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HAMBURGISCHE
FORSCHUNGEN
Wirtschaftliche und politische Studien
aus hanseatischem Interessengebiet yM*
V '
herausgegeben von
Prof. Dr. Karl Rathgen und Dr. Franz Stuhlmann
Direktor des Seminars für Kais. Geheimem Regierungsrat,
Nationalökonomie und Kolonialpolitik 'Generalsekretär der Zentralstelle des
in Hamburg Hamburgisdien Kolonial Instituts
Erstes Heft
Der Kampf um Arabien
zwischen der Türkei und England
von
Franz Stuhlmann
Verlag von George Westermann
Hamburg Braunschweig Berlin
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DER KAMPF
UM
ARABIEN
zwischen der
Türkei und England
Von
Franz Stuhlmann
Verlag von George Westermann
Hamburg Braunschweig Berlin
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223
• S7
Ausgegeben April 1916
Alle Reihte Vorbehalten
Copyright 1916
by George Westermann
Braunschweig
Druck von George Westermann in Braunschweig
\
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T JL V - <5 * Sit
WAS WIR WOLLEN
P\ie Unterzeichneten treten mit dem ersten Heft eines
*** Unternehmens vor die Öffentlichkeit, das bestimmt ist,
das Studium und die Erkenntnis der Grundlagen von Ham-
burgs politischen und wirtschaftlichen Existenzbedingungen,
die sich über die ganze Welt erstrecken, zu fördern.
Wie der Name der geplanten Sammlung sagt, wollen
wir die Gelegenheit zur Veröffentlichung von eindringlichen
politischen und wirtschaftlichen Untersuchungen schaffen, die
für Hamburg wie für seine hanseatischen Schwesterstädte
Bedeutung haben, Bedeutung für die Gegenwart. Wir wollen
der Stunde dienen, indem wir die wissenschaftliche Arbeit
auf diesen Gebieten fördern in Ehrfurcht vor der Vergangen-
heit, zum Verständnis der Gegenwart, zum Suchen nach
der Erkenntnis der Entwicklungstendenzen, die in die Zu-
kunft führen.
Wir denken uns als Leser, über den Kreis der Fach-
gelehrten hinaus, die breite Schicht derer, die mit uns nach
politischer Bildung, nach Belehrung über die Probleme der
Gegenwart verlangen.
Gewaltig sind ja die politischen und wirtschaftlichen Pro-
bleme, vor die diese ungeheure Gegenwart das deutsche
Volk stellt. An ihrer Klärung mitzuarbeiten, ist eine ernste
Pflicht Hamburgs. Hier empfindet jeder, daß die jeßt oft
gehörte Frage, Kontinentalpolitik oderÜberseepoIitik?“ schief
gestellt ist. Wie die Machtverteilung, wie das Wirtschafts-
leben über See sich gestalten werden, gehört zu den Grund-
fragen der Entwicklung des deutschen Volkes, berührt das
Lebenselement Hamburgs und seiner Schwesterstädte an
der See.
Mehr als je weist die Gegenwart uns darauf hin, wie von
der politischen Machtgestaltung die Zukunft unserer wirt-
schaftlichen Betätigung nach außen hin abhängt. Welche
Wege geht die Ausdehnung der politischen Macht und des
wirtschaftlichen Einflusses der großen Staaten über See?
Wie sind ihre Methoden, was ihre Ziele? Die ersten Hefte
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unserer Sammlung werden dies für Arabien, für Persien
schildern.
Und weiter: Wie sind die Entwicklungstendenzen des
großen Welthandels der Gegenwart? Welche Wege wird er
gehen? Was wird seine Stellung werden in einer Zeit, in
der nichts festzustehen scheint? Wie werden die großen
Rohstoffmärkte sich gestalten? Wie wird sich die Einfuhr
organisieren, wie die Ausfuhr in einer Zeit wachsender Syn-
dizierung und Kartellierung, die durch die Kriegsnotwendig-
keiten und die zu erwartenden Kriegsfolgen eine immer
weitere Steigung erfährt und über die herkömmlichen Schran-
ken und Maßregeln der Handels- und Zollpolitik immer
mehr hinwegschreitet? Was wird die Stellung sein, die Ham-
burgs Handel in den Umgestaltungen des Weltverkehrs ein-
nimmt?
Wir maßen uns nicht an, in dieser Zeit den Männern
der Tat Vorschriften zu machen, noch ist es die Aufgabe
der Wissenschaft, dem Hamburger Kaufmann gute Lehren
zu geben, wo er Geschäfte machen und wie er Geld ver-
dienen kann.
Aber wir wünschen dazu beizutragen, daß der Weg, den
die Männer der Tat zu gehen haben, heller beleuchtet werde,
daß immer mehr klare Erkenntnis an Stelle des instinkt-
mäßigen Tastens trete, ln dem uns feindlichen oder übelwol-
lenden Auslande werden die Leistungen Deutschlands seiner
wissenschaftlichen Organisation zugeschrieben. So einseitig
und übertrieben manche dieser Behauptungen sind, sie zeigen
doch den Weg, den die deutsche Willenskraft zu gehen hat.
Bei der Begründung dieser Sammlung leitet die Heraus-
geber der Gedanke, daß in der wissenschaftlichen Arbeit
über Politik und Wirtschaftsleben Hamburg, der Brenn-
punkt der überseeischen Bestrebungen Deutschlands, bisher
nicht die genügende Würdigung gefunden hat. Wir möchten
einen Sammelpunkt für die schaffen, welche hier mitarbeiten
wollen. Wir hoffen anregend auf die Arbeiter zu wirken,
denen durch unsere Veröffentlichung Gelegenheit geboten
wird, vor der Öffentlichkeit zu Worte zu kommen und die
Schäfte zu heben, die an wissenschaftlichem Rohstoff un-
genuftt liegen.
Wir denken dabei in erster Linie an das politische und
volkswirtschaftliche Material, das in dem großen Wirtschafts-
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archiv der, Zentralstelle des Hamburgischen Kolonialinstituts"
gesammelt wird. Die Umwandlung dieses toten Materials
in lebendige Erkenntnis scheint uns eine dringliche ham-
burgische Aufgabe zu sein. Aber wir hoffen auch auf die
Ausbeutung aller sonstigen Quellen, die in Hamburg, in
seinen Schwesterstädten und anderwärts für die Erkenntnis
der politischen und wirtschaftlichen Gegenwart fließen.
Das Bedürfnis nach solcher Erkenntnis zeigen die immer
erneuten Versuche, eine hamburgische Zeitschrift zu begrün-
den. Wir wollen solchen Bestrebungen nicht hindernd in
den Weg treten; wir hoffen sie im Gegenteil zu fördern.
Die »Hamburgischen Forschungen" wollen solchen Unter-
suchungen zur Öffentlichkeit verhelfen, die über den Rahmen
des wissenschaftlichen Aufsaftes hinausgehen. Sie sollen
keine Sammlung von Broschüren werden, sondern eine Reihe
in sich selbständiger Hefte, zunächst etwa drei bis fünf im
Jahre. Das Band, das sie zusammenhält, werden die hansea-
tischen politischen und wirtschaftlichen Interessen sein.
Wir denken dabei zunächst an die überseeischen Be-
ziehungen. Aber wir denken auch an deren Wurzeln in der
engeren Heimat, an die Rückwirkung der Weltereignisse auf
die großen hanseatischen Handels- und Verkehrsplätje. Und
darüber hinaus denken wir an die Erörterung der heimi-
schen Aufgaben der Zukunft, die politischen und wirtschaft-
lichen Probleme der Großstadtentwicklung in ihrer eigenarti-
gen Form des Stadtstaates auf dem Boden des Deutschen
Reiches.
Daß dabei nur das wissenschaftliche Denken und die
wissenschaftliche Forschung zu Worte kommen soll, daß die
»Hamburgischen Forschungen" keiner Partei- oder Inter-
essentengruppe dienen werden, bedarf kaum der Hervor-
hebung.
Ob uns gelingen wird, unsere Ziele zu erreichen, wird
davon abhängen, ob wir die Mitarbeiter finden. Gelingt
das, dann werden auch die Leser nicht fehlen, die die Fort-
führung des Unternehmens ermöglichen.
Hamburg, im März 1916.
Dr. KARL RATHGEN. Dr. FRANZ STUHLMANN.
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GELEITWORT
zum 1. Heft
ps mag als eine wunderliche Laune erscheinen, sich im
^ Getümmel des Weltkrieges mit einem so abgelegenen
Lande wie Arabien zu beschäftigen, das mit Recht das un-
bekannteste Gebiet der Erde genannt wird. Aber Arabien
liegt dem Kriege, um den sich heute alle Gedanken drehen,
nur örtlich entfernt. Ich hoffe in den folgenden Blättern
zeigen zu können, welche große Wichtigkeit dies Land für
unseren Verbündeten, die Türkei, hat, und welche ungeheure
Gefahr in ihm liegt für unseren Hauptfeind England, das
hier fast empfindlicher ist als in Europa.
Lord Curzon sagt („Persia“, Bd. I, S. 4): »Die Zukunft
von Großbritannien wird entschieden werden, nicht in
Europa, selbst nicht auf dem Meere und den Ozeanen,
durch welche seine Flagge streift, auch nicht in dem größeren
Britannien, das durch Englands Abkömmlinge geschaffen
wurde, sondern in dem Erdteil (d. h. Asien), aus welchem
unser Auswanderergeschlecht zuallererst kam, und in wel-
chen deren Nachkommen als Eroberer zurückgekehrt sind.
Ohne Indien könnte das englische Weltreich nicht bestehen.
Der Besiß von Indien ist das unveräußerliche Kennzeichen
der Hoheit in der östlichen Halbkugel."
Um Indien dreht sich für England alles, und Arabien
ist Vorfeld für die Verteidigung Indiens. Jede Verlegung
Englands in Arabien würde sofortige empfindliche
Rückwirkung auf Indien haben.
Aus diesen Erwägungen heraus erstrebte England die
Alleinherrschaft in Arabien und die Macht über die Zufuhr-
straßen von Europa nach dem Indischen Ozean. Das Rote
Meer und noch mehr der Perser Golf sind heute
praktisch geschlossene englische Seen, die nur mit
Englands Erlaubnis befahren werden dürfen. Die-
ser Zustand ist für uns und alle anderen Nationen
schwer zu ertragen. Die Befreiung der Meere von der
Alleinherrschaft Englands ist offen ausgesprochenes Kriegs-
ziel. Wie dies in Arabien zu erstreben ist, wie sehr wir
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IX
dort eine starke, verbündete Türkei uns wünschen, das
mögen diese Zeilen zeigen.
Wenn ich unternommen habe, die Probleme an der Hand
der Geschichte in ihrer Entwicklung etwas breiter darzulegen,
so konnte dies nicht als streng wissenschaftliche Unter-
suchung geschehen; die muß ich dem Geschichtsforscher und
Orientalisten überlassen. Ich konnte nur als Laie das zu-
sammenstellen, was ich in der Literatur und in der Tages-
presse darüber gefunden habe, ohne imstande zu sein,
überall strenge Kritik üben zu können. Ich habe dabei
die Archive der »Zentralstelle des Hamburgischen Kolonial-
instituts“ weitgehend benußt, wäre ohne diese überhaupt
nicht in der Lage gewesen, die neueren Ereignisse übersicht-
lich zusammenzustellen. Aber die Zeitungsnachrichten —
aus dem Bedürfnis des Tages geschaffen und oft auch von
den politischen Rücksichten beeinflußt — geben nicht immer
die geschichtliche Wahrheit. Wenn ich sie dennoch vielfach
aufnahm, so geschah es im Bewußtsein, daß zwar jeder
neue Tag die Berichte ändern und die Folgerungen daraus
Lügen strafen kann, daß aber eine Darstellung ohne die
Berücksichtigung der Tagespresse lückenhaft gewesen wäre.
Herr Prof. Dr. Tschudi lieh mir in zahlreichen Fällen
seinen Rat und das reiche Material seines »Seminars für
Geschichte und Kultur des Orients“.
Lieber hätte ich es gesehen, wenn ich mit der Arbeit
bis zum Abschluß des Krieges hätte warten können. Die
Irrtümer wären dann leichter zu vermeiden gewesen. Der
Zweck dieser Schrift aber, über die wichtigen vorliegenden
Probleme, die Wenigen geläufig sein werden, den Politiker
aufzuklären, wäre zum guten Teil fortgefallen, wenn sie
post festum gekommen wäre. So möge sie als »Kriegs-
industrie“ ihren Weg gehen.
Wenn daneben der an Arabien vorbeifahrende Reisende
Aufschlüsse über das verschlossene Land findet, wenn unsere
Kolonisten in Ostafrika einiges für sie Interessante daraus
entnehmen können, und wenn sie anregend wirken sollte,
daß die in Arabien ruhenden Probleme von deutscher Seite
gefördert werden, dann ist der Zweck der Schrift eifüllt.
Hamburg, im März 1916.
F. Stuhlmann.
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Die Rechtschreibung der arabischen Namen
In der Rechtschreibung der arabischen Namen habe ich mich tun-
lichst an die Schreibweise der Arabisten gehalten. Folgende Zeichen
weichen von der allgemeinen deutschen Aussprache ab:
t ist das englische tb, arabisch \£>
g das weiche französische ge, das arabische £, es wird vielfach dacb,
dj umschrieben
gh das arabische £, ein Mittellaut zwischen r und g
h arabisch das halbrauhe b in der Mitte zwischen dem deutschen
b und cb
ch das arabische wie im deutschen erc£; oft auch kb umschrieben
d das arabische i, ein sehr weiches englisches tb
Z das stimmhafte, sogenannte .weiche s“, nicht wie das deutsche* zu
sprechen!
s das stimmlose harte s (engl., franz. s, arabisch <j°)
S arabisch deutsch scb, englisch sb, französisch cb
s arabisch , das dumpfe, emphatische s
d arabisch Ji », das dumpfe, emphatische d, englisch meist db geschrieben
t ararabisch 1», das dumpfe, emphatische t
Z arabisch lä, das emphatische z, meist wie z] ausgesprochen
c arabisch £, der Kehlverschluß bei der Aussprache von a, /, o, u
q arabisch Jj, das dumpfe, gutturale k oder g
ü und W, arabisch der Halbvokal u
i und j, arabisch *, der Halbvokal i.
Es ist meist schwer, festzustellen, mit welchen Zeichen die Orts-
namen von den Arabern geschrieben werden. Ich habe mich durchweg
nach Hartmann und Sprenger gerichtet; in vielen Fällen hat Herr Prof.
Tschudi mir seinen Rat gegeben.
Auf der Übersichtskarte habe ich die Namen nach obiger Art und
wie im Text geschrieben, bei den nach den Originalen wiedergegebenen
anderen Karten mußte natürlich die englische oder französische Schreib-
weise belassen werden.
Nachstehende Liste erleichtert die Identifizierung der Ortsnamen
im Vergleich mit der Schreibweise der Engländer und Franzosen auf
anderen Karten.
Abu Dabi (Sabi, Tabi, Dhabi, Dabä)
el-'Ager (Ai-Oqatr, Adscher)
Al-Ahsä (Hasa, El-Hasä, Lahsä)
AbbSs
Abd 'alt ('Abdali, Abdalee)
‘Abd ul-'Aztz
Abu ‘Arts (Abu Arisch, .Vater der
Wohnhütte*)
Aden (Aden, von Engländern fälsch-
lich Eden gesprochen)
'Amära
'Amtrf (Amiri)
'Amrän
Aqaba (Akaba, „der Aufstieg“)
Aqrabt (Akrabee)
el- arid
Ahwäz (Ahwas, Achwas)
'Asir (Asir)
'Awläqi (Aulaki, Bulaka)
Baghdäd (Bagdad)|
Bahrain (Baharain bzw. Bahrein
.zwei Meere“ geschrieben)
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XI
Basra (Basohra, Basra)
Bir 'Ali [nen“)
Bires-Seb' a(Birseba, „siebenBrun-
Bü el-Häf (Balhaf, das alte Kane)
Büsehr (fälschlidi für Bender Abu
Seher; Bushire, Buchire)
Chör ' Abdullah
DabS (Dubai)
Dahnä (Dahna, Dana)
Dala (Ad-dala , Dhala)
Derät (Deraa)
Ebha (Abha)
Eufrat (arab. Frat, Euphrat)
Fadli (Fadhli, Fudhli)
GSsak (Dschask, Jask, Djasak)
Gauf (Al-Göf, Dsdiauf, Dschouf)
dawasin (Qawasim, Ja was im)
Gebel (Dschebel)
Ghazza (Gaza)
Ghonfude (Qunfuda, Kunfuda)
Ghumdän
Gidda (Dschidda, Tschedda)
Hadramaut, aSfa/ivTa
Häjil (Hail, Hajal)
HawsSb (Haushabee, Hazzabee)
HigSz (Hedsdhas)
Hille
Hindije
Hit [mäus)
Hödeidfl(Hudeida, ’aSrjSov d. Ptolo-
Hofhüf
Hormüz (Hormus, Ormus)
lräq (Irak)
Irqa (Irka, Arqah)
Ismailija (Ismailia)
Jäfei (Jafei, yaffaea)
Janbu (Jambo)
Katiri (Kathiri)
Kerbelä
Kism (Kischim, Kishim)
Küt el- amara (d. h. .das noch be-
wohnte Schloß* im Gegensaß zum
Ruinen-Schloß)
el'Kuweit (bzw. Al-Kwit, Küit .das
kleine Kastell*, Kuweit, Chowait,
Koweit; auchQurain [gespr.Gren]
.das kleine Horn* genannt)
Lahg (Lahedsch, Lahedj)
Lohlja (Lohheja)
Ma Sn
Main
MakallS (Mekalla, Makullah)
Ma'rib
Masqat (Maskat, Muscate)
Matrah (Matrah)
Mehrt (Mahra)
Mirbat (Mirbat)
MochS (Mokka, Mokha)
Mohammera
Muntefik (Muntefitsch)
Mu^awa (Massauah)
En-NSsirije (Nasirije)
Negd (Nedsched)
el-öla (Ola, Ula)
'Oman (Uman)
Scheich OtmSn (Scheich Osman)
QahtSn (Kahtan, Kachtan)
Qarmaten (Karmaten)
Qasim (Kassim)
Qasr i-sirin (Kasrichirin)
el-Qatar (Gittr, Kater)
el-Qatif (Katif, Qatyf)
Qisn (Kischin, Kishin, Südarabien)
Qurna (Koma, Gurna „das Horn“)
RSs el-Chatme (Ras el Kheime)
RastSq
Rijad (Er-RijSd, Riadh)
Sab ja (Sabija)
Sabwät(Schabat,Schabuat,Shabwat)
Sa da
SamarrS (Samarra)
Sammar (Schammar, Schamar)
San S (Sana, Sanaa) [cha)
Sarga (Sarga, Schardja, Dscharad-
Satt el-‘Arab (Schatt el-Arab)
SibSm (Shibam)
Siher (Scheher, Shehr, Shuhr)
Sohar (Sohar)
Soqotra (Sokotra) [esch sdviuch)
Süq es-sijüch (Suk esh-shijuk, Suk
5ür (Sur = Tyrus)
fSif
TaimS
Ta'izz
Tamim
TihSma
el-Wegh, Wegg (Wedsch)
ZafSr (Dzafar; Dofar, dhofar)
Zebid
Zuber (Sobeir)
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INHALTS-ANGABE
Seite
Kapitel 1. Arabien, das Land und seine Bewohner .... 1
Grenzen. Größe, Aufbau (S. 1); Klima in geschichtlicher Zeit
nicht geändert (S. 2); schwache Besiedlung, Beduinen und
Städter als Gegensäße (S. 3); Semiten, Urbevölkerung möglich
(S. 4); von und nach Arabien gehende Einflüsse (S. 6).
Kapitel 2. Arabien im Altertum 7
Beziehungen der Ägypter zur Weihrauchregion (S. 7); Handels -
monopol der Südaraber, alte Handelsstraßen (S. 8); Staat der
Minder und Sabäer (S. 10); Angriffe der Perser auf Südara -
bien (S. 10); Ausbreitung der Ptoiomäer; Südar a ber besiedeln
Afrika (S. 11); Fürsten von Saba und Dfl Raidän (S. 11);
Expedition des Aelius Gallus, Jemen schließt sich Persien
an (S. 12); Abessinier ins Land gerufen; jüdsithe Dynastie in
Jemen (S. 13); Perser besiegen die Abessinier in Südarabien
(S. 14).
Kapitel 3. Das Auftreten des Islam 15
Auftreten Mohammeds hatte neue Auswanderung der Araber
zur Folge (S. 15); Interessen des Weltreiches gehen über
Arabien hinaus, Siß des Chalifats nach Damascus, später nach
Baghdäd verlegt (S. 17); Orienthandel wird durch den Chalifen
monopolisiert (S. 17); Fätimiden erhalten in Mekka Vorzugs -
stellung, von Südarabien aus wird Ostafrika kolonisiert, Unter -
nehmungen nach dem Osten (S. 18).
Kapitel 4. Das Aufkommen der Türken 19
Arabien spielt im Chalifenreich Nebenrolle, das große Gebiet
arabischer Zunge zerfällt politisch (S. 20); Turkvölker kommen
von Osten, stellen sich in die Dienste der Chalifen (S. 20jj
die selbst machtlos werden; Mongolen, Türken (S. 21); Handels -
wege nach dem Osten (S. 22); der Mameluk Baibars bringt den
vertriebenen Abbäsiden nach Kairo. Ägypter hatten Haupt -
einfluß in Mekka; 1147 unterwerfen die Aijubiden Jemen, 1507
Mameluken zum Roten Meer gegen die Portugiesen (S. 23) ;
Türkensultan Selim erobert 1517 Ägypten, wird damit auch Herr
in Mekka; türkischer Anspruch auf das Chalifat in dieser Zeit
begründet (S. 23); obgleich formell der Sultan das Chalifat
usurpierte, wird er als Chalif anerkannt. Die »Arabische Frage*
datiert aus dieser Zeit (S. 24).
Kapitel 5. Pie Frage der Grenze auf der SinaV-Halbinsel
zwischen Ägypten und der Türkei i i 26
Staatsrechtliche Stellung Ägyptens (S. 26); Belehnung von
' Abbäs Hiimi 1892, nähere Bezeichnung der Sinafgrenze im
Anschluß daran (S 27); Ägypten sendet Mr. Jennings Bramly
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— XIII —
Seite
zum Sinai', Differenzen mH der Türkei (S. 28); Ultimatum
Englands, 14./15. Mai 1906 durch Notenaustausch Friede ge -
sichert (S. 30); Grenzvertrag vom 1. Oktober 1906 CS. 31).
Kapitel 6. Die Provinz (Hedschas) Higflz 32
Chalifen hatten Vertreter in Mekka (S. 32); die ‘Aliiden be -
kamen als Scherifen das Übergewicht in Mekka (S. 33); um
960 wird (ja far erster Grofl-Sdierif ; 1212 bekommt Familie
Qatäda das Groß-Scherifat (S. 34); die Sendung des Mahmal
(S. 35); Ägypter, dann Türken in Mekka (S. 36); Verhältnis
des türkischen Gouverneurs zum Groß-Scherifen (S. 37); die
Wahhäbiten-Unruhen und ihre Bekämpfung durch Ägypten
(S. 39); 1858 Ermordung von Christen und Bombardement von
Gidda (S. 40); t ürkische Verwaltung in Hi gäz 1869 (S. 41);
politische Zustände (S. 42).
Die Higäz-Bahn. Religiös- politischer Zweck (S.43); An -
schlußbahn Haifa-Mezerib (S. 41); Bausumme als fromme Stif -
tungen gesammelt CS. 45) ; Widerstand gegen die Weiter -
führung der Bahn (S.46); Zweigbahnen, finanzielle Ergebnisse
(S. 48); Nufoen des Weiterbaues (S. 51).
Die Transarabien-Bahn. Englands Pläne (S.53); nörd -
liche oder südliche Linienführung.
Die Universität Medina. Gründung 1913 (S.53).
Reformen im Higäz (S. 54); Truppen und Verwaltung im
Higäz (S. 54) ; die Provinz im Weltkrieg (S. 57).
Kapitel 7. Jemen und c Astr ■ 60
Das Land Jemen (S. 60); Kulturrüdcgang, Dammbruch von
Ma rib (S. 62); Archäologische Probleme (S. 62); Gegnerschaft
Rom - Persien (S. 63) ; frühislamische Geschichte von Jemen
nach M. Hartmann (S. 63); die Imäme der Zaiditen (S. 65);
Eroberung von Ägypten aus (S. 66); die Portugiesen und ihre
Bekämpfung durch die Türken (S. 67); Türkei erobert Jemen
(S. 68), bleibt bis 1635. Seit 1824 neue Eroberung durch die
Türken bzw. Ägypter (S. 69) ; Zurückziehen der Türken und
neue Eroberung 1849 (S. 70); erst 1870 wirkliche Besetjung
von Asir und Jemen (S. 71); Interessenkonflikt mit den Eng -
ländern in Aden 1873 (S.72); Einrichtung der Zivilverwaltung
(S. 72); Aufstand 1892 (S.73); Verwaltung und Garnison (S. 74);
Aufstand des Imam Jahjä 1904 (S. 76); Waffenstillstand 1906
(S. 77), wird von Konstantinopel nicht gebilligt; neue Kriegs-
Expedition (S. 78); San a genommen, aber Türken außerhalb
geschlagen, der Imäm nimmt Sä nä ein (S. 80); Friedens -
verhandlungen (S. 81); Entwurf des Friedensvertrages (S. 82),
wird vom Ministerium Taläat Bey verworfen (S. 82); Auf -
ständische durch Engländer und Italiener unterstütz (S. 83);
1909 tritt Sejjid Idrls als neuer Widersacher auf (S. 86);
dessen Leben (S. 87); das Land Asir (S. 88); Aufstand des
Idris (S. 89); Verhandlungen mit ihm (S. 90); 1910 neuer all -
gemeiner Aufstand CS. 91); Kämpfe in ‘Asir mit Unterstüßung
des Groß-Scherifen (S. 93); Eroberung von Ebhä (S. 94);
Kämpfe im Süden (Jemen) (S. 95); $anä entsetjt, schwerer
>gle
— XIV —
Seite
Rückschlag, Niederlage bei Gizän; Friedensverhandlungen
wegen der politischen Lage in Europa (S. 95); der Friedens -
vertrag vom SJ6. August 1913 (S. 96); der Krieg mit Italien (S.99).
Die Bahn H 6 d ei da- San ä (S.100); Beschädigung der Bahn
durch Italien; Bahnbau -Gesellschaft 1909 von Franzosen ge -
gründet (S. 100); Linienführung (S. 101); französisch -italieni-
scher Zwischenfall (S. 102); die wichtige Bahn sollte von
Türken gebaut werden, möglichst bis Scheich Sa'td und mit
Anschluß nach Mekka, ebenso türkisch-deutsche Funkenstation
(S. 103).
Neue Kämpfe gegen Idris (S. 104); Verhandlungen mit Idris
(S. 106), der 1914 Gesandte nach Konstantinopel schickt
(S. 108); Ergebnis unbekannt; Jemen im Weltkriege (S. 108);
türkisch-italienischer Zwischenfall (S. 110); Türken im Bund
mit Jahjä gegen Aden (S. 111); Deutschlands Interesse an
starker Türkei in Jemen (S. 113).
Kapitel 8. Scheich Sa'td und die französischen Ansprüche
darauf , 115
Lage und Wichtigkeit des Punktes (S.114)j französische Inter-
essen seit 1734 CS. 115); Landkauf durch Marseiller Gesell -
schaft (S. 116); auf englische Veranlassung das Gebiet der
Türkei überlassen (S.117); neue Bemühungen der Franzosen
(S. 118); Scheich Said im Weltkriege (S. 120).
Kapitel 9. Die englischen Besitzungen und Interessengebiete
in Sttdarabien . . . . . . , . . , , , . , . , . 12Q
'Aden im Altertum CS. 120) und im Islam (S. 121); ‘Aden von
Portugiesen (S. 123) und Türken erobert (S. 124); Holländer.
East India Co. und Franzosen in Aden und Mochä (S. 126);
Perim 1799 zum erstenmal von England beseßt (S. 128) ; Eng -
länder in Modul und Jemen (S. 130); der Sultan von Lahg
(S. 152); England erobert ‘Aden (S. 153); Verhandlung mit
südarabischen Stämmen (5.135); 'Aden 1850 Freihafen (S.156)i
englischer Landkauf (S. 157); Grenzverhandlung mit Türkei
(S. 137); Bahnprojekte (S. 158); deutsches Konsulat (S. 158);
Aden im Weltkriege (weitere Nachrichten) (S. 139); Stämme
unterwerfen sich der Türkei (S. 1401.
Die südarabischen Stämme (S. 140); Abd’äli, Subaihi,
Fajli, Aqrabi usw. (S. 141 ff.), englische Verträge mit ihnen,
Seher und Makalla (S. 145); Qisn und Soqotra (S. 146); Perim
(S. 147); Kamarän (S. 148); Soqotra (S. 148); Ghuria-Mflriä
(S. 149); Britisch-Somali CS. 149).
Kapitel 10. Masqat oder 'Omän 151
'Omän im Altertum (S. 152); Einwanderer aus Jemen (S.154);
Perser in Oman (S. 155); die Sekte der Ibäditen (S. 156);
die verschiedenen Imam-Familien (S. 158); die Portugiesen
(S. 159); ihre Vertreibung; Kolonien von’Omftn in Ostafrika
(S. 160); die Familie der Al bü-Sa id in Oman (S. 162); die
Nachfolge, die Stellung des Imän und des weltlichen Herr -
schers (S.164); Vertrag mit England über Bender Abbas (S.154);
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XV —
Seite
die Bestrebungen Englands (S. 167); der Kampf Englands
gegen die Seeräuber (S.168); Würde des Imäm erlischt (S.170);
Bestrebungen der Franzosen (S. 171); Be ziehung zur per-
sischen Küste (S. 173); der Trucial-Vertrag (S. 173); Teilung
des Reiches zwischen Oman und Ostafrika, der Schiedsspruch
Englands (S. 176); die Subsidie von Zanzibar (S. 179); Ver -
träge mit England (S. 179); Unruhen von 1895 und Englands
hinterlistiges Verhalten dabei (S.180); die neuen französischen
Interessen in Omän (S. 181); Vertrag von 1844 und 1862
(S. 181); die Flaggenatteste (S. 182); der Plan einer franzö -
sischen Kohlenstation in Masqat (S. 183); die schwere Span -
nung zwischen England und Frankreich in'Omän wird durdi
Abschluß der Entente cordiale gelöst (S. 1 85) ; Rußlands Streben
zum Perser Golf (S. 187); Unruhen in 'Omän 1913 (S. 188);
Waffenschmuggel und Waffenhandel (S. 189); Englands Herr -
schaft in'Omän (S. 191); Waffenstatistik (S. 192).
Kapitel 11. Die Bahrain-Inseln und die türkische Provinz
El-AhsQ (Lahsa, El-Hasfi) ~ 195
Bahrain; Alte Geschichte von Bahrain, die dortigen Grab-
Tumuli (S. 195); Perlenfischerei (S. 196); englische Bestre -
bungen (S. 1 97) ; die Hamburger Firma Robert Woenckhaus & Co.
(S. 198); Hamburg-Amerika-Linie im Perser Golf (S. 201).
El-Ahsä (S. 202), wird türkische Provinz (S.203); Eroberung
1913 durch die Wahhäbiten auf Anstiften der Engländer
(S. 204).
Kapitel 12. Die Wahhabiten und ihre Nachfolger in Negd
(lbn Sa'Qd und Ibn Rastd) 206
Das Land fS. 206); Auftreten und Geschichte der Wahhäbiten
(S. 207); die Türken ins Land gerufen (S.208); die Sippe
der IbnRasid in Häjil (S.209); Kämpfe zwischen lbn Sa ud und
lbn Rastd (S. 210); der Häuptling von Kuweit tritt für lbn
Sa'Qd mit Hilfe der Engländer ein (S. 211); Ibn Sa'Qd erobert
mit Hilfe der Engländer die türkische Provinz el-Ahsä (S. 212) ;
die Wahhäbiten-Emire im Weltkriege (S. 214).
Kapitel 13. Der'lraq 217
Alte Kultur des Landes (S. 218); Verfall unter den späteren
Abbäsiden (S. 220); Bewässerungspläne (S. 221); Handels -
straßen (S. 222); die Baghdäd-Bahn (S. 223).
Die Frage von el- Kuweit (S. 224); Vertrag Englands mit
Schech Mubarak 1899 (S. 225); Mubärak wird von England
für unabhängig von der Türkei erklärt (S. 226); er beansprucht
auf Veranlassung Englands auch Chor 'Abdälläh (S. 228); Ver -
handlungen wegen der Endstrecke der Baghdäd-Bahn (S. 229) ;
der Vertrag darüber nicht ratifiziert (S. 231).
Die PetroleumgegendenvonMohammerausw.(S.231);
Konzession von d'Arcy (S.232); Anglo PersianOil Co. (S.233);
Übernahme von Aktien derselben durch England (S. 254);
Bewässerungsplan bei Mohammera (S. 236) ; Petroleumquellen
bei Oasr i -Sirln.lSi.237), ~
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— XVI —
Seit«
Die Schiffahrt auf dem Tigris und Eufrat (S. 239);
Konzession der Firma Lynch 1860 nur für Eufrat erteilt (S. 240).
Mesopotamien im Weltkriege (S. 241); Poona Brigade
über Bahrain nach Fa’o (S. 242); Verhaftung der deutschen
Konsuln (S. 242); Basra erobert (S. 242) j Qurna (5. 243);
das Petroleum-Gebiet (S. 243); Schlacht bei Saiba (S. 244);
Beseßung von Küt el-amflxa (S. 245); Schiiten auf Seite der
Türken (S. 246); englische Niederlage bei Ktesiphon (S. 247);
Mißlingen des Entsaßes der nach Küt geflüchteten Engländer
(S.248); russische Bestrebungen, durch Persien zum Golf zu
kommen (S. 249).
Kapitel 14. Schlußbetrachtung 252
Politische Zustände in Arabien beim Ausbruch des Krieges
(S. 252); Übersicht über die Geschichte von Südwestarabien
(S. 253) ; Bedeutung der türkischen Macht in Jemen (S. 255);
Bedeutung von Mesopotamien und des Perser Golfes für
Indien und England (S. 255); die für die äußere und innere
Politik der Türkei in Arabien vorliegenden Probleme (S. 261).
Nachträge 262
Zum Kapitel 6 (S. 262); zum Kapitel 9 (S. 262); zum Kapitel 13
(S. 262); Amtlicher englischer Bericht über die Kämpfe im
‘Iräq von Mitte April bis Ende September 1915 (S. 263).
Anhang. Aktenstücke im Urtext zu den Kapiteln 5, 9, 10, 11,
13; Nr. 1-54 3*
Die Liste der Verträge ist jedem Kapitel vorangeseßt.
Karten. 1. Übersichtskarte von Arabien.
2. Karte von Jemen (nach „Geographical Journal*,
Jan. 1914).
3. a Karte von Scheich Said nach englischen und fran-
zösischen Quellen.
b) Karte der Umgegend von 'Aden, nach englischen
Quellen.
4. Karte des Iräq, nach der .Times*; mit Nebenkarte
der Petroleumfunde nach englischen Quellen.
Textkarte: Die Gegend von Küt el- amära, nach der .Times* . . 277
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1. Kapitel
Arabien, das Land und seine Bewohner
Als unregelmäßiges Viereck schiebt sich zwischen Asien
** und Afrika die Halbinsel Arabien ein, im Westen durch
das über 2000 Kilometer lange Rote Meer, im Osten durch
den etwa 1500 Kilometer langen Persischen Golf (ein-
schließlich des Busens von 'Oman) von den Nachbarländern
getrennt. Die Scheidung durch diese nur schmalen Graben-
brüche ist aber nicht so stark, als daß sie eine Trennung
der anliegenden Völker herbeigeführt hätte, vielmehr sind
seit der Urzeit von Westen und Osten stets Völker- und
Kulturströme von und nach Arabien nachweisbar. Nach Nor-
den sefct die Halbinsel sich klimatisch, geologisch und
kulturell als »syrische Wüste“ zwischen Palästina — Syrien
und Mesopotamien fort.
Über drei Millionen Quadratkilometer, also etwa eine
Fläche ein Viertel so groß wie Europa, sind von diesem
Lande eingenommen, das eine riesige Bodenscholle bildet,
die aus einer archäischen Unterlage besteht, auf welcher im
Norden Kreideformation, im Süden Tertiär liegt, und aus
der im Nordwesten sowie im Süden an zahlreichen Stellen
jungvulkanische Durchbrüche und Lawa-Ergüsse hervortreten.
Es ist ein Tafelland, das im Westen und Süden durch Graben-
brüche oder Verwerfungen ganz schroffe Steilküsten bildet,
denen nur im Westen eine wüstenartige Vorebene, Tihäma
genannt, sich vorlagert. Stufenförmig fallen hier die Ränder
der Tafel zum Roten Meere ab, von dem aus der Tafelrand
den Eindruck eines Gebirges macht. Nach Osten oder
besser Nordosten dacht das Tafelland sich langsam zum
Perser Golfe ab. Nur in der Südostecke, im 'Oman, ist
noch ein Bergland dem Meere vorgelagert. Der größte Teil
des Landes ist von Steppen eingenommen, nur im Nord-
osten (Nefüd) und im Süden (Dahnä) sind große wasser-
lose Wüsten mit Sanddünen eingelagert. Die geringe
Gliederung des Landes, seine geographische Lage zwischen
den großen Wüstenländern der Erde und die Regenarmut
Hamburgische Forschungen. HeK 1. j
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bedingen es, daß seine anbaufähigen Flächen nicht sehr
ausgedehnt sind. Bei weitem der größte Teil des Landes
besteht aus Steppen, die während vieler Monate des Jahres
fast wüstenartig vegetationslos sind, die aber immer noch
Weidegelegenheit bieten. Ständige Flüsse sind nicht vor-
handen. Im Bereich der periodischen Wasserläufe und in
den Tälern zwischen aufgesetzten Höhenzügen aber sind
an sehr vielen Stellen anbaufähige Flächen zu finden, ab-
gesehen von den Oasen, die Quellen ihr Dasein verdanken.
Das Klima der Küstenländer ist sehr heiß, das der Hoch-
flächen extrem, am Tage glühend heiß, nachts oft eisig
kalt. Im Südwesten, in der Landschaft Jemen, wo die
zerfransten Ränder des Plateaus bis auf 3000 Meter Meeres-
höhe aufsteigen, und wo unter dem Einfluß des Passates
vom Indischen Ozean her eine richtige Regenzeit im Spät-
sommer auftritt, ist an den Berghängen und in den Tälern
reicheres Kulturland vorhanden, das zur Entstehung eines
größeren Gemeinwesens mit seßhafter Bodenwirtschaft von
alters her geführt hat. Auf Terrassenbauten mit künst-
licher Bewässerung wird dort der beste Kaffee der Welt
erzeugt. Wo Kultur vorhanden, ist ein primitiver Pflug
überall bekannt.
Nach allem, was man aus der geschichtlich faßbaren Zeit
weiß, sind Klima und Bodenbeschaffenheit von Arabien sich
gleich geblieben. Schon die ältesten Berichte der Ägypter
und Assyrier reden von den Wüstensteppen und ihren
Nomaden-Bewohnern. Je nach den friedlichen Verhält-
nissen und je nach dem Kulturstande wird sich die Grenze
zwischen Ackerbauland und Weide im Laufe der Zeit zwar
oft ein wenig verschoben haben; die in der geographischen
Lage und dem Klima begründete Natur des Landes hat
sich aber kaum geändert, solange die Geschichte Kunde
davon hat. Es ist zwar möglich und sogar wahrscheinlich,
daß in vorgeschichtlichen Zeiten, in einer Pluvial-Periode,
Arabien günstigere Lebensbedingungen hatte; bei der ge-
ringen Erforschung des Landes können wir dies aber noch
nicht beweisen. Wenn man im Süden von Palästina, auf der
Sinai-Halbinsel, Stätten findet, die heute ganz verödet sind,
in denen aber untrügliche Zeichen der Besiedlung, ja von
Weinanbau zu sehen sind, wenn in Nordost- Jemen, z. B.
bei Ma'rib, weite Strecken heute verödet sind, an denen
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früher reiches Leben blühte, wenn ferner die Reste von
Schlössern und Burgen, ja von Städten in Tälern gefunden
werden, die heute nur von Nomaden belebt sind, so
ist dies kaum ein Zeichen von neueren Klimaschwankungen,
sondern vielmehr von dem Sinken des Kulturstandes infolge
politischer oder wirtschaftlicher Änderungen seit dem Ver-
fall des 'Abbäsiden- Reiches, durch welche eine mangel-
hafte Wasserökonomie bedingt wurde. Denn auch in den
reicheren Gegenden ist ohne sorgsamste Wasserhaltung,
ohne Aufspeicherung des Ergebnisses der wenigen Regen,
ein pfleglicher Landbau nicht möglich.
Die Landesnatur hat es von alters her bedingt, daß
Arabien nur recht schwach besiedelt sein kann. Für das
große Gebiet schwanken die Schäftungen zwischen 3, 5 und
11 Millionen Menschen. Immer hat es dort Nomaden ge-
geben, die, wenn auch meistens an bestimmte Zonen ge-
bunden, keine festen Wohnsifte haben, die frei in der
Steppe mit und von ihren Tieren leben, und die in tiefer
Verachtung herabsehen auf die Städter und Ackerbauer,
welche in mühsamer Arbeit der dauernd bewohnten und
bestellten Scholle einen Ertrag abzwingen, den jene ihnen
räuberischerweise auch noch streitig machen. Daß diese
Nomaden von der Urzeit an nur Viehzüchter gewesen sind,
kann man mit Eduard Hahn nicht glauben. Ihre Urahnen
werden Hackbauer oder Ackerbauer gewesen sein, die durch
irgendwelche Ungunst der Verhältnisse ergiebigere Gebiete
verlassen und die Steppe bezogen haben, oder deren einst
reichere Gebiete in der Vorzeit austrockneten, so daß sie
zum Nomadismus gezwungen wurden. Geschichtlich nach-
weisbar ist dies in Arabien aber nicht. Denn in der
ältesten Zeit schon wird uns von den räuberischen Be-
wohnern der Syrischen Wüste berichtet, die allein „'aribi*
genannt wurden, während die seßhaften Leute weiter im
Süden mit verschiedenen Namen — Nabatäer, Chatramiten,
Minäer, Sabäer usw. belegt wurden. Dieser unüberbrück-
bare Gegensaft zwischen Nomaden-Beduinen und Städter-
Ackerbauern innerhalb von Arabien geht durch die ganze
Geschichte hindurch. Beduinen (Ma'additen, Kassiten) und
Ackerbauer (Jemeniten, Kelbiten) stehen auch in der Ge-
schichte des Islam gegeneinander, und noch heute dauert
diese in der Natur des Landes begründete Zweiteilung der
1 *
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Bewohner an. 1 Es gibt auch .nomadische" Städte, so
sonderbar dies klingen mag; aber Nekka ist das Beispiel
einer solchen, wo die den Karawanenhandel beherrschenden
Nomaden sich einen Ruhepunkt schafften, wo seit der
Urzeit ein Marktplafc und ein Heiligtum für die Nomaden
bestand, wo aber kein Landbau ein Leben aus der Scholle
heraus ermöglichte. Dagegen war Jatrib-Medma eine echte
Stadt in einer Oase. Der Gegensatz dieser beiden Orte
ist in dem Antagonismus von Nomaden und Seßhaften be-
gründet. In Mekka herrschten seit dem 5. Jahrhundert die
Häupter des Beduinenstammes der Qureiä, der Raubadel,
in Medina der Kaufmann und Städter.
Man nimmt im allgemeinen an, daß Arabien die Ur-
heimat der Semiten ist. Diese bilden aber nur eine Sprach-
(nicht eine Völker-)Gruppe, welche der der Hamiten eng
verwandt, nur eine Unterart der leßteren ist. Geschichtlich
nachweisbar ist jedenfalls, daß von Arabien aus semitische
Völker die umliegenden Kulturländer beeinflußten, besonders
wenn diese eine schwächliche Herrschaft hatten. Die baby-
lonischen Semiten, die Chana'aniter- Hebräer, die Aramäer
und die Araber selbst gingen von Arabien aus. Manche
Fingerzeige lassen aber darauf schließen, daß in der Urzeit
im Süden der Halbinsel auch noch Stämme saßen, die den
Hamiten verwandt waren, daß diese teilweise nach Afrika
zogen, teilweise vielleicht aber von Norden aus semitisiert
wurden. 2 Es ist gar nicht unmöglich, daß die so tiefgehende
Zweiteilung der Kultur in Arabien auch eine ethnographische
Ursache hat, daß hier herrschende semitische Nomaden-
klassen sich über eine seßhafte, mehr hamitische Schicht
schoben, ja, daß Südarabien ein Durchgangsland für lang-
dauernde transerythräische Völkerwanderungen war, die von
Asien aus nach Afrika gerichtet waren. Mangels genauer
1 Im Oman nennt man die Stadt- und Dorfbewohner hadr (daher
wohl der Landesname Hadramaüt, der schon im biblischen Altertum
bekannt war) und die Nomaden bedQ (nach Badger).
s Der französische Reisende d'Arnaud, der auch Märib 1843 be-
suchte, fand in Jemen eine Paria-Rasse, Chadim (pl. Achdam) genannt
wörtlich .Sklaven* (Journ. asiatique XV, p. 376. Paris 1850), die glatte
Haare, dunkle Haut, Adlernase, dicke Lippen haben und größer als die
Araber sind. Es sind Musikanten, Schmiede, öffentliche Ausrufer usw.
d’Arnaud und Playfair denken an Nachkommen von Himjariten, Persern
oder Abessiniern. Aber vielleicht handelt es sich um eine Urbevölkerung.
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5
Untersuchungen sind hierüber die Ansichten aber durchaus
noch ungeklärt. Jedenfalls wissen wir, daß auch im kulturell
hochstehenden Südarabien eine herrschende Adelsklasse und
weniger angesehene, kastenartig gegliederte Städter vor-
handen sind.
Die hervorstechende Eigenschaft der Araber ist ihre
durch das Leben in der Wüstensteppe bedingte Unabhängig-
keit, ihr unbändiger Freiheitsdrang, der sich keiner staat-
lichen Autorität fügt. Das ganze politische Leben spielt sich
in Stämmen und Stammesgruppen ab, die Familie tritt
ebenso zurück wie der Einzelne. Wenn es zu Staatsbil-
dungen kommt, was nur bei den seßhaften Bevölkerungen
denkbar ist, sehen wir mehr Stammeskoalitionen zur Durch-
führung bestimmter gemeinsamer Interessen als einen Staat
in unserem Sinne.
Die umliegenden reichen Kulturländer reizten die Araber
zu Angriffen, zur Ausbeutung. Die abströmenden Beduinen
gingen aber vielfach in der Kultur der von ihnen heim-
gesuchten Länder auf, die wohl vorher schon semitische
Sprachstämme hatten. Die Akkader im sumerischen Baby-
lonien, die Chana'aniter und Hebräer, sowie die Aramäer
in den nördlichen Ländern sind dafür ebensolche Beispiele
wie vielleicht auch die Hyksos in Ägypten und später die
Araber im weiten Gebiete von Rom, Byzanz und Persien.
Aber die umliegenden Kulturländer haben sicher auch große
Einflüsse nach Arabien hin geltend gemacht: von den Su-
merern, Babyloniern, Assyrern, von Syrien, Ägypten, Per-
sien und Byzanz-Rom sind sicher viele Anregungen in
Arabien eingedrungen; wissen wir doch auch von einer
großen jüdischen und christlichen Kolonisierung im vor-
mohammedanischen Arabien. Es ist denkbar, daß die Kultur-
gebiete und Staatsbildungen in Südarabien auf den Grund-
lagen derartiger Fremdeinflüsse entstanden sind. Nach-
weisen läßt sich dies noch nicht, da die archäologische Er-
forschung des Landes sich bislang nur auf das an der
Oberfläche Gefundene beschränken mußte. Eins aber wissen
wir genau, daß nämlich in sehr alter Zeit schon in Süd-
arabien sich Handelszentren gebildet hatten, die einerseits
die Schäfte des Landes selbst, wie Gold, Weihrauch und
Myrrhe, ausführten, die anderseits aber den Zwischen-
handel mit den Produkten von Indien, vielleicht sogar von
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Ostasien (Zimmet!) völlig monopolisierten. Für diesen
Handel besorgten die Beduinen den Transport auf dem
Karawanenwege nach Norden. Auch ein Handelsverkehr zur
See hat sich in ganz alter Zeit dort schon ausgebildet, auf
dem Roten Meer nach Ägypten, auf dem Perser Golf nach
Babylonien und vielleicht auch auf dem Ozean nach Indien
und Afrika. Die jefet noch in Arabien bestehenden Uber-
land-Handelswege sind aus der Urzeit übernommen, heute
sind es die Pilgerstraßen.
Wenn man im allgemeinen auch sagen kann, daß gegen-
wärtig das Land arm und unproduktiv ist, so gehen die
Meinungen von Kennern wie Hartmann, Musil u. a. m. doch
dahin, daß unendlich viel mehr vom Boden ausgenufet
werden könnte, als es jefet geschieht. Denkbar ist, daß
außerdem auch heute noch große Bodenschäfte vorhanden
sind; im Altertum wenigstens brachte das Land viel Gold.
Sprenger 1 schreibt: »Namentlich sind es die Araber, welche
den größten Teil des im Altertum vorhandenen Goldes
unter die Menschen geschleudert haben. Ich habe sie sogar
im Verdacht, daß sie es sind, welche dieses unselige Metall
zuerst feilgeboten und die sacra auri fames angereizt haben.
Die Weihrauchregion ist das Herz des alten Welthandels,
und es hat schon in vorhistorischer Zeit zu pulsieren an-
gefangen.* Sprenger sucht das Goldland Ophir-Hawtla
der Bibel in Chaulän in Westarabien, Glaser in Jemäma
im Inneren des Landes.
Aber auch wenn die Zeit für das Monopol des Gewürz-
und Aromatenhandels, für die Goldproduktion Arabiens
vorbei ist, welche letztere noch zur Zeit von Hamdänt
(gestorben 945 zu San ä) in Betrieb waren, so kann das
Land doch mindestens ebensoviel hervorbringen wie die
unter ähnlichen Verhältnissen stehenden Gebiete vonTripoli-
tanien bis Algerien. Viehzuchtsprodukte werden massenhaft
geliefert werden können, der Landbau läßt sich vermehren
ebenso wie der hochgetriebene Gartenbau in Südarabien,
der auf künstlich bewässerten Terrassen Kaffee der edelsten
Art trägt. Nur Ruhe ist dem Lande nötig.
1 W. Sprenger, Alte Geographie Arabiens (Bern 1875), S. 299.
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