werth behielt
Wo ist nun der Literarhistoriker, der diesen grofsen,
ungeheuren Kampf lies bescheidenen, redlichen Wirkens
mii der Arroganz, des Genies mit der Hegel und dem
herkommen im Aesthetischen und Moralischen, der Kraft
mit der Schwäche, der Einfalt nnd Natnr mit Unoatnr und
lifelseherZier^enohildert iiat? geschildert? nein, dernur
eine Spur davon merken liefse, dafs ein solcher Riesen*
kämpf gekämpft ward ? Und wir sprechen von Literar-
g^eschichten ! Wir reifsen einzelne Dichter und Literaten
auseinander und schreiben statt einer Geschichte eine
Hiihe Ton Biographien; wir geben Mhetische Kritiken
und lassen den geschichlüchen Znsammeahang liegen;
wir meinen Alles gethan zu haben, wenn wir einen grofsen
Poeten nothdurftig aus sich charakterisirt haben , wir ver-
gessen aber, dais in der Geschichte Alles aneitmnderhängt,
fHtd Niemand etwas ist, aufser durch das Ganze und in
den Gänsen, dem er aqgebdrt. Die Literargeschichte
hat es so gut wie die politische mit Massen eu thun, nnd
in ihren Kriegen geht auf die in der Linie Kämpfenden
so gut der Geist der oh eisten Fiihier über, wie^in denen
der politischen Geschichte, und dieser iiiut alsdann erst
Am rechten Wunder. Nur dafs es unmöglich ist, Alles zu
4BSett, Was gesofariebeo wird, maeht, difs man freilieh
liet dem Vorragendsten verweilen mufs. Doch haben die
Geschichtsclireiber unserer Literatur alle nadi der Reihe
unendlich viel zu wenig gelesen, als dafs sie eigeiiliich
befugt Seyen I mitzusprechen; sie haben jene niederen
Begtonen ganz versäumt und in der Luft gepflügt; und
wenn sich an den BÜkthen der anfgeschossenen Bäume
erfreuten^ fiel ^le -Gittern ein, auf Stamm nnd Wurzel zn
aditen , die in demselben Boden haften, wo auch das viele
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Bohtz, Geiehicbte iler oeuern denUcfaen Poesie,
kleine Strauchwerk wuchs, das iimher wuchert und seiue
an verächtlichen Blumen und Früchte auch gegeben hat.
Sehr viele Werke über unsere schöne Literatur haltea
sich an das rein Materielle, and so lange die Vorarbeiten
nicht geschlossen sind , so ist dies auch gewifs das wfta*
schenswertheste. Allein warum greifen wir dies grade in
diesem Fache so verkehrt an, waruni unterbleibt g-rade
hier so manches so sehr Nothwendige? Noch wissen wir
nicht, was uns Koch s Literaturgeschichte ersetzen könnte,
nnd Niemand begiebt sich an eine neue Anflageiind-^Beai>
beitnng dieses vergriffenen Buches, lieber iiifsere Be«
fSrderungsmittel der poetischen Cultur im vorigen Jahr-
hundert, über gelehrte Anstalten, Gesel Isshaften, fürst-
liche Gönner und Beschützer, über Buchhandel und
Aufnahme des Gelehrte nstandes fehlt uns durchaus eine
belehrende Zttsammenstellnng; nnd welch ein weitesFeitl
der schönsten Erlüuterung<en wfirde eine systeimaiiadi
geordnete, literarische Statistik eröffnen, die yns ttber
das Verhaltnifs und die stufenmäfsige Steigerung des In«
teresses an belletristischen W eikeo von dem Wissenschaft-
lichen und nachher über das Umgekehrte belehrte uad
beqneineHJebersichten UHe« Wer weifs nicht, Ton w«t*
eher Bedeutung von di^er letsten Seite die ersten beden*
fenderen Zeitschriften waren ; und was die Torbergehenden
Bemerkung*en betrifft, so hat man zur Erklärung der lan-
gen inneren J^ei.nnung ifnsier Literatur, auch nachdem
Klopstock, Lessing und Wieland Bahn gebrochen hatten,
nie genug hervorgehoben, wie vielen Antheil daran jene
flufteren Hindernisse hatten. Man mufs nur sehen , wie
noch 'der gute Götz «ich fürchtet, mit seinem Auftreten
als Dichter Patrone und Gönner zn beleidigen, wie alle
jungen Talente, «m bekannt zu vvertlen , das Ansciilieisea
an berühmtere Männer suchten, wie sich der einsichtige
Lessing mit Begierde an daa Gerücht von Joa^hslL Ge*
lehrtencoloiiie in Wien Klammerte, wie er mit dem unter*
nehmnngslustigen Bode den Plan einer Gelehrtenbneit^
handlang fafste , wie er, von der matten Theilnahme des
Hamburger Pubiicums an seinem Theater empört, enl
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and Utmogi Cretcbichtc der dcuUchcii NatiooaMJteratur. IZUü
Deutschland ganz verlasijeu und Latein schreiben will, und
dano die Poesie wirklich mehr und mehr verläfst, zu der-
selben Zeil, als nicht lange nachher seit dem achten
JahrBcheDtplölslieii und auf Binnsal alieHinderoisse weg*
nUlen, alles Fordernde zusammenEUgreifen, alle Talente
wach zu werden und die productive Kraft in ihnen, wie
In dem Publicum Tlieilijahine und Interesse gleich grofs
zu werden schienen. Der eigentliche Krkläruogsgrund
dieser Erscheinung, jener anfänglichen Hemmang und
dieses nachfolgenden achrankenlosen Ourchbruchs, liegt
■freilieh nicht in den Aeufserlichkeiten , von welchen wir
reden ; allein die Erscheinung selbst ist nie genug hervor-
gehoben worden; nie hat man gezeigt, wie das innere
Bestreben den äufsereo Widerstand bemeistert hat. Schiller
und Vofe haben gejauchzt, dafs keine Mäcenaten unsere
Literatur geschaffen , sondern die Masse der Nation sie
iselbst eneugtliat ; Gothe hat bemerkt , wie erst die ehren»
volle Stellung, die ein Haller und Hagedorn in der Gesell«
Schaft einnahm, wie die Achtung, die Uz, Rabener,
Weifse sich im (lesciiälthieben erwarben, wie die sittliche
Reinheit und Würde Klopstocks es.dalün brachten, dafs
^das Dichtergenie sich seine eignen Verhältnisse schaffen,
' den Grund sn einer unabhängigen Würde legen konnte;"
Moser und wie viele Andere haben gegen des grofsen
Friedricli Sclirift über die deutsche Literatur sich erho-
ben, — warum hat man diese und so viele andere ein-
uloe Winke nicht benutzt , um uns ein anschauliches Bild
TOS diesen an- und widerstrebenden Elementen eu geben?
Warum bat man sich z. B. so gerne ein Geschäft daraus
gemacht, den ehrlichen Friedrich Nicolai, indem man
unbiliig^cr weise ihn nacli seinen Schriften beurtheilte, an-
zufeinden ? Dafs er sich unbefugter Weise in das Treiben
derächten Dichter und Philosophen einmischte, mufs man
ihm mit demselben Lächeln vergeben ^ womit man Rod-
BMrs poetisch producirende Periode betl*achtet; man
mufs aber das anderweitige Verdienst, das er um die
deutsche Literatur hat, darüber nicht vergessen, nicht
vei^esseo dio aufserordeatliche Wirkung, die seine ge-
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It06 BahtB, Oflidiiclito der «evetii ^wtadmrn Peetfo«
lehrten Zeitungen, auch abgesehen von ilirem Gehalte,
hervorbrachten, und die groijse Entfernun»* dieses Mannes
von allem Eigeaautz und Seibst^cbt» 8e ist auch Gleims
Wirken toii dieser Seile der Anregnig^ mehr, ab der
' eigneo Produclioo, nul* von Gftth^ mit der gttbiihreadett
Würdigung anerkannt worden , der in seiaer Selbstbiogrs^
phie überhaupt so schätzensueithe Winke über die Ent-
wicklung unserer Poesie im vorigen Jahrhundert ^e^eben .
hat, dafs. es wahrhaft betrübend ist, claiis auch fast gar
kein Gebrauch davon gemacht ward vm irg^d eineni
unserer Literarhisteriker, und es ist nur ni klar, dab sie
' ihrer blos hindeutenden KGrze wegen, die nur durch die
' genaueste Kenntnifs der Zeit und die ausgebreitetste Lek-
tiae suppiirt werdeil kann, sehr selten yersiamlen worr
den sind.
An diese Ausstellungen knOpfit steh eine andere ao , die
auch auch mehr den lUhm^n^ als das Geniälde selbst ao«
geht. Es ist eine der ersten Aufgaben des Geschichtschrel^
bers, dafs er, lange es ohne Zwang geschehen kano,
den Gründen der Begebenheiten nachforscht. Nun reden
zwar alle unsere Literaturgeschichten Ton einer schwäbi-
schen',, einer schlesischen , einer schweiaerischeu Periode,
allein auch nicht Einem ist es eingefallen, ein wenig
nachzudenken, warum denn grade jem Minnepoesie vom -
Süden, warum denn jene Rinthe ira 11. Jahrhundert grade
von Schlesien, warum die Bewegung im 18. Jahrh. von
der Schweiz ausging? Wir sagen, keiner dachte nach,
wavuni dies Allee geschah ; wir gehen noch weiter mmi
glauben behaupten an hdnnen , daA vor Grimra m
«namlen elafiel, dafs es im MittehiHerin Bezug aui die
Miii iepoesie geschah; und dafs in der neuesten Periode
linsc re Literatur besonders dem Umfang nach dem Nordea
angehört und den Süden ausschliefst, scheint wenigsteas
unsern Literarhistorikern noch gar nicht eingefiiUeil au
aeyn. Gleichwohl würde es jedem , der nur nach <tcr
ndthtgen eigenen Durchsicht der Quellen ans Werk ge--
gingen wäre, aus tausend Anzeigen ijl>erklar geworden
ti<7u, dafs damals die thütigsten Literaten selbst dws
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und Heriag, Getcliiubte der .dealtcben NaU<niaT-Litcratttr. ISOt
Pactum sehr gut kannten. Wenn man sich nttr die Namen
und Geburtsorte der Männer ersten und zweiten Ranges aus
dem vorigen Jahrhundert zur Lebersicht geordnet hätte,
SO würde man das Verhältaifs zwischen Nord- und Süd-
deutschen wie Vier zu Eins gefunden haben. Und wenn
auch unter diesem Pflnftel sehr bedeutende Namen ge-
fiinden werden, so mufs man nicht vergessen , dafe so
viefe, dals Schiller, Abbt U.A. nach dem Norden gezogen
wurden, dafs Wieland und Richter unter die Verderber
der Literatur gehören, oder dafs sie, we,nn dieser Aus-
Spruch hart oder einseitig scheint, nur vorzugsweise fUr
den Süden geschrieben haben , was man sich in Bezug auf
Wieiand deutlich machen kann, wenn man weifs, was er
für die W iener Dichter- uiul Lesewelt an und für sich und
durch Alxinger u. A. geworden ist; und in Bezug auf Jean
Paul mufste man in unseren Tagen aufmerksam werden,
von weicher Bedeutung seine Schriften auf die politisch
Angeklagten in Rheinbalern waren, welchen Oebrauch
fliese davon machten, welchen Werth sie darin suchten.
So hat sich Niemand je damit beschäftigt, den allgemeinen
und gleichartigen Charakter der schweizerischen Literaten
dieser Zeit, jene Weichheit oder hypochondrische Son*-
derbarkeit in den Gefsner, Zimmermann, Lavater, Iselin/
Sulzer, Bodmer, Pestalozzi , selbst Joh. v. Müller u* A. zu
scbtldern , geschweige ihn zu erklären , obgleich schon
Abbt meinte, dafs die allerdings auffallende Literatur-
blütbe.in der Schweiz aus besonderen Ursachen nachweis-
lich sej. Eben dieser Abbt hat auch schon auf eine
deutsche Literargeschichte angetrafi;en ^ welche Rficksicbt
auf die provinzielle Entwicklung legte; keiner aber' hat
seinen Wink befolgt. Er selbst ist ein Schwabe, und er-
kannte zu seiner Zeit sehr deutlich , dafs sein engeres
Vaterland der steigenden Bildung in Deutschland nicht
gleichmäfsig folg^e; und er suchte sehr treffend die Ur-
sache in dem Hafs des Fremden, in den engen häuslichen
Verhältnissen, indem Ein* und AbschlieFsen untereinan-
der sogar im Dialect. Dies ist die Ursache, warum Wien
und Stuttgart, wenn mau will auch München, nur spät
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«
1208 Bohts, Qetebichte der neue tu dcntfchen Poesie«
und später eiaen kleinen Kreis unter sich ähnlicher und
mehr und mehr das Sinken der Literatur bezeichnender
Dichter erhielten, wie denn auch jetzt noch von dort aiieio
fast alle Poesie und poetische Kritik auszug:ehen scheiot.
Auf Wien besonders wirkte Wieland sehr bedeutend; wie
Göthe andeqtet, weil man es da nicht so ernsthaft mit der
Unterhaltung nehme, wie die Deutschen sonst tliua, und
die Nachfolg;er, die er dort anregte, schlugen mehr oder
minder seinen Ton an. Wie es aber um die Bildung ia
Wien überhaupt stand, mufs man Von Denis hören, oder
von Nicolai , der noch 1769. schrieb » man dürfe da fast
alle englischen und znm Theil franzdsischen Schriften
nicht lesen, und Platons Phüdon sey kürzlich confiscirt
worden: und damals, als das Gerücht von Josephs Ge-
lehrtencoionie sich verbreitete, zweifelte jeder ruhige nod
uberlegende Mann sogleich oder deutete den ganzen Plan
auf ein Finanzproj« ct. Von Schwaben sagt auch Wieland,
dafe man da ^, einen Poeten f&r einen Zeitverderber und
unnützen Mensehen, und einen Philosophen für einen
Schwätzer und verdachtigen Grubler, beide Wissen-
schaften abei für brodiose Künste halte, mit denen sich
ein kluger Mensch nicht viel einlasse.'* In Baiern schien
^ die Poesie in Nürnberg bereits mit dem Orden der Pegnits-
schSfer nnd den weiland berShmten Poeten Claj , Hars-
dörfer und Sigmund von Birken ausgeathmet zu haben.
Was den Oberrhein angeht, so schrieb Götz ans der Ge-
gend von Kreuznach an Ramier, er lebe in einem JLande^
wo alle schönen Wissenschaften verachtet Seyen und md
achtzehn Stunden Wegs kein Bnchladen und keine gate
Bibliothek sich fönde. Und später bemerkt er in einem
anderen Briefe, dafs er auf einer Reise in die Pfalz ge-
funden habe, dafs es auch da mit der schönen Literatur
nicht fort wolle. — Auch im Norden lassen sich die eio<-
zelnen Gegenden sehr gut charakterisiren. Die später$ii
Schleper ^ wjeGarve, Manso u« A. verknfipft ein einsiges
Band und bezeichnet eine einzige Richtung. In Hamburg
war Hagedorn, wenn mau ihn zu den vorausgegangeneD
Meoantes, Postel, Feind, Heraus und Brockes stellt, eine
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und Uerioer» Geichtchle der deutacheo NatioaaUIiiltnitiir. UQO
eignet) aber nicht uoerkiärlicbe firscheiouiif, eben wie
Haller in der Schweiz, wenn man ihn mit den nachfol-
genden Bodmer und Gefsner vergleicht So ist es eine
ül>rig;ens anerkannte Sache, wie die verschiedenen Schulen
in Leipzig, Halle, Jena, Höningen^ Berlin und Weimar
einen bestimmten Charakter an sich tragen, und dies sind
die eigentlichen und alleinigen Heerde unserer Literatur.
Und grade hier möchten wir iibrigens das Blatt umwenden.
Denn bei diesen Schulen, wo sich freilich das Locale,
das man überall sonst vernachlässigte, a'ufd langte, hat
man über diesem äulsern Vereinigungspunct die innere
Trennung übersehen. Wie thöricht ist es, um nur Ein
Beispiel anzuführen, die Mitarbeiter an den Bremischen
Beitragen nebeneinander abzuhandeln, einen Gärtner , der^
nur zusammenband und kritisirte, mit einem Elias Schle-
gel, der stürmisch producirte; diesen, der im Drama auf
dem Gottsched scheu Weg fortfuhr mitSchmid, der zu
Lessing und den ersten Erweckern der klassischen Studien
gehört, Cramer und Adolph Schlegel, die frommen Kan-
Kelredner, mit dem verwundenden Epigrammatiker Käst^
ner, den besonnenen, auf Verpflanzung der Englischen
Literatur bedachten Ebert mit Rabener und Geliert, die
JErsten, die durch ihre Popularität auf die Gesammtheit
der Nation wirkten.
Diese Erörterung über die Localitäten und di^ pro-
vinzielle Gestaltung unserer Literatur flihrt von selbst auf
die Periodenabtheilung , die wir in unseren Literaturge-
schichten herrschend ßnden. Herkömmlicherweise theilt
man in sieben Zeiträume ab^ Dies geschieht nur nach
ganz äufserlichen Merkmalen. Wenn man nach innerer
Noth wendigkeit hätte scheiden wollen, so hätte man vor
Allem zwei grofse Abschnitte bezeichoen.mflssei^y von'
denen man allenfalls die ersten Jahrhunderte unserer Ge-
schichte bis zu den ersten Spuren der schwäbischen Poesie
noch hätte trennen mögen. In diesen zwei Perioden kam-,
pfen im Grofsen die zwei Elemente, die unsere Poesie und
Literatur Jbihlen. Das Eine Ist national , von fremdem
Einflufsungetrabt, das Andere ist fremd und na^chgeahmt;
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IBIO Bohta, €l«i€hichte der nenern deatocliMi Poesie,
r
jenes ruht aof dem reinen und uogemicrchten Theil div
Nation , dieses snf dem von Gattlern und'Rdmem inficirltti
Tlieile , jenes auf der Mitte und dem Norden von Deutsch-
land , (Heftes auf dem Süden und den Extremitäten. Bis
auf die Refonnatioa hin war das Fremde siegreich; der
bürgerliche Gesang des 15. nnd 16. Jahrh. Tertnocbfe
niehl, es zu swhigen. Doch brach Luther nnd HansSaclli
und der erwachende Sinn fttr^s Afterthnm nnd für dasidtt
Nationeüe seinen Sieg, obgleich Luther den strirmischeren
Aulkiärern später nicht folo;en wollte und Hans Sachs in
seinen letzten Jahren vorzugsweise zu der Erneuerung der
mittelaltrigen Romane und Sagen im Drama schritt Wie
sich früher das natronale Epos nnd der Volksgesaog ftt^
achtet neben der Poesie der höfischen Dichter forllll^
wegte, j<o zog sich jetzt der ächtdeutsche Kircheng'esanj;
mit mehr Anerkennung neben dem französischen, spaui-
srhen, niederländischen oder italischen Geschmacli Ilia}
der im 17. Jahrh. herrschte, und auf ihm ruhte di« gaan
Stimmung, aus welcher Klopstocks Messias «rwndttr, im
Gedicht, das die De^tschen auf die verwandteren ßof^-
iänder und von da leichter auf sich selbst wies. Im vo-
rigen Jahrhundert entschied sich der Sieg in der Literator
für die Seife des rein i\ationalen, und i^i^id sich (Iis
literarische Treiben abkühlte und in ättä4^<6i^^tee ditö
Politische an cRe SteUe trat, saheär ii^Ii^,' 'WwTo je^
anderen Falle, die erste Erregung von der Grenze BP
^('hon , liiid die Tendenz i^t (jine ausländische. Jepei
Kampf nun mufste je nach dem Vorhjemchen des Nirtw-
nellen, oder des Freunden geschieden' Verden, unddleitt
Abtheiinttgspumcl ffTge nacfi t>ii4^^t Ai^M^ wolta
Sacfaseb^ Yolksthamlich6 S<^i^
eintreten, wo unter den Volksbüchern der Euienspie^Äi
Faust, diis Laienbuch die «relesensten und beliebtesten
wurden, d. Ii. eben diejenigen, welche der LoCalitIt nach
anf dem Norden V|^;DetttsehkQih:si^ea (denn tmsili^
l^eühti^hingöliil soiittV Sstlu«»
^IHfihgen ,'BrabliNld^tiireig , it^^ seine Abd^^
8tüdte; der Süden kennt nur Schwaben und OestrieidUft
mitl nwf äuiiiekiii9weit0 wdhmni Hatfs SmIis «in g^ewitM
bairischeh iJorf in jenem Sinnen zu g-ebrauclien) ; und cla-
neben erscheinen noch Fortunat und der ewige Jude, in
d«noD der groise Sturz cie« Hitter- »ad Judenthum», der
zwni Haupthindeniiite, die das Bürgcrthum steh ans dem
Weg viinnen iimfiitey nur ganz diniliel und. wie sefUlig
sIl^ortsIrt'Bu seyit «elMint Voa d« an iat im IT Jahrh.
nirgends das Sireben zu verkennen, die Sprache und den
Geschmack vom Ausländischen zu befreien, und dieser
Kampf ward desto heftiger, je deutlichere Begriffe man
nach «od nach von dem Alterthmne und von jener ptaati-
ndhen, natttrlieh-elnlacbenKaail bekam, dledemOeifl^
sehen viel verwandter war, als die romantische der Süd^
läiitlci. Wir enthalten uns, unsertn Zwecke gemäfs, aller
Bemerkungen über die frühere Zeit, und verweilen nur
bei der letzten Periode, müssen uns aber hier durchaus
gegen jede Abtrennung der segenannten schlesischen 2eit
TOB der neuesten erklären« IMan mufs, wie wir sahen,
VM Klop^ock und Lessing an scheiden and die folf^ende
Periode der schlesischen so gegenüberstellen, wie das alle
Nationalepos dem aus dem Französischen Uebertragenen.
Denn um diese Zeit fing man überall an, die Reste des
MftItelaUers aufs Neue zu erschüttern, ata die Spanier an
de» frannMsehen Poetik zu zweifeln begannen , als Di-
derot, ]a selbst Voltaire an d«r HerrlichketI desfrannM«
sehen Drama's auszusetzen fanden, alsCacnult und IVfercier
licssings Dramaturgie übersetzten und herausgaben, als
der antike Geschmack von den Deutschen treuer und reiner
eafafkl und g^end gemacht wa?d. Auf die ganze Zeit vor
4im.nher blicken die Litemtorbriefe mit völligem Reeht
als auf eine solche zurück, wo unsere schöne Literatur mk
der europäischen überhaupt gleichen Schritt hielt, indem
ihre Producte aus dem gleichen bald da, bald dort in
Buropa hernchendea Geiste entsprangen , bald aus frem-
4len Literaturen übertragen und nachgeahmt waren , wel«>
ehea letztere sich bia auf unsere Tage fortgesetzt bat, wo
wir bis in persische, indische und chinesische Poesie in
.Uebersetaungen und Nachahmungen von Göihe, Platen,
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BMierl ik iftrilokyef&bri wurden» Im lY.Jahrh. ttu
geht der grefeere , im 18ten imner nach ein grefeer TheH
unserer Literatur mit der des Auslands den jgfleichen Gan^,
wie im Mittelalter das Epos der Minnesänger. Es bedarf
nar der JBrinneruog aa die Verpflanzuag der Italiener
Guarioi wnA Marino, an dae Verhält oife von Opitz nnr
fraacfisi^eiiaa «nd niederlindischeb Literatur; wir brau^
eheo nur auf Mescherosch and Viliegas zu yerweUen, Mir
auf die Sonette und Lieder von Fh inmiiii»; u. A. aufinerk-
»am zu machen, auf Weklierlins Pio&odie, auf den Madri-
galcharakter des Opitz sehen Sinuengedichts , auf die
irilegorieetien SpteleraieBi die echwQlatige Sprache , die
wnnderlichen Bilder, die Vorliebe fttr das trochiisehe
Mafs , um sogleich einasmehen , dafs damals bald dee eines
bald des anderen Landes-Liteiatur uns das Muster abgab,
eben wie im löten die meisten Anakreontiker von dea
Franzosen, die Epiker von don Engländern, die Fabel-
dichter von Lafontaine , Andere von Andern sich letleD
lieben, Das Kirchenlied nnd jede ernstere Dichtnag, die
ans dem damaligen äufserlichen und innerlichen Zustand
in Deutschland unmittelbar Hofs, steht diesen frenuieii
Poesien als ächtnatioual in bescheidner Dunkelheit gegen-
über, eben ivie unter den vielen Poeten um Klopstecks
ZeitBabener, Geliert und Gleim eich dadurch hervor-
hoben , dafii sie den Stoff ihrer Satjreu, Bmlhlungen udl
Lieder aus deutschen Verhältaissen nahnrai, deutsciM
Charaktere zeichneten, deutsche Thaten und Helden be-
sangen. Man darf auch nur den Ton und die Gegenstande
der Lieder des Simon Usch neben die iler nationeilerai
Lyriker, und Grjpbins ernste, g^gen das irdiecho ge-
richtete Poesie neben Claudius hallen, um da wie dort dm
Gegensatz dieser Schtnatlonalen Dichtungen gegen die dea
fiQdländern nat hje;eahmten Tändeleien recht zu empfinden.
Viele dieser Schlesier suchten mit Anstrengung und nicht
ohne Talent das Bessere. Man führte die Alteu im Mundfl^
wich aber in jeder ihrer Regeln au» Mtfs* oder Unve»-
stand ab , uAd bUeb in jeder Grdfee aus Schwfichu nrick
Im Anfang des 18. Jahrh. begann man diesen Zustand der
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und Henog, GMlikM« dtor denteehen fl«tiMil-UI«Niliir. im
Schwachheit und der Verirr ung^ zu empfinden; man rang
oach einer Hohe und hatte sich im Dunkel verlaufen ; eine
lange Zeit dauerte es, dafs Alle trotz ihrer Erschlaffung
iminer noch den steilen Weg zum (^ipfel fortkencbten,
Hmner nach dia ewige ^iinkelheU amber flr vorüberge»
hmde Dimmrniig hielten ^ bie endlich ei« glllciclieher
Kopf auf den Gedanken kam , mit einem weiten Umwege,
aber sicher, die verirrte Menge zurückzuführen, beim
Herabsteigen sich erholen zu lassen und dann ciengradea
Uehien Weg wieder aufwärts zu leiten. Nicht alle folgten -
den netten Führern, ihreSifachfelger aber beherrschen die
^fttare Zelt, .die aber nnr Ton eben diesen Fihnirn an
datirt werden darf. Man liebt diese Zeit mit dem Namen
der Periode der Selbstständigkeit zu belegen; dann mufste
man sie auf die Zeit von Göthe verlegen, wenn man es
|»enau nimmt, oder auf Lessing*, wenn man das, was vor-
bereitend für diese SeliMStstäiidigkeil gesichah, hisMisiehett
will. Denn Er Ist es eigenllidi, der alle Kerintaife den
Auslandes und des Alterthums zum erstenmal so in sich
aufnahm, dafs sie von seiner unverwüstlichen deutschen
Natur bewältigt ward , und der auf diese Art von original
dentsehen Producten Begriff und Muster gab. Wir müssen
lldrigens dabei bemerken, dafs auch seine Erscheinang
mebt. unerklSrIich, nichts unvorbereitet ist. Die ganee
Zeit von dem ersten Auftreten der Schweizer an, ihre
Kritik um! Bodmers Poesie, Liscows bittre Satjre, der
Leipziger und Haiier neue Dichtung, und Klopstocks ge<«
niales Hervortreten , ist nichts anders als ein niifsluagener
und soh wacher Versuch, ein Vorspiel von dem, -was
nnchher durch die Kritik der Berliner, durch Lfossing,
durch die mannichfaltigen neuen Producte der Dichter,
endlich durch Göthe erreicht ward. Was aber jene
grandlose Abtrennung des 17. und 18. Jahrb. hauptsäch-
Ueh. begründen half, das ist die Ansicht, die besonders.
▼M Bfaaso ausgegangen su seyn scheint, als ob unsere!
pnotische Literatur der letaten SEeit ans der Kritik berv^nr-
gegangen sey. Keine ächte Dichtung ward je durch
Kritik hervocgernfen. Was mögen auch die jächweizer auf
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1214 Mohtz, Geichichte der neuem deutscheo l'oesie,
den achtzehnjährigen Klopstock gewirkt haben, was
Sulzer oder Lessiug oder Herder auf den gleichaltrigeo
Göthe, als Beide mit ihren Meisterwerken hervortraten!
Es ist eine Wechselwirkung ohne Zweifel, welche zwi-
schen Kritik und Dichtung bei uns statt hatte; es war na-
türlich, dafs das unbestimmte Gefühl, es sey etwas Anderes
Noth als Gottscheds kalte Reime, durch die bestimmten
Aussprüche der Schweizer verstärkt wurde, und so die
allgemeinere Abneigung gegen das Hergebrachte Klop-
stock bestimmen und leiten half ; und dafs Göthe in
Bezug auf Lessing in einem ähnlichen Fall war, bezeugen
seine jugendlichen Kritiken sehr deutlich, allein darum
ging weder Klopstock aus Breitinger, noch Göthe aus
Lessing hervor. Dabei hat die Kritik der Schweizer und
Lessings eine doppelte Seite. Die schweizerische ist weit
mehr ein Rückblick auf die Vergangenheit, wie auch Les-
sings, wie überhaupt alle Kritik. Die Schweizer suchen
nach Regeln unter Franzosen und Engländern und halten
daran das bisher Geleistete; dies ist ihr Hauptgeschäft;
gelegentlich deuten sieilen Menschen als den wahren Ge-
genstand der Poesie an ; Klopslock nahm ihn zum Gegen-
stand seines Gedichtes, dies ist aller Zusammenhang zwi-
schen Beiden , und dies ist ein innerer, ganz allgemeiner,
der zu gleicher Zeit die Anakreontiker umschlingt, \oq
denen sich die Schweizer alsbald lossagten. Genau so ists
später. Lessing führte auf die Regeln der Griechen zurück
und supplirte und interpretirte den Aristoteles mit eignem
Nachdenken; mit <len hier gewonnenen Resultaten die
Franzosen sammt allen ihren Nachbetern zu vernichten,
dem greulichen LJngeschmack, der von diesen herstammte,
ein Ende zu machen, ward seine Hauptaufgabe; dabei
ahnte er und rang nach einem selbstständigen Princip der*
Poesie; erst Göthe aber schuf eigentlich dichterisch nach
einem Ideal der Kunst, und das Schaffen der Einbihlungs-
kraft allein macht den Dichter, was man schon bei Klop-
stock« Auftreten ahnte, aber bespöttelte. Le^^ing, von
seinem aufserordentiichen Kopfe, von der Erbärmlichkeit
des V^orhandenen, von der Begeisterung der Zeit hinge-
%
K
und Httrsof > GM^lohlo dw^ilaliMMii l<li»lMiuiM«lt0r»liir' ISIS
rusen, gab seUisi poetiteh« Muster; als er aber recht
deutlich beiueü Beruf zum Kritiker einsah , sah er auch
ein, dafs er zum Dichter nicht berufen sej und legte in
4ej: Dramaturgie jenes Geständaifs ab^ das iho als Selbst-
kenuer so hoch ehrt^ wie nuirEiue seiner Handlungen oder
J^chrifteii iba als Meoscben oder Denker und Sd^reiber«
Der schwache Bofliiier konnte kindisch auf einen poeti*
sehen Ruhm pochen, nachdem er einen sehr mäfsigen
kritischen verdient hatte; nicht so Lessing , nicht so die
um die Literaturbriefe Versammelteo, die ihre poetische
Blöfse selbst belächelten. Aus der Kritik ist Deutschland
wendlicb viel Gutes erwachsen, aber eigentliche Poffiie
nlcbt. Aus der Kritik konnte ein Bamler, ein Gots, und
im höchsten Falle Lessings Nathan hervorgehen, und so
sehr wir dies Werk und die Gedichte jener Männer an
ihrer rechten Stelle zu schätzen wissen, so wenig köaueo.
wir von ihnen rühmen, dafs sie eigentliche Poesie sind^
Wir könnten es uns erklären , wenn sich Lessing ganz von
der Dichtkunst nach der Erscheinung des Werther w eg-
g;ewandt hätte, und wir müssen es in ihm als eine uoge-- .
meine Stärke der Beurtheilung und Weite der Empfiodung
anerkennen, wenn er bei seinem klassischen Sinne, bei
adiier Geringschätaung eoloher „kleingrefteui vericht«
lich-aehfltxbfren Originale, die ein körperliches Be4ürf-
nifs so schön in eine geistige Vollkommenheit verwandeln,
eine Wirkung unsrer christlichen Erziehung," den Wer-
ther als ein warmes Product rühmt, wenn er bei seinen
Forderungen an Maafs und Besonnenheit sich darauf freuty
die kritischen Hunde sich an dem^Ugolino zerbeissen an-
sehen, wenn er bei seiner Liebe zur plansten Klarheit die
Panhistorie des llaman gelten lafst, wenn er bei seinem
eiofach klassischen Geschmacke den Plan des Nicolai kaum x
zu begreifen schien, als dieser sich mit seinem Almanach
aler Volkslieder über die Bänkelsänger lustig maehan.
wr^Utei ein Plan freilich , der b^ der «lamaligen nnd aalba^
beute lioch andauernden Sucht, dergleichen Volkslieder
blind zu bewundern, weniger begreiflich war, so dals wir
uns erinnern, eben diesen Ahnanach unter den schätzbaren
Sammlungen solcher Gesänge gana ernsthaft citirt ger .
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12111 Bohlt» Clefdkielite rieum ifenticheii Poctie t. w.
ftintlefi m haben. Die Kritik war vortrefflich <fasu ge-
macht, V Oi urtheile wegzuräumen ; konnte zerstören, aber
nicht aufbauen. Ein Gottsched o(l( r eine französische
Academie konnte auf den hirnlosen Kiofall kommen, nach
ihren Vorschriften nad Mustern könne man Gedichte nach
Belieben machen, allein ein Leasing* wnfete wohl m
trennen, mid Solzer bekennt als den Hanptcweck seines
Werkes, den Künsten mehr Renner oder wahre Liehhaber
zu verscha (Ten , weil er von einer reg^ern Theiluahine eine
grülsere Blüthe derselben erwartete. Man muih aber nur
sehen, wie sich Göthe zn Sulzer Terhdit in seinen Kritiken,
nnd wie er selbst Lessings Verdienste anznerkennen- anr
langsamsten Ist, um einnisehen, wie weit der Sehte DicMer
Tom Kritiker enlfcnit ist; man iiiufs nur auf die vorsieh*'
tige Art zu arbeiten, und auf die Stellung Ramlers zu
allen Dichtern der kritischen Schule achten, die nichts
Ton dem „kfihnen Warf und ersten Gnfs'* wollten, die
„ein talentvoller Mann in {Poetischer Prosa' ssn empfehlen;
in prosaischer Poesie ausznQben begann nieben den Pluft
der Dichtung bei GÖthe, wenn er einmal mit einem Ent-
wurf zn Ende gekommen war, neben der Dichtergabe, die
sich bei diesem in seinen Jugendjahren am reichlichsten
angerufen einstellte, „un%villkllhrlich, ja Wider WiAea'
hervt>rtrat'? und dann jene Poesien hei'yorbrachte , flir die
er selbst die gröfste Ehrfurcht zu haben gesteht Wenn
man dies erwägt, so wir«! man b(<4 reifen, dafs die Kritik
an den Werken der Kunst keinen unn)iiteibai en Einflufs übt.-
Vielmehr wäre es eine Aufgabe des Historikers gewesea^
m seigen, wie dieTerschiedenartige Kritik der Schwelser,
. 4er Berliner, Lessings, Humboldts erst durch die ycA^'
schiedenartige Torausgegangene Poesie veranlai^t Wsr.
Dann würde er gefunden habe, dafs jene Hauptepoche der
Berliner z. B. eine ganz natürliche Folge der Klopstock-
SChen Dichtung war. Neben dieser. bestanden die Werke
der Rabener, Geliert, Gleim und Us, die mehr auf einO
ernstere oder leichtere praktische Lebenspfailosophie aoi-'
gingen , als anf religiöse Moral , an denen meist cter Vov^
stand mehr Antheil hatte, als die Einbildungskraft '
(Dit FortsetMung folgt.) * ' "
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1.
N«.n. HBIDELB. JAHRa ». LITERATUR 1883.
Bohtz, Geschichte der neueyn deutschen Poesie , und
Herzog, Geschichte der deutschen National'Liieraiur*
, (l'ortuvtzun g.)
Wie oacbber «lie ümpfiuduDg uad £itipfiiideiei dorch
tlie seraphische Poesie Überhaad Dahm, warf sich der g^e-
sunde Menschenverstand gegen sie auf, und seine Piuducte
siod schiechCe Dichtungen und bessere Kritik. Dem stol-
zen Fiu^ der Jünglinge jener Zeii| .die nicht zu zü^cini
aicbt gleichmäfsig fortzuschreiten . nicht vertrauensvoll
am wagen wiifstea, bekämpfteo die Literaturbriefe; sie
flihhen aber wohl , dafs jene Poesien eben so wenig Werth
waren, welche Fruchte des unverdrossensten FleUses und
Nachtleukens waren, die aus Köpfen kamen, die vom
Nachschlagen müde waren, aus tländeu iio^eai die die
Sprache nichl zu behandeln wufsten. Dieser gesunde
Menschenverstand rifs eine Zeitlang Alles an sich ; man fiel
aus dem Uebernrafs in der Bmpfindung in das der Be-
trachtung. Beide beherrschten die englische Poesie, bald
getrennt, bald vereint, und dies i^t dahci die Zeit, die
die englische Literatur so aurserordentiich bei uns in Auf-
nahme brachte-; es isl daher auch die Zeit, wo Lessing mit
jeveiR Ingrima, den man in seinen Briefenr rechl kennen
lernt , die französische Poesie so meisterlich in aller ihrer
Blöfse darstellt, nachdem man bereits in dem Erscheinen
des Messias begriilen hatte, wie Moser sagt, was tlieEng-
laader damit wollen, wenn sie deu Franzosen vorwerfen^
6ie bitten wohl Veerse, aber keine Poesie; es ist die Zeit,
wo andi Mendelssohn mit gleichem Eifer die Witzphiloso»
phle der Franzosen angriff. Aus allem diesem aber ist klati
dafs die Kritik, wie die kritische un<l die eigentlich künst-
lerische Poesie Erscheinungen sind , die nebeneinander
erät erklärt seyn wollen, und dats keineswegs die letzte
ans der »ersten erklärt werden kann. Sehr trefilich hat
das Lqssing von sich selbst gesagt. Er war unwillig, wenn
lilaB'-alle Regel und Kritik völlig verwerfen wollte, weil
sie ihm den poetischen Genius nothdürftig ersetzte; noth*
. Jahrg. 12. Ueft. - Vt
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1»18
Bohti» CktcMdite der neam donttebf« Poetle,
dürftig sageo wir 9 denn er Tergteicbt sefb«! die Kritik
mit der Krücke, die der Lahme sicli nicht gerne Ter«
spotten läfst, tlie ihn aber gleichwohl zwar etwas fördert|
doch nicht eben zum gewandten Läufer macht.
Innerhalb der Perioden tbeilen verschiedene Literar*
hietoriicer in verschiedener Weise wieder ab, mehrere,
worunter auch Herzog, nach den biehtnagsarlen. Die
Geschichte wür(ie Terlangen , ilafs man nicht allein (die
lyrischen ^ epischen , didactischen , dramatischen \l a.
Dichter in chronologischer Reihe vorführe, sondern dafs
man auch unter diesen Dichtungsgattungen selbst die zeit*
gemäfee Entwicliiung nachweise. Alieiu hier würde wieder
Jedermann in grofte Verlegenheit kommen , da sich in der
neueren Zeit die' Gattungen der Poesie in der Thai sieht
deutlich von einandf^r trennen, sonderni>ei der allgemei-
nen Nachahniungssucht zugleich alle Muster der Alten oder
der Franzosen und Engländer eingeführt wurden; und
hierzu kommt, was wieder die Literaturbriefe vortrefiUch
beoierkien, dafs, obgleich diese letztgenannten Nationen
bereits früher zu ihrem Ziele gekomnien waren, doch spä-
tere Poeten sich noch unter die älteren Sieger eindrängtea
und zwar mit üblem Erfolge, dais die Deutschen unglück-
licherweise Zeitgenossen dieser letzteren waren, die der
zweideutige Geist der Nachahmung als Muster priesy dab
dann diese in ihren Stoffen und Formen nachgeahmt. Mg-
lieh auch allerhand verspätete oder verfrühte Gattungen
cnltivirt winden. Man müfste also hier sehr vorsichtig
auf die Art achten, wie sich die Perioden der verschie-
denen Dichtungsarten in einander schlingen, man atü&te
besonders auf die H6he ihrer Bedeutung achtM, um
' sicherer zu urtheilen. Wer sich hier einfach durehhelta
woHte, dürfte auf die Zeitrechnung nicht so genau achten,
müfste also z. B. die Fabel neben der moralischen Erzäh-
lung* und dem Lehrgedicht vor Klopstock abbandeln und
sich nicht scheuen, Lessing, .Willamov uad Pfeffel vor
diesen zu stellen; er müfste dann das fipoB und die Lyrik
vorführen, und von da auf das Drama kommen, wo er die
Gott8c|ied, Schlegel und Cronegk zu Lessing, Weifte
und Göthe zurucltschieben dürfte. Allein darin liegt
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— r '
^ und Hanogt GMehMte der detttschw Natianal-Literatar. Itt9
wi^er keioeriei Reis htstoriseher Oarstelluo^, die aar
wie (las Leben selbst c/iirch die scheinbar chaotische Mail-
nichhiUig-keit der Erscheinungfen hindurch aus dei Ferne
ein Gesetz der Entwicklung soll blicken lassea. Mao würde
eiflstweiien gut thun, sich ao das Ailgemeineresu halten^
und am besten schiede man vielleiebt zwischen epischer
und' lyrischer Dichtung allein, indem man in jene jede
Art von poetischer Eiziililung;, in diese die dramatische
Poesie einschlössp, fiach der allgemeinen Unterscheidung',
dafs in jenen Gattungen mehr das Object, in diesen mehr
lias Subject herrscht* Durch diese EintheHuhg, die in
der Natnr der Sache einfach liegt, auf die man sogar
schon durch das ganz entsprechende idfterliche Merkmal
hingeleitet wird, dals in den früheren Jahrzehnten des
vorigen Jahrhunderts fast kein Dichter mit seinem Namen
auftrat, bis die selbststäodigeren Genien auch hier eine
Aentlerung des Herkommens herbeiftlhrten , durch diese
E[intheilung, sagen wir, w&rde man mancherlei Vortheile
gewinnen, wie sie deon z. B. ein eigenes Licht verbreitet
über die Art des Trauerspiels und (xedichts, die sich allzu
frühe in die epische Zeit eindrängten, und über das Epos,
das Wieland und Ab^inger, später einführten. Sehr ge-
wundert hat es uns aber, warum Niemand je auf eine der
fjruobtbarsten, wo nicht die alleryortheilhafteste fiinthei«-
Jung verfallen ist, eine Eintheiinng, deren innere Noth»
wendigkeit und äufsere Bequemlichkeit gleich grofs ist.
Wir meinen die Abtheilun^ nach dem herrschenden Geist
der Nachahmung und dem Geschmack an fremden Lite*
raturen. Wir würden erst die herkömmliche Neigung zum *
FranaSsisckea hervorheben , dasu besonders 'Gottsched
gebrauchen., seine Wirksamkeit in und aus ^en Leipziger
literarischen Gesellschaften, seine Richtung gegen die
schwülstigen Nachahmer der italienischen Schäferpoesie,
den frostigen Anstand in seinen Gedichten und Schau«
Spielen, dasFachwerk seiner Dichtkunst; und wir würden
uns durch sein Anpreisen der Engländer, durch seinen
Zoru Aber die PrauBosen, als sie unsere Schaubühne n
verachten wagten, so wenig irren lassen, als nachher
durch Wjelands verwunderte Aeufserungen darüber, dafs
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IM Bohtt, Qesebichte der Heuern denlaeben Feeeie*
man ihm fransflsificheii Geschmack j^orwllrfe, so wenig als
durch unsere heutigen Demagogen , die Ober die Praoseeea .
eifern und doch ihrem ganzen Treiben nach Iceineu an-
deren politischen Götzen verehren als jene Wir wurden
im Gegentheil, sobald wir in Fabei und Erzählung die
Nachahmer de« Lafontaine, im Gedicht Hagedorn . Gotter,
Jacobi und Aehnliehe, i)m Drama Blies Sehlegd , Cro«
negk und Weifse genannt hätten, von selbst finden, dafli
diese IVlänncr fast alle zwischen dem Französischen und
Englischen schwanken, weil in der That die Blüthe des
französischen Geschmacks schon mit der V erbannung der
Sprach mengerei aufzuhören begonnen, hatte; dem Weeeii
nach aber waren noch Alle, diesem letstereo ergeben.
Hagedorn hatte sich an englischen Mustern^zo bildenGe-
legenlieit, aber er neigte mehr zu den Pelisson, Pavillon,
Chapelle und Ch;tu[ieu; Golter wies ausdrücklich von
Shakespeare auf das kunstmälsigere, elegantere, in seinea
Wirkungen sanftere Drama der Fransoaen zurück, ob-
gleich er mit Glück englische Dichtungen nachahmte oder
ttbersetste; Elias Schlegel erkannte wie Gottsched die
englische Bühne an, schrieb aber doch so gut wie dieser
seine Stücke voll Monotonie, Schalheit, steifer Declama-
tion, Phrasen und Pathos, und ebenso gehört Weilse ganz
io diese Reihe, obgleich er bei Shakespeare in dieSchnle
ging. DieSpitaee dieser Klasse wOrden unstreitig ThQmmel
«nd Wielaud ausmachen, die bei aller OriginalltlU ta
Form und Manier, doch dem Geist nach ganz französisch
sind. Wieland insbesondere i«it es sehr schwer, eine
geeignete Steile anzuweisen , weil er, auf eine ganz eigne
Weise passiv und receptiv, durch Alles erreglich und er-
regt, stets wechselt and von der Zeit jeden kleinen An-
druck annimmt und sich besonders da ku gefallen echeinti
wo im Geschmack selbst Uebergang und Schvvauken vor*
herrschend ist. In seiner frommen Periode vereinigt er
. zuerst den Christen mit dem Schöngeist und schwankt
swischen den „Stillen im Lande" und den heiteren Le-
bensphilosophen ; Shalteebnry ist aetn Muater nnd Vor^
Inid, der franzdalrende Engländer; denShnkeepeare über-
setzt er, zwingt sich in eine Bewunderung und iät ihm
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und Hersog, Geaehichte der deuticliea NatioiuiULiientHr/ 1|21
nicht gewachsen, will ihn einfOhren und zieht ihn herab,
eia anglisirender Franzose ; sein Epos schwebt zwischen
dem Bltfranzö!»i«>chen Hotnan und dem späteren italieai-
8chcn epischen Gedichte; iin AUerthum treibt er sich
dort besonders gerne herum ^, wo die Römer gräctsirea
und die Griechen romanisiren ; dort spieleo seine philoso-
phischen und anderen Romane < die alle zwischen Altem
~ und Modernem schwanken; und der Grnnd seiner Natur
ist ein gleiebniärsiges Verhöhnen des Ideeiien und des*
Reellen. Dieser entscheidende Charakterzug aber ist gaox
französisch. — Wir würden dann das Vorherrschen des
Boglischen verfolgen. Die Schweizer würden hier in iliren
moralischen und ästhetischen Schriften zu beachten seyn,
die ersten keck unternüinmeneu Uebersetzungen des Milton
und Butler von Bodmer, die Gedichte von Haller, das
philosophische Lehrgedicht überhaupt, und der deutsche
Milton, Klopslock, dann die epochemachenden Erschei-
nungen, die jetzt eilig und gewichtig aufeinander folgen^
Youngs Nachtgedanken von Ebert, die Verpflanzung des
Shakespeare, den Lessing empfahl, und Wieland, Lenz,
£scheaburg u.A. ganz oder einzeln einführten, dieUeher-
setzung desOiisiao durch Denis, Stolberg u, A., die Bai*
ladensammlung von Percy, die CJebersetzung von Thom-
son, die Lessing einführte, und die Uebertragung des
Dorfpredigers , Yoricks und Tristram Shandjs durch
Bode. Jedes einzelne dieser Werke lirachte ungehenre
Revolutionen hervor. Welche Wirkung Young machte,
mufs man im Nordischen Aufseher lernen, wo man sein
Buch dicht neben die Offenbarung Jobannes setzte; 0»-
ahins Benutzung im Werther ist sehr bezeichnend ; iShake-
speare führte erst unser Drama und unsere Bühne zu Natur
und Wahrheit über, da dorch ihn besonders auc h nnsere
Schauspieler, unter denen selbst ein Kckhof allen Schil-
derungen nach noch ganz im französischen Styl agirte,
an dem hergebrachten Spiel irre gemacht wurden; die
Percy'sche Sammlung rief ähnliche in Deutschland her-
vor, zugleich mit jenem Geschmack am Volkslied; und
den ausgebreitetsten , urnii aucli nicht den wohlthätigsten
£influjfs ilbteu wohl die eoglischeu Roaiaue.. Man kaua
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m Bthti. Geschichte der neuem deattchen Poette,
nicht sagen, dafs Herraes, Hippel, Jean Paul liäUen un-
sere Richartlson und Sterne sevn, oder sie nachahmen
woiiea, so wenig als JÜlopstock dea Miiton, allein sie
schrieben doch im Geiste von jenen, und ?)ei Hermes ist-
es förmlich ausgesprochene Ansicht, dafs der eoglische
Geschmack der unsere sey. Non darf man nnr bei allen
Dreien den gesuchten und gekünstelten Witz, die Paia-
doxien, die Emfindelei neben viel Wahrheit, Menschen-
kenntnifs und ächter Empfindung betrachten, so wird so-
gleich klar, dafs hier zum Theii gar keine als eioe höchst
.materiaUstische Poesie, oder doch wenigstens nirgends
jene Poesie gefunden wird , die den Eindruck der Ruhe,
der Heiterkeit, der Kraft, der Versöhnung mit dem Leben
hinterläfst. Eben das thut aber die englische Poesie fast
überall, sie spannt und reizt, und man geht von ihr ver-
6timmt| trübe und miTsmuthig hinweg. Neb eo diesem
Tom englischen Genius Beherrschten müfste man dann die
beiden Elemente behandeln , welche die durchaus selbst
ständige und acht deutsche Poe{*ie Göthe's und Schillers
vorbereiteten. Das Eine ist national , das Andere altklas-
sIscIl Die deutsche Nation begann von der Zeit des sieben-
jährigen Krieges an sich selbst zu fühlen. Die Lieder des
^Grenadiers und der Amazone, die Oden Ramlers an den
grofsen König, die Minna von Barnhelm, die mit einem
ungeheuren Enthusiasmus aufgenommen ward, gaben un-
serer Lieder- und Dramendiclitunff" einen vorher nicht
gekannten Schwung. Dies war übrigens vorübergehend,
nnd wir gestehen , dafs mehr das, was im Leben , in Krieg
und FVieden geschah, uns bei Behandlung dieses Punktes
interesstren würde, als das, was in der Literatur hervoi^
trat. Die Hermannias von Schnnaich, der Hermann von
Schlegel, dieBardiette von Klopstock, die Ueberfölirung
der nordischen Mythologie, was Zimmermann vom Na-
, tionalstolz, Abbt vom Tod für's Vaterland, Moser nnd
Iselin von Patriotischem schrieben , ging doch meist spur-
los vorüber und ist zum Theil sogar carricaf urartig gefun-
den worden, und gewifs nicht, mit Unrecht. Alfein die
nationale und kriegerische Erhebung in jenem Kriege,
besonders über die Franzosen, der Heldentod eines Dich-
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und llcrsog, Qeflchichte (lur deuUchoB Mational-Ititerfttnr. 182)
fers, der poetische Schwung ia dem Jugendlebed der
GöUiager, die Wirkung der ailgeineii^en Aufregung auf
jede Art von LebeneverhäJtnissen, die Ausbildung der
fi^niche^nd des Stjis, die Durchbrechung aller Schran-
ken zwischen Ständen, Seelen und Corporatiouen , die
siegende Stimme der \atur und Einfachheit, dab Seibst-
gefQhl der Denker und Philosophen den Ausländern ge^
genuber, der kerndeutsche Charakter, hrsonders der
Nordländer und ihrer Sehriflen , eines Moser ^ ' Vol^,
Hermes, Claudius u. A., dies Alles war viel wichtiger,
war von ungemeiner Folge und half, den Sturz des Frem-
den zu beschleunigen und da^ freudige Selbstgefijhl der
deutschen Schriftsteller zu steigern. Glücklicherweise
begegnete dem Uebermuth, der aus der Bänkelsängerei
und Shakespeare wuth oothweadig folgen muGste, das er« '
wachedide Studium der Klassiker; man ging in Leasings
fruchtbare Benutzung desselben ein. Homer erschien,
und wer da weifs, welchen Einiiurs dieser und Italien auf
Göthe gehabt hat, und welchen die Engländer, Hans
Sachs und die lebendige Umgebung in Deutschland, der
hat den Schlüssel zu der nun plötzlich erscheioenden Mau-
nichfaitigkeit und Selbst8tän<Iigkeit und Originalität der
Göthischen Schriften in seinen früheren Perioden. Zu-
gleich wird sich Jeder leicht von der ächten Deutschheit
in Göthens und Schillers Werken (die darin liegt, dais^ hie
mit der klassischen Form der Altenden geistigen Ausdruck
der Neueren io ihren Kunstwerken ganz eigenthumlich
verbauden) überzeugen , der sie in ihrer Unvergleichlich- .
keit neben alle Dichter aller Zeiten hält, während in
Deutschland vor ihnen unter Lessing kein dichterischer
und literarischer Name war, dem man nicht im Alterthum
oder io mittlerer und neuerer Zeit sein Vorbild angewiesen
hätte, oder der ee sich nicht selbst gewählt. So ward
Klopstock unser Mtiton, Wieland unser Shaftesbury, Kant
unser Sokrates (und wer unter unseren Philosophen spürte
nicht einige Lust nach diesem Ehrentitel!), Lavater
träumte sich zum Christus, Herder vielleicht zu David
und den Propheten, Joh. v. Müller zumThucydides ; aber
Gdthe und fiehiller. blieben ewig sie selbst» ~ Wer die
1
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1224 Bohtz , Geschichte der neoern dcuUnhen Poesie ,
Literatur auch noch nach ihnen verfolgen wollte, der
würde wieder auf Nachahmung und Uebersetzung , alleio
auf sklavischere Nachahmungen und auf treuere Ueber-
setzungen treffen, als in den Zeiten vor Göthe. Er würde
finden, dafs vorher die Verpflanzung der fremden Pro-
ducte auf der einen Seite zu immer und immer freieren
Nachbildungen führte, und auf der anderen, dafs man
dabei von der charakteristisch- verschiedenen Nation auf
die verwandtschafllich - nähere und dann auf die eigene
deutsche überging, aus der man damals nichts nahm, als
den Hans Sachs; ebenso, dafs man von der unserer Ge-
wohnheit näheren romantischen Dichtung zu der unserer
Natur näheren klassisch- objectiven zurückkam. Vergliche
man damit den Gang der späteren Dichtung nach Schiller,
so würde sich herausstellen, dafs hier alle Originalität
ganz aufhört, alles active Schaffen ein Ende hat und die
Kunst der Nachahmung und der Uebersetzung fremder
Originale allgemein wird. Man würde also schon zwischen
der platten Copirung des geselligen Lebens in unseren
modernen Romanen und der Naturtreue in deo IfTlandi-
sehen Stücken oder in Hermes' Romanen einen grollen
Unterschied finden ; man würde sehen, dafsTiek mit dem
Reproduciren unserer mittelaltrig deutschen Kunst an-
fing; Göthe den Reinecke Fuchs behandelte, und dafs in
diese Zeit die Wiederbekanntmachung der alten Schätze
f^llt; nun geht es im Krebsgang zurück, ein neuer über-
setzter Milton von Bürde erscheint, ein neuer Wetteifer,
den Shakespeare zu übersetzen, und der Geschmack an
Bj^ron, den selbst Göthe zu theilen anfangt, eine so ver-
schiedene Natur; Göthe und Schiller bemühen sich um
Voltaire, Racine und Diderot; Gries und Andere treten
auf mit Uebersetzungen des^Calderon, Lope de Vega, Cer-
vantes, Camoens, Ariost, Dante, Tasso, Göthe mit Ben-
venuto Cellini ; das Altfranzösische, die Poesie der TroiH
badours findet Aufmerksamkeit; der galische Ossian wird
übersetzt; nebenher geht noch VVieland mit seinen alt"
fränkischeren Uebersetzungen aus dem römisch -griechi-
schen Alterthum , seinem Lucian und Horaz, die darum
an's Parodische grenzen , weil in dieser Art von Uebertra-
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und Hertfig, Gmldchte der deutochen lfatloiial*LlUfitar,
gung^ der fremile Geist nur aufgenommeD und mit ei^iiem
Sinn und eigner Darstellung wiedergegeben wird. Vofs
aber ging iiiid das isi uiigemeiii charaklerisliscli —
von seiner l'rülieren poetischen Treue in IJehersetzung der
Alten zu einer philologischen Worttreue und noch engerem
Anschiurs an 8 Original zurück^ und dies eben unter-
scheidet, die U^bersetzungen dieser späteren Zeiten von
den frftheren; unterscheidet den So Ig er von Stolberg,
Thiersch von Gedike, Hirzel von Foister, Heinrich Vofs
von Humboldt, den Shak( ^jicarc der Vofs von Schlegels,
ihren Aristophanes von WolF. So Jiam man auf treuere
Uebertragungeo der hebräischen Dichtungen und er-
reichte weder mehr die Innigkeit des Luther, noch auch
nur den Schwung des Gramer. Wir sagten schon oben,
dafs Hammer, Rückert, Göthe, Platen und die Ivt niier
des Sanskrit uns noch tiefer in den Orient zuriicktührteii
durch Arabien, Persien, Indien bis China. Kaum wird
wbA nun noch etwas übrig sejn. Und' glücklich genug
trifft sich s ja , dafs nun andere Interessen an die Tages-
ordnung zu kommen scheinen , als poetische ; und so
möchten wir denn den Kreislaui unserer schönen Literatur
vollendet haben, bis etwa Zeiten kommen,, in denen
Lfttxus und Verdorbenheit satirischen Talenten grofse Ge-
genstände bieten.
Das historische Element hat nuin nicht allein im Gan-
zen, sondern im Besonderen auch bei der Charakteristik
' der einzehien Hauptdichter, deren Werke eine geschicht-
liche Entwicklung gestatten, aufser Acht gelassen. Hier
lic)gt gerade die Aufklärung über das, was der Aesthetiker
niemals geuUgend lösen kann, verborgen. Wie können wir
uns anders als auf historischem Wege auf die^wechselnde,
scheinbar confuse und doch so wirkungsvoll und bedeu-
tend in das gemischteste Treiben der Zeit eingreifende
l'hätigkeit Leasings belehren; wie anders über die poe- ,
tischen Zweifel, das historische und philosopliische Stu-^
dium Schillers, wie anders Ober die merkwürdige Verän»
dernng, die in Wieland nach seiner ersten engen Ver-»
Bindung mit Bodmer eintrat? Kein Scharfsinn des
JiuusU ichtcrs wird von den Sympathien einen natürlichen
r
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1226 Bohtot Getchiehto der Oettern dentecliea Piieeief
r
Uebergang sa Wielaods §pätereii Sacheo entdecken , wenn
er nicht in hiitorischer Forschung^ Wielands Briefe, beion-
deis (He an Ziininermann, zurHaad nimmt, aus denen man
sehen kann, welch eine eigene Bewegung in ihm vorging,
wie in der That die grofse Veränderung nicht „durch
äufsere Umstände veranlafst war, dafs er sich nicht aus
Absichten , nicht mit Gewalt in die spStere Denkon^rt
versetzen muftte," dafs er also nicht die tiefe Verachtung
verdiente, die ihm Lessing für diesen Fall drohte, son-
dern dais sie wirklich „durch innere Triebfedern, durch
den eignen Mechanismus seiner Seele" erfolgt ist, in wel-
chem Falle der abgemessene, wortwägende Kritiker nie
aufhören zu wollen aussagte, sich über ihn zu verwun*
^ dern. Sollen wir mit Wenigem an einem auffallenden
Beispiele zeigen, wie viel hierauf ankommt, so liegt
uns Niemand nälierals Göthe. Dieser Mann hat in einigen
Theilen seiner Selbstbiographie wahrhafte Muster von
geschichtlicher Erklärung der Entstehung einiger seiner
dichteWschen Werke niedergelegt, die es bei ihrer er-
schöpfenden Attsffihrlichkeit noch auffallender machen »
dafs sie Niemanden je auf eine ähnliche Weise die Literar-
geschichte zu behandeln angeregt haben. Wir meinen na-
mentlich seine Auseinandersetzung dessen, was im Volke
und in seiner näheren Umgebung zusaitimenwirkte auf die
Entstehung des Götz und des Werthen Bs ist ewig
Schade, dafs dies einzelne Theile geblieben sind. Göthe
hatte in der That so wenig Sjnn fQr fiistorisches, als eine
ächte Künstlernatur nur immer haben kann. Bei dem Ge-
danken aber, sein Leben zu beschreiben, schien er wirk-
lich aus sich selbst herauszutreten und lieferte im ersten
Eifer eine trefiliche Arbeit, die aber in ihrem Fortschrei-
ten mehr nn4 mehr die Abnahme der anUlngliehen Wörme
zeigt Es war ihm gelungen, sich selbst und seine Dich«
tun|2fen wie ein ihm selbst fremdes Wesen und Wirken zu
beleiH Ilten , leider setzen nur die so ganz anders lautenden
Tags- und Jahreshefte die ersten Bände seines Lebens
fort, and den im Nach lab erschienenen vierten Band toq
Dichtung und Wahrheit entstellt schon jene ekle Sdbst-
gefilligkeit , jene Verbindung entfernt liegender Dinge aus
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«
l
und Henog, Qeiclilcbte der detittcben Natioiuil-IiltaHiiar. Ittl
dem Hang, dem Uubedeutt luUttn eine tu tj^iiinige Bedeu-
tung unterzulegen, jene F^erleitung der oberflSchlichsten
8achen aus den geheimsten Grüdden, jene Anknüpfung
der tiefsten Betrachtungen an die schalsten Gegenstände!
wie er denn s.B. dort ein langes Capitel Ober denSpinora
haf , über die fernsten Gründe unseres Abscheti's vor eines
Menschen iinvernünftigein Handeln gegen alle sittlichen
Gesetze, um uns seine Empfind unseren über den — Ber-
liner Nachdruck seiner Werke zu erklären. Zugleich zeigt
er da in seinen Bemerkungen über die Entstehung des
Egmont, wie wenig in dein aiten Geiste fortgefahren war.
Gelegentlich erklSrte er sich gans bestimmt gegen die
chronologische Orduurig in der Herausgabe seiner Schrif-
ten ; und solcher Züge liefsen sich mehrere anheben, die
es beweisen, dal's er der historischen Beurtheiiuug nicht
geneigt war. Um so sorgßiltiger mufs man seine Winke
benatsen , die zn den grdfsten Anfschlfissen führen. Woll-
ten wir umstindlich und weitlaoftig seyn , so könnten wii^
aus einer Masse von Verhältnissen in seinem Jugendleben,
die auf seine späteren W erke Einflufs hatten, die Erspriefs*
liebkeit einer historischen Beleuchtung derselben darthun.
In seinem Umgange erkennt man bald. die sarkastisch -bit-
teren und menschenToracht^nden, wie die milden und
heiteren Figuren seiner Dramen oder Romane ; in dem
verdorbenen Mittelstand der alten Reichsstadt das Vorbild
der Mitschuldigen, die durch diesen niedrigen Gegen-
stand so befremdend als eine Krstlingsar bei t sind; in sei-*
nem kunstsinnigen , der Natur, der Einsamkeit ergebeneu
Wesen lag die fiiirgschaft flir das Gelingen des Werther^
so wie der Grund su dem Millingen des 6dts, dessen
Thema einen der Geschichte und der V aterlandsliebe we-
niger fremden Mann zu erfordern schien , aus seiner Kunst
und Uebung, die verborgensten Triebfedern, Leiden-
schaften und Neigungen in sich selbst zu belauschen, ent-
standen jene lyrischen Gedichte, so wie aus deuTischge*
wohnheiten setner Jugendfreude jene „lebenden Sin nge<*
dichte," lind aus seinen mjstisch-kabbalistischen Studien
PO Vieles im Faust, was Alles ohne Coinmentar nicht zu
verstehea ist; seine Knabenschwäriuereien über Religion .
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1228 Bofaiz, Geschichte der neuern denUchen Poesie,
versprechen schon den Künstler, der das Heiligste dem
Princip der Kunst unterzuordnen v^eifs, aus seinem Ge-
schmack an Hans Sachs, aus seiner Gewissenhaftigkeit im
Versbau, aus seiner Abneigung gegen das Freiheitswesen
der Göttinger, aus seinen Studien im Spinoza, aus seiner
Theilnahme an den Frankfurter gelehrten Anzeigen, kurz
aus tausend Zügen, Verhältnissen, Zuständen und Bege-
benheiten lassen sich die verschiedenartigsten Züge in
seinen Werken und die Werke selbst erklären. Wir wollen
'nur Einen Punct noch etwas näher angeben, der seine
letzte Periode betrifft, die so manchen Verehrer an ihm
irre machte. Wir sagten oben, Götlie kennt keinen Sinn
' für das Historische. Es offenbart sich das nicht allein in
seinen Werken, sondern mehr noch in seinem Leben. Der
Mann, der mit der vollkommensten IVatur eines bildenden
Künstlers die Gegenstände nur im Raum und nicht in der
Zeit zu sehen gewohnt war, konnte wohl, ohne eine Zer-
theilung seiner Thätigkeit im Streben nach Universalität
beklagen zu dürfen, seine Bestrebungen in der Kunst auf
die Natur übertragen und darum doch innerhalb seiner
eigenthümlichen Sphäre bleiben, er konnte aber nicht die
Begebenheiten weder der Vorwelt noch der \litwelt zum
Gegenstand seiner Betrachtungen machen, und konnte also
z. B. die merkwürdigste politische Umwälzung, die er er-
lebte, für eine zufallige Begebenheit, den Streit der da-
maligen Zeit für einen Zank um äufsere Verhältnisse halten.
Der Gegensatz, den das neue Leben in Deutschland seit
der Revolution zu Göthe's vergangenen Jahren bildete,
war aber auch zu grell , als dafs er nicht den energisch«
sten Mann hätte erschüttern sollen. Man denke sich die
Lage von Deutschland in jenen friedlichen Jahren der auf-
blühenden Literatur, in welche die Nation sich ganz ver-
senken durfte, jene gemüthliche Ruhe und Toleranz, die
Ständeunterschied und Rangwesen nicht stören konnte,
man denke hinzu den Zustand von Frankfurt selbst, wo
auch alle Ungleichheit aufgehoben war, dann den Aufent-
halt in Italien, und die ausschliefsende Beschäftigung mit
der Kunst, die es eigen hat, dafs sie den Menschen still,
ruhig und friedlich macht : nun kommt er zurück, und
nnd Beiaog, Oeidiichte der demachMi Natioml-Llterafur. im
findet jene Ruhe in Deutschland aufs ärgste getrübt; die
Masse des Volks erregt, da er nur Wohlfahrt von dem
wohlgesinnten Beförderer der inneren Zustande hofft; tlie
Aiifmerksamkeit auf ganz andere Dinge gerichtet, als ihn
prade jetzt am lebhaftesten beschäftigen ; das Pubticnin
▼on Schülers ersten Stiicken angesprochen, die ihn dahin
zurückzuweisen scheinen, von wo er sich mit so vieler
Mühe losgerung^en hatte; rliizu ward er selbst recht mitten
in den Strudel geworfen, indem er die Campagne nach
Frankreich mitmachte. Die Wirkungen dieses jähen
Wechsels waren daher aufserordentlich. Er ward zurück*
gezogeil , seinen Freunden lästig und beschwerlich , mif»«'
muthig über die „Betrügereien kühner Phantasten
und absichtlicher Schwärmer," und verwundert über
,,die Verblendung vorzüglicher Menschen bei ihren fre-
chen Zudringlichkeiten;" er sah gespensterhaft die
greulichsten Folgen," mit Schreck gewahrte er, wie die
revolutionären Gesinnungen in edle deutsche GiemOther
eindrangen. Er hatte nicht den Muth und nicht die Natur,
diesen Begebenheiten fester iti's Gesicht zu sehen, er
konnte „als Dichter den rollenden Weltereignissen nicht
nacheilen er rettete sich vor jedem neuen grofsen poli-
tischen Vorfall in die Kunst, in die Natur, er warf sich
in ein anderes Extrem , und dlibei war ihm die sittliche
oder vaterländische Bedeulnng der Begebenheit ganz
gleich <j; ii Ii , \\ i> er denn in den Befreiungskriegen anfing,
chinesische Geschichte zu treiben. So hatten ihn weder
Friedrichs noch Catharinens Kriege, noch Corsika , noch
Amerika interessirt, nnr in sofern das Geschehende die
gröbere Gesellschaft berührte; mit Zeitungen foefiirste er
sich nie. „In allen wichtigen Fällen,'' sagt er in einer
aufserordentlich aufschlnfsreit hen Stelle, „sind die am
besten daran, die Parthei nehmen. Der Dichter aber, der
seiner Natur nach unpartheiisch bleiben mufs, sucht sich
von den Zuständen beider Theile zu durchdringen , wo er
dann, wenn Vermittlung unmdglleh wird, sich entschliefsen
mufs, tragisch zn enden.^ ^ Anderswo heifst es: „Einem
productiv- thätigen Geifste wird m-an es zu Gute hnlten ,
wenn ihn, der die einheimische Literatur thätig förderte,
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IMO BabU, Cktchicbte dw ncaera 4«iitaelieil PmiU«
der UiüBtors alles Besiehendeii' schreek^ ohne dab <tie
mindeste AhDong zq ihm apriche, was deno Besseres, ja
nur Anderes daraus folge.o solle. Man wird beisiinaroen,
wenn es ihn verdriefst, dafs sich dergleichen Influenzen
bis Deutschland erstrecken, und verrückte, ja unwürdige
Personen das Heft ergreifen." Diese innere Lage des
groben Mannes nun kann allein seine Werke aus dieser
Periode erklären« MTir wollen auch iiierfiber noch wenige
Winke beifügen, wo möglich um klarer zu machen, was
wir unter historischer Behandlung einer Literatur verste-
hen. GöMie hatte während der Campagne, in deren Schil*
derung er ein so tref! lichtes Bild von jenen Unter nehmua-
gen giebl, ein Mährchen entworfen, oder eine wvnderliche
Brsählung von einer Reise Ton sieben Brüdern verschie«
denen Charakters, eine Erzählung, die in Verwicklung,
Verwoi reiilieit, Abentheuerlichkeit und Planlosigkeit eio
Bild von unseren eigenen Zuständen abgeben sollte. Da*
mala, bemerkt Göthe, se;y es ihm gans unmöglich gewe-
sen^ seine eigne Iphigenie nur zu lesen. Sein Grofskophla
behandelt die Geschichte des Halsbands. In einer h^eren
Region treffen wir auf das Nämliche, was uns bei den Mit-
schuldigen empören kann. Ein gemeiner Stoff ohne Glei-
chen sollte erst in eine Oper gebracht werden, und ward
dann ein Lustspiel , das mh Aufwand geschrieben ist, und
¥Ott dem ea uns nicht wundert, wenn es den Zuschauern
Ekel statt Lachen erregte. 60 ist es aueh widerlich , im
Büigergeneral grofse, wenigstens schreckliche Dinge in
einer kleinen, niedrig-komischen Art behandelt zu sehen.
Wir leugnen auch nicht, dafs uns behaglicher zu IVlulhe
ist bei dem I ei denscbaftlicti«'n Sturm, der Wildheii, Grau*
samkeil, Blutgierde, deasOinntbaiisnms, den man damals
(z. B. in den Cocarden «• A.) auf die Bibne brachte, jda ia
Göthes Aufgeregten , wo keine Kraft ist, die solchen Zeiten ,
eignet, keine Schwärmerei, als spurweise in jener Gräfin,
die aber dabei doch über eine Contusion ihres Sohnes io
Ohnmacht fallt, kurz, wo jeder Zug Schwachheit und
jede Figur fast eineCarrionlnr ist BineSMilang beschtf-
tigte sich Gdtbe dann , von der Welt soricbgescheiiohli
aus .dem Laude der Kunst eatfernt| mit der Natur, arbeitete
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ftberseiae ifetamorpho«« derPflaoset trieb vergleicheode
Aoatomie and hfilt «ich spSter an seine Farbenlehre wie an
einen Balken im SchiÜbrncli. Reineke Fuchs gehört in
diese Zeit. Er ^ey ihm, sa;];t Göthe, zu rechter Zeit be-
gegnet £)r habe sicli aus dem gröfsten Unheii zu reiten
gesacht, indem er die ganse Welt für nichteivördig er-
klärle. Hätte er sich bisher an Strafsen-, Marict- nnd
Pöbelanftritten übersättigen müssen, so sey es wirklich er-
heiternd gewesen, in den Hof - und Regentenspiegel zu
blicken, denn trüge auch hier das Menschengeschlecht
seine ungebeiichelte Thierheit ganz natürlich vor, so gehe
lioch Alles wenn nicht musterhaft, doch heiter su, and
der gute Hamor fühle sich nirgemls gestört. Wir gestehen,
dafs ans eine Anwendung dieses Gedichts in dieser Art im
höchsten Grade beleidigt. Der Humor einer reiuea und
unschuldigen Zeit, die im Grunde nichts oder wenig von
dem iaUiguantea Wesen empfand, das hier geschildert
wird, an eine Zeit gehalten, die sich von dem Uebenna&e
desselben da, wo man es seit Jahrhauderten gefühlt hatte,
n befreien sachte, kann nicht anders als beleidigen. Es
giebt eirKi zweifaclie Periode derSatjre, deren erste in
solche Zeiten fällt, wo man eine allgemeiner werdende
Ver<lorbenheit mehr ahnt und (iirchtet, die zweite in
solche, wo man die allgemein gewordene im Gefühl des
fiedärfnisses der Aenderung und der RQckkehr sor Einfalt
und Natur unertrfiglich findet Jener ersten Periode gehört
der Reinecke Fuchs an, und um einen neueren Satiriker
mu nennen, Rabener; jener zweiten Hutten. Jene erste Gat-
tung ist ironisch warnend und wird, wo sie wie bei Ra-
bener mehr didaclisch ist,* leicht langweilig , diese oweita
iel bitter und beifsend ; dort weht man im Hintergrund
eine kindlich einftUige Zeit, auf der die Thorheit vor-
gröfsert ihr Spiel treibt; hier zeigt der Dichter im Hin-
tergrund ein früheres goldnes Zeitalter und hält die ge-
genwärtige Corruptiou daneben. Aus einer solchen früheren
Zeit rückte also Göthe jenes Gedicht in eine solche spätere,
nnd schob daher'auch hier und da Stellen ein, die ganz
dem Geiste desselben widersprechen; so wird z.B. nur
von den Ffailen dort, und nur vou einem gewissen Theiie
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Bofcto» CkuMohte der MWtn i^MuA Poetie' v. ••w.
der Pfaffen ein so übles Bild eaiworfete, wie ia einigea
Güthe'schen Versen von der Allg-enieinheit , z B. :
Doch diiR Rf hlifiiniäle find ich den Onnkt 1 des irrigen Wahnes u.s.w.
8ehr richii^ bemerkt Göthe irgendwo, ciafs ein grofses
Unglück in der Welt gewöholich von lächerlichen^ oft
auf derSlelle, gewifs aber hinterdrein belachten Umstän« -
den begleitet sey. Das Ueble aber ist , dafs Gdthe , wo er
diei$er Grfahi utig' denStoft'zu einem Gedichte abgewinnen
will, überall das Unglück s( n)st, und nicht die begleiten-
den lfmetände blos in den Kreis des Lächeriichea zu sehr
hereinzieht, und das sieht man auch der Behandlung dieser
Gegenstände leicht an, die überall mehr bitter und ver-
steckt, als heiter und offen ist. Mit der Zeit indessen , als
der erste bittere Eindruck sich etivas versüfste , trat eine
andere Stimmung in Göthe ein und mit ihr eine andere
Gattung von Werken. Er resignirte. Seine Hesignatioo
hnfte zwei Seiten,, wie jeile. Wer bei Thucjdides Ofier
Villani die Wirkungen solcher allgemein schreckenden
Begebenhelten auf die Manschen gelesen hat, der wird
besondeis auffallend bemerkt haben, wi«; sich leicht engere
Kreise zusammendrängen, wo bald Frivolität, Leichtsinn,
Lebensgenufs obsiegt, bald tiefere Betrachtung der sittii'
. eben Natur des Menschen veredelnd hervortritt und ernster
und In sich gekehrter macht Des Thucydides und des
Villani Schilderung nicht allein, sondern ihre Werke
selbst, dann Boccaccio und das letzte Schriflcheii Madiia-
veir» sind Producte, die solchen Zeiten und solchen Stim-
mungen angehören. Auch Göthe bietet uns f ür beide Seiten
etuen Zuwachs» Die Ausgewanderten eriunem viel an das
Oeeameron , auch scheint uns Einaelnes im Meister hier-
her SU gehören. Die Gegenseite bildet dann die natllriiche
Tochter, und das herrliche Gedicht Hermann und Doro-
thea, nut das zugleich <h r durch denUmefanjy mit Schil-
ler erhöhte Schöpfungstrieb so vortheilhait einwirkte, dais
daraus dies unvergleichliche Werk erwachsen konnte ^
das allerdings unter setner Umgebung sehr fremd hervor-
ragt. Doch hier wollen wirabbrechen, aus Furcht, allzu-
weit abzugerathen.
{Der li€tchluf9 folgt)
\
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N>. 78. HEIDELB. JAHRa o. Ul ERATUR 1833.
Bohiz, Geschichte der neuem deutschen Poesie , und
Herzog, Geschichte der deutschen NatimtU^lateraiwr»
(^li e9 c hl u/s,}
Nücli Eine Sache iiaben wir auf dem Herzen, die uns
immer besonders wehe that. Wenn wir in vielen uoserer
Literatur bücher alles eigeoe Urtheii alizuhäniig vermifsteo,
80 geschah es nns fast immer , dalGs vfo wir ja einmal eines
antrafen , wir es lieber wieder Termifst hätten* Wir deuten
anf die thdrichlen Erhebungen und Herabsefaungen der
Göthe, Vofsu.Ä., auf die kindischen Befehllungen der
Romantiker, auf die ewigen Zfiukereien über Göthe und
8chiller und tausend Dinge der Art, die an der Tagesord-
nung sind. Bs wilrde nns ekeln, wenn wir auf die Jäm*
merlichkeiten näher eingehen wollten, die eine Erörte-
rung dieser Dinge mit sich fihren würde. Wir müssen nur
bei dieser Gelegenheit bedauern, dafs bei so gewichtigen
Stimmen , die Ober alle jene und andere F'ragen durch die
allerbefugtesten Beurtheiler abgegeben worden sind , das
Geschrei der Zwerge und Pygmäen immer fortdauern
kann, die sich mit lästiger Zudringlichlceit herbeidrängen.
Warum sind denn Humboldt's ästhetische Versuche ein so
vergessenes Buch bei uns und warum werden es seine
Briefe mit Schiller so bald se^n, die zwei merkwürdigsten
Ehrendenkmale, die jemals grofsen Männern von Zeitge-
nossen gesetzt worden sind ? Dahin sind wir schon gekom«
men , dafs eine etwas schwierige Form und Untersuchung
nns von solchen Warken, die unser wärmstes Interesse an
unseren gefeiertsten Namen angehen, abschreckt? Dann
wehe uns und unserer gepriesenen Gründlichkeit, vvean
dem so ist! Und wie sollte es anders seyn, da wir in der
That lieber dasBüchieio von Göthe zur Hand zu nehmen
flcheinen, oder was des Gestorbenen Freunde nicht auf-
hdrcm, darüber zu publiciren, wie er sich räusperte und
' spuckte. Von Nationalapostaten lassen wir unser Volk be-
llecken und unsere Duldung ist nicht die Verachtung der
XXM. Jahrg. 12. Ueft. 18
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BohtSi GMcUdite der nettm dentwhea P«eiie,
Niederträchtigkeit dabei; unordentliche Genien beUUn*
pfen unsere romantische Schule, wenn auch mit gerech-
ten, doch flicht mit ehrlichen, nicht mit erlaubten Waffen;
wiide Geister ohne Klarheit und ohne Wissen reifseo uo-
eere grdfsten Heroen in denKotb; anhruchige Junglinge
' nehmen es eich faemus , ihre moralischen c£«rai(tere so
verdammen ; hilmlose Schwärmer vermissen in ihnen ihre
politischen Tollheiten und knüpfen daran ihre Verurlhei-
lung; beschränkte literarische Factionäre und Finsterlinge
grollen über die Köpfe, die uns aus Armseligkeit unfl Doo-
keiheit herausrissen ! Dergleichen drängt sich in unsere
Literargeschichten ein, statt dafs diese dazu da sind, der-
gleichen abzuwehren, diesem Unwesen su steuern, und
wo es erttfithAfte, naturliche Spaltungen und nicht bks
thörichlc ileibungen sind, zu vermitteln und aufzuklären.
Wo wäre ni!n Literarhistoriker, der dies gethan hätte?
Mit gieichgüitigeui Lobe gelien sie an Jedem vorüber, der
ihnen vorkommt, oder sie (ragen » so viel an ihnen ist,
noch bei « den Zwiespalt grdfser sn machen. Sie hätten
finden sollen, und erklaren, warum der Streit Über den
Vorzug Göilu 's und Schillers ein natürlicher, ein nie ganz
zu bescitigiuder ist, sie hätten aber mit Benutzung der
genannten Werke von Humboldt dem, der hier Vermitt*
lung und Aufklärung suchte, von Einer Seite her eiiM
einleuchtende Belehrung geben können, und. wenn sie
wfifsteii, was literarhistorische Studien sind, auch noch
von einer anderen Seite. Sie hätten sich des kOnstierischeo
Charakters in Göthe annehmen sollen, und daraus das er-
läutern, was in seinen Schriften von moralischer Seite ab-
stöfst, ausgehend von seinem eigenen Gmndsats, dafs,
„wer sittlicli wirke, keine seiner BemQhuogeo verliere,
dafs aber,, wer kOostleriseh verfahre, in jedem Werke Alltf
verloren habe, wenn es nicht als ein solches anerkannt
wil d. ' Man müfste in ähnlicher Weise, wie oben verj;uchl
ward, seinen politischen Charakter ans den Umstanden
erläutern und überhaupt jede Forderung au den Dichter
ablehnen, die ihn als Dichter nicht angeht Man möfste
bei Humboldt lernen, den einfältigen Tadel, dafs Schüler
in einem gewissen Sune kein Dichter sey, in seinen grdbleo
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«ad HttiMg» GMeliichte der deaUeben Nalional-Literatur. 1285
Ruhm umzuwandeln. Man iiiüfste voo Niebuhr und Gothe
hören, dafs es Vors ist, der mit seinem Homer dahin
brachte, dafs hinfort iu aüen Nationen durch uos Deutsche
die VermiltluDg der Kunde des Allerthums g:eschehett
▼OD Oöthe and Schüler inufii inaD £hrfiirchc yot
dem Natardlchler lemeo, der so wie Er das Griechen-
thum im Gelang nachahmt, von Humboldt mufs mau
hören, dafs solche Verdieni»te die höchsten sind, die
sich ein Mensch erwerben kann. Man mufs Qberhaupt erst
loben lernea, ehe man tadelt, und jedes Ding von jeder
Seite nehmen. Das ist desGeschichlsebreibers Pflicht rot
aadereil« Die unseren aber, die in diesem Felde arbei-
teten, betrachten den Einen Gegenstand von da, den an-
deren von dort, trauen flabei bald selbstvergnQglich nur
ihrem eignen Auge, bald allen zugleich, loben Alles aus
Gutmüthigkeit oder tadeln Einzelnes aus Partheisucht,
haben weder die Fähigkeit, auf eignen FOfsen zu ruhen,
ooch auch nur sich eine wirkliche, taugliche, feste Stfitze
mu suchen. Man kdnnte mit einigem Receptionsvermdgen
und sonst einfachem Sinn und Taete eine sehr gute deutsche
Literarf^eschichte zusammensetzen ohne viel eignes Zu-
thun, denn es ist zerstreut sehr vieles Material da, das
nur der Verarbeitung harret Niemand walkte es nur zn
übersehen, geschweige zn benutzen.
Das Gedankenloseste ist anstreitig, wenn man, wie
z. B. ßohtzthut, die einzelnen Poeten hiutereinander auf-
stellt, über jeden wenige abgeschriebene Sentenzen giefst
und dann auf Einen Liebling Alles zusammenhäuft, was
man iiber ihn gedacht oder geträumt hat. Wozu bemüht
man hier alle Dichter und Dichterlinge in die Gesellschaft
des Einen Heros and läfst sie eine erbärmliche Rolle spie-
len , um allenfalls ein Paar Romantiker desto mehr hervor-
heben zu können. Man mufs die Dichter des vorigen Jahr-
hunderts, die vor Göthe und Schiller die Literatur mit
Mühe und Schweifs auf ihre Höhe brachten, mit ehr*
fürchtigem Danke auch in ihren untergeordneten, oft
fruchtlosen Bestrebungen betrachten, denn auf ihnen fub-
ten jene Grofsen ; die anderen , die nach erreichtem Gipfel
stracks begannen abwärts zu gehen, darf man mit Recht
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ItW Bobts, Gotcliiclite der neaern deattehen
mit andern Augen ansehen. Es ist was Schönes, zu dem
Ehrentempel , dessen Grundrifs die Nation entwarf, Steine
und Ziegel getragen zu haben ; nachdem er vollendet und
decorirt war, so reich, so schön, sogeschaiackvoll, wie
es ebeo der Bauende vermochte, war es dn schlechtes
Verdienst, gleich wieder das Dach abzutragen, am mit
sfldiichem Brauch eine platte Decke an die Stelle m seteeo,
die das ung-estüme Klima im Augenblick brach und zer-
störte. hÄuG tliciilerische Sprache schaffen, eine ganze
Nation in die Gemüthsstimmung zu setzen, dafsder Künst-
ler in ihr Anklang findet für seine Werke, isl eine schwere
'fiaobe; mit einer gemachten Sprache, mit aoagebildetem
Reime und Verse geborgte Gegenstände aus unbeholfeoeB
Zeiten neu zu schmucken , ist ein leichtes Ding. Wer
überhaapt betang^en in einem philosophischen System,
ängstlich in einem moralischen Frincip, eingezwängt in
eine ästhetische Vorstellungsart an die Behandlung der
Geschichte geht, der verkenne doch seinen Bernf, der
mlfsbraoche doch seine Zeit, der Tergeude doch seine
Kräfte nicht, denn er wird es nie zu etwas bringen. Denn
der Geschichtschreiber mufs durchaus frei seyn und in
jeden Standpunct sich finden können. Wer einen Zweig
der Geschichte behandelt , mufs ihn der Gegenwart ge-
genüber betrachten, in der er lebt, and ihr gemäTs mnfe
er ihn bearbeiten. Tausend Seiten kann er der Geschichte
abgewinnen und Eine mufs er wählen , von dieser Eioeo
aus mufs er seitir Hru su Hun^ innerlichst beleben, iMan
darf liv.v zugreiiiAi; aus Jeder Art der Darstellung läT^i
sich eine tiefere Erfahrung pichen. Der einfachsten chro-
nologischen Behandlang einer deutschen IiUniirgeschichle
liefse sich am sichersten die Nachweisiiing abgewi
wie die jD;rdfsere Masse ihrer ProdbcteiU^dem und
lieimibclLem nach/2fenlmU isl, und wie die kleinere Zahl
sei bstständi «-er Werke Nachahmung bewirkt hat. Nimmt
man dabei die Werke mehr zum Faden als die Verfasseri
io läfst sich vortrefilich zeigen , wie in einer hellen Zeil
der Instinct der Nation in der G^/ß^H^g der Dich
eben so wirkt , wie in der dunkeielsn , in der die Persöih
lichkeiten der Dichter ganz veräphwindcu. Hebt mau bio*
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atti Henog, Getcbichtc der deutschen National-Literatur. 1237
graphisch die Schriftsteller hervor, so kann man, iodein
man die vorarbeitenden und nachahmenden kleineren Gei-
ster um die wenigen Gröfsten versammelt, das schönste
Gemälde TOD bewnfstem Schaffen und Wirken bedeutender
Männer entwerfen« Achtet der Geschichtschreiber auf das
Periodische , so kommt es ganz auf ihn an , ob er uns die
regellose Verschlingung von Ursachen und Wirkungen
darstellen will, die doch eine unsichtbare Hand , die sie
so räthselhaft knüpfte, am Ende einfach Idst, oder ob er
es wagen will, dieser Hand schon in derSchfirzong des
Knotens zu folgen. Reizt ihn das Locale, so kann er unSy
je nachdem er es gerade fttr gut findet, überreden , niir
das rein deutsche Gebiet habe eine rein deutsche Dicht-
kunst gepflegt; oder er greift es von einer anderen Seite,
leugnet uns alle Eig-enthünilichkeit und Nationalität, und
beweist, dafs wir gar keine nationale Poesie haben, oder
führt ans, dafs wir ewig zwischen Nationalem, Romanti-
schem, Christlichem, Griechischem schwankten, and
dafs nur die yerschtedenen Mischungen dieser Elemente
die verschiedene Gestaltung der Dichtkunst bedingte. Will
er in der Literargeschichte dem nationalen Charakter auf
die Spur kommen, so kann er in einem gewissen Sinne .
sagen, dafs nur das Mittelalter die Deutschen als eine Na«
iion zeige, dafs sie nur damals eine nationale Kunst ge-
habt ; er kann aber auch behaupten mit eben so viel Recht,
nur die neuere Zeit habe unsere nationale Kunst geschaf-
fen, das Weltbürgerliche darin sey eben unser Charakter,
nach jenem Lessingischen Ausspruch , es schiene unsere
Eigenthümlichkeit zu seyn, keine haben zu wollen. Man
könnte zeigen wollen , wie sich einfach unsere Dichtkunst
¥on den Schlacken , die ihr aus der Zeit der Barbarei an-
klebten , reinigte und zuletzt dem strengsten BegriflPe aller
Kunst sich näherte, oder man könnte nachweisen, dals sie
stets von Wissenschaftlichem, von der Arbeit des Verstan-
des, von dem Antheil des Gedankens zu viel Spuren an
sich behielt. Es könnte sich Einer zum Ziel setzen , unsere
Kunst ewig unter der Herrschaft moralischer oder reli-
giöser Tendenzen zu zeigen, ein Anderer könnte darstellen
wollen , wie sie sich nach langem Kampfe aus der Abhän-
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ms Bahti, Ckfclilchte der nenern deattdien Pomie»
gijß^keit von Philosophie und allerhand Wissenschaft zur
eigenen Gesetzgeberin erhob. Unsere letzte Periode na-
mentlich könnte einer mit der allgemeinen europäischen
Geistesrevolutioo, je nach seiner Ansicht, in Zusammen-
hang oder GegensatsB briogen; er kdonte sie darstellen ,
wie sie vollendete, was die Reformation für allgemeine
geistige Freiheit zu wirken begann , oder wie sie för bSr-
gerliche Freiheit zu beginnen scheint, was die politischen
Bewegungen scheinen vollenden zu soüen ; er könnte
weissagen, dafs diese letzte Zeit die deutsche Literatur
so 2ur Herrscherin über Europa maclien wird, wie en einst
die italienische and fransösiscbe waren.
Wer könnte alle die Gesichtspunkte auflRihreii, ans
denen eine so reiche und vielseitige Materie zu hehandela
wäre! Kaum wüfsten wir aufser Manso auch nur Rinen Manu
ZU nennen, der in einer deutschen Literargeschichte einem
Plan, einem bestimmten Gedanken, undsey eaaucii einem
unstatthaften Gedanken, gefolgt wäre. Wir müssen aber
sngeben, dalk Mulh dazu gehört, am in einem bistori*
sehen Werke einen jener angedeuteten oder ähnlicher Ge-
danken einseitig zu verfolgen, denn nicht Jeder besitzt die
Kunst, neben der Einen Seite, die er ins Licht stellt,
auch die andere im Schatten dergestalt zu zeigen, dafs
dem Beschauer von seibat einiaillt , nun dürfe er nnr den
Gegenstand oder seine Stellung verludern , so könne ihm
jener auch in einem anderen Lichte erscheinen. Dieser
Einfall des Beschauerä darf nie störend laut, aber unter-
drückt darf ei eben so wenig werden. Wir meinen indessen
auch gar nicht, dafs es so besonders und unter allen Um-
ständen zu empfehlen wäre, die Geschichte in dieser
Weise zu behandeln, weil so allzu leicht wiilkfihrlich ge-
schaffne Ideen in den Stotf hineingetragen werden; und
eigentlich sollte dergleichen immer nur Versuch und Vor-
arbeit bleiben. Wer darstellend verfahren will, mnfs erst
die Idee, die ihn dabei leiten soll, in seinem Gegenstande
forsdiend gefunden haben, und je mehr sie diesen bisio
seine kleinsten Einzelheitett durchdringt, desto mehr wird
«r die Eine Grundidee getroffen haben, die gerade diese
Reihe von Begebenheiten, die er sich zum Vorwurf nahm,
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nnd Hermog, Gctehiclite der dcuUclien XtiatiooAULitmlur.
darchdriogt, iii ihnen mr tirschttitiung k<Niiint, «e mit
den Weltereigniseen in Zusammenhang bringt. Wer aber
wird uns einmal die grobe Aufgabe zu lösen snchen, unsre
schone Literatur durch alle Hemmungen <lui ('h zu geleiten
von der Zeit ihres ersten ErscheifK^ns zu dein Punkt,
wo sie sich dem ailgemeiusteu und reint»ten Charakter alier
Kunst näherte, wosip ausschliefsiich die Wirkung auf die
Phantasie su ihrem Zweck machte, wie keine, als die
^griechische , vor ihr; zu zeigen, wie der Druck von
IWöiichtliuni und Scholastik, die unbillige Freiheit unter
dem Hitterlhum, die Fesseln unter dem Gewerbstainl sie
nicht zu dem Ziel bringen konnte, zu dem sie seit der He«
formation langsam anfangs und träge, dann unter den ärg-
sten Bewegungen und Umwälzungen gelangte, zu dem«
Ziele, keines Fremden Sklav, keiner Wissenschaft Unter-
ihan, sondern frei, ihr eigner Herr und ihrer selbst Herr
zu seyn; nachzuweisen (was sich hier, aber noch nicht an
politischer Geschiclite von Deutschland na( hwj isen liil^it),
wie diese Literatur und die Nation mit ihr zur Selbstsiän«
digkeit, zur literarischen Herrschaft in Europa, zur Er*
reichuMg der Zeit kam , wo die Deutschen mit Entfaltung
aller ihrer Gaben den neuen Ideen , die die griechischen
Philosophen und Christus an die Stelle der Alten setzten,
die Hand reichten, eben den Ideen, die allein die Deut-
schen in ihrer Reinheit zu verwirklichen geschaÜen waren,
denselben Ideen, die durch dieselben Deutschen, als ihre
barbarischen Ahnen die alte Well umstürzten, mit anter
ihren Trümmern begraben zu werden drohten , die aber in
der That nur durch das Dazwischentreten der römischen
und romanischen Nationen eine ungeheurti Unterbrechung
litten, bis die verständige Richtung, aufweiche dieGrie-
chen die Menschheit geleitet hatten und der die Deutschen
ihrer Eigenthumlichkeit nach von je geneigt waren, von
diesen mit freiem Bewu&tseyn wieder eingeschlagen und
der grofse Zusammenhang der Menschheit auf eine höchst
merkwürdige, tlas tieiste Denken in Anspruch nehmende,
die weiteste Empfindung mit Staunen nnd ßewuodtung
ausfüllende Weise aufs Neue dargethan ward.
Gervinus,
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mO Wendtt über die üauptperiodeo. der schonea EmMl.
KURZE ANZEIGEN.
Veber die Hauptperiodtn der Beköntn Kunetf oder die Amtt,
Ifli Zantfe der fPeUgeteläehte dargeeUlU von Amadeue Wendi,
Bofr* V. Fro/. Piitfo». tft GeUmgen. Leipzig 18$1. FcHfltf m
ilm^r. BartA. IF/1 11. SU jiL m gr. 8.
Diese» Bach verdankt sein Entiteben zmn Theil den Torletoo-
gen, welche der Hr. Verf. auf der Vaivenitfit ku Göttingen gehalten,
iodem er die ichriftliehe Grundlage dereellien «pftter "weiter aiiafainrte,
in der Abaieiiti gebildeten Leeem aller CSaieen, welehe die Be*
trachtang der Konat ia weltbiaterisober Oedentnng intereiairt, elae
VebetairJit dee Crangee 9 welcben die ecbono Knnat im weiten Slaaf»
(mit EinMibliire der DicbtlEnnat) ven ibrem Umpmnge an bia hierbei
genommen, in die Hände an geben und durch Sebildernng ibnr
Hanptperiodea, als der Momente der Bntwicblvng ihrer Idee — la-
gleich die SteUaog der begabteefen Geieter» durch welche aie ge-
wirkt, und die Bedeutung der herrllcbateu Denluvftler, io welchen
sie sich geäufeert hat, in aofem dies eben aas einer eoleheu Uebei-
■iebt lierrorepringen kann, andeutend zu beseicbnen.*' —
Zavörderst stellt daher der Verf. , che er zu dem Einzelnen der
hietorlMhen Uarstcllong adireitet, die allgemeinen philoeophischen
Begriffe auf über Ursprung nnd Wesen der Kunst, sowie deren VttP-
liältnifs zar Religion, nnd Wissenschaft , und theilt dann das gaam
Gebiet in drei Perioden ab, die der Yorgriech i sehen Kunst, eine
l^iiileitungspt'riodc, die der gri ech i h chcn oder clasRiBrhcn unddiedef
gc(r manischen Kiin^t, Nach diesen drti Perioden iöt der gcsainmto
Stoff in der nun folgenden Uebcrsicht Ijchandelt. Bei der creicn Pe-
riode kommen wiederum mehrere allgemeinere Punkte zur Sprache,
wie z. B. über Anfang und Beginn der Kunst, über deren ersten lo-
halt und Gegenstand, über das SvmbollBche u. dergl. m.; und darauf
folgen BcniL'tKungen über die Kuiiät der Inder, Aegypter, Ferseri
Ilebräcr, ja selbtit Einiges über Chinesen und Fhönicier.
In der Periode der griechischen oder classischen Koast
sacht der Verf. vur allem den Charakter dieser Kun^tpeiiodo , ns-
nientlich das vorherrschende plastische Element nachzuweisen, nnd
obwohl freilich im Ganzen etwas kurz, eine Uebersicht der griechi*
acben Poesie nach ihren Hauptelementen mit einer kurzen Charakte-
liatilc lu UdSeni. Neeh apfirlicber iat aber dae ausgefallen , wai am
Schlflüe lUeiee Abiehniltei ftber die Mmer genagt wird , und wem
gleich ofieBbaxelrrtbumer oder faliohe Angaben nad Urtbeile dnrcbaai
nicht angetroffen werden, so wird dae» waa wir hier leaen, kaum all
hefffiedigend angesehen werden können. Daiielbe gilt Ton den Bt*
merbungen 8. 128. nnd 12d. über Btrurlsch« Knnat, waa wir indcft
hier uiQ il» ireniger filiel deuten wollen, ali geraiie hier der ia der
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Wendt, übet die HanptpiBrIodeii der tcbonen Erntet* IMi
neneiteti Seit gevonnene Reichthum von Werkes der Knnet dee altes
Etrurlens uns ganz andre Be^iffe von dem wird geben können, wa«
dieses Volk Tordem in Kunst und Wissenschaft geleistet hat. Mooh
ist da« gewaltige Haterial Itanm bekannt und uotereacht worden,
jetit «teben wir, so sa Mgen, ooch an der SebweUe oaeerer Keantaife
dieaes alten Landes.
Mit grofserera Umfang und mehr Ausdehnung hnt der Verf. die mo-
derne Kunst oder wie er sie bezeichnet, Hie p^cr manische, behan-
delt, und hier insbesondere manche Parthicn des Mittrlnltors in ein
•ehr helles Licht gesetzt; weshalb wir diese gröfsere Ausführlichkeit,
deren zufälligen Grund auch die Vorrede nachweist, durchnus nicht
tadeln woUeo. Wir wollen auf das Passende oder Unpassende der
hier für die dritte Periode gewählten Ueberschrift (zumal da sie für
uns Deutsehe so ehrend ist) nicht weiter eingehen, aber wohl mussea
wir aufmerksam machen auf die diesen Abschnitt einleitende Unter-
suchung, worin der Verf. die Ge/^ensätze des Christenthums und Hei-
denthums, wie sie in Kuiiät und W isäunscbaft hervortreten, bedingt
durch den Grundcbarakter und die Grundverschiedenheit beider Reli-
gionen, eatwickelt, und gern möchtea wir hier unsern Lesern längere
Abeehaitte ndttbdtot aU Probe der Darstellung, wenn der Umfang
dieaev Blfttter ealdiea Teratattete. ladieaem Slaa bat aiteb der Verf.
4hw Rktertbttni aafgaftUbt, S. 14S ff*» aaneatlieh ia eelaem Gegeniats
mvm Helicaieebea Ritter oad Heldeatham» welchen eich aaaaehrt
im Kampf» der phjaieehea Kraft mit der eatg^aotdieadea Natai»
gevalt aafeere (obwohl eia aittliebee Elemeat aaeh hier kelaeawege
▼erlcaaat werdea darf)» während der chriatUehe Held für eine un-
sichtbare Macht and für eine höhere Welt himpfl. „Die griechi->
aehea Heldea Tereammelt eia Kampf far Schdaheltt die aich der
Grieche aaeh wahrhaft erworben hat; die ehrietllchea Hehtea rexw
hindet der Glauheaakampf an dem Grabe dea Erlöse»; und wie dort
eia Homer die untergegangene Heldenzelt schildert, so wird hier die
ganze romantische Poesie ein begeisterter Nachhall des Ritter th ums."
( S. Idjl ff.) Mit vielem lotemMO wird man die daran sich knüpfende
Schüderaag dea Ritterthumt, wie es in der Religion begruadet, in
Iiiel>e zunächst und Treue sich kund giebt, lesen, und wir rechnen
diese Darstellungen mit zu den gelungensten in dem ganzen Buch.
Dahin gehört aurh, was der Verf. über Uomantik, und über die Fol-
gen und Wirkungen de« romantischen Geiste», über die von diesem
Geiste durchdrungenen oder TielmcKr aus ihm hervorgegangenen Poe-
sien, die Uittergedichte des Mittelalters u. 9. w. bemerkt. Historisch
betrachtet (so sagt Derselbe S. 151.)« ist die romantische Kunst
die uri$|>rungliche Darstellung jenes ritterlichen Lebens als eines wirk-
lichen, vergangenen , nach seiner freien Mannigfaltigkeit , beherrscht
und geleitet durch die unsichtbaren Mächte der Religion , Liebe,
X^hre, 'I'aprerkoit und Treue; auf abt^elcitete Weise ist sie aber die
Pai'ätellung des Lebcua uücrUau|ii in di^äcrn Geiste u. s. w. Der
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1M8 Woiidt, fiber di« Huptperioden der tcluteeB Kmiti
Terf. sucht darauf weiter daa Varhiltaift dea fUmaiitiichen sam Aa*
tikcn, und die vcrgchiodeneo Gentaltunj^en dea Romantischen unter
den Vdlkero ia Frankreich, Spanien, Italien, England und Dentsch-
laad nachzuweisen; dann char.ikterisirt er die efiische Poesie des Mit-
telaUeri (mit hesonderer liücksicht auf Dante), und durchgeht die
Tcrschiedenen Nehenarten, dann die lyrische Poesie, die Minne- aal
Meistersänger, das VoUialied , die didaktische Poesie, worauf er sich
zur Tonkunst wendet, zur christlichen Baukunst sowie zur christli-
chen Malerei, die nach den vcmchiedenen Schulen, der italicnisrlipa
nnd deutschen, der niederlfmdiRclif n . nicdcrrheinischcn und oberdeut-
Bchen Schule tlurt ligangca \< ird. Am St hJfjfB wird auch über H0I7.-
schneido - und Kii[)f«'rRterliL'rli iihhI F^iiii^cH angeführt. ISach dieser
im Ganzen gewU« LeiViedigcudea Schiltlrnuiii: antemurht der Verf.
die irrHachon , welche den Untergang" dieser Periode iiud die Entwik-
Icelung einer neuen herbeigeführt haben, wobei denn auch auf den
Protenlantisinus S. 203 fT. gehörige Rücl^nif^ht genommen wird. In
der oiodcrnen Ünnst erseheint deiri Verf. at» hervortretendes Priiui{)
die Naturwahrheit und daa Charakteristische (S. 208. 24)9.) , und beides
sucht er nun in den einzelnen Erucbeinungen der Kunst nnd^Poesic,
wie sie jene Zeit Ik rvorgebracht , nachzuweisen. Diilicr wird die ge-
flammte neuere Poesie der Spanier, Engländer, VrnnAOHtn und Deut-
schen durchgangen, es werden die einzelnen hier hervortretendca
Geister nach ihren Bestrebungen gewürdigt, und die verschiedenen
Richtungen der Poesie bis auf die neueste Zeit herab rerfolgt, daher
aach Aber ttinili und Schauspielkunst, se wie aber die jetzt so vor-
iierraehende Neigung für dea Ronan, iubeeoBdere den bletorleeben ,
6ber die Novelle In ihren Terachiedenen jArten, dae Ndlhige beinerkt
Dann folgt die Gcachiclite der Maaifc , ebenfalla nach den einaelBW
Nationen, den Italienern, Franaoaen and Dentacben, aach liier wiedsr
mit Bernckflichtlgung der elnielnen antgeneiehneten Mianer, die ani
entgegentreten , ao wie einer* Charakterietik ihrer Leiatongen. Oaiaa
achtieftt lich eine Ueheraicht der bildenden Kfiaate^ deieii Batwiek-
iang and Stellang In neuerer 2eit , wobei natdrlieh der Hmletel ia
ihren yenehiedenen Zweigen eine grSfbere Aaaffihrang sa Thell go*
worden iet, öbrigene auch Belliet die Kapferatoeherkaoat and die Li-
thographie nicht äbergangen lat.
Noch dürfen wir aber Ton dem Werke, dessen Inhalt wir ia
einigen allgemeinen Umrissen mehr angedeutet als ausgeführt habea,
nicht scheiden, ohne aaf die hochet ieaena- und bcherzigongswertbea
Schliirshemerkungen einen Blick zu werfen; sie betreffen die Stellang
der Kunst Im Leben der gegenwärtigen Menschheit und suchen die
einzelnen verschiedentlich früher darüber ausgesprochenen Bemer-
kungen zu einem Ganzen oder zu einem allgemeinen Resultate zu
verbinden, das ancli auf ihre nfiehste Zukunft binwriHt. In dieser
Hinsieht wird als einflufsreieh und tM^enttiuiiilieh in der neueren
Seit hervorgehoben die Stellung der Kunst zur Wiaecnacbafti
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. Wendt» über, die llaiiptporioden der ichöneo Kaoat. 1BI8
die nich aocii imbeioiidere in der grefeem Bedentnnfp« die du« ÜU
dnctiiiciie gewonnen, liemaettolit, nnd eelltet nitf die Ijrieelie Poesie
ihren Sinflofe geanfnert hat, in lirr Movelle aber ^an< Ikceondcm her-
vertritt; et wild ferner hier anfmer1i«ani gemacht anf den Beiehthnnv
der in neuer und neueeter Zeit rrr1)reiteton Kenntniiee nnd WiHsen-
aehnff rn , welche der Kunst als Stoff sirh darbieten und oft die Wir-
liun^ äiir«crii, dafs die Kunst nn^tat und gleichgültig nach Tersclnc-
denen Seiten «ich hinwendet. Während der Künstler früher den Stoff
nicht «nwiihl wühlte , aU vielmehr von ihm erfiillt war, in soferti er
aelbfitthatig au» ihm hervorging, sich in ihm cntwicl^eKe und den
Gehalt seines Innern at'.sinHchte, dnlicr auch der Künstler sich ge-
driing^pn ffihltc, dfts, müh in seinem Innern Ifl^, für die AnKclmuung
nus/ii liildeti und darzustellen, keine Schwierigkeiten, die Rieh der
AuBbiUliing: ent^ej^ensteÜten , 7a\ »» hfuen, sondern mit Zum rsi« lit und
BegcisteVung alle UindernisHe xn überwinden, so ist jetzt diese ile-
gcisterun^ wohl kaum mehr wieder zu gewinnen. Der unmittelbare
Boden des Künstlers (sagt der Verf. S. 371.) bleibt die G«'^( n« art,
ond uur durch das Mittel gegenwartiger Weltanschauung, die zu-
gleich Beine cigenthiiinlichc ist, kann er auch die fremde iiuriitKnen
und bigreifeu. Der in der Gegenwart errungene Standfionkt soll i\m
Vergangene nach seinem Innern Sinn fassen, das Gefie.hichtliehe nach
seiner Bedeutung im Ganzen sowohl als für die gegenwärtige Mensch-
heit darstellen , und zugleich auch den tiefern Sinn der Naturerscliei-
Blingen , ond deren Beziehung auf das gegenwärtige Menschendaseyn
Baespreehen. Darum ersebeint nnterm Verf. als Aufgabe der Kunst
für die nächste Zalcnnft: „dnreh begeisterte VergcgenwArtigung und
freie Verbindung der Gestalten der Geschichte und Natar dar-
luatellent wie dieselben dem Mensehengeiste im Lichte der Idee,
oder de« höchsten Welt- nnd Selbstbewofstaejns erseheinen.*' In der
weiteren Ansführang und Begründung dieser Ansicht (die wir In dem
Bncli sellier nacbsulesen bitten) Icomrat der Verf. auch auf den Vor-
wurf, womit man den Verfall der Kunst lu erweisen suchte^ dalb
nämlich die Uechanili in der Kunst sich in einer schwindelnden Höbe
erhoben und. von Geist und Gefühl abgesondert habe , er lierfihrt aa-
gleich auch einige andere Punkte, welche, wenn mau sie auch nicht
gerade als die Kunst hemmend und ihrem Fortschreiten hindernd be-
zeichnen wollte, doch immerhin die schwierige Stellung erkennen
lassen, welche die Kunst in nnsern Tn^en gefnPst hat. Zu diesen
Hindernissen rechnet der Verf., und mit Recht, die Beziehung der
Kunst zur Kritik, welche hinwiederum durch ihre Bralehuug zum
Wissen bedingt ist; seine Bemerkungen über das, was als Schel»-
und Arterkritik nur als hemmend jede freie Knnstentwickhing und
Kunstiiufsernng betrachtet werden niufs, wahrend die wahre Kritik
dem Talent und der Kunst, die nur durrh einseitige Reflexion leiden
bann, nimnieruichr Gefahr bringen kann, verdienen \or Allfm He-
heraigneg* üin weiteres ilindcruirs — und wer möchte ihm nicht
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Deattclie LMebäcIier far nntere o. bdliero GynrnUlclaMea.
darin beistimmen? — sieht der Verf. in der in der letzten Zeit so
vorhcrrflchend gewordenen Richtung der Meng^e auf das Aeufsere und
Sinnliche, auf l'runk und künstlichen Glanz: ein Umstand, der
eben so jetzt» "wie in andern Perioden tind unter andern Völkern der
Vorceit, als ein Zeichen der Abnahme des guten Geschmacks, de«
Verfalls der wahren iiraft einer Nation betrachtet werden kann und
UBS darum mit webmuthigem BHck in die Zuliunfi etfuIU, zumal
als neben dieser gemeinen Verirrnng noch eine andre, weit pefähr-
lichure sich verbreitet, welche sclbit die Besseren verstrickt bat,
and die der Verf. aU die äbthctiüche Manie uilcr die Kunstvergotte-
rung bezeichnet, in sofern sie dem thorigten Wahn sich hingiebt«
das Leben nacb der Kunat gestalten ap wollen. Auch über dieae
Yerirruog arlilArt «ich dar Hf. Varl, in bafriedigaadar W^aa, Daa
£odr«aaltat dar gamaa in diaian to Yatdiaflattialraii and abao ao aelic
dorch aiaa anslebanda Darttellungswalta aieh enpfablaadall Wadke
behandeitea Unterioehang woUan wir mit dan aignan Wortan daa
Yarfa. ancb ala Sablofa nnaarar Arne ige, dia, wir wiadarbalan aa«
nieht aawabl aiaa Kritik diam Warkaa« ala aina Andautaag daa rai-
cbaa laliclti liafam and damit ain waiteraa Sindioai dataalban Tan»»
laaian aolU baiffigaat
„Die Kanst lost lieb auerst Ton 'dar Natar ab im Orient, uad
strebt das noch mals- und formlose Ideell, welches der Geist in der
Ahnung ergriffen , im Mafs und Formlosen darzustellen. In der
antiken Kunst steigt der Geist bildend herab in das Sichtbare, um
ain menscblichea Ideal in menschlicher Gestalt m ▼eräufsern; be-
seelte Form und Gestalt ist sein Strrbrn. Ward liirr der Geist Ge-
stalt, so wird in der neuen oder g-cr manischen Kunst die GcHtalt
wiederum vergeistigt: die Kunst geht wieder hinaus über die räum«
licha Form uad aaebt im Wacbaal daa Zeitlicbaa daa Gaiat
„Die Natur iat somit der Boden aller Kuast| dia beiaalta
Farm thra Mitta, — dar Gaiat ihr ZiaL'* —
1) Deutschea Lesebuch für untere Gymnaeialelateen und
Bürgerschuten, Ztfeiltf verekukrU Auflage. Trier bei
J. J. IdnU. XU wd 424 S. m gr. 8.
2} HaittacAaa LeaaftaoA für höhere Gymnasialetaseen.
Herausgegeben von den Lehrern des Gymnasiums 9U 7W«r. SVftr
1827, bei J. J. Ltnts. / /// und 504 S. in gr, 8.
Bei Rüchern dieser Art kommt es vor Allem auf zweckmäTsi^
Auswahl des Stoffs und eine verstandige Anordnung desselben an.
Abar bai dar gawaltigaa Marne daa aar Aatwabl ▼orHegeaden Stoffs
vad^ai den varaehiadeaarti^en Rucksichtan« die oft dabei in Betracht
gezogen werden müssen , zeigt sich hier am meisten die Schwierig-
keit, hier ist die Klippe, an der so Manche scheitern, die. statt ein
die Bildung des Schulers wahrhaft förderndes Hülfsmiltel zu lierern,
durch dia Art und Weise ihrer Auswahl aft gerade das Gegentheil
von dem, was sie beabKirhtigcn . hewirken und, auch ohne dafa sie
CS wollen, oder in ihrer KuvMirhti^'^k eit daran denken, einen höchst
verderblichen Samen ausstreuen. Daiuni freuen wir uns, in den beidea
abaa angezeigten Lesebüchera Werke ^efuadaa au babaa, die jedem
Scholar in die Hand gegeben werden können ader Tielmefar gagebea
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DcBticlia LeMbAcher für untere u. höhere GymiiaeialclaMeo. 1245
werden lollen, um nnff Yetstand und Gemüth der Jugend ihirch solche
MüRtrr rinrnwirJicn , und ihren Sinn für das 'wahrhaft Srhöne zu be-
leben und zu erwärmen. Denn eine solche Erweckung des Sinnes zum
Edlen kann nicht wohl anders als durch solche Lesebücher bewirkt
werden. Wenn nun bei Ko. 1. eine Verp^leichung der vorliegenden
zweiten Ausgabe mit der früheren im Kin/,t !nrn nirlit /iilätsRifi: iRt ,
80 kann die Behan]>tiing: genügen, dafs der Grundcharakter in beiden
Ausgaben sich unverändert erhalten, dafs der Standpunkt des Ganzen,
eo wie die leitenden Ideen, nnvernicltt geblieben, die Auswahl telbev
fanz mit Rücksicht auf das, wra jug^cndliche Bildung wahrhaft för-
crt . veranstaltet worden, der Inhalt beider AuRf^Hlten aber in sofern
verschieden ist, als in die neue Ausgabe erofsenlbeiis neue Lese-
' stucke aufgenommen worden sind, welche daher diese Ausgabe in der
' That als eine ganx neue bezeichnen lassen ; denn einen unveränderten
Abftrnrk der rrKtf-n Auflage railsrieth die Krwagung, „dafs auch den
eehaltvollBien Arbeiten der besten Schriftsteller ein längerer Ge-
brauch eine gewisse Trivialität aufklebt, so dafs der verlorene
Reis der Neuheit — auch die Lust eines tieferen Eindringens in die
Sache verdrängt. So bleiben denn Verstand und Ilcrz ohne Nuhrnng.
Wifsbegierde und durch sie Lernlust habe ich in p;< n:cnwärtiger
Sammlung durch Auswahl von Stucken zu reizen gesucht, die durch
das Interesse des Stoffs, den sie behandeln und dareh die Art, wie
sie denselben behandeln, das jugendliche Gemöth anaiehen, spannen
und gespannt erhalten." — Dafs dem Ilerausgeber dies auch «jelnn-
6en , wird ein einsichtsvoller Richter nicht in Abrede stellen können.
Ite von dem Verf. getroffene Auswahl zeigt von Einsicht und Urthell,
und sucht die Forderungen des Verstandes, wie die des Herzens
gleichmäisig zu befriedigen, um durch eine solche Verbindung den
oben bemerkten Zweck 7,u erreichen. Wir wollen deshalb, so weites
die Grenzen dieser Blätter erlauben , den Inhalt und die einzelnen
Abtheltnagen desselben naher angeben, es mag diese Angabe als Beleg
unseres oben ausgesprochenen Urtheils über die ZweckmaPsigkcit des
Buchs dienen. Andere, die dasselbe noch nirht kennen, darauf hin-
weisen und so allgemeinere Verbreitung und Einführung desselben an
den Orten, wo es noch nieht eingeführt ist, veranlassen*
Zuerst kommen Fabeln in gebundener und dann in ungebundener
Rede, letztere von Meifsner und Lessin?, crstere in reicherer Anzahl,
meist von den ausgezeichnetsten Männern in diesem Zweige der Li-
teratur, als PfefTel, Zcune , Weifse, Gleim, Lichtwebr U.A. Dann
folgen Erzälihinp:en in poetischer Form (Mehrcres von Herder, Gel-
iert, Pfeflel, Kind, auch von Collin*« Gedicht auf Kaiser tVfaxiinl-
lian I. auf der Marlinswand u. A.), so wie in ProRn , innl zwar hier
eine Reihe morgcnländischer Sagen (zunächst von Herder und Kram-
macher) , dann einselne geschichtliche Ersählungen von J. v. Müller,
Schiller, Heinslus u. A. Daran reihen sich Beschreibungen, d.h.
Schilderungen einzelner merkwürdijren Länder und Gegenden, oder
merkwürdiger Naturerscheinungen und Ereignisse. Dafs in dem nächst-
folgenden Abschnitt: Parabeln, ans Rrnmnnaeber die Hanptanswnhl
genomnen and dann Einiges von Herder beigefügt ist, wird man nur
billigen können An Briefen ist eine grofsc Mannigfaltigkeit ge|[c-
ben, und zwar für di*- vcrf^chn dcnsten Fälle; es sind theils erzäh-
lende, theils beschreibende liriefe, dann wiederum Empfehlnngs-
oebreiben, GIneliwänschnngsschreiben, Trosthriefe, belehrende Schrei-
ben n. dgl , so dafs für jeden F ill ein passendt ^ Mnstcr sich vorfindet.
Den lieschlufs in der sechsten Abtheilung machen Gedichte verschie-
dener Art, Hjmnen, Lieder und zwar eben sowohl geistliche, als an-
dere vermischten Inhalts, deren Arnnhl nntirlieh bedentender iat, nnd
welche mit einer Annäht Elegien sehlieraen.
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1246 Deatoche LeMbödier för miten a. kÜMve GjniBasialcliMaB.
No. 2. kann al« Ate uniiiittelliiire Fortsetzung betrachtet -werden;
dean roU üvr Zweck, der da» er«i geoaniite, lür Schüler der untern
Gymnaaialchi^sea bestimmte Werk hervorrief, volUtändig errtiicbi
werden» «o mafste auch für die Fol^^c, d. h. fnr die iMilieren Gymna-
•ialrlnsRen durch ein almlichefl Werk g^e80r;_it werden, rfeMen *Nt>th-
wendigkeit fuifi si» manchen Grändcn , die wir liier nicht weiUfr ans-
Kuführen bmuchco, eialeuclitend ist. £6 war hier iiu Ganzen nach
denselben Grundsäisen ta verfahren « da der Zwmck «in gleicher Ut,
üb8chon die Rückglcbt auf das gcreiftere Alter der Schüler in dar Alie-
führunjo;: nicjjt ubersehen werden durfte, um hiernach eie geeig^nete
Auswahl KU bestimuien. »Wir waren bedacht,'' Ragen die Heraus-
^ber, „In diese Sammlang varsfiglieli diejeiiigrü j.oetieeben nnd pra-
saisclien Stücke aufzunehmen, worin der schon ^e::bte Verstand, die
kühne Einbilduni^Hkrart und die reizbare Fuiiitindun«^ dcb Jün^linirs
mehr Mahruufi finden, und dies in der unabänderlichen Absicht, die
jnnf^en Gamimer sneret für Alles, was grofs, edel und erhaben ist,
einzunehmen, dann sie selbst fähiger zu machen, die holiea, manüi-
erhen Ideen aus sich zu schöpfen and auf eine des Gegeniitandcs wür-
dige Art ästhetisch auszudrücken." Wir haben diese Worte absicht-
lich niitgethetlt , weil darin Jflan und Zweck der UerauMgeber klar
ausgesprochen ist , und vollen nan dorch nähere Angabe dea inlialta
zeiß^en , wie die Herausgeber diesen ihren Zweck erreicht und in
den Erwartungen, die wir von ihrer Einsicht hegen konnten, nicht
.suruckgcblieben sind. In die Anordnung, d. h. in die Folge der ein-
seinen AbeehnfUe wollen wir uns bei der paetlicbea Abtheilnng so
wenig wie bei der prosaiscbeo (denn in diese beiden Haupttheile
zerfällt das Ganze) einlassen, da wir vergeblich nach einem Finthei-
lungsprincip gesucht haben, im Ganzen auch aui Ende so Viel auf
die streng regelrichtige Eintheilung nicht ankommt, wenn nur die
einzelnen einem solchen Abschniti zugatlieilten Stücke gut gewählt
sind , wa« hier doch keinem Zweifel unterliefet. Die poetische Ab-
thciiun^ rnlliält meist Stücke un^serer < liiKsint h4"n Dichter, nnd zwar
solche, die auf das jugendliche Geiuutb ciueu Eindruck muclica und
ae erhaben Itönnea. XnersI Icommen Lieder, dann Oden, Hymnen,
und darauf Elegien, worunter wir mehrere der berühmtesten \on
Schiller und Matthison nicht vermissen; nun folgen einige Proben
aus Lehrgedichten, Satiren, Epigramme, dann poetische Erzählungen
und Beaclireibnagen , die Epopee nnd das Rittergedicht nebet einigen
Romanaeo und Balladen (von Schiller), darauf einige dramatieche
Stacke aus Schillers Wallenstein, Jinip^fmn V4ui Oilcinis u. s. w.
Die prosaische Abtlieilung beginnt mit einigen Stucken didakti-
schen Inhalts (besonders aus Schiller, Herder u. A.)* dann folgen
Beschreibaagen (von Zimmermann, Bngge, Forster), charakteristische
Erz^hhint^en (von Stolberg, Heeren B. A.}» and anm Bescblttfa einige
Proben rednerischen Inhalt«
Ganz besonders müsseu wir aber noch auf den Anhang aufmerk-
sam machen , der den Rest des Baches von S. 485 1t, an fallt nnd
eine kurze, aber durch gedrängte Angabe der Haaptmemente recht
zweckmäfsig für den Gjmnasialunterricht eingerichtete, übersicht-
liche Darstellung der Literärgeschichte, der Sprach-, Dicht- und
Radcknnst der Deatsehen entn<, also keineeweg« eine trockne
Theorie der redenden Künste (was immerhin für junge Gemüther so
•Wanig AnzJeficndes hal), sondern einen historischen üebcrhlick an-
aeror Literatur nach ihren verschiedenen Perioden von ihren ersten
Anfängen und Elementen an bis aaf die neueste Zeit herab. Die
Hauptmänner, die iu einer jeden einzelnen Periode besonders tbatig
und einflursrcich auf die Bildung der Sprache und Literatur waren,
werden hervorgehoben und ihre Werke im Allgemeinen bezeichnet.
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KaUmth^lieriiM von Trede.
1S47
Utiv.h f.'n'hvn Perioden int das ganze Gebiet abgetheilt, die erste, dae
bardisch -j^othisrhc Zeitalter voo 113 p. Chr.; die zweite, das frän-
kische Zeitalter von 7(i8 — I1S7; die dritte, das Zt-itnlttr der Minne-
sänger oder achwäbischen Dichter bis 1S4() ; die \ierte, das Zcilall«r
der Meistersänp^cr bis 152S ; dir riiiifte, das Zcitaiter der V i)lk8|H)csio
und afl#bluhenden WiffseiiHi Viatieii , bis Hi'l^i; die sechste, das ZnfaUer
widerstrebender Meinungen über den Geibt der Poesie, bis llbti; die
•iebente« dai Zeitalter der clastitehen Literator. So giebt dieser
Graadrifs da« Wesentlichste von dem, was in den obern Gymnasial-
classen über diesen Zweig nhzuhandeln ist; scbr Twerhinätsig sind
jeden der oben bemerkten Perioden einaelne Sprach proben beigefügt.
Sa ndchte auch dieaee Yfcrk billigen Anforderungen genogend
nnd dem oben bemerkten Zwcel « 'ner tüchtigen Jnp;endl)iidung ent-
sprechend erscheinen, fjeeif^net, jugnidliehe Gemüther vor so manchen
Gefahren zu bewahren, die ihnen jvUl mt-hv als sonst drohen, und
ihrem Geiet eine für alle« Edle and Gute empfänglitbc Richtung an
geben. Wie viel hängt für das ganze Leben von driii Keim ab, der
w jogendiichen Seelen diurch Bueher der Art frühzeitig gelegt wird 1
Kalant hepbcrusa aus den Plönischen Deel amatiomkr eisen in die
f'röfsere i§'elt eingeführt und mit einif^en Worten »wr Deklamat&rik
efcleitet von Dr. L. Trcde, der P!i'>n. Gekhrtenschule Conrector.
mn 1^29. Gedruclet und verlegt durch A. A. lUüller. LXXf'iU
u. 4ti2 8. in gr. 8.
DicHes Uebunj^-shurh enthält lauter poetische Stücke , denen
eine fant 80 Seiten lad^e Einleitung: Kinige Worte zur DeLla-
matorik, Torangeeetst itt. Oia poeliachcn Stacke selber sind man-
nirhfaeh ausgewählt, und werden in dieser Fülle der gemachten Mit-
theilungen reichlichen Stoff zu Deklamationsüburin^en abgeben. Zuerst
kommen dramatische Scenen au« verschiedenen Stucken, dann Mono-
loge (too Gdthe, Sehiller, Körner, Grillparier u. A.); darauf Dich-
tungen Cfntter Gattung in zwei Ablheilangen, deren erste Balladen,
Romanzen und Legend«-n , die an<!er<" aber Sinngedichte , Klrgien und
Lieder enthält; dann Üichtungen heiterer Gattung, ebcnfuÜs in zwei
A1>theilungen : 1) Ernstes in heiterem Gewände; 2) Heiteres und fio-
misches, von den verschiedensten Diebtern. Bin verständiger Lehrer
wird eine 7.v rckniärwige Auswahl unter dem liie r reiehlieh dargebo-
tenen Material ^ f Behufs der Deklamation!« Übungen » au treffen tlod
dadurch das tiuch nützlich zu machen wissen.
Dit he$si8chen Hiti^rbur^en und ihre Besitzer^ von 6. Landau*
Mit vier Ansichten (und etner Fi^nettt) Zweiter Band. ffoMei»
in der Luckhard'schen Hof buchhandlung, 1833. 428 in 8.
DtT erst« Band dieses Werkes ist bereits in No, ß. 8 67. ff.
Jahrg. 18«^^. angezeigt worden, nu^ welche Anzeige wir um so eher
Terwelsen müssen , na der Verf« aueh in diesem Bande , seinem ur-
sprfingliehen Plan getreu, sich nicht blos auf eine Bes< hreibung der
bald mehr bald minder erhaltenen Burgen des hessisei en I^andes be-
schränkt bat, Kondern damit di(^ Geschichte derselben verbindet, *?o
wie die Geschichte der Geiichiecbter, deren Sitz jene ßur<;en waren,
so weit dieselbe nach geschiehtliehen Spuren sieh verfolgen lafst: ein
Unternehmen , bei dem Mangel an Quellen oft sehr schwierig , das
aber der Verf., wie schon trüber bemerkt worden, auf eiae sehr.
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1248 G« Iisndao , die hemitcheii Ritlerliai^tt. Clor Baad
befriedigende Weise aasgefuhrt und damit seiaem Werke zut^Ieich
ein höheres geschichtliches Interesse pegeben hat. Auch bei diesem
Bande fehlen nicht vor der Beschreibung jeder einzelnen Bar^ die
poetischen Einleitungen, aatn Tbell von dem Verf. selber, snm Theil
aus andern nirhtcrn passend aasgcwalilt. Den Anfang: raa^Ht die
^/^ Stunde von Allundorf unfern der Gren/c «i;e!egene Burg Altcn-
•tein, die zum Theil nur noch erhalten ist, aber, wie schon der
Naiae aadeatet, in offenhar lehr alte Zeit gehört; die erete gescbiehi-
liche Kunde ist Ton dem Jahr 1S29. Dann folgt das auf der Titel«
▼igneite dareestrlltc Fü rs t e n ste in , Ij/j Stunde von Eschweg^e,
noch ziemlich wobl erhalten und jetzt als Staat«>gut in Pacht gege-
ben; daraaf Wildeclr, 4 Stnndeto vaa Rotenburg, der Sommer-
aufenthalt des Landgrafen von Heeiea-Rotenburg , dessen Vorfahren
hier an die Stelle der alten Burg, deren schon im dreizehnten Jahr-
hundert Erwähnung^ geschiebt, und von der jetzt nur wenige Reste
sichtbar sind, im Jahr 1727. ein neues Jagdschlofs aufführten, dessen
reisende Aaeticht in die nahen und fernen Umgebungen hier mit
Rcf lit hervoig^choben wird, nachdem zuvor die Gescliiehte drr ältrren
Burg erzählt ist. Auf Wildeck folgt die nnch mit einer Abbildung
ausgestattete Kaiserpfalz zu Gelnhausen, deren Beschreibung
mit Recht ei|ien gröiseren Umfang einnimmt; dana Lieberg (nr-
apraaglich Liebes bürg), zwei Stunden von Nidda, auf einem ab-
gestumpften ßaealtkefjel erbaut, jetzt aber fast gänzlich zerstört, in-
dem aus den gewaltigen Trümmern und den festen noch sichtbaren
Ornndmaoern aar noeh ein Thurm sich mächtig erbebt. Dan liea-
sische Freiherrngeschlecht, das hier seinen Sitz hatte, kommt zuent
im dreizehnten Jalirhundert vor. Sohr ausführlich ist die GcHrhtrhte
des in der hessiKchen Geschichte berühmten Geschlechts der von
Buchenau beliandelt., deren Schlois in ileiu gleichnamigen Dorfe
aa deiaea höchster Stelle hervorragt. Doch gehört das , was von Ge-
bäuden jetzt sichtbar ist, in die Zeilen des IG. und 17. Jahrhunderts.
Nur noch in spärlichen Resten ist die Dens hurt; bei dem gleich^
namigen Dorfe im Thale des Flüfschens Gilsa , vorhanden, desglei-
chea Beneeaoteia, bei dem gleichnamigen Staategate, awei «na-
dea TOn CasseL Bedeutender ist die Altenbur^, bei FelBberg, von
der auch (wie von Rncljenau) eine Abbildung beip;cfügt ist; sie liegt
in Niederhessen, da wo die Edder und Schwaim sich vereinigen, auf
einem Basaltkcgel , ist aber seit fast zwanzig Jahren töIKs' in Trüm-
mer ; die Uqigebangen sind aehr angenehm, die Aussicht von der
Höhe herab sehr ausgedehnt nnd vielfach«' Abwecbslnn!»- darbietend.
Von der einst licdedtendcn Burg Fraueiiberg, die iVj Stunde von
Marburg entferot auf einem Basaltkegel erbaut war, ibt nur noch
wenig vorliaadea. Naa folgt Naambarj^, dicht an der Waldeek«
sehen Grenze, über dem gleichnamigen Stadtchen gelegen. I^lit Aus-
führlichkeit wird hier die Geschichte des freiherrlichen Geschlechtes
der von Uertinsshausen , die mit der Geschichte der Burg zusamraen-
liftngt , behandelt. Oati elbe hat der Yerf. bei^ der Geechiclite der
Schauenburg, deren wenige Trümmer von einem hohen kegelfor*
migen Basallf eisen ; drei Stunden südlich von Cassel, hcrabschauen,
gettian. Hier wird nämlich mit mögliclister Genauigkeit die Ge>
■cliichte einet der bedeutendsten adeligen Oeaclilcehter Jleieene , der
von Dalwig*!, dessen zweiter Stammsitz dieze Barg ||eworden war,
durchgangen und auch durch beigefügte Stammtafeln näher erläutert;
die jetzigen B^itzungen der Familie Rind S. 357 ff. vei-zeichnct Den
Beschiufti machen die Burgen Wallenste in, ehemals AUwallen-
atein« nad Keaeaetela* elicmBle N eavalleiiAflia » too dar anteo
tat aach eiaa aett« Alibildaag lieigefAgl,
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