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Full text of "Untersuchungen über die radioaktiven Substanzen :"

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Untersuchun 
über die 
radioaktiven 
Substanzen 



Marie Curie 



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GEORGE HAYWARD, M.D., 
OF BOSTON, 

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GEORGE II AY WARD, M.D., 
OF BOSTON, 



( las* of 1800 . 



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DIE WISSENSCHAFT 

— 

SAMMLUNG 

NATURWISSENSCHAFTLICHER UND MATHEMATISCHER 

MONOGRAPHIEN 



ERSTES HEFT 



UNTERSUCHUNGEN ÜBER DIE RADIOAKTIVEN SUBSTANZEN 

V U N 

Mme. 8. CURIE 

ÜBERSETZT UND MIT LITTERATUR- ERGÄNZUNGEN VERSEHEN 

VON 

W. KAUFMANN 



ZWEITE UNVERÄNDERTE AUFLAGE 



MIT EINGEDRUCKTEN ABBILDUNGEN 



BRAUNSCHWEIG 

DRUCK UND VERLAG VON FRIEDRICH VIEWEG UND SOHN 

19 04 



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UNTERSUCHUNGEN 

ÜBER DIE 

RADIOAKTIVEN SUBSTANZEN 

VON 

Mme. S. CURIE 

ÜBERSETZT UND MIT L1TTERATUR - ERGÄNZUNGEN VERSEHEN 

VON 

W. KAUFMANN 



ZWEITE UNVERÄNDERTE AUFLAGE 



MIT EINGEDRUCKTEN ABBILDUNGEN 



B Fi A U N S C H W E I G 

DRUCK UND VERLAG VON FRIEDRICH VIEWEO UND SOHN 

1904 



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JUL 1 1904 



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VORWORT DES ÜBERSETZERS. 



Ub er die Kigenßchaften der radioaktiven Stoffe existirt, 
wie aus der Litteraturübersicht am Schluß dieses Buches zu 
sehen, bereits eine große Anzahl von zusammenfassenden 
Darstellungen. Trotzdem wird wohl bei dem noch immer 
wachsenden Interesse an diesem neuen Erscheinungsgebiet 
eine Darstellung von so berufener Hand, wie sie in der 
Dissertation der Frau S. Curie vorliegt, sicher auf weit- 
gehendes Interesse rechnen können. Eine Übersetzung 
dieser Arbeit schien mir deshalb nicht ganz überflüssig. 

Durch eine Reihe von der Verfasserin handschriftlich 
zur Verfügung gestellter Ergänzungen und einige kurze An- 
merkuugen des Übersetzers wurde auch dem neuesten Stande 
' der hier sehr rasch fortschreitenden Erkenntniß Rechnung 
getragen. Ferner wurde die bereits im Texte sehr reich- 
haltig angegebene Litteratur durch eine litterarische Er- 
gänzung am Schlüsse erweitert Diese Ergänzungen machen 
keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die ältere Litteratur 
ist, als von der Verfasserin selbst bereits genügend gesichtet, 
nur wenig berücksichtigt; die neuere Litteratur dagegen, 
d. h. die des letzten Jahres, über deren Ergebnisse die Dis- 
kussion noch nicht als abgeschlossen betrachtet werden kann, 
ist, soweit sie im Buche selbst fehlt, in möglichster Voll- 



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- VI - 



ständigkeit aufgeführt. Sollte irgendwo Wichtiges vergessen 
sein, so wäre ich für etwaige Hinweise aus dem Leserkreise 
sehr dankbar. 

Im Texte selbst sind seitens des Übersetzers keine Ver- 
änderungen vorgenommen; nur eine Tabelle auf S. 55 ist 
durch Einsetzen neuerer exakterer Zahlen verbessert worden. 

Frau S. Curie hatte die Freundlichkeit, die Über- 
setzung einer Durchsicht zu unterziehen. 

Bonn, im November 1003. 

W. Kaufmann. 



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INHALTSVERZEICHNIS. 



Seite 



Einleitung 1 



Erstes Kapitel. 
Kadloaktlvltat des TTrnna nnd Thor«. Rlfllflflkiilfl HHnarAltPn. 

a) Becqui-relstrahleu. 4 

b) Messung der Strahlungsintensität >> 

c) Radioaktivität der Uran- und Thorverbindungen 11 

ilj Ist die Radioaktivität der Atome ein allgemeines Phänomen? . 14 

e) Radioaktive Mineralien Iii 



Zweites Kapitel. 
Die nenen radioaktiven Snhstan/pn. 

a) TIntersuchungsniethoden 18 

b) Polonium, Badium, Aktiniuni 18 

v) Spektrum des Radiums 20 

d) Abscheidnng der neuen radioaktiven Substanzen 23 

e) Polonium 25 

f) Herstellung des reinen Radiumchlorids 28 

g) Bestimmung des Atomgewichts des Radiums 33 

h) Eigenschaften der Kadiunisalze 37 

i) Eraktioiiirung gewöhnlichen liaryuinchlorids 3» 



Drittes Kapitel. 
Strahlung der neuen radioaktiven Substanzen, 

a) Methoden zur Untersuchung der Strahlen 89 

b) Energie der Strahlung 40 

c) Zusammengesetzte Natur der Strahlung 41 

d) Wirkung des Magnetfeldes 43 

e) Ablenkbare ff-Strahlen 47 

f) Ladung der ablenkbaren Strahlen 48 

g) Wirkung des elektrischen Feldes auf die ablenkbaren ^-Strahlen 

des Radiums . . . • • • 'll 

Ii) VerhältniÜ von Ladung zur Masse eines vom Radium emittirten 

negativ geladenen Teilchens 53 

i) Wirkung des Magnetfeldes auf die «-Strahlen 

k) Wirkung des Magnetfeldes auf die Strahlen anderer radioaktiver 

Substanzen 56 

1) Yerhältniß der ablenkbaren /^-Strahlen in der Kadiumstrahlung 57 
tu) Durchdringungsvermögen der Strahlung der radioaktiven Sub- 
stanzen 61 



— VIII — 

Seite 

n) Ionisirende Wirkung der Radiumstrablen auf isolirende Flüssig- 
keiten 76 

0) Verschiedene Wirkungen und Anwendungen der ionisirenden 

Wirkung der Strahlung radioaktiver Körper 78 

p) Fluorescenz- und Lichtwirkungen 79 

q) Entwicklung von Wärme durch Radiumsalze 83 

r) Chemische Wirkungen der neuen radioaktiven Substanzen. 

Färbungen 85 

s) Gasentwicklung in Gegenwart von Radiumsalzen 87 

t) Entstehung von Thermoluminescenz 88 

u) Radiographien 88 

v) Physiologische Wirkungen 90 

w) Wirkung der Temperatur auf die Strahlung 92 

Viertes Kapitel. 
Inducirte Radioaktivität. 

a) Mitteilung der Radioaktivität an ursprünglich inaktive Sub- 

stanzen 93 

b) Aktivirung in geschlossenem Üefäß 95 

c) Rolle der Gase bei den Erscheinungen der inducirten Radio- 

aktivität. Emanation 96 

d) Entaktivirung fester aktivirter Körper in freier Luft .... 98 

e) Entaktivirung in geschlossenem Gefäß ; Zerstörungsgeschwindig- 

keit der Emanation 98 

f) Natur der Emanation 100 

g) Änderung der Aktivität aktivirter Flüssigkeiten und Radium- 

haltiger Lösungen 101 

h) Theorie der Radioaktivität 102 

1) Andere Form inducirter Radioaktivität 104 

k) Langsam entstehende inducirte Radioaktivität 105 

1) Inducirte Radioaktivität auf mit Radium zusammen gelösten 

Substanzen 105 

m) Zerstreuung radioaktiven Staubes und inducirte Aktivität des 

Laboratoriums 1 08 

n) Aktivirung ohne Mitwirkung radioaktiver Substanzen .... 109 
o) Änderung der Aktivität radioaktiver Körper ; Wirkung der Auf- 
lösung 110 

p) Änderung der Aktivität radioaktiver Körper ; Wirkung der Er- 
hitzung 115 

q) Theoretische Deutung der Aktivitätsänderungen der Radium- 
salze durch Auflösung oder Erlntzung 120 

Fünftes Kapital. 
Natur und Ur&ache der Erscheinungen der Radioaktivität 122 



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Einleitung. 



Die vorliegende Arbeit bezweckt, eine Übersicht über die 
Untersuchungen an radioaktiven Substanzen zu geben, die ich 
seit mehr als vier Jahren ausführe. Der Ausgangspunkt war 
eine Untersuchung der von Herrn Becquerel entdeckten Uran- 
strahlen. Die Resultate, zu welchen diese Arbeit mich führte, 
schienen eine so interessante Perspektive zu eröffnen, daß Herr 
Curie, unter Aufgabe seiner eigenen Arbeiten, sich mit mir ver- 
einigte und wir gemeinsam auf das Ziel hinarbeiteten, die 
neuen radioaktiven Substanzen zu extrahiren und näher zu er- 
forschen. 

Von Anfang unserer Untersuchungen an hielten wir uns für 
verpflichtet, Proben der von uns entdeckten und hergestellten 
Substanzen an einige Physiker zu verleihen, vor allen Dingen an 
Herrn Becquerel, den Entdecker der Uranstrahlen. So haben 
wir selbst die Untersuchungen andrer über die radioaktiven Sub- 
stanzen erleichtert. Bald nach unsren ersten Veröffentlichungen 
befaßte sich auch Herr Giesel in Deutachland mit der Herstellung 
dieser Substanzen und verlieh ebenfalls Proben davon an mehrere 
deutsche Physiker. Später wurden die Substanzen in Deutsch- 
land und Frankreich in den Handel gebracht und die immer mehr 
zunehmende Wichtigkeit des Gegenstandes wurde die Veranlassung 
zu einer wissenschaftlichen Bewegung, so daß zahlreiche Arbeiten 
über die radioaktiven Körper erschienen sind und noch fort- 
während erscheinen, vor allem im Ausland. Die verschiedenen 
französischen und ausländischen • Arbeiten führen natürlich zum 
^ Teil zu gleichen Resultaten, wie bei jedem neuen und in Bildung 

Curie, Untersuchungen über radioaktive Substanzen. 1 



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begriffenen Wissenszweig. Das Aussehen der Frage ändert sieb 
sozusagen von Tag zu Tag. 

Vom chemischen Standpunkt aus ist jedoch ein Punkt de- 
finitiv gesichert: Die Existenz eines neuen stark radio- 
aktiven Elements, des Radiums. Die Herstellung des reinen 
Radiumchlorids und die Bestimmung des Atomgewichts des 
Radiums bilden den wichtigsten Teil meiner persönlichen Mitarbeit. 
Diese Arbeit fügt nicht nur den bisher bekannten einfachen Körpern 
mit Sicherheit einen neuen von sehr merkwürdigen Eigenschaften 
hinzu, sondern enthält auch die Darlegung und Rechtfertigung 
einer neuen Methode chemischer Untersuchungen. Diese auf der 
Radioaktivität, als einer dem Atom anhaftenden Eigenschaft, be- 
ruhende Methode ist es, die uns, Herrn Curie und mir, die Ent- 
deckung des Radiums ermöglichte. 

Während vom chemischen Standpunkte aus die ursprünglich 
gestellte Frage als gelöst betrachtet werden kann, ist die Unter- 
suchung der physikalischen Eigenschaften der radioaktiven Sub- 
stanzen in voller Entwicklung begriffen. Gewisse wichtige Punkte 
stehen zwar bereits fest, aber eine große Anzahl von Schlüssen ist 
noch provisorischer Natur. Dies ist durchaus erklärlich, wenn man 
die Komplicirtheit der mit der Radioaktivität zusammenhängen- 
den Phänomene und die Unterschiede zwischen den verschiedenen 
radioaktiven Substanzen bedenkt. Die Untersuchungen ver- 
schiedener Physiker, die sich mit diesen Substanzen beschäftigen, 
begegnen und durchkreuzen sich fortwährend. Wenn ich auch 
versuchen werde, mich auf das eigentliche Ziel meiner Arbeit zu 
beschränken und vor allem meine eigenen Untersuchungen dar- 
zulegen, so muß ich doch gleichzeitig die Resultate andrer 
Arbeiten mitteilen, deren Kenntniß unerläßlich ist. 

Außerdem hatte ich den Wunsch, diese Arbeit zu einer Über- 
sicht des gegenwärtigen Standes der Frage zu gestalten. 

Die Ausführung dieser Untersuchungen geschah in dem Labo- 
ratorium der „Ecole de physique et de chimie industrielles de la 
ville de Paris", mit Erlaubniß von Herrn Schiitzenberger , dem 
leider verstorbenen Direktor dieser Schule, und von Herrn Lauth, 
dem gegenwärtigen Direktor. Für die wohlwollende Gastfreund- 
schaft, die ich an dieser Anstalt genossen habe, spreche ich hier- 
durch meinen besten Dank aus. 



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Historische Übersicht 



Die Entdeckung der Erscheinung der Radioaktivität steht in 
engem Zusammenhang mit den an die Entdeckung der Röntgen- 
strahlen sich anschließenden Untersuchungen über die photogra- 
phiscben Wirkungen der phosphorescirenden und fluorescirenden 
Substanzen. 

Die ersten Röntgenröhren besaßen keine metallische Anti- 
kathode; die Quelle der Röntgenstrahlen befand sich auf der von 
den Katbodenstrahlen getroffenen Glaswand; gleichzeitig geriet 
diese Glaswand in den Zustand lebhafter Fluorescenz. Man 
konnte sich damals fragen, ob die Emission der Röntgenstrahlen 
nicht eine notwendige Begleiterscheinung der Fluorescenz wäre, 
unabhängig von der Ursache der letzteren. Diese Idee ist zuerst 
von Herrn H. Poincare 1 ) ausgesprochen worden. Kurze Zeit 
darauf kündigte Herr Henry 2 ) an, daß er mit phosphoresciren- 
dem Zinksulfid photographischo Wirkungen durch schwarzes 
Papier hindurch erhalten habe. Herr Niewenglowski 3 ) erhielt 
dieselbe Erscheinung mit belichtetem Calciumsulfid. Endlich er- 
hielt Herr Troost 4 ) kräftige photographische Wirkungen mit 
künstlich hergestellter, phosphorescirender , hexagonaler Blende 
und zwar durch schwarzes Papier und dicken Carton hindurch. 

Die soeben citirten Experimente konnten trotz zahlreicher 
darauf gerichteter Bemühungen nicht wiederholt werden. Man 
kann also durchaus noch nicht als ausgemacht ansehen , daß das 
Zinksulfid und Calciumsulfid die Eigenschaft haben, unter der 
Einwirkung des Lichts unsichtbare Strahlen auszusenden, die 
schwarzes Papier durchdringen und auf die photographische Platte 
wirken. 

Herr Becquerel 5 ) machte ähnliche Versuche mit Uransalzen, 
von denen einige fluorescirend sind. Er erhielt starke photogra- 
phische Wirkungen mit Urankaliumsulfat durch schwarzes Papier 
hindurch. 



*) Revue generale des Sciences; 30. Jan. 1896. 

*) Compt. rend. 122, 312 (1896). 

») Ibid. 122, 386 (1896). 

4 ) Ibid. 122, 564 (1896). 

*) Ibid. 1896 (mehrere Arbeiten). 

1* 



Becquerel glaubte zuerst, daß das fluorescirende Salz sich 
ähnlich verhalte wie das Zink- und Calciumsulfid in den Versuchen 
von Henry, Niewenglowski und Troost. Aber die weiteren 
Versuche zeigten, daß das beobachtete Phänomen mit der Fluores- 
cenz nichts zu tun hatte. Das Salz braucht durchaus nicht belichtet 
zu sein; ferner wirken das Uran und alle seine Verbindungen, 
ob fluorescirend oder nicht, in gleicher Weise, und das metallische 
Uran am allerstärksten. Becquerel fand sodann, daß die Uran- 
verbindungen, auch wenn man sie in vollkommener Dunkelheit 
aufbewahrt, jahrelang fortfahren, auf die photographische Platte 
durch schwarzes Papier hindurch zu wirken. Er nahm an, daß 
das Uran und seine Verbindungen besondere Strahlen aussenden : 
Die Uranstrahlen. Er stellte fest, daß diese Strahlen durch 
dünne Metallschirme hindurchgehen und elektrisirte Körper ent- 
laden. Er machte ferner Versuche, aus denen er schloß, daß die 
Uranstrahlen reflektirt, gebrochen und polarisirt werden können. 

Die Arbeiten anderer Physiker (Elster und G eitel, Lord 
Kelvin, Schmidt, Rutherford, Beattie und Smoluchowski) 
haben die Resultate Becquerels bestätigt und erweitert, ab- 
gesehen von der Reflexion, der Brechung und Polarisation der 
Uranstrahlen, die sich in dieser Beziehung wie die Röntgenstrahlen 
verhalten; eine Tatsache, die zuerst von Rutherford und später 
von Becquerel selbst erkannt wurde. 



Erstes Kapitel. 

Radioaktivität des TJraniums und Thoriums. 
Radioaktive Mineralien. 

a) Becquerelstrahlcn. 

Die von Herrn Becquerel entdeckten Uranstrahlen 
wirken auf gegen Licht geschützte photographische Platten; sie 
können alle festen, flüssigen und gasförmigen Körper durch- 
dringen, vorausgesetzt, daß ihre Dicke genügend gering ist; 



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— 5 — 

die durchstrahlten Gase machen sie zu schwachen Leitern der 
Elektrizität *). 

Diese Eigenschaften der Uranverbindungen entspringen keiner 
bekannten erregenden Ursache. Die Strahlung scheint selbsttätig 
zu sein, ihre Intensität nimmt durchaus nicht ab, wenn man die 
Uran Verbindungen jahrelang in völliger Dunkelheit aufbewahrt; 
es handelt sich also nicht etwa um eine besondere vom Licht 
verursachte Phosphorescenz. Die Selbständigkeit und Konstanz 
der Uranstrahlen stellen eine ganz außergewöhnliche physikalische 
Erscheinung dar. Herr Becquerel 2 ) hat jahrelang ein Stück 
Uran in der Dunkelheit aufbewahrt und festgestellt, daß die 
Wirkung auf die photographische Platte am Schlüsse dieser Zeit 
nicht merklich verändert war. Die Herren Elster und Geitel 3 ) 
haben einen ähnlichen Versuch gemacht und in gleicher Weise 
die Konstanz der Wirkung gefunden. 

Ich habe die Intensität der Uranstrahlen mittels der Leit- 
fähigkeit der Luft gemessen. Die Methode der Messungen wird 
weiter unten auseinander gesetzt werden. Die erhaltenen Zahlen 
beweisen die Konstanz der Strahlung innerhalb der Genauigkeits- 
grenzen der Versuche, d. h. auf 2 bis 3 Proz. 4 ). 

Zu diesen Messungen wurde eine Metallplatte benutzt, die 
mit einer Schicht von Uranpulver bedeckt war. Die Platte 
wurde nicht in der Dunkelheit aufbewahrt, da dies nach den 
oben angeführten Beobachtungen ohne Einfluß ist Die Zahl der 
mit dieser Platte ausgeführten Beobachtungen ist sehr groß und 
erstreckt sich gegenwärtig auf einen Zeitraum von fünf Jahren. 

Ferner untersuchte ich, ob auch irgend welche andre Sub- 
stanzen sich ebenso wie die Uranverbindungen verhalten. Herr 
Schmidt 5 ) veröffentlichte zuerst, daß das Thor und seine Ver- 
bindungen die gleiche Eigenschaft haben; eine analoge und gleich- 
zeitige Arbeit von mir ergab dasselbe Resultat. Ich 6 ) habe diese 
Arbeit publicirt, noch bevor ich Kenntniß von der Schmidt sehen 
Veröffentlichung hatte. 

l ) Becquerel, Compt. rend. 1896 (mehrere Mitteilungen). 
s ) Compt. rend. 128, 771 (1899). 
8 ) Beibl. 21, 455. 

4 ) Revue generale des Sciences; Jan. 1899. 

5 ) Wied. Ann. 65, 141. 

6 ) Compt. rend. 126, April 1898. 



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Das Uran, das Thor und ihre Verbindungen emittiren also 
Becquerelstrahlen. Ich habe die Substanzen, die eine der- 
artige Strahlung auasenden, radioaktiv genannt 1 ), ein Name, 
der seitdem allgemein angenommen worden ist. 

Durch ihre photographischen und elektrischen Wirkungen 
sind die Becquerelstrahlen den Röntgenstrahlen verwandt; sie 
haben auch, wie die letzteren, die Fähigkeit, alle Körper zu 
durchdringen, aber ihr Durchdringungsvermögen ist außerordent- 
lich verschieden ; die Uran- und Thorstrahlen werden von einigen 
Millimetern eines festen Körpers aufgehalten und können sich in 
Luft nicht weiter als auf einige Centimeter fortpflanzen; wenig- 
stens gilt dies für den größten Teil der Strahlung. 

Die Arbeiten verschiedener Physiker, vor allem diejenigen 
von Herrn Rutherford 2 ) haben gezeigt, daß die Becquerel- 
strahlen einer regulären Reflexion, Brechung oder Polarisation 
nicht fähig sind. 

Das schwache Durchdringungsvermögen der Uran- und 
Thorstrahlen konnte dazu führen, sie eher mit den sekundären 
Röntgenstrahlen, die von Sagnac 3 ) näher untersucht sind, als 
mit den Röntgenstrahlen selbst zu vergleichen. 

Andrerseits kann man versuchen, die Becquerelstrahlen den 
in Luft sich fortpflanzenden Kathodenstrahlen (Lenard strahlen) 
zur Seite zu stellen. Man weiß heute, daß diese verschiedenen 
Vergleiche alle ihre Berechtigung haben. 

b) Messung der Strahlungsintensität. 

Die benutzte Methode besteht in der Messung der Leitfähig- 
keit der Luft unter der Einwirkung der radioaktiven Substanzen. 
Diese Methode hat den Vorteil, schnell zu sein und vergleichbare 
Zahlen zu liefern. Der benutzte Apparat besteht im wesentlichen 
aus einem Plattenkondensator AB (Fig. 1). Die fein pulvorisirte 
aktive Substanz ist auf der Platte B ausgebreitet und macht die 
Luft zwischen den Platten leitend. Um diese Leitfähigkeit zu 
messen, bringt man die Platte B auf ein hohes Potential, indem 



l ) P. u. S. Curie, Compt. rend. 126, Juli 1898. 
*) Phil. Mag., Januar 1899. 

3 i Compt. rend. 1897, 1898, 1899 (mehrere Mitteilungen). 



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— 7 — 



Fig. i. 



man sie mit dem einen Pol einer kleinen Akkumulatorenbatterie 
P verbindet, deren andrer Pol an Erde liegt. Da die Platte A 
durch den Draht CD an Erde gelegt ist, so entsteht ein elektri- 
scher Strom zwischen den Platten. Das Potential der Platte A 
wird durch ein Elektrometer E gemessen. Unterbricht man in C 
die Verbindung mit der Erde, so ladet sich die Platte A und die 
Ladung bewirkt eine Ablenkung des Elektrometers. Die Ge- 
schwindigkeit der Ablenkung ist proportional der Stromintensität 
und kann zu ihrer Messung dienen. 

Es ist jedoch vorzuziehen , bei Ausführung der Messung die 
Ladung der Platte i za kompensiren, so daß man das Elektro- 
meter auf Null erhält. 
Die hier in Frage kom- 
menden Ladungen sind 
außerordentlich schwach, 
sie können mit Hülfe 
eines piezoelektrischen 
Quarzes Q kompensirt 
werden, dessen eine Be- 
legung init.4, die andre 
mit der Erde verbunden 
ist. Man unterwirft die 
Quarzplatte einer Zug- 
kraft von bekannter 
Größe durch Aufsetzen , 
von Gewichten auf eine 

Schale H: diese Zugkraft wird allmählich hervorgebracht und be- 
wirkt eine allmähliche Entwicklung einer bekannten Elektrizitäts- 
menge während der Dauer der Messung. Der Vorgang kann 
derart regulirt werden, daß in jedem Augenblick eine Kompen- 
sation stattfindet zwischen der den Kondensator durchfließenden 
und der entgegengesetzten vom Quarz herrührenden Elektrizitäts- 
menge Man kann so in absolutem Maße die während einer 




/ 



H 

P 



Erde 



Erde 



l ) Man erreicht dieses Resultat leicht, indem man das Gewicht 
in der Hand hält, und es nur ganz allmählich auf die Platte H nieder- 
sinken läßt, so daß man den Lichtzeiger des Elektrometers auf Null 
erhält. Mit ein wenig Übung erlangt man leicht den hierzu nötigen 
Handgriff. Diese Methode zur Messung schwacher Ströme ist von 
Herrn J. Curie in seiner Doktorarbeit beschrieben worden. 



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gegebenen Zeit den Kondensator durchfließende Elektrizitätsmenge, 
d. h. die Stromintensität, messen. Die Messung ist unabhängig 
von der Empfindlichkeit des Elektrometers. 

Wenn man eine gewisse Anzahl derartiger Messungen aue- 
führt, so sieht man, daß die Radioaktivität ein ziemlich genau 
meßbares Phänomen ist. Sie variirt wenig mit der Temperatur 
und wird kaum von den Schwankungen der Zimmertemperatur 
beeinflußt; auch eine Belichtung der aktiven Substanz ist ohne 
Einfluß. Die Strom intensität zwischen den Kondensatorplatten 
wächst mit deren Oberfläche; für einen gegebenen Kondensator 
und gegebene Substanz wächst der Strom mit der Potential- 

Fig. 2. 
Starke Felder 




200 *>o 



diSerenz zwischen den Platten, mit dem Druck des Gases, das den 
Kondensator erfüllt, und mit dem Abstand der Platten (voraus- 
gesetzt, daß dieser Abstand nicht gar zu groß im Verhältniß 
zum Durchmesser ist). Jedoch strebt der Strom für sehr hohe 
Potentialdifferenz einem praktisch konstanten Grenzwert zu. Dies 
ist der Sättigungs- oder Grenzstrom. Ferner variirt von 
einem gewissen ziemlich großen Abstand der Platten ab der 
Strom kaum mehr mit dem Abstand. Der unter diesen Bedin- 
gungen erhaltene Strom ist es, der bei meinen Untersuchungen 
als Maß der Radioaktivität genommen wurde, wenn sich der Kon- 
densator in Luft von Atmosphärendruck befand. 



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— 9 — 

Ich gebe als Beispiel einige Kurven, die die Stromstärke als 
Funktion des mittleren Feldes zwischen den Platten für zwei ver- 
schiedene Plattenabstände darstellen. Platte B war mit einer sehr 
dünnen Schicht pulverisirten Uranmetalls bedeckt; die mit dem 
Elektrometer verbundene Platte A war mit einem Schutzring ver- 
sehen. 

Fig. 2 zeigt, daß die Stromintensität für starke Potential- 
differenzen zwischen den Platten konstaut wird. Fig. 3 steDt 
dieselbe Kurve in einem anderen Maßstabe dar und enthält bloß 
die Resultate für schwache Potentialdifferenzen ; der Quotient aus 
Stromstärke und Potentialdifferenz ist für schwache Spannungen 

Fiff. 3. 



Schwache Felder 




konstant und stellt die Initialleitfähigkeit zwischen den Platten 
dar. Man kann also zwei wichtige charakteristische Konstanten 
dieses Phänomens unterscheiden : 1. Die Initialleitfähigkeit für 
schwache Potentialdifferenzen, 2. den Greuzstrom für starke 
Potentialdifferenzen. Dieser Grenzstrom ist es, der als Maß für 
die Radioaktivität angenommen wurde. 

Außer der zwischen den Platten besonders hergestellten 
Potentialdifferenz existirt zwischen ihnen noch eine Kontaktkraft, 
und die Wirkungen dieser beiden Stromursachen addiren sich; 
infolgedessen ändert sich der Absolutwert des Stromes mit dem 
Vorzeichen der äußeren Potentialdiüerenz. Jedoch ist für hohe 



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— 10 — 



Spannungen der Einfluß der Kontaktkraft zu vernachlässigen und 
die Stromstärke unabhängig von den Vorzeichen des Feldes 
zwischen den Platten. 

Die Leitfähigkeit der Luft und andrer Gase unter der Ein- 
wirkung der Becquerelstrahlen ist von mehreren Physikern 
studirt worden Eine sehr vollständige Untersuchung des 
Gegenstandes veröffentlichte Herr Rutherf ord 2 ). 

Die Gesetze der in Gasen durch Becquerelstrahlen hervor- 
gerufenen Leitfähigkeit sind dieselben wie die bei Röntgenstrahlen 
gefundenen. Der Mechanismus der Erscheinung scheint in beiden 
Fällen derselbe zu sein. Die Theorie der Ionisation der Gase 
unter der Wirkung der Röntgen - oder Becquerelstrahlen giebt 
sehr guten Aufschluß über die beobachteten Tatsachen. Diese 
Theorie soll hier nicht weiter erörtert werden ; ich erinnere nur 
an die Resultate, zu denen sie führt: 

1. Die Zahl der pro Sekunde im Gase producirten Ionen wird 
proportional gesetzt der im Gase absorbirten Strahlungsenergie. 

2. Um den einer bestimmten Strahlung entsprechenden 
Grenzstrom zu erhalten, muß man einerseits diese Strahlung vom 
Gase vollständig absorbiren lassen, indem man eine genügend 
große absorbirende Masse benutzt; andrerseits muß man zur 
Hervorbringung des Stromes alle erzeugten Ionen benutzen, in- 
dem man ein so starkes Feld herstellt, daß die Zahl der sich 
wieder vereinigenden Ionen nur einen unwesentlichen Bruchteil 
der in derselben Zeit erzeugten Gesamtzahl von Ionen beträgt, , 
und diese fast vollständig von dem Strom zu den Elektroden ge- 
führt werden. Das hierzu nötige elektrische Feld ist um so 
höher, je .stärker die Ionisation. 

Nach neueren Untersuchungen von Herrn Townsend 3 ) ist 
das Phänomen bei schwachem Gasdruck komplicirter. Der Strom 
scheint zuerst bei wachsender Potentialdifferenz einem konstanten 
Grenzwert zuzustreben, aber von einer gewissen Potentialdifferenz 
an beginnt der Strom wieder mit dem Felde zu wachsen und zwar 
äußerst schnell. Herr Townsend nimmt an, daß dieses An- 

l ) Becquerel, Compt. rend. 124, 800 (1897); Kelvin, Beattie 
und Smoluchowski, Nature 04, 1807; Beattie und Smoluchow- 
ski, Phil. Mag. 43, 413. 

*) Phil. Mag., Januar 1899. 

•) Townsend, Phil. Mag. (ti) 1, 198 (1901). 



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— 11 — 



wachsen von einer neuen Ionisation herrührt, die von den Ionen 
selbst erzeugt wird, wenn sie unter der Einwirkung des elektri- 
schen Feldes eine genügend große Geschwindigkeit annehmen, damit 
ein Gasmolekül, wenn es von diesen Geschossen getroffen wird, 
zerbrochen und in die Ionen, aus denen es besteht, zerteilt wird. 
Ein starkes elektrisches Feld und schwacher Druck begünstigen 
diese Ionisation durch die schon vorhandenen Ionen , und sobald 
dies eintritt, wächst die Stromstärke dauernd mit dem mittleren 
Felde zwischen den Platten. Der Grenzstrom kann also nur er- 
halten werden, wenn die ionisirende Ursache einen gewissen Wert 
nicht überschreitet, so daß die Sättigung bereits bei Feldern erreicht 
wird, bei denen die Ionisation durch Ionenstoß noch nicht statt- 
gefunden hat. Diese Bedingung ist bei meinen Versuchen erfüllt. 

Die Größenordnung des Sättigungsstromes, den man mit 
Uranverbindungen erhält, beträgt etwa 10 — "Ampere für einen 
Kondensator, dessen Platten 8 cm Durchmesser und 3 cm Abstand 
haben. Die Thoriumverbindungen geben Ströme von derselben 
Größenordnung und die Aktivitäten der Oxyde von Uran und Thor 
sind ganz analog. 

c) Radioaktivität der Uran- und Thorverlrindungen. 

Es folgen zunächst einige Zahlen, die ich mit verschiedenen 
Uran Verbindungen erhalten habe; i bedeutet die Stromstärke in 
Ampere : 



Metallisches Uran (etwas kohlehaltig) 

Schwarzes Uranoxyd, UgOj, 

Grünes Uranoxyd, U 3 0 4 

Uransäurehydrat 

Katriumuranat 

Kaliumuranat 

Ammoniumuranat 

Uranosulfat 

Urankaliumsulfat 

Uranylnitrat 

Urankupferphosphat 

UranylsuKat 



t'.lO 11 



2,3 
2,6 
1,8 
0,6 
1,2 
1,2 

1,3 
0,7 
0,7 
0,7 
0 : 9 
1,2 



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— 12 — 



Die Dicke der angewandten Schicht von Uranverbindungen 
hat wenig Einfluß, vorausgesetzt, daß die Schicht zusammen- 
hängend ist. Einige Versuche hierüber ergaben: 





ßchichtdicke 
mm 


»MO" 




0,5 


2,7 




3,0 


3,0 




0,5 


1,3 




3,0 


1,4 



Man kann hieraus schließen, daß die Absorption der Uran- 
strahlen durch die emittirende Substanz sehr stark ist, da die aus 
tieferen Schichten kommenden Strahlen keinen merklichen Effekt 
hervorbringen. 

Aus den Zahlen, die ich l ) mit Thor Verbindungen erhalten 
habe, ergab sich folgendes: 

1. Die Dicke der angewandten Schicht ist von beträchtlichem 
Einfluß, besonders beim Oxyd. 

2. Das Phänomen ist nur dann regelmäßig, wenn man eine 
sehr dünne aktive Schicht benutzt (z. B. 0,25 mm). Wenn man 
dagegen eine dicke Schicht (6 mm) benutzt, so erhält man zwischen 
weiten Grenzen schwankende Zahlen, besonders im Falle des Oxyds : 





i Schichtdicke 
mm 


t . 10» 1 




0,25 


2,2 




0,5 


2,5 




2,5 


4,7 




3,0 


5,5 im Mittel 




6,0 


5,5 . „ 




0,25 


0,8 



Es ist hier also eine Ursache zu Unregelmäßigkeiten vor- 
handen, die bei den Uranverbindungen nicht existirt. Die mit 
einer Oxydschicht von 6 mm erhaltenen Zahlen variiren zwischen 
3,7 und 7,3. 



x ) Compt. rend., April 1898. 



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- 13 — 



Die Untersuchungen, die ich über die Absorption der Uran- 
und Thorstrahlen angestellt habe, ergaben, daß die Thorstrahlen 
ein größeres Durchdringungsvermögen besitzen als die Uran- 
strahlen, und daß die vom Thoroxyd in dicker Schicht emittirten 
Strahlen durchdringender sind als diejenigen, die es in dünner 
Schicht emittirt. Es wurden z. B. folgende Zahlen für den Bruch- 
teil der Strahlung erhalten, den ein Aluminiumblatt von 0,01 mm 
Dicke hindurchläßt: 



Strahlende Substanz 



Vom Aluminium durch- 
Bruchteil der 
Strahlung 



Uran 

Uranoxyd, U,0 5 . . . - 
Ammoniumuranat . . . 
Urankupfersulfat . . . . 
Thoroxyd, 0,25 mm dick 
* °,5 , „ 

3,0 „ „ 

6,0 „ 
Thorsulfat, 0,25 , „ 



0,18 

0,20 
0,20 
0,21 
0,38 
0,47 
0,70 
0,70 
0,38 



Bei den Uranverbindungen ist die Absorption dieselbe, welches 
auch immer die benutzte Verbindung sei, woraus der Schluß zu 
ziehen ist, daß die von den verschiedenen Verbindungen emittirten 
Strahlen von gleicher Art sind. 

Die Eigentümlichkeiten der Thorstrahlung sind bereits Gegen- 
stand sehr ausführlicher Untersuchungen gewesen. Herr Owens 1 ) 
hat gezeigt, daß man einen konstanten Strom in einem ge- 
schlossenen Apparat erst nach ziemlich langer Zeit erhält, und 
daß die Stromstärke sehr stark durch die Wirkung eines Luft- 
stroms reducirt wird (was bei den Uranverbindungen nicht der 
Fall ist). Herr Rutherford 2 ) hat analoge Versuche gemacht 
und sie dahin interpretirt, daß das Thor und seine Verbindungen 
nicht bloß Becquerelstrahlen aussenden, sondern auch eine aus 
außerordentlich feinen Partikeln bestehende Emanation, die einige 



») Phil. Mag., Oktober 1899. 
8 ) Ibid., Januar 1900. 



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— 14 — 



Zeit lang nach ihrer Emission radioaktiv bleibt und von einem 
Luftstrom mit fortbewegt werden kann. 

Die Eigentümlichkeiten der Thorstrahlung, die sich auf die 
Schichtdicke und die Wirkung eines Luftstromes beziehen, sind 
eng verbunden mit der Erscheinung der inducirten Radio- 
aktivität und ihrerFortpflanzung von Schicht zu Schi cht. 
Diese Erscheinung ist zuerst am Radium beobachtet worden und 
soll weiter unten beschrieben werden. 

Die Radioaktivität der Uran- und Thorverbin düngen stellt 
eine Eigenschaft der Atome dar. Herr Becquerel 1 ) 
beobachtete bereits, daß alle Verbindungen des Urans aktiv 
sind, und schloß daraus, daß ihre Aktivität durch die Gegen- 
wart des Elements Uran bedingt sei; er zeigte ferner, daß das 
Uran stärker aktiv ist als seine Salze. Ich habe von diesem 
Gesichtspunkt aus die Uran - und Thorverbindungen untersucht 
und eine große Anzahl von Messungen ihrer Aktivität unter ver- 
schiedenen Bedingungen ausgeführt. Es folgt aus allen diesen 
Messungen, daß die Radioaktivität dieser Substanzen tatsächlich 
eine Eigenschaft des Atoms ist. Sie scheint hier eng verknüpft 
mit der Anwesenheit der Atome der beiden betrachteten Elemente 
und wird weder durch Änderung des physikalischen Zustandes, 
noch durch chemische Umwandlungen zerstört. Die chemischen 
Verbindungen und Mischungen, welche Uran und Thor enthalten, 
sind um so aktiver, je mehr sie von diesen Metallen enthalten, 
indem jede unaktive Substanz einerseits als träge Beimengung 
wirkt, andrerseits einen Teil der Strahlung absorbirt. 

d) Ist die Radioaktivität der Atome eine allgemeine 

Erscheinung ? 

Wie bereits oben gesagt, habe ich danach gesucht, ob andre 
Substanzen außer den Uran- und Thorverbindungen aktiv wären. 
Ich ging bei diesen Untersuchungen von der Idee aus, daß es sehr 
wenig wahrscheinlich sei, daß die Radioaktivität als Eigenschaft 
der Atome betrachtet, nur einer bestimmten Art von Materie zu- 
komme, unter Ausschluß aller übrigen. Die Messungen, die ich 
gemacht habe, erlaubten den Schluß, daß für die augenblicklich. 



') Compt. rend. 122, 1086 (1896). 



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— 15 — 

bekannten chemischen Elemente, incl. die allerseltensten und un- 
sichersten, die von mir studirten Verbindungen wenigstens 100 mal 
weniger aktiv in meinem Apparat wären als das metallische Uran. 
Von den bekannteren Elementen habe ich verschiedene Verbin- 
dungen untersucht, von den seltenen Körpern nur diejenigen 
Verbindungen, die ich mir gerade verschaffen konnte. Folgendes 
ist die Liste der Substanzen, die ich als Element oder in Ver- 
bindung untersucht habe: 

1. Alle Metalle und Nichtmetalle, die leicht erhältlich sind, 
und einige seltenere in ziemlich reinem Zustand aus der Samm- 
lung von Herrn Etard an der „Ecole de physique et de chimie 
industrielles de la ville de Paris". 

2. Die folgenden seltenen Körper: Gallium, Germanium, 
Neodym, Praseodym, Niobium, Skandium, Gadolinium, Erbium, 
Samarium und Rubidium (von Herrn Demar^ay geliehen); 
Yttrium, Ytterbium mit Neoerbium [von Herrn Urbain ge- 
liehen] J ). 

3. Eine große Anzahl von Gesteinen und Mineralien. 

Innerhalb der Empfindlichkeitsgrenze meines Apparates habe 
ich außer dem Uran und Thor keinen einfachen Körper gefunden, 
dessen Atome radioaktiv sind 2 ). Ich muß hier jedoch einige Worte 
bezuglich des Phosphors einfügen. Feuchter weißer Phosphor, 
zwischen die Kondensatorplatten gebracht, macht die Luft zwischen 
den Platten leitend 3 ). Gleichwohl betrachte ich diesen Körper 
nicht als radioaktiv nach Art des Urans und Thors. Der Phos- 
phor oxydirt sich nämlich hierbei und sendet Licht aus, während 
die Uran- und Thorverbindungen radioaktiv sind, ohne eine 
chemische Änderung zu erfahren, die mit den bekannten Mitteln 
nachweisbar wäre. Ferner ist der Phosphor weder in seiner roten 
Modifikation, noch in Verbindungen aktiv. 



l ) Ich bin den genannton Forschem, denen ich die bei meinen 
Untersuchungen benutzten Proben verdanke, zu großem Danke ver- 
pflichtet. Ich danke auch Herrn Moissan, der mir das für meine 
Versuche nötige metallische Uran gab. 

*) Neuere Versuche (siehe littt-rarische Ergänzungen) haben er- 
geben, daß die Radioaktivität doch allgemein verbreitet zu sein scheint. 
Die in Frage kommenden Aktivitäten sind jedoch mehrere 1000 mal 
schwächer als die des Urans. (Anmerk. d. Übers.) 

") Elster u. G eitel, Wied. Ann. 1890. 



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16 — 



In einer neuen Arbeit hat Herr Bloch 1 ) gezeigt, daß der 
Phosphor, wenn er sich an der Luft oxydirt, Ionen erzeugt, die 
sehr schwach beweglich sind, die Luft leitend machen und Kon- 
densation des Wasser dampf es hervorrufen. 

Uran und Thor sind die beiden Elemente des größten Atom- 
gewichts (240 und 232), man findet sie häufig in denselben 
Mineralien. 

e) Radioaktive Mineralien. 

Ich habe in meinem Apparat verschiedene Mineralien unter- 
sucht 2 ). Mehrere davon zeigten sich aktiv, z. B. die Pechblende, 
der Chalkolit, Autunit, Monazit, Thorit, Orangit, Fergusonit, 
Cleveit usw. Die folgende Tabelle enthält die Intensität i des mit 
metallischem Uran und mit verschiedenen Mineralien erhaltenen 
Stromes in Ampere: 



1 


t.10" 




i . 10" 




2,3 


Verschiedene Thorite . . 


/ 1,3 


Pechblende aus Johann- 






georgenstadt .... 


8,3 




2,0 


Pechblende aus Joachims- 






0,5 




7,0 




0,03 


Pechblende aus Pzibram . 


6,5 




0,7 


„ „ Cornwallis 1 


1,6 
1,4 


Fergusonit (zwei Proben) 


f0,4 
\0,1 




5,2 




M 




2,7 
( 0,1 


Niobit (zwei Proben) . . 


fo.i 

\0,3 


Verschiedene Thorite . . 


| 0,3 




0,02 




l 0,7 




6,2 



Der mit Orangit (einem Thoroxyd-haltigen Mineral) erhaltene 
Strom variirt stark mit der angewandten Schichtdicke ; vermehrte 



*) Soc. franc. de phys., 6. Febr. 1903. 

*) Mehrere Mineralproben sind mir aus der Museumssammlung 
durch Herrn Lacroix freundlichst zur Verfügung gestellt worden. 

3 ) Carnotit ist ein neuerdings von Friedel und Cumenge ent- 
decktes, aus Uranvanadat bestehendes Mineral. 



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— 17 — 



man diese Dicke von 0,25 bis 6 mm , so wuchs der Strom von 
1,8 auf 2,7. 

Alle Mineralien, die sich radioaktiv zeigen, enthalten Uran 
oder Thor, ihre Aktivität ist also nicht weiter erstaunlich, doch 
ist die Intensität der Erscheinung bei gewissen Materialien un- 
erwartet groß. So findet man Pechblenden (uranoxydhaltiges 
Mineral), die viermal aktiver sind als metallisches Uran. Chalkolit 
(krystallisirtes Urankupferphosphat) ist zweimal aktiver als Uran. 
Autunit (Urancalciumphosphat) ist ebenso aktiv wie Uran. Diese 
Tatsachen waren in Widerspruch mit den früheren Betrachtungen, 
nach denen kein Mineral stärker aktiv hätte sein dürfen als Uran 
oder Thor. 

Um diesen Punkt aufzuklären, habe ich nach dem Debray- 
8chen l ) Verfahren künstlichen Chalkolit hergestellt unter Be- 
nutzung reiner Ausgangssubstanzen. Dieses Verfahren besteht 
in der Mischung einer Lösung von Urannitrat mit einer Lösung 
von Kupferphosphat in Phosphorsäure und Erhitzung auf 50 bis 
60 Grad. Nach einiger Zeit bilden sich die Chalkolitkrystalle in 
der Flüssigkeit. 

Der so erhaltene Chalkolit besitzt eine durchaus normale, 
seiner Zusammensetzung entsprechende Aktivität; sie ist 2,5 mal 
kleiner als die des Urans. 

Es wurde hiernach sehr wahrscheinlich, daß die Pechblende, 
der Chalkolit, der Autunit ihre starke Aktivität einer kleinen 
Quantität beigemengter stark aktiver Substanz verdanken, die 
verschieden ist vom Uran, vom Thor und den überhaupt bekannten 
einfachen Körpern. Wenn sich dies wirklich so verhielte, glaubte 
ich, hoffen zu dürfen, diese Substanz mittels gewöhnlicher 
chemisch analytischer Verfahren aus dem Mineral extrahiren 
zu können. 



l ) Ann. de chim. et phys. (3) 61, 445. 



Cnrie, üntcrsuoliungen über radioaktive Substanzen. 



o 



Zweites Kapitel 

Die neuen radioaktiven Substanzen. 



a) Untersuchungsmethoden. 

Die Resultate der Untersuchungen radioaktiver Mineralien, 
die im vorigen Kapitel erörtert wurden, veranlaßten Herrn Curie 
und mich zu dem Versuche, aus der Pechblende eine neue radio- 
aktive Substanz zu extrahiren. Als Untersuchungsmethode 
konnten wir uns nur der Radioaktivität selbst bedienen, da wir 
kein andres Merkmal der hypothetischen Substanz kannten. In 
folgender Weise kann man die Radioaktivität für eine derartige 
Untersuchung benutzen: Man mißt die Aktivität eines Produkts 
und führt dann mit ihm eine chemische Trennung aus ; man mißt 
die Aktivität aller hierbei erhaltenen Produkte und stellt fest, ob 
die radioaktive Substanz völlig in einem davon geblieben ist, oder 
ob sie sich in irgend einem Verhältnisse zwischen ihnen geteilt 
hat. Auf diese Weise hat man ein Erkennungsmittel, das in 
mancher Hinsicht mit der Spektralanalyse verglichen werden 
kann. Um vergleichbare Zahlen zu erhalten, muß man die Akti- 
vität der Substanzen im festen und gut getrockneten Zustande 
untersuchen. 

b) Polonium, Radium, Aktinium. 

Die Analyse der Pechblende führte uns unter Anwendung 
der eben erörterten Methode zu der Feststellung der Existenz 
zweier chemisch verschiedener, stark aktiver Substanzen in diesem 
Mineral, des Poloniums, das wir allein, und des Radiums, das 
wir zusammen mit Herrn Bemont entdeckt haben 1 ). 



l ) P. u. S. Curie, Coinpt. rend. , Juli 1898. — P. u. 8. Curie u. 
G. Bemont, Ibid., Dec. 1898. 



i 

i 



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— 19 — 



Das Polonium ist eine dem Wismut in chemisch analytischer 
Beziehung verwandte Substanz und begleitet dieses bei den 
Trennungen. Man erhält ein immer Polonium -reicheres Wismut 
durch eins der folgenden Fraktionirungsverfahren : 

1. Sublimation der Sulfide im Vakuum; das aktive Sulfid 
ist flüchtiger als das des Wismuts. 

2. Ausfällung der salpetersauren Lösung mit Wasser ; das 
niedergeschlagene Subnitrat ist viel aktiver als das gelöst zurück- 
bleibende Salz. 

3. Ausfällung einer sehr stark sauren Chloridlösung mit 
Schwefelwasserstoff. Die niedergeschlagenen Sulfide sind bedeutend 
aktiver als das gelöst zurückbleibende Salz. 

Das Radium ist eine Substanz, die das aus der Pechblende 
extrahirte Baryum begleitet; es folgt dem Baryum in seinen 
Reaktionen und läßt sich von ihm durch den Löslichkeitsunter- 
schied der Chloride in Wasser, alkoholhaltigem Wasser oder mit 
Salzsäure versetztem Wasser trennen. Wir bewirkten die Trennung 
der Chloride von Baryum und Radium, indem wir ihr Gemenge 
einer fraktionirten Krystallisation unterwarfen, wobei das Radium- 
chlorid weniger löslich war als das Baryumchlorid. 

Eine dritte stark radioaktive Substanz ist von Herrn De- 
bierne 1 ) in der Pechblende festgestellt und von ihm als 
Aktinium bezeichnet worden. Das Aktinium begleitet gewisse 
in der Pechblende enthaltene Körper der Eisengruppe. Es 
scheint hauptsächlich dem Thorium verwandt, von dem es noch 
nicht getrennt werden konnte. Die Extraktion des Aktiniums 
aus der Pechblende ist eine sehr heikle Arbeit; die Trennungen 
sind im allgemeinen unvollständig. 

Alle drei neuen radioaktiven Substanzen finden sich in der 
Pechblende nur in ganz verschwindend kleiner Menge. Um sie 
in konzentrirtem Zustande zu erhalten, mußten wir die Behandlung 
von mehreren Tonnen Uranmineralrückständen unternehmen. Im 
Groben geschieht die Behandlung in einer Fabrik; hierauf folgt ein 
umständliches Reinigungs- und Koncentrirungsverfahren. So 
kommen wir dazu, aus den Tausenden von Kilogrammen von 



l ) Compt. rend., Okt. 1899 u. April 1900. 

2* 



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- - 20 — 



Ausgangssubstanz einige Decigramme von Endprodukten zu ge- 
winnen, deren Aktivität im Verhältnis zu der des Minerals, aus 
dem sie stammen, ganz außerordentlich groß ist. Es ist klar, daß 
diese gesamte Arbeit langwierig, heikel und kostspielig ist 

Im Anschluß an unsere Arbeit wurden noch andere radio- 
aktive Substanzen angekündigt. Herr Giesel 3 ) einerseits, die 
Herren Hof mann und Strauß 3 ) andrerseits teilten mit, daß 
wahrscheinlich noch eine dem Blei in seinen chemischen Eigen- 
schaften verwandte radioaktive Substanz existire. Man weiß 
jedoch noch wenig über diese Substanz 4 ). 

Von allen diesen neuen radioaktiven Substanzen ist bis jetzt 
das lladium das einzige, das im Zustande eines reinen Salzes dar- 
gestellt wurde. 

c) Spektrum des Radiums. 

Es war von hervorragender Wichtigkeit, mit allen nur mög- 
lichen Mitteln die bei dieser Arbeit gemachte Hypothese der 
Existenz neuer radioaktiver Elemente zu kontrolliren. Im Falle 



') Wir haben zahlreiche Verpflichtungen gegen alle, die uns bei 
dieser Arbeit zu Hülfe gekommen sind. Wir danken herzlich den 
Herren Mascart und Michel L6vy für ihre wohlwollende Unter- 
stützung. Dank der freundlichen Vermittlung des Herrn Prof. Sueß 
hat die österreichische Verwaltung in liebenswürdigster Weise die 
erste Tonne vorbehandelter Bückstände zu unsrer Verfügung ge- 
stellt (aus der Staatswerkstatt zu Joachimsthal in Böhmen). Die Aka- 
demie der Wissenschaften zu Paris, die „Societe - d'Encouragement pour 
Tlndustrie nationale 11 und ein anonymer Geber haben uns die Mittel 
zur Behandlung einer gewissen Quantität von Substanz gegeben. Unser 
Freund, Herr Debierne, hat die Behandlung des Minerals geleitet, 
die in der Fabrik der „Soctete centrale de produits chimiques" aus- 
geführt wurde. Diese Gesellschaft hatte sich bereit erklärt, die Be- 
handlung ohne Nutzen für sich auszuführen. Allen diesen sprechen 
wir unsren aufrichtigsten Dank aus. 

Ganz neuerdings hat das „Institut de France" 20 000 Frcs. zur 
Extraktion radioaktiver Substanzen zu unsrer Verfügung gestellt. 
Dank dieser Summe konnten wir die Behandlung von fünf Tonnen 
Mineral unternehmen. 

*) Ber. d. deutsch, ehem. Ges. 34, 3775 (1901). 

a ) Ibid. 33, 3126 (1900). 

") Neuere Litteratur über das „Badioblei" s. unter „Litterarische 
Ergänzungen". (Anm. d. Übers.) 



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des Radiums ergab die Spektralanalyse eine vollständige Be- 
stätigung dieser Hypothese. 

Herr Demarc,ay war gern bereit, die Prüfung der neuen 
radioaktiven Substanz mittels der exakten Methode, welche er 
bei dem Studium photographirter Funkenspektra anwendet, aus- 
zuführen. Die Unterstützung durch einen so kompetenten Ge- 
lehrten war für uns eine große Wohltat. Wir bewahren ihm eine 
tiefe Dankbarkeit dafür, daß er sich mit dieser Arbeit befaßte. 
Die Resultate der Spektralanalyse haben uns Gewißheit verschafft 
zu einer Zeit, da wir noch Zweifel über die Interpretation unsrer 
Resultate hatten l ). 

Die ersten Proben von mäßig aktivem Radium • haltigen 
Barymchlorid , die Demarcay untersuchte, zeigten ihm gleich- 
zeitig mit den Baryumlinien eine neue Linie von merklicher 
Intensität und der Wellenlänge k = 381,47 fifi im ultravioletten 
Spektrum. Mit den darauf hergestellten stärker aktiven Pro- 
dukten sah Deinar^ay die Linie 381,47 sich verstärken; gleich- 
zeitig erschienen andre neue Linien und in dem Spektrum hatten 
die neuen Linien und die Baryumlinien vergleichbare Intensität. 
Eine weitere Koncentration lieferte ein Produkt, in dem das neue 
Spektrum vorherrscht, und einzig die allein noch sichtbaren stärk- 
sten drei Baryumlinien zeigen die Anwesenheit dieses Metalls als 
bloße Verunreinigung an. Dieses Produkt kann also als fast 
reines Radiumchlorid betrachtet werden. Endlich konnte ich 
durch eine neue Reinigung ein außerordentlich reines Radium- 
chlorid herstellen, in dessen Spektrum die Hauptlinien des Baryums 
kaum mehr sichtbar sind. 

Folgendes sind nach Demarcay 2 ) die Hauptlinien des 
Radiums für den Teil des Spektrums zwischen A = 500,0 und 
X = 350,0 Tausendstel Mikron (fifi). Die Intensität jeder Linie 
ist durch eine Zahl angegeben, wobei die stärkste Linie gleich 1 6 
gesetzt ist 



*) Wir hatten kürzlich den Schmerz, diesen ausgezeichneten Ge- 
lehrten zu verlieren , mitten in seinen schönen Untersuchungen über 
die seltenen Erden und die Spektroskopie, deren Methoden man wegen 
ihrer Vollendung und Präcision nicht genug bewundern kann. Wir be- 
wahren der vollendeten Liebenswürdigkeit, mit der er an unsrer Arbeit 
teilgenommen hat, ein inniges Andenken. 

*) Compt. rend., Dec. 1898, Nov. 1899, Juli 1900. 



— 22 — 





Intensität 




Intensität 




Intensität 


482,63 


10 


468,30 


14 


443,61 


8 


472,69 


5 


464,19 


4 


434,0*3 


12 


469,98 


3 






381,47 


16 


469,21 


7 


453,35 


9 


364,96 


12 



Alle Linien sind deutlich und scharf; die drei Linien 381,47, 
468,30 und 434,06 sind stark, sie erreichen gleiche Intensität mit 
den stärksten bekannten Linien. Ferner bemerkt man in dem 
Spektrum zwei starke verwaschene Banden ; die erste symmetrische 
erstreckt sich von 463,10 bis 462,19 mit einem Maximum bei 
462,75; die zweite stärkere ist nach dem Ultraviolett hin ab- 
geschattet, sie beginnt plötzlich bei 446,37, erreicht ein Maximuni 
bei 445,52, das sich bis 445,34 erstreckt und dann folgt eine ver- 
waschene Bande, die, allmählich schwächer werdend, bis 439 reicht. 

In dem weniger brechbaren, nicht photograpbirten Teil des 
Funken Spektrums liegt die einzige bemerkbare Linie bei (un- 
gefähr) 566,5; sie ist jedoch viel schwächer als 482,63. 

Der Allgemeinanblick des Spektrums entspricht dem der 
Erdalkalimetalle, deren Spektra bekanntlich aus starken Linien 
und verwaschenen Banden bestehen. 

Nach Demargay kann man das Radium zu den Korpern 
allerenipfindlichster Spektralreaktion rechnen. Ich konnte aus 
meiner Koncentrirungsarbeit schließen, daß in der ersten Probe, 
die die Linie 381,47 deutlich zeigte, das Yerhältniß des darin 
enthaltenen Radiums sehr klein sein mußte (vielleicht 0,02 Proz). 
Gleichwohl bedarf es einer 50 mal größeren Aktivität als die 
des metallischen Urans, um die Hauptlinien des Radiums in den 
photographirten Spektren deutlich zu bemerken. Mit einem 
empfindlichen Elektrometer kann man die Radioaktivität eines 
Produktes erkennen, die nur V^o der des metallischen Urans 
beträgt. Man sieht also, daß zur Erkennung der Anwesenheit 
des Radiums die Radioaktivität ein mehrere 1000 mal empfind- 
licheres Zeichen ist als die Spoktralreaktion. 

Das stark aktive Wismut -Polonium und das stark aktive 
Thorium-Aktinium, die von Demargay geprüft wurden, ergaben 
bis jetzt nur die Linien des Wismuts und Thors. 



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In einer neuen Veröffentlichung kündigt Herr Giesel 1 ), der 
sich mit der Darstellung des Radiums befaßt hat, an, daß das 
Radiumbromid die Flamme rot färbt. Das Flammenspektrum des 
Radiums enthält zwei schöne rote Banden, eine Linie im Blau- 
grün und zwei schwache Linien im Violett. 

d) Abscheidung der neuen radioaktiven Substanzen. 

Der erste Teil des Verfahrens besteht darin, daß man aus 
den Uranmineralien das Radium -haltige Hary um, das Polonium- 
haltige Wismut und die das Aktinium enthaltenden seltenen 
Erden absondert. Wenn man diese drei Ausgangsprodukte er- 
halten hat, so sucht man aus jedem von ihnen die neue radioaktive 
Substanz zu isoliren. Dieser zweite Teil der Arbeit geschieht 
mittels einer Fraktionirungsmethode. Es ist bekanntlich sehr 
schwierig, ein Mittel zur vollkommenen Trennung zweier sehr 
verwandter Elemente zu finden. Die Fraktionirungsmethoden 
sind hier also unerläßlich. Außerdem darf man, wenn ein Element 
einem andren nur spurenweise beigemengt ist, eine vollkommene 
Trennungsmethode auf das Gemisch überhaupt nicht anwenden, 
selbst wenn man eine kennen würde. Man würde tatsächlich 
riskiren, die durch diese Operation abzuscheidende Spur von Sub- 
stanz gänzlich zu verlieren. 

Ich habe mich speciell damit befaßt, das Radium und das 
Polonium zu isoliren. Nach einer Arbeit von mehreren Jahren 
bin ich jedoch nur mit dem ersten der beiden Körper zum Ziele 
gelangt. 

Da die Pechblende ein kostbares Mineral ist, haben wir 
darauf verzichtet, große Quantitäten davon zu behandeln. In 
Europa geschieht die Verarbeitung dieses Minerals im Bergwerk 
von Joachimsthal in Böhmen. Das zerkleinerte Mineral wird 
zuerst mit Soda geröstet und das Produkt dieses Verfahrens zuerst 
in warmem Wasser, dann in verdünnter Schwefelsäure ausgelaugt. 
Die Lösung enthält das Uran , dem die Pechblende ihren Wert 
verdankt. Der unlösliche Rückstand wird fortgeworfen. Dieser 
Rückstand enthält die radioaktiven Substanzen, seine Aktivität 
ist 4,5 mal größer als die des metallischen Urans. Die öster- 



') Phys. Zeitschr., 15. Sept. 1902. 



— 24 — 



reichische Regierung, der das Bergwerk gehurt, hat uns freund- 
licherweise eine Tonne dieses Rückstandes zu unsrer Untersuchung 
zur Verfügung gestellt und das Bergwerk angewiesen, uns noch 
mehrere Tonnen der Substanz zu liefern. 

Es war durchaus nicht leicht, den Rückstand in der Fabrik 
mittels eines laboratoriumsmäßigen Verfahrens zu behandeln. 
Hen* Debierne übernahm es, diese Frage zu studiren und die 
fabrikmäßige Behandlung zu orgauisiren. Der wichtigste Punkt 
der von ihm angegebenen Methode besteht darin, daß man durch 
Kochen der Substanz in koncentrirter Sodalösung die Sulfate in 
Karbonate verwandelt Dieser Vorgang umgeht die sonst not- 
wendige Schmelzung mit Soda. 

Der Rückstand enthält hauptsächlich die Sulfate von Blei 
und Calcium, ferner Silicium, Aluminium und Eisenoxyd. Außer- 
dem finden sich in mehr oder weniger großer Menge beinahe alle 
Metalle (Kupfer, Wismut, Zink, Kobalt, Mangan, Nickel, Vana- 
dium, Antimon, Thallium, die seltenen Erden, Niobium, Tantal, 
Arsen, Baryum usw.) darin vor. Das Radium befindet sich 
in dieser Mischung von Sulfaten als das am wenigsten lös- 
liche. Um es aufzulösen, muß die Schwefelsäure so weit als 
möglich beseitigt werden. Dazu beginnt man die Behandlung 
des Rückstandes mit einer koncentrirten kochenden Natronlauge. 
Die mit dem Blei, Aluminium und Calcium verbundene Schwefel- 
säure geht großenteils als Natriumsulfat in Lösung, das durch 
Auswaschung mit Wasser beseitigt wird. Durch das Alkali ent- 
fernt man gleichzeitig das Blei, Silicium und Aluminium. Der 
unlösliche Teil wird dann mit Wasser gewaschen und der Ein- 
wirkung gewöhnlicher Salzsäure ausgesetzt. Diese Operation be- 
wirkt den völligen Aufschluß der Substanz und löst sie zum 
größten Teil Aus dieser Lösung kann man das Polonium und 
Aktinium ausscheiden: Ersteres wird durch Schwefelwasserstoff 
niedergeschlagen, letzteres findet sich in den Hydraten, die durch 
Ammoniak aus der Lösung niedergeschlagen werden, nachdem 
diese von den Sulfaten getrennt und oxydirt ist. Das Radium 
bleibt in dem unlöslichen Teil. Dieser Teil wird mit Wasser ge- 
waschen, sodann mit einer koncentrirten, kochenden Sodalösung 
behandelt. Wenn nur wenige nicht angegriffene Sulfate zurück- 
geblieben sind, so bewirkt diese Operation eine vollkommene Ver- 
wandlung der Baryumsulfate in Karbonate. Man wäscht darauf 



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— 25 — 



die Substanz sehr grandlich mit Wasser aus und unterwirft sie 
der Einwirkung von Salzsäure, die durchaus frei von Schwefel- 
säure sein muß. Die Lösung, die das Radium, wie auch das 
Polonium und Aktinium enthält, wird filtrirt und mit Schwefel- 
säure niedergeschlagen. Man erhält so rohe Sulfate von Radium- 
haltigem Baryum, die auch Calcium, Blei und Eisen enthalten und 
ein wenig Aktinium mit sich gerissen haben. Die Lösung ent- 
hält noch ein wenig Aktinium und Polonium, die in derselben 
Weise getrennt werden können, wie von der ersten salzsauren 
Lösung. 

Aus einer Tonne Rückstand erhält man so 10 bis 20 kg rohe 
Sulfate, deren Aktivität 30- bis 60 mal größer ist als die des 
metallischen Urans. Man schreitet nunmehr zu ihrer Reinigung. 
Dazu kocht man sie in Soda und verwandelt sie in Chloride. Die 
Lösung wird mit Schwefelwasserstoff behandelt, woraus eine 
kleine Quantität aktiver Sulfide resultirt, die Polonium enthalten. 
Man filtrirt die Lösung, oxydirt sie durch die Wirkung von Chlor 
und schlägt sie mit reinem Ammoniak nieder. Die nieder- 
geschlagenen Oxyde und Hydrate sind stark aktiv und zwar rührt 
die Aktivität vom Aktinium her. Die filtrirte Lösung wird mit 
Soda niedergeschlagen. Die niedergeschlagenen Karbonate der 
Erdalkalien werden gewaschen und in Chloride verwandelt. Diese 
Chloride werden zur Trockenheit eingedampft und mit koncen- 
trirter reiner Salzsäure gewaschen. Das Chlorcalciuin löst sich 
beinahe vollständig, während das Radium -haltige Chlorbaryum 
unlöslich bleibt. Man erhält so pro Tonne Ausgangssubstanz 
ungefähr 8 kg Radium - haltigen Baryums, dessen Aktivität unge- 
fähr 60 mal größer ist als die des metallischen Urans. Dieses 
Chlorid ist reif zur Fraktionirung. 

e) Polonium. 

Wie bereits oben gesagt, schlägt man durch Einleitung von 
Schwefelwasserstoff in die verschiedenen im Laufe des Verfahrens 
erhaltenen salzsauren Lösungen aktive Sulfide nieder, deren Akti- 
vität vom Polonium herrührt. Diese Sulfide enthalten hauptsäch- 
lich Wismut, ein wenig Kupfer und Blei. Letzteres Metall ist 
darin nur in geringem Maße enthalten, da es zum großen Teil 
durch die Natronlauge entfernt worden ist, und da sein Chlorid 



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— 26 — 



wenig löslich ist. Antimon und Arsen befinden sich nur in mini- 
maler Menge in den Oxyden, da ihre Oxyde durch das Natron 
gelöst sind. Um hieraus stark aktive Sulfide zu erhalten, be- 
nutzte man folgendes Verfahren. Die stark sauren Chlorid- 
lösungen wurden durch Schwefelwasserstoff niedergeschlagen. Die 
hierbei ausfallenden Sulfide sind stark aktiv, man benutzt sie zur 
Herstellung des Poloniums. In der Lösung bleiben die Substanzen, 
die bei Gegenwart eines Uberschusses von SalzEäure nur unvoll- 
kommen niedergeschlagen werden (Wismut, Blei, Antimon). Um 
die Fällung zu vollenden, verdünnt man die Lösung mit Wasser, 
behandelt hie von neuem mit Schwefelwasserstoff und erhält ein 
zweites Quantum von Sulfiden, das viel weniger aktiv als das 
erste ist und im allgemeinen fortgeworfen wird. Zur weiteren 
Reinigung der Sulfide wäscht man sie mit Schwefeiammonium, 
wodurch die übrig bleibenden Spuren von Antimon und Arsen 
beseitigt werden. Dann wäscht man sie mit Wasser, dem Am- 
moniumnitrat zugesetzt ist, und behandelt sie mit verdünnter 
Salpetersäure. Die Lösung ist niemals vollständig, man behält 
immer einen mehr oder weniger großen unlöslichen Rückstand, 
den man nach Gutdünken nochmals behandeln kann. Die Lösung 
wird auf ein kleines Volumen eingedampft und entweder durch 
Ammoniak oder durch viel Wasser niedergeschlagen. In beiden 
Fällen verbleiben Blei und Kupfer, im zweiten Fall auch ein 
wenig fast unaktives Wismut in Lösung. 

Der aus Oxyden oder Subnitraten bestehende Niederschlag 
wird in folgender Weise fraktionirt: Man löst den Niederschlag 
in Salpetersäure und fügt der Lösung Wasser zu bis zur Bildung 
einer genügenden Menge von Niederschlag. Bei dieser Operation 
muß man berücksichtigen, daß der Niederschlag sich zuweilen 
erst nach einiger Zeit bildet. Man trennt ihn von der über- 
stehenden Flüssigkeit und löst ihn von neuem in Salpetersäure; 
beide so erhaltenen Flüssigkeitsmengen unterwirft man von neuem 
einer Fällung durch Wasser und so fort. Man vereinigt die ver- 
schiedenen Portionen nach Maßgabe ihrer Aktivität, indem man 
die Koncentration so weit wie möglich zu treiben sucht. Mau 
erhält so eine kleine Quantität von Substanz, deren Aktivität 
enorm ist, die aber nichtsdestoweniger im Spektroskop bis jetzt 
nur die Linien des Wismut gegeben hat. 

Leider hat man wenig Aussicht, auf diesem Wege zu einer 



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— 27 — 

Isolirimg des Poloniums zu gelangen. Die beschriebene Frak- 
tionirung8methode bietet große Schwierigkeiten, und dasselbe gilt 
von andren Fraktionirungsmethoden auf nassem Wege. Welches 
auch immer der angewandte Proceß sei, es bilden sich sehr leicht 
Verbindungen, die in verdünnten, wie in koncentrirten Säuren 
absolut unlöslich sind. Diese Verbindungen können nur auf- 
gelöst werden, wenn man sie vorher in den metallischen Zustand 
überführt, z. B. durch Schmelzung mit Cyankalium. Da die Zahl 
der auszuführenden Operationen sowieso schon beträchtlich ist, 
so bietet dieser Umstand eine enorme Schwierigkeit für den Fort- 
schritt der Fraktionirung; dieser Ubelstand ist um so schwer- 
wiegender, als das Polonium eine Substanz ist, die, einmal aus 
der Pechblende entfernt, allmählich an Aktivität einbüßt. Dieses 
Nachlassen der Aktivität ist übrigens langsam; so hat z. B. eine 
Probe von Polonium - haltigem Wismutnitrat in 11 Monaten nur 
die Hälfte seiner Aktivität eingebüßt. 

Beim Radium bietet sich keine analoge Schwierigkeit. Die 
Radioaktivität bleibt ein treuer Führer für die Konceutrirung; 
diese Koncentrirung selbst bietet keinerlei Schwierigkeit, und die 
Fortschritte der Arbeit konnten von Anfang an durch die Spektral- 
analyse kontrollirt werden. 

Als die weiter unten zu besprechenden Erscheinungen der 
inducirten Aktivität bekannt wurden , konnte man natürlich an- 
nehmen, daß das Polonium, das nur die Spektrallinien des Wis- 
muts zeigt und dessen Aktivität mit der Zeit abnimmt, kein neues 
Element, sondern durch die Nachbarschaft des Radiums in der 
Pechblende inducirtes Wismut sei. Ich bin nicht davon überzeugt, 
daß diese Anschauung richtig sei. Im Laufe meiner langen 
Arbeit über das Polonium habe ich chemische Wirkungen kon- 
statirt, die ich weder mit gewöhnlichem, noch mit durch Radium 
aktivirtem Wismut jemals beobachtet habe. Diese chemischen 
Effekte bestehen in erster Linie in der äußerst leichten Bildung 
unlöslicher Verbindungen, von denen oben die Rede war (speciell 
Subnitrate), zweitens in der Farbe und dem Aussehen der Nieder- 
schläge, die man durch Wasserzusatz zur Lösung von Polonium- 
haltigem Wismutnitrat erhält. Diese Niederschläge sind manchmal 
weiß, aber meistens von einem mehr oder weniger lebhaftem Gelb, 
das bis zum tiefen Rot geht. 

Die Abwesenheit von anderen Spektrallinien als denen des 



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— 28 — 



Wismuts beweist durchaus nicht mit Sicherheit, daß die Substanz 
nur Wismut enthält, denn es giebt Körper, deren Spektralreaktion 
sehr wenig empfindlich ist. 

Es wäre nötig, eine kleine Quantität Polonium -haltigen Wis- 
muts in möglichst großer Koncentration herzustellen und dieses 
chemisch zu untersuchen, vor allem bezüglich des Atomgewichts 
des Metalls. Diese Untersuchung konnte noch nicht ausgeführt 
werden, wegen der eben erwähnten Schwierigkeit bei der chemi- 
schen Arbeit. 

Wenn es erwiesen wäre, daß das Polonium ein neues 
Element ist, so wäre es darum nicht weniger wahr, daß dieses 
Element nicht beliebig lange im stark aktiven Zustande exi- 
stiren kann, wenigstens sobald es von dem Mineral getrennt 
ist. Man kann also die Frage auf zwei verschiedene Weisen be- 
trachten: 1. Entweder ist die ganze Aktivität des Poloniums bloß 
von den benachbarten radioaktiven Substanzen inducirt. Das 
Polonium hätte dann also die Fähigkeit, seine Atome in lang- 
dauernder Form zu induciren, eine Fähigkeit, die nicht allen Sub- 
stanzen zuzukommen scheint 1 ); 2. oder die Aktivität ist eine dem 
Polonium selbst angehörige, die sich unter gewissen Bedingungen 
von selbst zerstört, unter gewissen anderen Bedingungen, die in 
dem Mineral realisirt sind, beständig sein kann. Die Erscheinung 
der Atomaktivirung durch Kontakt ist so wenig bekannt, daß es 
an jeder Grundlage mangelt, um sich eine bestimmte Meinung in 
dieser Frage zu bilden. 

Ganz kürzlich ist eine Arbeit von Herrn Marckwald 2 ) über 
das Polonium erschienen. Marckwald taucht einen reinen Wis- 
mutstab in eine Lösung von Wismutchlorid, das durch Behandlung 
von Pechblendenrückständen erhalten ist. Nach einiger Zeit be- 
deckt sich der Stab mit einem stark aktiven Niederschlag und 
die Lösung enthält nur noch inaktives Wismut. Marckwald 
erhält ebenfalls einen sehr aktiven Niederschlag, wenn er Zinn- 
chlorid einer Lösung von radioaktivem Wismutchlorid hinzufügt. 
Er achließt daraus, daß das aktive Element dem Tellur analog 
ist, und giebt ihm den Namen Radiotellur. Die aktive Sub- 
stanz Marckwalds scheint mit dem Polonium identisch durch 

l ) Siehe auch neuere Versuche von V. Giesel [Ber. d. deutsch, 
ehem. Ge?. 3b\ 2368 (1903)]. (Anm. d. Übers.) 

■) Ber. d. deutsch, ehem. Ges., Juni 1902, Dec. 1902. 



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- 29 — 



ihre Herkunft und durch die stark absorbirbaren Strahlen , die 
sie auasendet. Die Wahl eines neuen Namens für diese Substanz 
ist jedenfalls bei dem gegenwärtigen Stande der Frage noch unnötig. 

f) Herstellung des reinen Radiumchlorids. 

Der von mir angewandte Weg zur Aussonderung reinen 
Kadium chlorids aus dem Radium - haltigen Baryumchlorid besteht 
darin, daß man das Gemenge der Chloride einer fraktionirten 
Krystallisation unterwirft, zuerst in reinem Wasser, dann in 
Wasser, dem Salzsäure zugesetzt ist. Man benutzt also den 
Unterschied in der Löslichkeit der beiden Chloride, wobei das 
Radiumchlorid weniger löslich ist als das Baryumchlorid. 

Beim Beginn der Fraktionirung gebraucht man reines destil- 
lirtes Wasser; man löst das Chlorid auf und kocht die Lösung bis 
zur Sättigung ein. Dann läßt man durch Abkühlung in einer 
offenen Schale auskrjstallisiren. Es bilden sich auf dem Grunde 
schöne festhaftende Krystalle, von denen die überstehende 
Mutterlauge leicht abgegossen werden kann. Wenn man eine 
Probe dieser Lösung zur Trockenheit eindampft, so findet man, 
daß das hierbei erhaltene Chlorid ungefähr fünfmal weniger aktiv 
ist als das auskrystallisirte. Man hat also das Chlorid in zwei 
Teile A und B geteilt, von denen A vie aktiver ist als B, Man 
erneuert mit jedem der Chloride A und B die Operation und er- 
hält mit jedem von ihnen zwei neue Fraktionen. Wenn die Kry- 
stallisation beendet ist, vereinigt man den weniger aktiven Teil 
des Chlorids A mit dem stärker aktiven des Chlorids B, da diese 
merklich dieselbe Aktivität haben. Man hat jetzt also drei Teile, 
die man von neuem derselben Behandlung unterwirft; man läßt 
jedoch die Zahl der Portionen nicht dauernd wachsen, da sich in 
dein Maße, wie die Anzahl wächst, die Aktivität der am stärksten 
löslichen Portion vermindert. Wenn diese Portion eine nur noch 
ganz unbedeutende Aktivität besitzt, so entfernt man sie aus dem 
Verfahren. Hat man die gewünschte Anzahl von Portionen er- 
halten, so fraktionirt man auch die am wenigsten lösliche (an 
Radium reichste) Portion nicht weiter und entfernt sie aus dem 
Verfahren. 

Man operirt mit einer konstanten Anzahl von Portionen. 
Kach jeder Reihe von Operationen wird die Mutterlauge der einen 



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— 30 — 



Fortion auf die Krystalle der nächstfolgenden gegossen; aber 
wenn man nach einer Reihe die löslichste Portion entfernt hat, so 
macht man im Gegensatz dazu bei der nächsten Reibe eine neue 
Portion mit der löslichsten Fraktion und entfernt dagegen die 
Krystalle, die die am stärksten aktive Portion bilden. Durch die 
stete Abwechslung dieser beiden Operationen erhält man einen 
sehr regelmäßigen Fraktionirungsmechanismus , in dem die Zahl 
der Portionen und die Aktivität jeder von ihnen konstant bleiben ; 
jede Portion ist hierbei ungefähr fünfmal aktiver als die folgende. 
An der einen Seite (am Ende) entfernt man hierbei ein fast unaktives 
Produkt, während man an der andren Seite (an der Spitze) ein 
an Radium angereichertes Chlorid erntet. Die in den Portionen 
enthaltene Substanzmenge wird natürlich immer geringer und die 
verschiedenen Portionen enthalten um so weniger Substanz, um 
so aktiver sie sind. Anfangs wurde mit sechs Portionen operirt 
und die Aktivität des am Ende entfernten Chlorids betrug nur 
noch 0,1 der des Urans. 

Wenn man so einen großen Teil der inaktiven Substanz eli- 
minirt hat und die Portionen klein geworden sind, wird es zweck- 
los, eine so schwache Aktivität noch zu eliminiren; man schaltet 
also eine Portion am Ende der Fraktionsreihe aus und fügt an 
der Spitze eine Portion hinzu, die aus dem vorher gewonnenen 
aktiven Chlorid gebildet ist. Man wird jetzt also ein an Radium 
reicheres Chlorid ernten als vorher. Man fährt mit der Anwendung 
dieses Systems fort, bis die Krystalle an der Spitze der Reihe aus 
reinem Radiumchlorid bestehen. Wenn die Ausführung der Frak- 
tionirung eine sehr vollkommene war, so bleiben nur sehr kleine 
Mengen aller Zwischenprodukte übrig. 

Wenn die Fraktionirung weit fortgeschritten und die in den 
einzelnen Portionen enthaltene Substanzmenge sehr klein ge- 
worden ist, so wird die Trennung durch Krystallisation weniger 
wirksam, da die Abkühlung zu schnell erfolgt und das Volumen 
der abzugießenden Lösung zu klein wird. Dann empfiehlt es 
sich, dem Wasser eine bestimmte Menge von Salzsäure hinzu- 
zusetzen, die um so größer werden muß, je weiter die Fraktio- 
nirung fortschreitet. 

Der Vorteil dieses Zusatzes besteht in einer Vermehrung der 
Lö8ungs menge, da die Chloride in verdünnter Salzsäure weniger 
löslich sind als in reinem Wasser. Außerdem wird aber auch die 



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— 31 — 



Fraktionirung hierdurch -wirksamer; die Differenz zwischen den 
beiden Fraktionen eines bestimmten Produkts wird jetzt sehr be- 
trächtlich; bei Anwendung von Wasser mit viel Salzsäure erhält 
man deshalb ausgezeichnete Trennungen und kann mit bloß drei 
oder vier Portionen auskommen. Es empfiehlt sich, dieses Ver- 
fahren sogleich anzuwenden, sowie nur die Substanzmenge klein 
genug geworden ist, um es ohne Schwierigkeiten zu können. 

Die Krystalle, die sich aus stark saurer Lösung nieder- 
schlagen, haben die Form sehr langer Nadeln, die für das Baryum- 
chlorid genau so aussehen wie für das Radiumchlorid. Beide 
sind doppeibrechend. Die Krystalle des Radium-haltigen Baryums 
schlagen sich farblos nieder, aber wenn die Menge des Radiums 
genügend groß wird, nehmen sie nach einiger Zeit eine gelbe 
Farbe an, die bis zum Orange geht, manchmal auch eine schöne 
rosa Färbung. Diese Färbung verschwindet beim Auflösen. Die 
Krystalle des reinen Radiums färben sich nicht oder wenigstens 
nicht so schnell; die Färbung scheint also an die gleichzeitige 
Anwesenheit von Baryum und Radium gebunden zu sein. Das 
Maximum der Färbung wird mit einer bestimmten Koncentration 
des Radiums erreicht, und man kann diese Eigenschaft benutzen, 
um den Fortschritt der Fraktionirung zu kontrolliren. Solange 
die aktivste Portion sich noch färbt, enthält sie eine merkliche 
Menge von Baryum, wenn sie selbst sich nicht mehr färbt, wohl 
aber die folgenden Portionen, so besteht sie im wesentlichen aus 
reinem Radiumchlorid. 

Ich habe manchmal die Bildung eines Krystallgemenges be- 
obachtet, von dem ein Teil farblos blieb, während der andre sich 
färbte. Es scheint möglich, die farblosen Krystalle durch Aus- 
suchen abzutrennen, doch habe ich es nicht versucht. 

Gegen Schluß des Fraktionirungsverfahrens ist das Aktivitäts- 
verhältniß der aufeinander folgenden Portionen nicht mehr das- 
selbe wie im Anfange und auch nicht mehr so regelmäßig; 
eine ernsthafte Störung im Gange des Verfahrens tritt jedoch 
nicht ein. 

Auch die fraktionirte Fällung einer wässrigen Lösung von 
Radium-haltigem Baryumchlorid durch Akohol führt zur Isolirung 
des Radiumchlorids, das sich zuerst niederschlägt. Diese anfangs 
von mir angewandte Methode wurde später zu Gunsten der eben 
beschriebenen aufgegeben, die mehr Regelmäßigkeit besitzt. 



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— 32 — 



Gleichwohl habe ich manchmal die Füllung durch Alkohol 
benutzt, um Radiumchlorid zu reinigen, das eine kleine Spur von 
Bary um chlor id enthält. Letzteres bleibt in der leicht wässrigen 
alkoholischen Lösung zurück und kann so entfernt werden. 

Herr Giesel, der sich seit der Publikation unsrer ersten 
Untersuchungen mit der Herstellung radioaktiver Körper befaßte, 
* empfiehlt die Trennung des Radiums vom Rarjum durch frak- 
tionirte Krystallisation eines Gemenges der Bromide. Ich konnte 
feststellen, daß dieses Verfahren tatsächlich sehr vorteilhaft ist, 
besonders im Beginn der Fraktionirung. 

Welches Fraktionirungsverfahren man auch anwenden mag, 
jedenfalls sollte man es durch Messung der Aktivität kontrolliren. 
Dabei ist zu bemerken, daß eine Radiumverbindung, wenn sie aus 
dem gelösten Zustande in den festen übergeführt wird, sei es durch 
Fällung, sei es durch Krystallisation, im Beginn eine um so ge- 
ringere Aktivität besitzt, je länger sie sich im Zustand der Lösung 
befand. Die Aktivität wächst sodann während mehrerer Monate 
bis zu einer stets gleichen Grenze. Der Endwert der Aktivität 
ist fünf- bis sechsmal größer als der Anfangs wert. Diese Ver- 
änderungen, auf die ich weiter unten zurückkommen werde, 
müssen bei der Messung der Aktivität berücksichtigt werden. 
W enn auch die Endaktivität besser definirt ist, so ist es doch 
praktischer, im Laufe eines chemischen Verfahrens die Anfangs- 
aktivität des festen Produkts zu messen. 

Die Aktivität der stark aktiven Substanzen ist von einer 
ganz andren Größenordnung als die des Minerals, aus dem sie 
stammen (sie ist 10* mal größer). Wenn man diese Radioaktivität 
mit der im Beginn dieser Arbeit erläuterten Methode mißt (Fig. 1), 
so kann man die dem Quarz zu erteilende Belastung nicht über 
eine gewisse Grenze vermehren. Diese Belastung betrug bei 
unsren Versuchen im Maximum 4000 g, entsprechend einer ent- 
wickelten Elektrizitätsmenge von 25 elektrostatischen Einheiten. 
Wir können also nur im Verhältniß von 1 zu 4000 variirende Aktivi- 
täten mit ein und derselben Oberfläche der aktiven Substanz messen. 
Um den Meßbarkeitsbereich auszudehnen, lassen wir die Oberfläche 
in einem bestimmten Verhältniß sich ändern. Die aktive Sub- 
stanz bedeckt dann auf der Platte B eine kreisförmige Zone von 
bekanntem Radius. Da die Aktivität unter diesen Bedingungen 
nicht genau der Oberfläche proportional ist, so bestimmt man 



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— 33 — 



empirisch Koefficienten, die eine Vergleichung der Aktivitäten bei 
ungleicher Oberfläche ermöglichen. Wenn auch dieses Hülfs- 
mittel versagt, muß man zu absorbirenden Schirmen und andren 
entsprechenden Maßnahmen seine Zuflucht nehmen, auf die ich 
hier nicht näher eingehen will. Alle diese mehr oder weniger 
unvollkommenen Maßnahmen genügen jedoch, um eine Kontrolle 
bei den Untersuchungen zu haben. 

Wir haben auch den Strom im Kondensator gemessen, indem 
wir ihn in einen Kreis mit einer Batterie kleiner Akkumulatoren 
und einem empfindlichen Galvanometer schalteten. Die häufig 
notwendige Kontrolle der Galvanometerempfindlichkeit ließ uns 
von der Anwendung dieser Methode bei den laufenden Messungen 
absehen. 

g) Bestimmung des Atomgewichts des Radiums 1 ). 

Im Laufe meiner Arbeit habe ich mehrmals das Atomgewicht 
des in den Proben Radium - haltigen Baryumchlorids enthaltenen 
Metalls untersucht. Jedesmal, wenn ich nach Abschluß einer 
neuen Verarbeitung einen neuen Vorrat Radium-haltigen Baryum- 
chlorids zu behandeln hatte, trieb ich die Koncentrirung so weit 
wie möglich, derart, daß ich 0,1 bis 0,5g einer Substanz erhielt, 
in der fast die ganze Aktivität des Gemenges enthalten war. Aus 
dieser kleinen Substanzmenge fällte ich durch Alkohol oder Salz» 
säure einige Milligramm, die zur spektralanalytischen Unter- 
suchung bestimmt wurden. Dank seiner ausgezeichneten Methode 
bedurfte Herr Dem arg ay nur dieser minimalen Substanzmenge, 
um eine Photographie des Funkenspektrums aufzunehmen. Mit 
dem übrig bleibenden Produkt führte ich eine Atomgewichts- 
bestimmung aus. 

Ich benutzte die klassische Methode» die darin besteht, daß 
man das in einer bestimmten Menge wasserfreien Chlorids ent- 
haltene Chlor als Chlorsilber bestimmt. Als Kon troll versuch be- 
stimmte ich das Atomgewicht des Baryums auf dieselbe Weise, 
unter denselben Bedingungen und mit derselben Substanzmenge, 
zuerst 0,5 g dann bloß 0,1 g. Die gefundenen Zahlen lagen stets 
zwischen 137 und 138. Die Methode liefert also selbst mit einer 
so kleinen Substanzmenge genügend gute Resultate. 

*) S.Curie, Compt. rend., 13. Nov. 1899, Aug. 1900, 21. Juli 1902. 
Curie, Untersuchungen über radioaktive Substanzen. o 



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— 34 — 



Die beiden ersten Bestimmungen wurden mit Chloriden ge- 
macht, von denen das eine 230 mal, das andre 600 mal aktiver 
war als Uran. Diese beiden Versuche ergaben innerhalb der 
Fehlergrenze dieselbe Zahl, wie der Versuch mit reinem Baryum- 
chlorid. 

Man konnte also die Auffindung einer Differenz nur bei An- 
wendung eines -viel stärker aktiven Produkts erhoffen. Der fol- 
gende Versuch, der mit einem Chlorid, das 3500 mal aktiver war 
als Uran, ausgeführt wurde, ließ zum erstenmal eine zwar kleine, 
aber sichere Differenz bemerken ; ich fand für das mittlere Atom- 
gewicht des in dem Chlorid enthaltenen Metalls 140, was darauf 
hinwies, daß das Atomgewicht des Radiums viel höher sein mußte 
als das des Baryums. Als ich dann immer aktivere Produkte 
anwandte, die das Radiumspektrum in immer größerer Intensität 
zeigten, konstatirte ich auch, daß die erhaltenen Zahlen immer 
größer wurden, wie aus der folgenden Tabelle hervorgeht (A be- 
deutet die Aktivität des Chlorids, die des Urans gleich 1 gesetzt; 
M das gefundene Atomgewicht) : 



Ä 


M 




3500 
4700 
7500 

Größen- 1 
Ordnung > 
10« J 


140 
141 
145,8 

173,8 

225 


Radiuinspektruni sein* schwach. 

1 Eadiumspektrum stark, aber Baryumspek- 
truni noch weit vorherrschend. 

Beide Spektra von ungefähr gleicher Stärke. 
Baryum nur noch spurenweise vorhanden. 



Die Zahlen der Spalte A sind nur als rohe Angaben zu be- 
trachten. Die Auswertung der Aktivität stark aktiver Körper ist in 
der Tat aus weiter unten zu erörternden Gründen sehr schwierig. 

Im Laufe des oben beschriebenen Verfahrens erhielt ich im 
März 1902 0,12 g eines Radiumchlorids, dessen spektralanalytische 
Untersuchung Herr Demar^ay freundlichst ausführte. Dieses 
Radiumchlorid war nach Herrn Demarc,ays Meinung so gut wie 
rein ; gleichwohl zeigte sein Spektrum die Hauptlinien des Baryums 
noch mit merklicher Stärke. Ich habe mit diesem Chlorid vier 
Einzelbestimmungen hintereinander ausgeführt, deren Resultate 
folgende sind: 



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— 35 — 





1 "Wasserfreies 
Badium- 
chlorid 

IT 


C 1 1 1 * h i* k2 i 1 ViOff* 

K 


M 




0,115 0 


0,113 0 


220,7 




0,114 8 


0,111 9 


223,0 




0,111 35 


0,108 6 


222,8 




0,109 25 


0,106 45 


223,1 



Ich unternahm sodann eine neue Reinigung des Chlorids und 
gelangte zu einer noch reineren Substanz, in deren Spektrum die 
beiden stärksten Baryumlinien nur noch sehr schwach sind. Unter 
Berücksichtigung der Empfindlichkeit der Spektralreaktion des 
Baryums meint Herr Demarcay, daß dieses gereinigte Chlorid 
nur noch minimale Spuren von Baryum enthält, die das Atom- 
gewicht nicht mehr in angebbarem Betrage beeinflussen können. — 
Mit diesem vollkommen reinen Radiumchlorid machte ich drei 
Bestimmungen mit folgenden Resultaten: 





Wasserfreies 
Bad i um- 
chlorid 

! K 


Chlorsilber 




1 


0,091 92 


0,088 90 


225,3 


II 


0,089 36 


0,086 27 


225,8 


111 


0,088 39 


0,085 89 


224,0 



Diese Zahlen ergeben als Mittel 225. Sie sind, ebenso wie 
die früheren, unter der Annahme berechnet, daß das Radium 
zweiwertig sei, daß also sein Chlorid die Formel RaCl 2 habe, und 
unter Zugrundelegung folgender Zahlen für das Silber und das 
Chlor: Ag = 107,8; Cl = 35,4. 

Aus diesen Versuchen folgt als Atomgewicht des Radiums 
225. Ich halte diese Zahl für auf eine Einheit genau. 

Die Wägungen wurden mit einer genau justirten Curieschen 
aperiodischen Wage gemacht, deren Empfindlichkeit 1 / 2 q m g betrug. 
Diese direkt ablesbare Wage erlaubt die Ausführung sehr schneller 
Wägungen, was sehr wesentlich ist bei der Wägung von wasser- 
freien Radium- und Baryumchloriden, die selbst bei Anwesen- 
heit von Trockenmitteln im Wagekasten langsam Wasser ab- 

3* 



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— 36 — 



sorbiren. Die zu wagenden Substanzen befanden sieb in einem 
Platin tiegel , der seit langer Zeit im Gebrauch war; ich habe mich 
überzeugt, daß sein Gewicht sich während einer Operation nicht 
um Vio m fi> änderte. 

Das durch Krystallisation erhaltene, Krystallwasser ent- 
haltende Chlorid wurde in den Tiegel gebracht und durch Er- 
hitzung im Trockenschrank in Anhydrid verwandelt. Der Versuch 
ergiebt, daß, wenn das Chlorid einige Stunden auf 100° gehalten 
wurde, sein Gewicht sich nicht mehr ändert, selbst wenn man die 
Temperatur auf 200° erhöht und während einiger Stunden erhält. 
Das so erhaltene wasserfreie Chlorid bildet also einen wohl- 
definirten Körper. 

Ich teile einige Messungen hierüber mit : Das Chlorid (1 dg) 
wird bei 55° im Trockenschrank getrocknet und in einen Exsiccator 
mit Phosphorsäureanhydrid gestellt; es verliert dann langsam an 
Gewicht, woraus hervorgeht, daß es noch etwas Wasser enthält; 
während 12 Stunden betrug dieser Verlust etwa 3 mg. Man bringt 
das Chlorid wieder in den Trockenschrank und steigert die Tempera- 
tur auf 100°. Während dieser Operation verliert das Chlorid 6,3 mg. 
Während weiterer 3 Stunden und 15 Minuten verliert es noch 
2,5 mg. Man erhält die Temperatur 45 Minuten lang zwischen 
100 und 120°, wodurch ein Gewichtsverlust von 0,1mg entsteht. 
Weitere 30 Minuten auf 125° gelassen, verliert das Chlorid nichts. 
Sodann 30 Minuten auf 150° gehalten, verliert es 0,1 mg. End- 
lich 4 Stunden lang auf 200° erhitzt, erfährt es einen Gewichts- 
verlust von 0,15 mg. Während aller dieser Operationen änderte 
sich das Gewicht des Tiegels um 0,05 mg. 

>iach jeder Bestimmung des Atomgewichts wurde das Radium 
folgendermaßen wieder in Chlorid zurückverwandelt : Die Flüssig- 
keit, die nach der Analyse Radium- und Silbernitrat im Überschuß 
enthielt, wurde mit reiner Salzsäure versetzt und das Chlorsilber 
durch Filtration beseitigt; dann wurde die Flüssigkeit mehrere 
Male mit einem Überschuß reiner Salzsäure zur Trockne ein- 
gedampft. Der Versuch ergiebt, daß man auf diese Weise die 
Salpetersäure vollständig beseitigen kann. 

Das zur Analyse dienende Chlorsilber war stets radioaktiv 
und selbstleuchtend. Ich überzeugte mich, daß es keine wägbare 
Menge von Radium mitgerissen habe, indem ich die darin enthaltene 
Silbermenge bestimmte. Zu diesem Zwecke wurde das in dem 



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— 37 — 



Tiegel enthaltene geschmolzene. Chlorsilber durch Wasserstoff 
reducirt, der aas verdünnter Salzsäure und Zink hergestellt war ; 
nach Auswaschung wurde der Tiegel mit dem darin enthaltenen 
metallischen Silber gewogen. 

Ich habe ferner durch einen Versuch konstatirt, daß das Ge- 
wicht des regenerirten Radiumchlorids ebenso groß war wie vor 
der Operation. Bei anderen Versuchen begann ich die neuen 
Operationen, ohne eine vollständige Verdampfung des Wasch- 
wassers abzuwarten. 

Diese Prüfungen besitzen nicht dieselbe Genauigkeit wie die 
direkten Versuche; sie erlaubten gleichwohl die Feststellung, daß 
kein merklicher Fehler untergelaufen war. 

Nach seinen chemischen Eigenschaften gehört das Radium 
zur Reihe der Erdalkalimetalle. Es bildet in dieser Reihe das 
höhere Homologe des Baryums. Nach seinem Atomgewicht kommt 
das Radium auch in der Mendelejeff sehen Tabelle hinter das 
Baryum in die Kolumne der Erdalkalien und in die Zeile, die 
schon das Uran und das Thor enthält 

Ii) Eigenschaften der Radiumsalze. 

Die Radiumsalze: Chlorid, Nitrat, Karbonat, Sulfat sehen, in 
festem Zustande dargestellt, ebenso aus wie die entsprechenden 
Baryumsalze, sie färben sich jedoch alle im Laufe der Zeit. 

Die Radiumsalze leuchten im Dunkeln. 

In ihren chemischen Eigenschaften verhalten sich Radium- 
salze genau so, wie die entsprechenden Baryumsalze. Die Löslich- 
keit des Radiumclilorids ist jedoch geringer wie die des Baryum - 
chlorids; die Löslichkeit der Nitrate in Wasser scheint merklich 
dieselbe. 

Die Radiumsalze sind der Sitz einer fortwährenden selbst- 
tätigen Wärmeentwicklung. 

Reines Radiumchlorid ist paramagnetisch. Seine Magne- 
tisirungszahl & (Verhältniß des magnetischen Moments der Massen- 
einheit zur Feldintensität) ist von den Herren Curie und Chene- 
veau 1 ) mittels eines eigens hierzu konstruirten Apparates gemessen 
worden. Die Messung geschah durch Vergleich mit der Magne- 



l ) Soc. fran<;. de phys., 3. Avril 1903. 



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— 38 — 



tisirungszahl des Wassers unter Anbringung der Korrektion für 
den Magnetismus der Luft. Man fand so: 

k = 1,05.10-«. 

Reines Baryumchlorid ist dianiagnetisch, seine Magnetisirungs- 
zahl beträgt: 

k = — 0,40.10- 6 . 

Ganz entsprechend diesen Resultaten findet man für ein 
Radium-haltiges Baryumchlorid mit etwa 17 Proz. Radiumchlorid 
diamagnetisches Verhalten und eine Magnetisirungszahl : 

k = —0,20.10"« »)• 

i) Fraktionirung gewöhnlichen Baryumchlorids. 

Wir suchten festzustellen, ob das käufliche Baryumchlorid 
nicht kleine Spuren von Radiumchlorid enthielte, die zu gering 
waren, um mit unsrem Meßapparat wahrgenommen zu werden. 
Zu diesem Zwecke unternahmen wir die Fraktionirung einer 
großen Menge von käuflichem Baryumchlorid, in der Erwartung, 
eine etwa vorhandene Spur von Radiumchlorid dadurch konzen- 
triren zu können. 

50 kg käuflichen Baryumchlorids wurden mit schwefelsäure- 
freier Salzsäure gefällt, wobei 20 kg gefällten Chlorids erhalten 
wurden. Dieses wurde in Wasser aufgelöst und wieder teilweise 
durch Salzsäure gefällt, wobei man 8,5 kg Niederschlag erhielt. 
Dieses Chlorid wurde der beim Radium -haltigen Baryum an- 
gewandten Fraktionirungsmethode unterworfen, wobei man an 
der Spitze der Fraktionirung 10 g Chlorid geringster Löslichkeit 
ausschied. Dieses Chlorid zeigte in unsrem Meßapparat keinerlei 
Aktivität; es enthielt also kein Radium; dieser Körper ist dem- 
nach in den das Uaryum liefernden Mineralien nicht enthalten. 



l ) Im Jahre 1899 teilte Herr St. Meyer [Wied. Ann. 69, 237 (1899)] 
mit, daß radiumhaltiges Baryumkarbonat paramagnetisch sei. Herr 
Meyer hatte jedoch mit einem sehr wenig Kadium enthaltenden Prä- 
parat gearbeitet, dessen Gehalt an Badium -wahrscheinlich höchstens 
ein Tausendstel betrug. Das Präparat hätte sich demnach diamagnetisch 
zeigen müssen. Wahrscheinlich enthielt der Körper eine kleine eisen- 
haltige Verunreinigung. 



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— 39 — 



Drittes Kapitel. 

Strahlung der neuen radioaktiven Substanzen. 



a) Methoden zur Untersuchung der Strahlen. 

Um die von den radioaktiven Substanzen emittirte Strahlung 
zu untersuchen, kann man irgend eine Eigenschaft dieser Strah- 
lung benutzen. Man kann also entweder die Wirkung der Strahlen 
auf die photographische Platte, oder ihre Eigenschaft, die Luft 
zu ionisiren und leitend zu machen, oder endlich ihre Fähigkeit, 
die Fluorescenz gewisser Substanzen zu erregen, benutzen. Ich 
werde im Folgenden, wenn ich von einem dieser verschiedenen 
Verfahren spreche, zur Abkürzung folgende Ausdrücke gebrauchen : 
Radiographische, elektrische, fluoroskopische Methode. 

Die beiden ersteren wurden von Anfang an zur Untersuchung 
der Uranstrahlen benutzt; die fluoroskopische Methode kann nur 
auf die neuen, stark aktiven Substanzen angewandt werden, denn 
die schwach radioaktiven Substanzen, wie Uran und Thor, bringen 
keine merkliche Fluorescenz hervor. Die elektrische Methode ist 
die einzige, die pracise Intensitätsmessungen erlaubt; die beiden 
andren sind von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet hauptsäch- 
lich zur Erlangung qualitativer Resultate gegeignet, und können 
nur ganz grobe Intensitätsmessungen liefern. Die mit den drei 
betrachteten Methoden erhaltenen Resultate sind, wenn über- 
haupt, nur ganz roh mit einander vergleichbar und gestatten 
manchmal überhaupt keinen Vergleich. Die empfindliche Platte, 
das sich ionisirende Gas, der Fluorescenzschirm sind ebenso viele 
Empfänger, welche Strahlungsenergie absorbiren und in eine 
andre Energieform transformiren sollen; nämlich in chemische 
Energie, Ionenenergie oder in Lichtenergie. Jeder Empfänger 
absorbirt einen Lruchteil der Strahlung, dessen Größe wesentlich 
von seiner Natur abhängt. Es wird weiter unten gezeigt werden, 
daß die Strahlung zusammengesetzter Natur ist; die von den ver- 
schiedenen Empfängern absorbirten Strahlungsbruchteile können 



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— 40 — 



also quantitativ und qualitativ verschieden sein. Endlich ist es 
weder sicher, noch auch nur wahrscheinlich, daß die ahsorhirte 
Energie von dem Empfänger vollständig in die zur Beobachtung 
erwünschte Form transformirt wird ; ein Teil dieser Energie kann 
in Wärme verwandelt werden, oder in Emission von Sekundär- 
strahlen, die je nachdem zur Hervorbringung der beobachteten 
Erscheinung ausgenutzt werden oder nicht, oder in chemische 
Wirkungen, die verschieden sind von der zu beobachtenden usw., 
es hängt somit auch der Nutzeffekt des Empfängers bezüglich 
des beabsichtigten Effektes wesentlich von der Natur des Empfän- 
gers ab. 

Vergleichen wir zwei Proben radioaktiver Substanz mit 
einander, von denen die eine Radium, die andre Polonium enthält, 
und die in dem in Fig. 1 dargestellten Plattenapparat gleiche 
Aktivität zeigen. Bedeckt man beide mit einem dünnen Alumi- 
niumblatt, so wird das zweite beträchtlich schwächer aktiv er- 
scheinen als das erste, und dasselbe wird bei Benutzung desselben 
Fluorescenzschirms für beide der Fall sein, wenn der Schirm 
genügend dick ist, oder sich in einiger Entfernung von den beiden 
radioaktiven Substanzen befindet. 

b) Energie der Strahlung. 

Welche Untersuchungsmethode man auch anwendet, man 
findet immer, daß die Strablungsenergie der neuen radioaktiven 
Substanzen beträchtlich größer ist, als die des Urans und Thors. 
So wird z. B. eine photographische Platte bei kleiner Entfernung 
sozusagen augenblicklich beeinflußt, während eine Exposition von 
24 Stunden nötig ist, wenn man mit Uran oder Thor operirt. 
Ein Fluo res cenz schirm wird bei Berührung mit den neuen radio- 
aktiven Substanzen lebhaft erhellt, während man mit Uran oder 
Thor keine Spur von Licht wahrnehmen kann. Endlich ist auch 
die ionisirende Wirkung auf die Luft vielmals stärker, etwa 
im Verhältniß 10 6 . Es ist jedoch, streng genommen, überhaupt 
nicht mehr möglich, die Totalintensität der Strahlung wie 
beim Uran mit der eingangs beschriebenen elektrischen Methode 
(Fig. 1) zu bestimmen. In der Tat wird beim Uran die Strah- 
lung nahezu vollständig in der Luftschicht zwischen den Platten 
absorbirt, und der Grenzstrom wird bereits bei einer Spannung 



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— 41 — 



von 100 Volt erreicht. Dies ist jedoch nicht mehr bei den stark 
aktiven Substanzen der Fall. Ein Teil der Radium Strahlung be- 
steht aus sehr durchdringenden Strahlen, die den Kondensator 
und die Metallplatten durchsetzen und überhaupt nicht zur Ioni- 
sation der Luft zwischen den Platten ausgenutzt werden. Ferner 
kann der Grenzstrom durchaus nicht immer mit den verfügbaren 
Spannungen erreicht werden ; so ist z. B. für das stark aktive 
Polonium der Strom noch zwischen 100 und 500 Volt der Span- 
nung proportional. Die experimentellen Bedingungen, die den 
Messungen eine einfache Bedeutung geben, sind hier also nicht 
erfüllt, und die erhaltenen Zahlen können somit nicht als ein 
Maß der Totalstrahlung betrachtet werden; sie bieten in dieser 
Hinsicht nur eine grobe Annäherung. 

c) Zusammengesetzte Natur der Strahlung. 

Die Arbeiten verschiedener Physiker (der Herren Becquerel, 
Meyer und v. Schweidler, Giesel, Villard, Rutherford, 
P. und S. Curie) haben gezeigt, daß die Strahlung der radio- 
aktiven Substanzen sehr komplicirter Natur ist. Man kann drei 
Arten von Strahlung unterscheiden, die ich nach der von Herrn 
Rutherford angenommenen Bezeichnungs weise durch die Buch- 
staben a, ß, y unterscheiden will. 

1. Die a- Strahlen sind wenig durchdringende Strahlen, die 
den Hauptteil der Strahlung auszumachen scheinen. Diese 
Strahlen sind durch die Art ihrer Absorption in der Materie 
charakterisirt. Das magnetische Feld wirkt sehr wenig auf sie, 
so daß man sie zuerst für magnetisch unablenkbar gehalten hat. 
In einem sehr starken Magnetfeld werden die a- Strahlen jedoch 
ein wenig abgelenkt; die Ablenkung erfolgt in derselben Weise 
wie bei den Kathodenstrahlen, aber im umgekehrten Sinne; das- 
selbe gilt für die Kanalstrahlen in den Entladungsröhren. 

2. Die ß- Strahlen sind im Ganzen weniger absorbirbar als 
die vorigen. Sie werden im Magnetfelde in gleicher Weise und 
im gleichen Sinne abgelenkt wie die Kathodenstrahlen. 

3. Die y-Strahlen sind durchdringende Strahlen, die vom 
Magnetfelde nicht beeinHußt werden, und den Röntgenstrahlen 
vergleichbar sind. 

Die Strahlen einer Gruppe können ein in sehr weiten Grenzen 



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— 42 — 



variables Durchdringungsvermögen haben, wie aus den Versuchen 
mit ß- Strahlen hervorgeht. 

Denken wir uns folgenden Versuch : Das Radium R befindet 
sich in einer kleinen Höhlung, die in einen Bleiblock P ein- 
gegraben ist (Fig. 4). Ein geradliniges und wenig sich ver- 
breiterndes Strahlenbündel entweicht aus dem Troge. Nehmen 
wir an, daß in der Umgebung der Vertiefung ein gleichförmiges! 
sehr starkes magnetisches Feld erzeugt werde, senkrecht zur 
Zeichnungsebene und von vorn nach hinten gerichtet. Dann 
werden die drei Strahlengruppen von einander getrennt werden. 



Fi?. 4. 




Die wenig intensiven y-Strahlen setzen ihren geradlinigen Weg 
fort, ohne eine Spur von Ablenkung. Die ^-Strahlen werden wie 
Kathodenstrahlen abgelenkt und beschreiben kreisförmige Bahnen 
in der Zeichnungsebene, deren Krümmungsradius in weiten 
Grenzen variirt. Wenn der Trog auf eine photographische Platte 
AC aufgesetzt wird, so wird der von den ß- Strahlen getroffene 
Teil JBC der Platte beeinflußt. Die «-Strahlen endlich bilden 
ein sehr intensives Bündel, das nur wenig abgelenkt und ziem- 
lich schnell in der Luft absorbirt wird. Diese Strahlen be- 
schreiben in der Zeichnungsebene eine Bahn von sehr großem 



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— 43 — 



Krümmungsradius; der Sinn der Ablenkung ist der entgegen- 
gesetzte wie bei den /J-Strahlen. 

Bedeckt man die Höhlung mit einem dünnen Aluminium- 
schirm (0,1m dick), so werden die «-Strahlen großenteils ab- 
sorbirt, die /3-Strahlen viel weniger, und die y-Strahlen überhaupt 
nicht in merklichem Maße. 

In der soeben beschriebenen Form kann der Versuch nicht 
wirklich ausgeführt werden; die Versuche, aus denen die Wirkung 
des Magnetfeldes auf die verschiedenen Strahlenarten hervor- 
geht, sollen weiter unten besprochen werden. 

d) Wirkung des Magnetfeldes. 

Aus dem obigen ergiebt sich, daß die von dep radioaktiven 
Substanzen emittirten Strahlen eine große Zahl von Eigenschaften 
mit den Kathodenstrahlen und den Röntgenstrahlen gemeinsam 
haben« Die Kathoden strahlen ionisiren ebenso wie die Röntgen- 
strahlen die Luft, wirken auf die photographischen Platten, er- 
regen Fluorescenz, erfahren keine regelmäßige Reflexion. Aber 
die Kathodenstrahlen unterscheiden sich von den Röntgenstrahlen 
darin, daß sie durch die Einwirkung eines Magnetfeldes aus ihrer 
geradlinigen Bahn abgelenkt werden, und daß sie eine negative 
elektrische Ladung mit sich führen. 

Die Tatsache, daß das magnetische Feld auf die Strahlung 
der radioaktiven Körper wirkt, wurde fast gleichzeitig von den 
Herren Giesel 1 ), Meyer und v. Schweidler 2 ) und Becquerel s ) 
entdeckt. Diese Physiker fanden, daß die Strahlen der radio- 
aktiven Körper in derselben Weise und im selben Sinne abgelenkt 
werden wie die Kathodenstrahlen; ihre Beobachtungen bezogen 
sich auf die ß-Strahlen. 

Herr Curie 4 ) zeigte, daß die Radiumstrahlung aus zwei 
wohl zu unterscheidenden Strahlengruppen besteht, von denen 
die eine im Magnetfelde stark ablenkbar ist (ß- Strahlen), wäh- 
rend die andre unempfindlich gegen die Wirkung des Feldes zu 



l ) Wied. Ann. 69, 834 (1899) 

*) Phys. Zeitschr. 1, 90 (1899); Wien. Anz., 3. u. 9. Nov. 1899. 
8 ) Compt rend. 121), 996 (1899). 
4 ) Ibid 130, 73 (1900). 



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— 44 — 



sein scheint («- und y-Strahlen, die unter der gemeinsamen Be- 
zeichnung „unablenkbare Strahlen" zusammen gefaßt wurden). 

Bei den von uns hergestellten Polonium präparaten hat Herr 
Becquerel keine Emission von Strahlen, die den Kathoden- 
Strahlen entsprechen, beobachtet. Im Gegensatz hierzu hat Herr 
Giesel an einem von ihm hergestellten Poloniumpräparat zuerst 
die Wirkung des Magnetfeldes beobachtet Unter allen von uns 
hergestellten Poloniumpräparaten hat keines jemals den Kathoden- 
strahlen analoge Strahlen gezeigt. 

Das Giesel sehe Polonium emittirt die kathodenstrahlartige 
Strahlung nur im frisch hergestellten Zustande, es ist wahr- 
scheinlich, daß diese Strahlung von der Erscheinung der indu- 
cirten Radioaktivität herrührt, von der weiter unten die Rede 
sein wird. 

Folgende Versuche dienten zum Nachweis, daß ein Teil der 
Radiumstrahlung, und zwar nur ein Teil aus leicht ablenkbaren 
Strahlen besteht (ß - Strahlen). Die Versuche geschahen mittels 
der elektrischen Methode >)• 

Der radioaktive Körper A (Fig. 5) sendet Strahlen in der 
Richtung AD zwischen die Platten P und P. Die TlatteP wird 

auf einem Potential von 500 Volt erhalten, 
die Platte P ist mit einem Elektrometer und 
einem piezoelektrischen Quarz verbunden. 
Man mißt die Stärke des unter dem Ein- 
fluß der Strahlung die Luft durchfließenden 
Stromes. Mittels eines Elektromagneten kann 
man nach Belieben innerhalb des ganzen 
Bereiches EEEE ein magnetisches Feld er- 
zeugen, das senkrecht zur Zeichnungsebene 
verläuft. Wenn die Strahlen auch nur schwach 
abgelenkt werden, so gelangen sie nicht 
mehr zwischen die Platten, und der Strom 
wird unterdrückt. Die Bahn der Strahlen 
ist durch die Bleimassen B B ' B" sowie durch 
die Polschuhe des Elektromagneten begrenzt; 
wenn die Strahlen abgelenkt werden, so werden sie von den 
Bleimassen B und B' absorbirt 



Tis 




*) Compt. rend. 136, 5. Jan. 1900. 



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— 45 



Die erhaltenen Resultate hängen wesentlich von dem Ab- 
stand AD der Strahlungsquelle A von dem Beginn des Konden- 
sators bei D ab. Ist die Entfernung AD ziemlich groß (größer 
als 7 cm) , so wird der größte Teil (etwa 90 Proz.) der Radium- 
strahlung, die den Kondensator erreicht, von einem Magnetfelde 
von 2500 Einheiten abgelenkt und unterdrückt» Diese Strahlen 
sind die /J-Strahlen. Ist die Entfernung AD kleiner als 65 mm, 
so wird ein weniger beträchtlicher Teil der Strahlen vom Felde 
abgelenkt; dabei wird dieser Teil bereits vollständig in einem 
Felde von 2500 Einheiten abgelenkt, so daß eine Erhöhung der 
Feldstärke auf 7000 Einheiten keine Vermehrung des beseitigten 
Bruchteiles der Strahlung hervorbringt. 

Der durch das Feld nicht abgelenkte Bruchteil der Strah- 
lung ist um so größer, je kleiner die Entfernung zwischen der 
Strahlungsquelle und dem Kondensator. Für sehr kleine Abstände 
bilden die ablenkbaren Strahlen nur noch einen ganz geringen 
Bruchteil der Gesamtstrahlung. 

Die durchdringenden Strahlen bestehen also zum großen 
Teil aus ablenkbaren Strahlen von der Art der Kathodenstrahlen 
(ß- Strahlen). 

Mit der soeben beschriebenen Anordnung konnte die Wir- 
kung des Magnetfeldes auf die «-Strahlen bei den angewandten 
Feldstärken kaum beobachtet werden. Die sehr beträchtliche, 
scheinbar unablenkbare Strahlung, die man bei kleinem Abstände 
von der Strahlungsquelle beobachtete, bestand aus cc- Strahlen; 
die bei großer Entfernung beobachtete unablenkbare Strahlung 
bestand aus y-Strahlen. 

Filtrirt man das Bündel durch ein Absorptionsmittel (Alumi- 
nium, oder schwarzes Papier), so werden die hindurchgehenden 
Strahlen fast alle im Magnetfelde abgelenkt, so daß durch den 
Absorptionsschirm und das Magnetfeld zusammen fast die ganze 
Strahlung im Kondensator unterdrückt wird; der übrig bleibende 
Rest besteht nur noch aus y- Strahlen, deren Menge gering ist 
Die a-Strahlen werden von dem Schirm absorbirt. 

Ein Aluminiumblatt von 0,01 mm Dicke genügt, um fast 
alle schwer ablenkbaren Strahlen zu unterdrücken, wenn die Sub- 
stanz sich ziemlich weit entfernt vom Kondensator befindet; für 
kleinere Abstände (34 und 51mm) sind zwei Aluminiumblätter 
von 1 bis 100 mm nötig, um dasselbe Resultat zu erreichen. 



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— 46 



Ähnliche Messungen mit ganz analogem Resultat wurden an 
vier strahlenden Substanzen (Chloriden und Karbonaten) von sehr 
verschiedener Aktivität gemacht. 

Man findet bei allen Präparaten, daß die magnetisch ablenk- 
baren durchdringenden Strahlen (/3-Strahlen) nur einen geringen 
Bruchteil der Gesamtstrahlung ausmachen; sie kommen bei den 
Messungen nur wenig in Betracht, wenn man die Gesamtstrahlung 
benutzt, um die Luft leitend zu machen. 

Auch die Poloniumstrahlung kann mittels der elektrischen 
Methode beobachtet werden. Wenn man die Entfernung AD 
des Poloniums vom Kondensator variirt, so bemerkt man zuerst, 
so lange die Entfernung ziemlich groß ist, gar keinen Strom; 
nähert man das Polonium, so bemerkt man, daß für eine gewisse 
Entfernung, die bei dem untersuchten Präparat 4 cm betrug, die 
Strahlung sich plötzlich mit großer Intensität bemerkbar macht; 
der Strom wächst dann gleichmäßig, wenn man das Polonium 
weiter nähert , doch bringt das Magnetfeld unter diesen Bedin- 
gungen keinen merklichen Effekt hervor. Es sieht so aus, als 
ob die Poloniumstrahlen im Räume begrenzt wären und in Luft 
kaum eine Art von Scheidewand überschritten, die die Substanz 
im Abstände von einigen Centimetern umgiebt. 

Ich muß hier einige wichtige allgemeine Einschränkungen 
bezüglich der Deutung der soeben beschriebenen Versuche machen. 
Wenn ich von dem durch den Magneten abgelenkten Bruchteil 
der Strahlung spreche, so handelt es sich dabei nur um diejenigen 
Strahlen, die im Stande sind, einen Strom im Kondensator zu 
erzeugon. Wenn man als Reagenz für die Becquerelstrahlen die 
Fluorescenz oder die Wirkung auf die photographischo Platte 
benutzte, so würde der Bruchteil wahrscheinlich ein andrer 
werden; eine Intensitätsmessung hat eben im allgemeinen nur 
einen Sinn für die gerade angewandte Meßmethode. 

Die Polonium strahlen sind von der Art der a-Strahlen. Bei 
den soeben beschriebenen Versuchen wurde keinerlei Einfluß des 
Magnetfeldes auf diese Strahlen bemerkt, doch war die An- 
ordnung derartig, daß eine schwache Ablenkung unbemerkbar 
bleiben mußte. 

Versuche mittels der radiographischen Methode bestätigten 
die Resultate der obigen Versuche. Benutzt man Radium als 
Strahlungsquelle und fängt die Strahlen auf einer Platto auf die, 



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— 47 — 



parallel zum ursprünglichen Strahlenbündel und senkrecht zum 
Felde steht, so erhält man die sehr scharfe Spur zweier durch 
das Feld getrennter Strahlenbündel, von denen das eine abgelenkt 
ist, das andre nicht. Die ß~ Strahlen bilden das abgelenkte 
Bündel; die nur sehr wenig abgelenkten a- Strahlen vermischen 
sich fast ganz mit dem unabgelenkten Bündel der y-Strahlen. 

e) Ablenkbare ß- Strahlen. 

Es folgte aus den Versuchen der Herren Giesel und Meyer 
und v. Sohweidler, daß die Strahlung der radioaktiven Körper 
wenigstens zum Teil vom Magnetfeld abgelenkt wird, und daß 
diese Ablenkung ebenso geschieht wie bei den Kathodenstrahlen. 
Herr Becquerel 1 ) hat die Wirkung des Feldes auf die Strahlen 
mittels der radiographischen Methode untersucht. Die benutzte 
Anordnung war die der Fig. 4. Das Radium befand sich in 
einer Bleischale P, die auf der Schichtseite einer in schwarzes 
Papier eingehüllten photographischen Platte AC stand. Das 
Ganze befand sich zwischen den Polen eines Elektromagneten, 
dessen Feld senkrecht zur Zeichnungsebene verlief. 

Wenn das Feld von vorn nach hinten gerichtet ist, so wird 
der Teil BC der Platte von Strahlen getroffen, die nach Zurück- 
legung kreisförmiger Bahnen auf die Platte zurückgeworfen 
werden und sie in rechtem Winkel schneiden. Diese Strahlen sind 
ß- Strahlen. 

Becquerel zeigte, daß das Bild aus einem breiten diffusen 
Bande, einem richtigen kontinuirlichen Spektrum besteht, woraus 
hervorgeht, daß das von der Quelle ausgesandte ablenkbare 
Strahlenbündel aus einer unendlichen Zahl verschieden ablenk- 
barer Strahlen besteht. Bedeckt man die Schicht der Platte mit 
verschiedenen Absorptionsmitteln (Papier, Glas, Metalle), so wird 
ein Teil des Spektrums unterdrückt, und es ergiebt sich, daß die- 
jenigen Strahlen, die am stärksten im Magnetfelde abgelenkt 
werden, oder anders ausgedrückt, diejenigen, deren Bahn den 
kleinsten Krümmungsradius hat, am stärksten absorbirt werden. 
Für jeden Schirm beginnt die Einwirkung auf die Platte erst bei 
einem gewissen Abstand von der Strahlungsquelle, und dieser 
Abstand ist um so größer, je stärker der Schirm absorbirt 

l ) Compt. rend. 130, 206, 372, 810 (1900). 



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— 48 — 



f ) Ladung der ablenkbaren Strahlen. 

Die Kathodenstrahlen sind, wie Perrin 1 ) gezeigt bat, mit 
negativer Elektrizität geladen. Sie vermögen ferner nach den 
Versuchen der Herren Perrin und Lenard 2 ) ihre Ladung durch 
mit der Erde verbundene Metallschirme und durch isolirende 
Substanzen hindurch zu transportiren. An jeder Stelle, wo Ka- 
thodenstrahlen absorbirt werden, findet eine kontinuirliche Ent- 
wicklung negativer Elektrizität statt. Wir stellten fest, daß 
dasselbe für die ablenkbaren /3-Strahlen des Radiums stattfindet. 
Die ablenkbaren /3-Strahlen sind mit negativer Elektri- 
zität geladen 3 ). 

Die radioaktive Substanz sei auf einer der Platten eines 
Kondensators ausgebreitet und die Platte zur Erde abgeleitet; die 
zweite mit dem Elektrometer verbundene Platte empfängt und 
absorbirt die von der Substanz emittirten Strahlen. Wenn die 
Strahlen geladen sind, so sollte man einen kontinuirlichen Elektri- 
zitätszufiuß zum Elektrometer erwarten. Als wir dieses Experi- 
ment in Luft ausführten, konnten wir keine Ladung der Strahlen 
nachweisen, aber in dieser Form ist der Versuch auch nicht 
empfindlich genug. Die Luft zwischen den Platten wird durch 
die Strahlen leitend gemacht, das Elektrometer ist also nicht 
mehr isolirt und kann nur ziemlich starke Ladungen anzeigen. 

Damit die «- Strahlen den Versuch nicht stören, kann man 
sie durch Bedeckung der Strahlungsquelle mit einem dünnen 
Metallschirm unterdrücken ; das Resultat des Versuchs wird da- 
durch nicht geändert 4 ). 

Wir haben den Versuch in Luft ohne besseren Erfolg 
wiederholt, indem wir die Strahlen in das Innere eines mit dem 

') Compt. rend. 121, 1130 (1895). Ann. de chim. et phys. (7) 11, 
496 (loUV). 

«) Lenard, Wied. Ann. 64, 279 (1898). 

8 ) P. und 8. Curie, Compt. rend. 130, 647 (1900). 

4 ) Genau gesagt, bemerkt man bei diesen Versuchen immer eine 
Ablenkung am Klektrometer, doch kann man leicht feststellen, daß 
diese Ablenkung die "Wirkung der elektromotorischen Kontaktkraft 
ist, die zwischen der mit dem Elektrometer verbundenen Platte und 
den benachbarten Leitern besteht ; infolge der Leitfähigkeit der von 
den Badiumstrahlen durchstrahlten Luft bringt diese Kraft eine Ab- 
lenkung des Elektrometers hervor. 



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— 49 — 

Elektrometer verbundenen Faradayschen Cylinders eindringen 
ließen 

Man konnte sich schon nach den vorangehenden Versuchen 
davon Rechenschaft geben, daß die Ladung der von dem an- 
gewandten Präparat ausgehenden Strahlung nur schwach sein 
konnte. 

Um eine schwache Elektrizitätsentwicklung auf einem die 
Strahlen absorbirenden Leiter zu konstatiren, muß der Leiter 
elektrisch gut isolirt sein; dazu muß man ihn aber vor der Ein- 
wirkung der Luft schützen, indem man ihn entweder in ein sehr 
vollkommen evakuirtes Gefäß bringt 2 ), oder ihn mit einem guten 
festen Dielektrikum umgiebt. Die letztere Anordnung wurde von 
uns benutzt. 

Eine leitende Scheibe MM (Fig. 6) ist durch einen Metall- 
stab i mit dem Elektrometer verbunden; Scheibe und Stab sind 

Fig. 6. 




vollständig von dem Tsolirmittel iiii umgeben; das ganze ist von 
einer Metallhülle EEEE umgeben, die in leitender Verbindung 
mit der Erde steht. Auf einer Seite der Scheibe sind Isolir- 
schicht pp und Metallhülle sehr dünn. Diese Seite ist der Strah- 
lung des Radium -haltigen Baryumsalzes Ii ausgesetzt, das sich 
frei in einem Bleitrog befindet 3 ). Die von dem Radium emittirten 

') Die Anbringung des Faradayschen Cylindera ist nicht not- 
wendig, sie könnte jedoch gewisse Vorteile bieten, falls die Strahlung 
von den getroffenen Wänden eine starke diffuse Zersetzung erführe. 
Man könnte dann hoffen, die etwa vorhandenen diffus zerstreuten 
Strahlen aufzufangen und auszunutzen. 

*) Versuche im Vakuum hat neuerdings Herr W. Wien aus- 
geführt. Phys. Zeitschr. 4, 624 (1903). (Anna. d. Übers.) 

') Die isolirende Schicht muß völlig kontinuirlich sein. Jede luft- 
gefüllte Spalte, die von dem inneren Leiter bis zur metallischen Hülle 
reicht, giebt zu einem Strome Veranlassung, der von den Kontakt- 
elektromotorischen Kräften herrührt und die durch das Kadium leitend 
gemachte Luft durchfließt. 

Curie. Untersuchungen über radioaktive Substanzen. 4 



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— 50 — 



Strahlen durchsetzen die Metallhülle und die isolirende Schicht 
pp und werden in der Metallscheibe MM absorbirt. Diese wird 
dadurch der Sitz einer kontinuirlichen und konstanten Entwick- 
lung negativer Elektrizität, die man am Elektrometer konstatirt 
und mittels des piezoelektrischen Quarzes mißt. 

Der so erzeugte Strom ist sehr schwach. Mit sehr aktivem 
Radium -haltigen Baryumchlorid in einer Schicht von 2,5 cm 2 
Oberfläche und 0,2 cm Dicke erhält man einen Strom von der 
Größenordnung 10 — 11 Ampere, nachdem die benutzten Strahlen 
vor ihrer Absorption in der Scheibe MM eine Aluminium Schicht 
von 0,01 mm und eine Hartgummischicht von 0,3 mm Dicke 
durchsetzt haben. 

Wir haben hintereinander Blei, Kupfer und Zink für die 
Scheibe MM, Hartgummi und Paraffin als Isolirmittel benutzt; 
die erhaltenen Resultate waren dieselben. Der Strom wird 
schwächer, wenn man die Strahlungsquelle B entfernt, oder ein 
schwächer aktives Präparat benutzt. 

Dieselben Resultate erhielten wir, als wir die Scheibe MM 
durch einen mit Luft gefüllten, aber von einem Isolirmittel um- 
hüllten Faraday sehen Cylinder ersetzten. Die durch die dünne 
isolirende Platte pp verschlossene Öffnung des Cylinders befand 
sich der Strahlungsquelle gegenüber. 

Endlich haben wir auch den umgekehrten Versuch gemacht, 
der darin besteht, daß man den Bleitrog mit dem isolirenden 
Medium umgiebt und mit dem Elektrometer verbindet (Fig. 7), 
während das Ganze mit einer geerdeten Metallhülle umgeben ist. 

Fig. 7. 




Elektrometer 



Erde 



Bei dieser Anordnung beobachtet man am Elektrometer, daß 
das Radium eine positive Ladung von gleicher Größe annimmt, 
wie die negative bei dem ersten Versuch. Die Strahlen des Ra- 
diums durchdringen die dünne Schicht pp und nehmen beim 
Verlassen des inneren Leiters negative Elektrizität mit sich fort. 



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— 51 — 



Die a- Strahlen des Radiums kommen bei diesen Versuchen 
nicht in Betracht, da sie schon in sehr dünnen Schichten fester 
Substanz fast vollständig absorbirt werden. Die Boeben beschrie- 
bene Methode eignet sich auch nicht für die Untersuchung der 
Poloniumstrahlen, da diese ebenfalls wenig Durchdringungsver- 
mögen besitzen. Wir bemerkten keine Spur einer Ladung beim 
Polonium, das nur oc-Strahlen emittirt; aus dem eben genannten 
Grunde kann man jedoch aus diesem Versuch keinen Schluß ziehen. 

Es findet also bei den ablenkbaren ß-Strablen des Radiums, 
ebenso wie bei den Kathodenstrahlen, ein Transport von Elektri- 
zität statt. Nun hat man bisher niemals die Existenz elektri- 
scher Ladungen gekannt, die nicht an Materie geknüpft waren. 
Man kam also dazu, sich für die Untersuchung der ablenkbaren 
/3-Strahlen des Radiums derselben Theorie zu bedienen, die augen- 
blicklich für die Kathodenstrahlen in Gebrauch ist. Nach dieser 
ballistischen Theorie, die von Sir W. Crookes aufgestellt, später 
von Herrn J. J. Thomson entwickelt und vervollständigt ist, 
bestehen die Kathodenstrahlen aus äußerst feinen Teilchen, die 
von der Kathode mit großer Geschwindigkeit fortgeschleudert 
werden und mit negativer Elektrizität geladen sind. Man kann 
also annehmen, daß das Radium negativ geladene Partikel in den 
Raum hinaussendet. 

Ein Radiumpräparat, das in einer dünnen, vollkommen iso- 
lirenden festen Hülle eingeschlossen ist, muß sich von selbst auf 
ein sehr hohes Potential laden. Nach der ballistischen Hypothese 
müßte dieses Potential so lange anwachsen, bis die Potential- 
difi'erenz gegen die umgebenden Leiter genügend groß wird, um 
die Entfernung der emittirten elektrisirten Teilchen zu verhindern 
und sie zur Strahlungsquelle zurückzuführen *). 

Wir haben durch Zufall ein derartiges Experiment gemacht. 
Ein sehr aktives Radiumpräparat war seit langem in einem Glas- 
röhrchen eingeschlossen. Um das Röhrchen zu öffnen, machten 
wir einen Strich mit einem Glasmesser auf dem Glase. In diesem 
Moment hörten wir deutlich das Geräusch eines Funkens, und 
als wir darauf das Glas mit einer Lupe untersuchten, fanden 
wir, daß es an der durch den Strich geschwächten Stelle von 

*) In Wirklichkeit wird wegen der stets unvollkommenen Isolation 
schon bei schwächeren Ladungen ein stationärer Zustand erreicht. 
(Anm. d. Übers.) 

4* 



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— 52 — 



einem Funken durchbohrt war. Dieser Vorgang ist durchaus 
vergleichbar mit der Durchbrechung des Glases einer zu stark 
geladenen Leydenerflasche. 

Die gleiche Erscheinung wiederholte sich mit einer andren 
Röhre. Ja, Herr Curie, der die Röhre hielt, spürte sogar im 
Moment, als der Funke übersprang, in seinen Fingern einen elek- 
trischen Entladungsschlag 1 ). 

Gewisse Gläser sind sehr gute Isolatoren. Wenn man das 
Radium in ein zugeschmolzenes , gut isolirendes Röhrchen ein- 
schließt, kann man erwarten, daß in einem bestimmten Moment 
die Röhre von selbst durchbohrt wird. Das Radium ist das 
erste Beispiel eines Körpers, der sich von selbst elek- 
trisch ladet. 

g) Wirkung des elektrischen Feldes auf die ablenkbaren 

ß» Strahlen des Radiums. 

Da die ablenkbareu /3-Strahlen des Radiums den Kathoden- 
strahlen vergleichbar sind, so müssen sie von einem elektrischen 
Felde in derselben Weise wie diese abgelenkt werden , d. h. wie 
ein negativ geladenes, träges Teilchen, das mit großer Geschwin- 
digkeit in den Raum hinausgeschleudert wird. Die Existenz 
dieser Ablenkung wurde einerseits von Herrn Dorn 2 ), andrerseits 
von Herrn Becquerel 3 ) nachgewiesen. 

Betrachten wir einen Strahl, der den Raum zwischen den 
beiden Platten eines Kondensators durchsetzt. Die Strahlrichtung 
sei parallel z^u den Platten. Wenn man zwischen diesen ein 
elektrisches Feld erzeugt, so ist der Strahl der Einwirkung dieses 
gleichförmigen Feldes längs seines ganzen Weges l zwischen den 
Kondensatorplatten unterworfen. Infolge dieser Einwirkung wird 
der Strahl nach der positiven Platte hin abgelenkt und beschreibt 
einen Parabelbogen; wenn er das Feld verläßt, setzt er seinen 
Weg geradlinig fort in Richtung der Tangente an den Parabel- 
bogen im Austrittspunkt. Man kann den Strahl auf einer photo- 
graphischen Platte auffangen, die senkrecht zur ursprünglichen 
Richtung steht. Man beobachtet die Wirkung auf die Platte 



l ) Siehe auch E. Dorn, Phys. Zeitechr. 4, 507 (1903). 
") Abhandl. d. Naturf.-Ges. Halle 22, 44 (1900). 
") Compt. rend. 130, 819 (1900). 



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— 53 — 



für das Feld Null und für eine bekannte Feldstärke, und leitet 
daraus den Wert ö der Ablenkung ab, die gleich der Entfernung 
der beiden Punkte ist, in denen die neue und die ursprüngliche 
Strahlrichtung dieselbe zur ursprünglichen Richtung senkrechte 
Ebene treffen. Wenn h die Entfernung dieser Ebene vom Konden- 
sator, d. h. von der Grenze des Feldes ist, so erhält man durch 
eine einfache Rechnung: 

e_Fl_m + h) 

MV* 

wobei m die Masse des bewegten Teilchens, e seine Ladung, 
v seine Geschwindigkeit und F die Feldstärke bedeutet. 

Die Versuche Becquerels gestatteten ihm eine angenäherte 
Bestimmung von d. 

h) Verbal tn iß von Ladung zur Masse eines vom Radium 
emittirten negativ geladenen Teilchens. 

Ein träges Teilchen von der Masse m uud der negativen 
Ladung e werde mit der Geschwindigkeit v in ein gleichförmiges 
Magnetfeld hineingeschleudert, das senkrecht zur ursprünglichen 
Geschwindigkeit verläuft; das Teilchen beschreibt dann in einer 
Ebene, die durch die Anfangsrichtung geht und senkrecht zum 
Felde steht, einen Kreisbogen vom Krümmungsradius o, für den, 
wenn H die Feldstärke bedeutet, die Beziehung gilt: 

Hg — mv/e. 

Wenn man für ein und denselben Strahl die elektrische Ablen- 
kung Ö und den Krümmungsradius g in einem magnetischen 
Felde gemessen hat, so kann man aus den beiden Versuchen die 
Werte für e/tn und die Geschwindigkeit V berechnen. 

Die Becqu er eischen Versuche lieferten eine erste Annähe- 
rung hierfür. Sie ergaben für ejm einen angenäherten Wert von 
10 7 absoluten elektromagnetischen Einheiten, und für v einen 
Wert von 1,6 . 10 10 cm/sek. Diese Zahlen sind von derselben 
Größenordnung wie bei den Kathodenstrahlen. 

Genaue Untersuchungen über denselben Gegenstand wurden 
von Herrn Kaufmann 1 ) gemacht. Er unterwarf ein sehr 

l ) Gött. Nachr. 1901, Heft 2; 1902, Heft 5; 1903, Heft 3. Phys.- 
Zeitschr. 4, 54 (1902). 



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— 54 — 



feines Bündel von Radiumstrahlen der gleichzeitigen Ein- 
wirkung eines elektrischen und eines magnetischen Feldes, die 
beide gleichförmig und gleichgerichtet waren, und zwar senk- 
recht zur ursprünglichen Richtung des Bündels- Das Bild auf 
einer Platte, die senkrecht zur ursprünglichen Richtung und von 
der Quelle aus gerechnet jenseits der Grenzen des Feldes auf- 
gestellt war, erhält die Form einer Kurve, von der jeder Punkt 
einem der Strahlen des ursprünglichen heterogenen Bündels ent- 
spricht Die am stärksten durchdringenden und am wenigsten 
ablenkbaren Strahlen sind dabei diejenigen, deren Geschwindig- 
keit die größte ist. 

Aus den Versuchen Kaufmanns folgt, daß für die Radium- 
strahlen, deren Geschwindigkeit wesentlich größer ist als die der 
Kathodenstrahlen, das Verhältniß ejm mit zunehmender Ge- 
schwindigkeit abnimmt 

Nach den Arbeiten von J.J.Thomson 1 ) und Townsend 2 ) 
müssen wir annehmen, daß das bewegte Teilchen, aus dem der 
Strahl besteht, eine Ladung besitzt, die gleich ist derjenigen , die 
ein Wasserstoff atom in der Elektrolyse transportirt, daß also 
diese Ladung für alle Strahlen dieselbe ist. Man muß daraus 
schließen , daß die Masse des Teilchens mit zunehmender Ge- 
schwindigkeit wiichst. 

Nun führen aber theoretische Betrachtungen zu der An- 
schauung, daß die Trägheit des Teilchens mit der Bewegung 
der Ladung eng zusammenhängt, da die Geschwindigkeit einer 
in Bewegung befindlichen Ladung nicht ohne Energieaufwand 
verändert werden kann. Anders ausgedrückt: Die Trägheit des 
Teilchens ist elektromagnetischen Ursprungs und die Masse des 
Teilchens ist wenigstens zum Teil eine scheinbare oder elektro- 
magnetische Masse. Herr Abraham 3 ) geht noch weiter und 
nimmt an, daß die Masse des Teilchens völlig elektromagnetischen 
Ursprungs ist. Wenn man nach dieser Hypothese die Masse m 
für eine gegebene Geschwindigkeit v berechnet, so findet man, 
daß m unendlich groß wird, wenn v sich der Lichtgeschwindig- 
keit nähert und daß m einen konstauten Wert annimmt, wenn 
die Geschwindigkeit klein gegen die des Lichtes ist. Die Ver- 

l ) Phil. Map. (5) 4G, 528 (1898). 
") Phil. Trans. (A) 195, 259 (3 901). 
») Gütt. Nachr. 11*02, Heft 1. 



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— bö- 



sliche Kaufmanns sind in Übereinstimmung mit dieser Theorie, 
deren Wichtigkeit groß ist, da sich die Möglichkeit voraussehen 
läßt, die Grundlagen der Mechanik auf der Dynamik kleiner 
geladener und in Bewegung befindlicher Centra aufzubauen 1 ). 

Folgendes sind die von Herrn Kaufmann für e/m und für 
v erhaltenen Zahlen 2 ): 







m . io * 


v. 10-10 


beobachtet 


aus dem Wert von v 
berechnet 


2,90 


0,692 


0,722 


2,82 


0,835 


0,861 


2,74 


0,972 


0,953 


2,60 


1,07 


1,08 


2.48 


1,16 


1,18 


2,36 


1,24 


1.25 


2,24 


1,29 


1,32 


2,12 


1,33 


1,38 


0,53 


1,865 *) 


1,78 


0,00 




1,80 



*) beobachtet von Simon 3 ) für Kathodenstrahlen. 

Herr Kaufmann schloß aus seinen Versuchen, daß der 
Grenzwert von cjm für Radiumstrahlen sehr kleiner Geschwindig- 
keit (wenn solche beobachtet wären. Anm. des Übersetzers) der- 
selbe sein würde, wie für Kathodenstrahlen. 

Seine genauesten Messungen hat Kaufmann mit einem 
ihm von uns zur Verfügung gestellten kleinen Körnchen reinen 
Radiumchlorides gemacht. 

Nach den Versuchen Kaufmanns besitzen gewisse Teile 
der ß- Strahlung des Radiums eine Geschwindigkeit, die der des 
Lichtes ganz naho kommt. Es ist verständlich, daß diese so 
schnellen Strahlen ein sehr großes Durchdringungsvermögen der 
Materie gegenüber besitzen. 

l ) Einige Ausführungen über diesen Gegenstand sowie eine sehr 
vollständige Untersuchung über die geladenen Centra (Elektronen oder 
Korpuskeln) nebst Citaten der zugehörigen Arbeiten befindet «ich in der 
Dissertation von Herrn Langevin (Paris, Gauthier-Villars, 1902). 

*) Berechnet nach Gott. Nachr. 1903, Heft 3, Tab. III. 

•) 8. Simon, Wied. Ann. 69, 589 (18S9). 



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— 56 — 



i) Wirkung des Magnetfeldes auf die a- Strahlen. 

In einer neueren Arbeit kündigte Herr Rutherford 1 ) an, 
daß in einem sehr starken elektrischen oder magnetischen Felde 
die «- Strahlen des Radiums schwach abgelenkt werden, derart, 
wie es bei schnell bewegten, positiv geladenen Teilchen der Fall 
sein würde. Rutherford schloß aus seinen Versuchen, daß 
die Geschwindigkeit der «-Strahlen von der Größenordnung 
2,5.10 9 cm sek und das Verhältniß e/m von der Größenordnung 
6. 10 3 wäre, d.h. 10 4 mal kleiner als die ablenkbaren /3-Strahlen. 
Weiter unten soll gezeigt werden, daß diese Schlüsse Ruther- 
fords mit den bisher bekannten Eigenschaften der a-Strahlen in 
Einklang sind und zum Teil wenigstens von dem Absorptions- 
gesetz dieser Strahlen Rechenschaft geben. 

Die Versuche Rutherfords wurden von Herrn Becquerel 2 ) 
bestätigt. Becquerel zeigte ferner, daß die Poloniumstrahlen 
sich im Magnetfelde ebenso wie die a-Strahlen des Radiums ver- 
hielten und bei gleicher Feldstärke denselben Krümmungsradius 
anzunehmen scheinen wie diese. Aus den Becquerel sehen 
Versuchen folgt ferner, daß die a-Strahlen kein magnetisches 
Spektrum zu bilden scheinen, sondern sich wie eine homogene 
Strahlung verhalten, bei der alle Strahlen gleich stark abgelenkt 
werden 3 ). 

k) Wirkung des Magnetfeldes auf die Strahlen andrer 
radioaktiver Substanzen. 

Es wurde im Vorangehenden gezeigt, daß das Radium drei 
Strahlen arten emittirt, nämlich a-Strahlen, die den Kanalstrahlen, 
/3- Strahlen, die den Kathodenstrahlen verwandt sind, und nicht 
ablenkbare durchdringende y- Strahlen. Das Polonium emittirt 
nur a-Strahlen. Von den andren radioaktiven Körpern scheint 
das Aktinium sich wie das Radium zu verhalten, doch ist die 
Untersuchung der Strahlung dieses Körpers noch nicht so weit 
fortgeschritten, wie die der Radium Strahlung. Von den schwach 
radioaktiven Körpern weiß man jetzt, daß das Uran und das 

x ) Phys. Zeitschr. 4, 235 (1903). 

f ) Compt. rend. 130, 199 u. 431 (1903). 

") S. a. Tu. des Coudres, l'bys. Zeitschr. 4, 483 (1903). (Anm. 
d. Übers.) 



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— 57 — 

Thor sowohl a-Strahlen, als auch ablenkbare /J-Strahlen emittiren 
(Becquerel, Rutherford). 

1) Verhältnis der ablenkbaren /?- Strahlen in der 

Radiumstrahlung. 

Wie bereits gesagt, vermehrt sich die relative Intensität der 
ß- Strahlen mit zunehmender Entfernung von der Strahlungs- 
quelle. Dennoch treten diese Strahlen niemals allein auf, und 
für große Entfernungen beobachtet man immer auch das Vor- 
handensein von y- Strahlen. Das Vorhandensein nicht ablenk- 
barer, sehi* durchdringender Strahlen in der Radiumstrahlung 
wurde zuerst von Herrn Villard 1 ) beobachtet. Diese Strahlen 
bilden nur einen geringen Anteil der Strahlung, wenn man sie 
mit der elektrischen Methode mißt, und ihr Vorhandensein ent- 
ging uns bei unsren ersten Versuchen, sodaß wir damals mit 
Unrecht glaubten, daß bei großer Entfernung die Strahlung nur 
ablenkbare Strahlen enthielte. 

Folgendes sind die numerischen Resultate, die bei Versuchen 
nach der elektrischen Methode mit einem Apparat entsprechend 
dem der Fig. 5 erhalten wurden. Das Radium war von dem 
Kondensator nur durch die umgebende Luft getrennt. Ich be- 
zeichne mit d den Abstand der Strahlungsquelle vom Konden- 
sator. Setzt man den Strom, der ohne Magnetfeld für jede ein- 
zelne Entfernung erhalten wurde, gleich 100, so bedeuten die 
Zahlen der zweiten Zeile den bei Erregung des Feldes übrig- 
bleibenden Strom. Diese Zahlen können als der prozentuale An- 
teil der et- und y- Strahlen betrachtet werden, da die Ablenkung 
der a- Strahlen bei der benutzten Anordnung kaum bemerkbar 
sein konnte. 

Bei großen Entfernungen hat man keine «-Strahlen mehr 
und die unabgelenkte Strahlung besteht dann nur noch aus 
y- Strahlen. 

Versuche bei kleinem Abstand: 

d in cm 3,4 5,1 6,0 6,5 

Unabgelenkte Strahlen in Proz 74 56 33 XI 



*) Compt. rend. 130, 1010 (1900). 



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— 58 — 



Versuche bei großem Abstand, mit einem bedeutend aktiveren 
Präparat als bei der vorigen Reihe: 

d in cm 14 30 53 80 98 124 157 

Unabgelenkte Strahlen in Proz. . . 12 14 17 14 18 14 11 

Man sieht, daß von einer gewissen Entfernung an der Anteil 
der nicht abgelenkten Strahlen in der Strahlung annähernd kon- 
stant ist. Biese Strahlen gehören wahrscheinlich alle zu den 
y- Strahlen. Die Unregelmäßigkeiten der Zahlen in der zweiten 
Zeile wollen übrigens nicht viel bedeuten, wenn man bedenkt« 
daß die Totalintensität des Stromes in den beiden äußersten Ver- 
suchen im Verhältniß 660 zu 10 stand. Die Messungen konnten 
bis zu einer Entfernung von 1,57 m von der Strahlungsquelle 
ausgedehnt werden, und wir wären jetzt im Stande, noch weiter 
zu gehen. 

Bei der folgenden Versuchsreihe war das Radium in einem 
sehr engen Glasröhrchen eingeschlossen, das unter dem Konden- 
sator und parallel zu den Platten sich befand. Die emittirten 
Strahlen hatten, ehe sie zu dem Kondensator gelangten, eine 
gewisse Glas- und Luftschicht zu passiren: 

d in cm 2,5 3,3 4,1 5,9 7,5 9,6 11,3 13,9 17,2 

Unabgel. Strahlen in Proz. . 33 33 21 16 14 10 9 9 10 

Wie in den früheren Versuchen konvergiren die Zahlen der 
zweiten Zeile gegen einen konstanten Grenzwert, wenn die Ent- 
fernung d wächst, aber die Grenze wird praktisch schon für 
einen kleineren Abstand erreicht als in den früheren Reihen, weil 
die a- Strahlen in dem Glase stärker absorbirt werden, als die 
ß- und /-Strahlen. 

Auch folgender Versuch zeigt, daß eine dünne Aluminium- 
schicht (von 0,01 mm Dicke) hauptsächlich die «-Strahlen absorbirt. 
Wenn das Präparat 5 cm vom Kondensator entfernt war, so fand 
man , durch Erregung des Magnetfeldes , daß das Verhältniß der 
übrigen Strahlen zu den ß- Strahlen 71 Proz. betrug. Bedeckt 
man das Präparat mit dem Aluminiumblatt , so findet man, daß 
bei derselben Entfernung die durchgelassene Strahlung fast voll- 
ständig vom Magnetfeld abgelenkt wird, weil die «-Strahlen von 
dem Blatt absorbirt worden sind. Dasselbe Resultat erhält man 
mit Papier als Absorptionsschirm. 



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— 59 — 

Der größte Teil der Radium Strahlung besteht aus «-Strahlen, 
die wahrscheinlich hauptsächlich von der Oberfläche der strah- 
lenden Substanz emittirt werden. Wenn man die Dicke der 
strahlenden Schicht variirt, so wächst die Stromstärke mit dieser 
Dicke; die Vermehrung ist aber nicht für die Gesamtheit der 
Strahlen der Zunahme der Dicke proportional; sie ist für die 
/3-Strahlen viel beträchtlicher als für die «-Strahlen, derart, daß 
der relative Anteil der /3-Strahlen mit wachsender Schichtdicke 
zunimmt. Wenn die Strahlungsquelle sich 5 cm vom Konden- 
sator entfernt befindet, so findet man für eine Dicke der aktiven 
Schicht von 0,4 mm, daß die Gesamtstrahlung durch die Zahl 28 
gegeben ist und der Anteil der /3-Strahlen 29 Proz. beträgt. 
Macht man die Schicht 2 mm dick , d. h. fünfmal dicker , so er- 
hält man eine Gesamtstrahlung gleich 102 und einen Anteil der 
/3-Strahlen von 45 Proz. Die bei dieser Entfernung beobachtete 
Gesamtstrahlung ist also auf das 3,6 fache und die ablenkbare 
/3-Strahlung auf das 5 fache gestiegen. 

Die vorstehenden Versuche wurden mittels der elektrischen 
Methode ausgeführt. Benutzt man die radiographische Methode, 
so scheinen gewisse Resultate mit dem Vorstehenden in Wider- 
spruch. Bei den Versuchen von Herrn Villard wurde ein der 
Wirkung des Magnetfeldes ausgesetztes Bündel von Radium- 
strahlen auf einem Satze von photographischen Platten auf- 
gefangen. Das unablenkbare und durchdringende y-Strahlenbündel 
durchsetzte alle Platten und zeichnete seine Spur auf allen. Das 
abgelenkte ß~ Bündel wirkte nur auf die erste Platte ein. Dieses 
Bündel scheint also keine Strahlen von großem Durchdringungs- 
vermögen zu enthalten. 

Im Gegensatz dazu besteht bei unsren Versuchen ein in Luft 
sich fortpflanzendes Bündel bei den größten der Beobachtung zu- 
gänglichen Entfernungen zu ungefähr 9 /io aus ablenkbaren /3-Strah- 
len, und dasselbe ist der Fall, wenn die Strahlungsquelle in eine 
kleine zugeschmolzene Glasröhre eingeschlossen ist. Bei den 
Versuchen Villards wirken diese ablenkbaren und durchdringen- 
den /3-Strahlen nicht mehr auf die hinteren Platten ein, weil sie 
von dem ersten festen Hinderniß, das sie treffen, nach allen 
Seiten diffundirt werden und dadurch aufhören ein begrenztes 
Bündel zu bilden. Bei unsren Versuchen wurden die von dem 
Radium emittirten und das Glas durchsetzenden Strahlen wahr- 



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scheinlich auch von dem Glas diffundirt; da aber die Röhre sehr 
klein war, so wirkte sie selbst als Strahlenquelle für die von 
ihrer Oberfläche ausgehenden ablenkbaren ß- Strahlen und wir 
konnten dieselben bis zu großen Entfernungen von der Röhre 
beobachten. 

Die Kathodenstrahlen der Entladungsröhren können nur sehr 
dünne Schirme durchdringen (Aluminiumschirme bis zu 0,01 mm 
Dicke). Ein Strahlenbündel, das senkrecht auf den Schirm trifft, 
wird nach allen Seiten zerstreut; aber die Zerstreuung ist um so 
weniger beträchtlich, je dünner der Schirm, und für sehr dünne 
Schirme existirt ein austretendes Bündel, das merklich in die 
Verlängerung des einfallenden Bündels fällt J ). 

Die ablenkbaren /3-Strahlen des Radiums verhalten sich ähn- 
lich, doch ist die Veränderung, die das Bündel bei einem Schirm 
von derselben Dicke erfährt, viel weniger groß. Nach den Ver- 
suchen Becquerols werden die stark ablenkbaren ß- Strahlen 
des Radiums (d. h. diejenigen, deren Geschwindigkeit klein ist) 
von einem Aluminiumschirm von 0,1mm Dicke stark zerstreut; 
die durchdringenderen und weniger ablenkbaren Strahlen jedoch 
(kathodenstrahlartige mit großer Geschwindigkeit) durchdringen 
denselben Schirm ohne merkliche Zerstreuung und ohne Deforma- 
tion des Bündels, und zwar unabhängig von der Neigung des 
Schirmes gegen das Bündel. Die sehr schnellen ß-Strahlen durch- 
dringen ohne Zerstreuung eine ziemlich dicke Schicht von Paraffin 
(einige Centimeter) und man kann in dieser Schicht die Krüm- 
mung des Bündels unter der Einwirkung eines Magnetfeldes ver- 
folgen. Je dicker der Schirm ist und je absorbirender seine 
Substanz, um so mehr wird das ursprüngliche ablenkbare Bündel 
verändert, weil in dem Maße, wie die Schichtdicke wächst, die 
Zerstreuung beginnt, sich an immer durchdringenderen Strahlen 
bemerkbar zu machen. 

Die Luft bewirkt eine Zerstreuung der /S-Strahlen, die zwar 
für die stark ablenkbaren Strahlen sehr bemerkbar ist, jedoch viel 
weniger in Betracht kommt als die von gleichen Dicken fester 
Körper hervorgerufene. Deshalb breiten sich die ß- Stahlen des 
Radiums in Luft auf große Entfernungen hin aus. 



*) des Coudres, Phys. Zeitechr. 4, 140 (1902). 



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— 61 — 



m) Durclidringnngsvermögen der Strahlung der 
radioaktiven Substanzen. 

Vom Beginn der Untersuchungen über die radioaktiven Sub* 
stanzen an beschäftigte man sich mit der Absorption, die ver- 
schiedene Schirme auf die Strahlung dieser Körper ausüben. In 
einer ersten Notiz über diesen Gegenstand veröffentlichte ich *) 
einige Zahlen, die am Beginn dieser Schrift mitgeteilt sind und 
aus denen das relative Durchdringungsvermögen der Uran- und 
Thorstrahlung zu ersehen ist. Herr Rutherford 2 ) untersuchte 
specieller die Uranstrahlung und wies ihre Heterogenität nach. 
Herr Owens 3 ) kam zu demselben Schluß bezüglich der Thor- 
strahlung. Als sodann die Entdeckung der stark aktiven Sub- 
stanzen erfolgte, wurde das Durchdringungsvermögen ihrer Strahlen 
sogleich von mehreren Physikern untersucht (Becquerel 4 ), 
Meyer und v. Schweidler 5 ), Curie, Rutherford). Die ersten 
Beobachtungen zeigten unzweifelhaft die Heterogenität der Strah- 
lung, die ein allgemeines Phänomen zu sein und allen radio- 
aktiven Stoffen zuzukommen scheint. Man befindet sich da 
Strahlungsquellen gegenüber, die eine Gesamtheit von Strahlen 
emittiren, deren jeder sein eigenes Durchdringungsvermögen hat. 
Die Frage komplicirt sich noch dadurch, daß man untersuchen 
muß, in welchem Maße die Natur der Strahlung beim Hindurch- 
gang durch materielle Körper modificirt werden kann, und daß 
infolgedessen jede Messungsreihe eine präcise Bedeutung nur für 
die gerade angewandte Versuchsordnung hat. 

Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen kann man 
versuchen, die verschiedenen Versuche miteinander zu vergleichen 
und die Gesamtheit der Resultate darzustellen. 

Die radioaktiven Körper emittiren eine Strahlung, die sich 
in Luft und im Vakuum fortpflanzt; die Fortpflanzung ist gerad- 
linig; diese Tatsache wird durch die Schärfe und die Form der 
Schatten bewiesen, die man erhält, wenn man für die Strahlung 



*) S. Curie, Compt. rend. 126, April 1898. 

f ) Phil. Mag. (5) 47, 109 (1899). 

•) Ibid. (5) 48, 360 (1899). 

4 ) Rapport Congrös de Phys., Paris 1900. 

*) Phys. Zeitschr. 1, 209 (1900). 



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— 62 — 



undurchsichtige Körper zwischen die Quelle und die photo- 
graphische Platte oder den als Empfänger dienenden FJuorescenz- 
schirm stellt, wobei die Quelle klein sein muß gegen die Entfernung 
vom Empfänger. Verschiedene Versuche, die die geradlinige 
Ausbreitung der Strahlung des Urans, des Radiums und des 
Poloniums beweisen, sind von Herrn Becquerel 1 ) ausgeführt 
worden. 

Es ist interessant, die Entfernung von der Quelle zu be- 
stimmen, bis zu der die Strahlen sich in Luft fortpflanzen können. 
Wir stellten fest, daß das Radium Strahlen aussendet, die in 
mehreren Metern Abstand in Luft beobachtet werden konnten. 
Bei einigen unsrer elektrischen Messungen fand eine Einwirkung 
der Strahlungsquelle auf die Luft im Kondensator noch bei einer 
Entfernung von 2 bis 3 in statt. Ebenso haben wir Fluores- 
cenzwirkungen und photographische Wirkungen noch bei Ent- 
fernungen von derselben Größenordnung erhalten. 

Diese Versuche können nur mit sehr intensiven Strahlungs- 
quellen ausgeführt werden, da, abgesehen von der Absorption der 
Luft, die Wirkung auf den Empfänger im umgekehrten Verhältniß 
des Entfernungsquadrats variirt, wenn die Quelle von kleinen 
Dimensionen ist. Diese sich in große Entfernung vom Radium 
ausbreitende Strahlung enthält ebensowohl kathodenstrahlartige 
wie nicht ablenkbare Strahlen; die ablenkbaren Strahlen sind je- 
doch in der Mehrzahl, gemäß den oben angeführten Versuchen. 
Der größte Teil der Strahlen dagegen (die a-Strahlen) ist in Luft 
auf einen Abstand von etwa 7 cm von der Quelle begrenzt. 

Ich machte einige Versuche mit Radium, das in einem kleinen 
Glasgefäß eingeschlossen war. Die aus diesem Gefäß hervor- 
kommenden Strahlen durchmaßen einen gewissen Luftraum und 
wurden in einem Kondensator aufgefangen, der in gewöhnlicher 
Weise zur Messung ihres Ionisationsvermögens mittels der elek- 
trischen Methode diente. Man veränderte die Entfernung d der 
Quelle vom Kondensator und maß den im Kondensator erhaltenen 
Sättigungsstrom. Folgendes sind die Resultate einer Messungs- 
reihe : 

l ) Compt. reud. 130, 979 u. 1154 (1900). 



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— 63 — 



d cm 


i 


i.d*. 10-3 


10 


127,0 


13 


20 


38,0 


15 


30 


17,4 


16 


40 


10,5 


17 


50 


6,9 


17 


60 


4,7 


17 


70 


3,8 


19 


100 


1,65 


17 



Von einem gewissen Abstand an ändert sich die Intensität 
der Strahlung merklich wie das Quadrat der Entfernung vorn 
Kondensator. 

Die Poloniumstrahlung breitet sich in Luft nur bis zu einer 
Entfernung von einigen Centimetern (4 bis 6 cm) von der Strah- 
lungsquelle aus. 

•Betrachtet man die Absorption der Strahlung durch feste 
Körper, so findet man auch dabei einen fundamentalen Unter- 
schied zwischen dem Radium und dem Polonium. Das Radium 
emittirt Strahlen, die eine dicke Schicht fester Körper zu durch- 
dringen vermögen, z. B. einige Centimeter Blei oder Glas l ). Die 
Strahlen, die eine große Schichtdicke eines festen Körpers durch- 
setzt haben, sind außerordentlich durchdringend, und man kann 
sie praktisch überhaupt nicht vollständig durch irgend einen 
Körper absorbiren lassen. Aber diese Strahlen bilden nur einen 
geringen Bruchteil der Totalstrahlung, die im Gegensatz hierzu 
zum größten Teil bereits durch eine dünne Schicht fester Substanz 
absorbirt wird. 

Das Polonium dagegen emittirt äußerst absorbirbare Strahlen, 
die nur sehr dünne Schichten fester Körper durchdringen können. 

Ich gebe als Beispiel einige Zahlen über die Absorption, die 
ein Aluminiumblatt von 0,01 mm Dicke hervorbringt. Dieses 
Blatt wurde über die Substanz gedeckt und war beinahe mit ihr 
in Berührung. Die direkte und die von dem Blatt durchgelassene 
Strahlung wurden mittels der elektrischen Methode (Fig. 1) ge- 
messen; der Sättigungsstrom wurde in allen Fällen merklich er- 



l ) P. u. S. Curie, Rapports Congres de Phys. 1900. 



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— 64 — 

reicht Ich bezeichne mit a die Aktivität der strahlenden Sub- 
stanz, die des Urans gleich 1 gesetzt. 







von dem üiatc uurcu- 






L'iciÄsciicr x>ru eil teil 






df»r Str:i hlnnp* 

WVI Itlil Ull^ 


Radium-baltiges Baryumchlorid . . . 


57 


0,32 


„ Baryumbromid . . . 


43 


0,30 


„ Baryumchlorid . . . 


1200 


0,30 


., Baryumsulfat .... 


5 000 


0,29 


» n .... 


10 000 


0,32 


Metallisches Wismut-Polonium .... 




0,22 






0,20 


Thorverbindungen in dünner Schicht 




0,38 



Man sieht hieraus, daß Radium -haltige Verbindungen von 
ganz verschiedener Aktivität ganz analoge Resultate geben, wie 
ich es bereits im Anfang dieser Arbeit für die Uran* und Xhor- 
verbindungen gezeigt habe. Man Bieht auch, wenn man die 
Gesamtstrahlung ins Auge faßt, daß dann für die betrachtete ab- 
sorbirende Schicht die verschiedenen strahlenden Substanzen sich 
nach abnehmendem Durchdringungsvermögen ihrer Strahlen in 
folgender Reihenfolge ordnen: Thor, Radium, Polonium, Uran. 

Diese Resultate sind in Übereinstimmung mit denen, die 
Herr Rutherford 1 ) in einer Arbeit über diesen Gegenstand ver- 
öffentlichte. 

Rutherford findet übrigens, daß die Reihenfolge dieselbe 
ist, wenn Luft die absorbirende Substanz bildet Es ist jedoch 
wahrscheinlich, daß diese Reihenfolge keine absolute Bedeutung 
hat und nicht unabhängig von der Natur und der Dicke des be- 
trachteten Schirms besteht Der Versuch zeigt ja tatsächlich, daß 
das Absorption sgesetz für Polonium und Radium sehr verschieden 
ist, und daß man bei letzterem die Absorption jeder der drei 
Strahlenarten für sich betrachten muß. 

Das Polonium ist besonders zur Untersuchung der «-Strahlen 
geeignet, da die in unsrem Besitz befindlichen Präparate keinerlei 
andre Strahlen emittiren. Ich machte eine erste Versuchsreihe 
mit frisch hergestellten und sehr stark aktiven Poloniumpräparaten. 

») Phil. Mag. (6) 4, 1 (1902). 



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— 65 — 



Ich 1 ) fand, daß die Poloniumstrahlen um so absorbirbarer sind, 
je dicker die schon durchstrahlte Schicht von Materie ist. Dieses 
merkwürdige Absorptionsgesetz steht im Widerspruch mit dem 
für die andren Strahlungen bekannten. 

Ich benutzte für diese Untersuchung unsren elektrischen 
Meßapparat in folgender Anordnung: 

Die beiden Platten eines Kondensators PP und P'P' (Fig. 8) 
stehen horizontal und sind durch einen mit der Erde verbundenen 
Metallkasten BBBB geschirmt Der aktive Körper A befindet sich 
in einer dicken Metallbüchse COCC, die an der Platte P'P' befestigt 

Fig. 8. 



ist, und wirkt auf die Luft im Kondensator durch ein Metallnetz 
T hindurch; nur die das Metallgewebe durchsetzenden Strahlen 
werden zur Stromerzeugung benutzt, da das Feld an dem Gewebe 
endigt. Die Entfernung AT des aktiven Körpers vo*n dem Ge- 
webe ist veränderlich. Das Feld zwischen den Platten wird durch 
eine Batterie erzeugt; der Strom wird mittels eines Elektrometers 
und eines piezoelektrischen Quarzes gemessen. 

Indem man in A auf den aktiven Körper verschiedene 
Schirme aufsetzt und die Entfernung AT variirt, kann man die 
Absorption von Strahlen messen, die in Luft mehr oder weniger 
große Wege zurückgelegt haben. 

Folgendes sind die mit Polonium erhaltenen Resultate: 

') S. Curie, Compt. rend. 130, 76 (1900). 
Curie, Untersuchungen über radioaktive Substanzen. 5 




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— 66 — 

Für einen gewissen Wert der Entfernung AT (4 cm und 
darüber) erhält mau keinen Strom; die Strahlen dringen nicht in 
den Kondensator ein. Vermindert man den Abstand AT, so 
macht sich das Auftreten der Strahlen im Kondensator ziemlich 
plötzlich bemerkbar, derart, daß man durch eine sehr kleine Ver- 
ringerung der Entfernung von einem sehr schwachen zu einem 
sehr merklichen Strome übergeht; von da ab wächst der Strom 
regelmäßig, wenn man den strahlenden Körper dem Gewebe T 
weiter annähert. 

Wenn man die strahlende Substanz mit einem Alumiumblatt 
von 0,01 mm Dicke bedeckt, so ist die dadurch hervorgerufene 
Absorption um so größer, je größer die Entfernung A T. 

Legt man auf das erste Aluminiumblatt ein gleiches zweites, 
so absorbirt jedes Blatt einen Bruchteil der auffallenden Strah- 
lung; dieser Bruchteil ist für das zweite Blatt größer als für das 
erste, so daß das zweite stärker absorbirend erscheint. 

Die folgende Tabelle enthält: In der ersten Zeile die Ab- 
stände zwischen dem Polonium und dem Gewebe T in Centimetern; 
in der zweiten Zeile den Anteil der von einem Aluminiumblatt 
durchgelassenen Strahlung in Prozenten; in der dritten Zeile den 
von zwei gleichen Aluminiumblättern durchgelassenen Anteil in 
Prozenten : 







2,5 


1,9 


1,45 


0,5 


Von einem Blatt durchgelassene Strak- 














0,0 


0,0 


5,0 


10,0 


25,0 


Von zwei Blättern durchgelassene 












Strahlung in Prozenten .... 


0,0 


0,0 


0,0 


0,0 


0,7 



Bei diesen Versuchen war der Abstand zwischen den Platten 
P und P 3 cm. Man sieht, daß die Zwischenschaltung des 
Aluminiiimblattes in größerer Entfernung die Strahlung in höherem, 
Maße schwächt als in kleinerer Entfernung. 

Dieser Effekt ist noch ausgesprochener, als aus den obigen 
Zahlen hervorzugehen scheint. So bedeutet z. B. die Durch- 
dringung von 25 Proz. für den Abstand 0,5 den Mittelwert des 
Durchdringungsvermögens für alle Strahlen, die diese Entfernung 
überschreiten, wobei dasjenige für die äußersten Strahlen sehr 
schwach ist Wenn man nur die Strahlen zwischen 0,5 und 1 cm 
auffinge, so würde man eine noch größere Durchdringung er- 
halten. Und in der Tat , wenn man die Platten B und F ein- 



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- 67 - 



ander auf 0,5 cm nähert , so beträgt der von einem Aluminium- 
blatt durchgelassene Bruchteil der ursprünglichen Strahlung (für 
AT — 0,5 cm) 47 Proz. und bei zwei Blättern 5 Proz. 

Ich machte kürzlich eine neue Versuchsreihe mit denselben 
Polonium präparaten, deren Aktivität unterdessen beträchtlich ab- 
genommen hatte, da zwischen beiden Versuchsreihen ein Zeitraum 
von drei Jahren lag. 

Bei den alten Versuchen war das Polonium als Subnitrat ver- 
wandt; bei den neuen bestand es aus metallischen Körnern, die 
durch Schmelzung des Subnitrats mit Cyankalium erhalten waren. 

Ich stellte fest, daß die Polonium Strahlung ihre wesentlich- 
sten Charaktere behalten hatte, und fand auch einige neue Re- 
sultate. Folgende Bruchteile der Strahlung wurden für verschiedene 
Entfernungen A T von einem aus vier dünnen Schichten von 
Blattaluminium gebildeten Schirm durchgelassen: 

Entfernung A T in Centimetern 0 1,5 2,6 

Vom Schirm durchgelassen« Troz. der Strahlung 76 66 39 

Ich konstatirte ferner, daß die von einem bestimmten Schirm 
absorbirte Strahlung mit der Dicke der schon vorher von der 
Strahlung durchlaufenen festen Schicht wächst, doch gilt dies nur 
von einer bestimmten Entfernung AT ab. Wenn diese Ent- 
fernung Null ist (das Polonium also dicht an dem Netz, außerhalb 
oder innerhalb des Kondensators), so beobachtet man, daß von 
mehreren aufeinander gelegten gleichen Schirmen jeder denselben 
Bruchteil der auffallenden Strahlung absorbirt, oder anders aus- 
gedrückt, daß die Intensität der Strahlung als Funktion der durch- • 
strahlten Schichtdicke nach einem Exponentialgesetz abfällt, wie 
es für eine homogene und von der Schicht in ihrer Xatur nicht 
veränderte Strahlung der Fall ist* 

Ich teile einige Zahlen werte über diese Versuche mit: 
Bei einem Abstand A T = 1,5 cm läßt ein dünnes Aluminium- 
blatt 0,51 der auftretenden Strahlung durch, wenn es allein vor- 
handen ist, und bloß 0,34, wenn ein zweites gleiches Blatt 
darunter liegt. 

Dagegen läßt dasselbe Blatt bei einer Entfernung A T = 0 
in beiden Fällen denselben Bruchteil der auffallenden Strahlung 
hindurch; und zwar beträgt der Bruchteil 0,71, ist also viel 
größer als im ersten Falle. 

Die folgenden Zahlen wurden für einen Abstand A T = 0 

5* 



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— 68 — 



und eine Schicht von aufeinander liegenden sehr dünnen Blättern 
als Größe des von jedem Blatt hindurchgelassenen Bruchteils der 
auf ihn fallenden Strahlung erhalten : 



"Vi-j 1 1 »1 U 11 füi Y^l >1i'lüV 1 iürtüll/l ii 

x^cuii <\. uxcj iiaxiuor liegciiuts 

Kl UU HU XV Ii 1 ) l v l Ultt hv"l 


OlcUcQ HILL cllitlllUcr Hr^LIiUc 
rliinno A Iii itiiniinnl*hl ii t t/Ji* 


0,72 


0,69 


0,78 


0,94 


0,75 


0,95 


0,77 


0,91 


0,70 


0,92 


0,77 


0,93 


0,69 


0,91 


0,79 




0,68 





Unter Berücksichtigung der Schwierigkeiten hei der Ver- 
wendung sehr dünner Absorptionsschirme und ihrer genauen 
Übereinanderschichtung können die Zahlen in jeder Spalte als 
konstant angesehen werden; nur die erste Zahl in der Reihe für 
Aluminium zeigt eine stärkere Absorption an als die folgenden 
Zahlen. 

Die ce-Strahlen des Radiums verhalten sich wie die Polonium- 
strahlen. Man kann diese Strahlen beinahe rein beobachten, wenn 
man die viel ablenkbareren ß-Strahlen durch ein Magnetfeld zur 
Seite wirft; die y-Strahlen kommen praktisch neben den a-Strahlen 
kaum in Betracht. Man kann jedoch nur von einem gewissen 
Abstand von der Quelle an so verfahren. Bei einem Versuch 
dieser Art wurden die folgenden Resultate erhalten. Es wurde 
der von einem Aluminiumblatt von 0,01 mm Dicke hindurch- 
gelassene Bruchteil der Strahlung gemessen; dieses Blatt befand 
sich immer an derselben Stelle, dicht über der Strahlungsquelle. 
Man beobachtete mit dem in Fig. 5 dargestellten Apparat den 
Strom im Kondensator für verschiedene Werte des Abstandes AD, 
einmal mit, das andre Mal ohne den Schirm. 

Abstand AD 6,0 5,1 3,4 

Tom Aluminium durch gelassene Trozente der 

Strahlung 3 7 24 

Auch hier werden also die Strahlen, die am weitesten durch 



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— 69 — 



Luft gegangen sind, vom Aluminium am stärksten absorbirt. Es 
besteht somit eine weitgehende Analogie zwischen den absorbir- 
baren a-Strahlen des Radiums und den Poloniumstrahlen. 

Die ablenkbaren ß~ Strahlen und die nicht ablenkbaren 
y- Strahlen sind dagegen ganz andrer Natur. Die Versuche 
mehrerer Physiker, vor allem der Herren Meyer und v. Schweid- 
ler 1 ) ergeben deutlich, daß, wenn man die Gesamtstrahlung des 
Radiums betrachtet, das Durchdringungsvermögen mit der bereits 
durchstrahlten Schichtdicke wächst, wie es auch für die Röntgen- 
strahlen der Fall ist. Bei diesen Versuchen kommen die a-Strahlen 
kaum in Betracht, weil diese Strahlen praktisch schon durch sehr 
dünne Schirme boseitigt werden. Was hindurchgeht, das sind 
einerseits die mehr oder weniger diffundirten ß- Strahlen, ander- 
seits die wahrscheinlich den Röntgenstrahlen analogen y-Strahlen. 

Ich teile einige Resultate meiner diesbezüglichen Versuche mit: 

Das Radium ist in einem Glasgefäß eingeschlossen. Die 
austretenden Strahlen durchlaufen eine Luftschicht von 30 cm und 
werden in einer Reihe von Glasplatten von je 1 ,3 mm Dicke auf- 
gefangen; die erste Platte läßt 49 Proz. der auffallenden Strah- 
lung hindurch, die zweite 84 Proz. und die dritte 85 Proz. 

Bei einer andren Versuchsreihe befand sich das Radium in 
einem Glasgefäß in 10 cm Abstand von dem auffangenden Kon- 
densator. Auf das Gefäß wurden eine Reihe von Bleiplatten 
gelegt, die jede eine Dicke von 0,115 mm« hatten. Das Verhältniß 
der hindurchgelassenen zur auffallenden Strahlung für jede der auf- 
einander folgenden Platten ist durch folgende Zahlenreihe gegeben : 
0,40 0,60 0,72 0,79 0,89 0,92 0,94 0,94 0,97 

Für eine Reihe von vier Bleischirmen von je 1,5 mm Dicke 
wird das Verhältniß der durchgelassenen zur auffallenden Strah- 
lung durch folgende Zahlen gegeben: 

0,09 0,78 0,84 0,82. 

Aus diesen Versuchen geht hervor, daß bei einem Anwachsen 
der Schichtdicke von 0,1 mm bis zu 6 mm das Durchdringungs- 
vermögen der Strahlung dauernd zunimmt. Ich fand unter 
gleichen Versuchsbedingungen, daß ein Bleiscbirin von 1,8 cm 
Dicke 2 Proz. der auf ihn fallenden Strahlung hindurchläßt; ein 
Bleischirm von 5,3 cm Dicke läßt noch 0,4 Proz. der auffallenden 

l ) Fhys. Zeitschr. 1, 209 (1900). 



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— 70 — 



Strahlung hindurch. Ich konstatirte ferner, daß die von einem 
Bleischirin von 1,5 mm Dicke hindnrchgelassene Strahlung zum 
großen Teil aus ablenkbaren (kathodenstrahlartigen) Strahlen be- 
stand. Letztere sind also nicht nur im stände, große Entfernungen 
in Luft zu durchlaufen, sondern auch beträchtliche Schichtdicken 
von so stark absorbirenden festen Körpern wie Blei. 

Wenn man mit dem in Fig. 2 dargestellten Apparat die Ab- 
sorption der Gesamtstrahlung des Radiums durch ein Aluminium- 
blatt von 0,01mm Dicke beobachtet, wobei das Blatt sich immer 
in derselben Entfernung von der strahlenden Substanz befindet, 
während die Entfernung AD des Kondensators verändert wird, 
so bilden die erhaltenen Resultate die Übereinanderlagerung der 
von den drei Strahlengruppen herrührenden Ergebnisse. Beob- 
achtet man bei großem Abstand, so überwiegen die durchdringenden 
Strahlen und die Absorption ist schwach; beobachtet man bei 
kleinem Abstand, so überwiegen die «-Strahlen und die Absorp- 
tion ist um so schwächer, je mehr man sich der Substanz nähert; 
für eine mittlere Entfernung hat die Absorption ein Maximum 
und das Durchdringungsvermögen ein Miniraum. 

Abstand AD 7,1 6,5 6,0 5,1 3,4 

Vom Aluminium durchgelassene Strah- 
lung in Prozenten 91 82 58 41 48 

Gleichwohl zeigen gewisse Absorptionsversuche doch eine 
gewisse Analogie zwischen den a- Strahlen und den ablenkbaren 
^-Strahlen. 

So fand z. B. Herr Becquerel, daß die absorbirende Wir- 
kung eines festen Schirmes auf die ß- Strahlen zunimmt, wenn 
man die Entfernung des Schirmes von der Quelle vergrößert; 
wenn' man also die Strahlen der Einwirkung eines Magnetfeldes 
unterwirft, wie in Fig. 4, 60 läßt ein unmittelbar auf die Strah- 
lungsquelle gelegter Schirm einen größeren Teil des magnetischen 
Spektrums bestehen als ein auf die photographische Platte gelegter 
Schirm. Diese Veränderung der Absorptionswirkung des Schirmes 
mit der Entfernung desselben von der Quelle ist ganz analog dem, 
was für die et- Strahlen gefunden; sie wurde von den Herren 
Meyer und v. Schweidler bestätigt, die sich der Quoroskopischen 
Methode bedienten; Herr Curie und ich beobachteten dieselbe 
Tatsache mit der elektrischen Metbode. Die Entstehungsbedin- 
gungen dieses Phänomens sind noch nicht näher untersucht. 



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— 71 — 



Wenn man jedoch das Radium in ein Glasröhrchen einschließt 
und in ziemlich große Entfernung vom Kondensator Dringt, der 
von einer dünnen Aluminiumhülle umgeben ist, so ist es gleich- 
gültig, ob man den Schirm bei der Quelle oder beim Kondensator 
aufstellt; der erhaltene Strom ist in beiden Fällen derselbe. 

Die Untersuchung der a- Strahlen hatte mich ') zu der An- 
sicht geführt, daß diese Strahlen sich wie Projektile verhalten, 
die mit einer gewissen Geschwindigkeit fortgeschleudert werden 
und beim Passiren von Hindernissen an Geschwindigkeit verlieren. 
Gleichwohl besitzen diese Strahlen geradlinige Fortpflanzung, wie 
Herr Becquerel durch folgenden Versuch nachwies. Das die 
Strahlen emittirende Polonium befand sich in einer sehr feinen 
geradlinigen Vertiefung, die in ein Kartonblatt eingeschnitten war. 
Man hatte also eine lineare Strahlungsquelle. Ein Kupferdraht 
von 1,5 mm Durchmesser befand sich parallel zur Quelle in einem 
Abstand von 4,9 mm. Eine photographische Platte war parallel 
hierzu in einem Abstand von 8,65 mm aufgestellt. Nach einer 
Exposition von 10 Minuten erschien der geometrische Schatten 
des Drahtes in durchaus vollkommener Form, in den voraus- 
berechneten Dimensionen und mit einem sehr feinen Halbschatten 
auf jeder Seite, der durchaus der Breite der Quelle entsprach. 
Der Versuch gelang ebenso, wenn man auf den Draht ein doppeltes 
Aluminiumblatt legte, das die Strahlen durchdringen mußten. 

Es handelt sich also um Strahlen, die scharfe geometrische 
Schatten geben können. Der Versuch mit dem Aluminium zeigt, 
daß die Strahlen durch das Blatt nicht diffundirt werden und daß 
dieses auch nicht in nennenswerter Menge Sekundärstrahlen 
analog den sekundären Röntgenstrahlen emittirt. 

Die Versuche Rutherfords zeigen, daß die Projektile, aus 
denen die «-Strahlen bestehen, im Magnetfeld abgelenkt werden, 
als seien sie positiv geladen. Dio Ablenkung im Magnetfeld ist 
um so schwächer, je größer der Ausdruck mv/e ist, wobei m die 
Masse, v die Geschwindigkeit und e die Ladung des Teilchens 
bedeutet. Die Kathodenstrahlen des Radiums werden schwach 
abgelenkt, weil ihre Geschwindigkeit enorm ist; sie haben ferner 
ein großes Durchdringungsvermögen, weil die Teilchen gleichzeitig 
große Geschwindigkeit und sehr kleine Masse haben. Teilchen 



») 8. Curie, Compt. rend. 130, 76 (1900). 



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— 72 — 



dagegen, die bei gleicher Ladung und kleinerer Geschwindigkeit 
eine viel größere Masse haben, werden zwar ebenso schwach ab- 
lenkbar im Magnetfelde sein, anderseits aber notwendig sehr ab- 
sorbirbare Strahlen ergeben. Aus den Versuchen von Rutherfor d 
scheint hervorzugehen, daß dies für die cc- Strahlen der Fall ist. 

Um eine Wirkung der «-Strahlen handelt es sich wahr- 
scheinlich bei dem schönen Versuch mit dem Crookes sehen 
Spinthariskop Dieser Apparat besteht im wesentlichen aus 
einem Körnchen Radiumsalz, das am Ende eines Metalldrahtes 
vor einem Schirm aus phosphorescirendem Zinksulfid befestigt ist. 
Die Entfernung de9 Kornes vom Schirm ist sehr klein (etwa Va mm ) 
und man beobachtet mit einer Lupe die dem Radium zugewandt© 
Seite des Schirmes. Das Auge bemerkt dann auf dem Schirme 
einen wahrhaften Regen von Lichtpunkten, die fortwährend er- 
scheinen und wieder verschwinden. Der Schirm sieht aus wie 
der gestirnte Himmel. In den dem Radium benachbarten Punkten 
befinden die Lichtpunkte sich näher aneinander, und in unmittel- 
barer Nähe des Radiums erscheint das Leuchten kontin uirlich. 

Durch einen Luftstrom scheint das Phänomen nicht beein- 
flußt zu werden; es tritt auch im Vakuum auf; ein noch so dünner 
Schirm zwischen dem Radium und dem Leuchtschirm unterdrückt 
es ; die Erscheinung scheint also von den absorbirbarsten »-Strahlen 
des Radiums herzurühren. 

Man kann sich vorstellen, daß das Erscheinen eines solchen 
Lichtpunktes auf dem phosphorescirenden Schirm von dem Stoße 
eines einzelnen Projektils herrühre. Von diesem Gesichtspunkte 
aus hätte man es hier also zum erstenmal mit einer Erscheinung 
zu tun, bei der man die Einzelwirkung eines Teilchens beobachten 
kann, dessen Dimensionen von der Größenordnung derjenigen 
eines Atoms sind 2 ). 

Der Anblick der Lichtpunkte entspricht etwa dem von 
Sternen oder stark erleuchteten ultramikroskopischen Teilchen 3 ) t 
die auf der Netzhaut keine scharfen Bilder erzeugen, sondern nur 

*) Cheni. News, 3. April 1903. 

f ) Uber die Deutung dieser Erscheinung a. a. eine neuere Arbeit 
von H. Becque>el [Compt. rend. 137, 629 (1903)], der das blitzartige Auf- 
leuchten durch Umwandlungsvorgänge in den bestrahlten Krystallen und 
dadurch verursachte elektrische Entladungen erklärt. (Anm. d. Übers.) 

8 ) H. Siedentopf u. R. Zgigmondy, Ann. d. Phys. (4) 10, 
1 (1903). 



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— 73 — 

Beugungsscheibchen ; dies ist in guter Übereinstimmung mit der 
Anschauung, daß jeder winzige Lichtpunkt von dem Stoß eines 
einzelnen Atoms herrührt. 

Die nicht ablenkbaren durchdringenden y~ Strahlen scheinen 
ganz andrer Natur und mehr den Röntgenstrahlen analog zu sein. 
Es ist jedoch durch nichts bewiesen, daß nicht auch wenig durch- 
dringende Strahlen gleicher Art in der Radiumstrahlung enthalten 
sein können, denn sie könnten durch die übrige Strahlung ver- 
deckt sein. 

Man sieht hieraus, ein wie komplicirtes Phänomen die Strah- 
lung der radioaktiven Körper ist. Die Schwierigkeiten vermehren 
sich noch dadurch, daß man untersuchen muß, ob die Strahlen 
durch die Materie bloß selektiv absorbirt, oder ob sie auch mehr 
oder weniger weitgehend umgewandelt werden. 

Man weiß erst sehr wenig über diese Frage. Wenn man 
jedoch annimmt, daß die Radiumstrahlung Strahlen von der Art 
der Röntgen- und der Kathodenstrahlen enthält, so kann man er- 
warten, daß diese Strahlung beim Durchschreiten von Schirmen 
transformirt wird. Es ist in der Tat bekannt: 

1. Daß Kathodenstrahlen, die durch ein Aluminiumfenster 
aus der Entladungsröhre heraustreten (Len ardscher Versuch) im 
Aluminium stark diffundirt werden und gleichzeitig einen Ge- 
schwindigkeitsverlust erfahren l ) ; so verlieren z. B. Kathoden- 
strahlen von einer Geschwindigkeit v — 1.4 . 10 10 cm/sec 
lOProz. ihrer Geschwindigkeit beim Uindurchgang durch 0,01 mm 
dickes Aluminium 2 ). 

2. Daß Kathodenstrahlen beim Auftreffen auf ein Hinderniß 
Röntgenstrahlen erzeugen. 

3. Daß Röntgenstrahlen beim Auftreffen auf ein festes 
Hinderniß Sekundärstrahlen erzeugen, die zum Teil aus 
Kathodenstrahlen bestehen 3 ). 

Man kann also nach Analogie die Existenz all dieser soeben 
beschriebenen Erscheinungen bei der Strahlung der radioaktiven 
Körper voraussetzen. 

Bei der Untersuchung des Hindurchganges der Polonium- 

l ) K Warburg (G. Leithäuser), Berl. Ber. 14, 267 (1902). 
*) de» Coudres, Phys. Zeitschr. 4, 140 (1902). 
8 ) Sagnac, Dissertation; Curie u. Sagnac, Compt. rend., April 
1900; Dorn, Archivea n6erl. 595 (Lorent/.band), 1900. 



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— 74 — 



strahlen durch einen Aluminiuinscbirm beobachtete Herr Bec- 
querel 1 ) weder die Produktion von Sekundärstrahlen, noch eine 
Uniwandlung in kathodenstrahlartige Strahlen. 

Ich versuchte, eine Transformation der Poloniumstrahlen 
mittels der Methode der Vertauachung der Schirme nachzuweisen. 
Weun zwei übereinander gelegte Schirme E l und U t von den 
Strahlen durchdrungen werden, so muß die Reihenfolge, in der 
sie durchlaufen werden, gleichgültig sein, falls die Strahlen hier- 
bei nicht umgewandelt werden; wenn dagegen jeder Schirm die 
hindurchgelassenen Strahlen transformirt, so ist die Reihenfolge 
der Schirme nicht gleichgültig. Wenn z. B. die Strahlen beim 
Hindurchgang durch Blei in absorbirbarere verwandelt werden, 
das Aluminium dagegen diese Wirkung nicht in gleichem Maße 
besitzt, dann muß das System Blei- Aluminium undurchsichtiger 
erscheinen als das System Aluminium -Blei; bei Röntgenstrahlen 
ist dies tatsächlich der Fall. 

Meine Versuche ergeben das Auftreten dieser Erscheinung 
bei den Poloniumstrahlen. Der benutzte Aj>parat war der in 
Fig. 8 dargestellte. Das Polonium befand sich in der Büchse 
CCCC und die natürlich sehr dünnen Schirme wurden auf das 
Metallnetz T gelegt. 



Benutzte Schirme 


Dicke 


Beobachtete 
Stromstärke 




0,01 1 


17,9 




0,005 / 




0,005 ^ 


6,7 




0,01 / 




0,01 1 
0,005 / 


150,0 


Zinn 


0,005 1 
0,01 / 


125,0 




0,005 1 


13,9 




0,005 / 




0,005 
0,005 / 


4,4 



') Becquerel, Rapports au congres de Phys., Paris 1900. 



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- 75 — 



Die Resultate beweisen also, daß die Strahlung durch feste 
Schirme umgewandelt wird. Dieser Schluß ist in Übereinstimmung 
mit den Versuchen, nach denen von zwei identischen Metallblättern, 
die übereinander gelegt sind, das erste weniger absorbirend er- 
scheint als das zweite. Es ist hiernach wahrscheinlich, daß die 
transformirende Wirkung eines Schirmes um so größer ist, je 
weiter sich der Schirm von der Quelle entfernt befindet. Dieser 
Punkt ist jedoch noch nicht sichergestellt, und die Natur der Um- 
wandlung noch nicht im einzelnen untersucht. 

Ich wiederholte dieselben Versuche mit einem sehr aktiven 
Radiumsalz. Das Ergebniß war negativ. Ich beobachtete nur 
ganz unwesentliche Änderungen in der Intensität der Strahlung 
bei der Umkehrung der Schirme. Folgende Schirmsysteme wurden 
untersucht: 





Dicke 

mm | 


Dicke 
mm 


AI« • ' 


0,55 


und 




i 

0,01 




0,55 






0,1 




0,55 






0,005 




1,07 






0,05 




0,55 


- 




0,005 




1,07 






0,005 




0,15 


- 




0,01 




0,15 




Zink 


0,05 




0,15 


i 




0,1 



Das System Blei -Aluminium zeigte sich ein wenig undurch- 
sichtiger als das System Aluminium -Blei, doch war der Unter- 
schied nicht groß. 

Ich konnte also auf diese Weise eine merkliche Umwandlung 
der Radiumstrahlen nicht nachweisen. Gleichwohl beobachtete 
Herr Becquerel bei verschiedenen radiographischen Versuchen 
sehr kräftige Wirkungen, die von zerstreuten oder sekundären 
Strahlen herrührten, welch letztere von den die Radiumstrahlen 
auffangenden Schirmen emittirt wurden. Die wirksamste Sub- 
stanz für die Emission von Sekundärstrahlon scheint das Blei 
zu sein. 



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— 76 — 



Fig. 9. 



Elektrometer 



Q 

™ A 



Batterie 



Erde 



n) Ionisirende Wirkung der Radiumstrahlen auf isolirende 

Flüssigkeiten. 

Herr Curie J ) hat gezeigt, daß die Radium- und die Röntgen- 
strahlen auf flüssige Dielektrika wie auf Luft wirken, indem sie 
ihnen eine gewisse elektrische Leitfähigkeit erteilen. Die Ver- 
suchsanordnung war folgende (Fig. 9): 

Die zu untersuchende Flüssigkeit befand sich in einem 
metallischen Gefäß CDEF, in das ein dünnes Kupferrohr AB 

eintauchte; diese beiden Metall- 
teile dienen als Elektroden. Das 
Gefäß wird mittels einer Batterie 
kleiner Akkumulatoren , deren 
einer Pol an Erde liegt, auf 
einem bekannten Potential er- 
halten. Die Röhre AB ist mit 
dem Elektrometer verbunden. 
"Wenn ein Strom die Flüssigkeit 
durchfließt, so erhält man das 
Elektrometer mit Hülfe des piezo- 
elektrischen Quarzes auf Null 
und mißt dadurch den Strom. 
Das Kupferrohr MNM'N' ist 
mit der Erde verbunden und 
dient als Schutzmantel, um einen 
Strom durch die Luft hindurch 
abzufangen. Ein Gefäß mit Radium - haltigem Baryumsalz kann 
in die Röhre AB eingesenkt werden; die Strahlen wirken auf die 
Flüssigkeit, nachdem sie das Glas des Gefäßes und die Metall- 
wände der Röhre durchsetzt haben. Man kann das Radium auch 
wirken hissen, indem man das Glasgefäß unter den Boden J) E legt. 

Wenn man mit Röntgenstrahlen operirt, so läßt man sie 
durch den Boden DE eindringen. 

Die Zunahme der Leitfähigkeit unter der Einwirkung der 
Radium- oder Röntgenstrahlen scheint für alle Dielektrika statt- 
zufinden; um jedoch den Effekt nachweisen zu können, muß die 
eigene Leitfähigkeit der Flüssigkeit genügend schwach sein, um 
nicht die Wirkung der Strahlen zu verdecken. 

x ) Compt. rend. 134, 420 (1902). 



A 



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Für Radium- und für Röntgenstrahlen hat Herr Curie 
Effekte von gleicher Größenordnung erhalten. 

Wenn man mit derselben Anordnung die Leitfähigkeit der 
Luft oder eines andren Gases unter der Einwirkung der Becquerel- 
strahlen untersucht, so findet man, daß die Stromstärke nur so 
lange der Potentialdifferenz der Elektroden proportional ist, als 
diese nicht einige Volt überschreitet; bei höheren Spannungen 
dagegen wächst der Strom immer weniger schnell und der 
Sättigungsstrom wird praktisch bei einer Spannung von 100 Volt 
erreicht. 

Die mit demselben Apparat und demselben sehr aktiven 
Präparat untersuchten Flüssigkeiten verhalten sich anders; die 
Stromstärke ist der Spannung proportional, wenn diese von 0 bis 
450 Volt variirt, selbst wenn die Entfernung der Elektroden nicht 
größer ist als 6 mm. Man kann also die von einem Radiumsalz 
in verschiedenen Flüssigkeiten unter gleichen Bedingungen er- 
zeugte Leitfähigkeit vergleichen. Die Zahlen der folgenden 
Tabelle geben die Leitfähigkeiten in reciproken Ohms pro Kubik- 



centimeter : 

Schwefelkohlenstoff 20,0 . 10-« 

retroläther 15,0 . 10-" 

Amylen 14,0 . 10~« 

Chlorkohlenstofl 8,0 . 10—« 

Benzin 4,0 . 10— 14 

Flüssige Luft 1,3 . 10-« 

Vaselinöl 1,6 . 10-« 



Man kann jedoch annehmen, daß die Flüssigkeiten und die 
Gase ein ähnliches Verhalten zeigen, und daß für die Flüssig- 
keiten die Proportionalität zwischen Spannung und Strom nur 
bis zu höheren Spannungen reicht als für die Gase. Man könnte 
demnach in Analogie mit den Erscheinungen bei Gasen ver- 
suchen , diese Grenze herabzudrücken , indem man eine viel 
schwächere Strahlung anwendet. Der Versuch bestätigte diese 
Annahme; benutzte man ein 150 mal weniger aktives strahlendes 
Präparat als das zu den ersten Versuchen dienende, so ergaben 
sich für Spannungen von 50, 100, 200 und 400 Volt die relativen 
Stromstärken 109, 185, 255, 335. Die Proportionalität besteht 
nicht mehr, aber der Strom wächst noch stark, wenn man die 
Spannungsdifferenz verdoppelt. 



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Manche von den untersuchten Flüssigkeiten sind fast voll- 
kommene Isolatoren, wenn sie auf konstanter Temperatur erhalten 
und vor der Einwirkung der Strahlen geschützt werden. Hierzu 
gehören: Flüssige Luft, Petroläther , Yaselinöl, Amylen. Es ist 
hier also sehr leicht, den Effekt der Strahlen zu untersuchen. 
Vaselinöl ist viel weniger empfindlich gegen die Strahlen als 
Petroläther. Vielleicht kann man diese Tatsache mit der ver- 
schiedenen Flüchtigkeit der beiden Kohlenwasserstoffe in Verbin- 
dung bringen. Flüssige Luft, die in dem Versuchsgefäß eine Zeit 
lang gekocht hat, ist empfindlicher als frisch eingegossene; die 
von den Strahlen erzeugte Leitfähigkeit ist im ersten Falle um 
ein Viertel größer. Herr Curie untersuchte die Wirkung der 
Strahlen auf Amylen und Petroläther bei -(-10° und — 17°. Die 
von der Strahlung herrührende Leitfähigkeit vermindert sich bloß 
um ein Zehntel, wenn man von 10° und — 17° übergeht. 

Bei Versuchen mit veränderlicher Temperatur der Flüssigkeit 
kann man entweder das Radium auf der Temperatur der Um- 
gebung halten oder es auf dieselbe Temperatur bringen wie die 
Flüssigkeit; man erhält in beiden Fällen dasselbe Resultat. Dies 
bedeutet, daß die Radiumstrahlung sich nicht mit der Temperatur 
verändert und selbst bei der Temperatur der flüssigen Luft noch 
ihren Wert behält. Diese Tatsache wurde durch direkte Messungen 
bestätigt *). 

o) Verschiedene Wirkungen, und Anwendungen der 
ionisirenden Wirkung der Strahlung radioaktiver Körper. 

Die Strahlen der neuen radioaktiven Körper bewirken eine 
starke Ionisirung der Luft. Man kann durch die Wirkung des 
Radiums leicht die Kon densation des übersättigten Wasser- 
dampfes hervorrufen, genau so, wie sie unter der Einwirkung 
von Röntgen- und Kathoden strahlen stattfindet. 

Unter dem Einfluß der von den neuen radioaktiven Sub- 
stanzen emittirten Strahlen wird die Funkenlänge zwischen 
zwei metallischen Leitern für eine gegebene Potential- 

l ) Versuche über Leitfähigkeit fester Isolatoren bei Bestrahlung 
mit Kadiumstrahlen sind von H. Becquerel [Compt. rend. 13ti, 1173 
(1903)] und A. Becker [Ann. d. Phys. (4) 12, 124 (1903)J ausgeführt 
worden. (Anm. d. Übers.) 



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differenz vergrößert; oder anders ausgedrückt, der Funken- 
übergang wird durch die Strahlen erleichtert. 

Diese Erscheinung rührt von den durchdringendsten Strahlen 
her. Wenn man nämlich das Radium mit einem Bleischirm von 
2 cm Dicke umgiebt, so wird seine Wirkung auf den Funken nicht 
merklich geschwächt, obgleich die durch das Blei hindurchgehende 
Strahlung nur ein kleiner Bruchteil der Gesamtstrahlung ist. 

Macht man durch die Einwirkung radioaktiver Substanzen 
die Luft in der Umgebung zweier metallischer Leiter, von denen 
■der eine mit der Erde, der andre mit einem gut isolirten Elektro- 
meter verbunden ist, leitend, so nimmt das Elektrometer eine 
dauernde Ablenkung an, an der man die elektromotorische Kraft 
der galvanischen Kette messen kann, die durch die Luft und die 
zwei Metalle gebildet wird (kontakt- elektromotorische Kraft der 
beiden Metalle, wenn sie durch Luft getrennt sind). Diese Methode 
wurde von Lord Kelvin *) angewandt, wobei Uran die strahlende 
Substanz war; eine ähnliche Methode war früher von Perrin 2 ) 
angewandt worden , der die ionisirende Wirkung der Röntgen- 
strahlen benutzte. 

Man kann die radioaktiven Substanzen zum Studium der 
atmosphärischen Elektrizität benutzen. Die aktive Substanz be- 
findet sich in einer kleinen dünnen Aluminiumbüchse am Ende 
eines Metallatabes, der mit dem Elektrometer verbunden ist. Die 
Luft wird in der Umgebung des Stabendes leitend und der Stab 
nimmt das Potential der umgebenden Luft an. Das Radium er- 
setzt so vorteilhaft die Flammen oder die Kelvin sehen Tropf- 
apparate, die bis dahin allgemein zur Untersuchung der atmo- 
sphärischen Elektrizität benutzt wurden 3 ). 

p) Fluorescenz- und Lichtwirkungen. 

Die von den neuen radioaktiven Substanzen emittirten Strah- 
len erregen die Fluorescenz gewisser Körper. Herr Curie und 
ich haben diese Erscheinung zuerst entdeckt, indem wir das 

*) Lord Kelvin, Beattie u. Sraoluchowski, Nature 55, 447 
(1897); Beiblätter 21, 549 (1897). 

*) Perrin, Dissertation, Paris (These de doctorat), Compt» rend. 
124, 496 (1897). 

8 ) Paulsen, Rapports, Paris 1900; Witkowski, Bull, de l'Acad. 
d. Sc. d. Cracovie, Januar 1902. 



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Polonium durch ein dünnes Aluminiumblatt hindurch auf eine 
Schicht von Baryumplatincyanür wirken ließen. Derselbe Ver- 
such gelingt noch leichter mit genügend aktivem Radium-haltigen 
Baryum. Wenn die Substanz stark radioaktiv ist, so ist die 
erzeugte Fluorescenz sehr schön. 

Die Zahl der Körper, die unter der Einwirkung der Becquerel- 
strahlen phosphorescirend oder fluorescirend werden können, ist 
sehr groß. Herr Becquerel untersuchte die "Wirkung auf Uran- 
salze, Diamant, Blende usw. Herr Bary 1 ) zeigte, daß die Salze 
der Alkalien und der alkalischen Erden, die unter der Wirkung 
des Lichtes und der Röntgenstrahlen fluoresciren , es auch unter 
der Wirkung der Radiumstrahlen tun. Man kann ferner' die 
Fluorescenz von Papier, Baumwolle, Glas usw. in der Nähe des 
Radiums beobachten. Von verschiedenen Glassorten ist das 
Thüringerglas besonders helleuchtend. Metalle scheinen nicht 
leuchtend zu werden. 

Das Baryumplatincyanür ist am geeignetsten zur Unter- 
suchung der Strahlung der radioaktiven Körper mittels der fluoro- 
skopischen Metbode. Man kann die Wirkung der Radiumstrahlen 
auf Entfernungen bis über 2 m verfolgen. Phos phorescir ende s 
Zinkaulfid wird außerordentlich hell, doch hat dieser Körper die 
Unbequemlichkeit, seine Leuchtkraft einige Zeit nach dem Auf- 
hören der Einwirkung der Strahlen zu bewahren. 

Die Fluorescenz Wirkung auf dem Schirme kann auch beob- 
achtet werden, wenn das Radium vom Schirme durch absorbirende 
Körper getrennt ist. Wir beobachteten das Leuchten eines 
Baryumplatincyanür- Schirmes durch den menschlichen Körper 
hindurch. Die Wirkung ist jedoch unvergleichlich viel stärker, 
wenn der Schirm unmittelbar auf dem Radium liegt und durch 
keinen festen Körper von ihm getrennt ist. Alle Strahlengruppen 
scheinen im stände zu sein, die Fluorescenz hervorzubringen. 

Um die Wirkung des Poloniums zu beobachten, muß man 
die Substanz dicht an den fluorescirenden Schirm heranbringen, 
ohne Zwischenschaltung eines festen Schirmes oder wenigstens 
nur eines äußerst dünnen. 

Das Leuchten der den radioaktiven Substanzen ausgesetzten 
fluorescirenden Körper nimmt mit der Zeit ab. Gleichzeitig er- 



') Compt. rend. 130, 776 (1900). 



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leidet die fluorescirende Substanz eine Veränderung. Ich gebe 
einige Beispiele: 

Die Radium strahlen verwandeln das Baryumplatincyanür in 
eine braune weniger hell leuchtende Modifikation. (Eine analoge 
Wirkung der Röntgenstrahlen wurde von Herrn Villard be- 
schrieben.) Sie verändern ferner das Urankaliumsulfat, indem 
sie es gelb färben. Das verwandelte Baryumplatincyanür wird 
durch die Wirkung des Lichtes teilweise regenerirt. Man lege 
das Radium unter eine Schicht von Baryumplatincyanür, das auf 
Papier ausgebreitet ist, dann wird das Baryumplatincyanür leuch- 
tend; wenn man das System in der Dunkelheit aufbewahrt, so 
verändert sich das Baryumplatincyanür und die Leuchtkraft sinkt 
beträchtlich. Setzt man dagegen das Ganze dem Licht aus, so 
wird das Platinsalz teilweise regenerirt, und wenn man sich in 
die Dunkelheit zurückbegiebt , so erscheint das Leuchten wieder 
ziemlich stark. Man hat also durch Kombination eines radio- 
aktiven mit einem fluorescirenden Körper ein System hergestellt, 
das sich wie ein phosphorescirender Körper von langer Phosphores- 
cenzdauer verhält. 

Glas, das unter der Wirkung des Radiums fluorescirt, färbt 
sich braun bis violett. Gleichzeitig vermindert sich seine Fluores- 
cenz. Erhitzt man das .so veränderte Glas, so entfärbt es sich, und 
in dem Maße, wie die Entfärbung fortschreitet, emittirt das Glas 
Licht. Nachher hat das Glas seine Fähigkeit zu fluoresciren im 
gleichen Maße wie vor der Veränderung wiedergewonnen. 

Zinksulfid, das der Wirkung der Radiumstrahlen genügend 
lange ausgesetzt war, erschöpft sich allmählich und verliert seine 
Fähigkeit unter der Wirkung des Radiums oder des Lichtes zu 
phosphoresciren. 

Diamant phosphorescirt unter der Wirkung des Radiums und 
kann dadurch von den Imitationen in Straß unterschieden werden, 
die nur schwach leuchten. 

Alle Radium-haltigen Baryum Verbindungen werden selbst- 
leuchtend 1 ). Die wasserfreien und trocknen Haloidsalze erait- 
tiren ein besonders starkes Licht. Dieses Leuchten ist bei hellem 
Tageslicht nicht zu sehen, doch bemerkt man es leicht im Halb- 



*) Curie, Soe. franQ. de phys., S.März 1899; Giesel, Wied. Ann. 
69, 91 (1899). 

Curie, Untersuchungen Uber radioaktive Substanzen. f» 



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dunkel oder in einem mit Gas erleuchteten Zimmer. Das Licht 
kann ziemlich stark sein, so daß man beim Lichte einer geringen 
Substanz menge im Dunkeln lesen kann. Das Licht geht von der 
ganzen Masse des Präparates aus, während bei einem gewöhn- 
lichen phosphorescirenden Körper das Licht nur von der vor- 
belichteten Oberfläche ausgeht. Bei feuchter Luft verlieren die 
Radium -haltigen Präparate einen großen Teil ihrer Leuchtkraft, 
gewinnen sie jedoch durch Trocknen wieder (Giesel). Das Leucht- 
vermögen scheint dauernd zu sein. Nach mehreren Jahren scheint 
in dem Leuchten schwach aktiver Präparate, die in verschlossenen 
Köhren in der Dunkelheit aufbewahrt waren, keine Veränderung 
eingetreten zu sein. Bei sehr aktivem Radium-haltigen Baryum- 
chlorid verändert sich im Laufe einiger Monate die Farbe des 
Lichtes; sie wird mehr violett und nimmt beträchtlich ab ; gleich- 
zeitig erfährt das Präparat einige Veränderungen; löst man das 
Salz in Wasser auf und trocknet es wieder, so erhält man wieder 
das ursprüngliche Leucht vermögen. 

Die Lösungen Radium-haltiger Baryumverbindungen, die einen 
starken Anteil Radium enthalten, leuchten ebenfalls; man kann 
dies beobachten, wenn man die Lösung in eine Kapsel aus Platin 
bringt, die, weil selbst nichtleuchtend, das schwache Licht der 
Lösung beobachten läßt. 

Wenn eine Lösung Radium-haltigen Baryums ausgeschiedene 
Krystalle enthält, so leuchten diese in der Lösung, und zwar viel 
stärker als die Lösung selbst, so daß es aussieht, als leuchteten 
sie allein. 

Herr Giesel *) hat Radium-haltiges Baryumplatincyanür her- 
gestellt. Wenn das Salz auskrystallisirt, so sieht es aus wie ge- 
wöhnliches Baryumplatincyanür und leuchtet sehr stark. Aber 
allmählich färbt sich das Salz von solbst und nimmt eine braune 
Farbe an, wobei gleichzeitig die Krystalle dichroitisch werden. 
In diesem Zustande ist das Salz viel weniger leuchtend , obgleich, 
seine Aktivität zugenommen hat. Das von Giesel hergestellte 
Radium platincyanür verändert sich noch viel schneller. 

Die Radiumverbindungen sind die ersten Beispiele von Sub- 
stanzen, die von selbst leuchten. 



l ) Giesel, Wied. Ann. 69, 91 (1899). 



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q) Entwicklung von Wärme durch Radiumsalze. 

Ganz neuerdings haben die Herren Curie und Laborde 1 ) 
gefunden, daß die Radiumsalze der Sitz einer fortwährenden 
selbsttätigen Wärmeentwicklung sind. Diese Wärmeentwicklung 
hat zur Folge, daß die Radiumsalze sich dauernd auf einer 
höheren Temperatur befinden als die Umgebung; der Temperatur- 
überschuß hängt natürlich yon der thermischen Isolation der 
Substanz ab. Der Temperaturüberschuß kann durch einen ganz 
rohen Versuch mit zwei gewöhnlichen Quecksilberthermometern 
nachgewiesen werden. Man benutzt zwei gleich große Dewar- 
sche Vakuumgefäße (wie ßie zum Aufbewahren von flüssiger Luft 
gebraucht werden. Anm. d. Übersetzers). In eines der beiden 
Gefäße bringt man ein Glasröhrchen mit 7 dg reinen Radium- 
bromids; in das andre bringt man ein ähnliches Röhrchen mit 
irgend einer inaktiven Substanz, etwa Baryumchlorid. Die Tem- 
peratur jedes der beiden Gefäße wird von dem Thermometer an- 
gezeigt, das man in unmittelbare Jsähe der Röhrchen bringt. Die 
Öffnun s der Gefäße wird mit Watte verschlossen. Wenn sich 
das Temperaturgleichgewicht hergestellt hat, so zeigt das Thermo- 
meter, das sich in der Nähe des Radiums befindet, dauernd eine 
höhere Temperatur an als das andre; der beobachtete Unterschied 
betrug 3°. 

Man kann die vom Radium entwickelte Wärmemenge mit 
dem Dunsen sehen Eiskalorimeter messen. Bringt man ein Röhr- 
chen mit Radiumsalz in das Kalorimeter, so beobachtet man eine 
fortwährende Wärmezufuhr, die sofort aufhört, wenn man das 
Radium entfernt Die Messung mit einem bereits vor längerer 
Zeit hergestellten Radiumsalz ergab, daß jedes Gramm Radium 
pro Stunde etwa 80 kleine Kalorien entwickelt. Das Radium ent- 
wickelt also während einer Stunde genügend viel Wärme, um eine 
gleich schwere Eismenge zu schmelzen» und ein Atomgramm 
(225 g) Radium würde in einer Stunde 18 000 Kalorien entwickeln, 
d. i. eine Wärmemenge, die vergleichbar ist mit der von einem 
Atomgramm (1 g) Wasserstoff bei seiner Verbrennung entwickel- 
ten. Eine derartige Wärmeentwicklung läßt sich durch keine 
gewöhnliche chemische Reaktion erklären, um so mehr, als der 

*) Compt. rend. 136, 673 (1903). 

6* 



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Zustand des Radiums jahrelang derselbe zu bleiben scheint. Man 
könnte annehmen, daß die Wärmeentwicklung von einer Um- 
wandlung des Radiumatoms selbst herrührt, eine Umwandlung, 
die natürlich sehr langsam vor sich gehen muß. Wenn dem so 
ist, so müßte man annehmen, daß die bei der Bildung und Um- 
wandlung von Atomen auftretenden Wärmemengen sehr groß 
sind und alles bis dahin bekannte übertreffen. 

Man kann die vom Radium entwickelte Wärraemenge auch 
bestimmen, indem man sie dazu benutzt, ein verflüssigtes Gas 
zum Sieden zu bringen, und die sich entwickelnde Gasmenge 

mißt. Man kann den Versuch 



Fig. 10. 



mmm 



mit Methylchlorid ausführen 
(bei — 21°). Die Herren 
Dewar und Curie führten 
den Versuch mit flüssigem 
Sauerstoff (bei —180°) und 
mit flüssigem Wasserstoff (bei 
— 252°) aus. Der Wasserstoff 
eignet sich besonders gut zu 
dem Versuch. Ein mit einem 
Vakuuramantel umgebenes Reagenzgläs- 
chen A enthält den flüssigen Wasserstoff 
H (Fig. 10) und ist mit einem Rohr t 
versehen, mittels dessen das Gas über 
Wasser in einem geteilten Rohr E auf- 
gefangen werden kann. A taucht mit 
seinem Mantel in ein Bad von flüssigem 
Wasserstoff H'. Unter diesen Umständen 
findet in A keine Gasentwicklung statt. 
Führt man dagegen in den im Reagenzgläschen enthaltenen flüssi- 
gen Wasserstoff ein Röhrchen mit etwa 7 dg Radiumbromid ein, 
so entsteht eine fortwährende Gasentwicklung, so daß man pro 
Minute 73ccm Gas auffängt. 

Ein frisch hergestelltes festes Radiumsalz entwickelt nur 
relativ wenig Wärme; die Wärmeentwicklung wächst jedoch fort- 
während und strebt einer Grenze zu, die jedoch nach einem Monat 
noch nicht völlig erreicht ist. Wenn man ein Radiumsalz auf- 
löst, und die Lösung in ein verschlossenes Röhrchen bringt, so ist 
die von der Lösung entwickelte Wärmemenge zuerst schwach; 




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sie vermehrt sich sodann und wird nach Verlauf eines Monats 
ziemlich konstant; die Wärmeentwicklung ist dann dieselbe, wie 
die des festen Salzes. 

"Wenn sich das Radiumsalz, dessen Wärmeentwicklung man 
im Bunsenschen Eiskalorimeter mißt, in einem Glasröhrchen 
befindet, so durchdringen gewisse, sehr wenig absorbirbare 
Strahlen das Röhrchen und das Kalorimeter, ohne darin absorbirt 
zu werden. Um zu untersuchen, ob diese Strahlen eine merk- 
liche Energiemenge mit sich führen, kann man die Messung 
wiederholen, nachdem man das Röhrchen mit einer 2mm dicken 
Bleischicht umgeben hat; man findet, daß unter diesen Bedin- 
gungen die Wärmeentwicklung des Salzes um etwa 4 Proz. zu- 
genommen hat; die vom Radium in Form sehr durchdringender 
Strahlen emittirte Energie ist also durchaus nicht zu vernach- 
lässigen. 

r) Chemische Wirkungen der neuen radioaktiven 
Substanzen. Färbungen. 

Die von stark aktiven Körpern emittirten Strahlen sind im 
Stande, gewisse Umänderungen und chemische Reaktionen hervor- 
zurufen. Die Strahlen der Radium -haltigen Präparate wirken 
färbend auf Glas und Porzellan l ). Die meist braune oder violette 
Färbung des Glases ist sehr intensiv; sie entsteht in der Masse 
des Glases selbst und bleibt nach Entfernung des Radiums be- 
stehen. Alle Gläser färben sich in mehr oder weniger langer 
Zeit und die Anwesenheit von Blei ist hierzu nicht nötig. Man 
kann diese Tatsache mit der neuerdings gemachten Beobachtung 
in Verbindung bringen, daß die Glaswände von lange in Gebrauch 
befindlichen Röntgenröhren sich färben. 

Herr Giesol 2 ) zeigte, daß die krystallisirten Haloidsalze der 
Alkalien (Steinsalz, Sylvin) sich unter dem Einfluß des Radiums 
ebenso färben, wie unter der Wirkung der Kathodenstrahlen. 
Gleichartige Färbungen erhält man nach Giesel 3 ), wenn man 
die Salze in Natrium dampf erhitzt. 

*) P. und S. Curie, Compt. rend. 129, 823 (1899). 

") Verh. d. deutsch, phys. Ges. 1900. 

•) Ber. d. deutsch, ehem. Ges. 30, 156 (1897). 



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Ich untersuchte die Färbung einer Reihe von Gläsern von 
bekannter Zusammensetzung, die mir hierfür von Herrn Le 
Chatelier freundlichst überlassen wurden. Ich beobachtete 
keine großen Unterschiede in der Färbung. Sie ist im allgemeinen 
violett, gelb, braun oder grau. Sie scheint an die Anwesenheit 
von Alkalimetallen geknüpft. Mit reinen krystallisirten Alkali- 
salzen erhält man lebhaftere und mehr veränderliche Farben; das 
ursprünglich weiße Salz wird blau, grün, gelbbraun usw. 

Herr Becquerel zeigte, daß weißer Phosphor durch die 
Wirkung des Radiums in die rote Modifikation verwandelt wird. 

Papier wird durch die Radiumwirkung verändert und ge- 
färbt. Es wird zerbrechlich, zerfällt und gleicht schließlich einem 
vielmaschigen Siebe. 

Unter gewissen Umständen findet in der Xähe stark aktiver 
Verbindungen Ozonentwicklnng statt. Strahlen, die von einem 
verschlossenen Röhrchen mit Radium ausgehen, entwickeln in der 
durchstrahlten Luft kein Ozon. Dagegen tritt ein sehr starker 
Ozongeruch auf, wenn man das Röhrchen öffnet. Im allgemeinen 
entwickelt sich Ozon in der Luft, wenn diese in direkter Ver- 
bindung mit dem Radium steht. Die Verbindung selbst durch 
einen sehr engen Kanal ist ausreichend; es scheint, als ob die 
Ozonentwicklung mit der Fortpflanzung der inducirten Radio- 
aktivität verknüpft sei, von der später die Rede sein wird. 

Die Radium -haltigen Verbindungen scheinen sich im Laufe 
der Zeit zu verändern, wahrscheinlich unter der Einwirkung ihrer 
eigenen Strahlung. Oben war gezeigt worden, daß die Krystalle 
von Radium-haltigem Baryum im Moment des Ausfallens farblos 
sind und allmählich sich gelb bis orange, manchmal auch rosa 
färben; diese Färbung verschwindet beim Auflösen. Radium- 
haltiges Baryumchlorid entwickelt Oxydationsstufen des Chlors; 
das Broinid entwickelt Brom. Diese langsamen Umänderungen 
machen sich im allgemeinen erst einige Zeit nach der Herstellung 
des festen Produktes bemerkbar, das gleichzeitig sein Aussehen und 
seine Farbe ändert und gelb bis violett wird. Auch das emittirte 
Licht wird mehr violett. 

Die reinen Radium salze scheinen dieselben Umwandlungen 
zu erfahren wie die Baryum -haltigen. Doch färben sich die aus 
saurer Lösung niedergeschlagenen reinen Chloridkrystalle noch 



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nicht merklich in einer Zeit, die ausreicht, um den Baryum- 
haltigen Chloridkrystallen eine intensive Färbung zu erteilen. 

s) Gasentwicklung in Gegenwart von Radiumsalzen. 

Eine Lösung von Radiumbromid entwickelt fortwährend 
Gase 1 ). Diese Gase bestehen hauptsächlich aus Wasserstoff und 
Sauerstoff in einem Mengenverhältniß, das nahezu der Zusammen- 
setzung des Wassers entspricht; man kann deshalb annehmen, 
daß in Gegenwart -der Radiumsalze sich das Wasser zersetzt 

Die festen Radiumsalze (Chlorid und Broraid) geben eben- 
falls zu einer fortwährenden Gasentwicklung Anlaß. Diese Gase 
werden in dem festen Salze okkludirt und entwickeln sich ziem- 
lich reichlich, wenn man das Salz auflöst. Man findet in dem 
Gasgemenge Wasserstoff, Sauerstoff, Kohlensäule, Helium. Im 
Spektrum der Gase bemerkt man noch einige unbekannte 
Linien 2 ). 

Den Gasentwicklungen kann man auch zwei Unfälle zu- 
schreiben, die sich bei den Versuchen des Herrn Curie er- 
eigneten. Ein sehr dünnes zugeschmolzenes Glasröhrchen, das 
beinahe vollständig mit festem trocknen Radiumbromid gefüllt 
war, explodirte zwei Monate nach der Verschließung unter der 
Einwirkung einer leichten Erhitzung. Die Explosion rührte wahr- 
scheinlich von dem Drucke der eingeschlossenen Gase her. Bei 
einem andren Versuche kommunicirte eine Röhre mit ziemlich 
altem Radiumchlorid mit einem größeren Reservoir, das sehr weit 
evakuirt war. Als das Röhrchen rasch auf etwa 300° erhitzt 
wurde, explodirte das Salz; das Röhrchen wurde zerbrochen und 
das Salz weit umhergeschleudert. Im Augenblick der Explosion 
konnte in der Röhre gar kein merklicher Druck herrschen. Der 
Apparat war übrigens vorher einer versuchsweisen Erhitzung 
unter gleichen Versuchsbedingungen, aber ohne Radium, unter- 
worfen gewesen, ohne daß ein derartiger Unfall eingetreten wäre. 

Diese Versuche zeigen, daß es gefährlich ist, altes Radium- 
salz zu erhitzen, und daß es ferner gefährlich ist, das Radium 
lange Zeit hindurch in einer geschlossenen Röhre aufzubewahren. 

') Giesel, Chem. Ber. 3G, 347 (1903). 

*) Eamsay u. Soddy, Phys. Zeitschr. \, Göl (1903). 



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t) Entstellung von Thermoluniinesccnz. 

Gewisse Körper, wie z. B. Flußspat, werden leuchtend, wenn 
man sie erhitzt; sie sind thermoluminescirend ; ihre Leuchtfähig- 
keit erschöpft sich nach einiger Zeit; sie erlangen jedoch ihre 
Fähigkeit, durch Erwärmung zu leuchten, wieder, durch die Ein- 
wirkung eines Funkens oder des Radiums. Das Radium vermag 
also die thermoluminescirenden Eigenschaften dieser Körper 
wieder herzustellen 1 ). Bei der Erhitzung erfährt der Flußspat 
eine Umwandlung, die von einer Lichtemission begleitet ist. 
Wenn der Flußspat sodann der Wirkung des Radiums ausgesetzt 
wird, so findet eine Umwandlung im entgegengesetzten Sinne 
statt, die ebenfalls von einer Lichtemission begleitet ist. 

Ein durchaus analoges Phänomen findet statt, wenn man 
das Glas der Radiumwirkung aussetzt. Auch dort entsteht eine 
Umformung des Glases, während es unter der Wirkung der Ra- 
diumstrahlen leuchtet; diese Umformung wird ganz sicher be- 
wiesen durch die dabei auftretende und sich stetig vermehrende 
Färbung. Erhitzt man sodann das veränderte Glas, so findet die 
umgekehrte Umwandlung statt, das Glas entfärbt sich und hier- 
bei findet eine Lichtentwicklung statt. Es ist wohl sehr wahr- 
scheinlich, daß man es hierbei mit einer chemischen Modifikation 
zu tun hat und daß die Lichtentwicklung an diese Modifikation 
geknüpft ist Diese Erscheinung könnte allgemeiner Natur sein. 
Es könnte sein, daß die Fluorescenz unter der Einwirkung des 
Radiums und das Leuchten der Radium-haltigen Substanzen not- 
wendig mit einer chemischen oder physikalischen Umwandlung 
der das Licht emittirenden Substanz verknüpft sind. 

u) Rädiographieen. 

Die radiographische Wirkung der neuen radioaktiven Sub- 
stanzen ist sehr intensiv. Gleichwohl muH das anzuwendende Ver- 
fahren beim Polonium ein ganz anderes sein als beim Radium. 
Das Polonium wirkt nur auf sehr kleine Entfernungen und seine 
Wirkung wird durch feste Schinne sehr geschwächt; die Wirkung 
läßt sich praktisch leicht durch einen dünnen Schirm unter- 

l ) Becquerel, Rapports etc. 1900. 



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drücken (1 mm Glas). Das Radium wirkt auf viel größere Ent- 
fernungen. Die radiographische Wirkung der Radiumstrahlen 
läßt sich in Luft noch auf Entfernungen von über 2 m beob- 
achten, selbst wenn das strahlende Präparat in einem Glasröhr- 
chen eingeschlossen ist. Die unter diesen Bedingungen wirkenden 
Strahlen gehören zur ß- und y-Gruppe. Dank den Unterschieden 
in der Durchlässigkeit verschiedener Körper für die Strahlen 
kann man, wie bei den Röntgenstrahlen mit verschiedenen Ob- 

Fig. ll. 




jekten, Radiographieen erhalten. Die Metalle sind im allgemeinen 
undurchsichtig, nur Aluminium ist sehr durchlässig. Zwischen 
Fleisch und Knochen besteht kein merklicher Unterschied in der 
Durchlässigkeit» Man kann mit großer Entfernung und sehr 
kleinen Strahlungsquellen arbeiten und erhält dann sehr scharfe 
Radiographieen. Es ist für die Schönheit der Bilder sehr vorteil- 
haft, die Strahlen durch ein Magnetfeld zur Seite zu werfen 
und nur die y- Strahlen zu benutzen. Die ß- Strahlen werden 



— 90 — 



nämlich beim Durchstrahlen des abzubildenden Objektes einiger- 
maßen diffundirt und rufen einen gewissen Schleier hervor. Wenn 
man sie unterdrückt, so muß man längere Zeit ezponiren, erhält 
aber dafür schönere Resultate. Zur Radiographie eines Pprte- 
monais gebraucht man einen Tag mit einigen Centigrammen 
Radiumsalz als Strahlungsquelle , die in einer Glasröhre in 1 m 
Abstand von der empfindlichen Platte sich befinden, während das 
Objekt sich vor der Platte befindet. Befindet sich die Quelle in 
20 cm Abstand von der Platte, so erhält man dasselbe Resultat 
in einer Stunde. In unmittelbarer Nachbarschaft der Strahlungs- 
quelle wird die Platte augenblicklich beeinflußt. 

v) Physiologische Wirkungen. 

Die Radiumstrahlen üben eine Wirkung auf die Epidermis 
aus. Diese Wirkung wurde von Herrn Walkhoff 1 ) beobachtet 
und von Herrn Giesel 2 ) bestätigt, später auch von den Herren 
Becquerel und Curie-). 

Wenn man auf die Haut eine Celluloid- oder eine sehr dönne 
Gummikapsel legt, die sehr aktives Radiumsalz enthält, und 
einige Zeit darauf liegen läßt, so entsteht eine Rötung der Haut, 
entweder sofort oder nach Verlauf einer um so längeren Zeit, 
je schwächer und je kürzer dauernd die Einwirkung war; 
dieser rote Fleck erscheint an der Stelle, die der Wirkung aus- 
gesetzt war: die lokale Veränderung der Haut ähnelt in Aussehen 
und Entwicklung einer Verbrennung. In manchen Fällen bildet 
sich eino Blase. Wenn die Exposition sehr lange gedauert hat, 
so bildet sich ein sehr schwer heilendes Geschwür. Bei einem 
Versuch ließ Herr Curie ein relativ wenig aktives Präparat 
10 Stunden lang wirken. Die Rötung zeigte sich sofort und 
später entstand eine Wunde, die vier Monate zur Heilung er- 
forderte. Die Epidermis war lokal zerstört und konnte sich nur 
sehr langsam und schwierig unter Entstehung einer sehr deut- 
lichen Narbe neu bilden. Eine Radiumverbrennung nach halb- 
stündiger Expositionsdauer erschien nach zwei Wochen, bildete 
eine Blase und heilte nach weiteren zwei Wochen. Eine andre 

') Photogr. Rundschau, Oktober 1900. 

*) Chem. Ber. 23 (1900). 

*) Compt. rend. 132, 1289 (1901). 



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— 91 — 



Verbrennung, durch eine Exposition von nur acht Minuten her- 
vorgerufen, verursachte einen roten Fleck, der nach zwei Monaten 
erschien und nur unbedeutende Wirkung hatte. 

Die Wirkung des Radiums auf die Haut kann durch Metalle 
hindurch stattfinden; doch wird sie hierdurch geschwächt. Um 
sich vor der Wirkung zu schützen, soll man es vermeiden, das 
Radium lange bei sich herumzutragen, außer wenn man es in 
eine Bleihülle einschließt 

Die Wirkung des Radiums auf die Haut wurde von Herrn 
Dr. Danlos am Hospital Saint -Louis darauf hin untersucht, ob 
es zur Behandlung gewisser Hautkrankheiten geeignet sei, eine 
Methodo, die der Behandlung mit Röntgenstrahlen oder mit ultra- 
violettem Lichte analog ist. Das Radium giebt in dieser Hin- 
sicht ermutigende Resultate; die durch die Radiumwirkung 
stellenweise zerstörte Epidermis stellt sich in gesundem Zustande 
wieder her. Die Wirkung des Radiums ist tiefergehend als die 
des Lichtes, und seine Anwendung ist leichter als die des Lichtes 
und der Röntgenstrahlen. Die Untersuchung der Anwendungs- 
bedingungen ist natürlich etwas langwierig, weil man den Effekt 
der Anwendung nicht unmittelbar beurteilen kann. 

Herr Giesel bemerkte die Wirkung des Radiums auf 
Pflanzenblätter. Die der Wirkung unterworfenen Blätter werden 
gelb und zerfallen. 

Herr Giesel 1 ) entdeckte ferner die Wirkung der Strahlen 
auf das Auge. Wenn man in der Dunkelheit ein strahlendes 
Präparat in dio Nähe des geschlossenen Augenlides oder der 
Schläfe bringt, so hat man die Empfindung einer das Auge er- 
füllenden Helligkeit Die Erscheinung ist von den Herren Him- 
stedt und Nagel 2 ) näher untersucht worden. Diese Physiker 
zeigten, daß alle Medien des Auges unter der Wirkung des Ra- 
diums fluorescireml werden, wodurch sich die beobachtete Licht- 
empfindung erklärt. Blinde, deren Netzhaut intakt ist, sind 
gegen die Einwirkung des Radiums empfindlich, während solche 
mit kranker Netzhaut keine von den Strahlen herrührende Licht- 
empfindung verspüren. 

Die Radiumstrahlen verhindern oder hemmen die Entwick- 



') Verh. d. Ges. deutsch. Naturf. u. Ärzte, München 1899. 
*) Ann. d. Plays. (4) 4t t 537 (1901). 



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— 92 — 



lung von Bakterienkulturen , doch ist diese Wirkung nicht sehr 
stark 1 ). Neuerdings zeigte Herr Danysz 2 ), daß die Radium- 
strahlen energisch auf Rückenmark und Gehirn wirken. Nach 
einer Einwirkung von einer Stunde entstehen Lähmungen bei den 
Versuchstieren, die meistens nach einigen Tagen sterben. 

w) Wirkung der Temperatur auf die Strahlung. 

Man weiß noch wenig darüber, in welcher Weise die Emission 
der radioaktiven Substanzen sich mit der Temperatur ändert. 
Doch ist bekannt, daß die Emission bei tiefen Temperaturen be- 
stehen bleibt Herr Curie 3 ) senkte ein Gefäß mit Radium- 
haltigem Baryumchlorid in flüssige Luft. Das Leuchten des strah- 
lenden Präparates bleibt hierbei bestehen. Im Moment, wo man 
die Röhre aus dem Kältebade herauszieht, scheint sie sogar stärker 
zu leuchten als vorher. Bei der Temperatur der flüssigen Luft 
fährt das Radium fort, die Fluoresccnz des Urankaliumsulfats zu 
erregen. Herr Curie stellte durch elektrische Messungen, die in 
einiger Entfernung von der Strahlungscjuelle ausgeführt wurden, 
fest, daß die Strahlung dieselbe Intensität besitzt, wenn das 
Radium sich auf der Temperatur der Umgebung befindet, wie 
wenn es sich in dem Gefäß mit flüssiger Luft befindet. Bei diesen 
Versuchen befand sich das Radium auf dem Boden einer einseitig 
geschlossenen Röhre. Die Strahlen traten durch das offene Ende 
der Röhre aus, passirten einen gewissen Luftraum und wurden 
in einem Kondensator aufgefangen. Man maß die Wirkung der 
Strahlen auf die Luft des Kondensators, indem man die Röhre 
entweder in freier Luft ließ oder sie bis ri einer gewissen Höhe 
mit flüssiger Luft umgab. Das erhaltene Resultat war in beiden 
Fällen dasselbe. 

Wenn man das Radium auf eine hohe Temperatur erhitzt, so 
bleibt die Radioaktivität bestehen. Frisch geschmolzenes (bei 
etwa 800°) Radium -Baryumchlorid ist radioaktiv und leuchtend. 
Längere Erhitzung auf hohe Temperatur hat jedoch eine zeit- 
weise Abnahme der Radioaktivität des Präparates zur Folge. 
Diese Abnahme ist sehr bedeutend, sie kann 75 Proz. der Gesamt- 

* * * 

*) Aschkinaß u. Caspari, Ann. d. Phys. (4) 6, 570 (1901). 
*) Compt. rend. 136, 16. Febr. 1903. 
•) Soc. frans- de phys., 2. 31 ans 1900. 



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— 93 — 



Strahlung betragen. Die relative Abnahme ist weniger bedeutend 
für die absorbirbaren als für die durchdringenden Strahlen, die 
durch die Erhitzung fast unterdrückt werden. Mit der Zeit nimmt 
die Strahlung des Präparates wieder die frühere Stärke und Zu- 
sammensetzung an; dieser Zustand wird etwa nach Verlauf von 
zwei Monaten nach der Erhitzung erreicht. 



Viertes Kapitel. 

Inducirte Radioaktivität. 



a) Mitteilung der Radioaktivität an ursprünglich inaktive 

Substanzen. 

Im Laufe unserer Untersuchungen über die radioaktiven 
Körper bemerkten wir, Herr Curie und ich 1 ), daß jede Substanz, 
die sich einige Zeit in der Nachbarschaft eines Radium- haltigen 
Salzes befindet, selbst radioaktiv wird. Bei unserer ersten hier- 
auf bezüglichen Publikation befaßten wir uns mit dem Nachweis, 
daß die so von ursprünglich inaktiven Substanzen erworbene 
Radioaktivität nicht etwa von einem Transport radioaktiven Staubes 
herrührt, der sich an der Oberflächo dieser Substanzen nieder- 
geschlagen hätte. Diese jetzt ganz gesicherte Tatsache wird klar 
bewiesen durch die im Folgenden beschriebenen Versuche, und 
vor allen Dingen durch die Gesetze, nach denen die in ursprüng- 
lich inaktiven Stoffen hervorgerufene Radioaktivität verschwindet, 
wenn man sie der Einwirkung des Radiums entzieht. 

Wir haben der so entdeckten neuen Erscheinung den Namen 
inducirte Radioaktivität gegeben. 

In derselben Arbeit haben wir die Hauptmerkmale der indu- 
cirten Radioaktivität angegeben. Wir haben Platten von ver- 
schiedenen Substanzen aktivirt, indem wir sie in die Nachbar- 
schaft fester Radium - haltiger Salze brachten und haben die 

l ) P. und S. Curie, Compt. rend. 129, 714 (1899). 



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— 94 — 

Radioaktivität dieser Platten mittels der elektrischen Methode 
untersucht. Dabei beobachteten wir folgende Tatsachen: 

1. Die Aktivität einer der Wirkung des Radiums ausgesetz- 
ten Platte wächst mit der Expositionsdauer und nähert sich 
asymptotisch einem gewissen Grenzwert. 

2. Die Aktivität einer Platte, die vom Radium aktivirt und 
dann dieser Einwirkung entzogen wird, verschwindet nach einigen 
Tagen. Der Abfall der inducirten Aktivität gegen Null erfolgt 
nach einem asymptotischen Gesetz. 

3. Bei sonst gleichen Bedingungen ist die von einem be- 
stimmten Radium -haltigen Präparat auf verschiedenen Platten 
inducirte Radioaktivität unabhängig von der Natur der Platten. 
Glas, Papier, Metalle aktivirten sich in gleicher Stärke. 

4. Die auf einer bestimmten Platte von verschiedenen Radium- 
haltigen Präparaten inducirte Radioaktivität hat einen um so 
höheren Grenzwert, je aktiver das Präparat ist. 

Kurze Zeit darauf veröffentlichte Herr Rutherford 1 ) eine 
Arbeit, aus der folgt, daß die Thorverbindungen die Erscheinung 
der inducirten Radioaktivität hervorrufen können. Rutherford 
fand für diese Erscheinung dieselben Gesetze, wie die oben ge- 
nannten, und entdeckte ferner die wichtige Tatsache, daß Körper, 
die negativ elektrisch geladen sind, sich stärker aktiviren als 
andere. Rutherford beobachtete ferner, daß Luft, die über 
Thorium-Oxyd gestrichen war, 10 Minuten lang eine merkliche 
Leitfähigkeit bewahrte. Die Luft teilt in diesem Zustande indu- 
cirte Radioaktivität an inaktive Substanzen mit, vor allem an 
solche, die negativ geladen sind. Rutherford interpretirte seine 
Versuche durch die Annahme, daß die Thorverbindungen, und 
vor allem das Oxyd, eine besondere radioaktive Emanation 
aussenden, die von Luftströmen mit fortgerissen wird und positiv 
geladen ist. Diese Emanation soll die Ursache der inducirten 
Radioaktivität sein. Herr Dorn 2 ) hat die Versuche, die Ruther- 
ford mit Thoroxyd gemacht hatte, mit Radium-haltigen Baryum- 
salzen wiederholt. 

Herr Debierne 3 ) zeigte , daß das Aktinium in äußerst 
starkein Maße induzirte Aktivität in benachbarten Körpern her- 

») Phil. Mag. (5) 49, 1 u. 161 (1900). 

*) Abh. d. Naturf.-Ges. Halle, Juni 1900. 

*) Compt. rend. 131, 30. Juli 1900; 136, 671 (1903). 



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Fig. 12. 



vorruft. Ebenso wie bei dem Thorium findet eine starke Mit- 
nuhine der Aktivität durch Luftströme statt. 

Die inducirte Aktivität zeigt sehr veränderliches Aussehen 
und wenn man die Aktivirung einer Substanz in der Nähe von 
Radium in freier Luft bewirkt, so erhält man sehr unregelmäßige 
Resultate. Die Herren Curie und Debierne 1 ) bemerkten, daß 
die Erscheinung im Gegensatz hierzu sehr regelmäßig ist, wenn 
man mit einem geschlossenen Gefäß arbeitet. Sie haben deshalb 
die Aktivirung im geschlossenen Gefäß untersucht. 

b) Aktivirung in geschlossenem Gefäß. 

Die inducirte Radioaktivität ist sowohl stärker, wie auch 
regelmäßiger, wenn man in einem geschlossenen Gefäß arbeitet. 
Die aktive Substanz befindet sich 
in einem kleinen Glaßgefäß a 
(Fig. 12) mit einer Öffnung bei o 
in der Mitte einer geschlossenen 
Umhüllung. Verschiedene Plat- 
ten A, B, C, D, 2?, die sich in 
der Umhüllung befinden, werden 
nach einer eintägigen Exposition 
radioaktiv. Bei gleichen Dimen- 
sionen ist die Radioaktivität dieselbe, unabhängig von der Natur 
der Platten (Blei, Kupfer, Aluminium, Glas, Hartgummi, Wachs, 
Pappdeckel, Paraffin). Die Aktivität einer Fläche einer dieser 
Platten ist um so größer, je größer der freie Raum vor dieser 
Fläche ist. 

Wiederholt man den vorigen Versuch mit völlig geschlossenem 
Gefäß a, so erhält man keine inducirte Aktivität. 

Die Strahlung des Radiums kommt bei der Her vorruf ung 
der inducirten Radioaktivität nicht direkt in Betracht, so wird 
z. B. bei dem vorigen Versuch die durch den dicken Bleischirm PP 
geschützte Platte D ebenso aktiv wie B und E. 

Die Radioaktivität überträgt sich in der Luft von Punkt zu 
Punkt von der strahlenden Substanz bis zum zu aktivirenden 
Körper. Sie kann sich selbst durch sein* enge Kapillarröhren 
weithin fortpflanzen. 




l ) Compt. rend. 132, 548 (1901). 



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Die inducirte Aktivität ist gleichzeitig intensiver und regel- 
mäßiger, wenn man das feste Radium -haltige Salz durch eine 
wässrige Lösung ersetzt. 

Flüssigkeiten können inducirte Radioaktivität annehmen. 
Man kann z. B. reines Wasser radioaktiv machen, wenn man es 
in das Innere einer geschlossenen Hülle stellt, die außerdem eine 
Lösung Radium-haltigen Salzes enthält. 

Manche Körper werden leuchtend, wenn man sie in ein 
Aktivirungsgefäß bringt (phosphorescirende und fluorescirende 
Körper (Glas, Papier, Baumwolle, Wasser, Salzlösungen). Phos- 
phorescirendes Zinksulfid leuchtet unter diesen Bedingungen be- 
sonders stark. Die Radioaktivität dieser leuchtenden Körper ist 
jedoch dieselbe, wie die eines Metallstücks oder eines andren 
Körpers, der sich unter gleichen Bedingungen aktivirt, ohne leuch- 
tend zu werden. 

Welches auch immer die im geschlossenen Gefäß zu akti- 
virende Substanz ist, sie nimmt eine mit der Zeit wachsende 
Aktivität an, und erreicht schließlich einen Grenzwert, der 
immer derselbe ist, wenn man mit derselben aktivirenden Sub- 
stanz und derselben Versuchsanordnung arbeitet. 

Der Grenzwert der inducirten Radioaktivität ist 
unabhängig von der Natur des Gases, das sich in dem 
Aktivirungsgefäß befindet (Luft, Wasserstoff, Kohlensäure). 

Der Grenzwert der inducirten Aktivität in einem 
bestimmten Gefäß hängt bloß von der darin in Lösung 
befindlichen Radiummenge ab, und scheint ihr proportional 
zu sein. 

• 

c) Rolle der Gase bei den Erscheinungen der inducirten 
Radioaktivität. Emanation. 

Die Gase in einem Aktivirungsgefäß, das Radium in fester 
Form oder in Lösung enthält, sind radioaktiv. Diese Aktivität 
bleibt bestehen, wenn man das Gas durch eine Röhre absaugt 
und in einem Probiergläschen auffängt. Die Wände des letz- 
teren werden dann selbst radioaktiv und leuchten im Dunklen. 
Aktivität und Lichtemission des Gläschens verschwinden nachher 
vollständig, aber sehr langsam, und man kann die Radioaktivität 
noch nach einem Monat konstatiren. 



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— 97 — 



Vom Beginn unsrer Untersuchungen an haben wir, Herr 
Curie und ich J ), aus der Pechblende durch Erhitzung ein stark 
radioaktives Gas extrahirt, die Aktivität ist jedoch ebenso wie bei 
dem vorigen Versuch schließlich vollständig verschwunden. Im 
Spektrum dieses Gases haben wir keine neue Linie bemerkt •). 

Die inducirte Radioaktivität breitet sich also beim Radium, 
Thorium und Aktinium von Punkt zu Punkt durch das Ga3 hin- 
durch aus, vom aktiven Körper bis zu den Wänden des Akti- 
virungssrefäßes , und die aktivirende Eigenschaft wird mit dem 
Gase selbst fortgeführt, wenn man dieses aus den Gefäßen her- 
aussaugt. 

Wenn man die Radioaktivität Radium -haltiger Stoffe mit 
der elektrischen Methode mißt (mit dem in Fig. 1 dargestellten 
Apparat), so wird auch die Luft zwischen den Platten radioaktiv ; 
gleichwohl bemerkt man beim Ilindurchschicken eines Luft- 
stromes zwischen den Platten keine merkliche Verminderung des 
Stromes, woraus hervorgeht, daß die im Räume zwischen den 
Platten ausgebreitete Radioaktivität wenig gegen die des festen 
Radiums selbst in Betracht kommt. 

Ganz anders verhält es sich beim Thor. Die Unregelmäßig- 
keiten, die ich bei der Messung der Radioaktivität der Thor- 
verbindungen bemerkte, kamen daher, daß ich damals mit einem 
offenen Luftkondensator arbeitete; der geringste Luftstrom bringt 
hier aber eine beträchtliche Änderung in der Stromintensität 
hervor, weil die in der Nachbarschaft des Thors verbreitete Akti- 
vität wesentlich gegen die der Substanz selbst in Betracht 
kommt. 

Xoch ausgesprochener ist dieser Effekt beim Aktinium. Ein 
stark aktives Aktiniuniprii parat erscheint viel weniger aktiv, wenn 
man einen Luftstrom über die Substanz schickt. 

Die radioaktive Energie ist also im Gase in einer besonderen 
Form enthalten. Herr Rutherford nimmt an, daß gewisse 
radioaktive Körper fortwährend ein materielles radioaktives Gas 
entwickeln, das er mit dem Namen v Y,m a n at i o n u bezeichnet. 
Dieses Gas hätte die Eigenschaft, die Körper in dem Räume, in 

*) Rapports Congr&s, Paris 1900. 

*) Über die Spektra der aktiven Gase („Emanationen") sind neuer- 
dings Untersuchungen von Kanisay und Soddy ausgeführt worden. 
Siehe S. 101. (Anm. d. Übers.) 

Curie, Untersuchongen Ober radioaktive Substanzen. 7 



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— 93 — 

dem es verbreitet ist, radioaktiv zu machen. Die eine Ema- 
nation aussendenden Körper sind: Radium, Thorium, Aktinium. 

d) Entaktiyirung fester aktivirter Korper in freier Luft. 

Ein fester Körper, der in einem Aktivirungsgefäß durch 
Radium während genügend langer Zeit aktivirt worden ist, und 
dann aus dem Gefäß herausgenommen wird, entaktivirt sich an 
freier Luft nach einem Exponentialgesetz , das für alle Körper 
dasselbe und durch folgende Formel darstellbar ist 1 ): 

J=7 0 [a.e-*^ — (a-l).e-Wj. 
Hierbei ist 7 0 die Anfangsintensität der Strahlung im Moment, 
wo man die Platte aus dem Gefäß herausnimmt, I die Intensität 
zur Zeit t \ a ist ein Zahlenkoeffizient a = 4,20; & { und -9* a sind 
Zeitkonstanten und zwar: -ö^ = 2420 Sekunden, = 1860 
Sekunden. Nach Verlauf von zwei bis drei Stunden verwandelt 
sich dieses Gesetz merklich in ein einfaches Exponentialgesetz, da 
der Einfluß des zweiten Exponentialgliedes dann unmerklich ge- 
worden ist. Das Entaktivirungsgesetz ist demnach derart, daß 
die Strahlungsintensität in 28 Minuten auf die Hälfte ihres Wertes 
sinkt. Dieses Gesetz kann als charakteristisch für die Ent- 
aktivirung fester Körper gelten , die dureh Radium aktivirt sind. 

Durch Aktinium aktivirte feste Körper entaktiviren sich 
nach einem ähnlichen Gesetz wie das vorige, doch ist die Ent- 
aktivirung etwas langsamer 2 ). 

Durch Thorium aktivirte feste Körper entaktiviren sich viel 
langsamer; die Strahlungsintensität sinkt in 11 Stunden auf die 
Hälfte s). 

c) Entaktivirung in geschlossenem Gefäß. Zerstörungs- 
geschwindigkeit der Emanation 4 ). 

Ein vom Radium aktivirtes und dann der Einwirkung ent- 
zogenes geschlossenes Gefäß entaktivirt sich nach einem viel 
langsamer verlaufenden Gesetz, als der Entaktivirung in freier 
Luft entspricht. Man kann z. B. den Versuch so machen, daß 

l ) P. Curie u. Danne, Compt. rend. 136, 364 (1903). 
*) Debierne, Compt. rend. 136, 671 (1903). 
») Kutherford, Thil. Mag. (5) 49, 161 (1000). 
*) V. Curie, Compt. rend. 135, 857 (1902). 



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— 99 — 



man eine Glasröhre im Innern aktivirt, indem man sie während 
einer gewissen Zeit mit einer Lösung eines Radinmsalzes kommu- 
niciren läßt. Man schmilzt dann die Röhre an der Lampe zu 
und mißt die Intensität der die Wände durchdringenden Strah- 
lung während der Dauer der Entaktivirung. 

Die Entaktivirung erfolgt nach einem Exponentialgesetz, das 
sehr genau durch die Formel 

1=1,. e-V* 
dargestellt wird. Hierbei bedeutet: 

J 0 die Anfangsintensitfit der Strahlung; 

1 die Intensität der Strahlung zur Zeit t; 

& eine Zeitkonstante, und zwar -fr = 4,97. 10 5 Sek. 

Die Intensität der Strahlung sinkt in Yier Tagen auf die 
Hälfte. 

Dieses Entaktivirungsgesetz ist völlig unveränderlich und 
gänzlich unabhängig von den Versuchsbedingungen (Größe des 
Gefäßes, Xatur seiner Wände, Gasfüllung, Aktivirungsdauor usw.). 
Das Entaktivirungsgesetz bleibt dasselbe in einem Temperatur- 
bereich von — 180° bis + 450°. Dieses Entaktivirungsgesetz ist 
also ganz charakteristisch und kann zur Definition einer völlig 
unabhängigen Zeiteinheit dienen. 

Bei diesen Versuchen ist es die in dem Gase angehäufte 
radioaktive Energie, die die Aktivität der Wände unterhält In 
der Tat konstatirt man, wenn man das Gas durch Auspumpen 
des Gefäßes entfernt, daß sich die Wände von diesem Augenblick 
an nach dem schnelleren Gesetz entaktiviren, so daß die Intensität 
der Strahlung in 28 Minuten auf die Hälfte sinkt. Dasselbe 
Resultat erhält man, wenn man die aktivirte Luft im Gefäß durch 
gewöhnliche Luft ersetzt. 

Das Entaktivirungsgesetz mit dem Abfall auf die Hälfte in 
vier Tagen ist also charakteristisch für das Verschwinden der im 
Gase angehäuften radioaktiven Energie. Wenn man sich der 
Rutherford sehen Ausdruckswciso bedient, kann man sagen, daß 
die Emanation des Radiums mit der Zeit von selbst verschwindet 
und nach vier Tagen nur noch die Hälfte beträgt. 

Die Thoriumemanation ist andrer Xatur und verschwindet 
viel rascher. Das Aktivirungsvermögen sinkt in ungefähr 70 Se- 
kunden auf die Hälfte. 

7* 



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— 100 — 



Die Emanation des Aktiniums verschwindet noch schneller; 
ihr Betrag sinkt in wenigen Sekunden auf die Hälfte. 

f) Natur der Emanationen. 

Nach Herrn Rutherford ist die Emanation ein materielles 
radioaktives Gas, das aus den radioaktiven Körpern entweicht. 
In der Tat verhält sich die Radiumemanation in vielen Beziehungen 
wie ein gewöhnliches Gas. 

Wenn man zwei Glasbehälter miteinander verbindet, von 
denen der eine Emanation enthält, der andre dagegen nicht, so 
teilt sich die Emanation zwischen beiden Behältern wie ein 
gewöhnliches Gas : Wenn beide Behälter auf gleicher Temperatur 
sind, so teilt sich die Emanation zwischen ihnen im Verhältniß 
der Volumina; wenn sie auf verschiedenen Temperaturen Bind, so 
teilt sie sich wie ein Gas, das dem Mariotte-Gay-Lussacschen 
Gesetze gehorcht. Bei diesen Versuchen wurde die Menge der 
in einem Gefäß enthaltenen Emanation durch die Strahlung seiner 
Wände bestimmt, unter Berücksichtigung der zeitlichen Abnahme 
der Strahlungsintensität der Emanation *). 

Die Emanation diffundirt längs enger Röhren nach den 
Gesetzen für die Diffusion gewöhnlicher Gase ; der Diffusions- 
koeffizient ist nahe gleich dem der Kohlensäure *). 

Bei der Temperatur -der flüssigen Luft kondensirt sich die 
Radiumemanation 2 ). Wenn man von zwei Emanation enthalten- 
den konimunicirenden Gefäßen das eine in flüssige Luft taucht, 
so kondensirt sich die ganze in beiden vorhandene Emanation in 
dem kalten Gefäß. 

Die Emanation des Radiums unterscheidet sich von einem 
gewöhnlichen Gase dadurch, daß sie sich von selbst zerstört, wenn 
man sie in einem geschlossenen Rohre aufbewahrt; wenigstens 
beobachtet man unter diesen Umstünden das Verschwinden dor 
radioaktiven Eigenschaften. Diese Eigenschaft der Radioaktivität 
ist übrigens bis jetzt die einzige, durch die die Emanation sich 
für uns bemerkbar macht, denn man hat bisher mit Sicherheit 
weder ein charakteristisches Spektrum der Emanation noch einen 
Gasdruck derselben nachweisen können. 

') P. Curie u. Danne, Compt. rend. 136, 1314 (1903). 
') Rutherford u. Soddy, Phil. 31ag. (6) 5, 561 (1903). 



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— 101 — 



Ganz neuerdings haben jedoch die Herren Ramsay und 
Soddy 1 ) in dem Spektrum der vom Radium entwickelten Gase 
neue Linien gefunden, die ihrer Ansicht nach der Emanation an>- 
gehören könnten. Sie haben ferner konstatirt, daß die vom 
Radium gewonnenen Gase Helium enthalten, und daß dieses Gas 
in der Emanation des Radiums von selbst sich bildet. Wenn 
diese äußerst wichtigen Resultate sich bestätigen sollten, so würde 
man die Emanation als ein instabiles Gas zu betrachten haben, 
und das Helium wäre vielleicht eines der Produkte der freiwilligen 
Zersetzung des Gases. 

Die Emanat ionen des Radiums und des Thoriums scheinen von 
einer Reihe sehr energischer chemischer Agentien nicht beeinflußt 
zu werden; die Herren Rutherford und Soddy 2 ) teilen sie 
deshalb der Argongruppe zu. 

g) Änderung der Aktivität aktivirter Flüssigkeiten und 
Radium -haltiger Lösungen. 

Eine beliebige Flüssigkeit wird radioaktiv, wenn man ein 
mit ihr gefülltes Gefäß in einen Aktivirungsraum hineinstellt. 
"Wenn man die Flüssigkeit wieder herausnimmt und an freier 
Luft stehen läßt, so entaktivirt sie sich schnell und überträgt 
dabei ihre Radioaktivität an die umgebenden Gase und festen 
Körper. Schließt man eine aktivirte Flüssigkeit in ein geschlossenes 
Gefäß ein, so entaktivirt sie sich viel langsamer und die Aktivität 
sinkt dann in vier Tagen auf die Hälfte, genau wie es für ein 
Gas in geschlossenem Gefäß der Fall sein würde. 3Ian kann 
diese Tatsache erklären, indem man annimmt, daß die radioaktive 
Energie in der Flüssigkeit in derselben Form angehäuft ist wie 
im Gase (als Emanation). 

Eine Lösung Radium -haltigen Salzes verhält sich zum Teil 
ähnlich. Vor allem ist es bemerkenswert, daß eine Lösung von 
Radiumsalz, die sich seit einiger Zeit in einem geschlossenen 
Räume befindet, nicht stärker aktiv ist als reines Wasser, das 
sich in einem Gefäß innerhalb desselben Raumes befindet, sobald 
sich das Strahlungsgleichgewicht hergestellt hat. Wenn man 
die Radiumlösung aus dem Räume entfernt und an freier Luft 

') Ramsay u. Soddy, Phys. Zeitschr. 4, <>51 (1903). 
*) Phil. Mag. (6) 5, 580 (1902); (6) 5, 457 (1903). 



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— 102 — 

in weit offenem Gefäß stehen läßt, so verbreitet sich die Aktivität 
im Räume aus, und die Lösung wird beinahe inaktiv, obgleich sie 
noch immer das Radium enthält. Wenn man dann diese ent- 
aktivirte Lösung in eine geschlossene Flasche bringt, so gewinnt 
sie allmählich, in etwa zwei Wochen, wieder einen Grenzwert der 
Aktivität, der beträchtlich sein kann. Dagegen gewinnt eine 
aktivirt gewesene und an der Luft entaktivirte Flüssigkeit, die 
kein Radium enthält, ihre Aktivität in einem geschlossenen Gefäß 
nicht wieder. 

h) Theorie der Radioaktivität. 

Die Herren Curie und Debierne 1 ) stellten folgende sehr 
allgemeine Theorie auf, die es gestattet, die Versuchsresultate 
über die inducirte Radioaktivität in Zusammenhang zu bringen; 
die Resultate selbst, die soeben besprochen sind, stellen reine 
Tatsachen dar, die von jeder Hypothese unabhängig sind. 

Man kann annehmen, daß jedes Radiumatom als eine kon- 
stante und kontin uirliche Energiequelle wirkt, ohne daß man 
sich hierbei vorläufig Rechenschaft zu geben braucht, woher die 
Energie stammt. Die radioaktive Energie, die sich im Radium 
anhäuft, hat das Bestreben, sich auf zwei verschiedene Weisen 
zu zerstreuen: 

1. Durch Strahlung (elektrisch geladene und ungeladene 
Strahlen). 

2. Durch Leitung, d. h. durch direkte Übertragung von 
Punkt zu Punkt an die umgebenden Körper, wobei Gase und 
Flüssigkeiten als Zwischenträger dienen können (Entwicklung 
von Emanation und Umwandlung in inducirte Radioaktivität). 

Der Verlust an radioaktiver Energie sowohl durch Strahlung 
wie durch Leitung wächst mit der in dem radioaktiven Körper 
angesammelten Energiemenge Es muß sich notwendig ein Gleich- 
gewicht herstellen, wenn dieser soeben genannte zweifache Verlust 
den vom Radium herrührenden kontinuirlichen Zufluß kompen- 
sirt. Diese Anschauungsweise entspricht der bei den Wärme- 
erscheinungen üblichen. Wenn im Innern eines Körpers aus 
irgend einem Grunde eine kontinuirliche und konstante Wärme- 
entwicklung stattfindet , so häuft sich die Wärme in dem Körper 

') Compt. rend. 133, 276 (1901). 



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an und die Temperatur steigt, bis der Wärmeverlust durch 
Strahlung und Leitung mit dem fortwährenden Zufluß im Gleich- 
gewicht ist. 

Im allgemeinen findet, abgesehen von einigen besonderen 
Fällen, keine Übertragung der Radioaktivität durch feste Körper 
hindurch statt. Wenn man eine Lösung in geschlossenem Gefäß 
aufbewahrt, so bleibt bloß der Verlust durch Strahlung übrig und 
die Radioaktivität nimmt einen erhöhten Wert an. 

Wenn dagegen die Lösung sich in einem offenen Gefäß 
befindet, so wird der Verlust an Aktivität durch Leitung von 
Punkt zu Punkt beträchtlich, und wenn der Gleichgewichtszustand 
erreicht ist, so ist die Strahlungsenergie der Lösung nur noch 
sehr schwach. 

Die Strahlungsenergie eines festen Radium -haltigen Salzes 
vermindert sich an der Luft nicht merklich, weil eine Fort- 
pflanzung der Radioaktivität in festen Körpern nicht stattfindet, 
und deshalb nur eine sehr dünne Oberflächenschicht an der Er- 
zeugung der inducirten Radioaktivität teilnimmt. In der Tat 
konstatirt man, daß eine Lösung desselben radioaktiven Prä- 
parates viel intensivere inducirte Radioaktivität hervorbringt. Bei 
einem festen Salze sammelt sich die Energie der Radioaktivität 
in dem Salze an und zerstreut sich hauptsächlich durch Strah- 
lung. Wenn dagegen das Salz seit einigen Tagen in Wasser auf- 
gelöst ist, so hat sich die radioaktive Energie zwischen dem 
Wasser und dem Salze geteilt; wenn man sie dann durch Destil- 
lation trennt, so nimmt das Wasser einen großen Teil der Akti- 
vität mit, und das feste Salz ist viel (10- bis 15 mal) weniger 
aktiv als vor der Auflösung. Kachher gewinnt das feste Salz 
allmählich seine ursprüngliche Aktivität wieder. 

Man kann versuchen, die vorstehende Theorie noch weiter 
zu präzisiren, indem man sich vorstellt, daß die Radioaktivität 
des Radiums selbst auf dem Umwege über die in Form der 
Emanation emittirte Energie entsteht. 

Man kann annehmen, daß jedes Radiumatom eine kontinuir- 
liche und konstante Quelle von Emanation ist. Gleichzeitig mit 
ihrer Erzeugung erfährt diese Energieform eine fortschreitende 
Umwandlung in die radioaktive Energie der B ec quer el Strah- 
lung; die Geschwindigkeit dieser Umformung ist proportional der 
angehäuften Menge von Emanation. 



— 104 — 



Wenn eine Radium-haltige Lösung in ein Gefäß eingeschlossen 
ist, so kann die Emanation sich innerhalb des Gefäßes und auf 
den Wänden ausbreiten. An dieser Stelle wird sie also in Strah- 
lung verwandelt, während die Lösung nur wenig Becquerel- 
strahlen emittirt, — die Strahlung ist in gewissem Sinne exterio- 
risirt. Beim festen Salz dagegen häuft sich die Emanation, da 
sie nicht entweichen kann, an und wird auf derselben Stelle, wo 
sie entstanden ist, in Becquerel strahlen verwandelt; diese 
Strahlung erreicht dadurch einen höheren Betrag *). 

Wenn diese Theorie der Radioaktivität allgemein sein sollte, 
so müßte man annehmen, daß alle radioaktiven Körper Ema- 
nation aussenden. Dies ist für Radium, Thorium und Aktinium 
konstatirt worden; der letztgenannte Körper besitzt diese Fähig- 
keit in enormem Maße selbst in festem Zustande. Uran und 
Polonium scheinen keine Emanation zu entwickeln, obgleich 
sie Becquerelstrahlen emittiren. Diese Körper erzeugen 
auch keine inducirte Radioaktivität in geschlossenen Gefäßen, 
wie die vorgenannten. Diese Tatsache ist mit der obigen Theorie 
nicht in absolutem Widerspruch. Wenn nämlich das Uran 
und das Polonium Emanationen emittirten, die sich sehr schnell 
zerstörten, so würde es sehr schwer sein, die Fortführung dieser 
Emanationen durch Luft und die Erzeugung inducirter Radio- 
aktivität auf benachbarten Körpern zu beobachten. Eine der- 
artige Hypothese hat durchaus nichts unwahrscheinliches an sich, 
da die Zeiten, während denen die Emanationen des Radiums 
und Thoriums auf die Hälfte sinken, sich zu einander wie 5000 
zu 1 verhalten. Es wird übrigens noch gezeigt werden, daß 
unter gewissen Umständen das Uran inducirte Radioaktivität 
erzeugen kann. 

i) Andre Form der inducirten Radioaktivität. 

Nach dem Entaktivirungsgesetz aktivirter fester Körper in 
freier Luft ist die Strahlungsenergie nach Verlauf eines Tages 
beinahe unmerklich. 

Gewisse Körper machen jedoch eine Ausnahme hiervon ; dazu 
gehören Celluloid, Paraffin, Kautschuk usw. Wenn diese Körper 



P. Curie, Compt. rend. 136, 223 (1903). 



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— 105 — 



längere Zeit aktivirt worden sind, so entaktiviren sie sich viel 
langsamer als das Gesetz verlangt, und es bedarf manchmal einer 
Zeit von 15 bis 20 Tagen, bis die Aktivität unmerklich wird. Es 
scheint, als ob diese Körper die Fähigkeit hätten, sich mit radio- 
aktiver Energie in Gestalt von Emanation zu imprägniren; sie 
verlieren sie dann allmählich, indem sie inducirte Radioaktivität 
in ihrer Umgebung erzeugen. 

k) Langsam entstehende inducirte Radioaktivität. 

Man beobachtet noch eine ganz andre Form inducirter 
Radioaktivität, die auf allen Körpern zu entstehen scheint, wenn 
sie Monate lang in einem Aktivirungsgefäß gelegen haben. Wenn 
diese Körper aus dem Gefäß herausgenommen werden , so sinkt 
die Aktivität zuerst nach dem gewöhnliehen Gesetz (auf die 
Hälfte in einer halben Stunde); wenn aber die Aktivität auf etwa 
V20000 des Anfangswertes gesunken ist, so vermindert sie sich 
nicht mehr, oder wenigstens nur noch äußerst langsam, manch- 
mal tritt sogar eine Vermehrung ein. Wir besitzen Platten aus 
Kupfer, Glas, Aluminium, die eine derartige Restaktivität seit 
über sechs Monaten bewahren. 

Diese Erscheinungen der inducirten Aktivität scheinen ganz 
andrer Natur als die gewöhnlichen zu sein und zeigen eine viel 
langsamere Entwicklung. 

Sowohl für die Entwicklung wie für das Verschwinden 
dieser Form der inducirten Radioaktivität ist eine beträchtliche 
Zeit nötig. 

1) Inducirte Radioaktivität auf mit Radium zusammen 

gelösten Substanzen. 

Wenn man ein radioaktives Mineral, das Radium enthält, 
behufs Extraktion dieses Körpers behandelt, so erhält man, so- 
lange das Verfahren noch nicht weit vorgeschritten ist, chemische 
Trennungen, bei denen die Radioaktivität sich vollständig in 
einem der Reaktionsprodukte befindet, während das andre Pro- 
dukt vollständig inaktiv ist. Man trennt so auf der einen Seite 
die strahlenden Produkte, die mehrere 100 mal aktiver sein 
können als das Uran, auf der andren Seite Kupfer, Arsenik, An- 



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— 106 — 



timon usw., die absolut inaktiv Bind. Gewisse andre Körper da- 
gegen (Eisen, Blei) ließen sich niemals in völlig inaktivem Zu- 
stande trennen. Wenn die Konzentration der strahlenden Körper 
zunimmt, wird das Verhalten ein andres; keine Trennung liefert 
dann völlig inaktive Produkte mehr; alle von einer Trennung her- 
rührenden Portionen sind immer in verschiedenem Grade aktiv. 

Nach der Entdeckung der inducirten Radioaktivität ver- 
suchte Herr Giesel J ) zuerst gewöhnliches inaktives Wismut zu 
aktiviren, indem er es mit sehr aktivem Radium zusammen in 
Lösung hielt. Er erhielt so radioaktives Wismut und schloß 
daraus, daß das aus der Pechblende gewonnene Polonium wahr- 
scheinlich Wismut sei, das durch die Nachbarschaft des in der 
Pechblende enthaltenen Radiums aktivirt sei. 

Ich habe ebenfalls aktivirtes Wismut hergestellt, indem ich 
Wismut mit sehr aktivem Radiumsalz in Lösung hielt. 

Die Schwierigkeiten dieses Versuches bestehen in der außer- 
ordentlichen Sorgfalt, die man anwenden muß, um das Radium 
aus der Lösung zu entfernen. Wenn man bedenkt, welche un- 
meßbar kleine Menge von Radium genügt, um in einem Gramm 
Materie eine sehr merkliche Radioaktivität hervorzubringen, 
so glaubt man , das aktivirte Produkt niemals genug gewaschen 
und gereinigt zu haben. Jede Reinigung aber zieht eine Ver- 
minderung der Aktivität des aktivirten Produktes nach sich, sei 
es, daß man wirklich Spuren von Radium entfernt, sei es, daß 
die unter diesen Bedingungen inducirte Radioaktivität den che- 
mischen Umwandlungen nicht widersteht. 

Die Resultate, die ich erhalte, scheinen jedoch mit Sicherheit 
zu ergeben, daß eine Aktivirung stattfindet und nach der Ab- 
trennung des Radiums bestehen bleibt. So finde ich nach sorg- 
fältiger Reinigung des aktivirten Wismutnitrates, daß bei einer 
fraktionirten Fällung der Nitratlösung mit Wasser es sich frak- 
tionirt wie Polonium, indem seine aktiveren Bestandteile zuerst 
ausfallen. 

Wenn die Reinigung ungenügend ist, so findet das Gegenteil 
statt, was darauf hinweist, daß sich in dem aktivirten Wismut 
noch Spuren von Radium befinden. Ich erhielt so aktivirtes 
Wismut, bei dem der Sinn der Fraktionirung eine große Reinheit 



») Verh. d. deutsch, physik. Ges. 2, 9 (1900). 



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— 107 — 



anzeigte, und das 2000 mal aktiver war als Uran. Dieses Wis- 
mut verminderte seine Aktivität mit der Zeit. Ein andrer Teil 
desselben Präparates dagegen, der mit denselben Vorsichtsmaß- 
regeln hergestellt war und sich im gleichen Sinne fraktionirte, 
bewahrt seine Aktivität ohne merkliche Verminderuüg seit einer 
Zeit, die gegenwärtig ungefähr drei Jahre beträgt. 

Diese Aktivität ist 150 mal grösser als die des Urans. Ich 
aktivirte in gleicher Weise Blei und Silber, indem ich sie mit Ra- 
dium in Lösung hielt. Meistens sinkt die so erhaltene inducirte 
Radioaktivität kaum mit der Zeit, dagegen widersteht sie im all- 
gemeinen nicht aufeinander folgenden chemischen Umwandlangen 
des aktivirten Körpers. Herr Debierne *) hat Baryum aktivirt, 
indem er es mit Aktinium zusammen in Lösung hielt. Dieses 
Baryum bleibt nach verschiedenen chemischen Umwandlungen 
aktiv, seine Aktivität ist also eine ziemlich stabile Eigenschaft 
des Atoms. Das aktivirte Baryumchlorid fraktionirt sich wie 
Radium-haltiges Baryumchlorid ; die aktivsten Teile sind in Wasser 
und in verdünnter Salzsäure am wenigsten löslich. Das getrock- 
nete Chlorid ist selbstleuchtend; seine Becquerel Strahlung ist 
analog der des Radium -haltigen Baryums. Herr Debierne er- 
hielt aktivirtes Baryumchlorid, das 1000 mal aktiver war als Uran. 
Gleichwohl hatte dieses Baryum nicht alle Eigenschaften des 
Radiums angenommen, denn es zeigte im Spektroskop keine der 
stärksten Radiumlinien. Ausserdem verminderte sich seine Akti- 
vität mit der Zeit und nach drei Wochen war es dreimal schwächer 
als im Anfang. 

Uber die Aktivirung der Körper in Lösung mit radioaktiven 
Substanzen müssen noch ausgedehnte Untersuchungen gemacht 
werden. Es scheint, als ob man je nach den Versuchsbedingungen 
mehr oder weniger stabile Formen von dem Atom anhaftender 
inducirter Radioaktivität erhalten könne. Die unter diesen Be- 
dingungen erhaltene inducirte Radioaktivität ist sogar vielleicht 
dieselbe, wie die sich langsam entwickelnde Form, die man durch 
lange dauernde Aktivirung aus der Ferne im Aktivirungsgefäß 
erhält. Man muß sich auch fragen, bis zu welchem Grade die 
dem Atom anhaftende inducirte Radioaktivität die chemische 
Natur des Atomes afficirt, und ob sie die chemischen Eigen- 



l ) Compt. read. 131, 333 (1900). 



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— 108 — 



Schäften desselben vorübergehend oder dauernd modificiren 
kann. 

Die chemische Untersuchung der aus der Ferne aktivirten 
Körper ist dadurch erschwert, daß die Aktivirung auf eine sehr 
dünne Oberflächenschicht beschränkt ist, und daß deshalb die von 
der Umwandlung etwa betroffene Substanzmenge äußerst gering ist. 

Inducirte Radioaktivität kann auch erhalten werden, wenn 
man gewisse Substanzen mit Uran zusammen gelöst erhält. Der 
Versuch gelingt mit Baryum. Wenn man, wie es Debierne 
machte, der Uran und Baryum enthaltenden Lösung Schwefel- 
säure zusetzt, so reißt das niedergeschlagene Baryum sulfat die 
Aktivität mit sich; gleichzeitig verliert das Uran seine Aktivität 
zum Teil. Herr Becquerel fand, daß man bei mehrmaliger 
Wiederholung dieses Verfahrens fast inaktives Uran erhält. Man 
könnte danach glauben, daß man durch dieses Verfahren einen 
vom Uran verschiedenen Körper abgetrennt hat, dessen Anwesen- 
heit die Aktivität des Urans hervorbrachte. Dem ist jedoch 
nicht so, denn nach einigen Monaten gewinnt das Uran seine 
anfängliche Aktivität wieder; das niedergeschlagene Baryumsulfat 
dagegen verliert die seinige. 

Ein ähnliches Phänomen findet beim Thorium statt. Herr 
Rutherford schlägt eine Lösung von Thoriumsalz durch Ammo- 
niak nieder; er trennt die Lösung ab und dampft zur Trocken- 
heit ein. Ei' erhält so einen sehr aktiven Rückstand, während 
das niedergeschlagene Thorium sich weniger aktiv zeigt als 
vorher. Dieser aktive Rückstand, dem Rutherford den Namen 
Thorium-X giebt, verliert seine Aktivität mit der Zeit, während 
das Thor seine ursprüngliche Aktivität wiedergewinnt *). 

Es scheint, daß bezüglich der inducirten Radioaktivität in 
Lösungen die verschiedenen Körper sich nicht aSe gleich ver- 
halten, und daß einige unter ihnen viel empfänglicher für die 
Aktivirung sind als andre. 

m) Zerstreuung radioaktiven Staubcs und inducirte 
Aktivität des Laboratoriums. 

Bei den Untersuchungen stark radioaktiver Substanzen muß 
man besondere Vorsichtsmaßregeln anwenden, wenn man dauernd 

l ) Rutherford u. Soddy, Zeitschr. f. physik. Chem. 42,81 (1902) 



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— 109 — 



feine Messungen ausführen will. Die verschiedenen im chemi- 
schen Laboratorium gebrauchten Gegenstände, ebenso wie die zu 
den physikalischen Versuchen dienenden, werden bald alle radio- 
aktiv und wirken auf die photographische Platte durch schwarzes 
Papier hindurch. Der Staub, die Zimmerluft, die Kleider sind 
radioaktiv. In dem Laboratorium, in dem wir arbeiten, ist das 
Übel dermaßen akut geworden, daß wir keinen Apparat mehr in 
gut isolirendem Zustande halten können. 

Es ist also gut, wenn man besondere Vorsichtsmaßregeln 
anwendet, um so viel als möglich die Zerstreuung radioaktiven 
Staubes und das Auftreten inducirter Radioaktivität zu ver- 

« 

meiden. 

Die chemischen Gerätschaften dürfen niemals in den physi- 
kalischen Arbeitsraum gebracht werden, und man muß soviel als 
möglich vermeiden , aktive Substanzen in diesem Räume liegen 
zu lassen. Vor Beginn dieser Untersuchungen hatten wir die 
Gewohnheit, bei elektrostatischen Versuchen die verschiedenen 
Apparate durch Drähte zu verbinden, die durch an Erde gelegte 
Metallröhren gegen jede äußere elektrische Störung geschirmt 
waren. Bei Untersuchungen über radioaktive Körper ist diese 
Anordnung durchaus fehlerhaft; die Luft wird leitend, die Iso- 
lation zwischen Draht und Schutzrohr wird schlecht, und die un- 
vermeidliche elektromotorische Kontaktkraft zwischen Draht und 
Röhre sucht einen Strom durch die Luft hindurch hervorzu- 
bringen und das Elektrometer abzulenken. Wir verlegen jetzt 
die Drähte unter völligem Ausschluß der Luft, indem wir sie z. B. 
in die Mitte von mit Paraffin oder einein andren Isolirmittel 
gefüllten Röhren legen. Es wäre auch vorteilhaft, bei diesen Ver- 
suchen vollständig geschlossene Elektrometer zu verwenden. 

n) Aktivirung ohne Mitwirkung radioaktiver Substanzen. 

Verschiedene Versuche wurden gemacht, um eine Aktivirung 
ohne Zuhilfenahme radioaktiver Substanzen hervorzurufen. 

Herr Villard *) unterwarf ein Stück Wismut als Antikathode 
einer Entladungsröhre der Einwirkung von Kathodenstrahlen; das 
Wismut wurde dadurch radioaktiv, jedoch in äußerst schwachem 



') Societe fran<j. de pliysique, Juli 1900. 



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— 110 — 



Grade, denn es bedurfte einer Exposition von acht Tagen, uin 
eine photographische Wirkung zu erzielen. 

Herr Mc. Lennan 1 ) exponirt verschiedene Salze der Wir- 
kung von Kathodenstrahlen und erhitzt sie sodann leicht. Diese 
Salze erwerben dadurch die Fähigkeit, positiv geladene Körper 
zu entladen. 

Untersuchungen dieser Art bieten ein großes Interesse. Wenn 
es möglich wäre, durch Anwendung bekannter physikalischer 
Agentien ursprünglich inaktiven Körpern eine merkliche Radio- 
aktivität zu erteilen, so könnten wir hoffen, dadurch die Ursache 
der spontanen Radioaktivität gewisser Körper aufzufinden. 

o) Änderung der Aktivität radioaktiver Körper; Wirkung 

der Auflösung. 

Bas Polonium vermindert, wie bereits gesagt, seine Akti- 
vität mit der Zeit. Diese Abnahme ist langsam und scheint nicht 
für alle Proben gleich schnell vor sich zu gehen. Eine Probe 
von Wismut- Poloniumnitrat verlor die Hälfte ihrer Aktivität in 
11 Monaten und 95 Proz. in 33 Monaten. Andre Proben ver- 
hielten sich ähnlich. Eine Probe von metallischem Wismut- 
Polonium wurde aus einem Subnitrat hergestellt, das nach seiner 
Herstellung 100 000 mal aktiver war als Uran. Dieses Metall ist 
jetzt nur noch ein mäßig aktiver Körper (2000 mal aktiver als 
Uran). Seine Aktivität wird von Zeit zu Zeit gemessen. Wäh- 
rend sechs Monaten hat es 67 Proz. seiner Aktivität verloren. 

Der Aktivitätsverlust scheint durch chemische Reaktionen 
nicht beschleunigt zu werden. Rei schnellen chemischen Opera- 
tionen konstatirt man im allgemeinen keinen beträchtlichen Ver- 
lust an Aktivität. 

Im Gegensatz zu dem Verhalten des Poloniums scheinen die 
Radium-haltigen Salze eine permanente Radioaktivität zu besitzen, 
die im Verlauf einiger Jahre keine nennenswerte Einbuße erleidet. 

Wenn man ein festes Radiumsalz frisch hergestellt hat, so 
besitzt es anfangs noch keine konstante Radioaktivität Seine 
Aktivität wächst vom Augenblick der Herstellung an und er- 
reicht einen merklich unveränderlichen Grenzwert nach etwa 



l ) Phil. Mag. (G) 3, 195 (1902). 



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111 — 



einem Monat. Das Gegenteil findet für die Lösung statt. Wenn 
man sie frisch hergestellt hat, so ist sie zuerst sehr aktiv, aher 
an freier Luft stehen gelassen entaktivirt sie sich schnell und 
nimmt schließlich einen Grenzwert an, der bedeutend schwächer 
sein kann als der Anfangswert. Diese Änderungen der Aktivität 
wurden zuerst von Giesel 1 ) beobachtet. Sie lassen sich vom 
Standpunkt der Emanationstheorie leicht erklären. Die Aktivitäts- 
verminderung der Lösung entspricht dem Verlust an Emanation, 
die sich im Räume zerstreut; diese Verminderung wird stark 
verlangsamt, wenn man die Lösung im geschlossenen Gefäß auf- 
bewahrt. Eine an freier Luft entaktivirte Lösung nimmt eine 
viel größere Aktivität wieder an, wenn man sie in ein zuge- 
schmolzenes Gefäß einschließt. Die Zeit, die das Wachstum der 
Aktivität eines nach vorheriger Auflösung in festen Zustand 
übergeführten Salzes gebraucht, ist nötig zur Aufspeicherung der 
im festen Salz neu entstehenden Emanation. 
Ich teile einige Versuche hierüber mit: 

Eine Lösung von Radium - Baryumchlorid stand zwei Tage 
lang an der Luft und wurde dabei 300 mal weniger aktiv. 

Eine Lösung befindet sich im geschlossenen Gefäß; man 
öffnet das Gefäß und gießt die Lösung in eine Schale; eine Mes- 



sung der Radioaktivität ergiebt: 

Aktivität sofort nach dem Ausgießen 67 

„ nach 2 Stunden 20 

„ nach 2 Tagen 0,25 

Eine Lösung von Radium-Baryumchlorid, die an freier Luft 
gestanden hat, wird in ein Glasröhrchen eingeschlossen. Eine 
Messung der Strahlung der Röhre ergab: 

Aktivität unmittelbar 27 

„ nach 2 Tagen Ol 

, » . 70 

i» » » .... 81 

■ 7 „ 100 

n 11 100 



Die Anfangsaktivität eines festen Salzes nach seiner Her- 
stellung ist um so schwacher, je länger es in Lösung befindlich 
war. Um so größer ist die an das Lösungsmittel übertragene 



l ) Giesel, Wied. Ann. 69, 91 (1899). 



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Aktivität. Die folgenden Zahlen stellen die Anfangsaktivitäten 
eines Chlorides dar, dessen Endaktivität gleich 800 ist, und das 
während einer gegebenen Zeit in Lösung gehalten wurde; man 
trocknete dann das Salz und maß seine Aktivität unmittelbar 
darauf : 

Endaktivität 800 

Alifangsaktivität nach Auflösung und sofortiger Trocknung . . . 440 

., „ ötägiger Lösung 120 

„ 18tägiger Lösung 130 

32tägiger Lösung 114 

Bei diesem Versuch befand sich die Lösung in einem bloß 
mit einem Uhrglas bedeckten Gefäß. 

Aus demselben Salz stellte ich zwei Lösungen her, die ich in 
fest verschlossenem Gefäß 13 Monate lang aufbewahrte; die eine 
dieser Lösungen war 8 mal konzentrirter als die andre. 

Anfangsaktivität des Salzes unmittelbar nach der Trocknung: 

nus der konzentrirten Lösung 200 

aus der verdünnten Lösung 100 

Die Entaktivirung des Salzes ist also um so größer, je größer 
die Menge des Lösungsmittels, da die an die Flüssigkeit über- 
tragene radioaktive Energie ein größeres Flüssigkeitsvolumen zu 
sättigen und einen größeren Raum zu erfüllen hat. Die beiden 
Proben desselben Salzes, die eine so verschiedene Anfangsaktivität 
hatten, vermehrten übrigens ihre Aktivität mit sehr verschiedener 
Anfangsgeschwindigkeit; nach einem Tage hatten sie dieselbe 
Aktivität, und das weitere Anwachsen hatte für beide bis zum 
Grenzwert genau gleichen Verlauf. 

Wenn die Lösung sehr verdünnt ist, so erfolgt die Ent- 
aktivirung sehr schnell, wie die folgenden Versuche zeigen: Drei 
gleiche Portionen desselben Salzes werden in gleichen Wasser- 
mengen aufgelöst. Die erste Lösung a wird eine Stunde lang an 
freier Luft gelassen, dann getrocknet. Die zweite Lösung b 
wird eine Stunde lang mit einem Luftstrome durchspült, dann 
getrocknet. Die dritte Lösung c wird 13 Tage lang an freier 
Luft gelassen, dann getrocknet. Die Anfangsaktivitäten der drei 
Salze sind: 

Für den Teil a 145,2 

Für den Teil b 141,6 

Für den Teil c 102,6 



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— 113 -— 



Die Endaktivität des Salzes beträgt ungefähr 470. Man sieht 
also, daß der größte Teil des Effektes schon nach einer Stunde 
erreicht ist. Die relative Salzmenge in der Lösung betrug un- 
gefähr 0,5 zu 100. 

Die radioaktive Energie breitet sich in Emanationsform 
schwer vom festen Radium in die Luft aus; denselben Wider- 
stand erfährt sie auch beim Übergang vom festen Radium in eine 
Flüssigkeit. Wenn man Radiumsulfat während eines ganzen 
Tages mit Wasser schüttelt, so ist seine Aktivität nach dieser 
Operation merklich dieselbe, wie die einer Portion desselben Sul- 
fats, das sich an freier Luft befunden hat. 

Erzeugt man ein Vakuum über Radium -haltigem Salz, so 
entfernt man dadurch alle disponible Emanation. Gleichwohl 
wurde die Aktivität eines Radium - haltigen Chlorides, das wir 
sechs Tage lang im Vakuum erhielten, hierdurch nicht merklich 
geschwächt. Dieser Versuch zeigt, daß die Radioaktivität des 
Salzes hauptsächlich von im Innern der Körner aufgespeicherter 
radioaktiver Energie besteht, die durch Erzeugung eines Vakuums 
nicht entfernt werden kann. 

Der Aktivitäts verlust, den das Radium bei der Auflösung 
erfährt, ist relativ größer für die durchdringenden als für die ab- 
sorbirbaren Strahlen, wie aus folgenden Beispielen hervorgeht: 

Ein Radium - haltiges Chlorid, das seine Endaktivität 470 
erreicht hat, wird aufgelöst und bleibt eine Stunde lang in Lö- 
sung; dann wird es getrocknet und die Anfangsaktivität mit 
der elektrischen Methode gemessen. Man findet, daß die totale 
Anfangsstrahlung 0,3 der totalen Endstrahlung beträgt. Macht 
man die Intensitätsmessung nach Bedeckung der Substanz mit 
einem Aluminiumschirm von 0,01 mm Dicke, so findet man, daß 
die den Schirm durchdringende Anfangsstrahlung 0,17 der den- 
selben Schirm durchdringenden Endstrahlung beträgt. 

Wenn das Salz 13 Tage lang in Lösung war, so findet man 
für die totale Anfangsstrahlung 0,22 der totalen Endstrahlung, 
und für die eine 0,01 mm dicke Aluminiumschicht durchdringende 
Anfangsstrahlung 0,13 der Endstrahlung. 

In beiden Fällen ist das Verhältnis der Anfangsintensität 
nach der Auflösung zur Endintensität für die Gesamtstrahlung 
1,7 mal größer als für die 0,01mm Aluminium durchdringende 
Strahlung. 

Curie, Untersuchungen über radioaktive Substanzen. o 



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— 114 — 



Hierzu ist jedoch zu bemerken, daß man es nicht vermeiden 
kann, daß während der Zeitdauer der Trocknung das Präparat 
sich in einem schlecht definirten Zustande befindet, in dem es 
weder völlig fest noch völlig flüssig ist. Ebenso wenig läßt sich 
eine Erhitzung des Präparates behufs schnellerer Entfernung des 
Wassers vermeiden. 

Aus diesen beiden Gründen ist es kaum möglich, den wahren 
Anfangszustand des aus dem gelösten in den festen Zustand über- 
sehenden Präparates zu bestimmen. Bei den eben beschriebenen 
Versuchen waren gleiche Mengen strahlender Substanz in gleichen 
Wassermengen aufgelöst; die Lösungen wurden dann unter mög- 

Fig. 13. 




liehst gleichen Bedingungen zur Trockne eingedampft und ohne 
die Erhitzung über 120 bis 130° zu treiben. 

Ich untersuchte das Gesetz, nach dem die Aktivität eines 
festen Radium - haltigen Salzes zunimmt, vom Augenblick der 
völligen Trocknung an bis zu der Zeit, wo es seinen Grenzwert 
erreicht hat. Die folgenden Tabellen enthalten die Intensität 1 
der Strahlung als Funktion der Zeit; dabei wird die Endstrahlung 
gleich 100 gesetzt und die Zeit vom Augenblick der völligen 
Trocknung an gerechnet. Die Tabelle I (Fig. 13, Kurve I) be- 
zieht sich auf die Gesamtstrahlung. Die Tabelle II (Fig. 13, 
Kurve II) bezieht sich nur auf die durchdringenden Strahlen (die 
3 cm Luft und 0,0 1 mm Aluminium durchsetzt haben). 



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— 115 — 
Tabelle I. Tabelle II. 



Zeit 


I 




Zeit 


/ 




21 




1,3 




25 


1 




19 




44 


3 


i» »«»••• 


43 




60 


6 




60 




78 


15 




70 


19 


93 


23 




86 


83 


100 


46 




94 


87 


100 






1 

J 



leb machte mehrere andre Messungsreihen derselben Art, die 
jedoch nicht in völliger Übereinstimmung sind, wenn auch der 
allgemeine Verlauf der Erscheinung derselbe ist. Es ist schwierig, 
sehr regelmäßige Resultate zu erhalten. Man kann jedoch sagen, 
daß die Neubildung der Aktivität etwa einen Monat gebraucht 
und daß die durchdringenden Strahlen von der Auflösung am 
meisten betroffen werden. 

Die Anfangsintensität der Strahlung, die 3cm Luft und 
0.01mm Aluminium durchdringt, beträgt nur 1 Proz. der End- 
strahlung, während die Anfangsintensität der Gesamtstrahlung 
21 Proz. des Endwertes beträgt. 

Ein frisch getrocknetes Radium-haltiges Salz besitzt dieselbe 
Fähigkeit, inducirte Radioaktivität hervorzurufen (läßt also die- 
selbe Emanationsmenge nach außen entweichen), wie eine Probe 
desselben Salzes, das nach Herstellung im festen Zustande lange 
genug gelegen hat, um die Endaktivität zu erreichen. Die 
Strahlungsaktivität beider Präparate kann dabei sehr verschieden 
sein; das erste ist z. B. fünfmal weniger aktiv als das zweite. 

p) Änderung der Aktivität der radioaktiven Körper; 
Wirkung der Erhitzung. 

Wenn man eine Radium-haltige Verbindung erhitzt, so ent- 
wickelt sich Emanation und der Körper verliert an Aktivität. 
Der Verlust ist um so größer, je stärker und gleichzeitig länger 
dauernd die Erhitzung war. Wenn man z. B. ein Radium-haltiges 
Salz eine Stunde lang auf 130° erhitzt, so entzieht man ihm da- 
durch 10 Proz. seiner Gesamtstrahlung; dagegen bringt eine 

8* 



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— 116 — 



10 Minuten lange Erhitzung auf 400° keinen merklichen Effekt 
hervor. Eine Erhitzung auf Rotglut während einiger Stunden 
zerstört 77 Proz. der Totalstrahlung. 

Der Aktivitätsverlust durch Erhitzung ist größer für die 
durchdringenden als für die absorbirbaren Strahlen. So zerstört 
eine Erhitzung von einigen Stunden Bauer etwa 77 Proz. der 
Gesamtstrahlung; dieselbe Erhitzung zerstört aber fast vollständig 
(zu 99 Proz.) die Strahlung, die 3 cm Luft und 0,1 mm Aluminium 
zu durchdringen vermag. Wenn man das Radium-Baryumchlorid 
einige Stunden lang geschmolzen erhält (bei 800°), so zerstört 
man 98 Proz. der durch 0,3 mm Aluminium hindurchgehenden 
Strahlung. Man kann sagen, daß die durchdringenden Strahlen 
nach einer starken und lang dauernden Erhitzung praktisch nicht 
mehr existiren. 

Dieser Aktivitätsverlust eines Radium - haltigen Salzes durch 
Erhitzen ist nicht von Dauer; die Aktivität des Salzes erneuert 
sich von selbst bei gewöhnlicher Temperatur und strebt einem 
Grenzwert zu. Ich beobachtete die merkwürdige Tatsache, daß 
diese Grenze höher ist als die Endaktivität vor der Erhitzung, 
wenigstens verhält es sich so mit dem Chlorid. Ich teile einige 
Beispiele mit : Ein Präparat von Radium-Baryumchlorid, das nach 
seiner Herstellung in festem Zustande längst seine Endaktivität 
erreicht hatte, besitzt eine Totalstrahlung, die durch die Zahl 470 
ausgedrückt ist, und eine Strahlung, die 0,01mm dickes Alumi- 
nium durchdringt, gleich 157. Dieses Präparat wird einige 
Stunden lang auf Rotglut erhitzt. Zwei Monate nach der Er- 
hitzung erreicht es eine Endaktivität, die für die Gesamtstrahlung 
690 und für die durch 0,01 mm Aluminium hindurchgehende 227 
beträgt. Die Totalstrahlung und die durch 0,01 mm Aluminium 
hindurchgehende haben sich also im Verhältniß 690 : 470 bezw. 
227:156 vermehrt. Beide Brüche sind merklich einander gleich 
und zwar gleich 1,45. 

Ein Präparat von Radium-Baryumchlorid, das nach Her- 
stellung in festem Zustande eine Endaktivität gleich 62 erreicht i 
hat, wird einige Stunden lang im geschmolzenen Zustande erhalten; 
dann wird das geschmolzene Präparat pulverisirt. Dieses Prä- 
parat erreicht eine Endaktivität gleich 140, d. h. über zweimal 
mehr, als es ohne die starke Erhitzung erreicht haben würde. 

Ich untersuchte das Gesetz, nach dem die Aktivitätszunahme 



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— 117 — 

der Radiuniverbindungen nach der Erhitzung vor sich geht Ich 
gebe als Beispiel die Resultate zweier Messungsreihen. Die 
Zahlen der Tabellen I und II bedeuten die Intensität I der Strah- 
lung als Funktion der Zeit; die Endintensität der Strahlung ist 
gleich 100 gesetzt, und die Zeit vom Aufhören der Erhitzung an 
gerechnet. Tabelle I (Fig. 14, Kurve I) bezieht sich auf die Ge- 
samtstrahlung eines Radiuin-Baryumchlorids. Tabelle II (Fig. 14, 
Kurve II) bezieht sich auf die durchdringende Strahlung eines 
Radium - Baryumsulfates , bei dem man die Intensität der durch 
3 cm Luft und 0,01 mm Aluminium hindurchgegangenen Strah- 
lung maß. Beide Präparate waren 7 Stunden lang auf Kirsch- 
rotglut erhitzt. 



Tabelle L 






Tabelle IL 




Zeit 


I 




Zeit 


i - 




16,2 


0 




0,8 




25,4 


0,7 




, 13 


i „ 


27,4 


1 




1 18 


* . 1 


38 


1,9 




26,4 


3 „ 


46,3 


6 




46,2 




54 


10 




55,5 




67,5 


14 




64 




84 


18 




71,8 


24 „ 1 


95 


27 


i 


81 




100 


36 




91 






50 




95,5 






57 




99 






84 




100 



Ich habe noch verschiedene andre Bestimmungen gemacht, 
aber ebenso wie für die Wiederentstehung der Aktivität nach der 
Auflösung stimmen die Resultate der verschiedenen Reihen nicht 
gut überein. 

Die Wirkung der Erhitzung bleibt nicht bestehen, wenn man 
das erhitzt gewesene Salz auflöst. Von zwei Proben derselben 
Radium-haltigen Substanz von der Aktivität 1800 wurde die eine 
stark erhitzt und ihre Aktivität dadurch auf 670 reducirt. In 
diesem Moment wurden beide Proben aufgelöst und 20 Stunden 
in Lösung gelassen; ihre nachherige Anfangsaktivität in festem 



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— 118 — 



Zustande betrug fttr das nicht erhitzte 460 und für das erhitzte 
420 ; es bestand somit kein großer Unterschied in der Aktivität 
beider Präparate. 

Wenn dagegen die beiden Präparate nicht genügend lange 
in Lösung bleiben, wenn man sie z. 13. unmittelbar nach der Auf- 
lösung wieder trocknet, so ist das nicht erhitzte Präparat viel 
aktiver als das erhitzte; eine gewisse Zeit ist also nötig, damit 
die Auflösung die Wirkung der Erhitzung zum Verschwinden 
bringt Ein Präparat von der Aktivität 3200 wurde erhitzt und 

Fi*. 14. 




hatte nach der Erhitzung nur noch die Aktivität 1030. Dieses 
Präparat wurde gleichzeitig mit einer nicht erhitzten Probe der- 
selben Substanz aufgelöst und sofort wieder getrocknet. Die 
Anfangsaktivität betrug 1450 für das nicht erhitzte und 760 für 
das erhitzte. 

Bei den festen Radium -haltigen Salzen wird die Fähigkeit, 
die inducirte Radioaktivität zu erregen, durch die Erhitzung stark 
beeinflußt Während der Erhitzung entwickeln die Radium-haltigen 
Verbindungen mehr Emanation als bei gewöhnlicher Temperatur; 
wenn man sie dann aber wieder auf Zimmertemperatur abkühlt, 
so ist nicht nur ihre Aktivität viel geringer als vorher, sondern 
auch ihr Aktivirungsvermögen hat sich beträchtlich verringert 
Während der auf die Erhitzung folgenden Zeit nimmt die Radio- 
aktivität des Körpers zu und kann sogar den ursprünglichen Wert 
überschreiten. Auch das Aktivirungsvermögen stellt sich zum 
Teil wieder her; nach längerer Erhitzung auf Rotglut jedoch ist 



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— 119 — 

das Aktivirungsvermögen fast völlig beseitigt und vermag sich 
nicht wieder von selbst im Laufe der Zeit herzustellen. Man 
kann aber einem Radium -haltigen Salz sein ursprüngliches Akti- 
virungsvermögen wieder geben, wenn man es in Wasser auflöst 
und im Heizbad bei einer Temperatur von 120° trocknet. Es 
scheint also, als ob die Calcinirung die Wirkung habe, das Salz 
in einen besonderen physikalischen Zustand zu versetzen, in dem 
es die Emanation viel schwerer abgiebt als dasselbe nicht auf 
hohe Temperatur erhitzte feste Präparat; daraus folgt ganz 
natürlich, daß das Salz eine höhere Endaktivität erreicht, als 
es vor der Erhitzung besaß 1 ). Um das Salz in den früheren 
Zustand zurückzuversetzen, genügt es, es aufzulösen und wieder 
zu trocknen, ohne dabei über 150° zu erhitzen. 
Ich teile einige Beispiele mit: 

Ich bezeichne mit a den Endwert der inducirten Aktivität, 
die in einem geschlossenen Gefäß auf einer Kupferplatte erzeugt 
wird, und zwar von einem Boryum -Radiumkarbonat von der 
Aktivität 1600. Für das nicht erhitzte Präparat werde a = 100 
gesetzt. Man findet: 

1 Tag nach der Erhitzung o = 3,3 

4 Tage „ „ „ a — 7,1 

10 . , . . o — 15 

20 r . g „ « = 15 

37 „ „ „ „ a — 15 

Die Radioaktivität des Präparates butto sich durch die Er- 
hitzung um 90 Proz. vermindert, hatte aber nach einem Monat 
ihren alten Wert schon wieder gewonnen. 

Der folgende gleichartige Versuch wurde mit einem Radium- 
Baryumchlorid von der Aktivität 3000 gemacht. Das Akti- 
virungsvermögen wurde ebenso wie bei dem vorhergehenden 
Versuch bestimmt. 

Aktivirungsvermögen des nicht erhitzten Präparates a = 100. 

Aktivirungsvermögen des Präparates nach einer dreistündigen 
Erhitzung auf Rotglut: 

2 Tage nach der Erhitzung a — 2,3 

5 » i» ■ ■ a — 7,0 

11 r „ n * a = 8,2 

18 . - , - a = 8,2 

') Siehe auch weiter unten 8. 120. Anm. d. Übers. 



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120 — 



Aktivirungsverniögen des nicht erhitzten Präparates nach 
Auflösung und Wiedertrocknung bei 150° a = 92. 

Aktivirungsvermögen des erhitzten Präparates nach Auf- 
lösung und Wiedertrocknung bei 150° a == 105. 

q) Theoretische Deutung der Aktivitittsünderungen der 
Radiumsalze nach Auflösung oder Erhitzung. 

Die soeben beschriebenen Tatsachen können zum Teil wenig- 
stens erklärt werden, wenn man sich der Theorie bedient, nach 
der das Radium Energie in Form von Emanation producirt, die 
sich dann ihrerseits in Strahlungaenergie verwandelt. Wenn man 
ein Radiumsalz auflöst, so verbreitet sich die von ihm erzeugte 
Emanation außerhalb der Lösung aus und erzeugt Radioaktivität 
außerhalb der Quelle, von der sie stammt; wenn man die Lösung 
verdampft, so ist das erhaltene feste Salz wenig aktiv, denn es 
enthält nur wenig Emanation. Allmählich häuft sich die Emana- 
tion in dem Salze an, dessen Aktivität bis zu einem Grenzwert 
wächst, der dann erreicht ist, wenn die Erzeugung von Emanation 
durch das Radium den Verlust durch Abgabe nach außen und 
durch Umwandlung in Becquerelstrahlen kompensirt. 

Wenn man ein Radiumsalz erhitzt, so wird seine Abgabe von 
Emanation nach außen sehr verstärkt und die Erscheinungen der 
inducirten Radioaktivität sind intensiver, als wenn das Salz sich 
auf Zimmertemperatur befindet. Wenn aber das Salz auf die ge- 
wöhnliche Temperatur zurückgebracht wird, so ist es erschöpft 
wie in dem Fall der Auflösung, es enthält nur wenig Emanation 
mehr und seine Aktivität ist gering. Allmählich sammelt sich 
die Emanation von neuem im festen Salze an , und die Strahlung 
nimmt zu. 

Man kann annehmen, daß die Emanationserzeugung des 
Radiums zeitlich konstant ist, und daß ein Teil nach außen ent- 
weicht, während der übrige Teil im Radium selbst in Becquerel- 
strahlung transformirt wird. Wenn das Radium zur Rotglut 
erhitzt war, so verliert es einen großen Teil seines Aktivirungs- 
vermögens; anders ausgedrückt: es wird die Abgabe von Emana- 
tion nach außen hin vermindert. Infolgedessen muß der im 
Radium selbst ausgenutzte Bruchteil der Emanation stärker sein, 
und das Präparat eine höhere Aktivität erreichen. 



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— 121 — 

Man kann versuchen, das theoretische Gesetz der Aktivitäts- 
zunahme eines gelöst oder erhitzt gewesenen Salzes aufzustellen. 
Wir nehmen an, daß die Intensität der Strahlung des Radiums In 
jedem Augenblick der im Radium vorhandenen Emanationsmenge q 
proportional ist. Man weiß, daß die Emanation sich von selbst 
zerstört nach einem derartigen Gesetze, das man in jedem Augen- 
blick hat: 

1) 2 = (Zo.<r-</* 

wo g 0 die zur Zeit t = 0 vorhandene Emanationsmenge, und die 
Zeitkonstaute # = 4,97 . 10 5 Sek. 

Sei andrerseits <d die von dem Radium in jedem Augenblick 
gelieferte Emanationsmenge, eine Größe, die ich als konstant an- 
nehmen will. Wir wollen untersuchen, was passiren würde, wenn 
keine Emanation nach außen entwiche. Die erzeugte Emanation 
würde dann völlig verbraucht, um im Radium Strahlung zu er- 
zeugen. Man hat aber nach Gleichung 1): 

dq/dt = —qo/ö.^l» = — q/& t 

somit würde im Gleichgewichtszustande das Radium eine gewisse 
Menge von Emanation Q enthalten, die gegeben wäre durch: 

2) . . . . J = Q/& oder Q = J 

und die Strahlung des Radiums wäre dann proportional mit Q. 

Nehmen wir an, man brächte das Radium in Bedingungen, 
unter denen es Emanation nach außen verliert; das erreicht man, 
indem man es auflöst oder erhitzt. Das Gleichgewicht wird ge- 
stört sein und die Aktivität wird sich vermindern. Sobald man 
aber die Ursache für den Emanationsverlust beseitigt (den Körper 
in den festen Zustand zurückführt oder die Erhitzung unterbricht), 
so häuft sich die Emanation von neuem im Radium an und wir 
haben eine Periode, während der die Erzeugungsgeschwindigkeit 
d größer ist als die Zerstörungsgeschwindigkoit q/fr. Man hat 
dann: 

dq/dt = 4 - q/* = (Q - j)/*, 

oder 

d/dt(Q-q) = -(Q- fl)/* 

und 

3) Q - a = (Q - Qo)-er*l*, 

wobei q 0 die zur Zeit t = 0 im Radium vorhandene Emanation. 



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— 122 — 



Nach Formel 3) wächst der Überschuß (Q — q) an Emana- 
tion, den das Radium im Gleichgewichtszustände über den zu 
einem gegebenen Zeitpunkt vorhandenen Betrag enthält, nach 
einem Exponentialgesetz, das identisch ist mit dem für das spon- 
tane Verschwinden der Emanation geltenden. Da aber die Strah- 
lung des Radiums proportional der Emanationsmenge ist, so muß 
der Überschuß der Endintensitilt über die momentane Intensität 
der Strahlung nach demselben Gesetz abnehmen; der Überschuß 
muß also in etwa vier Tagen auf die Hälfte sinken. 

Die vorliegende Theorie ist unvollständig, da der Emanations- 
verlust durch Abgabe nach außen vernachlässigt ist. Es ist je- 
doch schwer zu sagen, wie man die Abhängigkeit dieses Vorgangs 
von der Zeit anzusetzen hat. Vergleicht man die Resultate der 
Versuche mit denen der unvollständigen Theorie, so findet man 
keine befriedigende Übereinstimmung; man gewinnt jedoch die 
Überzeugung, daß die fragliche Theorie wenigstens einen Teil der 
Wahrheit enthält. Das Gesetz, nach dem der Überschuß der 
Endaktivität über die gerade vorhandene in 4 Tagen auf die Hälfte 
abnehmen soll, stellt die Reaktivirung nach vorausgegangener 
Erhitzung für etwa 10 Tage mit ziemlicher Annäherung dar. Im 
Falle der Reaktivirung nach vorheriger Auflosung scheint dasselbe 
Gesetz annähernd zu passen für einen gewissen Zeitraum, der 
2 bis 3 Tage nach der Trocknung des Präparates beginnt und 
10 bis 15 Tage dauert. Die Erscheinungen sind übrigens kom- 
plicirt; das beschriebene Gesetz sagt nichts darüber, warum die 
durchdringenden Strahlen in stärkerem Verhältniß geschwächt 
werden als die absorbirbaren. 



Fünftes Kapitel. 

Natur und Ursache der Erschei innigen der 

Radioaktivität 

Von Beginn der Untersuchungen über die radioaktiven Körper 
an, als die Eigenschaften dieser Körper noch kaum bekannt waren, 
stellte die Selbsttätigkeit ihrer Strahlung ein Problem von größtem 



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— 123 — 



Interesse für die Physiker dar. Heutzutage haben wir in der 
Kenntniß der radioaktiven Körper große Fortschritte gemacht 
und können einen radioaktiven Körper von großer Intensität, das 
Radium, isoliren. Die Ausnutzung der merkwürdigen Eigen- 
schaften des Radiums erlaubte eine tiefgehende Untersuchung der 
von den radioaktiven Körpern ausgehenden Strahlung; die ver- 
schiedenen bisher untersuchten Strahlengruppen bieten Analogien 
mit den in Entladungsröhren vorkommenden Strahlen, den 
Kathoden-, Röntgen- und Kaualstrahlen. Dieselben Strahlen- 
gruppen findet man auch in den von Röntgenstrahlen erzeugten 
Sekundärstrahlen wieder *) , sowie in der Strahlung der inducirt 
aktiven Körper. 

Wenn aber auch die Natur der Strahlung gegenwärtig besser 
bekannt ist, so bleibt doch die Ursache der selbsttätigen Strah- 
lung geheimnißvoll, und die Erscheinung ist für uns noch immer 
ein Rätsel und ein Gegenstand tiefsten Erstaunens. 

Die selbsttätig radioaktiven Körper und vor allem das Radium 
stellen Energiequellen dar. Ihre Energieproduktion wird uns be- 
merkbar durch die Becquerelstrahlung, durch die chemischen und 
optischen Effekte und die fortwährende Wärmeentwicklung. 

Man hat sich oft gefragt, ob die Energie in den radioaktiven 
Körpern selbst erzeugt wird, oder ob diese Körper sie von äußeren 
Quellen entlehnen. Keine von den zahlreichen Hypothesen, die 
aus diesen beiden Gesichtspunkten entsprungen sind, hat bis jetzt 
eine experimentelle Bestätigung erfahren. 

Man kann annehmen, daß die radioaktive Energie früher 
einmal angehäuft worden ist und sich allmählich erschöpft wie 
eine Phosphorescenz von langer Dauer. Man kann sich vor- 
stellen, daß die Entwicklung radioaktiver Energie mit einer Um- 
wandlung des strahlenden Atoms selbst, das sich in einem Ent- 
wicklungszustande befindet, verbunden ist; die Tatsache, daß das 
Radium kontinuirlich Wärme entwickelt, spricht zu Gunsten dieser 
Anschauung. Man kann annehmen, daß die Umwandlung von 
einem Gewichtsverlust begleitet ist und von einer Emission 
materieller Teilchen, aus denen die Strahlung besteht. Die Energie- 
quelle kann ferner in der Gravitationsenergie gesucht werden. 



') Sagnac, Doktordissertation ; Curie u. Sagnac, Compt. reml. 
130, 1013 (1900). 



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— 124 — 



Endlich kann man sich vorstellen, daß der Raum fortwährend 
von einer noch unbekannten Strahlung durchsetzt werde, die bei 
ihrem Durchgang durch radioaktive Körper aufgehalten und in 
die radioaktive Energie umgewandelt wird. 

Man kann für und wider jede dieser Anschauungsweisen 
viele Gründe vorbringen, und meistens haben die Versuche, die 
Konsequenzen dieser Hypothesen experimentell zu verificiren, 
negative Resultate gegeben. Die radioaktive Energie des Radiums 
und des Urans scheint sich bis jetzt nicht zu erschöpfen und 
überhaupt keine merkliche Veränderung mit der Zeit zu erfahren. 
Demarcay hat eine Probe reinen Radiumchlorids in einem Inter- 
vall von fünf Monaten spektroskopisch untersucht; er beobachtete 
am Ende der fünf Monate keine Veränderung des Spektrums. 
Die Hauptlinie des Baryums, die im Spektrum sichtbar war und 
die spurenweise Anwesenheit von Baryum anzeigte, hatte sich in 
dem betrachteten Zeitraum nicht verstärkt; das Radium hatte 
sich also nicht in merklicher Weise in Baryum verwandelt. 

Die von Herrn Heydweiller J ) angekündigten Gewichts- 
änderungen der Radiumverbindungen können noch nicht als ge- 
sicherte Tatsache betrachtet werden. 

Die Herren Elster und G eitel *) fanden, daß die Radio- 
aktivität des Urans sich auf dem Grunde eines 850 m tiefen 
Schachtes nicht ändert; eine Erdschicht von dieser Dicke brächte 
also keine Änderung in der hypothetischen Primärstrahlung, die 
die Radioaktivität des Urans verursachen sollte, hervor. 

Wir haben die Radioaktivität des Urans zur Mittags- und 
zur Mitternachtszeit untersucht, von dem Gedanken ausgehend, 
daß die hypothetische Primärstrahlung ihre Quelle in der Sonne 
habe und beim Durchgang durch die Erde teilweise absorbirt 
werde. Der Versuch ergab keinen Unterschied beider Messungen. 

Die neuesten Untersuchungen sprechen zu Gunsten der 
Hypothese einer Umwandlung des Radiumatoms ; diese Hypothese 
ist bereits im Beginn der Untersuchungen über die Radioaktivität 
ausgesprochen worden 3 ); sie wurde von Herrn Rutherford frei 
übernommen, der annahm, daß die Emanation des Radiums ein 



>) Phys. Zeitschr. 4, 81 (1902). 
*) Wied. Ann. 06, 735 (1898). 

a ) S. Curie, Rev. gen. des sciences, HO. Jan. 1899. 



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— 125 — 



materielles Gas sei, das eines der Spaltungsprodukte des Radiums 
darstelle a ). 

Die neuen Versuche der Herren Ramsay und Soddy laufen 
auf den Beweis hinaus, daß die Emanation ein instabiles Gas ist, 
das sich von selbst unter Bildung von Helium zerstört. Andrer- 
seits ließe sich die fortwährende Wärmeentwicklung des Radiums 
nicht durch eine gewöhnliche chemische Reaktion erklären, wäh- 
rend sie sehr wohl ihren Ursprung in einer Umwandlung des 
Atoms haben könnte. 

Bedenken wir endlich noch, daß die neuen radioaktiven Sub- 
stanzen sich immer in den Uranmineralien vorfinden, und daß 
wir vergeblich in dem käuflichen Baryum nach Radium gesucht 
haben (s. S. 38), daß also das Vorkommen des Radiums an das des 
Urans gebunden zu sein scheint. Die Uranmineralien enthalten 
ferner Argon und Helium und dieses Zusammentreffen ist wohl 
kaum einem Zufall zuzuschreiben. Das gleichzeitige Vorkommen 
dieser verschiedenen Körper in denselben Mineralien führt zu der 
Annahme, daß die Gegenwart der einen für die Bildung der 
andren notwendig ist. 



l ) Rutherford u. Soddy, Phil. Mag., Mai 1903. 



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Litterarische Ergänzungen 1 ) 

(bis Oktober 1903). 



A. Originalarbeitcn. 

Adams, E. P. Water Radioactivity. Phil. Mag. (6) 6, 563 (1903). IV 
Akroj r d, W. A new case of phosphorescence induced by radium- 

bromide. Nature «8, 269 (1903). 
Allan, 8. J. Radioactivity öf freshly fallen snow. Phys. Rev. 16, 

237 (1903). IV 
Armstrong, H. E. The assumed Radioactivity of ordinary materials 

Nature 67, 414 (1903). I d u. IIb 

v. Aubel, E. Action des corps radioactifs sur la conductibilite elec- 

trique du selönium. Compt. read. 136, 929 (1903). IV m 

Barker, G. F. Radioactivity of thorium minerals. Sill. Journ. 16, 

161 (1903). I u. IV 

Baur, E. Die Bedeutung der Becquerelstrahlen für die Chemie. 

Naturw. Rdsch. 16, 338 u. 355 (1901). IIb 
Becker, A. Uber die Leitfähigkeit fester Isolatoren unter dem Ein- 
fluß von Radiumstrahlen. Ann. d. Phys. (4) 12, 124 (1903). Hin 
Becquerel, H. Strahlung des Poloniums und Radiums. Corapt. rend. 

136, 431 (1903). Ref.: Naturw. Rdsch. 18, 225 (1903). IHcu. d 

— Sur le rayonnement du polonium et sur le rayounement secondaire 

qu'il produit. Compt. rend. 136, 977 (1903). III 

— Conductibilite et ionisation residuelle de la paraffine solide sous 

l'influence du rayonnement du radium. Compt. rend. 136, 
1173 (1903). Hin 

— Sur une propriete des rayons « du radium. Compt rend. 136, 

1517 (1903). Uli 



*) Die beigeschriebenen römischen Zahlen und Buchstaben beziehen 
sich auf die entsprechenden Kapitel und Abschnitte des Buches. Wo 
keine Zahl angegeben, ist der Inhalt allgemeinerer Natur oder eine 
Ermittelung nicht möglich gewesen. Die hier, sowie im Text des 
Buches benutzten Abkürzungen für die Namen der Zeitschriften ent- 
sprechen den in den „Fortschritten der Physik" gebräuchlichen. 



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— 127 — 



Becquerel, H. Sur la phosphorescence oscillante que präsenten t 

certaines substances sous l'action du radium. Compt. rend. 137, 

629 (1903). III m 

Bleckrode, L. Über einige Versuche mit flüssiger Luft; Badioakti- 

vität des Poloniums. Ann. d. Phys (4) 12, 218 (1903). IIIw 
Bumstead, H. A. and Wheeler, L. P. Note on a radioactive gas 

in surface water. Sil!. Journ. (4) 16, 328 (1903). IV 
Cooke, H. L. Penetrating radiation froni tlio earth's surface. Science 

(N. 8.) 17, 183* (1903). Phil. Mag. (6) 6, 403 (1903). IV, I d 
Cook Gates, F. Effect of beat on exited Radioactivity. Phys. Bev. 

16, 300 (1903). IV p 

des Coudres, Th. Zur elektrostatischen Ablenkbarkoit der Rutherford - 

strahlen. Phys. Zeitschr. 4, 483 (1903). Uli 
Crookes, W. Certain properties of the emanation of Radium. Chem. 

News 87, 241 (1903). IV 

— The mystery of radium. Chem. news 87, 158 (1903). V 

— The emanation« of radium. Nature 67, 522 (1903). Electrician 

50, 986 (1903). Proc. Boy. Soc. 71, 405 (1903). IV 

— Modern views of matter; tho reali/.ation of a dream. Congreü f. 

angew. Chem., Berlin 1903. Science (N. S.) 17, 993 (1903). 

— u. De war, J. Note on the effect of extreme cold on the emanations 

of radium. Nature 68, 213 (1903). Proc. roy. soc, London 190S. IV f 
Curie, P. Production de la phosphorescence d'uu grand nombre de 

corps par l'emanation du radium. Soc. franc,. de phys. No. 200, 

3 (1903). IV 
Curie, S. Über den radioaktiven Stoff Polonium. Phys. ZeitFchr. 4, 

234 (1903). II b 

— Über das Atomgewicht des Radiums. Phys. Zeitschr. 4, 456 (1903). 

Curie, P. u. S. Sur les corps radioactifs. Compt. rend. 134, 85 

(1902). V 
Darwin, G. H. Radioactivity and the age of the sun. Nature 68, 

496 (1903). V 
Debierne, A. Sur la production de la radioactivite induite par 

l'actinium. Compt. rend. 136, 446, 671 (190:!). IV u. II b 

Dorn, E. Versuch über die zeitliche Gewichtsänderung von Radium. 

Phys. Zeitschr. 4, 530 (1'J03). V 
Durack, J. J. E. Specifischu Ionisation durch Radiumelektronen. 

Phil. 3Iag. (6) 5, 550 (1903). Ib 
Ebert, H. Über die Möglichkeit, radioaktive Emanationen in flüssiger 

Luft anzureichern. Münchener Sitz.-Ber. 33, 133 (1903). IV f 

— u. Ewers, P. Über die dem Erdboden entstammende radioaktive 

Emanation. Phys. Zeitschr. 4, 162 (iy02). IV 
Elster, J. u. Gcitel, H. Uber eine fernere Analogie in dem elektri- 
schen Verhalten der natürlichen und der durch Becquerelstrahlen 
leitend gemachten Luft. Phys. Zeitschr. 2, 590 (1901). IV 

Über die durch atmosphärische Luft inducirte Radioaktivität, 

Phys. Zeitschr. 3, 76 (1901). 



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Elster, J. u. Geitel, H. Über transportabele Apparate zur Bestim- 
mung der Badioaktivität der natürlichen Luft. Phys. Zeitschr. 
4, 138 (1902). IV 

Über die Ionisation der Luft bei der langsamen Oxydation des 

Phosphors. Phys. Zeitschr. 4, 457 (1903). IIb 

Über die radioaktive Emanation in der atmosphärischen Luft 

Phys. Zeitschr. 4, 522 (1903). IV 

Everett, J. D. Analogue to tue action of radium. Nature 67, 535 (1903). 

Exner, S. Einige Beobachtungen über die vom Radium in tierischen 
Geweben erzeugte Phosphorescenz. Chem. Centralbl. 2, 276 (1903). 
Centralbl. f. Physiol. 17, 178 (1903). III p 

Förch, C. Bewirkon radioaktive Substanzen eine Absorption von 
GravitationBenergie » Phys. Zeitschr. 4, 318 (1903). V 

Geige 1, R. Über die Absorption von Gravitationsenergie durch radio- 
aktive Substanzen. Ann. d. Phys. (4) 10, 429 (1903). V 

Giesel, F. Über radioaktive Stoffe. Chem. Ber. 34, 3772 (1901) IIb 

— Über radioaktives Blei. Chem. Ber. 35, 102 (1902). Üb 

— Über radioaktive Stoffe. Chem. Ber. 35, 3608 (1902). IIb 

— Über den Emanationskörper aus Pechblende und über Radium. 

Chem. Ber. 36, 342 (1903). IIb u. IV 

Glew, F. H. Radium fluorescence. Nature 68, 200 (1903). IIIp 
Graetz, L. Über eigentümliche Strahlungserscheinungen. Ann. d. 

Phys. (4) 9, 1100 (1903). IV n 

Grusinzew. Experimentalunsersuchung über die Einwirkung der 

Radiumstrahlen auf das Entladungspotential. Journ. d. russ. 

pbys.-chem. Ges. 34, 337 (1902). III o 

Hardy, W. B. Radioactivity and the cosmical time scale. Nature 

68, 548 (1903). V 

— and Miss Willcock, E. G. Über die oxydirende Wirkung der 

Strahlung des Radiumbromids , erwiesen durch die Zerlegung 

von Jodoform. Proc. Roy. Soc. 72, 200 (1903). Ref.: Naturw. 

Rdsch. 18, 539 (1903). IHr 
de Hemptinne, A. Einfluß radioaktiver Substanzen auf das Leuchten 

der Gase. Compt. rend. 133, 934 (1901). III o 

Himstedt, F. Über die lonisirung der Luft durch Wasser. Ann. d. 

Phys. (4) 12, 107 (1903). IV n 

Hofmann, K., Korn, A. u. Strauß, E. Über die Einwirkung von 

Kathodenstrahlen auf radioaktive Substanzen. Chem. Ber. 34, 

407 (1901). Hb u. IVn 

Hofmann, K. u. Strauß, E. Über das radioaktive Blei. Chem. Ber. 

34, 8, 907, 3033, 3970 (1901). Hb 
Hofmann, K. u. AVölfl, V. Radioactive lead as a primarily active 

substance. Chem. News 87, 241 (1903). Hb 
Hofmann, K. u. Zerban, F. Über das radioaktive Thor. Chem. 

Ber. 35, 531 (1902). Hb 
Indrickson, F. N. Experiments with radiumbromide. Ref.: Journ. 

chem. soc. 84, abstr. II, 346 (1903). 



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— 129 — 

Kaufmann, *W. Bemerkungen zu der Arbeit des Herrn Geigel: 

.Über die Absorption von Gravitationsenergie usw.* Ann. d. 

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