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lZEENTRALBLATT
für
Bakteriologie, Parasitenkunde u. Mektionskrankheiten.
Erst« Abteilung. XXI. Band.
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iZ^ENTRALBLATT
für
Bakteriologie, Parasitenkunde u. Mektionskrankheiten.
Erste Abteilung. XXI. Band.
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Bakteriologie, Parasitenkunde
und Infektionskrankheiten.
In Verbindung mit
Geh. Rat Professor Dr. Leuckart
in Leipzig
Geh, MecL-Rat Professor Dr. Loeffler
in Greifswald
und
Professor Dr. R. Pfeiffer
in Berlin
herauBgegeben von
Dr. Oscar UhlTarorin in Cassel.
Erste Abteilang. XXI. Band.
MediziDiscli-iiysjgnisciie Bakteriologie und tierische Parasitentmide.
Mit 7 Tafeln und 49 Abbildungen lm Texte.
--
Jena,
Verlag von Gustav Fischer.
1887, •** % • • e *.
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Bakteriologie, ParasitenkuMe a. lofektioDskraiiklieiteL
Erste Abteilung:
Medizinisch-hygienische Bakteriologie und
tierische Paras itenkunde. '
In Verbindung mit
Gell. Rat Prof. Dr. Lenckart, Geb. Med, -Rat Prof Dr. Loeffler
in Leipzig und 1Q Greifswald
Professor Dr. R. Pfeifer
in Berlin
herausgegeben von
Dr. O. Uhlworm in Cassel.
Verlag von Gustav Fischer in Jena.
XXI. Band. -®- Jena, den 9. Januar 1897. -o- No. 1.
Praia für den Band (26 Kammern) IS Hark. — Jährlich erscheinen zwei Bände.
Die Redaktion des „Centralblatts für Bakteriologie und Parasiten-
kunde" richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte, etwaige
Wünsche um Lieferung von besonderen Abdrtlcken ihrer Auf-
Hdtze entweder bei der Einsendung der Abhandlungen an die
Redaktion auf das Mamiskrlpt schreiben zu wollen oder spä-
testens nach Empfang der ersten Korrekturabzüge direkt an den
Verleger , Herrn Gustav Fischer in Jena, gelangen zu lassen.
Original • Mittheilungen.
Nachdruck verböten.
Ueber die chronische Diplobacillenconjunctivitis.
[Aus der kgl. Universitäts-Augenklinik in Breslau.]
Von
Dr. med. Theodor Axenfeld,
Privatdozent der Augenheilkunde in Breslau.
Mit 1 Tafel.
Im Juliheft 1896 der Annales de l’Institut Pasteur hat Morax
als den Erreger einer subakuten Conjunctivitis einen Diplobacillus
beschrieben, den ich unabhängig hiervon einige Monate vorher in
Marburg bei meinen Untersuchungen der Bindehautentzündungen eben-
falls gefunden hatte, ich habe ihn seitdem dort bei weiteren zehn
Personen angetroflen, die sämtlich in gleicher Weise erkrankt waren,
Ente Abt. XXI. BA. 1
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Theodor Axeofeld,
und ich zögere daher nicht länger, meine Befunde mitzuteilen. Auch
nach meiner Uebersiedelung nach Breslau habe ich eine weitere
ergänzende Beobachtung machen können und werde deshalb voraus-
sichtlich noch öfters die gleiche Gelegenheit finden. Dies möge dazu
anregen, diesem häufigen, aber in seiner Kultur besonders empfind-
lichen Conjunctivitiserreger auch an anderen Orten größere Beachtung
zu schenken. Denn es ist noch nicht a priori sicher, ob diese Er-
krankung sich überall in gleicher Weise findet; wir kennen die
Epidemiologie der einfachen Conjunctivitisformen noch recht unvoll-
kommen und können nur soviel sagen, dnß die bisher schon ihrer
Aetiologie nach bekannten Formen (besonders Bacillus von Koch-
Weeks, Pneumokokken) nicht überall in gleichem Maße sich
finden *).
Durch Uebertragung auf die bis dahin gesunde Konjunktiva
zweier Kollegen habe ich mich von der Kontagiosität und ätiologischen
Bedeutung der fraglichen Keime überzeugen können. Ganz besonders
aber wird die Diplobacillenconjunctivitis fixiert dadurch, daß inzwischen
Morax, dem wir bereits andere vortreffliche Untersuchungen über
die Bakteriologie der Biudehaut verdanken (Thöse de Paris 1894)
die schon erwähnte Beschreibung geliefert hat, die sich mit meinen
Beobachtungen vollkommen deckt.
Herrn Professor Uh t hoff, meinem hochverehrten Chef, bin ich
für die Ueberlassung des Materials herzlich dankbar, desgleichen
Herrn Professor Wernicke in Marburg, der meine Befunde zu be-
stätigen und zu kontrollieren die Güte hatte.
Klinisches Bild: Wenn Morax die in Frage kommende
Conjunctivitis „subaigue“ nennt, so ist das insofern zutreffend, als
einerseits der Beginn niemals stürmisch und andererseits der Grad der
Entzündung niemals sehr heftig zu sein pflegt. Vielmehr beginnt die
Diplobacillenconjunctivitis mit geringen katarrhalischen Beschwerden
und befällt meist beide Augen, wenn auch nicht immer in gleichem
Grade und nicht immer zu gleicher Zeit. Auf dem zweiterkrankten
Auge ist die Entzündung öfters milder. Es sammelt sich, besonders
während der Nacht, mäßig reichlich graugelbliches, ziemlich zähes
Sekret an, vornehmlich im inneren Lidwinkel. Die Lidränder röten
•sich, ebenfalls am lebhaftesten in den Winkeln, und zwar ist diese
Rötung des inneren Lidwinkels im Verhältnis zur Geringgradigkeit
der Konjunktivalveränderungen oft auffallend stark. Nach der bis-
herigen symptomatischen Bezeichnung würden manche Ophthalmologen
dies als „Ophthalmia angularis“ bezeichnen.
Die Conjunctiva zeigt sehr geringe Schwellung, mäßige Hyperämie,
und zwar sehr oft vorwiegend in den den Rändern zugelegenen Teilen.
Pseudomembranen und andere Einlagerungen habe ich nicht gesehen.
Die Conjunctiva bulbi ist nicht oder nur in ihrer Peripherie ein wenig
gerötet; irgendwelche Komplikationen von seiten des Bulbus habe
t) Vergl. hierttber meinen Vortrag, Heidelberger ophthaltnologischer Kongrell 1898,
„Beiträge zur Aetiologie der Konjuoktivalentaiindungen", und Gifford, The Paeumo-
coccus of Fraeukel ns n frequent cause of acute catarrhal Conjunctivitis (Omaha, Nebraska).
(Arch. of Ophtb. 1896. No. 3. p. 311.)
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Ueber die chronische Diplobacillencoujanctivilis.
3
ich nicht beobachtet 1 ), abgesehen von einer Phlyktäne, in deren In-
halt ebenfalls die Bacillen nachweisbar waren. Ob diese Phlyktäne
aber dadurch entstanden war, daß die Diplobacillen sich hier vorher
eingesenkt haben, wage ich nicht zu entscheiden, da ihre sekundäre
Ansiedelung nicht sicher auszuschließen ist. Ich beabsichtige auf
diese Frage ein andermal zurUckzukommen.
Wir haben also klinisch meistens ein Bild vor uns, das als „Ble-
pharoconjunctivitis“ bezeichnet zu werden pflegt, und zwar der-
jenigen Form, wo die Beteiligung des Lidrandes in Hyperämie, nicht aber
in einer ausgesprochen ekzematösen oder einer Drüsenerkrankung be-
steht. Was aber den Prozeß besonders auszeichnet, ist nach Morax’ und
meinen eigenen Beobachtungen die sehr geringe Neigung zur Spontan-
heilung. Ohne Behandlung bleibt dies Bild viele Wochen unverändert
bestehen; und ich halte deshalb die Bezeichnung „chronische
Diplobacillenconjunctivitis“ für charakteristischer. Sie gehört zu den-
jenigen chronischen Katarrhen, die ohne akutes Vorstadium von vorn-
herein sich schleichend einstellen.
Das Alter meiner Patienten schwankt zwischen 10 und 57 Jahren;
eine Disposition der Kinder, wie sie für die Pneumokokkenconjuncti-
vitis zweifellos besteht, ist nicht nachweisbar gewesen, im Gegenteil
waren außer einem Knaben nur Erwachsene erkrankt. Die Witterung,
Jahreszeit etc. scheint ebenfalls keinen besonderen Einfluß zu haben,
während bekanntlich die Koch- Weeks ’sche Bacillenconjunctivitis
besonders stark im Sommer, die Pneumokokkeuconjunctivitis, wohl
wegen des rauhen Wetters und der Neigung zu sog. „Erkältungen“,
bisher häufiger im Spätherbst und Winter vorzukommen scheint.
Wenn wir auch das klinische Bild für einigermaßen bezeichnend er-
klären dürfen, so betone ich doch, daß dasselbe für sich allein zu einer
sicheren ätiologischen Diagnose noch nicht berechtigt, da in solchen
Fällen nicht immer ein bestimmter bakteriologischer Befund sich er-
heben läßt; auch können die verschiedenen Keime bekanntlich ver-
schieden stark reizen. Immerhin kann man von vornherein sagen,
daß in solchen Fällen die Koch-Weeks’schen Bacillen, die Pneumo-
kokken und Streptokokken wahrscheinlich nicht im Spiele sind und
daß man in erster Linie an die Diplobacillen denken muß. Ein
sicheres Urteil giebt aber erst die Deckglas- und Kulturuntersuchung,
die für die Konjunktivalkatarrhe, und zwar nicht nur für die schweren
(Blennorrhoe, Diphtherie) immer unentbehrlicher und wertvoller wird,
ganz besonders bei der amtlichen Feststellung von Epidemieen.
Bisher habe ich die Diplobacillenconjunctivitis nicht epidemisch,
sondern sporadisch gesehen. Sie scheint mir aber in Hessen endemisch
vorzukommen.
Sekret: Untersucht man ein mit beliebiger Anilinfarbe ge-
färbtes Deckglas einer Sekretflocke, so ist man erstaunt über die viel-
fach enormen Mengen von Bacillen; nach Gram entfärben sie sich.
Es ist dieser Dcckglasbefund bereits äußerst charakteristisch. Ganz
besonders die im inneren Lidwiukel zusammengeballten grauen Flocken
1) Wie Morax mir brieflich mitteUt, hat er den Diplobacillos kürzlich auch io
einem Hornbautgeschmir gefunden.
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Theodor A x e d f e l d ,
enthalten die Bacillen oft in dichtesten Haufen, so daß es den Ein-
druck macht, daß sie sich an dieser Stelle besonders stark ver-
mehren. Daran liegt vielleicht auch die ausgesprochene Lidwinkel-
rötung. In den von der Conjunctiva selbst entnommenen frischeren
Flocken sind sie nicht so massenhaft, aber auch noch sehr zahlreich.
Die Bacillen liegen größtenteils frei, doch habe ich, ebenso wie
Morai, öfters auch Phagocyten gesehen; auch lieben sie es, sich
besonders an die Epithelien in dichten Massen anzulegen (vergl. Fig. 1).
Die Phagocyten sind weniger zahlreich, als z. B. oft bei der Pneumo-
kokkenconjunctivitis. Ueberhaupt ist das Sekret reicher an Fibrin und
besteht nicht so rein aus Leukocyten, wie dies bei den akuten Formen
sich häufiger findet, wenn dieselben zu flüssigerem Sekret führen.
Die Bacillen liegen vorwiegend zu zweien, nicht selten auch in
längeren Ketten, an denen sieb, wenigstens im Deckglaspräparat, die
Einzelglieder überall scharf unterscheiden lassen. Scbeiniäden, wie
sie auf der Kultur sich gerne bilden, habe ich und auch Morax im
Eiter niemals gefunden. Eine Kapsel ist nicht deutlich.
Die einzelnen Stäbchen sind meist gleichmäßig gefärbt, an den
Ecken ein wenig abgestumpft. Hier und da ist eine Andeutung von
stärkerer Färbung an den beiden Polen zu sehen; solche Exemplare
zeigen mitunter auch eine leichte Verdickung an den beiden Enden.
Ihre Länge (in Kanadabalsam gemessen) beträgt durchschnittlich 2 ft,
die Breite 1 /< oder ein wenig mehr, doch wechselt die Größe etwas.
Sie gleichen etwas den Pneumobacillen von Friedlaender, wie
Morax mit Recht hervorhebt, außerdem den sog. Ozaenabacillen
(Loewenberg, Abel) und verwandten Arten, die im Thränensack-
eiter sich häufig finden, ab und zu auch auf der gesunden Con-
junctiva von Ozaenösen. Diese nach Gram sich ebenfalls entfärben-
den „Ozaenabacillen“ kommen also differentialdiagnostisch besonders
in Betracht. Sie sind an ihrer Kapsel und besonders an der Kultur
leicht mit Sicherheit zu unterscheiden, da sie auf den gewöhnlichen
Nährböden üppig gedeihen. Auch sind die Ozaenabacillen als Con-
junctivitiserreger bisher nicht beobachtet; höchstens könnte man die
bei Dakryocystitis vorkommenden Katarrhe z. T. auf sie zurückfuhren.
Nach Gram oder Weigert entfärben sich, wie schon erwähnt,
die Diplobacillen vollkommen; auch hieran sind sie sofort von Pneumo-
kokken und Diphtheriebacillen zu unterscheiden; von den Pneumo-
kokken (vergl. Fig. 3) und den Koch- Week s’schen Bacillen (vergl.
Fig. 4) unterscheidet sie ferner auf den ersten Blick ihr erheblich
größerer Umfang, besonders ihre Dicke.
Kultur: Hervorzuheben ist, daß der Diplobacillus, wie Morax
und ich in allen Fällen gefunden haben, nur bei Brüttempe-
ratur und mit Sicherheit nur auf Blutserum, Serum-
agar und besonders auf Nährböden gedeiht, denen
menschliche Körperflüssigkeit beigemischt wird. Ich
selbst habe anfangs mit Rinder- und Hammelblutserum nach der
Loe f fler’schen Vorschrift gearbeitet, später mit Agar, auf dem
nach Pfeiffer ein Tropfen Menschenblut verteilt war, oder dem
1 / 3 Hydrocelen oder Ovarialcysteninhalt beigegeben war; besonders
dies letztere war ganz ausgezeichnet. Ich habe mir diese mensch-
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Ueber die chronische DiplobacillenconjunctiTitis.
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liehen Wertheim’schen Nährböden nach dem Vorbilde von Morax
aDgefertigt, der Ascites in gleicher Weise benutzte. Auch Bouillon
-f- Vs menschliches Serum habe ich mit bestem Erfolge angewandt.
Auf dem Tierbiutserum ist nach 24 Stunden nur eine geringe
Unebenheit in Gestalt kleiner feuchter Stellen zu sehen. Am zweiten
Tage und später zeigt die Oberfläche kleine runde Einsenkuugen von
durchscheinender Farbe, indem das Blutserum langsam verflüssigt
wird. Nimmt man mit der Oese die verflüssigte Masse ab, so sieht
die Oberfläche wie angenagt aus. Die Verflüssigung schreitet nur
langsam fort und wo die Kolonieen eiuzeln liegen, bilden sich mit-
unter bis 5 mm breite, ziemlich tiefe Mulden, deren Inhalt abfließen
und mit dem Kondenswasser eine trübe, ziemlich dicke Masse bilden
kann. (In diesem trüben Wasser sind wohlgeformte Bacillen nur noch
äußerst spärlich zu treffen.) Eine vollständige Verflüssigung des ganzen
Röhrchens pflegt nicht zustande zu kommen, da nach 14 Tagen bis
3 Wochen die langsam wachsenden Kulturen abgestorben sind. Die
Verflüssigung war bei gekochtem Serum nicht ganz so stark, wie bei
Durchsichtigem. (Natürlich muß man sich hüten, die bekannten
kleinen Verflüssigungen für Kolonieen zu halten, wie sie sehr oft allein
schon durch eine verdauende Wirkung aufgetragenen Sekrets, auch
ohne Anwesenheit von nachweisbaren Mikroben, sich bilden können.)
Morax hat von dieser Verflüssigung in der citierten Arbeit
zwar nichts berichtet. Doch war, wie er mir brieflich mitzuteilen die
Freundlichkeit hatte, dieselbe auch in seinen Fällen für reines Serum
vorhanden. Das von ihm mehr benutzte Serumagar wird dagegen
nicht verflüssigt.
Auf diesem Agar + */s menschlicher Flüssigkeit wächst der
Diplobacilius in Gestalt schwer sichtbarer, durchsichtiger, kleiner,
flacher Tröpfchen, die bei schräg durchfallendem Licht als zart graue
Fleckchen erscheinen und den Pneumokokkenkulturen ähnlich sind.
In der analogen Bouillon bilden sie nach 24 — 48 Stunden eine zarte,
aber deutliche diffuse Trübung und etwas feinen Bodensatz, der sich
leicht aufwirbeln läßt.
Nur ein einziges Mal habe ich eine Entwickelung der Diplo-
bacillcn auf einfachem Peptonagar gesehen ; sie ließen sich auch von
hier noch auf Serum übertragen, waren aber auf dem Agar selbst
nach 3 Tagen abgestorben. Ein andermal zeigte sich auf diesem Agar
eine Andeutung von Wachstum, als sehr viel Material übertragen war.
Im übrigen pflegen sie, wie schon erwähnt, auf den gewöhnlichen
Nährböden (Bouillon, Gelatine, Agar, Glycerinagar mit oder ohne
Zucker, Kartoffeln, Milch, schräg erstarrtes ßinderblut) überhaupt
nicht zu wachsen.
Die Diplobacillen sind obligat aörob.
Die Diplobacillen verlangen unbedingt alkalische Reaktion. Schon
auf Nährböden von neutraler Reaktion gedeihen sie weniger gut, und
schwach saures Serum ist gänzlich ungeeignet. Es ist das auch
insofern von Wichtigkeit, als sie z. B. mit Staphylokokken zusammen,
die sich einige Mal als Verunreinigung fanden, auch auf dem Serum
erheblich schlechter gedeihen, selbst wenn sie weit in der Ueber-
zahl sind. Es kann sogar bei stärkerer Vermischung ihr Wachs-
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Theodor Axenfeld,
tum völlig verhindert werden. So enthielten bei einem 18-jährigen
Mädchen die Deckgläser zahllose Diplobacillen, während dieselben
auf der Kultur äußerst kümmerlich angegangen waren und nicht zu
wesentlicher Verflüssigung führten, weil die gleichzeitig gewachsenen
Kokken eine nachweisbar schwachsaure Reaktion hervorgerufen hatten.
Andererseits entwickeln sich die Diplobacillen sehr gut gleichzeitig
mit den sog. Xerosebacillen (Pseudodiphtheriebacillen), die bekannt-
lich eine Aenderung der Alkalescenz meist nicht veranlassen. Im
ganzen habe ich 34 Sekretuntersuchungen gemacht. Es fanden sich
14mai Reinkulturen der Diplobacillen, außerdem neben reichlichen
Diplobacillen in geringerer Zahl : omal Staphylokokken, 4mal Xerose-
bacillen, 5mal Xerosebacillen und Staphylokokken und 6mal Staphylo-
kokken und einzelne Diplo-Streptokokken.
Ein Unterschied im klinischen Verlauf war zwischen diesen ver-
schiedenen Sekretbefunden nicht zu konstatieren; schon darin liegt,
daß das wirksame Agens die Diplobacillen waren. Daß dieselben,
wo sie mit Staphylokokken zusammen wareu, doch auf der Konjunk-
tiva wuchsen, obwohl sie auf der Kultur schlecht gegen dieselben
aufkamen, ist nur ein scheinbarer Widerspruch. Stets waren auf der
Schleimhaut, wie das Deckglas zeigte, die Bacillen in vielfacher Ueber-
zahl, die Staphylokokken ganz vereinzelt, während auf der Kultur
trotzdem die so üppig wachsenden Kokken gegenüber den sehr lang-
sam gedeihenden Bacillen das Uebergewicht erlangten. Bei ein und
demselben Fall waren z. B. während der ganzen Dauer die Diplo-
bacillen der regelmäßige Befund, während nur an einzelnen Tagen
einige Staphylokokken beigemengt waren. Und zwar findet man die
Verunreinigungen häufiger, wenn man Sekret kultiviert, das schon
im Lidwinkel in Berührung mit der äußeren Haut gestanden hat.
Auf der Schleimhaut selbst fand ich in der Mehrzahl Reinkulturen
der Diplobacillen. Also auch bei dieser Form verdrängen die Krank-
heitserreger meist die gewöhnlichen Schmarotzer zum größten Teil,
wie dies auch für die Pneumokokkenconjunctivitis, die Koch-Weeks-
schen Bacillen, die Gonokokken zutrifft. Gerade dies erleichtert für
die verschiedenen Formen der Conjunctivitis, wie auch Morax be-
tont, so sehr die Orientierung schon aus dem Deckglase.
Wenn die Entzündung zurückgeht, nehmen die Diplobacillen au Zahl
ab, während gleichzeitig die gewöhnlichen Schmarotzer der Bindehaut,
Xerosebacillen und Staphylokokken, wieder stärker hervortreten, wie
sich dies auch bei den anderen Conjunctivitisformen beobachten läßt.
Schließlich sind die Diplobacillen verschwunden, und niemals habe ich
sie auf der gesunden Coujunctiva oder nach völliger Ausheilung des
Katarrhs angetroffen. Wenn Peters ') die ätiologische Bedeutung
des Diplobacillus bezweifelt, weil er ihn in großer Menge ohne akute
Reizung gefunden hat, so ist dem entgegenzuhalten, daß der Diplo-
bacillus akute Reizungen allerdings nicht macht; wohl aber ist auch
in den Peters’schen Fällen eine chronische Conjunctivitis vorhanden
gewesen.
Morphologie der Bacillen auf der Kultur: Auf tierischem
1) Diskussion tu meinem Vortrag auf dem OphtbalmologenkongreS in Ueidel-
borg 1890.
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Ueber die chronische Diplobacilienconjunctiviüs.
7
Serum zeigen die Kolonieen nur am ersten und zweiten Tag im
mikroskopischen Präparat vorwiegend dieselben Diplo- resp. Strepto-
bacillen wie im Eiter. Sehr bald beginnt ein ausgedehnter Zerfall der
Bacillen unter Bildung mannigfacher, z. T. sehr barocker Involutions-
formen, und sobald ausgeprägte Verflüssigung eingetreten ist, sind
zwischen ungefärbten, zerfallenden und zerfallenen Massen nur noch
einzelne Diplobacillen , Ketten , Scheinfäden etc. sehr verschiedener
Größe sichtbar. Häufig fällt in diesem Stadium auf, daß die Kon-
turen der Bacillen sich stärker färben, als das Centrum Die Ab-
bildung No. 2 macht eine ausführliche Schilderung der einzelnen
Formen überflüssig. Nach 14 Tagen bis 3 Wochen sind die Bacillen
völlig degeneriert.
Auf menschlichem Nährboden bleibt die Diplobacillenform viel
besser und länger erhalten (cf. Abbildung 3).
Nach Gram und Weigert entfärben sich, wie schon erwähnt,
die Bacillen vollständig. Sehr zweckmäßig ist hierbei, mit wässeriger
Satfraninlösung nachzufärben, wie dies Jadassohn für Gonokokken
empfiehlt; die sich nach Gram entfärbenden werden alsdann leb-
haft rot.
Eigenbewegung fehlt, desgleichen nachweisbare Sporenbildung.
Pathogenität: Für Meerschweinchen, Kaninchen, weiße
Mäuse, Hunde, Tauben war mein Diplobacillus nicht pathogen,
weder bei subkutaner Injektion, noch lokal auf der Konjuuktiva.
Dasselbe hat Morax gefunden.
Dagegen hat Morax durch Einträufeln eines Tropfens einer
24stündigen Ascitesbouillonkultur in den Konjunktivalsack eines
Kollegen genau die gleiche Diplobacillenconjunctivitis hervorgerufen.
Dieselbe trat nach viertägiger Inkubation unter den oben geschilderten
klinischen Symptomen hervor; am Tage nach der Inokulation waren
Diplobacillen auf der Conjunctiva nicht nachweisbar, mit Beginn der
Sekretion dagegen massenhaft, um nach der in 10 Tagen durch
Zincum sulfuricum erzielten Heilung, das auch ich gerade für diese
Fälle besonders empfehlen kann, vollständig wieder zu verschwinden.
Zink wirkt hier besser wie die anderen üblichen Mittel.
Ich selbst brachte zunächst von einer 48 Stunden alten Rinder-
blutserumkultur, die beginnende Verflüssigung zeigte, eine Oese in den
gesunden Konjunktivalsack des freundlichst dazu bereiten Herrn
Br. med. Kunz. Menschlicher Nährboden stand mir damals gerade
nicht zur Verfügung.
Die vorher vorgenommene Untersuchung der betr. Conjunctiva
hatte einige Xerosebacillen und Staphylokokken, dagegen keiue Diplo-
bacillen ergeben.
Dieser Impfversuch fiel negativ aus. Ich möchte aber darauf
hinweisen, daß derselbe von'einem tierischen Nährboden aus vor-
genommen wurde und wahrscheinlich deshalb ohne den von Morax
erzielten Erfolg blieb.
Es ist dies, wie ich glaube, von besonderem Interesse, weil es
die außerordentliche Empfindlichkeit der Diplobacillen zeigt; auch
das morphologische Verhalten (vergl. Abbildung 2 u. 3) paßt zu
diesen verschiedenen Impfergebnissen.
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8
Theodor Axenfeld
Ich entnahm nun direkt eine Sekretflocke, die ich zunächst aber
Loef fler’sches Serum führte, wo sie eine Reinkultur der Diplo-
bacillen ergab. Dann übertrug ich sie, also ebenfalls eine Reinkultur
der Diplobacillen, in den anderen, ebenso gesunden Konjunktivalsack
des Herrn Dr. med Kunz; in gleicher Weise geschah dies mit einer
anderen Flocke bei Herrn cand. med. Sommer. Beiden Herren sage
ich für ihr reges Interesse und ihre Opferwilligkeit meinen besten
Dank. Ich durfte ihnen das Experiment mit gutem Gewissen zumuten,
da die Gutartigkeit und leichte Heilbarkeit der Conjunctivitis er-
wiesen war.
In beiden Fällen hat sich nach viertägiger Inkubation, also
genau wie bei M o r a x , das typische Bild der schleichend einsetzenden
Conjunctivitis ausgebildet, mit massenhafter Reinkultur der Diplo-
bacillen während der Absonderung, die in dem einen Fall in drei, in
dem anderen in vier Wochen vollkommen ausheilte. Als besonders
beweisend möchte ich betonen, daß sich die Conjunctivitis nach etwa
8 Tagen auch auf das zweite, nicht geimpfte Auge der Herrn Kollegen
übertrug unter gleichzeitigem Auftreten der Diplobacillen. (Das Ein-
träufeln von 0,8 : 100,0 Zinc. sulf. erwies sich wieder besonders wirk-
sam, wirksamer als bei dem einen das zeitweise angewandte Argen-
tum nitricum und auch als Sublimat 1 : 5000.)
Unter diesen Umständen kann an der ursächlichen Bedeutung
und ebenso an der unmittelbaren Kontagiosität der Diplobacillen-
conjunctivitis nicht gezweifelt werden. Ich habe z. B. auch gesehen,
wie ein Patient daran erkrankte und 8 Tage später seine beiden
Schwestern, die dasselbe Waschgefäß benutzten.
Ich möchte mit Morax annehmen, daß wir es hier mit einem
häufigen Conjunctivitiserreger zu thun haben, dessen Nachweis früher
nur wegen der Kulturschwierigkeiten nicht gelungen ist. In dieser
Auffassung werde ich dadurch bestärkt, daß ich, wie schon erwähnt,
vor einigen Wochen auch hier in Breslau einen einschlägigen Fall
gefunden habe. Demnach kommt der Diplobacillus vor mindestens
in folgenden Orten: Paris, Bonn, Marburg, Breslau. Ob überall, ist
noch unsicher.
Mit Recht hebt Morax hervor, daß ein besonderes Interesse
der Diplobacillen in ihrer ausschließlich für den Menschen bestehenden
Pathogenität besteht, eine Eigenschaft, welche sie mit den Koch-
Weeks’schen Bacillen, den Gonokokken, den Influenzabacillen teilt.
Wir würden ferner in dieser Conjunctivitis eine weitere Gruppo
der unbedingt kontagiösen Bindehautkatarrhe nach-
gewiesen haben, als welche wir demnach anführen dürfen:
1) die akute Conjunctivitis des Koch- Weeks’schen Bacillus;
2) die Conjunctivitis blennorrhoica ;
3) die chronische Diplobacillenconjunctivitis.
Außerdem ist der von Bach beschriebene, sonst nicht gefundene
Microc. conj. minutissimus hier anzuführen.
Demgegenüber setzt die akute Pneumokokkenconjunctivitis, deren
Kontagiosität in einigen Fällen kürzlich von Gifford Dachgewiesen
ist, jedenfalls eine ausgesprochene individuelle Disposition vor-
aus, da ich selbst acht erfolglose Sekretübertragungen gemacht habe.
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lieber die chronische Diplobacillcncoiyunctivitis.
9
Ferner hat Gelpke 1 ) auf dem letzten Ophthalmologenkongreß
in Heidelberg einen „Bacillus septatua“ demonstriert, den er
als Erreger einer Conjunctivitisepidemie ansieht. Diese Bacillen ge-
hören nach ihrem kulturellen Verhalten und ihrer Morphologie zu
der Gruppe der Pseudodiphtherie- oder Xerosebacillen. Da solche
Bacillen als unschädliche Schmarotzer außerordentlich häufig sich im
Conjunctivalsack finden, viel häutiger noch, als Gelpke angicbt,
sowohl bei Erkrankungen verschiedenster Art als auch bei Gesunden
— bei letzteren nach meinen Erfahrungen in über der Hälfte aller
Fälle — , so muß ihre ätiologische Bedeutung besonders vorsichtig
geprüft werden. Die positiven Impfergebnisse Gelpke’s beim
Menschen sind aber insofern nicht ganz eindeutig, als die drei ge-
impften Personen bereits vorher an Conjunctivitis litten, welche sich
nach der Instillation nur steigerte. Auch wäre es von Interesse ge-
wesen, die allgemeine Virulenz der Bacillen kennen zu lernen wegen
ihrer Aehnlichkeit mit Diphtheriebacillen; auf der Conjunctiva riefen
sie keine Diphtherie hervor.
Auch für die Conjunctivitis diphtherica wird wahrscheinlich
der an sich nicht besonders günstige Boden meist vorbereitet durch
skrophulöse Ekzeme oder andere präexistierende Hyperämieen 2 ).
Wie es mit der zweifellos auch kontagiösen egyptischen Augen -
entzündung (Conj. granulosa) in dieser Hinsicht steht, läßt sich zur
Zeit noch nicht ganz sicher beantworten, da wir ihre Erreger leider
noch nicht kennen. Auch für diese sind disponierende Momeule
(Skrophulose, Rasse, geographische Lage etc.) vielfach herangezogen.
Daß auch die ganz milde chronische, sog. „latente“ Conjunctivitis
follicularis, die wahrscheinlich mit dem Trachom nichts zu thun hat
and klinisch sich meistens leicht unterscheidet, direkt übertragbar
sein kann, habe ich ebenfalls vor kurzem nachweisen können *). Für
die akuteren Follicularkatarrhe, wie sie nicht selten epidemisch Vor-
kommen, war die Kontagiosität längst wahrscheinlich; ob dieselbe
alsdann eine unbedingte oder an eine Disposition gebundene ist, läßt
sich ebenfalls noch nicht sicher sagen.
Erklärung der Abbildungen auf Tafel I.
No. 1. Sekret der chronischen Diplobacillenconjunctivitis. Doppelbacillen und
Ketten ohne Kapsel, besonders dicht auf den Epithelien.
No. 2. 48 Stunden alte Reinkultur der Diplobacillen auf Rinderblutserum. Sehr
zahlreiche Degenerationsformen.
No. 3 48 Stunden alte Reinkultur der Diplobacillen auf Ovarialcystenagar. Wohl-
erhaltene Formen.
No. 4. Sekret der Pneumococcenconjunctivitis
No. 5 8ekret der akuten epidemischen Conjunctivitis des K o c h - W o e k s’schen
Bacillus Sehr kleine, der Mäuseseptikämie Silin liehe Bacillen. Präparat von Morax.
Bei den beiden letzten Formen reichlichere Plagoeytoso.
Sämtliche Bilder sind genau, bei gleicher Vergrößerung (Leitz Pantachromat,
öcular III, Tubuslänge 16) mit dem Abbe 'sehen Zeichenprisma entworfen.
1) Arch. f. Ophthalmol. XLI1. 4. 1896. p. 97.
2) Vergl. die Arbeiten von Sourdille, Uhthoff, Schirmer, Vossins u. A.
8) Heidelberger Ophthalmologenkongrett 1896. Diskussion zu Leber's Vortrag
über Trachom.
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10
Costanao Zenoni,
Nachdruck verholen.
Ueber die Frage der Homologie der Streptokokken,
[Aus der bakteriologischen Abteilung des Laboratoriums der med.
Klinik zu Straßburg i. E.]
Von
Dr. Costanzo Zcnoui
aus
Turin.
Mit 8 Figuren.
Die Frage der Homologie einiger Mikrobenformen ist allmählich
entstanden, seitdem auf dem Gebiete der Bakteriologie strengere
Methoden zur Erforschung der spezifischen Merkmale und Eigen-
schaften in Anwendung gekommen sind. Nachdem die einfache
morphologische Untersuchung als ungenügend erkannt worden war,
kamen beim Studium der Mikroorganismen sicherere Kriterien, das
kulturelle Wachstum, das Tierexperiment und die Immunisierungs-
vorgänge zur Geltung. Während nun so einige Bakterien sich als
wirklich spezifisch erwiesen haben, sind bei anderen hingegen ge-
meinsame Berührungspunkte entdeckt worden, derart, daß sich ihre
Herkunft von einem gemeinsamen Stamme annehmen läßt. Erwähnt
seien hier die Diskussionen Uber den Diplococcus und den
Meningococcus der Cerebrospinalmeningitis, über die Identität
des Typhusbacillus und des Bac. coli, über den Coccus des
Erysipels und des Kindbettfiebers, über den Bacillus und Pseudo-
bacillus der Diphtherie, über die verschiedenen Cholerabacillen-
arten etc. Betreffs der Streptokokken wird noch heute lebhaft
diskutiert, ob es verschiedene Streptokokkenvarietäten gebe oder nur
eine einzige. Die Unterscheidung in Strept. erysipelatis (auch
Fehleisen’scher Streptococcus genannt) und Strept. pyo-
genes ist nunmehr gänzlich aufgegeben, da, besonders von Widal,
Frankel 1 ), v. Wagenburg und experimentell am Menschen von
Petruschky*) nachgewiesen worden ist, daß der aus dem Eiter
isolierte pyogene Streptococcus auch (las Erysipel hervorzurufen
vermag. Dagegen sind je nach den mikroskopischen und Kultur-
merkmalen ein Strept. longus s. conglomeratus und ein
Strept. brevis (v. Lingelsheim 3 ), Behring 4 ) unterschieden
worden, aber die größere oder geringere Länge der Ketten reicht, da
sie kein beständiges Merkmal ist, zu Unterscheidungen in der Strepto-
kokkengruppe nicht aus. Von einzelnen Forschern sind einige andere,
dem gewöhnlichen Strept. pyogenes sehr ähnliche, aber durch
J) Frankel, Zur Lehr« von der Identitkt des Streptococcus pyogenes und ery-
»ipeUtis. (Ceutralbl. f. Bakteriologie, Bd. Vt. 1889. p. 691).
*) Petruschky, En tscheidang, versuche *nr Frage der SpcsißtSt des Erysipel-
Streptococcus. (Zeitschr. f. Hygiene. Bd. XXIII. 1S96. Heft I.)
S) v. Lingelsheim, Zeitschr. f. Hygiene. 1891.
4) Behring, Centrslbl. f. Bakteriologie. Bd. XII. Heft 6.
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Ueber die Frage der Homologie der Streptokokken.
11
mehrere Merkmale sich von ihm differenzierende Streptokokkenformen
beschrieben worden. So hat Flügge einen Strept. pyogenes
malig n us beschrieben, den er in einem nekrotischen Herde einer
leukämischen Milz fand. Pasquale hat aus dem Eiter einer tuber-
kulösen Osteitis einen Diplococcus pyogenes isoliert, wobei
jedoch zu bemerken ist, daß der Diplococcus pneumoniae in
einer seiner Varietäten das morphologische Aussehen des pyogenen
Streptococcus annehmen kann. v. Lingelsheim und Kurth
haben die Streptokokken zu klassifizieren gesucht, aber ihre Klassi-
fikation hat keine feste Grundlage, da sie die Variation der Virulenz
nicht berücksichtigten. Dieses Merkmal ist von Anderen zur Unter-
scheidung der Streptokokkenvarietäten herangezogen worden; die ver-
schiedene Wirkung auf bestimmte Tiergattungen kann jedoch nicht
als ausreichendes diagnostisches Merkmal gelten, weil erstens die
Empfänglichkeit und die Virulenz auch bei Tieren einer und derselben
Gattung variieren und zwar mit dem Variieren der Krankheit, von
welcher die Streptokokken herstammen (Marbaix), und weil zweitens
alle vom Menschen herrührenden und genügend virulent gemachten
Streptokokken bei den Tieren die gleiche, schnell in Tod ausgehende
Infektion hervorrufen (Marmorek); und endlich weil sich, wie
Roger und Achalme 1 ) gezeigt haben, die Transformation der
Virulenz eines und desselben Streptococcus in situ konstant ver-
folgen läßt. Vielen, wie Arloing und Chantre 2 * ), scheint deshalb
die Anschauung annehmbar, daß es sich bei den Erysipelkokken und
den Kokken der Phlegmone und des Puerperalfiebers nur um ver-
schiedene Virulenzgrade einer und derselben Form handle. Andere
Differentialmerkmale sind von einigen Forschern in der Entwickelungs-
weise der Streptokokken auf verschiedenen Nährmitteln gefunden
worden: so von D6spine und Marignac»), Marot 4 ), fitienne 5 )
in der Form und dem Aussehen der Kartoffelkulturen, von Behring 6 )
in dem wechselnden Aussehen der Kulturbouillon. Lemoine 7 ) be-
merkt jedoch, daß bei Kulturen verschiedener Herkunft keine
schätzenswerten Wachstumsunterschiede bestehen und daß bei einer
und derselben Kultur die Entwickelung auf bestimmten Nährsubstraten
keine konstante ist. Frau Sieber-Schumoff studierte die Eiter-
kokken, den Erysipelstreptococcus, die Streptokokken des
Scharlachs und der sporadischen Kubeuterentzündung (Dzjerkowski)
in ihrer biochemischen Wirkung auf die Kohlenhydrate und die
1) Achalme, Thfcse de Paris. 1892.
2) Arloing et Chantre, Arcb. de physiologie. Ser. V. Tome VIII.
9) Deapine et Mariguao, Une cspfcce particuliere de streptococque. (Arch. de
med. exper. 1892.)
4) Marot, Kote sur un car&ctfero differentiell d’un streptococque de la bouche.
(Societe de biologie. 1892.)
5) Etienne, Arch. de med. experiment. 1895. Tome VII. p. 503.
6) B ehrin g unterscheidet: Streptokokken, welche die Bouillon trüben (Strepto-
kokken des Erysipels, der Angina und der Phlegmone) und Streptokokken, welche die
Bouillon nicht trüben (Streptokokken gewisser Phlegmone, der Krankheiten der serösen
Häute, der Puerperalaffektionen, des Scharlachs, der schweren Pyftmie, Streptococcus
conglomeratus und Streptokokken der Pferdepneumonitis).
7) Lemoine, Variabilit6 dans la forme et dans les caract&res de culture du
streptococque. (Arch. de m4d. expöriment. 189G. No. 2 )
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12
Costamo Zenoni,
Eiweißstoffe und fand, daß sich differentialdiagnostische Merkmale
daraus entnehmen lassen. Marmorek') erblickt in der Dicke der
Streptokokken ein ziemlich stabiles Differentialmerkroal, indem die-
selben bald als ganz feine Körnchen, bald 3— 4 mal dicker und, wie
eine Wallnußschale mit ihren zwei Hälften aus der Vereinigung zweier
Teile gebildet erscheinen. Diese Verschiedenheit im Aussehen soll
bei den Bouillonkulturen bestehen bleiben und Uebergangsformen
zwischen deu beiden Formen werden nicht angetroffen. Derselbe
Forscher bemerkt jedoch, daß eine Veränderung in der Zusammen-
setzung des Nährmittels die Dicke der Glieder eines und desselben
Streptococcus zu modifizieren vermag. Ferner fand er, daß In-
jektionen von Antistreptokokkenserum die gleiche sichere Schutzwirkung
gegen alle bekannten Streptokokken ausüben. Er kommt deshalb zu
der Annahme, daß alle auf Streptokokken zurückführbaren Krankheiten
durch eine einzige Mikrobenart hervorgerufen werden. Hiermit
stimmen jedoch nicht die bezüglich des Streptococcus des
Scharlachs gemachten Beobachtungen (Babes, I) 6s p ine und
Marignac, Heubner und Bahrdt) überein; denn während
Baginsky*) in 48 mit Antistreptokokkenserum behandelten Fällen
von Scharlach 27 mal „überraschend günstige“ Erfolge erzielte, erhielt
Marmorek 8 ) eher negative Resultate, aus denen er folgert, daß
der Scharlach nicht durch einen der bekannten Streptokokken hervor-
gerufen werde. In der That gelang es M <5 r y * ), aus dem Blute
eines Scharlachkranken eine Streptokokkenvarietät zu isolieren, die
sich refraktär gegen das Antistreptokokkenserum verhielt und also
verschieden von den gewöhnlichen Streptokokken war. Es muß hier
jedoch bemerkt werden, daß die Streptokokken beim Scharlach nicht
etwa die spezifischen Erreger, sondern vielmehr nur eine Komplikation
der Krankheit darzustellen scheinen. Ein bei einigen Streptokokken-
formen selten beobachtetes Merkmal wäre die Unfärbbarkeit nach der
Gram’schen Methode. Bekanntlich werden die gewöhnlichen pyogenen
Kokken durch diese Färbung deutlich unterschieden. Etiennc 1 2 3 4 5 6 )
hingegen fand in einem Falle von Angina pseudomembranosa ganz
kleine Mikrokokken, die sich nach der Gram’schen Methode sehr
leicht entfärbten; zwei andere ähnliche Beobachtungen wurden, die
eine von Dolöris und Bonrges«), die andere von Nocard und
Mollereau 7 ) gemacht. Diese Besonderheit ist jedoch nie von
Anderen, wie Wurtz, Widal, Achalme, Barbier beobachtet
worden; Netter will sie nur bei einigen Proben wahrgenommen
1) Marmorek, Annales de l'Institut de Pasteur. 1895. Tome IX p. 593.
2) Baginsky, Die Anwendung des Antistreptokokkenserums (Marmorek) gegen
Scharlach. (Berl. klin. Wochenschr. 1896. No. 16)
3) Marmorek, Traitcment de la »carlatine par le s6rum antistreptococcique
(Annales de 1'iostitut de Pasteur. 1896. No. 1.)
4) M4ry, Sur une vari6t4 de streptococque refractaire au s£ruin de Marmorek.
(Soci4t4 de biologie StUnce du 18 Avril 1896.)
5) 6tieune, Note sur les »treptococques d^colorables par la mäthode de Gram.
(Arcb. de med. experiment. 1895 Tome VII. p. 603.)
6) Doldrf» et Bourges, 8oci£td de biologie. 1893. 30 D^cbrs.
7) Nocard et Mollereau, Sur une mammite contagieuse des v&ches laiti&res.
(Annales de l'Institut de Pasteur. 1887.)
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Ueber die Frage der Homologie der Streptokokken.
13
haben. Ferner ist bekannt, daß es nach der Gram 'sehen Methode
nicht immer leicht ist, der Entfärbung rechtzeitig Einhalt zu tbun
und daß bei alten Kulturen die Kokken schlecht gefärbt sind (Invo-
lutionsformen). Außer den verschiedenen von den Verfechtern der
Heterologie der Streptokokken vorgebrachten Gründen scheint auch
die Verschiedenheit der von Streptokokken begleiteten Krankheiten
des Menschen und der Tiere dafür zu sprechen, daß es sich wirklich
um verschiedene Arten handle, deren Differentialmerkmale uns unsere
heutigen Forschungsmethoden noch nicht erkennen lassen. Viele
andere Forscher hingegen meinen, daß allen angeführten Differential-
merkmalen jeder absolute Wert abgehe, weshalb alle pathogenen
Streptokokken nur als verschiedene Unterarten einer und derselben
Stammform anzusehen seien. Dieser Meinung sind Panet, Biondi,
Guttmann, Eiselberg, E. Levy, Noordeo, Kirchner,
Frankel, Straus, Arloing und Chantre, Lemoine und viele
Andere.
Ich hatte Veranlassung, mich mit dieser Streitfrage zu beschäf-
tigen gelegentlich eines interessanten Falles von akuter Peritonitis,
von weichem einige Peritonealpseudomembranen an das bakteriologische
Laboratorium der medizinischen Klinik zu Straßburg geschickt wurden.
Einige klinische Notizen über den Fall wurden mir durch die Güte
des Herrn Dr. J. Böckel und Dr. Kreiss zu teil.
Patient war ein erblich nicht belasteter, dem Trünke und einem
unordentlichen Leben ergebener, 40-jähriger Mann; schwere Krank-
heiten hatte er nicht durchgemacht, jedoch sich wiederholt venerische
Krankheiten zugezogen. Ja vor 4 Jahren scheint er au einer Augen-
verletzung luetischer Natur (Iridocyklitis) gelitten zu haben, die von
Prof. Stillin g mit Quecksilberpräparateu und starken Dosen von
Jodkalium behandelt wurde. Diese Kur hatte ihm gut gethau und
er erfreute sich einer guten Gesundheit, bis er sich vor 8 Monaten
wieder eine Blennorrhöe zuzog. Nach entsprechender medizinischer
Behandlung besserte sich dieses Leiden, ohne daß er jedoch voll-
ständig davon genas. Trotzdem ergab er sich wieder den gewohnten
Ausschweifungen und dem Trünke und strengte seinen Körper in
Bergtouren und durch Radfahren übermäßig an. Nach einer langen
Fahrt auf dem Veloziped wurde er von starken Bauch- und Magen-
schmerzen und heftigem Erbrechen befallen und gleichzeitig fing der
rechte Hoden an aufzuschwellen. Er bekam lokale kalte Umschläge,
wurde mit Opium und Suppositoria behandelt und mußte im Bette
bleiben. Nach 2 — 3 Tagen nahmen die Schmerzen ab, wohingegen
die schmerzhafte Anschwellung des Hodens bestehen blieb. Da ein
Abführmittel notwendig schien, wurde ihm Manna verordnet, das
reichliche Stuhlentleerungen zur Folge hatte. Hiernach trat Verstop-
fung ein und es bildete sich eine Verschlimmerung der Bauchsymptome
aus. Die Schmerzen und die Anschwellung des Leibes nahmen zu,
es stellte sich Fieber mit 39— 40° C ein, der Puls wurde langsam;
hin und wieder Singultus. Am 10. Tage nach Beginn der Krankheit
war der Zustand des Patienten ein sehr schlimmer geworden, ln der
Vermutung, es sei Darmperforation oder Darmverstopfung vorhanden,
wurde die Laparatomie vorgenommen. Nach Eröffnung des Bauches
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Costanzo Ze non i ,
gewahrte mau viele weißliche Beläge, welche die Oberfläche der
Peritonealhöhle wie eine Hülle umgaben. Der Darm war an keiner
Stelle verletzt, keine eingeschnürte Darmschlinge, Wurmfortsatz un-
versehrt. Weuige Stunden nach der Operation starb Patient. Da
in Ermangelung des nekroskopischen Befundes keine anderen Daten
Vorlagen, wurde angenommen, daß es sich wahrscheinlich um eine,
nach linksseitiger Orchitis aufgetretene und wohl durch Gonokokken
hervorgerufene akute Entzündung der Peritonealserosa handle.
Die zur bakteriologischen Untersuchung gelangten Peritoneal-
pscudomembranen bestanden aus einer sehr dicken weißgrauen fibri-
nösen Masse von zarter, hier und da fast gallertartiger Konsistenz
und ohne besonderen Geruch. Bei der mikroskopischen Untersuchung
erwiesen sie sich als von einem unregelmäßigen Fibrinnetz mit Haufen
runder, körniger, gequollener Zellen, reichlichem granulösen Detritus
und veränderten Endothelzellen gebildet. Vermittelst der Färbungs-
methoden wurden teils isolierte, meistens aber zu zweien zusammen-
gelagerte und zu Ketten angeorduete, große Kokken konstatiert, von
denen nur sehr wenige und nur in kurzen Ketten oder vereinzelt in
Zellen eingescblossen waren. Manche der gepaarten Kokken konnten
ihrem Aussehen nach für Gonokokken gehalten werden, nicht so sehr
wegen der Uebereinstimmung der morphologischen Merkmale, als
vielmehr aus Erwägungen, die der klinische Fall ergab. Es fehlte
jedoch die eigentümliche Form der Kokken, indem dieselben nicht
mit abgeplatteter Oberfläche aneinanderlagen; sehr wenige sah mau
im Innern von Zellen, und nach der G ram’schen Methode behandelt,
färbten sie sich gut. Auch durch wiederholte mikroskopische Unter-
suchungen konnten keine Gonokokken nachgewiesen werden. Mit
Bruchstücken der Peritonealpseudomembranen wurden Kulturen, sowohl
auf Agar und in Bouillon, als auf menschlichem Blutserum angelegt
und auch auf diesem letzteren fand kein Gonokokkenwacbstum statt.
Dagegen wiesen alle Kulturen sehr schöne Streptokokkcnkettenkolonieen
auf und die Streptokokken zogen durch ihre außergewöhnliche Größe
sofort die Aufmerksamkeit auf sich. Das ungewöhnliche Aussehen
dieses Streptococcus einerseits und die ziemlich dunkle Aetiologie
der Peritonitis, von welcher er isoliert worden war andererseits,
ließen nicht ohne Grund vermuten, daß man es in diesem besonderen
Falle mit einem mit den gewöhnlichen nicht identifizierbaren Strepto-
coccus zu thun habe und daß dessen ungeheuere Größe der Aus-
druck besonderer biologischer und pathogener Eigenschaften sei. Der
Aufforderung des Herrn Dr. Levy, Direktors des bakteriologischen
Laboratoriums folgend, wollte ich deshalb diesen Riesenstrepto-
coccus sowohl in morphologischer und kultureller Hinsicht als
experimentell studieren, d. h. auch untersuchen, ob und in welchem
Maße er auf bestimmte Tiere wirke, denen vorher Marmore k’sches
Antistreptokokkenserum ’) injiziert worden war. Durch dieses letztere
Verfahren wollte ich feststellen, ob die von Marmorek konstatierte
Schutzwirkung des Serums gegen die gewöhnlichen Streptokokken sich
1) Marmorek, L« streptococque et le serum antUtreptococcique. (Annales de
l’Iustitut de Pasteur. 1895. Tome IX. p. 693.)
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Ueber die Frage der Homologie der Streptokokken.
15
auch in unserem Falle bestätigte, um daraus auf die Identität oder
üichtidentität des in Frage stehenden Streptococcus mit den
etsteren zu schließen.
Daß unser Streptococcus, nach der Gram’schen Methode
gefärbt, sich nicht verschieden von den gewöhnlichen verhielt, er-
wähnte ich bereits. Die verschiedenen Färbungsmethoden für die
Kapseln anwendend, ist es mir doch nie gelungen, deren Anwesenheit
zu konstatieren, obschon ich zuweilen scheinbare Kapseln als künst-
liche Produkte erhielt. Die Entwickelungsweise in Bouillon , auf
Gelatine und Agar bot nichts Besonderes dar. In der Kulturbouillon
machte sich nach 24 Stunden bei 37° ein leichter weißlicher Nieder-
schlag bemerkbar, jedoch ohne jegliche Trübung der Flüssigkeit. Auf
Agar zeigten sich Kolonieen in Form von zahlreichen vereinzelten
weißlichen Pünktchen, die etwas größer als gewöhnlich waren. Was
die SVirkungsweise der Kulturen anbetrifft, die ich an Mäusen er-
probte, so war die der frischen Kulturen am stärksten, während sie
in kurzer Zeit mit dem Aelterwerden derselben abnahm. Die primi-
tive Virulenz der Bouillonkulturen war bei 37° nach 24 Stunden
eine so hochgradige, daß sie Mäuse bei einer Dosis von 1 ccm nach
1 Tage tötete; während 1 / t ccm dieser Kultur nach 2, und */t ccm
nach 4 Tagen den Tod hervorrief. Bei Injektion von 1 / 8 ccm da-
gegen blieben die Mäuse am Leben. Das Wirkungsvermögen des
Streptococcus wurde noch etwas gesteigert durch Ucberimpfungen
von Tier zu Tier; denn Dosen von 1 / 4 ccm riefen den Tod in 2 bis
3 Tagen hervor, wohingegen Dosen von 1 / 8 ccm noch gut ertragen
wurden. Ich erhielt auch Kulturen, die in einer Dosis von */s ccm
tödlich wirkten, indem ich geeignete Substrate anwendete, die das
Wirkungsvermögen des Streptococcus verstärkten und es so ver-
stärkt erhielten. Wie Marinorek gefunden hat, eignen sich zu
diesem Zwecke Mischungen von Bouillon und Blutserum, und die von
mir angewendete Mischung bestand aus 2 Teilen Pferdescrum und
1 Teil peptonhaltiger Bouillon. Das von mir mit allen aseptischen
Vorsichtsmaßregeln aufgefangene Pferdeserum erwies sieb, auch als
es 48 Stunden lang im Brutschrank bei 37° gehalten wurde, als
vollkommen steril. Ich mischte es direkt der Bouillon bei in dem
Augenblicke, als ich Gebrauch von der Mischung machte. Ich kon-
statierte, die Beobachtungen Marmorek’s bestätigend, bei den
Streptokokkenkulturen in Blutserumbouillon eine viel höhere Virulenz,
als bei den in Bouillon allein angelegten; denn */ 4 ccm der ersteren
tötete Mäuse schon nach 1 Tage und 1 /g ccm genügte, um sie nach
2 Tagen zu töten. Bei meinen an 39 Tieren vorgenommenen Experi-
menten führte ich das Impfmaterial stets in das Unterhautzellgewebe
des Rückens ein. Bei jedem mit Tod abgegangenen Tiere fertigte
ich Präparate sowohl aus dem Herzblute als aus dem Milz- und
Lebersafte an. Gleichzeitig legte ich Kulturen in Bouillon, Blut-
serumbouillon und Agar an, ferner auch auf Agarplatten, um immer
mit Sicherheit Reinkulturen des Streptococcus isolieren zu
können. Auch in den Fällen, in denen die mit dem Blute des Tieres
angelegten Kulturen steril blieben, gelang es mir stets, den Strepto-
coccus aus dem Milz- oder Lebersafte zu erhalten, besonders wenn
16
Costsnxo Zenoni,
die Infektionen nicht schnell letal verliefen und das Tier mehrere
Tage nach der Impfung gestorben war. In den mikroskopischen
Blutpräparaten beobachtete man gewöhnlich wenige vereinzelte oder
zu zweien zusammengelagerte Kokken; in den aus der Milz oder
Leber erhaltenen Präparaten dagegen fanden sich stets eine reich-
lichere Anzahl zu Ketten angeordneter und etwas größerer Kokken.
Bei Züchtung des Streptococcus auf verschiedenen Nährböden
ergaben sich noch hervortretendere Unterschiede in den morpho-
logischen Merkmalen. Vor allem kam die zu Anfang angetroffene
außergewöhnliche Größe der Kokken nach einer langen Reihe von
Uebertragungen nicht mehr zur Erscheinung. Sodann konstatierte
ich mehrmals bei einer und derselben Kultur, daß die auf Agar ge-
züchteten Streptokokken größer waren, als die in Bouillon gezüchteten,
und noch bedeutend kleiner die in Blutserumbouillon gewachsenen.
In der Marmorek’schen Nährmischung entwickelten sich die Kul-
turen gewöhnlich etwas später als in Bouillon, wobei sie eine leichte
Trübung hervorriefen und auf dem Boden des Kulturröhrchens einen
weißlichen Satz bildeten. Mit dem Kleinerwerden der Kokken ging
oft eine hervortretende Ungleichheit der Glieder einer und derselben
Kette einher, die unregelmäßig angeordnet und streckenweise durch
eine farblose homogene Substauz miteinander verbunden erschienen.
Was die Länge der Ketten bei den Kulturen auf verschiedenen Nähr-
böden anbetrifft, so waren einzelne Ketten, die aus größeren Gliedern
bestanden, verhältnismäßig länger; ziemlich kurz waren dagegen die
Ketten bei den Kulturen in Blutserumbouillon. Da in dieseu letz-
teren Kulturen außer dieser Besonderheit auch ein höheres Wirkungs-
Vermögen konstatiert wurde, so scheint die Annahme gerechtfertigt,
daß zwischen der Länge der Ketten und der größeren oder geringeren
Virulenz der Streptokokken irgendwelche Beziehungen bestehen. Doch
glaube ich, daß zwischen diesen beiden schon an und für sich äußerst
veränderlichen und unbeständigen Merkmalen keine direkte Beziehung
bestehe.
Wir kommen nun zum zweiten Teile meiner Untersuchungen,
nämlich den mittels Injektionen von Antistreptokokkenserum nach
Marmorek vorgenommenen. Nach den Beobachtungen dieses
Forschers sind Kaninchen, denen 0,2 ccm Serum injiziert wurden,
resistent gegen 1 Millionstel ccm hochvirulenter Kultur des gewöhn-
lichen Streptococcus; bei Injektion von nur 0,1 ccm Serum gehen
sie dagegen am 10. — 11. Tage zu Grunde; ohne Schutzimpfung
sterben sie schon nach 30 Stunden. Daraus geht also die Schutz-
wirkung des Serums auch bei mit äußerst virulenten Streptokokken
hervorgeruienen Infektionen schon zur Genüge hervor. Ich nahm
meine Untersuchungen an Mäusen vor und verwendete besonders
Streptokokkenkultureu in gewöhnlicher Bouillon, experimentierte jedoch
auch mit Kulturen in Blutserumbouillon. Das immunisierende Serum
verschaffte ich mir direkt aus dem Pasteur’schen Institute in Paris.
Es erwies sich als vollkommen steril, erlitt aber bei Berührung mit
der Luft sehr leicht Veränderungen. In einer Dosis von 1 ccm in-
jiziert, rief es bei meinen Experiment-Tieren nicht die geringste nach-
teilige Wirkung hervor. Einigen Mäusen injizierte ich vorher dieses
iyGoc
lieber die Frage der Homologie der Streptokokken.
17
Serum und 6 — 12 Standen darauf bestimmte Mengen Streptokokken-
kultur; gleichzeitig injizierte ich anderen zur Kontrolle dienenden
Mäusen ohne weiteres die gleichen Mengen Kultur. Das Impf-
material für einander zum Vergleich dienende Experimente entnahm
ich stets einem und demselben Kulturröhrchen. Alle mit Injektionen
von Marmorek’schem Serum behandelten Mause ertrugen Mengen
von */*, */ ; und 1 ccm der Bouillon des Streptococcus sehr gut,
während die Kontrolltiere zu Grunde gingen, und zwar bei 1 ccm
Bouillonkultur nach 1, bei ’/ t ccm nach 2 und bei */ 4 ccm nach
4 Tagen. In einigen Fällen trat der Tod trotz der Schutzimpfung
ein, jedoch nach sehr langer Zeit, wie z. B. nach 9 Tagen bei einer
mit i / t ccm Bouillonkultur geimpften Maus. In einem anderen Falle,
in welchem die verwendete Kultur zufälligerweise eine Verunreinigung
erlitten hatte, blieb die Schutzwirkung des Serums aus; doch ist
dieses negative Resultat wohl mehr dem Umstande zuzuschreiben,
daß der Organismus des Tieres sich unter dem gleichzeitigen Ein-
flüsse von dem Streptococcus beigemischten pathogenen Keimen
geschwächt fand. Ebenso ließ sich bei Trübwerden des Serums keine
Schutzwirkung mehr von ihm erwarten. Im allgemeinen haben die
Resultate wiederholter Experimente auch in unserem Falle, wo es
sich um einen von den gewöhnlichen scheinbar verschiedenen
Streptococcus handelte, die Schutzwirkung des Antistrepto-
kokkenserums dargethan. Mittels einer weiteren Reihe Experimente
wollte ich die Schutzwirkung des Serums bei Anwendung von nach
der Marmorek’schen Methode hypervirulent gemachten Kulturen
prüfen. Die Virulenz dieser Kulturen war eine so starke, daß 1 / 4 ccm
nach 1 und I / e ccm nach 2 Tagen den Tod der Mäuse hervorrief.
Dieselben Wirkungen zeigten sich auch bei mit Antistreptokokken-
serum behandelten Mäusen. Auch bei diesen letzteren verlief die
mit 1 j i und 1 / 8 ccm Blutserum-Bouillonkultur hervorgerufene Infek-
tion innerhalb eines oder zweier Tage letal; in einigen Fällen trat
jedoch der Tod erst später ein. Da es sich jedoch um hochvirulente
Kulturen handelte, war ein Versuch mit viel kleineren Dosen am
Platze. Ich versuchte es also nach vorheriger Injektion von Anti-
streptokokkenserum mit Dosen von ’/ioo bis ’/ 500 ccm dieses hoch-
virulenten Materials; aber wie bei den oben erwähnten Experimenten
trat auch bei diesen der Tod der Tiere ein. Da ich diese Unter-
suchungen unterbrechen mußte, konnte ich die Wirkung des Serums
bei noch kleineren Dosen als Vsoo ccm nicht erproben. Sehr wahr-
scheinlich aber würde sich auch in diesem Falle jene Minimalmenge
des Impfmaterials haben erreichen lassen, gegen welche das Anti-
streptokokkenserum ebenfalls wirksam gewesen wäre. Auf alle Fälle
thun die Resultate der ersten mit gewöhnlichen Bouillonkulturen aus-
geführten Experimente schon für sich allein zur Genüge dar, daß die
Injektionen von Marmorek’schem Serum auch gegen diesen Riesen-
streptococcus eine positive und sichere Wirkung ausgeübt haben.
Es läßt sich deshalb der Schluß ziehen, daß sich dieser Strepto-
coccus durch seine spezifischen Eigenschaften yon den bekannten
Streptokokken nicht differenziert. Außerdem sind die Modifikationen,
die er je nach der verschiedenen Natur der Nährsubstrate in seiner
Eni* Abt. XX. Di. x
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lg Costanzo Zenoni, L'eber die Frage der üomologie der Streptokokken.
Größe erleidet, ein genügender Beweis, daß seiner morphologischen
Eigeuheit keine besondere Bedeutung zukommt. Die Modifikationen
bestätigen übrigens die Beobachtungen anderer Forscher betreffs
einiger morphologischer Veränderungen, welche die Streptokokken je
nach dem Alter der Kultur, der Virulenz und dem Nährboden dar-
bieten (Lemoine, Arloing et Chantre, Marmorek u. A.).
In der That ist bereits beobachtet worden, daß in einer und derselben
Kultur, wenn sie frisch ist, die Kokken gleich groß sind; in älteren
Kulturen sind sie von verschiedener Größe und die größereu Kokken
sind wie gequollen und schlecht färbbar (luvolutionsformen); in frischen
Kulturen erscheinen die Ketten meistens länger. Lemoine 1 ) be-
merkt, daß bei einer und derselben Kultur das Wachstum der Strepto-
kokken auf bestimmten Nährsubstraten kein konstantes ist; und nach
Marmorek’) kann eine Veränderung in der Zusammensetzung des
Nährmittels genügen, um die Größe der Glieder eines und desselben
Streptococcus zu modifizieren. Arloing und Chantre 8 ) be-
haupten, daß die Kokken Neigung zum Uebergang in Bacillenformen
zeigen und daß sich dementsprechend ihre Form und Virulenz ver-
ändert. In unserem Falle traten die morphologischen Veränderungen
des Streptococcus um so deutlicher hervor, als die primitive
Größe wirklich eine außerordentliche war und in den verschiedenen
Kulturen erhebliche Unterschiede darbot (s, die Figuren).
Fig. 1. Bouillon. Fig. 2. Blutserum- Bouillon. Flg. 8. Mutterkultur in Agar.
ObJ. homog. Imm. 1 / u ", Korietka. — Kompeus.-Oc. 4.
Diese meine Untersuchungen endlich können als ein neuer Beweis-
grund zu gunsten der Homologie der verschiedenen Streptokokken-
formen angesehen werden, und zwar unter dem zweifachen Gesichts-
punkte der kulturellen Form Veränderungen und der Schutzwirkung
des Marino rek’schen Antistreptokokkenserums. Zur Erklärung des
klinischen Falles verdient die Epikrise einige Berücksichtigung. Es
ist bekannt, daß die serösen Häute nicht selten vom Mikroorganismus
der Gonorrhöe befallen werden und daß Gonokokkenkulturen, Meer-
schweinchen ins Peritoneum injiziert, Peritonitis hervorrufen. In
unserem Falle steht die Peritonitis wahrscheinlich in einem gewissen
Zusammenhänge mit der Blcnnorrhöeinfektion, die sich Patient einige
Monate vor seinem Tode zugezogen batte. Sie bestand im chronischen
Zustande und ist durch traumatische Einflüsse einer langen anstrengen-
1) I. emo im, Arch. de tned. expöriment, 1896. No. 2.
2) Marmorek, Annale» de l'Inst. de Pasteur. 1895. Tome IX.
$} Arloing et Cbantre, Arcb. de physiol. S4r. V. Tome VIII.
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Wurstvergiftung.
19
den Fahrt plötzlich akut geworden, wobei sie linksseitige Orchitis
and Entzündung der Peritonealserosa hervorrief. Oer bakteriologische
Befund des Peritonealexsudates scheint jedoch mit dieser Deutung in
Widerspruch zu stehen, indem die Abwesenheit des Oonococcus
mit Sicherheit nachgewiesen worden ist. Hier muß nun aber bemerkt
werden , daß die Gonokokken bei alt gewordenen Gonorrhöeforraen
sehr häufig nicht mehr nachzuweisen sind, trotzdem die Möglichkeit
der Uebertragung des Kontagiums besteht; und dass es andererseits
nicht selten sich um Mischinfektioneu handelt, bei denen häufig ge-
wöhnliche pyogene Mikroorganismen vergesellschaftet sind. Es kann
also geschehen, daß der spezifische Erreger erlischt, während die an-
deren Formen weiter bestehen ; oder daß sich der primitiven Infektion
neue Krankheitserreger beigesellen. Und somit läßt es sich begreifen,
daß bei der bei einem blennorrhöekranken Individuum entstandenen
Peritonitis sich als einzige Ursache der Streptococcus gefunden
hat, der bei einigen Peritonitisformen, z. B. bei Puerperalperitonitis
und nach Laparotomieen , bereits wiederholt angetroflen worden ist
(Orth).
Dem Herrn Geh. Kat Prof. Dr. Naunyn, Direktor der medizi-
nischen Klinik zu Straßburg, und dem Privatdozenten Herrn Dr. Levy,
unter dessen Leitung ich vorliegende Untersuchungen ausgeführt
habe, sage ich hier meinen verbindlichsten Dank.
Straß bürg, den 17. November 1896.
Referate.
van Ermengem, Recherches sur des cas d’accidentsali-
mentairesproduitspardessaucisson8. (Revue d’hygiöne.
1S96. p. 761—819.)
Der Genuß von Cervelatwürsten aus Schweinefleisch und geräucher-
tem Rindfleisch hatte bei mehreren Personen mehr oder weniger heftige
Erkrankungen an Typhus- oderCholera nostras-ähnliehen Erscheinungen
veranlaßt. Proben derselben Würste wurden darauf einem Sachver-
ständigen zur Untersuchung übergeben. Verführt durch das gute
Anssehen der Proben, aß dieser ebenso wie mehrere seiner Angestellten
davon. Er erkrankte bald darauf unter den Zeichen eines heftigen
Darmkatarrhes und einer Nephritis und starb nach 6 Tagen; die
Angestellten, welche von der Wurst gegessen hatten, erkrankten
ebenfalls, aber leichter und genasen.
Die Sektion des Verstorbenen ergab akute Gastroenteritis, Nephritis
parenchymatosa acuta und Fettdegeneration der Leber. Die bakterio-
logische Untersuchung ließ aus den Stühlen und den inneren Organen
eine bestimmte Bakterienart züchten, die in der Leber in embolischen
Herdchen, in den Nieren, besonders in den Tubulis contortis und
rectis, ferner in Blut und Muskeln in Reinkultur gefunden wurde.
2 *
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Delirium. — Alkohol und Infektionskrankheiten bei Hepatitis.
Dieselbe Bakterienart wurde auch aus einer Wurstprobe kultiviert
Es bandelt sich um einen Bacillus, der mit dem von Gaertner be-
schriebenen Bacillus enteritidis und dem von van Ermengem
in Fällen von Feischvergiftung in Morseele gefundenen Bacilllus
identisch ist. Wurden Versuchstiere mit Reinkulturen dieses Bacillus,
mit Organstückchen des Verstorbenen oder Stückchen der Würste
gefüttert, so gingen sie unter den Erscheinungen eines heftigen Darm-
katarrhes zu Grunde und wiesen häufig Fettmetamorphose der Leber
und Nephritis auf. In ihren Orgauen fanden sich dann die Bacillen.
Nach diesem ist es anzunehmen, daß die Krankheitserscheinungen
nach dem Genuß der Würste und der Tod des einen Kranken auf
eine Infektion mit dieser Bacillenart zu schieben sind. In den
Würsten sind die Bacillen nachgewiesen worden. Es mußte aber
zweifelhaft bleiben, ob sie mit dem Fleisch eines kranken Tieres in
die Wurst hineingekommen waren; dagegen spricht die scheinbar
gute Beschaffenheit der Wurst und das Fehlen von Gewebsver-
änderungen bei mikroskopischer Untersuchung derselben in Schnitten,
oder ob eine Infektion der Wurst auf andere Weise zustande ge-
kommen war. R. Abel (Hamburg).
Babcock, W. L., A contribution to the study of acute
delirium with especial reference to its bacteriology.
Report of a case. (Medical Record. 1. Aug. 1896.)
Ein 46jäbriger Maler wird am 13. Mai d. J., 10 Tage nach dem
Auftreten der ersten Symptome von akutem Delirium, ins Ogdenburger
Staatskran keu haus, wo Verf. Assistenzarzt ist, aufgenommen. Am
29. Tage der Krankheit wird eine Punktion zwischen dem ersten und
zweiten Lendenwirbel vorgenommen und 73 ccm einer klaren Flüssig-
keit innerhalb einer Stunde entleert. Darauf bedeutende Besserung;
doch stirbt der Kranke am 46. Tage der Krankheit und 8 Minuten
nach dem Tode wird eine zweite Lendenpunktion gemacht und noch
66 ccm einer trüben Flüssigkeit aufgefangen. Beide Male werden
alle üblichen Vorsichtsmaßregeln angewandt. Die mikroskopische Unter-
suchung der nach Gram gefärbten Präparate ergab reichliches Vor-
handensein von Pneumoniekokken mit einzelnen Eiterstreptokokken in
der ersten Portion und noch größere Anzahl sowohl ersterer als besonders
letzterer, zugleich mit zahlreichen Eiterkörperchen in der zweiten
Portion. Kulturen konnten nicht gemacht werden. Impfversuche an
Kaninchen zeigten, daß die Virulenz dieser Pneumoniemikrokokken
im Vergleich zu den aus dem Sputum gewonnenen abgescbwächt sein
mußte, da keines der Versuchstiere trotz offenbar starker Infektion
zu Grunde ging. Verf. will seine Mitteilung nur als eine Anregung
zu weiteren Untersuchungen angesehen wissen und betont die Gegen-
wart eines aller Wahrscheinlichkeit nach mit dem Micrococcus
pneumon. cruposae identischen Keimes in der während des
Lebens entnommenen Cerebrospinalüüssigkeit.
S e n t i fi o n (Barcelona).
ScagllosI, G., Die Rolle des Alkohols und der akuten
Infektionskrankheiten in der Entstehung der inter-
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Typhn».
21
stiti eilen Hepatitis. (Virchow’s Archiv f. path. Anatomie.
Bd. CXLV. Heft 3.)
Ausgehend von der Beobachtung des gelegentlichen Auftretens
der Lebercirrhose nach Infektionskrankheiten hat Scagliosi Meer-
schweinchen, Kaninchen und Hühner mit Bouillonkulturen von
Milzbrandbacillen, Micrococcus prodigiosus und Heu-
bacillus subkutan geimpft.
Schon bei 72 Stunden nach Milzbrandimpfung erfolgtem Tod will
Verf. Bindegewebsvermehrung und Atrophie der Leberzellen beobachtet
haben.
Eis kann keinem Zweifel unterliegen, daß der Befund des Verf.’s
nicht der Infektion zuzuschreiben ist, sondern vielleicht auf einer
älteren Erkrankung, wie sie namentlich in Kaninchenlebcrn so häufig
ist, beruht, oder wie sonst auch immer zu erklären ist.
Pathologische Veränderungen, wie sie Scagliosi beschreibt,
entstehen niemals in so kurzer Zeit, und am wenigsten infolge einer
akuten Milzbrandinfektion. Aber selbst den Zusammenhang zugegeben,
so bliebe erst als Hauptaufgabe der Beweis, daß aus kleinzelliger
Infiltration, Leberzellennekrose u. dergl. eine echte Cirrhose, analog
der des Menschen, hervorgehen kann. Die Vermutung des Verf.’s,
daß beim Menschen der Beginn der Veränderungen bakteriellen
Schädigungen, der Fortgang der Alkoholwirkung zuzuschreiben ist,
schwebt völlig in der Luft. G. Ricker (Halle).
Gibert, Les causes de la fiövre typhoide au Havre. (An-
nales de micrographie. 1896. No. 6.)
Seit dem letzten Jahrzehnt ist die reiche Hafenstadt Havre
wiederholt von mehr oder minder bedeutenden Typhusepidemieen
heimgesucht worden, denen erst im vorigeu Jahre Brouardel
und Thoinot in einer ausführlichen Monographie ihre Aufmerksam-
keit geschenkt haben ; sie lenkten den Verdacht auf das Wasser der
Stadt, welches aus den Quellen des Plateau von Aplemont geliefert
wird. Diesen Verdacht sucht Gibert in vorliegender Schrift haupt-
sächlich zu bekämpfen, und in der That muß man das Wasser der
Quellen von St. Laurent, die auf dem Plateau von Aplemont ent-
springen, nach der genauer geschilderten Bodenformation, die nirgend-
wo den Zutritt unreinen Grundwassers zu dem Quellwasser zuläßt,
sowie nach den mitgeteilten bakteriologischen Untersuchungsergeb-
nissen als das denkbar reinste bezeichnen. Aber einer der Untersucher
(Mosny, Laboratoriumschef des bakteriologischen Institutes der
medizinischen Fakultät von Paris) hat doch in den Sammelbassins
mehrfach Bact. coli nachgewiesen, also den Beweis geliefert, daß
diese Bassins Verunreinigungen bedenklicher Art ausgesetzt, mithin
defekt oder mangelhaft konstruiert sind; natürlich s’ils sont d6-
fectueux, ils sont reparables ; aber den Verdacht, der Stadt die
Typhuserreger übermittelt zu haben, kann Gibert danach wohl nicht
ganz von dein W’asser abwälzen. Gibert legt jedoch auf eine In-
fektion des Bodens der Stadt — also des Grund- und somit des
Brunnenwassers — den Hauptwert und führt als Beweis dafür die
Tbatsache an, daß das Stadtviertel Perrey, auf glattem Kiesboden
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Schar J*ch.
erbaut und von Ebbe und Flut bespült, die wenigsten Typhusfälle
aufweist, während das viel wohlhabendere Viertel Morisse viel stärker
heimgesucht wurde. Dieses Viertel wird nicht von Ebbe und Flut
berührt und weist erheblich mehr Senkgruben auf, so daß eine In-
fektion des Brunnenwassers recht wahrscheinlich ist. Leider wird
von Untersuchungen des Brunnen waspers auf Typhusbacillen in dem
Viertel Morisse nichts berichtet. Vagedes (Berlin).
Grasset, De la transmission de la scarlatinepar l'inter-
mödiaire d’une lettre. (Ann. d’hygiöne publique. T. XXXIV.
p. 143—145.)
Als in einem Ort, wo seit Jahren kein Scharlach vorgekotnmen
war, ein zweijähriges Kind an Scharlach erkrankte, forschte Grasset
nach der Infektionsquelle. Da fand sich, daß 6 Tage vor der Er-
krankung des Kindes ein Brief von den Großeltern eingetroffen war,
in welchem diese mitteilten, ein anderes Kind, das bei ihnen lebte,
habe eben Scharlach überstanden und häute sich jetzt „wie eine Schlange“.
Ein paar Hautfetzen des Rekonvalescenten sandten sie im Briefe mit.
Dieser Brief hatte mit seinem Inhalt von desquamierten Hautfetzen
dem zweijährigen Kinde als Spielzeug bis zum Tage seiner Erkrankung
gedient und augenscheinlich die Infektion vermittelt
Grasset citiert einen anderen, von L a u n 6 beschriebenen Fall
von Uebertragung der Scarlatina durch einen Brief. Eine Dame in
Deutschland teilte in einem Schreiben zwei Bekannten in Frankreich
mit, sie habe eben Scharlach überstanden und schuppe so stark, daß
sie den Briefbogen während des Schreibens mehrmals habe abschütteln
müssen. Wenige Tage nach Empfang des Briefes wurden beide
Adressatinnen von Scharlach ergriffen, an dem die eine zu Grunde
ging. R. Abel (Hamburg).
von Ranke, H., Zur Scharlachdiphtherie. [Aus der K. Uni-
versitätsklinik in München.] (Vortrag, gehalten auf der 68. Natur-
forscherversammluug in Frankfurt a. M. am 25. September 1896.)
(Abdruck der Münchener medizinischen Wochenschrift. 1896. No. 42.)
Seit Auftaueben der Frage nach der Aetiologie der Scharlach-
diphtherie hat Verf. keine Gelegenheit unversäumt gelassen, nun
auch seinerseits sein Scherflein zur Lösung dieser wichtigen und
ungemein praktischen Frage beizutragen. Der Verf. hat volle
257 Scbarlachfälle nach obiger Richtung hin untersucht. Ein Teil
dieser Beobachtungen (115 Fälle betreffend) ist bereits in der In-
augural-Dissertation seines Schülers Holzinger niedergelegt, der
Rest betrifft die Fälle, die Verf. vom 24. September 1894 bis zum
31. August 1896 zu beobachten Gelegenheit fand.
Verf. hält es in seiner Abhandlung für angezeigt, sämtliche bei
seinen Scharlachfällen beobachteten Diphtherieen in 4 Gruppen ein-
zuteilen.
Die erste Gruppe enthält die Fälle, welche mit Scharlach und
Diphtherie direkt aus der Stadt aufgenommen und sofort (zum Teil
noch in der Poliklinik) bakteriologisch untersucht wurden.
Die zweite Gruppe umfaßt jene Fälle, welche mit Scharlach ohne
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Scharlachdiphtherie. — Conjunctivitis pseudomembrauosa.
23
Rachenbelag zur Aufnahme gelangten, bei welchem sich dann im
Verlaufe der Krankheit Diphtherie entwickelte.
In die dritte Gruppe sind die Fälle untergebracht, welche unter
dem Bilde der primären Diphtherie in die Diphtherieabteilung auf-
genommen wurden, bei welchem sich dann später aber Scharlach
entwickelte.
Die vierte Gruppe berücksichtigt endlich die unzweifelhaften
Fälle von Hausinfektionen (im Krankenhaus) von Scharlach und
Diphtherie, welche sich bei Patienten der internen und der chirur-
gischen Mitteilung ereigneten.
Unter Gruppe I entfallen 65 klinische Fälle mit 6 Todesfällen.
Die zweite Gruppe umfaßt 6 genesene Krankheitsfälle, unter drei
finden wir 12 Fälle aufgeführt, darunter endeten 2 letal an Pneumonie
und Nephritis. Gruppe IV zeitigte nur 2 Repräsentanten, von denen
der eine verstarb.
Verl stellte nun auf Grund seiner eingehenden Beobachtungen
die nachfolgenden kurzen Sätze auf, welche hier an Stelle weit-
schweifender Einzelangaben in Kürze mitgeteilt werden sollen.
1) Er findet in München bei ca. 65 Proz. aller aus der Stadt
aufgenommenen frischen Scharlachfällen diphtheritiache Auflagerungen
im Rachen.
2) Bei mehr als der Hälfte dieser Fälle (bei 53,7 Proz.) konnte
der Diphtheriebacillus nachgewiesen werden.
3) Bei 38,8 Proz. wurden nur Streptokokken gefunden.
4) Die größere Häufigkeit der Streptokokkendiphtherie bei
Scharlach, im Vergleich zur primären Diphtherie ist charakteristisch
und beschränkt sich keineswegs auf die lakunären Formen, sondern
kehrt bei allen, auch den schwersten Formen der Scharlachdiphtherie
wieder.
5) Auch bei reiner Streptokokkendipbtherie kann beim Scharlach
zuweilen ein Absteigen des diphtherischen Prozesses auf den Kehl-
kopf und weiter abwärts erfolgen.
6) Wenn nach längerem Bestehen von Scharlach nachträglich
noch Diphtherie sich entwickelt, so nähert sich der bakteriologische
Befund in solchen Fällen mehr dem bei primärer Diphtherie, d. h.
die Streptokokkendiphtherie tritt mehr zurück und der Diphtherie-
bacillus wird in sehr überwiegender Häufigkeit gefunden.
7) Wegen der verhältnismäßigen Häufigkeit des Diphtherie-
bacillus bei der Scharlachdiphtherie empfiehlt cs sich, das Diph-
therieheilserum auch bei Scharlachdiphtherie in Anwendung zu bringen.
Die vorstehenden Schlüsse können sich selbstverständlich nur
auf das Münchener Krankenhaus beziehen und können als solche nur
unsere Billigkeit beanspruchen. Es wäre wünschenswert, wenn auch
andere Krankenhäuser die von Ranke gemachten Erfahrungen be-
rücksichtigen möchten. 0. Voges (Berlin).
Schanz, F., Zur Aetiologie der Conjunctivitis pseudo-
membranös a. (Archiv f. Augenheilkunde. Bd. XXXIII. p. 224
—229.)
Im Anschluß an die Arbeit von Pes (s. Referat in Bd. XIX.
J
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24
ConjuDctmtis diphtherica.
p. 729 dies. Centralbl.) veröffentlicht Verf. ebenfalls 4 Fälle von
Conjunctivitis pseudomeuibranosa , bei denen es sich in 3 um vor-
gängige Einwirkung eines Fremdkörpers handelte, während der 4. ein
2-jähriges Kind mit skrofulösem Habitus betraf, ln allen Fällen,
die ohne Heilserum ebenfalls in sehr kurzer Zeit zur Heilung ge-
langten, konnte miskroskopisch und kulturell der Klebs-Loeffler-
sclie Bacillus nachgewiesen werden (einmal neben zahlreichen Kokken-
kolonieen, einmal fast in Reinkulturen, während zweimal dieszügliche
nähere Angaben fehlen); die mit ihm geimpfte Bouillon, welche schon
nach 2 — 3 Tagen sauer war, blieb aber bei mehrfachen Injektionen
beim Meerschweinchen wirkungslos. Verf. hält diesen Bacillus für
identisch mit dem sog. Xerosebacillus ; dessen Aehnlichkeit mit
dem Loeff 1 er’schen Bacillus erst neuerdings wieder von Eyre
bestätigt wurde. Jedenfalls ist der Xerosebacillus dem Diph-
theriebacillus ähnlicher als der Pseudodiphtheriebacillus
und vielleicht identisch mit dem avirulent gewordenen Diphtherie-
bacillus. Wenn dies der Fall, so müßte er sich jedenfalls sehr
häufig auch in der Mundhöhle finden, und wäre es möglich, daß er
bisher unter einem anderen Namen beschrieben wäre (wie z. B. von
Loeff ler selbst).
Die Conjunctivitis pseudomembranosa kann sowohl durch den
giftigen als den ungiftigen Bacillus hervorgerufen werden, und kann
der eine rasch in den anderen übergehen, wie ein von Uhthoff
veröffentlichter Fall (Berl. klin. Wochenschr. 1893. No. 11) beweist.
Es bleibt zunächst noch ein klinisches Postulat, daß die Coniunctivitis
pseudomembranosa, von deren Ungefährlichkeit man seit Jahrzehnten
überzeugt ist, auch bakteriologisch von der Conjunctivitis diphtherica
getrennt werde, wenn auch zugegeben werden muß, daß letztere ge-
legentlich so mild verlaufen knun, daß es schwer hält, sie von einer
stärkeren membranösen Entzündung zu unterscheiden. „Wir finden
bei einer Affektion, die wir Jahrzehnte lang nicht für Diphtherie ge-
halten, deu Loef fl er’schen Bacillus, aber zuweilen auch einen ganz
ähnlichen, der nicht giftig ist; das Verhältnis dieser beiden Bakterien
ist zur Zeit noch nicht klar.“ Schlaefke (Kassel).
Pichler, Zur Frage der diphtheritiscben Bindehaut-
entzündung. (Beiträge zur Augenheilkunde, neft 24. p. 1.)
Der Verf. veröffentlicht alle Fälle von diphtherischen Bindehaut-
entzündungen, die in deu letzten Jahren in der Innsbrucker Univer-
sitäts-Augenklinik beobachtet und bakteriologisch untersucht worden
sind; es sind dies 16 Fälle, denen er noch 3 anfügt, die er nach
Berufung seines Chefs (Prof. Czermak) nach Prag in der dortigen
Klinik beobachtet hat. Er teilt seine Fälle ein in 3 Gruppen, in die
erste zählt er jene Fälle von diphtheritischer oder membranöser
Bindehautentzündung, bei denen der Loef fler’scbe Diphtherie-
bacillus nachgewiesen wurde, zur zweiten Gruppe vereinigt er die
Fälle, die dasselbe klinische Bild boten, bei denen aber bei wieder-
holten Untersuchungen der Loeffler’sche Diphtheriebacillus
fehlte, und iu die dritte Gruppe rechnet er die Fälle, bei welchen
auf nur wenig veränderter Bindehaut Loeffler’sche Diphtherie-
bacillen gefunden wurden.
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Conjunctivitis diphtherica.
25
Von seinen 19 Fällen gehörten 6 zu der ersten Gruppe, 7 zu
der zweiten Gruppe, wo bei demselben Krankheitsbild bei wieder-
holten Untersuchungen die Loeffle r’schen Diphtheriebacillen
fehlten, 4 andere Fälle bilden die dritte Gruppe, während 2 Fälle
mit Wahrscheinlichkeit der zweiten Gruppe anzureihen sind. Ueber
den Erfolg der Serumbehandlung spricht sich Verf. zurückhaltend
aus, der Unterschied gegen die ohne Serum behandelten Fälle wäre
nicht so auffallend, daß daraus schon sichere Schlüsse gezogen werden
konnten, auch konnte in Bezug auf die Serumbehandlung keine
nennenswerte Verschiedenheit zwischen den Fällen , in denen der
Nachweis der Loe ff ler’achen Stäbchen gelang, und jenen, in welchen
dieselben mangelten, gefunden werden. Impfversuche stellte der Verf.
an Bindehäuten vod Menschen, Allen, Kaninchen und Meerschweinchen
an. Dabei zeigte sich, daß die Verimpfung von Sekret und Membran-
stückchen auch im verletzten Bindehautsack durchaus unverläßlich
ist. Wiederholt übertrug er von einem Fall Membranstücke in den
normalen menschlichen Bindehautsack, ohne auch in jenen Fällen, in
denen die Bindehaut vorher leicht verletzt war, irgend eine Wirkung
zu erzielen; brachte er aber die Reinkultur der von diesem Fall
gezüchteten Kapselkokken auf die normale menschliche Bindehaut,
so entwickelte sich jedesmal ein akuter Bindehautkatarrh. Er impfte
infolgedessen nur mit Reinkulturen und hat nahezu 100 Impfungen
mit Tieren jeden Alters und Größe vorgenommen. Er kommt dabei
zu folgenden Ergebnissen:
Aut der Bindehaut von Kaninchen und Meerschweinchen kann
man mindestens nach oberflächlicher Verletzung derselben mit
Loeffler’schen Diphtheriebacillen Entzündungen erregen, die
manchmal der Diphtherie und dem Kroup der menschlichen
Bindehaut sehr ähnlich sind, doch hat man auch Gelegenheit, dabei
die Entstehuug anderer Krankheitsbilder zu beobachten, z. B. das
des akuten eiterigen Katarrhs. Wichtig für die Entstehung dieser
oder jener Form ist neben der Virulenz der Keime der Grad der
Impfverletzuug.
Dieselben Versuche stellte er an mit Fraenkel- Weichsel-
ba um’scheu Kapselkokken und Ketten-, sowie gelben und weißen
Traubenkokken. Diese Versuchsreihe ist noch nicht abgeschlossen,
aber Verf. hat jetzt schon den Eindruck, daß auch diese Mikro-
organismen unter Umständen, d. h. vor allem bei entsprechend
schwerer örtlicher Schädigung der Gewebe, imstande sind, an der
Bindehaut von Kaninchen und Meerschweinchen Erscheinungen zu
erreichen, die klinisch den durch den Loeffler’schen Bacillus er-
zeugten sehr ähnlich sind.
Er kommt daher zu dem Schlüsse, daß die Loeffler’schen
Dipbtheriebacilleu in einem ursächlichen Zusammenhang mit der
Conjunctivitis diphtherica und membranacea zu stehen scheinen,
daß aber auch andere Keime die Rolle der Loeffler’schen Ba-
cillen spielen können. Wenn wir jetzt nach einem rein pathologisch-
anatomischen Gesichtspunkte diese Erkrankungen als Conjunctivitis
diphtheritica und membranosa unterscheiden, so fragt es sich jetzt,
ob wir diese Erkrankungen ätiologisch einteiien und nur die Fälle,
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26
Lepra.
wo der Loefiler’sche Bacillus nachweisbar ist, als diphtheritische,
alle anderen aber als Conjunctivitis membranacea oder irgendwie
anders bezeichnen sollen. Er hält es für praktisch, die Begriffe
diphtheritisch und membranös nur im anatomischen Sinne zu ge-
brauchen und die alte Einteilung zu belassen, und jene Fälle, wo
der vermutliche Erreger nachgewiesen, durch einen Zusatz zu be-
zeichnen, z. B. Conjunctivitis diphtherica e bacillo Loeffler
oder e diplococco lanceolato Fraenkel-Weichselbaum
u. dergl. F. Schanz (Dresden).
Hovorka von Zderas , Ucber einen bisher unbekannten
endemischen Lepraherd in Dalmatien. (Archiv f. Derma-
tologie u. Syphilis. Bd. XXXIV. 1896. p. 61.)
Glück, Kommt Lepra in Dalmatien vorV (Archiv f. Derma-
tologie u. Syphilis. Bd. XXXVI. 1896. p. 47.)
Bei dem großen Interesse, welches man jetzt auch in Deutsch-
land den isolierten Lepraherden entgegenbringt, mag auf die obigen
Arbeiten hingewiesen werden. Der erste Autor beschreibt einige
Leprafälle auf der Insel Melwla, es sollen im ganzen ca. 10 Fälle
auf dem südöstlichen Teil der Insel Vorkommen. Die Schilderung
der genannten Fälle ist jedoch in diagnostischer Beziehung nicht
ganz einwandsfrei , so daß die Redaktion des Archivs mit Recht be-
merkt, es sei noch nicht der Nachweis erbracht, daß es sich in jenen
Fällen wirklich um Lepra handle.
Ref., der im Jahre 1895 die Insel besuchte, sah in Maranoviei
2 Fälle, die seiner Meinung nach sicher als Lepra tuberoso-anaesthe-
tica aufzufassen sind. Es kommen auf der Insel auch Formen von
Elephantiasis vor, doch besitzt die ausschließlich kroatische Bevölke-
rung keine spezielle Bezeichnung für diese Erkrankung, während sie
die Lepra als „guba“ (Aussatz) bezeichnet.
Hingegen ist das in der zweiten Arbeit von Glück geschilderte
Krankheitsbild eines aus Dalmatien nach Sarajewo einwanderteu
23-jährigen Mannes für Lepra ganz charakteristisch, auf Bacillen
konnte leider nicht untersucht werden; auch in der Familie des Pat.
sollen einige ähnliche Krankheitsfälle vorgekommen sein. Nicht ganz
ohne Interesse ist die Angabe des Pat., daß die Mutter ihm den
Fischgenuß verboten, weil derselbe einen ungünstigen Einfluß auf die
Krankheit ausüben soll. Es ist dies die von Hutchinson ver-
tretene Fischtheorie, die in den Küstengegenden zahlreiche Anhänger
zu haben scheint
Durch diese Mitteilung ist es also außer Zweifel gestellt, daß
Lepra in Dalmatien vorzukommen pflegt, obzwar seltener als in
früheren Jahrhunderten, in denen z. B. in Ragusa die Leprakranken
gänzlich isoliert waren.
In den verschiedenen westlichen Staaten der Balkanhalbiusel
sind nunmehr Leprafälle beobachtet, so daß der Kreis auf der Insel
geschlossen erscheint. In Bosnien sind 9 Fälle von Neu mann auf-
gefundeu, in Montenegro verschiedene vom Ref., über die später be-
richtet werden wird. Aus Serbien und Albanien ist, bis jetzt wenig-
stens nichts bekannt geworden.
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Molluscum contagiosum. — Keratitis.
27
Es ist sicher anzunehmen, daß die Lepra im südlichen Europa
schon vor dem Einfall der Türken geiierrscht hat und von den
griechischen Inseln und Italien her im letzten Jahrhundert v. Chr.
in das alte Illyricum verschleppt wurde. Die vorwiegende Beteiligung
der mohammedanischen Rasse resp. Konfession an der Lepra, was
übrigens auf die Fälle in Montenegro nicht zutrifft, erklärt sich aus
den schlechten sanitären Verhältnissen, unter denen diese Bevölke-
rungsklasse steht, aus der seit langem bestehenden Inzucht und
demgemäß leichteren Zugänglichkeit für hereditäre und kontagiöse
Einflüsse.
Aerzte und Behörden werden der Lepra nunmehr größere Auf-
merksamkeit schenken müssen, zumal aus zahlreichen jüngeren Be-
richten hervorgeht, daß die Lepra in den letzten Jahreu in Europa
wieder in Zunahme begriffen ist, so daß kein größerer Staat desselben
ganz leprafrei ist. W. Kempner (Berlin).
Mnetze, Beitrag zur Kenntnis des Molluscum conta-
giosum der Lider. (Archiv für Augenheilkunde. Bd. XXXIII.
p. 302-310.)
Nach einer einleitenden Litteraturübersicht kommt Verf. auf
Grund dreier in der Marburger Universitäts-Augenklinik klinisch und
histologisch untersuchter Fälle zu folgenden Resultaten:
1) Das Molluscum contagiosum des Lides resp. Lidrandes ist
nicht selten die Ursache von Konjunktivalkatarrh.
2) Das Molluscum contagiosum ist ohne Zweifel übertragbar,
jedoch ist es bis jetzt noch nicht gelungen, die Natur des Konta-
giums mit Sicherheit festzustellen.
3) Die Molluskumkörpercheu sind als Zerfallsprodukte der durch
das Kontagium verursachten eigentümlichen Degeneration der Epithel-
zellen zu betrachten.
4) Die Degeneration beginnt im Protoplasma der Zelle selbst und
nicht im Zellkern. Schlaefke (Kassel).
v. Hippel, E., Ueber Keratitis parenchymatosa. Klinische
Untersuchungen, (v. Graefe’s Archiv für Ophthalmologie.
Bd. XLII. Abt. 2. p. 194—327.)
Aus Veranlassung eines Falles von Keratitis parenchymatosa,
dessen anatomische Untersuchung mit größter Wahrscheinlichkeit als
Ursache derselben eine endogene tuberkulöse Infektion ergab, unter-
nahm es Verf., an der Hand eines größeren klinischen Materiales
(87 Fälle) und unter ausgiebigster Benutzung der Litteratur (323
Nummern) von neuem die Aufmerksamkeit auf die Aetiologie dieser
Erkrankung zu lenken. Obwohl anfänglich die Lehre Hutchinson ’s,
daß jeder typische Fall von Keratitis parenchymatosa auf Lues beruhe,
lebhaften Widerspruch erfuhr, so verstummte letzterer im Laufe der
Jahre immer mehr, so daß in jüngster Zeit von den meisten Autoren
die hereditäre Lues in ausschließlicher Weise für jene Erkrankung
verantwortlich gemacht wird. Verf. kommt indessen auf Grund seiner
Untersuchungen zu einem wesentlich anderen Resultate, das er selbst
in folgende Schlußsätze zusammenfaßt:
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Keratitis.
1) Ein prinzipieller Unterschied zwischen klinisch primärer und
sekundärer Keratitis parencbymatosa besteht nicht. Ein anatomischer
Beweis dafür, daß bei der klinisch primären Keratitis parencbymatosa
die Hornhaut der einzige erkrankte Teil des Auges seiu kann, fehlt
bisher. Klinische, anatomische und experimentelle Thatsachen sprechen
dafür, daß die Keratitis, auch wo sie klinisch primär ist, die Teil-
erscheinung oder einfach die Folge eines im Uvealtractus verbreiteten
Krankheitsprozesses darstellt.
2) Die klinisch primäre Keratitis parencbymatosa hat, soweit wir
das Krankheitsbild bisher zu umgrenzen imstande sind, keine einheit-
liche Aetiologie.
3) Die hereditäre Syphilis ist mit größter Wahrscheinlichkeit als
das wichtigste und häufigste ätiologische Moment der Keratitis paren-
chymatosa zu bezeichnen. Lokale Verhältnisse werden das Prozent-
verhältnis beeinflussen.
4) Gegen die ausschließliche Bedeutung der Syphilis als ursäch-
liches Moment sprechen:
a) das Fehlen von sonstigen Anhaltspunkten für das Bestehen
hereditärer oder erworbener Sypihlis in 30 — 50 Proz. der Fälle;
b) das Vorkommen der Keratitis parenchymatosa bei Tieren;
c) der anatomische Nachweis, daß die Keratitis parenchymatosa
sehr wahrscheinlich auf tuberkulösen Infektionen des Auges beruhen
kaun;
d) die Thatsache, daß Erkrankungen des Uvealtractus auf ver-
schiedenen Ursachen beruhen können;
e) die Thatsache, daß auch Patienten in höherem Alter ohne
erworbene Syphilis au Keratitis parenchymatosa erkranken.
5) Die II utchi ns on’sche Zahnform scheint nicht bei der Mehr-
zahl der Fälle von Keratitis parenchymatosa vorzukommen. Ihr Vor-
handensein spricht mit Wahrscheinlichkeit, aber nicht mit Sicherheit
für das Bestehen hereditärer Syphilis.
6) Schwerhörigkeit bezw. Taubheit kann als beweisend für das
Bestehen hereditärer Syphilis nur daun angesehen werden, wenn es
sich handelt um eine meist akute, prognostisch ungünstige Gehöra-
störung mit subjektiven Gehörserscheinungen ohne otiatrischen Befund
oder um eine meist bei kleinen Kindern auftretende, völlig ohne sub-
jektive Beschwerden verlaufende Ohreiterung. Bei der Häufigkeit
tuberkulöser Otitis media ist die Angabe „Ohreiterung“ in diagnostischer
Hinsicht nicht zu verwerten.
7) In Verbindung mit Keratitis parencbymatosa kommen am
häufigsten am Knie, seltener am Ellenbogen, noch seltener an Hand,
Fuß, Kiefer Gelenkerkraokungen von sehr verschiedenem Charakter
vor (Schmerzen, Ergüsse, Tumor albus, eiterige Entzündungen), die
in einer Auzahl von Fällen bei sicher hereditär Syphilitischen auf-
treten, durch Jodkalium günstig beeinflußt und deshalb mit Recht als
syphilitische Gelenkerkraukung angesprocheu werden. Sie finden sieh
aber auch an Individuen, bei denen keine Syphilis, wohl aber tuber-
kulöse Belastung oder sonstige Tuberkulose nachweisbar ist. Es ist
daher einstweilen die Möglichkeit zuzulassen, daß die in Verbindung
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Keratitis.
29
mit Keratitis parenchymatosa auftretenden Gelenkerkrankungen unter
Umständen tuberkulöser Natur sind.
8) Der Nachweis, daß in einem gewissen Prozentsatz der Fälle
von Keratitis parenchymatosa bei Fehlen von Anzeichen für das Be-
stehen hereditärer Syphilis tuberkulöse Belastung oder Tuberkulose
anderer Körperstellen gefunden wurde, berechtigt in Verbindung mit
anatomischen Befunden zu der Annahme, daß sehr wahrscheinlich ein
Teil der Fälle von Keratitis pareuchymatosa seine Ursache in einer
tuberkulösen, relativ mild verlaufenden Infektion des Auges hat. ln
welchem Prozentverbältnis die Tuberkulose in der Aetiologie der
Keratitis parenchymatosa eine Rolle spielt, läßt sich noch nicht be-
urteilen.
9) Rheumatismus und Malaria scheinen in manchen Fällen von
ätiologischer Bedeutung zu sein, unsicher ist dies von Diabetes und
der Influenza.
10) Der Satz Hutchiuson’s: „Interstitielle Keratitis in ihrer
typischen Form ist immer eine Folge von Syphilis und genügt für
sich allein zur Sicherung der Diagnose“, kann deshalb nicht als zu-
treffend anerkannt werden, weil wirklich durchgreifende klinische
Unterscheidungsmerkmale der typischen und etwa nicht typischen
Keratitis parenchymatosa bisher fehlen.
a) Beschläge der Cornea sowie Synechieen kommen sowohl bei
der wahrscheinlich syphilitischen als der wahrscheinlich tuberkulösen
Form vor, ebenso das doppelseitige Auftreten wie die diffuse Trübung
der Hornhaut;
b) die nach Ablauf der Erkrankung zurückbleibenden tiefen
Hornhautgefäße von charakteristischer Form kommen bei der syphi-
litischen Keratitis sehr häufig, aber nicht absolut regelmäßig vor, sie
finden sich aber auch bei der wahrscheinlich tuberkulösen Form;
c) letzteres gilt auch für die manchmal vor dem Eintritt der
Hornhautentzündung, sehr oft, aber keineswegs regelmäßig nach Ab-
lauf derselben ophthalmoskopisch nachweisbaren äquatorialen chorio-
retiniti8chen Veränderungen ;
d) Knötchenbildungen in Iris, Kammerwinkel und Hornhaut im
Verlauf der Keratitis parenchymatosa scheinen sich zwar häufiger bei
der tuberkulösen Form zu finden, kommen aber auch in Fällen vor,
wo das Bestehen hereditärer Syphilis als sicher angenommen werden
muß. Zur sicheren Differentialdiagnose ist also auch dies Symptom
nicht verwendbar. Es ist die Möglichkeit zu beachten, daß auch bei
hereditär Syphilitischen das Auge tuberkulös erkranken kann.
11) Recidive sind bei der Keratitis parenchymatosa relativ häufig
(unter v. Hippel’s Fällen in 17 Proz.).
12) Die Therapie vermag, was die direkte Beeinflussung des
Augenleidens anlangt, nur verhältnismäßig wenig auszurichten ; eine Be-
urteilung ihrer Leistungen ist erschwert durch die verschiedene Schwere
der einzelnen Fälle sowie durch die Thatsache, daß die Mehrzahl der
Fälle auch ohne Behandlung zur Ausheilung kommt (v. Graefe).
a) Es giebt bisher keine Behandlungsmethode, die es verhindern
kann, daß während ihrer Auwendung das zweite Auge erkrankt;
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30
Cyjtitls.
b) wenn Syphilis nachweisbar ist, so ist, abgesehen von Gegen-
anzeigen, die antisyphilitische Behandlung aiu Platze, einerlei, ob die
Keratitis dadurch wesentlich beeinflußt wird oder nicht;
c) subkonjunktivale Injektionen können, wenn man sie überhaupt
machen will, nur als Unterstützung der Allgemeinbehandlung angesehen
werden ;
d) in einzelnen Fällen, bei denen Syphilis nicht nachweisbar ist,
scheint das Natr. salicyl. die Keratitis günstig zu beeinflussen;
e) um der Paracentese der vorderen Kammer, von der man
günstige Erfolge gesehen hat, einen wesentlich therapeutischen Wert
bei der Behandlung der Keratitis parenchymatosa zuzuschreiben, sind
die bekannt gemachten Erfahrungen zu spärlich;
f) der Iridektomie kann, falls sie anders als auf Grund aner-
kannter Indikationen bei der Keratitis parenchymatosa vorgenommen
wird, ein therapeutischer Wert auf Grund der vorliegenden Mitteilungen
nicht zuerkannt werden;
g) in gewissen seltenen Fällen, wo der Prozeß noch auf einen
kleinen Teil der Randzoue der Cornea beschränkt ist, kann unter
Umständen durch Exeision des erkrankten Gewebes das weitere Fort-
schreiten coupiert und rasche Heilung erzielt werden.
Schlaefke (Cassel).
Flnekclsteln, H., Ueber Cystitis im Säuglingsalter. [Ar-
beiten aus der Klinik für Kinderkrankheiten an der Universität
Berlin.] (Sonderabdruck aus dem Jahrbuch für Kinderheilkunde.
N. F. Bd. XLIII. Heft 1. p. 148—158.)
Selbständige, nicht durch schwere Leiden der Harnwege bedingte
Cystitiden sind nach der allgemeinen Anschauung im Kindesalter
nicht häufig. Verf. erwähnt in Kürze alle in der Litteratur bekannt
gewordenen Fälle derart. Diesen fügt er dann noch einen weiteren
von ihm selbst beobachteten hinzu, der durch das Bacterium coli
commune hervorgerufen war.
In überraschender Häufigkeit und Verbreitung hingegen fand
Finckelstein mehr oder weniger schwere Katarrhe der Blase im
Anschluß an eine Reihe ernster Allgemeinerkrankungen der Säug-
linge. Aus einer großen Anzahl derartiger Beobachtungen führt Verf.
eine größere Reihe von Krankengeschichten an.
In 7 Fällen, welche alle durch ausnahmsweise große Schwere
der Erkrankung ausgezeichnet waren, konnte als Erreger der Cysti-
tiden das Bacterium coli gefunden werden. Verf. fand daneben
im ersten Stadium ganz geringen Eiweißgehalt des Urins, das Sedi-
ment enthält gewöhnlich spärliche Epithelien und Eiterkörperchen.
Die Bakterien pflegen in charakteristischen Konglomeraten aufzu-
treten. Eiweiß- und Zellengehalt nehmen in den nächsten Tagen zu,
so daß in den extremen Fällen ein molkiges, trübgelbes, eiteriges
Exkret geliefert werden kann. Die Reaktion des Urins ist dabei
stets sauer. An der Leiche ist die Blasenschleimhaut mehr oder
weniger geschwollen, zuweilen mit Blutpunkten gesprenkelt. In
27 Fällen dieser katarrhalischen Cystitis wurde Bacterium coli
commune gefunden und einmal ein großes, dem Bacillus sub-
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Maul- und Klauenseuche.
31
tilis ähnliches Stäbchen. Außer diesen Fällen von katarrhalischer
Cystitis wird noch ein Fall von diphtheroider Entzündung mit-
geteilt.
Es fragte sich nun, auf welchem Wege die Bakterien in die
Blase gelangten; drei Möglichkeiten waren hier denkbar. Einmal
konnte der Blutstrom die Rolle des Vermittlers spielen; Blutunter-
suchungeu sprechen hiergegen. Dann konnten die Keime durch das
interponierte Zellgewebssystem und die Wand vom Mastdarm aus in
die Blase dringen. Auch dieser Weg ist der unwahrscheinlichere.
Das Moment, daß die Erkrankungen fast stets kleine Mädchen betraf,
lenkte die Aufmerksamkeit auf die Vagina und die durch die anato-
mische Beschaffenheit der weiblichen Harnröhre bedingten Infektions-
möglichkeiten. Es muß in der Mehrzahl der Fülle in der Kürze
der Urethra und dem mangelhaften Verschluß der Blase die Ursache
für die Infektionsmöglichkeit der Blase gesucht werden. Unser
therapeutisch-prophylaktisches Handeln wird diese Möglichkeit stets
im Auge zu behalten und zu berücksichtigen haben.
0. Voges (Berlin).
Behla, Kobert, Künstliche Uebertragungen der Maul-
und Klauenseuche auf Schafe. (Berl. tierärztliche Wochen-
schrift. 1896. S. 389 ff.)
Die Anschauung der praktischen Landwirte, daß die Maul- und
Klauenseuche der Rinder und Schweine auch auf Schafe übertragbar
sei, ist in tierärztlichen Kreisen besonders auf Grund der Einsprachen
von Jacobi und Jenisch auf Zweifel gestoßen, und es bedurfte erst
der Arbeiten verschiedener Autoren wie Schmey, Jüngers,
Schräder, Georges (vergl. die früheren Referate in dieser Zeit-
schrift), um die Unumstößlichkeit dieser Regel nachzuweisen.
In seiner ungemein anregenden und interessanten Arbeit geht
der Verf. zunächst auf die obige Frage ein und schafft einige recht
schwerwiegende Bausteine herbei, um den Fundamentalsatz von der
Uebertragbarkeit der Aphthenseuche auf Schafe zu stützen. Wir
dürfen uns hier wohl versagen auf die einzelnen Beispiele näher
einzugehen, das mag der Interessent am besten im Original lesen.
Wichtiger ist, daß es dem Verf. auch gelungen ist, experimentell am
Lamm die Maul- und Klauenseuche in durchaus typischer Weise
durch Einwischen frischen infektiösen Geifers und frischer Blasenlymphe
zu erzeugen. Nach 3-tägiger Inkubation trat Fieber auf, gleichzeitig
Klauenaöektion und Bläschen an Oberlippe und Zunge. Auch Piana
und Fiorentini (conf. diese Zeitschrift. Bd. XVII. p. 450) konnten
schon das nämliche Experiment mit demselben Erfolg machen.
Wichtig erscheinen die Angaben Behla’s über die Aetiologie der
Aphthenseuche, auch er machte ähnliche Beobachtungen, wie die eben
erwähnten beiden italienischen Forscher in ihrer oben zitierten Arbeit
mitteilen konnten. Bei der Wichtigkeit des Gegenstandes und dem
weiteren Interesse, welches die Maul- und Klauenseuche augenblicklich
in unserem ganzen Deutschen Reiche beansprucht, erscheint es uns
nicht unwichtig, die Beschreibung der Behla’schen Körperchen
(Protozoön?) im Wortlaut anzuführen. Behla sagt: „Nach meinen
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32
Maul- und Klauenseuche.
neueren Untersuchungen des Blutes, der Lymphe, des Geifers etc. im
frischen Zustande, nach Weiterbeobachten der Lebewesen in bei
Körpertemperatur gehaltener Blasenlymphe außerhalb des Körpers,
nach Aussäen von langsam getrocknetem AnsteckungBinaterial in
filtrierten und sterilisierten Maulschleim von gesunden Kühen bei
37° C etc. habe ich mir von dem Erreger der Aphthenseuche folgende
Ansicht gebildet.
Man trifft im cirkulierenden Blut vor und zur Zeit der Bläschen-
bildung, im Blaseuexsudat, in Epithelzellen, in dem benachbarten
Corium etc. kleine Körperchen entweder als Hyalinkügelchen von
— 2 ft Durchmesser und stärkerem Lichtbrechungsvermögen oder
als größere Gebilde mit einem oder mehreren lichtbrechenden Körnchen
oder solche mit einem hellen Kern und mehreren Hyalinkörnchen.
Diese Organismen siud zum Teil rundlich und oval und zeigen zu-
weilen bei Körpertemperatur amöboide Bewegungen und mannigfache
Gestaltsveränderungen. Nach meiner Meinung sind alle diese Körperchen
nur Stadien der Entwickelung eines und desselben Mikroorganismus.
Die kleinsten Kügelchen repräsentieren die junge Brut, sie wachsen
heran, körnen sich, erhalten einen Kern und reifen schließlich zu be-
schälten Fortpflanzungskörpern aus, in mehrere Keime zerfallend.
Ich habe mehrfach solche größeren Gebilde mit regellos darin ge-
legenen Keimen sich auseinanderlösen sehen. Mit dem Freiwerden
der jüngsten Keime beginnt der Entwickelungscyklus von Neuem.
Die verschiedenen Stadien der Entwickelung laufen zeitweise durch-
einander, man wird daher niemals in der Lymphe oder anderen
Medien diese Organismen von gleicher Größe sehen.
Diese Lebewesen sterben außerhalb des Körpers nicht sogleich
ab, auch nicht im trockenen Medium. Sie keimen wieder auf, wenn
sie in passende Ernährungsflüssigkeiten, günstige Existenzbedingungen
und der Körpertemperatur ausgesetzt werden. Ich betonte schon
früher die Anwendung von mehr den natürlichen Verhältnissen ent-
sprechenden Nährböden. Die Organismen scheiden, sich abrundend,
bei nicht passenden Lebensbedingungen eine widerstandsfähige Hülle
aus. Wie lange Blasenlymphe im flüssigeu Zustande keimfähig bleibt,
darüber giebt es keine genaueren Untersuchungen.“
Fiorentini und Piana konnten noch mit in Glycerin konser-
vierter Lymphe nach 42 Tagen Aphthenseuche erzeugen.
Die Ansicht, daß die im Blute cirkulierenden Hyalinkügelchen
Hämoglobintröpfchen, die sonst in Frage stehenden Gebilde leuko-
cytäre Dinge, Degenerationsprodukte von Zellen und Zellkernen seien,
sucht Verf. durch die an der Kaninchencornea beobachteten Wachstums-
und Teilungserscheinungen zu entkräften.
Bakterien irgend welcher Art als Erreger der Maul- und Klauen-
seuche anschuldigen zu wollen, hält Verf. und wohl mit Recht für
nicht berechtigt, wenigstens genügen alle bisher gezüchteten und als
Erreger angesprochenen Bakterien nicht den Anforderungen, die man
an das Kontagiura der Aphthenseuche stellen muß.
Zum Schluß dieser interessanten Mitteilungen macht Verf. auf
die Verwecbslungsmöglichkeiten zwischen Maul- und Klauenseuche der
Schafe und Moderhinke derselben aufmerksam. Sollte hier die Diffe-
Malaria. — Trichophytie.
33
rentialdiagnose einmal nicht gelingen, so räth Verf. ein Kalb zu
opfern. Durch Einsetzen desselben in die Schafherde und Aussetzen
der Infektionsgefahr wird man binnen kurzem die gewünschte Auf-
klärung bekommen. Der eventuelle Verlust des Kalbes erscheint
geringfügig gegenüber der Gefahr eines weiteren Ausbruches der
Aphthenseuche unter der Rinderherde.
Bei der Wichtigkeit des Gegenstandes haben wir geglaubt, die
vorstehenden Ausführungen Behla’s etwas ausführlicher geben zu
sollen. Das Problem scheint spielend gelöst, aber wenn wir dem
Verf. auch wünschen möchten, daß seine Angaben in allen Stücken
richtig wären, so bedürfen sie in Rücksicht auf die Schwierigkeit der
Bearbeitung dieses Stoffes und der Deutung der Materie doch noch
vielseitigster Bestätigung von anderer Seite, sowie möglichst ausge-
dehnter Kontrollexperimente. Möchten die Ausführungen Behla’s
möglichst viele Forscher zu Studien über die Aetiologie der Maul-
und Klauenseuche anregen. An Beobachtungsmaterial fehlt es ja bei
der leider ganz enorm zunehmenden Seuche nicht. Und vielleicht
bilden diese Befunde auch den Schlüssel zu Studien bei anderen
bislang mehr oder weniger unerforschten Infektionskrankheiten wie
Pocken, Syphilis u. a. m. 0. Voges (Berlin).
Coronado, £., V., Laverdncas en las aquas del Cerro.
(Crönica med.-quir. de la Habana. 1896. No. 9.)
Im Wasser und Schlamme des offenen Grabens, der den „El
Cerro“ genannten Teil der Stadt Havana in verschiedenen Richtungen
durchkreuzt, hat Verf. neben den gewöhnlichen Infusorien und einigen
saprophyten Bakterien auch zahlreiche Laveraneeu in allen Knt-
wickelungsstufen, kleinste hyaline Kügelchen mit roten Körnern, größere,
8 — 10 ft dicke Kugeln in lebhafter Bewegung und mit eben ausge-
kapselten Flagellen behaftet, sowie freie Geißelkörperchen, gefunden.
Kulturversuche mit Malariablut in diesem Wasser gelangen voll-
kommen, nur fiel es Verf. auf, daß die volle Entwickelung 4—5 Tage
in Anspruch nahm, während dieselbe an seinem früheren Wohnorte
Vuelta Abajo in 48 Stunden vollendet war. Alle im Laboratorium
anwesenden Kollegen, auch die Mitglieder der Gelbfieberkommission,
konnten sich von der morphologischen Identität der gezüchteten und
der im Blute kreisenden Plasmodienformen überzeugen. Verf. kon-
statiert noch, daß es auch dem Kollegen A. Echevarria in Guatemala
gelungen ist, in dortigem Sumpfwasser die Laveranea zu züchten.
Uebrigens werden die Untersuchungen über die Aetiologie der Malaria im
Laboratorium zu Havana mit um so größerem Eifer fortgesetzt, als
man sich nun auf dem richtigen Wege weiß.
Sentifion (Barcelona).
Rosenbacli, Ueber die tiefen und eiternden Triehophy ton-
erkrankungen und deren Krankheitserreger. (Monats-
schrift f. prakt. Dermat. Bd. XXIII. No. 4.)
Wie Rosenbach vorausschickt, soerstrecken sich seine Unter-
suchungen besonders auf die tiefen und eiternden Trichophytien und zum
Vergleich auf die oberflächlichen Herpes Circinatus-Fälle. Als Nähr-
rnt. Abt. XXI. Bd. 3
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34
Trichophytie.
medium verwendet Rosenbach zur Anlage von Kulturen gewöhn-
liches Bouillonpeptonagar und später, um die Verschiedenheiten der
Tr ich op by ton reinkulturen deutlich zu zeigen, Scheiben gekochter
Kartoffeln und Maltosepeptonagar. Trotz Sabouraud glaubt er,
daß Kartoffeln besonders geeignet sind, Verschiedenheiten hervortreten
zu lassen.
Bei tieferen Trichophytien ist die Reinzüchtung meistens nicht
schwer, da nach Sterilisation der Haut aus den herausgezogenen
Haarstümpfen auf dem Nährboden (bei 20—22°) meist nur ein Pilz
zu wachsen schien ; sonst wurde von dem ersparten Rande der Kultur
neu auf andere Kartoffeln übertragen und damit ein sicheres Resultat
erzielt. Viel schwieriger ist die makroskopische und mikroskopische
Untersuchung und Beobachtung der einzelnen Arten. Besonders
wichtig war die mikroskopische Beobachtung der Pilze besonders des
Mycels resp. der Fruktifikationsorgane.
Die Pilzverzweigungen im Nährboden mikroskopisch beobachtet
geben nur wenig Anhaltspunkte zur Differenzierung. Bessere Cha-
rakteristica für die Pilze geben das Luftmycel und die Luftfrüchte
der Pilze und zwar leistet hier die Untersuchung der frischen
Deckglaskulturen das meiste. Die Größe und Gestalt der Sporen, ihre
Verbindung mit den Hyphen, die Verschiedenheit der Traubenbildung
ist durch frisch angefertigte Photogramme möglich. In reinen Photo-
grammen hat Rosenbach Spiudeln an Stelle von Luftsporen und
als Fortsetzungen Trauben gesehen ; doch sind die Spindeln nicht
immer endständig, sondern an eine Spindel reiht sich eine andere
oder sie teilt sich wirklich wie ein Mycelfaden.
Von Interesse sind die Veränderungen, die Rosen bach bei zu
großer Wärme bei reinen, bei 20° schlank gewachsenen Mycelfaden
konstatieren konnte; es fanden sich statt der schlanken Ketten bei
einer Temperatur von 37,5 ° durcheinanderliegende Rechtecke und
Kugeln, die oft feine gewundene Keimfäden aussandten; auch im Körper
wachsen oft die T r i c h p h y t o n pilze in Ketten dicker Mycelsporen aus.
Die Lebensdauer der Trichophyto n kulturen fand Rosenbach auf
2 — 3 Monate in Proberöhrchen beschränkt, während die einge-
trockneten Reinkulturen auf Kartoffelscheiben noch uach 3 Jahren
leicht auf Närböden angehen und ein rapides Wachstum zeigen.
Bei Inokulationen eines durch viele Generationen gezüchteten
Pilzes erzielte Rosenbach eine tiefe Sykosis beim Menschen, die
erst nach Jahresfrist gebildet war; aus den Knoten konnte er den-
selben Pilz in Reinkultur erlangen.
Rosenbach hat eine Uebereinstimmung mit Sabouraud und
M i belli gefunden, daß derselbe Pilze bald eine oberflächlichen Herpes
tonsurans, bald eine tiefeiternde Form von Sykosis erzeugen kann ; der
Trichophy tonpilz ist Eitererreger genug, um tiefe Abscesse hervorzu-
rufen; auch aus dem Eiter der gezogenen Trichophytonabscesse
hat Rosenbach nun iu Reinkulturen den Tr ichophy to npilz
erhalten.
Der Sabouraud 'sehen Ansicht, daß alle diese tiefen Infektionen
besonders von Pilzen, die durch Tiere eingeschleppt sind, herkommen,
kannsich Rosen bach nicht so leicht anschließen ; er glaubt vielmehr.
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Tierische Parasiten.
35
daß durch Ställe, Geschirr, Wagen und Personal eine sehr leichte
Yerbreitungsmöglichkeit oiner einmal bestehenden Infektion gegeben
ist. Lasch (Breslau).
Adensamer, Th, Ueber Ascodipteron phyl lorhinae (n. g.,
u. sp.), eine eigentümliche Pupiparenform. (Sitzungsber.
d. Kais. Akad. d. Wies. Wien. Math.-naturw. Kl. Bd. CV. Abt I.
p. 400—416. Taf. I— II.)
Auf einer nicht näher bestimmten Phyllorhina aus Java hat
Adensamer einen höchst eigenartigen Parasiten gefunden, dessen
Zugehörigkeit zu den Pupiparen vor allem aus dem Bau der weib-
lichen Geschlechtsorgane hervorgeht (geringe Zahl der Eiröhren mit
stark entwickelter Tuuica musculosa, als Fruchtbehälter dienender
erweiterter Scheidenteil, kolossale Anhangsdrüsen). Das Tier, welches
keine Segmentierung zeigt, ist flaschenförmig und mit dem aufge-
triebenen Körperabschnitt in die Haut seines Wirtes eingebohrt. Nur
das kurze, kuopfartige Hinterende, welches außer dem After und der
Geschlechtsöffnung , wie bei Melophagus -Larven, drei Stigmen-
paare trägt, ragt frei nach außen hervor. Am Vorderende führt eine
Oeffnung in ein geräumiges Atrium, in welchem Kopf und Thorax
eingezogen liegen. Die Mundteile konnten nicht genauer untersucht
werden, da das harte Chitin beim Schneiden des einzigen Exemplares
sprang; sie scheinen sich jedoch, namentlich was den Rüssel an-
betrifft, denjenigen der anderen Pupiparen eng anzuschließen. Auch
die Antenne verhält sich ähnlich wie bei diesen; ob sie auch nur
aus zwei Gliedern besteht, ist jedoch nicht angegeben. An dem un-
segmeutierten Thorax wurden zwei Paar rudimentärer dreigliederiger
Extremitäten gesehen. Augen sind nicht vorhanden, doch werden
zwei Nerven als Optici gedeutet. Der weibliche Geschlechtsapparat
zeigt vielfache Uebereinstimmung mit demjenigen von Melophagus
ovinus. Abweichend ist die Asymmetrie der Ovarien, von welchen
das rechte aus zwei Eiröhren besteht, das linke aus drei. Von An-
hangsdrüsen ist nur ein Paar vorhanden (wie bei Braula coeca),
das als rudimentär aufzufassende obere Drttsenpaar von Melophagus
fehlt. Dagegen kommt im Gegensatz zu der Schaflausfliege ein Re-
ceptaculum seminis zur Entwickelung.
Die genauere Einreihung des Ascodipteron in das System
wird sich erst vornehmen lassen, wenn das (wahrscheinlich frei be-
wegliche) Männchen wird aufgefunden sein.
M. Lühe (Königsberg i. Pr.).
Soagllosl, G., Geber einen seltenen Ausgang der von der
Taenia botrioplitis im Huhndarm he rbei gef üh r t en
Verletzungen. [Aus dem path.-anatomischen Institut zu Palermo.]
(Virchow’s Archiv f. patb. Anat. Bd. CXLV. Heft 3.)
Taenia botrioplitis ist eine von Piana entdeckte Taenia
von 50 — 200 mm Länge, mit Kopfanschwellung, Hackeukranz, rund-
lichen Saugnäpfen, ungegliedertem Hals, gegliedertem Leib und Ge-
schlechtsorganen in jeder Proglottis.
s*
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36
UntersuchungsmethodeD, Instrumente etc.
Scagliosi fand diese Tänie in zahlreichen submiliaren Knöt-
chen der Serosa eines Huhnes, der Kopf der Tiere steckte in diesen
Knötchen.
Die mikroskopische Untersuchung zeigte in der Umgebung der
Tänien eine Nekrose aller Darmschichten, daneben kleinzellige Infil-
tration und Riesenzellbildung. Andere Knötchen, die keine Würmer
enthielten, ließen eine Art Sequestration durch gewuchertes Binde-
gewebe erkennen, wodurch die nekrotischen Massen nach außen ge-
schoben waren und an der äußeren Darmwand mit einem Stiel zu
hängen kamen. G. Kicker (Halle).
Stiles, W. and Ilassall, A., Tapeworms of Poultry. (U. S.
Department of Agriculture, Bulletin No. 12. 1896.)
Die ziemlich umfangreiche Arbeit zerfällt in zwei Teile. Der
erste ist von W. Stiles verfaßt und führt den Titel: „Report upon
the present knowledge of the tapeworms of poultry“.
Der Verf. behandelt zuerst die Lebensgeschichte der Vogel-
cestoden, die Symptome und den Verlauf der von Bandwürmern
hervorgerufenen Krankheiten des Geflügels, die Verhütung und die
Behandlung derselben. Hierauf folgt eine Klassifikation der Geflügel-
cestoden.
Die Bandwürmer unseres Geflügels lassen sich in zwei Familien, in
die der Taenia und die der Bothryocephalidae, unterbringen.
Von den Tänien sind die Repräsentanten der Unterfamilie Dip y-
lidiinae weitaus am zahlreichsten vertreten.
Verhältnißmäßig sehr selten sind die Bothryocephalen, als
Parasiten der domestizierten Vögel führt der Verf. nur einige wenige
Arten derselben an.
Zur Erleichterung im Bestimmen ist der Arbeit eine analytische
Tabelle der Familien und Genera eingefügt.
Der zweite Teil der Arbeit ist von A. Hassall verfaßt. F.r
ist betitelt: „Bibliography of the tapeworms of poultry“ und enthält
eine Zusammenstellung der bis jetzt erschienenen Litteratur über
Cestoden des Geflügels. E. Riggenbach (Basel).
Untersuchungsmethoden, Instrumente etc.
Lelstikow, Versuche zur Gewinnung von Lungenseuchen-
lymphe durch Impfung von Kälbern. (Archiv für wissen-
schaftliche u. praktische Tierheilkunde. Bd. XXII. Heft 1 u. 2.)
L. machte Versuche, um durch Impfung von Kälbern Lungen-
seuchenlymphe zu gewinnen. Es wurde in der Art verfahren, daß
bei Kälbern im Alter von 3—4 Monaten (jüngere scheinen eine ge-
ringere Empfänglichkeit zu haben) hinter der Schulter unter streng
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Untersucht! og&methoden, Instrumente etc. — Schutzimpfung etc.
37
antiseptischen Bedingungen eine Injektion von 1 ccm Serum aus den
Lungen von seuchekranken Rindern (Primärlymphe) gemacht wurde.
Bei befriedigender Reaktion wurde das Kalb getötet und die
gelbliche, fast klare Flüssigkeit, welche sich in der Unterhaut nach
deren Oeffnung allmählich ansammelte, ausgeschöpft und in sterile
Fläschchen gefüllt. Ein Teil wurde mit Glycerin versetzt, ein anderer
Teil in einem kalten Raume ohne Zusatz aufbewahrt. Von einem
Kalbe wurden 175 ccm Lymphe gewonnen, obgleich ein ziemlich
großer Teil verloren ging. Es gelang mit dieser Lymphe, eine
6 Monate alte Färse gegen die Impfung mit virulentem Serum aus
den Lungen einer hochgradig lungenseuchekranken Kuh zu schützen.
L. glaubt annehmen zu können, daß das Tier ebenso auch Im-
munität gegen die natürliche Ansteckung angenommen hat. Auch
die von anderer Seite angestellten Versuche mit der Lymphe haben
zu positiven Ergebnissen geführt. Verf. schließt aus seinen Ver-
suchen :
1) Durch Einspritzung von Lymphe aus den Lungen seuche-
kranker Rinder in die Unterhaut von Kälbern entsteht ein phlegmo-
nöser Prozeß. Aus der Unterhaut der getöteten Tiere läßt sich eine
verimpfbare Flüssigkeit gewinnen.
2) Nach Verimpfung dieser Flüssigkeit (Kälberlymphe) erfolgt
bei Rindern eine gleiche Reaktion, wie nach Verimpfung der aus den
Lungen lungenseuchekranker Tiere entnommener Lymphe.
3) Es ist mit ausreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß
die Impfung mit Kälberlymphe den geimpften Rindern in derselben
Weise Schutzkraft gegen die natürliche Ansteckung durch Lungen-
seuche verleiht, wie dies für die Impfung mit Lungenlymphe nach-
gewiesen ist. Deupser (Deutsch-Lissa).
Schutzimpfung, künstliche Infektionskrankheiten, Entwick-
lungshemmung und Vernichtung der Bakterien etc.
Bose et Delezenne, De l’immunitd confdrdepar quelques
substances anticoagul antes. (Comptes rendus. 1896.
No. 13.)
Achard et Bensande, Sur la prösence de la propri6td ag-
glutinante dans le plasma sanguin et divers liquides
de P organ is me. (Loc. cit.)
Angeregt durch die Beobachtung, daß sich in dem durch Zusatz
von Blutegelextrakt vor Gerinnung geschützten Blut die Leukocyten
länger lebend erhalten, versuchten die erstgenannten Autoren als
Anhänger der Phagocytenlehre festzustellen, ob mit dieser günstigen
Beeinflussung der Leukocyten nicht auch die baktericide Kraft des
so veränderten Blutes — außerhalb und innerhalb des Tierkörpers —
erhöht werde. Zum Theil war durch die Arbeiten von Freund und
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3g SchutzimpiuDg, küostl. Infektionäkr&nkheitcu, Entwickeluogshemmang etc.
Gross für Histon und Nucleohiston bekannt, daß sich durch dieselben
eine gewisse Immunität (wohl besser nach Issaöff erhöhte Resistenz.
Ref.) erreichen lasse. Zur Feststellung dieser Verhältnisse spritzten
Bose und D eie zen ne Tieren soviel Blutegelextrakt ein, als nötig war,
die Gerinnung des Blutes außerhalb des Körpers aufzuheben. Sie
konnten in vitro eine erhöhte baktericide Wirkung des Blutes gegen-
über dem Bact, coli beobachten, und zwar war diese in der Plasma-
schicht, welche sich auf dem im Glase stehenden Blute absetzt, stärker
ausgesprochen, als im Blut in toto, weil, wie die Verff. glaubten, diese
Schicht besonders reich an Leukocyten ist.
Es gelang ihnen auch, Hunde durch Injektion genügender Mengen
Blutegelextrakt gegen die sonst tödliche Dosis vou Bact. coli oder
Streptokokken zu schützen.
Die an zweiter Stelle angeführten Mitteilungen enthalten eine
experimentelle Kritik der Hypothese, daß die spezifisch agglutinie-
rende Wirkung des Blutserums nach gewissen Infektionskrankheiten
von den Leukocyten ausgehe. Die Autoren schützten das Blut vou
Typhusrckonvalescenten, welche die spezifische Reaktion ergab, durch
Zusatz von Blutegelextrakt gegen die Gerinnung. Dieses Blut fil-
trierten sie durch Watte, die sie nach Beendigung der Filtration aus-
preßten; in der so resultierenden Flüssigkeit, die3000 Leukocyten auf 6000
reine Blutkörperchen pro qinm enthielt, war die agglutinierende Wirkung
durchaus nicht stärker ausgeprägt, als in dem Filtrat. Daß die ag-
glutinierende Wirkung nicht au die Leukocyten gebunden ist, geht
weiterhin durch die Beobachtung der spezifischen Reaktion in leuko-
cytenfreien Flüssigkeiten — Thränen und Inhalt der Coccidicnknotea
bei Kauiuchen — hervor. Vagedes (Berlin).
v. Sicherer, 0., Chemotaxis der Warmblüter-Leuko-
cyten außerhalb des Körpers. [Aus dem hygienischen In-
stitut der Universität München.] (Münchener med. Wochenschrift.
1890. No. 4L)
Bisher wurden die Versuche über die Chemotaxis der Leukocyten
hauptsächlich am lebenden Tier angcstellt. Gegen die Deutung der-
artiger Versuche wurde von verschiedenen Seiten angeführt, daß jeder
chemische Reiz nicht auf die Leukocyten, sondern auf die Gefäße
wirkt und dort eine vaskuläre, entzündliche Reaktion hervorruft. Um
jeden Einfluß auf die Blutgefäße vollständig auszuschalten, prüfte
Verf. außerhalb des Körpers der Tiere die Einwirkung der an-
lockenden Stoffe auf die Leukocyten. Durch Injektion von Alcuronat-
emulsion in die Pleurahöhle von Kaninchen wurden sterile leukocyten-
reiche Pleuraexsudate gewonnen. 18 — 20 Stunden nach der Injektion
wurden diese Exsudate der Pleurahöhle entnommen und in weite
Proberöhren gefüllt, wo sie eine 2 — 3 cm hohe Schicht bildeten.
Dann wurden 8 — 9 Glaskapillaren, die mit verschiedenen Flüssigkeiten
gefüllt und am obereren Ende zugeschmolzeu waren, mit ihrem nach
unten oflenen Ende ungefähr I cm unter das Niveau dieser leukocyten-
reichen Flüssigkeit hereingesenkt. Nach 6 Stunden bei 37 0 wurden
die Glaskapillareu herausgenommen und makroskopisch sowohl wie
mikroskopisch untersucht. Von den zur Untersuchung gekommenen
Digitized by Google!
Schutzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungsfcemmang etc. 39
Substanzen wirkten am stärksten chemotaktisch glycerinhaltiges Hcfe-
extrakt, sowie abgetötete Bierhefezellen. Stark wirkten außerdem ab-
getötete Kulturen von Typhusbacillen, Bakterienprotein des Pyo-
cyaneus, Glutencaselo, Alkalialbuminat, abgetötete Kultur des Pyo-
cyaneus, weniger stark lebende Typhuskulturen, reines Glycerin,
zimmtsaures Natron. Bei Peptonlösung war eine sehr geringe und bei
physiologischer Kochsalzlösung, Milchsäure (1 Proz.), Kupfersulfat
(1 Proz.), Sublimat (0,1 und 0,01 Proz.), Weinsäure (1 Proz.), Koch-
salz (3 Proz.) und Humor aqueus gar keine chemotaktische Wirkung
zu beobachten. Dieudonnö (Berlin).
Powell, A., Results of M. Haffkine’s anticholera ino-
culations. (The Lancet. 1896. July 18.)
Verf. berichtet über die von ihm in Verbindung mit Haffkine
unter der Arbeiterbevöllkerung der indischen Theepflanzungen vor-
genommenen Choleraimpfungen. Der Erfolg war, daß unter 2730 Ge-
impften nur 8 Cholerafälle auftraten, von denen 3 tödlich verliefen,
während von 3149 Ungeimpften 90 erkrankten und 55 starben. In
einer zweiten Tabelle stellt Verf. seine eigenen Zahlen mit den von
4 anderen Beobachtern zusammen, wonach dann unter 3544 Geimpften
26 Ansteckungen mit 19 Todesfällen vorkamen, während von 4019
Dngeimpften 201 ergriffen wurden und 147 starben; die Sterblichkeit
war also nahezu dieselbe. In einer dritten Tabelle werden die
Impfungen mit kleiner Dosis verzeichnet, wo dann unter 2088 so Ge-
impfter 40 Erkrankungs- und 10 Todenfälle vorkamen, gegen 182
Erkrankungs- und 120 Todesfälle unter 6914 Ungeimpften.
Verf. zieht aus allen seinen Zusammenstellungen den Schluß, daß
auch die größten bisher gebrauchten Dosen keine vollständige Im-
munität verleihen, jedoch ein bedeutender Grad davon zustande
kommt, wenn die Impfung deutliche Fieberreaktion hervorruft, während
kleinere Dosen gar keinen oder nur sehr kurzen Schutz geben.
Sentifion (Barcelona).
Strebei, M., Die Schutzimpfungen gegen den Rausch-
brand. Statistik über die Schutzimpfungen undderen
Resultate. (6. internst, tierärztl. Kongreß. Bern 1895. Berichte
und Verhandlungen. 1896. p. 415 — 443.)
Aus dem Vortrage und den statistischen Daten folgt:
1) Die zweimalige subkutane Einverleibung des durch starke
Erhitzung abgeschwächten Rauschbrandvirus vermindert in sehr er-
heblicher Weise die Empfänglichkeit des Rinderorganismus für den
Krankheitserreger. Den statistischen Daten zufolge vermindert die
Schutzimpfung die Rauschbrandfälle um wenigstens 80 Proz. Es
bildet somit die Impfung des Jungviehes mit richtig abgeschwächtem
Rauschbrandvirus ein sehr wertvolles prophylaktisches Mittel
gegen den Rauschbrand.
2) Die doppelte, in bestimmtem Zeitabschnitte stattfindende
Impfung mit abgestuften Impfstoffen erwies sich als besser immuni-
sierend und zugleich für die Impfung gefahrloser, wie die nur ein-
malige Impfung mit stark virulentem Impfstoff.
Digitized by Google
40 Schutzimpfung, kttnstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmung etc.
3) Die durch die Impfung am Schwänze erzeugte Prozentzahl
der Rauschbrandfälle ist etwas kleiner, als jene bei der Impfung in
der Schultergegend.
4) Die Impfung am Schwänze mit Berner Impfstoff hat eine
viermal höhere Prozentzahl Impfrauschbrandfälle erzeugt, als jene
mit Lyoner Impfstoff.
5) Die sofortige Verimpfung des Kitt’schen in strömendem
Wasserdampfe bereiteten Impfstoffes, der an Virulenz dem II. Impf-
stoff von Arloing und Cornevin gleichkommen soll, hat eine ver-
hältnismäßig hohe Impfrauschbrandzahl zur Folge gehabt. Ueberdies
war auch der Prozentsatz der spontanen Rauschbrandfälle bei den
Impflingen ein merklich höherer, als jener bei der doppelten Impfung
am Schwänze und bei derjenigen an der Schultergegend.
6) Der Erfolg der mit Kitt’schem Reinkulturen-Impfstoff vor-
genommeuen einmaligen Impfungen hinter der Schulter war kein
günstiger. Sowohl der Prozentsatz der Impfrauschbrandfälle, als der
spontanen Krankheitsfälle bei den Impflingen war ein hoher. Der
Gesamtmißerfolg übersteigt das dreifache des Verlustprozeutes bei
der doppelten Impfung mit Lyoner Impfstoff' am Schwänze und in
der Schultergegend. Es wäre aber voreilig, schon jetzt den Stab
über den Wert dieser Impfmethode zu brechen.
E. Roth (Halle a. S.).
Pourtaltf, Die Impfung zu Schutz- und Heilzwecken
gegen die Wut. (6. internat. tierärztl. Kongreß. Bern 1895.
— Berichte und Verhandlungen. 1896. p. 445 —451.)
Vcrf. faßt seine Ergebnisse in folgende Schlußsätze zusammen:
1) Das Wutgift zeigt eine verschiedene Iutensität, welche aus
der Dauer des Inkubatioiisstadiums erkannt werden kann; ohne
Rücksicht darauf verliert es seine Virulenz vollständig durch mehr-
fache Uebertragungen auf Ziegen.
2) Es scheint aus den bis jetzt gemachten Versuchsreihen her-
vorzugehen, daß die Nervensubstanz und gewisse organische Flüssig-
keiten (Serum) sich als Impfstoff eignen, um die Tiere gegen die
Wut zu immunisieren. E. Roth (Halle a. S.).
Martin, A. J., La prophylaxie sanitaire ä Paris. (Revue
d’ Hygiene. 1896. p. 99.)
Martin schildert die in Paris gegen die Verbreitung der In-
fektionskrankheiten getroffenen Maßnahmen. Anzeigepflicht der
Aerzte besteht für: Typhus abdominalis und exauthematicus, Variola,
und Variolois, Scariatina, Diphtherie, Miliaria, Cholera und ähnliche
Erkrankungen, Puerperalinfektionen, Ophthalmia neonatorum, Pest,
Gelbfieber, epidemische Dysenterie. Es hat sich herausgestellt, daß
nur die tödlich verlaufenden Fälle durchweg, die anderen nur zum
Teil gemeldet werden.
Zwecks Unterdrückung der Pocken sind umfassende
Impfeinrichtungen getroffen worden. Sobald ein Pockenfall, von dem
aus Weiterverbreitung der Infektion zu befürchten ist, der Inspection
g6n6rale de 1’ assainissement gemeldet worden ist, giebt diese sofort
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Schutzimpfung, kflnstl. Infektionskrankheiten, Entvrickcluogshemmung etc. 41
telephonisch dem Impfinstitut von Chambon und Saint-Yves-
Mönard die Adressean. Noch am gleichen Tage erhalten die Haus-
genossen und Nachbarn des Kranken durch Maueranschläge und
Flugblätter die Nachricht, daß am nächsten Tage um eine bestimmte
Stande unentgeltliche Schutzimpfungen in ihrem Hause vorgenommen
werden. Sie erhalten Belehrungen darüber, daß nur Impfung und
Wiederimpfung sicher vor den Pocken schützen, und Angaben, wo überall
sie sich gratis impfen lassen können. Am folgenden Tage zur fest-
gesetzten Zeit erscheint ein Arzt mit einem Vaccine liefernden Kalbe
(das Tier wird wohl mitgebracht, um die Furcht vor der Verwendung
humanisierter Lymphe zu beseitigen) und führt die Impfungen in der
Portiersloge, einem Laden oder in den Wohnungen aus. Auf diese
Weise sind z. B. 1893, als die Pocken zuzunehmen drohten, in 4
Monaten 36000 Impfungen vorgenommen worden. Auch hat die
Einrichtung dazu beigetragen, die Mode des Sichimpfenlassens in
Paris wesentlich zu verbreiten.
Die bakteriologischen Untersuchungen diphtherie ver-
dächtigen Materiales liegen in den Händen von Miquel.
Eingesendet werden entweder Membranstückchen oder Ausstriche auf
Blutserum, das käuflich zu haben ist. Die bei uns üblichen zweck-
mäßigen Methoden der Entnahme des Materials mit Glasstäben,
Schwämmchen etc. kennt man in Paris augenscheinlich noch nicht.
Die der Stadt gehörigen Krankenwagen zum Transport von
Patienten mit Infektionskrankheiten sind in mehreren Stationen unter-
gcbracht und haben 1895 etwas über 7000 Transporte ausgeführt.
An öffentlichen Desinfektionsanstalten giebt es 4 mit 7
I'ampfapparaten und vollständigen Einrichtungen zur Wohnungsdes-
infektion. Je nach Wunsch des Publikums wird während einer Krank-
heit einmal oder mehrmals desinfiziert, ohne daß mehr als die einfache
Taxe zu bezahlen ist Auch werden z. B. Beutel zur Aufnahme in-
fizierter Wäsche in den Wohnungen zurückgelassen und nach Bedarf
abgeholt und samt Inhalt desinfiziert. 1895 wurden im ganzen 38,650
Desinfektionen vorgenommen.
Diese Maßnahmen, verbunden mit anderen, nicht näher vom
Verf. erörterten, haben bereits Früchte im Kampfe gegen die Infektions-
krankheiten gezeitigt. Die Sterblichkeit an diesen ist von 1 /, 0 auf ‘/„j
der Gesamtsterblichkeit gesunken. Die Dauer der Epidemieen von
Typhus, Variola und Diphtherie ist gegen früher beträchtlich kürzer
geworden. Alle Infektionskrankheiten haben abgenommen, außer dem
Keuchhusten, dessen Prophylaxe noch im Argen liegt, und der Tuber-
kulose, deren Bekämpfung noch in den Anfängen steckt.
K Abel (Hamburg).
Colberg, Ueber die unschädliche Beseitigung und ge-
werbliche Ausnutzung von Tierkadavern und bean-
standetem Fleisch in Schlachthöfen durch den R. A.
Hartmann’schen Extraktionsapparat. (Berl. tierärztliche
Wochenschrift. 1896. No. 15 u. 16.)
C., der Direktor des städtischen Schlacht- und Viehhofes in
Magdeburg, macht uns in einem ausführlichen Vortrage, der von ihm
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42 Schutzimpfung, kilnstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmung etc.
im Verein für öffentliche Gesundheitspflege in Magdeburg gehalten
wurde, mit Versuchen bekannt, die mit dem R. A. Hart mau u’schen
Apparat zu den obengenannten Zwecken gemacht wurden. Es giebt
mancherlei Apparate, aber es sind besondere Bedingungen, die man
stellen muß, damit das Unternehmen sich einigermaßen rentiert und
möglichst viel von dem zu verarbeitenden Fleische noch in Geld um-
gesetzt werden kann. Ferner muß aber auch absolute Sicherheit
dafür vorhanden sein, daß die Stoffe steril den Apparat verlassen
und nicht etwa noch als Verbreiter von Seuchen dienen können, und
schließlich ist noch zu verlangen, daß keine üblen Gerüche dem Appa-
rate entströmen und die Umgebung belästigen. Durch sinnreiche
Einrichtung fiudet nun bei dem Hartmann 'sehen Apparat nicht,
wie bei den anderen bis jetzt bekannten, eiue Verdünnung der ge-
wonnenen Leimbrühe statt, was als ein wesentlicher Vorteil ange-
sproeben werden muß. Es ist nämlich verdünnte Leimbrühe viel
weniger haltbar, als eingedickte, die sich dauernd hält, weshalb man
bei den Apparaten anderer Konstruktion gezwungen war, ein Ab-
dampfen vorzunehmen, was natürlich durch den Kohlenverbrauch den
Prozeß wesentlich verteuerte. Bei dem hier besprochenen Apparate
wird nicht der vom Kessel herrührende Dampf unmittelbar den
Kadaver- und Fleischteilen zugeführt, sondern es wird indirekt durch
Vermittelung des Kesseldampfes das aus dem Fleische abtropfende
Wasser (bis 75 Proz.) verdampft und hierin das Rohmaterial gekocht.
Eine Verdünnung der Leimbrühe ist also ausgeschlossen. Sinnreiche
Einrichtungen ermöglichen ferner eine leichte Klärung und Ab-
scheidung des Fettes, die Eindickung des Leimwassers und die Her-
stellung eines sauberen Düngepulvers. Nach C.’s Berechnung, die
sich auf Analysen und den Marktwert der gewonnenen Produkte
stützt , ist die Verarbeitung der Tierkadaver und Fleischteile mit
dem Hartmann’schen Apparat, rationell betrieben, für die Ver-
waltung sogar noch gewinnreich und gewährleistet uns vollständig
eine unschädliche Beseitigung und zugleich bestmöglichste gewerb-
liche Ausnutzung der Schlachthausabfälle. Eine instruktive Zeich-
nung des Apparates ist zum besseren Verständnis diesem ge-
druckten Vortrage beigefügt, der natürlich hier nur in seinen wesent-
lichsten Punkten gestreift werden konnte.
Deupser (Deutsch-Lissa).
Oppler, 0., Zur Sterilisation elastischer Katheter
mittels Formaldehyddämpfen. (Münchener med. Wochen-
schrift. 1896. No. 44.)
Ueber die Desinfektion von Kathetern mittels Formaldehyds
wurden schon von mehreren Seiten Mitteilungen veröffentlicht. O.
wollte bei seinen Versuchen hauptsächlich die Minimalzeit feststellen,
innerhalb welcher das Formalin eine genügend deslnfektorische Wir-
kung ausüben konnte. Katheterstücke resp. ganze elastische Katheter
wurden mit Reinkulturen von Staphylococcus, Prodigiosus,
Pyocyaneus, B. coli, Cholera, Typhus, Milzbrand und jauchigem
Urin infiziert und dann in einen Blechkasten von ca. 8000 ccm Raum-
inhalt den Dämpfen ausgesetzt. Bei Verwendung von 15 ccm Formalin
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Neue Litteratur,
43
waren nach 6 Stunden stets alle Katheter steril, ebenso konnte durch
6 Formalithsteine (mit Formalin getränkte Kieselguhrsteine) in 14
Stunden eine vollständige Sterilisation in allen Versuchsreihen erzielt
werden. Von Trioxymethylen sterilisierten 15 g in 19,30 g in 16 Stunden.
Für die Praxis hält daher Verf. die Formalindesinfektion von Kathetern
von großem Werte und hat zu diesem Zwecke einen ganz einfachen
Apparat angegeben. Derselbe besteht in einem Blechkasten von etwas
über Katheterlänge und etwa 10 cm Höhe. Parallel dem Boden ist
eine aus Drahtgeflecht angefertigte Scheidewand angebracht, auf welche
die Katheter gelegt werden. In den Raum unterhalb des Drahtnetzes
kommt der Formalin (Schälchen mit Lösung oder Formalith). Um
das durch den fortwährenden Aufenthalt in den feuchten Dämpfen
bedingte Weicherwerden der Katheter zu vermeiden, empfiehlt 0.,
außer dem Formalinschälchen noch ein Schälchen mit Chlorcalcium
in den Kasten zu stellen. Dieudonn6 (Berlin).
Neue Litteratur
zuaammeagestellt von
San.-Rat Dr. Aktiiuk Würzbueg,
Bibliothekar lm Kalserl. Gesundheitsamt« io Berlin.
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48
Inhalt.
Inhalt.
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in Schlachthöfen durch den R. A. Hart-
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Katheter mittels Formaldehyddämpfen,
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blüter-Leukocyten außerhalb des Körpers,
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den Rauschbrand. Statistik über die
Schutzimpfungen und deren Resultate,
p. 89.
Neue Litteratur, p. 43.
* rommannsciie Huchdruckerel (Hermann Pohle) io Jena.
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T r
Bakteriologie, ParasiteokiiDäe o. MektaskraMeiieii.
Erste Abteilung:
Medizinisch-hygienische Bakteriologie und
tierische Paras itenkunde.
In Verbindung mit
Gen Rat Prof, Dr. Lenckart, Geb. Mei-Rat Prot Dr. Mer
in Leipzig und in Gntttwsld
Professor Dr. R. Pfeiffer
in Berlin
herausgegeben von
Dr. O. Uhlworm in Cassel.
Verlag von Gustav Fischer in Jena
XXI. Band. Jen», den ao. Januar 1897. -®- No. 2 .
Preis für des Baad (26 Nummern ) 15 Mark. — Jährlich erscheinen swei Bände.
Die Redaktion des „ Centralblatts für Bakteriologie und Parasiten-
kunde“ richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte, etwaige
Wunsche um Lieferung von besonderen Abdrücken ihrer Auf-
sätze entweder bei der Einsendung der Abhandlungen an die
Redaktion auf das Manuskript schreiben zu wollen oder spä-
testens nach Empfang der ersten Korrekturabzüge direkt an den
Verleger, Herrn Gustav Fischer in Jena, gelangen zu lassen.
Original -Mittheiiungen.
Nachdruck verhüten.
Die Inkubationsdauer des Malariafiebers nach der Be-
handlung mit Blutserum von immunen Tieren.
[Aus dem hygienischen Institute der Universität Rom.]
Von
A. Celli und F. S. Santorl.
Es ist bekannt, daß bei den durch Bakterien verursachten In-
fektionen das Blutserum der von Natur aus immunen Tiere keine
oder fast keine präventive und therapeutische Wirkung besitzt; aber
andererseits haben möglicherweise bei einer Infektion durch Sporo-
zoen, wie die Malaria, alle die Gesetze, die die Bakterieninfektionen
regeln, keine Geltung. Es könnte daher eine Serumimmunität bei
Enta Abt. XXI. B4. 4
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50
A. Celli und F. S.fSa'ntori,
einer Krankheit, die, [wie die Malaria, in einer Invasion der roten
Blutkörperchen besteht, doch vorhanden sein.
Es war uns bekannt, daß man durch das Blutserum von natürlich
immunen Tieren bei der Behandlung des Frühlingsmalariafiebers keine
Erfolge 1 ) erhielt; aber bei dieser Protozoönkrankheit könnte der Mecha-
nismus der Immunität von jenem der Behandlung verschieden sein,
ebenso wie ein ausgezeichnetes Heilmittel, das Chinin, gar keine
Schutzwirkung entfaltet Uebrigens wäre eine Serumtherapie bei Malaria
praktisch ganz überflüssig, da wir ein so sicheres Heilmittel besitzen.
Wir wollten versuchen, ob und welche Wirkung die präventiven
Injektionen mit Blutserum der Büffel, Rinder und Pferde hätten, die
in den Paludi Pontine und Maccarese, d. h. in den von der Malaria
am stärksten heimgesuchten Gegenden der Umgebung von Rom,
leben. Um eine so wichtige Frage zu entscheiden, folgten wir zwei
Wegen, dem experimentellen, indem wir nach der präventiven Be-
handlung mit Serum malarisches Blut inokulierten ; und dem anderen,
den wir als einen natürlicheren betrachten möchten, indem wir vor
und am Anfang der Fieberjahreszeit dieselben Serumarten Individuen
injizierten, die dann im Sommer und Herbst in stark malarischen
Oertlichkeiten der Campagna Rornana zu leben gezwungen waren.
Der erste Weg ist theoretisch sicherer als der zweite, und glück-
licherweise fanden wir dabei geringere Schwierigkeiten.
A. Präventive Serumbehandlung bei der experi-
mentellen Infektion, von Anfang Juli bis Oktober. Wir inji-
zierten in das Unterhautzellgewebe der Bauchgegend sechs Individuen,
die niemals an Malaria gelitten hatten, und in gesunden Gegenden lebten,
alle 10 und dann alle 8, 6 und 4 Tage je 9—10 ccm Serum. Zwei be-
kamen das Büffel-, zwei das Rinder- und zwei das Pferdeserum.
Die Injektionen wurden ganz gut vertragen; nur einigemale be-
merkten wir eine ganz leichte lokale Reaktion; nie bemerkten wir
Albuminurie. Nachdem wir durch wiederholte Injektionen etwa 130 g
Serum eingespritzt hatten, inokulierten wir drei Individuen mit dem
Blute eines Quartanakranken ; bei den drei übrigen setzten wir die
Serumeinspritzungen alle 4 Tage fort. Als bei den ersten drei in-
okulierten ohne Fiebererscheinung die längste bis jetzt bekannte
Inkubationsdauer erreicht wurde, spritzten wir gleichzeitig den anderen
drei und einem Kontrollindividuum das Blut eines schweren Falles von
Sommer- Herbst-Fieber ein. Nach der Bluteinspritzung wurde die Serum-
behandlung bei einigen Individuen ausgesetzt, bei anderen verlangsamt,
bei anderen fortgesetzt Die Ergebnisse waren folgende:
1) Parasiten varietät des Sommer-Herbst-Fiebers.
Blut aus der Mittelvene, außerordentlich reich an Formen mit Pigraent-
häufchen und in Sporulationsperiode.
Es wurden unter die Haut 1,5 ccm eingespritzt Beim Kontroll-
individuum erschien das Fieber 43 Stunden nach der Inokulation, bei
den vorbehandelten Menschen mit dem Pferdeserum nach 30 Stunden,
. mir— dem Büffelserum nach 6 Tagen, mit dem Rinderserum nach
of <ia.'|g§is
-di Liurea del Dr. Carra. Koma 1895.
t\ jrv
-
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Die Inkubationsdauer des Malariafiebers etc.
51
Die Untersuchung des Blutes in den experimentellen Fiebern ließ
dieselbe inokulierte Parasiten Varietät beobachten.
1*2) Parasitenvarietät des Frühlingsfiebers (Quartana).
Blut, entnommen aus der Vena cephalica kurz vor dem Fieberanfall :
sehr reich an reifen Formen und in Sporulationsperiode.
Davon werden 4 ccm unter die Haut eingespritzt. Bei den mit
dem Rind-, Bütfel- und Pferdeserum vorbehandelten Menschen erschien
das Fieber 25 Tage nach der Inokulation, und in diesem letzten Falle
war der erste Anfall leicht, und erst von der folgenden Periode be-
obachtete man den normalen Verlauf. Auch bei diesem experimen-
tellen Fieber zeigte das Blut dieselbe inokulierte Parasiteuvarietät
wieder. Bei allen Menschen spritzte man, nachdem die Diagnose durch
Blutuntersuchung sichergestellt worden war, Chinin ein, und auf diese
Art, durch die fortgesetzte Darreichung des Mittels auf subkutanem
Wege oder per os, fanden keine Recidive statt.
Cm diese Ergebnisse richtig schätzen zu können, muß inan die
Dauer der beobachteten Inokulationsperioden mit jenen vergleichen,
die schon erfahrungsweise bekannt sind.
Bastianelli und Bignami geben folgende Zahlen als Resum6
aller diesbezüglichen Erfahrungen in ihren fleißigen Malariastudien *)
an : Für die Quartana beträgt die längste Inkubationsperiode 15 Tage,
die kürzeste 11 Tage und die mittlere 13 Tage. Für die Tertiana
beträgt die längste Inkubationsdauer 12 Tage, die kürzeste 6 Tage
und die mittlere 10 Tage. Für das Sommer-Herbst-Fieber ist die
längste Inkubationsdauer 5 Tage, die kürzeste 2 Tage und die mitt-
lere 3 Tage.
Dagegen hatten wir bei unseren Versuchen für die Quartana
eine Inkubationsperiode, die mehr als das Doppelte der normalen
Mitteldauer länger war, und 10 Tage länger als das bis jetzt be-
obachtete Maximum; während wir für das Sommer-Herbst-Fieber beim
Kontrollindividuum und bei einem der mit Pferdeserum inokulierten
eine sehr kurze Periode von nur 1 — 2 Tagen hatten, beobachtete man
bei einem von den zwei übrigen eine Inkubatiousdauer von 6 Tagen,
d. h. eine längere, als die höchste bis jetzt bei solchem Fieber be-
obachtete, und bei dem anderen eine Dauer, die länger war als die
bis jetzt bei der Quartana beobachtete.
Bastianelli und Bignami fanden, daß die Inkubationsdauer
bei derselben Parasitenvarietät verschieden ist, und zwar im um-
gekehrten Verhältnis zu der Menge des inokulierten Stoffes steht.
Diesem Gesetze nach hätten wir in unseren Fälleu, in welchen wir
ein an Parasiten sehr reiches Blut einspritzten, und zwar in der
größten bis jetzt verwendeten Menge, die kürzeste Inkubationsdauer
bemerken sollen, statt der von uns beobachteten ausnahmsweise sehr
langen, während wir die kürzeste thatsächlich beim Kontrollindividuum
und bei eiuem mit Pferdeserum behandelten gehabt haben.
Wir ziehen daraus den Schluß, daß man durch die präven-
tiveBehandlungmiteinigen Serumarten von natürlich
malariaiminunen Tieren bei Menschen die Inkubations-
1) Atti dell« K. Acciidemia raedica di Rum«. Aono XX. 1894.
4*
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52
E. Pfuhl,
Periode des experimentellen Malariafiebers außer-
gewöhnlich verlängern kann.
B. Präventive Serumbehandlung der natürlichen
Infektion. Infolge der großen Schwierigkeiten, die sich uns boten,
waren wir gezwungen, unsere Versuche auf eine einzige lombardische
Familie, die bei der Assanierung des Agro Romano beschäftigt war,
zu beschränken.
Die präventive Behandlung dauerte beinahe einen Monat, und
zwar von Mitte Juni bis Mitte Juli dies. Jahres.
Man beobachtete sehr starke lokale und allgemeine Reaktion,
und deswegen mußten wir nach drei bis vier Injektionen Büffelserum,
jedesmal von 10 ccm, aufhören. Von fünf behandelten Fällen mußte
man die Behandlung bei einem aufgeben, weil die Fieber, die mit
kurzen Unterbrechungen seit dem vergangenen Winter recidivierten,
wieder erschienen. In einem der Fälle kam ein leichtes Fieber
zustande, welches infolge einer kleinen Chinindosis ohne Recidiv
verschwand. Die andereren drei befanden sich ganz wohl.
Es lohnt sich hervorzuheben, daß alle Glieder einer anderen
lombardischen Familie, die ganz nahe der ersten wohnten, an Wechsel-
fieber erkrankten.
Aus den wenigen von uns vorgetragenen experimentellen und
klinischen Ergebnissen erlauben wir uns einen einzigen Schluß zu ziehen,
und zwar, daß wir unsere Versuche über Serumimmunität gegen Malaria
fortsetzen werden, und zwar sowohl die natürlichen Widerstandskräfte
vermehrend durch das Serum immuner Tiere, als auch, indem wir
versuchen werden, eine spezifische Immunisierung zu erreichen.
Rom, 16. Dezember 1896.
Nachdruck verboten.
Eine Vereinfachung des Verfahrens zur Serodiagnostik
des Typhus.
Von
Prof. Dr. E. Pfuhl,
Oberstabsarzt in Straüburg i. E.
Während bisher die bakteriologische Diagnostik des Typhus in
dem direkten Nachweis des Typhusbacillus in dem Organismus
des Kranken oder in den Ausleerungen desselben bestand, bat
Widal 1 ) in der Sitzung der Soci&6 mödicale des höpitaux vom
26. Juni v. J. den Vorschlag gemacht, den Typhus in der Weise zu
diagnostizieren, daß man einfach untersucht, wie das Blutserum eines
Kranken auf eine Bouillonkultur von Typhusbacillen wirkt. Von
diesem Gesichtspunkte aus hatte er das Serum von 6 Typhus-
kranken am 7., 12., 15-, 16., 19. und 21. Krankheitstage untersucht
und jedesmal mit der größten Klarheit und Leichtigkeit eine be-
wegungshemmende und zusammenballende Wirkung dieses Serums
1) La Semaine medicale, 1896. p. 260.
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Eine Vereinfachung des Verfahrens zur Serodiagnostik des Typhus.
53
auf eine Typhusbouillonkultur festgestellt. Man hat nun dieses Ver-
fahren als Widal’sche Methode der Serodiagnostik des Typhus be-
zeichnet, jedoch ohne völlige Berechtigung. Denn der Gedanke, die
spezifische Biutveränderung, welche durch Typhus und Cholera herbei-
geführt wird, zur Diagnose zu benutzen, rührt von R. Pfeiffer
her. Ebenso ist die Paralysine des Cholera- und Typhusserums nicht
von Widal entdeckt. Widal hat aber das große Verdienst, darauf
aufmerksam gemacht zu haben, daß man schon während des
Verlaufs der Krankheit spezifische Wirkungen des Blutserums
nachweisen kann.
Ueber das Verfahren W i d a 1 ’s giebt die Semaine mddicale
folgende Auskunft:
Er entnahm vermittelst einer keimfreien Spritze aus der Vene
der Ellenbeuge des Kranken eine geringe Menge Blut, goß das Serum
ab und brachte davon einige Tropfen in ein Bouillonröhrchen, so daß
1 Teil Serum auf 10 bis 15 Teile Bouillon kam. Mit 4 ccm Bouillon
z. B. vermischte er 8 Tropfen Serum und stellte das Gemisch nach
Zusatz von Typhusbacillen in einen Brutschrank von 37°. Nach
24 Stunden war die Bouillon nur wenig getrübt. Einige Flocken
lagen auf dem Boden und ein mehr oder weniger dicker weißlicher
Staub war in der darüber stehenden Flüssigkeit gleichmäßig verteilt.
Diese Erscheinung war für das bloße Auge ebenso klar, als wenn
man zur Bouillon das Serum eines immunen Tieres hinzugefügt hätte.
Waren die Flocken beim bloßen Anblick kaum bemerkbar und das
Aussehen beim ersten Blick weniger typisch, so genügte es bisweilen,
das Röhrchen zu schütteln und es mit einer einfachen Typhusbouillon-
kultur zu vergleichen, um sofort bemerkenswerte Unterschiede zu
erkennen. Während die gewöhnliche Typhusbouillonkultur eine voll-
ständige Trübung zeigt und, gegen das Licht gehalten, eigentümlich
moiriert erscheint, bietet das mit Serum versetzte Röhrchen, unter
einem bestimmten Winkel gesehen, eine andersartige Trübung dar,
die offenbar durch sehr feine staubförmige Anhäufungen von Mikroben
bedingt ist.
Es versteht sich von selbst, daß Widal auch untersucht hat, ob
das Serum von gesunden oder an anderen Krankheiten leidenden
Personen gegenüber dem Typhusbacillus dieselben zusammen-
balleuden Eigenschaften besitzt. In Berührung mit dem Serum dieser
Personen blieb jedoch der Typhusbacillus unter dem Mikroskope
immer isoliert und beweglich.
In der Sitzung vom 24. Juli 1898 l ) erwähnte W i d a 1 dann, daß
«r nun bei der Ausführung der Serodiagnostik folgenden Weg ein-
schlägt Er setzt zu 10 Tropfen einer ein- oder zweitägigen Typhus-
houilionkultur einen Tropfen Serum aus dem Blute, das er durch einen
Stich in den Fiuger erhalten hat. Ein Tropfen der Mischung wird
zwischen Deckgläschen und Objektträger gebracht, sofort unter dem
Mikroskope uotersucht und mit einem Präparat einer Kultur ohne
Serumzusatz verglichen. Wenn er danu die charakteristischen, zahl-
reichen, zusammenfließenden üaufen sieht, die über alle Stellen des
1) La Semain« m6dicale. 1896. p. 295 und 296.
ized by Googl
54 :
E. Pfuhl,
Präparats zerstreut sind, so ist er mit seiner Diagnose fertig. Sind die
sonst charakteristischen Haufen nicht sehr zusammenfließend, so bewahrt
er die Mischung auf und untersucht sie nach einigen Stunden wieder.
Dann ist die Erscheinung oft viel deutlicher. Wenn er die Reaktion
vollständig verfolgen will, so vermischt er einen Teil des Serums mit
10 oder 15 Teilen Bouillon, bringt Typhusbacillen hinein und stellt das
Ganze in den Brutschrank. Nach 24 Stunden klärt sich die Bouillon
und setzen sich Klümpchen auf dem Boden des Röhrchens ab. Die
Häufchen sind daun unter dem Mikroskop sehr deutlich zu sehen.
Für dieses Verfahren benutzt er ein Serum, das er aseptisch aus der
Vene entnommen hat
In der Sitzung der Acadämie de m&iecine vom 13. Oktober
1896 1 ) gab Widal noch an, daß, wenn bei manchen Genesenden die
Bacillenbaufen sich in einer Mischung von einem Tropfen Serum auf
10 Tropfen Kultur nur langsam bildeten, man diese Erscheinung be-
schleunigen könne, indem man die Menge des Serums von 1 auf
2 Tropfen vermehre.
Außerdem habe die Untersuchung der zusammenklebenden Kraft
des Typhusserums während der Krankheit und im Laufe der Genesung
gezeigt, daß diese Kraft zwischen 1 Tropfen Serum auf 60 Tropfen
Typhusbouillonkultur und 1 auf 80 Tropfen schwanke, während sie
mit dem Fortschreiten der Genesung auf 1 zu 20, 1 zu 10 und selbst
noch niedriger falle.
Von der Widal’schen Technik weicht in einigen Punkten das
Verfahren von Grünbaum ab, das ich aus einem Referat der
Semaine m^dicale vom 21. Oktober 2 ) 1896 kennen lernte.
Ein Tropfen Blut aus dem Ohr oder dem Finger des Kranken
wird in eiu U-förmiges Kapillarrohr hineingesogeu, und dann centri-
fugiert. Grünbaum zerbricht darauf das Röhrchen an der Grenze
zwischen Serum und Blutkörperchen und sammelt das Serum in
einem Glasschälchen. Darauf saugt er es in ein gerades Kapillar-
röhrchen hinein, bis es den ersten Abschnitt gefüllt hat. Dann läßt
er reine Bouillon bis zu einer zweiten Marke eintreten, welche dem
16 fachen Volumen des ersten Abschnitts entspricht. Endlich entleert
er den Inhalt des Röhrchens in ein Gläschen, von wo er ihn 2 bis
3 Mal wieder aufsaugt, um eine gleichmäßige Mischung zu erhalten.
Ferner bereitet er eine Emulsiou von Typhusbacillen, indem er
eine Oese voll Typhusbacillen von einer frischen Agarkultur nimmt
und mit 1 ccm Wasser in einem Glasschälchen sorgfältig mischt. Er
untersucht diese Mischung unter dem Mikroskope, um sich zu ver-
gewissern, daß die Emulsion nur wenige oder gar keine Anhäufungen
von Bakterien enthält.
Nachdem dies geschehen, bringt er auf ein Deckgläschen zuerst
einen Tropfen des verdünnten Blutserums und daneben ein Tröpfchen
der Typhusemulsion. Er vermischt diese beiden Flüssigkeiten und
untersucht sie in der gewöhnlichen Weise im hängenden Tropfen.
Dann siebt er bei Typhusfällen die oben erwähnten Erscheinungen.
1) 1.« Semaine medicale 1896. p 410.
2) Lancet, 19. Scpt. 1896. (Referat in La Semaine medicale. 1896. p. 420.)
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Eine Vereinfachung des Verfahrens zur Serodiagnostik des Typhus.
55
Ich hatte nun von Oktober bis Dezember v. J. Gelegenheit, die
Wirkung des Blutserums von Typhuskranken und anderen Personen auf
Typhusbacillen zu erproben. Es fanden sich darunter 5 Typhuskranke,
ein Fall von gastrischem Fieber, ein Fall von akutem Magenkatarrh,
ein Fall von Hirnhautentzündung, der zuerst einen typhösen Eindruck
machte, 2 Personen, die vor 6 bezw. vor 4 Monaten Typhus über-
standen hatten, und mehrere gesunde Personen, die früher nie an
Typhus gelitten hatten.
Ich konnte dabei feststellen, daß die Widal’sche Reaktion bei
den 5 Typhuskranken und bei den beiden Personen, die den Typhus
vor 6 bezw. 4 Monaten überstanden hatten, sich schnell und deutlich
zeigte, bei dem Fall von gastrischem Fieber 1 2 ) jedoch langsamer in
die Erscheinung trat und bei den Fällen von akutem Magenkatarrh
imd von Meningitis, sowie bei den Gesunden ganz ausblieb. Als die
5 Typbuskranken fieberfrei geworden waren, zeigte sich 6 Wochen
später in 2 Fällen die Reaktion schnell und deutlich, in 2 Fällen
verlangsamt, aber noch deutlich, in einem Falle jedoch überhaupt
nicht mehr.
Diese Beobachtungen lassen erkennen, daß die Widal’sche Re-
aktion als Stütze der Typhusdiagnose Beachtung verdient.
Es ergiebt sich daraus die Aufgabe, dieses diagnostische Hilfs-
mittel womöglich sämtlichen Aerzten zugänglich zu machen, dazu ist
bis jetzt jedoch weder das Widal’sche, noch das Grün bau m’sche
Verfahren einfach genug. Ich habe deshalb nach einem einfacheren
Verfahren gesucht.
Am einfachsten wäre es, wenn man einen aus dem Finger oder
dem Ohrläppchen des Kranken entnommenen Blutstropfen direkt zu
der Probe verwenden könnte. Vermischt man aber einen solchen
mit der 10- fachen Menge einer Typhusbouillonkultur, so verhindern
die noch ziemlich dicht gedrängten roten Blutkörperchen sehr das
Zusammenballen der Bacillen und die (Jebersicht über diesen Vor-
gang. Ich versuchte daher zunächst die roten Blutkörperchen fort-
zuschaffeu und erreichte dies auf eine einfache und schnelle Weise,
indem ich zu dem Tröpfchen Blut, das ich mit einem hohlen Objekt-
träger vom Ohrläppchen abgetupft batte, ungefähr die 10-fache
Menge Wasser zusetzte und beides in der Höhlung des Objektträgers
vermittelst einer ausgeglühten Platinöse vermischte. Sehr bald waren
dann die roten Blutkörperchen aus dem Gesichtsfelde des Mikroskops
verschwunden. Dieses mit Wasser verdünnte und der roten Blut-
körperchen beraubte Blut benutzte ich nun wie das Serum, nur daß
ich es nicht mit der 10-fachen Menge, sondern der gleichen Menge
Typbusbouillonkultur versetzte. Dies geschah in der Weise, daß ich
eine Platinöse voll verdünnten Blutes auf ein Deckgläschen brachte
und diesem eine gleichgroße Platinöse Bouillonkultur s ) zufügte. Das
1) Dieser Full muß meiner Meinung Dach als leichter Typhus aufgefaßt werden.
2) Ich benutzte stets eine Bouillonkultur, die ich 21 — 48 Stunden in einem Brüt-
schrank Ton 87 0 C gezüchtet batte. Laßt man dagegen die mit TyphusbaciUen be-
schickte Bouillon bei Zimmeitemperatur stehen, so kann es während der kühleren
Jahreszeit Vorkommen, daß sich die Typhusbacillen in 24 Stunden noch nicht genügend
vermehrt haben.
56 E. Pfuhl, Eine Vereinfachung des Verfahrens zur Serodiagnostic des Typhus.
so beschickte Deckgläschen wurde dann mit Vaseline auf einem hohlen
Objektträger befestigt und unter dem Mikroskope untersucht.
Wenn man mit diesen Untersuchungen beginnt, empfiehlt es sich,
daneben noch ein Kontrollpräparat aus dem verdünnten Blute eines
gesunden Menschen zum Vergleich heranzuziehen. Der Unterschied
im Verhalten der Typhusbacillen in dem Blute des Gesunden und des
Typhuskranken fällt dann ganz besonders ins Auge. Sehr bald hat
man aber dieses Hilfsmittel nicht mehr nötig.
Nach meinen Erfahrungen genügt dieses einfache und leicht aus-
führbare Verfahren vollständig zur Ausführung der Widal'schen
Reaktion. Ich benutze dieses Verfahren seit Anfang Oktober v. J.
und habe dabei keinen Mißerfolg gehabt.
Dabei braucht man das mit einem hohlen Objektträger auf-
gefangene Bluttröpfchen nicht gleich frisch zu untersuchen, vielmehr
kann man die Untersuchung bis zu einer gelegeneren Zeit aufschieben.
Ich habe wiederholt das Tröpfchen in der Höhlung des Objektträgers
ohne Erhitzung antrocknen lassen und einen bis zwei Tage lang auf-
bewahrt. Wenn ich dann das angetrocknete Blut in Wasser auf-
löste, gab es immer noch deutlich die Widal’sche Reaktion.
Während bei dem frischen und dem einen Tag alten Blute die
Bacillen sich rasch zusammen ballten, so daß in 5—10 Minuten nur
noch wenige unbewegliche Bacillen zwischen den Haufen übrig blieben,
fanden sich nach 5— 10 Minuten bei dem zwei Tage alten Blute
zwischen den charakteristischen Haufen nicht bloß einige unbeweg-
liche, sondern auch noch bewegliche Bacillen. Trotz der etwas lang-
sameren Einwirkung des zwei Tage alten Blutes l ) wur die Reaktion
doch so deutlich und charakteristisch, daß man mit Sicherheit den
Typhus erkennen konnte. Die unter der Einwirkung des Blutes ent-
standenen Haufen zeichneten sich stets dadurch aus, daß die Bacillen
locker und unregelmäßig übereinander lagen, während die spärlichen
und seltenen Häufchen, die ich mauchmal schon in den Bouillon-
kulturen fand, eine gewisse Gruppierung und einen engeren Zusammen-
schluß zeigten.
Da sich die zusammenballende Kraft auch nach dem Eintrocknen
einige Tage hält, so ist es anzuraten, daß auch Aerzte, die selbst
nicht in der Lage sind, das Blut eines zweifelhaften Typhuskranken
zu prüfen, Bluttröpfchen aus dem Ohrläppchen oder der Fingerkuppe
entnehmen, an Objektträger ohne Erhitzung antrocknen lassen und
diese nun in einem Eilbrief au einen Bakteriologen schicken, nach-
dem sie ihn vorher benachrichtigt haben, wann die Probe voraus-
sichtlich eintreffen wird.
Auf diese Weise ist allen praktischen Aerzten die Möglichkeit
gegeben, von den Vorteilen der Widal’schen Reaktion Nutzen zu
ziehen. In einem Falle, wo es zweifelhaft war, ob ein junger Mann
1) Widal (Semaine medicale. 1896. p. 303) siebt an, daß er 48 Stunden altes
eingetrocknetes Blut io doppelt so großer Menge zur Bouillonkultur hinzusetaen mußte,
als getrocknetes Serum. Wie ich aus einem Referate der Deutsch, med. Wocbenschr.
1897. No. 1 ersehe, benutzt Widal außer Serum auch Blut, indem er „mit zehn
Tropfen einer frischen Bouillonkultur von Typhusbacilten einen Tropfen Serum oder
Blut eines Typbu?patienten mischt".
0. P. Drossbacb, Ueber den Einfluß der Elemente der Cer- etc. Gruppe etc. 57
aus einer Nachbarstadt, der sich an einen hiesigen Spezialisten ge-
wandt hatte, vor 2 Monaten an dem fieberhaften Beginne der jetzigen
Erkrankung oder an Typhus gelitten batte, konnte ich aus dem ver-
mittelst hohlen Objektträgers zugesandten Blutstropfen mit Leichtig-
keit die Diagnose Typhus stellen.
Zum Schlüsse erwähne ich noch, daß ich das Blut von Typhus-
kranken, ebenso wie das Pfeiffer-Kolle’sche Serum von immuni-
sierten Tieren, benutzt habe, um meine Sammlung von Typhusbacillen
und typhusähnlichen Bacillen daraufhin zu prüfen, ob es echte Typhus-
bacillen wären oder nicht
Nachdruck verboten.
Ueber den Einfluss der Elemente der Oer- und
Zircongruppe auf das Wachstum von Bakterien.
Von
Dr. 6 . P. Drossbach
in
D euben.
Seitdem die obengenannten Elemente in Form ihrer zahlreichen
Salze billige Handelsprodukte geworden sind, konnte an deren Ver-
wendung zu antiseptischen Zwecken gedacht werden.
Die genannten Metalle zeichnen sich durch die Mannigfaltigkeit
der Verbindungen aus, die sie zu bilden vermögen.
Sämtliche Chloride und Nitrate sind leichtlöslich, die Sulfate sind
mehr oder miuder schwerlüslich, noch schwerer löslich sind die
Alkalimetalldoppelsulfate, unlöslich die Oxalate, Karbonate, Phosphate
u. a., worauf bei eventueller Dispensierung Rücksicht zu nehmen ist.
Dag Cerium bildet 2 Reihen Salze: 1) die farblosen Cerosalze,
2) die rotgelben bis purpurroten Cerisalze. Zur Prüfung gelangte
1) Ceronitrat, welches in Verdünnungen von 1 : 200 die eiweißhaltigen
Nährböden nur schwach koagulierte, aber auch in Verdünnungen von
1 : 1000 jedes Bakterienwachstum verhinderte. (In diesem wie in
den nächstfolgenden Fällen diente der Staphylo coccus aureus
als Indikator, sowie zufällig aufgefallene Luttkeime.)
Das Maximum der Verdünnung, bei welcher Aufhebung resp.
Behinderung des Wachstums stattfindet, wird noch festgestellt werden.
2) Ceriammoniumnitrat, rote Krystalle, ein leichtdissocierendes Salz,
verhinderte in Verdünnungen von 1 : 200 die Entwickelung von Bak-
terienkolonieen, nicht die von Schimmelpilzen; bei 1 : 1000 trat ein
ganz allmähliches Wachstum ein, ohne daß auch nach längerer Zeit
eine Verflüssigung des Nährbodens eingetreten wäre.
Didym- und Lanthannitrat verhielten sich völlig ähnlich;
in Verdünnungen von 1 : 200 wurde der Nährboden teilweise koaguliert,
selbst in Verdünnungen von 1 : 2000 trat keine merkliche Kolonieenbilduug
ein. Ganz ähnlich verhalten sich die Yttrium- und die schön rosen-
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58
A. M. Luzzatto, Mist hinfektionen bei Lungentuberkulose etc
roten Erbinmsalze. Thorium und Zirconium vermochten
nur in Konzentrationen von 1 : 200 die Entwickelung von Bakterien-
kolonieen zu verhindern, nicht jedoch die Bildung von Schimmelkolonieen.
Die Fortsetzung der Untersuchung wird ergeben, inwieweit
die genannten Verbindungen sich gegen resisteutere Keime, ins-
besondere gegen Sporen und in noch stärkeren Verdünnungen verhalten.
Versuche, welchen des physiologische Verhalten der genannten
Elemente zu Grunde lag, haben deren relative Ungiftigkeit gegenüber
höheren Orgauismen ergeben, so daß deren Einführung in die thera-
peutische Praxis nichts im Wege steht In Frage käme höchstens
der Preis, doch spielt derselbe bei Didym, Cer und Lanthan keine
Rolle, da diese Elemente für glastechnische Zwecke im großen Maßstabe
gewonnen werden. Von einer völligen Trennung der schwer trenn-
baren Elemente Didym und Lanthan kann ihres gleichen Verhaltens
wegen völlig Umgang genommen werden, für die externe Verwendung
spielt auch ein Cergehalt keine Rolle. Es ist sonach nicht aus-
geschlossen, daß die genannten Elemente ein ebenso billiges als wirk-
sames Antiseptikum abgeben werden, das je nach Bedarf leicht in
Form einer mehr oder minder konzentrierten Lösung oder in Form
schwer- resp. sehr schwerlöslicher Salze erhalten werden kann.
Sachdruek verboten.
Mischinfektionen bei Lungentuberkulose
des höheren Alters.
[Aus dem bürgerlichen Spitale in Venedig.]
Von
Dr. A. X. Luzzatto.
In der Erwartung, irgend eine Beziehung zwischen detn Bestehen
von Sekundäriufektiouen und dem öfters eigentümlichen Verlaufe der
senilen Tuberkulose finden zu können, habe ich 15 solcher Fälle
bakteriologisch untersucht. Es handelte sich stets um mehr als
50 Jahre alte Individuen und die Untersuchung wurde 4mal an dem
Kaverneninhalte und Lungenparenchym, 11 mal an dem mit Kitn-
sato’s Methode gewaschenen Sputum vorgenommen. Es wurden bei
jedem Falle Deckgläschen präparate, Agarplatten und Tierimpfungen
(Kaninchen uud Meerschweinchen) gemacht. Dadurch bin ich zu
folgenden Resultaten gelangen: In 8 Fällen konnte ich mittels Agar-
platten Streptokokken nachweisen, die immer dieselben Eigenschaften
an den Tag legten; die einzelnen Elemente waren ziemlich groß, der
Quere nach verlängert, unbeweglich, färbten sich ziemlich gut nach
Gram und waren in ziemlich langen und meist sich in Bouillonkulturen
entwickelnden Ketten angeordnet. Die Kolonieen waren immer klein,
manchmal gehäuft; ich konnte sie nur dreimal auf Bouillon züchten, nie
aber sie weiter sich entwickeln lassen. Die Virulenz frischer Bouillon-
kulturen wurde zweimal auf Kaninchen erprobt; einmal bemerkte ich
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Tuberkulös«.
59
leichte Lokalreaktion, einmal nichts. Solche Streptokokken wurden
zweimal mit Staphy lococcus pyogenes (aureus, citreus,
albus) und immer mit drei Saprophytenarten vereint gefunden; die
eine der letzteren konnte ich als Micrococcus candicans
(Flügge), die zweite als Bacillus fungoides (Tschisto-
witsch) erkennen, die dritte, einen beweglichen Bacillus, war ich
nicht imstande zu determinieren, — Von den 7 übrigbleibenden Fällen
konnte man bei 6 die obengenannten Saprophytenarten, bei dem letzten
nur den spezifischen Bacillus nachweisen.
Es war keine deutliche Beziehung, weder zwischen Streptokokken
und Fieber, noch zwischen denselben, Kavernenbildung und Krank-
heitsverlauf feststellbar. Streptokokken fand ich fast nie bei mehr
als GO Jahre alten Individuen, so daß eine strikte Beziehung zwischen
Mischinfektionen und Krankenalter nicht zu leugnen ist. Außer
2 Fällen, bei welchen das Tier in 2 Tagen an Streptokokkeninfektion
starb, erwies sich immer, was den pyogenen Inhalt betrifft, das ge-
hopfte Sputum oder der Kaverneninhalt als sehr wenig oder absolut nicht
virulent. Die Virulenz des Tuberkelbacillus war im Gegenteil
ganz normal, da alle Tiere in 4—6 Wochen an allgemeiner Tuber-
kulose starben.
Die vorausgehenden Angaben, mit jenen anderer Forscher, die
sich mit Mischinfektionen bei Lungentuberkulose beschäftigt haben,
verglichen, ergaben folgende Schlüsse:
1) Tuberkulosis senilis hat mit Lungentuberkulose anderer
Lehensperioden, ebenso wie die Hauptätiologie, den Tuberkel-
bacillus, auch die Sekundärätiologieen, Mischinfektionen und meist
Streptokokkeninfektion gemein. Mischinfektionen sind aber seltener
bei höherem Alter, da man sie ungefähr nur in der Hälfte der Fälle
nachweisen kann.
2) Die Mikroorganismen, die man in diesen Fällen findet, zeigen
im allgemeinen sehr geringe Lebensfähigkeit und Virulenz. Es
handelt sich also öfters um eine attenuierte Infektion, welche zum
Teile die meist langsame und milde Verlaufsweise dieser Fälle er-
klären kanu.
Referate.
Sigg und Hanau, Beiträge zur Lehre von der akuten Mi-
liartuberkulose mit anhangsweisen Bemerkungen
über Meningitis tuberculosa und die Verbreitungs-
art einiger anderer krankhafter Prozesse im Körper
(Mitteilungen aus Kliniken und medizinischen Instituten der Schweiz.
IV. Reihe. 1896. Heft 4. Mit 4 Abbildungen.)
Die Weigert’sche Lehre von der Entstehung der akuten all-
gemeinen Miliartuberkulose, die heute als vollkommen gesichert ange-
sehen werden kanu, wird durch die vorliegende Arbeit von neuem
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60
Tuberkulose.
bestätigt. In derselben werden die von Hanau in den Jahre»
1887—1894 gesammelten Erfahrungen über die Einbrucbsstellen der
Tuberkulose bei der miliaren Form durch seinen Schüler Sigg ver-
öffentlicht, wobei er selbst in einer Einleitung die Entwickelung des
heutigen Standes der Lehre von der Entstehung der akuten allge-
meinen Miliartuberkulose darstellt.
Es ist nicht möglich, hier näher auf die ausführlichen Berichte
und das interessante Material einzugehen; in den untersuchten 28
Fällen erfolgte 12 mal der Einbruch tuberkulösen Materials in die
Venen, 1 mal in die Aorta und 15 mal in den Ductus thoracicus.
Diesen Berichten folgt die Angabe der zur Aufsuchung der Einbruchs-
stellen angewandten Methode, eine tabellarische Uebersicht sämt-
licher bis jetzt veröffentlichter, genetisch aufgeklärter Fälle von
akuter Miliartuberkulose und eine Statistik aller derzeit bekannten
Einbruchsstellen. Als Anhang folgen schließlich noch einige Bemer-
kungen über Meningitis tuberculosa und über die Verbreitung an-
derer pathologischer Prozesse, speziell der malignen Tumoren, auf dem
Wege des Gefäßsystems. W. Kempner (Berlin),
Sohleck, Franz, Ueber die ersten Stadien der experimen-
tellen Tuberkulose der Kan i n c h e ncor n ea. [Aus dem
pathologisch - anatomischen Institute zu Heidelberg.] (Ziegler’s
Beiträge zur pathol. Anatomie und ailgem. Pathologie. Bd. XX.
1896. Heft 2. Mit zwei Tafeln.)
Noch immer stehen sich die Ansichten Baumgarten’s und
Metschnikoff’s über die Histogenese des Tuberkels unvermittelt
gegenüber: nach jenem wird der Tuberkel in zwei Akten gebildet,
durch Proliferation der fixen Zellen und durch eine späte und ge-
ringe Einwanderung von Leukocyten, während Metschnikoff
alle zelligen Elemente des Tuberkels auf Leukocyten zurückführt
Schieck hat Reinkulturaufschwemmungen von Tuberkelbacillen
mit einer Pravaz’schen Spritze in die Cornea von Kaninchen injiziert
oder aber das Impfmaterial unter einen Hornhautlappen gebracht,
ohne Atropinisierung. Zunächst überzeugte er sich durch eine An-
zahl von Vorversuchen, daß bei jeder einigermaßen beträchtlichen
Läsion des Cornealepithels Leukocyten aus dem Konjunktivalsack in
die Cornea eindringen.
Beim Vergleich junger Corneanarben ohne vorhergegangene Impfung
mit solchen nach Einführung von Tuberkelbacillen fanden sich in
diesem letzteren Falle Haufen von Zellen, zwischen denen die Bacillen
lagen. Diese Zellen sieht Sc hi eck als „epithelioid degenerierte“
fixe Zellen an: sie haben ganz das Aussehen der von der Tuberkulose
anderer Körperstellen her bekannten epithelioiden Zellen, es zeigen
sich alle denkbaren Uebergangsformen zu benachbarten Corneazellen,
und die ohne Leukocytenbeteiligung geheilte Impfstelle besitzt über-
haupt keine anderen zelligen Elemente.
Im weiteren Verlauf geht das Corneaepithel über diesen kleinen
Herden zu Grunde und nun erfolgt die Einwanderung der Leukocyten
aus dem Konjunktivalsack.
Hatte sich das Cornealepithel überhaupt nicht regeneriert, dann
Digitiz
Tuberkulose.
61
tritt diese Einwanderung früher und stärker auf, stets aber ist sie
bei Bacillcogegenwart bedeutender als in einfachen oder mit blanden
Fremdkörpern versehenen Wunden.
Der größeren Quantität von Bacillen entsprach eine größere In-
tensität der Einzelvorgänge der Tuberkelbildung; die Verwendung
abgeschwächter Kulturen verlangsamte den Prozeß.
Baumgarten’s Lehre von der Mitbeteiligung der fixen Zellen
wird also durch Sc hi eck bestätigt, die Beteiligung der Leukocyten
aber in Abhängigkeit von der Beschaffenheit der Impfstelle, der
Quantität und Qualität der Bacillen gebracht. Ein Schema des
Verlaufs der Cornealtuberkulose läßt sich also nicht aufstellen, dieser
wechselt mit den verschiedenen Bedingungen und so erklären sich
die verschiedenen Angaben der Autoren.
Baumgarten beispielsweise, der die Augen seiner Versuchs-
tiere unter beständiger, die Leukocytenein Wanderung verzögernder
Atropinwirkung hielt, mußte über die Beteiligung der Leukocyten
andere Resultate erhalten, als Schi eck in seinen Versuchen.
G. Rick er (Rostock).
Klepp, Ueber angeborene Tuberkulose bei Kälbern
(Zeitschrift für Fleisch- und Milchhygiene. 1896. Heft 10.)
Verf. bemerkte im Kieler Schlachthofe bei Kühen mit einer Tuber-
kulose des Bauchfells sehr oft eine mehr oder minder starke Tuber-
kulose der Gebärmutter vereinigt. Diese Beobachtung veranlaßte ihn,
bei geschlachteten neugeborenen Kälbern auf etwa vorhandene Tuber-
kulose zu achten, insbesondere bei der Untersuchung die portalen
Lymphdrüsen anzuschneiden. Er fand in den ersten 5 Monaten des
Jahres 1896 auf diese Weise 26 Tiere mit verkästen Portaldrüsen
heraus, was einem Prozentsatz von 0,64 entspricht; ob in den
makroskopisch als tuberkulös erkannten Portaldrüsen jedesmal T.-B.
gefunden wurden, erwähnt Kl. nicht. Nach dem vom Ministerium
gesammelten Ergebnis der preußischen Schlachthöfe sind aber nur
0,05 Proz. der Kälber überhaupt als tuberkulös erkannt worden. Die
Infektion der Kälber ist wohl zweifellos auf placentarem Wege zu-
stande gekommen. Bezüglich der Vererbung der menschlichen Tuber-
kulose wäre es jedenfalls auch wünschenswert, bei Obduktionen von
Säuglingsleichen den Portaldrüsen Aufmerksamkeit zu schenken. An
praktischen Schutzmaßregeln gegen die Verbreitung der Tuberkulose
durch das Fleisch derartiger Kälber verlangt K 1., daß jedes von einer
leagierthabenden Kuh stammende Kalb einige Wochen nach der
Geburt einer Tuberkulininjektion unterworfen werde.
V a ge des (Berlin).
CadioL Contribution ä l’fitude de la tuberculose des
petits animaux. (La Semaine mödicale. 1896. p. 462.)
Ueber eine Reihe von höchst interessanten Untersuchungen be-
treffs des Vorkommens der Tuberkulose bei Tieren berichtet Cadiot.
Von einer Anzahl Autoren liegen über dieses Thema Aufsätze vor,
Beweis dafür, welche eminente Bedeutung in letzter Zeit die Frage
gewonnen hat. welche Rolle wir unseren Haustieren bei der Ueber-
62
Tuberkulose.
t ragung der Tuberkulose auf den Menschen zuschreiben müssen.
Ueber das bloße Verschleppen von tuberkulösen Keimen auf Menschen
durch Katzen wurde von anderen Autoren bereits berichtet. C. nun
tritt auf eine große Anzahl Autopsien gestützt der bisher geltenden
Anschauung entgegen, daß die Tuberkulose der Huude etwas sehr
Seltenes sei. Er weist nach, daß man bisher in den meisten Fällen
für andere Krankheiten gehalten habe, vor allem für Carcinom, was
bei näherer Untersuchung sich als Tuberkulose erweist. Daß tuber-
kulöse Affektionen bei Hunden nicht eine so seltene Erkrankung ist.
beweist die Tbatsache, daß von C. in wenigen Jahren 205 tuberkulöse
Hunde seziert worden sind. Bei 53 von diesen waren die tuber-
kulösen Affektionen auf die Brustorgane, bei 12 auf die Bauchorgane
lokalisiert. Die Lungen waren affiziert in 158 Fällen und die Leber
in 119. Pleuritis war ein häufiges Vorkommnis und gelangte bei
obigen Fällen 90 mal zur Beobachtung. Bei 12 Tieren fanden sieh
Fisteln in der Halsgegend, die stark eiterten und deren Eiter
zahlreiche Bacillen enthielt.
Von 9 tuberkulösen Katzen ergab die Untersuchung bei einer
eine Halsfistel, bei einer anderen eine breite Ulceration an der Nase.
Diese letzteren, die äußeren tuberkulösen Affektionen, fand C. be-
sonders häufig bei Papageien. Von besonderer Bedeutung aber war
die Thatsache, daß die Tuberkulose dieser Tiere auf Säugetiere über-
tragbar war und bei letzteren die Erkrankung sich in gleicher Weise
manifestierte. Während aber die Tuberkulose der Säugetiere für
Hühner unschädlich war, erwies sie sich als übertragbar auf Papa-
geien. Auch die menschliche Tuberkulose ging auf Papageienweibchen
über und erzeugte hier identische Krankheitsbilder. Aus dem An-
geführten geht mit Evidenz hervor, mit wie großem Recht die tuber-
kulöse Erkrankung unserer Haustiere als eine Quelle der Erkrankung
für Menschen zu fürchten ist. Ahlefelder (Charlottenburg).
Houck, Ulysses 6., Tuberculosis in a dog.J. (The Veterinary
Magazine. Vol. 111. 1896. No. 3. p. 183-186.)
Bei einem 2 */•< jährigen Bernhardiner, welcher später als tuber-
kulös erklärt worden war, wurden nach der Sektion hirseförmige
Tuberkeln in Peritoneum, Darmkanal, Lympbdrüsen, Nieren, Milz,
Leber und Lungen gefunden. Die Infektion hat wahrscheinlich durch
den gastro-intestinalen Kanal stattgefuDden.
L. H. Pamniel (Jowa Agricultural College, Arnes).
Gulllebeau, Die Verwendung des Fleisch es tuberkulöser
Tiere und die Gesundheitspflege. [6. internat. tierärztl.
Kongreß. Bern 1895.] (Berichte und Verband!. 1896. p. 826— 833).
Weil die Einführung des Bacillus tuberculosis Koch in
die Verdauungsorgaue beim Menschen imstande ist, die Tuberkulose
zu veranlassen;
das scheinbar normale Fleisch tuberkulöser Tiere zu gewissen,
wenn auch vielleicht zu seltenen Zelter» Tubcrkelbacillen enthält;
dies bestätigend, die Tuberkulose sich vorzugsweise durch die
Blutbahn verbreitet;
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Tuberkulose.
63
der Sektionsbefund über den Racillengehalt des Blutes und des
Fleisches keinen Anhaltspunkt zu geben imsStande ist;
die jetzt übliche Tuberkulininjektion der Verallgemeinerung der
Tuberkulose mächtig Vorschub leistet;
die relative Seltenheit der Bacillen im Blute und Fleisch für die
Lebensmittelpolizei gleichbedeutend ist mit dem Fehlen derselben;
die Tuberkelbacillen einer Wärme auf 70— 80° erliegen, so er-
giebt sich,
daß in Gegenden, in denen das Fleisch mager gekocht genossen
wird, der Verkauf des gut beschaffenen Fleisches tuberkulöser Tiere
nach Entfernung der käsigen Herde freigegeben werden kann;
daß in Gegenden, in denen das Fleisch teilweise roh genossen
wird, das Fleisch tuberkulöser Tiere, gleichgiltig in welchem Stadium
sich die Krankheit befinde, nur auf der Freibank, oder, was bedeutend
vorzuziehen ist, in sterilisiertem Zustande verkauft werden darf.
Die wirksamste Bekämpfung der Tuberkulose des Rindes besteht
in der sorgfältigsten Sammlung und Vernichtung des Auswurfes tu-
berkulöser Menschen. E. Roth (Halle a. S.)
Bay, J. Christian, Tubercular i nfectiousn ess of milk.
(Annual Report of the Jowa State Dairy Commissioner 1896.)
563 Milchproben, von denen 359 ungemischte, 204 gemischte
Milch enthielten, wurden auf Tuberkelbacillen untersucht. Die Milch
wurde centrifugiert und der Bodensatz auf Bacillen gefärbt, Tierver-
suche wurden leider nicht angestellt. Es ist aus der citierten
Arbeit von Buege ersichtlich, daß dem von Bay geübten Unter-
suchungsverfahren kein großer Wert beizumessen ist. Von den 204
Proben enthielten 4, also etwa 2 Proz., von den 359 ungemischten
Proben 51, also 14 Proz., Tuberkelbacillen. Verf. bespricht an der
Hand statistischer Daten ferner, wie sehr durch die verbesserten
hygienischen Verhältnisse die Sterblichkeit an Tuberkulose in den
letzten Jahren heruntergesetzt wurde. W. Kempner (Berlin).
Wolff, F., Zur Hereditätslehre der Tuberkulose. (Mün-
chener med. W oebeuschrift. 1896. No. 14.)
Auf Grund seiner Krfabrungen in Reiboldsgrün weist Verf. auf
die große Bedeutung der hereditären Momente für das Zustande-
kommen der tuberkulösen Erkrankung hin. Von 250 aus den Jahr-
gängen 1895 und 1896 beliebig ausgewählten Fällen konnte nur in
33 Fällen (13,2 Proz) keine hereditäre nachgewiesen werden. Bei
genauer Berücksichtigung der Heredität und der bei jedem Krankheit-
sfall vorliegenden letzten Anlässe, Belastung der auslösenden Momente
betrachtet es Verf. als feststehend, daß bei schwer hereditär be-
lasteten Individuen schon leichte Anlässe zur Erkrankung genügen,
bei kaum hereditär Belasteten dagegen (nur Anlässe schwerer Art
die Erkrankung herbeiführen. Dieudonnä (Berlin).
Laser, Ueber die Häufigkeit des Vorkommens von
tuberkulösen Halsdrüsen bei Kindern. (Dtsch. med.
W’ochenschr. 1896. No. 31.)
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64
Tuberkulose.
Bei Zusammenstellung der Ansichten und Untersuchungsergebnisse
einer größeren Zahl von Autoren über die Entstehung der mensch-
lichen Tuberkulose gelangt der Verf. zu den Schlußfolgerungen, daß
die Krankheit meist erst nach der Geburt erworben wird, sich im
Kindesalter am häufigsten unter der Form der Skrofulöse zeigt und
sowohl durch Aspiration der Tuberkelbacillen als auch durch eine
direkte Uebertragung entsteht, indem die an der Erde spielenden
Kinder mit ihren Händchen die Tuberkelbacillen auf ihre Haut und
Schleimhäute bringen. Auf die letzte Art der Entstehung de3 Leidens
hatte besonders Volland die Aufmerksamkeit gelenkt und die
Häufigkeit von Schwellungen der Halslymphdrüsen im Kindesalter als
Beweis dafür angeführt. Um statistisches Material dazu zu ge-
winnen, untersuchte Verf. die Kinder einer Mittelvolksschule, einer
Knabenvolksschule und einer Mädchenvolksschule in Königsberg i. Pr.
Ueber jeden der insgesamt 873 Schüler und 343 Schülerinnen wurde
eine Zählkarte angelegt, in welche ausführliche anamnestische Angaben
und genaue Untersuchungsbefunde einzutragen waren. Von den 873
Knaben und 343 Mädchen hatten, soweit sich ermitteln ließ, 17,6 Proz.
(22,4) Diphtherie, 78,6 Proz. (80,5) Masern, 35,2 Proz. (37,1) Schar-
lach, 20,7 Proz. (24,8) Mandelentzündung durchgemacht; 11,8 Proz.
(23,3) hatten an Skrofeln gelitten, und bei 7 Proz. (9) war Phthise
in der Familie vorgekommen. Von 492 Knaben der Mittelschule
hatten nur 9,3 Proz., von 381 Volksschülern 10,5, von 343 Mädchen
14,9 Proz. keine geschwollenen Drüsen. Von sämtlichen Kindern
hatten 568, d. i. 46,7 Proz. Drüsenschwellungen, ohne daß deren Ent-
stehung auf bestehende Angina, Mandelhypertrophie oder Ekzem
zurückgeführt werden konnte. Verf. stellt folgende Schlußsätze auf:
1) Es erkranken mehr Mädchen als Knaben an Masern, Schar-
lach, Diphtherie, Mandelentzündung und Skrofeln.
2) Die Knaben hingegen haben häutiger angeschwollene Hals-
lymphdrüsen als die Mädchen.
3) Ein Abnehmen der Zahl der mit angeschwollenen Halslymph-
drüsen behafteten Kinder mit dem Alter läßt sich nicht nach weisen.
4) Die Häufigkeit des Vorkommens von Halslymphdrüsen-
anschwellung steht nicht im Verhältnis zur Häufigkeit des Auftretens
der Tuberkulose.
5) In der Mehrzahl der Fälle sind jedenfalls die Drüsen-
anschwellungen nicht auf Tuberkulose, sondern auf andere ätiologische
Momente zurückzuführen.
6) Es ist immerhin als sicher anzunehmen, daß die Tuberkulose
meistens nicht durch Vererbung des Krankheitskeims übertragen
wird, sondern in der bei weitem überwiegenden Mehrzahl der Fälle
durch eine Infektion post partum.
7) Es ist also anzustreben, daß die Kinder vor dem Einatmen
zerstäubten tuberkulösen Staubes gehütet werden und ebenso vor
direkter Infektion durch am Erdboden beschmutzte Hände.
K ü bl er (Berlin).
Schlesinger, E., Die Tuberkulose der Tonsillen bei Kin-
dern. (Berliner Klinik. Heft 99. 1896.)
Tuberkulose.
65
Verf. hat im Kaiser und Kaiserin Friedrich-Kinderkrankenhause
m Berlin in 17 Fällen von Tuberkulose die Tonsillen post mortem
untersucht. Es fanden sich unter 13 Fällen von florider Lungen-
tuberkulose, die stets mindestens mit kleinen käsigen Pneumonieen,
mit käsiger Peribronchitis einhergiugen, 12 mit Tonsillartuberkulose
kombiniert. Bei 4 Fällen mit obsoleter Lungentuberkulose, mit alten
Kalkherden in derselben oder mit Darm- und Knochentuberkulose,
hei Freisein der Lungen, fanden sich keine tuberkulösen Veränderungen
in den Mandeln. So konnte Verf. den für Erwachsene aufgestellten
Parallelismus zwischen Lungen- und Tonsillartuberkulose auch bei
Kinderleichen wiederfinden: , .Lungenphthise geht fast immer mit
Tonsillartuberkulose einher, und umgekehrt, bei Tonsillartuberkulose
fehlt nie Lungenphthise. Bei unbedeutenden tuberkulösen Lungen-
erkrankungen, speziell bei zur Ausheilung gekommenen Lungenherden,
sind auch die Tonsillen frei von tuberkulösen Veränderungen“.
W. Kempner (Berlin).
Gottstein, Georg, Pharynx und Gaumentonsille primäre
Eingangspforten derTuberkulose. (Berliner klin. Wochen-
schrift. 1896. No. 31 u. 32.)
Das Material des Verf.’s stammt aus der Störk’schen Klinik in
Wien. G. berichtet über 6 Fälle, in denen die mikroskopische Unter-
suchung Tuberkulose in adenoiden Vegetationen oder den Hachen-
tonsillen ergab, ln allen Fällen waren nicht nur Riesenzellen, son-
dern deutlich Tuberkelbildung vorhanden, während Verkäsung und
Tuberkelbacillen fehlten. Die Lungen waren frei von Tuberkulose.
Verf. bespricht des näheren den Infektionsmodus, für die Rachen-
tonsilie kommt ausschließlich die Infektion durch die Inspirationsluft
in Betracht, während bei der Gaumentonsille außerdem eine Infektion
durch Nahrungsmittel möglich ist. Die klinische Diagnose der Er-
krankung kann nicht gestellt werden, die Prognose scheint sehr
günstig. W. K e m p n e r (Berlin).
Sehultze, S., Tuberkulöse Iritis mit Keratitis paren-
chymatosa. (Archiv f. Augeuhlkd. Bd. XXXIII. p. 145—158.)
Nach polemischer Wiedergabe der hauptsächlichen, einschlägigen
Litteratur berichtet Verf. über einen Fall, welcher eine Kombination
darstellt von Keratitis parenchymatosa mit Iritis tuberculosa, ohne daß
zur Zeit der Untersuchung und noch ein Jahr später irgendwelche
anderweitige Erkrankungszustände festgestellt werden konnten. Es
handelte sich um einen 20 jährigen jungen Mann, der, aus gesunder
Familie stammend, vor ca. 6 Jahren einmal kurze Zeit Blut gehustet
hatte; die allgemeine Untersuchung des mittelgroßen, etwas blassen, aber
leidlich kräftigen Menschen konnte an inneren Organen nirgends etwas
Krankhaftes nacbweisen, „nur an der rechten Lungenspitze war eine
geringe Dämpfung vorhanden“. Kein Husten, kein Auswurf, kein Fieber.
Das klinische Bild der Augenerkrankung war das einer parenchymatösen
Keratitis und chronischen Iritis mit Exsudat in der Vorderkammer und
mit Knotenbildung im Kammerwinkel; die anatomische Untersuchung
des cnukleirten Auges ergab Zellinfiltrationen und Gefäßentwickelung in
Ent« Abt. XXI. tut. &
-oogle
66
Tuberkulose.
der Cornea, eine zellreiche Exsudatschicht auf dem Endothel mit
partieller Zerstörung desselben und der Membrana Descem., ferner
ein serös- fibrinöses Exsudat in der Vorderkammer, typische, mittel-
große Tuberkel im Kammerwinkel mit Riesenzellen und Tuberkel-
bacillen und endlich zahlreiche kleine Knötchen in der Iris, deren
tuberkulöse Natur zwar nicht durch Bacillen befunde erwiesen, aber
trotzdem als ziemlich sicher anzusehen ist. Verf. hält diesen Fall für
eine primäre Tuberkulose des Augapfels, bei dem (wie in ähnlichen
anderen) die Infektion vom Konjunktivalsack aus, der ja stets mit
Bakterien aller Art erfüllt ist, stattfand, indem entweder durch die
intakte Epitheldecke hindurch oder, was wahrscheinlicher erscheint,
durch einen kleinen Epitheldefekt an der Corneoskleralgrenze einige
aus der Luit stammende Tuberkelbacillen oder -sporen resorbiert
wurden. — Die parenchymatöse Keratitis hält S. für eine sekundäre
Erscheinung und leitet ihre Genese folgendermaßen her: Die Hornhaut-
veränderungen, hauptsächlich die zelligen Infiltrationen, sind gerade in
den tiefsten Schichten und direkt über der Membr. Descem. am stärksten,
und da nun experimentell nachgewiesen ist, daß Zerstörung des Endo-
thels in der Membr. Descem. auf mechanischem oder chemischem Wege
bei Tieren genau das Bild der Kerat. parenchym. erzeugt, so darf
man annehmen, daß auch bei der Kerat. parenchym. des Menschen
die Zerstörung des Endothels und der Membr. Descem. der Anfang
und die Ursache des Krankheitsbildes ist. Die pathologischen Bei-
mengungen zum Kammerwasser (Toxine oder dergl.), wie sie ja bei
Lues congen. und Tuberkelentwickelung im Kammerwinkel und auf
der Iris leicht möglich und begreiflich sind, zerstören zuerst das Endo-
thel und dann auch die Membr. Descem., wodurch dem Kammerwasser
dann Gelegenheit gegeben ist, seine deletäre Wirkung auch auf die
Hornhautsubstanz selbst auszuüben. Schlaefke (Cassel).
Lannelongue et Achard, Associations microbiennes et
suppuratious t u be r cu leu ses. (Revue de la Tuberculose.
1896. p. 9.)
Die eitererzeugende Fähigkeit des Tuberkelbacillus wird,
obwohl mehrfach experimentell bewiesen, trotzdem von vielen Klinikern
negiert. Da jedoch bei den meisten diesbezüglichen Untersuchungen
kein Unterschied zwischen offenen und geschlossenen tuberkulösen
Eiterherden gemacht wird, so sind dieselben nicht eindeutig. Verfl.’s
Untersuchungen erstrecken sich auf 62 tuberkulöse Patienten, in 16
Fällen wurde die klinische Diagnose durch positive Verimpfung, in
2 Fällen durch Tuberkulinreaktion bestätigt. Von 57 Fällen mit
völlig geschlossenen Eiterherden fiel 51 mal der Kulturversuch negativ
aus, 4mal fand sich der Stap hy 1 ococcu s aureus, 2mal Strepto-
kokken. Die 5 offenen tuberkulösen Eiterherde hingegen gaben ein
positives Resultat, 2 mal fanden sich Staphylokokken, 2 mal Strepto-
kokken, 1 mal beide genannten Arten mit einem Saprophyten zu-
sammen.
Verschiedene Autoren schreiben die Fiebererscheinungen lediglich
den mit dem Tuber kelbacillus assoziierten Kokken zu, während
Straus erst kürzlich nachgewiesen, daß der Tuberkelbacillus
:ized
ogle
Tuberkulose.
67
allein fiebererregende Eigenschaften besitzt. Bei den Untersuchungen
der Verff. zeigten sich die Fiebererscheinungen in 14 Fällen, erstens
bei jenen 6 Fällen, die mit Kokken kompliziert waren, außerdem
jedoch noch in 8 Fällen, in denen Kulturversuche negativ ausfielen.
Das Fieber scheint also nicht immer eine Folge der Kokkenassoziation
zu sein.} W. Kempner (Berlin).
Goldschmidt, E. und Luxenbnrgt r, A., Zur Tuberkulose-
Mortalität und - Morbidität in München. [Aus der med.
Universitäts-Poliklinik in München.] (Münchener med. Wochen-
schrift. 18U6. No. 35.)
Das Material zu der vorliegenden Statistik ist ausschließlich der
Münchener Poliklinik entnommen, weshalb sich dasselbe den Durch-
schnittsverhältnissen der unteren Volksschichten Münchens ziemlich
nähert. Bei 100 Sektionen wurde Tuberkulose als Todesursache^ in
44 Fällen nachgewiesen, außerdem aktive Lungentuberkulose in 12
Fällen, inaktive (geheilte) in 24 Fällen; keine sicheren Zeichen für
Tuberkulose konnten nur in 20 Fällen gefunden werden. Auf die Ge-
samtzahl der Todesfälle der Poliklinik, von denen ungefähr die Hälfte
nicht seziert wurde, betrug die Zahl der an Tuberkulose Gestorbenen
im Jahre 1893 48 Proz., 1894 50 Proz. und 1895 50,6 Proz. Be-
merkenswert erscheint, daß die tuberkulösen Männer relativ und ab-
solut ein höheres durchschnittliches Lebensalter erreichten als die
tuberkulösen Weiber, während bei den nicht Tuberkulösen dieses
■Verhältnis sich verwischte oder sogar umdrehte. Die Erklärung
dieser auffallenden Tbatsache ist nach der Ansicht der Verff. darin
zu finden, daß in den unteren Volksschichten die Männer infolge
ihres Berufs als Tagelöhner, Maurer etc, viel mehr Gelegenheit haben,
im Freien zu arbeiten als die Weiber und daß sie außerdem auch
auf ihre Ernährung fast durchweg mehr Geld verwenden, als auf die
der W'eiber. Dieudonnö (Berlin ).Jj
Surmont et Prldhomme, La phtisie pulmonaire ä Lille.
(Revue d’Hygiöne. 1896. p. 591.)
Die Sterblichkeit an Phthisis ist in Lille in den letzten Jahren
beständig gesunken (vom Maximum anno 1893 mit 47,5 u /ooo auf
das Minimum 25,7 # / 00u anD0 1895). Die allgemeine Mortalität
ist dabei dieselbe geblieben (um 260®/, oa ). Ein Gtuud für die
Abnahme ist um so weniger einzuseben, als etwa die Hälfte der Liller
Einwohnerschaft Arbeiterbevölkerung ist , in welcher wegen ihrer
schlechten hygienischen Verhältnisse die Phthise erfahrungsgemäß be-
sonders zu grassieren pflegt, und als die Assanierungsarbeiten in Lille
nur mäßige Fortschritte gemacht haben. Ob man einer besseren indi-
viduellen Prophylaxe auf Grund wachsender Kenntnis der Phthise die
Abnahme der Mortalität zuschreiben darf, mag als sehr zweifelhaft
dahingestellt bleiben.
Von Phthise betroffen werden nach den statistischen Ausweisen
in Lille hauptsächlich die niederen Klassen. Die meisten Todesfälle
fallen in den Winter. Die Phthise ist sehr häufig in den ersten Jahren,
wird dann selten im Alter von 5 — 10 Jahren, so selten wie zwischen
6 *
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<58
Mumps. — Tierische Parasiten.
dem 80. und 90. Jahr. Vom 10. Jahre an nimmt sie zu und erreicht
zwischen dem 30. und 40. Jahre ihr Maximum mit 71 */„„„ der
Bewohner. Die Statistiken anderer Städte, wie Paris, Brüssel, llelsing-
fors geben ähnliche Kurven. Wenn Würzburg für Preußen andere
Zahlen gefunden hat, so beruht dies nach den Verff. darauf, daß er
Stadt und Land zu seiner Statistik herbeigezogen hat. Aller Wahr-
scheinlichkeit nach werden aber auf dem Lande andere Verhältnisse
in der Phthisemortalität herrschen, weil die Infektionsquellen weniger
zahlreich, die hygienischen Zustände dagegen bessere sind.
R. Abel (Hamburg).
Meeray, P. M. and Walsh, J. J., Some notes on the bacte-
riology of mumps. (Medical Record. 1896 Sept. 26.)
Eine Hausepidemie im Kinrterasyl zu Caraden veranlaßte die
Verff. zur bakteriologischen Untersuchung des Ohrspeicheldrüsen-
sekrets, wie es sich im Ductus stenonianus vor dessen Eintritt in den
Mund vorfand, und des Blutes. Sie fanden einen dem von Laveran
und Catrin beschriebenen ähnlichen Micrococcus, der zu
Paaren, manchmal auch zu Vieren, selten In größeren Gruppen, wächst
und den gewöhnlichen Eiterkokken an Größe gleichkommt. Die
Kolonieen bilden kreisrunde weiße, glänzende Punkte, die sehr lang-
sam weiterwachsen und allmählich Zusammenflüßen. Die langsame
Entwickelung iBt charakteristisch; einmal wurden die drei Tage nach
der Aussaat als steril bei Seite gestellten Gelatineröhrchen nach
weiteren drei Tagen voll weißer Kolonieen gefunden. Bei gewöhn-
licher Temperatur beginnt die Gelatine erst nach 10—12 Tagen sich
zu verflüssigen und der Prozeß schreitet nur langsam vorwärts. Auf
der Kartoffel erscheint erst am 3. Tage ein zarter weißer Streifen,
der sich langsam zu einem dünnen Häutchen ausdehnt. Auf Blut-
serum ist das Wachstum schneller; die Kolonieen sind aber nicht
so weiß. Lakmusmilch nimmt am 3. Tage eine Rosafärbung an und
gerinnt. Milch ist ein vortrefliicher Nährboden und scheint ein zur
Verbreitung der Krankheit geeignetes Mittel zu sein.
Von den in 8 Fällen gemachten Blutkulturen wurde in 2 ein
negatives Resultat erhalten ; in 3 ergaben sich Reinkulturen des be-
schriebenen Diplococcus und in den 3 übrigen fand sich derselbe
mit anderen Kokken, besonders einem Staphy lococcus (wahr-
scheinlich Staph. epiderraidis albus) vergesellschaftet.
S e n t i fl o n (Barcelona).
Paroua, C., Note intorno agli elminti del Museo Zoolo-
gico di Torino. (Bollettino dei musei di anat. comp, e Zoologia
della R. universitä di Torino. Vol. XL No. 258.)
Prof. C. Parona hat eine Revision der Helminthen des Zoolo-
gischen Museums der Universität zu Turin gemacht. In diesen
kurzen Mitteilungen sind 32 Arten aufgezählt:
1) Ootobothrium lancoolatum Leuok ; bis jetzt war es noch
nicht in Italien gefunden. In Alosa vulgaris.
2) Diplozoon paradoxum v. Noord. ; in Fhoxinus laevis.
8) Distomum maculosum Rud.; neu für Italien. In Cypselua
apus.
!
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Tierische Parasiten.
69
4) I). heteroBtomum Rud. ; neu für Italien. In Ardes purpure a.
5) D. holostomum Rud. In Sterna hirundo,
6) D. crassicolle Rud.; de Fiiippi hatte es D. enterarehos
n. «p. bezeichnet. Verf. sagt, dafs er nichts anderes ist als D. oras-
sicolle Rud.; in Salaman drina perspioillata.
7) D. globigerum Rud.; neu für Italien. In Peroa fluviatili».
8) D. spirale de Fil. n. sp. ? Es ist nicht möglich zu sagen, ob es
mit D. carnoeum identisch ist. In Dentez vu'garis.
9) Monostomum flavum Mehl. In Anas fuligula.
10) M. lanceolatum Wedl. ; neu für Italien. In Himantopus
m ela n o p t erus.
11) Taenia n. sp. ? Nur einige Stücke ohne Soolex bei Felis leo.
12) T. marginata Bätsch. In Canis lupus.
13) Dipylidium Fasqualei Diam. In Oanis lupus.
14) D. caninum Linn. In Felis catus mit zwei Oestruslarven.
15) MesooeBtoides lineatus Göze. In Vulpes vulgaris.
16) Moniezia planissima. Stil, e Hass.
17) Hymenolepis serpentulus Schrank; neu für Italien. In
GarruluB glandarius.
18) Taenia platycephala Rud.; neu für Italien. In A lau da
irren si s.
19) Hymenolepis liguloides Gerv. In Phoenicopterus ro-
se u s.
20) Darainea sph aero c ep hal a Rud. In Numerius arquata.
21) Hymenolepis capillaris Rud.; neu für Italien, ln Podi-
cep s auritu s.
22) Cysticercus cellulosae Rud. In menschlichen Muskeln.
23) C. fasciolaris Rud. Im Magen von Vulpes vulgaris.
24) Bothriocephalus decipiens Dies.; neu für Italien. In Canis
lupus.
25) B. hians Dies. In Phoca vitulina und Pelagius mona-
chus.
26) B. elegans Krab.; neu für Italien. In Phoca vitulina.
27) Bothriotaenia rugosa Rud.; neu für Italien. In Merluoius
vulgaris.
28) Ascaris transfusa Rud. In Draus americanus und Ursus
a r c t o s.
29) A. cephaloptera Rud. In Vipera aspis und Natrix tor-
quata.
30) Heterakis maculosa Rud. In Turtur sylvaticus.
31) Oxyuris curvula Rud. In Equus oaballus der in Linque
(Paraguay) gestorbenen Var.
32) Filaria perforans Molin. In Mustela foina.
B. Galli- Valerio (Mailand).
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70
UntersuehuQ4s(nethftden, Instrumente etc.'
Untersuchungsmethoden, Instrumente etc.
ßucge, Ueber die Untersuchung der Milch auf Tu-
berkclbacillen. [Inaug.-Dissertation.] Halle a. S. 1896.
B. untersuchte unter Leitung C. Fränkel’s 9 Proben der
Hallenser Marktmilch auf lebende Tuberkelbacillen. Die Milch
wurde in der Gerber’schen Handcentrifuge geschleudert. Rahm und
Bodensatz miteinander gemischt und davon 5 ccm einem Meer-
schweinchen intraperitoneal injiziert, für jede Probe wurden 2 Tiere
benutzt. 2 Proben gaben zum Auftreten von tuberkulösen Verände-
rungen Veranlassung, die durch genauen mikroskopischen Nachweis
bestätigt wurden. Von der einen Probe starben die beiden Tiere an
Tuberkulose, von der anderen nur eines.
Verf. suchte nun zu ermitteln, ob es nicht möglich sei, die Tu-
berkelbacillen unmittelbar im Deckglaspriiparate nachzuweisen. Es
wurde sowohl das Biedert’sche wie das Spengler’sche Sedi-
mentierungsverfahren ausgeführt, ferner die von Schrank speziell
für die Milchuntersuchung angegebene Methode, welche neben der
Sediraentierung auch eine vollständige Entfettung der Milch erstrebt.
Nach allen 3 Methoden gelang es, bei den Vorversuchen mit künst-
lich infizierter Milch, auch bei großer Verdünnung, die Tuberkel-
bacillen im Präparat wieder aufzufinden, während mehrere Proben
Marktmilch, nach denselben Methoden behandelt, negative Resultate
ergaben. Da die Tuberkelbacillen jedenfalls in geringer Anzahl in
der Marktmilch vorhanden sind, so bleibt vorläufig nur die intra-
peritoneale Verimpfung auf empfängliche Tiere das einzig brauchbare
Hilfsmittel. VV. Kempner (Berlin).
Rondell!, A. und ßuscalionl, L., Ueber eine neue Färbungs-
methode des Tuberkel bacillus.
Verff. schlagen eine Methode vor, die die Vorteile der Schnellig-
keit mit einer großen Einfachheit der Technik verbindet, und zu der
sie durch Auwendung von Javellewasser als Entfärbungsmittel ge-
kommen sind. Das Javellewasser, welches den Verff. die zuverlässig-
sten Ergebnisse lieferte, präpariert man wie folgt: Man löst 6 g
Calciumhypochlorit in 60 g Wasser, indem man die Lösung ab und
zu rührt und diese etwa 2 Stunden lang in einer fest verschlossenen
Flasche aufbewahrt, ln einem zweiten Gefäße löst man 12 g Kalium-
carbonat in 40 g Wasser, filtriert alsdann die Lösung, die mau danu
mit der vorigen vermengt, man rührt einige Zeit diese Mischung,
filtriert sie und bewahrt sie in einer blauen, fest verschlossenen
Flasche auf.
Das Eutfärbungsvermögen des Javeliewassers ist der Gegenwart
des sich im Naturzustände allmählich entwickelnden Chlors zuzu-
schreiben.
Nach Verff. wird folgendermaßen verfahren: Man präpariert more
solito einen möglichst dünnen Auswurf auf einem Deckgläschen,
heftet ihn durch Trocknen an der Flamme und färbt mittels heißen
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Untersuchurigsmethoden, Instrumente etc«
71
Ziehl’schen Fuchsins einige Minuten lang, worauf man das Präparat
wäscht und dann ins Javellewasser eintaucht, worin man es so lange
läßt, bis die rote Färbung in eine braungelbe übergeht.
Die Dauer der Eintauchung muß eine längere oder kürzere, je
nach der Güte und Frische des verwandten Reagens, sein. Im all-
gemeinen genügen 2 oder 3 Minuten, um das Präparat unter dem
Mikroskope prüfen zu können. Die Tuberkelbacillen sehen stark
rotgefärbt aus, während die übrigen Elemente und Mikroorganismen
stark braungelb gefärbt erscheinen.
Die von den Verff. vorgeschlagene Methode bietet schließlich den
Vorteil, den Gebrauch von nur zwei Reagentien für die doppelte
Färbung und eine sehr kurze Zeit zur Handhabung in Anspruch zu
nehmen. Abba (Turin).
Sawyer, Examining rectal mucus for tubercle bacilli,
a usefol diagnostic procedure. (Med. News. 1896. Mai 23.)
Verf. hat bei 3 tuberkulösen Patienten, die teils kein Sputum
auswarfen oder in deren Sputum Tuberkelbacillen nicht nachgewiesen
werden konnten, solche in ziemlicher Anzahl im Rektalschleim gefun-
den. Der Schleim wurde mittels steriler (lesen entnommen und
nach der Tuberkelbacillenmethode gefärbt. Diese Methode verdient
bei Verdacht auf primäre Darmtuberkulose, sowie bei tuberkulöser
Allgemeinerkrankung Berücksichtigung, falls die anderen Untersuchun-
gen keine sichere Diagnose gestatten. W. K empner (Berlin).
Holmes, A. M.. The diagnosis of tuberculosis from the
morphology of the blood — an original research with
report of cases. (Medical Record. 1896. Sept. 5.)
Durch ein sorgfältiges vergleichendes Studium des Blutes in
den verschiedenen Stadien und Formen der Tuberkulose ist Verf.
zu dem Schlüsse gekommen, daß folgende Befunde für das Vorhanden-
sein erwähnter Krankheit sprechen: Auffallende Abweichungen von
den normalen (nach Neudorfer) Verhältniszahlen der verschiedenen
Arten von Leukocyten; bedeutende Abnahme der kleinen Lympho-
cyten; große Zunahme der Phagocyten; merkliche Zunahme der großen
Lymphocyten; viele Riesenlymphocyten von unregelmäßigem Umriß;
nur wenige oder gar keine eosinophilen Zellen bei hochgradiger
Krankheit; gelegentliche Myelocyten; deutlicher Zellenzerfall mit An-
häufung von Detritus; Phagocyten von verschwommenen Umrissen
mit wenigen schwach gefärbten und zerstreut liegenden Körnchen ;
merkliche Unregelmäßigkeit in Größe und Gestalt der Phagocyten,
von den kleinen Lymphocyten bis zu den Riesenphagocyten mit
fünf oder noch mehr Kernen; in großen und kleinen Lymphocyten
trennt oft ein deutlicher Ring den Kern vom Zellkörper; körnige
Phagocyten nehmen eine basophile Färbung au, als Anzeichen nahen
Zerfalls; Zusammenhäufung der Phagocyten, vor ihrer Auflösung sehr
geringer Zerfall der roten Zellen.
Verf. stellt in einer Tabelle 35 der von ihm untersuchten Fälle
zusammen und befürwortet das Studium der Leukocyten behufs
recht früher Diagnose der tuberkulösen Erkrankungen.
Sentifion (Barcelona).
72
UnUrsnchaogsmethoden etc. — Schutzimpfung etc.
Ingraham, Ch. W., A criticism on the „guinea-pig test“
for tuberculosi8. (Medical Record. 1896. May 23.)
Verf. betont, daß die „Meerschweinchenprobe“, wie sie gewöhn-
lich ausgeführt wird, durchaus nicht beweiskräftig ist, indem der
Umstand, daß ein Meerschweinchen sich nach Einspritzung von ver-
dächtigem Material als tuberkulös erweist, noch lange nicht beweist,
daß die Krankheit eben in der Einspritzung ihre Ursache hat. Die
Momente, welche nach Verf.’s Meinung die Richtigkeit des Ergeb-
nisses der Probe beeinträchtigen können, sind:
1) Gleichzeitige Infektion aus gewöhnlichen Quellen;
2) der Einfluß der allgemeinen Umgebung;
3) Infektion aus verseuchten Ställen noch bevor oder auch nach-
dem der Versuchansteller in den Besitz der Tiere gekommen ist;
4) der Einfluß der Nahrung in bakteriologischer und chemischer
Hinsicht;
5) der Einfluß der Vererbung;
6) direkte Ansteckung durch den Züchter und seine Familie
oder durch den Experimentator selbst. Sentifion (Barcelona).
Schutzimpfung, künstliche Infektionskrankheiten, Entwick-
lungshemmung und Vernichtung der Bakterien etc.
Deligiannfs, K. P., QeQaneia r»js xQ 0V ‘a$ tpOlaetus tüy
nvevf/ovwv. (' laiQc/.i) En&uoQifii^. 1896. No. 1 — 5.)
In dieser Vorlesung bespricht Prof. D. zuerst die allgemeine
Prophylaxis der Lungenschwindsucht, geht dann zu den Vorsichts-
maßregeln über, die der Schwindsüchtige beobachten soll, um seine
Lage nicht zu verschlimmern, giebt darauf eine kritische Ueber-
sicht der bisher empfohlenen und versuchten Heilmittel und Heil-
methoden und schließt mit der Behandlung der einzelnen Symptome
und Komplikationen. Die vom Verf. selbst befürwortete Behandlung
besteht in der Darreichung vou Alphakreosot in steigender Dosis von
20 — 50 Tropfen, viermal täglich, so daß also den Tag über 80 — 200
Tropfen (4—10 g) genommen werden, und zwar in Milch. Verf. hat
mit dieser Behandlung, natürlich unter Beobachtung aller hygieni-
schen Vorschriften, mehr als 60 Fälle geheilt, von denen er 17 kurz
berichtet. Die bakteriologische Untersuchung des Auawurfs hat Verf.
davon überzeugt, daß nur die wiederholten großen Dosen imstande
sind, die Bacillen und deren Sporen dauernd zum Verschwinden zu
bringen. Milch ist das beste und für griechische Mägen allein zu-
trägliche Vehikel des Kreosots. Sentifion (Barcelona).
Denlson, Ch., The microscopical proof of a curative pro-
cess in tuberculosis; or the reaction to tuberculin
evidenced by blood changes hitherto unrecog nized..
(Medical Record. 1896. Sept. 5.)
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Schutzimpfung, kttnstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmung etc. 73
Verf. empfiehlt die Leukocy tenuntersuchung nach Holmes als
einfache und sichere Methode, den Erfolg der Tuberkulosebehandlung
za kontrollieren, besonders wenn auch Tuberkulineinspritzungen ge-
macht werden. In einer Tabelle wird das Ergebnis der Unter-
suchungen in 3 Fällen zusammengestellt und zum Vergleich die
Normalzahlen (26 Proz. kleine und 8 Proz. große Lympboeyten,
65 Proz. neutrophile und 1 Proz. eosinophile Leukocyten und 0
Myelocyten) vorangestellt. Im dritten Falle batte Verf. auf das
Fehlen der Bacillen im Sputum hin einfache Bronchitis und Hydro-
nephrosis diagnostiziert. Holmes untersuchte das Blut, ohne von
der Nierenkomplikation Kenntnis zu haben und erklärte den Fall
für tuberkulös; die Tuberkulinprobe bestätigte diese Diagnose. Nach
Verf.’s Erfahrung macht der gleichzeitige Tuberkulingebrauch den
Erfolg der klimatischen Behandlung sicherer und dauerhafter.
Sentifion (Barcelona).
Hafl&ier, Eugen, Z u r F r a g e der Tuberkulosetilgung. (Zeit-
schrift für Fleisch und Milchhygiene. Jahrg. VII. Heft 3.)
Die bisherigen Methoden, welche zur Bekämpfung und Tilgung
der Tuberkulose unter unseren Haustieren ausersonnen wurden,
waren alle mehr oder weniger unzureichend und der Erfolg aller
Maßnahmen war, wie die Schlachthausstatistik ergiebt, eine allmähliche
aber stetige Zunahme der Tuberkuloseerkrankungsfälle. Verf. be-
grüßt daher mit Freude die vom Landwirtschaftsministerium em-
pfohlene Tuberkulinimpfung. Allein, und hierin dürfte ihm unbe-
dingt Recht gegeben werden müssen, es kann eine freiwillige Im-
pfung wohl nie die Tuberkulose in einem ganzen Lande zur Aus-
rottung bringen, weil sich besonders unter den für Neuerungen nicht
gerade sehr empfänglichen Landwirten stets ein Teil den Impfungen
widereetzen wird, und da vor allen Dingen besonders diejenigen,
deren Herden stark verseucht sind. Eine Aenderung erwartet Verf.
nur von einer Aenderung unserer Vorschriften für die Verwendung
tuberkulösen Fleisches. Einmal glaubt Verf. die Gefahr der Infektion,
welche durch die Generalisation der Tuberkulose hervorgerufen sein
soll, nicht allzu hoch anschlagen zu sollen, da das Blut doch in
Bälde die Tuberkelbacillen abtötet und mithin unschädlich macht,
andererseits sieht er aber eine große Gefahr in der Art und Weise,
wie von Schlächtern und Tierärzten u. A. m. mit dem zum Genuß
zugelassenen Fleisch umgegangen wird, indem diese durch ihre Ma-
nipulationen häufig genug ganz gesunde Fleischteile mit den kranken
Stücken beschmutzen und infizieren. Folgende Forderungen scheinen
dem Verf. daher am vorteilhaftesten:
1) Das Fleisch ist möglichst zu schonen, Vernichtung oder Ste-
rilisation sollte nur bei hochgradiger Abmagerung oder allgemeiner
acuter Miliartuberkulose beschlossen werden.
2) Dafür ist größere. Sorgfalt darauf zu verwenden, daß wirklich
alle tuberkulösen Organe beanstandet werden. Sind nur die Lymph-
drüsen erkrankt, so sind die Organe der Körperhöhlen deshalb un-
günstiger zu beurteilen, als das in gleicher Lage befindliche Fleisch,
weil in ihnen natürlich oft Tuberkel gefunden werden, selbst wenn
sie bei oberflächlicher Betrachtung nicht sichtbar sind.
74 Scbotsimptung, kfin»tl. Infektü nskraukheiteu, Entwickelung»bcnjniuug etc.
3) Schließlich bat die Fleischschauordnung vor allen Dingern
darauf zu neben, daß mit dem tuberkulösen Material möglichst vor-
sichtig verfahren wird, daß z. B. zum Ausschneiden der Kaumuskeln*,
zur Behandlung der mit ausgebreiteter Tuberkulose behafteten Rinder
etc. geeignete Leute angestellt werden.
Es könnten tuberkulöse Rinder von besonderen Schlachthaus-
angestellten geschlachtet werden.
Wenn Verf. daher mit der Annahme Recht batte, daß die Ge-
fahr der TubeikuloseverbreituDg durch Fleisch nur minimal ist, so-
glaubt er dennoih nicht von den veteiinfti polizeilichen Maßnahmen
gegen Tuberkulose abseben zu sollen, da die Verluste, die die Land-
wirtschaft jährlich erleidet, hiergegen energische Schritte erfordern..
O. V o g e 8 (Berlin).
Ascher, Die Volksheilst&tten iür Lungenkranke. (Dtsch.
med. Wochenschr. 1896. No. 36.)
Verf. schildert die mit Volksheilstätten bei Bekämpfung der
Lungentuberkulose erreichten Erfolge an den Resultaten mehrerer
Länder, insbesondere Englands, welches bereits im Jahre 1884 18 der-
artige Anstalten mit einer Aufnahmefähigkeit für 6000 — 7000 Kranke
jährlich besaß, und giebt dann einen kurzen Abriß der Entwickelung
des Lungenheilstättenwesens in Deutschland. Anerkannt werden ins-
besondere die Verdienste von Driver, Goldschmidt, Brehmer*
Dettweiler, Moritz, W asserfuhr, Leyden, dem Präsidenten
des Reichsversicherungsamtes Bödiker, dem Direktor des Kaiser].
Gesundheitsamtes Köh 1er, dem Generalstabsarzt der Armee v. Col er
und dem Direktor der hanseatischen Anstalt für Invalidität- und
Altersversicherung Gebhardt um die Heilstättenbewegung. Lehr-
reich sind die Berechnungen, durch welche der Verf. den national-
ökonomischen Vorteil solcher Anstalten nachzuweisen sich bemüht.
K üb ler (Berlin).
Sunwody, J. A., Horse serum in consum ption. Report of
recoveries a nd*- im provements. (Medical Record. 1816.
Feb. 11.)
Nachdem Verf. an sich selbst alle Scbwindsuchfserscheinungen
inkl. Bacillen durch tägliche vom 26. Juli 1895 bis zum 24. Dez.
fortgesetzte Einspritzungen von Pfeideserum, von 10 cmm anfangend
und bis 45 steigend, dann auf 30 als fortlaufende Dosis zurück-
gehend, zum Verschwinden gebracht, ohne irgend ein anderes Mittel
anzuwenden, hat er dasselbe bei mehreren anderen Patienten ver-
sucht und damit Heilung oder wenigstens wesentliche Besserung er-
zielt und besonders, wie bei sich selbst, Zunahme des Körpergewichtes
beobachtet. Verf. hat die Deberzeugung gewonnen, daß die Pferde-
serumbehandlung der richtige Weg ist, um der Schwindsucht ihre
Schrecken zu nehmen und ihre fatale Statistik zu bessern.
Sentifion (Barcelona).
Rutkowskl , Zur Einwirkung des Tuberkuloseserunis
Vicquerat’s auf Meerschweinchen. [Przyczynek do
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8chutzimpfang, künstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmtmg etc. 7[>
dz ialania surowicyVicquerata na swiriki morskie].
(Przeglad lekarski. Krakau. 1896. No. 27.) [Polnisch.]
Zu den Versuchen wurden nur 6 Meerschweinchen herbeigezogen
aus dem Grunde, weil das direkt von Vicquerat bezogene Serum-
quantum für zahlreichere Proben nicht ausreichend war. — Das Serum
entwickelte keine Heilwirkung, obwohl die Injektionen gleichzeitig mit
der Tbk.-Kultureneinimpfung vorgenommen wurden und obwohl die
injicierte Dosis zweimal höher bemessen war als jene, welche V. als
ausreichend aDgiebt. — Außerdem traten aber einige schädliche Neben-
wirkungen des angewandten authentischen und steril en Serums
bei den Tieren auf. Esist nicht auszuschließen, daß das Vicquerat-
sche Serum an und für sich den Tod der Meerschweinchen herbei-
führen kann.|£ Ciecbanowski (Krakau).
Senimer, E., Ueber die Tuberkulose in Rußland und die
Anwendung des Tuberkulins als diagnostisches
Mittel. [6. internationaler tierfirztl. Kongreß. Bern 1895.] (Be-
richte und Verhandlungen. 1896. p. 335 — 345.)
Aus allen Berichten geht unzweifelhaft hervor, daß die Tuber-
kulose besonders unter den edleren Rassen bei Stallfütterung und
ergiebiger Milchproduktion in beständiger Zunahme begriffen ist;
daß das Tuberkulin als das beste Mittel zur Diagnose und Aus-
scheidung der tuberkulösen Tiere aus verseuchten Herden zu be-
trachten ist;
daß das Tuberkulin in wiederholten gesteigerten Gaben den
Tieren Immunität gegen die Tuberkulose verleiht und zu Immuni-
sierungs- und Heilungszwecken bei Tieren verwandt werden kann ;
daß die Kontrolle über die Tuberkulose und die gesetzlichen
Bestimmungen über die Verwertung des Fleisches tuberkulöser Tiere
noch mangelhaft sind und piäziser formuliert werden müssen.
E. Roth (Halle a. S.).
Spormann, Bemerkungen zur Behandlung der Lungen-
tuberkulose. (Dtsch. med. Wochenschr. 1896. No. 33.)
Verf. behandelt die Lungentuberkulose mit Ozon und einem
Geradehalter. Letzterer besteht aus zwei ledernen, durch ver-
stellbaren Rückengurt verbundenen Schulterkappen und bezweckt, die
Lungenspitzen zu erweitern und die Blutcirkulation darin zu be-
fördern. Das Ozon soll die Bacillen vernichten; bei 2 Patienten, die
täglich etwa 20 Minuten Ozon einatmeten , nahm die Zahl der
Bacillen im Sputum ab; ein au Tuberkelbacillen reiches Sputum, auf
welches 10 Tage hindurch je 10 Minuten lang bei öfterem Um-
schütteln Ozon geleitet wurde, erzeugte bei einem Meerschweinchen
nach Injektion in dessen rechte Leistengegend nur Eiterung, nicht
Tuberkulose.
Ob diese Erfahrungen genügen, um den Wert des Ozons für die
Behandlung der Tuberkulose zu beweisen, mag dem Urteil der Leser
dieser Zeitschrift anbeimgestellt bleiben. KU bl er (Berlin).
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76
Neue Litteratur.
Neue Litteratur
zuft*mmeafe«tellt von
San.-Rat Dr. Arthur Würzburg,
Bibliothekar im Kaiserl. Gesundheitsamt« ln Berlin.
Allgemeines über Bakterien und Parasiten.
Crook§hank, E. M ., A text-bouk of bacteriology, including the etiölogy and prevention
of iufective ■diseases and an accouot of yeasts and raoutds , haematozoa and psoro-
sperms. 4. ed. 748 p. Illustr. 8°. London (Lewis) 1896. 21 sh.
Biologie.
(Gärung, Fäulnis, Stoffwechselprodukte u. s. w.)
Brieger, L., u. Boer, Ueber die Toxine der Diphtherie und dos Tetanus. (Dtsche med.
Wchscbr. 1806. No. 49. p. 788—786.)
Flerow, K., Ueber die fermentative Fähigkeit des Friedländer'schen Mikroorganismus
und dessen Aehnlichkeit mit dem Bacillus lactis aerogenes. (Russk. arch. patol.,
klinitsch. med. i bakteriol. Bd. I. 1896. Lief. 6/6.) [Russisch.]
Guareschi, I., Einführung in das Studium der Alkaloide, mit besonderer Berücksichtigung
der vegetabilischen Alkaloide und der Ptomaine. lu deutscher Bearbeitung heraus-
gegeben von H. Kurz-Krause. 1. Hälfte. Lex. -8°. VII, 304 p. Berlin
(R. Gaertner) 1896. 18 M.
Loew, 0., The energy of living protoplasm. 8°. 120 p. London (Paul Trübner & Co.)
1896. 2 sh. 6 d.
Beziehungen der Bakterien and Parasiten zur unbelebten Natur.
Nahrungs- und Genufimittol, Gebrauchgegenstände.
Bourrier, Th., Lea industriss de» «bzttoirs. 18°. 366 p. Avec 77 fig. Paris (Baillibre
et dis) 1896
Prettner, M., Cysticercus cellulosae und Echinococcus nach der Häufigkeit und Form
seines Befundes im Prager Schlachthause. (Zlschr. f. Fleisch- u. Milchhygiene. 1896.
Heft 2 p. 37 — 28.)
Preusse. M., Zusammenstellung der in Bezug auf die Untersuchung von Fleisch und
Fleischwaren und den Verkehr mit denselben im Reg-Bez Danzig gütigen Potixei-
verordnungen and Regulative , sowie die wichtigsten, hierher gehörigen gesetzlichen
Bestimmungen, mit Erläuterungen versehen, gr, 8°. 40 p. Danzig (R. Barth) 1896.
0,60. M.
Wohnstätten.
Mila, A„ A propos de l'action de l'otone sur la composition de la Bore bactärieune de
l'air d'une salie d'höpitai. (Clinique 1896. 24. sept.)
Beziehungen der Bakterien und Parasiten znr belebten Natur.
Krankheitserregende Bakterien und Parasiten bet Menschen.
A. Infektiöse AUgeme inkrank heilen.
Assmann, W., Die sanitätspolizeilichen Maßregeln bei den ansteckenden menschlichen
Krankheiten. Textausgabe mit Anmerkungen und Sachregister, gr. 8°. VI, 190 p.
Arnsberg (F. W. Becker) 1806. 2,60 M.
Mischinfektionen.
Sckiperowitaeh, M., Typhus abdominalis, compliziert mit Scharlach. (Eschenedelnik.
1896. No. 16.) [Russisch.]
Malariakrankheiten.
Dominici, 8. A., Contribuciöu al estudio del hematozoario de Laveran en Venezuela.
16 ü . 27 p. Caracas 1896.
Digitized by Google
Neue Litteratur.
77
Eianthematifiche Krankheiten.
(Pocken [Impfung], Flecktyphus, Maseru, Röteln, Scharlach, Friesei, Windpocken.)
Ferro, Dr. Pasqnal Joseph Ritter von, der Begründer der Kuhpockenimpfung in Oester-
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Neue Litteratur, p. 76.
Krcmmaxuuche Buchdruck «ei (Hermann I’ohlej io Jena.
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Bakteriologie. Parasitenkimde o. InfektioDskrankheiten.
Erste Abteilung:
Medizinisch-hygienische Bakteriologie und
tierische Paras itenkunde.
In Verbindung mit
Ge l Rat Prof. Dr. Leuckart, Gell. Med.-Rat Prol. Dr. Mer
ta Leipiie und ln Greiftwald
Professor Dr. R. Pfeiffer
ln Berlin
herausgegeben von
Dr. O. TJhlworm in Cassel.
Verlag von Gustav Fischer in Jena
XXI. Band. -®- Jena, den 30. Januar 1897. -o- No. - 3 .
Preis für den Band (26 Hummern) IS Hark. — Jährlich erscheinen swei Bände.
Die Redaktion des „ Centralblatts für Bakteriologie und Parasiten-
kunde" richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte, etwaige
Wünsche um Lieferung von besonderen Abdrücken ihrer Auf-
sätze entweder bei der Einsendung der Abhundlungen an die
Redaktion auf das Manuskript schreiben zu wollen oder spä-
testens nach Empfang der ersten Korrekturabzüge direkt an den
Verleger, Herrn Gustav Fischer in Jena, gelangen zu lassen.
Original- Mittheilungen.
Nachdruck verboten.
Ueber die Verwendbarkeit des Chrysoidins bei der
Choleradiagnose.
[Aus dem Institute fttr Infektionskrankheiten in Berlin.]
Von
Dr. Walter Engels.
In Ko. 44 und 45 der Münchener medizinischen Wochenschrift.
1896. veröffentlicht A. Blachstein Mitteilungen über ein neues
Mittel zur Erkennung des Vibrio der asiatischen Cholera. Er hat
in dem Chrysoidin, einer Azoverbindung vom Charakter einer Farb-
beize, Eigenschaften entdeckt, welche es befähigen sollen, R. Pfeif fer’s
Choleraimmunserum in diagnostischer Beziehung zu ersetzen.
Ent* Abt. Ul. M. 6
I
I
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82
W alter Engels,
Blachstein ging in der Weise vor, daß er Suspensionen
von Choleravibrionen in destilliertem Wasser mit einer wässerigen
Chrysoidinlösuug versetzte. Es trat dann nach kurzer Zeit in der
vorhin gleichmäßig getrübten Flüssigkeit eine Staubbildung auf, die
sich allmählich in einen flockigen Niederschlag verwandelte. Nach
1 — 2 Stunden war die Reaktion beendet, indem die Flüssigkeit sich
unter Bildung eines grobflockigen Bodensatzes völlig geklärt hatte.
Dagegen blieben Suspensionen anderer, choleraähnlicher Vibrionen
vollkommen unbeeinflußt, trotzdem, wie Blachstein ebenfalls faud,
Chrysoidin auf die ganze Gruppe Vibrio specifisch als Desinficiens
wirkt.
Der ausschließlichen Wirkung des Chrysoidins auf Choleravibrionen
im Rcagensglase entspricht nach Blachstein eine ähnliche Wirkung
im Tierkörper. Cholerabouillonkulturen, mit der gleichen Menge
0,25-proz. Cbrysoidinlösung versetzt, erwiesen sich im Reagensglase
erst nach 20 Minuten als abgetötet, während sie, Tauben und grauen
Mäusen in den Brustrauskel resp. subkutan injiziert, nicht imstande
waren, die Tiere zu töten. Koutrolltiere ohne Chrysoidin starben.
Dagegen töteten Kulturen cholera-ähnlicher tiervirulenter Vibrionen
auch nach Chrysoidinzusatz.
„Trotz eifrigen Suchens“ hat B. keine anderen Körper finden
können, dem die gleiche „agglutinierende“ Wirkung auf Cholera-
bakterien zukommt. Ebenso ist ihm kein choleraähnlicher Vibrio
bekannt, der sich dem Chrysoidin gegenüber wie derjenige der Cholera
asiatica verhielte. Er glaubt daher, hier einen Körper gefunden zu
haben, der imstande ist, das Pfeiffer’sche Immunserum vollkommen
zu ersetzen.
Ich habe mich einer Nachprüfung dieser gewiß überraschenden
Entdeckung unterzogen und mich im wesentlichen darauf beschränkt,
den diagnostischen Wert der Methode festzustellen. Die chemische
Seite ist dabei nur gestreift worden.' Es freut mich, konstatieren zu
können, daß ich — nach mündlichen Mitteilungen des betreffenden
Herrn — hierbei zu Resultaten und Anschauungen gekommen bin, die
im allgemeinen mit denen eines so bewährten Forschers wie Herrn
Dr. Maaßen vom Reichsgesundheitsamt übereinstimmen.
Ich benutze zugleich diese Gelegenheit, um Herrn Prof. R. Pfeiffer
für die Anregung zu dieser Arbeit, und ihm sowohl, wie Herrn
Dr. Ko Ile für die vielfache Unterstützung im Verlauf derselben
meinen aufrichtigsten Dank auszusprechen.
Die Untersuchung begann, indem mehrere Cholcrastämme in der
von Blachstein angegebenen Weise geprüft wurden. Eine kleine Oese
24-stündiger Agarkultur wurde in 3 ccm destillierten Wassers auf-
geschwemmt und 10 Tropfen einer 0,25-proz. wässerigen Chrysoidin -
lösung hinzugefügt. Die Flockenbildung soll dann innerhalb von
l — 2 Stunden entstehen, indem sich nach wenigen Minuten eine feine
staubförmige Trübung einstellt, die allmählich in einen grobflockigen
Niederschlag übergeht.
Das Resultat war zunächst durchaus negativ. Bald stellte sich
aber heraus, daß dies seinen Grund in einer Verunreinigung des
destillierten Wassers hatte. Dasselbe war kalkhaltig, und der ge-
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üeber die Verwendbarkeit des Chrysoidins bal der Cboleradiagnose. 83
ringste Kalkgehalt verhindert die Reaktion entweder vollständig,
oder erlaubt ihr wenigstens nur unvollkommen aufzutreten. Ich
vermute, daß in dieser oder einer ähnlichen Verunreinigung des
destillierten Wassers auch der Grund lag, weshalb Sobemheim 1 )
hei seiner Nachprüfung der Blachstein’schen Behauptungen zu aus-
schließlich negativen Resultaten gelangte.
Später wird gezeigt werden, daß dagegen andere Verunreinigungen
einen fördernden Einfluß auf die Flockenbildung haben können.
Nach Beschaffung eines tadelfreien destillierten Wassers wurden
die Versuche fortgesetzt, und zwar mit 15 Cholerastämmen und
20 anderen Vibrionen. Beide stammten zum weitaus größten Teil
aus der Vibriouensammlung des Instituts für Infektionskrankheiten;
den Vibrio Metschnikoff verdanke ich Herrn Dr. Maaßen,
8 verschiedene, 1896 aus Spreewasser isolierte Rotbildner Herrn
Dr. Marx. Die sämtlichen Arten wurden ohne Rücksicht auf ihr
Verhalten zum Chrysoidin herausgegriffen; um etwa vorgekommene
Verwechslungen auszuschließen, wurden sämtliche 36 Vibrionen der
Kontrolle durch die Serumreaktion unterworfen.
Bei diesen Versuchen zeigten nun sofort verschiedene cholera-
ähnliche Vibrionen die Flockenbildung aufs deutlichste, in einzelnen
Fällen bedeutend rascher und intensiver als echte Choleravibrionen.
Ferner stellte es sich heraus, daß das Alter des betr. Cholerastammes
insofern von Bedeutung war, als die ältesten Stämme die Reaktion
am schnellsten und vollkommensten ergaben. Vollkommen refraktär
verhielten sich mehrere Cholerastämme, darunter auch derjenige, der
infolge von über 1000, in der letzten Zeit beinahe täglichen Tier-
passagen seine volle Virulenz bewahrt hatte.
Es war also jetzt schon konstatiert, daß die Chrysoidinreaktion
für Cholera nicht spezifisch ist. Noch deutlicher wurde das, als
ich, um auch bei unserer virulenten Cholera die Reaktion zu erhalten,
die Chrysoidinmenge steigerte. Nahegelegt wurde mir das auch
durch eine Mitteilung von Herrn B., der auf eine Anfrage die Güte
hatte, mir als Bedingung u. a. „genügende Menge von Chrysoidin“
anzugeben. — Es stellte sich heraus, daß bei einem Zusatz von
20 Tropfen = 0,7 ccm der 0,25 -proz. Lösung die virulente Cholera
konstant positiv reagierte.
Dasselbe Resultat ließ sich übrigens erzielen, wenn kohlensäure-
haltiges Wasser benutzt wurde. Mit dem Grade des Gehalts an CO ä
stieg die Anzahl der positiv reagierenden Cholera- und cholera-
ähnlichen Vibrionen bei gleichem Chrysoidingehalt. Nach voll-
kommener Sättigung des Wassers mit CO, reagierten mit geringen
Ausnahmen alle untersuchten Vibrionen positiv. Ob die fördernde
Wirkung der Kohlensäure auf Ausfällung der letzten, etwa von der
Wandung des Reagensglases in die Flüssigkeit übergegangenen Spuren
von Kalksalzen zurückzuführen ist, will ich nicht entscheiden. Kohlen-
säurehaltiges Wasser ohne Chrysoidin ergab negative Resultate.
Nachdem durch Steigerung des Chrysoidinzusatzes konstante
Verhältnisse geschaffen waren , wurde systematisch vorgegangen.
1) Hyg Rundschau 1896. No. 23.
6 *
Google
84
Walter Engels,
Gleiche Mengen von Cholera- und anderen Vibrionen aus 24-atündiger
Agarkultur wurden in 3 ccm Wasser suspendiert, und zwar in je
3 Reagensgläsern. Zu der ersteren Menge wurden 10 Tropfen
(= 0,9—1 mg Chrys.), zur zweiten 20 Tropfen (= 1,75 mg Chrys.>
der 0,25-proz. Lösung, zur dritten 20 Tropfen einer 0,5-proz. Lösung
(= 3,5 mg Chrys.) zugesetzt und das Eintreten der Reaktion bei
ca. 25° C (auf dem Brutschrank) beobachtet Notiert wurde jedesmal
der Zeitpunkt der beginnenden Flockenbildung. War dieser nach
2 Stunden bei 1,75 mg Chrysoidingehalt nicht eingetreten, so wurde
die Reaktion als negativ betrachtet. In der folgenden Tabelle sind
die Vibrionen nach Maßgabe der Schnelligkeit angeordnet, mit der
sie auf den eben genannten Chrysoidinzusatz reagierten. Da die
Uebergänge von der Staub- zur Flockenbildung allmähliche sind, so
können die Zeitbestimmungen nur auf ungefähre Richtigkeit Anspruch
erheben.
Als „Ende der Reaktion“ wurde der Zeitpunkt notiert, nach dem
keine weitere Veränderung sichtbar wurde; zugleich die Beschaffen-
heit der Flocken in diesem Augenblick.
Aus dieser Zusammenstellung (p. 85) läßt sich sehr vieles ersehen.
Die Behauptung, daß das Chrysoidin auf Cholerabakterien spezi-
fisch wirke, wird durch einen Blick auf die beiden ersten Rubriken
aufs gründlichste widerlegt. Von 20 choleraähnlichen Vibrionen rea-
gieren 12 positiv! Es sei hier nochmals betont, daß keine Auslese
zu gunsten einer positiven Reaktion vorgenommen wurde. Einige
nicht weiter verfolgte Versuche lassen im Gegenteil vermuten, daß
sich mit Leichtigkeit ein noch ungünstigeres Verhältnis hätte schaffen
lassen. — Zugleich tritt hervor, daß echte Cholera — die ganz alten
Stämme ausgenommen — im allgemeinen langsamer reagierte, als
viele choleraähnliche Vibrionen. Innerhalb zweier Stunden reagierten
15 Cholerastämme, 11 andere Vibrionen positiv. Von diesen zeigten
nach einer Stunde positive Ergebnisse 9 Cholerastämme — 60 Proz.,
8 andere Vibrionen = 73 Proz. Ferner scheint aus der Tabelle
hervorzugehen, daß der chemische Vorgang bei der Flockenbildung
kein ganz, einfacher ist. Bei den meisten Vibrionen läßt sich allerdings
ein gewisses Verhältnis zwischen der Menge des Chrysoidins und der
Schnelligkeit der Reaktion konstatieren. Bei anderen treffen wir auf
ganz merkwürdige Zahlen; so bei No. 10, 18, 28, 29 und 30.
Weiter fällt es auf, daß ganz alte Vibrionenstämme (Calcutta,
Shangai, Fiukler)ara promptesten, ganz junge (die „Rotbildner“)
am schwersten reagieren. Ausnahmen zeigen sich auch hier. Auf
3,5 mg Chrysoidin reagiert alles positiv, eine Thatsache, auf die
mich Herr Dr. Maaßen bereits vorher aufmerksam gemacht hatte.
Fassen wir die wichtigsten Schlüsse, die sich aus unserer Tabelle
ziehen lassen, kurz zusammen, so können wir folgendes konstatieren:
1) Chrysoidin „agglomeriert“ (Sobernheim 1. c.) Vibrionen in
ca. 0,1-proz. Lösung (3,5 mg Chrys. auf 3,7 ccm destillierten Wassers)
konstant.
2) Zu den zahlreichen Vibrionen, die schon bei geringerer Kon-
zentration agglomeriert werden, gehört auch der Vibrio cholerae
asiaticae; doch ist er keineswegs der empfindlichste.
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Ueber die Verwendbarkeit des Chry»oidyis bei der Choleradiagnose. 35
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40
91
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3) Der Unterschied in der Reaktion ist kein qualitativer,
sondern ein quantitativer.
4) Langdauernde Fortzüchtung auf künstlichem Nährboden be-
fördert im allgemeinen das Eintreten der Reaktion 1 ).
1) Hierzu mag bemerkt werden, daß die virulente Cholera (No. 18) bedeutend
schneller reagierte, wenn das Impfmaterial zur Herstellung der 24‘Stiindigen Agarkultur
einer 20-tKgigen Agarkultur entnommen wurde, als wenn es der Peritonealflüssigkei
eines eben der Infektion erlegenen Meerschweinchens entstammte.
i
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86
Walter Engels, Ueber die Verwendbarkeit des Chrysoidins etc.
5) Aus der Stärke der Reaktion läßt sich kein Schloß auf den
Grad der Verwandtschaft des betreffenden Vibrio zu dem der Cholera
ziehen (V. Finkler reagiert nächst Cholera Calcutta am stärksten,
V. Metschnikoff am schwächsten).
6) Die Chrysoidinreaktion steht deshalb an diagnostischem Wert
noch unter der Cholerarotreaktion.
Danach dürfte das Chrysoidin zum Ersatz des Choleraimmun-
serums wohl nicht geeignet sein.
Ich hoffe, daß diese Resultate bestätigt werden und die Chrysoidin-
reaktion dadurch auf das zurückgeführt wird, was sie thatsächlich
ist: eine interessante Erscheinung, die weiter aufgeklärt zu werden
verdient, die aber weit entfernt ist, ein diagnostisches Hilfsmittel
von irgend welcher Bedeutung zur Erkennung der Cholera zu sein
und in dieser Hinsicht der Cholerarotreaktion nachsteht.
Die Behauptung B.’s, daß nur dem Chrysoidin die „agglutinierende“
Wirkung zukomme, erledigt sich durch die Thatsache, daß nicht
nur Säuren (untersucht wurden Essig-, Oxal-, Milch-, Citronensäure)
dieselbe Eigenschaft besitzen, sondern auch verschiedene Farbstoffe,
von denen nur die bekannteren, Malachitgrün und Saffranin, genannt
sein mögen.
Auf die Tierversuche Blachstein’s will ich nicht näher ein-
gehen; sie sind durch die treffenden Bemerkungen Sobernheim's
genügend kritisiert worden.
Auch auf den Chemismus der Chrysoidinreaktion soll hier nicht
genauer eingegangen werden. Nur soviel mag gesagt sein, daß die
Konglomeration und Fällung der Vibrionen mehr als ein sekundärer
Vorgang erscheint. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß durch den
Cbrysoidinzusatz zur Bakteriensuspension ein unlöslicher Körper
außerhalb der Vibrionen entsteht, der erst sekundär die bewegungs-
losen abgetöteten Mikroorganismen zusammen- und zu Boden reißt
Die einzelnen Chrysoidinsorten sind chemisch nicht von mir unter-
sucht worden. Die Resultate der Tabelle sind mit einer als „Chry-
sophenin extra“ bezeichneten Chrysoidinsorte der Aktiengesellschaft
für Anilinfabrikation erhalten worden. Das Grübler ’sche Ch. gab
ähnliche Resultate. Fast wirkungslos war das Chrysoidin N der
oben genannten Fabrik bei gleicher Konzentration.
Berlin, 23. Dez. 1896.
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de Martini, Zur Differenzierung der Diphteriebacillen etc.
87
NacA druck verboten.
Znr Differenzierung der Diphtherie- von den
Pseudodiphtheriebacillen.
Von
Dr. L. de Martini,
Direktor des bakteriologischen Laboratoriums in Mailand.
Es ist wohl bekannt, daß aus dem Rachen kranker sowohl als
auch gesunder Individuen eine Anzahl von Bacillen hervorgebolt
werden kann, die in ihrem Aussehen, ihrem Verhalten bei Kul-
turen etc. größte Aehnlichkeit mit dem typischen Diphtherie-
bacillus zeigen. Alle bisher angegebenen Charaktere zur Differential-
diagnose derselben haben jedoch zu keinem entscheidenden Resultate
geführt, so daß heute noch in einigen Fällen der Bakteriologe nicht
imstande ist, festzustellen, ob er es mit einem wirklichen Diph-
theriebacillus oder mit einem der Pseudodiphtheriebacillen zu
thun hat.
Ich beschäftige mich nun seit einiger Zeit damit, ein Mittel^ zur
Unterscheidung der echten von den falschen Diphtheriebacillen aufzu-
finden, und nahm zu diesem Behufe zwei Typen avirulenter Bacillen *),
deren eiuer, a, die neutrale Bouillon säuert, während der andere, b,
dieselbe entschieden alkalisch macht, und das zwar in den ersten
24 Stunden seiner Entwickelung. Indem ich mir nun Vorbehalte,
eine weitergehende Mitteilung über meine diesbezüglichen Versuche
nächstens zu veröffentlichen, will ich nachstehend nur in Kürze über
die erhaltenen Resultate berichten.
Von den analogen Versuchen der Serumdiagnose des Typhus
und der Cholera ausgehend, machte ich verschiedene Aussaaten von
mehr oder weniger virulenten Diphtheriebacillen und von den beiden
Bacillen a und b in gewöhnlichem flüssigen Serum und in flüssigem
Diphtherieheilserum. Ich habe dabei konstatieren können, daß alle
Diphtheriebacillen im gewöhnlichen flüssigen Serum üppig wachsen,
während sie sich im flüssigen Diphtherieheilserum gar nicht ent-
wickeln. Ein gleiches Verhalten zeigte der unschädliche Bacillus a,
während b hingegen, der die Bouillon alkalisch machende, sowohl
im gewöhnlichen als im antidiphtherischen Serum nur äußerst lang-
sam sich entwickelt. Andererseits wachsen alle virulenten Diphtherie-
bacillen und die beiden Typen a und b gleich gut in dem bei 70°
coagulierten gewöhnlichen und Diphtherieheilserum.
Entgegen der Angabe von Nicolas konnte ich, wie dies auch
Fraenkel berichtet, das Agglutinierungsvermögen des spezifischen
Serums hierbei nicht beobachten.
Aus meinen Versuchen geht nun mit der größten Wahrschein-
lichkeit hervor, daß man den Typus a als einen degenerierten
1) Meerschweinchen von 500 g Gewicht vertragen die subkutane und intraperitoneale
Einspritzung von 20 und mehr ccm einer (auch Älteren) Bouillonkultur der beiden
BadHen a und b.
(
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88
W. Jtnowski,
Diphtheriebacillus an sehen darf, und daß man nur den Typus b
einen Pseudodiphtheriebacillus nennen muß, in dem Sinne,
daß er einem anderen Stamme als der Loeffler’sche Bacillus an-
gehört, und als solcher mit der Aetiologie der Oiphtberitis nichts zu
thun hat.
Nachdruck verboten.
Zur Aetiologie der Dysenterie.
Von
Dr. med. W. Janowsti,
Städtischem Bakteriologen und Abteilangs ssistenten,
in
W arschau.
Seit den Untersuchungen von Kartulis ist die Frage über die
Aetiologie der Dysenterie an der Tagesordnung, und es ist eine ganze
diesbezügliche Litteratur entstanden, die jeder Kliniker mit Spannung
verfolgt, in der Hoffnung, endgiltige Aufklärung über die eigentliche
Rolle der von Kartulis so oft besprochenen Amöben zu erhalten. Be-
greiflicherweise mußte mau, wenn mau die Amöben als Entstehungs-
ursache jedes Dysenteriefalles betrachten wollte, sich Gewißheit dar-
über verschaffen, daß diese Gebilde in jedem Dysenteriefalle, unabhängig
von dessen geographischer Lage, die Rolle eines unzweifelhaften ur-
sächlichen Momentes spielen. Von diesem Standpunkte ausgehend,
benutzte ich die von 1892 — 1894 inkl. bei uns herrschende Dysen-
terieepidemie und untersuchte jeden Krankheitsfall mikroskopisch.
I. Während der hiesigen Dysenterieepidemie
angestellte Untersuchungen; über epidem ische Dy sen-
terie im allgemeinen.
Ich begann meine die Warschauer Dysenterie betreffenden Unter-
suchungen im Jahre 1892. Von diesem Zeitpunkte an wurde jeder in
unserer (Dr. Dun in) Abteilung vorkommende Dysenteriefall aufs sorg-
fältigste mikroskopisch untersucht. Wurde anfänglich auch nur in
Dyseuteriefällen nach Amöben gesucht, so dehnte ich doch nach wenigen
Wochen meine Forschungen schon weiter aus und untersuchte ich bald
jeden Diarrhöefall im allgemeinen sehr sorgfältig unter dem Mikroskope.
Diesem Umstande verdanke ich mein Material über das Vorhanden-
sein von Gebilden im Stuhle, die im veränderten Zustande den Amöben
ähnlich sind, ohne jedoch mit ihnen etwas gemein zu haben. Dieses
Material habe ich vor kurzem (38) als selbständige Arbeit veröffent-
licht, da ich nicht in den Fehler anderer Autoren verfallen wollte,
die in ihren Arbeiten Fälle mit Flagellaten im Stuhle und solche
mit Amöben im Stuhle verwechselten. Dies war umsomehr gerecht-
fertigt, als die Fälle, in denen ich im Stuhle Flagellaten nachwies,
nichts gemein hatten mit der akuten, typischen Dysenterie, die um
die Mitte des Jahres 1892, kurz vor einer leichten Choleraepidemie,
Digitized by Google
Zur Aetiologie der Dysenterie.
89
in Warschau ausbrach und so charakteristische klinische Bilder gab,
daß von einer Verwechslung mit irgend etwas anderem nicht die
Rede sein konnte. Die mikroskopische Untersuchung der frisch ent-
leerten Stühle ergab nun in jenen typischen Fällen von akuter Dysen-
terie von Anfang an konstant dasselbe Resultat: es wurden darin
weder Amöben noch irgend welche Gebilde gefunden, die mit Amöben
Aehnlichkeit gehabt hätten. Im Jahre 1892 bezifferten sich die von
mir untersuchten Fälle auf kaum 15. Deshalb berief ich mich auch
Ende dieses Jahres, als ich bei Besprechung der verschiedenen Be-
handlungsmethoden der Dysenterie auch die Aetiologie dieses Leidens
kurz berührte, noch nicht auf meine eigenen Untersuchungen, da ich
annahm, das Fehlen der Amöben sei vielleicht etwas Zufälliges ge-
wesen und weitere Fälle würden mir vielleicht ein vom bisherigen
abweichendes Resultat geben. Da mir jedoch damals die Arbeiten
von Basch (3), Petrone (64), Besser (79), Chantemesse und
Widal (19) und Ogata (60) bekannt waren, die gewissen Bakterien
eine Rolle bei der Entstehung der einzelnen Dysenterieepidemieen
zuschrieben, andererseits aber die Untersuchungen von Kartulis,
lila va, Grassi, Councilman und Lafleur und einiger anderer
Forscher auf die Rolle der Amöben bei einer Reihe anderer Epide-
mieen verwiesen, so schien mir die Voraussetzung, die Dysenterie
sei eine je nach der Gegend ätiologisch verschiedene Krankheit, am
wahrscheinlichsten. Deshalb sprach ich mich, damals fast nur auf
die aus der Litteratur gewonnenen Daten gestützt, dahin aus, daß
meiner Ansicht nach die einen Dysenteriefälle — die epidemischen —
von der Wirkung der Bakterien abhängen, die anderen aber — die
endemischen — durch die Amöben hervorgerufen werden (36). Schon
damals deutete ich an, daß der Dysenterieerreger — welcher Art er
auch sei — allem Anscheine nach eine verhältnismäßig bedeutende
Widerstandsfähigkeit besitzen muß, um sich bisweilen mit solcher
Leichtigkeit verbreiten und sich so lange behaupten zu können, und
daß seine Virulenz in den verschiedenen Epidemieen nicht die gleiche
ist, da die durch ihn hervorgerufenen Epidemieen bald einen leichten,
bald einen so schweren Charakter tragen, daß viele Hunderte dahin-
gerafft werden.
Die weitere Untersuchung der im Jahre 1893 und 1894 zur Be-
obachtung gekommenen Dysenteriefälle brachte mir die Ueberzeugung,
daß meine im Jahre 1892 ausgesprochene Ansicht eine richtige ge-
wesen, daß nämlich durchaus nicht anzunehmen sei, es käme den
Amöben bei Entstehung einer jeden Dysenterieepidemie die Rolle
eines ursächlichen Momentes zu. Es kamen im Laufe dieser Zeit
54 Fälle typischer Dysenterie zur mikroskopischen Untersuchung,
wobei ich stets nur frisch abgegebenen Stuhl untersuchte und die
Untersuchung in jedem Krankheitsfalle mehrere oder viele Male wieder-
holte, je nach dem längeren oder kürzeren Verbleiben des Kranken
im Krankenhause. Das Untersuchungsresultat war stets dasselbe:
ich fand in keinem dieser Fälle Amöben vor. Ein Irrtum meinerseits
dürfte wohl ausgeschlossen sein; wer überhaupt nach Protozoen im
Stahle forscht, erlangt bald so große Uebung darin, daß sogar ver-
einzelte, eingekapselte oder abgestorbene, folglich sich nicht bewegende
Digitized by Google
9Ö
W. Janowski,
Flagellaten seiner Aufmerksamkeit nicht entgehen werden; um so
weniger würde ein wenn auch nur einigermaßen geübter Forscher die
lebenden, sich bewegenden Amöben übersehen können. Ich muß hier
jedoch einschalten, daß ich in Fällen von akuter Dysenterie nicht
nur keiue lebenden Amöben, sondern auch keinerlei Gebilde, die mit
irgend welchen anderen abgestorbenen oder eingekapselten Protozoen
auch nur annähernd Aehnlichkeit gehabt hätten, zu Gesicht bekommen
habe. Wie vorhin gegen den Irrtum, muß ich mich hier gegen die
Annahme verwahren, als habe hier nur der Zufall gewaltet. Meine
Fälle stammten aus verschiedenen Stadtvierteln, aus verschiedenen
Jahren (1892, 1893 und 1894) und waren von verschiedener Inten-
sität. Das unter diesen Umständen konstatierte beständige Fehlen
der Amöben in allen von mir untersuchten Dysenteriefällen berechtigt
mich wohl, die Behauptung aufzustellen, daß die hier erwähnte War-
schauer Dysenterieepidemie nicht durch Amöben hervorgerufen worden
war. Da jedoch die Entstehung derselben nur mit den Amöben oder
mit einer Bakterieninfektion Zusammenhängen konnte, erstere aber
ausgeschlossen werden muß, so ergiebt sich hieraus, daß die
hiesigen Dysenteriefälle bakteriellen Ursprungs waren. Nicht nur in
der hier aufgeführten Serie von Fällen dieser epidemisch auftretenden
Dysenterie, sondern auch iu den im vorigen Jahre beobachteten ein-
zelnen Dysenteriefällen habe ich nie Amöben gefunden.
In voller Uebereinstimmung mit diesem negativen Resultate
unserer während der hiesigen Dysenterieepidemie augestellten Unter-
suchungen stehen auch ihre klinischen und pathologisch-anatomischen
Kennzeichen; sie entsprechen ganz genau denjenigen, die der ge-
wöhnlichen epidemischen Dysenterie eigen sind. Bei der Warschauer
Epidemie wurde weder die Tendenz zu häufigen Recidiven und zu
sehr schleichendem Verlaufe, noch Leberabscesse, noch in letal en-
digenden Fällen andere Bilder im Darme, als die gewöhnlich darin
vorkommenden *) (was für die sog. Dysenterie charakteristisch ist),
beobachtet. Auch habe ich nicht gehört, daß einer oder der andere
der Kollegen diese charakteristischen Merkmale in ihren Fällen be-
obachtet hätten.
Ursprünglich war es meine Absicht gewesen, das aus Fällen
von Amöbendysenterie zu gewinnende Material einer näheren Unter-
suchung zu unterziehen, event. Experimente damit anzustellen. Ais
ich jedoch nach 4 Jahren des Wartens noch über keinen einzigen
derartigen Fall verfügte und hieraus schloß, daß solche Fälle, wenig-
stens Warschauer Provenienz, bei uns nicht Vorkommen, mußte ich
von einem selbständigen Studium der Amöben absehen; ich beschloß
dafür, alle in der Litteratur bekannten Fälle von Dysenterie mit
Anwesenheit von Amöben im Stuhle einer kritischen Beleuchtung zu
unterziehen, um mir Klarheit darüber zu verschaffen, ob jene Fälle
in der That durch Amöben hervorgerufen worden und ob alle über-
haupt in den verschiedenen Teilen unserer Erdkugel beschriebeneu
Fälle diesen und nicht vielleicht anderen Ursprungs waren.
Wie wir sehen werden, enthält die betreffende Litteratur wirklich
ogle
1) Hierüber weiter unten.
Zur Aetiologie der Dysenterie.
91
Daten aus aller Herren Länder. Die ersten zahlreicheren Beobach-
tungen über Amöbendysenterie stammen aus Ostindien. Dank dem
in Kordafrika gesammelten Material ist die Amöbendysenterie zur
Tagesfrage geworden ; die verhältnismäßig zahlreichen Fälle aus den
Vereinigten Staaten bedeuten einen weiteren Fortschritt in der Ent-
wickelung dieser Frage, und die Untersuchungen über Dysenterie in
Südeuropa und vereinzelt auch in Mitteleuropa gestatten uns bereits,
ein Urteil über die Rolle der Amöben bei Dysenterieepidemieen auf
unserem Kontinent zu bilden. Wie wir sehen werden, beweisen alle
diese Fälle dem unparteiischen Kritiker den unwiderlegbaren ursäch-
lichen Zusammenhang zwischen den Amöben und einer bestimmten,
von der bei uns vorkommenden etwas abweichenden, Dysenterieform.
Andererseits zeigen jedoch andere Untersuchungen, die ebenfalls aus
den verschiedensten Gegenden Europas, Asiens, Afrikas und Amerikas
stammen, daß ganze Epidemieen der gewöhnlichen Dysenterie nicht
durch Amöben, sondern durch Bakterieninfektion bedingt waren. Es
kann nicht in meiner Absicht liegen, die verschiedenen alten Theorieen
und älteren bakteriologischen Forschungen wiederholen zu wollen ; es
sollen nur in aller Kürze diejenigen Untersuchungen besprochen werden,
die zur Veröffentlichung gelangten, nachdem sich die Aufmerksamkeit
der wissenschaftlichen Welt speziell den Amöben zugewandt hatte und
durch welche der bakterielle Ursprung größerer oder unbedeutenderer
Dysenterieepidemieen erwiesen wurde.
Chantemesse und Widal (19) untersuchten in Cornil’s
Laboratorium 5 Fälle von Dysenterie, von denen 1 aus Tonkin, 4 aus
Senegal und Cayenne stammten. Sie fanden darin im Schleime nur
eine Bacillenart, die Meerschweinchen per os oder per anum einver-
leibt, eine diphtheritische Darmentzündung hervorrief. Aus der Be-
schreibung der Autoren kann man schließen, daß dieser Dysenterie-
bacillus das Bacterium coli war, obgleich die Verff. dies nicht
behaupten.
Maggiora (55) hatte Gelegenheit, eine äußerst heftige Dysen-
terieepidemie in Turin zu beobachten und fand in den von ihm unter-
suchten Faeces die verschiedenartigsten Bakterien. Er nimmt an,
daß verschiedene Parasiten die Ursache der Dysenterie sein können.
Ogata (aus Tokio) studierte auf Veranlassung der japanischen
Regierung die Aetiologie der in diesem Lande jeden Sommer und
Herbst herrschenden Dysenterieepidemie, deren Sterblichkeitsziffer sich
auf 25 Proz. belief (diese Ziffer stützt sich auf 200000 Fälle). Der
Verf. untersuchte 13 Krankheitsfälle bakteriologisch und züchtete
daraus gewisse kurze, sich nach Gram färbende, Gelatine verflüssi-
gende Stäbchen. Wurden dieselben Meerschweinchen per os oder per
anum eingeführt, so riefen diese Parasiten dysenterieähnliche Krank-
heitssymptome hervor. Aus diesem Grunde hält Ogata (60) die von
ihm entdeckten Parasiten für die mögliche Ursache jener großen
japanischen Dysenterieepidemie.
Bei seinen während der kleinen Epidemie im Juli und August
1893 in Paris vorgenommenen Untersuchungen richtete Laveran (50)
sein Hauptaugenmerk sowohl auf die Amöben, wie auch auf die von
Chantemesse und Widal beschriebenen Stäbchen. Unter 10 von
92
W. Janowski,
ihm untersuchten Fallen fand er nur in einem ein der Amoeba coli
ähnliches Gebilde. Er hält dasselbe nicht für die Ursache der Dysen-
terie in Frankreich. In den von ihm untersuchten Faeces sah er
verschiedene Bakterienarten, wagte es aber nicht, zu entscheiden,
welche derselben als Entstehungsursache der Dysenterieepidemie an-
zusprechen sei. — Weit entschiedener in seinen Schlußfolgerungen ist
Silvestri (74), der, bei Gelegenheit der Turiner Dysenterieepidemie
im Jahre 1894, in den Faeces große Diplokokken fand, die, Hunden
oder Katzen in Reinkulturen per rectum eingeführt (besonders bei
Katzen) heftigen Darmkatarrh verursachten. Der Verf. betrachtet
die von ihm entdeckten Diplokokken als Erreger jener Turiner Dysen-
terieepidemie. — Zanearol (80) aus Alexandrien hielt eine andere
Bakterienart, und zwar noch nicht näher bekannte Streptokokken, für
die Entstehungsursache der Tropendysenterie; er begründete seine
Ansicht dadurch, daß er durch Injektion derselben bei Tieren chro-
nische Diarrhöe hervorrief. — Arnaud (1) beobachtete und unter-
suchte 60 Fälle von Dysenterie, darunter 53 im Militärhospitale in
Tunis. Sowohl durch die mikroskopische Untersuchung wie auch durch
die aus den schleimhaltigen und eitrigen Faeces und aus der Milz
eines an Dysenterie Verstorbenen gewonnenen Kulturen konstatierte
Arnaud in seinen F'ällen das Vorhandensein desBacterium coli
commune. Die erhaltenen Kulturen injizierte er 5 Hunden und
erzielte bei allen 5 Dysenterie. Er glaubt, das Bacterium coli
commune könne bisweilen infolge gewisser lokaler Bedingungen
äußerst virulent werden und hierauf Dysenterie hervorrufen. In Rein-
kulturen gezüchtet, ist dieser Bacillus um so virulenter, je bösartiger
der Dysenteriefali ist, aus dem er stammt. Dieselbe Ansicht ent-
wickeln Celli und Fiocca (18) aus Rom in ihrer Arbeit ausführ-
lich, indem sie ihre Schlußfolgerungen auf 62 Fälle von akuter Dysen-
terie stützen. Sie geben an, daß die Dysenteriefaeces eine besondere
Varietät des Bact. coli enthalten, die infolge der Mitwirkuug
anderer Bakterien äußerst virulente Eigenschaften annimmt, wobei
der fast harmlose Bacillus sich in das äußerst virulente Bacterium
dysenteriae verwandelt. Diese Varietät des Bacterium coli
ist sehr virulent und besitzt die Eigenschaft, eine schwere Allgemein-
infektion mit Lokalisierung des diphtheritischen Krankheitsprozesses
im Dickdarm hervorrufen zu können. Diese Virulenz erhält sich
auch in Kulturen auf künstlichem Nährboden, in denen die betreffen-
den Bakterien ein Toxin bilden, das sich durch Alkohol fällen und
aufs neue in Wasser auf lösen läßt.
Aus der Beschreibung Ribbert’s schließe ich, daß auch sein
Dysenteriebacillus bei Kaninchen nur eine virulente Varietät
des Bacterium coli war. Bakteriellen Ursprungs sind zweifellos
auch 3 Dysenterieepidemieen, von denen die eine von Biggs (8) aus
New York, die andere von Madan (54) aus Havanna und die dritte
von Bertrand und Baue her (6) in Cherbourg beschrieben wurde.
Der erste dieser Verff. züchtete keinerlei Bakterien aus seinen F'ällen.
Aus der Arbeit Madan ’s (die mir liebenswürdigerweise Dr. Sentiftnn
übersandt hat) kann man sich nur darüber ein Urteil bilden, daß er
Falle einer epidemischen Dyseuterie beobachtet hat. Es fehlen jedoch
Zur Aetiologie der Dysenterie.
93
dort alle bakteriologischen oder überhaupt parasitologischen Angaben
oder Untersuchungen. In der Arbeit vonBertrand und Bau eher
(6) liegen uns sehr wichtige Daten vor. Die betreffenden Autoren
züchteten aus den von ihnen untersuchten Fällen nicht weniger als
6 Bakterienarten, und zwar Vibrio septique, B. pyocyaneuB,
Staphylo coccus pyogenes aureus, albus und citreus,
Staphy lococcus nonliquefaciens und Sarcina lutea.
Wie ersichtlich, handelt es sich hier um Parasiten, die stets oder
doch nur häufig unter normalen Bedingungen im Darme Vorkommen.
Die Verff. vertreten die Meinung, daß gerade das Zusammenwirken
(association) der gewöhnlichen Bakterien, nicht aber ein einzelner
spezifischer Parasit, die Dysenterie verursacht.
Ich bin derselben Meinung, und erkläre mir eben dadurch die
Widersprüche hinsichtlich der Resultate schon veröffentlichter und
möglicherweise noch zu veröffentlichender bakteriologischer Unter-
suchungen über die Aetiologie der epidemischen Dysenterie. Wir er-
>ehen bereits aus den soeben erwähnten neueren Arbeiten, daß die
F.igenschaft, Dysenterie hervorzurufen, bis heute bald dem B ac-
te ri um coli, bald anderen, für spezifisch gehaltenen (Ogata)
Stäbchen, bald den Diplokokken oder Streptokokken zuerkannt wurde.
Es ist nicht schwer, eine Erklärung für diese Thatsache zu finden,
wenn wir die kardinalen Veränderungen in Betracht ziehen, die in
gewissen Fällen infolge der sog. Symbiose in den Eigenschaften man-
cher Bakterien eintreten. Im Darme kommen, wie bekannt, viele
Bakterienarten vor. Unter gewissen, noch nicht näher bekannten
Bedingungen stellt sich bei der einen oder der andoren Varietät der-
selben infolge einer Symbiose mit anderen hohe Virulenz ein, weshalb
Allgemeininfektionen verschiedener Intensität und dipbtheritische Ver-
änderungen im Dickdarm hervorgerufen werden. Die einzelnen Verff.
sonderten nun die verschiedenen Bakterienspecies in den verschiedenen
Dysenterieepidemieen von einander ab, und ihr ganz besonderes Inter-
esse wandte sich selbstverständlich denjenigen Bakterien zu, die im
gegebenen Falle dieselbe Virulenz bei Uebertraguug auf Tiere zeigten.
Wäre nun in jedem Falle derselbe Mikroorganismus gleich virulent
befunden worden, so könnte man wohl von einem bekannten spezifischen
Dysenterieerreger im allgemeinen sprechen. Dem ist aber nicht so.
Bis jetzt sind, wie wir sehen, 4 Bakterienarten für die Erreger der
Dysenterie in verschiedenen Gegenden erklärt worden. Wenn spätere
Untersuchungen auch von diesem Standpunkte ausgehen werden, so
werden gewiß noch neue Mikroorganismen als Dysenterieerreger an
anderen Urten beschrieben werden. Trotzdem werden wir alle diese
Mikroorganismen nie als wirklich spezifische Erreger der Dysenterie
(«trachten dürfen, denn bei allen werden wir ein charakteristisches
Merkmal vermissen, ohne welches wir ihnen keine spezifisch-pathogene
Rolle zuerkennen dürfen, nämlich die Beständigkeit ihres Auftretens
bei verschiedener Intensität und in den verschiedenen Phasen dieser
Krankheit in allen Teilen unserer Erdkugel. Solange wir nicht in
jeder Dysenterieepidemie konstant denselben Mikroorganismus züchten,
gleichviel wo dieselbe auftritt, solange die Forschungen in dem einen
oder dem anderen Lande neue Specics von Dysenteriebakterien ent-
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94
W. Jnnowslti,
decken, solange müssen wir behaupten, daß wir sie nicht kennen.
Wenn aber so zahlreiche Forschungen noch nicht zur Entdeckung der-
selben geführt haben, der bakterielle Ursprung der gewöhnlichen Dysen-
terie aber keinem Zweifel unterliegt, so darf man schon heute an-
nehmen, daß ein konstanter, spczischer Dysenterieparasit überhaupt
nicht entdeckt werden wird. Die Dysenterie ist meiner Ansicht nach
das Muster einer durch Mischinfektion, und zwar durch Symbiose
entstehenden Krankheit, bei der bald der eine, bald der andere der
im Darme befindlichen Parasiten spezifische toxische Eigenschaften
erwirbt. Die außerordentlichen Intensitätsschwankungen der einzelnen
Dysententerieepidemieen lassen sich eben dadurch leicht erklären, daß
in den verschiedenen Epidemieen nicht immer dieselben Mikroorga-
nismen diese Virulenz erwerben. Mit demselben Umstände hängt
meiner Ansicht nach auch die wechselnde Hartnäckigkeit dieser Epi-
demieen zusammen: verschiedene Bakterien erlangen durch die Sym-
biose hochgradige Virulenz, verlieren dieselbe aber nicht mit gleicher
Leichtigkeit; außerdem besitzen sie selbst größere oder geringere
Tendenz zum Absterben unter Einwirkung verschiedener Umstände.
Ich stimme vollkommen mit der Ansicht Wesener’s (70) und Cra-
mer’s (21) überein, daß die epidemische Dysenterie das Resultat
einer Bakterieninfektion ist, denn dies kann, wie bereits gesagt, in
Anbetracht der oben angeführten Daten keinem Zweifel mehr unter-
liegen, aber ich füge mit Ziegler (82) hinzu, daß die einzelnen
Bakterienarten auch verschiedene Epidemieen hervorrufen, und be-
merke noch, daß die letzterwähnte Thatsache Bich dadurch erklären
läßt, daß bald die einen, bald die anderen Bakterien günstigere Be-
dingungen zu ihrer Entwickelung im Darme vorfinden, infolgedessen
bald die eine, bald die andere Varietät derselben virulent wird.
Meiner Ansicht nach ist das Resultat der bis heute vorgenommenen
Untersuchungen heute bereits so klar und sicher, daß weitere
Forschungen in der bisherigen Richtung eigentlich überflüssig wären.
Im besten Falle werden wir daraus erfahren, daß noch einige schon
bekannte Bakterienarten sich an dem einen oder an dem anderen
Orte pathogen erwiesen haben, was uns nur in unserer Ansicht, daß
die Dysenterie ein Resultat der Bakteriensymbiose ist, bestärken kann.
Bei weiteren Untersuchungen über die Aetiologie der epidemischen
Dysenterie muß ein anderer Weg eingcschlagen werden. Es muß
nämlich hinsichtlich jeder der an dem einen oder dem anderen Orte
sich pathogen dysenterieerregend erwiesen habenden Bakterien experi-
mentell nachgewiesen werden, welche der übrigen, mit ihr zusammen
im Darme auftretenden Bakterieu ihr die Eigenschaft, pathogen zu
wirken, verleiht. Mühevoll werden derartige Experimente wohl sein,
denn sie erfordern unzählige Variationen, dafür aber können sie auch
höchst interessante Resultate ergeben. Ziehen wir die in der Wissen-
schaft bekannten analogen Daten in Betracht, so ist a priori anzunehmen,
daß sich bei diesen Forschungen zeigen wird, daß je nach der geographi-
schen Lage verschiedene Bakterien einer der uns näher bekannten
Bakterien (z. B. Bacterium coli oder Streptococcus) die
Fähigkeit verleihen können, bei Vorhandensein der entsprechenden
Bedingungen innerhalb und außerhalb des Organismus das in Rede
iogle
Zur Aetiologie der Dysenterie.
95
stehende Dysenteriegift zu produzieren — und hierin birgt sich eine
der Ursachen der so überaus wechselnden Intensität der einzelnen,
scheinbar durch denselben Mikroorganismus hervorgerufeneu Epide-
mieen. Andererseits würde es wahrscheinlich gelingen, zu zeigen,
daß auch die uns weniger bekannten, bis jetzt zu den Saprophyten
gerechneten Parasiten ebenfalls sehr virulent, resp. Erreger der Dysen-
terie, werden können, wenn sie sich mit anderen Bakterien zusammen
entwickeln und günstige Bedingungen dazu vorfiuden. Das ist ein
Material für zahlreiche Forschungen und für eine ganze Reihe von
Forschern. Leider bin ich selbst augenblicklich außer stände, mich
dieser Arbeit zu unterziehen, und doch sehe ich in solchen und nur
in solchen Untersuchungen die alleinige Möglichkeit, über die Aetio-
logie der bakteriellen, wirklich epidemischen Dysenterieen volle Auf-
klärung zu erhalten.
II. Die Rolle der Amöben in der Aetiologie der
Dysenterie.
Wir kommen nun zur Betrachtung der Rolle, die die Amöben in
der Aetiologie der Dysenterie spielen. Gerade diese Seite der uns
interessierenden Frage besitzt eine äußerst reiche Litteratur, die einer
kritischen Beleuchtung bedarf. Es ist ziemlich schwer, sich diese
Litteratur zu verschaffen, da die meisten diese Frage betreffenden
Arbeiten in speziell bei uns nur wenig zugänglichen Zeitschriften er-
schienen sind. Von dem Wunsche ausgehend, meinen Nachfolgern die
Arbeit zu erleichtern und möglichst objektiv zu Werke zu gehen,
will ich der Reihe nach den Inhalt aller die Amöbendysenterie be-
handelnden Arbeiten anführen und hierauf darlegen, ob sieb heute
bereits auf Grund der bis jetzt in der Wissenschaft gesammelten
Daten irgend welche bestimmte Sätze hinsichtlich der Rolle der
Amöben in der Aetiologie der Dysenterie aufstellen lassen und wie
dieselben lauten.
Der erste Autor, der Amöben im Stuhle erwähnte, war zweifel-
los L a m b 1 (49, p. 365), der sie im Schleime eines 2-jährigen Kindes
beobachtete und ihre Größe mit 4,6 n — 6,2 n angiebt. Genauigkeits-
halber muß diese Thatsache mit erwähnt werden ; deshalb ist aber
noch nicht festgestellt, daß das von L a m b 1 mit dem Namen Amöbe
bezeichnete Gebilde wirklich diese Bezeichnung verdiente. Sowohl auf
Grund von Lambl’s Beschreibung wie auch auf Grund seiner Ab-
bildungen würde ich die Möglichkeit nicht ausschließen, daß die Ge-
bilde im Zerfall begriffene Flagellatenformen gewesen sein dürften,
um so mehr, da der Verf. letztere gerade um jene Zeit beobachtet
and beschrieben hat.
Zehn Jahre später (1870) beschrieb Lewis Amöben in Cholera-
fällen in Indien. Gleich darauf berichtete Cunningham (23) in
seinem Rapport, daß er in 18 Proz. aller Cholerafälle Amöben ge-
sehen habe, denen er jedoch keine pathogene Wirksamkeit beimesse.
Von größerem wissenschaftlichen Interesse ist erst die 5 Jahre
später beschriebene Beobachtung von Loesch (52), die eigentlich
aus dem Jahre 1873 datiert. Ein 24-jähriger Mann erkrankte im
Jahre 1871 an heftiger, mehrere Monate nacheinander anhaltender
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96
W. Janowski,
Diarrhöe. Der darauf sich einstellende Schwächezustand dauerte sehr
lange. Erst nachdem der Kranke sich erholt hatte, d. h. im Jahre
1872, kam er nach Petersburg und verdiente sich hier sein Brot mit
Herausziehen von Holz aus dem Wasser, wobei er sich häufig Er-
kältungen zuzog. Im September desselben Jahres bekam er heftige
Diarrhöe mit Teuesmen, die jedoch nach 2 Wochen nachließ. Im
Oktober stellte sie sich wieder ein, und er begab sich in Eich wald’s
Klinik, wo er gerade zu Loesch in Observation kam. Der Patient
hatte damals sehr starke Diarrhöe, und die Faeces enthielten, mikro-
skopisch untersucht, Blut, Eiter und Amöben in Menge. Letztere
waren 5 — 8 mal größer als die roten Blutkörperchen, oval oder birnen-
förmig und bewegten sich vermittelst fingerartiger Ausläufer. Die
Zahl der innerhalb einer Minute heraustretenden Ausläufer betrug
4 — 5. Die Amöben waren durchschnittlich 20 /r — 35 /t groß. Ihr
Protoplasma war grobkörnig oder zum Teil körnig. Eine Membran
fehlte ganz. Die Amöben waren äußerst zahlreich in den Entleerungeu
vertreten : 60—70 in einem Gesichtsfelde. Als sich das Befinden des
Kranken bei der gewöhnlichen Behandlungsmethode nach einigen
Wochen nicht besserte, brachte Loesch, dem die Untersuchungen
von Binz über Einfluß des Chinins auf die Amöben eingefallen wareu
und der sich überzeugt hatte, daß eine Lösung von 1 : 5000 dieselben
binnen einer Minute tötet, bei seinem Kranken 10 Tage nacheinander
Chininklystiere in Anwendung, verbunden mit innerlicher Verabreichung
von je 2 Pulvern Chinin (5 g) täglich. Es trat bedeutende Besserung
ein, und die Amöben verschwanden vollständig aus den Stühlen.
Allein 3 Tage nach Abstellung des Chinins nahm die Diarrhöe all-
mählich wieder zu, und die Zahl der Amöben wuchs ebenfalls an.
Einige Zeit darauf bekam der Kranke eine linksseitige Pleuritis. Nun
verschwanden die Amöben ohne spezielle Kur vollständig aus den
Entleerungen und zeigten sich bis zum Tode (unter Pneumonie- und
Pleuritiserschcinungen) nicht wieder. Loesch konnte sich diese
eigentümliche Erscheinung nicht erklären. Bei der Autopsie wurden
im Dickdarme Ulcerationen — zum Teil schon vernarbte — und Ver-
dickungen gefuuden. Letztere hingen, wie es sich bei der mikro-
skopischen Untersuchung erwies, mit der Infiltration der Submucosa
zusammen. Um die Rolle der Amöben im gegebenen Falle festzu-
stellen, wurden 4 Hunden je 1—2 g frischer, amöbeuhaltiger Faeces
durch Klystiere einverleibt. Drei derselben blieben gesund, der vierte
begann nach 8 Tagen zwar keine flüssigen, aber doch im Schleime
Amöben enthaltende Entleerungen abzugeben. Der Verf. tötete ihn
8 Tage nach Einverleibung der Amöben. Der Sektionsbefund zeigte
im Dickdarme Hyperämie und einzelne Ulcerationen. Loesch war
der Ansicht, sein Kranker habe ursprünglich an gewöhnlicher Dysen-
terie gelitten. Die Amöbeninfektion war später dazugekommen und
hatte den Prozeß in die Länge gezogen, da die Ulcerationen, auf die
die Amöben als konstantes Irritans wirkten, dadurch nicht heilen
konnten.
Die nächsten, die Anwesenheit der Amoeba coli im Darme
betreffenden Beobachtungen stammen von Normand (66, p. 212),
der sie in 2 Fällen von Colitis gesehen, und von Sonsino, der
oogle
Zar Aetiologie der Dysenterie.
97
Leuckart mündlich Mitteilung davon machte, daß er sie in einem
Falle in Kairo gesehen habe. Diese 3 Observationen wurden jedoch
erst später bekannt, nachdem durch die Forschungen von Kartulis
die allgemeine Aufmerksamkeit auf die Amöben gelenkt worden war.
Zu jener Zeit waren jedoch die ersten an Amoeba coli angestellten
Untersuchungen diejenigen von Grassi (31). Er berichtete im Jahre
1879, er habe in 6 Fällen in den Oeffnungen eine geringe Anzahl
Amöben gesehen, die den von Loesch beschriebenen ähnlich waren.
Grassi hielt sich auf Grund seiner Beobachtungen nicht für berech-
tigt, ihnen pathogene Eigenschaften zuzuerkennen. Fast genau das-
selbe wiederholt er in seiner nächstfolgenden Arbeit (32), in welcher
er sagt, daß die Amoeba coli oft in Rovellasca, Messina, Mailand
und Pavia anzutreffen ist und daß sie sowohl bei Gesunden als auch
bei an Diarrhöe Leidenden vorkommt (di forme diarroiche-dissente-
riche). Bei letzteren sind sie viel zahlreicher, als bei ersteren.
Grassi’s Beschreibung der Amoeba coli weicht etwas von der-
jenigen von Loesch ab. Er unterscheidet darin das Ektoplasma
und das Entoplasma; ersteres ist kompakter, letzteres körnig und
enthält mehrere Vakuolen und einen runden Kern mit 2 Nukleolen.
Dieses Gebilde kann infolge seiner Bewegungen eine fingerartige,
birnenförmige und andere Gestalt annehmen. Abgestorbene Exemplare
sind immer rund. Zuweilen sah Grassi innerhalb der Amöben ver-
schiedene ihnen als Nahrung dienende Körper, Leukocyten und rote
Blutkörperchen, Stärke, Bakterien. Nach Grassi ist diese Amöbe
0,008 — 0,012 fi groß. Er erwähnt noch, er habe zuweilen runde, im
Ruhezustände befindliche Formen gesehen, von denen er nicht zu sagen
wüßte, ob es Amöben oder unbewegliche Cercomonaden gewesen.
Cunningbam und Lewis (23) bemerken in ihrer neuen, im
Jahre 1881 veröffentlichten Arbeit, daß sie Amöben bei gesunden
Menschen wie auch bei an Cholera oder anderen Krankheiten leidenden
gefunden. Sie gaben die Möglichkeit eines Uebergehens der Amöben
in Flagellaten und Sporozoen und vice versa zu. Diese Anschauung,
die zuerst von Grassi (32) widerlegt wurde, stützte sich auf un-
genaue Untersuchungen. Die Autoren kamen nach zahlreichen Proben
zu dem Schlüsse, daß die Amöben am besten auf Kuhexkrementen
wachsen.
Fast zu gleicher Zeit wurde das Auftreten von Amöben in Fällen
von chronischer Diarrhöe in der bekannten Arbeit Perroncito’s (63)
erwähnt. Allein, wie schon eingangs erwähnt, die allgemeine Auf-
merksamkeit wurde erst durch die Forschungen in Aegypten auf diese
Gebilde gelenkt
Eigentlich war R. Koch (45) der erste, der den Amöben in
Aegypten größere Aufmerksamkeit schenkte. Als er im Jahre 1883
behufs Untersuchung der Aetiologie der Cholera in Aegypten weilte,
untersuchte er außer Choleraerkrankungen noch eine Reihe anderer
Krankheiten, u. a. auch 5 Dysenteriefälle, worunter 2 mit Leber-
abscessen kompliziert waren, ln 4 dieser Fälle entdeckte Koch in
der Tiefe der ausgebreiteten Ulcerationen und im anliegenden Gewebe
Amöben, die 2 mal so groß waren wie die Leukocyten und die auf
den mit Anilinfarben tingierten Präparaten deutlich hervortraten. Sie
Et«* Abt XXI. M. 7
>ogle
98
W. Janowski,
fehlten nur in einem Falle, in welchem die Ulcerationen schon ver-
narbten. Im blutigen Darmschleime fand Koch diese Gebilde nicht.
Er nahm an, daß gerade das Vorhandensein der Amöben tief im
Darmgewebe selbst zu gunsten eines ursächlichen Zusammenhangs
zwischen denselben und dem Entstehen der Dysenterie spräche. Obige
Anschauung Koch ’s wurde jedoch erst im Jahre 1887 bekannt.
Allein schon im Jahre 1883 sprach Koch sich Kartulis gegen-
über in diesem Sinne aus, indem er ihm zu weiteren Forschungen auf
diesem Gebiete riet. Das Resultat dieser Forschungen war eine ganze
Reihe von Arbeiten, die Kartulis nach und nach erscheinen ließ.
In der ersten derselben (40) giebt er nur an, in 6 Fällen von
chronischer Darmentzündung runde oder ovale Gebilde gefunden zu
haben, deren Form sich bei Druck auf das Deckgläschen leicht ver-
ändert und die 0,00015 — 0,000222 mm groß sind. Ihre Konturen
sind auf frischen Präparaten schwer zu unterscheiden. Sie färben
sich gut und dauernd mit Eosin. Kulturversuche mißlangen. In
vielen Dysenterie-, Cholera- und anderen Fällen fand Kartulis
diese Gebilde nicht. Noch behauptet er nicht, diese Gebilde seien
die Entstehungsursacbe chronischer Diarrhöen, da ihm dazu jegliche
Sektionsdateu fehlten, aber er betont ausdrücklich, daß diejenigen
Kranken, deren Faeces die größte Anzahl der hier beschriebenen
Amöben enthielten 1 ), am schwersten darniederlagen.
Ein Jahr später (1886) teilte Kartulis (41) die Ergebnisse der
Untersuchungen von 150 Dysenteriefällen mit. Er fand in jedem
derselben 12 fi — 30 /« große Amöben. Sie besaßen deutliche Kerne
und zahlreiche (bis 10) Vakuolen. Ihr Protoplasma hatte 1 oder
mehrere Ausläufer. Sie zeichneten sich durch schwache Lebensfähig-
keit aus, und zwar starben sie in den Faeces alle nach 24 und auf
den Präparaten unter den Deckgläschen nach 1—2—4 Stunden ab.
Zuweilen entstanden in denselben so bedeutende Einschnürungen, daß
die beiden Parasitenhälften kaum noch durch ein schmales Bändchen
verbunden waren; vollständige Teilung hat jedoch Kartulis nicht
beobachtet. Sie färben sich schwer. Diese Parasiten fand Kartulis
in jedem Dysenteriefalle; er konnte sie jedoch bei keiner anderen
Krankheit entdecken. Am zahlreichsten waren die Amöben auf dem
Grunde der dysenterischen Geschwüre und ihrer Nachbarschaft ver-
treten, so daß sie um so tiefer lagen, je tiefer das Geschwür selbst
war. Da Kartulis sie konstant in jedem Entwickelungsstadium
derselben vorfand, so hielt er sie für die Urheber jener Krankheit in
Aegypten.
Wie ersichtlich, beschrieb Kartulis diesmal andere Amöben,
als in seiner ersten Arbeit, und erkannte ihnen gleich pathogene
Eigenschaften zu. Um diese Amöben, die den 11 Jahre früher von
1) Kartulis nannte dieselben Kiesenamöben (?). Diese Beteichnung ist von vielen
Autoren wiederholt worden. Was mich betrifft, so kann ich nicht einsehen, weshalb
dieselben „Rlesen“-Amöben genannt werden, da die angeführten Dimensionen so gering
»ind. Ich sctxe hier einen Druckfehler in den Ziffern voraus, um so mehr, da die bei
100-fachcr Vergrößerung gefertigten Abbildungen von Kartulis wirklich sehr groß»
Amöben darstellen, leb mache hier darauf aufmerksam, da obige Zahlen (0,00016 bis
0,000282) überall angeführt werden, thatsächlicb aber gewiB nur eine Berichtigung er-
forderten.
ed by Google
Zar Aetiologie der Dysenterie.
99
Loesch beschriebenen ähnlich waren, handelt es sich auch in den
nächstfolgenden Arbeiten Kartulis’, in denen er ihnen das Bürger-
recht in der Pathologie zu erkämpfen bemüht war. Bereits in seiner
nächsten Arbeit (42) giebt er an, seine Amöben auch in Leberabsccssen
bei Dysenterie gefunden zu haben. Er hatte dieselben in 20 Fällen
in den Absceßwänden gefunden, worüber er einen Bericht zur Aerzte-
versammlung in Washington einsandte. Später fand er sie fast in
Beinzucht im Eiter eines noch bei Lebzeiten des Kranken eröffn eten
Leberabscesses und in 8 analogen Fällen unter 11 überhaupt unter-
suchten.
Einige Monate vor dem Erscheinen dieser Arbeit veröffentlichte
H 1 a v a (35) in Prag seine Beobachtungen über Dysenterie. Er fand
konstant in allen 60 von ihm untersuchten Fällen von Dysenterie die
Kar tulis’schen Amöben vor. 8 Kaninchen, 2 Bühner und 6 Meer-
schweinchen wurden damit geimpft, ohne daß er Erfolg erzielt hätte;
bei 4 Katzen (unter 6 Impfungen) und 2 Hunden (unter 17 Impfungen)
erhielt er ein positives Resultat. Er erklärt jedoch nicht näher, worin
dasselbe bestanden. Als nun im darauffolgenden Jahre die uns schon
bekannten Forschungen von Chantemesse und Widal (19) er-
schienen, erklärte Kartulis in Beantwortung derselben, er behaupte
durchaus nicht, daß in anderen Ländern die Urheber der Dysenterie
nicht Bakterien sein könnten. Er glaubt jedoch, daß in gewissen
Gegenden die Ursachen dieser Krankheit in den von ihm beschriebenen
Amöben zu suchen sei. Hier beruft er sich auf Hlava’s Unter-
suchungen, denen zufolge die Dysenterie in Prag durch Amöben her-
vorgerufen war, auf den uns bekannten Fall L o e 8 c h ’s in Petersburg,
auf den Ausspruch Koch ’s, daß die Amöben auch in Indien vor-
kämen, und auf seine eigenen Untersuchungen in Aegypten und Sudan,
bei denen er stets in allen Dysenteriefällen (im ganzen in 500) Amöben
gefunden, während sie bei anderen Krankheiten fehlten.
In derselben Arbeit betont Kartulis nochmals die Rolle der
Amöben bei Entstehung der Leberabscesse. In den Tropenländern
findet man bei allen Ausländern, besonders bei Männern in höherem
Alter, ausgesprochene Disposition zu Leberabscessen. Diese gewöhn-
lichen Abscesse werden durch Bakterien hervorgerufen. Allein außer
diesen kommen in den Tropenländern auch Leberabscesse nach Dysen-
terie sehr häufig vor. Unter 22 Fällen von postdysenterischen Ab-
scessen fand er 15 mal Amöben vor, darunter waren in 2 Fällen
Bakterien im Eiter nachzuweisen. Er nimmt daher an, die Amöben
zerstörten die Gefäße in den Ulcerationen und gelangen auf diese
Weise in die Leber, indem sie dieselbe mit den in ihnen enthaltenen
Bakterien infizieren, die auf dem derartig vorbereiteten Boden in der
Leber Eiterung hervorrufen.
Während durch obige Untersuchungen von Kartulis das Inter-
esse sich immer mehr der Rolle der Amöben bei Dysenterie zuwandte,
erschienen die Untersuchungen Massiutin’s (56) aus der Klinik
von Loesch in Kiew. Sie sprachen insofern gegen die Amöben, als
spezifische Krankheitserreger, als Massiutin sie auch in anderen
Darmerkrankungen, nicht Dysenterie allein, nach wies. Streng ge-
nommen, können nur 2 Fälle dieses Verf.’s (der 1. und 4.) in dieser
T
100 M. Simmonds, Zar Konservierung von Kartoffeln au Kulturzwecken.
Hinsicht in Betracht kommen, denn nur in diesen fand Massiutin
in den Faeces Amöben allein ohne Beimischung anderer Protozoen.
Der eine Fall betraf einen Kranken, der nach Dysenterie seit 7 Jahren
an Diarrhöe mit bluthaltigen Stühlen litt. Nach mehreren vergeblichen
Untersuchungen fand Loesch in den frischen Stühlen zahlreiche
Amöben, die sich längere Zeit im Darme hielten. Im 2. Falle wurden
bei einem 27-jährigen Manne, der an akutem Darmkatarrh litt,
Amöben gefunden Sie verschwanden nach 11 Tagen. In 3 weiteren
Fällen fand (2 Fälle chronischer Diarrhöe und 1 Fall von Typhus
abdominalis) Massiutin Amöben neben Cercomonaden. Ueber diese
Fälle läßt sich eigentlich nichts näheres sagen, da man nicht wissen
kann, ob das, was Massiutin in diesen Fällen für Amöben hielt,
nicht etwa absterbende Exemplare von Cercomonaden waren. Wie
dem auch sei, so widerspricht, streng genommen, die erste Beobach-
tung Massiutin’s der Rolle der Amöben als Entstehungsursache
der Dysenterie und als Ursache der Fortdauer der Diarrhöe nach
derselben durchaus nicht ; sein 4. Fall aber könnte als leichtere Dysen-
terieform (katarrhalische) mit günstigem Ausgange, wie solche von
späteren Autoren wiederholt beschrieben wurden, betrachtet werden;
allein Massiutin hatte durch seine abweichenden Beobachtungen das
Ansehen der Amöben, als Urheber der Dysenterie, stark untergraben.
Kurz darauf wurde jedoch die Bedeutung der Amöben bei Ent-
stehung der Dysenterie durch eine Reihe von in den Vereinigten
Staaten veröffentlichten Beobachtungen wieder bestätigt. Den ersten
Fall, in welchem in der neuen Welt Amöben gefunden wurden, publi-
zierte Osler aus Baltimore (62). Der Panama bewohnende Kranke
hatte 5 Jahre an chronischer Dysenterie gelitten. Schließlich batten
sich 2 Abscesse am rechten Leberlappen gebildet. Bei Eröffnung
derselben fand Osler in dem sahneähnlichen (der Konsistenz nach)
Eiter zahlreiche sich bewegende Amöben, die er u. a. Welch und
Council man zeigte. Diese Amöben büßten die Beweglichkeit ein,
wenn der Eiter einige Stunden lang gestanden hatte. Er fand die-
selben Amöben in den Entleerungen seines Patienten. Er hält sie
für entschieden pathogen, obgleich er hinzufügt, daß erst weitere
Untersuchungen den wahren Zusammenhang zwischen ihnen und der
Entstehung der Dysenterie zeigen müssen. (Forisetinng folgt.)
Nachdruck verboten.
Zur Konservierung von Kartoffeln zu Kulturzwecken.
Von
Dr. M. Simmonds,
Prosektor am Alten Allg. Krankenbause zu Hamburg.
\
Seit l 1 /, Jahren wende ich die folgende Methode zur Konser-
— vrernng-gekpehter Kartoffeln an: Die Kartoffeln werden in üblicher
i mlM. nn/t
"Dipdfäd
mgtsund gekocht. Nach dem Abkühlen werden sio mit
[iffjifcick^lt und nebeneinander aufgehängt, sodann dreimal
agle
M. W. Beijerinck, Amöbenkultur auf festen Substraten.
101
in halbstündigen Pausen in eine Schellacklösung getaucht. Nach
einer Stunde sind sie völlig trocken und können dann, nachdem die
Bindfäden dicht oberhalb der Kartoffeln abgeschnitten sind, in Kasten
aufgestapelt werden. So präparierte Kartoffeln lassen sich lange Zeit
aofbewahren, ohne von Schimmelbildung zu leiden und ohne auszu-
trocknen. Noch nach vielen Monaten zeigen sie eine tadellos feuchte
Dnrchschnittsffäche und geben, wie ich mich durch zahllose Versuche
überzeugt habe, einen guten Nährboden ab. Ich kann daher dieses
Verfahren, welches ohne Mühe und Kosten gestattet, für viele Monate
einen Vorrat von Kartoffelnährmedien zu erhalten, aufs angelegent-
lichste empfehlen.
Hamburg, 29. Dezbr. 1896.
Nachdruck verbeten.
Amöbenkultur auf festen Substraten.
Antwort an Herrn Celli.
Von
M. W. Beijerinck.
Kurz nachdem ich in diesem Blatte einen Aufsatz über Amöben-
kultur auf festem Substrat veröffentlicht hatte *), erhielt ich von
Herrn Celli eine sehr interessante Abhandlung über denselben
Gegenstand*), worüber der Autor Übrigens auch in diesem Blatte,
als Antwort auf meinen Aufsatz, berichtet hat *).
Daß ich noch einmal die Feder aufnehme, um darüber zu sprechen,
geschieht nur, um einen Unterschied zu betonen, welcher zwischen
unseren Kulturresultaten besteht, namentlich zwischen meinen Kulturen
vonAmoeba zymophila und denjenigen von Herrn Celli, wobei
ich jedoch sofort bemerken will, daß meine A. nitrophila auf
gleicher Linie mit Herrn Celli’s Kulturen steht.
Dieser Unterschied besteht darin, daß meine A. zymophila eine
wirkliche Reinkultur ist, und wie ich damals deutlich beschrieben,
willkürlich auf jeglichen Nährboden übergebracht, und mit bestimmten,
ebenfalls willkürlich zu wählenden Mikrobenarten ernährt werden
kann, wobei ich als solche Ernährer Essigbakterien, Apiculatus-
hefe und Coli commune verzeichnet habe.
Bei Herrn Celli’s Versuchen (sowie bei den meinigen mit
A. nitro phi la) ist von einer wirklichen Reinkultur nicht die Rede 1 2 3 4 ),
die Ueberbringung auf ein willkürliches Nährsubstrat, z. B. auf Fleisch-
oder Malzgelatine ist nicht möglich, wegen der Bakterienüberwucherung,
wodurch bald die Amöben verschwinden würden. Auch ist es frag-
heb, ob Herrn Celli’s Amöben sowie meine A. nitrophila über-
1) Centralbl. f. Bakteriologie. I. Abt. Bd. XIX. 1896. p. 267.
2) A. Cell! e K. Fiocea, lotorno alle Biologie delie Amebe. (Katr. d. Annali
iHgieee sperimentale. Voi. V. 1896. Fase. 2. p. 177 )
3) Centrelbl. f. Bakteriologie. I. Abt. Bd. XIX. 1896. p. 636.
Wie aas Herrn C elli's eigene» Worten (dieses Blatt 1. e. p. 637) hervorgebt.
. _ Digitized by Google
102
Allgemeines über Bakterien.
haupt auf solchen extraktreichen Nährböden gedeihen können, selbst
wenn es möglich wäre, die Bakterien etc. fernzuhalten, oder, rich-
tiger, nach dem Bedürfnisse der Amöben zu wählen.
Alles dieses ist jedoch bei meiner Amoeba zymophila er-
reicht, und zwar so gut erreicht, daß ich meine Kulturen nun seit
mehr als einem Jahre auf dieselbe Weise fortführe, als ob es sich um
einen gewöhnlichen saprophytischen Mikroorganismus handelte.
In meinen Kulturen von A. zymophila liegt also einerseits ein
Beispiel vor von einer Amöbe, welche an saure und konzentrierte
Nährmaterialen adaptiert ist, und andererseits das erste Beispiel
einer Amöbenreinkultur im wissenschaftlichen Sinne, welche beide
Umstände in Herrn Celli’s Kulturen nicht realisiert sind.
Uebrigens ist mein Verfahren zur Kultur der Erdamöben auf
ausgewaschenen Agarplatten ebenso einfach wie Herrn Celli’s
Methode auf Chondrus crispus, und nicht, wie Herr Celli
sagt, viel komplizierter.
Daß ich nicht früher diese Antwort eingesandt habe, geschah deshalb,
weil ich zunächst sicherstellen wollte, ob meine A. zymophila eine
wirkliche Errungenschaft für das Laboratorium ist. Da ich glaube
dieses nun praktisch erwiesen zu haben, kann es nur angezeigt sein,
die Sache noch einmal aus dem Schlafe der Zeiten zu erwecken.
Delft, 6. Januar 1897.
Referate.
Besenbach, Inwieweit hat die Bakteriologie die Dia-
gnostik gefördert und die Aetiologie geklärt? (Dtsch.
med. Wochenschr. 1896. No. 41.)
Der Verf., welcher bekanntlich die Erfolge der Bakteriologie skep-
tisch beurteilt, sucht in einer längeren Abhandlung mit einem großen
Aufwand von Verstandesarbeit und unter Zuhilfenahme vieler Gleich-
nisse den Beweis zu führen, daß der diagnostische Wert des Befundes
spezifischer Bakterien bei der Krankenuntersuchung überschätzt wird.
Seine Ausführungen kommen vielfach darauf zurück, daß durch die
Anwesenheit solcher Bakterien das Bestehen der Krankheit in der
Regel noch nicht bewiesen ist, daß vielmehr erst wirkliche Krank-
heitserscheinungen vorhanden sein müssen, deren Eintritt noch von
verschiedenen anderen Umständen abhängig ist. Namentlich sei der
Bakterienbefund in prognostischer Beziehung im Vergleiche zu anderen
Symptomen von geringem Belange. Unter den Parasiten bezeichnet
R. als äußere Parasiten, Ektositen oder accidentelle Mikroorganismen
solche Keime, welche die Schutzschichten der Epidermis resp. der
Epithelien nicht durchbrochen haben, auf der Körperoberfläche oder
in den mit der Luft in Verbindung stehenden Hohlräumen des Orga-
nismus und deren Ausbuchtungen schmarotzen. Solche Mikroorganis-
men können aber zu Endositen werden, wenn sie infolge von Ver-
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Cholera.
103
Änderungen der Gewebe in die Schleimhaut eindringen; sie werden
dann Nosoparasiten und sind in die Klasse der sekundären Noxen
einzureihen ; als solche können sie im Blute (Hämositen) oder in den
Geweben (Histositen) erscheinen und dort selbständige Veränderungen
bewirken oder den Ablauf der Prozesse wesentlich modifizieren. R,
erkennt jedoch an, daß es auch direkt pathogene Bakterien oder
primäre Noxen giebt.
Ref. darf die Leser des Centralblattes, welche sich für den Ge-
dankengang des Verf.’8 interessieren, auf die Originalarbeit verweisen.
Seinerseits hat er wirklich neue Gedanken in der Arbeit R.’s nicht
gefunden. U. a. sind die Zweifel an der Berechtigung, auf den Nachweis
des Diphtheriebacillus oder Choleravibrio praktische Maß-
nahmen zu gründen, schon oft gehört, indessen wurden mit solchen
Verfahren doch bisher nicht unbefriedigende Erfolge erreicht. Anderer-
seits wird den hervorragenden Bakteriologen mit Unrecht der Vor-
wurf gemacht, daß sie die klinischen Symptome und die pathologische
Anatomie vernachlässigen; R. Koch würde seine großen Entdeckungen
nicht gemacht haben, wenn er nicht stets gerade auf das Studium
des Krankheitsverlaufes und der Gewebsveränderungen im kranken
Körper den größten Wert gelegt hätte. Eins muß aber festgehalten
werden, nämlich, daß trotz aller Konstitutionsverbältnisse, trotz aller
nachweisbaren Schwäcbezuständen u. s. w. ohne den spezischen Er-
reger eine Infektionskrankheit nicht entsteht, und in dieser Thatsache
beruht die Bedeutung des Bakteriennachweises. K übler (Berlin).
Cramer, E., Die Aschebestandteile der Cholerabaciilen.
(Archiv f. Hyg. Bd. XXVIII. Heft 1.)
Verf. weist zunächst auf die durch seine früheren Untersuchungen
bereits festgestellte Thatsache hin, daß der Aschegebalt der Bakterien
durch die verschiedenartigsten Verhältnisse, wie z. B. die Art des
Nährmaterials, die Wachstumsdauer und -temperatur qualitativ und
quantitativ wesentlich beeinflußt wird.
Um ein für die quantitative Bestimmung der Aschebestandteile
der Choleravibrionen möglichst geeignetes Material zu erhalten,
züchtete Verf. 3 Cholerastämme verschiedener Provenienz in 1-proz.
Sodabouillon nach Dame n, auf deren gleichartige Beschaffenheit bei
den verschiedenen Versuchen besondere Rücksicht genommen wurde.
Der Aschegehalt dieser Nährlösung wurde bei mehreren Versuchs-
reihen durch Zugabe von 4 Proz. phosphorsaurem Natron, resp. 3 Proz.
Chlornatrium in seiner Menge und Zusammensetzung nicht un-
wesentlich geändert.
Es zeigte sich nun, daß mit steigendem Aschegehalt des Nähr-
materials auch der Aschegehalt der Bakterien zunahm, und zwar stieg
derselbe — bezogen auf Trockensubstanz — von rund 8 Proz. in der
auf normaler Sodabouillon gezüchteten Kultur bis auf ca. 30 Proz.
in den auf den aschereicheren Näbrsubstraten berangewachsenen
Vibrionen. Der Aschegehalt der feuchten Bakterienmasse stimmte
beinahe vollkommen mit dem der verwendeten Nährbouillon überein.
Die Ausnutzung der in dem Nährmedium den Bakterien zur
Verfügung stehenden Aschenbestandteile betrug in zwei genauer ver-
104
Keuchhusten.
folgten Fällen nur 0,49 Proz., war also gegenüber der Gesamtaus-
nutzung des Nährbodens eine recht geringe.
Aus der quantitativen Analyse der verschiedenen Bakterien-
aschen ergab sich mit voller Sicherheit, „daß die Bacillen innerhalb
gewisser Grenzen sich in der Zusammensetzung ihrer Aschenbestand-
teile völlig dem Nährmateriale anpassen, auf dem sie gewachsen
sind“. In den mit Chlornatrium und Natriumphosphat versetzten
Nährlösungen wuchsen Kulturen mit sehr chlor- und phosphoräure-
reichen Aschen heran, und es war ferner — z. B. aus dem Schwefel-
säuregehalte — ersichtlich, daß auf die Zusammensetzung der ver-
schiedenen Bakterienaschen außer der absoluten Menge auch das
Verhältnis, in dem die Aschenbestandteile des Nährmaterials zu
einander stehen, von Einfluß ist. Ferner ergab sich, daß sich die
Bakterienascbe mit einem gewissen Bestandteile nur bis zu einem
ganz bestimmten Punkte anzureichern vermag, wenn dieser Körper
dem Nährmedium auch in noch größeren Mengen zugegeben sein
sollte. Schließlich scheint auch die Aufnahmefähigkeit der Cbolera-
vibrionen für die einzelnen Aschebestandteile eine verschiedene zu
sein, und zwar wurden in den Versuchen des Verf. Phosphorsäure
und Schwefelsäure besser ausgenutzt als Chlor.
Vogel (Hamburg).
Ritter, Julias, Ueber den Keuchhusten. [Vortrag, gehalten
in der Sektion lür Kinderheilkunde der 68. Naturforscherversamm-
lung in Frankfurt a. M.] (Berl. klin. Wochenschr. 1896. No. 47
und 48.)
Aus einem Krankenmaterial von 1161 Keuchhustenpatienten —
auf die 5 letzten Jahre verteilt — entnimmt R. interessante epidemio-
logische Beobachtungen. Die 1161 Kranken verteilen sich auf
498 Familien, in denen es sich 79mal ereignete, daß einzelne Kinder
— im ganzen 122 — völlig gesund blieben, obwohl sie in engBter
Berührung mit den Pertussis-kranken Geschwistern standen. Von
5 Kindern unter den Erkrankten steht es fest, daß sie zweimal
Keuchhusten acquirierten, allerdings in Zwischenräumen von mehreren
Jahren; es ist diese Thatsache von Interesse, denn bekanntlich sind
mehrmalige Erkrankungen von Pertussis bisher — so auch von
Henoch in seinem Lehrbuch — angezweifelt worden.
Was das Lebensalter betrifft, so kamen die meisten Erkrankungen
im 6. Lebensjahre vor — 251, während im 15. Jahre nur 1 Kranker
zur Beobachtung kam; von den 252 Erwachsenen, welche sich im
Kreise Keuchhustenkranker bewegten, wurde 1 Vater, 11 Mütter und
1 Großmutter von der Krankheit befallen.
Fast stets konnte nachgewiesen werden, daß das Kontagium von
Individuum zu Individuum, selten durch Mittelspersonen, niemals aber
durch vor längerer Zeit infizierte Räume übertragen wurde; vielmehr
geschah es 7mal, „daß beim Quartalswechsel Zimmer, welche von
keuchhustenkranken Individuen bewohnt waren, nach Verlauf von
4—8 Tagen von kinderreichen Familien bezogen wurden, ohne daß
eine Ansteckung statthatte“. Unter den befallenen Kindern waren
auffällig viel wohlgenährte.
Pneumonie.
105
In allen untersuchten Fällen konnte Ritterden Keuchhusten*
diplococcus Dachweisen , den er bereits 1892 in der Berl. klin.
Wochenschr. beschrieben hat, ohne daß sich derselbe seitdem allge-
meine Anerkennung verschaffen konnte. Erwähnenswert ist, daß R.
diesmal bei 3 Obduktionen den Diplococcus massenhaft auf der
stark entzündeten Bronchialschleimhaut gefunden hat. Eine Be-
schreibung seiner kulturellen Eigenschaften wird auch in diesem Vor-
trag gegeben.
Bei Besprechung der medikamentösen Behandlung tritt R. warm
für das Bromoform ein, dem er einen entschiedenen Vorrang sogar
vor dem Chinin einräumt. Er giebt dreiste Dosen, d. h. x / 4 — */>-
jährigen Kindern 3mal tgl. 2 Tropfen. */, — 1-jährigen 3mal tgl. 3 Tr.,
3-jährigen 4— 5mal tgl. 6 — 7 Tropfen und älteren Kindern entsprechend
höhere Dosen. Vagedes (Berlin).
fialban , J. , Beitrag zur Pathogenität des Fried-
laen der’schen Bac. pneumoniae. [Aus Hofrat Albert’s
chirurgischer Klinik in Wien.] (Wiener klin. Wochenschr. 1896.
No. 44.)
Der mitgeteilte Krankheitsfall betrifft einen 53-jährigen Dienst-
mann, welcher — vermutlich nach einem Trauma — eine alsbald in
Vereiterung übergegangene Hämatocele der linken Skrotalhälfte be-
kommen hatte. Auf der chirurgischen Abteilung des Wiener Kranken-
hauses wurde der Eiter entleert, doch stellte sich 8 Tage nach der
Operation unter Schüttelfrost eiDe Peritonitis ein, welcher Pat. erlag.
Die Obduktionsdiagnose lautet: Peritonitis suppurativa post
abscessum scroti et testis sinistri.
ln dem Absceßeiter fand H. einen Kapsel bacillus, der nach allen
mitgeteilten kulturellen Eigentümlichkeiten mit dem Friedlaender-
schen identisch ist. Ob sich derselbe auch in dem Peritonealeiter
fand, wird nicht besonders erwähnt. Wie der Bacillus in den skro-
talen Bluterguß gelangt ist, läßt sich natürlich Dicht bestimmen.
Verf. läßt beide Möglichkeiten (vom Darm oder von den Genital-
organen aus) offen. Vagedes (Berlin).
Storch, Die Pleuro-Pneumonie der Ziegen im Stein-
bacher Grunde. [Vortrag, gehalten auf der XXL General-
versammlung des Vereins kurhessischer Tierärzte am 27. September
1896 in Marburg.] (Berliner tierärztliche Wochenschrift. 1896.
No. 48.)
In Steinbach -Hallenberg sind etwa 620 Ziegen, welche ihre
Nahrung zum Teil auf gemeinsamem Weidegang suchen müssen. Ob-
gleich nach Ansicht des Verf.’s diese einheimische Rasse kaum zu
wünschen übrig ließ, hielt man es doch für vorteilhaft, durch Ein-
führung der sogenannten Schweizer Sahnenziegen für eine Blut-
auffrischung zu sorgen. Durch diese wurde die als Pleuro-Pneumonie
vom Verf. benannte Krankheit eingeschleppt. Es erkrankte etwa
die Hälfte aller Ziegen de3 Ortes, meist handelte es sich um eine
chronische und zugleich gutartigere Form der Krankheit, der akuten
Form erlagen indes die Tiere. Neben den bei vielen Infektions-
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106
Milzbrand.
krankheiten auftretenden Allgemeinerscheinungen, bestehend in Tem-
peratur und Pulserhöhung etc., machten sich besonders am Atmungs-
apparat Veränderungen bemerkbar. Obduktionen ergaben, daß man
es mit einer mit Pleuritis verbundenen Pneumonie zu thun hatte.
Man fand umfangreiche, in der Regel jedoch auf einen Lungenflügel
beschränkte Hepatisationen, fibrinöse Pleurabeläge und häufig mäßige
Mengen eines gelbrötlichen fibrinösen serösen Exsudats. Die Respi-
rationswege befanden sich im Zustande akuter Entzündung. Bak-
teriologische Untersuchungen sind zwar gemacht, doch ist dieser Teil
der Arbeit etwas stiefmütterlich bedacht. In Präparaten fand Verf.
Bakterien, die denen des Bacterium avicidum ähnlich waren.
Ein Kaninchen ging nach Einimpfung von Lungensaft an Lungen-
hepatisationen ein, in den Lungen fanden sich die gleichen Bakterien.
Ein Mehr wird nicht an bakteriologischen Daten berichtet.
Die Empfänglichkeit für die Erkrankung nimmt mit zunehmendem
Alter zu, Tiere unter 3 Monaten sah Verf. überhaupt nicht erkranken.
Die Inkubationsdauer ließ sich nicht genauer feststellen, Verf. nimmt
8 — 10 Tage an.
Die Mortalität der akuten Fälle betrug 25 Proz. Die Maß-
nahmen mußten naturgemäß prophylaktische sein. Verbot des gemein-
samen Weideganges und Einfuhrverbot der Schweizer Ziegen, sowie
Weitertransport von Ziegen der verseuchten Herden, sind die Haupt-
momente. Die sächsische Regierung hat sich veranlaßt gesehen, bis
auf weiteres die Einfuhr von Sahnenziegen zu verbieten.
O. Voges (Berlin).
Wlllach, Milzbrand oder nicht Milzbrand? Eine Ent-
scheidung des Großhzgl. bad. Verwaltungsgerichts-
hofes. (Deutsche tierärztl. Wochenschrift 1896. No. 19.)
Es handelt sich hier um eine bald nach der Geburt (nach
12 Stunden) eingegangene Kuh, in deren Blute und Milzsaft der
beamtete Tierarzt Milzbrandbacillen gefunden haben will, während
eine eingehende, durch W. vorgenommene Untersuchung ergab, daß
es sich um Kadaverbacillen handelte. Diese Angelegenheit gewann
dadurch an Interesse, daß der Besitzer der Kuh bei einem Falle von
Milzbrand die Kuh nach einer bestimmten Taxe von Staatswegen
ersetzt bekommt. Gleichzeitig hatte der beamtete Tierarzt aber auch
Präparate an das hygienische Institut einer Universität geschickt
und hier wurden die Bacillen für Milzbrandbacillen erklärt, freilich
wegen des veränderten Verhaltens der Gelatinekulturen für „atypische“.
Auch Mäuse starben nach 30—40 Stunden und sollen im Blute und
im Milzsaft Milzbrandbacillen gezeigt haben. Dagegen blieb das von
W. geimpfte Meerschweinchen am Leben. Was aber dem Gutachten
der Universität für die richterliche Entscheidung hindernd in den
Weg trat, war der Umstand, daß nach Verlauf einiger Zeit die aus
den Organen der gestorbenen Mäuse gezüchteten Bacillen für weiße
Mäuse und Meerschweinchen nicht mehr virulent waren, ja daß sie
plötzlich im hängenden Tropfen Eigenbewegung zeigten (!). Der Gut-
achter sagt selbst, daß diese Kulturen sicher keine Milzbrandbacillen
enthielten und versucht nun die Ursache dieser Veränderungen dem
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Tetanus. — - HosplUlbr&nd.
107
Verständnis näher zu rücken. Das ganze Gutachten muß viel mit
Möglichkeiten und mit Annahmen rechnen und sticht deshalb außer-
ordentlich von den klaren und sachlichen Angaben Will ach ’s ab.
Es hat sich dann auch das Gericht dem Gutachten W.'s angeschlossen,
Milzbrand als nicht vorliegend angenommen und die Klägerin mit
ihrer Entschädigungsklage kostenpflichtig abgewiesen.
Näheres dieses interessanten Rechtsstreites muß im Originale
nachgelesen werden. Deupser (Deutsch-Lissa).
Dieckerhoff und Peter, Zur Behandlung des Starrkrampfes
beim Pferde mit Tetanus-Antitoxin (Behring). (Ber-
liner tierärztliche Wochenschrift. 1896. No. 47.)
Verff. berichten über einen Fall von Tetanus des Pferdes, das
mit Behring’s Antitoxin behandelt ist. Das ausgesprochen teta-
nische Tier erhielt 5 g trockenen Präparates = 500 Antitoxin-
Normaleinheiten in Wasser gelöst in die Vena jugularis injiziert.
Schon nach einigen Stunden ließen Trismus und tonische Muskel-
krämpfe nach und wurde die Atmung freier. Nach 6 Tagen waren
alle Symptome der Krankheit geschwunden. Nach allen Erfahrungen
wäre das Tier ohne Antitoxin verloren gewesen.
Besonders bemerkenswert erscheint der schnelle Rückgang der
Erscheinungen, der bisher im Tierexperiment noch nicht beobachtet
ist. Ob derselbe der vielleicht doch nur leichten Infektion oder der
intravenösen Darreichung des Antitoxins, welches bis jetzt im Experi-
ment subkutan gegeben wurde, zuzuschreiben ist, werden spätere
Beobachtungen lehren. Marx (Berlin).
Vincent, H., Sur l’ötiologie et sur les lhsions anatomo-
pathologiques de la pourriture d’höpital. (Anuales de
l’Institut Pasteur. 1896. No. 9.)
Den Hospitalbrand kennen die jüngeren Aerzte nur aus Be-
schreibungen; der Erreger der Krankheit ist bisher nicht gefunden
worden, so daß es fast schien, als sollte mit dem Verschwinden der
Erkrankung unsere Kenntnis von dem Wesen desselben eine un-
genügende bleiben. Nun bringt V. Mitteilungen über die Aetiologie
der Nosocomialgangrän, die volle Beachtung verdienen. Er machte
seine Studien in Algier an 47 Arabern, die er Ende 95 bis Anfang 96
gelegentlich der Madagaskar- Expedition in Behandlung bekam. Der
genauen Schilderung der Symptome zufolge bat es sich bei diesen
47 Mann um unzweifelhaften Hospitalbrand gehandelt. Er fand in
allen Fällen einen geraden, nur zuweilen leicht gekrümmten und
dann wohl auch in S-Form liegenden Bacillus, der häufig deutlich
segmentiert ist, keine Sporen bildet, die gewöhnlichen Anilinfarben
annimmt und sich nach Gram entfärbt. Dieser Bacillus fand sich
in allen Fällen in reichlicher Anzahl in den Präparaten aus dem
diphtherischen Wundbelag; ganz charakteristisch ist die Lagerung,
wie sie sich in Schnittpräparaten (12 Fälle) ausweist. Hier sieht
man unter dem eigentlichen pseudomembranösen Belag die Bacillen
eine kontinuierliche Schiebt bilden und das ganze Stratum Malpighi
einnehmen; während sie in der Pseudomembran selten sind, gehen
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108
Hospitalbrand.
sie, z. T. den stark veränderten Gefäßen folgend, in die Tiefe, selbst
die unterliegenden Muskelschichten nicht verschonend.
Die beigefOgten Abbildungen geben ein überzeugendes Bild von
dem Vorkommen der Bakterien, welches ein so massenhaftes ist, daß
es fast Wunder nimmt, wie sie früheren Untersuchern entgehen
konnte. Die von V. angewandte Technik ist folgende; Die Organe
werden in konzentrierter Sublimatlösung, danach in Alkohol steigender
Konzentration gehärtet, die Schnitte werden 10 Minuten in kalter
Phenol-Thionin-Lösung ') gefärbt, dann wenige Sekunden in Jodalkohol
(200 Alkoh. : 0,01 g Jod) gebracht, dann in gewöhnlichem Alkohol
und ev. mit Fluorescin oder Safranin gegengefärbt.
Von den im Original nachzulesenden pathologisch anatomischen
Veränderungen der befallenen Hautpartieen sei hier nur hervorgehoben,
daß mit steigender Intensität die Erkrankung der Gefäßveränderungen
und infolgedessen Hämorrhagieen in das Unterhautzellgewebe erheb-
licher werden. Kulturversuche, nach allen Richtungen hin angestellt,
gaben stets negatives Resultat. Desgleichen gelang es nicht, Spiro-
chäten, die sich in 40 Fällen, freilich in erheblich geringerer An-
zahl, in Strichpräparaten und Schnitten fanden, zu züchten. Auch
Impfungen an Menschen mit bakterienhaltigem Material — Verf. hat
die Impfung auch an sich selbst angestellt — blieben erfolglos;
desgleichen bei Tieren nach allen Methoden, selbst an Extremitäten,
die stark gequetscht oder deren zuführender Nerv und Arterie unter-
bunden waren, dagegen konnte V. an einem hochgradig tuberkulösen
Kaninchen durch Einimpfung gangränöser bakterienhaltiger Massen
Geschwüre von dem charakteristischen Aussehen erzeugen; die
Empfänglichkeit schien durch vorhergehendes Hungern noch gesteigert
zu werden; bei sonst gesunden Tieren blieb auch nach 3-tägigem
Fasten die Impfung stets erfolglos. Um festzustellen, welchen Ein-
fluß das Mitwirken der gewöhnlichen Eiterungen auf das Zustande-
kommen der Infektion habe, mischte V. dem Impfmaterial der Reihe
nach Streptokokken, den Staph. aureus, B. coli, B. pyo-
c y a n e u s und B. Friedlaenderbei; diese Impfversuche waren stets
erfolgreich d. h. es bildeten sich zuuächst akute Abscesse, die aber
nicht alsbald zur Heilung führten, sondern das charakteristische diph-
therische Aussehen boten, während die eigentlichen Eitererreger in ihnen
nicht mehr, die beschriebenen Bakterien aber nun in Reinkultur nach-
zuweisen waren. Versuchte V. von solchen Ulcerationen aus andere Tiere
zu infizieren, so schlug die Impfung fehl. Einem der letzterwähnten
Versuche erlag jenes obengenannte tuberkulöse Kaninchen; Schnitt-
präparate von den gangränösen Ulcerationen zeigten ein gleiches
Bild wie die gangränösen Hautpartieen des Menschen.
Verf. schließt aus seinen Versuchen, daß es zum Zustandekommen
der Infektion mit Hospitalbrand einer Schwächung der Allgemein-
konstitution wie der Mitwirkung anderer Eitererreger bedürfe.
Von Kontrolluntersuchungen ist nichts erwähnt, dennoch sind die
gemachten Angaben so präcise, die mitgeteilten Versuche so über-
1) TbioniD, die Farbstoffbase des Methylenblau.
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Tierische Parasiten.
109
zeugend, daß der Leser dieser schönen Arbeit den Eindruck erhält,
es könne sich nicht um einen gleichgiltigen Befund handeln.
Vagedes (Berlin).
t. Linstow, 0., Helminthologische Mitteilungen. (Archiv
f. mikroskop. Anatomie. Bd. XLVIII. 1896. p. 375—397.)
Die Arbeit wird eingeleitet durch die Diagnosen dreier neuer Nema-
todenspecies : Filaria Ammocoetis aus Ammocoetes bran-
cbialis, Filaria Gcotrupis aus Geotrupis sylvaticus und
Nematodum Clyti aus Clytus arcuatus.
Die in Lymnaea ovata und peregra lebende Cercaria
Monostomi ist vielleicht die Jugendform von Monostomum
mutabile Zed.; ebenso ist eine in Ephemera vulgata, Chae-
topteryx villosa und Anabolia nervosa aufgefundene Disto-
mumlarve auf Distomum isoporum Looss zurückzuführen.
Es folgen nun kurze Angaben über die Larven folgender Distomen-
arten: Distomum Phoxini, Notidobiae, Mystacidis und
endolobatum. Mit Ausnahme der letzten sind alle Arten neu.
Der so seltene Cysticercus Taeniae microstomatos Duj.
ist vom Verf. wieder aufgefunden worden, ebenso der nicht weniger
seltene Cysticercus Taeniae furcatae Stieda.
Während die langgeschwänzten Cysticerken alle ein mit Haken
versehenes Rostellum besitzen, ist die neue langgeschwänzte Species
CyBticercus Parasilphae unbewaffnet. Die Untersuchung der
soeben erwähnten, sowie überhaupt aller Cysticerken zeigt, daß der
Entwickelung derselben kein einheitlicher Plan zu Grunde liegt Im
allgemeinen lassen sich allerdings zwei Entwickelungsgruppen unter-
scheiden. Zur einen gehören die Formen, deren Onkosphären nur
einen Skolex bilden, zur anderen diejenigen, deren Onkosphären durch
ungeschlechtliche Vermehrung zahlreiche Skolices entsprossen.
Infolge des so verschiedenen Baues hat man die Cysticerken mit
einer Reihe von Gattungsnamen belegt, welche sich kaum recht-
fertigen werden, da ja alle diese Formen Larven von Tänien sind.
Die Arbeit schließt mit einer Beschreibung der Taenia de-
pressa v. Sieb, aus Cypselus apus.
E. Riggenbach (Basel).
Hamburger Magalhaensische Sanimelreise. Hamburg 1896.
t. Linstow, 0., Nemathelminthen. 22 p. 1 Taf.
Braun, 31., Trematoden. 8 p. 1 Taf.
Lönnberg, E., Cestoden. 10 p. 1 Taf.
Das von der Hamburger Expedition gesammelte Material para-
sitischer Würmer bedeutet eine nicht unbeträchtliche Vermehrung
unserer anatomischen und systematischen Kenntnisse. Besonders aber
wird ein sehr willkommener Beitrag zur geographischen Verbreitung
der Helminthen geboten und damit ein wichtiger Zweig der Parasiten-
kunde berührt, der bis in die neueste Zeit sehr vernachlässigt worden
ist. Die bisher fast unbekannte Parasitenfauna der Südspitze Amerikas
kann nach den Ergebnissen der Hamburger Sammelreise erfolgreich
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110
Tierische Parasiten.
mit der besser durchforschten der subarktischen Region verglichen
werden.
Außer einer Anzahl freilebender Nematoden, zum größeren Teil
neuen Arten, fand v. Lin stow in dem ihm vorliegenden Material
Ascaris adunca, Rud., aus dem Darme von Atherinichthy s
microlepidotus und Ankylostomum stenocephalum
Railliet, aus Canis azarae. Beide Würmer sind in Europa wohl-
bekannt, der erstere als Schmarotzer von Alosa vulgaris und von
gewissen marinen Fischen, der letztere als Parasit von Hund und
Fuchs. Eigentümlicher scheint sich die Vertretung von Acantho-
cephalen im Süden Amerikas zu gestalten, v. Lin stow nennt
von ihnen drei Formen, die alle neu sind. Zwei stammen aus dem
Darm von Atherinichthys microlepidotus — Echinorhyn-
chus tumescens und E. heteracan thus. Die zuletzt genannte
Art besitzt im männlichen Geschlecht einen Apparat von Kittdrüsen,
deren Sekrete einen Verschluß des weiblichen Porus vermitteln sollen,
nachdem die Begattung vollzogen ist. E. miniatus, die dritte neue
Species, bewohnt den Darm von Anas spec. ; sie schließt sich an
den bekannten europäischen E. polymorphus an.
Eine Vergleichung der subantarktischen Fauna von Nematoden
und Acanthocephalen mit der viel besser bekannten subarktischen
Parasitenwelt ergiebt, daß von 14 Nematoden der südlichen Breiten
nicht weniger als 7 im Norden wiederkehren. Dabei ist das in
Frankreich und Deutschland gefundene Ankylostomum steno-
cephal um nicht gerechnet. Von 10 Echinorhynchen des Südens
sind dagegen als nordische Parasiten nur 2 bekannt. Der Verbreitung
der Kratzer scheinen also viel engere Grenzen gezogen zu sein als
derjenigen der Nematoden. Zu den weitverbreiteten Parasiten ge-
hören nicht etwa nur Gäste schnell fliegender Vögel oder kosmo-
politischer Haustiere, sondern, was geographisch viel bemerkenswerter
ist, Arten, die im Norden und im Süden ganz verschiedene, spezifisch
subarktische und subantarktische Wirte bewohnen. Damit stimmt
auch die Thatsache, daß die Fauna freilebender Nematoden der einen
und der anderen Region die größte Aehnlichkeit besitzt.
Zu ganz ähnlichen geographischen Schlüssen gelangte Lönn-
berg durch das Studium der von der Hamburger Expedition ge-
sammelten Cestoden. Es handelt sich um 3 verschiedene Tänien,
von denen 2, Taenia filum, Goeze, und Bot hriotaenia
erostris, Lönnb., mit skandinavischen Formen fast völlig über-
einstimmen. Höchstens können sie als Varietäten der nordischen
Verwandten betrachtet werden.
T. filum, sonst ein Bewohner von Stelzvögeln, wurde im
Raubvogel Polyborus thrarus gefunden. Bothridiotaenia
erostris bewohnt im Norden und Süden den Darm fischfressender
Wasser vögel. Auch die dritte Gestodenform , die neue Art Pty-
chophysa Michaelsenii aus Canis azarae, steht in Be-
ziehung zu nordischen Cestoden. Sie ist nahe verwandt mit den aus
Canis vulpes und Canis lagopus beschriebenen Tänien mit
flächenständigen Geschlechtsöffnungen. Ein durchgreifender Unter-
schied zwischen der Species Südamerikas und den Arten Europas
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Schutzimpfung, ktinstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmang etc.
liegt Dar in der Anwesenheit oder Abwesenheit der Penisbestachelung.
Zur Erklärung der Thatsache, daß dieselben, oder ähnliche Parasiten
an geographisch weit voneinander abliegenden Orten verkommen
können , ruft Lönnberg die AehDlichkeit der Lebensbedingungen
an, die den Schmarotzern im Darme ihrer Wirte im Norden und im
Süden geboten werden. Als Parallele zu den Befunden v. Linstow’s
und Lönnberg’s darf wohl die vom Ref. jüngst nachgewiesene
weite Verbreitung der Anoplocephalinen — Tänien europäischer und
amerikanischer Mammalia — in den aplacentalen Sängern Austra-
liens gelten.
Anatomisch und systematisch viel selbständiger steht der Tre-
matodenfund der Hamburger Sammelreise da, über welchen Braun
berichtet Er bezieht sich auf Hemistomum alatum aus G a n i s
azarae, das schon durch Natterer in demselben Wirt gefunden
wurde, und auf den interessanten Vertreter einer neuen ektoparasiti-
schen Gattung, Lophocotyle cyclophora. Wahrscheinlich
stammt letztere Form von der Haut eines Fisches der Gattung
Notothenia. Systematisch gehört die neue Gattung zur Familie
der Trlstomeen und in ibr zur Subfamilie der Monocotylidae.
Sie zeichnet sich aus durch ihren zungenförmigen Körper, mit deut-
lich abgeseztem Kopfteil, der zwei Haufen von Kittdrüsen trägt. Als
Fixationsapparat dient eine mächtige Haftscheibe, an deren einem
Rande ein sehr kleiner Hakenkranz liegt. Der Darm ist gegabelt
und sendet zahlreiche seitliche Zweige aus.
Hinter dem Pharynx, links von der Medianlinie, weit nach vorne
geschoben, öffnet sich der Genitalporus. Am männlichen Apparat
fallt auf der mit einem geraden Stilet bewaffnete Penis, die große,
gewundene Samenblase, und die zahlreichen, kleinen HodcD, welche
ihren Platz in dem durch die Darmschenkel begrenzten Mittelfeld
finden. Die Eier sind walzenförmig, gedeckelt, am basalen Ende in
einen Stiel ausgezogen. F. Zschokke (Basel).
Schutzimpfung, künstliche Infektionskrankheiten, Entwick«
lungshemmung und Vernichtung der Bakterien etc.
Wevl, Handbuch der Hygiene. (Fortsetzung des Referats aus
Bd. XX p. 539 ff.)
Als 26. Lieferung des Weyl’schen Werkes ist eine nach
Form und Inhalt gleich wertvolle Monographie von dem Bauinspektor
Ruppcl aus Hamburg über Anlage und Bau der Kranken-
häuser nach hygienisch-technischen Grundsätzen er-
schienen. Das Buch umfaßt 284 Seiten und ist mit 304 Planskizzen
und Abbildungen im Texte freigebig ausgestattet. Der Preis beträgt
8,50 M., für Abnehmer des ganzen Werkes 4,50 M.
Der Verf. zeigt zunächst in einem geschichtlichen Abriß, wie
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112 Schutzimpfung, kümtl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmuug etc.
eigentlich erst seit dem vorigen Jahrhundert das Bedürfnis, bei An-
lage und Bau von Krankenhäusern hygienische Grundsätze zu be-
achten, Anerkennung gefunden hat, und welche großen Fortschritte
dann in der neueren und neuesten Zeit auf jenem Gebiete erreicht
worden sind. Dann werden die ärztlichen Anforderungen an die
Krankenhäuser umgrenzt, wobei als wesentlichste Bedingungen 1. aus-
giebigste Zuführung von Licht und Luft zu den Kranken und 2.
peinlichste Sauberkeit in allen Teilen des Krankenhauses bezeichnet
sind. Weitere Abschnitte beschäftigen sich mit den verschiedenen
Krankenhaussystemen , den Größenverhältnissen und dem Bauplane
im allgemeinen. Dabei ist zugleich erörtert, inwieweit besondere Ein-
richtungen, wie Desinfektionsanstalten , Eishäuser, Wagenschuppen,
Liegehallen u. s. w. vorzusehen sind. Zahlreiche Pläne von Kranken-
häusanlagen dienen hier, wie in dem folgenden Abschnitte über all-
gemeine Anordnung der Kraukengebäude und -räume zur Erläute-
rung. Es folgen Kapitel über die bauliche Ausführung der Gebäude
UDd die Herstellung der Krankensäle, Uber Heizung und Lüftung der
Räume, über Tageräume, Wärterzimmer, Baderäume, Theeküchen,
Aborte, Operationsräume u. s. w.; auf Einzelheiten derselben kann
hier nicht eingegangen werden, es genüge die Bemerkung, daß der
Verf. sich bemüht hat, überall die neuesten Einrichtungen und
Grundsätze seinen Lesern zu entwickeln. Das Gleiche gilt von der
Erörterung der Koch- und Waschküchen, wobei wieder zahlreiche
Abbildungen von Kochherden und Waschapparateu das Verständnis
erleichtern. In dem Abschnitte über die Desinfektionsanlage hätte
Ref. gewünscht, daß die Notwendigkeit der Dampfzuführung von
oben und die Beschränkung auf geringen Ueberdruck für die Des-
infektionsapparate stärker betont und eingehender begründet, sowie
daß die zur Prüfung der Brauchbarkeit solcher Einrichtungen einzu-
schlagenden Verfahren mitgeteilt worden wären; denn noch immer
findet man hier und dort Desinfektionsapparate, deren Beschaffenheit
oder Verwendung den rationellen Grundsätzen nicht entspricht und
das Zustandekommen einer sicheren Wirkung ohne gleichzeitige
ernstere Beschädigung der ihnen anvertrauten Gegenstände bezweifeln
läßt. — Der Schilderung der Desinfektionseinrichtuug schließen sich
Mitteilungen Uber die Anlage eines Verbrennungshauses, ferner über
die von Eishäusern, Leich enhäusern, Kessel- und Maschinenhäusern
an. Eingehend sind die Wasserversorgung, Beleuchtung, das Mobiliar,
die Nebenanlagen u. s. w. abgehandelt.
Ein gesonderter Hauptteil ist den Isoliergebäuden und
Hospitälern für ansteckende Kranke gewidmet. Der Verf.
fordert vollständige Trennung der einzelnen Krankheitsformen und
des zugehörigen Wärter- und Dienstpersonals, strenge Absonderung
der Krankenräume von der Verwaltung und den Wohnräumen des
Personals, namentlich gesonderte Wasch-, Bade- und Kloseteinrich-
tungen und Transportmittel für die Kranken, Beobachtungsräume für
zweifelhafte Krankheitsfälle, reichlichste Licht- und Luftzuführung zu
allen Gebäuden und Räumen, zuverlässige Desinfektion. Im einzelnen
sind die Einrichtungen von Isolierzimmern, Isoliergebäuden, Kranken-
schiffen, schwimmenden Hospitälern, Quarantäne- Anstalten und die
iogle
Schnteimpfung, klinstl. Infektionskrankheiten, Entwickelangshemmung etc. 113
Raumanordnung , sowie die Beschaffenheit der Krankenräume in
Isolierspitälern geschildert: den Schluß macht eine Darstellung der
Baracken und Krankenzelte.
Die von Edelmann bearbeitete 27. Lieferung trägt den
Titel Fleischbeschau und umfaßt 156 Seiten; der Monographie
sind 29 Abbildungen im Texte beigegeben. Der Preis beträgt 4 M.,
für Abnehmer des Gesamtwerkes 2 M.
Nach einer kurzen Einleitung werden die Notwendigkeit und die
Erfolge der Fleischbeschau an statistischen Angaben über Prozent-
sätze der beanstandeten Tiere, Ursachen der Beanstandung u. s. w.
nachgewiesen. Interessant ist die von Hirschberg in Berlin fest-
gestellte Abnahme der Augenfinnen nach Einführung der Fleisch-
beschau. In der Zeit von 1853 — 1885 kam durchschnittlich 1 Fall
von Augenfinne auf je 1000 Augenkranke, 1876 sogar 1 auf 420,
1879 1 auf 450 und 1877 1 auf 800. Von 1886—1889 beobachtete
II irschberg unter 30000 Augenkranken seiner Klinik nur 1, von
1890 — 94 unter 43000 Augenkranken 2 Fälle von Finnen, während
er von 1869 — 1885 bei 60000 Augenkranken 70 Fälle gefunden
batte. — Die folgenden Abschnitte behandeln Wesen, Zweck, Auf-
gaben und Ausbreitungsgebiete der Fleischbeschau; dann geht Verf.
auf die Arten der Schlachttiere uud die Bedeutung ihres Alters für
die Beschaffenheit des Fleisches ein; das Kapitel schließt mit Schil-
derungen der Schlachtmethode mit wörtlicher Wiedergabe von gesetz-
lichen Vorschriften über Notschlachtungen. Im 2. Kapitel werden
zunächst die technischen und gesetzgeberischen Grundlagen der
Fleischbeschau besprochen, letztere unter Anführung der betr. reichs-
gesetzlichen Bestimmungen; dann folgen Abschnitte über Einteilung
und Ausführung der Fleischbeschau, ferner über die Verwertung be-
schlagnahmten Fleisches. Hier werden einerseits die Methoden ange-
geben, welche an und für sich gesundheitsschädliches Fleisch, z. B.
schwachtiuniges, trichinöses Fleisch oder Fleisch von tuberkulösen
Tiereu ganz oder teilweise zur menschlichen Nahrung geeignet
machen können (Kochen, Dämpfen, Ausschmelzen, Pökeln), anderer-
seits die Möglichkeiten der Ausnutzung genußunfähigen Fleisches er-
wähnt (Talgschmelzen, Knocheumehlfabrikation, Poudrettierung u. a.).
Dann begründet der Verf. die Notwendigkeit der Freibänke. Ein
Anhang giebt eine dankenswerte Uebersicht Uber den gegenwärtigen
Stand der Fleischbeschau in den europäischen Staaten. Das 3. Ka-
pitel handelt von der Fleischkuude; es werden die Unterscheidungs-
merkmale der Fleischarteu von verschiedenen Tiereu, insbesondere die
Mittel zur Erkennung betrügerischer Unterschiebungen von Fleisch
mitgeteilt. Ueber das Aufblasen von Fleisch äußert sich der Verf.
dahin, daß er ein solches Verfahren als auf Täuschung des Publikums
berechnet und das aufgeblasene Fleisch als verdorben zu erachten
bezeichnet. Edelmaun geht dann auf die Beschaffenheit des
Fleisches von ungeborenen, unreifen oder abgemagerten Tieren, auf
das Vorkommen abnormer Färbung des Fettes, von Geruchs- und
Geschmacksabnormitäten des Fleisches ein und giebt Anhaltspunkte
für die Beurteilung des Fleisches mangelhaft ausgebluteter oder ver-
endeter Tiere. Endlich werden die postmortalen Veränderungen des
ttale ASt. XXI. Xi S
lOgle
SchütziinpfuDg, künstl. Infektionskrankheiten, Entvrickelungshemmuug etc.
Fleisches (Gärung, Fäulnis, Insektenlarven, Schimmelbildung, phos-
phorescierendes Leuchten u. a.) erörtert. Im 4. Kapitel folgt die
Pathologie der Schlachttiere in ihrer Bedeutung für die Fleisch-
beschau. Dabei wird der an den lebenden Tieren zu berücksichti-
genden Krankheitsmerkmale und demnächst der Schlachtbefunde
gedacht Die einzelnen nachweisbaren Krankheiten sind kurz, aber
für den beabsichtigten Zweck erschöpfend beschrieben, so die Disto-
matosen, die Trichinose, die Finnen, Echinokokken, Pentastomen,
Sarkosporidienkrankheiten, die Tuberkulose, der Milzbrand, der Rausch-
brand, die Tollwut der Rotz, die Maul- und Klauenseuche, die
Pocken (hier hätte der Verf. wohl etwas schärfer die Verschiedenheit
der Tier- von den Menschenpocken betonen können, die zwar viel-
leicht nicht in der Aetiologie, wohl aber im Wesen der Krankheit
sicher vorhanden ist), der Tetanus, das maligne Oedem, die Aktino-
mykose, die Bothryomykose, die pyämischen und septikämischen Er-
krankungen, die Schweineseuche, der Schweinerotlauf, die besonderen
Krankheiten der Rinder u. s. w. Vielfach ist dabei auch auf die
Häufigkeit des Vorkommens der einzelnen Krankheiten und auf die
bei der Beurteilung derselben maßgebenden Vorschriften der Reichs-
und Landesgesetzgebung eingegangen. Das 5. Kapitel beschäftigt
sich mit der Untersuchung und Beurteilung des Fleisches von Ge-
flügel, Wild, Fischen und Schaltieren, sowie von Fleischpräparaten,
wie gefrorenem Fleisch, Würsten, Salzfleisch, Büchsenkonserven,
tierischen Fetten; im 6. Kapitel endlich sind die Fleisch- und Wurst-
vergiftungen besprochen.
In der 28. Lieferung giebt Sanitätsrat Dr. Briihnier (Berlin)
einen Abriß der Eisenbahnhygiene. Das hier zum ersten Male
in monographischer Form abgehandelte Thema hat in dem Verf. einen
durch umfassende Fachkenntnisse und langjährige Erfahrung beson-
ders berufenen Bearbeiter gefunden. Gewandte Schreibweise, abge-
rundete Form und erschöpfende Darstellung sind als Vorzüge des
kleinen Werkes anzuerkennen. Wir lernen darin die Unfallstatistik,
die bei den Reisenden und beim Personal durch den Bahnbetrieb
entstehenden Krankheiten kennen, können uns über die technischen
Einrichtungen der Bahnhöfe, Weichen, Lokomotiven, über die Heizung
und Lüftung der Wagen u. s. w. Kenntnis verschaffen, uns über die
Maßnahmen gegen ansteckende Krankheiten, die Vorschriften hin-
sichtlich des Leichentransportes, das Rettungswesen und die Wohl-
fahrtseinrichtungen der Eisenbahn, sowie über die sanitären Be-
dingungen des Eisenbahupersonals und die Organisation des ärztlichen
Eisenbahndienstes unterrichten. Die 77 Seiten zählende Abhandlung
ist mit 13 Abbildungen über Signale u. a. ausgestattet. Der Preis
beträgt 2,50 M., für Abnehmer des Gesamtwerkes 1,25 M.
An der 29. Lieferung, welche „ Hy giene der chemischen
Großindustrie“ betitelt ist, sind mehrere Bearbeiter beteiligt.
Eine medizinalstatistische Einleitung ist von Regierungs-
und Medizinalrat Dr. Roth in Oppeln verfaßt. Von anorgani-
schen Betrieben schildert Privatdozent Dr. HeiiizerHnsr
(Darmstadt) die Fabrikation von Schwefel, Schwefelwasserstoff,
schwefliger Säure, Schwefelsäure, Schwefelkohlenstoff, Soda, Salzsäure
ed by Google
Schutsimpfang, liünstl. Infektionskrankheiten, Enterickelnngsbeminnng etc. 1 1 5
und Chlorkalk, der Kalisalze, von Ammoniak, Ammoniaksalzen, Sal-
petersäure, ferner die Sprengstoffindustrie, die Fabrikation der Chrom-
präparate, des Alauns und der Alaunverbindungen, der Super-
phosphate und Thomasschlacken, des Ultramarins, Cements, des
Bleies, Kupfers, Quecksilbers, Zinns und deren Verbindungen, des
Silbers, Arsens, Antimons, Zinks und der Eisensalze. Die mit den
Betrieben verbundenen Gefahren und ihre Verhütung sind dabei an-
schaulich geschildert. In gleicher Weise hat Oberstabsarzt TIelbIg
(Dresden) die Hygiene der Phosphor- und Zündwaren-
industrie bearbeitet. Die organischen Betriebe hat
Dr. Croldschmidt in Nürnberg zum Gegenstände einer verdienst-
lichen Abhandlung gemacht. Er geht dabei auf die Leuchtgas-
industrie, die Teerindustrie, die Teerfarhen, die Petroleumindustrie,
die Industrie der Firnisse, Harze, des Kautschuks und der Gutta-
percha ein. Seine Ausführungen werden durch ein t von Weyl ver-
faßtes Kapitel über Rhodan- und Cyanverbindungen vervollständigt.
— Die Gesamtlieferung ist durch die Vorzüglichkeit ihrer Form und
Darstellung ein würdiger Teil des Handbuchs. Auf Einzelheiten
kann hier nicht eingegangen werden, da das Gebiet der Bakteriologie
nicht berührt ist. Die Reichhaltigkeit des verarbeiteten Stoffes er-
hellt aus der vorstehenden kurzen Inhaltsangabe.
Kühler (Berlin).
Pfeiffer und Kolle, Experimentelle Unters uchungen zur
Frage der Schutzimpfung des Menschen gegen
Typhus abdominalis. fAus dem Institute für Infektions-
krankheiten in Berlin.] (Dtsch. med. Wochenschr. 1896. No. 46.)
Die Verff. haben in früheren in dieser Zeitschrift erschienenen
oder referierten Mitteilungen berichtet , daß ihren Untersuchungen
zufolge durch Choleraschutzimpfungen nach Haffkine im mensch-
lichen Blute spezifische, gegen die Cholerainfektion schützende Anti-
körper, aber nicht Antitoxine erzeugt werden. Da es ihnen ferner,
wie ebenfalls in dieser Zeitschrift schon berichtet ist, gelungen war,
nachzuweisen, daß das Blut von Typhus-immunisierten Tieren und
von Typhusrekonvalescenten spezifisch baktericide Typhusantikörper
enthält, lag es nahe, zu prüfen, ob solche auch beim gesunden
Menschen durch Typhussebutzimpfungen gebildet werden können.
Von einer aus Typhusmilz gezüchteten Kultur, die in weniger
als 1 / , 0 Oese (0,2 mg) frischer Agarkultur ein Meerschweinchen
von 300 g Körpergewicht bei intraperitonealer Injektion sicher tötete,
wurde verschiedenen Personen, welche noch niemals an Typhus ge-
litten hatten und fieberfrei waren, je 1 ccm einer bei 56° C sterili-
sierten Bouillonaufschwemmung (je 1 Oese Agarkultur auf 1 ccm
Bouillon) unter die Rückenhaut gespritzt Meist 2 — 3 Stunden nach
der Injektion stellte sich hei den Behandelten Frösteln, Schwindel,
Unbehagen und Schmerz an der Einspritzungsstelle ein. Abends
stieg die Körpertemperatur auf 3 38,5°; nachts war der Schlaf un-
ruhig. Im Laufe des folgenden Tages gingen alle Erscheinungen
zurück. Das mit blutigem Schröpfkopf am 11. Tage darauf ent-
nommene Blut zeigte Eigenschaften, welche das Blut vor der Injektion
8 *
||0 Schutzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Entwickclungshemmung etc.
nicht besessen hatte. Es wurden darin mindestens in gleichem Maße,
wie im Serum von Typhusrekonvalescenten, spezifisch baktericide
Substanzen nachgewiesen. In einem Falle genügten z. B. 0.075, in
einem anderen 0,01 ccm Serum, um im Gemisch mit 1 Oese Typhus-
agarkultur deren sonst sicher tödliche Wirkung bei intraperitonealer
Injektion Meerschweinchen gegenüber aufzuheben.
Die Verff. hoffen, daß ihre Untersuchungsergebnisse zu Immuni-
sicrungszwecken, z. B. im Falle eines Typhusausbruchs bei Heeres-
teilen im Felde oder bei anderen Anlässen praktisch verwertet werden
können. Siebetonen, daß die früher von Brieger, Wassermann,
E. Fraenkel u. A. unternommenen Untersuchungen über spezifische
Wirkungen von Typhuskulturen am Menschen nicht zur Immunisierung,
sondern zu Heilzwecken angestellt worden sind, uud erklären damit,
daß jene Forscher zu gleich günstigen Ergebnissen, wie sie selbst,
nicht gelangt sind. Kübler (Berlin).
Böhm, Zur Technik der Massenimpfungen. (Monatsschrift
für praktische Tierheilkunde. Bd. VII. Heft 4. p. 155 — 158.)
Bei der Vornahme der Massenimpfuugen gegen Rauschbrand
zeigten sich die gewöhnlichen Subkutanspritzen als nicht anwendbar,
da die Kleinheit derselben ein häufiges Füllen mit Impfstoff bedingte
und der Kanülenansatz leicht undicht wurde. Hierdurch war ein
großer Verlust an Zeit und Impfmaterial gegeben und B. konstruierte
daher eine größere Spritze, bei der die Kanüle aufgeschraubt wurde
und brachte, um sich die sofortige Reinigung nach jeder Impfung zu
sparen, das Ganze in eine Metallhülse, die sich fernrohrartig ver-
kürzen und verlängern ließ. Hierin wird die Spritze nun samt
Kanülen, einerlei ob mit Impfstoff gefüllt oder nicht, untergebracht
und kann nun bequem in der Rocktasche transportiert werden. Vor
jeder neuen Füllung wird die Spritze mit sterilisiertem Wasser aus-
gespritzt und im Hause findet dann erst eine gründliche Reinigung
durch Auseinandernehmen sämtlicher Teile statt. Der Arbeit ist
eine Figur beigefügt, welche die Spritze nebst 2 Kanülen in ihrer
Hülse zeigt.
Schließlich mag noch erwähnt werden, daß das Instrument zum
Preise von 15 M. von Katsch in München zu beziehen ist.
Umständlich genug erscheint dem lief, die ganze Sache immerhin
noch und sicher teilt die Spritze auch alle ihre Fehler und Unan-
nehmlichkeiten mit den Stempelspritzen. Versuche mit einer nach
Art der Koch’scheu oder Stroh sch ei n’schen Instrumente kon-
struierten Spritzen würden vielleicht die Massenimpfungeu noch ein-
facher gestalten. Als Aufbewahrungsort würde auch hier die ver-
schiebbare Hülse sicher am Platze sein.
Deupser (Deutsch-Lissa).
Behring und Knorr, Tetanusantitoxin für die Anwendung
in der Praxis. (Dtsch. med. Wochenscbr. 1896. No. 43.)
Willemer, Ein mit Behrin g’schem Antitoxin behan-
delter Tetanusfall. [Aus der inneren Abteilung des Hospitals
zum heiligeu Geist in Frankfurt a/M.] (Ebenda. No. 46.)
Google
Schutzimpfung, kU&stl. Infektionskrankheiten, Entwickclnngshemmang etc. 117
Bienwald, Ein Tetanusfal), mit Behring’s neuem Anti-
toxin behandelt. (Ebenda. No. 49.)
Behring und Knorr geben bekannt, daß in den Farbwerken
Höchst a. M. ein Tetanusantitoxin von unzweifelhafter Heilwirkung
für Meerschweinchen und Mäuse hergestcllt ist und ausgegeben
werden soll. Die Kontrolle über Wirkungswert und Unschädlichkeit
des verkäuflichen Vorrats hat Ehrlich übernommen. Es werden
vorläufig 2 Präparate abgegeben.
„1) Trockenes Präparat ist ein Tet.A.N. 10# , d. h. ein
hundertfaches Tetanusnormalantitoxin, von welchem 1 g 100 Anti-
toxinnormaleinheiten enthält. Dasselbe wird verabfolgt in Fläschchen
ä 5 g, also enthaltend 500 Antitoxinnormaleinhciten. 500 Antitoxin-
normaleinheiten repräsentieren die einfache Heildosis für den Menschen
und für Pferde, welche vor dem Gebrauch in 45 ccm sterilisierten
Wassers von höchstens 40° C aufgelöst und auf einmal eingespritzt
werden soll.** Die Verff. raten zur Anwendung intravenöser Injektion.
Soweit diese bei Menschen aus äußeren Gründen durch subkutane
Injektion ersetzt werden müsse, sei in akuten Fällen ein günstiger
Ausgang nur zu erwarten, wenn die Behandlung spätestens 36 Stunden
nach dem Krankheitsbeginne eingeleitet wurde. „Der in der Regel
in den Wundstarrkrampffällen nachzuweisende infizierende Fremd-
körper ist, trotz der spezifischen Allgemeinbehandlung, zu entfernen
und die Wunde zu reinigen, um die fortschreitende Giftproduktion
zu verhindern.“
„2) Gelöstes Tetanusantitoxin ist ein Tet.A.N. s , d. h.
ein fünffaches Normalantitoxin, von welchem 1 ccm 5 Antitoxin-
normaleinheiten enthält. Dasselbe wird verabfolgt in Fläschcheu
ä 5 ccm.“ Dosis 0,5 — 5,0 ccm subkutan bei solchen Verletzungen,
welche den Tetanusausbruch befürchten lassen. Die Größe der
DosiB hängt von der seit der Verletzung verstrichenen Zeit ab.
1 g des Präparates enthält lOOmal mehr wirksame Substanz
als 1 ccm des früher von Behring und Knorr hcrgestellten
Tetanusserums.
Das zweite Präparat hat sich zur Immunisierung von Tieren in
Frankreich bereits gut bewährt; es enthält etwas Phenol. Das trockene
Präparat ist eingetrocknetes Serum ohne konservierenden Zusatz und
behält in gut verschlossenen Gefäßen lange Zeit hindurch seinen anti-
toxischen Wert; wird es jedoch gelöst, so verliert es an Haltbarkeit.
Die einfache HeildosiB kostet 30 M.
Die Verff. ersuchen die Aerzte, den Heilwert des Mittels in der
Praxis zu prüfen und bezeichnen die Veterinärpraxis als zu Versuchen
besonders geeignet.
Die beiden von Wille me r und Bienwald bisher veröffent-
lichten Fälle gestatten ein Urteil über das Tetanusantitoxin noch
nicht. Beide Male kam das Mittel erst spät, nämlich bei W i 1 1 e m e r
am 9., bei Bienwald am 4. Krankheitstage zur Anwendung. Im
ersten Falle erfolgte wenige Stunden nach der subkutan ausgeführten
Injektion Besserung und in den folgenden Tagen Genesung; nach
der Beschreibung hatte es sich jedoch offenbar um die verhältnis-
mäßig milde, chronische Form gehandelt, die auch bei anderer Be-
Digitized by Google
113 Schutzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Entwickelung&hemmang etc.
iiamllung nicht selten günstig verlauft In dem viel schwereren Falle
von Bie n wa 1 d erfolgte wenige Stunden nach Anwendung des Mittels
der Tod. Kühler (Berlin).
Dleckcrhoff, W. und Peter, B., Zur Behandlung des Starr-
krampfes beim Pferde mit Tetanus-Antitoxin (Beh-
ring). (Berliner tierärztliche Wochenschrift. 1896. Ho. 50.)
Die beiden Autoren berichten über die Wirkungsweise des neuen
Behring’schen Tetanusheilserums bei 4 Pferden, welche an Tetanus
truumaticus litten. Die Tiere waren sämtlich bereits mehrere Tage
krank und hatten mehr oder weniger ausgebreitete Tetanuserschei-
nungen. Die Injektionen des Antitoxins geschahen intravenös in die
Vena jugularis. Der Erfolg war ein allmähliches Nachlassen der
tetanischen Symptome und Heilung in zwei Fällen. Zwei Fälle
endeten letal. Bei diesen beiden letzteren war es aber bemerkens-
wert, daß der Tod nicht durch die eigentliche Tetanusvergiftung er-
folgte, sondern durch eine Sekundärinfektion, hervorgerufen durch
eine durch Schlucken entstandene Bronchopneumonie. Dieses Ver-
schlucken war bedingt durch einen starken Trismus und konnte in
einem Falle trotz Irrigation der Mundhöhle mit Wasser nicht ver-
hindert werden. Die Autoren äußern sich über den Ausfall ihrer
Experimente mit Vorsicht, wenn sie sagen, daß das Mittel für die
Behandlung des Starrkrampfes beim Pferde alles das leistet, was
von Behring in der Gebrauchsanweisung angegeben sei. Verff.
glauben ferner, daß durch eine rechtzeitige Einverleibung des Anti-
toxins die weitere Ausbildung der Krankheit gehemmt werde, und
daß dann ganz allmählich der tonische Krampf der Skelettmuskeln
nachläßt. Die Pferde könnten bereits in 3 Wochen geheilt werden,
während bei den nicht letal verlaufenden Fällen sonst eine Krankheits-
dauer von 5—6 Wochen beobachtet wird. Endlich empfehlen die
Autoren in Uebereinstimmung mit Behring eine möglichst früh-
zeitige Autitoxiubehandlung. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn
die Autoren auch Untersuchungen über den Verbleib des Antitoxins,
besonders bei den letal verlaufenen Fällen, angestellt hätten, ähnlich
wie dieses seiner Zeit im Institut für Infektionskrankheiten am
Menschen geschehen ist, um festzustellen, ob vielleicht die Antitoxin-
mengen ungenügend gewesen seien oder ob die Vergiftung bereits so
zerstörend gewirkt, daß eine Reparatio in integrum nicht mehr mög-
lich war. Vielleicht geben spätere Fälle zu diesen Untersuchungen
noch Gelegenheit. O. Voges (Berlin).
van de Velde, Contribution ä Pim munisation des lapins
contre le staphylocoque et le streptocoque pyogenes.
(Annales de l’Institut Pasteur. Tome X. No. 10.)
Verf. sucht der Frage näher zu treten, ob die verschiedenen,
zur Immunität führenden Immunisierungsmethoden gleichwertig sind.
Er beschränkt sich auf die Prüfung von erhitzten und nicht er-
hitzten zur Immunisierung zu verwendenden Stoflfwechselprodukte von
Staphylokokken und Streptokokken in Bezug auf die erreichte Im-
munität.
d by Google
Schutzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Gntwickclungshemmnng etc. H9
Zunächst beschäftigt sich seine Arbeit mit der Immunisierung von
Kaninchen gegen Staphylokokken und giebt Verf. einen Rückblick
über seine bisherigen diesbezüglichen Mitteilungen. Ueber die Bildung
von Leukocidin und Antileukocidin ist bereits in dieser Zeitschrift
referiert und können diese Thatsachen wohl als bekannt vorausgesetzt
werden. Verf. zog daraus den Schluß, daß die Leukocyten vornehm-
lich den Kampf mit den Staphylokokken fuhren, und bringt jetzt
einige neue Versuche über die baktericide Eigenschaft derselben.
Verf. überträgt in Serum Staphylokokken. Es tritt zunächst infolge der
baktericiden Wirkung des Serums eine Verminderung derselben ein,
bald jedoch beginnt die Vermehrung. Nun werden dem einen Teil
dieser Flüssigkeit, deren Bakteriengehalt bestimmt wird, Leukocyten
zugesetzt, die aus einem durch abgetötete Staphylokokken erzieltem
Kaninchenpleuraexsudat stammen, dem anderen Teil das leukocyten-
freie Exsudat In beiden Proben tritt eine Verminderung der
Staphylokokken ein, jedoch ist die durch das Serum hervorgerufene
verschwindend gegen die durch die Leukocyten bewirkte. Diese Ex-
perimente, welche ausführlich im Original nachzulesen wären, beweisen
dem Verf. die ausschlaggebende Bedeutung der Phagocytose beim
Kampf des Organismus mit den Staphylokokken. Demgemäß ist für
Verf. Staphylokokken-Immunität gleichbedeutend mit Autileukocidin-
bildung, die die Leukocyten schützt, welche das wirksame Prinzip der
Staphylokokkenveruichtung im Organismus sind. Er benutzt als Stoff-
«echselprodukte der Staphylokokken reichlich Leukocidin enthaltendes
Pleuraexsudat von mit Staphylokokken getöteten Kaninchen. Dasselbe
wird, uachdem die Staphylokokken durch Aether abgetötet waren
und letzterer verdunstet ist, teils unerhitzt, teils erhitzt Kaninchen
subkutan injiziert. Es sei hier daran erinnert, daß erhitztes Exsudat
kein Leukocidin mehr enthält. Tiere, die mit solchem Exsudat —
erhitzt oder nicht erhitzt — behandelt wurden, magern anfangs ab,
bis sie sich schließlich daran gewöhnen. Die Tiere, welche mit nicht
erhitztem Exsudat behandelt waren, hatten im Verlaufe von 7 bis
8 Woeben Antileukocidin gebildet, nicht so die anderen. Leider fehlen
alle Angaben darüber, ob die mit erhitztem bezw. unerhitztem Exsudat
behandelten Kaninchen Immunität gegen Staphylokokken erworben
haben.
Was die Immunisierung gegen Streptokokken anbelangt, so be-
nutzte Verf. erhitzte und nicht erhitzte Filtrate von Kulturen. Mit
beiden erzielte er Immunität, die sich als gleichwertig erwies. In
Bezug auf Einzelheiten sei auf das Original verwiesen.
Ref. ist der Ansicht, daß ohne weiteres ein Vergleich zwischen
dem Zustandekommen von Immunität gegen Streptokokken und der
Bildung von Antileukocidin im Kaninchenkörper nicht zu ziehen ist.
van der Velde hat wohl die hochinteressante Thatsache nach-
gewiesen, daß die Staphylokokken Leukocidin erzeugen und daß sich
UDter bestimmten Verhältnissen im mit Staphylokokkenprodukten
immunisierten Kaninchenkörper Antileukocidin bildet; nicht aber ist
bis jetzt, wie schon bemerkt, von ihm durch Versuche bewiesen,
daß Kaninchen, welche durch Behandlung mit Leukocidin Anti-
leukocidin in ihrem Körper bilden, gegen die lebenden Staphylo-
120 Schutzimpfung, kflnstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmung etc.
kokken immun sind. Verf. nennt selbst das Leukocidin einen der
Faktoren, deren sich der Mikrobe im Kampfe mit dem Tierkörper
bedient, es ist aber nur ein Faktor , wie van der Velde am an-
deren Orte bestätigt, wenn er sagt, daß bei mit Staphylokokken ge-
töteten Hunden die Leukocytcu beweglich bleiben. Wenn deshalb
unser Wissen durch diese lesenswerte Arbeit auch um' einige neue
interessante Daten über die Produkte der Staphylokokken bereichert
ist, so ist Ref. nach dem oben Gesagten doch der Ansicht, daß sie
fast nichts zur Lösung der vom Verf. sich selbst gestellten Aufgabe
beiträgt. Marx (Berlin).
Boucheron, S6roth6rnpie antistreptococcique dans les
d acryocystites purulentes. (LaSemaine m6dicale. 1896.
p. 463).
B. teilt einen Fall mit, wo er bei einer Frau, die seit Jahren
an einer Dakryocystitis purulenta litt, Injektionen von Autistrepto-
kokkenserum (Marmorek) machte. Nach der ersten Injektion trat
eine bedeutende Besserung auf, welche auf zwei nach 14 und 8 Tagen
gemachte Injektionen einer vollständigen Genesung Platz machte.
B. geht auf Grund seiner einen Beobachtnng so weit, vorzuschlagen,
bei Gelegenheit von Katarakt und anderen Operationen oder bei
Traumen Injektionen von Antistreptokokkenserum zu machen. (Anm.
d. Ref.: Soll das ein Ersatz für die dann ja nicht mehr notwendige
Asepsis sein?!). Ahlefelder (Charlottenburg).
Bailance and Abott, A case of haemorrhagic septicaemia
treated by antistreptococcus-serum. (Brit. med. Journ.
No. 1853.)
Die Verff. beschreiben einen Fall von schwerer Septikämie, die
bei einem Arzte im Anschluß an eine Verletzung des Daumens bei
der Sektion einer eiterigen Peritonitis auftrat. Schon nach einigen
Stunden begann der Daumen sehr schmerzhaft zu werden und anzu-
schwellen, bald trat Lymphangitis des Armes und Anschwellung der
Achseldrüsen dazu. Bei einer Incision wurde kein Eiter gefunden.
Atn nächsten Morgen zeigt sich ein scharlachähnliches Erythem, die
Temperatur war 39,4, der Puls frequent und klein. Im Laufe des
Tages nahmen die Schmerzen noch zu, der Kranke wurde benommen,
das Erythem war jetzt stellenweise hämorrhagisch; um Mitternacht
stieg das Fieber bis 40,4, der Puls war sehr schlecht und unregel-
mäßig. Nun wurde mit Injektionen von Antistreptokokkenserum
begonnen, zunächst 3,5 ccm alle vier Stunden, später die doppelte
Dosis. Sechs Stunden nach der ersten Injektion trat eine deutliche
Besserung des Befindens ein: die Benommenheit und die Kopf-
schmerzen verschsvanden, Puls und Atmung wurden langsamer und
regelmäßiger und die vorher trockene „typhöse“ Zunge begann sich
zu reinigen. Auch die Temperatur ging fast nach jeder Injektion
etwas herab, um jedoch bald wieder anzusteigen, und es dauerte
noch 10 Tage, bis sie in lytischem Abfall zur Norm zurückgekehrt
war. Inzwischen hatte Pat. nicht weniger als 168 ccm Serum er-
halten.
by Google
Schutzimpfung, künstl. Infektionsknnkbei ten, Entwickelungshemmung etc. 121
EiDe bakteriologische Blutuntereuchung wurde nicht gemacht, so
daß es also keineswegs feststeht, ob es sich in der That um eine
Streptokokken - Septikämie gehandelt bat; die beigegebene Kurve,
deren tägliche Remissionen nur um 1° herum schwanken, spricht
zum mindesten nicht deutlich dafür: es ist keineswegs die typische
großzackige „Streptokokkenkurve“,
Anhangsweise beschreibt Bokenham sein Verfahren zur Her-
stellung des Antistreptokokkenserums ftlr die Firma Burrough,
Wellkome and Co., dieses Präparat kam auch in dem beschriebenen
Falle zur Anwendung. Neufeld (Berlin).
Williams, John D., The value of antistreptococcic serum
in the treatment of severe puerperal septicaemia.
(British med. Journal. No. 1870. 1896.)
Verf. berichtet über 6 Fälle von schwerem Puerperalfieber, in
denen er, ohne die sonstige lokale und allgemeine Therapie zu ver-
nachlässigen, Antistreptokokkenserum in Dosen von 10—30 ccm in-
jizierte. Das betreffende Serum war in einem Falle das Mar-,
moreck’sche, in den anderen aus dem British Institute of Preventive
Medicine bezogen. Ein Fall endete letal, ohne irgendwelche Wirkung
des Serums erkennen zu lassen; in den anderen 5 Fällen sah Verf.
nach jeder Injektion ein Nachlassen des Fiebers und der Puls-
frequenz, die vorher trockene Haut wurde feucht, desgleichen die
Zunge, die Lochien und die Laktation erschienen wieder; besonders
deutlich jedoch war die günstige Beeinflussung des Allgemeinzustandes.
Der zur Sektion gekommene Fall wurde nicht bakteriologisch unter-
sucht; auch von den übrigen nur bei einem reichlich Streptokokken
in den Lochien nachgewiesen.
Aus der englischen und französischen Litteratur stellt Verf.
weitere 8 Fälle von puerperaler Sepsis zusammen, bei welchen die
Behandlung mit Antistreptokokkenserum ähnlich günstige Wirkungen
zu haben schien.
Die theoretischen Betrachtungen des Verf.’s z. B. darüber, ob die
Pneumonie, welche interkurrent in einem seiner Fälle auftrat, durch
das Antitoxin des Serums oder durch dessen Gehalt an lebenden
Streptokokken bedingt sein möchte, dürften für deutsche Leser
weniger Interesse haben. Neufeld (Berlin).
Corrigendum.
In Bd. XX. p. 902. Zeile 25 ist »tute „Ein Meerschweinchen" zu lesen : „Ein Mus
uittscnlus“.
Auf p. 26 (Bd. XXI). Zeile 18 von oben iat zu lesen „Melede“ autt „Melwlu".
Digitized by Google
122
Neue Litteratur.
Neue Litteratur
za*ammengeitellt tos
San.-Rat Dr. Arthuk Würzburq,
Bibliothekar lm Kaiser!, Gesundheitsamt« in Berlin.
Biologie.
(Gärung, Fäulnis, Stoffwechselprodukte u. s. w.)
Cramer, E., Die Aschebestandteile der Cbolerabacillen. (Arch. f. Hygiene ' Bd. XXVIII.
1896. Heft 1. p. 1—16.)
Hloolle et Zia Bey, Note sur les fonctions pigmentalres du bacille pyocyanique. [(Annal.
de l’Inatitut Pasteur. 1896. No. 11. p. 669 — 671.)
Pammel, L. H. and Pammel, E., A contribution on the gases prodnced by certain
bacteria. (Centralbl. f. Bakteriol. II. Abt. 1896. No. 20. p. 633 — 650.)
8oberxiheim, Zur Beurteilung des „künstlichen Choleraagglutinins“. (Hygien. Rundschau.
1896. No. 23. p. 1145—1147.)
8t4panoff, A., Etüde» sur la ricine et l'antiricine. (Annal. de lTnstitnt Pasteur. 1896.
No. 11. p. 663—668.)
Wittlin, J., Haben die Röntgen’schen Strahlen irgendwelche Einwirkung auf Bakterien?
(Centralbl. f. Bakteriol, Parasitenk. u. Infektionskrankh. II. Abt. 1896. No. 21.
p. 676-677.)
Beziehungen der Bakterien und Parasiten zur unbelebten Natur.
Nahrungs- and Genafimittel, Gebrauchsgegenstände.
Olmge, Versuche über Tötung von Finnen durch elektrische Ströme. (Ztschr. f. Fleisch-
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Bakteriologie. Parasitenkimde o. MektionskrankheiteD.
Erste Abteilung:
Medizinisch-hygienische Bakteriologie und
tierische Parasitenkunde.
In Verbindung mit
Gei Rat Prof. Dr. Lenckart, Geh. Med.-Rat Proi Dr. Loeffler
in Leipzig und in GrelhwzM
Professor Dr. R. Pfeifer
in Berlin
herausgegeben von
Dr. O. UMworm in Cassel.
Verlag von Gustav Fischer in Jena
XXI. Band. Jena, den 6. Februar 1897. -o- No. 4 .
Praia für den Band (86 Wummern) 16 Hark. — Jährlich erscheinen zwei Bände.
Die Redaktion des „Centralblatts für Bakteriologie und Parasiten-
kunde“ richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte, etwaige
Wünsche um IAeferung von besonderen Abdrücken ihrer Auf-
sätze entweder bei der Einsendung der Abhandlungen an di«
Redaktion auf das Manuskript schreiften zu wollen oder spä-
testens nach Empfang der ersten Korrekturabzüge direkt an den
Verleger, Herrn Gustav Eischer in Jena, gelangen zu lassen.
Original -Mittheilungen.
Nachdruck verboten.
Geber den Entwickelungsgang und die Einteilung der
Malariaparasiten.
Xos der k. k. Universitätsklinik für Kinderkrankheiten des Herrn
Prof. Jak ubowski und der k. k. Anstalt für Bakteriologie und
Hygiene des Herrn Prof. Bujwid in Krakau.]
Vorläufige Mitteilung
Von
Dr. Xaver Lewkowicz,
klinischem Kleyen.
Während der drei letzten Viertel 1. J. habe ich an der Krakauer
pädiatrischen Klinik Gelegenheit gehabt, 19 Fälle des sog. acyklischen
Inte *M. XXI. Bd. 9
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130
Xaver Lewkowie*,
oder malignen Wechselfiebers, etwa ebenso viele Fälle der Tertiana
und einige der Quartana zu beobachten. Die Untersuchungen, welche
ich unter dem Mikroskope im Thermostaten anstellte, und genaue Be-
obachtungen der Fälle, von denen manche ohne Chininbehandlung
monatelang dauerten, und einige noch nicht abgeschlossen sind,
führten mich zu ganz anderer Auffassung des Entwickelungsganges
der „malignen“ Malariaparasiten, als sie in den letzten Jahren
allgemein geläufig wurde. Indem ich mir nun die ausführliche Be-
schreibung der Fälle, der Untersuchungen, sowie die Motivierung
meiner Anschauungen auf später Vorbehalte, werde ich mich jetzt
nur auf eine kurze Angabe der Resultate beschränken:
1) Zwischen dem biologischen Cyklus der Parasiten der Tertiana
und Quartana (I. Gruppe) und dem Entwickelungsgange der Parasiten
des sog. acyklischen Wechselfiebers (II. Gruppe) besteht ein voll-
kommener Parallelismus. Die Difierenzen zwischen den beiden Gruppen,
sowie zwischen den einzelnen Arten jeder Gruppe manifestieren sich
in der Länge der Entwickelungsdauer, in der Größe und Gestalt der
Formen, welche sich auf derselben Entwickelungsstufe befinden, in
der Aktivität der Bewegungserschcinuugen, dem Verhalten des Melanins,
der Neigung zur Flagellenbildung und der Zahl der Sporen. Dazu
kommt noch, daß die Parasiten der I. Gruppe sich endoglobulär ent-
wickeln, und ihre erwachsenen Formen sphärisch sind, während die
Parasiten der II. Gruppe ihren ganzen Entwickelungscyklus extra-
globulär durchmachen und zu Halbmonden auswachsen.
2) Die jungen Sporidieu 1 ) der I. Gruppe erscheinen, wie bekannt,
am Ende des Fieberanfalls an den Blutkörperchen als kleine proto-
plasmatische Gebilde, welche mehr oder weniger lebhafte amöboide
Bewegungen ausführen und im Ruhezustände Ringelform annebmen.
Genau dasselbe beobachtet man bei den Parasiten der II. Gruppe.
Während aber bei den letzteren dieses Stadium einige Stunden
dauert und in den jungen Sporidien Pigmentkörnchen erscheinen
können, ist es bei der Tertiana und Quartana unvergleichbar kürzer.
Bei der I. Gruppe folgt nun das Eindringen in die Blutkörperchen.
Die Parasiten zeigen auch jetzt amöboide Bewegungen, legen
Pigment ab und wachsen ziemlich schnell.
Durch folgendes leicht anzustellende* Experiment liefere ich nun
den endgiltigen Beweis der endoglobulären Entwickelung der Sporidien
dieser Gruppe. Durch Druck auf das Deckgläschen kann man nämlich
leicht die infizierten Blutkörperchen, besonders wenn sie halberwachsene
Parasiten enthalten, zum Platzen bringen. Das Sporidium entschlüpft
dabei gänzlich oder nur zum Teil durch den kleinen Riß, und der
Rest des Blutkörperchens entfärbt sich augenblicklich, zum Beweise,
daß die Hülle desselben durchgerissen werden mußte, um den Parasiten
nach außen gelangen zu lassen.
Anders verhält sich die Sache bei der II. Gruppe. Die jungen
Parasiten falten ihre Blutkörperchen zusammen und entwickeln sich
weiter nach Art der Raupen in den zusammengerollten Blättern.
1) Dieser von Daoilewsky vorgeschlagene Name scheint mir für die zoologische
Bezeichnung der Malariaparasiten der entsprechendste.
ed
by Google
L'eber den Entwickelungsgang Und dl« Einteilung der M&Uriaparasiten. 131
Sie bleiben aber extraglobulär und können sich durch einen Teil
ihrer Oberfläche, welcher frei bleibt, an die Wand der Gefäße der
inneren Organe anhaften. Dadurch erkläre ich also die bis jetzt
so rätselhafte Erscheinung, daß man an anatomischen Präparaten
in kleineren Gefäßen die infizierten Blutkörperchen immer wandständig
findet, was bisher einer nicht näher definierbaren Klebrigkeit der-
selben zugeschrieben wurde. Sind diese Formen in den inneren
Organen in größerer Zahl vorhanden, dann fahren sie zu Verstopfungen
der Gefäße und zu entsprechenden funktionellen Störungen (cerebrale
und gastrointestinale Symptome).
Die Sporidien weisen auch in diesem Stadium amöboide Be-
wegungen auf. Sie legen Pigment ab, welches sich im Inneren der
Zelle wahrscheinlich um den Kern gruppiert. Diese Konzentration
des Pigments war die Ursache, daß man bisher wegen der Analogie
mit der Tertiana und Quartana diese Formen für Sporulationskörper
der kleinen amöboiden Parasiten ansah, welche nach Marchiafava,
Celli and Bignami ihren Entwickelungscyklus in 24, resp. 48 Stunden
durchmachen sollten. Nicht nur aber, daß die Struktur der Sporen,
namentlich die Anwesenheit des Nukleolus, hier nicht bewiesen wurde,
was man durch die Kleinheit des Objektes zu entschuldigen suchte,
daß im Gegenteil im gefärbten Präparate diese Formen ganz deut-
liche amöboide Pseudopodien aufweisen, so bekommt man sie, wenn
auch selten, im peripheren Blute zu sehen, sie führen auch hier
amöboide Bewegungen aus, und lassen sich aus der Nische des Blut-
körperchens durch Druck auf das Deckgläschen herauspressen, wobei
sich herausstellt, daß sie keine Sporen enthalten.
Bei dieser Manipulation entfärbt sich das Blutkörperchen nicht,
da dabei die Hülle desselben intakt blieb. Durch dieses Experiment
glaube ich die Frage nach der extra- oder endoglobulären Entwicke-
lung der Malariaparasiten beantwortet zu haben.
Nachdem die Sporidien beinahe das ganze Hämoglobin des
Blutkörperchens aufgezehrt haben, erreichen sie ungefähr die Größe
des letzteren. Dadurch ist die erste, die vegetative, Periode ihres
lebens zu Ende, es folgt nun die produktive.
Die Sporidien haben jetzt bei der I. Gruppe die Form der Sphäre,
bei der II. die eines Halbmondes, was vielleicht mit der endo-,
resp. extraglobulären Entwickelung in Zusammenhang steht. Auf der
Höhe dieses Stadiums sind sie fähig, in dem entnommenen Blute,
wahrscheinlich unter der Einwirkung niederer Temperatur, Flagellen
ru bilden, Halbmonde (wahrscheinlich nur die jüngeren), nachdem
sie sphärische Form angenommen haben. Die Neigung zur Flagellen-
bildung ist bei den verschiedenen Arten jeder Gruppe nicht gleich.
Die älteren Halbmonde, noch deutlicher die ovalären und die
sphärischen Formen, welche aus ihnen entstehen, zeigen eine deutliche
doppeltkonturierte Cuticula — nur sie sind also zweifellos encystiert.
Aber auch an den sporulationsreifen Individuen der I. Gruppe kann
man eine äußerst feine Membran unterscheiden.
Es folgen nun die letzten Stadien, welche in den beiden Gruppen
ganz analog verlaufen: Bildung der SporeD, Exkapsulation und Dis-
9 *
i by Googl
132 Xaver Lewkovict,
semination der jungen Sporidien, and damit ist der ganze Cyklus ab-
geschlossen.
Die Periode des Lebens der Parasiten der II. Gruppe bis zur
Bildung des Halbmondes beträgt etwa */ 4 , die andere bis zur Spo-
rulation etwa 1 / i der ganzen Entwickelungsdauer.
Den Uebergang einer encystierten, ovalären Form der Halbmond-
reihe in sphärische mit nachfolgender Exkapsulation und Sporulation
habe ich an zwei Exemplaren unter dem Mikroskope im Thermostaten
unmittelbar beobachtet. Auch habe ich aus der Milz durch Punktion
Sporulationskörper der Halbmonde bekommen, von denen manche bis
30 Sporen enthielten.
3) Was die Entwickelungsdauer der Sporidien der II. Gruppe
anbelangt, so kann ich sie mit ziemlicher Sicherheit für 3 Arten an-
geben.
Sie beträgt für die eine 10 Tage (Haemosporidium undeci-
manae. Die jungen Formen im I. Stadium pigmentlos, Flagellen-
bildung sehr selten, Durchschnittslänge der Halbmonde 11 fi, Breite
2,5 n, Durchmesser der sphärischen Formen 6 «). Für die andere
15 Tage (H. sedecimanae. Junge Formen pigmenthaltig, Flagellen-
bildung sehr häufig, Länge der Halbmonde 12 /<, Breite 3 fi, Durch-
messer der Sphären 7,5 fi, Zahl der Sporen bis 30). Für die letzte
22 Tage (H. vigesimo-tertianae. Junge Formen pigmenthaltig,
Flagellen bildung nicht gesehen, Länge der Halbmonde 13 fi, Breite 3,5 ft,
Durchmesser der Sphären etwa 8 fi).
Bei noch einer anderen Art, bei welcher aber die Entwickelungs-
dauer nicht bestimmt wurde, nehmen die erwachsenen Parasiten häufig
Cigarrenform an. Das Pigment ist an ihnen nicht selten sehr lebhaft
beweglich. Die halberwachsenen Formen befinden sich in so gut
verschlossenen Nischen der Blutkörperchen, daß man sie nicht leicht
aus ihnen ohne Beschädigung der letzteren herauspressen kann. In
der Hegel bleibt kein Teil der Oberfläche der Sporidien frei, mittels
weichem sich dieselben ankleben könnten, sie sind auch im peripheren
Blute in ganz namhafter Zahl anzutretfen. Nach alledem muß ich
annehmen, daß es sich hier um eine Art handelt, welche etwas
kürzere Entwickelungsdauer hat und möglicherweise den Uebergang
von der I. zur II. Gruppe bildet.
4) Obwohl für mich nicht zweifelhaft sein kann, daß man in
Zukunft noch weitere Arten differenzieren können wird, und ob-
wohl ich zugeben muß, daß die Aufstellung der mir bisher bekannten
Arten auf allzu geringer Zahl der Beobachtungen beruht, so kann ich
mich nicht enthalten, schon jetzt folgendes Schema für die Einteilung
der Malariaparasiten vorzuschlagen:
Haemosporidia.
• / Entwickelungsdauer 2 und S Tage,
1. Gruppe \ endoglobuläre Entwickelung,
1 erwachsene Formen sphärisch.
a) Haemosporidium tertianae, Entwickelungidauer 2 Tage,
b) „ qnartanae, „ 3 „
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Ceber den Entwiokelnnu»g»nR aad di« Einteilung der Melarieperesiten. 133
( Entwickelungedauer über 3 Tage,
IL Gruppe , extragloboläre Entwickelung,
1 erwacheene Formen halbmondförmig,
c) Haemosporidium ? Entwickelungedauer unbe-
stimmt (erwachsene Formen
häufig oigarrenfbrmig, s. o.)
d) „ undeoimanae, Entwickelungsdauer 10 Tage.
e) ,, sedecimanae, „ 1 5 „
f) „ vigesimo-tertianae, „ 22 „
5) Der Fieberanfall fällt immer mit der Sporulation einer Ge-
neration der Parasiten zusammen. Bei den Sporidien der II. Gruppe
ist klinisch der quotidiane und tertiane Fiebertypus häufig. Er wird
durch mehrere Generationen der Parasiteo, welche in ihrem Alter
um 24, resp. 48 Stunden diflerieren, hervorgerufen. Es giebt also
keine echte Quotidiana oder maligne Tertiana im Sinne Marchia-
fava’s, Celli’s und Bignami’s, da die schon von Laveran und
Richard gekannten, kleinen, amöboiden Parasiten, deren Entdeckung
und Erforschung sich aber die obengenannten italienischen Forscher
zuschreiben, „direkt“ innerhalb 24, resp. 48 Stunden nicht sporulieren
können, da sie nur die erste Stufe in der Entwickelung der Halb-
monde bilden.
Die Häufigkeit des tertianen Typus, welchen alle Parasiten der
II. Gruppe hervorrufen können, wird dadurch klar, daß ein heftiger
Anfall die Bildung lebenstüchtiger Sporen der nächstfolgenden, um
24 Stunden jüngeren, Generation beeinträchtigt, ohne auf dieselbe
Weise auf die um 48 Stunden jüngere Generation, bei welcher die
Exkapsulation noch nicht erfolgte, einzuwirken.
6) Ich sehe mich endlich gezwungen, der allgemein als That-
sache angenommenen Auffassung, daß die Halbmonde sich der Chinin -
behandlung gegenüber refraktär verhalten, entgegenzutreten. Diese
Resistenz ist nur scheinbar. Sind nämlich bei einem Kranken, wie
es ja meistens der Fall ist, viele Generationen der Sporidien re-
präsentiert, so ist Chinin zwar imstande, die Degeneration der Halb-
monde hervorzurufen, so daß diese keine lebensfähigen Sporen mehr
bilden können und spurlos zu Grunde gehen, sie kann aber nicht
verhindern, daß die in den inneren Organen noch vorhandenen jungen
und halberwachsenen Sporidien zu Halbmonden auswachsen. Neue
Halbmonde werden deshalb auch weiterhin, trotz der Chinintherapie,
noch durch 1 — 2 Wochen im Blute erscheinen, aus den inneren
Organen ausgesät, so daß es den Anschein hat, als ob die alten
durch die Behandlung nicht angegriffen würden.
Auch hier stoßen wir also auf eine Analogie mit den Parasiten
der I. Gruppe. Denn bei der Tertiana und Quartana erreichen auch
während der Chininbehandlung die Parasiten die Größe der er-
wachsenen Formen, die Bildung einer neuen Generation wird aber
unmöglich.
Krakau, im Dezember 1896.
J
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134
F o d o r and R i g 1 e r ,
Ntuhdr-uck verboten.
Neuere Untersuchungen über die Alkalizität des
Blutes *).
Von
Prof. Fodor und Dr. Rlgler
in
Budapest.
Auf dem VIII. internationalen Kongreß für Hygiene und Demo-
graphie teilte Fodor — im Anschluß an seine älteren, gleichartigen
Untersuchungen — neuere Versuche mit, in welchen derselbe nach-
wies s ), dass sich die Alkalizität des Blutserums, bei Infektion mit
diversen pathogenen Bakterien, allmählich, bis zum Tode des Versuchs-
tieres, vermindert, hingegen bei Tieren, welche sich von der Infektion
erholen, steigt, und zwar höher, als die Alkalizität des Serums vor
der Infektion gewesen. Bei Tieren (Kaninchen), welche gegen Milz-
brandinfektion durch wiederholte Impfungen immunisiert waren, stieg
auch dementsprechend die Alkalizität des Blutserums allmählich höher,
und dieselbe wurde nicht vermindert, wenn die nun immunisierten
Tiere mit virulentem Milzbrand infiziert wurden.
Diesen Mitteilungen Fodor’s folgten andere, von seiten mehrerer
Forscher, welche die Ergebnisse von Fodor bestätigten, gleichzeitig
aber ihre Forschungen in der eröffneten Richtung auch weiter aus-
dehnten. Diesbezüglich erlauben wir uns unsere Leser auf die unten
aufgeführte litterarische Zusammenstellung zu verweisen *). Auch
wir setzten gemeinschaftlich unsere Untersuchungen in der bezeich-
neten Richtung fort, und erlauben uns derzeit über einige unserer
Ergebnisse in Folgendem zu referieren.
I. Die Methode unserer Untersuchungen.
Wir hielten im großen und ganzen die von Fodor geübte
Methode bei. Den Versuchskaninchen entnahmen wir von den Ju-
gularvenen Blut, sowohl vor, als nach der Injektion verschiedener
Vaccinestofle, Toxine, Antitoxine, und zwar in bestimmten Zeiträumen.
Das Blut (ca. 5 ccm und mehr) wurde sogleich in der elektrisch be-
triebenen Centrifuge centrifugiert, und ein aliquoter Theil des reinen
klaren Serums (meistens 1,2575 ccm, weil unser l /ioo Pipette, bis
1) Vorgetragen in der Sitzung d. ung. Akad. d. Wiss. 14. Dez. 1896.
2) Bericht Uber die Verhandlungen des VIII. internat. Kongresses für Hygiene und
Demographie. Budapest. Bd. II. Ferner Ausführlicher im Centralblatt für Bakteriologie.
Bd. XVII. No. 7—8.
3) A. Calabrese, Riforma medica. Oktober 1894. — Derselbe, Giornale
internat. delle sciense med. Vol. XVII. — Derselbe, Policlinico. Vol. III. 1896. —
A. C an tan i j un., Centralbl. f Bakt. Vol. XX. No. 16 — 17. Daselbst weitere littera-
rische Angaben. — Ferner vergl. Loewy und Richter, Deutsche med. Wochensehr.
1895. p. 32. — L. Caro, Zeitschr f. klin. Medizin Vol. XXX. No. 3—4. —
J. Donath, Virchow’s Archiv f. path. Anat. Bd. CXL1V. Suppl. — Straß er und
Kuthy, Blätter f. klin. Hydrotherapie. 1896,
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Neuere Untersuchungen über die Alkaliaitüt des Blutes.
135
zur Marke diese Menge faßte) in einer Glasschale, mit N/t„ „-Säure
titriert. Als Indikator diente frisch bereitetes, sehr empfindliches
Lackmns-Papier (rötlich violett und bläulich violett) auf welches wir,
vermittelst einer eng ausgezogenen Glasröhre, das Probetröpfchen
Obertrugen. Die Spitze der Röhre wird senkrecht auf das Papier
aufgesetzt, und die zu titrierende Flüssigkeit tritt hier, an einem
eng begrenzten Punkte, allmählich in das Papier ein. Die Empfind-
lichkeit der Titrierung rührt eben daher, weil, wie Fodor schon
vor längerer Zeit betonte, die in dem zu titrierenden Flüssigkeits-
tröpfchen enthaltene gesamte Säure- resp. Alkalimenge an der engen
Berührungsstelle des Röhrchens mit dem Papier, auf den Farbenstoff
des letzteren einwirkt Mit dem Glasstäbchen wird gleichzeitig die
zugeträufelte Säure mit dem Serum sorgfältigst vermischt. Die aus
den kohlensauren Salzen des Serums freigemachte Kohlensäure wird
an der porösen Oberfläche des Indikatorpapiers schnell dissoziiert
und belästigt weiter nicht die Titration. Nachdem wir mittels zahl-
reicher Versuche uns überzeugt hatten, daß die Farbenreaktion bei
dem Uebertritt der alkalischen Reaktion des Serums in die Neutrale
auf das Zuträufeln von Säure eine scharfe und beständige ist, titrierten
wir das Serum bis zur neutralen Reaktion, und nicht bis zum Ein-
tritt der sauren Reaktion.
Wir drücken in dem Folgenden die Alkalizität des Serums in
Kubikcentimetern der verbrauchten N/ l0 „-Säure aus, auf 1 ccm Serum
berechnet
Versuche zur Kontrolle der Untersuchungsmethode.
Mit einigen Beispielen wollen wir die Genauigkeit unserer Unter-
suchungsmethode beleuchten :
a) Blutproben von einem gesunden Kaninchen. 1 ccm Serum
entspricht: a) 3,697, b) 3,697 ccm N/ l00 -Weinsteinsäure.
b) Blutproben von einem zweiten gesunden Kaninchen: a) 4,771,
b) 4,771 ccm N/ 100 -Weinsteinsäure.
c) Blutproben von einem dritten Kaninchen: a) 3,75, b) 3,73 ccm
N|, „ „-Schwefelsäure, c) 3,74, d) 3,74 ccm N/, 00 - Salzsäure.
d) Ochsenblut. Serum durch Stehenlassen auf Eis erhalten.
8 Proben zu 5 — 5 ccm verbrauchen auf 1 — 1 ccm reduziert: a) 5,24,
b) 5,26, c) 5,29, d) 5,24 — durchschnittlich 5,26 ccm N/, 0 „-Salz-
säure, und e) 5,25, f) 5,22, g) 5,28, h) 5,25 — durchschnittlich
5,25 ccm N/, 00 -Schwefelsäure u. s. w.
Wir stellten zahlreiche Versuche an, um zu erfahren, ob auf
freier Luft stehendes, ferner ob (im Wasser) erwärmtes
Serum seine Alkalizität ändert. Einige Beispiele mögen den Sach-
verhalt aufklären.
a) Blut eines gesunden Kaninchens. 7 Proben des Serums
zeigten folgende Alkalizität:
») Sogleich nach Centrifugieruug titriert:
bl Steht bei 20° C 1 Stunde :
c) „ „ „ „ 2 Stunden
Ö t, ,i ,, ii i t,
e) „ „ 40° C l / 4 Stunde
0 »» i* »» n 1 /» »
8) e ii n ii t b
4,394 ccm
4.373 „
4,894 „
4,294 „
4.374 „
3,861 „
3,767 „
N/ , 0 0 -Sch wefeliüure
W 9)
9» •'
»9 ft
9» 9*
I» »»
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136
Fodor nud Rigler,
b) Blut zweier gesunder Kaninchen:
X. Kaninchen 2. Kaninchen
a) Sogleich titriert: 3,98 4,53 ccm N/ 10o -Schwefelaäctre
b) Steht bei 20° C 1 Stuude 3,68 4,21 „ „ „
c) n n 40° C 1 ,i 3,58 4|37 „ „ >>
d) „ „ 60* C 1 * 3,28 3,90 „ ** „
c) Kaninchen- und Hundeblut.
Kaninchen Kaninchen Hand
a) Sogleich titriert 4.97 5,25 4,15
b) Steht bei 90« C 1 Stunde 4,65 5.09 3.99
c) „ „ 80* C 1 „ 4,68 4,69 3.66
d) „ „ 100* CI „ 4,25 4,97 3,92
Längeres Stehen, sowie Erwärmen des Serums vermindern sonach
die Alkalizität. Wenn das Serum über 60° C erwärmt wird, muß
das Titrieren auf längere Zeit ausgedehnt werden, weil die zu-
geträufelte Säure nur ganz allmählich in das im Serum entstehende
Coagulum eindringt, und infolgedessen solches Serum selbst nach
mehrere Stunden dauernder Titration noch immer neue Mengen
Säure aufnimmt, während nicht koaguliertes Serum die einmal (und
zwar schnell) erreichte neutrale Reaktion nicht mehr ändert und
keinen neuen Säurezusatz verträgt
Wir machten mehrere Versuche, um klar zu stellen, ob es auf
die Alkalizität von Einfluß ist wenn man von ein und dem-
selben Kaninchen öfters Blutproben nimmt. Das Ergebnis
erhellt aus Folgendem:
a) 3 Kaninchen werden um 10 ühr vormittags und abermals
um '/,12 Uhr Blutproben entnommen. Die Alkalizität war:
Um 10 Uhr Um '/i 1 * ühr
a) Kaninchen
3,40
3,425 ccm
N/, #0 -Schwefelsäure
b) Kaninchen
3,25
3,40 „
c) Kaninchen
3,45
3,425 „
»» »»
b) 5 gesunden Kaninchen werden Blutproben entnommen. Die
Alkalizität war pro 1 ccm Serum in ccm N/ 10 „-Säure:
Erst« Entnahme Neue Entnahme Neue Entnahme Neue Entnahme
a) Kaninchen
8,371
neeh 6 Standen
3,336
nach 24 Standen
3,476
nach 48 Stunden
b) „
3,596
3,665
3.734
—
«1 .»
4,924
3,942
4,149
—
<0
3.942
3,872
3,945
—
•) ..
4,368
—
4,282
4,358
Wie ersichtlich, üben Blutentziehungen, wie solche in unseren
Versuchen ausgeübt wurden, keinen nennenswerten Einfluß auf die
Alkalizität des Blutserums aus. Viola und Jona beobachteten eine
starke Alkaliabnahme bei Blutentziehungn, welche in 2 Stunden das
Minimum erreicht; dann stellte sich jedoch rasch die ursprüngliche
Alkalizität wieder her 1 ). Es scheint uns, daß diese Forscher viel
ausgiebigere Blutentziehungen Vornahmen als wir, woraus sich viel-
leicht der Widerspruch unserer Erfahrungen erklärt.
1) 1. c, Calabrese, II I’oliclinico. Vol. III. 1896.
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Neuere Untersuchungen über die Alkalizität des Blutes.
137
n. Der Einfluß von Schutzimpfungen auf die Alkalizität des
Blutes.
Schutzimpfungen gegen Milzbrand.
In seiner oben angegebenen Arbeit konstatierte Fodor, daß im
Serum mit Antbraxbacillen infizierter Kaninchen die Alkalizität anfangs
beträchtlich zunimmt, um nach 24 Stunden rapide und stark zu
fallen.
Indem in jener Mitteilung die Schwankungen der Alkalizität
nur summarisch angegeben waren, führen wir hier eine Serie jener
Versuche im Detail, nach dem Protokolle, an.
3 Kaninchen erhalten je 1 — 1 ccm einer 24-stündigen Anthrax-
bouillonkultur subkutan, ein viertes bekommt ein zerriebenes Stück-
chen von einer frischen Milzbrand-Milz. Die Alkalizität des Blut-
serums der Tiere betrug (ccm N/, 00 -Schwefelsäure pro 1 ccm Blut-
serum):
Alkalizität
Gewicht des Tieres Vor der Injektion
s) 1730 3,339
b) 1370 3,679
c) 1860 3,494
d) 1090 3,388
Bemerkungen: 1) Die Tiere agonuierend. 2) Die Tiere verendeten, bevor eine
Blutentofthme stattfinden konnte.
6 Std.
10 Std. 24 Std. 48 Std.
uach der Injektion
i 2 Std.
3,856
4,245
3,18
2,585 »)
—
4,174
4,294
3.243
- *)
—
4,168
3,896
2,783
1,590 *)
3,481
—
2,740
- *)
—
Fodor konstatierte gleichzeitig, daß Immunisierung mittels
Einspritzung mitigierter Anthraxkulturen die Alkalizität des Serums
erhöhte.
Unsere neueren Untersuchungen führten zu folgenden Resultaten.
Kaninchen wurden — nach entsprechender Blutentnahme —
4. Vaccin“, und nach 24 Stunden — bei gleichzeitiger Blutentnahme
— „II. Vaccin“ unter die Haut injiziert. Die „Vaccine“ bezogen wir
aus dem Budapester „Pasteur-Institut“, welches, unter behördlicher
Aufsicht, Tiervaccine versendet. — Die Alkalizität der vaccinierten
Tiere war folgende (ccm N/ 1# „-Schwefelsäure pro ccm Blutserum):
1. Serie:
Gewicht
Alkalizität
Injektion vom
Alkalizität
Injektion vom
Alkalizität
dea Tieres
vor der
I. Vaccin
24 Std. nach
11. Vaccin
24 Std. 7X** 8*d.
l) 1325
Injektion
(ecm pro Kilo)
der Injektion
(ccm pro Kilo)
nach der Injektion
4,746
0,1*
5,277
0,1
6,463
5,556
b) 1125
4,836
0,2
5.393
0,2
6,486
5,631
c) 1290
4,722
0,4
5.277
0,4
4.955
4,747
4) 1205
4,606
0,8
4,930
0.8
4,813
4,666
2. Serie:
Gewicht Alkalizität
Injektion vom
Alkalizität
Injektion vom
Alkalizität
des Tieres
vor der
I. Vaccin
24 Std. nach
11. Veccin
24 Std. 8X2* Std.
Injektion
(ccm pro Kilo)
der Injektion
(ccm pro Kilo)
nach der Injektion
») 1170
4,102
0,1
4,461
0,1
4,615
4,589
b) 1285
4,280
0,2
4,435
0.2
4.692
4,641
e) 1185
4,102
0,3
4,076
0,3
4,282
4,487
d) 1196
4,162
0,5
4,412
0,5
4.230
4,589
Bern erk u n ge n
: Die Alkalizität von je 1
ccm I. resp. 11
. Vaccin entspricht
0,513 ccm N/, „.-SchwefeUKnre.
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138
Fjodor und Ri gier,
Aus den dargelegten Ergebnissen Jfolgt, daß sowohl „I. Vaccin“
als „II. Vaccin“ schon nach 24 Standen die Alkalizität des Blutes
beträchtlich erhöhen, welche Erhöhung über 7X24—8X24 Stunden
dauerte, ja sogar sich noch steigerte. Ferner erhellt aus den Ver-
suchen, daß die Alkalizität nur bis zu einem gewissen Grade mit
der Menge der eingespritzten Vaccioefiüssigkeit parallel läuft, so daß
eine übermäßige Menge von Vaccin sogar die Alkalizität beeinträchtigt.
Dieß erhellt noch mehr aus der folgenden Versuchsreihe:
3. Serie:
Gkswicht
Alkalizit£t
Injektion vom
Alkalis ittt
Injektion vom
')3 Alkalizitat
des Tieres
vor der
1. Vaccin
34 Std. nach
II. Vaccin
nach 34 Standen
Injektion
(ccm pro Kilo)
der Injektion
(ccm pro Kilo)
e) {2090
4,666
0,2
4,953
0,3
5,333
b) 1350
4,761
1,0
5,095
1,0
5,404
e) 1500
4,690
2,0
5.023
3,0
5,309
d) 1300
4,952
4,0
5,095
4,0
5,238
Wie zu sehen, steht die Erhöhung der Alkalizität im umgekehrten
Verhältnisse zu der Menge der eingespritzteu Vaccineflüssigkeit.
Ferner ist noch hervorzuheben, daß Kaninchen d und dann b in
7X24 Stunden verendeten, Kaninchen c nach 15X24 Stunden,
Kaninchen a jedoch konstant gesund blieb. In den Kaninchen b, c, d
konnten Milzbrandbacillen weder mikroskopisch, noch mittels Kultur
nachgewiesen werden. Die Vaccineflüssigkeit scheint sonach Toxine
zu enthalten, welche — bei gewisser Menge — die alkalivermehrende
Fähigkeit der Vaccinetiere beeinträchtigen, ja sogar das Tier zu töten
vermag.
Schutzimpfungen gegen Schweinerotlauf.
Die Impfflüssigkeit — „L und II. Vaccin“ — erhielten wir
ebenfalls von dem „Pasteur-Institut“. Die Injektionen batten folgende
Einwirkung auf die Alkalizität des Blutes:
1. Serie:
Gewicht
Alkalizität
Iqjektion vom
Alkalizität Injektion vom
Alkalizität von
der
vor der
I. Vaccin
24 Std. nach 11.
Vaccin
24 Std.
6V24 Std.
Kaninchen Injektion
(ccm pro Kilo)
der Injektion (ccm
pro Kilo) Nach der Injektion
a) 1070
4,102
0,1
4,871
0,1
4,923
4,666
b) 1090
4,155
0,2
4,717
0,2
4,821
4.835
c) 1205
4,948
0,4
4,641
0,4
4,933
4,461
d) 1160
4,076
0,8
4,768
0,8
4.846
4,846
2.
Serie:
7X*d Std.
a) 1250
4,722
0,1
5,555
o,i
5.486
5,833
b) 1600
4,444
0,2
5,463
0,2
5,463
5,656
c) 1280
4,694
0,4
5,393
0,4
5,324
5,353
d) 1468
4,467
0,8
5,486
0,8
5,574
5,303
3.
Serie:
7X*4 Std
a) 1880
4,785
0,2
5,238
0.2
6,50
4,906
b) 1170
4,738
1,0
5,142
1,0
5,38
4,672
e) 1080
4,833
2,0
5,284
3,0
5,333
4,813
d) 1080
4,833
4,0
6,142
4,0
6,119
4,439
Bemerkung: Die Alkalizität von 1 ccm I. resp 11. Vaccin entspricht 0,513 ccm
n/ aoo Schwefelsäure.
Das Ergebnis ist ganz analog jenen, welche wir bei den Milz-
brandschutzimpfungen erhalten haben. Die Alkalizität des Blutserums
Digitized by Google
Kcwrt rfitersKkotgfD über di« Alkalixirit des Blutes.
139
trböht sich nach beiden Injektionen, und diese Erhöhung dauert
über 6 bis 7X^4 Stunden. Ferner bemerken wir abermals, daß die
Zunahme der Alkalizität nur bis zu einer gewissen Grenze mit der
Menge des injizierten Impfstoffes parallel läuft; bei übermäßigen
Einspritzungen steht die Erhöhung der Alkalizität im umgekehrten
Verhältnisse mit der Menge der Vaccineflüssigkeit.
Rabies und antirabische Impfungen.
Prof. Hogves impfte Kaninchen a mit fixem Virus subdural;
Kaninchen b wurde gleichzeitig mit Straßenwutvirus, intraoculär ge-
impft, hernach aber einer antirabischen Behandlung unterzogen; das-
selbe erhielt 7X^4 Stunden hindurch, täglich 2-mai, 10000 — 100 mal
diloierten Impfstoff (zerriebenen Medull. obl.), in der Menge von
3—1 ccm unter die Haut; insgesamt 41,5 ccm. Kaninchen c wurde
bloß mit letzterem Impfstoff behandelt, verschied jedoch, aus nicht
Biber bestimmbarer Ursache, nach 4X-4 Stunden.
Kaninchen a (1120 g) erschien 4X24 Stunden hindurch gesund;
dann entwickelte sich eine bedeutende Temperaturerhöhung; den
7. Tag fiel das Tier auf eine Seite und wurde behufs Blutentnahme
getötet. Kaninchen b (1245 g) zeigte von dem 7. Tage an eine ge-
ringe Temperatursteigerung; an dem 12. Tage schien das Tier etwas
za leiden und hatte eine wenig subnormale Temperatur. Dasselbe
wurde ebenfalls behufs Blutentnahme getötet.
Die Alkalizität des Blutserums war folgende (ccm N/, o0 -Salzsäure) :
Kaninchen a Kaninchen b
*) Vor der Impfung, resp. Impfang and Schatsimpfung 4,48 4,55
b) 4^24 Std. nach der Impfung 3,19 —
t) 5V14 „ „ * — 4,55
d) «Vl4 », ,v v» *,89 —
8V24 ,, ,, *v t| 4,46
t) 1*X 24 1
Während das mit Rabies geimpfte und daran zu Grunde ge-
zogene Tier eine bis zum Tode stetig zunehmende, starke Alkali-
verainderuag erlitt, zeigte das andere, mit Rabies geimpfte, jedoch
antirabiscb behandelte und nur mäßig leidende Tier 12 Tage hindurch
eine ganz geringe Abnahme der Alkalizität.
III. Der Einfluß ron Toxin- und Antitoxininjektionen auf die
Alkalizität des Blutes.
Injektion vou Diphtherietoxin.
Das zu diesen Versuchen dienende Toxin lieferte uns Professor
H. Preisz, und töteten davon 0,2 ccm 300 g Meerschweinchen
binnen 49 Stunden. Der Einfluß der Toxineinspritzungen auf die
Blutalkalizität war folgender:
1) Serie (Titrierung mit N/ I00 -Schwefelsäure):
<i««richt d.
Alk. vor
Toxin
AlkalUitKt nach
der Injektion
Kaninchen
der Injekt.
(ccm pro Kilo)
6 Std.
24 Std.
48 Std.
4X*4 8t.
ei 2050
4,225
0,1
4, *25
3.777
3,330
2,956 *)
b) 11*0
4.175
0,1
4,175
3,852
3,379
2,781 *)
«) 1415
3,960
0,3
3,777
3,529
+ *)
—
di neo
4,239
0,3
3,728
3.578
+
Bemerk u n gen:
1) agonitierend $
wegen Blutentnahme
Ke tätet.
2) verschieden,
bevor Blot
genommen werden konnte. —
1 ccm Toxin
— 3,25 ccm n/,
Schwefelsäure.
Digitized by Google
140 Fodor u. Rigler, Neuere Untersuchungen über die Alkalizität des Blutes.
2. Serie (Titrierung mit N/ 10 „-Schwefelsäure):
a) 900 4,080
0,3 3,630
4,011
3,250 ») —
b) 900 4, *82
0.3 8.681
4.149
2,835 «) —
e) 88S 3,808
1.0 3.509
—
3,118 ') —
d) 965 4.337
1.0 3.544
4,011
+ *) —
Bemerkungen:
1) agonisierend ; behufs
Blutentnahme
getötet) 2) vor Blut-
entnähme verschieden.
3. Serie (Titrierung mit N/i„ „-Salzsäure):
«) 1410 4,525
0,1 —
4,00
3,45 «)
b) 1080 4,550
0,2 —
3,85
3,125 »)
c) 1090 4,600
0.3 —
2,86
3,20 »)
d) 1090 4,625
0,4 —
4,05
3,325 «)
e) 1250 4,271
0.5 —
2,846
+ *)
Bemerkungen:
l) nach 27X24 Std. agonisierend, wegen Blutentnahme getötet ;
1 ccm Serum <= 2,20 n/ 100 Salz-iture ; 2) agonisierend, wegen Blutentnahme getötet;
3) verschied nach 3X^4 Std.; 4) verschied, bevor Blut entnommen werden konnte.
Auf die Injektion von Diphtherietoxin sinkt zuerst rasch die
Alkalizität, erhebt sich abermals ein wenig, um danach bis zum
Tode immer tiefer zu sinken.
Zwischen der Menge des injizierten Toxins einerseits und der
Erniedrigung der Alkalizität, wie auch der Raschheit dieser Ernied-
rigung und auch zwischen der Zeit, in welcher das Tier mit dem
Tode abgeht, andererseits besteht ein — wenn auch nicht strenger
— Parallelismus.
Injektionen von Diphtherieantitoxin.
Das Diphtherieserum lieferte uns ebenfalls Prof. H. Preisz.
Dessen Wirksamkeit erhellt aus folgenden Versuchen:
Meerschweinchen a 0,2 ccm Toxin pro 300 g unter die Haut
gespritzt; dasselbe verendet binnen 49 Stunden.
Meerschweinchen b erhält 0,2 ccm Toxin und 0,2 Antitoxin gleich-
zeitig unter die Haut; das Tier bleibt anhaltend gesund.
Meerschweinchen c werden 0,5 ccm Toxin und 0,2 Antitoxin
unter die Haut gespritzt: nach 8X24 Stunden verendet das Tier
an Diphtherietoxin.
1. Serie (Titrierung mit N/,„ „-Schwefelsäure):
Gewicht der
Alkalizität vor
Antitoxin
AlkallziUt
nach der Injektion
Kaninchen
der Injektion
(ccm pro Kilo)
6 Std.
24 Std.
48 Std.
«) 1360
4,076
0,2
4,175
4,374
4,076
b) 1210
4,175
0,2
4,026
4,473
3.976
c) 1260
4,274
0,5
4,423
4.672
4,132
d) 905
4,226
0,5
4,349
4,597
4,274
e) 1110
4,200
1,0
4.423
4,647
4,274
1) 1230
4,274
1,0
4,324
4,473
4,399
2. Serie
Titrierung mit N/ l# „-Salzsäure):
Gewicht d.
Alkat. vor
Antitoxin
Alkalizität nach der Injektion
Kaninchen
der Infekt
(ccm pro Kilo)
24 Std.
48 Std.
78 Std.
10X** Std.
a) 1430
4,625
0,2
5,025
—
—
4,50
b) 1470
4,700
0,4
5,250
—
—
—
c) 1590
4,700
0.6
—
—
—
4,20
d) 1240
4,550
0,8
5,400
—
—
4,40
e) 946
4,300
0,8
4,750
—
4.150
—
1) 1135
4,650
0,8
5,320
—
4,350
—
K) 1085
8,992
2,0
—
4,645
—
—
hi 1130
4,216
2,0
—
4,925
—
—
Bemerk ung: 1
ccm Antitoxin «=
3,75 ccm
°/i0o SÄure -
Digitized by Google
v. Schab, Beitrag cur Desinfektion von LeihbibHotheksbUchern.
141
Die Antitoxineinspritzung erhöht sonach die Alkalizität des Blutes
so gut wie die Vaccineiuspritzung; auch darin eiuigen sich beide
Injektionen, daß sich die nachfolgende Erhöhung der Alkalizität mit
der Menge der eingespritzten Substanz nicht parallel verhält. Wesentlich
unterscheiden sich jedoch beide Injektionen darin, daß, während die
Vaccineinjektion eine andauernde Erhöhung der Alkalizität hervor-
bringt, die Antitoxininjektion hingegen bloß eine vorübergehende,
kaum 48 Stunden anhaltende, Erhöhung verursacht. (ScUuS folgt.)
Nachdruck verboten.
Beitrag zur Desinfektion von Leihbibliotheksbüchern.
[Aus dem Institute für Infektionskrankheiten zu Berlin.]
Von
Dr. von Schab, Marinestabsarzt.
Bei der Verbreitung der Infektionskrankheiten können Leih-
bibliotbeksbücher eine Rolle spielen. So wenige sicher beglaubigte
Fälle solcher Krankheitsübertragung auch existieren, zwingen uns
gleichwohl unsere Kenntnisse von der langen Lebensfähigkeit ver-
schiedener pathogener Mikrobien außerhalb des menschlichen Körpers,
die Möglichkeit einer Ansteckung auf diesem Wege zuzulassen.
Berckholtz (Arbeiten aus dem Kaiserl. Gesundheitsamte. Bd. V.
1889) z. B. hat nachgewiesen, daß Cholerakeime aus Bouillonkultureu,
an Seideufäden augetrocknet und 30 Tage lufttrocken aufbewahrt,
entwickelungsfähig bleiben. Diphtheriebacillen wuchsen noch nach
3—4 Monaten aus lufttrockenen Pseudomembranen aus (Flügge,
Zeitschr. f. Hyg. Bd. XVII. 1894. p.405); an Spielsachen angetrocknet
erhielten sie sich bis 6 Monate lang lebensfähig (Abel, Centralbl.
f. Bakt. Bd. XIV. 1893. No. 23). Der Pneumonie-Diplococcus
im ausgetrockneten Auswurf des Pneumonikers bleibt lange Zeit
lebensfähig und virulent (Bordoni-Uffrcduzzi, Centralbl. f. Bakt.
Bd. X. 1891. No. 10). Eyff (Zeitsehr. f. Hyg. 1896. p. 181) führt
an, daß Typhusbacillen in ausgetrocknetem Zustande bis zu 3 Monaten
lebensfähig bleiben; Tuberkelbacillen bleiben im trockenen Zustande
6—9 Monate infektionstüchtig. Bei den Pocken handelt es sich um
einen sehr widerstandskräftigen, durch Luft uud die unscheinbarsten
Berührungen übertragbaren Erreger, dem hinsichtlich der Resistenz
der Erreger von Scharlach und Masern nahe zu stehen scheint.
Seit langer Zeit ist es üblich, Bücher, die mit Infektionskranken
in Berührung waren, zu verbrennen. Cornet (Zeitschr. f. Hyg.
Bd. V. p. 191) rät von der Benutzung von Leihbibliotheken ab, da
diese Bücher vielfach von Lungenkranken gelesen und angehustet
werden, also eine Verbreitung von Infektionskeimen dadurch möglich
ist. Lehmann (Münch, med, Wochenschr. 1893. No. 32) hat auf
Formalin als vielleicht aussichtsvolles Desinfektionsmittel für Bücher
hingewiesen; Cazal und Catriu (Aunales de l’Inst. Pasteur. 1895.
Digitized by Google
142
▼. Schab,
No. 12) desinfizierten Bücher, nachdem sich Formalin als ungenügend
erwiesen hatte, im Autoklaven; van Ermengem und Sugg (Arch.
de pharmac. 1894, referiert Centralbl. f. Bakt. 1896. p. 91) erklären
ebenfalls das Formalin bei der Desinfektion von Büchern als unzu-
länglich.
Um der Frage näher zu treten, ob es ein einfaches und sicheres
Verfahren giebt, Leihbibliotheksbücher auch in größeren Mengen zu
desinfizieren, wurde auf Anregung von Herrn Prof. Pfeiffer die
Desinfektion von künstlich infizierten Büchern mittels P i c t e t 'scheu
Gasgemisches (schweflige Säure und Kohlensäure zu gleichen Teilen)
und mittels Formaldehyd versucht
Bei den Desinfektionsversuchen mittels Pict et 'sehen Gas-
gemisches war die Versuchsanordnung die folgende. Zur Verwendung
kamen noch gut erhalteue, gebundene Leihbibliotbeksbücher von mitt-
lerer Größe und verschiedenem Druckpapier. Um das Wachstum der
den Buchblättern adhärenten Bakterienflora, die bei den zu des-
infizierenden Büchern eine ziemlich gleichmäßige war, bei der Aus-
saat von künstlich mit Testobjekten infizierten Papierproben möglichst
zu beschränken, wurden die Bücher vor der künstlichen Infektion an
3 aufeinanderfolgenden Tagen je eine halbe Stunde dem strömenden
Wasserdampf ausgesetzt und dann sorgfältig im Brütschrank (37°) ge-
trocknet. In der Voraussetzung, daß bei einer Desinfektion von Büchern
die mittleren Blätter und auf diesen letzteren wieder die dem Buch-
rücken naheliegenden Teile der Desinfektionswirkung am schwersten
zugänglich sind, wurden bei allen Versuchen nur diese Teile der Blätter
mit den Testbakterien infiziert. Mittels Bleifeder wurden auf verschie-
denen Seiten des Buches längliche Rechtecke abgegrenzt und der Be-
reich dieser Felder mit Aufschwemmung der Bakterien (24 Stunden
alte Agarkulturen) bezw. Milzbrandsporen im Konde nswasser oder in
steriler physiologischer Kochsalzlösung beschmiert. Unmittelbar vor
der Desinfektion der so infizierten Bücher wurden Kontrollproben
ausgeschnitten. Nach Beendigung des Desinfektionsversuches wurden
aus jenen infizierten Feldern wiederum Proben steril entnommen, die-
selben 24 Stunden lang unter einer dunklen Glasglocke, die eine
Schale mit Sodalösung enthielt, gelüftet, und dann in schräg erstarrte
Agarröhrchen so eingebracht, daß die infizierte Fläche in innigen
Kontakt mit dem Nährboden kam; mittels starker Platinöse wurde
dann die im Kondenswasser erweichte Papierprobe mehrmals auf der
Agarfläche auf und ab bewegt; alle 24 Stunden wurde, falls kein
Wachstum vorhanden war, dieselbe Manipulation vorgenommen; blieb
das Röhrchen bis zum 7. Tage steril, so wurde der Versuch ab-
geschlossen. Als Testobjekte kamen Pyocyaneus, Staphylo-
coccus aureus und Milzbrandsporen zur Verwendung, da die
Kolonieen dieser, überdies gegen Desinfektionsmittel im allgemeinen
sehr resistenten Bakterieu durch die Färbung bezw. durch typisches
Wachstum leicht zu erkennen sind. Wegen der Wichtigkeit der
Präge nach etwaiger Abtötung der Tuberkelbacillen kam möglichst
reines Kavernensputum von Phthisikern, die reichlich Tuberkel bacillen
im Auswurf hatten, zur Verwendung. Das Sputum wurde nicht auf
die Buchblätter direkt aufgetragen, sondern in dünner Schicht auf
gitized by Google
Beitrag zur Desinfektion von LeibbibUotheksbiJohern.
143
steriles Seidenpapier mittels Platinspatels geschmiert, im Brütofen
getrocknet, und nach Entnahme von Kontrollproben der Rest zwischen
die Blätter eines Buches gelegt. Zum Nachweis der erhaltenen
Infektionstüchtigkeit der Tuberkelbacillen wurden die Proben in ste-
riler Bouillon aufgeschwemmt, in sterilem Mörser zerrieben, der Brei
durch ein steriles Drahtnetz filtriert und das Filtrat in Mengen von
1 ccm Meerschweinchen von ca. 200 g Körpergewicht intraperitoneal
einverleibt. Es darf hier bemerkt werden, daß sämtliche so infizierte
Kontrolltiere an typischer Tuberkulose nach Ablauf von 3 — 6 Wochen
eingingen. Cazal und Cat rin war es nicht möglich gewesen, Meer-
schweinchen durch tuberkulöses Sputum zu töten, das 11, 15 und
5 Tage an Papier angetrocknet war, wenngleich mehr oder minder
beträchtliche Körpergewichtsabnahme nach der Injektion auf Krank-
heitszustände der Tiere schließen ließen.
Die Desinfektionsversuche mit Pictet’s Gasgemisch wurden in
der P i c t e t ’schen Fabrik zu Berlin angestellt 1 ). Die zu desinfizieren-
den Bücher wurden unter eine große Exsiccatorglocke gebracht ; nach
Absaugung der Luft mittels Luftpumpe bis zum Vacuum ließ man
das desinfizierende Gasgemisch eintreten, was nach Ablauf der Ver-
suchsdauer wiederum abgesaugt wurde, teils aus ökonomischen
Gründen, teils um den Büchern nach Möglichkeit die die Atmungs-
organe stark belästigende schweflige Säure zu entziehen. In 14 ver-
schieden angestellten Versuchsreihen ergab sich:
1) Nach 24 Stunden langer Einwirkung des Gasgemisches: Pyo-
cyaneus in allen Proben abgetötet; Aureus nicht in allen
Proben abgetötet; Milzbrandsporen wachsen reichlich aus. Tuber-
kulöses Sputum (intraperitoneal) tötete sämtliche (6) damit ge-
impften Tiere (vergl. Tabelle I, Versuch 1 — 4).
2) N ach 2mal 24-stündiger Desinfektionsdauer : Pyocyaneus durch-
weg abgetötet ; Aureus und ebensowenig Milzbrandsporen nicht
in allen Proben abgetötet. Tuberkulöses Sputum (intraperitoneal)
tötet sämtliche (4) damit geimpften Tiere (vergl. Tabelle I, Ver-
such 5).
3) Nach Herstellung des Vacuums brachte man 10 — 24 Stunden
lang aus einer innerhalb der Glasglocke aufgestellten Schale mit
Wasser dieses zum Verdampfen, in der Annahme, durch vor-
herige Durchfeuchtung des Papieres dieses dann zugänglicher
für die schweflige Säure zu machen ; das Gasgemisch blieb
24 — 4b Stunden in Kontakt mit den Büchern. Resultat: Pyo-
cyaneus zeigte kein Wachstum; Aureus zuverlässig nur nach
2X24 Stunden Desinfektionsdauer abgetötet; Milzbrandsporen
wurden nicht in allen Proben abgetötet. Von den mit dem des-
infizierten tuberkulösen Sputum intraperitoneal geimpften 6 Meer-
schweinchen gingen 2 nach 7 Wochen an typischer Tuberkulose
ein (vergl. Tabelle II und III).
Demnach gaben die Desinfektionsversuche von der angegebenen
Dauer schlechte Resultate. Es ist anzunehmen, daß bei einer noch
l) Ich nehme hierbei Gelegenheit, Herrn Dr. Altschul für seine liebenswürdige
Unterstützung bei meinen Versuchen den besten Denk auszusprechen.
144
▼. Schub
längeren Dauer der Einwirkung jenes Gasgemisches eine zuverlässige
Abtötung der zu den Versuchen verwendeten Testobjekte eingetreten
wäre; doch wäre dieser Erfolg von rein theoretischem Interesse ge-
Tabelle I.
Ver-
such
1
j Buch ,
Pyo-
1 cyaneus
| Aureus
Milz-
brand- ;
sporen
Tuberkulöses
Sputum
Bemerkungen
i
ii
_
24 Stdn. Desinfektionsdauer.
in
—
+
IV
—
++
444
V
—
—
I
VI
—
44
2
IV
44 -
444
G damit geimpft«! Desgl.
Tiere f nach 3 bis
i
15 Wochen.
s
Hi
-
4+4
444 -
De .gl.
4
III
Dc»gl.
IV
—
++
6
I
—
+
4 damit geimpfte!
48 Stdn. Desinfektionsdauer.
III
—
4 +
444
Tiere j* Dach 26
V
—
bis 34 Tagen.
Tabelle II.
Ver-
such
BucJi
Pyo-
cyaneu»
Aureus
Mil».
brand-
sporeu
Bemerkungen
6
VI
44
10 Stdn. feuchte Luft.
74 Stdn. Desinfektionsdauer.
7
VI
—
! ++
44
Deagl.
8
VI
—
4
+ +
17 Stdn. feuchte Luft.
74 Stdn. Desinfektionsdauer.
9
III
44
24 Stdn. feuchte Luft-
VI
—
—
1
24 Stdn. Desinfektionsdauer.
I
—
—
4
10
IV
V
—
—
—
Deagl.
IX
—
1
4
11
III
4 1
20 Stdn feuchte Luft.
VI
—
—
-
24 Std». Desinfektionsdsuer.
VIII
X
1 —
—
1
12
1
_
_
4
IS Stdn. feuchte Luft.
IV
—
— -
24 Stdn. Desinfektionsdauer
VI
44
VIII
—
—
—
X
—
—
Digitized by Google
Beitrag lur Desinfektion von LeihbibiiotheksbQcbern.
145
Tabelle III.
Vcr- „ ,
Bach
»QCfa
Pyo-
cyaneus
Aureus j
Milz-
brand -
sporen
1 Tuberkulöses
Sputum
Bemerkungen
I
+
_ _
15 Stdn. feuchte Luft.
VI
—
—
24 Stdn. Desinfektionsdauer.
VIII
X
—
+
+
14
I
—
Von 6 geimpften
24 Stdn. feuchte Luft.
IV
—
—
Tieren (Buch V
48 Stdu. Desinfektionsdauer.
V
—
—
—
u. VIII) t * nach
(Verffl. T»belle I,
VI
—
| —
—
7 Wochen.
Versuch 5.)
1 VIII
—
++
A j
~
wesen, da sich ein Desinfektionsverfahren, das mindestens 4 Tage
beanspruchen würde, in der Praxis nie einbürgern wird. Ferner
müßte nach Ablauf der Desinfektion von Leihbibliotheksbüchern die
diesen intensiv adhärierende schweflige Säure durch Lüftung oder
Einbringen in Ammoniakdämpfe haltende Luft entfernt werden, was
abermals Zeit und Geld kosten würde.
Nach diesen Mißerfolgen mit dem Pictet’schen Gasgemische
wurden Desinfektionsversuche mittels Formalin (Schering) an-
gestellt. Miquel (cit. bei Gazal und Cat rin loc. eit) und
neuestens Tri Hat (vergl. das Referat Centralbl. f. Bakt. Bd. XX.
1896. p. 837) haben als Vorteile einer mit Chlorcalcium versetzten
40-proz. Formalinlösung hervorgehoben, daß einerseits Polymerisationen
des Formaldehydes beim Verdampfen aus solchen Lösungen nicht
eiutreten, andererseits das Formaldehydgas möglichst trocken zur
Wirkung kommt und damit auch intensiver desinfizierend wirken soll.
L>ie Versuchsanordnung war im allgemeinen dieselbe wie vorher.
Nach Herstellung des Vacuums in der mit den Büchern beschickten
Exsiccatorglocke trat aus einer durch eine Glasröhre mit der Glocke
verbundenen Flasche, welche die Chlorcalcium-Formalinlösung enthielt,
das Gas über. Die die Lösung haltende Flasche befand sich während
der Versuchsdauer in einem Wasserbade von 50—60°; die Wägung
der Flasche wurde vor und nach dem Versuche vorgenommen. Wenn
die Mischung 36 g Formalinlösung enthielt, so gelang es, die 9 Liter
Volum fassende Glocke mit Formalingas zu erfüllen. Bei dieser maxi-
malen Formalinverdampfung war jedoch in 2 Versuchsreihen nach
24-stündiger Einwirkung des Gases ein Desinfektionseffekt nicht fest-
stellbar, wenngleich sich in manchen Proben, die wiederum mit
Pyocyaneus, Aureus und Milzbrandsporen infiziert waren, eine
Wachstumshemmung bemerkbar machte. Nach 48 Stunden langer
Einwirkung des Gases war die Wachstumshemmung noch ausge-
sprochener, besonders an den Proben, die den unter der Glocke auf-
rechtstehenden Büchern entnommen waren, deren Blätter also nicht
so fest aneinander lagen, wie bei den liegenden Büchern.
Somit bietet das Formalingas bei dieser Versuchsanordnung hin-
CnU AM. XXI. Bd. 10
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146 N. Uschiusky, Ueber Diphtheriekultureb auf eiweißfreier Nährlösung.
sichtlich der Desinfektion von Büchern noch schlechtere Aussichten
als das Pictet’sche Gasgemisch. Bücher werden immer zu den am
schwierigsten zu desinfizierenden Gegenständen gehören, da das feste
Aneinanderliegen der Blattflächen, zumal bei glatten Druckpapieren,
den Zutritt von desinfizierenden Gasen unmöglich macht oder hemmt.
15. Januar 1897.
Nachdruck verboten.
Ueber Diphtheriekulturen auf eiweissfreier Nährlösung.
Von
N. l'schiiisky
in
Warschau.
Im Jahre 1893 habe ich berichtet l ), daß es mir gelungen sei,
ein eiweißfreies Kulturmedium, auf welchem viele pathogene Mikro-
organismen und auch Diphtherie- und Tetanusbacillen gut gedeihen,
zusammenzustellen. Diese Thatsache ist von ziemlich großem theo-
retischen Interesse in Bezug auf die Entstehung und den Chemismus
der Toxine, weil man aus solchen Kulturen hoffentlich leichter Toxine
in reinem Zustande isolieren kann. Seit der Zeit erschienen einige
Arbeiten, deren Autoren, obschon im allgemeinen meine Resultate be-
stätigend, doch betreffs des Wachstums des Diphtheriebacillds
nicht gerade sich günstig aussprachen, weil die Diphtheriebacillen
nicht zum Wachstum hätten gebracht werden können *). Ich gebe
zu, daß auch ich viele Mißerfolge gehabt habe. Jetzt aber besitze
ich eine Kultur, welche auf meiner Flüssigkeit vorzüglich wächst, und
weit mehr Toxin produziert, als es bei mir früher der Fall war.
Selbst l 1 /* ccm eiuer 4 — 6 Wochen alten filtrierten Kultur töten'
sicher ein mittleres Meerschweinchen in 40 — 36 Stunden mit allen für
Diphtherietoxin charakteristischen Erscheinungen. Mir scheint diese
verhältnismäßig gesteigerte Toxinbildung mit Spuren von Fe, welches
ich jetzt meiner Flüssigkeit zusetzte, in Zusammenhang zu stehen.
Die Ursachen meiner und Anderer Mißerfolge scheinen mir darin zu
bestehen, daß wirklich nicht eine jede Diphtheriekultur zum Wachsen
auf eiweißfreier Nährlösung geeignet ist. Junge, frisch vom Menschen
genommene Kulturen sind schwer auf dieser Lösung zu kultivieren;
wogegen ältere, an saprophytische Lebensweise gewöhnte Kulturen
leicht wachsen. In meiner Flüssigkeit wachsen die Diphtheriebacillen
ebenso üppig wie in gewöhnlicher Bouillon, bilden (wie auch in
Bouillon) ein dünnes, leicht zerfallendes Häutchen auf der Oberfläche,
und fallen beim Schütteln in sandähnlichen Klümpchen auf den Bodeu,
wobei die Flüssigkeit beinahe ganz klar bleibt. Nach ihrem äußeren
1) Arch. de müd. exprriment. 1893. No. 3, und Centralbl f. Bakt. Bd. XIV. No. 10.
2) Krünkel, Hygienische Rundschau. 1891. |>. 769 ; Houguenenq etDojron,
Socidtö biologle. 18. April 1896.
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O. Jona, Die Schutzmittel des Organismus gegen die Blastomyceten. 147
Aussehen ähneln sie vollständig den auf der Bouillon gezüchteten;
nicht filtrierte Kultur erscheint beinahe ebenso virulent wie die von
Bouillon; filtrierte Kulturen sind ungefähr 8 — 10 mal schwächer.
(Die Kulturen sind von mir in der russischen medizinischen Ge-
sellschaft an der Warschauer Universität demonstriert worden, auch
habe ich Kulturproben an die Herren Prof. Dr. C. F r ä n k e 1 in Halle
und Dr. Courmont in Lyon geschickt)
Das Filtrat durch das Chamberlandfilter gab eine deutliche
Eiweißreaktion, woraus wohl noch nicht folgt, daß es Toxin ist, was diese
Reaktion giebt (siehe Archives de m6dec. exp6r. 1893. No. 3. p. 308).
An meineu Kulturen habe ich auch die unlängst von Brieger und
Bogr 1 ) angegebene Methode zur Isolierung des reinen Toxins in
Form von Zink-Verbindung probiert. Die Methode hat sich aber für
das in meiner Flüssigkeit gebildete Toxin als unbrauchbar erwiesen.
Das Toxin wird von der Lösung durch Zinkchlorid oder Zinksulfat
nicht gefällt, bleibt aber vollständig im Filtrat, wobei sich der Zink-
Niederschlag als ganz unwirksam erwiesen hat. Woran dieser Unter-
schied liegt, werden hoffentlich weitere Untersuchungen aufklären.
Die Sache erscheint um so eigentümlicher, da die Methode von
Brieger und Boör an Ricin (von Merk) angewendet, mir ganz
gute Resultate gegeben hat. In diesem Falle hat aber der Zink-
Niederschlag deutliche Eiweißreaktionen gegeben.
Warschau, 5. Nov. 1896.
Nachdruck verboten.
Die Schutzmittel des Organismus gegen die Blasto-
myceten,
[Bakteriologisches Laboratorium des Civilhospitals in Venedig.)
Vorläufige Mitteilung.
Von
Dr. Giuseppe Jona, Direktor.
L
Die Blastomyceten, welche bis vor einigen Jahren als unschädlich
für deu Organismus betrachtet wurden, sind jetzt in das Bereich der
Pathologie eingetreten. Busse hat sie als ätiologisches Element in
einem Falle von Pyämie nachgewiesen, und die Untersuchungen von
Sanfelice, Maffucci und Sirleo, von Roncali, Corselli
und Frisco, Kahane, Curtis u. s. w. scheinen festgestellt zu
haben, daß es eine Klasse von Tumoren giebt (welche vom klinischen
und anatomisch-histologischen Gesichtspunkte aus betrachtet, zu den
Sarkomen und Carcinomen gehören), die ihren Ursprung von einer
Blastomyceteninfektion herleiten.
Bei der Wichtigkeit dieser Frage für die Pathologie entsteht die
1) Brieger and Boär, Zeitschrift f, Hygiene. Bd. XXI. 1896. Heft 2.
10 *
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148
Giuseppe .Ion»,
Frage nach den Schutzmitteln, welche der Organismus gegen sie ins
Werk setzt. Diese Seite der Fragt! ist bis jetzt von den Autoren
vernachlässigt worden, indem sie sich natürlich vor allem mit den
pathologischen Veränderungen beschäftigt haben, welche die Infektion
hervorbringt
Die Aehnlichkeit mit dem, was man über die Infektion durch
Bakterien weiß, erlaubt uns, eine solche Untersuchung zu beginnen,
indem wir entweder von pathogenen oder nicht pathogenen Blasto-
myceten ausgehen; denn das Eindringen von Mikroorganismen in das
Innere des Körpers, mag es ihnen nun gelingen, einen pathologischen
Zustand hervorzurufen oder nicht, veranlaßt immer das in Tbätigkeit-
treten bestimmter Verteidigungsanstalten, mögen diese nun für den
bevorstehenden Kampf genügend sein oder nicht.
Als ersten Versuch in dieser Richtung habe ich es vorgezogen,
einen nicht pathogenen Blastomyceten zu studieren, weil dies die
Reihe der zu verfolgenden Erscheinungen vereinfacht.
Ich untersuchte das Verhalten des Kaninchens gegen den
Saccharomyces apiculatus, den ich in den Blutkreislauf, in
die Bauchhöhle und unter die Haut injizierte. Auf jedem von diesen
Wegen eingespritzt, ist er für das Kaninchen fast ganz unschädlich.
Ich legte mir folgeude Frage vor: Durch welche Mittel befreit sich
das Kaninchen von diesen KeimeD, welche ihm in sehr großer Menge
beigebracht worden sind?
II.
Ich studierte zuerst die Injektion in die Blutgefäße. In die
Jugularis der einen Seite führte ich eine üppige Kultur auf Agar
ein, die mit 5,6 ccm sterilen Wassers verdünnt war. Dann entnahm
ich Blut aus der Jugularis der anderen Seite, 2 — 3 ccm auf einmal,
stellte damit Kulturen an und überzeugte mich, daß die Blastomyceten
verschieden lange, 2 — 8 Stunden, im Kreislauf bleiben, wobei sie nach
und nach abnehmen, bis sie ganz verschwinden.
Wo gehen sie hin, wenn sie aus dem Blute verschwinden? Die
erste Hypothese, die sich darbietet, ist die, daß die Blastomyceten
durch die Nieren ausgeschieden werden; aber diese Annahme wird
dadurch widerlegt, daß die eingehende, sorgfältigste Untersuchung
des Urins niemals die Gegenwart von Blastomyceten in ihm nach-
gewiesen hat; daß die zu verschiedenen Zeiten nach der Inokulation
mit reichlichen Mengen des Urins eingerichteten Kulturen beständig
steril blieben. Bei der Sektion der Nieren sah man niemals Blasto-
myceten in den Hamröhrchen.
Man muß also denken, die Blastomyceten begäben sich zu den
Eingeweiden. Doch sind die kulturellen Resultate hier mit der Unter-
suchung der Gewebe dem Anscheine nach in Widerspruch. In der
That entnahm ich die Eingeweide in mehrstündigen Zwischenräumen
nach der Injektion, und auch nachdem die Blastomyceten aus dem
Blute verschwunden waren und legte Platten und Kulturen an; diese
blieben aber immer steril. Dagegen bewies die Untersuchung der
Gewebe (deren Schnitte nach der neuerlich zu diesem Zwecke an-
gegebenen Methode gefärbt worden waren) das Vorhandensein der
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Die Schotimittel des Organismus gegen die Biastomyceten. ]4Q
Biastomyceten im Innern der Kapillargefäße oder in kleinen hämor-
rhagischen Herden, welche von der Größe der Biastomyceten selbst
verursacht waren. — Es waren die Biastomyceten noch vorhanden,
aber entwickelungsunfähig. So läßt das alles vermuten, daß das Blut
die Biastomyceten in wenigen Stunden tötet und in den folgenden
Tagen auflöst.
Diese Hypothese drängt sich auch durch andere zahlreiche direkte
Beobachtungen auf.
Erstlich, wenn man einige Stunden nach der Inokulation Blut in
Probegläschen mit Fleischbrühe auffängt und dann den Niederschlag
antersucht, findet man stark veränderte (assotigliati) Elemente mit
nicht mehr lichtbrechendem Rande und halbdurchscheinendem Inhalte.
Dies sind Biastomyceten, welche durch die Einwirkung des Blutes
das Aussehen von verschwindenden, in Auflösung begriffenen Elementen
angenommen haben und die Art und Weise anzeigen, wie höchstwahr-
scheinlich die anderen Elemente verschwunden sind und auch die
wenigen übrig gebliebenen verschwunden sein würden, wären sie nicht
der Einwirkung des lebenden, kreisenden Blutes entzogen worden.
Zweitens zeigt sich die Entwickelung der Biastomyceten, welche
sich einige Stunden im Kreisläufe befunden haben, nicht nur spärlich
wegen der geringen Zahl der noch vorhandenen Keime, sondern
bietet auch besondere Eigenheiten dar, welche nur von den Modifi-
kationen herrühren können, welche die einzelnen Keime erlitten haben.
Die Entwickelung ist nämlich stark verzögert und besteht aus zwerg-
haften Elementen, drei- oder viermal kleiner, als die normalen und
vqu besonderem Aussehen, so daß man sie als echte Rückbildungs-
formen betrachten muß. Diese Elemente entwickelten sich weiter;
ihre Veränderungen aber wurden noch auffallender, indem man einer
wirklichen Umwandlung von Saccharomyces in Ol di um be-
gegnet.
Drittens hat in vitro die Untersuchung des Einflusses des Blutes
auf den Saccharomyces dessen zerstörende Wirkung auf indirekte
Weise festgestellt. Es ließ sich Dachweisen, daß durch Injektion
einer mäßigen Menge von Biastomyceten in einige Kubikcentimeter
Blotes dieselben in ihren Lebenseigenschaften gelähmt werden, so daß
in wenigen Stunden die Entwickelung auf Platten, die durch eben
fliese Blntmenge vernichtet wurde, aufhörte, während Kontrollplatten
Hunderte von Kolonieen ergaben. Wie es bei den Bakterien der
Pall ist, kann die Entwickelung in der Folge wieder auftreten und
sogar ziemlich bedeutend werden. Dies ist die Folge des Ueberlebens
weniger Keime, welche ihre Eigenschaften wieder aufnehmen und
sich schnell vermehren, sobald die bakterientötende Wirkung des
Blutes nach dem Ausflusse aus den Venen aufgehört hat.
Aus dem Ganzen dieser Experimente folgt, daß der ganze Vor-
gang innerhalb des Cirkulationssystems verläuft und daß durch die
physiologischen Eigenschaften des Blutes in ihm auch große Mengen
des Saccharomyces getötet und aufgelöst werden.
HI.
Wenn man in die Bauchhöhle eine reichliche, in sterilem Wasser
anfgeschwemmte Kultur yod Saccharomyces apiculatus in-
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150 Jon«, Die Schutzmittel des Organismus gegen die Blastomyceten.
jiziert, so zeigt sich vor allem eine agglutinierende Wirkung von
seiten der Peritoneal-Flüssigkeiten, indem die Saccharomyceten sich
bald zu kleinen, sparsamen Klümpchen zusammenhäufen, die an den
Dannschlingen oder am großen Netz festhaften. Wenn man wieder-
holte kapillare Einstiche in das Peritoneum macht, um Schritt für
Schritt die von den Blastomyceten hervorgerufenen Veränderungen zu
untersuchen, so wird das Resultat binnen 2 oder 3 Stunden negativ;
in der That ist die aspirierte Lymphe in der ersten Stunde reich an
Leukocyten, deren nur eine mäßige Anzahl von Blastomyceten erfüllt
ist und noch wenige freie Blastomyceten darbietet; aber jede blasto-
mycetische Form verschwindet rasch, so daß man nach 3 Stunden
nur Leukocyten aspiriert.
Die Blastomyceten verlieren schnell, wenn sie in das Peritoneum
eingeführt werden, die Fähigkeit, sich fortzupflanzen, und dies rührt
bis zu einem gewissen Punkte von den physischen Verhältnissen her,
die sie daselbst antreffen. Denn wenn man sie in dünnen, an der
Lampe zugeschmolzenen Glasröhrchen in das Peritoneum einführt,
verlieren sie diese Fähigkeit ebenso schnell. Auch wenn man sie
2 oder 3 Tage lang in einem Thermostaten bei 40° C hält, werden
sie unfähig zur Weiterentwickelung.
Aber während durch die bloße Wirkung der physischen Ver-
hältnisse ihre Form nicht verändert wird, so zeigen sie dagegen be-
deutende morphologische Veränderungen, wenn sie frei in das Peri-
toneum injiziert oder in kleinen Celloidinzellcn eingebracht werden,
welche zwar die Berührung mit morphologischen Elementen ver-
hindern, aber die Einwirkung der Flüssigkeiten ganz gut erlauben.
In beiden Fällen zeigen sie eine Reihe von Veränderungen, welche
sie nach und nach der Auflösung entgegenführen. Diese Veränderungen
sind jedoch nicht ganz gleich und scheinen zu beweisen, daß auf den
Saccharomyces ein doppelter Einfluß ausgeübt wird, einerseits
von den Flüssigkeiten, andererseits von der Berührung mit den Zellen.
Frei im Peritoneum nehmen sie jenes charakteristische Aussehen der
in Tumoren beschriebenen Blastomycetenformen an, nämlich einen
mehr oder weniger breiten, hyalinen Hof mit mehr opakem, grün-
lichem, körnigem Centrum.
In die Bauchhöhle injiziert, dringt der Saccharomyces nicht
in den Blut- oder Lymphstrom. Alle Elemente bleiben in der Bauch-
höhle: daselbst werden sie getötet und zerstört
Aehnliche Erscheinungen treten bei subkutaner Einspritzung auf.
IV.
So rufen die drei Injektionsweisen des Saccharomyces api-
culatus beim Kaninchen (endovasculär, intraperitoneal, subkutan)
denselben Verteidigungsmechanismus von seiten des Organismus hervor,
nämlich schnelle Zerstörung des fremden Agens — durch die vor-
vorwiegende Wirkung der Flüssigkeiten — an denselben Stellen, wo
sie inokuliert wurden.
31. Oktober 1896.
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W. Janowski, Zur Aetiologie der Dy&enterie.
151
Nachdruck verboten.
Zur Aetiologie der Dysenterie.
Y T on
Dr. med. W. JsnowsU,
Städtischem Bakteriologen and Abteilungsassistenten,
in
W arsch au.
(Fortsetzung.) .
Einige Zeit darauf berichtete Simon (75) über einen Kranken
^ebenfalls aus Baltimore), der täglich 2—3 blutig-schleimige Ent-
leerungen hatte und sich wegen Husten, Seitcnschmerzen und einer
Pleuritis in das Krankenhaus hatte aufnehmen lassen. Im Sputum
wurden sich bewegende Amöben gefunden. Die Aufmerksamkeit
richtete sich nun auch auf die Faeces, und es wurden zahlreiche
Amöben darin gefunden.
In demselben Jahre fand Musser (58) in 3 Dysentcriefällen
Amöben und hierauf Stengel (75) aus Philadelphia in 3 unter den
5 im ganzen von ihm beobachteten Fällen von Dysenterie. Ich muß
jedoch hierzu bemerken, daß er nur 3 Fälle einer genaueren Unter-
suchung unterzogen hat. Der Verf. fügt mehrere Abbildungen der
von ihm gesehenen Amöben bei und giebt an, sic seien stets leicht
an ihren verhältnismäßig großen Dimensionen (10 — 30 ft), an ihren
amöboiden Bewegungen und daran zu erkennen, daß sie stark licht-
brechend sind. Bereits erkaltete Faeces enthielten deren weniger, als
frisch entleerte. Im Ruhezustände ist ihre Form rund oder oval.
Es gelang weder mit Fuchsin noch mit Metbylviolett, sie zu färben.
Die Verimpfung des amöbenhaltigen Stuhles (aus Fall IV des Verf. ’s)
io das Rectum blieb bei einem Meerschweinchen resultatlos.
Außer obigen 8 amerikanischen Observationen erschienen im Jahre
1890 noch die Arbeiten von Fenoglio (28) und Calandruccio
(13) aus Italien. Fenoglio beschrieb 1 Fall von blutig-eiteriger
Diarrhöe in Sorrento (Prov. Cagliari), in welchem die Faeces Amöben,
Cercomonaden und Eier von Trichocephalus dispar enthielten.
Nur in diesem einen Falle von Diarrhöe fand der Autor Amöben.
Derselbe kann jedoch keineswegs für maßgebend gelten, denn 1) wurden
außer den Amöben auch Cercomonaden gefunden, 2) haben mir die
Beschreibungen des Verf.’s den Eindruck gemacht, als hätte er es
gar nicht mit Dysenterie zu thun gehabt (mikroskopisch fehlte u. a.
in den Entleerungen der Eiter). Calandruccio (13) verschluckte
encystierte Amöben und fand sie nach 12 Tagen in seinen normalen
Entleerungen.
Baumgarten (4) erklärt in seiner pathologischen Mykologie
bei Besprechung des bis zu jener Zeit angesammelten Materials (p. 938),
er wolle die Ansicht Kartulis’ über die pathogene Wirksamkeit der
Amöben bei Dysenterie durchaus nicht in Zweifel ziehen. Er glaubt
aber nicht, daß die Amöben die ganze Summe der Veränderungen
bei Dysenterie hervorrufen könnten, da ihm kein Analogon bekannt
Digitized by Google
152
W. Jao o wski f
ist, das uns zu dem Glauben an die Möglichkeit eines durch Amöben
hervorzurufenden Abscesses bekehren würde. Er nimmt an, daß außer
den Amöben die pyogenen Mikroorganismen zerstörend auf den Darm
einwirken. Weitere Untersuchungen sollen erst zeigen, worin dieses
Zusammenwirken der Bakterien und Amöben bei Dysenterie besteht.
Im Jahre 1891 war es wieder Kartulis (44), der den Reigen
diesbezüglicher Werke eröffnete; er wiederholte in dieser neuen Arbeit,
daß er konstant Amöben in allen Dysenteriefällen und in Leber-
abscessen nach Dysenterie gefunden habe. Er giebt an, Hunderte von
Darmerkrankungen untersucht, allein nie im Stuhl Amöben gefunden
zu haben. Um noch exaktere Beweise der Pathogenität der von ihm
beschriebenen Amöben zu erbringen, legte Kartulis Kulturen an.
Zu diesem Behufe mischte er einen Tropfen dysenterischer Faeces
mit einem Aufguß von Stroh (20 — 30 g frisches Stroh wurde 15 Min.
lang in 2 1 Wasser gekocht). Nach 24-stündigem Stehen im Thermo-
staten erhielt er an der Oberfläche der Flüssigkeit ein dünnes Gewebe,
das außer Bakterien sich lebhaft bewegende junge Amöben enthielt,
die noch keine Pseudopodien aussandten, aber Kerne und Vakuolen
enthielten. Nach und nach bildeten sich daraus Exemplare von der-
selben Größe, wie die mit den Faeces verimpften, die sich schon mit Hilfe
der Pseudopodien bewegten. Vier bis fünf Tage später traten zwischen
den gewöhnlichen Amöben 5 — 7 fi große, unbewegliche Gebilde mit
zarten Konturen, kleinem Kern und zartem Protoplasma auf. Das
sind die Sporen der Amöben. Im Laufe von 8 — 1 1 Tagen enthielten
die Kulturen fast ausschließlich diese Sporen, während die Amöben
selbst nur spärlich vertreten waren. In einem gewöhnlichen Aufgusse
entwickeln sich diese Sporen nicht weiter. Wird jedoch einer solchen
Kultur, selbst einer 4 Monate alten, etwas neutrale oder schwach
alkalische Bouillon beigemischt, so entwickeln sich aus obigen Sporen
wiederum Amöben. Diese Kulturen gelangen Kartulis nur in nicht
mit Watte verschlossenen Gefäßen. Er glaubt, der freie Luftzutritt
sei eine notwendige Bedingung für die regelrechte Entwickelung der
Amöben in den Kulturen. Aus nichtdysenterischen Stühlen hat er
keine Amöbenkulturen erhalten. Die Amöbenkulturen enthielten ge-
wöhnlich Bakterien in Menge. Nur bei einem postdysenteriseben
Leberabsceß, der sich bei der bakteriologischen Untersuchung als
steril erwies, erhielt er Amöbenkulturen ohne Bakterien.
Um sich noch genauer von der pathogenen Wirksamkeit der
Amöben zu überzeugen, stellte Kartulis Impfversuche an Tieren an.
Bei Hunden waren die Impfungen erfolglos. Da nach tierärztlichem
Ausspruche außer Hunden auch Ratten und Katzen von Dysenterie
befallen werden, so stellte Kartulis einige Versuche an letzteren
an. Es wurden 3 Katzen je 10 ccm frischer dysenterischer Faeces
in das Rectum injiziert. Nur die eine Katze hatte das Klystier be-
halten, und nach 4 Tagen stellte sich Dysenterie mit Amöben im
Stuhle ein. Nach 12 Tagen ging die Katze an Dysenterie zu Grunde.
Einen ebenso günstigen Erfolg erzielte er bei Katzen durch Ver-
impfung der oben erwähnten Amöbenkulturen (3-tägige, 3. Generation);
nach wenigen Tagen stellte sich bei diesen Tieren Dysenterie ein, und
es wurden Amöben in den Faeces gefunden. Ein analoges Resultat
iy Google
Zur Aetiologie der Dysenterie.
153
erhielt er an Katzen durch Verimpfung von aus Leberabscesaen
stammenden und keine Bakterien enthaltenden Amöbenkulturen. Das
Füttern von Katzen mit Sporen führte zu keinem Resultate.
Auf Grund all dieser Untersuchungen erachtet Kartulis seine
Amöben für die ausschließlichen Urheber der Dysenterie.
Fast zu gleicher Zeit publizierte Cahen (12) einen Fall von
Dysenterie bei einem 4- jährigen Mädchen, bei welchem er 17 Tage
nacheinander im Stuhle Amöben vorfand. Sie waren 2—3 mal größer,
als die roten Blutkörperchen, hatten Pseudopodien, ein körniges Proto-
plasma und einen deutlichen Kern. Ihre Bewegungen hielten 3 Stunden
lang an. Cahen beobachtete, wie diese Amöben rote Blutkörperchen
in sich Aufnahmen, indem sie dieselben vorher hufeisenförmig um-
schlangen. Sie färben sich am besten mit Methylenblau, allein
ihre Kerne werden dabei nicht sichtbar. Es gelangen Cahen weder
Kulturversuche noch Uebertragungen dieser Amöben auf Tiere.
Eine Woche später berichtete Nasse (59) über folgenden Fall
ans Bergmann’s Klinik. Ein 60-jähriger Mann, der in Florida
gelebt, wo die Dysenterie eine der am häufigsten vorkommenden Krank-
heiten ist, batte dort längere Zeit an Verdauungsstörungen gelitten.
Nach Deutschland gekommen, erkrankte er an akuten Verdauungs-
störungen, und hierauf bildete sich bei ihm ein Leberabsceß. Als
der Absceß geöffnet worden war, schloß sich die Wunde nicht wieder,
und die Wundränder gingen immer wieder auseinander. Nach 3 l l 2
Wochen starb der Patient. Die Obduktion zeigte ausgesprochene
dysenterische Veränderungen im Darme. In der Nachbarschaft der
Darmulcerationen , in den Absceßwänden und in den nekrotischen
Rändern der Hautwunde wurden den von Kartulis beschriebenen
ähnliche Amöben in großer Zahl gefunden. Im Eiter selbst waren
diese Amöben spärlich vertreten. Der Autor nimmt an, daß die
Amöben möglicherweise die Heilung der Hautwunde gestört hatten,
indem sie Hautnekrose hervorriefen. Er behauptet dies jedoch nicht
mit Bestimmtheit.
Um dieselbe Zeit sprach sich L. Pfeiffer (66) aus Weimar in
seinem bekannten Werke über Protozoen dahin aus, daß er schon im
Jahre 1887 in dysenterischen Stühlen bei Kindern Amöben gesehen
habe.
A. Lutz (52) aus Honolulu berichtete über 3 Fälle von Darm-
erkrankungen, die er während seines Aufenthaltes in Brasilien ge-
sehen und die durch Amöben hervorgerufen waren. Er fand letztere
nicht in den Faeces selbst, sondern im Blute und im Schleime. Er
hält die pathogene Wirksamkeit der Amöben für unzweifelhaft. Man
müsse sich nur darüber verständigen, hinsichtlich welcher Krankheit
sie sich pathogen erwiesen. Er glaubt nicht, daß sie die Erreger der
Dysenterie seien, denn die Dysenterie ist eine akute Infektionskrank-
heit, die gewöhnlich epidemisch auftritt, von diphtheritischen Ver-
änderungen im Darme abhängt und nicht zur Bildung von Leber-
abscessen führt. Amöben aber trifft man in Fällen von schleimig-
blutiger Diarrhöe an, die alsdann einen chronischen Verlauf hat, meist
ohne Tendenz zur Genesung, mit häufigen Verschlimmerungen des
Prozesses oder mit Verzögerungen desselben. Dies ist nicht die ge-
iy Google
154
W. J & n o w s k i ,
wohnliche Dysenterie, sondern eine in keinem Zusammenhang mit ihr
stehende hartnäckige Diarrhöeform, die oft zu konsekutiven Lebcr-
abscessen führt. Für diese Form, nicht aber für die Dysenterie, sind
die Amöben — nach Lutz — spezifisch. Lutz meint, daß niemand
die Untersuchungsresultate von Kartulis hätte widerlegen können,
wenn er sich dieser Terminologie bedient hätte.
Dock (25) ging bei Anerkennung der Pathogenität der Amöben
vorsichtiger zu Werke. Im Staate Texas beobachtete er 12 Fälle, in
denen er im Stuhle Amöben fand. In klinischer Hinsicht differierten
diese Fälle bedeutend voneinander. In 4 derselben fehlten ad vitam
Dysenteriesymptome vollständig, und nur in 6 waren sie deutlich aus-
gesprochen. Allein in allen diesen Fällen fand der Verf. im Darme
Ulcerationen , und in den Faeces oder im Leberabsceß (wenn ein
solcher vorhanden war) Amöben. Ich muß hier von einer Wiedergabe
der Beschreibung dieser Gebilde absehen und erwähne nur, daß Kul-
turen auf Reisbrühe mißlangen, da die Amöben binnen weniger Tage
darauf abstarben, wobei sie zuweilen kurz vorher die Form encystierter,
mehrere Vakuolen enthaltender Gebilde annahmen. Der Verf. hält
die Araoeba coli für eineu sehr verbreiteten Parasiten, glaubt,
daß die Infektion durch das Trinkwasser zustande kommt und daß
man denselben bei gewissen ulcerierenden Prozessen im Darme und
in den sich dazu gesellenden Leberabscessen antrifft. Er behauptet,
es läge noch kein Grund vor, diese; Amöbe für pathogen zu halten,
obwohl dies ein sehr interessantes Gebiet für weitere Forschungen
sei. Ein solcher Amöbenbefund in den Faeces habe aller Wahr-
scheinlichkeit nach nur diagnostischen Wert oder könne zur Kontrolle
dienen, wenn die Wirksamkeit der Behandlungsmethode fcstgestellt
werden soll.
Bald nach Dock’s Arbeit erschien — gleichfalls in Amerika —
diejenige von Council man und Laflcur (20) aus Baltimore, das
ausführlichste und erschöpfendste aller diese Frage behandelnden
Werke. Es ist unmöglich, hier den Inhalt des ganzen Bandes an-
zuführen. Ich will nur das hervorheben, was das ausschließliche Er-
gebnis der selbständigen Forschungen dieser Autoren ist. Sie sind
der Ansicht, daß es verschiedene Arten von Dysenterie giebt, die
sich ungefähr voneinander unterscheiden, wie die verschiedenen
Formen der Lungenentzündung. Eine dieser Formen wird durch
Amöben hervorgerufen , für welche die Autoren die Benennung
Amocba dysenteriae vorschlagen, ohne damit entscheiden zu
wollen, ob die einzelnen Autoren in ihren Dysenteriefällen verschiedene
oder dieselben Amöben gesehen. Die Verff. geben eine äußerst
detaillierte und musterhafte Beschreibung dieser Amöben sowohl in
den Entleerungen, wie auch in Gewebsschnitten, die in F 1 e m m i n g -
scher Flüssigkeit gehärtet und mit Karmin, Methylenblau oder Iläma-
toxylin gefärbt wurden. Sie geben selbst zu, daß man erst durch
Kulturen Gewißheit darüber erhalten könne, ob man es stets mit
derselben Amöbenspecies zu thun habe. In Fällen von gewöhnlicher
Dysenterie haben die Verff. nie Amöben gefunden. In den 15 von
ihnen beschriebenen Fällen (ein Fall ist von Johnson entlehnt)
waren stets Amöben vorhanden, und zwar in um so größerer Menge,
Zur Aetiologie der Dysenterie.
155
je schwerer der Fall war. In 2 derselben (Fall VIII und XIV) wurden
die Amöben erst nach dem Tode der Kranken in den Darmabscessen,
in 4 ad vitam im Sputum gefunden, denn es hatten sich amöbeu-
haltige Abscesse in den Lungen gebildet. Die Verff. beschreiben die
von ihnen beobachteten Fälle in allen ihren Einzelheiten und analy-
sieren sie alsdann vom klinischen und anatomischen Standpunkte aus.
Klinisch charakterisiert die Amöbendysenterie ein abnormaler, langer,
schleichender Verlauf mit Unterbrechungen und Exacerbationen. Die
Amöben wirken anders auf den Darm als die Bakterien; sie reizen
die Thätigkeit der Epithelzellen, drängen sich zwischen denselben bis
zur Submucosa vor und lösen dieselbe auf, wobei auch die dort be-
findlichen Follikel mit in den Zerstörungsprozeß hineingezogen werden.
Von hier aus gehen sie im intermuskulären Gewebe weiter vor, indem
sie auch dieses auflösen. Eine solche gewebcauflöscnde Wirkung der
Amöben läßt sich am besten an der Leber und den Lungen verfolgen.
Im Darme wird die Klarheit dieses Bildes durch die umfangreiche
Eiterung hervorrufende Beimischung von Bakterien getrübt. Den
Autoren nach gelangen die Amöben nicht durch die Lymphgefäße
in die Leber, denn die Verff. haben nie Amöben in den Lymphdrüsen
gesehen, aber auch nicht durch die Blutgefäße, obgleich im Lumen
und in den Wandungen der feinen Aederchen multiple Amöben nach-
zuweisen sind. Einem solchen Eindringen der Amöben in die Leber
widerspricht der Umstand, daß die Leberabscesse vorwiegend an der
Oberfläche und im rechten Leberlappen lokalisiert sind. Bei em-
bolischem Ursprünge derselben wäre eine derartige Regelmäßigkeit
ein Ding der Unmöglichkeit.
Nach Councilman und Lafleur entstehen die Leberabscesse
dadurch, daß die Amöben aus dem Darme, aus Flexura hepatica
coli, oder von oben, vom Diaphragma her, in die Leber gelangen.
Ein Lungenabsceß bedeutet ein Uebergreifen des Leberprozesses auf
die Lunge vermittelst des Diaphragma. Dies ist der Eutstehungs-
modus der meisten Leberabscesse. Allein eine der Beobachtungen
der Autoren (No. XV), in welcher multiple Leberabscesse in beiden
Leberlappen, in ihrer ganzen Dicke, gefunden wurden, beweist, daß
diese Abscesse bisweilen auch auf embolischem Wege entstehen könuen.
Die Verff. betonen die Häufigkeit der Leberabscsse bei Amöbendysen-
terie: Sie selbst haben sie 6 mal gesehen (unter 15 Fällen). Durch
eine Zusammenstellung der älteren Dysenterielitteratur in Afrika,
Amerika und Indien zeigen sie, daß in Indien unter 1429 untersuchten
Fällen 306 mal, in Algier unter 1001 180 mal Leberabscesse gefunden
wurden. Iu den Vereinigten Staaten und in Europa sind Leber-
abscesse seltener, als in den Tropenländern. So hat z. B. Qlava
unter 60 Fällen keinen einzigen Leberabsceß gefunden.
Am Schlüsse ihrer Arbeit fassen Councilman und Lafleur
ihre Resultate folgendermaßen zusammen :
1) Die Amöbendysenterie ist eine klinisch, ätiologisch und ana-
tomisch von den übrigen Dysenterieformen zu unterscheidende Krank-
heit, da sie sich a) klinisch durch Rückfälle, Exacerbationen und
Neigung zu chronischem Verlaufe auszeichnet, da sie b) durch Amöben
hervorgerufen wird, da c) die Ulcerationen ihren Anfang in der Sub-
156
W. Jinowaki,
mucosa nehmen und erst von dort nach der Mucosa vorschreiten,
wodurch sich ihre unterminierten Ränder erklären.
2) Als Komplikation stellen sich bei diesem Leiden oft Leber-
absccsse ein, in denen sich auch andere Mikroorganismen zu den
Amöben gesellen. Diese Abscesse differieren anatomisch von den durch
andere ätiologische Momente hervorgerufenen, da sie infolge von Er-
weichung und Auflösung der Gewebe durch die Amöben entstehen.
3) Diese Krankheit kommt in den Tropenländern, in vielen
Gegenden der Vereinigten Staaten und vereinzelt auch in Europa vor.
In demselben Jahre berichtete Eichberg (12) aus Cincinnati
über einen Fall, in welchem ein Neger wegen eiteriger rechtsseitiger
Pleuritis das Krankenhaus aufgesucht hatte. Er wurde operiert, starb
aber nach 11 Tagen. Die Obduktion zeigte zahlreiche Leberabscesse
und mehrere alte dysenterische Abscesse im Dickdarme. Eiter und
Faeces enthielten, mikroskopisch untersucht, Amöben in Menge.
Im Jahre 1892 wurden nur einzelne Fälle von Amöbendysenterie
veröffentlicht. Maggiora (55) erwähnt in seiner schon genannten
Arbeit, er habe in einem Dysenteriefalle in Turin Amöben gefunden.
Er behauptet jedoch, daß die Amöben, falls sie Oberhaupt bei Ent-
stehung der Dysenterie eine Rolle spielen, doch nur eine der vielen
Ursachen derselben seien. Thatsächlich scheinen die von ihm be-
schriebenen Fälle bakteriellen Ursprungs zu sein. Man weiß also
nicbt, was von dem einen Falle zu halten ist, in welchem Maggiora
in den Faeces Amoeba coli gefunden hat.
Ko vilcs (46) beobachtete einen Kranken, der vor 12 Jahren auf
Sumatra an Dysenterie gelitten hatte. Als dieser Kranke nach seiner
letzteu 19 Monate dauernden Kur nach Deutschland kam, schien die
Krankheit etwas nachgelassen zu haben. Durch Chinin trat wohl
eine Besserung, aber keine Heilung ein. Koväcs fand in diesem
Falle sehr zahlreiche Amöben im Stuhlschleime. Züchtungsversuche
mißlangen. Die Uebertragung auf Katzen (durch Klystiere oder
Einläufe in den Darm nach vorhergehender Laparotomie) gab ent-
weder ganz negative Resultate, oder es wurde bei der Sektion
nichts gefunden, was darauf hingewiesen hätte, daß die Amöben
bei ihnen eine katarrhalische Darmentzündung hervorrufen können.
Er schlägt sogar vor, die durch Amöben hervorgerufene Krankheit
nicht Amöbendysenterie, sondern Amöbenenteritis zu
nennen. Koväcs hebt auch hervor, man könne nicht behaupten,
daß alle Autoren dieselbe Amöbenspecies in den Faeces gesehen hätten.
Kr ist der Ansicht, daß Amoeba coli wohl pathogene Eigenschaften
besitze, aber allein nicht zu Ulcerationen im Darme führe. Sie be-
sitzt die Eigenschaft, die Heilung durch andere Noxen herbeigeführter
Prozesse zu verzögern und schwere Darmentzündung ohne Tendenz
zur Genesung zu verursachen, die durch Inanition zu einem letalen
Ende oder zu schweren Komplikationen führt.
Schließlich teilt Stengel (77) in seiner neuen Arbeit mit, daß
er im ganzen 8 mal Amoeba coli beobachtet habe, mit anderen
Worten, daß er sie seit Veröffentlichung seines vorhergehenden Ar-
tikels (76) in 5 neuen Fällen gesehen habe. Er ist der Ansicht, daß
die Amöben wohl eine Rolle bei Entstehung der Dysenterie spielen.
Zar Aetiologie der Dysenterie.
157
Dafür spricht ihre Zahl, die um so größer ist, je schwerer der Krank-
heitsveriauf im gegebenen Falle ist, und um so geringer, je leichter
der Fall ist; dafür spricht ihre Anwesenheit im Darme und ihr Ver-
mögen, sowohl im Darme, wie auch in der Leber die Gefäße anzu-
greifen. Er glaubt daher, es müsse den Amöben unbedingt das Ver-
mögen, Gewebe zu reizen und Entzündung darin hervorzurufen,
zuerkannt werden. Die Amöben bringen Bakterien mit in die Leber,
spielen aber wohl auch selbst eine Rolle bei der Gewebszerstörung,
wenn cs zur Bildung eines Leberabscesses kommt Amöbenkulturen
mißlangen. Ich muß darauf verzichten, weitere Einzelheiten über Bau
und Vorkommen der Amöben, als uns bereits bekannt, aus dieser
schönen und interessant geschriebenen Arbeit anzuführen.
Harold (34) aus London beschrieb einen Dysenteriefall bei einem
verabschiedeten Soldaten aus Indien, der vom Jahre 1886 mit Unter-
brechungen an bluthaltiger Diarrhöe litt. Der Verf. sah ihn im
Charring Cross Hospital in London im Februar 1892; die Stuhle waren
damals halbflüssig mit Beimischung von Blut und Schleim, und H.
fand nach sorgfältigem Forschen in letzteren einzelne Amöben. Dies
ist der erste Fall von Verschleppung dieses Leidens aus Indien nach
England.
Es ist noch zu erwähnen, daß Wesen er (79) in demselben Jahre
durch sorgfältiges Studium der ganzen Amöbenlitteratur zu der Uebcr-
zeugung gelangte, daß diese Gebilde in den verschiedenen Ländern
wohl den Zerstöruugsprozeß im Darme einleiten können, daß er jedoch
von den Bakterien weiter fortgesetzt wird 1 ).
Das Jahr 1893 brachte 3 neue Originalarbeiten über die Amöben-
frage. Die eine derselben wurde von Quincke und Roos (69) aus
Kiel veröfientlicht. Der darin beschriebene Fall von Infektion mit
Amoeba coli stammt nicht aus Deutschland, sondern aus Palermo.
Der Kranke (39 Jahre) infizierte sich eben dort beim Trinken eines
verdächtigen Mineralwassers und zog sich dadurch eine Diarrhöe zu,
die von dieser Zeit an mit kurzen Unterbrechungen über 3 Jahre
dauerte. Die Untersuchung des gelben, halbflüssigen, schleim- und
zuweilen auch bluthaltigen Stuhles zeigte Amöben darin, die den von
Loesch beschriebenen ganz ähnlich waren. Der Kranke genas nach
einer mehrfach wiederholten Kalomelbehandlung (die Autoren ver-
abreichten ihm 20 Tage nacheinander je 0,05—0,1 g Kalomel 2 mal
täglich). Allein auch eine einmalige Kur dieser Art rief Besserung
des Allgemeinbefindens und Uebergang der Amöben in den Ent-
leerungen in eneystierte Formen hervor. Allem Anscheine nach wirkte
das Kalomel ungünstig auf die Fortbildung der Amöben, wobei diese
Parasiten, gleich den anderen Mikroorganismen in ähnlichen Fällen,
eine gegen äußere Eindrücke widerstandsfähigere Form annahmen,
nämlich die eneystierte. Die Autoren injizierten 8 Katzen per anum
amöbenhaltige Faeces. Sechs derselben erkrankten an Dysenterie und
starben nach 2 — 3 Wochen, wobei die Sektion Ulcerationen im Dick-
1) Geuauigkeitshalber will ich noch erwähnet), daß Jörge ns (39) ln demselben
Jahre sich bewegende Amöben im Harne bei chronischer Darmentzündung fand. Näheres
über die Natur derselben finden wir jedoch in dieser Notis nicht.
158
Pathologische Wirkaog der Blastomyceten.
(lärme zeigte. Zwei anderen Katzen wurden per os amöbenhaltige
Faeces ohne encystierte Formen beigebracht. Die Experimente blieben
erfolglos. Dagegen rief bei 4 anderen Katzen die Injektion per os
von Faeces mit encystierten Formen gleichfalls Dysenterie hervor.
(Fortsetzung folgt.)
Referate.
Sanfelice, F., Süll' azione patogena dei blastomiceti.
[III. Mitteilung.] (Annali d’Igiene sperimentale. Vol. VI. 1896.
Nuova serie. Fase. III. p. 265.).
In dieser dritten Mitteilung unterstützt Prof. Sanfelice immer
mehr seine Meiuung, daß die von vielen Beobachtern beschriebenen
Sporozoen in den Geschwülsten nichts anderes sind als Blastomyceten,
und giebt die Resultate von Impfungen mit Kulturen von Saccharo-
myces neoformans bei Mus musculus, weißen Ratten, Ka-
ninchen, Hunden und Hühnern an.
a) Mus musculus. Zehn Mäuse, in die Bauchhöhle geimpft,
sind in 8 Tagen zu Grunde gegangen. Bei der Obduktion fand Verf.
Miliarknötchen im Epiploon und, nicht immer, kleine graue Flecke in
der Milz und in den Nieren. In den Organen und einigemal auch
im Blute konnte man Saccharomyces neoformans untersuchen
und züchten. Am meisten sind die Blastomyceten frei und nicht in
Zellen eingeschlossen.
b) Weiße Ratten. Von zwei weißen Ratten, die unter die
Haut geimpft waren, starb die eine nach 1 */s Monaten und die
andere nach 2 Monaten. Sie zeigten an der Impfstelle eine haselnuß-
große Geschwulst, Miliarknötchen im Epiploon, Schwellung der Milz
und Gekrösdrüsen , kleine graue Flecken auf den Nieren. Sechs
andere weiße Ratten, in die Bauchhöhle geimpft, starben nach 1 Monat
mit Exsudat in dem Peritoneum, Knötchen in Milz, Nieren und
Omentum. In den Organen konnte Verf. Saccharomyces neo-
formans untersuchen, aber es war nicht so zahlreich wie bei den
Mäusen.
c) Kaninchen. Impfungen unter die Haut von 4 Kaninchen
sind erfolglos geblieben. Von 8 Kaninchen, die in die Bauchhöhle
geimpft waren, sind zwei nach 1 — l 1 /* Monaten zu Grunde gegangen.
Bei der Obduktion fand Verf. Schwellung der Leisten und Axillar-
drüsen, kleine Knötchen in Milz, Nieren und Lungen. Positive Kul-
turen hatte Verf. nur von Drüsen, Milz, Nieren, Lungen. In den
Organen waren die Blastomyceten nicht zahlreich, aber die Neubildung
von Zellen war zahlreicher als bei Mäusen und Ratten.
d) Hunde. Von 30 in verschiedener Weise geimpften Hunden
haben nur zwei, die in die Mammadrüsen geimpft waren (der eine
wurde nach 2 Monaten getötet, der andere war nach 10 Monaten
gestorben), Geschwülste an der Impfstelle und in verschiedenen
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Diphtherie.
159
Organen gezeigt. Bei der Hündin, die nach 10 Monaten gestorben
war, sagt Verf., daß die Geschwülste Epitheliome waren.
e) Hühner. Von 8 im Koller geimpften Hühnern zeigten nur
drei Neubildungen von Saccharomyces neoformans, das einen
großen Pleomorphismus zeigte.
Bruno Galli-Valerio (Mailand).
Müller, E., Untersuchungen über das Vorkommen von
Diphtheriebacillen in derMundhöhle von nichtdiph-
tberischen Kindern innerhalb eines großen Kranken-
saales. (Jahrbuch für Kinderheilkunde. Bd. XLIII. Heft 1.)
Müller untersuchte systematisch sämtliche Kinder, welche
wegen verschiedener Krankheiten auf die Kaderabteilung Heubner’s
an der Charitä in Berlin aufgenommen waren, auf die Anwesenheit
von Diphtheriebacillen in der Mund- und Rachenhöhle. Unter
92 Fällen, welche von ihrer Aufnahme an in bestimmten Zeiträumen
untersucht wurden, fanden sich 20mal Diphtheriebacillen bei Kindern,
welche zur Zeit keine Veränderungen der Mund- und Rachenschleim-
haut erkennen ließen. Bei 6 Kindern wurden die Bacillen schon am
Tage ihres Eintritts in das Krankenhaus nachgewiesen, die übrigen
14 wareu während ihres Aufenthalts auf der Station infiziert worden.
Von erateren 6 stammte eins aus einer Familie, in welcher vor einiger
Zeit Diphtherie geherrscht hatte, 3 aus zur Zeit diphtheriefreien
Häusern; zwei waren von der Masernstation verlegt worden. Bezüg-
lich der Weiterverbreitung auf der Station selbst konnte Verf. häufig
beobachten, daß, wenn an einem Tage bei einem Kinde Diphtherie-
bacillen gefunden wurden, am nächsten Tage die Kinder in den be-
nachbarten Betten ebenfalls Diphtheriebacillen zeigten. In einem
Falle ließen sich 2 l /? Monate lang vollvirulente Bacillen in der Mund-
höhle nachweisen, ohne daß das betr. Kind irgend welche Krank-
heitserscheinungen zeigte. Doch soll hier auf die folgende Arbeit
von L ö h r verwiesen werden, aus welcher hervorgeht, daß die Kinder
mit prophylaktischen Seruminjektionen behandelt wurden. Verf. erklärt
aus der verhältnismäßig großen Zahl von solchen Kindern, welche
mit Diphtheriebacillen in die Anstalt eintreten, die Häufigkeit der en-
demischen Diphtheriefälle, welche früher auf der betr. Station immer
von neuem beobachtet wurden. Es liegt ja auf der Hand, daß das
Leben und Treiben auf einer Kinderstation der Uebertragung der
Bacillen von einem Kind auf das andere in hohem Grade Vorschub
leistet. In Uebereinstimmung mit den Autoren, welche bisher über
das Vorkommen von Diphtheriebacillen in der Mundhöhle gesunder
Menschen gearbeitet haben, legt M. diesem Umstand den größten
Wert für die Verbreitung der Diphtherie bei. Er nimmt mit
Wassermann und Fischl an, daß in vielen Fällen eine persön-
liche Immunität den Ausbruch der diphtherischen Erkrankung bei
den infizierten Menschen verhütet.
Zum Nachweis bediente sich M. der Uebertragung des mit der
Oese entnommenen Rachen- resp. Tonsillenschleims auf Blutserum-
röhrchen. Nach seiner Ansicht sichert in zweifelhaften Fällen die
Abimpfung von dem Serumröhrchen auf Agar und die Entwickelung
160
Diphtherie and Tetanus«
der charakteristischen Kolonieen auf der Agaroberfläche die Diagnose
„Diphtheriebacillen“. Tierversuche stellte Verf. mit 12 der gewonnenen
Kulturen an. In 6 Fällen tötet 0,5 resp. 1,0 einer zweitägigen
Kultur die Meerschweinchen in typischer Weise, 6mal starben die
Tiere nach einer Dosis von 0,5 nicht, bekamen aber charakteristische
Infiltrationen an der Injektionsstelle bei Gewichtsverlust und zuweilen
erheblicher Abmagerung. Verf. bezieht dies auf eine erfolgte Virulenz-
verminderung. H. Kos sei (Berlin).
Brieger und Boer, Ueber die Toxine der Diphtherie und
des Tetanus. [Aus dem Institute für Infektionskrankheiten in
Berlin.] (Deutsche med. Wochenschr. 1896. No. 49.)
Für die Fällung der amorphen Krankheitsgifte hat sich den Verff.
die Anwendung der Schwermetalle, insbesondere einer 1-proz. Chlor-
zinklösung, am besten bewährt, weil dabei mehr oder weniger lösliche
Doppelverbindungen entstehen, durch deren weitere Behandlung eine
Reindarstellung der Toxine gelingt. Eine Wiederentfernung der
Metalle ist mit Kohlensäure nicht möglich, weil dabei das Toxin mit
niedergeschlagen wird, ebensowenig durch H t S, Natriumphosphat und
Säuren, weil die Toxine dabei zerstört oder doch erheblich geschädigt
werden; besser eignen sich dazu schwach alkalisch oder neutral rea-
gierende Salze aus der Gruppe der Alkalien und Erdalkalien, nament-
lich eine Kombination gewisser Ammoniakderivate.
Zur Gewinnung des Diphtherietoxins wird die von den Bakterien
befreite Serum- oder Bouillonkultur mit dem doppelten Volumen
einer 1-proz. Chlorzinklösung versetzt, der ausgewaschene Niederschlag
mit einer 3 — 6-proz. Ammoniumbikarbonatlösung geschüttelt und mit
Ammoniumphosphat wieder gelöst, bis durch Zinkphosphat eine Trübung
entsteht Nach Absetzen dieses Niederschlags wird dann aus der
durch gehärtete Filter geschickten Flüssigkeit durch Ammoniumsulfat
ein neuer Niederschlag gewonnen, wieder gelöst und mit Natrium-
sulfat nochmals gefällt Da hierbei trotz mehrfacher Wiederholung
des Vorgangs doch das Eiweiß nicht ganz entfernt werden kann,
benutzten die Verff. später Kulturen auf eiweißfreien Nährböden, ins-
besondere in dialysiertem Menschenharn. In solchem Falle wurde
ein im „landläufigen Sinne“ unter die Eiweißkörper nicht einzu-
rechnendes Toxin gewonnen, das auf dem Filter kaum sichtbar war,
sich optisch inaktiv verhielt und durch Alkohol, Aether, Aceton,
Säuren, selbst Kohlensäure und oxydierende Substanzen, wie Kalium-
permanganat, schnell zerstört, durch schwache Alkalien und redu-
zierende Substanzen jedoch nicht oder nur wenig und langsam ver-
ändert wurde. Letztere Tbatsache ist von Bedeutung, weil nach Ehr-
lich’s Untersuchungen gerade im tierischen Organismus besonders
reduzierende Kräfte thätig sind. Die in den von den Kulturen ge-
trennten Bakterienleibern noch vorhandenen Toxinreste konnten durch
mehrstündiges Schütteln mit konzentriertem Ammoniumchlorid und
18— 20-stündige8 Stehenlassen ebenfalls gewonnen werden. Die iso-
lierten Toxine sind, wie aus den Sektionsbefunden der damit ver-
gifteten Tiere und gelungenen Immunisierungsversuchen an einer Ziege
und einem Hammel hervorging, in der That das wirksame Prinzip
Rhinitis diphthericm.
161
■der filtrierten Kulturlösungen. Durch koozentrierte Ammonium-
chloridlösung, nachfolgendes Waschen mit. Wasser und Fällung mit
Ammoniumsulfat wurde dann ferner aus den vom Toxin bereits be-
freiten Bakterienleibern eine ungiftige und zu Immunisierungszwecken
ungeeignete Substanz gewonnen, welche ebenfalls weder Pepton noch
Eiweißreaktion ergab. Dagegen enthielten die zurückbleibenden Bak-
terienleiber selbst ein nekrotisierendes Gift, gegen dessen
Wirkung die Heildosen des Iminunserums versagten. Im gepulverten
Zustande in Wasser aufgeschwemmt töteten die Bakterienleiber in
Gaben von 0,01 g subkutan injiziert Meerschweinchen von 500 g
Gewicht in 48 Stunden unter Nekrotisierung und Eiterung des Ge-
webes an der Einspritzungsstelle; dagegen fehlten die Sektionsbefunde
der gewöhnlichen Toxinvergiftung, wie Rötung der Nebennieren und
Flüssigkeitsansammlungen in der Brusthöhle. Dieses nekrotisierende
Gift, bezw. seine Träger, die des Toxins beraubten Diphtheriebacillen,
sind unlöslich, sie behalten ihre Wirkung auch nach einstündigem
Kochen mit Wasser; beim Erhitzen mit Natronlauge entwickeln sich
aus ihnen Dämpfe, die wie Cadaverin und Putrescin, jedenfalls piperin-
ahnlich riechen.
Ebenso wie das Diphtherietoxin stellten die Verff. auch das
Tetanustoxin her; da jedoch dabei merkaptanähnliche Verbindungen
mit gefällt wurden, und die Ausschaltung der Peptone schwierig war,
so zogen sie es vor, nach der alten Methode von Brieger und
Fraenkel mit Ammoniumsulfat zu fällen und das wieder gelöste
Toxin mit einer 0,5-proz. Sublimatlösuog im Ueberschuß nieder-
zuschlagen, demnächst wiederholt der Reihe nach Ammonium-
bikarbonat, Ammoniumphosphat und Ammouiumsulfat anzuweudeu.
Im gehärteten Filter wird das Toxin vollkommen absorbiert; „nichts
erinnert an seine Gegenwart, als ein weuig Salz und eine gelbliche
Färbung des Filters, die besonders beim Tetauustoxin oft sehr er-
heblich ist. Größere Mengen davon können daher nur mit großen
Opfern und erheblichem Zeitaufwand unter Verarbeitung mehrerer
100 Liter Kulturflüssigkeit erlangt werden.“
Die Verff. teilen mit, daß es Brieger und Kempner gelungen
ist, aus Kulturen der Ermengem’schen Botulismusbacillen und aus
menschlichen Leichenteilen weitere Toxine zu gewinnen; sie betonen,
daß die giftigen Pflanzeustoffe Ricin und Abrin im Gegensatz zu den
gefundenen Toxinen Eiweißstoffe sind, daß dagegen Pankreatin und
Pepsin anderen Körperklassen angehören und durch Schwermetalle
nicht fällbar sind. Wird das Pankreatin des Handels in schwach
alkalischer Lösung mit Ammoniumphosphat und dann mit Ammonium-
sulfat gesättigt, so erhält mau ein wirksames, peptonisierendes, dabei
jedoch bakterien-, pepton- und albumosefreies Präparat.
K üb ler (Berlin).
Pluder, Ueber Rhinitis fibrinosa diphtherica. (Deutsche
med. Wochenschr. 1896 No. 44 und 46.)
Von der typischen Rachendiphtherie wurde bisher als nicht diph-
therische Naseukrankheit die Rhinitis fibrinosa unterschieden. Obwohl
auch uei dieser mehrfach Löffler 'sehe Bacillen nachgewieseu wurden,
EnU Abt. XXI B4. J i
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162
Molluscum contagiosum. — Conjunctivitis.
und ihr wesentlichstes Symptom in der Bildung von verstopfende»
Membranen bestand, nahm man doch wegen ihres chronischen, gut-
artigen Verlaufes und der Beschränkung der Krankheitserscheinungen
auf die Nase an, daß es sich um eine besondere Affektion handle,
und betrachtete die Anwesenheit der Bacillen als zufällige und nicht
regelmäßige Begleiterscheinung. Pluder hat nun in mehreren Fällen
beobachtet, daß die Krankheit offenbar durch Ansteckung von an
Rachendiphtherie erkrankten Personen ihren Ausgang nahm, und daß
umgekehrt an eine Erkrankung an Rhinitis fibrinosa Fälle von Rachen-
diphtherie in der gleichen Familie sich anschlossen. Soweit er bei
Rhinitis fibrinosa bakteriologisch untersuchte, fand er stets virulente
Löffler’sche Bacillen. Unter Bezugnahme auf ähnliche der Litteratur
entnommene Erfahrungen und mehrere anderweitig mitgeteilte Fälle
von Uebergangsformen zwischen diphtherischer und fibrinöser Diphtherie
bestreitet der Verf. die Berechtigung einer Trennung der beiden
Krankheiten. Er empfiehlt, den Fällen der fibrinösen Rhinitis mehr
Beachtung zu schenken und macht darauf aufmerksam, daß in dia-
gnostischer Beziehung namentlich das Nasenbluten, der reichlich dünn-
schleimige Ausfluß und das Ekzem am Naseneingang zum Verdachte
auf Diphtherie Veranlassung giebt. K üb ler (Berlin).
Salzer, Ein Fall von Molluscum contagiosum an den
Augenlidern. (Münchener med. Wochenschr. 1896. No. 36.)
Verf. beschreibt einen Fall von Molluscum contagiosum, welcher be-
sonders deswegen interessant ist, weil dabei der zuerst von Bollinger
vermutete ätiologische Zusammenhang der Erkrankung mit einer bei
Hühnern und Tauben vorkommenden bösartigen Infektionskrankheit,
dem Epithelioma contagiosum, wenn auch nicht sichergestellt, so doch
im höchsten Grade durch die Anamnese wahrscheinlich gemacht wird.
Die betreffende Patientin hatte am unteren Lidrand ein wachsweißes,
sich derb anfühlendes Knötchen, dessen Inhalt zahlreiche Molluscum-
körperchen aufwies. In dem von der Patientin bewohnten Hause
wurden Tauben gehalten, mit denen sie häufig beim Füttern in direkte
Berührung kam. Unter diesen Tauben war eine verheerende Seuche
ausgebrochen, au welcher die meisten der Tiere gestorben waren. Die
Tauben batten Abmagerung, stellenweisen Verlust der Federn, sowie
kammartige Bildungen an dem Schnabelrücken gezeigt. Wenn nun
auch der direkte Nachweis, daß es sich bei den Tauben wirklich um
Epithelioma contagiosum handelte, nicht zu erbringen war, so hält
doch Verf. dies nach den Angaben der intelligenten Patientin als
ziemlich sicher. Dieudonnd (Berlin).
fflorax, V. und Blach, G. W., Die Bakteriologie der ver-
schiedenen Arten von akuter Conjunctivitis im All-
gemeinen und derakutenkontagiösenConjunctivitis
im Besonderen. (Archiv für Augenheilkunde. Bd. XXXIII.
p. 230—244).
Statt der klinischen oder pathologisch-anatomischen Einteilung
der verschiedenen Arten von Conjunctivitis acuta ist die ätiologische
anzustreben. Eitrige Conjunctivitis kann durch den Gonococcus
*
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Untersuchungsroethoden, Instrumente etc.
16 »
Week’s Bacillus, deo Streptococcus oder den Bacillus der
Diphtherie hervorgerufen werden, ebenso wie diese selben Mikrobien
fibrinöse oder pseudomembranöse Exsudationen hervorzurufen imstande
sind. Zur Entwickelung der Mikrobien, wie des Gonococcus und
des Week’schen Bacillus, bedarf es besonderer Nährböden, besonders
solcher mit Serum; in der Praxis aber kann, mit Ausnahme der
Conj. diphther., die mikroskopische Untersuchung allein die ätiologische
Natur der Krankheit feststeilen. Als besondere Formen werden auf-
gestellt : eine gonorrhoische, eine diphtherische, eine durch Strepto-
kokken hervorgerufene pseudomembranöse und lacrymale, und schließ-
lich eine durch Pneumokokkeninfektion entstandene Conjunctivitis,
ohne daß wesentlich Neues gebracht würde. In eingehender Weise wird
dagegen die akute kontagiöse Conjunctivitis besprochen, welche durch
den sog. Week’schen Bacillus charakterisiert ist, indem Verf. die
Mitteilung ergänzt, welche Weeks über diese Erkrankungsform ge-
macht hat und Uber welche seinerzeit in dieser Zeitschrift iu aus-
führlicher Weise referiert wurde (Bd. 1. p. 263).
Scblaefke (Kassel).
Untersuchungsmethoden, Instrumente etc.
Klein. Report on certain experimental procedures in
preparation of blood-serum with a view to protective
inoculation against diphther ia. (Report of the Local Go-
vernment Board. 1894/95. London 1896.)
Bei einer Untersuchung ausländischer Serumsorten (Behring,
Roux, Aronson) auf ihren Wirkungswert fand Verf., daß die drei
Serumarten gleichwertig unter einander waren und in vorschrifts-
mäßiger Weise die erforderliche Menge Toxin bei der Mischuugs-
methode neutralisierten. Als er sie jedoch auf ihre Wirksamkeit
gegenüber lebenden Diphtheriebacillen prüfte, ergab sich, daß 100 mal
mehr Serum erforderlich war, um ein Infiltrat zu verhindern, als bei
Prüfungsmethode mit der 10 fach tödlichen Menge Gift. Von dem
Gedanken ausgehend, daß zur Erzielung einer prophylaktischen
Wirkung am Menschen ein Serum geeigneter sei, welches die Bacillen
unschädlich macht, als ein solches, welches das Toxin neutralisiert,
versuchte Verf. Tiere nicht mit Toxin, sondern mit lebenden Bakterien
zu immunisieren.
Er injizierte Pferde mit steigenden Dosen von lebenden Bakterien-
körpern, die er durch Abkratzen von ca. 8-tägigen Agarkulturen
gewann, aber in ungefähr gleichaltrigen (also schon gifthaltigen, Ref.)
lebenden Bouillonkulturen der Diphtheriebacillen aufschwemmte. Schon
nach ca. 30-tägiger Behandlung hatte das Serum dieser Pferde den-
selben Wirkungswert gegenüber lebenden Diphtheriebacillen, wie das
Serum von Behring, Roux und Aronson, zu dessen Bereitung
nach Ansicht des Verf.’s mindestens 2—3 Monate erforderlich gewesen
ii*
Digitized by Google
164 Schutzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Entwickelung*liemmung etc.
sein müssen. Das Serum der Pferde fand mit Erfolg zu therapeu-
tischen Zwecken am Menschen Verwendung. Leider fehlen Angaben
über den antitoxischen Wert desselben. H. Kossel (Berlin).
Schutzimpfung, künstliche Infektionskrankheiten, Entwick-
lungshemmung und Vernichtung der Bakterien etc.
de Giaxa . V., und Pane , N., Beiträge zur Kenntnis der
Immunisierung von Kaninchen gegen Streptokokken.
(Rif. medica. Jahrg. XII. No. 226 . p. 5.)
Die Verff. benutzten zu ihren Versuchen eineu Streptococcus,
dessen Virulenz eine solche war, daß ’/iooo ccm Bouillonkultur
Kaninchen höchstens innerhalb 48 Stunden tötete. Drei Tage alte
Bouillonkulturen dieses Streptococcus, einer Temperatur von 50° C
eine Stunde lang ausgesetzt, wurden, nachdem sie sich als abgetötet
erwiesen hatten, im Verhältnis von 2 ccm pro 100 g Körpergewicht
Kaninchen in die Blutbahn injiziert. Die Tiere zeigten keine Reak-
tion und verhielten sich ebenso bei subkutanen und intraperitonealen
Injektionen. Von diesem Resultate ermutigt, versuchten nun die
Verff. größere Dosen in die Blutbahn zu injizieren. Durch Vor-
versuche aber wollten sie sich zuerst überzeugen, daß die Bouillon
für sich, intravenös injiziert, keine Schädlichkeit hervorruft; und sie
fanden, daß Kaninchen Kalbsbouillon, in der Menge von 11,4 Proz.
ihres Körpergewichts in die Ohrveno injiziert, sehr gut vertragen.
Um große Mengen Streptokokkenkulturen abzutöten, fauden es die
Verff. nicht zweckmäßig, dieselben zu erhitzen, da wahrscheinlich
die Verteilung der Temperatur resp. ihre Wirkung in den großen
Kolbeu keine gleichmäßige gewesen wäre; deshalb zogen sie es vor,
die Kolben so lange im Brütschrank zu halten, bis kulturell nach-
gewiesen wurde, daß die Bakterien zu Grunde gegangen waren, was
ungefähr nach einem Monate (37 Tagen) geschah. Von diesen Kul-
turen bekamen nun Kaninchen, intravenös, 12,4 Proz. ihres Körper-
gewichts; außer eiuer vorübergehenden Beschleunigung der Atmung
und Abschwächung der Herzthätigkeit zeigten die Tiere nichts Be-
sonderes. Das Körpergewicht selbst nahm nicht ab.
Wenn aber statt Kalbsbouillon Rinderbouillon (resp. die mit dem
Fleische eines älteren Tieres bereitete Bouillon) verwendet wurde,
giugen die Tiere schon nach einer intravenösen Einspritzung von 5 ccm
steriler Bouillon pro 100 g Körpergewicht zu Grunde, und zwar
unter starker Dispnöe. Abgetötete Streptokokkenkulturen, in dieser
Bouillon gemacht, waren bei intravenöser Injektion ebenso giftig, wie
die Bouillon, wenn sie den Tieren im Verhältnis von 5 Proz. des
Körpergewichts eingespritzt wurden, nicht aber, wenn die Menge der-
selben auf 4 Proz des Körpergewichts herabgedrückt war.
Durch diese Versuche war nachgewiesen einerseits, daß abge-
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Schutzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungeheimnung etc. 16«>
tötete junge StreptokokkeDkulturen keine Giftigkeit besitzen, anderer-
seits, daß die letztere auch bei alten Kulturen, die eine Anhäufung
der ausgeschiedenen Toxine vermuten lassen könnten, gleich Null ist.
Die Verff. prüften auch, ob die mit Zusatz von 2°/o„ Karbol
abgetöteten Kulturen von Streptokokken ebenso gut vertragen werden
konnten. Aber wegen des Gehaltes an Karboi konnte die Dosis nicht
höher als 1,7 Proz. des Körpergewichts der Tiere gebracht werden.
In allen Fällen wurde die Immunisierung der Tiere gegen lebende
Streptokokken geprüft, und die Verff. fanden, daß die in den schon
beschriebenen Weisen vorbehandelten Tiere gegen die hundertfache
Dosis letalis immunisiert waren. Das Tausendfache wurde nicht
vertragen. Wenn aber die Tiere, die die hundertfache Dosis letalis
vertragen hatten, nach 15 Tagen mit der tausendfachen injiziert
wurden, so vertrugen sie dieselbe.
Die Möglichkeit, Tiere gegen Streptokokken auf diesem Wege zu
immunisieren, und andererseits die mißlungenen Versuche anderer
Forscher bei der Verwendung der Filtrate von Streptokokkenkulturen,
ließen den Verff. die Vermutung offen, daß wahrscheinlich den Leibern
der Bakterien solche Wirkung zuzuschreiben wäre. Deshalb filtrierten
die Verff. durch Papier eine 20-tägige Streptokokkenkultur, wuschen
die Bakterien so lange aus, bis im Filtrat nach Eindampfung kein
Rückstand mehr nachzuweisen war, und dann ließen sie die in einer
Reibschale gesammelten Bakterien 48 Stunden bei 37 0 C austrocknen.
Nach dieser Zeit wurde das Material zerrieben und auf seine Sterilität
geprüft. Eine Aufschwemmung desselben in steriler physiologischer
Kochsalzlösung wurde intravenös Kaninchen eingespritzt, und zwar
ein 2260 g schweres Tier bekam 0,18 g der Substanz, ein 1800 g
schweres 0,1 g. Beide Tiere zeigten keine Reaktion, und nach
6 Tagen vertrugen sie die hundertfache Dosis lebender Bakterien.
Die Verff. setzen ihre Untersuchungen weiter fort. Aus diesen
dürfte hervorgehen, daß die Bestandteile der Bakterien körper, wenn
auch ganz ungiftig, eine Rolle bei der Immunisierung spielen.
Gapaldi (Rom).
Schierbeck, N. P., Ueber den Einfluß der Kohlensäure
auf das Wachstum und die Toxinbildung der Diph-
theriebacillen. (Archiv f. Hyg. Bd. XXVII. Heft 4.)
Man war bisher der Ansicht, daß die Entwickelung der Bakterien
am günstigsten auf schwach alkalischen Nährböden vor sich gehe.
Die alkalische Nährflüssigkeit wird nur im Anfang alkalisch sein, so-
bald nämlich darin Keime wachsen, vermindert sich die alkalische
Reaktion und wird der sauren Platz machen.
Die mit Diphtheriebacillen angestellten Versuche ergaben, daß
eine selbst ganz schwache alkalische Reaktion das Wachstum der
Diphtheriebacillen nicht nur nicht förderte, im Gegenteil nach Ver-
lauf einer gewissen Zeit tötend auf dieselbe wirkt. Die schwach saure
Reaktion des Nährbodens ist am meisten geeignet, wenn die Nähr-
flüssigkeit freie Kohlensäure enthält (beim Durchleiten von 8-proz.
kohlensäurehaltiger Luft). Bei Versuchen mit Anwendung von kohlen-
säurefreier Luft war das Wachstum der Bakterien ein geringes, und
166 Schutzimpfung, kilnstl. Infektionskrankheiten, t£nt<rickelung»hemmung et«.
Verf. zieht den Schluß: „Nach gleicher Aussaat kommt bei neutraler
Reaktion eine (absolut genommen) geringere Anzahl Bakterien zur
Entwickelung, als bei schwach saurer Reaktion.“ Ist der Nährboden
schwach alkalisch, so vermögen die Diphtheriebacillen durch Er-
zeugung von Kohlensäure die schädliche Wirkung der Alkalität zu
überwinden, so daß in der Nährflüssigkeit eine schwach saure Reaktion
erzeugt wird, die für das Bakterienwachstum förderlich ist. Das noch
überschüssige Alkali wird zur Bindung von gebildeter Säure, die
stärker als Kohlensäure ist, nützlich sein. Ist die Alkalität eine zu
große, so wirkt sie auf das Wachstum schädlich. Die Bakterien gehen
zu Grunde, bevor sie neutralisierend wirken konnten.
Betreffend die Bedeutung dieser Versuche für die Toxinbildung
der Diphtheriebacillen teilt Verf. mit, daß durch die Behandlung mit
Kohlensäure eine schnellere Darstellung des Diphtherietoxins möglich
sein kann, als wie sie bisher bekannt war, sofern die von ihm mit
Meerschweinchen angestellten Versuche durch weitere Versuche Be-
stätigung Anden.
Die widersprechenden Ergebnisse, die bisher bei Durchleitung
von Luft zur Beschleunigung der Toxinbildung eintraten, werden
durch diese Versuche erklärt. Roux hat seinerzeit diese Methode
empfohlen, ihrer unsicheren Resultate halber sie jedoch wieder ver-
lassen. Verf. glaubt, daß schwankender Kohlensäuregehalt der ange-
wandten Luft beim Durchleiten das Resultat beeinflußte.
Bai er (Berlin).
Löltr, U eher Immun isierungs versuche gegen Diphtherie.
(Jahrbuch für Kinderheilkunde. Bd. XLIII. Heft 1.)
Die Arbeit liefert einen wertvollen Beitrag zur Frage des im-
munisierenden Wertes des Diphtherieseruras, welcher bekanntlich noch
nicht so allgemein anerkannt ist, wie die Heilkraft des Serums.
Das häufige Auftreten von Diphtheriefällen unter den auf der
Kinderstation der Charit6 wegen verschiedener nicht ansteckender
Krankheiten liegenden Kindern gab Veranlassung zu Immunisierungs-
versuchen in großem Maßstabe. Bis zum November 1895 wurde
nicht regelmäßig immunisiert, sondern nur wenn sich ein Diphtherie-
fall zeigte, was fast jeden Monat der Fall war. Hierbei konnte be-
obachtet werden , daß es nicht genügt, wenn nur die in den Neben-
betten des erkrankten Kindes liegenden Patienten schutzgeimpft
wurden; in diesem Falle traten noch Erkrankungen in anderen ent-
fernten Teilen des Saales auf. Erst wenn sämtliche Kinder prophy-
laktisch injiziert wurden, sistierten die Erkrankungen sofort.
Seitdem vom Beginn des Jahres 1896 an sämtliche
neu eintretenden Kinder sch utzgei m pft wurden , kam
nur noch ein einziger Diphtheriefall vor bei einem
Knaben, bei welchem wegen schwerem Gelenkrheumatis-
mus die Schutzimpfung unterblieben war. Der Schutz
hält nach Löhr nur ungefähr 4 Wochen an, dreimal wurden näm-
lich Erkrankungen nach 30, 33 resp. 41 Tagen beobachtet. Deshalb
wurden die Einspritzungen bei manchen Kindern nach 3—4 Wochen
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Schutzimpfung, kiinsti. Infektionskrankheiten, Entmckelungahemmung etc. 167
-wiederholt. Von diesen erkrankte keines. Meist wurden 200—250
Immuniserungseinhciten injiziert.
Sehr interessant sind die Beobachtungen über die Immunisierungen
auf der Masernstation. Bis zur Einführung der Immunisierung jedes
mit Masern eingelieferten Kindes war ungefähr die Hälfte aller Todes-
fälle an Masern auf sekundäre Erkrankung an Kroup zu beziehen.
Nach Einführung der Immunisierung sank die Sterb-
lichkeit an Masern auf dieHälfte und unter 99 Masern-
fällen erkrankte nicht ein einzigesKind nachträglich
an Kroup. In solchen Fällen, wo die Kinder mit Masern und
Kroup in die Anstalt eintraten und wo 5mal der Exitus erfolgte,
ließen sich jedesmal Diphtheriebacillen in den fibrinösen Auflagerungen
nachweisen. Die Wirksamkeit der Immunisierung mit Diphtherie-
serum auch gegen Masernkroup machen es Löh r in Ueberein-
stimraung mit einigen früheren Autoren wahrscheinlich, daß der
Masernkroup nichts weiter als eine sekundäre Infektion mit Diphtherie
darstellt, deren Erreger sich vielleicht schon vor der Erkrankung an
Masern auf der normalen Schleimhaut der Luftwege als harmlose
Schmarotzer befunden haben und nun in die entzündete Schleimhaut
eindringen.
Aehnlich günstige Erfahrungen machte L. auf dem Scharlach-
pavillon, wo ebenfalls einzelne Diphtheriefälle sofort zur Immunisierung
sämtlicher Kinder des Pavillons Veranlassung gaben.
In einigen Fällen führt L. die Schutzimpfung bei den gesunden
Geschwistern erkrankter Kinder durch.
Bedrohliche Nebenerscheinungen verursachte die prophylaktische
Injektion, die meist in der Menge von 1 ccm vorgenommen wurde,
niemals, trotzdem 460 Kinder, oft in den schwersten Stadien der
verschiedensten Erkrankungen, injiziert wurden. Exantheme traten
in 4,34 Proz. der Fälle auf. Gelenkschmerzeu und ungünstige Ein-
wirkung auf die Nieren wurden nicht beobachtet, letztere selbst nicht
bei solchen Kindern, die an schwerer hämorrhagischer Scharlach-
nephritis litten. Wenn also die Exantheme sich bei der prophylaktischen
Injektion auch nicht ganz vermeiden lassen, so ist doch ihre Zahl
auf den vierten Teil der nach Injektion von großen Serumdosen zu
Heilzwecken durch L. beobachteten gesunken. Wenn auch die Frage
der Immunisierung mit Serum durch die vorliegenden Untersuchungen
noch nicht als ganz abgeschlossen zu betrachten ist, so bedeuten sie
doch einen erheblichen Fortschritt und es wäre zu wünschen, daß die
L.’sche Arbeit in den Kreisen der praktischen Aerzte recht bekannt
würde, damit dieselben das Vorurteil gegen die Immunisierung mit
Heilserum überwinden und selbst möglichst zahlreiche weitere Er-
fahrungen sammeln. H. Kossel (Berlin).
Vierhuff, W., Ueber die im Stadtkrankenhause zu Riga
gemachten Erfahrungen mit dem Behring’schen
Diphtherieheilserum. (St. Petersburger medizin. Wochenschr.
1896. No. 41.)
Verf. berichtet über den Erfolg des Diphtherieserums bei 116
vom Dezember 1894 bis 1. Juli 1896 behandelten Fällen. Die bak-
168 Schutzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmung etc.
teriologische Untersuchung wurde nur bei einem Teil der Fälle aus-
geführt, bei den übrigen Kranken war jedoch die Diagnose durch das
klinische Bild und den Krankheitsverlauf sichergestellt. Im ganzen
starben 31 Patienten == 26,8 Proz., von den Tracheotomierten 25
= 44 Proz., von den nicht Tracheotomierten nur 5 Proz. 49 Proz.
der gesamten Fälle mußten tracheotomiert werden. Die zwei ersten
Lebensjahre wiesen mit 17 Fällen, d. h. mit mehr als der Hälfte
aller Toten, die größte Sterblichkeit auf. Der bei der größeren Zahl
der Fälle deutlich beobachtete günstige Einfluß des Serums auf den
klinischen Krankheitsverlauf äußerte sich in der verhältnismäßig rasch
sich vollziehenden Abstoßung der diphtherischen Membranen, im Zu-
rückgehen laryngealer Stenosen und in einer sich bald früher, bald
später ausbildenden Euphorie der Kranken. Letztere war besonders
bei den Tracheotomierten zu beobachten. Ein sicheres Urteil über
den Einfluß des Serums auf die diphtheritischen Lähmungen sowie
auf die Albuminurie ließ sich nicht gewinnen. Die einzige Neben-
wirkung, welche beobachtet wurde, war das Serumexanthem.
Dieudonnö (Berlin).
Cuno, Zwei Jahre Diph therieheilserumtherapie. [Aus
Dr. Christ’s Kinderkrankenhaus in Frankfurt a. M.] (Deutsche
med. Wochenschr. 1896. No. 52.)
In Christ’s Kinderkrankenhaus in Frankfurt a. M. waren
von 1889 bis 1894 nachstehende Mortalitätsziffern an Diphtherie zu
verzeichnen:
1889 starben von 121 an Diphtherie behandelten Kindern 48 == 39,4 Proz.
1890 „
.. ‘ 2*2 „
n
f»
„ 89 = 36,0
»»
1891 „
„ 331 „
91
i)
„ 110 = 82,6
ff
1892 „
„ 301 „
n
i*
„ 10S = 88,8
ff
1893 „
„ 290 „
ff
„ 127 = 43,8
ff
1894 bi» 80. Scpt.
„ 214 „
)»
ff
„ 78 =. 36,4
ff
Seit 1. Oktober 1894 bis 1. Oktober 1896 wurden die Kinder
mit Höchster Serum, und zwar bald unter Ausschluß aller örtlichen
Mittel behandelt. Von 483 Fällen, darunter nach Heubner’s Maß-
stab 282 schweren, 112 mittleren und 89 leichten Erkrankungen
endeten 51 = 10.5 Proz. tödlich, darunter befanden sich 5 bereits
sterbend in das Hospital gebrachte Kinder und 12, welche nach er-
folgter Heilung an anderen, mit der Diphtherie nicht zusammen-
hängenden Krankheiten zu Grunde gingen.
Neben der Serumbehandlung wurden nur Roborantien, bei drohen-
der Herz.schwäche Stimulantien und bei Albuminurie und Nephritis
Einwickeluogeu, Schwitzbäder, jedoch der Herzschwäche wegen nie-
mals warme Bäder verabreicht
Sobald die erstell Versuche mit dem Serum dessen Unschädlich-
keit ergeben hatten, wurde in allen etwas ernsteren Fällen das Heil-
serum III angeweudet. Bereits nach 13 — 15 Stunden zeigte sich in
der Besserung des Allgemeinbefindens der Patienten, namentlich durch
Eintritt von Schlaf und Appetit die Wirkung; ein kritischer Tempe-
raturabfall erfolgte nicht, das Fieber ging im Laufe von 2 Tagen
allmählich herab. Die Unterkieferdrusen schwollen rasch ab, die ört-
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Schutzimpfung, kflnstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmung etc. JßQ
liehen Krankheitserscheinangen im Rachen gingen dagegen nicht auf-
fallend schnell zurück.
Eiteriger Nasenfluß nach längst geheilter Diphtherie und Rhinitis
fibrinosa wurde durch eine nochmalige Heilseruminjektion beseitigt.
Otitis media schloß sich nur in wenigen Fällen an und nahm einen
günstigen Verlauf.
Von 125 Kindern mit Stenoseerscheinungen kamen 50 zur Ope-
ration, weil die Erstickungsgefahr bereits bei der Aufnahme groß war,
4 unter 14 — 24 Stunden nach der Einlieferung, weil die Erscheinungen
der Stenose nicht zurückgegangen waren. Die letzten 4 Kinder wurden
geheilt, von den übrigen 50 starben 17, 2 davon an Tuberkulose.
126 mal bestand Albuminurie, und zwar einigemale in erheblichem
Grade bei geringer Lokalerkrankung. 76 mal Herzschwäche, 47 mal
komplette Schlucklähmungen, 16mal Gaumenlähmungen, 4 mal Glieder-
lähmungen und 3 mal Abducenslähmungen. Die Zahl der Paresen
war im ganzen verhältnismäßig geringer als vor der Serumzeit.
Von den gestorbenen Kindern waren 20 1, 10 2, 7 3, je 4 4 und
5, 2 6, je 1 S, 10 und 12 Jahre alt. Am ersten Tage des Hospital-
aufenthalts starben 5 Kinder; nach bereits abgeheilter Diphtherie
starben 2 an Masern, 6 an Tuberkulose der inneren Organe, 1 an
Mitralinsuffizienz, 1 an eiteriger Gehirnhautentzündung (nach Per-
foration des Processus vermiformis und Empyem), 1 an multiplen Ab-
scessen (nach 70 Tagen).
8 mal entstand an der Injektionsstelle ein Absceß, 104 mal wurden
fieberhafte Hautausschläge (10 mal mit geringer Albuminurie), 21 mal
Schmerzen und Schwellung der Gelenke beobachtet.
Die seit Ende Januar 1895 behandelten 363 Fälle wurden bak-
teriologisch untersucht, wobei seit l 1 /* Jahren stets Rinderserum als
Nährboden diente. 291 mal fanden sich echte Diphtheriebacillen; in
15 Fällen schwerer klinischer Diphtherie, welche spät zur Aufnahme
kamen, wurden solche vermißt Von den 291 bakteriologisch konsta-
tierten Fällen endeten 38 (5 am ersten Tage) = 13,05 Proz. tödlich.
Kübler (Berlin).
Bosenberg, L., A case of antitoxin poisoning. (Medical
Record. 1896. Sept. 26.)
Einem an Diphtheritis erkrankten 4-jährigen Mädchen wird um
1 / f 2ühr nachmittags eine Einspritzung von 2000 Einheiten gemacht.
Das Kind schlummert ruhig ein, aber nach einer Stunde erwacht es
cyanotisch, klagt über Kältegefühl, bekommt einen heftigen Schüttel-
frost und verfällt in Bewußtlosigkeit und Kollaps. Ein eiligst herbei-
gerufener Arzt spritzt 0,0006 Strychnin und 2 Tropfen Digitalis-
extrakt in Aether ein. Verf. kommt 20 Minuten später hinzu und
findet den Puls kaum fühlbar, die Haut eisigkalt, Temperatur im
Rectum 42,8, Pupillen zum äußersten erweitert. Bald darauf brach
ein profuser Schweiß über den ganzen Körper aus und es ging eine
große Menge kohlschwarzer Kot ab. Verf. spritzt 0,001 Nitroglycerin
ein und wiederholt diese Einspritzung nach 20 Minuten, worauf der
Puls merklich besser wird. Es werden Flaschen mit heißem Wasser
um das Kind herumgelegt und demselben ein heißes Klystier aus
|70 Schutzimpfung, kfinstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmung etc.
4 Unzen starkem Kaffee und 2 Unzen Cognac beigebracht und nach
einer Stunde wiederholt; ebenso werden noch verschiedene Nitro-
glycerineinspritzunsen gemacht Um Mitternacht kam das Kind zum
Bewußtsein. Der Versuch, Nahrung beizubringen, rief das Erbrechen
einer schwarzen geruchlosen Flüssigkeit hervor. Nach einigen Tagen
war das Kind vollkommen genesen, auch von der Diphtheritis. Bei
einer älteren Schwester hatte die prophylaktische Einspritzung von
300 Einheiten aus derselben Quelle und durch denselben Arzt keinerlei
üble Erscheinungen zur Folge. Sentifion (Barcelona).
Lueddeckens, F., Ueber Hy drargyrum cyanatum bei Diph-
therie. (Therap. Monatsh. 1896. Heft 11.)
L. hat das Hydrargyrum cyanatum seit 1893 in 81 Fällen von
Diphtherie und in 30 Fällen von Scharlach angewendet mit nur je
einem Todesfall. Die Behandlung bestand in Folgendem:
extern: zweistündlich einen nassen kalten Umschlag um den Hals
mit wollener Bedeckung, event. oft gewechselte heiße Kompressen
auf den Kehlkopf; wenn nötig Einpackungen und Bäder;
lokal : 3 — 2 — 1 mal täglich Abschabung der nektrotischen Beläge
mit dem Stielende des Löffels, hierauf Auswischen des ganzen
Pharynx mit Liq. ferr. sesquichlorat. auf einem Wattetupfer, ev.
nach vorheriger Cocainisierung.
Wenn möglich Gurgeln mit Kal. chloric., ein Theelöffel auf
ein Glas Wasser viertelstündlich; andernfalls öfters Auswaschen
des Mundes mit gleicher Lösung;
intern: täglich 1 — 2 Citronen in Zuckerwasser ausgedrückt, reizlose
Kost und eine Mixtur von Hydrarg. cyanat., falls nötig mit
einem Antifebrile und Expectorans, stündlich ein Theelöffel
(0,01 : 100,0 gewöhnlich) langsam schlucken lassen.
Genesung trat bei Diphtherie in 5 — 8, bei Scharlach in 8 — 10 Tagen
ein. Serum wandte L. nur in einem Falle an neben obiger Behandlung {
es trat in diesem Falle eine Nephritis ein, sonst in keinem anderen
Falle.
L. hat zwar entschieden praktisch gute Erfolge mit seiner Be-
handlungsmethode erzielt; für eine wissenschaftliche Statistik lassen
sich indes seine Zahlen nicht verwerten, da keine bakteriologischen
Untersuchungen ausgeführt sind.
Hugo Laser (Königsberg i. P.).
Bach, L., Antisepsis oder Asepsis bei Bulbusopera-
tionen? Vergleichende bakteriologische Studie. (Archiv für
Augenheilkunde. Bd. XXXIII. p. 1—10.)
Mechanische Reinigung bei gleichzeitiger Irrigation der Lidränder
und Conjunctiva leistet in Bezug auf Herabminderung der Keimzahl
weit mehr als die bloße Spülung. Dagegen ist der Erfolg nahezu
gleich, sei es, daß man zur Reinigung und Spülung sich eines Anti-
septicums (Sublimat 1:3000) oder einfacher physiologischer Koch-
salzlösung bedient; jedenfalls ist eine prägnant keimtötende Wirkung
des Antisepticums nicht zu ersehen. Eine absolut sichere Keirafreiheit
des Bindehautsackes ist durch kein Verfahren zu erreichen, und da es nach
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Ken« Litteratnr.
171
Verf.’B früheren Untersuchungen (vergl. Referat. Bd. XVIII. p. 291)
irrelevant ist, ob einige Keime mehr oder weniger im Bindehautsacke
sind, wenn nur die Bulbuswunde selbst aseptisch gesetzt wird, so
würde es bez. des ev. Nutzens sich gleich bleiben, ob man zur
möglichst ausgiebigen Reinigung sich des Antisepticums oder der
Kochsalzlösung bedient. Indessen ist das Antisepticum geradezu zu
verwerfen, weil es mehr oder weniger stark reizend auf die Con-
junctivajeinwirkt und somit der Heilverlauf verzögert, wenn nicht
gar*die Gefahr einer späteren Infektion vermehrt wird- Vom bak-
teriologischen Standpunkt ist überhaupt keine nennenswerte des-
infizierende Wirkung der Antiseptica bei der Ausspülung des Binde-
hautsackes zu erwarten, weil die Einwirkungsdauer des Antisepticums
viel zu kurz und eine nachträgliche Wirkung von etwa zurück-
bleibenden Resten wegen der unausbleiblichen Verdünnung durch die
Sekretion im Bindehautsacke auszuschließen ist. „Den Segen der
Antisepsis verkenne ich durchaus nicht, jedoch ihre Zeit ist vorüber
und heutzutage darf man auch in der Ophthalmochirurgie nur Asepsis
treiben.“ Schlaefke (Kassel).
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Neue Litteratur, p. 171.
Krummanosche Buchdrockerei (Hermann Pohle) io Jena*
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Bakteriologie, Parasitenknnde l tofektionskranklieiten.
Erst© Abteilung:
Medizinisch-hygienische Bakteriologie und
tierische Parasitenkunde.
In Verbindung mit
GoIl ßal Prot Dr. Lenckart, Geb Med.-Rat Prof. Dr. Loeffler
ln Leipzig iu Greifswald
Professor Dr. R. Pfeiffer
in Berlin
herausgegeben von
Dr. O. Uhlworm in Cassel.
Verlag von Gustav Fischer in Jena
XXI. Band. -o- Jona, den 15. Februar 1897. -o- No. 5 .
Freia für des Bund (26 Hammers) 19 Hark. — Jährlich erichelnen iwei Bände.
Die Redaktion des „Centralblatts für Bakteriologie und Parasiten-
kunde" richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte, etwaige
! f'ilnsche um lAeferung von besonderen Abdrücken ihrer Auf-
*SUze entweder bei der Einsendung der Abhandlungen an die
Redaktion auf das Manuskript schreiben su wollen oder spä-
testens nach Empfang der ersten Korrekturabzüge direkt an den
y er leg er, Herrn Gustav Fischer in Jena, gelangen su lassen.
Original - Mittheilungen.
Nachdruck verboten.
Ein neuer farbstoffbildender Micrococcus aus roter Milch.
[Aus dem hygienischen Institute in Göttingen.]
Von
Dr. G. Keferstein (Lüneburg).
Auf einem Gehöft in der Nähe Göttingens hatte im Sommer
vorigen Jahres ein Teil der gewonnenen Milch unter Umständen, über
die sich nachher nichts Genaues mehr ermitteln ließ, eine rötliche
Farbe angenommen. Untersuchungsmaterial von solcher roter Mich
verdanken wir dem Direktor des Tierarzeiinstituts der Universität,
Herrn Professor Dr. Esser.
Sterilisierte Milch, die mit dieser erkrankten Milch geimpft
wnrde, färbte sich ebenfalls in charakteristischer Weise: die Farbstoff-
h». Abt XXI. B4. 1 *
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178 6 K.f.r.tein, Ein neuer farbstoffbildender Micrococcus ans roter Milch.
bildung war auf die oberflächlichsten Teile der Rahmschicht beschränkt
und trat hier wieder zuerst und am intensivsten am Rande des Ge-
fäßes auf, so daß also ein möglichst großer Luftzutritt zur Farb-
bildung erforderlich schien. Die Färbung trat 5—6 Tage nach der
Impfung auf und hatte nach etwa 2 Wochen ihren höchsten Grad
erreicht Dann war die Oberfläche der aufgerahmten Fettschicht
auf der außerdem ein dichter Rasen von Oidium gewachsen war,
von einem schmalen ziegelroten Saum umgeben.
Die bakteriologische Untersuchung ergab als Ursache der Färbung
einen Micrococcus, der mit keiner der bis jetzt beschriebenen
Arten identisch zu sein scheint; im besonderen erwähnt Lafar unter
den die Milch rötenden Organismen keinen ähnlichen 1 ).
Der neue Micrococcus läßt sich durch Folgendes charak-
terisieren :
Er wächst im allgemeinen langsam, am schnellsten auf Agar-
Agar bei 22 0 C oder Zimmertemperatur. Die Stichkultur zeigt unter
diesen Verhältnissen am 2.-3. Tage in der Tiefe ein auf den Stich-
kanal beschränktes, nicht charakteristisches Wachstum von gräulicher
Farbe, auf der Oberfläche dagegen einen kaum stecknadelkopfgroßen,
wenig erhabenen Kuopf von Rosafarbe mit einem Stich ins Bläuliche
und von feuchtem emailartigem Glanz. Dieser Knopf breitet sich
weiterhin mit scharfem Rande kreisrund in die Fläche aus und zeigt
dann auf seiner Oberfläche eine konzentrische Ringelung. Die Farb-
stoffbildung ist auf die Oberfläche beschränkt, also vom Einfluß der
Luft abhängig.
Die Strichkultur auf schrägem Agar-Agar zeigt dieselben Ver-
hältnisse wie die Oberfläche der Stichkulturen, nur ein üppigeres
Wachstum.
Bei 37 0 C lassen die Agarkulturen noch nach 8 Tagen nur eine
kaum nennenswerte Entwickelung erkennen.
Auf Gelatine wächst der Micrococcus viel langsamer als auf
Agar. Gelatineplatten bei 22 0 C zeigen erst nach 4—6 Tagen kleine,
mit bloßem Auge kaum sichtbare Kolonieen von schwach Rosa-
schimmer; bei Zimmertemperatur treten die Kolonieen I — 2 Tage
später auf. Die weitere Entwickelung dagegen erfolgt bei Zimmer-
temperatur oder 22° C in gleicher Weise, nur ist der Farbstoff bei
Zimmertemperatur noch etwas prächtiger. Die oberflächlichen Kolo-
nieen erheben sich bald als kleine Knöpfe über die Oberfläche und
breiten sich dann in konzentrischen Ringen peripher aus; sie sind
kreisrund und haben einen scharf abfallenden Rand. Ihre Farbe ist
von der der Agarkulturen durchaus verschieden: es ist ein leuchten-
des intensives Kirschrot von trockenem Glanz. Mikroskopisch sind
die Kolonieen kreisrund mit fein und gleichmäßig gekörnter Ober-
fläche. Die Gelatine wird nicht verflüssigt.
Auf der Oberfläche der Gelatinestichkultur verhält sich der
Micrococcus ebenso wie in den oberflächlichen Kolonieen der
Plattenkultur; Farbe und Wachstum sind in beiden Fällen gleich.
1) Dr. Fr. Lafar, Technische Mykologie. Bd. I. Schizomyceten*Gfirungen. Jena
(Gustav Fischer) 1896. p. 129.
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T. Tictin, Zur Lehre vom RQckfulltyphus. 179
Im Sticbkanal selbst bildet sich kein Farbstoff und bleibt die Ent-
wickelung gering.
In Bouillon stellt sich bei 37° C keine nachweisbare Entwicke-
laog ein; bei Zimmertemperatur bildet sich nach 5 — 6 Tagen ein
geringer Bodensatz, der sich zu einer kleinen Wolke aufschütteln läßt,
aber keine Farbstoffbildung zeigt.
Mikroskopisch bestehen die Kulturen aus unbeweglichen Kugeln,
die io Form von Staphylokokken angeordnet sind. Sie färben sich
mit den gebräuchlichen Farbstoffen und behalten auch bei der
Gram 'sehen Entfärbungsmethode die Färbung. Die Mehrzahl der
Kokken sind von einer Größe; daneben finden sich aber zahlreiche
größere und kleinere Exemplare, deren Entstehung durch Teilungs-
vorgänge sich meist gut erkennen läßt.
Bei subkutaner Impfung ist der Micrococcus für Mäuse nicht
pathogen.
Wird Milch mit einer Reinkultur geimpft, so erfährt sie dieselben
Veränderungen wie bei Impfung mit der zuerst erkrankten Milch.
Gegen die Austrocknung ist der Micrococcus widerstands-
fähig: der Rasen von einer Agarkultur wurde mit feinem Sand ver-
rieben und bei 37° C getrocknet; nach 4 Tagen war die Entwicke-
longsfähigkeit noch nicht beeinträchtigt. Es ist deshalb die Möglich-
keit nicht ausgeschlossen, daß die Infektion der Milch, die für die
Untersuchung als Ausgangsmaterial diente, durch Keime aus der Luft
bervorgerufen worden sind.
Eine praktische Bedeutung scheint dem geschilderten Mikroben
nicht zuzukommen. Verbreitung auf benachbarte Milchwirtschaften
hat nicht stattgefunden. Das infizierte Gehöft wurde von der lästigen
Erscheinung durch gründliches Reinigen der milchwirtschaftlichen
Geräte und Auskochen derselben bezw. Behandeln mit kochendem
Wasser, sowie durch Ausschwefeln der Aufbewahrungsräume befreit.
Göttingen, im Dezember 1896.
Nachdruck verboten.
Zur Lehre vom Rückfalltyphus.
[Aus dem pathologisch-anatomischen Institute der Universität Moskau.]
Vorläufige Mitteilung.
Von
Dr. J. Tictin
ln
Moskau.
A. Deber Beobachtungen an in Glasröhrchen konser-
viertem Blute von Rückfalltyphuskranken.
Soudake witsch (5) hat splenektomierte Affen mit Blut infi-
ziert, welches Rückfalltyphusspirillen enthielt, und dabei gefunden,
i**
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180 J- Tietin,
daß solche Affen eine derartige Infektion schwer ertragen und zu
Grunde gehen, während die normalen Tiere (d. h. solche, bei denen
die Milz nicht entfernt worden ist) nach einer kurzen Erkrankung
genesen. Als ich (6) vor einigen Jahren in dieser Richtung arbeitete,
erhielt ich andere Resultate. Meine splenektomierten Affen, die mit
Rückfalltyphus infiziert waren, genasen nicht nur, sondern sie er-
warben sogar Immunität. Infolge dieses Widerspruchs blieb die
Frage unentschieden, aus welchen Gründen die Spirochäten im
Organismus der splenektomierten Allen zu Grunde gehen. Hier
konnte Folgendes geschehen: Entweder konnten die virulenten Spiro-
chäten von den Phagocyten verschlungen werden, oder sie konnten
unmittelbar im Blutplasma uud in den Organsäften zu Grunde gehen,
oder aber sie konnten schließlich zuerst abgeschwächt und dann erst
von den Zellen verschlungen werden. Indem ich diese Frage seit Be-
ginn des verflossenen Sommers untersuchte, benutzte ich 2 Methoden :
Erstens beobachtete ich, was mit den Spirochäten außerhalb des
Körpers — in Glasröhrchen — vorgeht, und zweitens, was mit ihnen
in dem Blute und in den Organen der — größtenteils splenekto-
mierten — Affen geschieht. Die Beobachtungen am Blute, das in
Glasröhrchen bei Zimmertemperatur gehalten worden war, zeigten, daß
die Spirochäten nach Verlauf von einiger Zeit aufhören, sich zu
bewegen. Zuerst bewegen sie sich recht lebhaft hin und her, als-
dann thun sie es langsam, hierauf verlieren sie die Fähigkeit, sich
von einem Orte zum anderen zu bewegen, indem sie nur noch
schlangenartige Bewegungen an derselben Stelle periodisch ausführen
(kurz dauernde Bewegungen lösen sich mit kurzer Ruhepause ab),
und schließlich ganz ruhen. Zu dieser Zeit entstehen Veränderungen
ihrer morphologischen Eigenschaften; die Spirochäten schwellen an,
werden gewissermaßen gallertig, zerfallen in Körner, verschmelzen mit
einander zu Gruppen verschiedener Form und Größe, wobei es nach
Verlauf einer etwas längeren Zeit nur mit Mühe gelingt, in einer
solchen Gruppe die Grenzen der einzelnen Spirillen zu bestimmen.
Manchmal ist dieses in den central gelegenen Stellen völlig unmög-
lich. In diesem Falle erscheint eine solche Gruppe in der Form
einer glasartigen Masse, in der Körner verschiedener Größe verstreut
sind und aus der an einigen Stellen die gequollenen, schwach kon-
turierten Endstücke der sie bildenden Spirillen hervorragen. Bei
der Färbung nehmen die degenerierten Spirillen den Farbstoff
schwach auf, während die als Zerfallsprodukt gebildeten Körner sich
stark färben lassen. Indem ich aus Blut, welches von 2—8 Tagen
bei Zimmertemperatur in Glasröhrchen gehalten worden war, Deck-
glasausstrichpräparate anfertigte (Färbung mittels einer schwachen,
wässerigen Gentianaviolettlösung oder mittels Karbolfuchsins), fand
ich sowohl Leukocyten mit eingeschlossenen, vollkommen gut er-
haltenen und intensiv gefärbten Spirochäten als auch Leukocyten
mit degenerierten Spirochäten. Auf Präparaten, die aus dem-
selben, aber den kranken Menschen oder Äffen während des An-
falles entnommenen Blute angefertigt waren, konnte ich keine deut-
liche Phagocytose entdecken. Somit ist es zweifellos, daß die Auf-
nahme der Spirochäten seitens der Leukocyten in den Glasröhrchen
£ ur Lehre vom RUckfalltyphus.
181
erfolgt. Zieht man dieses in Betracht, so kommt man zu dem
Schlosse, daß die Leukocyten des Blutes nur bereits abgeschwächte
Spirochäten aufnehmen können, wie diejenigen, welche in in Glas-
röhrcben konserviertem Blute sich befinden. Da sich aber in den
Leukocyten nicht nur degenerierte Spirochäten befindeu, sondern
auch vollkommen gut erhaltene uud sich gut färben lassende, so muß
mau auch diese als abgeschwächt ansehen. Ich lenke die Aufmerk-
samkeit auf diesen Umstand, da derselbe darauf binweist, daß das
Factum der Anwesenheit völlig in ihrer Form intakter und gut färb-
barer Spirochäten in den Phagocyten an sich noch nicht als Beweis
dienen kann dafür, daß diese Spirochäten nicht bereits im Momente
des Verschlungenwerdens seitens der Zellen abgeschw&cht waren. Zu
dem obengenannten Schlüsse führen mich außer den Beobachtungen
an spirochätenhaltigem, in Glasröhrchen konserviertem Blute auch
noch folgende Thatsachen: In dem Inhalte von Wanzen, die sich
am Blute von am Rückfalltyphus leidenden Kranken während des
Anfalles vollgesaugt hatten (die vorherige Untersuchung des Blutes
des Kranken ergab die Anwesenheit von Spirochäten), fand ich
selbst nach Verlauf von 48 Stunden Spirochäten in großer Anzahl,
die zum Teil frei lagen, zum Teil von Zellen verschlungen waren.
Der eine Teil der Spirochäten zeigte die den degenerierten Formen
eigentümlichen Erscheinungen, der andere, bedeutend größere, bestand
aus völlig gut erhaltenen und intensiv gefärbten Formen. Da in
den Zellen sich nicht selten Spirochäten der letzteren Art befanden,
so war es interessant, zu erfahren, ob dieselben abgeschwächt waren
oder nicht. Um die Antwort auf diese Frage zu erhalten, machte
ich folgenden Versuch. Ich zerdrückte 6 solcher Wanzen, saugte
ihren Inhalt in dünne Pipetten mit Glaskapillaren auf und führte
sie einem Affen (Za ti sini cns) unter die Haut ein. Der Affe erkrankte
nicht Bei derselben Infektionsmethode, die sich nur dadurch von
der oben beschriebenen unterschied, daß die Warzen sofort zerdrückt
wurden, nachdem sie sich an demselben Blute wie im ersten Ver-
suche vollgesaugt hatten, gelang es mir, bei einem Allen derselben
Art ein positives Resultat zu erzielen, d. h. der Affe erkrankte.
Folglich hatte der 48-stündige Aufenthalt der Spirochäten in den
Wanzen zwar nicht ihre äußere Form oder ihre Färbbarkeit ver-
ludert, wohl aber ihre Fähigkeit zu infizieren, herabgesetzt, wenn
nicht vernichtet.
Was die zweite Hälfte meiner Arbeit anbetrifft, so besitze ich
bereits gegenwärtig Material, welches sich auf die splenektomierten,
mit Rückfalltyphus infizierten Affen bezieht. Da ich noch das Stu-
dium meiner mikroskopischen Präparate nicht beendigt und da ich
weitere Experimente unternommen habe, so enthalte ich mich vor-
läufig der Mitteilung meiner Ergebnisse. Nur soviel will ich be-
merken, daß durch meine neuen Experimente an splenektomierten
Affen das Factum vollauf bestätigt wird, daß solche Affen die Krank-
heit gut überstehen, genesen und Immunität erlangen.
182
J. Tlctio,
B) Ueber die Möglichkeit der Uebertragung des
Rückfalltyphus durch Wanzen.
Als ich Ende der achtziger und Anfang der neunziger Jahre
der Typhusabteilung des Stadtkrankenhauses zu Odessa Vorstand,
hatte ich die Gelegenheit, den ersten Fall des Auftretens von Rück-
falltyphus zu beobachten, einer Krankheit, die in Odessa einmal in
15 — 20 Jahren vorkommt. Es erkrankte ein Matrose einige Tage
nach der Ankunft des Dampfschiffes. Zum letzten Male hatte er das
Ufer in Jaffa betreten. Da nun die von dem Momente bis zu seiner
Landung in Odessa verflossene Zeit der Inkubationsdauer des Rückfall-
typhus entspricht, so kann man annehmen, daß er in Jaffa angesteckt
worden war. Nach l 1 /, Wochen kam in meine Abteilung ein zweiter
Kranker mit demselben Leiden, und im Laufe des Monats traten
noch einige andere ein. Im zweiten Monate vergrößerte sich die
Zahl der Erkrankungsf&lle, und im Laufe von 3—4 Monaten ent-
wickelte sich eine Epidemie von Febris recurrens, an der im Verlaufe
von 2 Jahren bis an 10000 Leute erkrankten. Bei dieser Epidemie
war ganz besonders scharf zu bemerken, daß beinahe alle Erkrankten
Bewohner von Nachtherbergen waren, und daß die größte Zahl der
Opfer, wenigstens in der ersten Zeit, auf die am Hafen gelegenen
Herbergen kam. Die Beobachtung des Auftretens der Epidemie und
ihres weiteren Verlaufes führte mich zu dem Schlüsse, daß die vom
Matrosen eingeschleppte Krankheit sich zuerst in den am Hafen ge-
legenen Nachtherbergen entwickelt hatte und erst nachher in die in
verschiedenen Stadtteilen gelegenen übergegangen ist. Diese Vor-
aussetzung war, auch abgesehen von den in den Krankengeschichten
enthaltenen Daten, sehr natürlich und wahrscheinlich, da die Matrosen
die erste Zeit nach der Ankunft in ihre Heimat sich dem Zechen
und Trinken ergeben, und im betrunkenen Zustande nicht nach
Hause oder auf das Dampfschiff, sondern in eine Nachtherberge ge-
langen. Nachdem die Verbreitung der Krankheit in den Nacht-
herbergen festgestellt war, entstand die Frage nach dem Grunde
eines solchen Ganges der Krankheit. Bei Ueberlegung dieses Um-
standes kam ich zu dem Schlüsse, daß die Quelle der Ansteckung
sich hauptsächlich in den Nacht herbergen befinden müsse. Um zu
sehen, ob diese meine Voraussetzung auf festem Boden ruht, begab
ich mich in die beste Nachtherberge. Bei der Besichtigung der-
selben lenkte hauptsächlich Folgendes meine Aufmerksamkeit auf
sich : Die Leute schliefen auf Strohsäcken, die in einer geringen Ent-
fernung von etwa •/» m (auch weniger) auf dem Fußboden umher-
lagen; gekleidet waren sie in Lumpen, die mit Flöhen, Läusen und
Wanzen bedeckt waren.
In Anbetracht dessen, daß die Infektion mit Febris recurrens
durch Spirochäten enthaltendes Blut erfolgt, wie es die von Mo-
czutkowsky (1), Metschnikoff (2), Carter (3), Koch (4),
Soudakewitsch (5), mir (6) und Gabri tschewsky (7) ausge-
führten Experimente bewiesen haben, und in Anbetracht der An-
wesenheit fleischfressender Insekten auf den Herbergsgästen und ihren
Lumpen, mußte man auf den Gedanken kommen, ob nicht die oben-
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Zur Lehre vom Rückfalltjpims.
183
erwähnten Parasiten die Vermittler der Uebertragung des Infektions-
stoffes von einem Individuum auf das andere sind. In der That
geschieht wahrscheinlich Folgendes: Die Parasiten überfallen einen
Kranken (denn daß die an Rückfalltyphus erkrankten Arbeiter die
ersten Tage, ja sogar den vollen ersten Paroxysmus der Krankheit
auf den Füßen zubringen, ist ein unbestreitbares Factum; sie ver-
breiten auch folglich die Krankheit in den Herbergen) und gelangen,
wenn sie Bich aus irgend einem zufälligen Grunde nicht völlig ge-
sättigt haben sollten, auf einen gesunden Nachbarn, auf dem sie
dann fortfahren, zu parasitieren. Dabei kann es geschehen, daß das
Insekt, indem es einem Gesunden eine kleine Wunde beibringt, zu-
gleich mit dem Stachel auch die ihn bedeckende ansteckende Materie
entführt, welche noch frisch und daher virulent ist. Außerdem kann
entweder aus dem Munde oder aus dem Verdauungskanale der Para-
siten der Ansteckungsstoff beim Saugakte in die Wunde gelangen,
nnd endlich kann die Infektion auch noch auf eine andere Weise
durch Wanzen oder andere Parasiten geschehen, doch darauf werde
ich später zurückkommen. In jedem Falle ist ein Parasit, der
mit infektionsfähigem Blute angefüllt ist, eo ipso eine Gefahr.
Um sich von der Wahrheit des oben Gesagten zu überzeugen,
mußte man erfahren, ob die auf den an Rückfalltyphus Erkrankten
parasitierenden Insekten in der That infiziert sind, und wenn das
der Fall ist, ob dieser Umstand für die Gesunden eine Gefahr in-
volviert? Indem ich dieses Ziel im Auge hatte, ließ ich mir Insekten
aus den Herbergen holen. Zu meinem Bedauern brachte man mir
nie Flöhe oder Wanzen, sondern stets nur Läuse. In ihnen ist es
mir nicht gelungen, Spirochäten zu finden. Da nun die Resultate
negativ ausgefallen waren, mußte ich zu anderen Mitteln greifen,
um die genannten Fragen zu beantworten. Ich nahm Wanzen und
ließ dieselben hungern, indem ich sie zu diesem Zwecke in ein Rea-
gensglas that und einige Tage in demselben aufbewahrte, bis sie
platt, dünn und durchsichtig wurden. Die hungrigen Wanzen
schüttete ich aus dem Reagensglase in eine kleine Glaswanne und
placierte sie in dieser einfachen Vorrichtung auf irgend eine Stelle
der Haut eines Kranken während des Fieberan falls , nachdem die
vorher angestellte Untersuchung im Blutstropfen dieses Kranken die
Anwesenheit von Spirochäten erwiesen hatte. Dieselben Experimente
nahm ich auch an Affen, die mit Febris recurrens infiziert waren,
vor 1 ). Die Wanzen saugten sich an die Haut au, füllten sich mit
Blut nnd fielen ab. Ich sammelte sie, um die einen von ihnen sofort
auf dem Deckgläschen zu zerdrücken, die anderen nachher. Bei dem
Zerdrücken trat aus dem Körper der Wanze ein ziemlich großer
Blutstropfen aus, den ich in frischen und mit schwacher wässeriger
Gentianaviolettlösung gefärbten Präparaten untersuchte. Die Unter-
suchung solcher Präparate stellte im Blute der Wanzen die Anwesen-
heit von Spirochäten fest, die deutlich ihre Form beibehalten hatten
1) Dies« Experimente hatte ich noch vor 6 Jahren in Odessa begonnen ; mußte
Noch dieselben aus einigen nicht von mir abhftngenden Gründen unterbrechen and
Ube erst jetzt in Moskau die Möglichkeit erbalten, dieselben fortzusetzen.
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i84
j. T i c t i n ,
und sich sogar in einigen Fällen nach Verlauf von 77 Stunden noch
gut färben ließen. Nach Verlauf dieses Termins gelang es mir nicht,
Spirochäten aufzufinden , weder freiliegende noch in Zellen einge-
schlossene. Die roten und weißen Blutkörperchen aus Menschen-
oder Affenblut fanden sich in großer Anzahl am 1. oder 2. Tage,
alsdann wurde ihre Zahl immer geringer und schließlich verschwanden
sie fast ganz. Auf den einen Präparaten, die aus Wanzen ange-
fertigt waren, die sich eben erst vollgesaugt hatten, konnte man
Spirochäten bemerken , die sich noch s / 4 Stunden lang energisch
hin- und herbewegten, auf den anderen waren sie von Anfang an
unbeweglich. Bei einer Färbung mit einer schwachen, wässerigen
Gentianaviolettlösung oder einer gesättigten alkoholischen Eosinlösung
und einer schwachen Methylenblauliisung konnte man häufig Zellen
mit eingeschlossenen, entweder gut erhaltenen oder degenerierten
Spirochäten erblicken, manchmal auch Zellen mit eingeschlossenen,
roten Blutkörperchen. Diese Zellen unterschieden sich ihrem äußeren
Aussehen nach von den Leukocytcn des Menschen- oder Affenblutes.
In den meisten Fällen waren es runde oder ovale große Zellen mit
einer großen Anzahl von Vakuolen. Manchmal fanden sich gleich-
zeitig amöbenartige Zellen von verschiedener Größe. Die Zellen mit
Vakuolen waren oft degeneriert. Diese Beobachtungen stellten das
Factum fest, daß die auf an Riickfalltyphus erkrankten Menschen
und Affen parasitierenden Wanzen in ihrem Körper Spirochäten
enthalten können, welche sogar nach 77 Stunden deutlich ihre Form
und Lebensfähigkeit beibehalten. Sobald dies festgestellt war, mußte
man die wichtigste Frage beantworten, die — nach der Virulenz der
Spirochäten, welche sich in den Wanzen befinden: es könnte doch
der Fall sein, daß die Spirochäten in dem Verdauungskanale der
Wanzen ihre Infektionsfähigkeit entweder sofort oder nachher ver-
lieren. Folgendes einfache Experiment klärte die Sache auf.
Ich setzte hungrige Wanzen auf eine rasierte Stelle der Haut
eines Affen (CynopithecusAethiops), der mit Rückfalltyphus infi-
ziert war und in dessen Blute ich die Anwesenheit von Spirochäten fest-
gestellt hatte. Nachdem sich die Wanzen angesaugt hatten und ab-
gefallen waren, zerdrückte ich sie mit einer sterilisierten Nadel auf
einem sterilisierten Deckgläschen und saugte den dabei herausge-
drückten Blutstropfen in eine nicht große sterilisierte Pipette auf,
deren Ende in eine Kapillarröhre auslief. Nachdem ich in eine Pi-
pette das Blut von 2 — 3 Wanzen gesammelt hatte, injizierte ich das-
selbe einem gesunden Affen (Zati sinicus) unter die Haut* auf diese
Weise erhielt der Affe Blut von 8 Wanzen. Zur Kontrolle wurde
das aus der neunten W : anze herausgedrückte Blut untersucht und
man fand in demselben Spirochäten in großer Anzahl, die jedoch un-
beweglich waren. Im Blute des Affen (Zati sinicus), der auf die
soeben beschriebene Weise infiziert war, fand man nach 64 Stunden
Spirochäten; folglich erkrankte der Affe. Die Krankheit dauerte bis
an 6 Stunden und endete mit der Periode der antekritischen Steige-
rung der Temperatur (40 °), während welcher sich schon keine Spiro-
chäten mehr im Blute befanden. Darauf trat bei Temperatur von
36,3° die Apyrexie ein.
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Zur Lehre vom Rückfalltyphus.
185
Dieses Experiment beweist, daß Wanzen, welche sich mit Spiro-
chäten enthaltendem Blute gesättigt haben, dasselbe in einem Zu-
stande bewahren, welcher sie zu einer weiteren Infektion, wenigstens
in der ersten Zeit, befähigt
Um zu erfahren, wie lange das von Wanzen aufgesaugte Blut
virulente Eigenschaften beibehält, führte ich einem Affen (Z a t i s i n i -
cus) unter die Haut Blut ein, das 48 Stunden, nachdem es aufgesaugt
war, aus den Wanzen ausgedrückt wurde. Es stellte sich heraus,
daß der Affe nicht erkrankte. Aber daraus kann man nicht den
Schluß ziehen, daß das Blut stets seine virulenten Eigenschaften
nach 48 Stunden einbüßt, In diesem Falle wurden nur wenige
Wanzen genommen (im ganzen 6), dabei konnte es geschehen, daß
entweder alle Spirochäten umgekommen waren, oder daß sie, wenn
am Leben geblieben, in ihren pathogenen Eigenschaften derartig ab-
geschwächt waren, daß sie weiter keine Erkrankungen hervorrufen
konnten. Mich zu den erhaltenen negativen Resultaten so vorsichtig
zu verhalten, zwingt mich folgender Umstand. Bei der Untersuchung
des Inhaltes von Wanzen, die 48 Stunden, nachdem sie sich vollge-
saugt hatten, zerdrückt wurden, konnte ich in dem einen Falle
sowohl freiliegende Spirochäten als auch in Zellen eingeschlossene
Spirochäten sehen, während sich in anderen nur in Zellen einge-
schlossene Spirochäten vorfanden. Mir scheint es, daß man nur in
dem Falle auf die Frage nach der Virulenz des Blutes, welches
48 Stunden in den Wanzen verbracht hat, wird antworten können,
wenn man wenigstens einmal einem Affen den Inhalt von mindestens
30 Wanzen wird beigebracht haben. Die Infektionsweise durch
Wanzen kann eine zweifache sein. Die sich am Blute eines kranken
Individuums noch nicht vollständig gesättigt habenden Wanzen
können sofort auf einen Gesunden übergehen und während des Bisses
die noch am Stachel oder in der Mundhöhlung gebliebenen und
lebensfähigen Spirochäten in die Wunde der Haut einftthren. Die
zweite Art der Infektion besteht darin, daß die mit Spirochäten
enthaltendem Blute ungefüllten Wanzen, wenn sie auf die Haut eines
gesunden Menschen gekommen sind und durch ihr Kriechen oder
ihren Biß ein Kitzelgefühl hervorgerufen haben, beim Kratzen der
juckenden Stelle zerdrückt werden. Hierbei kratzt der Mensch oft
die Haut mit seinen Nägeln, wobei es dann ganz natürlich ist, daß
io die sich dabei bildende Schramme ein Blutstropfen aus der hier
zerdrückten Wanze kommt und wenn dieser Blutstropfen ansteckend
ist, so entsteht natürlich eine Erkrankung an Rückfalltyphus. Mit
einem Worte, es wiederholt sich hier mein oben erwähntes Experi-
ment mit der Ansteckung eines Affen nur auf einem natürlichen
Wege. Davon, daß solche Fälle der Infektion bei Menschen Vorkommen,
kann man sich überzeugen, wenn man die Haut der in den Kranken-
saal neu eintretenden Kranken betrachtet. Man bemerkt auf der-
selben oft genug Spuren vom Kratzen mit Nägeln (Schorfe in Form
einer Linie) und von Bissen der Insekten. Was das anbelangt, ob
die Wanze vermöge eines einmaligen Bisses die Infektion hervorrufen
kann, — weiß ich noch nicht. Ich habe zwar schon zur Lösung
dieser Frage ein Experiment unternommen, jedoch noch nichts Ent-
scheidendes erhalten.
186
fodor und Kigler,
Dank der Liebenswürdigkeit des Privatdozenten der Moskauer
Universität und Prosektors am 1. und 2. Moskauer Stadtkranken-
bause, Herrn Dr. A. G. Mamurowsky, batte ich die Möglichkeit,
folgende interessante Beobachtung zu machen. Man brachte mir
Wanzen, die man in den Matratzen der an Rückfalltyphus leidenden
Patienten während eines Anfalles gefangen hatte. Indem ich den
Inhalt dieser Wanzen untersuchte, fand ich, daß die eine Wanze nur
einige wenige freiliegende, sich gut mit Gentianaviolett färben
lassende Spirochäten enthielt, während bei der anderen sich viele
nach weisen ließen, die jedoch alle in Phagocyten eingeschlossen und
zum Teile degeneriert waren. In anderen Wanzen, die in den Betten
von an Rückfalltyphus leidenden Kranken während des fieberfreien
Intervalls gefangen worden waren , sowie bei solchen , die aus den
Betten von nicht an Rückfalltyphus leidenden Kranken entnommen
waren, konnte ich keine Spirochäten nacbweisen. So sehen wir,
daß auf den Betten der Kranken sich nicht nur der an Rückfall-
typhus Leidende selbst befindet, sondern auch gewisse — dem
Wartepersonale unbekannte Patienten, die von Rückfalltyphus be-
fallenen Wanzen.
Die Zeichnungen zu meiner Arbeit werden in einer ausführ-
licheren Abhandlung veröffentlicht werden.
Moskau, 22. Dezember 1896.
Litte ratur.
1) Moczutkowsky, Centralbl. f. d. med. Wissenschaft. 1876. No. 11.
2) M c t s c hn i k o f f , Vircbow’s Archiv. Bd. CIX. 1887. Heft 1. p 176.
3) Carter, Mitteil, aus d. Kaiserl. Gesundheitsamt. 1881 p. 166 u. 167.
4) Koch, Ibidem, p. 167 u. 168.
5) Soudakewitscb, Ann. de l’lnst. Past. 1891. p. 545.
6) Tictin, Centralbl. f. Bakt. u. Paras. 1894.
7) Gabritschewsky, Los bases de la serotberapie de la fievre recurrente. (Aus
dem Journal : , Russisches Archiv der Pathologie, klinischen Medizin und Bakterio*
logie“, in russischer und französischer Sprache )
Nachdruck verboten.
Neuere Untersuchungen über die Alkalizität des
Blutes ')■
Von
Prof. Fodor uud Dr. Rigler
io
Budapest.
(SchiuB.)
Gleichzeitige Injektion von Diphtherietoxin undAnti-
toxi n.
Den Kaninchen wurden Toxin und Antitoxin gleichzeitig an ent-
gegengesetzten Körperstellen unter die Haut gespritzt. Die Alkalizität
des Blutes verhielt sich folgendermaßen:
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Neuere Untersuchungen über die Alkaliiität des Blutes.
187
1. Serie: (Titrierung mit N/ 10 „-Schwefelsäure):
Gewicht
i. Kaninchen
») 1065
1050
1150
1100
fl
')
fl
Alkal. vor
d. Injekt.
4,125
4,175
4,423
4,314
wird
Toxin -j- Antituj.
(ccm pro Kilo)
0,5 T. + 0,25 A.
>* «
0,5 T. + 1,0 A.
Bemerkongeo: 1)
behufs Blutentnahme
"f nach
gelötet ;
7X*4 Std.
Alkaliiität
3 i/ lM S. 3) ; blieben am Leben.
Alkaliiität nach der Injektion
6 Std. 24 8td. 48 Std.
3,976 3,976 3,852 >)
4,076 3,976 3,579 •)
4,225 4,225 4,076 *)
4,274 4,225 4,100»)
2) Mach 9X24 Std. agouiaierend ;
des Blutserums = 2,846 ccm
2. Serie (Titrierung mit N/,„ „-Salzsäure):
i) 1590
4,512
0,5 T. + 1,0 A. —
4,410
4,282 <)
b) 1955
4,410
»» »»
4,307
4,052 ')
t) 1490
4,282
0,5 T. + 2,0 T. —
4,871
4,923*)
4) 2225
4,589
i»
4,512
4,616*)
Bemerkungen:
3) bleibt gesund.
1) und 4) verenden nach 84 Std.;
2) f nach 19X24 Std.
Antitoxin mit Toxin gleichzeitig eingespritzt, neutralisiert die
alkaliherabsetzende Wirkung des letzteren, dasselbe ruft sogar, in
genügender Menge, trotz der Toxininjektion, eine Alkalierhöhung
hervor. Das Widerstehen der Tiere gegen das Toxin läuft parallel
mit der Erhöhung der Alkalizität.
Oiphtherietoxininjektion nach vorhergehender Anti-
toxinbehandlung.
Den Kaninchen wurde zuerst Antitoxin beigebracht, und nach
10X24 Stunden eine Toxininjektion. Die Alkalizität des Blutes ver-
hielt sich hierbei folgendermaßen:
Gtwieht d.
Alkal. vor
Antitox.
Alkal. nach d. Injekt. Toxin
Alkai. nach
Kwinch.
d. Injekt.
(ccm per Kilo)
24 Std.
10X24 Std. (ccm per Kilo)
48 Std.
*) 1430
4,625
0,2
5,026
4,50 0,2
3,426 >)
fl 1470
4,700
0,4
5,250
— 0,2
3,400 *)
«) 1590
4,700
0,6
—
4,20 0,2
3,425»)
i) 1240
4,550
0,8
5,400
4,40 0,2
3,00 *)
Bemerkung: 1): alle 4 Tiere agoniaierend ; behufs Blutentnahme getötet.
Diese Versuche legen klar, daß das Antitoxin sich vom Vaccin
nicht nur in der Beziehung unterscheidet, daß jenes — wie
oben angedeutet wurde — eine nur kurz (24—48 Std.) andauernde,
diese jedoch eine anhaltende Erhöhung der Blutalkalizität hervorruft,
sondern, und noch augenfälliger, auch dadurch, daß nach voran-
gegangenen Antitoxininjektionen die nachfolgenden Toxineinspritzungen
eine eben so tiefe Herabsetzung der Alkalizität hervorrufen, als wenn
überhaupt gar kein Antitoxin vorher eingespritzt worden wäre, während
— wie Fodor in seiner oben citierten Arbeit schon nachwies —
nach vorangehender immunisierender Milzbrandeinspritzung eine nach-
folgende Injektion mit virulentem Milzbrand keine Alkaliverminderung
zustande bringt. — Gleichzeitig sehen wir, daß mit Dipbtherie-
antitoxin behandelte Tiere nach Diphtherietoxineinspritzung ebenso
gut verenden, als wenn gar kein Antitoxin verabreicht worden wäre,
während mit Milzbrandvaccin behandelte Tiere einer MilzbrandiDjektion
widerstehen.
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188
Fodor und R iglet 1 ,
Injektion von Tuberkulose- A ntitoxin.
Injektionen von SieroMaragliano hatten folgende Einwirkung
auf die Alkalizität des Blutes.
1. Serie (Titrierung mit N/ 1()0 Schwefelsäure).
Gewicht
Alkal. vor d.
Siero Mar. Alkalizität nach
d. Injekt.
d. Kaninchen.
lojekt.
(ccm pro Kilo).
24 8td.
48 Std.
1310
4,717
0,5
5,128
4,974
1300
4,102
1,0
5,128
4,821
1380
4,461
2.0
5,230
5,025
Bemerk ung:
1 ccm Antitoxin
= 3,575 ccm n/ I40
Schwefelsäure.
2. Serie (Titrierung mit N/, 00 Salzsäure.
1160 4,10 0,6
4,60
4,25
1085
4,20
1,0
4,65
4,20
1270
4,35
2,0
4,775
4,00
Bemerkung: Das Serumpräparat wurde im EUschrank aufbewahrt, — schien
trotzdem etwas stärkere Präzipitat am Boden des Originalfläscbchens zu enthalten,
als das 5 Wochen frfiher benutzte Präparat. Eine Gelatineplatte, mit 5 Oesen des
Serums beschickt, blieb so gut wie steril.
Das Siero Maragliano erhöht ebenfalls die Alkalizität des
Blutes, sowie das Diphtherieserum, mit welchem dasselbe auch in
der Beziehung übereinstimmt, daß die Steigerung nur kurz anhält,
und bei größeren Mengen des injizierten Serums denselben nicht
parallel verläuft.
Eine auffallende Beobachtung können wir nicht unerwähnt lassen.
Alle drei Tiere der ersten Versuchsreihe gingen nämlich ein, und
zwar Kaninchen a am 5. Tage nach der Injektion, Kaninchen b
35 Tage und Kaninchen c 14 Tage nach derselben. Bei der Sektion
zeigten sich bei allen drei Tieren in den Lungen und auf dem
Mesenterium zahlreiche, teilweise käsige Knötchen, in welchen Tuber-
kulose- bacillen mikroskopisch nachgewiesen wurden; Kauinchen a
hatte außerdem akute, eiternde, pleurale und pericardiale Entzündung.
Alle drei Tiere waren von unserer eigenen Züchtung, auch beobachteten
wir unter den zahlreich gefallenen anderen Kaninchen nur ausnahms-
weise Tuberkulose.
Die Tiere der zweiten Serie zeigten nach der Injektion von dem
11. Tage an, 10 Tage hindurch eine im Maximum 0,8° C betragende,
abends besonders hervortretende Temperatursteigerung. Später war
die Temperatur unregelmäßig, abends meist etwas erhöht. Die Tiere
stehen noch unter der Beobachtung.
IY. Die Ursache der Alkalizitätsstcigernng des Blutes.
Wir nahmen eingehende Untersuchungen vor, um klar zu stellen,
welche Bestandteile des Blutes die nachgewiesenen Schwankungen
der Alkalizität hervorgerufen. Zuerst bemühten wir uns, aus
Kaninchenblut- oder Ochsenblutserum die alkalische Substanz zu
extrahieren, fällen u. s. w., und zwar mittels fraktionierten Erwärmens,
Destillieren (auch bei niedriger Temperatur und im luftverdünnten
Raume), Destillieren in Bromwasser, Niederschlagen (fraktioniert)
mittels Alkohols, Extrahieren aus saurer und alkalischer Lösung
mittels Aethers, Chloroform, Petroleumäthers, Methylalkohols, Amyl-
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Neuere Untersuchungen über die Alkalisität des Blutes.
189
alkohols u. s. w. — ohne jedweden positiven Erfolg. Dann ent-
schlossen wir uns, die Alkalizität des im erhitzten Blutserum sich
bildenden Koaguluras, sowie des hiervon abfiltrierten und mit destil-
liertem Wasser nachge wascheneu Serums separat zu bestimmen; ferner
veraschten wir Blut, Blutserum, sowie dessen Koagulum und den übrig
bleibenden Rest gesondert und bestimmten deren Alkalizität. Selbst-
verständlich verfuhren wir bei diesen Manipulationen mit Vorsicht,
um bei der geringen Menge des zu analysierenden Objektes nicht
irregeführt zu werden.
So dehnten wir die Titration des Koagulums auf längere Zeit
— ev. mehrere Stunden — aus, da wir beobachteten, daß die Säure
nur ganz allmählich in das Koagulum eindringt. (Vergl. weiter oben.)
Die Veraschung erfolgte in kleinen, platten Platinschalen, bei mäßigem
Feuer, und gelang ohne Schwierigkeit; die Alkalizität des Filter-
papiers wurde in Abzug gebracht, etc.
Die Serum- und Aschentitrationen ergaben Folgendes:
I) Sechs Proben frisch centrifugierten Blutes eines gesunden
Kaninchens neutralisierten pro 1 ccm folgende Mengen (ccm) N/ 100
Weinsteinsäure :
a) Nach der Centrifugierung sogleich titriert. ..... 4,77
k) tt tf »V »» 4,77
c) Auf 100 0 C (im Wasserbade) erwärmt 4,61
d) tt n i» i» 4,61
e) Auf 100 0 C erwärmt, filtriert :
a) das Filtrat . . . 1,75 \
ß) das Koagulum . . 2,94 j
f) Ebenso, wie sub e:
ot) das Filtrat . . . 1,75 1
ß) das Koagulum . . 2,96 l
2) Blutserum, resp. Serumasche eines gesunden Kaninchens, mit
N/ 100 Weinsteinsäure titriert:
a) Serum, nach Centrifugierung sogleich titriert .... 3,697
b) „ ,i i) >* 3,697
c) Serum, auf 100° C erwärmt und filtriert:
o) das Filtrat . . . 1,630 1
ß) das Koagulum . . 2,213 /
d) Wie sub c:
a) das Filtrat . . . 1,630 1
ß) das Koagulum . . 2,133 j *
e) Die Gesamtasche von 1 ccm Serum 2,326
f) tt »» »* *» ....... 2,365
g) Serum auf 100° C erwärmt, filtriert, Filtrat und Koagulum
separat verascht:
a) Asche des Filtrats . 0,854 1 ?
ß) Asche des Koagulums 1,431 J *
b) Wie sub g :
a) Asche des Filtrats . 0,854 \ 9 1
ß) Asche des Koagulums 1,312 j
3) Blutserum, resp. Serumasche eines gesunden Kaninchens, wie
sub 2.
a) Serum, sogleich titriert 4,771
b) „ *,”l
c) Serum, auf 100° C erwärmt 4,910
• 1 ) „
e) Serum, auf 100 0 C erwärmt, filtriert :
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190
Fo d or und Ri gl er,
o) das Filtrat . . . 1,749 j
ß) das Koagulum . . 8,081 (
f) Serum wie eub e :
a) das Filtrat . . . 1,749 I
ß) das Koagulum 3,101 |
g) Gesamtasche von 1 ccm Serum
i> »» »» » •
i) Serum, auf 100° C erwärmt, filtriert j Filtrat und Koagulnm
separat verascht :
a) Asche des Filtrats . 1,789 1
ß) Asche des Koagulums 2,286 J
j) Serumasche wie sub i:
a) Asche des Filtrats . 1 ,829 \
ß) Asche des Koagulums 2,226 j
4) Ochsenblut; Serum im Eisschrank separiert. Je 10 — 10 ccm
Serum, resp. deren Asche mit Schwefelsäure titriert, zeigten, auf
1 ccm berechnet, folgende Alkalizität (in ccm N/ 100 S.)
a) Serum
. ,
*>)
. .
c) Serum, auf 100* C erwärmt filtriert:
oi) das Filtrat . . .
1,61 1
l 5,19
ß) das Koagulum * .
S,68 1
d) Wie »ob c:
a) das Filtrat . . .
1,62 1
l 5,30
ß) das Koagulum . .
3,68 j
e) Asche:
a) Asche des Filtrats .
0,88 |
3,1«
ß) Asche des Koagulums
2,30 1
Q Asche:
ot) Asche des Filtrats .
0,89 \ , „
2,28 / 3,U
ß) Asche des Koagulums
4,830
4,850
4,055
4,055
4,075
4,055
5) Anderes Ochsenblut; wie sub 4 untersucht.
a) Serum .........
b)
. .
6,00
c) Serum auf 100* C erwärmt, filtriert:
a) das Filtrat . . .
1,60 1
} 5,6*
ß) daa Koagulum , .
4,04
d) Serum wie sub c:
a) das Filtrat . . .
1,60 1
l 5,62
ß) daa Koagulum . .
4,02 j
e) Asche:
a) Asche des Filtrats .
0.84 1
| 3,6«
ß) Asche des Koagulums
2,84 |
f) Asche:
a) Asche des Filtrats .
0,85 j
| »,«7
ß) Asche des Koagulums
2,82 |
6) Blutserum, re«p. Blut- und Serumasche von drei Kaninchen
(a, b, c), welche 2 Monate vorher mit Tuberculose geimpft, bei der
Blutentnahme tuberculös befunden worden, zeigten pro 1 Gramm
folgende Alkalizität (N/100 Schwefelsäure):
a) Serum, nach Centrifugierung sogleich a b c
titriert
. . • e
.... 5,34
4,636
4,529
b) Die Asche
von
1 g Serum
... 4,35
4,08
4,16
C ) 7’ »1
ii
»7 II
.... 4,39
4.08
4,18
d) „ „
u
„ , t
.... 4,35
—
—
e) Die Asche
von
1 g Blut .
.... 4,30
3,93
3,64
0 „ n
»i
„ „
.... 4,33
3,95
3,62
ß) 11 II
ii
ii »i *
.... 4,25
—
—
Digitized by Google
Weitere Untersuchungen Über die Alkalizität des Blutes.
191
Ans diesen Untersuchungen geht evident hervor:
a) daß der größere Anteil von Alkali sich im durch Wärme
koagulierbaren Teile des Blutserums vorfindet;
b) daß die Alkalizität des Blutserums sich beträchtlich höher
stellt, als die gesamte Alkalizität der geglühten gesamten Blut-
resp. Serumasche.
Es kann schon aus diesem mit gewisser Wahrscheinlichkeit ge-
schlossen werden, daß der wichtigste Träger der Alkalizität des Serums
— und deshalb wabrscheinlicherweise der entscheidende in den
Schwankungen der Serumalkalizität — nicht die Asche (Aschen-
bestandteile) des Serums, sondern vielmehr eine organische
Substanz desselben ist 1 ).
Diese wichtige Rolle der organischen Substanzen des Blutserums,
gegenüber der Aschenbestandtelle bekräftigen, nach unserer Ansicht,
unsere Paralleltitrationen nach Limbeck’s Methode.
Li mb eck säuert das Blutserum mit überschüssiger Salzsäure
an, und titriert die diluierte heiße Probe mit Natronlauge bis zum
Erscheinen eines beständigen Niederschlages, wodurch die Flüssigkeit
getrübt wird, zurück. Diese Methode soll betreffs der durch die
Salze des Blutes resp. des Blutserums bedingten Alkalescenz-
grades in praxi gute Werte liefern*).
Wir wollen uns nicht in eine Kritik über die Brauchbarkeit
oder Genauigkeit der Methode einlassen und begnügen uns mit
der Konstatierung der Ergebnisse unserer Paralleltitrationen, wobei
sei noch bemerkt, daß wir — in Anbetracht der geringen Menge
des zu unseren Untersuchungen dienenden Blutserums — nicht 5,
sondern bloß 1 ccm Serum titrierten und Verdünnung und Ansäuerung
dem proportional Vornahmen.
Das Resultat war nun, daß die Alkalizitätswerte des Blut-
serums gesunder Kaninchen nach unserer sowie nach Lim-
beck’s Methode ziemlich gleich ausfielen; sic differierten jedoch
erheblich bei der Titration von Blutserum mit Diphtherietoxin
resp. Antitoxin injizierter Kaninchen. In dieser Differenz
äußerte sich jedoch eine gewisse Gesetzmäßigkeit: während nämlich
bei mit Toxin behandelten Tieren unter 10 Paralleltitrationen die
Li mb eck 'sehe Methode 9mal höhere Werte zeigte, als unsere
Methode, erreichte jene, bei mit Antitoxin injizierten Kaninchen,
unter 10 Titrationen 8mal niedrigere Alkalescenzwerte als unsere
Methode. Die Limbeck’sche Methode reagiert sonach weder auf
die Steigerung der Alkalescenz bei Antitoxininjektion, noch auf die
Verminderung der Alkalizität bei Toxineinspritzungen im gleichen
Maße, als unsere Methode.
Wenn nun die Li mb eck 'sehe Ansicht, daß seine Methode ins-
besondere die durch die Salze bedingten Alkalescenzgradc wiedergiebt.
1) Möglicherweise eine Substanz, welche im durch Wärme henrorgerufenen
Koagulum des Serums enthalten ist. Diesbezügliche nähere Untersuchungen
konnten wir derzeit noch nicht susführen ; sie sollen aber demnächst in Angriff ge-
nommen werden.
2) Vergl. R. R. ▼. Lim beck, Grundriß einer klinischen Pathologie des Blutes.
2. Aufl. p. 51. Jena (Fischer) 1896.
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192
Fodor und Ri gier,
richtig ist, so weisen jene Differenzen in den Paralleltitrationen
darauf hin, daß die Steigerung resp. Verminderung des Akalescenz-
grades bei Antitoxin- und Toxininjektionen nicht so sehr von der Ver-
mehrung oder Verminderung der Salze, sondern anderer, nament-
lich organischer Substanzen des Serums verursacht wird.
Auf Grund dieser Erfahrungen schien uns wichtig, die Alkalizitat
der Serumasche in gesunden wie auch in mit Toxin und mit Anti-
toxin behandelten Tieren zu bestimmen. Nachfolgende Tabellen zeigen
die Alkalizität des Blutserums (a) und der Serumasche (b) in
n/ 100 Salzsäure pro 1 ccm Serum:
1. Serie.
Injektion von
Diphthe
rietoxin.
Gewicht
Alkal. vor
Toxin
Alkalizität
nach d. Infektion
d. Kaninchen
d. Injekt. (ccm pro Kilo) 24 Std.
4X*4 Std.
1030
b)
4,25
2,50
0,4
3,40
2,625
t
980
3
4,25
2,10
0,4
3,225
2,00
t
2. Serie
Injektion
von D
iph therie
santi toxin.
945
s
4,30
2,10
0,8
4,75
2,15
4,15
2,875
2,875
1135
b)
b)
4,65
2,15
0,8
5,325
2,00
4,35
2,75
2,75
3. Serie.
I
n jektion
von T
ub erkulo
seserum.
nach 2^24 Std.
1160
»)
b)
4,10
8,00
0,5
4,50
2,00
4,25
2,30
1085
»)
b)
4,20
2,575
1,0
4,65
1,95
4,20
2.00
1270
»)
b)
4,35
2,75
2,0
4,775
1,85
4,00
9,55
Die Alkalizitätswerte der Serumasche weisen , entgegen den
regelmäßigen, fast gesetzmäßigen Schwankungen der Serumalkalizitat,
gar keine Regelmäßigkeit auf, namentlich ist aber evident, daß weder
die Steigerung der Serumalkalizität noch deren Verminderung durch
die Aschenbestandteile des Serums hervorgebracht werden können,
woraus selbstverständlich folgt, daß die Alkalizunahme
bei Immunisation, bei Antitoxinbehandlung durch
andere, namentlich durch organische Substanzen, zu-
stande gebracht wird, welche Substanzen sich, infolge
von Immunisierung und Antitoxinbehandlung im Blute
vermehren, infolge von Infektion, Toxininjektion je-
doch vermindern.
Schlußwort.
Die dargelegten Untersuchungen weisen darauf hin, daß einerseits
Infektion, Immunisation, sowie Toxin- und Antitoxineiuspritzungen,
andererseits Verminderung resp. Erhöhung des Alkalizitätswertes des
Blutserums in einem auffallenden, ganz regelmäßigen, man möchte
sagen, gesetzmäßigem Verhältnisse zu einander stehen. Dieser gesetz-
mäßige Zusammenhang wird auch durch die Beobachtungen anderer
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Neuere Untersuchungen über die Aikalizität des Blutes.
193
Autoren, so besonders durch die schönen Versuche Calabrese’s
bekräftigt.
Ferner konnte nachgewiesen werden, daß jene Erhöhung der
Aikalizität bei Immunisation resp. Antitoxinbehandlung durch Ver-
mehrung von organischen Stoffen im Blute verursacht wird.
Die wichtigste Frage bildet nun : Woher entspringt jene organische
Substanz? Dieselbe wird keinesfalls durch die injizierte Flüssigkeit
geliefert, weil — wie bei den Versuchen angegeben ist — die
Aikalizität der Injektionsflüssigkeiten eine verschwindend geringe ist.
Ebensowenig mag jener organische Stoff aus irgendwelcher chemischen
Umänderung der Injektionsflüssigkeit hervorgehen, da die Erhöhung
der Aikalizität mit der Menge der eingespritzten Flüssigkeit in keinem
regelmäßigen Verhältnisse steht, was doch bei einer einfach chemischen
Umänderung der Injektionsflüssigkeit naturgemäß zu erwarten wäre.
Alles weist darauf hin, daß jene Injektionen als spezifische
Erreger wirken, welche eine vitale Reaktion im Körper des
Tieres hervorrufen, auf welche Reaktion hin der Körper resp. die
Leukocyten desselben spezifische Substanzen entwickeln,
welche baktericide, antitoxische Wirkungen hervorbringen. Fodor
nannte diese Reaktion des Körpers „Cy toch em ismu s“ *).
Die dargelegten Blutalkalizitätsbestimmungen weisen eine solche
vital- chemische Reaktion positiv nach, dieselben ermöglichen sogar
die Schwankungen jener vitalen Prozesse zu verfolgen und bis zu
einem gewissen Grade zu messen. Die Schwankungen jener Alkalizitäts-
werte sind dementsprechend chemische Anzeiger, ja Messer der im
Körper, nach Infektion etc., sich entwickelnden vitalen Reaktion, des
Cytochemiamus.
Und da — wie nachgewiesen — die Alkalizitätswerte im engen
Verhältnisse stehen mit dem Kampfe des Organismus gegen Infektions-
stofle, Toxine, mit dem Widerstehen oder Unterliegen des Tieres
einer Infektion gegenüber, so sind jene Alkalizitätswerte schätzbare
Verkünder des Standes jenes Kampfes im Organismus. Ebenso
liefern die Alkalizitätsmessungen ein wertvolles Mittel dem Forscher
an die Hand, um auch die Wirkungen von Immunisation, Antitoxin-
bebandlung u. s. w. auf den Körper resp. auf infizierende und toxische
Agentien zu verfolgen.
Ob nun — schließlich — jene alkalische Substanz, welche das
Titrieren nach Immunisation und Antitoxinbehandlung im Blute nach-
weist, und welche wir als organisch bewiesen zu haben vermeinen,
identisch ist mit jenem Körper, welcher das infizierte Tier gegen
Infektion resp. Toxinwirkung schützt, und wenn ja, auf welche Weise
dieselbe gebildet wird, ob denselben der Organismus neu erzeugt,
secerniert, oder ob — wie es Wassermann meint*), dem wir
jedoch auf Grund des oben Dargelegten kaum beipflichten können —
die Vermittelung des lebenden Organismus aus dem Antitoxin selbst
diejenige aktive Verbindung frei macht, welche dann im lebenden
1) Transaktion» of the seventh international congress of hygiene, etc. London.
Tel. U. p. 177.
2} Zeitschrift für Hygiene. Bd. XXII. Heft 2. p. 312.
Ente Abt, XXI. Bd. 13
Google
194
W. Jnnowski
Körper das Gift unschädlich macht und endlich, auf welche Weise
die Zerstörung von Infektionsstoffen und Toxinen im Körper bewerk-
stelligt wird, das sind Fragen, die durch weitere, eindringende Unter-
suchungen klar zu stellen sind.
11. Januar 1897.
Nachdruck verboten.
Zur Aetiologie der Dysenterie.
Von
Dr. med. W. Janowsld,
Städtischem Bakteriologen und AbteilungsAssistenten,
in
Warschau.
(Fortsetzung.)
Die zweite Kranke der Verff. (aus Schleswig-Holstein) litt seit
etwa 3 Jahren an unregelmäßiger Diarrhöe. Die gelben, zähen Ent-
leerungen enthielten außer Flagellaten, unter denen meiner Ansicht
nach Cercomonaden zu verstehen sind, eine große Anzahl Amöben,
die etwas größer waren als Loesch'sAmoeba coli. Die encystier-
ten Formen dieser Amöben differierten auch etwas von den eiugekap-
selten Formen der Amoeba coli. Die durch diese Amöben bei der
Patientin hervorgerufene Diarrhöe war etwas gutartiger, als die bei
dem ersten Kranken durch Amoeba coli hervorgerufene. Die In-
jektion dieser Amöben per rectum rief bei Katzen nur vorübergehend
Diarrhöe hervor, und die Untersuchung des Darmes zeigte in 2 Fällen,
daß die Schleimhaut des Dickdarmes unversehrt war. Angesichts
dieser Thatsachen nennen Quincke und ßoos diese Amöbenspecies :
Amoeba coli mitis.
Um festzustellen, ob im durchschnittlichen flüssigen Stuhle Amöben
Vorkommen und in welcher Anzahl, gaben die Autoren 24 Personen
Karlsbader Salz. Bei 9 derselben fanden sie dann in den frischen
Entleerungen Amöben, darunter in 3 Fällen große Mengen. Die Faeces
aus einem der 3 letzten Fälle wurden 2 Katzen injiziert, wodurch bei
denselben vorübergehend Diarrhöe entstand. Diese dritte harmlose
Amöbenart nannten sie Amoeba vulgaris. Sie sind der Ansicht,
daß die Rolle der Amoeba mitis bei Entstehung von Diarrhöen
nicht abzuleugncn ist und daß deshalb alle hartnäckigen Diarrhöen
auf Amöben zu untersuchen und dieselben event. durch Kalomel zu ver-
treiben seien.
Der hier erwähnte zweite Fall von Quincke und Roos ist in
ätiologischer Hinsicht nicht ganz klar zu nennen, da in den Ent-
leerungen nicht Amöben allein gefunden wurden. Außerdem sind die
Daten, auf Grund deren die Verff. die einzelnen Amöbenarten von-
einander unterscheiden, thatsächlich nicht sicher genug. Die späteren
Untersuchuchungen von Roos (71), auf welche wir noch zurück-
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Zur Aetiologie der Dysenterie.
195
kommen vrerden, lieferten mehr Daten zur Unterscheidung der
Amoeba felis und coli von der Amocba mitis. Jedenfalls er-
sieht man besonders aus dem zweiten Falle der Verff., von wie großem
Nutzen Kulturen der Amöben wären.
Die zweite, von Kruse und Pas quäle (47) im Jahre 1893
einige Monate vor obiger Arbeit von Quincke und Roos veröffent-
lichte Schrift ist nur ein vorläufiger Bericht, der die Anfang 1894
von diesen Autoren veröffentlichte Arbeit ankündigt. Die Arbeit von
Kruse und Pasquale (48) ist das Resultat eingehender, in Italien
und in Aegypten angestellter Studien. Sie überzeugten sich hierbei,
daß während ihres Aufenthaltes in Italien ihre normalen Entleerungen
selbst Amöben enthielten. Obgleich dieselben den Dysenterie her-
vorrufenden Amöben ähnlich waren, verursachten sie doch, Katzen
injiziert, keinerlei krankhafte Prozesse in deren Darme. In Aegypten
fanden die Autoren nur 2 mal unter 35 untersuchten gesunden Indi-
viduen Amöben im Stuhle. Sie sind daher der Ansicht, daß in man-
chen Ländern die Amöben einen normalen unschädlichen Bestandteil
der Entleerungen bilden, obgleich sie ihrem Aussehen nach sich nicht
* von denjenigen unterscheiden, die Dysenterie hervorrufen. Bei letz-
terer fanden sie unter 50 Fällen 40 mal Amöben; nur in der Hälfte
der Fälle waren bei denselben Bewegungen zu konstatieren. Ich
übergehe hier die übrigen, die in den Entleerungen gefundenen
Flagellaten betreffenden Einzelheiten, da ich dieselben schon an an-
derer Stelle besprochen habe (38). Es sei nur erwähnt, daß nach
Kruse’s und Pasquale’s Ansicht die Flagellaten zuweilen die
pathogene Wirksamkeit der Amöben begünstigen und steigern. — Die
pathologisch-anatomischen Veränderungen im Darme bestanden bei
Dysenterie in katarrhalischen Erscheinungen und Ulcerationen ver-
schiedener Größe: von der eines Hirsekorns bis zu der eines Thalers.
In den aus solchen Darmstücken gefertigten Präparaten wurden die
Amöben stets in der Submucosa oder noch tiefer, aber nie in der
Mucosa gefunden. Die Verff. stellten Züchtungsversuche mit diesen
Amöben an. Zu diesem Behufe beschickten sie mit solchen amöben-
haltigen Faeces reinen Strohaufguß von verschiedener Reaktion und
Konzentration, Strohaufguß mit Hinzugabe von Bouillon oder Blut-
serum, reines Nilwasser oder Nilwasser mit Bouillon, Blutserum von
Ochsen, ascitische oder hydrocelische Flüssigkeit.
Alle diese Impfversuche blieben jedoch, was Amöbenkulturen be-
trifft, erfolglos. 16 Katzen wurden dysenterische Stühle in das Rectum
injiziert. Bei 8 derselben stellte sich Dysenterie ein. Ein analoges
Resultat erhielten die Verff. in 7 Experimenten unter allen mit Eiter
aus postdysenterischen Leberabscessen an Katzen vorgenommenen In-
jektionen; zu 3 dieser Experimente war bakterienfreier Eiter ver-
wandt worden. Die Verff. schreiben dieser letzten Thatsache große
Bedeutung zu. Im allgemeinen fanden sie in 6 Leberabscessen nach
Dysenterie Amöben. Obwohl außer Stande, die Frage hinsichtlich der
Natur der von ihnen beobachteten Amöben durch Kulturen zu ent-
scheiden, bemerken die Verff. doch, daß man die pathogene Amoeba
dysenteriae von der nicht pathogenen, stellenweise bei Gesunden
vorkommenden Amoeba coli zu unterscheiden habe. Was die
13»
196
\V. J ä n o w s k I ,
Dysenterie betrifft, so betonen Kruse und Pas quäle den Unter-
schied zwischen der durch Amöben hervorgerufenen ägyptischen, der
japanischen (Ogata) und unserer europäischen Dysenterie. Charak-
teristisch für die ägyptische Dysenterie ist das Vorgehen der ana-
tomischen Veränderungen von der Submucosa aus nach der Oberfläche
der Mucosa zu, während dies bei der gewöhnlichen Dysenterie nicht
der Fall ist Außerdem gesellen sich zur ägyptischen oft Leber-
abscesse, was bei der gewöhnlichen auch nicht stattfindet Die Arbeit
von Kruse und P a s q u a 1 e ist nach derjenigen von Council man
und Lafleur die umfangreichste dieser Art Wie ersichtlich,
stimmen die Resultate der ersteren l ) in vielen Punkten mit denen
der letzteren überein.
Schuberg (aus München) (73) untersuchte die Stühle gesunder
Menschen auf Amöben, fand jedoch keine Amöben darin. Als er aber
denselben Individuen (20) Karlsbader Salz zur Abführung gab, faud
er in der Hälfte aller Fälle, soweit die Stühle noch ganz flüssig
waren, Amöben. Die in solchen Stühlen vorkommenden harten Klümp-
chen enthielten keine Amöben. Er nimmt an, das Vorkommen der
Amöben im oberen Abschnitte des Dickdarms werde von der dort •
noch alkalischen Reaktion des Kotes begünstigt. Der Verf. unterzieht
das gesamte bis zu jener Zeit veröffentlichte Material über die
Amöbenfrage einer strengen und erschöpfenden Kritik und kommt zu
dem Schlüsse, es müsse buchstäblich alles aufs neue gemacht werden.
Seiner Ansicht Dach hindere uns nichts, anzunehmen, daß die große
Amöbenzahl in dysenterischen Stühlen von der sekundären Ver-
mehrung der Amöben abhängt. Die Art ihres Einwirkens auf deu
Darm ist noch unaufgeklärt. Daß die Amöben häufig rote Blut-
körperchen enthalten, ist an und für sich noch kein Beweis für eine
ihrerseits erfolgte Beschädigung der Gefäße, die ein Austreten der
roten Blutkörperchen ermöglichen könnte. Der allgemein angenommene
schädliche Einfluß ihrer Bewegungen auf den Darm, der in dadurch
verursachter Hyperämie, Entzündung u. s. w. besteht, ist ebenfalls
noch nicht ganz erwiesen, denn viele Tiere vertragen die Anwesenheit
von Amöben und Flagellaten im Darme ganz gut. Das Vorkommen
der Amöben in postdysenterischen Abscessen entbehrt ebenfalls der
Beweiskraft, denn sie waren auf dem durch die Bakterien erüffneten
Wege sekundär in die Leber eingedrungen, und erst diese letzteren hatten,
durch die Amöben hineingebracht, ihre eitererregenden Eigenschaften
in der Leber geltend machen können. Von größerem Werte für die
Lösung dieser Frage, d. h. für Bestimmung der Rolle der Amöben
bei Entstehung der Dysenterie, können nur Impfversuche mit Rein-
kulturen dieser Mikroorganismen sein. Diese fehlen uns aber heute
noch. Denn Schuberg betont mit Recht, daß die von Kartulis
erhaltenen Amöbenkulturen unrein waren und Beimischungen aus der
Luft enthielten. Aber selbst die Injektionen von Reinkulturen per
rectum würden noch nicht ganz überzeugend sein, denn sie könuten
nur beweisen, daß die Amöben sich unter gewissen Bedingungen im
1) Ich übergehe hier die eiogehenderen Untersuchungen der Verff. hinsichtlich der
Natur der von ihnen bei Dysenterie angetroffenen Bakterien ganx.
Zar Aetiologie der Dysenterie.
197
Darme gut entwickeln können. Dagegen wäre es lohnend, hätte man
einmal Reinkulturen der Amöben erhalten, Tiere damit zu füttern,
selbstverständlich mit encystierten Formen, denn die nicht eingekap-
selten Formen würden, als zu wenig widerstandsfähig, im Magen zu
Grunde gehen und das Experiment wäre in Anbetracht dessen für
null zu erklären.
Im Jahre 1894 veröflentlichte Lobas (51) seine vom fernsten
Osten Sibiriens, nämlich von der Insel Sachalin, stammenden Be-
obachtungen. Er hatte im Gefängnisse zu Sachalin Gelegenheit,
16 Fälle von sehr schwerer Diarrhöe zu beobachten; 13 endigten
letal, nur 3 der Kranken genaßen. In 13 Fällen wurden die Faeces vom
Verf. (der selbst seinen Mangel an Erfahrung in dieser Hinsicht be-
tont) mikroskopisch untersucht, wobei er Gebilde fand, die er für
Amöben hielt (die Beschreibung ist nicht genau). Bewegungen hat
er nur in einem Falle bei ihnen gesehen. In den letal endigenden
Fällen fand Lobas Hyperämie und zahlreiche Operationen im Darme.
Dies war die erste Epidemie dieser Art auf Sachalin. Der Verf.
nimmt an, daß der Ursprung dieser Epidemie in dem schlechten, von
Säuen verunreinigten Wasser zu suchen ist, das den Arrestanten zum
Trinken diente. Wenigstens erlosch die Epidemie, sobald eie Mög-
lichkeit einer solchen Verunreinigung beseitigt war.
E. Roos (71) veröffentlichte eine Arbeit, die als das Resultat
seiner weiteren, eingehenden Bearbeitung eines Materials zu be-
trachten ist, das aus 2 fast ein Jahr vorher von demselben Verf. im
Verein mit Quincke (69) beschriebenen und veröffentlichten Fällen
stammte. Roos wiederholt hier, daß die Amöben aus dem Stuhle
eines in Sizilien damit infizierten Kranken kleiner waren (15 — 25 /<)
als diejenigen, die er in den Entleerungen einer anderen Kranken, einer
ständigen Bewohnerin der Provinz Schleswig-Holstein, fand (25 — 35 /t).
Außerdem enthielten erstere oft rote Blutkörperchen, letztere nie;
erstere kapselten sich in Gestalt rundlicher, sogar ovaler, 10—15 /*
großer, fast durchsichtiger, zarter, scharf, aber nicht doppelt kon-
turierter Cysten ab, die letzteren aber in Gestalt ganz runder Ge-
bilde von 16 — 17 f i im Durchmesser, mit doppelten Konturen und
mehreren hellen Bläschen (Kerne?) im Innern. Bei den an Katzen an-
gestellten Experimenten erwiesen sich letztere als indifferent, erstere
aber riefen heftige Diarrhöe hervor. Aus diesem Grunde hält Roos
die erste Amöbenspecies für Amoebacoli Loesch, S. felis, die
andere für Araoeba coli mitis, eine neue, bis jetzt noch nicht
näher beschriebene Amöbenart.
Seine Experimente an Katzen führte Roos folgendermaßen aus -
Er ätherisierte die Tiere im Sacke 1 / i Minute lang und führte ihnen
hierauf vermittelst eines Katheters 5 ccm Kot in das Rectum ein.
War der Kot hart, so verdünnte er ihn vorher mit Salzlösung. Unter
8 mit solchem, Loesch ’s Amöben enthaltendem Kote injizierten
Katzen erzielte er bei 6 derselben Dysenterie mit letalem Ausgange
zwischen dem 10. — 22. Tage. Fütterung mit encystierten Amöben-
formen (zu diesem Behufe ließ er die Entleerungen 2 Tage bei Zimmer-
temperatur stehen, wobei die sich bewegenden Formen abstarben) rief
ebenfalls bei 2 Katzen Dysenterie hervor. In allen diesen Fällen war
Digitized by Google
198
W. Janowski,
die Zahl der Amöben in den Stühlen sehr groß. Der Darm der an
Dysenterie zu Grunde gegangenen Katzen wurde untersucht, und
Roos konstatierte darin Verdickung und Hyperämie der Subtnucosa,
hauptsächlich um die Lymphfollikel herum. Bisweilen ging die Ent-
zündung bis zur Muscularis. Manchmal sind wiederum hauptsächlich
die Lymphdrüseu davon betroffen. Dann stirbt ein Teil derselben ab
und man sieht an ihrer Stelle zahlreiche Amöben, die bis zur Mus-
cularis mucosae Vordringen, welche ihr weiteres Vordringen zu
verhindern scheint. Die Blutkapillaren sind intensiv erweitert; zu-
weilen verstopfen die Amöben sie dergestalt, daß es zur Gewebs-
nekrose in der nächsten Umgebung kommt. Roos sah auch Amöben
in Menge im Schleime und zwischen den Darmfalten. Am besten
sind die Amöben im allgemeinen auf Präparaten aus Fiera m in g’scher
Flüssigkeit, wenn sie mit Hämatoxylin oder mit Loeffl er ’scher
Flüssigkeit gefärbt werden.
Obiges Resultat der Experimente an Katzen bringt den Verf.
zu der Folgerung, daß dieAmoeba felis, welche mit der Amoeba
dysenteriae Councilman und Laflcur und der Amoeba coli Loesch
identisch ist, sich für Katzen pathogen erweist. Amoeba mitis
hat keine pathogene Wirkung auf Katzen. Sie dringt allem Anscheine
nach nicht tiefer in die Darmgewebe ein und ruft daher nur leichte
Diarrhöen hervor. Die klinische Unterscheidung dieser beiden Amöben-
arten ist in prognostischer Hinsicht von Wichtigkeit. Wenn die
mikroskopische Untersuchung der Faeces noch keine genügenden
Daten zur Differentialdiagnose geben, so sind zu diesem Zwecke In-
jektionen mit frischen Entleerungen an Katzen vorzunehmen.
Wie wir sehen, legten zuerst Quincke und Roos besonderen
Nachdruck auf die genauere Differentialdiagnose der in den Faeces
vorkommenden verschiedenen Amöbenspecies.
Zur vollständigen Lösung dieser Frage fehlten jedoch die Kul-
turen, die den Verff. nicht gelangen. Je mehr Arbeiten sich über
die uns beschäftigende Frage ansammelten, desto deutlicher trat die
Notwendigkeit, eine Methode zur Züchtung der Amöben zu entdecken,
zu Tage. Demzufolge teilte auch Ogata (61) schon im Jahre 1893
und nach ihm auch Andere ihre Methode zur Züchtung der Protozoen
mit. Allein erst die 1895 und 1896 veröffentlichten Forschungen
scheinen die Sache in das richtige Geleis gebracht zu haben. Um
jedoch die bisher beibehaltene chronologische Reihenfolge nicht zu
unterbrechen, werde ich über diese Arbeiten erst am Schlüsse der
meinigen berichten. Unterdessen wollen wir die zur Veröffentlichung
kommenden Fälle von Amöbendysenterie weiter verfolgen.
Vivaldi (78) untersuchte während der Dysenterieepidemie zu
Padua im Jahre 1893 die Faeces in 20 Fällen. Unter dem Mikro-
skope fand er stets Amöben darin. Er glaubt, daß sie bei Entstehung
der die Dysenterie kennzeichnenden Veränderungen eine Rolle spielen,
ohne Beteiligung der Bakterien aber nicht imstande seien, diese Ver-
änderungen hervorzurufen. Vivaldi versuchte, die Amöben auf an-
gesäuertem oder alkalisiertem Heuaufguß zu züchten. Die erhaltenen
Kulturen, die, soviel aus Vivaldi ’s Beschreibung zu entnehmen ist,
nicht rein waren, impfte er Katzen und Kaninchen ein (je 10—20 ccm).
i by Google
Zur Aetiologie der Dysenterie.
199
Bei den Kaninchen stellte sich daraufhin vorübergehend Fieber, bei
den Katzen Diarrhöe und Schleimfluß aus dem After ein. Bei der
Sektion wurde diffuser Dickdarmkatarrh konstatiert; Ulcerationen
waren nicht vorhanden.
Der Vollständigkeit halber muß ich noch erwähnen, daß Bernd t
(5) über einen Fall von Abscessus subphrenicus nach Typhus berichtete,
in welchem er Amöben und Flagellaten fand; der Verf. beschreibt
weder die einen noch die anderen genauer. Es spricht aber nichts
dafür, daß diese von Bernd t gesehenen Amöben etwas mit den
Dysenterieamöben gemein gehabt hätten.
Ein interesantes Material finden wir bei Gasser (29) aus Oran.
Um sich Klarheit über die Rolle der Amöben bei Dysenterie zu ver-
schaffen, untersuchte er mikroskopisch 109 Fälle von akuter Dysen-
terie, 34 Fälle von chronischer Dysenterie, 8 Fälle von chronischer
Diarrhöe und 2 postdysenterische Leberabscesse. Er fand dabei
Amöben in 45 Fällen akuter Dysenterie, ohne daß jedoch ein Ab-
hängigkeitsverhältnis zwischen der Zahl derselben und der Schwere
des klinischen Bildes bestanden hätte, und in 13 Fällen von chro-
nischer Dysenterie. Zehn Kranke der letzten Gattung verließen das
Krankenhaus noch mit Amöben im Stuhle. Einer der Leberabscesse
enthielt Amöben ; Bakterien wurden in beiden nicht gefunden. Unter
8 Fällen von chonischer, nach vernarbter Dysenterie entstandener
Diarrhöe fand der Autor 5 mal Amöben vor. Die Kranken batten
zum Teil längere Zeit in Tonkin, Dahomey und Algier gelebt, die
Mehrzahl aber Oran nie verlassen (Hafenstadt in der Provinz Oran,
neben Algier). Im ganzen fand Gasser bei 64 Kranken Amöben.
Allein er entdeckte dieselben auch bei 4 unter 20 Gesunden. Er in-
jizierte amöbenhaltige Faeces nur Katzen. Nur bei einer derselben
entstanden Ulcerationen im Darme. Der Verf. macht jedoch darauf
aufmerksam, daß bei den Katzen ziemlich häufig nicht dysenterische
Ulcerationen im Darme vorkamen.
Casagrandi und Barbagallo - Rasipiardi (14), die
Amoeba coli sowohl 'bei Typhus, als auch bei sporadischer Dysen-
terie fanden, behaupten, diese Amöbe sei nicht nur nicht pathogen,
sondern sogar bei Vernichtung der anderen Parasiten im Darme von
Nutzen. Die Verff. überzeugten sich durch ihre Experimente, daß die
Amoeba coli von Personen, die an gewöhnlicher Dysenterie litten,
nur dann fortkommt, wenn bereits Darmkatarrh vorhanden war, die
aus dysenterischen Faeces stammende Amöbe aber sich im Darme
jeder Katze weiter entwickelt Sie schreiben dies nicht der Virulenz
der Amöbe selbst zu, sondern vielmehr dem Umstande, daß die mit
ihnen zugleich eingeführten virulenten Bakterien den Amöben einen
günstigen Boden zu deren Entwickelung bereiten.
Piccardi (67) aus Turin beschreibt einen Fall von schwerer
Diarrhöe bei einem Studenten, dessen Stühle gleichzeitig Megastoma
entericum, Cercomonaden und Amoeba coli enthielten. Der
Fall ist also in ätiologischer Hinsicht unklar. Wir ersehen daraus
nur, daß die Mehrzahl der von Piccardi beobachteten Amöben
15—20 u groß war, und daß er viele encystierte Exemplare zu Ge-
siebt bekommen hat Sie traten alsdann in Gestalt runder, 10 — 13 (i
200
W. Janovsk ,
großer Gebilde mit Pscudopodien auf. Piccardi sagt nicht mit
Unrecht, daß viele Amöbenarten äußerlich, gleich den Baktcrieu, kaum
voneinander zu differieren brauchen, und dennoch von ganz ver-
schiedener Einwirkung auf den menschlichen Organismus sein können.
Hier eröffnet sich ein Feld für weitere Forschungen.
Zancarol (81) aus Alexandrien behauptet wiederum, die Rolle
der Amöben in der Aetiologie der Dysenterie sei noch unaufgeklärt.
Er rief zwar bei Katzen durch Injektion dysenterischer, lebende
Amöben enthaltender Faeces Dysenterie hervor, allein dasselbe Re-
sultat erhielt er auch, wenn er ihnen Eiter aus einem Leberabscesse
injizierte, der, mikroskopisch untersucht, keine Amöben enthielt und
sich bei der bakteriologischen Untersuchung als steril erwies. Er
glaubt, man sei immer zu leicht geneigt, Leberabscesse für steril zu
erklären, während doch erst das negative Resultat der bakterio-
logischen Untersuchungen einerseits und der Tierexperimente anderer-
seits den Sterilitätsbeweis erbringen können.
Aus der umfangreichen Arbeit von Babes und Zigura (2) sei
hier nur erwähnt, daß die Verff. 15 Fälle von Entero-hepatitis
suppurativa, einer in Rumänien häufig endemisch vorkommenden
Krankheit, in pathologisch- anatomischer und bakteriologischer Hin-
sicht sehr genau untersucht und dabei in 6 Fällen (Beobachtung
No. 3, 4, 6, 7, 8 und 9) in den Absceßwänden, und in 3 Fällen
No. 3, 4 und 6), außerdem noch in den Darmwandungen amöboide
Gebilde gesehen haben. Wiewohl eigentlich auf Grund der Ab-
bildungen der betreffenden Autoren die Identität der in Rede stehenden
Gebilde mit durch Maccration alterierten Amöben nicht anzuzweifeln
wäre, so muß ich doch hervorheben, daß die Autoren selbst sie nicht
mit Entschiedenscheit als Amöben bezeichnen, sondern nur sagen, sie
seien den Amöben ähnlich („seamänä cu amoebe“) oder diese
Gebilde könnten Amöben gewesen sein („forma ( tiuni care ar
putea fi amoebe“) oder schließlich, sie wären amöbenartiger
Natur („cu caracterele amoebelor“). Sie erklären, sich noch
kein Urteil über die pathogene Bedeutung dieser amöboiden Gebilde
haben bilden zu können, denn sie erhielten keine typischen Ver-
änderungen, wenn Tiere mit solche Gebilde enthaltendem Eiter ge-
impft wurden, fanden ähnliche Gebilde bei Gesunden und hielten, wie
bereits erwähnt, ihre parasitäre Natur noch nicht für erwiesen. Ob-
gleich die Verff. in der von ihnen untersuchten Endemie durchaus
nicht immer solche amöboide Gebilde vorfanden und ihre Rolle noch
für unaufgeklärt halten, heben sie die Analogie zwischen der von
ihnen beobachteten Krankheit und der sog. Tropendysenterie hervor.
Diese Analogie besteht darin, daß beide Krankheitsformen oft durch
Leberabscesse kompliziert sind und daß im Darme Veränderungen
eintretcn, die von den bei der gewöhnlichen epidemischen Dysenterie
vorkommenden wesentlich differieren.
Schon Ende 1895 beschrieb John Curnow (24) einen in London
beobachteten Leberabsceß, dessen Eiter Amoeba coli enthielt.
Dieser Kranke (42 Jahre alt) hatte in Calcutta im Jahre 1893 an
Dysenterie gelitten; l‘/ 2 Jahr später bildete sich im rechten Leber -
lappen^ein Absceß, der am 14. I. 1894 eröffnet wurde. Nach dieser
/ Google
Zar Aetiologie der Dysenterie.
201
Operation erkrankte der Patient wieder an Dysenterie (folglich 18 Mo-
nate nach der ersten), wurde aber schließlich als wiederhergestellt
entlassen. Während des Dysenterierecidivs fand Curnow einzelne
tote, runde Amöben im Stuhle. In dem aus der Leber entleerten
Eiter sah er sie in Menge. Seiner Ansicht nach wird die Aetiologie
des ganzen Krankheitsbildes durch die Anwesenheit der Amöben im
Eiter und in den Entleerungen hinreichend erklärt.
Im Jahre 1896 veröffentlichte Boas (10) 2 Fälle von schwerer
Diarrhöe, in denen sich Amöben in den Stühlen zeigten. Der erste
derselben betraf eine 32-jilhrige Frau, die nach einem Landaufent-
halte (Hermsdorf), wo sie trübes Wasser getrunken hatte, an hef-
tiger, mit Schmerzen verbundener Diarrhöe erkrankte. Diese Diarrhöe
dauerte 3 Jahre, und die Kranke büßte dabei 15 kg an Gewicht ein.
Die Faeces enthielten zahlreiche Amöben in verschiedenen Entwicke-
lungsstadien, und zwar sich bewegende, encystierte und unbewegliche.
Die Größe dieser Amöben schwankte zwischen 15—25 fi. Die en-
cystierten Formen waren nur 10 — 15 u groß. Die Entleerungen ent-
hielten weder Blut noch Eiter. Boas fand aber keine roten Blut-
körperchen in den Amöben; dagegen fand er Bakterien und Detritus
in Menge darin vor. Der Verf. konstatierte, daß diese Amöben zu-
weilen nach 8 — 10 Stunden nach Abgabe des Stuhles darin zu sehen
sind. Blieben die Stühle 24 Stunden lang im Thermostat, so waren
nur noch einzelne encystierte Exemplare nachzu weisen. Der Verf.
injizierte Katzen je 25 ccm solcher Faeces per rectum, allein ohne
Erfolg, ohne daß sogar Amöben in den Entleerungen zu finden ge-
wesen wären. Als die Kranke, die zu jener Zeit schwanger war,
geboren hatte, begann Boas, ihr Kalomel zu verabreichen (3 mal
täglich je 0,05 g). Die Diarrhöe nahm dabei zwar nicht ab, die
Araöbenzahl im Stuhle aber war merklich geringer, solange Kalomel
verabreicht wurde. Sobald man aber damit anfhörte, stellten sie sich
wieder in ihrer ursprünglichen Zahl ein. Dieselbe Erscheinung be-
obachtete der Verf., als er einem Kranken Chinin und Lapislösung
(1 : 1000) verabreichte. Es gelang ihm schließlich, eine Besserung
des Darmkatarrhs zu erzielen, und monatelang fehlten die Amöben
im Stuhle gänzlich, allein im Januar 1. J. zeigten sie sich wieder in
großer Anzahl. In seinem zweiten Falle fand Boas in den Ent-
leerungen zahlreiche encystierte Amöben und Infusorien, die den von
Roos beschriebenen ähnlich waren. Bei entsprechender Diät und
Verabreichung tvon Bismuthium salicylicum trat für einige Monate
Besserung ein. Boas bemerkt, daß seiner Ansicht nach die Rolle
der Amöben bei der Entstehung solcher Diarrhöen noch rätselhaft
sei. Klinisch zeichnen sich dieselben aber durch große Hartnäckig-
keit aus. Was meine persönliche Anschauung betrifft, so glaube ich,
daß nur der ersto von Boas’ Fällen zu der uns hier speziell be-
schäftigenden Gruppe von Fällen gerechnet werden kann.
Nachdem Boas in dem Aerzteverein zu Berlin mündlich von
seinen 2 Fällen Mitteilung gemacht hatte, ehe er dieselben d em Drucke
übergab, berichtete in der darauffolgenden Sitzung B qj-e+rifr d t*-(' U C7
er habe im Hospital Am Urban einen Arbeiter hedJmc^lä&'fdPr seft /,
6 Jahren an nur zeitweilig nachlassender Diarhöivlkt^^^jÄ^^^:
•v v
202
W. Jinowski, Zur Aotiologte d«r Dysenterie.
Zeit hielt sie 3 Wochen an, und der Kranke hatte täglich 5 — 6 Ent-
leerungen. In denselben fand Borchar dt zahlreiche Amoeba coli
mitis (Quincke und Roos). Nach Verschwinden der Amöben aus
den Stühlen genas der Kranke. Ueber die Bedeutung dieser Amöben
spricht sich der Autor nicht aus, denn zur Feststellung derselben
sind seiner Ansicht nach Experimente mit Reinkulturen derselben er-
forderlich.
Einige Wochen später beschrieben Peyrot und Roger (65),
als die ersten in Frankreich, einen Fall von amöbenhaltigem Leber-
abseeß. Derselbe betrifft eine 27-jährige Frau, die im Dezember 1895
in Nossi-B6 an Dysenterie erkrankte. Als sich einen Monat später
bei ihr ein Leberabsceß bildete, wurde er auf transpleuralem Wege
eröffnet und 1 /., 1 Eiter entleert; durch Kulturen wurde nachgewiesen,
daß er bakterienfrei war, und das Mikroskop zeigte zahlreiche Amöben,
die den von Loesch und Kartulis beschriebenen ähnlich waren.
Der Eiter war alt uud enthielt zahlreiche Zerfallsprodukte. Die Verff.
bemerken, daß sich über die Rolle der Amöben bei Entstehung der-
artiger Leberabscesse nichts sagen lasse. Erst Experimente mit Rein-
kulturen können Klarheit darüber schaffen. Die Verff. stellten mit
ihren Amöben Züchtungsversuche auf Strohaufguß an, es wuchsen aber
darauf andere Amöben, als die zur Beschickung verwandten.
Sehr interessant ist die Beobachtung von Männer (55 *) aus
Kovd cs’ Abteilung in Wien. Er beobachtete bei einem Manne, der
sich seit vielen Jahren immer in Wien oder in dessen näherer Um-
gebung aufgehalten hatte, hartnäckige Diarrhöe. Die Stühle, ins-
besondere die schleimigen Anteile, enthielten konstant Amöben in
Menge. Die Diarrhöe verschlimmerte sich ; der Kranke kam immer
mehr von Kräften und schließlich erfolgte der Exitus letalis. Die
Obduktion zeigte im Dickdarmc diffuse Schwellung und Auflockerung
der Schleimhaut und zahlreiche tiefe, bis an die Muscularis reichende
Geschwüre mit leicht gezackten Rändern im Coecum. Die mikrosko-
pische Darmuntersuchung zeigte, daß der Zerfallsprozeß nicht erst von
der Mucosa an begann, wie dies für die Amöbendysenterie charakte-
ristisch ist: die Schleimhaut war ebenfalls überall zerstört. Der
Verf. erklärt dies dadurch, daß der Prozeß schon weit vorgeschritten
war. In der Leber fanden sich zahlreiche Abscesse. Der Eiter wie.
auch der innerste Teil der Absceßwände enthält Amöben in großer
Anzahl. In der Darmschleimhaut allein konnten keine Amöben ge-
funden werden. Es wurden einer Katze frische, amöbenhaltige Ent-
leerungen injiziert und hierdurch blutige Stuhlentleerungen hervor-
gerufen; nach einer Woche ging die Katze zu Grunde. Die histolo-
gische Untersuchung des Darmes zeigte, daß sich der Zerstörungs-
prozeß darin von der Oberfläche der Schleimhaut nach innen zu
verbreitete, und zwar häufig bis zur Muscularis. Die tiefer liegenden
Mucosateile, häufig sogar die Muscularis mucosae, enthielten Amöben
in Menge. Der Verf. rechnet seinen Fall zur typischen, wenngleich
sporadischen Amöbendysenterie, und zwar auf Grund seines schweren
Verlaufes, der Komplikation mit Leberabscessen und des Resultates
seines an einer Katze angestellten Infektionsversuches.
(Fortsetzung folgt)
A. Bruschettini, Erwiderung auf den Artikel von Dr. Marx etc. 203
Nachdruck vcrltoUn.
Erwiderung auf den Artikel von Dr. Marx,
betreffend meine Untersuchungen über die Aetiologie
der Hundswut.
Von
Dr. A. ßrnschettfnl.
In No. 22/23 des Jahrgangs 1896 dieser Zeitschrift hat Dr. Marx
vom Institut für Infektionskrankheiten zu Berlin meine ebenfalls in
diesem Blatte (1896. No. 6/7) veröffentlichten Untersuchungen über
die Aetiologie der Hundswut einer Kritik unterzogen, und sehe ich
mich veranlaßt, auf seine Bemerkungen mit wenigen Worten zu ant-
worten.
Dr. Marx behauptet zunächst', daß ihm die Züchtung des von
mir beschriebenen Mikroorganismus nie gelungen sei. obgleich er auch
vor Veröffentlichung meiner Untersuchungen mit Cerebrin versetzte
Nährmittel angewendet habe. Dagegen will er mehrmals einen dem
von mir beschriebenen ähnlichen und ebenfalls nur auf mit Cerebrin
versetztem Agar wachsenden Bacillus gezüchtet haben.
Sehr wahrscheinlich ist der von Dr. Marx isolierte Bacillus
identisch mit dem von mir aus dem Nervensystem wutkranker Tiere
gezüchteten, nur daß er, Hunden und Kaninchen injiziert, bei diesen
die Krankheit nicht hervorrief. Dieses wundert mich durchaus nicht;
denn die von mir bei meinen ersten Züchtungsversuchen dieses Mikro-
organismus befolgte Methode blieb ebenfalls sehr häufig ohne Erfolg,
weshalb ich, um konstante Resultate zu erhalten und das pathogene
Vermögen des von mir als spezifischen Erreger der Wutkrankheit
erkannten Mikroorganismus zu konservieren, die zuerst gewählten
Nährmittel modifizieren mußte. Diese meine neue Methode werde
ich, zusammen mit anderen Untersuchungen über die Immunität, die
den Experimenttieren gegen die Wutkrankheit verliehen werden kann,
in Kürze veröffentlichen.
Sehr gewagt scheint mir nun aber die Behauptung des Herrn
Dr. Marx, daß es sehr schwer sei, Gehirn und Rückenmark aseptisch
herauszunehmen und daß sich deshalb Verunreinigungen der Kulturen
kaum vermeiden lassen. Wenn man beim Entnehmen des zur
Impfung der Kulturröhrchen bestimmten Materials mit peinlichster
Sorgfalt zu Werke geht, können im Gegenteil Verunreinigungen kaum
Vorkommen. Bei Hunderten von Experimenten, die ich ausführte,
habe ich fast nie Wachstum von zufällig hinzugekoramenen Mikro-
organismen beobachtet. Bei jedesmaligem Anlegen von Kulturen aus
dem Nervensystem wutkranker Tiere impfte ich mit dem Material,
zur Kontrolle, auch gewöhnliche Bouillon-, Agar- und Gelatine-
röhrchen und, sehr seltene Fälle ausgenommen, blieben dieselben
steril.
Dr. Marx meint ferner, es lasse sich nicht mit Sicherheit be-
haupten, daß meine Kaninchen an der Wutkrankheit zu Grunde ge-
igitized by Google
204 A. Braschetfcini, Erwiderung auf den Artikel von Dr. Marx etc.
Rangen seen, da die Paralyse nicht der Wutinfektion allein eigen
sei und da der Zeitraum von 5 — 8 Tagen, in welchem diese Tiere zu
Grunde gingen, kürzer sei, als die gewöhnliche Inkubationsperiode
hei Wutinfektion mit „Virus fixe“. Vielleicht, sagt er, ruft der von
Bruschettini verwendete Bacillus bei Kaninchen eine mit paraly-
tischen Symptomen sich manifestierende Infektion hervor und wird
dessen Virulenz durch weitere Ueberimpfungen wahrscheinlich eine
Steigerung erfahren.
In der That glaubte ich genug gesagt zu haben, wenn ich angab,
daß die mit meinen Kulturen geimpften Kaninchen unter Aufweisung
des klassischen Bildes der paralytischen Wut zu Grunde gingen; um
deutlicher zu sein, feige ich nun noch hinzu, daß die mit meinen
Kulturen geimpften Tiere Gewichtsabnahme, Temperaturerhöhung,
Reizbarkeit, paralytische Erscheinungen aufzuweisen anfingen. Uebri-
eens braucht man nur ein wenig Erfahrung in der Beobachtung wut-
kranker Tiere zu besitzen, es ist dann absolut unmöglich, die Wuf-
infektion mit anderen Infektionen zu verwechseln. Es giebt freilich
Mikroorganismen, die, direkt ins Nervensystem injiziert, paralytische
Erscheinungen hervorrufen; aber der Svmptomenkomplex der Wut-
krankheit ist so charakteristisch, hat so hervortretende Eigentümlich-
keiten, daß mir eine Verwechselung mit anderen Infektionen rein un-
möglich scheint.
Was nun die 5 — 8 -tägige Zeitdauer der Krankheit anbetrifft, so
muß ich zunächst bemerken, daß das Turiner städtische hygienische
Laboratorium ein Virus fixe besitzt, welches in durchschnittlich
6 Tagen den Tod hervorruft und wenn dieses kleinen Kaninchen in-
jiziert wird, kann der Tod auch schon am 5. Tage eintreten. Viole
der von mir geimpften Kaninchen wiesen die ersten Krankbeits-
erscheinungen schon am 3. Tage auf und starben dann zu Anfang
des 6. Tages; während andere, größere, mit den gleichen Kulturen
geimpfte Tiere erst zu Ende des 7. oder zu Anfang des 8. Tages
starben. Bemerkt sei ferner, daß diese zwischen 5 und 8 Tagen
schwankende Zeitdauer trotz zahlreicher von mir vorgenommener
Ueberimpfungen von Kaninchen zu Kaninchen immer konstant blieb.
Wenn ich ausschließlich an Kaninchen experimentierte, so ge-
schah dies nur wegen der knappen Mittel, über die ich gebot, die
bei weitem geringer sind als die, über welche Dr. Marx verfügen
kann. Uebrigens besitzen wir im Kaninchen ein für Wutinfektion
so empfängliches Tier, daß wir nicht gerade an Hunden oder Meer-
schweinchen experimentieren müssen.
Schließlich bemerkt Dr. Marx noch, es seien nunmehr 4 Monate
seit meiner ersten Publikation verflossen und ich habe noch nicht
bekannt gemacht, daß es mir mit meinen Kulturen gelungen sei,
Kaninchen die Immunität gegen das Straßenvirus zu verleihen.
Allerdings sind 4 Monate seitdem verflossen, doch halte ich es noch
nicht für angemessen, die Resultate meiner Untersuchungen über die
Immunisierung von Kaninchen gegen das Straßenvirus zu ver-
öffentlichen. Vielleicht wird diese Veröffentlichung nicht zu lange
auf sich warten lassen, aber bei einem so wichtigen und delikaten
ligitized by CjOOgle
£. Marx, Zur Kritik des „Wutbacillus“ Broschettiui's. 205
Argument, glaube ich, kann man in Vorbehalt und Zweifeln nie zu
weit gehen.
Vier Monate sind eine lange Zeit; doch ist zu beachten, daß bei
Experimenten mit Straßenvirus die Kaninchen sehr lange in Be-
obachtung gehalten werden müssen.
Bei einigen von Prof. Tizzoni in Bologna ausgeführten Experi-
menten betreffs der Serumtherapie der Wutkrankheit sah ich ein mit
Virus fixe geimpftes Kaninchen 44 Tage nach der Injektion zu
Grunde gehen; offenbar würde dieses Kaninchen viel länger gelebt
haben, wenn ihm Straßenvirus injiziert worden wäre.
Andere Argumente, die sich gegen die Behauptung des Herrn
Dr. Marx anführen ließen, bei Seite lassend, braucht man nur die
zu diesen Experimeuten erforderliche lange Zeit in Anschlag zu
bringen, die übrigens im Verhältnis steht zu der Exaktität, welche
der Forscher seinen Untersuchungen geben will.
Turin, den 23. Dezember 1896.
Nachdruck verboten.
Zur Kritik des „Wutbacillus“ Bruschettini's.
Von
E. Marx.
Auf die vorstehenden Zeilen Bruschettini’s habe ich Folgendes
zu erwidern:
Ich untersuchte kulturell ca. 60 Fälle. In 10 Fällen fanden sich
Bakterien meist so vereinzelt, daß sie nur auf flüssigen Nährböden
bei Aussaat größerer Mengen wuchsen. Diese Bakterien stellten sich
als X e r o s i s - ähnliche Stäbchen, Baeterium coli, Fäulnisbakterien
und Kokken dar. Nur einmal gelang es, ein dem Bruschettini’schen
«Wutbacillus“ ähnliches Stäbchen zu züchten. Besonders ist hervor-
zubeben, daß in 20 Fällen, in denen ich dem noch lebenden
wutkranken Tiere Gehirn- resp. Rückenmarkspartikelchen entnahm,
®ir nur einmal einige Kokken wuchsen. Im Ausstrichpräparate und
in Schnitten habe ich niemals Bakterien gefunden. Daraus schließe ich,
daß Bakterien mit der Aetiologie der Rabies nichts zu thuu haben.
Gelegentliche Bakterienbefunde erklären sich leicht, z. B. durch Luft-
verunreinigungen aus der äußerst bakterienhaltigen, stets in Bewegung
befindlichen Laboratoriumsluft bei der längere Zeit in Anspruch
nehmenden Herausnahme des Gehirns, auch bei aller Vorsicht Da
ich schließlich die paralytische Wut nicht für so wohl charakterisiert
halten kann, daß sie durch keine andere mit Paralyse einhergehende
Infektion vorgetäuscht werden könnte, muß ich auf meinem skeptischen
Standpunkte verharren, bis Bruschettini nachgewiesen hat und
durch Nachprüfung bestätigt ist, daß sein „Wutbacillus“
1) typische rasende Wut hervorruft,
2 ) unzweifelhaft gegen echte Tollwut immunisiert.
29. Jan. 1897.
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206
Cholera nostras. — Milzbrand.
Referate.
Pottlen, Drei Fälle von Cholera nostras. [Aus dem bak-
teriologischen Laboratorium des Zuchthauses zu Gräfentonua.j
(Zeitschrift für Hygiene und Infektionskrankh. Bd. XXII. Heft 1.)
Im August vorigen Jahres kamen in dem Bezirke des Verf.’s
3 Fälle von Cholera nostras zur Behandlung, welche vom Verf.
bakteriologisch untersucht wurden. Der eine davon verlief innerhalb
18 Stunden tödlich unter den Symptomen der Cholera asiatica. Er
fand im Dünndarminhalte 2 Bakterienarten, den B. coli und den
B. fluorescens capsulatus, vom Verf. so genannt. Das B. coli
zeichnete sich durch große Virulenz gegen weiße Mäuse aus, indem
0,01 ccm einer Bouillonkultur eine Maus, subkutan injiziert, in 24 Stunden
tötete. Der B. fluorescens capsulatus hatte Aehnlichkeit mit
dem Pyocyancus, von dem er sich aber durch die Kapsel, durch
seine Unfähigkeit, auf Wunden zu wachsen und durch einige andere
kulturelle Eigentümlichkeiten unterscheidet. In den beiden anderen
Fällen von Cholera nostras fand er auch im Darminhalte den B. flu-
orescens capsulatus fast in Reinkultur. Er behält sich vor,
die Faeces gesunder Menschen auf das Vorkommen von B. fluore-
scens capsulatus zu untersuchen. Delius (Berlin).
Garth, Ueber Milzbrand bei Schweinen. (Deutsche lierärztl
Wochenschrift 1896. No. 7.)
Ob Milzbrand beim Schweine vorkommt oder nicht, ist schon
vielfach erörtert worden, und erst in neuerer Zeit sind experimentelle
Versuche unternommen worden, um diese Frage zu entscheiden.
Eine gewisse Immunität scheint freilich dem Schweine innezuwohnen,
denn immerhin sind die Erkrankungen dieser Tiere, selbst in Milz-
branddistrikten,- selten. Die älteren Angaben aus der Litteratur sind
überhaupt nicht zu gebrauchen, weil zu dieser Zeit vielfach der
Rotlauf auch für Milzbrand erklärt wurde. G. stellt kurz die That-
sachcn zusammen, welche bis jetzt über die fragliche Seuche bekannt
sind und führt selbst einen Fall an, bei dem freilich die mikrosko-
pische Untersuchung der schon in Fäulnis übergegangenen Kadaver-
teile und des Blutes zweifelhaft war, die Prüfung an Kaninchen aber
einen zweifellosen positiven Erfolg ergab. Zum Schluß seiner Arbeit
schildert G. die Symptome, wie sie sich bis jetzt nach den vorliegen-
den Erfahrungen zusammenstellen lassen.
Es finden sich Zeichen einer fieberhaften Allgeineincrkrankung.
Große Schwäche, schwankender Gang, erweiterte Pupillen, Atemnot,
Blutungen aus der Nase, Schwellung und Cyanose der Lippen und
des Rüssels, Schwellung des Halses, fleckige, umschriebene Rötung,
ödematöse und furunkulöse Schwellung der Haut. Beim Impfmilzbrand
starkes Oedem von der Impfstelle aus. Zuweilen die apoplektische
Form, häufiger aber der akute Verlauf mit einer Kraukheitsdauer
von 2 — 24 Stunden. Oft erfolgt der Tod aber erst in 5 — 6 Tagen.
d by Google
Cerabrospinalmeningitia.
207
In einigen Fällen von Fütterungsmilzbrand wurde Genesung beobachetet
Sektionsbefund: bei Impflingen: Gelbliches gelatinöses Oedem
um die Impfstellen. Milz in der Regel nur unbedeutend vergrößert.
Diese und das Blut enthalten meist nur wenige, die erkrankten
Hautstellen sehr viele Bacillen. Beim Fütterungsmilzbrand finden
sich zuweilen blutige Abgänge aus den natürlichen Körperöffuungen,
fleckige Rötung der Haut, gelbsulzige Infiltration des subkutanen und
intramuskulären Bindegewebes au Kopf und Hals. Ulceration der
Tonsillen, fleckige und streifige Rötung des Darms, insbesondere der
Schleimhaut des Magens und Dünndarmes. Hyperämie, Schwellung,
zuweilen Blutung in Lymphdrüsen, Leber und Milz. Die letztere ist
nicht immer gleich stark verändert, und man trifft neben unbedeutenden
Schwellungen auch Vergrößerung und Erweichung des ganzen Organs
an. In der Milz fanden sich oft spärliche, oft enorme Mengen von
Bacillen. Lungen hyperämisch, ausnahmsweise entzündet. Herz-
beutel, zuweilen ödematös, meist fleckig und streifig gerötet, wie die
serösen Häute. Blut dunkel, teerartig, wenig geronnen. In den se-
rösen Höhlen blutig gefärbtes, zuweilen sulziges Exsudat (Transsudat?).
Zum Schlüsse empfiehlt der Vortragende, die mikroskopische Unter-
suchung des Blutes auf Bacillen möglichst bald nach dem Tode vor-
zunehmen, und in zweifelhaften Fällen Kaninchen oder Hausmäuse
zu impfen. Bei schon alteren oder gar faulen Organen möchte Ref.
dringend raten, die Impfung nicht subkutan, sondern kutan auszu-
führen, da sonst die Tiere leicht an einer Infektion mit Kadaver-
bacillen zu Grunde gehen, die bei kutaner Infektion nicht eintritt,
weil von der kleinen Hautwunde aus vorwiegend und zuerst die
Milzbrandbacillen einwandern. Deupser (Deutsch-Lissa).
Johne, Zur Kenntnis der seuchenartigen Cerebrospinal-
meningitis der Pferde. (Deutsche Zeitschr. f. Tiermedizin u.
vergleichende Pathologie. Bd. XXII. Heft 5. p. 369 ff.)
Ref. hatte Gelegenheit, jüngst in dieser Zeitschrift die Arbeit
von Siedamgrotzky und Schlegel, das gleiche Thema betreffend,
zu besprechen. Die vorliegende Arbeit stellt sich in einen gewissen
Gegensatz zu der letzteren. Johne hatte auch Gelegenheit, die
Bornasche Pferdekrankheit, welche nach Mitteilungen von Gensert
nicht bloß die Königlich-sächsischen Amtshauptmannschaften Borna,
Leipzig, Grimma und Rochlitz, sondern auch die angrenzenden Kreise
der Provinz Sachsen (Merseburg, Weißenfels, Delitzsch) umfaßt, in
ihren Einzelheiten zu studieren. Er konnte bei 7 an dieser Krank-
heit leidenden Pferden den Krankheitsverlauf verfolgen und die Ob-
duktion persönlich machen. Von weiteren 5 Erkrankungsfällen stand
ihm die steril gewonnene Flüssigkeit aus dem Subduralraum des
Rückenmarkes zu Gebote. Gestützt auf dieses Material kommt Verf.
zunächst zu der Ansicht, daß von einer Cerebrospinalmeningitis im
pathologisch -anatomischen Sinne wohl nicht die Rede sein könnte.
Nur klinisch erinnert das Bild an eine Cerebrospinalmeningitis. Der
pathologische Anatom fand nur eine Stauungshyperämie, verbunden
mit mehr oder weniger ausgeprägter Transsudatbildung. Bakterio-
logisch fand er in diesem Transsudat in jedem Falle zum Teil frei
208
Lungenseuche.
liegend, zum Teil aber in Zellen ein geschlossen, immerhin aber äußerst
spärlich, eine Reinkultur von eigentümlich angeordueten Kokken.
Dieselben erinnern in ihrer Form an Gonokokken, es werden aber
auch Tetraederformen beobachtet. Dabei besteht die Neigung zur
Kettenbildung, und zwar in ganz merkwürdiger Anordnung, derart,
daß die zwischen zwei Kokken liegende Trennungsschicht die Längs-
achse des ganzen Fädchens bilden. Die Färbung dieser Kokken
gelingt mit den gebräuchlichen Anilinfarben, gegen die Gram’ache
Methode verhielt sich der Diplococcus nicht konstant.
Der Diplococcus gedeiht gut auf Agar und Gelatine; um
vorerst einmal Kulturmaterial zu bekommen, thut man gut, das steril
gewonnene Transsudat im Brutofen aufzubewabren, erst, dann findet
eine reichliche Vermehrung im Reagensglase statt. Im Körper findet
er sich so spärlich, daß man oft mehrere Präparate vergebens durch-
mustern kann.
Meerschweinchen erlagen nach intraperitonealer Impfung in
ca. 36 Stunden, unter Erscheinungen von Intoxikation (Impfdosis?
Ref.). Aus Peritonealexsudat, Milz und Blut konnten Reinkulturen
gezüchtet werden
Zwei intraspinal geimpfte Ziegen erlagen ebenfalls, nachdem sie
im Leben alle Erscheinungen einer Crebrospinalmeningitis gezeigt
hatten. Bei der Obduktion fand man eine eitrig -fibrinöse Lepto-
meuingitis. Ein Pferd erkrankte nach intraspinaler Impfung mit
Symptomen, wie sie auch nach Spontanerkrankungen beobachtet
wurden, kam jedoch mit dem Leben davon. Bei zwei anderen Pferden
mißglückte die Impfung. Verf. hat dann vergleichende Unter-
suchungen mit seinem Diplococcus mit dem von Jäger bei
Cerebrospinalmeningitis der Menschen gefundenen angestellt. Weder
er, noch Jäger, dem er Kulturen zusandte, konnten Unterschiede
feststellen, dennoch will Verf. noch keine definitiv bindenden Schlüsse
ziehen, denn es bleibt immerhin auffällig, daß noch keine mensch-
lichen Erkrankungen an Meningitis beobachtet wurden in einem Ge-
biete, wo so zahlreiche erkrankte Pferde das relativ häufige Vor-
kommen des Diplococcus beweisen und weil die anatomisch-
pathologischen Befunde so voneinander abweichend sind. Verf. nennt
sein Bakterium Diplococcus in tracellularis equi. Johne
selbst ist der Ansicht, daß noch zahlreiche und kostspielige Unter-
suchungen notwendig sind, um einmal die Befunde von Sie da m-
gro tzky-Schlegel und andererseits die Stellung des Jäger’schen
Bakteriums zu dem Diplococcus intracellularis equi Johne
in Einklang zu bringen und festzulegen. 0. Voges (Berlin).
Arloing, S., Bericht über das Pneumobacillin und seine
Verwendung bei der Lungenseuche. [6. Internation. tier-
ärztl. Kongreß. Bern 1895.] (Berichte und Verhandlungen 1896.
p. 347—369.)
Die Anwendung des Pneumobacillins für die Diagnostik der
Lungenseuche erfordert eine aufmerksamere und umfassendere Be-
obachtung, als diejenige des Malleins und des Tuberkulins für die
Erkennung der diesbezüglichen Krankheiten.
Google
Barbonekrankheit.
209
Ausnahmsfälle Vorbehalten, gestattet die Temperaturreaktion für
sich einzig ein definitives Urteil nicht. Man muß vielmehr alle
Momente der charakteristischen Gesamtreaktion (Temperatur, Puls
und Atmung) und dazu die organischen Reaktionen beiziehen. Die
Temperaturreaktion ist einigermaßen an Wert durch die Atmungs-
reaktion übertroffen.
Bestehen diese beiden Reaktionen und ist die letztere bedeutend,
so ist das Vorhandensein von Lungenseuche fast zweifellos.
Die Diagnose ist leichter, wenn die charakteristische Gesamt-
reaktion alle drei Momente aufweist und noch leichter, wenn sie von
stark hervortretenden funktionellen Störungen des Drüsen-, Muskel-
und Nervensystems begleitet ist, des Verdauungs- und Atmungs-
apparates, Husten u. s. w.
Die Reaktionen haben keinen absoluten Wert; derselbe ist viel-
mehr von der früheren Temperatur, Puls und Atmung abhängig.
Die Temperaturreaktion insbesondere ist von dem vorhergehenden
Zustande abhängig; eine schwache Reaktion kann in den Fällen
wichtig sein, wo die Temperatur ante sehr hoch oder fast normal ist.
Von der Impfung an sind alle zwei Stunden vollständige Be-
obachtungen während 8—12 Stunden vorzunehmen. Je nach der
persönlichen praktischen Erfahrung kann man indessen unter Um-
ständen von dieser Regel abweichen.
Von der Anwendung des Pneumobacillins ist bei Tieren Abstand
zu nehmen, welche irgendwie akut erkrankt sind oder augenschein-
lich bakterielle Störungen aufweisen.
Die nach der Pneumobacillinimpfung auftretende Reaktion ist
aufmerksam zu verfolgen und vorsichtig zu beurteilen.
Das Verfahren ist namentlich bei frischen Seuchenheerden mit
Erfolg anzuwenden; ganz besonders werden Tiere mit umschriebenen
Läsionen frühzeitig erkannt, welche nach kurzem Unwohlsein wieder
gesund aussehen und das Krankheitsgift lange Zeit in den Sequestern
aufbewahren können. E. Roth (Halle a. S.).
v. Rätz, St., Ueber die Barbonekrankheit (Büffel-
seuche). [Aus dem pathologischen Institute der Königl. ungar.
tierärztlichen Akademie zu Budapest.] (Deutsche Zcitschr. f. Tier-
medizin u vergleichende Pathologie. Bd. XXII. Heft 5. p. 329 fl.)
Hauptsächlich in der Sommerzeit befällt die ungarischen Büffel
eine akute fieberhafte Infektionskrankheit, welche unter dem Namen
Barbonekrankheit bekannt ist. Sie hat große Aehnlichkeit mit der-
jenigen Form der Milzbranderkrankung, die wir mit dem Namen
Schlund- oder Zungenanthrax bezeichnet haben. Sie unterscheidet
sich hiervon aber, abgesehen von dem ätiologischen Momente, da-
durch, daß nur die Büffelherden, aber nicht die weißen Rinderherden
befallen werden. Pferde und Schafe erkrankten, so weit die Beobach-
tungen reichen, nicht, dagegen gingen Schweine massenhaft ein und
umgekehrt schließen sich bei anderen Epidemieen der Schweine
Seuchen ausbrüche unter den Büffelherden an. Diese Krankheit dürfte
identisch sein mit der von italienischen Forschern beschriebenen
„barbone dei^buffali“. Die Infektion erfolgt wahrscheinlich meistens
Ent* Abt. XXI. Jiä.
210
Barbonekrunliheit.
Von Wunden aus, ob auch solche vom Verdauungskanal statthat, läßt
Vßrf. Unentschieden, die spärlichen von ihm in dieser Hinsicht an-
gestellten Experimente können nichts für und nichts gegen diese
Möglichkeit beweisen. Verf. beschreibt im weiteren Verlaufe seiner
Abhandlung Ausbruch, Symptome und Verlauf der Krankheit. Er
fand die nämlichen Bakterien, wiesieOreste und Armanni bereits
früher in Italien bei der Büffelseuche gefunden. Damit muß diese
ungarische Büffelseuche unter die Krankheitsgruppe der hämorrha-
gischen Septikämie gerechnet werden. Es ist dem Verf. auch ge-
lungen, mit Reinkulturen seiner Bakterien experimentelle Büffelseuche
zu erzeugen.
Das Wachstum der Bakterien wird eingehender beschrieben, in
dieser Hinsicht wird aber wohl kaum etwas Neues geboten, wenn
wir uns an die Beschreibung der Wachstumsverhältnisse der Wild-
seuchebakterien erinnern wollen. Kaninchen waren am empfäng-
lichsten, tödlich verlief auch die Infektion an Meerschweinchen, von
Tauben starben nur 50 Proz. 6 Hühner blieben am Leben, erfolglos
verlief die Infektion von Enten. Weiße und graue Mäuse erliegen
ebenfalls. Nach subkutaner Impfung starb ein Pferd in 20, weißes
Hornvieh in 20—48 Stunden, Schweine in 20—24 Stunden. Hund
und Schaf widerstehen Fütterungs- wie Impfversuchen fast regelmäßig.
Bei Büffelkälbern konnte die Krankheit nur durch die verletzte Haut
erzeugt werden, gegen Fütterung erwiesen sie sich resistent.
Die Spontaninfektionen erreichen ihren Höhepunkt in der warmen
und wärmsten Jahreszeit, ohne jedoch völlig im Winter zu erlöschen.
Das Kontagium scheint an den Weiden aber auch an dem getrock-
neten Futter zu haften. Wurden die Tiere auf ein anderes Weide-
terrain gebracht, so erlosch die Seuche spontan. Es erlagen in den
verschiedenen Epidemieen 70 Proz., in anderen gar 90 — 96 Proz. der
erkrankten Tiere. Der Tod pflegte schon nach 6 — 7 Stunden einzu-
treten, selten zieht sich die Krankheit über 2—3 Tage hin, ausnahms-
weise sterben die Tiere noch nach 8 Tagen. Die einzelne Seuche
pflegt immer von kürzester Dauer zu sein und ist nach 8— 10 Tagen
verschwunden.
Verf. betont, daß die Bnrbonekrankheit bislang immer nur als
eine Septikämie beobachtet ist, andere Erscheinungsformen, wie wir
sie bei den Bakterien der hämorrhagischen Septikämie beobachten,
so die pectorale Form u. a. m., sind bisher vom Verf. bei der Bar-
bone nicht beobachtet, was allerdings noch nicht dagegen zu sprechen
braucht, daß sie nun nicht thatsächlich vorkommt Verf. benutzt
allerdings diesen Umstand, um ihr eine besondere Stellung neben
der Wild- und Rinderseuche Bollinger’s zu geben. Der Ref. muß
indes bedauern, daß er dem denn doch nicht ohne weiteres bei-
ßtimmen kann und möchte den Verf. auf seine (des Ref.) Arbeit
diesen Gegenstand betreffend hinweisen. Es dürfte gewiß nicht un-
interessant sein, wenn Verf. im Ideengang des Ref. seine Studien
über die Büffelseuche noch einmal aufnehmen wollte, vielleicht dürfte
dann manches, was vom Verf. jetzt zwecks Durchführung eiuer
differentiellen Diagnose und Aufstellung der Erkrankung der Büffel
an Barbone gl§ eine Krankheit sui generis angeführt wird, doch
211
nicht mehr so ganz unumstößlich bestehen bleiben. Ref. glaubt
daher, bevor vom Verf. nicht das Gegenteilige bewiesen, die Berech-
tigung zu haben, die in Rede stehende Seuche zum mindesten mit
der Bollinger’schen Wild- und Rinderseuche identifizieren zu sollen,
indem er es als höchstwahrscheinlich hinstellt, daß durch Aende-
rangen der Virulenzbedingungen auch andere pathologische Ver-
änderungen erzeugt werden können und daß auch durch eben dasselbe
Moment andere Tiere empfänglicher gemacht werden können.
Bedauert muß werden, daß leider niemals die zu den Impfungen
etc. verwandten Dosen genauer angegeben werden. Das dürfte man
denn noch verlangen, schon allein aus dem Grunde, um etwaige Nach-
prüfungen machen zu können.
Von hohem Interesse erscheint noch dem Ref. die Beobachtung
des Verf.’s. daß die Tiere, welche einmal die Barbone überstanden,
nunmehr für sehr lange Zeit gegen eine Neuerkrankung geschützt
sein sollen. Derartige Beobachtungen sind bereits so zahlreich und
wiederholt gemacht, ohne daß sie der Kritik stand halten konnten,
daß es mehr als recht und billig erscheinen muß, wenn Ref. nunmehr
nur solche Angaben als zu Recht bestehend geltend läßt, bei denen
auch der experimentelle Nachweis, und zwar in einwandfreier Weise,
erbracht ist Es erschiene wunderbar, daß gerade die Büffel eine
Immunität gegen die Bakterien der hämorrhagischen Septikämie er-
langen sollten, während eine solche bei anderen Tierspecies bisher
noch nicht nachgewiesen werden konnte. O. Voges (Berlin).
Bonviclni, A., Ricerche batteriologiche e sperimentali
sulla eziologia della leucemia nel cane e nel bue.
(Bologna 1896.)
Prof. Bonvicini, von der Tierarzneihochschule zu Bologna, hat
aus dem Blute, der Milz, der Leber und den Ganglien eines Hundes,
der an Leukämie zu Grunde gegangen war, einen Diplococcus
gezüchtet. Er ist sehr klein, 0,9 — 1 n, beweglich in den frischen
Kulturen, unbeweglich in den alten, und läßt sich nach Gram färben.
In den alten Kulturen erscheint er als ein Streptococcus. Der
Diplococcus wächst auf verschiedenen Nährböden.
Auf Agar-Agar bei 37° erscheinen nach 24 Stunden kleine rund-
liche, weiße Kolonieen. Einige von diesen fließen nach 5—6 Tagen
zusammen. ,
In Peptonbouillon bei 37 0 erscheint nach 24 Stunden eine
Trübung. Nach 4 Tagen klärt sich die Bouillon und am Rande des
Röhrchens finden sich Flocken.
In Peptongelatine und Gelatine mit Glycerin wächst der Diplo-
coccus nicht so gut. Bei 20° nach 40 Stunden erscheinen längs
des Aussaatstriches kleine weiße Kolonieen und an der Oberfläche
eine Platte mit sich krümmenden Rändern, die die Gelatine trichter-
förmig verflüssigt
Auf Kartoffeln bei 37 4 wächst er in 24—36 Stunden wie ein
weißes Band.
Die Impfungen bei Kaninchen sind erfolglos geblieben ; bei drei
Hunden hat Verf. einige Störungen mit Anschwellung der Ganglien
u*
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212
Malarln.
untersucht. Bei einigen weißen Mäusen, Meerschweinchen und Katzen
hat Verf. mit Kulturimpfungen Leukämie erzeugt.
Verf. hatte mit Dr. Gherardini auch Gelegenheit, von einem
Ochsen, der bei der Obduktion Lymphadenitis zeigte, einen Diplo-
coccns, ähnlich demjenigen des Hundes, zu züchten,
Bruno Galli-Valerio (Mailand).
Lawrie , E., A case of malarious fever. (The Lancet. 1896.
June 20.)
Dieser Fall verdient ausführliche Mitteilung, da er vom Verf. als
Beweis für die Richtigkeit seiner antiparasitären Theorie des Wechsel-
fiebers angesehen wird. Ein Verf. seit 5 Jahren bekannter Studieren-
der der medizinischen Schule zu Hyderabad, wo derselbe beständig
gewohnt hatte, bekam im September v. J., nachdem er in eine von
Malaria heimgesuchte Vorstadt umgezogen war, den ersten Fieber-
anfall und tags darauf fanden sich in seinem Blute die halbmond-
förmigen Körperchen. Es folgte darauf alle 2 Monate ein Anfall.
Nachdem der Ende März v. J. eingetretene mit Chinin geheilt war,
wurde beschlossen, das Blut des Kranken bis zum neuen Anfalle
täglich zu untersuchen, um zu erfahren, ob die Laveran’schen
Körperchen dem Anfalle vorhergehen oder nachfolgen. Vom 8. bis
30. April wurden keine entdeckt. Am Morgen dieses Tages fühlte
sich Patient unwohl und klagte über Schmerzen und Unbehaglichkeit
der Milz- und Lebergegend. Im Blute konnten drei erfahrene Be-
obachter nichts Abnormes finden. Mittags ein schwerer typischer
Wechselfieberanfall mit Schüttelfrost und nachfolgendem Schweiße.
Am nächsten Morgen finden sich die Laveran’schen Körperchen,
die also Folge und nicht Ursache der Krankheit sind. Es wird ab-
sichtlich kein Chinin verabreicht, um die Körperchen zu beobachten.
Am 4. Mai kommt denn auch die Rosettenform zum Vorschein, die
an einem Exemplar in ihrer ganzen Entwickelung studiert werden
kann. Zuerst scheint es sich um eine rote Blutzelle mit einem
schwarzen Fleck in der Mitte zu handeln: rose tten förmig um diesen
Fleck herum treten dann kleine Zellen auf und erleiden dann die bei
Mannaberg Taf. II. Fig. 5- 8 abgebildeten Veränderungen; jedoch
hatten diese Zellen keine Kerne. Die Mutterzellenwand wurde un-
sichtbar und 14 einzelne Zellehen blieben um eine hellschwarz aus-
sehende Zelle geschart zu sehen und glichen nun Edington’s
Zeichnungen von ausgetretenen Blutplättchen. Dann kam die
ursprüngliche Zellwand wieder zum Vorschein und umschloß alle
diese Gebilde, die allmählich verblaßten, so daß schließlich nur die
ursprüngliche Zelle mit einem schwarzen flockigen Flecke in der Mitte
zurückblieb. Die Rosette ist also kein „sporenbildender Parasit“,
sondern eine bloße Uebergangsform des extrakorpuskulären Laveran-
schen Körperchens. Dieser Uebergang gleicht den Veränderungen,
die in der weißen Blutzelle vor sich gehen, wenn dieselbe ihren
Inhalt ausschüttet, verschwindet, wieder erscheint und die Körner
wieder umschließt, wenn man gerade erwartete, dieselben ein selb-
ständiges Leben beginnen zu sehen. Das Merkwürdigste bei der
Rosettenform ist jedoch, daß die Zelle vor dem Erscheinen der Rosette
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SchwellungsktUirh. 213
einem roten Blutkörperchen ähnlich sieht, während sie nachher mehr
einem Leukocyten gleicht Sentifion (Barcelona).
Oelpke, Th., Der akute epidemische Schwellungskatarrh
und sein Erreger (Bacillus septatus). Eine klinische
und bakteriologische Untersuchung, (v. Gr äfe’s Archiv
f. Ophthalm. Bd. XLII. Abt. 4. p. 97—150.)
Im Hochsommer 1895 beobachtete Verf. in einem bei Karlsruhe
gelegenen Dorfe eine Epidemie von akutem Schwellungskatarrh, der
von 1818 Einw. 3 — 400, also ca. 20 Proz., zum Opfer fielen. Später
sprang die Epidemie nach einem Nachbardorfe Uber, von dessen
1170 Einw. 90 = 7,6 Proz. erkrankten. Aus letzterem Orte wurde
ein Kind nach scheinbarem Ablaufe des Schwellungskatarrhs wegen
Testierendem Ulcus corn. vom Verf. in seine Kinderstation unter mög-
lichsten Kautelen aufgenommen: trotzdem erkrankten in kurzer Zeit
sämtliche 12 Insassen der Station.
Die Entzündung trat meistens ganz plötzlich auf ; binnen wenigen
Stunden sah Verf. sämtliche Mitglieder einer Familie erkranken.
Unter wesentlicher Störung des Allgemeinbefindens entstand eine An-
schwellung und Rötung der Lider, namentlich im Bereiche der Lid-
ränder, so daß die Lidspalte nach ca. 8 — 10 Stunden fast völlig ge-
schlossen war und spontan nicht mehr geötfnet werden konnte. Bei
manuellem Oeffnen derselben quoll ein sehr reichliches, anfangs mehr
wässeriges, später schleimig- eiteriges Sekret heraus. Dabei bestand
hochgradige Lichtscheu und Schmerzhaftigkeit. Der Uebergangsteil
der Bindehaut war stark geschwollen, dunkelblaurot gefärbt, mitunter
von zahlreichen kleinen Blutaustritten durchsetzt und mit einer
glasigen, gelatinösen Membran belegt. Später trat Wucherung des
Papillarkörpers auf mit Fältelung und Follikelbildung. Vom Ueber-
gangsteil pfianzte sich schließlich die Entzündung auf die Conj. bulbi
fort unter tiefer, pericornealer Injektion und Auftreten von zahlreichen
punktförmigen, peripher gelegenen, parenchymatösen Hornhautiutil-
traten. Die Dauer der Entzündung belief sich in den meisten Fällen
auf 8 — 14 Tage, in der Regel ohne ernste Komplikationen. Am zu-
verlässigsten bewährte sich die Behandlung mit Sublimatlösung
(1 : 5000 zur Ausspülung des Bindehautsackes und 1 : 500 zum Ab-
reiben der Uebergangsfalten).
In allen Fällen züchtete Verf. einen Bacillus von ganz charak-
teristischem Verhalten. Morphologisch zeigte er sich im Jugend-
stadium als ein kurzes, an den Enden etwas zugespitztes Stäbchen
ohne Eigenbewegung, dessen Länge etwa 1 n und dessen Breite etwa
l / s — 1 U der Länge beträgt. Als ein sehr charakteristisches Merk-
mal fällt auf den ersten Blick eine mittlere Zone auf, durch welche
der Eindruck erweckt wird, als ob man es mit zwei mit den Enden
aneinander gelagerten kurzen Stäbchen zu thun habe ; bei genauerem
Zusehen erweist sich dieselbe als eine durch die Mitte des Zellen-
leibes gehende Lücke, die bei Färbung mit Anilinfarben oder nach
Gram noch deutlicher hervortritt (daher vom Verf. Bacillus sep-
tatus benannt).
214
Schw«Uung9kal»rrb.
Io frisch abgeimpften Kulturen ist der Bacillus kürzer und
schmäler, in mehrfach überimpften dicker und plumper, eine Diffe-
renz, die auch bei verschieden zusammengesetzten Nährböden (Feuch-
tigkeit, Alkalescenz etc.) auftritt und als Involutionserscheinuug zu
deuten ist. Im weiteren Verlaufe der Involution nimmt die Länge
des Bacillus Uber das Doppelte zu, die Enden werden stumpfer, so
daß die Gestalt eine mehr parallelogrammatische ist, und statt einer
Lücke treten deren 2 — 3 im Plasma auf. Alsdann (am 4. Ent-
wickelungstage) macht sich an den Enden eine kolbige Anschwellung
bemerkbar, wodurch der Bacillus eine hantelförmige Gestalt erhält.
In den letzten Lebensstadien beobachtete G. wiederholt das isolierte
Auschwellen und die Spaltung einzelner Segmente. Schließlich zer-
fällt der Bacillus in einzelne eckige oder rundliche Scheiben, welche
sich sehr reichlich im Kondensationswasser ansammeln. Als Residuum
des Bacillus bleibt ein leerer, an einem Ende etwas breiterer Schlauch
zurück.
Dieser Bacillus ist ausgesprochen aörob. Agar-Agar, Glycerin-
agar, Ilammelblutserum, Traubenzuckeragar, neutrale Bouillon geben
unter gewissen Bedingungen ein günstiges Substrat für seine Ent-
wickelung. Temperaturoptimum 35—37°, Grenze 30 und 42°. Auf
Gelatine und Kartoffeln kein Wachstum. Grundbedingung bei allen
Nährböden ist eine schwache Alkalescenz und ein gewisser Feuchtig-
keitsgehalt. Auf 1-proz., noch besser 5-proz. Glycerinager entwickeln
sich in 12 — 24 Stunden im Bereich des Impfstriches feine distinkte,
grauweißliche, scharf konturierte Inseln, welche in den nächsten
12 Stunden um das Doppelte zunehmen, aber immer scharf begrenzt
bleiben. Die Kolonieen ragen nur sehr wenig über die Impffiäche
hinaus und besitzen ein opakes, leicht speckiges Aussehen. Das
Wachstum ist meist am vierten Tage abgeschlossen. Die Fortpflan-
zung des Bacillus geschieht durch Teilung.
Impfversuche bei Kaninchen verliefen bezüglich Erzeugung eines
Schwellungskatarrhs resultatlos; unter Umständen, die wir noch nicht
genau kennen, kann der Bacillus bei direkter Einverleibung in die
Hornhaut lokale Entzündungen erzeugen. Von 7 geimpften mensch-
lichen Konjunktiven erkrankten 4 mehr oder weniger heftig an akuter
Conjunctivitis, welche ganz den Charakter des Schwellungskatarrhs
trug, obwohl das Krankheitsbild im ganzen gelinder war; in dem
Sekrete konnten jedesmal die typischen Bacillen in größerer oder ge-
ringerer Anzahl nacbgewiesen werden.
Bei 50 nicht ausgesuchten Fällen von Bindehautentzündung, wie
sie sich nacheinander in der Sprechstunde einstellteu, fand sich 18 mal
der Bac. septatus; von diesen 18 Personen litten 15 au Schwel-
lungskatarrh, 2 an akutem Follikularkatarrh und 1 an akutem Binde-
hautkatarrh, so daß demnach der Bacillus nicht als häufiger Gast
und Schmarotzer, sondern vorwiegend nur bei Schwellungskatarrh zu
finden ist.
Die Litteratur über Mikroorganismen bei Bindehautentzündungen
weist ein nur spärliches und wenig übereinstimmendes Resultat auL
Von den beschriebenen Bacillen stimmt keiner völlig mit dem Bac.
septatus überein, allenfalls könnte der Xe rosebaci 1 1 u s in Frage
ligitized by CiOOgl
Tierische Parasiten.
215
kommen. Indessen ist die Schilderung des sog. Xerosebacillus
in seinen morphologischen und biologischen Eigenschaften eine so
grundverschiedene, daß man an die Existenz eines Bac. Xerosis
sui generis nicht glauben kann. Was die verschiedenen Autoren
Aber den Xerosebacillus mitteilen, betrifft teils mehr, teils
weniger miteinander verwandte Organismen, welche als pathogen für
Xerosis nicht anzusehen sind. Mit einigen der beschriebenen Typeu dieses
sog. Xerosebacillus hat der Bac. septatus allerdings eine
große Aehnlichkeit, aber trotzdem bleibt die Frage offen, ob seine
Pathogenität lediglich darauf beruht, daß man es bei dem Bacillus
des akuten Schwellungskatarrhs trotz aller scheinbaren Aehnlichkeit
eben mit einem heterogenen Organismus zu thun hat, oder darauf,
daß hier eine virulente Form des im Anfänge avirulenten Xerose-
bacillus vorliegt. Schlaefke (Cassel).
Colucci, V. e Arnone, L., Di un rarissimo parassita nema-
toideo nello stomaco di cinghiale. (Memorie R. Accad.
della Scienze dell’ Ist. di Bologna. Serie V. Tomo VI. Mit 1 Tafel.)
Im Magen von drei wilden Schweinen des Königlichen Landgutes
von S. Rossore (Pisa) haben Verff. viele Simondsia paradoxa
gefunden. Die Männchen waren nicht ganz frei im Alagen, denn die
Mitte des Körpers lag unter der Magenschleimhaut, wo die zwei
Enden hervorragten. Verff. glauben, daß Cobbold die Männchen
von Spiroptera strongilina mit den von Simondsia para-
doxa verwechselt hat. Die letzteren haben nicht zwei Spicula
und zwei Flügelchen am Schwänze. Beim Weibchen war das hintere
Ende des Körpers mit der Schleimhaut verwachsen. Das hintere
Ende der Weibchen ist maulbeerförmig. Verff. geben eine lange
histologische Beschreibung.
In den Gewässern der W r älder, wo die Schweine leben, haben
Verff. einige Nematodenlarven von 0,65 X 0,02 — 0,025 mm ohne Ge-
schlechtsapparat, aber mit einem Verdauungsapparat, der demjenigen
von Simondsia paradoxa sehr ähnlich ist, gefunden. Das
hintere Ende ist vergrößert, kugelförmig. Verff. glauben, daß sie es
mit einem Weibchen von Simondsia paradoxa zu thun gehabt
haben. B. Galli-Valerio (Mailand).
Snyens, B. W. Th., De Echinococcus tusschen blaas en
rectum. (Academisch proefschrift.) Amsterdam 1896.
Diese in der Hauptsache medizinische Doctor-These berichtet über
einen Fall des ziemlich seltenen Vorkommens einer Echinococcus-
blase zwischen der Harnblase und dem Rectum. Nach einer ausführ-
lichen und genauen Kasuistik werden 32 Fälle aus der Litteratur
zusammengestellt und versucht, eine allgemeinere Symptomatologie
etc. aufzustellen. C. Ph. Sluiter (Amsterdam).
Zinn, W. und Jacoby, Martin, Ueber das regelmäßige Vor-
kommen von Anchylostomum duodenale ohne sekun-
däre Anämie bei Negern, nebst weiteren Beiträge n
zur Fauna des Negerdarmes. [Aus der II. medizinischen
216
Tierische Parasiten
Klinik der Kgl. CharitA] (Berl. klin. Wochenschri Jakrg. XXXIII.
No. 36.)
Die Verff. hatten Gelegenheit, 3 Neger aus der deutschen Ko-
lonialausstellung der Berliner Gewerbeausstellung, die an Pneumonie
erkrankt waren, auf Dannparasiten zu untersuchen. Durch die Be-
funde bei diesen ermuntert, dehnten sie ihre Untersuchungen noch
auf 20 weitere Neger aus. Sie fanden in den 23 Fällen im Stuhle
21 mal Anchylostomum duodenale,
8mal Trichocephalus dispar,
8mal Ascaris,
4mal Anguillula stcrcoralis,
4 mal Tänien,
2 mal Amöben.
Die Neger machten einen völlig gesunden Eindruck, hatten keine
Symptome von Anämie. Ein völlig gesunder 3-jähriger Knabe hatte
2 Parasiten, Anchylostomum duodenale and Tricho-
cephalus in seinem Darme.
Von den Negern waren
14 Togoneger (Westafrika),
4 Duallaleute aus Kamerun (Westafrika),
2 Massaineger (Ostafrika),
3 Neu-Guineaneger.
Die Stühle waren meist gut geformt, ohne abnorme Beimischungen.
Nur in 2 Fällen fanden die Verff. keine Eier von Anchylostomum.
Der eine litt an starken Diarrhöen und hatte Amöben im Stuhle; der
andere war seit 4 Jahren in Deutschland. In seinem Stuhle waren
überhaupt keine Parasiten.
Das Ergebnis ihrer Arbeit fassen sie am Schluss in folgenden
Sätzen zusammen:
1) Der Negerdarm beherbergt zahlreiche tierische Parasiten.
2) Anchylostomum duodenale scheint namentlich bei den
Negern Afrikas ziemlich regelmäßig vorzukommen.
3) Mit absoluter Konstanz werden die Cha reo t-Leyden’schen
Krystalle neben keinem Parasiten gefunden, womit ihre diagnostische
Bedeutung nicht bezweifelt werden soll.
4) Die Neger scheinen der Gefahr der sekundären Anämie
weniger ausgesetzt zu sein. Der Grund ist wohl nicht lediglich in
der geringen Zahl der Parasiten zu suchen, sondern Gewöhnung an
das von den Würmern erzeugte Gift und Rasseneigentümlichkeiten
dürften hier auch eine Rolle spielen.
5) Bei der großen Verbreitung des Anchylostomum duo-
denale wird die Tropenhygiene die Gefahr für Europäer nicht
unterschätzen dürfen und wird dieselben durch prophylaktische Maß-
regeln schützen müssen. Delius (Berlin).
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Schutzimpfung, kiinstl. Infektionskrankheiten, Entwicklungshemmung etc. 21 1
Schutzimpfung, künstliche Infektionskrankheiten, Entwick-
lungshemmung und Vernichtung der Bakterien etc.
Gambier, Resistance des germes bacteriens ä la chaleur
s£che. (Annales de Micrographie. Tome VIII. No. 2.)
Cambier bestätigt die längst bekannte Thatsache, daß sehr viele
Bakterien die Einwirkung trockener Luft bis zu einer Temperatur
von 150® C ertragen können, ohne ihre Entwickelungsfähigkeit ein-
zubüßen. Die verschiedenen Temperaturen wurden von Cambier
vermittelst siedender Gase bestimmt und konstant erhalten.
Kölle (Berlin).
Reuter, Die anti bakteriellen Eigenschaften des Jodo-
formins und Jodoformais. [Aus dem hygienischen Institute
in Bonn.] (Dtscbe med. Wochenschr. 1896. No. 30.)
Suchannek, Ueber Jodoformin und Jodoforms 1. (Dtschc
med. Wochenschr. 1896. No. 32.)
Die in der Aufschrift bezeichneten beiden Präparate werden in
der chemischen Fabrik von Marquart in Bonn- Beuel durch Kom-
bination des Jodoforms mit Derivaten des Formaldehyds bezw. Jod-
äthlys hergestellt; sie riechen weniger stark und besitzen, wie aus
Reuter’s, unter Kruse’s Leitung angestellten Untersuchungen
hervorgeht, eine stärkere antiseptische Wirksamkeit als das
Jodoform. Reuter impfte verschiedene feste und flüssige Nähr-
böden mit Bakterien, streute die feinpulverigeu Substanzen darüber
und beobachtete dann das ßakterienwachstum bei 37 oder 24° C.
Dabei hemmte Jodoform die Entwickelung von Staphylokokken, Strepto-
kokken, Milzbrand, Pyocyaneus und Proteus; das Wachstum
der Choleravibrionen wurde sogar ganz aufgehoben. Jodoformin
wirkte jedoch kräftiger, und Jodoformal verhinderte meist jede Ent-
wickelung. Dagegen zeigten die ebenfalls untersuchten Präparate
Jodol und Nosophen nur geringe antibakterielle Wirksamkeit. Um
die Giftigkeit des Jodoformins und Jodoformais zu prüfen, wurden
Emulsionen der Präparate io Olivenöl Meerschweinchen teils subkutan,
teils intraperitonal, im Verhältnis von 1:2500 — 5000 des Körper-
gewichts einverleibt. Die Tiere verloren dabei an Gewicht; der
gleiche Erfolg trat aber auch bei Einverleibung von Jodoform oder
Glycerin ein.
Die Mitteilungen Reuter’s Uber den Desinfektionswert des Jodo-
formins und Jodoformais wurden von Suchannek auf Grund
klinischer Erfahrungen in luetischen Geschwüren und bei Mittelohr-
eiterungen bestätigt. K üb ler (Berlin).
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218
Nett« Litteratni ,
Neue Litteratur
zubanunengestelK von
San.-Rat Dr. Arthur Würzburg,
Bibliothekar Im Kaiaerl. Gesundheitsamt« io Berlin.
Untcrsuchangsmethoden, Instrumente a. s. w.
Cz&plewski, B.merkangeu zur Gram’scheD Methode der Bekterieofärbung. Eine zweck-
mäßige Nzchfärbang zur Grantschen Methode. (Hygien. Rundschau. 1896. No. 81.
p. 1089—1087.)
Morphologie and Biologie.
Lembke, W., Bicterium coli anindalicum und Bacierium coli anaerogenes. (Arcb. f.
Hygiene. Bd. XXVU. 1896. Heft 4. p. 384—391.)
Biologie.
(Gärung, Fäulnis, Stoffwechselprodukte u. s. w.)
Boullanger. £., Contribution ä l’dtude de quelques levures de bihre. (Annal de l’lnstit.
Pasteur. 1896. No. 10. p. 597 — 607.)
Hanriot, Sur un noureau ferment du saog. (Bullet, de l’acad. de uted. 1896. No 44
p. 678— 682.)
Beziehungen der Bakterien und Parasiten znr unbelebten Natur.
Luft, Wasser, Boden.
Maul, R., Zur Beurteilung des Trinkwassers. (Münch, med. Wchschr. 1896. No. 45.
p. 1 101 — 1103.)
Scofone, L., Esame batteriologico delle acque di neve, di torrente e di lago. (Areh.
per le sciense med. Vol. XX. 1896. Fase. 8 )
Nahrungs- und Genulmittel, Gebrauchsgegenstände.
Bächler, C., Beiträge zur Erforschung des Gärungsverlaufes in der Emmenthaler Käse-
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pathol. Auat. u. Physiol. Bd. CXLVi. 1896. Heft 1. p. 65 — 85.)
Borgert, Echinokokkenleber vom Schwein. (Mitteil, f Tierärzte [Schleswig-Holstein u.
Hamburg-Altona]. 1896. Heft 11. p 328 — 329.)
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220
fcetie Litteratur.
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C. Entozootuche Krankheiten.
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Xcwalevsky, M., Helminthologische Studien. 111. Bilharzia polouica n. sp. (Anz. d.
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Krankheitserregende Bakterien und Parasiten bei Menschen und Tieren.
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Krankheitserregende Bakterien und Parasiten hei Tieren*
Säugetiere.
A. Injcktiöge AÜgememkrarücheüen .
Italien. R. decreto, che istituisce presso il Ministero di agricoltura un Consiglio zoo-
tecnico e per le epizoosie e sopprime la Commissiooe zootecnica e la Commissione
per le mal&ttie delle specie domestiche, dato 9. luglio 1896. (Bollett. di notizie
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Stand der Tierseuchen in Italien während der 13 Wochen vom 28. Juni bis 29. Sep-
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Krankheiten der Wiederkäuer.
(Rinderpest, Lungenseuche, Texasseuche, Genickstarre, Ruhr und Diphtherie der
Kälber, Rauschbraud, ento zootisch es Verkalben.)
▼ RAtz, St., lieber die Barbonenkrankheit (Bilffelseuche). (Dt. sc he Zcitschr. f. Tiermed.
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Deutsches Reich. Bekanntmachung, betr. die Anzeigepflicht für die Gehirn-Rückenmarks-
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B. Infektiöse Lokalkrankheiten
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Olt, Der Schrotau»schlag des Schweines. (Arch. f. wisseuschaftl. u. prakt. Tierheilk
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Reptilien
Saint-Rcmy, G., Pariuitisme d’une ligule chez un saurien. (Bibliogr. anat. [Nicolas].
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Schutzimpfungen, künstliche Infektionskrankheiten, Entwlcke-
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Billinger , O. , Winterschlaf nnd Infektion. (Wien, klin, Rnndschsu. 1896. No. 45.
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PreuSeu. Erlaß des Ministers der geistl. etc. Angelegenheiten, Vertrieb von Tnberculinum
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Rsimie, 8. J. y Case of snake bite treated by Calmette's antivenene serura; recovery.
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Trau, E., Un altro euo di tetano guarito con la antitouina Tiuooi. (Riforma med.
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224
Inhalt.
Inhalt.
Original mitteil an gen.
Bruschettini, A., Erwiderung auf den Ar-
tikel von Dr. Marx, betreffend meine
Untersuchungen über die Aetiologie der
Hundswut. (Orig.), p. 203.
Fodor u. Bigler, Neuere Untersuchungen
Über die Alkalizität des Blutes. (Orig.)
[Schluß], p. 186.
Janowski, W., Zur Aetiologie der Dysen-
terie. (Orig.) [Fort«.], p. 194.
Keferstein, G., Ein neuer farbstoffbilden-
der Micrococcus aus roter Milch. (Orig.),
p. 177.
Marz, E., Zur Kritik des „Wutbacillus“
Bruschettini’«. (Orig.), p. 205,
Tictin, J., Zur Lehre vom Rückfalltyphus.
(Orig ), p. 17».
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bacillin und seine Verwendung bei der
Lungenseuche, p. 208.
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sperimentali sulla eziologia della leuce-
mia nel caue e uel bue, p. 211.
Colacei, V. e Arnone, L., Di un rarissimo
parassita nematoideo nello stomaco di
cinghiale, p. 215.
Garth, Ueber Milzbrand bei Schweinen,
p. 206.
Gelpke , Th. , Der akute epidemische
Schwellungskatarrh und sein Erreger
(Bacillus septatus), p. 218.
Johne, Zur Kenntnis der seuchenartigen
Cerebrospinalmeningitis der Pferde,
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Lawrle, E , A case of malarious fever,
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Nuyena , B. W. TB , De Echino-
coccus tusschen blaas en rectum,
p. 215.
Pottien, Drei Fälle von Cholera nostras,
p. 206.
▼. Rita, 8t., Ueber die Barbonekrankheit
(Büffelseuche), p. 209.
Zinn, W u. Jaeoby, Martin, Ueber da«
regelmäßige Vorkommen von Anchylo-
stomum duodenale ohne sekundäre
Anämie bei Negern , nebst weiteren
Beiträgen zur Fauna de« Negerdarmes,
p. 215.
Schutzimpfung, künstliche Infektions-
krankheiten, Entwickelungshemmung and
Vernichtung der Bakterien etc.
Cambier, Resistance des germes bactlriens
k la chaleur seche, p. 217.
Reuter, Die antibakteriellen Eigenschaf-
ten des Jodoformins und Jodofortnal»,
p. 217.
8uchannek, Ueber Jodoformin und Jodo-
formal, p. 217.
Neue Litteratur, p. 218.
Fromiwnwche Buchdruckerei (Hermann l'ohle) tu Jens.
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Bakteriologie. Parasitenknnde o. InfektionskranklieitoD.
Erste Abteilung:
Medizinisch-hygienische Bakteriologie und
tierische Parasitenkunde.
In Verbindung mit
Gelt Hat Prot Dr. Lenckart, Geh. M-Rat Pro! Dr. Loolllcr
ln Leipzig lind ln Greifewaid
Professor Dr. R. Pfeiler
ln Berlin
herausgegeben von
Dr. O. Uhlworm in CasseL
Verlag von Gustav Fischer in Jena
XXI. Band. -®- Jen», den 5. März 1897. ~o- No. 6 / 7 .
Freit für den Bend (26 Nummern) 15 Mark. — Jährlich erscheinen twei Binde.
Herzu all regelmä/tige Beilage die Inhalt t über lichten der II. Abteilung det Centralblatiet.
Die Redaktion des „Centralblatts für Bakteriologie und Parasiten-
kunde" richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte, etwaige
Wünsche um Lieferung von besonderen Abdrücken ihrer Aufsätxe ent-
weder bei der Einsendung der Abhandlungen an die Redaktion auf das
Manuskript schreiben xu wollen oder spätestens nach Empfang der ersten
Korrekturabxiige direkt an den Verleger, Herrn Gustav Fischer in Jena,
gelangen xu lassen.
Original- Mittiieilungen.
Nachdruck verboten .
Ueber Leptothrix.
[Mitteilung aus dem Laboratorium der zahnärztlichen Universitäts-
klinik (Prof. Dr. Ärkövy) in Budapest.]
Von
f
Dr. Arpäd R. r. Dobrzynleeki,
K. u. K. Kegimentsarzt.
Mit 4 Figuren.
Unter der Benennung „Leptothrix“ werden derzeit Mikro-
organismen bezeichnet, welche konstant in Fadenform auftreten. Der
Herkunft nach stammen die bisher bekannten Arten fast ausschließ-
lich aus der Mundhöhle. Mikroorganismen anderer Herkunft, welche
Ent« Abi. XXI Bä. 15
i
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226
Arpid U. v, Dobrtyniecki,
auch Fadenform zeigen, wurden von Autoren beschrieben; darüber
Ausführlicheres später. Zuerst wollen wir diese Gattung von Mikro-
organismen näher in Betracht ziehen. Miller befaßt sich am ein-
gehendsten in seinem grundlegenden Werke über Mundbakteriologie,
„Die Mikroorganismen der Mundhöhle“, mit dieser Gattung, indem
er durch die Benennung Leptothrix Mikroorganismen bezeichnet,
welche von den anderen durch wesentliche Eigenschaften unterschieden
werden können. Die in Fadenform auftretenden Arten, welche nicht
näher charakterisiert werden können, nennt er provisorisch Lepto-
thrix innominata. Außerdem beschreibt er näher zwei Arten:
Bacillus maximus buccalis und Jodococcus vaginatus,
welche eine eigentümliche Reaktion gegen Jod zeigen; ferner Lepto-
thrix maxima buccalis, welche die Jodreaktion nicht zeigt.
Sie stammen sämtlich aus der Mundhöhle und sind durch ihre Unzücht-
barkeit auf künstlichem Nährboden gekennzeichnet. Der allgemeinen
Form nach bilden sie Bacillen- oder Kokkenform, welche, in laDgen
Reihen gelagert, mit oder ohne Scheide versehen sind.
Nach der kurzen Schilderung ist es ersichtlich, daß hier von
Mikroorganismen die Rede ist, welche die Fadenform konstant be-
sitzen. Also dürfen hierher nicht jene Mikroorganismen gerechnet
werden, bei welchen die Fadenform nur als eine Entwickelungsphase
zum Vorschein kommt.
Ueber die Leptothrix sagt Jung in seinen „Untersuchungen
über die Bakterien der Zahncaries“ (Inaug.-Diss. Berlin) p. 18, daß
das, „was man als Leptothrix buccalis bezeichnte, als wohl-
charakterisierte Species gar nicht existierte.“
Robin. Vignal (Eisenberg. Bakteriol. Diag. 91) beschreibt
einen züchtbaren Leptothrix buccalis, welcher aus Stäbchen
zusammengestelit ist. Jodreaktion ist nicht erwähnt.
Bizzozero (Centralbl. f. Bakt. Bd. XX. No. 16/17. p. 606) be-
schreibt einen Leptothrix epidermidis. An einem aus Krdl’s
bakteriologischem Laboratorium empfangenem Präparate ist ersicht-
lich, daß dieser Mikroorganismus aus Stäbchen gebildet ist, welche
zu 2 bis 3 Gliedern gereiht sind, längere Fäden jedoch sind nicht zu
sehen.
Miller fand im Munde eines an Pyorrhoea alveolaris leidenden
Hundes eiDe Leptothrix gigantea. Im allgemeinen charakteri-
siert er diese Gattung dadurch, daß sie erstens „auf keinem der üb-
lichen künstlichen Nährsubstrate zum Wachsen zu bringen sind,
zweitens durch die Jodreaktion.“
Hier wollen wir eine Art betrachten, deren Züchtung im Labo-
ratorium der zahnärztlichen Universitätsklinik (Prof. Ärkövy) ge-
lungen ist, mit dem Bemerken, daß diese Untersuchungen nicht als
ein Definitivum über die obschwebende Frage gemeint sind, da
fernere Untersuchungen die näheren Details der Biologie dieser
Leptothrix zu ermitteln haben. Bei der Seltenheit ihres Vor-
kommens wird es aber gewiß längere Zeit dauern, bis man vollkommene
Klarheit über diesen Mikroorganismus gewinnen wird.
Gelegentlich der üblichen Untersuchungen kam am 14. Januar 1896
aus der Privat - Praxis des Herrn Prof. Ärkövy eine ca. 4 Jahre
Google
Üeber Leptothrix.
227
Fig. 1 zeigt eine
Kultur auf schiefem
Agar am 10. Tage.
Anmerkung.
Beide Priparate
(Fig. 8 u. 3) sind mit
Karbolfachsin gefärbt.
Vergrößerung : Ocu-
lar 4, Immersion ’/iy
Die einzelnen Glieder
konnten wegen der
Dünnheit derselben
und wegen der starken
Lichtstrahlzerstreuung
beim Mikrophotogra-
phieren nicht repro-
daziert werden.
Fig. 2 zeigt ein Strichpräparat aus einer placoidschuppen-
artigen Kolonie, in welchem die haarbuschförmige Anordnung
sichtbar ist.
Fig. 3. Ein Strich präparat, bei welchem aus den einzelnen
Fäden ausgehende Verzweigungen sichtbar zind.
15 *
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228
Arpid R. ▼. Dob'rsyniecki,
alte Wurzelfüllung ins Laboratorium, behufs bakteriologischer Unter-
suchung. Bei der Untersuchung kamen dreierlei Kolonieen zum
Vorschein. Die eine Art hat durch ihr eigentümliches Aussehen
gleich die Aufmerksamkeit wachgerufen und erwies sich bei näherer
Betrachtung als Leptothrix. Die bis jetzt gemachten Beobach-
tungen über diesen Mikroorganismus sind folgende:
Im hängenden Tropfen sind verwickelte Fäden ohne jegliche
Struktur zu sehen. Die Länge der Fäden ist wegen der großen
Dimension nicht bestimmbar. Durch Färbung kann man im Inneren
der Fäden deutlich Ketten, gebildet durch gerade Stäbchen, wahr-
nehmen, zwischen denselben sind rundliche sporenartige Körperchen
sichtbar. Die Fäden bilden oft sehr schöne Knäule (ähnlich einem
langen Haarbusch). Beweglichkeit ist nicht bemerkbar. Die Färbung
gelingt schön durch Gentiauaviolett, am besten durch Karbolfuchsin,
Die von Miller für die Leptothrix angegebene Jodreaktion
(Jod- Jodkali -Lösung, schwach angesäuert durch Acidum lacticum)
ist bei dieser Leptothrix sichtbar. Die Glieder nehmen eine
licht violettartige Farbe an. Nach Gram’s Methode ist sie auch
färbbar.
In Bouillon ist kein Wachstum sichtbar. Auf der Gelatineplatte
entstehen nach ca. 48 Stunden weiße, runde, erhabene Kolonieen von
ca. Grieskorngröße. Bei schwacher Vergrößerung erscheinen sie aus
lauter Fäden zusammengesetzt zu sein, ähnlich den Kolonieen von
Bacillus antbracis. Nach 3 Tagen fängt die Gelatine an um
die Kolonieen herum zu verflüssigen; die Kolonieen bleiben jedoch
weiß und hart und schwimmen in der verflüssigten klaren Gelatine
herum, so daß das Ganze einer Griessuppe ähnlich sieht. Auf
Agarplatten wachsen die Kolonieen sehr langsam und in geringer
Anzahl, sie erreichen die Größe bis zu einer halben Linse. Beim
schiefen Agar ist das Wachstum am meisten charakteristisch. Es
entsteht nach 8—10 Tagen längs des Striches ein aus lauter rosetten-
förmigen, weißen, knorpelharten Kolonieen zusammengesetztes Band.
Sie lassen sich als eine Reihe winziger Placoidschuppen ansehen.
Mit der Platinnadel ist das Ganze vom Nährboden abzuheben. —
Im Gelatinestich entstehen nach 4 — 5 Tagen einzelne weiße Kolonieen,
nach ca. 10 Tagen wird die Gelatine um dieselben herum erweicht. —
Auf Blutserum ist das Wachstum dasselbe, wie auf Agar-Agar, mit
dem Unterschiede, daß das Serum bei alten Kulturen verflüssigt. —
Auf Kartoffeln ist kein Wachstum bemerkbar. — Das Wachstum ist
im allgemeinen ein sehr langsames. Die Kulturen sind lange Zeit
übertragbar; die im Laboratorium der Klinik befindlichen sind der-
zeit 1 Jahr alt und bei gewöhnlicher Zimmertemperatur von IG bis
18° C züchtbar.
Nach der bisher geschilderten Biologie ist ersichtlich, daß diese
Leptothrix von derjenigen Vignat’s sich wesentlich unterscheidet.
Zum Schluß wollen wir einige Abbildungen von diesem Mikroorganismus
beschreiben.
Seinem Aussehen nach würde der Name für diesen Mikro-
organismus Leptothrix placoides alba entsprechen.
itized by Google
Daher Leptothrix.
229
Anhang.
Gelegentlich der Untersuchung einer Gelatineplattenkultur zeigte
sich bei der Färbung eines Strichpräparates die nebenstehend abge-
Fig. 4. Das Priparat ist ebenfalls mit Karbolfuchsin gefärbt. Vergrößerung:
Dcolar 4, Immersion Y |t . Auffallend sind die großen Glieder, welche den Faden bilden.
Jedenfalls ist dies eine Arft von Riesen - Le p to t h r i z ; ob sie mit Leptothrix
gigantea Millen identisch oder von derselben verschieden ist, kann nicht entschieden
werden; dem Anscheine nach könnte man letzteres vermuten.
bildete Lep toth rix- Art (Fig. 4). Da sie beim makroskopischen
Aussehen den Kolonieen der obigen Leptothrix gleich ausgesehen
hatte, wurde sie leider nicht weiter isoliert und ging verloren.
18. Januar 1897.
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230
Stanislaus Marktisfeld
Nachdruck verboten
Ueber die Aetiologie der Trichorrhexis nodosa (Kaposi).
[Aus dem pathologisch-anatomischen Institute von Prof. W.Brodowski
in Warschau.]
Vorläufige Mitteilung 1 ).
Von
Dr. Stanislaus Markusfiel d.
Während einige Autoren die Trichorrhexis nodosa als eine durch
Parasiten hervorgerufene Erkrankung betrachten, sprechen andere
den Mikroorganismen jede Rolle bei der Entstehung dieses Leidens ab.
Zur ersten Gruppe gehören von älteren Autoren Desenne, von
neueren Raymond, Hodara, v. Essen und endlich Spiegler.
Raymond (1891) untersuchte vornehmlich die Haare von den weib-
lichen Genitalien und züchtete einen Diplococcus, den er jedoch
auch auf normalen Haaren antraf; Infektionsversuche mit diesem
Mikroorganismus blieben erfolglos. Hodara (1894) untersuchte einen
Fall von Trichorrhexis nodosa der Kopfhaare einer Konstantinopelerin
und züchtete aus diesen Haaren einen Bacillus, den er Bacillus
multiformis trichorrhexidis nannte; Reinkulturen dieses Ba-
cillus impfte er mit positivem Resultate auf die Kopfhaare eines
Mädchens, v. Essen (1895) züchtete aus einem Falle von Trichor-
rhexis des Barthaares einen Bacillus, den er in drei darauf unter-
suchten Fällen von Trichorrhexis capillitii und in normalen Haaren
nicht wiederfand; sein Bacillus war von dem durch Hodara be-
schriebenen verschieden. Negative Ergebnisse erzielte er bei Impfung
einer Reinkultur seines Bacillus auf eine weiße Maus und auf ab-
geschnittene Barthaare, positive dagegen bei Impfung auf den Bart
eines von Trichorrhexis sicher nicht befallenen Mannes, wenn auch
aus diesen Barthaaren später der geimpfte Bacillus nicht wieder
gezüchtet werden konnte. Spiegler (1895), der die genannte Er-
krankung beinahe ausschließlich im Barthaare gesehen hat (am Kopf-
haare sah er sie nur zweimal beim Weibe), impfte den von ihm
gezüchteten und mit dem von Hodara gefundenen als identisch
betrachteten Bacillus mit positivem Resultate auf gesunde Haare.
Von der zweiten Autorengruppe sehen die einen die Ursache
der Trichorrhexis nodosa in einer Herabsetzung der Ernährung der
Haare und in der daraus sich ergebenden Trockenheit und leichten
Zerbrechlichkeit derselben (Kaposi, Michelson u. A.); die anderen
in rein mechanischen Momenten (Wolfberg), andere endlich berück-
sichtigen beide Momente (Petersen 1895, Barlow 1896, Bruhns
1897).
Meine eigenen Untersuchungen betreffen 14 Fälle, worunter:
7 Fälle von Trich. nodosa capillitii bei Frauen,
5 Fälle von Trich. nod. des Schnurr- und des Barthaares,
1) Vorgotragen und demonstriert in der Werscbaner med. Gesellschaft am 3. Febr.
1867 Anm. b. d. Korrekt.
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Ceber die Aetiologie der Trichorrhexis nodosa (Kaposi).
231
1 Fall von Trich. nod. der Augenbrauen und des Schnurrbarts,
1 Fall von Trich. nod. der großen Schamlippen und des Kopfhaares.
Außerdem habe ich zur Kontrolle gesunde Haare von 3 Personen
mit denselben Methoden wie die kranken Haare untersucht
Methodik. HaarstQcke mit deutlichen Knötchen legte ich in
Ale. absol. auf 24 — 72, am häufigsten auf 24 Stunden (Methode von
H o d a r a), worauf sie auf die Oberfläche von schräg erstarrtem Nähr-
agar oder (nach dem Ratschlage von v. Essen) in verflüssigte Nähr-
gelatine übertragen wurden; leider hat mir die v. Essen’sche
Methode keine günstigen Resultate gegeben.
In den Agarröhrchen, die im Thermostaten bei 37° C gehalten
wurden, konnte man in den Fällen, in welchen ein Wachstum von
Mikroorganismen überhaupt stattfand, schon nach 24 Stunden (zumeist;
manchmal nach 48 Stunden, und nur in einzelnen Fällen erst nach
72 Stunden, nie später) eine Kultur von Mikroorganismen in Form
eines mehr oder minder breiten Saumes um die Haarstücke oder
einer Plaque dicht am Trichorrhexisknötchen des geimpften Haares
bemerken. Diese Rasen weisen verschiedene Färbungen auf: zumeist
sind sie weiß oder blaß gelblich, manchmal gelb, orange oder grün ;
sie sind feucht, seltener trocken und lassen sich größtenteils sehr
leicht abschaben. Die mikroskopische Untersuchung dieser Rasen
beweist, daß sie in der großen Mehrzahl der Fälle aus Bacillen, die
stellenweise sich zu Fäden vereinigen, bestehen; seltener trifft man
Mikrokokken an. Ich legte aus diesen Rasen in allen Fällen Platten
(zumeist Agarplatten) an, und überzeugte mich, daß sie nur aus-
nahmsweise Reinkulturen darstellten. Gewöhnlich waren es Misch-
kulturen aus zwei, manchmal mehreren Bakterienarten, die ich auf
verschiedenen N&hrmedien weiter rein züchtete. Diese von mir an-
fangs beinahe ausschließlich angewandte Methode hat sowohl vom
theoretischen, wie auch vom praktischen Standpunkte aus betrachtet,
zahlreiche Mängel. Als viel wissenschaftlicher und bedeutend zweck-
entsprechender muß die Kräl’sche Methode betrachtet werden, die
er bei seinen Untersuchungen über den Favuspilz angewandt hat;
diese Methode besteht in Zerreibung der zu untersuchenden Haare
mit sterilisiertem Kieselguhr, nachfolgender Verdünnung in Bouillon
und Plattengießen.
Diese Methode habe ich oft und mit Erfolg angewandt, nur
habe ich dabei statt Kieselguhr, welcher sich nur schwer mit Flüssig-
keiten mischt, sterilisierten Bimsstein gebraucht, welcher es ermöglicht,
die Haare schnell und mit einem sehr geringen Kraftaufwand zu
zerreiben und sich gut und leicht mit Flüssigkeiten mischt
Zur Färbung von Bakterien in den Haaren habe ich verschiedene
Methoden angewandt, darunter die speziellen, von Hodara und
Wälsch angegebenen.
Reinkulturen. Aus den 14 von mir untersuchten Fällen von
Trichorrhexis nodosa habe ich in 10, und zwar in jedem von diesen
Fällen, aus mehreren Haaren unter anderen Parasiten einen Bacillus
rein gezüchtet, dessen Bedeutung als Erreger der Trichorrhexis
nodo«a ich in Folgendem zu beweisen suchen werde 1 ).
1) Was die 4 Fälle betrifft, in welchen der Erreger der Trichorrhexis nodose aus
232
Stanislaus Markusfeld,
Dieser Endosporen bildende Bacillus ist im Mittel 2,0 /.i lang
(1,75 — 2,25 /i), 0,4— 0,6 fi breit (in Canadabalsampräparaten gemessen)
mit abgerundeten Enden; er bildet oft Scheinfäden. Er ist gut mit
basischen Anilinfarben färbbar; durch Grara’s Verfahren wird er
nicht entfärbt. Im Thermostaten wächst der Bacillus viel üppiger
als bei Zimmertemperatur und ist ein fakultativer Anaerob, doch
wächst er unter Oelschicht viel langsamer als bei freiem Sauerstoff -
zutritt, und sein Wachstum hört unter diesen Bedingungen nach
einigen Tagen auf.
Bouillonkulturen. Nach 24 Stunden (bei Brüttemperatur)
ist die Bouillonschicht in ihrer Totalität getrübt Am Boden liegt
ein weißer, leicht sinkender, flockiger Bodensatz. Nach 5 — 6 Tagen
wird die Bouillon über dem Bodensatz beinahe völlig klar.
Agarkulturen. Auf schräg erstarrtem Agar (bei Brüttempe-
ratur) sieht man nach 24 — 48 Stunden einen weißen, feuchten, ho-
mogenen, leicht abschabbaren Rasen, der durch Verschmelzen einzelner
weißer, runder, bis '/* cm > in Diameter großer Kolonieen entsteht.
Im Stiche wächst er in Form eines kontinuierlichen, 1 mm breiten
Stranges, von welchem anfangs kurze, dann länger werdende Ab-
zweigungen rechtwinklig ausstrahlen.
Auf Agarplatten bemerkt man nach 24 Stunden (Brüttemperatur)
in der Tiefe runde oder ovale, weiße, nadelspitzen- bis nadelkopf-
grosse Kolonieen, die bei schwacher Vergrößerung bräunlich-gelb, un-
durchsichtig erscheinen. Von ihrem unregelmäßigen Kontour strahlen
von allen Seiten unregelmäßig gewundene Fäden aus; stellenweise
liegen zwischen diesen Fäden oder auf ihrem Verlaufe kleine, ebenfalls
undurchsichtige, rundliche, braune Klümpchen.
Nach 48—72 Stunden ist das Aussehen der inzwischen aus-
gewachsenen Kolonieen verändert, und zwar dadurch, daß die eben
beschriebenen Fäden sich in Bündel vou welligen, lockigen Strängen,
die an Locken von krausen Haaren erinnern, verwandeln.
Kolonieen, die sich auf der Oberfläche befinden, sind gewöhn-
lich größer, weiß, unter dem Mikroskop in der Mitte undurchsichtig,
gegen die Peripherie körnig; an der Peripherie selbst erscheinen bei-
nahe von Anfang an die oben beschriebenen welligen und lockigen
Fadengewinde. In den Fäden, aus welchen sie bestehen, trifft man
oft kleine, glänzende, regelmäßig angereihte Körnchen (Sporen) an. >
Gelatinekulturen. Im Gelatinestich beginnt schon nach 48
Stunden eine Verflüssigung in Form einer halbkugeligen Vertiefung,
die mit getrübter und flüssig gewordener Gelatine ausgefüllt ist; am
Grunde der Vertiefung liegt ein weißer Bodensatz. Bei weiterem
Wachstum verflüssigt sich die Gelatine immer mehr.
Die auf Gelatineplatten wachsenden Kolonieen erscheinen als
weiße rundliche Klümpchen, welche die Gelatine schnell verflüssigen;
die Verflüssigung ist tellerförmig.
den Haaren nicht gezüchtet worden ist, so blieben in 3 Fällen sämtliche Probiergläser und
Platten steril. Der eine dieser Fälle war vor der Untersuchung mit Sublimat behandelt,
die Übrigen zwei waren veraltete Fälle; in einem von diesen waren lange Zeit hindurch
verschiedene Cosmetica and Haarfarben angewandt. Im vierten Falle entwickelte sich
aus einem Haare (die übrigen 7 untersuchten Haare waren steril) nur ein Mikro«
Organismus, den ich oft auch aus gesunden Haaren züchten konnte.
ed by Google
Üeher die Aetiologie der Trichorrfiexis nodosa (Kaposi).
233
M ilch k ulturen. Die mit unserem Parasiten geimpfte Milch
gerinnt nach 24—48 Stunden vollständig.
Kartoffelkulturen. Auf gewöhnlicher und alkalisierter
(3 Pros. Soda) Kartoffel wächst er al3 ein weißer feuchter Rasen;
im allgemeinen ist die Kartoffel (besonders die alkalisierte) kein gutes
Xahrsubstrat für diesen Bacillus.
Vergleichen wir nun den hier beschriebenen Bacillus mit den
von anderen Autoren bei Trichorrhexis nodosa gefundenen bacillären
Mikroorganismen, so finden wir, daß er sich
1) von dem durch Hodara beschriebenen Bacillus multi-
formis trichorrhexidis dadurch unterscheidet, daß er: a) nicht
multiform ist; er tritt immer in Form von geraden Stäbchen, [die
sich oft zu Fäden vereinigen, auf; nie sind Kokken-, Sproßpilz-,
Klumpen-, Wurst- oder dergleichen Formen anzut reffen; b) er ver-
flüssigt rasch die Gelatine; c) der Rand seiner Kolonieen auf der
Agaroberfläcbe ist nie glatt, sondern charakteristisch lockig, wie
oben beschrieben;
2) von dem v. Essen’schen Bacillus dadurch, daß er: a) sich
durch das Gram’sche Verfahren nicht entfärbt, b) er die Gelatine
rasch verflüssigt, c) er bei Brüttemperatur besser als bei Zimmer-
temperatur wächst, d) die Kartoffeln keinen besonders guten Nährboden
für ihn darstellen, e) oft Sporenbildung bei ihm zur Beobachtung
gelangt.
Was nun den durch Spiegler aus durch Trichorrhexis nodosa
befallenen Haaren gezüchteten Bacillus betrifft, so habe ich mich an
Spiegler, da er ihn bis jetzt nirgends beschrieben hat, mit der
Bitte, mir eine Kultur desselben zuzusenden, gewandt.
Der Vergleich der Präparate und der Platten und Probiergläser-
kulturen, welche ich aus der mir gütigst zugesandten Agarkultur
bereitet habe mit den Kulturen und Präparaten des von mir ge-
züchteten Bacillus überzeugte mich von der Identität beider Mikro-
organismen. Auffällig erscheint mir aus diesem Grunde die Be-
hauptung Spiegler’s, daß er nicht ansteht, den von ihm gezüchteten
Bacillus mit demjenigen Hodara’s für „identisch“ zu halten.
Im pf versuche. Mit dem oben beschriebenen Bacillus habe
ich am 7. November 1896 vier Bündel von abgeschnittenen, völlig
gesunden Frauenkopfhaaren geimpft. Die Impfung geschah in der
Weise, daß ich von einer 2- tägigen Agarkultur eine gewisse Menge
von Mikroorganismen abschabte, sie mit Bouillon verdünnte und die
zur Impfung bestimmten Haare in diese Bouillon auf einige Minuten
(5 Min.) eintauchte. Eine Einreibung der Bacillen in die Haare
wurde nicht vorgenommen. Die Haarbündel sind dann in geschlossene
Glasgefäße gelegt worden und die ersten Wochen im Brutofen ge-
halten; die übrige Zeit blieben sie bei Zimmertemperatur. Erst in
der 6. Woche nach der Impfung, am 20. Dezember 1896, fand ich
zum erstenmale an vielen Haaren nur bei sehr genauer Untersuchung
bemerkbare gräuliche Pünktchen, die sich langsam vergrößerten und
am 27. Dezember als deutliche, nadelspitzengroße, graue Knötchen
imponierten. Sie saßen in Gruppen von 2 — ö auf einem Haare in
einer Entfernung von l / 3 — 1 cm voneinander. Gewöhnlich lagen die
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234
W. Janowski,
knötchentragenden Haare dicht nebeneinander, manchmal waren sie
sogar wie zusammengeklebt.
Aus diesen knötchentragenden Haaren habe ich denselben Mikro-
organismus, mit welchem sie geimpft waren, rein gezüchtet. Mikro-
skopische Präparate aus diesen Haaren zeigten in den erkrankten
Stellen die Anwesenheit des betreffenden Mikroorganismus und der
für die Trichorrhexis nodosa charakteristischen anatomischen Lä-
sionen.
Obige Untersuchungsergebnisse führen mich zu folgenden Schlüssen:
1) Die Trichorrhexis nodosa ist eine durch Mikroorganismen er-
zeugte Erkrankung.
2) Der Erreger dieser Erkrankung ist der hier beschriebene
Bacillus, da: a) er in gut gefärbten und entsprechend entfärbteu
Präparaten immer zu finden ist; b) er in beinahe allen darauf unter-
suchten Fällen aus den Haaren zu züchten ist ; c) seine Impfung auf
gesunde abgescbnittene Haare positive Resultate ergab; d) er in
normalen Haaren weder durch die mikroskopische Untersuchung,
noch durch das Kulturverfahren nachgewiesen werden konnte ; e) die
übrigen aus den Haaren gleichzeitig mit ihm rein gezüchteten Mikro-
organismen nur zufällige, unbedeutende Beimengungen sein können,
da die Impfung derselben negative Resultate ergab und sie auch aus
normalen Haaren gezüchtet werden konnten.
Warschau, 14. Jan. 1897.
Nachdruck verboten.
Zur Aetiologie der Dysenterie.
Von
Dr. med. W. Janowski,
Städtischem Bakteriologen und Abteilungsassistenten,
in
Warschau.
(Fortaetsung and Schluß,)
F aj a r d o (27) aus Rio de Janeiro untersuchte 10 Dysenterie-
fälle, von denen 2 letal endigten. In allen Fällen wurden in den
Stuhlentleerungen Amöben gefunden. Er injizierte Faeces aus einem
dieser Fälle (No. 8) 2 Katzen vermittelst des Katheters in das Rectum.
Eine derselben ging nach 4 Tagen zu Grunde, und bei der Sektion
wurden weder die typischen dysenterischen Alterationen noch Amöben
in dem den Darm bedeckenden Schleime gefunden. Die andere Katze
starb nach 24 Stunden. Bei der Sektion erwies sich das Rectum
gerötet, mit blutigem, amöbenhaltigem Schleime bedeckt. Der Verf.
unterscheidet nach Quincke und Roos’ Vorgehen 3 Arten von
Amöben: 1) Amoeba vulgaris, für Menschen und Tiere pathogen ;
2) Amoeba coli mitis, nur für den Menschen pathogen;
3) Amoeba coli von Loesch, S. Amoeba coli felis, für
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Zur Aetiologie der Dysenterie.
235
Menschen und Katzen pathogen, bei letzteren Dysenterie bervorrufend.
Der Verf. fand, daß die Amöben in dem aus Leberabscessen entleerten
Eiter (in 2 Fällen) 30 Stunden lebten. Bei Untersuchung des Darmes
fand er Amöben in der Submucosa und in den Kapillaren. Sie waren
hier von runder Gestalt. Der Verf. legt einige Abbildungen von
Amöben bei und giebt eine kurze Beschreibung derselben, die ich
jedoch hier nicht wiederholen werde. Es sei nur erwähnt, daß
Fajardo Züchtungsversuche machte und daß es ihm gelang, Amöben
auf Strobaufguß, uud zwar an der Oberfläche desselben, zu züchten.
Schließlich liegen uns noch aus der allerjüngsten Zeit 2 Be-
obachtungen von Ren du (83) vor, der 2mal Leberabscesse sah, die
er für „tropischen Ursprungs“ hielt. Im ersten Falle gründet sich
seine Behauptung darauf, daß der Kranke mehrere Jahre vorher in
Tonkin an Dysenterie gelitten; im zweiten Falle scheint mir keine
feste Basis für die Behauptung des Verf. vorzuliegen. In beiden
Fällen wurden im Eiter weder Bakterien (durch Züchtung) noch
andere Parasiten gefunden. Beide Patienten genasen nach Eröffnung
der Geschwüre.
Wie wir gesehen haben, wiesen schon fast von dem Augenblicke
an, wo die uns hier beschäftigende Frage auftauchte, einzelne Forscher
auf die Unentbehrlichkeit künstlicher Amöbenkulturen bin, die sie als
eines der vornehmsten Mittel zur Lösung der Frage von der Patho-
genität oder Unschädlichkeit der Amöben betrachteten. Bei An-
führung der Arbeiten von Gunningham (23), Kartulis (44),
Vivaldi (78), Kruse und Pasquale (48), Dock (25), Stengel
(77) und Fajardo (27) habe ich bemerkt, daß die erwähnten Verff.
sich des von ihnen gewonnenen Materials bedienten, um Züchtungsver-
suche mit Amöben anzustellen, daß sie jedoch negative Resultate er-
hielten oder doch solche, die sich einer strengen Kritik gegenüber als
unsicher erwiesen. Letzteres bezieht sich auf Kartulis’ Arbeiten (44).
Der Verf., der sich so große Verdienste um die Amöbenfrage in der
Pathologie des Menschen erworben hat, war dennoch im Irrtume,
wenn er glaubte, durch seine Kulturen und die damit angestellten
Experimente die ganze Frage gelöst zu haben. Ich kann mich hier
nicht auf eine eingehende Kritik seiner Züchtungsmethode einlassen,
da wir dieselbe schon bei anderen Autoren und besonders ausführlich
hei Schuberg(73) finden. Hervorzuheben ist nur, daß Kartulis
meiner Ansicht nach keine reinen Amöbenkulturen erhalten konnte,
hauptsächlich weil er sie in nicht mit Watte verschlossenen Kolben
züchtete. Züchtungsversuche auf Kartulis’ Nährboden (wässeriger
Strohaufguß) in verschlossenen Gefäßen, wie sie von verschiedenen
Autoren angestellt wurden, mißlangen, so daß in dieser Hinsicht
kein Fortschritt zu verzeichnen ist, den man Kartulis zu ver-
danken hätte. Inzwischen häuften sich die Arbeiten über Amöben
bei Dysenterie immer mehr und das Bedürfnis einer Züchtungs-
methode wurde zu einer brennenden Frage. Den ersten originellen
Vorschlag, Protozoen zu züchten, finden wir bei Ogata; nach
ihm publizierten Celli und Fiocca eine ganze Reiheufolge von
Arbeiten, die Kultur der Amöben betreffend. Aus diesen Arbeiten
jitized by Google
236 W. Janowski,
erfahren wir, daß die Autoren ihre Methode {zur AmöbenzüchtuDg
auf festem Nährboden zwar erst 1895 veröffentlichten, dieselbe aber
schon 2 Jahre vorher entdeckt hatten. Hierauf beschrieb C. Miller
— die Arbeit erschien in der Zwischenzeit zwischen der Veröffent-
lichung der einzelnen Arbeiten von Celli und Fiocca — eine
Methode zur Züchtung der Amöben auf flüssigen Nährböden, und
bereits 1. J. beschrieben wiederum Beyerinck,Schardringer und
Gorini Amöbenkulturen auf festem Nährboden.
Die weiteren Fortschritte, die wir in der Lehre von der Wirk-
samkeit der Amöben nicht allein in der Dysenterie, sondern überhaupt
in der Pathologie zu verzeichnen haben, hängen zum größten Teile
von der Entdeckung und weiteren Verbreitung der Methoden zur
Kultivierung dieser Gebilde ab. Aus diesem Grunde sollen auch die
wichtigsten Punkte der betreffenden Arbeiten hier in aller Kürze
angeführt werden.
Die von Ogata (61) beschriebene Methode zur Züchtung der
Protozoen ist äußerst geistreich erdacht. Er verimpfte das protozoen-
tragende Material auf eine 2,5 proz. Traubenzuckerlösung in schmutzigem ,
sterilisiertem Wasser. Als sich nach 5 — 6 Tagen auf diesem Nähr-
boden Infusorien nebst Bakterien entwickelten, ging er folgendermaßen
zu Werke, um die einen von den anderen abzuscheiden : Er füllte ein
10 — 20 cm langes Kapillarröhrchen, von 0,3—0,05 mm im Durch-
messer, mit jenem oben genannten Substrat in der Weise, daß etwa
2 cm des Röhrchens leer blieben. Dann hielt er das obere Ende
des Röhrchens fest mit dem Finger zu, so daß keine Luft eindringen
konnte und tauchte es in das betreffende Infusorien nebst Bakterien
enthaltende Substrat. War das Röhrchen gefüllt, so lötete Ogata
es an beiden Seiten zu. Schon mit unbewaffnetem Auge und noch
besser unter dem Mikroskope sieht man , wo der sterile und der
beschickte Nährboden einander berühren. Dieser Punkt wird am
Glase bezeichnet. Nach 5 — 30 Minuten wird der Röhrcheninhalt
aufs neue mikroskopisch untersucht. Es erweist sich alsdann, daß
ein oder mehrere Infusorien dem reineu Nährboden um 1 cm oder
mehr näher gerückt sind, wobei die Bakterien ihnen nicht folgen.
Ogata feilte nun den Teil des Röhrchen ab, der nur Infusorien ent-
hielt und verlötete ihn. Nach einem Monate wurde der Inhalt des
Röhrchenabschnittes untersucht, und es wurden nur Infusorien darin
gefunden. Ihre Bewegungen ließen sich um besten beobachten, weun
das Röhrchen in der Hand erwärmt wurde, ln derselben Weise vor-
gehend, erhielt Ogata noch bessere Infusorienkulturen, wenn er eine
2,5-proz. Fleischbrühelösung von Traubenzucker (ohne Pepton), mit
Hinzufügung eines 5-proz. sterilisierten und nach allgemeinen Regeln
neutralisierten Aufgusses von Porphyra vulgaris verwandte.
Wird der Inhalt jenes Kapillarröhrchens in einen der oben
erwähnten Nährböden geblasen, so entwickelt sich jenes Infusorium
darin in Reinkultur (der Verf. bediente sich Polytoma uvella und
Paramecium aurelia zu seinen Experimenten). Eine Reinkultur
von Infusorien, die keine Bakterien enthalt, darf sich nicht vor
7 — 8 Tagen trüben. Erst nach 4 — 6 Tagen zeigt sich an der Ober-
fläche des Substrates ein Ring, der, mikroskopisch untersucht, aus
'igitized by Google
Zar Aetiolopie der Dysenterie.
237
Infusorien in Reinkultur bestand. Nach 7 — 8 Tagen greift die
Trübung des Substrates immer mehr um sich. Alsdann können die
Infusorien auf Gelatine übertragen werden. Man erhält weiße Kul-
turen, die nach 2—3 Wochen 1 mm groß werden. Gelatinestich-
kulturen zeigen stärkere Entwickelung der Infusorien an der Ober-
fläche, als in der Tiefe.
C. Miller (57) aus Heidelberg berichtete darüber, daß es ihm
gelungen sei, bei 37° G Amöbenkulturen in 2 — 4-proz. wässeriger
Bouilionlösung , in */*• proz. Glycerinlösung mit Hinzufügung eines
Stückchens Sehne (etwa 1 ccm auf ein Glas), in ‘/„-proz. wässeriger
Milchlösung oder in ‘/,-proz. Auflösung von Traubenzucker in ver-
dünntem Heuaufguß zu erhalten. Der Autor fügt hinzu, daß er
einige seiner Kulturen bis damals (1894) mit gutem Erfolge 2&-mal
übertragen habe. Er beschreibt jedoch keine derselben.
Wenige Monate vor obiger Arbeit Miller’s hatten Celli und
Fiocca (15) in derselben Zeitschrift angekündigt, sie besäßen ein
Substrat, auf dem sie schon seit 2 Jahren verschiedene Amöben
züchteten. Jede Amöbe hat ihren Beobachtungen nach ihr amöboides
und ihr encystiertes Lebensstadium. Sie beschreiben einige interssante
Einzelheiten aus dem Entwickelungsprozesse der Amöben; ich führe
dieselben weiter unten bei Besprechung der ausführlichen, diese
Frage behandelnden Arbeit der beiden Verff. an. Noch bevor diese
publiziert wurde, brachte dieRiforma medica und das Central-
blatt für Bakteriologie (16) ein von Celli und Fiocca vorgeschlagenes
Schema, nach welchem die Amöben beschrieben werden sollten, damit
keine ihrer Eigenschaften übersehen würde und die einzelnen Arten
leicht zu unterscheiden wären. Es ist zu diesem Zwecke bei der
Beschreibung der Aufenthaltsort der Amöben, ihre Form, Größe,
Bauart, Bewegungen, Fortpflanzungsmodus, Aussehen im Ruhezustände
und im eingekapselten Zustande und der zum Durchlaufe ihres ganzen
Entwickelungsprozesses erforderliche Zeitraum in Betracht zu ziehen.
Die Verff. beschreiben nach diesem Schema eine Serie von ihnen
gezüchteter Amöbenspecies , geben aber den Nährboden, auf dem
sie dieselben erhalten, noch nicht an. Letzteres geschah erst in der
neuesten erschöpfenden Arbeit dieser Autoren, die in den Berichten
des Römischen Aerztevereins erschien ; nur ein sehr kleiner Teil der-
selben, nämlich die Beschreibung der Züchtungsmethode, ist in einer
der letzten Nummern des Ceniralblattes für Bakteriologie veröffentlicht
worden.
Aus dieser Arbeit von Celli und Fiocca (18), die so schwer
zugänglich ist, daß sie in der Litteratur noch bis heute unbekannt
geblieben, die ich jedoch für äußerst wichtig für den Ausgangspunkt
aller zukünftigen Forschungen dieser Art hatte, erfahren wir, daß
die Verff. nach vielen Versuchen mit verschiedenen Nährböden zu
folgenden Schlüssen kamen : Die Amöben entwickeln sich spärlich auf
alkalischer Kartoffel auf ascitischer Flüssigkeit und auf Eiweiß; ganz
gut und reichlich wachsen sie nur auf einem Nährboden, nämlich
auf Fucus crispus. Fucus crispus ist eine Seealge. Eine
5-proz. genau alkalisierte Lösung davon in Wasser oder Bouillon ist
der beste Nährboden für Amöben. Wenn man schon Uebung in
238
W. Janowiki,
solchen Forschungen besitzt, braucht man dieses Substrat nicht zu
filtrieren, sondern es kann direkt aus den Kolben auf Platten aus-
gegossen werden. Wenn es sich um Kulturen im hängenden Tropfen
handelt, ist es am besten, Fucus crispus ohne Bouillon zu be-
nutzen; der betreffende Nährboden muß aber durch HinzufQgung von
1 ccm einer l / 10 -NormaIlösung von Kalilauge oder 1 — 5 ccm kon-
zentrierter Sodalösung auf jede 10 ccm des Substrates alkalisiert
werden. Auf diese Weise ist es unschwer, herrliche Amöbenkulturen
mit nur geringer Beimischung von Bakterien zu erhalten. Ganz
bakterienfreie Kulturen sind sehr schwer zu erhalten. Die Verff.
griffen zu diesem Behufe zu den verschiedensten Mitteln (fraktionierte
Sterilisation bei 55— 60° im Verlaufe von 10 Tagen, Hinzufügung
von Desinfektionsmitteln zu dem Substrate u. s. w.); wenn ihnen aber
nach zahllosen Mühen bisweilen eine solche Kultur gelang, so konnten
sie dieselbe bei weiteren Verimpfungen nicht am Leben erhalten. Sie
halten deshalb die Symbiose zwischen den Amöben und den Bakterien
für eine sehr enge.
So schwer es ist, Amöbenkulturen ohne Bakterien zu er-
halten, so leicht ist es, Kulturen der einen oder der anderen
Amöbenspecies allein zu züchten, hauptsächlich weil gewisse Arten
derselben ausschließlich in diesem oder jenem Wasser wachsen.
Handelt es sich darum, verschiedene aus der Erde gezüchtete Amöben
voneinander zu isolieren, so geht man folgendermaßen vor: Mit dum
vorhandenen Material werden Petri’sche Schälchen aus Fucus
crispus beschickt; man wartet alsdann, bis es zur Bildung en-
cystierter Formen kommt. Diese benutzt man zur Kultur im hängenden
Tropfen und daraus erhält man die einzelnen Amöbenarten, indem
man entweder sich den Umstand zu Nutze macht, daß die eine Species
die andere überwuchert oder die Zeit, die zur Entwickelung der ver-
schiedenen Formen erforderlich ist, oder 'indem man die einzelnen
Species mittels einer Platinnadel isoliert. Den aus der Erde oder
aus Kot gewonnenen Kulturen gesellen sich gewöhnlich einzelne
Infusorien bei, allein diese gehen nach 1 — 3maliger Verimpfung zu
Grunde und die Amöben sind auf diese Weise ganz isoliert.
Die Verff. raten, die Amöben ungefärbt zu untersuchen, da alle
Farbstoffe sowohl bei den amöboiden als auch bei den encystierten
Formen Schrumpfung hervorrufen, wodurch beide wesentliche Ver-
änderungen erfahren.
Unter Benutzung des oben beschriebenen Substrates untersuchten
die Verff. Erde aus verschiedenen Gegenden Italiens und Aegyptens,
von Ebenen, Bergen und Niederungen, Lachen und Teichen in
malarischen und in gesunden Gegenden, Brunnen-, Fluß-, See- und
Meerwasser, Kloaken, Straßen- und Stubenstaub, Heu, Gras, Schleim
aus Mund, Hals, Bronchien, Ohr, Blase, Scheide wie auch den Darm-
inbalt Gesunder und Kranker, darunter auch Dysenterischer, auf
Amöben.
Hatten Celli und Fiocca nun verschiedene Amöbenspecies ge-
züchtet, so waren sie bemüht, sie mit bereits bekannten Namen zu
belegen, sobald die in der Wissenschaft bis jetzt beschriebenen Ge-
bilde den von ihnen gezüchteten glichen. Sie behalten sich jedoch
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Zar Aetiologie der Dysenterie.
239
vor, daß sie nicht dafür einstehen, dabei nicht irgend welche Fehler
gemacht zu haben, da die anderen Autoren meist nur das mikro-
skopische Aussehen der Amöben beschreiben. Bei der Beschreibung
ihrer Amöben gehen sie stets nach folgendem Schema: Fundort,
Gestalt, Bewegungen, Größe und Bauart im amöboiden Stadium ; Fort-
pflanzung, Gestalt, Größe und innerer Bau im Ruhestadiura ; Gestalt,
Größe und innerer Bau in encystiertem Zustande; Zeitdauer des
ganzen Entwickeluogscyclus.
Die Benennungen der einzelnen Amöbengattungen hängen von der
verschiedenen Gestalt, der Größe und der Verzweigung der im
amöboiden Stadium von ihnen ausgesandten Pseudopodien ab. Zwei
beigefügte Tafeln mit Abbildungen zeigen, wie groß thatsächlich der
Unterschied zwischen den einzelnen Amöbenspecies sein kann. Die
Verff. beschreiben nach ihrem Schema : Amoeba lobosa(Varietas
guttula, oblonga, undulans, Amoeba coli Loeschi),
Amoeba spinosa, diaphana, vermicularis et reticularis.
Ich führe hier nur die Beschreibung der Amoeba coli au,
da diese uns näher interessiert. Nach Celli und Fiocca lautet
dieselbe folgendermaßen:
Auffindungsort: Erde (aus Belluno) in der Nachbarschaft
von dysenterischen Faeces ; Wasser aus dem Nilkanal (und seiner
Einfassung), von welchem aus das Wasser nach Alexandrien geleitet
ist; der Darm Gesunder und an Dysenterie und an anderen Krank-
heiten Leidender.
Im amöboiden Stadium haben sie eine lobuläre Gestalt
(tipo loboso), d. h. schicken lobuläre, hyaline, verhältnismäßig zahl-
reiche Pseudopodien aus; ihre Bewegungen sind nicht sehr leb-
haft; ihre Größe beträgt 4—8 ft (während Loesch und andere
Verfasser ihre Größe in den Stuhlentleerungen mit 15—35 u angeben);
Struktur: sie besitzen ein gleichförmig feinkörniges Entoplasma,
ein spärliches hyalines Ektoplasma, einen bläschenartigen Kern, der
nicht immer eine Vakuole enthält. Sie pflanzen sich durch Teilung
fort. Zuweilen hört nach 1 — 3 Verimpfungen das Fortpflanzungs-
vermögen auf, was um so eher geschieht, je mehr rote Blutkörperchen
die Amöben enthalten.
Im Ruhestadium hat die Amoeba coli einfache Konturen,
ein gleichförmig feinkörniges Protoplasma; ihre Größe beträgt 1,5—2 n\
man stößt dabei häufig auf degenerierte Formen mit Körnchen im
Inneren ; diese Formen können Veranlassung zu der irrigen Annahme
geben, als bildeten die Amöben Sporen. Die mikroskopische Unter-
suchung zeigt, daß diese Amöben sich durch Teilung fortpflanzen.
Im encystierten Zustande hat die Amoeba coli
doppelte Konturen ; die innere derselben ist dicker als die äußere ;
der Inhalt der Cystchen ist feinkörnig.
Der Entwickelungscyclus hat folgende Dauer: nach
12—15 Stunden treten die Amöben aus den Cysten aus und nehmen
amöboide Gestalt mit den dementsprechenden Bewegungen an; nach
40—48 Stunden werden einzelne Amöben schon abgerundet, und
nach 60 — 65 Stunden sind bereits alle encystiert oder degeneriert.
Die Verff. beschreiben in analoger Weise die oben angeführten
jitized by Google
240
W. Janowski,
anderen Amöbenspecies und stellen auf Grund ihrer Forschungen
folgende allgemeine Sätze auf:
Die Gestalt der Amöben hängt von Form und Größe der
Pseudopodien ab, die lobulär, stachelartig, wurmförmig u. s. w. sein
können. Jede Amöbe hat ihre charakteristische Gestalt. In engem
Zusammenhang mit derselben stehen die Bewegungen der Amöben.
Die Lebhaftigkeit derselben hängt von der größeren oder geringeren
Quantität der hyalinen Substanz in den Amöben ab. Im allgemeinen
werden lebhaftere Bewegungen bei den jüngeren, weniger genährten
Amöbenformen beobachtet.
Die Größe der Amöben ist verschieden. Am kleinsten sind
Amoeba diaphana et guttula. Die Größe der Amoebae
diaphanae ist bedeutenden Schwankungen unterworfen, sogar was
ihre encystierten Formen betrifft, so daß man bisweilen glauben
könnte, die Kultur sei unrein. Auch die Größe der Amoeba coli
wechselt. Im allgemeinen sind die Amöben ceteris p&ribus auf künst-
lichem Nährboden kleiner als in den Flüssigkeiten, in denen sie ge-
züchtet werden.
Was die Struktur betrifft, so erblickt man nicht bei jeder
Amöbengattung En toplasma und Ektoplasma. Bei Amoeba lobosa,
spinosa et arborescens läßt sich beides nach weisen, bei anderen
vermissen wir beides. Der Kern bildet keinen konstanten Bestand-
teil der Amöben. Bei Amoeba diaphana und bei Amoeba
reticularis fehlt er stets. Die Verff. haben nie 2 Kerne bei
Amöben gesehen, obgleich 2 Schüler Grassi’s, Casagrandi and
ßarbagallo (14), behaupten, die Amoeba coli enthalte bisweilen
2 Kerne. Die Zahl der Vakuolen in den Amöben ist sehr verschieden.
Dasselbe läßt sich von den darin enthaltenen kleinen Körnchen sagen.
Hämoglobin löst sich darin auf, ohne die Pigmentkörnchen zu geben.
Die Vermehrung der Amöben findet durch Teilung, ohne
vorhergehende Befruchtung, statt. Die Teilung vollzieht sich durch
Bewegungen, die ein Zerreißen einer Amöbe in 2 Teile anstreben.
Ein solcher „Kampf“ dauert oft lange. Bisweilen sind die beiden
Amöbenhälften nur noch durch ein dünnes Fädchen verbunden, fließen
aber wieder in ein Ganzes zusammen. Schließlich zerfällt eine solche
Amöbe nach mehreren Teilungsversuchen in 2 junge Exemplare. In
Bezug auf den Kern konnten Celli und Fiocca sogar bei den
größten Formen nicht angeben, ob darin bei der Teilung mitotische
Prozesse vor sich gehen oder nicht. Die Vermehrung verschiedener
Amöben kann auf demselben Nährboden rascher oder langsamer statt-
finden. Am raschesten geht der Fortpflanzungsprozeß bei Amoeba
reticularis vor sich, nämlich fast so rasch, wie bei den Bakterien.
Wenn die Amöben rote Blutkörperchen in sich aufgenommen haben,
verlieren sie das Teilungsvermögen. Aus diesem Grunde sind auch
die aus bluthaltigen Stühlen gewonnenen Kulturen der Amoeba
coli so wenig resistent. Endogene Teilung und Sporenbildung haben
sie bei keiner Amöbe zu Gesicht bekommen. Deshalb sind auch
nach Ansicht der Autoren die Malariaplasmodien, weil sie Sporen
bilden, keine Amöben, sondern Sporozoa.
Im Ruhestadium werden viele Amöben einander ähnlich.
Google
Zar Aetiologie der Dysenterie. 241
Amoeba coli wird in diesem Stadium durchsichtig und zerfällt,
zerfließt infolge einer darin stattfindenden hyalinen Degeneration.
Am wichtigsten ist bei der Differentialdiagnose einer bestimmten
Gattung der untersuchten Amöben von anderen das Stadium der
Einkapselung, denn in diesem Stadium tritt der Unterschied zwischen
den einzelnen Varietäten am deutlichsten hervor. Die Kontouren der
Amöben können in diesem Stadium einfach (Amoeba diaphana,
reticularis) oder doppelt sein. In letzterem Falle sind entweder
beide Kontouren rund (Amoeba coli) oder die eine ist rund, die
andere gezackt (Amoeba guttula, oblongata et spinosa).
In diesem Entwickelungsstadium sind die größeren Amöbenformen
leicht mit Infusorien zu verwechseln. Ueber solche Zweifel entscheiden
dann die weiteren Entwickelungsstadien.
Der zur Entwickelung der verschiedenen Amöbenspecies
erforderliche Zeitraum ist bedeutenden Schwankungen unter-
worfen. Er hängt davon ab, wie lange die encystierten Formen zum
Reifen brauchen. Bei Ueberimpfung der Amöben ist es leichter,
Kulturen zu erhalten, wenn die zur Impfung benutzten Cysten nicht
jnng sind. Alle Amöben befreien sich in gleicher Weise aus ihrer
Kapsel. Dieser Uebergang der Amöben aus dem encystierten Zu-
stande in das amöboide Stadium läßt sich am besten an solchen
Exemplaren verfolgen, die dickwandige Cysten besitzen. Gleich nach-
dem die Amöbe ihre Cyste abgestreift hat, schickt sie die für die-
selben charakteristischen Pseudopodien aus und führt ihre charak-
teristischen Bewegungen aus, das Säckchen aber zerfällt. Stellt man
die encystierten und amöboiden Formen zusammen, so ist es unschwer,
die gegebene Amöbe zu erkennen.
Was den Fundort der Amöben überhaupt betrifft, so haben
Celli und Fiocca alle im bebauten Erdboden, auf Wiesen, sogar
2 m tief, wie auch auf 1500 m Höhe gefunden. Mehrere Varietäten
züchteten sie aus Moor (Maccarese) und aus Teichen (Calabrien,
Sardinien). Die Amöben gelangen von der Erde aus ins Wasser.
Ira Trinkwasser fanden die Verff. nur eine Amöbenart, in unreinen
Brunnen und Teichen, im Nilwasser, das in Alexandrien ohne vorher-
gehendes Filtrieren zum Trinken gebraucht wird, entdeckten sie zwei
Amöbenarten (Amoeba guttula et spinosa). Je eine Amöben-
species fanden sie auch in den heißen Quellen in Civita-Vecchia,
Abano und Ischia. Aus der Erde und dem W 7 asser gelangen die
Amöben auch in die Luft. Aus all diesen 3 Quellen aber gelangen
sie in den thierischen Organismus.
Von den biologischen Eigentümlichkeiten der Amöben sei noch
Folgendes bemerkt: Eine Temperatur von 0 — 15° tötet die Amöben
weder im encystierten noch im amöboiden Zustande, weder nach
mehreren Stunden noch nach mehreren Tagen; bei 45° C gehen sie
nach 5 Stunden, bei 50° C — nach einer Stunde zu Grunde, wenn
sie im amöboiden Stadium sind. Die encystierten Formen erhalten
sich sogar bei -f- 55 0 C 4 Tage lang, bei + 60 0 C eine Stunde und
sogar bei einstündiger Einwirkung von +67° C mehrere Tage nach
einander. Bei Sonnenlicht leben sie bei -f-12 — 15° C gegen 270
Exil* Abt. xxi. w. 16 J
Digitized by Google
242
W. J a n o w s k i ,
Stunden. Es dauert 11 — 15 Monate, ehe sie vertrocknen. Ohne
Luftzutritt können die Amöben nicht fortkommen, werden sie aber sogar
nach Ablauf von 4 — 6 Monaten auf gewöhnlichen Nährboden über-
tragen, so kommen sie wieder darauf fort Erst wenn der Luftzutritt
10 Monate lang abgehalten wird, gehen sie zu Grunde. In faulender
Flüssigkeit gehen die amöboiden Formen nach 23, die encystierten
nach 33 Tagen zu Grunde. Sie sind weit empfindlicher gegen die
Wirkung antiseptischer Mittel, als die Bakterien. Sauren Nährboden
vertragen sie nicht; dafür schadet sogar ein Uebermaß an Basen
ihrer Entwickelung nicht. Wasserstoffsulfid tötet die amöboiden
Formen binnen 8 Stunden; Hydrogenium arsenicosum (AsH s ) binnen
3 — 10 Minuten, Kohlenoxyd (CO) binnen 5—30 Minuten; Koblen-
sulfid (CS,) binnen 7 Stunden und Amyl-Alkohol binnen 8 Stunden.
Kohlensäure schadet den Amöben nicht.
Was nun die Tiere betrifft, bei denen Amöben Vorkommen, so
fanden Celli und Fiocca sie im Darm bei Fröschen, Hühnern,
Lämmern, Meerschweinchen, Kaninchen und Katzen (darunter bei
experimentell an Katzen hervorgerufener Dysenterie 3mal Amoeba
coli). Beim Menschen gelang es den Verff. nicht, Amöben bei ver-
schiedenen akuten und chronischen Leiden der Nase, des Larynx, der
Bronchien, der Ohren und des männlichen urogenitalen Apparates
nachzuweisen. Bei Frauen hingegen wurden in 3 Fällen unter 16
angestellten Untersuchungen im Urogenitalapparat Amöben (Amoeba
spinosa et vermicularis) gefunden. In der Mundhöhle fanden
sie nie Amöben (13 Untersuchungen). Im Magen entdeckten sie unter
vier Fällen 1 mal Amöben (Amoeba spinosa). Im Kinderdarme
fanden sie unter 78 untersuchten Fällen 26 mal Amöben (14 gesunde
Kinder, 50 Fälle von Darmkatarrh, 5 Fälle von grüner Diarrhöe,
6 Fälle von blutiger Diarrhöe und 3 von follikulärem Katarrh);
darunter 2 mal Amoeba coli allein bei gesunden Kindern. Bei
Erwachsenen fanden sie 12 mal Amöben vor (unter 111 Untersuchungen);
darunter 11 mal bei Dysenteriekranken (unter 65 Fällen) und 1 mal
bei einem Gesunden. Wir sehen also, daß die Amöben bei Erwachsenen
seltener Vorkommen, als bei Kindern.
Am Schlüsse ihrer Arbeit besprechen Celli und Fiocca die
Rolle der Amöben bei Dysenterie. Bei der mikroskopischen Unter-
suchung der aus 54 Dysenteriefällen stammenden Faeces fanden sie
23 mal Amoeba coli. 14 dieser Fälle mit positivem Resultate
kommen auf Aegypten (es wurden überhaupt 16 untersucht), was
damit zusammenhängt, daß das Nilwasser, wie wir bereits wissen,
Amoeba coli enthält. Da jedoch die Verff. aus 8 Dysenteriefällen
auch noch andere Amöben (Amoeba diaphana, spinosa,
lobosa et vermicularis) gezüchtet haben, so behaupten sie,
man müsse, ehe man der „Amoeba coli“ genannten Amöbe
dysenterieerregende Eigenschaften zuerkeune, eine derartige, die
Wirkung anderer Amöben, die bei Stuhluntersuchungen ohne Kulturen
ganz unbemerkt bleiben würden, in dieser Richtung ausschließen
können. Die Verff. sind der Ansicht, daß bis jetzt sichere experi-
mentelle Beweise dafür fehlen, daß Amoeba coli allein Dysenterie
by Google
Zur Aetiologie der Dysenterie.
243
hervorrufen könne ; sie sagen mit Recht, daß sogar Experimente, wie
Injektionen mit Amoeba coli enthaltenden Faeces in das Rectum
und mit amöbenhaltigem, aber bakterienfreiem Eiter, diese Frage nicht
lösen werden, denn diese Experimente sind vom bakteriologischen
Standpunkte aus nicht rein. Sie haben persönlich bei Katzen sogar
durch Injektion dysenterischer Stühle, die vorher bis zu 45 — 70 0 C
erhitzt wurden, in denen also die Amöben sicher zu Grunde gegangen
waren, Dysenterie hervorgerufen. Ihrer Ansicht nach ruft die Dy-
senterie eine virulente Varietät des Bacterium coli, das sog.
Bact. coli dissenterico, hervor. Diesem virulenten Bakterium
beigesellt, werden auch die anderen Bakterien virulent, wenn auch
in geringerem Grade, gehen dieser Eigenschaft aber bei Ueber-
impfungen wieder verlustig, während jene Varietät des Bact. coli
ihre Virulenz selbst nach zahlreichen Ueberimpfungen nicht einbüßt.
Beijerinck (7) aus Delft züchtete 2 Amöbenspecies (A m o e b a
nitrophila et zymophila) auf einem Nährboden, den er
folgendermaßen zubereitete: Eine Agarschicht wurde wiederholt mit
destilliertem Wasser ausgelaugt. Nach 7—14 Tagen, je nach der
Dicke dieser Agarschicht, sind bereits alle organischen Teile daraus
ausgelaugt. Dann fügte Beijerinck Kreide hinzu und kochte die
Mischung. Damit die Amöben auf diesem Nährboden Nitrate bilden
können, fügt Beijerinck noch 0,5 Proz. NH 1 NaIIP0 1 und 0,05 Proz.
CaCh hinzu.
Schardringer (72) züchtete Amöben als mutmaßliche Erreger
der Dysenterie. Den Nährboden, auf dem er seine Amöben züchtete,
bereitete er in der Weise, daß er zu einem wässerigen Heuaufguß
(30 — 40 g auf 1 1 Wasser) 1 — 1 l / t Proz. Agar binzufügte. Um
Kulturen zu erhalten, beschickte er zuerst den Heuaufguß mit dem
zu untersuchenden Objekt (z. B. mit schmutzigem Wasser) und ließ
den Aufguß 24 Stunden lang bei 37 4 C stehen. Erst nach Ablauf
dieser Zeit injizierte er diesen befruchteten Heuaufguß in das Kon-
densationswasser des obenerwähnten Agars mit Heu und bespülte mit
diesem Wasser die Oberfläche des Agars. Nach einigen Tagen wuchsen
darauf, abgesehen von Bakterien, Gebilde, die den Kolonieen großer
Kokken ähnlich waren. Hiermit beschickte er neue Agarplatten und
erhielt bei entsprechender Verdünnung Protozoen in Reinkultur.
Wenn die Kulturen rein sein sollen, müssen sie zu wiederholten
Malen auf die Oberfläche des Agars mit Heuaufguß gegossen und erst
hierauf auf den flüssigen Nährboden übertragen werden.
Wenn es sich um Züchtung der Amöben aus Stuhlentleerungen
handelte (bei einem Typhuskranken, bei welchem die mikroskopische
Untersuchung keine Amöben nachwies), so veriinpfte Schardringer
sie auf einen Heuaufguß und übertrug sie erst nach 3 Tagen, wenn
das Mikroskop zahlreiche Amöben darin zeigte, auf gewöhnliche
Gelatineplatten; auf diesen wählte er wiederum die Stellen, die nur
Amöben enthielten und verimpfte sie wiederholt auf das Kondensations-
wasser des obenerwähnten Agars mit Heu. Er wiederholte diese
Ueberimpfung 6 mal und erhielt beim letztenmale fast Reinkulturen
der Amöben. Dies Kulturen enthalten stets eine gewisse Anzahl
16 *
244
VV. Janowsiki
Bakterien, denn diese befinden sich in den Amöben selbst. Schar-
d ringer hält seine Amöben für identisch mit Amoeba coli.
Ihre Größe beträgt 15 — 20 fi. Die encystierten Formen entwickeln
sich am raschesten auf der schrägen Agarfläche. Auch im kon-
densierten Agarwasser gewahrt man fast nur encystierte Amöben.
Sie sind rund oder eckig, haben einen farblosen Saum und enthalten
in ihrem hellbräunlichen Inneren 1 — 2 Kerne. Sind die Amöben auf
kondensiertes Agarwasser verimpft, so sieht man sie bereits nach
2-tägigem Stehen der Eprouvetten im Thermostaten auf die schräge
Agarfläche kriechen und ’/* ihrer Höhe resp. Länge wie mit feinem
Sande bedecken. Wird ein kleiner Teil dieser sandartigen Masse in
den hängenden Tropfen gebracht, so erhält man daraus lebendige,
sich rasch bewegende Amöben in Menge. Wird ein solcher hängender
Tropfen 3 — 4 mal über der Flamme hin- und herbewegt, so erhält
man in jeder Amöbe einen hellrötlichen Kern in einer schmalen,
grünlichen Hülle. Der Verf. ist der Ansicht, daß Amoeba coli
nicht so allgemein verbreitet ist, wie Manche glauben. Wenigstens
hat er bei vielen, zu diesem Behufe angestellten Untersuchungen von
Typhusfällen keine Amöben daraus erhalten.
Schließlich muß noch erwähnt werden, daß letzthin Gorini (30)
eine kurze Notiz veröffentlicht hat, in welcher er angiebt, Amoeba
zymophila lasse sich auf der gewöhnlichen nicht alkalischen Kar-
toffel züchten. Ich glaube jedoch, daß dieses Faktum jedenfalls bei
der Isolierung der in Stuhlentleerungen gefundenen Amöben nicht
mit in Betracht kommen kann.
Betrachten wir nun das bis jetzt gesammelte Material über die
Bedeutung der Amöben für die Aetiologie der Dysenterie etwas näher.
Der Umstand, der hauptsächlich zu Gunsten des Einflusses der Amöben
auf Entstehung der Dysenterie in den Tropen und in einigen Staaten
Amerikas sprach, war uud ist sogar noch jetzt nur das konstante
Auffinden einer größeren Amöbenmenge in jedem derartigen Dysenterie-
falle in den Faeces resp. im Eiter und in zur Untersuchung ge-
langenden Schnitten aus dem Darme der betreffenden Kranken. Indem
ich hinsichtlich der Einzelheiten auf die entsprechenden Referate ver-
weise, erinnere ich hier nur daran, daß Koch (45) in 4 Dysenterie-
fällen Amöben in Darmschnitten, Kartulis (41) aber sie konstant
in 150 Dysenteriefällen faud, während er sie bei anderen Erkrankungen
der Verdauungswege nie nachweisen konnte; daß Hlava (35) in
60 Dysenteriefällen Amöben entdeckte, daß endlich Kartulis (42)
sie in einer ganzen Reihe von Abscessen fand, welche die Dysenterie
in Aegypten komplizierten, später aber noch (43) in einer neuen
zahlreichen Serie von ihm untersuchter dysenterischer Stühle. Auf
diese Weise umfaßte im Jahre 1889 die persönliche Erfahrung
Kartulis’ 500 Fälle von Dysenterie in Aegypten. Im Jahre 1890,
1891 und 1892 wurde die Anwesenheit der Amöben bei Dysenterie
sowohl in den Stühlen selbst (Osler, Simon, Dock, Council-
man und Lafleur, Stengel) wie auch in den die Dysenterie
komplizierenden Leberabscessen (Osler, Dock, Councilman und
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Zur Aetiolngie der Dysenterie.
245
| Lafleur) und in Dannschnitten durch zahlreiche Forschungen be-
stätigt. Auch Vivaldi (78) fand sie in 20 Dysenteriefällen in
Padua, Kruse und P a s q u a 1 e (47, 48) in Darmschnitten, R o o s (71)
aber bei experimentell an Katzen hervorgerufener Dysenterie. Hier-
her gehören endlich noch die von Pfeiffer (66) aufgezeichneten
Fälle von Dysenterie bei Kindern, die von Lobas (51) in Sachalin
beschriebene Dysenterieepidemie, der von Nasse (59) mitgeteiltc
Fall eines Leberabscesses (die Dysenterieinfektion erfolgte in Florida),
ein ganz analoger von Peyrot und Roger (65) veröden tlichter Fall
und schließlich 2 von Indien nach London verschleppte [Harold (34)
und Curnow (24)] und von Sumatra nach Oesterreich verschleppter
und von Kov&cs (46) beschriebener Fall.
Allein die Bedeutung des Faktums, daß in zahlreichen Dysenterie-
failen Amöben gefunden wurden, wurde wieder durch die Publikationen
anderer Autoren abgeschwächt, welche zeigten, daß die Amöben bei
Fntstehung mancher Dysenteriefälle nur eine indirekte Rolle spielen.
Hierher gehört sogar die erste Beobachtung dieser Art von Loesch
(52), der, auf seinen allgemein bekannten Fall von Dysenterie gestützt,
die Amöben keineswegs für die alleinigen Urheber dieses Falles
erklärte, sondern nur behauptete, sie hätten denselben in die Länge
gezogen. Ferner ist hier der zweite Fall von Quincke und Roos
(69) und Piccardi’s (67) erster Fall zu erwähnen, in welchem
Amöben zugleich mit anderen Protozoen gefunden wurden. In dem
ersten dieser Fälle ist außerdem die Natur der Amöbe selbst, die
Quincke und Roos nicht mit Loesch’s Amoeba coli identi-
fiziert sehen wollen, nicht ganz klar. Auch Dock (25) und nach
ihm Vivaldi (78) erkennen den Amöben nur eine vermittelnde Rolle
in der Aetiologie der Dysenterie zu; letzterer giebt die Rolle der
Amöben in der Aetiologie der Dysenterie zu, ist aber der Ansicht,
daß zur Hervorbringung der diese Krankheit charakterisierenden
Veränderungen die Mitwirkung der Bakterien erforderlich sei.
Noch mehr wird die Bedeutung des Faktums, daß in jedem Falle
von Tropendysenterie Amöben gefunden werden, durch die von anderen
Verff. gesammelten Daten untergraben, welche zeigen: 1) daß Amöben
auch bei anderen Krankheiten des Verdauungstraktus, nicht bei Dy-
senterie allein Vorkommen und '2) daß man sie sogar bei Gesunden
beobachtet hat.
Thatsächlich bezieht sich einer der ersten Berichte über Amöben
im Stuhle auf die Choleraepidemie in Indien: Cunningham und
Lewis (22) fanden damals in den Stuhleutlcerungen von 18 Proz.
•holerakranker Amöben. Nach Jahren, als durch K artul is und
Hlava die allgemeine Aufmerksamkeit auf die Amöben gelenkt
worden war, wurde ihr Ruf als spezifische Erreger der Dysenterie
wieder durch Massiutin (56) geschädigt, der sie 6 mal im Ver-
dauungsapparate fand, darunter nur einmal bei Dysenterie. Ich bin
ffieinesteils der Ansicht, daß in dieser Hinsicht kein zu großer Wert
auf Massiutin ’s Arbeit zu legen ist, da erstens nicht bekannt ist,
ob er in allen seinen Fällen dieselben Amöben gesehen und da
zweitens 3 seiner Beobachtungen in ätiologischer Hinsicht noch so
246
W. Janowski,
wenig sicher sind, daß Massiutin, wie wir bereits wissen, außer
Amöben auch Cercomonaden darin fand. Aus denselben Gründen ist
auch die Beobachtung von Fenoglio (28) nicht ganz beweisend,
der in einem Falle Amöben gesehen, welcher seiner Beschreibung
nach keine eigentliche Dysenterie zu sein scheint. Zancarol (85)
bemerkt gleichfalls, daß Amöben zuweilen auch bei anderen Er-
krankungen, als bei Dysenterie, im Darme Vorkommen. Dasselbe
wird von Gasser (29) betont, der in 5 Fällen von Diarrhöe bei
nicht Dysenterischen Amöben fand, wie auch Casagrandi und
Barbagallo-Rasipiardi (14), die die Anwesenheit von Amöben
bei Typhus konstatierten.
Bei Gesunden fanden Quincke und Roos (69) wie auch
Schuberg (73) nach vorhergegangener Verabreichung von Karls-
bader Salz in den Faeces Amöben. Außerdem fanden Kruse und
Pasquale (47, 48) bei ganz Gesunden in Deutschland und in
Italien ebenfalls Amöben, die sie für Amoeba coli hielten. Diese
Beobachtungen werden gewöhnlich als Gegenbeweis gegen die Spezi-
fizität der Amöben für die Dysenterie citiert. Allein auch hier
muß ich bemerken, daß sich die Gattung der in diesen Fällen ge-
fundenen Amöben noch nicht nach ihrem mikroskopischen Aussehen
bestimmen läßt. Allein die Beobachtungen von Celli und Fiocca
(18) verdienen in dieser Hinsicht vollständig Glauben. Aber die
Verff. fanden Amoeba coli nur bei 2 gesunden Kindern und bei
einem gesunden Erwachsenen. Davon abgesehen, fanden sie dieselben
nur bei Dysenterie in den Faeces.
Fassen wir nun die Resultate der Stuhluntersuchungen auf
Amöben in den verschiedenen Fällen zusammen, so gelangen wir zu
dem Schlüsse, daß dieselben an sich noch kein genügendes Material
ergeben haben, um die Rolle der Amöben bei Dysenterie endgilUg
feststellen zu können, denn diese wurden zwar in sehr zahlreichen
Dysenteriefällen gefunden, andererseits aber sind analoge oder schein-
bar analoge Gebilde auch in den Stühlen von Kranken, die an anderen
Störungen im Verdauungsapparat litten, und sogar bei Gesunden nach-
gewiesen worden. Außerdem muß hervorgehoben werden, daß bei
weitem nicht alle Autoren in jedem Falle von Tropendysenterie
Amöben gefunden haben, wie Kartulis behauptet. Kruse und
Pasquale (48) z. B. haben unter 50 Fällen von Dysenterie nur in
40 Amoeba coli gefunden, Gasser (20) nur in der Hälfte seiner
Fälle und Celli und Fiocca (18), die nur die mikroskopischen
Untersuchungen aus einer Reihe (54) Dysenteriefälle zur Kontrolle
verwandten, haben Amoeba coli fast in der Hälfte derselben ge-
funden (in 23). Es ist jedoch dabei zu erwähnen, daß fast in allen
Dysenteriefällen ägyptischen Ursprungs (14 mal unter 16 untersuchten
Fällen) Amoeba coli von den Verff. nachgewiesen wurde.
Wir sehen also, daß die Resultate der mikroskopischen Stuhl-
untersuchungen nach Inhalt und Bedeutung bei den Forschern aus
verschiedenen Ländern nicht immer übereinstimmend lauteten. Um
so größeren Wert besitzen andere Litteraturdaten, welche eine
genauere Beleuchtung der Rolle der Amöben bei der Dysenterie an-
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Zur Aetiolngie der Dysenterie.
247
streben. Ich habe hier die Tierexperimente mit dysenterischem
Material im Sinne. Diese Daten zerfallen in 3 Gruppen, von deneu
ich jede für sich betrachten werde. In der ersten soll dargelegt
werden, welche Schlüsse sich auf Grund der bisherigen Tierinjektionen
mit amöbenhaltigen Faeces aufstellen lassen, in der zweiten Gruppe
soll die Bedeutung der Injektionen mit Eiter aus der Leber bei
Dysenterie besprochen werden und in der dritten soll festgestellt
werden, ob die bis jetzt gesammelten Daten über Amöbenkulturen
und damit aDgestellte Tierexperimente größeren Wert besitzen.
Die erten Experimente mit Injektion amöbenhaltiger Faeces in
das Rectum stellte Loesch (52) an, auf dessen Arbeit man in der
wissenschaftlichen Welt erst durch die Untersuchungen von Kar-
tulis u. A. wieder aufmerksam wurde. Loesch injizierte 4 Hunden
per Rectum je I — 2 % der amöbenhaltigen Faeces seines Kranken.
Bei einem dieser Hunde kam cs zur Dysenterie, die durch die
Sektion bestätigt wurde. 12 Jahre später injizierte Hlava (35)
ebenfalls Tieren frische amöbenhaltige Faeces und erzielte bei 4 Katzen
und 2 Hunden ein positives Resultat (wiewohl er nicht angiebt,
welches). Die übrigen Injektionen (an 8 Kaninchen, 2 Hühnern,
6 Meerschweinchen, 2 Katzen und 15 Hunden) blieben erfolglos.
Kartulis (44) selbst injizierte 3 Katzen frische dysenterische Faeces
per Anurn (je 10 ccm); nur eine derselben erkrankte nach 4 Tagen
an Dysenterie und starb nach 12 Tagen. Kruse und Pasquale
(47, 48) injizierten Katzen amöbenhaltige Faeces aus 16 Fällen und
riefen gleichfalls 8 mal Dysenterie bei ihnen hervor. Ein analoges
Resultat erhielten Roos (71) in 6 Fällen (unter 8) und Zancarol
(80, 81).
Trotzdem nun ein Teil der hier angeführten Tierexperimente mit
Injektion amöbenhaltiger Faeces erfolgreich war, entbehren sie doch
der Bedeutung, wenn es sich um endgiltige Lösung der Frage handelt,
oh die Amöben die Entstebungsursache gewisser Dysenterief&lle sind
oder ob ihnen diese Eigenschaft nicht zukommt. Nicht das Ueber-
gewicht der negativen im Vergleiche zu den positiven Resultaten (die
hier absichtlich zusammengestellt sind) nimmt letzteren ihre Beweis-
kraft, auch nicht der Umstand, daß einzelne Forscher, wie Stengel
(75) und Boas (1), dabei überhaupt kein positives oder sicheres
tKoväcs [46]) Resultat zu verzeichnen haben, schwächt die Bedeutung
der Experimente mit positivem Resultate ab. Selbst wenn alle per
rectum aogestellten Tierinjektionen mit amöbenhaltigen Faeces zu
positiven Resultaten führten, so würden auch dann noch Experimente
dieser Art vom bakteriologischen Standpunkte aus nicht für beweisend
erachtet werden können. Denn jedes derartige Experiment ist schon
von vornherein unrein, und zwar aus mehreren Gründen. Abgesehen
davon, daß schon die Injektionsstelle auf diese Weise voll fremder,
vielleicht nicht immer ganz harmloser Keime ; sogar abgesehen davon,
daß der Anus zuweilen für kurze Zeit zugenäbt werden muß, damit
die Tiere die ihnen per rectum eingeführten Faeces behalten, muß
darauf hingewiesen werden, daß ja die in dieser Weise injizierten
Faeces außer den Amöben auch Bakterien in Menge enthalten, deren
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248
W. Janowski,
Harmlosigkeit und Unschädlichkeit durchaus nicht erwiesen ist Man
kann also von keinem positiven Resultate der auf diese Weise aus-
geführten Experimente mit Bestimmtheit sagen, wovon es abhängt:
von den auf diesem Wege in den Darm injizierten Amöben, von den
im injizierten Stuhle befindlichen Bakterien oder schließlich von der
gemeinsamen Wirkung der injizierten Amöben und Bakterien, von
denen jede Art für sich allein vielleicht ganz ohne Wirkung auf den
tierischen Organismus gewesen wäre. Da dies aber nun die einzigen
drei in dieser Frage möglichen Kombinationen sind, so ist hieraus
zu folgern, daß die bis jetzt bekannten positiven Resultate der In-
jektion amöbenhaltiger Entleerungen in den Darm uns nicht berech-
tigen, irgendwelche Schlußfolgerungen daraus zu ziehen, und daß
weitere Experimente dieser Art vollkommen zwecklos wären.
Verdienen nun vielleicht, da die Tierexperimente mit Injektion
dysenterischer Stühle per rectum so wenig Licht auf die Rolle der
Amöben in der Aetiologie der Dysenterie geworfen, andere Experi-
mente, welche darin bestanden, daß der Eiter aus sekundär bei Dysen-
terie in der Leber entstandenen Abscessen Tieren injiziert wurde, in
dieser Hinsicht mehr Beachtung? Begreiflicherweise ist die Darm-
injektion von Eiter, der Amöben mit Bakterien enthält, ein in keiner
Hinsicht reineres Experiment, als dasjenige, in welchem den Tieren
dysenterische Stuhlentleerungen per rectum eingeführt wurden.
Allein Kruse und Pasquale (48) injizierten Tieren 7 mal per
rectum Leberabsceßeiter und erhielten in 3 Fällen, in denen der Eiter
keine injizierten Bakterien enthalten, bei ihnen Dysenterie. Sie halten
diese Experimente gleichbedeutend mit der Injektion von Amöben in
Reinkultur und sind deshalb der Ansicht, daß gerade diese Experi-
mente sehr zu Gunsten der Pathogenität der Amöben sprechen. Diese
Anschauung hält jedoch keine streng wissenschaftliche Kritik aus.
Um den Injektionen per rectum von amöben haltigem Lebereiter
eine so wichtige Bedeutung beimessen zu dürfen, müßte 1) bewiesen
werden, daß diese Abscesse ausschließlich unter Einwirkung der
Amöben entstehen, so daß in denselben vom ersten Augenblicke an
absolut keine anderen Parasiten außer Amöben in Reinkulturen zu
finden sind, 2) gezeigt werden, daß rectale Injektionen einer Amöben-
reinkultur mit voller Bestimmtheit ihren direkten Einfluß auf Ent-
stehung der Dysenterie nachweisen können. Allein es ist weder das
eine, noch das andere der Fall.
Allerdings haben einige Verff., wie Kartulis (44), Kruse und
Pasquale (48), Ossler (62), Gasser (29), Peyrot und Roger
(65) u. A. bei Dysenterie bakterienfreie Leberabscesse beobachtet;
hieraus ist jedoch durchaus nicht zu schließen, daß diese Abscesse
nur durch Amöben hervorgerufeu werden. Vorerst besitzen wir eine
ganze Reihe von Beobachtungen, wie diejenigen von Kartulis (42,
43) u. A., in denen die Anwesenheit von Bakterien neben den Amöben
in Leberabscessen nachgewiesen wurde, und es liegen sogar Beobach-
tungen vor (Zancarol), in welchen in solchen Abscessen nur Bak-
terien, ohne Amöben gefunden worden sind. Zweitens beweist der
Umstand, daß in Abscessen dieser Art zuweilen keine Bakterien ge-
joogle
Zur Aetinlogie der Dysenterie.
249
zeigt werden können, durchaus nicht, daß sie wirklich darin fehlen.
Ein oder mehrere Tröpfchen solchen gewöhnlich schon alten Eiters
(wie man sie zur gewöhnlichen bakteriologischen Untersuchung nimmt)
brauchen keine Bakterien zu enthalten, während dieselben vielleicht
aufzufinden wären, würde eine größere Quantität Eiter bakteriologisch
untersucht. Wenn schließlich dieser Eiter wirklich im Moment der
Untersuchung keine Bakterien mehr enthielte, so wäre dies immerhin
noch kein Beweis dafür, daß er nicht ursprünglich unter Einwirkung
der Bakterien oder wenigstens unter Mitwirkung derselben entstanden
sein könne. Es ist eine in der Wissenschaft bekannte Thatsache, daß
Bakterien überhaupt im Lebereiter nicht lange existieren können, ob-
gleich die Ursachen dieser Erscheinung noch nicht ganz aufgeklärt
sind (37). Ich glaube also, daß man selbst in solchen Fällen, wie
dies Kartulis, Stengel u.A. gethan, annehmen kann, daß die Leber-
abscesse durch die gleichzeitige Wirkung der Amöben und der Bak-
terien entstehen, von denen erstere letzteren den Weg bahnen und
vielleicht auch in der Leber selbst den Boden vorbereiten.
Angenommen, daß der in Rede stehende Eiter außer Amöben eine
wenn auch nur geringe Anzahl Bakterien enthält, so ist es begreif-
lich, daß positive Resultate dieser per rectum an Tieren ausge-
führten Injektionen mit derartigem Eiter wiederum nichts zur Auf-
klärung dieses Punktes beitragen können. Aber auch wenn wir vor-
aussetzen, daß dieser Eiter thatsächlich im Moment der Injektion
steril ist, so wissen wir auch dann noch nicht, oh wir nicht zugleich
den Tieren außer den Amöben auch noch irritierend wirkende und im
Eiter angehäufte chemische Produkte der abgestorbenen Bakterien
mit verimpfen, die alsdann irritierend auf den Darm wirken und ihn
für die Einwirkung der Amöben empfänglicher machen.
Wir sehen, mit einem Worte, daß Experimente, in denen amöben-
haltiger Lebereiter Tieren per rectum injiziert wird, nie einwurfs-
frei sind noch sein werden, da wir nie Gewißheit darüber haben, daß
wir nur die Wirkung eines einzigen schädlichen Momentes auf den
Darm untersuchen. Allein wenn wir sogar von unserer Kritik absehen
und zugeben wollten, daß in gewissen Fällen amöbenhaltiger Leber-
eiter gleichbedeutend mit Amöben in Reinkultur sei, so wäre auch
dann dieses Experiment vom wissenschaftlichen Standpunkte aus nicht
rein zu nennen, und zwar aus dem Grunde, weil sogar die Injektion
einer Amöbenreinkultur in den Darm, wie bereits bemerkt, wegen des
unreinen Uutersuchungsterrains ein unreines Experiment ist und uns
uie ein Urteil darüber gestatten wird, ob der ev. im Darme ent-
standene Krankheitsprozeß ein Ergebnis der Einwirkung der Amöben
allein auf den Darm, oder der Zusammenwirkung der Amöben und
der Bakterien, welche erstere im Darme angetroffen.
Demnach ist im allgemeinen auf die Experimente, in denen Tieren
per rectum Eiter aus die Dysenterie komplizierenden Leberabscessen
injiziert wird, kein besonderes Gewicht zu legen. Eine Wiederholung
derselben würde also in Zukunft zwecklos sein. Zweckentsprechender
wäre es, Tieren solchen Eiter per os einzuführen, wozu man freilich
erst den Zeitpunkt abwarten müßte, wenn im Eiter encystierte Formen
250
W. Janowsk!)
dieser Amöben in größerer Menge vorhanden wären, denn die nicht
encystierten Amöben sterben im Magen bald ab.
Auch was die Injektion von Amöbenkulturen per rectum be-
trifft, finden wir in der Litteratur keine Daten, die uns vollständige
Aufklärung über die Rolle der Amöben bei Dysenterie geben könnten.
Wie bereits angedeutet, würden sogar derartige Experimente mit Rein-
kulturen der Amoeba coli noch nicht beweisend sein. Außerdem
hat, wie bereits früher erwähnt, niemand, außer Celli und Fiocca,
Amöben in Reinkultur gezüchtet Somit trifft die Experimente (Kar-
fulis), in denen Amöbenkulturen per rectum eingeführt und ihr
Einfluß auf den Darm besprochen wird, noch der zweite Vorwurf,
daß das zu den Experimenten verwandte Material nicht rein gewesen.
Wir sehen also, daß eine sorgfältige Durchsicht des bis jetzt in
der Litteratur gesammelten, die Rolle der Amöben bei Dysenterie
betreffenden Materials zeigt, daß bis heute noch keine sicheren Be-
weise dafür vorliegen, daß diese Parasiten wirklich die Erreger der
Dysenterie in bestimmten Ländern seien. Wenn uns die Beweise noch
fehlen, so ist der Grund hauptsächlich darin zu suchen, daß in Er-
mangelung von Kulturen bis jetzt die eigentliche, streng wissenschaft-
liche Untersuchungsmethode in dieser Frage nicht angewandt werden
konnte. Jetzt dagegen ist der Plan solcher Untersuchungen deutlich
vorgezeichnet Es müssen Kulturen der Amoeba coli auf dem von
Celli und Fiocca bisher mit so vorzüglichem Resultate verwandten
Fucus crispus oder auf Agar mit Heu (Schard ringer) ge-
züchtet werden, wenn letzteres sich thatsächlich als günstiger Nähr-
boden für diese Parasiten erweisen sollte. Hat man in diesen Kul-
turen encystierte Amöbenformen erhalten, so müssen dann Tiere damit
gefüttert werden. Selbstverständlich sind von vornherein zwei That-
sachen als sicher vorauszusetzen. Erstens wird durchaus nicht jedes
Tier, wenn es in gesundem Zustande mit den in Rede stehenden
Kulturen gefüttert wird, sich für Dysenterie disponiert erweisen.
Deshalb müssen nicht nur gesunde, sondern auch allerlei allgemeinen,
besonders aber lokalen (hinsichtlich des Verdauungstractus) schädlichen
Noxen ausgesetzte Tiere mit diesen Kulturen gefüttert werden. Wenn
auch nur ein gewisser Teil solcher Experimente zu einem positiven
Resultate, d. h. zur Hervorrufung der Dysenterie bei Tieren, führt,
so wird die Frage als gelöst zu betrachten sein, und wir können als-
dann Amoeba coli als einen bei Entstehung der Dysenterie eine
wichtige, direkte Rolle spielenden Parasiten bezeichnen. Es wäre
zu viel verlangt, wenn man erwartete, daß jedes derartige Experiment
ein positives Resultat geben müsse. Man kann a priori sagen, daß
sich solche Resultate bei der Amöbeninjektion, wie auch bei der In-
jektion anderer Bakterien nicht erzielen lassen.
Zweitens dürfte sich dabei erweisen, daß aus schweren Dysen-
teriefällen gezüchtete. Amoeba coli bei Tieren weit leichter zu
Erkrankungen führen, als dieselbe aus anderen Fällen (z. B. Kinder-
diarrhöe) oder aus Kloakenkot oder Teichschlamm gezüchtete Amöbe.
Meiner Ansicht nach muß das sogar der Fall sein, denn die Annahme,
daß die Symbiose mit gewissen Bakterienarten die Virulenz der Amöben
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Zur Aetiologie der Dysenterie.
251
selbst steigere, scheint mir nicht unwahrscheinlich zu sein. Ueber-
blicken wir das bisher gesammelte Material aufmerksam, so ersehen
wir daraus, daß dieser Parasit fakultativ an verschiedenen Stellen
auf unserer Erdkugel vorkommt und daß seine Bedeutung für den
Menschen, je nach den Bedingungen, unter welchen er in den mensch-
lichen Organismus gelangt, ganz verschiedenartig sein kann. An
manchen Orten Europas (Italien, Deutschland) gelangt dieser Parasit
aus der Umgebung in den Darm, ohne hier augenscheinlich irgend-
welche den Darm zur Entwickelung der Amöben disponierenden Bak-
terien vorzufinden. In anderen Gegenden aber (Indien, Aegypten,
Vereinigte Staaten) gelangen die Amöben entweder im Verein mit
Bakterien, die ihnen den Boden zu ihrer Entwickelung vorbereiten,
in den Darm, oder finden im Darme Bakterien vor, die ihnen bei
Entfaltung ihrer Thätigkeit behilflich sind. Von der Art dieser Sym-
biose, vielleicht auch von der sekundären Infektion in der einen und
in der anderen Serie von Fällen, hängt meiner Ansicht nach der mehr
oder weniger schädliche Einfluß der Amöben auf den Darm und die
von den Amöben im Darme erworbenen Eigenschaften ab, deren Ver-
schiedenheit sich, glaube ich, experimentell in der obeu erwähnten
Weise würde feststellen lassen.
Wie schon am Anfänge dieser Arbe t bemerkt, ist es mir nie ge-
lungen, Amoebacoli zu finden. Aus diesem Grunde war es mir
nicht möglich, selbst die Untersuchungen anzustellen, die ich weiter
oben für unumgänglich notwendig zur Feststellung der Bedeutung
der Amoeba coli in der Aetiologie der Dysenterie erklärt habe.
Ich bin jedoch überzeugt, daß, gleichwie einerseits die Symbiose ver-
schiedener Bakterien die Ursache heftiger Dyscnterieepidemieen in
verschiedenen Gegenden ist, die bald durch die eine, bald durch die
andere Bakterienart hervorgerufen werden, andererseits die Symbiose
zwischen Amoeba coli und gewissen Bakterienspecies ersteren die
Fähigkeit verleiht, das Primum movens der Dysenterieentstehung
in den Tropen zu werden. Haben dann die in Bezug auf ihre Eigen-
schaften veränderten Amöben ihre zerstörende Thätigkeit angetreten,
so wird dieselbe dann im Verein mit ihnen von den Bakterien fort-
gesetzt. Dies hängt nur noch von den eine sekundäre Infektion er-
möglichenden lokalen Bedingungen ab und steht durchaus nicht im
Widerspruche mit der Annahme, daß es Gegenden giebt, in welchen
eine besondere Dysenterieform vorkommt, die nicht ohne Amöben, als
Urheber derselben, zustande kommen kann. Wenn wir die einzelnen
Krankheitsgeschichten und Sektionsbilder bei einigen Autoren (Koch,
Councilman und Lafleur, Kruse und Pasquale u. A.) ein-
gehender studieren, so drängt sich uns die Ueberzeugung auf, daß
die betreffenden Verff. eine in klinischer und in anatomischer Hinsicht
von unserer gewöhnlichen Dysenterie differierende Krankheit be-
obachtet haben und daß thatsächlich das konstante Auftreten von
Amöben die Verff. auf den Gedanken brachte, es bestehe ein inniger
ursächlicher Zusammenhang zwischen diesen Amöben und jener be-
sonderen Dysenterieform. Wenn diese Anschauung noch nicht allge-
mein angenommen ist, so ist der Grund darin zu suchen, daß man
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252
W. Janowski,
bis heute keine experimentellen Daten zum Belege dafür erbringen
konnte. Jetzt aber, wo man sich mit dem besten Erfolge und von
mehreren Seiten aus der Amöbenzucht zugewandt hat, wird hoffent-
lich die ganze Angelegenheit bald einen anderen Anstrich bekommen.
Es ist anzunehmen, daß solche, mit Berücksichtigung der oben an-
geführten Punkte anzustellenden Experimente die in dieser Hinsicht
noch herrschenden Zweifel beseitigen, das bisher in der Wissenschaft
gesammelte klinische und anatomische Material stützen und bestätigen
und somit beweisen werden, daß eine besondere durch Amöben bervor-
gerufeue Dysenterie (Amoebic dyseuterie) existiert.
Wenn wir schließlich alles, was bis jetzt über die Aetiologic der
Dysenterie bekannt ist, in einen Satz zusammenfassen wollen, so wird
derselbe folgendermaßen lauten: Die Dysenterie ist eine ätiologisch
nicht einheitliche Krankheit und wird aller Wahrscheinlichkeit nach
nie durch die Einwirkung eines einzelnen Parasiten, sondern durch
Zusammenwirkung mehrerer Varietäten auf den Organismus hervor-
gebracht. Aus den bis heute in der Litteratur vorhandenen Daten
kann man schließen, daß die Ursache der gewöhnlichen Dysenterie
irgeud eine Bakterienassociation ist; eine ihrer Formen aber, die sich
in klinischer und anatomischer Hinsicht von den übrigen unterscheidet,
die sog. Tropendysenterie, wird aller Wahrscheinlichkeit nach durch
die Assoziation einer bestimmten Ainöbenspccies mit Bakterien her-
vorgerufen.
18. Nov. 1896.
Litteratur *).
1) Arnaud, O., Recherche» sur lYtiologie de la dyseuterie aigue des pays chaud>.
(Anoales d'lnst. Pasteur. 1894. No. 7. p. 495.)
2) B abo a , V. et Zigura, V., Etüde sur l’ent^ro-hlpatite suppmee endemique. (Annale»
de l’Institut de puthologie et de bact^riologie de Bucarest. 1895. p. 211 — 255.
Mit 3 Tafeln.)
3) Basch , Anatomische und klinische Untersuchungen über Dysenterie. (Virchow's
Archiv. Bd. XLV. 1869. p. 204.)
4) Ba umgarten, P., Die pathologische Mykologie. Bd. II. 1890. p. 938.
5) Bern dt, F., Protozoen in einem Leberabsces». (Deutsche Zeitschr. f. Chirurgie.
Bd. XL. 1894. Heft 1—2. p. 163.)
6) Hertrand, L. et Baucher, Nou veile 4tude bacteriologique des seile» dans la
dyseuterie n ostras dpid4mique. (Ga* hebdomadalre. 1893. No. 40. p. 474.)
7) Heijerinck, M. W., Kulturversuche mit Ainöbeu auf festem Substrate. (Centr
f. Bakt. Bd. XIX. 1896. No. 18. p. 257.)
8*) Biggs, H. M , History of an epidemic of dysentery at the Almshouse, Blackwell'»
Islaud, New York. (New York, medic. Journal. 1887. No. 13. Nach Baum-
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9) Blanchard, Parasites animaux. (Traite de pathologie g6n4rale. Vol. II. Paris
1896. p. 654 — 685 und 688—703.)
1) Das * bedeutet Arbeiten, die mir nur aus Referaten bekannt sind.
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Zur Aetiologie der Dysenterie. 253
10) Boas, J. t Ueber Amöbenenteritis. (Deutsche med. Wochenschr. 1896. No. 14.
p 214 — 218.)
11) Bore har dt, De l'enterite atnebienne. (Sem. m£d. 1896. No. 11. p. 87.)
12) Cahen, E., Ueber Protozoen im kindlichen Stuhle. (Deutsehe med. Wochenschr.
1891. No. 27. p. 853.)
13*) Calandruccio, Animali parassiti doll' uomo in Sicilia. (Atti doll* Accademia
Gioenia. Serie IV. Vol. 11. 1890. p. 95.) Nach Piccardi (64) und Wesen er
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14) Casagr&ndi e Rarbagallo-Rapiaardi, Süll' amoeba coli Loesch ; ricerche
biologiche e cliniche. (Accad. Gioenia di scienze naturali di Catania. Seduta del
27. 1. Catania 1895. 8*. p. 15. u. seduta del 24. XI. 1895. p. 13.)
15) Celli, A. und Fiocca, R, Beiträge zur Amöbenforschung. (Centralbl. f. Bakt.
Bd. XV. 1894. No. 13—14. p. 470.)
16) D i es e 1 b e n , Contributo alla conoscenza della vita delle amebe. (La Riforum
medica. 1894. No. 187. p. 435. — Dasselbe im Centralbl. f. Bakt. Bd. XVI. 1894.
No. 8 u. 9. p. 329.)
17) Dieselben, Ueber die Aetiologie der Dysenterie. (Centralbl. f. Bakt. Bd. XVII.
1895. No. 9 u. 10. p. 309.)
18) Dieselben, Intorno alla biologia delle amebe. (Bulletino della R. Accademia
medica di Koma. Anno XXI. 1894 — 1895. Fascicolo V. Roma. 40 p. und 2 Tafeln.
Nach einem Separatabdrucke vom Verfasser. Ein Teil derselben Arbeit im Centralbl.
f. Bakt. Bd. XIX. 1896. No. 14 u. 15. p. 537.)
19) Cbantemesse et Widal, Sur le microbe de la dysent£rie epidemique. (Bull,
de l’Acad. de medecine. T. XIX. 1888. p. 522.)
20) Council man, W. T. and Lafleur, H. A., Amoebic dysentery. (Johns Hopkins
Hospital Reports. 1891. No. 7, 8, 9 p. 395 — 548. Nach einem Separatabzuge.)
21) Crimer, E., Neuere Arbeiten über Tropenruhr oder Amöbendysenterie. (Centralbl.
f. allg. Pathologie. Bd. VII. 1896. No. 4. p. 138.)
22 % ) Cunningham and Lewis, Sixth annual report of the sanitary commissioner
with the Governmeut of India. 1870, und Sanitary report on cholera to the Go-
vernor of India. 1870. (Nach No. 20.)
23*) Dieselben, On the development of certain microorganisms oeenring in the in-
testinal canal. (Quartcrly Journal of microscopical science. Vol. XXI. 1881. Nach
No. 20 und 29.)
24) Curnov, John, Hepatic abscess followed by amoebic dysentery, Operation,
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25) Dock, G., Observation» on the Amoeba coli in dysentery and abscess of the liver.
(Daniels Texas Medical Journal. 1891. p. 419 — 431.) Nach einem Separatabdruck
vom Verfasser.
26) Eichberg, Hepatic abscess and the Amoeba coli. (The medical News. Vol. L1X.
1891. No. 8. p. 201.)
27) Fajardo, F., Ueber amöbische Hepatitis und Enteritis in den Tropen (Brasilien).
(Centralbl. f. Bakt. Bd. XIX. 1896. No. 20. p. 753.)
28) Fenoglio, J., Entöro collte par Amoeba coli. (Arch. italiennes de medecine.
T. XIV. 1890. p. 62—70 )
29) Gas er, J, Notes sur les canses de la dysenterie. (Arch. de med. expörim.
1895. No. 2.)
30) Gorini, Die Kultur der Amöben auf festem Substrate. (Centralbl. f. Bakt.
Bd. XIX. 1896. No. 20. p. 785.)
31) Grassi, B. f Dei protozoi parassiti e specialmente di quelli che sono nelf nomo.
(Sunto preventivo.) (Gazetta medica italiana. Lombardia 1879. No. 45. p. 445
-448.)
32) Derselbe, Intorno ad alcuni protisti eudoparassitici ed appartenenti alle classi
dei flagellati, lobosi, sporozoi e ciliati. (Atti della societk Italiana di scienze na-
turali. Vol. XXIV. Milano 1882. Fase. 2—3. p. 135—224. Con 4 tAvole.)
33) Derselbe, Siguificato patologico dei protozoi parassiti doll’ uomo. (Atti della
Reale Accad. dei Lincei, Rendieonti. Vol. IV. 1888. p. 83.)
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254 W. J a n o w s k i ,
34) Harold, Case of Dysentery wlth Amoeba coli in tbe stools. (British med. Journal.
1892. Vol. II. (81. Xil ) p. 1429.)
35) III m, O. (Uplavici), Piedbezne sdcteui. (Nach einem Referate im Ceutialbl. f.
Hakt. Hd. I. 1887. No. 18. p. 587.)
36) Jauovski, W., Kritische l'ebersicht der Methoden der Behandlung der Dysen-
terie. (Kronika Lekarska. 1892. No. 12. p. 783.) [Polnisch.]
37) Derselbe, Die Ursachen der Eiterung vom heutigen Standpunkte der Wissen-
schaft aus. (Ziegler’s Beitrage. Bd. XV. 1894. Heft Ul.)
38) Derselbe, Heber Flagellaten im menschlichen Stuhle und ihre Bedeutung in der
Pathologie des Darmkauals (Zeitschr. f. klin. Med. Bd. XXXI. lieft 5 — 6 )
39) Jürgens, Verh. d. Vereins f. iunere Med. (Deutsche med. Wocheuschr. 1892.
No. 20. p. 454.)
40) Kartulis, Ueber Riesenamöben (?) bei chronischer Darmentzündung der Aegypter.
(Virchow’s Arch. Bd. XC1X. 1885. p 145)
41) Derselbe, Zur Aetiologie der Dysenterie in Aegypten. (Virchow’g Arch.
Bd. CV. 1886. p. 521.)
42) Derselbe, Zur Aetiologie der Leberabscesse. Lebende Dysenterieamöben im
Eiter der dysenterischen Leberabscesse. (Centralbl. f. Bakt. Bd. II. 1887. No. 25.
p. 745).
43) Derselbe, Ueber tropische Leberabscesse und ihre Verhältnisse zur Dysenterie.
(Virchow’s Arch. Bd. CXVUI. 1889. p. 97.)
44) Derselbe, Einiges über die Pathogenese der Dysenterieamöben. (Centralbl. f.
Bakt. Bd. IX. 1891. No. 11. p. 365.)
45) Koch, R., Arbeiten aus dem Kaiserlichen Gesundheitsamte, Berlin. Bd. Hl. 1887.
Anlagen, p. 65*.
46*) Koväcs, J., Beobachtungen und Versuche über die sogenannte Amöbendysenterie.
(Zeitschr. f. Heilkunde. Bd. XIII. 1892. p. 509. — Nach einem Referat im Centralbl.
f. allg. Patb. 1893. No. 3. p. 119 und nach Baumgarten ’s Jahrbüchern.
Bd. VU1. 1892. p. 425.) [Original vergriffen.)
47) Kruse and Pas quäle, Eine Expedition nach Aegypten zum Studium der Dysen-
terie und des Leberabscesses. (Deutsche med. Wochenschr. 1893. No. 15. p. 354
und No. 16. p. 878.)
48) D i e s e 1 b e n , Untersuchungen über Dysenterie und Leberabscess. (Zeitschr. f.
Hygiene. Bd. XVI. 1894. No. 1. p. 1—148. Mit 6 Tafeln.)
49) Lambl, W., Beobachtungen und Studien aus dem Gebiete der pathologischen
Anatomie und Histologie. [Aus dem Franz-Josef Kinderhospitale in Prag.] Prag
1860. p. 365—366.
60) L ave ran, Etiologie de la dysenterie. (Sem. mäd. 1893. p. 508.)
51) Lobas, N., Aus der Kasuistik der ainöbiachcu Erkrankungen. (W T ratsch. 1894.
No. 30. p. 846.) [Russisch.]
52) Loesch, F., Massenhaffe Entwickelung von Amöben im Dickdarme. (Virchows
Arch, Bd. LXV. 1875. p. 196.)
63) Lutz, A., Zur Kenntuis der Amöben bei Enteritis und Hepatitis. (Centralbl. f.
Bakt. Bd. X. 1891. No. 8. p. 241.)
54) Madan, La disentäria en Playa de Judios. (Crönica med. quirurgica de la Ha-
bana. 1894. p. 395—405 )
55) Maggiora, A , Einige mikroskopische und bakteriologische Beobachtungen wäh-
rend einer epidemisch-dysenterischen Darmentzündung. (Centralbl. f. Bakt. Bd. XL
1892. No. 6—7. p. 123.)
55 1 ) Mann er, F., Ein Fall von Amöbendysenterie und Leberabscess. (Wiener klin.
Wochenscbr. 1896. No. 8 und 9. — Nach einem Separatabdruck.)
56) Massiutin , Ueber Amöben als Dickdarmparasiten. (Wratsch. 1889. No. 25.)
[Russisch.]
57) Miller, C. O., Ueber aseptische Protozoeukulturen und die dazu verwendeten
Methoden. (Centralbl. f. Bakt. Bd. XVI. 1894. No. 7.)
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&ur Aetiologle der Dysenterie.
255
58*) Mas s er, University medical Magazine. Vol. III. 1890. [Nach No. 20.)
59) Nasse, Ueber einen Amöbeubefund bei Leberabscessen and Dyseuterie. (Deutsche
med. Wocbenschr. 1891. No. 28. p. 881.)
60) Ogata, M., Zar Aetiologie der Dysenterie. (Centr&lbl. f. Bukt. Rd. XI. 1892.
No. 9—10. p. 264.)
61) Derselbe, Ueber die Reinkulturen gewisser Protozoen (Infusorien). (Ccntralbl.
f. Hakt. Rd. XIV. 1893. No. 6. p. 166.)
62) Osler, W., Ueber die in Dysenterie und dysenterischem Leberabacess vorhandenen
Amöben. (Centralbl. f. Hakt. Bd. VII 1890. No. 23. p. 736. — Dasselbe in Johns
Hopkins Hospital Bulletin. Vol. I. 1890. No. 5 p. 53.)
63) Ferro ncito, E., 1 parassiti dell* uoino e degli aniinaii utiii. Milano 1882.
64) Petro ne , Nota sulF infezioue dissenterica. (Lo sperimentale. 1884. Maggio. p. 509.)
65) Peyrot et Roger, Abc&s dysentcrique da foie ne contenant que des amebes.
(Sem. m£d. 1896. No. 18. p. 143.)
66) Pfeiffer, L., Die Protozoen als Krankheitserreger. 11. Aufl. Jena 1891.
67) Piccardi, O., Alcuni protozoi delle feci dell’ uomo. (Oiornale della Reale Ac-
caderaia di medicina di Torino. Vol. 1. 1895. Fase. 3 — 4. Nach einem Separat-
abdruck. Dasselbe verkürzt in französischer Sprache. Sur quelques protozoaires
des seile» de l’homme. (Le progrfcs medical. 1895. No. 23. p. 377.)
68) Pos n er, Ueber Amöben im Harn. (Berl. klio. Wochenschr. 1893. No. 28.)
69) Quincke, H. und Koos, E., Ueber Amöbenenteritis. (Beri. klin. Wochenschr.
1893. No. 45. p. 1089.)
70) Rib bert, Ueber einen bei Kaninchen gefundenen pathogenen Spaltpilz. (Deutsche
med. Wochenschr. 1887. No. 8.)
71) Koos, E. f Zur Kenntnis der Amöbeuenteritis. (Arch. f. exper. Patb. u. Pharmac.
Bd. XXXIII. 1894. H. 6. p. 389.)
«)8ch.rdrin K er,F„ Reinkultur von Protozoen auf festen Nährböden. (Centralbl.
f. Bakt Bd. XIX. 1896. No. 14 — 16. p. 538.)
73) Sch ab erg, A., Die parasitischen Amöben des menschlichen Darmes. (Centralbl,
f. Bakt. Bd. XUI. 1893. No. 18—22.)
74) Silvestri, E., Contributo allo Studio dell’ etiologia della dissenteria. (La Riforma
medica. 1894. No. 22.)
75*) Simon, Johns Hopkins Hospital Bulletin. 1890. Nach No. 24.
76) Sten gel, A., Acute dysentery and the Amoeba coli. (Philadelphia medical News.
1890. November, p. 500. Nach einem SeparAtabdruck.)
77) Derselbe, The Amoeba coli. (University medical Magazine. 1892. January.
Nach einem Separatabdruck, p. 14 )
78) Vivaldi, M., Le amebe della dissenteria. (La Riforma medica. 1894. No. 238.)
79) We»ener, Unsere gegenwärtigen Kenntnisse über Dysenterie in anatomischer und
ätiologischer Hinsicht. (Centralbl. f. allg. Pathol. Bd. 111. 1892. No. 12. p. 484
und No. 13. p. 529 )
80) Zancarol, Pathologie des abeäs du foie. (Revue de Chirurgie. 1893. No. 8.)
81) Derselbe, Dysenterie tropicale et abc&s du foie. (Le progr&s medical. 1895.
No. 24. p. 393.)
E., Handbuch der speziellen pathologischen Anatomie. 7. Aufl. Jena
(Gust. Fischer) 1892. p. 544.
83) Ren du, Deux cas d'abcfes tropicaux du foie. (Sem med. 1896. No. 86. p. 285.)
84) Celli, Eziologia della dissenteria ne’ suoi rapporti col B. coli e colle sue tossine.
(Aunali d'lgiene sperimentale. Vol. VL 1896. Fascicolo 2.)
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256
Giovanni Marenghi,
Nachdruck verboten.
Ueber die Beziehung zwischen der Ausscheidung
des Stickstoffes im Stoffwechsel des Pferdes und der
Erzeugung des Diphtherieserums.
[Aus dem Institute für allgemeine Pathologie und Histologie an der
Universität Pavia.J
Von
Dr. Giovanni Marenghi,
Assistenzarzt.
Bei der Darstellung des antidiphtherischen Serums darf man
als sichere Kriterien für das mehr oder weniger gute Gelingen weder
die lokale Reaktion, noch die Steigerung der Temperatur beim Pferde
ansehen. Auch die Einteilung der Pferde, wie sie Roux anfänglich
gemacht hat, in wenig empfängliche, empfängliche und sehr empfäng-
liche, in Bezug auf die den Einspritzungen des Toxins folgende
Reaktion hat bei der Darstellung des Serums viel von ihrem Werte
verloren. Im allgemeinen läßt sich sagen, daß alle in der erforder-
lichen Weise behandelten Pferde Diphtherieserum in einem bestimmten
Grade zu liefern imstande sind, den man in der Folge nicht mehr
übertreffen kann, sondern der vielmehr eine Tendenz zur Verminderung
hat. Wenn nun also weder die lokale Reaktion, noch die fieberhafte
Temperatursteigerung Exponenten für den Wert des Serums sind,
so erhebt sich die Frage: an welche anderen Thatsachen diejenigen
Modifikationen gebunden sind, welche dem Serum der Pferde anti-
diphtherische Eigenschaften verleihen? Geht man vom praktischen
Gesichtspunkte aus, so könnte man sich wohl so ausdrücken, daß es,
um das beste Resultat zu erreichen, nötig ist, dem Pferde so viel
Toxin als möglich in der kürzesten Zeit einzuspritzen. Dies Factum
steht in Verbindung mit dem anderen, daß das Blutserum von Pferden,
die man eine Zeit lang mit neuen Toxininjektionen verschont, schnell
seine antitoxischen Eigenschaften verliert.
Unter den Vorschriften, die mau (mehr von Analogieen als von
direkten Erfahrungen geleitet) für die Darstellung des Serums ge-
geben hat, besitzt diejenige, wonach man sich vor Beginn einer
Immunisierung durch eine genaue Prüfung des Urins von der Ver-
fassung der Nieren überzeugen soll, einen hohen Wert. Mein Zweck
war es, näher zu untersuchen, ob und welche Modifikationen im Stoff-
wechsel eines der antidiphtherischen Immunisierung unterworfenen
Pferdes Vorkommen. Eine solche Untersuchung konnte auch zur
Lösung der Frage führen, ob die Substanzen, welche dem Serum
seine antitoxischen Eigenschaften verleihen, von einer Neuproduktion
herrühren oder ob sie nur Substanzen sind, welche (schon im Toxin
enthalten) im Organismus des Pferdes lediglich eine Umwandelung
erfahren.
Um den 24-stündigen Urin zu sammeln, habe ich zwei Apparate
erdacht, den einen für die Pferde männlichen, den anderen für die
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Ueber die Beziehung zwischen der Ausscheidung des Stickstoffes etc. 257
weiblichen Geschlechts, die mir erlauben, allen Urin, und zwar den
Urin allein, mit völliger Sicherheit aufzufangen. Die Ernährung der
Pferde war immer dieselbe. Die vorläufigen Untersuchungen an jedem
Pferde hatten wenigstens die Dauer einer Woche.
Von dem Urin habe ich die Menge, die Reaktion, das spezifische
Gewicht und den gesamten Stickstoff, sowie den gemeiniglich Stick-
stoff des Harnstoffes genannten bestimmt. Die Untersuchung des
Eiweißes habe ich nie unterlassen.
Zur Bestimmung des gesamten Stickstoffes habe ich mich der
von Willfarth modifizierten Kjelda 1- Methode bedient. Fiir den
Harnstoff benutzte ich ein sehr einfaches Azotometer, welches (im
Gegensatz zu dem gewöhnlichen von Esbach) erlaubt, daß das Gas
die Temperatur der Umgebung annimmt. Für die Lösung des
Hypobromits habe ich Knopp’s Formel adoptiert und immer die
Vorsicht gebraucht, wenig Reagens darzustellen, weil jenes so leicht
Alterationen unterworfen ist
Es giebt sehr wenige vollständige Untersuchungen des Pferde-
urins. Man pflegt eine Analyse von Salkowsky und eine von
Wolff zu citieren. Uebrigens ist bis jetzt nichts über die den
Injektionen von Diphtheriegift ausgesetzten Pferde veröffentlicht
worden *).
Hier muß ich zunächst hervorheben, daß ich bei allen meinen
Untersuchungen vor jeder Injektion die Pferde in Beobachtung ge-
halten habe, um die Durchschnittsmenge des ausgeschiedenen Gesamt-
stickstoffes, sowie des Harnstoffazotes festzustellen. Im weiteren
Verlaufe erfolgten gleichzeitig mit den Injektionen die betreffenden
Aufnahmen (Temperatur, allgemeine und lokale Erscheinungen, che-
mische Untersuchungen und Wertbestimmung des Serums). Die
exakte Methode Ehrlich-Behring für die WertbestimmuDg eines
Serums macht es möglich, daß mau, so zu sagen, die einzelnen
Immunitätseinheiten ebenso wie die Schwankungen genau angeben
kann. Ich habe kein Pferd im Besitze des normalen Serums gefunden.
Alle Pferde hatten vor der Kur ein unter dem normalen stehendes
Serum; man kaun sogar sagen, daß kein Serum einen nennenswerten
antitoxischen Wert besaß. Zwischen dem Serum und dem durch
künstliche Mittel (Glycerin, Natrium-Oxalat) in flüssigem Zustande
erhaltenen Blute existiert in Bezug auf den antitoxischen Wert kein
Unterschied.
Unter meinen zahlreichen Beobachtungen an verschiedenen
Pferden (10) wähle ich für meinen Zweck drei Fälle aus, weil mir
diese am lehrreichsten scheinen und weil sie in zusammenfassender
Weise die beobachteten Ergebnisse gruppieren.
Ein Pferd wird nach vorhergehender Malle'inprobe den Toxin-
injektioneo unterworfen. Das Toxin ist bei 0,1 ccm aktiv. Zu Anfang
spritzt man 0,5 ccm ein; zwei Tage darauf wiederholt man die In-
jektion, indem man sie bis auf 1 ccm erhöht. Die Reaktion auf
1) Monti hat in Pferden, welche mit Diphtherietoxin eingespritzt worden, eine
Steigerung des Indieans gefunden (A. Monti, Bollett. 8oc. Med. di Pavia. 1896.
No 4).
Ente Abt. XXL M. 17
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258
Giovanni Marenghi,
diese zweite Einspritzung war eine außerordentliche: sehr starke
Temperaturerhöhung (drei Tage hintereinander 39,5—40°) und ein
ungeheueres Oedem am Ort der Injektion. Der gesamte Stick-
stoff betrug vor den Einspritzungen durchschnittlich 40 g täglich,
der Harnstoff 64 g. Nach der Einimpfung von 1 ccm Toxin stieg
die Stickstoffmenge bis auf 50 — 60 g und gleichzeitig vermehrte
sich der Harnstoff (80 g). Diese Ziffern bleiben einige Tage lang
konstant. Dann sinken sowohl Gesamtstickstoff als Harnstoff unter
den normalen Stand. Die Injektionen werden nach Aufhören der
ersten imponierenden Reaktionserscheinungen fortgesetzt: bei jeder
weiteren Injektion verlieren die reaktiven Phänomene an Intensität
und Dauer, so daß man ziemlich schnell zur Einspritzung starker
Dosen bis zu 1 1 Gift vorschreiten kann. Aber das Serum dieses
Pferdes erreicht nur den antitoxischen Wert von 20 Immunitäts-
einheiten und zu diesem Resultat gelangt man ungefähr um die
Mitte der Behandlung. Bei einer Injektion von 500 ccm Toxin trat
keine Erhöhung des Fiebers ein, eine sehr geringe lokale Reaktion,
aber eine beträchtliche Zunahme des Gesamtstickstoffes und des
Harnstoffes; jener erreichte die Ziffer von 70 g, dieser die von 122 g.
Dieser Injektion entspricht der Beginn der antitoxischen Kraft des
Serums. Nun ist die erste Zunahme der Gramme ausgeschiedenen
Stickstoffes aller Wahrscheinlichkeit nach der Erhöhung des Fiebers
zuzuschreiben (obwohl keine hierauf bezüglichen Beobachtungen vor-
liegen und ich niemals Gelegenheit gehabt habe, den Urin von
Pferden zu prüfen, die sich aus anderen Ursachen als infolge der
Injektion von Diphtheriegift in fieberhaftem Zustande befanden). Die
zweite bei weitem stärkere Zunahme steht in Verbindung mit dem
Factum, daß das Serum antitoxische Eigenschaften gewinnt Die
Versuchsaderlässe haben erwiesen, daß die am meisten zweck-
entsprechende Injektion diejenige von 500 ccm Gift war. Diesseits
wie jenseits dieser Einspritzung hat sich kein Resultat ergeben. Es
scheint mir nicht nutzlos, hervorzuheben, daß ich mich in diesem
Falle davon habe überzeugen können, wie auch sehr starke Gift-
dosen an und für sich auf eine wesentliche Vermehrung des Gesamt-
stickstoffes und des Harnstoffazotes im Urin keinen Einfluß durch ent-
haltenen Stickstoff ausüben. Uebrigens enthält der Gesamtstickstoff,
welcher sich in der nach den Angaben von Roux zubereiteten Bouillon
befindet, durchschnittlich nur 3 — 4 g Stickstoff auf den Liter.
Die Reaktion des Urins war immer stark alkalisch. Das spezi-
fische Gewicht stand immer im Verhältnis zu der in den 24 Stunden
gelassenen Harnmenge.
In den Faeces erfährt der Gesamtstickstoff bei unverändertem
Ernährungsregime keine starken Schwankungen (4 — 6 g täglich).
In diesem Falle haben wir also starke lokale Reaktionen, be-
trächtliche Temperaturerhöhungen, die Fähigkeit, starke Giftdosen zu
ertragen, geringe und vorübergehende Vermehrung des Stickstoffes,
dem entsprechend wenig wirksames Serum. Die Zunahme des Stick-
stoffes ist von geringer Dauer, ebenso wie die antitoxische Eigen-
schaft des Serums, wenn die Toxininjektionen nicht fortgesetzt werden,
von geringer Dauer ist
i by Google
Geber die Bexiehung swiscben der Ausscheidung des Stickstoffes etc. 259
Bei einem anderen Pferde, welches nicht einmal auf die ersten
Injektionen starke Reaktionen gezeigt, welches sogar 1500 ccm Gift
anf einmal vertragen hat (und zwar ist dies das Maximum, bis zu
dem ich in den nicht wenigen von mir gemachten Einspritzungen
gelangt bin), dessen Serum auch nach der Behandlung nicht einmal
normal genannt werden konnte, ist die Menge des gesamten Stick-
stofles und des Harnstoffes vor und während der ganzen Behandlung
konstant geblieben. Vielleicht würde hier die mit so großer Hart-
näckigkeit versicherte schädliche Wirkung des Toxins auf die Nieren
einigermaßen zweifelhaft bleiben.
Parallel mit diesen lediglich negativen Wert besitzenden That-
sachen gehen andere, welche die innige, zwischen der Produktion des
Diphtherieserums und der Ausscheidung von Gesamtstickstoff und
Harnstoffazotes bestehende Verbindung direkt erweisen.
Bei einem Pferde haben sich von Anfang an gute, wenn auch
nicht schwere lokale wie allgemeine Reaktionen ergeben, auch bei
Einspritzungen von */*, U 3, 5 ccm. Die tägliche Durchschnitts-
menge des Gesamtstickstoffes betrug vor der Behandlung 40 — 60 g
und die des Harnstoffes 75—90 g.
Wie gewöhnlich wurde der Anfang mit Injektionen von */s ccm
Toxin gemacht. Dann ging man sehr schnell bis zu 1, 3, 5, 10, 20,
50, 100 ccm vor. Die lokalen Reaktionen blieben immer mäßig; die
Steigerung der Temperatur von 1— l 1 /* 0 war nicht konstant bei
allen Injektionen. Von den ersten Bestimmungen an wurde ich ge-
wahr, daß der Gesamtstickstoff und dem entsprechend das Harnstoff-
azot Zunahmen. Bei der Injektion von 40 ccm Toxin wuchs der
Gesamtstickstoff bis auf 80 g an und der Harnstoff bis auf 145 g.
Dieser Einspritzung entspricht ein Wert des Serums gleich 60 I.-E.
Ohne nennenswerte Verbesserungen im Werte des Serums und ohne
merkliche Veränderungen in der Ausscheidung des Stickstoffes ge-
langt man zu der Einspritzung von 350 ccm Toxin auf einmal. Die
totale Stickstoffmenge nahm an diesem Punkte bis 125 g zu, der
Harnstoff bis 205 g. Dies Wachstum bleibt für einige Tage das-
selbe und das Serum erreicht den Wert von 140 I.-E. Da von
diesem Punkte an, obwohl mit den Injektionen fortgefahren wurde,
keine Veränderung in der regelmäßig ausgeschiedenen Stickstoffmenge
zu bemerken war, erhielt man keine Vermehrung von Immunitäts-
einheiten.
Dieses Pferd bot außerdem Gelegenheit, in Bezug auf die Frage
der sogenannten Reciprocität des Serums Beobachtungen anzustellen:
Der hohe antitoxische Diphtheriewert verhinderte nicht, daß das
Pferd an Tetanus starb.
ln einem anderen typischen Falle war ich imstande, den Wert
des Serums aus der einfachen Untersuchung des Urins zu beurteilen.
Gleichzeitig mit der beträchtlichen (mehr als verdoppelten) Zu-
nahme des gesamten Stickstoffes und des Harnstoffazotes erreichte
das Serum dieses Pferdes genau 140 I.-E. Die am meisten dem
Zweck entsprechende Injektion war diejenige von 100 ccm Toxin
(das Toxin war aktiv bei 0,06 ccm); die lokale Reaktion war stets
von geringer Bedeutung; die Fieberreaktion kaum bemerkbar (nur
li*
Dgle
200 M.r.n ghi, Ueber di« Beziehung zwischen der Ausscheidung etc.
für wenige Stunden stieg die Temperatur auf 89°, w&hreDd die
normale Temperatur 37,5—38° beträgt). In der Folge habe ich
Injektionen von 200 — 300 — 400 ccm Toxin wiederholt Auch in
diesem Falle waren die lokalen und allgemeinen Reaktionen immer
leicht; der ausgeschiedene Gesamtstickstoff übertraf den normalen
nicht; und, ohne mich sehr darüber zu verwundern, konnte ich
konstatieren, daß der antitoxiBche Wert des Serums nicht zunahm.
Die Meerschweinchen, denen eine 200 I.-E. entsprechende Dosis ein-
geimpft war, zeigten dieselbe lokale Reaktion.
Das Serum vieler gut immunisierter Pferde verliert, obwohl die
Toxininjektionen in Dosen fortgesetzt werden, nach und nach seinen
antitoxischen Wert, ohne daß die Ursache dieser Erscheinung bisher
aufgeklärt wäre. Diese Pferde bieten nicht geringe Schwierigkeiten,
um sich aufs Neue zur Darstellung von Diphtherieserum benutzen
zu lassen. Es sind die Pferde, welche zwar starke Dosen aktiven
Toxins vertragen, deren Blutserum jedoch keinen hinlänglichen anti-
toxischen Wert besitzt, um angewendet werden zu können. Bei
einem dieser Pferde habe ich das Verhalten des Gesamtstickstoffes
und des Harnstoffazotes nach jeder Injektion mit Geduld verfolgt.
Nach einer langen Reihe von nutzlosen Einspritzungen erlangte
dieses Pferd zwar nicht den primitiven, aber einen guten antitoxi-
schen Wert. Es zeigte sich, daß dieser Steigerung des antitoxische
Wertes des Serums entsprechend der gesamte Stickstoff und der
Harnstoff beträchtlich Zunahmen. Der mittlere Durchschnitt betrug
anfangs 65 g Gesamtstickstoff und 110,73 g Harnstoffazot ; dann
stieg derselbe bezw. auf 98 und 136 g. Freilich war die Steigerung
hier weniger bedeutend, aber darüber besteht kein Zweifel: es ist
dies der aus wohl 20 Bestimmungen gewonnene Durchschnitt.
Wenn nun diese Thatsachen mit anderen von mir angestellten
Untersuchungen in Zusammenhang treten, so wird ihre Bedeutung
noch größer.
Um allen Anforderungen Genüge zu leisten, wurde einem Pferde
so viel Blut entzogen, daß es starb. Verschiedene Organe dieses
Tieres von gleichem Gewicht wurden nach den gewöhnlichen bakterio-
logischen Vorschriften in Stücke zerschnitten und in gleiche Quanti-
täten einer Normallösung vou Chlornatrium gelegt. Die Normal-
lösung von Chlornatrium bringt bekanntlich in den Substanzen,
welche dem Serum seine antitoxischen Eigenschaften verleihen, eine
Alteration hervor. Nach Ablauf von 24 Stunden habe ich filtriert
Die gewonnenen Flüssigkeiten waren von verschiedener Farbe, je
nach dem größeren oder geringeren Blutreichtum der Organe, aus
denen sie stammten — Leber und Milz, Muskeln, Gehirn, Lymph-
drüsen. Nach Bestimmung des antitoxischen Wertes dieser Flüssig-
keiten wurde eine Stufenleiter von Werten, entsprechend der Stufen-
leiter der Farben, gewonnen. Der höchste Wert entsprach den von
der Milz und Leber herrührenden Flüssigkeiten und betrug 10 I.-E,
Die Synovia- Flüssigkeit, welche sich in den bei den Pferden so
häufigen Tenosynoviten entwickelt, besitzt keinen nennenswerten anti-
toxischen Wert.
Fmntains, Einige Beobachtungen über die Köntgen’echen Strehlen etc. 261
Aus diesen Untersuchungen glaube ich folgende Schlußfolgerungen
ziehen zu dürfen:
1) daß die Erzeugung der dem Serum antitoxischen Charakter ver-
leihenden Substanzen vom Blute der Pferde herrührt;
2) daß diese Produktion in inniger Verbindung mit gewissen be-
stimmten biologisch-chemischen Prozessen steht, welche sich in
der beträchtlichen Vermehrung des im Urin enthaltenen Gesamt-
stickstoffes und des Harnstoffazotes kundgeben;
3) daß, ebenso wie das andauernde Vorkommen solcher Substanzen
im Blute, namentlich in Ansehung des Maximums der Immunitäts-
einheiten vorübergehend ist, so auch die Zunahme des Stickstoffes
im Urin eine vorübergehende ist;
4) daß derartige Umwandelungen sich sehr schnell, ja beinahe
plötzlich vollziehen, weil sie stets dem Werte des Serums ent-
sprechen ;
5) das Pferd hat aktiven Anteil an der Erzeugung dieser Substanzen,
ein aktiver Anteil jedoch, dessen Exponenten sich weder im
Fieber, noch in der lokalen Reaktion finden.
Januar 1897.
Nachdruck verboten.
Einige Beobachtungen über die Wirkung
der Röntgen’schen Strahlen auf das Gift der Tollwut.
Von
Or. med. E. Frantzlns,
Assistenten des militär-medizinischen Laboratoriums au Tiflis.
Wenn auch die Arbeiten Pasteur’s, Babes’, Roux’, Celli’s,
Hellmann'8 und anderer Autoren uns mit dem Einflüsse vieler
physikalischer und chemischer Agentien auf das Gift der Tollwut
bekannt machen, so bleibt doch noch manches unerforscht. Unter
anderem ist bis jetzt gar weniges von der Wirkung der Elektrizität
auf das Gift toller Tiere veröffentlicht worden; auch hat bis heute
sich noch niemand mit der Frage befaßt — welchen Einfluß die
Röntgen’schen Strahlen auf das Virus fixe der Tollwut haben.
Dabei liegt diese Frage doch allen, die sich täglich auf den Pasteur-
schen Stationen mit Impfungen beschäftigen, sehr nahe. Da ich zur
Zeit der Erfindung Röntgen ’s die antirabische Station in Tiflis
leitete, so hielt ichs von großem Interesse, mich mit der Wirkung
der Strahlen auf das Gift der Tollwut bekannt zu machen. Leider
war ich erst im Sommer 1896 imstande, meine Aufgabe in Er-
füllung zu bringen, was ich meinem Chef, Dr. med. M. V. Lunke-
wicz, verdanke, der mir die nötigen Mittel zur Verfügung stellte.
Sollten die Strahlen einen zerstörenden Einfluß auf das Gift der
Tollwut haben, so hätten wir in der Röntgen’schen Erfindung ein
Mittel gegen diese schreckliche Krankheit gefunden.
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262 £. Frmuini,
Da das Gift der Tollwut, wie bekannt, sich allmählich längs den
Nerven von der Stelle des Bisses zum Mark hinaufzieht, so könnte man
durch die X-Strahlen dieses Gift entweder an der Stelle des Bisses oder
längs den nächstliegenden Nerven zerstören und somit dem Ausbruch
der Krankheit Vorbeugen. Wie schon Pasteur bewiesen hat. ist
der Hauptsitz der Tollwut das Mark der tollen Tiere, deshalb wählte
ich dasselbe zur Lösung meiner Frage. Ich bereitete aus dem Mark
der an Tollwut gestorbenen Kaninchen eine Emulsion, wie sie täg-
lich auf den antirabischen Stationen zur Erhaltung der Passage vor-
bereitet wird, und spritzte ein Teil derselben einem gesunden Ka-
ninchen unter die Dura mater, während der andere Teil einige Zeit
dem Einflüsse der Strahlen unterworfen wurde und dann ebenfalls
subdural Kaninchen inokuliert wurde. Selbstverständlich wurden die
Tiere sorgfältig beobachtet und ihre Temperatur täglich gemessen.
Die Resultate dieser Beobachtungen sind in folgender Tabelle
kurz zusammengefaßt.
No, der
Protokoll-
bticher der
Station
und
Tag der
ImpfuDg
Benennung
der
Versuchs-
tiere
Was wurde den Tieren
subdural injiziert?
Eintritt
der
maximalen
Tem-
peratur
in C
Unter-
schied
von der
Norm
Eintritt
der
Paralyse
Unter-
schied
von der
Norm
End-
resultate
der
Impfung
1) No. 4721
23. Juli
Schwarzes
Kaninchen,
M.
Eine Emulsion der Medulla
oblongata des Passage-Ka-
ninchens No. 4703.
Am 6. Tage
40,
0
Ara 6. Tage
0
Tod durch
Rabies am
12. Tage
uacb der In-
okulation
2) No. 4722
23 Jnli
Graues
Kaninchen,
w.
Idem
Am 5. Tage
41,4°
0
Am 6. Tage
0
Tod am
1 12 Tage
3) No. 74
23. Juli
Graues
Kaninchen,
M.
Eine Portion der obigen Emul-
sion wurde in ein Kästchen
aus Aluminium gethan und
l 1 /* Stunden mit den Strah-
len bearbeitet. Das Käst-
chen befand »ich 3 cm von
der Tube entfernt. Die Kraft
der Batterie glich 6 Amp&res
und die Spirale gab einen
Funken von 4 cm.
Am 6. Tage
40,8°
+1
(it«:
V«r-
»pS-
tung)
Am 7. Tage
+1
1 Tod am
12. Tage
4) No. 75
23. Juli
Graues
Kaninchen
M.
Idem
Am 6. Tage
40,4°
+ 1 i
Am 7. Tage
+1
Idem
5) No. 4760
23. Aug.
Graues
Kaninchen,
M.
Eine Emulsion vom Passage-
Kanineben No. 4749.
Am 5 Tage
40,2°
0
Am 6. Tage
0 1
Tod am
9. Tage
6) No. 93
28. Aug.
Graues
Kaninchen,
W.
Dieselbe Emulsion nach */ 4 -
stündiger Wirkung der
Strahlen.
Idem
0
1
1
Idem
0
Tod am
8. Tage
7) No. 4768
26. Aug.
Buntes
Weibchen
Eine Emulsion vom Passage- {
Kaninchen No. 4748.
Idem
0 j
Idem
0
Tod am
| U. Tage
Digitized by Google
Einige Beobachtungen über die Wirkung der Röntgen'schen Strahlen etc. 263
No. der
Protokoll-
bucher
der Station
und
Tag der
Impfung
Benennung
der
Versuchs-
tiere
Was wurde den Tieren
subdural injiziert?
!
Eintritt
«1er
maximalen
Tem-
peratur
in C
Unter-
schied
von der
Norm
Eintritt
der
Paralyse
Unter-
schied
von der
Norm
End-
resultate
der
| Impfung
8) No. 94
26. Aug.
Altes
graues
Kaninchen •.
Dieselbe Emulsion nach 2-
stündiger Wirkung der
X-Strahlen
Am 8 Tage
39,2°
•f 3
(3 Tage
Ver-
Die Para-
lyse trat
nicht ein
Das Tier
blieb am
Leben
9) No. 95
26 Aug.
Weißes ‘
Kaninchen,
M
i
Idem
Am 7. Ta*.
39,5°
Spü-
lung)
+ 2
Am 8 Tage
+*
(2 Tage
Ver-
spfi- 1
tnng)
Tod am
10. Tage
10) No. 4771
3. Sept.
Graues
Kaninchen j
Eine Emulsion vom Passage-
Kaninchen No. 4759.
Am 5. Tage
40,2°
0
Am 6. Tage
0
Tod am
8. Tage
11) No. 101 i
3. Sept.
Graues 1
Kaninchen
M
Eine Portion aus der obereu
Schicht der Emulsion No.
4759, auf welche l 1 /, Stun-
den Röntgen 'sehe Strah-
len gewirkt hatten.
Am 6. Tage
40, 2 #
+ 1
Am 7. Tage
+ 1
Tod am
12. Tage
12) No. 102
3. Sept.
Schwarzes
Kaninchen
Aus der unteren Schicht der
vorhergehenden Emulsion
(No. 101).
Am 6. Tage
40“
+ 1
Am 7. Tage
+ 1
Tod am
12. Tage
13) No. 4778,
7. Sept.
Graues
Kaninchen
Eine Emulsion vom Passage-
Kaninchen No. 4764.
Am 5. Tage
40,3°
0
Am 6. Tage
0
Tod am
8. Tage
14) No. 109
7. Sept.
Buntes
Meer-
schwein-
chen
W.
Ein Teil der obigen Emulsion
(No. 4773) wurde dem Tiere
post trepanationem unter
die Dura mater gebracht.
Nach Anlegung der Naht
wirkten die X • Strahlen
1 Stunde auf die Wunde.
Am 6. Tage
39°
+i
1
Am 7. Tage
+ 1
Tod am
10. Tage
Aus der vorliegenden Tabelle ersieht man, daß die angewandten
Röntgen’schen Strahlen in Fällen, wo ihre Wirkung nicht weniger
als eine Stunde währte, eine Verlängerung der Inkubationsperiode
hervorriefen; die Beobachtungen zeigen stets eine Verspätung des
Beginnes des Fiebers und der Paralyse. Es ist anzunebmen, daß
diese Verspätung bei stärkeren Strahlen und längerer Anwendung
derselben eine größere sein wird. Auf die tödliche Wirkung des
Giftes hatten die Strahlen keinen störenden Einfluß und somit
schwindet die Hoffnung, durch die Röntgen’schen Strahlen dem
tödlichen Ausgang der Krankheit vorzubeugen.
Daß die Verlängerung der Inkubationsperiode nicht von der
Konzentration der eingeführten Flüssigkeit (Emulsion) abhängt,
sondern durch die elektrischen Ströme beeinflußt wird, zeigt die bei-
folgende Tabelle.
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264 ^ant zins, Einige Beobachtungen über die ßöntgen'schen Strehlen etc.
No. der
Protokoll-
bücber
der Station zu
Tiflis
und Tag
der Impfung
Benennung
der
Tiere
Was wurde den Tieren
subdural injiziert?
Eintritt
der
maximalen
Tem-
peratur
in C
Unter-
schied
von der
Norm |
Eintritt
der
Paralyse
Unter-
schied
von der
Norm
End-
resultat
der
Impfung
1) No. 99
3. Sept.
Schwarzes
Kaninchen,
M.
Eine Portion der oberen
Schicht einer Emulsion
vom Passage - Kaninchen
No. 4759 (siebe No. 10, 11
und 1 2 der vorhergehenden
Tabelle). Die Emulsion
war */ 4 Stunde auf der
Centrifugenmaschine bear-
beitet worden.
Am 6. Tage
40°
0
Am 6. Tage
0 1
Tod am
18. Tage
2) No. 100
8. Sept.
Graues
Kaninchen,
M.
Eine Portion der unteren
Schicht der obigen Emul-
sion.
Am 5. Tuge
3», 8*
0
Am 6. Tage;
0
Tod am
11. Tage
S) No. 4740
5. August
Graues
Kaninchen,
M.
Eine Emulsion der Medulla
oblongata des Passage- Ka-
ninchens No. 4723.
Am 5 Tage
40°
0
Am 6 Tage
0
Tod am
13. Tage
4) No. 82
6. August
Schwarzes
Kaninchen
1
Eine Portion derselben Emul-
sion, auf welche Induktions-i
ströme von 16 Volt und;
einer Spirale von 5 cm
Punkenlftnge */ 4 Stunde
einwirkten. Die Emulsion
befand sich ia einer Glas-
röhre von 0,5 cm Durch-
messer,
Am 6. Tafte
40'
+1
(1 Tag
Ver-
•pl-
tang)
Am 7. Tage
+1
J
Tod am
13. Tage
5) No. 4752
16. August
| Graues
Kaninchen,
i
Eine Portion Emulsion vom
Passage - Kaninchen No.
4739.
Am 6. Taue
40,2°
0
Am 6. Tage
0
Tod am
12. Tage
6) No. 85
16. August
Graues
Kaninchen,
W.
1
Eine Portion der obigen
Emulsion (4739), auf welche
1 Stuude die erwähnten
Induktionsströme einwirk-
ten Die Emulsion war in
einer Röhre von 1 cm
Durchmesser.
Am 1. Tage
39,7'
+ *
Am 7. Tage
+ 2
Tod am
13 Tage
Die angeführten Beobachtungen bestätigen, daß die Markemulsion,
welche */* Stunden centrifugiert wurde, in ihrer oberen klaren Schicht
dieselbe Wirkung, wie in der unteren, die fast nur aus kleinen Par-
tikelchen Mark bestand, hatte. Diese Beobachtungen zeigen außer-
dem noch, daß Bareggi im Unrechte war, als er behauptete, daß
die obere Schicht der abgestandenen Emulsion bei den Kaninchen
keine Tollwut hervorruft Aus meinen Untersuchungen komme ich
zu der Ueberzeugung, daß die Verlängerung der Inkubationsperiode
also nur von der Wirkung der elektrischen Strahlen abhängt, letztere
sind jedoch nicht imstande, einen weiteren Einfluß auf das Gift des
Markes auszuüben.
24. Dezember 1896.
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N Suchnroff, Heber die Rolle des Eisens etc.
265
Nachdruck verboten.
Ueber die Rolle des Eisens bei den Bewegungs- und
Degenerationserscbeinungen der Zellen und bei der
baktericiden Wirkung des Immunserums 1 )-
Vorläufige Mitteilung.
Von
N. Sacharoff
in
Tiflis.
I.
In der Sitzung der Kaukasischen Medizinischen Gesellschaft am
16. September 1806 habe ich die Hypothese ausgesprochen, daß die
haktericide Wirkung des Serums immunisierter Tiere
durch die Verbindung der Substanz der Mikroben mit
einem eisenhaltigen Körper bedingt wird, welcher
durch Uebertragung des Sauerstoffs die Mikroben zer-
stört. Ich gründete diese Hypothese auf: 1) die von Metschni-
koff und Bordet gefundene Thatsache, daß die Bildung der bak-
tericiden Substanz in dem Protoplasma der neutrophilen Leukocyten
stattfindet: 2) die von diesen Gelehrten beschriebene Verwandlung
der von Leukocyten verschlungenen Mikroben vor ihrer Zerstörung
in eosinophile Substanz, welche meiner Untersuchung nach für Eosin
als Beize dienendes Eisen enthält; 3) die von mir entdeckte That-
sache. daß in den Granulationen der neutrophilen Leukocyten F.isen
enthalten ist.
Meine Hypothese habe ich versucht auf chemischem Wege zu
beweisen, nämlich durch die Untersuchung des Eisengehalts im
antidiphtherischen Heilserum, dessen Wirkung sich prinzipiell nicht
von der Wirkung des baktericiden Serum unterscheiden müßte.
Meine ersten Analysen dieses Serums zeigten wirklich darin einen
größeren Eisengehalt, als normales Pferdeserum, später jedoch über-
zeugte ich mich durch neue Untersuchungen, daß diese Vergrößerung
keine konstante Erscheinung ist und von der unvollkommenen Trennung
der Erythrocyten vom Serum abhängig ist. Dieselben Resultate erhielt
ich bei Analysen von Choleraserum. Daher schien die obengenannte
Hypothese als irrtümlich verworfen werden zu müssen; jedoch eine
ganze Reihe von histologischen Thatsachen, die weiter kurz angeführt
sind, beweisen, daß das Immunsernm gerade so wirkt, wie ich vor-
ausgesetzt hatte, und daß dieser Prozeß nur einen kleinen Teil der
Erscheinungen darstellt, welche durch die chemische Thätigkeit des
Eisens in den Zellen hervorgerufen sind, hauptsächlich der Be-
wegungs- und Degenerationserscheinungen. Dabei erwies sich, daß die
Wirkung des Serums weit verwickelter sein muß, als ich anfangs vor-
1 ) V ortnMf, gehalten in der Kaukasischen Medizinischen Gesellschaft den 2, De-
zember 1896,
Digitized by Google
266
N. Sacharoff,
aasgesetzt habe. Einige Seiten dieser Wirkung können hei dem jetzigen
Stande der Wissenschaft nicht erklärt werden, ohne die Hilfshypothesen ,
welche ich in meine Theorie einznföhren genötigt war. Die Leser,
welche diese Hypothese nicht ganz begründet finden, können nur die
von mir beschriebenen Thatsachen berücksichtigen.
II.
Bei meinen mikroskopischen Arbeiten benutzte ich hauptsächlich
die von mir schon beschriebene künstlich hervorgerufene Vakuolisation 1 ).
Da ich mich von der großen Bedeutung dieser Reaktion für die Unter-
suchung der wichtigsten Fragen der Zellenbiologie und besonders
der Immunitätsprobleme überzeugt hatte, so hielt ich es für nötig,
diese Reaktion mit einigen in der letzten Zeit von mir beobachteten
Einzelheiten zu beschreiben. Diese Einzelheiten sind am leichtesten
hei der Vakuolisation der Erythrocyten zu beobachten, wobei die
Ursache und das Wesen dieses Prozesses sehr klar werden.
Um die Vakuolisation der Blutzellen hervorzurufen, ist es am
zweckmäßigsten, eine konzentrierte Lösung von Pikrinsäure in ab-
solutem Alkohol zu gebrauchen, indem man einen Tropfen dieser
Lösung unter das Deckglas einführt, welches auf ein während
24 Stunden bei gewöhnlicher Temperatur getrocknetes Ausstrich-
präparat gelegt ist. Das Präparat muß so dick sein, daß
es stellenweise rote Farbe hat. Bei der Beobachtung der
Wirkung des genannten Reagens auf Erythrocyten bemerken wir
anfangs an den dünnen Stellen der Blutschicht das Erscheinen von
vielen Vakuolen in den Erythrocyten, die aus glänzenden weißen
Kreisen bestehen und keine Körner enthalten s ) Bei weiterer Be-
obachtung werden die Konturen dieser Vakuolen dicker, deren Farbe
geht von Weiß in Grün über, und wir bemerken die in den Vakuolen
eingeschlossenen, später hinanstretenden Körper, welche eine gewisse
Aehnlichkeit mit Blutplättchen haben.
Einen anderen Charakter haben die sich in den dicken Schichten
des Präparats bildenden Vakuolen. Dort enthalten die meisten derselben
dunkle oder schwarze Körperchen von runder oder ovaler Form,
auch Krystalle von derselben Farbe. Bei fortdauernder Wirkung
des Reagens kann man sich überzeugen, daß die dunklen Körperchen
allmählig in Krystalle übergehen, wobei sie dünner und an den
Ecken spitziger werden. In einem und demselben Präparate finden
wir verschiedene Uebergangsstadien zwischen dunklen Körperchen
und Krystallen. Diese letzteren in den größeren Vakuolen haben
die deutliche Form länglicher Rhomben und gleichen denen, die sich
gleichzeitig in Menge außerhalb der Erythrocyten bilden, aus der
Lösung ohne Zweifel sich ausscheidend. Die freien Krystalle sammeln
sich gewöhnlich in den oberen Schichten des Reagens und kleben an
der unteren Fläche des Deckglases, mit dem sie abgenommen und
isoliert erhalten werden können. Sie sind unlöslich in Wasser und in
1) Centrulbl. f. Bukt Bd. XX. p. IS.
2) Meine frühere Meinung, daß die Vakuolen Körner enthalten, welche darin bei
herabgesetzterem Tubus des Mikroskops sichtbar sind, habe ich als irrtümlich erkannt
(Centralbl. f. Bakt. Bd. XX. p. 450).
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Ueb«r die Bolle des Eisen» bei den Bewegnngserscheinungen ete. 267
Alkohol, Aether, Kanadabalsam, Mineralsäuren (sogar konzentrierten),
lösen sich aber leicht in Ammoniak. Man maß sie als pikrinsaueres
Hämatin, einen dem Hämin analogen Körper auffassen. Die in den
Vakuolen eingeschlossenen Krystalle verhalten sich zu Reagentien
gleich den freien und mflssen dieselbe chemische Zusammensetzung
haben.
Dieses Experiment beweist, daß die Vakuolisation der Erythro-
cyten infolge der Abspaltung des Hämatins von der Erythrocyten-
snbstanz entsteht. Hämatin löst sich gewöhnlich im Reagens und
befindet sich daher in den Vakuolen nur in dem Falle, wenn das
Reagens mit Hämatin gesättigt ist, was bei der Wirkung des Reagens
auf eine dicke Schicht des Blutes vorkommt. Da zwischen den
dunklen Körperchen und den vollständig ausgebilde -
ten Krystallen verschiedene Uebergangsstadien zu
finden sind, so muß man annehmen, daß die Abspaltung
des Hämatins von der Ery throcy tensubstanz sich all-
mählich vollzieht, und daß die Zwischenstadien eine
größere oder kleinere Menge von Proteinstoffen ent-
halten.
Da außer den Erythrocyten die Kerne derselben und der Hä-
matoblasten, ebenso auch die eosinophilen. pseudoeo3inopbilen und
neutrophilen Granulationen sich durch die Wirkung desselben Reagens
vakuolisieren. so ist fraglich, wodurch die Vakuolisation der genannten
Elemente sich erklärt, und ob sie auch von der Abspaltung des
Hämatins abhängig ist. Meine Untersuchungen über die Blutbildung
bestätigen die letztere Vermutung. Ich habe mich überzeugt, daß
die Kerne der Erythrocyten und der Hämatoblasten mit Eosin färb-
bare Nukleolen enthalten, welche in das Protoplasma der Zellen oder
in das Blutplasma heraustreten. Die ersten verschmelzen mitein-
ander und verwandeln sich in Hämoglobin '), die zweiten, von Leuko-
cyten verschlungen, stellen die eosinophilen Granulationen dar 1 2 ).
Aus diesem Grunde muß man annehmen, daß die Vakuolisation der
Nukleolen der Erythrocyten und Hämatoblasten und der eosinophilen
Granulationen durch dieselbe Ursache, wie die Vakuolisation der
Erythrocyten, d. h. durch die Abspaltung des in diesen Elementen
enthaltenen Hämatins, sich erklärt.
Dieser Schluß bestätigt sich durch meine letzten Untersuchungen,
die die Möglichkeit gezeigt haben, in diesen Elementen durch die Wirkung
von Pikrinalkohol kleine schwarze Körner, den obenbeschriebenen ähn-
lich, zu erhalten. Die Präparate für diese Untersuchungen müssen gleich
nach der Blutentnahme durch Erwärmung fixiert werden. Dabei sehen
wir, daß außer den genannten Elementen auch die neutrophilen
Granulationen mit der Bildung der schwarzen Körn-
chen vakuolisirt werden. Diese Granulationen ent-
halten also auch Hämatin — eine Thatsache, welche
für die Pathologie der Infektionskrankheiten eine
1) Russisches Archiv, vergl. von Podwyssotsky. Bd. I. Aehnliche Ansichten
heben euch Mac all um (Jahresbericht von Vlrohow, 1892) und Gi gl io »tos
(Arch. ItaL d. Biologie. Bd. XXVI. Fase I) ausgesprochen,
2) Arch. f. roikrosk, Anat, Bd, XtiV.
268
N. Sacharoff,
große Bedeutung hat. Die neutrophilen Granulationen nehmen
bei doppelter Färbung mit Eosin und Methylenblau rote Farbe, aber
nicht so intensiv, wie die eosinophilen Granulationen, an 1 ). Die
außerordentliche Färbbarkeit der letzteren mit Eosin ist, nach
meiner Meinung, nicht von der Besonderheit ihrer chemischen Zu-
sammensetzung, aber von der größeren Dichtigkeit des in ihnen ein-
geschlossenen eisenhaltigen Paranukletns abhängig.
Auf Grund der gezeigten Aehnlichkeit der chemischen Zusammen-
setzung der Granulationen und der Erythrocytensubstanz müssen wir
annehmen, daß das bei der Vakuolisation der Granulationen ausge-
schiedene Hämatin mit einer größeren oder geringeren Quantität von
Protelnstoffen verbunden ist. Daraus schließe ich, daß die Mole-
küle des Nukleins der Granulationen imstande sind,
sich auf sehr mannigfaltige Weise zu spalten. — Das
ist der Satz, welcher für die Immunitätstheorie große Wichtigkeit hat.
III.
Für den Eisengehalt des Protoplasmas der neutrophilen Leuko-
cyten sprechen auch vergleichend-anatomische Thatsachen, da bei
Tieren, die keine Erythrocyten besitzen, die Rolle der letzteren
anderen Elementen — am ehesten den Granulationen der Lymph-
zellen, welche morphologisch den I.eukocyten ähnlich sind — Zufällen
muß. Altmann hat die Granulationen oz.onophore genannt, und
obgleich dieser Name, ebenso wie seine Theorie der Bioplasten nicht
durch wissenschaftliche Thatsachen gestützt ist, kann doch die von
ihm angenommene Rolle der Granulationen als Ueberträger von
Sauerstoff kaum verworfen werden. Wie bekannt ist, sind Eiweiß-
stoffe unfähig, direkt sich zu oxydieren, daher nehmen die Chemiker
die Existenz eines besonderen lebenden Eiweißes an, dessen
chemische Beziehung zum gewöhnlichen Eiweiß bisher unbekannt ist.
Vom Gesichtspunkte der von mir entwickelten Ansichten aus kann man
annehmen, daß dieses lebende Eiweiß der Chemiker mit der
eisenhaltigen Paranuklelnsubstanz des Blutes — und
der Gewebszellen identisch ist. Ist diese Hypothese richtig,
so muß sie uns die wichtigste Eigenschaft des lebenden Eiweißes
erklären — seine Labilität, in der man die Ursache der Fähigkeit
zur Bewegung des lebenden Protoplasmas überhaupt sehen muß.
Die völlige Lösung dieser Frage nicht beanspruchend, halte ich
es nicht für überflüssig, Thatsachen anzuführen, die die Bewegung
des Protoplasmas auf die Eigenschaft der eisenhaltigen Granulationen
zurückführen. Wenn man einen Tropfen Amraoniakgeist mit einem
Deckglas zudeckt und an den Rand desselben einen Tropfen Cedernöl
giebt, so zieht sich letzteres allmählich unter das Deckglas in Form
eines breiten Vorsprungs infolge der Attraktionskraft dieser Flüssig-
keiten. Durch die Verschiebung des Deckglases nach verschiedenen
Seiten kann man das unter das Deckglas getretene Oel in kleine
weißliche Kügelchen zerteilen, welche sich unter dem Mikroskope als
körnig erweisen. Diese Körner sind beweglich und bestehen aus sehr
kleinen Ammoniakgeisttröpfchen.
1) S. auch Bordet, Recherche*« snr ]a phRgocyto.se. Annales Pasteur, 1896. H. 8.
gle
Ueber die Rolle des Eisens bei den Bewegungserscbeimmgen etc.
269
Die Kügelchen bewegen sich durch die Versetzung der peri-
pherischen Körner nach einem auf der Peripherie liegenden Punkte,
welcher der Bewegungsrichtung des gauzeu Kügelchens entspricht.
Diese Bewegung, die man ziemlich lange beobachten kann, erklärt
sich dadurch, daß die in Oelkügelchen eingescblosseneu Ammoniak-
geisttröpfchen das Ammoniak in geringerer Konzentration enthalten,
als die umgebende Flüssigkeit, infolgedessen streben die Körner sich
mit Ammoniak zu sättigen. Diese Erklärung bestätigt sich dadurch,
daß mau nach dem Aut hören der Bewegung der Körnchen dieselbe
durch Zulügung von neuen Quantitäten Ammoniakgeist wieder her-
vorrufen kann.
Die Bewegung der Leukocyten unterscheidet sich etwas von
der obenbeschnebencu Bewegung der Oelkügelchen , im Prinzip
aber muß sie ihr ähnlich sein, nur stellt anstatt des Ammoniak-
mangeis die Verarmung der Zellen au Sauerstoff die bewegende Kraft
dar. Datier muß die Bewegung der Leukocyten auf mole-
kuiäre Attraktion der in Granulationen (und in dem
Protoplasma) enthaltenen eisenhaltigen Substanz zum
Sauerstoff zurückgeführt werden.
Ist diese Theorie richtig, so muß sie uns die Bewegungen anderer
Zellen und deren einzelner Elemente z. B. der Muskeln, Samenzellen,
Bakteriencilien, pulsierender Infusorienvakuolen, Centralkörper u. s. w.
auf dieselbe Weise erklären, d. h. durch die Existenz von Hämatin
oder einer hämatinähnlicheu eisenhaltigen Substanz in diesen Elementen,
welche die molekuläre Attraktionskraft zum Sauerstoff besitzt. Folgeude
Tbatsacheu sind sehr günstig für eine solche Deutung. In Betreff der
Muskeln haben wir die Untersuchungen von Mac-Munn, welcher
in den Muskeln der Insekten eine besondere Art von Hämatin —
Myohämatin — gefunden hat; daher müssen wir annehmen, daß in
den Muskeln der Säugetiere und Vögel nicht alles Hämatin dem
Blute gehört 1 ). In den Cilien der Typhusbacillen fand Babes sehr
kleine Vakuolen 2 ). Ich unterwarf die Riesenzöpfe des von mir ge-
fundenen Bacillus asiaticus 3 ), welche aus einem Konvolut von
Cilien bestehen, der Wirkung des Pikrinalkohols, wobei ich mich voii
der Fähigkeit dieser Zöpfe zur Vakuolisation überzeugte. Mittels
desselben Reagens kaun man eine Vakuolisation der Centralkörper
der Leukocyten erhalten, ln den Spermatozoen des Menschen vakuo-
lisiert sich sehr stark der Nucleolus, welcher wahrscheinlich dem
Centralkörper entspricht (vergl. die Arbeit von Niessing 1 ). Der
mittlere Teil der Spermatozoen, welcher aus Paranukleinsubstauz
besteht und der mutmaßlich den bewegenden Teil der Sauieu-
körperchen darstellt, quillt bei der Wirkung des Pikrinalkohols und
unterliegt, obgleich schwerer als der Nucleolus, der Vakuolisation.
Was die pulsierenden Vakuolen der Infusorien betrifft, so ist es vom
Standpunkte unserer Theorie sehr interessant, daß au der Peripherie
der Vakuolen des Euglena viridis ein Pigmentkörnchen vorhanden
1) Hammarsten, Phyiolog. Chemie.
2) Zeitachr. für Hygiene. Bd. XX. p. 4*29.
3) Au indes Pasteur. 1893.
4) Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. XL VIII.
Digitized by Google
m
N. Sach»roff,
ist , das wahrscheinlich aus der eisenhaltigen Substanz besteht.
Also alle zur Bewegung fähigen Elemente besitzen auch die Fähig-
keit zur VakuoUsation und müssen deswegen das Hämatin oder
einen ähnlichen eisenhaltigen Stoff enthalten. Dieser Stoff hat die
Fähigkeit, sich mit Sauerstoff zu vereinigen und dadurch die Zell-
substanz zu zerstören, wobei sich die Oxydationsprodukte bilden,
unter welchen die Kohlensäure als Produkt der Muskelthätigkeit
schon längst bekannt ist Die Folge dieses chemischen Prozesses
muß die Bewegung sein. Also bestätigt sich meine frühere Voraus-
setzung, daß die Bewegungsursache der Geißeln der Malariaparasilen
deren Eisengehalt zugeschrieben werden muß.
Auf Grund unserer Theorie erklärt sich auch die Bewegung der
eisenhaltigen Nukleolen, in welcher wir die notwendige Bedingung
ihres Auftretens aus dem Kern bei der Bildung des Hämoglobins
und der eosinophilen Granulationen sehen müssen.
IV.
Bei der Untersuchung des letztgenannten Prozesses können wir
eine sehr wichtige Erscheinung beobachten. Wenn wir die Ausstrich-
präparate vom Knochenmark, bei 120° fixiert und später mit Pikrin-
alkohol und Eosinalkohol bearbeiteten, studieren, können wir sehen,
daß der Prozeß der Verwandlung der Lymphocyten in die Hämato-
blasten und weiter in die Erythrocyten in der Assimilation des Eisens
durch die Kernsubstanz und in der Bildung eisenhaltiger, aus dem
Kern austretender Paranukleinkörperchen besteht, wobei die Nuklein-
substanz der Kerne verbraucht wird. Da die Neubildung dieser
Substanz durch Ernährung langsamer als der Verbrauch vor sich
geht, so erscheint als Resultat dieses Prozesses die Chromatolyse
des Kerns oder seine Degeneration. Die Degeneration er-
scheint in diesem Falle als Resultat der zu raschen
Bildung der Paranukleinkörpcrchen aus dem Nuklein
und dem assimilierten Eisen.
Dieser Schluß muß auch auf andere Zellen, darunter auf Bakterien,
bezogen werden, die wir für echte Zellen halten müssen, nachdem
Bütschli, Löwit u. A. in den Bakterien das Protoplasmas, Ernst,
Babes u. A. die Nukleolen in Form sog. metachromatischer Körperchen
entdeckt haben. Es gelang mir, mich zu überzeugen, daß diese
Nukleolen mit Eosin färbbar und zur VakuoUsation fähig sind. Da
sie in lebendem Zustande außerdem eine dunkle Farbe besitzen, so
ist es sehr wahrscheinlich, daß sie Eisen enthalten. Auf Grund
meiner Untersuchungen denke ich, daß diese Nukleolen in das Proto-
plasma (d. h. die Hülle der Bakterien) heraustreten, und daß dieses
Protoplasma, gleich jenem der Leukocyten, das Produkt der Para-
nukleinkörperchen darstellt. Auf Grund der Analogie können wir
annehmen, daß die Bakteriendegeneration auch durch
den verstärkten Uebergang des Nukleins der Mi-
kroben in die eisenhaltigen Paranukleinkörperchen
und durch die weitere Oxydation und Zerstörung der
letzteren hervorgerufen wird. Die Beobachtungen von
Digitized by Google
Üeber die Rolle des Eisens bei den Bewegungserscheinungen etc.
Zettnow über die Degeneration des Spirillum undula majus 1 )
und meine eigenen über die Degeneration des Bacillus asiaticus
(wobei ich außer der Nukleolen Vermehrung die Bildung der weiter
beschriebenen Kügelcheu beobachtete) lassen solche Deutung zu.
Diese Degeneration geht ganz langsam vor sich, da sie hin-
reichende Zeit für die N ukleoleubildung verlangt. Auf etwas ab-
weichende Weise kommt die rasche Degeneration der Bakterien bei
der Wirkung einiger Salzen vor. Ich studierte in dieser Richtung
die Wirkung der Lösungen des schwefelsauren Eisenoxyduls bei 37 0
auf Cholerabakterien. Dabei können wir die Umbildung der Vibrionen
io die allmählich aufquellendeu Kügelchen beobachten, welche den
obenerwähnten und denjenigen, die bei der Wirkung des Choleraserums
auf die Vibrionen sich bilden, sehr ähnlich sind.
ln diesem Experimeut ist die Ursache der Bildung
der Kügelchen klar und zweifellos. Diese Ursache be-
steht in der Vereinigung des Eisens mit dem Nuklein
der Mikroben und in der totalen Umwandelung des
Nukleins in die Paranukleinsubstanz, welche durch
seine Neigung zur Bildung der runden, aufquellenden
Körper sich auszeichnet. Diese Deutung bestätigt sich auch
dadurch, daß die unter dem Einflüsse der Eisensalze gebildeten
Kügelchen die Fähigkeit, sich mit Eosin zu färben, bekommen. (Also
bestätigt sich auch hier die mehrmals von mir ausgesprochene An-
sicht, daß die Färbbarkeit des Paranukleins mit Eosin von dem Eisen-
gehalte in den letzteren abhängig ist.)
V.
Die Degeneration der von Lcukocyten verschlungenen Cholera-
vibrionen ist sehr ähnlich der oben beschriebenen. Auch hier ver-
wandeln sich die Vibrionen in runde eosinophile Kügelchen, welche
von Metschnikoff und Bordet beobachtet wurden. Da das Proto-
plasma der Leukocyten das Eisen enthält, so müssen wir die De-
generation der verschlungenen Vibrionen auch der Vereinigung des
Nukleins der Mikroben mit Eisen zuschreiben. Die von mir oben
gezeigte Eigenschaft der Paranuklelnsubstanz, den eisenhaltigen Teil
mit verschiedener Quantität des Proteinstoffes abzuspalten, veranlaßt
mich vorauszusetzen, daß beim Prozesse der Eosinophili-
sation (oder Ferrisation) der verschlungenen Mikroben
auf die M i kro ben su b stanz solch ein Spaltungsprodukt
des Paranuklelns einwirkt, dessen chemische Zu-
sammensetzung in gewissem Grade der chemischen
Zusammensetzung der Mikroben entspricht.
Auf Grund der Untersuchungen von A. Danilewsky *), nach
dessen Meinung die chemische Zusammensetzung der Zellenprotein-
moleküle während der phylogenetischeu Entwickelung allmählich in-
folge Beifügung der neuen Atomgruppen komplizierter wird, muß man
denken, daß bei der oben erwähnten Zerspaltung des Leukocyten-
1) CentralbJ. f. B,kl. Bd. XIX. p. 177.
t) Verband!, d. iuternat. Kongresses in Rom,
2*2
K. Sacharoff,
paranukleins das Freiwerden der in diesem ParanukleYn eingeschlossenen,
iu chemischer Beziehung einfacheren Grundsubstanz vorkommt, welche
der Mikrobensubstanz ähnlich ist. Diese vom ParanukleYn
der Granulationen abgespaltene und auf die Mikroben
wirkende eisenhaltige Substanz werde ich die bak-
tericide Substanz nennen. Iu dem Entstehungsmodus
dieser Substanz, welche für jede Mikrobenart ver-
schieden sein muß, sehe icn die Ursache seiner
spezifischen, auf klarer Weise sich im Immunserum
offenbarenden Wirkung.
Viele Thatsachen beweisen, daß diese Substanz aus den Leuko-
cyten in das Serum übergeht und hier bei dem linmunisierungs-
prozesse sich ansammelt Dies beweist, daß die baktericide Substanz
bei der Zerstörung der Mikroben unversehrt bleibt, d. h. daß sie
nach Art der Fermente wirkt. Aber ein solcher Wirkungsmodus ist
mit der oben entwickelten Theorie schwer vereinbar, da sie verlangt,
daß diese Substanz mit den Mikroben zusammen zerstört werde. Um
aus diesem Dilemma berauszukommen, müssen wir annehmen, daß bei
der Wirkung der baktericiden Substanz auf Mikroben diese Substanz
einer zweiten Zerspaltung unterliegt, wobei wieder ein eisenhaltiger
Teil, aber mit geringerer Quantität des organischen Steifes und ein
eisenloser Teil gebildet werden. Diese Voraussetzung scheint uns
sehr wahrscheinlich, da wir schon die Fähigkeit des Paranukleins
zu successiven Spaltungen gesehen haben, namentlich bei der Um-
wandelung der oben beschriebenen dunklen ovalen Körperchen der
Vakuolen in die Kry stalle der Hämatins.
In die Verbindung mit dem Mikrobenkörper muß
nur der eisenhaltige Teil der baktericiden Substan z
eintreten und nur dieser Teil unterliegt der Zer-
störung. Der eisenlose Teil aber bleibt unversehrt
uud seine Bolle besteht darin, als Vermittler bei der
Verbindung des ersten Teiles mit der Mikroben-
Substanz zu dienen.
Dabei müssen wir annehmen, daß der eisenhaltige Teil der
baktericiden Substanz, welcher bei der Zerstörung der Mikroben ver-
braucht wird, auf Kosten des ParanukleYns hergestellt wird. Dieses
letztere ist in jedem frischen Serum enthalten, worin es durch die
Lösung der abgesonderten Protoplasmateilchen der Leukocyten und
der Blutplättchen übergeht. In Betreff der letzteren muß ich hier
bemerken, daß sie auch das llämutin enthalten, wie ich mich beim
Studium der gleich nach der Blutentnahme durch Erwärmung fixierten
Präparate überzeugte. Meine frühere Behauptuug über die Abwesen-
heit von Hämatin in den Blutplättchen bleibt bestehen für die auf
gewöhnliche Art fixierten Ausstrichpraparate, wo die Blutplättchen
schon ihr Hämatin verloren haben und daher klebrig werden. Die
Klebrigkeit, welche die Eigenschaft des ihres Eisens verlustig ge-
gangenen ParanukleYns darstellt, ist die Ursache der Anhäufung der
Blutplättchen.
Das zweifellose Vorhandensein von gelöstem ParanukleYn, dieser
Quelle der baktericiden Substauz, in jedem frischen Serum, zwingt
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lieber die Rolle des Eisens bei den BevregunKSersehelnnngen etc. 273
uns anzunehmen, daß diese Substanz auch außerhalb der Leukocyten
gebildet werde. In dieser Thatsache sehe ich die Versöhnung zweier
bekannter Theorien — der Metschnikoff’s und der seiner Gegner.
VI.
Wollen wir jetzt die entwickelte Theorie zur Erklärung der von
Pfeiffer entdeckten raschen Degeneration der Choleravibrionen bei
der Wirkung des Choleraserums anwenden. Bei der Vermischung
der Emulsion von Choleravibrionen mit frischem Choleraserum be-
obachteten wir anfangs die von Gr über beschriebene Agglutination
der Mikroben. Dann beginnt das Nuklein der Mikroben etwas dunkler
zu werden und diese selbst allmählich sich in die runden, später
quellenden, in freiem Zustande beweglichen Körperchen zu verwandeln,
worin häufig ein kleines schwarzes Körnchen — der Nucleolus der
Vibrionen — sichtbar ist. Dieser Prozeß ist demjenigen ähnlich,
welchen wir in den von Leukocyten verschlungenen Vibrionen be-
obachteten und von welchem er sich nur dadurch unterscheidet, daß
in den intracellulären Mikroben die Färbbarkeit mit Eosin deutlicher,
als in den freien ausgedrückt ist. Dieser Unterschied erklärt sich
am ehesten dadurch, daß die ersteren von der die eosinophile Sub-
stanz zerstörenden Oxydation geschützt sind. Es ist aber leicht zu
überzeugen, daß bei dem Pf eiffer’schen Phänomen die Vibrionen
ein eosinophiles Stadium durchlaufen. Dazu muß man die getrockneten
und durch die Erwärmung fixierten Präparate mit einer gesättigten
Lösung von Eosin in verdünntem Alkohol färben, noch besser aber
uach deren Bearbeitung mit Pikriualkohol.
Dabei sehen wir uicht nur die Cholerakügelchen sich ziemlich
stark färben, sondern überzeugen uns auch von der Fähigkeit der
letzteren zur Vakuolisation. Bei dieser Bearbeitung erscheinen die
Kügelchen als kleine rote Ringe, neben welchen wir die völlig un-
gefärbten Vibrionen finden.
Alle diese Thatsachen beweisen, daß bei der Wir-
kung von frischem Choleraserum auf Vibrionen die
Zerstörung der letzteren durch dieselbe eisenhaltige
baktericide Substanz, die in Leukocyten die ver-
schlungenen Vibrionen zerstört, hervorgerufen wird.
Da diese Substanz bei dem Prozesse der Immunisation sein Eisen
einbüßt, so muß sie das Eisen aus dem Paranuklel'n des frischen
Serums erhalten. Lange aufbewahrtes oder bis 60° erwärmtes
Choleraserum verliert, wie bekannt, die Fähigkeit, die Vibrionen zu
zerstören, obgleich seine agglutinierenden Eigenschaften intakt bleiben.
Diese Thatsache erklärt sich, unserer Theorie nach, sehr einfach da-
durch, daß das Serumparanukleln mit der Zeit allmählich, bei der
Erwärmung bis 60 0 rasch zerstört wird. In Choleraserum bleibt also
our sog. Agglutinin, welches die baktericide Substanz ohne seinen
eisenhaltigen Teil darstellt. Dieser Körper ist, seiner klebrigen
Eigenschaft nach, der klebrigen Substanz der ihr Eisen eingebüßteu
Blutplättchen ähnlich. Die Wirkung des Agglutinins ist, wie bekannt,
spezifisch. Diese Spezifizität erklärt sich am ehesten
durch das Zusammentreffen zweier Substanzen bei
hlU Abt. XXL M. 18
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274
Mtrpmiott,
der Agglutination, welche die Fähigkeit zur Ver-
einigung und Verklebung nur in dem Falle haben,
wenn sie ihrer chemischen Zusammensetzung nach
einander ähnlich sind. Die eine dieser Substanzen ist das
Mikrobenprotoplasma (Hülle und Cilien), welches, wie ich oben an-
genommen habe, aus den Paranukleinkörperchen der Mikroben gebildet
ist. Die zweite ist das Agglutinin, das eisenlose Spaltungsprodukt
der baktericiden Substanz, welche, wie wir gesehen haben, der Sub-
stanz der bei dem Immunisierungsprozesse getöteten Mikroben ähn-
liche chemische Zusammensetzung haben muß.
Das Agglutinin allein ist unfähig, die Mikroben zu zerstören.
Um es in die baktericide Substanz zu verwandeln, müssen wir es
mit dem eisenhaltigen Teil des Paranukleins vereinigen. Darin liegt
die Erklärung der Notwendigkeit der Vermischung zweier Sera bei
dem Versuche von Pfeiffer (in vitro).
Als anscheinender Widerspruch zu den in dieser Mitteilung ent-
wickelten Ansichten stellt sich uns die Thatsache, daß die Geißeln
der Malariaparasiten, welche auf Grund ihrer Beweglichkeit und
Färbbarkeit mit Eosin aus Paranukleln bestehen müssen, thatsächlich
die Chromosomen, d. h. die aus Nuklein bestehenden Elemente dar-
stellen. Eine Erklärung dieses Widerspruchs finde ich darin, daß
diese Geißeln schon degenerierte Chromosomen sind und aus dem
Nuklein bestehen, welches aus dem Serum das Eisen entnahm und
daher in Paranukleln übergegangen ist. In der That bedürfen die
Geißeln zu ihrer Bildung einige Zeit, welche wahrscheinlich für die
Assimilation des Eisens von Seiten des Nukleins der Malariaparasiten
nötig ist.
Diese Mitteilung wird in extenso im „Russischen Archiv“ von
Prof. Podwyssotsky erscheinen.
Nachdruck verboten .
Mitteilungen aus Marpmann’s bakteriologischem
Laboratorium in Leipzig.
Von
Marpmann.
I. Vorkommen von niederen Pilzen in Tafelsenf.
Das ätherische Senföl gilt als vorzügliches Antisepticum und
alle Zubereitungen aus Senfsamen gelten deshalb als keimfrei und
als gesundheitsunschädlich, sogar als „gesundheitsbefördernd“. Die
bakteriologischen Versuche mit dem Senföl reichen in die Zeiten des
Beginns der Bakteriologie zurück und sind bis in die Neuzeit ver-
schiedentlich wiederholt, so daß an der antiseptischen Energie dieses
Körpers nicht gezweifelt werden kann. Trotzdem haben wir ge-
funden, daß diese Körper immer noch neue bakteriologische Gesichts*
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Mitteilungen »ua*M»rpm»nn's bakterinlogUchem Luborntorium in Lripiig. 275
punkte bieten. Seit 1892 wurden von Zeit zu Zeit Kulturplatten von
käuflichem Tafelsenf angelegt und diese Versuche gelangten durch
Herrn Bock zu einem vorläufigen Abschluß.
Die Proben wurden in hiesigen und auswärtigen Restaurationen
iu der Weise gemacht, daß der eine oder andere von uns mit Platin-
draht und Gelatineröhrchen ausgerüstet bei seinen Exkursionen den
Senf der Tafel lege artis abimpfte.
Da sich solche Gelegenheitsproben auch für andere Materien
eignen, so sei die Entnahme kurz beschrieben. Der Platindraht wird
in der Flamme eines Zündhölzchens abgeglüht, in den Senftopf ein-
getaucht und sofort in die Gelatine einmal eingestochen. Das Röhr-
chen mit der Näbrgelatine wird dann zu Hause — oft erst am an-
deren Tage — im Wasserbade verflüssigt und die gut gemischte
Probe in ein Kulturschälchen ausgegossen.
Im Kulturschrank entwickeln sich nach 2 — 8 Tagen die vor-
handenen Keime zu Kolonieen, die eine quantitative Zählung der
Keime gestatten, da ein dünner Platindraht höchstens 2 Milligramm
Senf hält, wenn man nicht zu tief einsticht. Die genaue Zahl der
Keime ist für unsere Versuche von untergeordneter Bedeutung. Es
fanden sich in 280 Proben, die im ganzen kultiviert sind, fast stets
Bakterien, vereinzelt Schimmelpilze und noch seltener Hefen. Von
letzteren wurden kleine Kugelhefen häufiger beobachtet, als die
großen elipsoiden Formen der Bier- und Weinhefe, trotzdem auch
diese in der Leipziger Luft nicht gerade zu den Seltenheiten gehören.
Vollständig keimfrei waren 3 Proben, die direkt aus der Fabrik in
frischer Füllung entnommen waren. Aber auch dieser Mostrich zeigte
bereits nach einer Zeit von ca. 8 — 10 Tagen eine Entwickelung von
Bakterien. Alle anderen Proben, die aus den teils in offenen Gläsern,
teils aus in englischen Töpfen aufbewahrten, aber seit längerer Zeit
im Gebrauch befindlichen Mostrich gemacht wurden, zeigten um so
mehr Keime, je älter und geschmackloser das Produkt war.
Von Stäbchenbakterien fanden sich in 210 Proben über 10 Kolo-
nieen, in den übrigen 67 Proben unter 10 Kolonieen.
Von Mikrokokken wurden 112 mal vereinzelte Kolonieen an-
getroffen, unter denen auch 2 mal eine weiße Sarcine, Sarcina
candida, angetroffen wurde.
Grüne und braune Schimmelpilze, Penicillium und Asper-
gillus, wurden 8 mal gefunden.
Nur ein einziges Mal kam der Mucor mucedo zur Entwicke-
lung, dagegen fanden sich die Torulaceen von Oldium- Arten
37 mal vor.
In den 210 Proben mit Bacillen wurden 97 mal einzelne 1 bis
3 Kolonieen von Gelatine verflüssigenden Arten gefunden. Sämtliche
Kolonieen sind in Gelatine, Agar, Milch mit Lackmus und Fleisch-
wasser abgeimpft. Von typhusähnlichen Arten wurden Kulturen in
sauerer Gelatine und auf Kartoffel angelegt. Es konnte jedoch in
keinem Falle weder ein echter Typhus-, noch ein echter Kolon-
bacillus gefunden werden. Trotzdem glauben wir, daß die Senf-
bakterien nicht immer unschädlich sind, sondern daß im heißen
Sommer recht wohl Störungen der Verdauung durch den Genuß von
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276
Mftrp mann,
Senf verursacht werden können. Es sind nicht die Bakterien allein,
die darin vielleicht schädlich wirken, sondern es treten eben die Um-
stände zusammen, die zu intestinalen Erkrankungen prädisponieren.
Eiir den Arzt ist es dann gewiß nicht unwichtig, auch zu wissen,
daß der Senf, Mostrich und alle damit hergestellten Gerichte unter
Umständen pathogene Keime beherbergen können.
II. Das Vorkommen von Bakterien und Pilzen in
Schreib- und Schultinten.
Von Zeit zu Zeit lesen wir in deu Tageszeitungen, daß wieder
einmal eine Blutvergiftung durch den Stich mit einer Schreibfedei .
einem verrosteten Nagel oder einem sonstigen Gegenstände vor-
gekommen ist und daß höchstwahrscheinlich der Kost oder der Grün-
span oder giftige Metalle die Ursache sind. Für den Bakteriologen
ist es wohl niemals zweifelhaft gewesen, wo die Ursache der Ver-
giftung liegt; trotzdem sind meines Wissens keine direkten bakterio-
logischen Kulturversuche mit Tinten gemacht worden. Es mag das
seinen Grund dariu haben, daß die frischen Anilinfarben als direkte
Bakteriengifte betrachtet werden, daß man also die pathogenen
Keime nur in einer alten — verdorbenen — zersetzten Tinte sucht.
Auch diese Untersuchungen habe ich seit einigen Jahren verfolgt,
nachdem ich 1885 in Thüringen zuerst einen großen Keimgehalt iu
der dortigen Gallustinte nachgewiesen hatte.
Hier in Leipzig unterstützte mich Herr Lehrer M e y r i c h durch
gelegentliche Abimpfungen der Schultinten.
Die Herren Beier und Wolf führten eine große Anzahl von
Kulturen mit dem verschiedensten Materiale aus, so daß die Arbeit
vorläufig abgeschlossen ist.
In sämtlichen Schultinten, bestehend aus 67 Proben, fanden sich
Schimmelpilze.
Penicillium glaucum 67 mal
Aspergillus flavus 12mal
Eurotium repens 3mal
Mucor racemosus 18mal
„ mucedo 29 mal
Briaria elegans 2mal
Oidium album llmal
Hefe 5 mal
Außerdem enthielten alle Proben mehr oder weniger Bakterien
oder Mikrokokken.
Diese Schultinten bestanden aus Gallustinte mit Eisen. Es kamen
mir jedoch noch 11 Schultinten vor, die aus Nigrosin und 7, die aus
Campeche-Chromsäure hergestellt waren.
Auch sämtliche Nigrosintinten enthielten Schimmelpilze, schwan-
kend von 2 — 10 Kolonieen in einer Probe, welche nach der beim
Senf beschriebenen Methode gemacht wurde
Nigrosintinte, direkt der Vorratsflascbe entnommen, enthielt
ein Penicillium und 8 Bakterienkeime. Eine andere Probe, die
seit längerer Zeit im Tintengefäß ollen an der Luft gestanden hatte,
enthielt 10 Schimmelpilze und 15 Bakterienkeime.
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Milteilangen aus Marpmann*.«« bakteriologischem Laboratorium in Leipzig 277
Folgende Zusammenstellung dürfte eine Uebersicht geben über
Kulturen, die am 3. September 1896 angelegt sind. Die Zahl der
Koloniecn bezieht sich auf einen Impfstich von 2 Milligramm Probe.
Bote Tinte (Eosin), im Gebrauch — 11 Schimmelpilze, 17 Bakterien.
„ „ (Fuchsin), „
„ - 4
11
14
„ „ (Karmin), „
„ - 4
V
3
Violett (wasserlösl.), „
„ - 87
6
Blnuviolett(wasserL), „
— 61
11
13
Schwarz (Indulin), „
„ - 11
1»
16
Die Spaltpilze scheinen demnach in verdünnten Anilinfarbstoflen
recht gut gedeihen zu können und nicht sofort abzusterben, wenn
sie auch ihren Leib mit Farbstoff vollgesogen haben. Diese That-
sacbe erklärt meine früheren Kulturversuche, die ich in dieser Zeit-
schrift mit Nährböden beschrieben habe, die schwarze, rote und ent-
färbte Anilinfarbstoffe enthielten.
Mikrokokken und Sarcinen wurden selten beobachtet, Gelatine
verflüssigende Arten kamen ebenso selten vor, es bestanden die Spalt-
pilzkolonieen daher vorzugsweise aus Bacillen — und auch unter
diesen waren die Morphen des Kartoffelbacillus am häufigsten.
Es ist nicht ausgeschlossen, daß unter den kultivierten Pilzen noch
eine oder die andere neue Art enthalten ist — doch ist die Fest-
stellung dieser Arten zur Zeit noch nicht mit Sicherheit beendet.
Dagegen kann konstatiert werden, daß 2 mal ein septischer
Bacillus aus Nigrosintinte kultiviert wurde, der die geimpften Mäuse
innerhalb 4 Tagen tötete. Die Tinte stammte aus einer Handlung
und hatte bei mir l / 4 Jahr offen zum Gebrauch gestanden, so daß
nicht mehr nachgewiesen werden konnte, ob sich die Bacillen bereits
in der käuflichen Tinte befunden hatten oder ob dieselben erst
später hineingelangt waren. Die Bacillen gehörten zu den Proteus-
Arten.
Farbstoffbildende Bakterien wurden fast gar nicht beobachtet, da
sich nur einzelne Kolonieen von gelben Bacillen entwickelten.
Die Untersuchungen ergeben, daß die im Eingang erwähnten
Blutvergiftungen auf pathogene Bakterien zurückzuführen sind, die
sich in den verschiedensten Tinten und Lösungen von Anilinfarb-
stoffen entwickeln können. Damit scheint die Anwendung der blauen
und violetten Anilinfarbstoffe als Pyoktanine im Widerspruch zu
-tehen. Diese Farbstoffe sollen allerdings gegen Protozoen, Strepto-
kokken und Staphylokokken antiseptisch wirken, ob die Versuche
jedoch alle einwandsfrei sind und ob sich die Farbstoffe gegen Bacillen
anders verhalten, entzieht sich unserer Beurteilung.
Es dürfte jedoch nicht zwecklos sein, wenn den Schultinten
einige Aufmerksamkeit seitens der maßgebenden Personen zugewandt
würde, wenn auch die septischen Vergiftungen durch Tinteninfektiou
zu den Seltenheiten gehören. In einmal aufgekochten Tinten waren
selten Keime durch die Kultur nachzuweisen , und hieraus ergiebt
sich eine leichte und einfache Methode, die Tinten der Schulzimmer
zu desinfizieren und für die Kinder unschädlich zu machen.
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278
Miirpmann
III. Das Vorkommen von pathogenen Bakterien in
Sauerkraut, sauren Gurken und Salat.
Im Jahre 1882 habe ich bereits gelegentlich eines Jahresreferates
auf das Vorkommen von sch ädlichen Bakterien in Sauerkraut hin-
gewiesen, aber erst durch die Exkursionsimpfungen sind die Versuche
auf ein größeres Arbeitsfeld ausgedehnt worden. Herr stud. Behrens
beteiligte sich an diesen Versuchen.
Wenn die essig-milchsaure Gärung unserer konservierten Nahrungs-
mittel einen bestimmten Höhepunkt erreicht bat, dann entwickeln
sich oftmals reduzierende Bakterien und die Gärung geht in Fäulnis
über. Dadurch entstehen Zersetzungsprodukte, die als Toxine einen
direkt giftigen Einfluß auf den Konsumenten ausüben können. Es
ist also zwischen pathogenen Bakterien und giftigen Zersetzungs-
produkten zu unterscheiden, jedoch ist ein Bacillus, der ein Toxin
erzeugt, wohl unter allen Umständen als pathogen zu bezeichnen.
Die reduzierenden Bakterien entfärben Lackmusmilch, ohne oder
mit schwacher Rötung, die entfärbte Milch nimmt aber zuweilen
durch Schütteln wieder eine bläuliche Färbung an. Dann wachsen
solche Kolonieen fakultativ anaerob auf, und auf letzten Umstand
haben wir den Nachweis der Arten gegründet
Die zuckerhaltige Nährgelatine wurde in Reagensgläsern von
25 cm Länge und 10 mm Weite sterilisiert, so daß jedoch jedes
Röhrchen mindestens auf 20 cm Höhe mit Gelatine angefüllt war.
Impft man in die verflüssigte Gelatine eine Platinöse Probeflüssigkeit
und verteilt dieselbe durch langsame Bewegung in der ganzen Masse,
gießt dann die Oberfläche durch eine Schicht siedendes Oel ab, so
entwickeln sich die anaeroben Keime um so besser, je tiefer dieselben
in der Gelatine gelagert sind. Außerdem gestattet der geringe
Durchmesser des Proberöhrchens eine genaue Beobachtung der Kolonie
selbst bei schwacher Vergrößerung unter dem Mikroskope oder mit
20 mal Lupen Vergrößerung.
Die Exkursionsimpfungen wurden mit den gleichen Röhrchen
gemacht, doch wurde ein Platindraht in den festen Nährboden ge-
impft, derselbe dann in heißem Wasser verflüssigt und weiter wie
oben behandelt Wiederholte Durchfälle und Koliken, die uns selbst,
teils Familienangehörige betroffen hatten, gaben Veranlassung zu
umfangreichen Proben.
Es wurden in den Sommermonaten der drei letzten Jahre
37 Impfungen von Sauerkraut vorgenommen, von denen 3 mal
anaörobe Kolonieen gewachsen waren. Die 3 Proben zeigten einen
unangenehmen Geschmack, mit geringer Säure, während die anderen
34 Proben so viele Säuren enthielten, daß das Kraut, vor dem Kochen
entwässert, immer noch einen stark sauren Geschmack zeigte. Die
fraglichen 3 Proben entfärbten Lackmusmilch in 24 Stunden voll-
ständig, einzelne Kolonieen zeigten schon nach 12 Stunden kleine
Gasblasen und wuchsen in einer Tiefe von 15—20 cm unter der
Oberfläche. Die gewöhnlichen Bakterien kommen unter 3 cm Tiefe
fast gar nicht mehr vor. In einem Falle war eine Kolik auf das
betreffende Sauerkraut r zuri)ckzuführen.
gfe
Mitteilungen aus Marpmann'a bakteriologischem Laboratorium in Leipzig. 279
Eine andere Kolik wurde auf einen Selleriesalat zurückgeführt,
den ich selbst in einem Leipziger Speisehause genossen hatte. Nun
konnte der Salat nicht direkt mehr zur Kultur angewandt werden,
jedoch wurden in demselben Lokale wiederholte Impfungen mit
Selleriesalat vorgenommen und wurde auch einmal eine recht massen-
hafte Entwickelung von anaeroben Keimen beobachtet. Während bei
dem Sauerkraut die anaeroben Keime erst nachträglich in dem viel-
leicht Übergängen oder seit längerer Zeit in Aubruch stehenden
Kraut entwickelt sind, dürften sich in dem Salat die Keime auf den
abgekochten Sellerieknollen, die eine Zeit lang gelegen, entwickelt
haben oder vielleicht auch aus verdorbenem Essig herstammen. Zwei
andere Fälle wurden mit Ilummermayonnaise und mit Fruchteis
beobachtet, ohne daß es gelang, in diesen Speisen anaßrobe Keime
auffinden zu können.
Die gewöhnliche sauere Gurke ist sehr oft mit aoaßroben Keimen
infiziert. Aus guten Gurken erhielt man bei Plattenkulturen die
Essigsäure- und Milchsäurebakterien und Hefe, daneben auch Oldium
und andere Schimmelpilze, in der hohen Aussaat entwickeln sich
keine Kolonieen.
Es wurden aber wiederholt anaßrobe Kulturen aus älterem
Material erhalten, so daß auch diese Konserve als Erreger von
Sommerdiarrhöen anzusehen ist. Die Konserve kommt im Herbst
und Spätsommer in einem frühreifen Zustand auf den Tisch, wo die
Gärung noch nicht beendet ist. Hier finden sich anaßrobe Keime im
Inneren der Frucht. Im Reifezustande werden die Keime jedenfalls
durch die überwiegenden Säurebildner überwuchert und unterdrückt
und kommen dann jedenfalls bei zu langem Lagern wieder zur
Thätigkeit, wenn die Säurebildner abgewirtschaftet haben.
Unsere Exkursionsimpfungen zeigten 2 mal die Entwickelung von
anaeroben Kolonieen aus italienischem Salat, in denen die Keime
wahrscheinlich durch die benutzten Gurken übertragen waren.
In scharfen Gewürzgurken und in Zuckergurken konnten bei
14 Versuchen keine anaäroben Keime entdeckt werden.
Die aufgefundenen anaeroben Arten bestanden aus 5 verschiedenen
Morphen von dünnen Bacillen, die mit den bekannten Arten nicht
identifiziert werden konnten. So wurde nur in einem Falle eine
Makrosporenbildung bei einem 1,2 /u dicken Bacillus beobachtet.
Wir sind überzeugt, daß neben den anaßroben Bakterien auch
andere aörobe und doch pathogene Keime Vorkommen werden, wir
glauben aber, daß man nicht a priori in den Konserven eine bakterio-
logische Analyse auf derartige Keime anstellen wird, so lange es
uns an gemeinsamen Merkmalen dieser Keime fehlt. Das anaßrobe
Wachstum ist jedoch ein gemeinsames Merkmal für viele Bakterien,
die als pathogen bekannt sind oder doch in dem Verdacht einer
pathogenen Wirkung stehen. Um über solche Keime noch mehr
Beobachtungsmaterial zu sammeln, hat Herr stud. Behrens die
Versuche auf frische Kuhmilch ausgedehnt.
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280
AUppmrincj».
IV. Das Vorkommen von anaßroben Bakterien
in frischer Kuhmilch.
Auch bei diesen Versuchen wurden die erwähnten hohen Kulturen
mit geringen Impfproben angelegt, und wurde die Milch entweder in
durchsichtige helle Milchserumgelatine oder in Lackrousmilchserum-
gelatine von hellblauer Farbe eingeimpft.
Von 92 Versuchen entfallen 80 Proben auf die Monate Juli und
August, während die letzten 12 Versuche im November 1896 an-
gestellt wurden. Die Sommerproben ergaben 7 mal anaörobe Kolonieen,
in den Winterproben wurden solche nicht gefunden.
Die erwähnten 7 Proben fielen 2 mal in Lackmusgelatine, wo
sich um die tiefliegenden Kolonieen nach 12 Stunden eine helle
durchsichtige Zone entwickelte. Nach 3 Tagen waren die Röhrchen
bis auf 4 cm vom oberen Rande vollständig entfärbt, und auch hier
war die blaue Farbe verschwunden und in eine rote tibergegangen.
Bei längerem Stehen verschwand dann auch die rote Farbe.
Es läßt sich wohl annehmen, daß die anaöroben Pilze in den
7 Proben nicht ohne Einfluß auf die Gesundheit der Konsumenten
geblieben sind, doch wurden hierüber keine direkten Versuche an-
gestellt. Jedoch wurden dieselben Proben der Milch aufgekocht und
dann nochmals geimpft, wo sich zeigte, daß die anaeroben Keime
nicht abgestorben waren. In allen Fällen entwickelten sich anacrobe
Kolonieen, jedoch erst nach Verlauf von 3 — 4 Tagen, während die
Entwickelung aus der UDgekochten Milch schon nach 12 Stunden zu
erkennen war.
Leipzig, Januar 1897.
Referate.
KIrehner , Martin , Grundriß der Militärgesundheits-
pflege. 1180 p. 454 Fig. im Text, 3 Lichtdr.-Taf. Braunschweig
(Harald Bruhn) 1896.
Mit der soeben erschienenen 15. Lieferung liegt Kirchner’s
Werk, über das Ref. bereits im X. und XV. Bande dieser Zeitschrift
berichten konnte, nunmehr abgeschlossen vor; die noch nicht be-
sprochenen Lieferungen haben zu den bereits erörterten Abschnitten
noch die Kapitel: Militärische Uuterkünfte, Ernährung und Nahrungs-
mittel, Hygiene des Dienstes und Armeekrankheiten hinzugefügt.
Es mag genügen, hier festzustellen, daß auch diese neuen Teile au
Vortrefflichkeit hinter den älteren nicht zurückstehen.
M. Kirchner hat zur Vollendung seines Buches 5 Jahre ge-
braucht; dafür darf er jedoch mit Stolz in der Einleitung auf die
Gründlichkeit seiner Arbeit hinweisen. Kaum irgendwo dürfte der
Leser, wie er hervorhebt, ein so eingehendes Material für die Beurtei-
lung militärischer Verhältnisse finden, wie in dem nun fertigen Buche;
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Bacterinm coli.
281
nirgends enthält dieses eine Behauptung, die nicht durch Thatsachen
oder Zahlen belegt, nirgends ein Untersuchungsgebiet, daß nicht durch
Schilderung oder wenigstens Andeutung der Untersuchungsverfahren
erläutert ist Diesem Selbsturteil schließt sich der Ref. gern und
vollkommen an, möchte aber außerdem noch bemerken, daß der Verf.
nicht allein durch die Gediegenheit des Inhaltes, sondern auch durch
die äußeren Mittel der Herstellung ein Werk von seltener Vollendung
geschaffen hat. Hierbei hat vorzüglich die ihm eigene Darstellungs-
gabe mitgewirkt ; daneben aber verdienen die freigebig hinzugefügten
Abbildungen, welche nach ihrer Ausführung denen der meisten hygie-
nischen Handbücher überlegen sind, besonderes Lob.
Kirchner ’s Grundriß gehört zu den weitaus besten Hand-
büchern über Hygiene, welche wir besitzen; es wird jedem, der sich
mit dieser Wissenschaft beschäftigt, nützlich sein ; für den deutschen
Sanitätsoffizier insbesondere kann es durch kein anderes der gegen-
wärtig verfügbaren Werke über den gleichen Gegenstand ersetzt
werden. K übler (Berlin).
Lembke, W., Bacterium coli anindolicum und Bacterium
coli anaörogenes. (Arch. f. Hyg. Bd. XXVII. Heft 4.)
Verf. hat als „Beitrag zur Bakterienflora des Darms“ (Archiv
f. Hyg. Bd. XXVI) über 2 aus Hundefaeces isolierte Bakterien be-
richtet und sie mit den in der Ueberschrift aufgeführten Namen be-
zeichnet, da sie einerseits in Aussehen und Wachstumseigenschaften
dem Bacterium coli eommuue gleichen, andererseits aber von
ihm verschieden sind, indem das eine kein Indol, das andere in
Traubenzucker enthaltenden Nährböden kein Gas bildet. Verf.
unternahm nun die weitere Untersuchung und Beschreibung der
beiden Bakterien, denen genannte Eigenschaften als Unterscheidungs-
merkmale für Bacterium coli und Typhusbacillus gelten.
Auf den verschiedenen Nährböden von Gelatine, Kartoffeln, Bouillon
zeigt das Wachstum der beiden Arten wenige Unterschiede. Ihre
Länge beträgt 0,002 mm, Breite 0,001 mm. Sie treten meist zu
zwei, bisweilen auch zu mehreren Gliedern verbunden, auf. Der
erstgenannte ist beweglich, der letztere wurde immer unbeweglich
gefunden. Auch unterscheidet sich dieser von ersterem durch das
Fehlen von Geißeln. Bacterium coli anindolicum giebt in
Bouillon mit Kaliumnitrit und konzentrierter Schwefelsäure eine
rote Farbe, die sich mit Amylalkohol ausschütteln läßt. Auch
vergärt dasselbe Trauben- und Milchzucker unter Säuerung und
Gasbildung. Das Bacterium coli anaörogenes bringt ebenfalls
in beiden Zuckerarten Säuerung hervor, jedoch ohne Gas. Dieses
Säurebildungsvermögen benutzte Verf. zur Unterscheidung der beiden
Arten, indem er zum Vergleich den Typhusbacillus und das
Bacterium coli commune heranzog. Letzteres ergab sich als
ein 3 — 4mal so starker Säurebildner wie der Typhusbacillus,
zwischen den beiden stehen übereinstimmend mit den sonstigen Eigen-
schaften das Bacterium coli anindolicum und das Bac-
terium coli anaörogenes. Die beiden Bakterien wären also
nach dieser Untersuchung als besondere Arten der Coligruppe zu
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282
Bactafium coli. — Lepra.
betrachten. Bezüglich der Pathogenität fand Verf., daß nur Bac-
terium coli anaerogenes auf Mäuse, Meerschweinchen und
Kaninchen pathogen zu wirken vermag. Verf. betont noch die prak-
tische Bedeutung dieser Untersuchungen „bei der Frage nach der
Diagnostizierung der Typhusbacillen“. Er weist darauf hin, daß „wir
nicht berechtigt sind, aufgefundene Bakterien für Typhusbacillen zu
halten, wenn Form, Wachstumserscheinungen auf den verschiedenen
Nährböden und Ausfall der Indolprobe, oder Verhalten in trauben-
zuckerhaltigen Nährböden dieselben sind, sondern nur der exakte
Nachweis, daß alle Eigenschaften des Typhusbacillus zu-
sammen vorhanden sind, läßt den Schluß zu, daß die vorliegenden
Bakterien Typhusbacillen sein können. Bai er (Berlin).
Babe, Bacterium coli commune als^Krankheitsursache
bei Tieren. [Nach einem Vortrage von Jensen im tierärztlichen
Verein in Kopenhagen.] (Bert, tierarztl. Wochenschr. 1896. No. 10.)
Nach einer Zusammenstellung der in der Litteratur bekannten
Fälle von Erkrankungen des Menschen, wo als Krankheitsursache
das Bact. coli erkannt wurde, tührt Jensen in seinem Vortrage
verschiedene Fälle von Tiererkrankuugen an, in denen er das Bact.
coli in Reinkultur oder mit anderen Bakterien gemischt gefunden hat.
Er zeigt als solche an: Die infektiöse Kälberdiarrhöe, Diarrhöen
anderer Haustiere, eiterige Peritonitiden, Cystitiden der Hunde, Cystitis
mit Pyelonephritis suppurativa des Hundes, Hirsches und Schweines
(in Reinkultur), Mastitis catarrhalis purulenta des Rindes (ebenfalls
in Reinkultur), Endocarditis ulcerosa und Endometritis purulenta
chronica beim Hunde. Ferner sollen auch bei Staupepneumonie der
Hunde, bei Abscessen emboiischen Ursprungs, bei septischer Vagimtis
der Kühe und bei fauligen Zersetzungen der Nachgeburt Colibakterien
thätig sein können. Elsner (Berlin).
Laehr, 3L, Lepra und Syringomyelie. Differential-
diagnostische Bemerkungen. (BerL klin. Wochenschr. 1897.
p. 45.)
Beide Erkrankungen, auf deren symptomatische Aehnlichkeit be-
sonders Zambaco-Pacha aufmerksam gemacht, sind besonders im
Anfangsstadiuni schwer voneinander zu trennen. Verf. kam es daher
in vorliegender Arbeit besonders darauf an, praktisch wichtige An-
haltspunkte für die klinische Diagnostik zu geben.
Xu allen frischen und meist auch älteren pathologischen Produkten
der Lepra findet sich der Hansen’sche Bacillus, begünstigt wird
die Lepra durch hereditäre resp. familiäre Veranlagung. Bei der
Syringomyelie hingegen fehlt der Charakter einer Infektionskrankheit
und der Einfluß hereditärer Disposition. Sie ist eine primär in der
centralen Rückenmarkssubstanz lokaliserte Krankheit, wahrend der
Leprabacillus Haut und periphere Nerven betrifft. Die nervöse
Form der Lepra soll nicht seiten zur Heilung kommen, während es
bei der Syringomyelie keinen Stillstand giebt, sie endet, wenn häutig
auch erst nach Jahren, immer letal. Die hauptdifferentialdiagnostischen
Merkmale liegen in der Art der circumskripten Anästhesieen, Muskel-
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Lepra.
283
atrophieen und sog. vasomotorisch- trophischeu Störungen der Haut,
Knochen und Gelenke, die beiden Krankheiten eigentümlich sind. Die
klinischen Details müssen im Originale eingesehen werden.
Verf. will Lepra und Syringomyelitis nicht nur ätiologisch und
anatomisch, sondern auch klinisch vollkommen voneinander getreunt
wissen. Die einzige bakteriologisch positive Mitteilung von Pestana
und Bettencourt „Ueber die Anwesenheit des Leprabacillus
in der Medulla eines an Syringomyelitis gestorbenen Individuums“
(dieses Centralbl. Bd. XIX. p. 698) wird auch vom Verf, angezweifelt.
W. Kempner (Berlin).
Impey, S. P» Handbook on Lepros y. London (Churchill) 1896.
Verf. hatte als Chefarzt des Le prosen asylsauf Robben-
island südlich von Kapstadt reichliche Gelegenheit, Studien
über Lepra anzustellen. Das Ergebnis seiner Beobachtungen legt er
in oben citiertem Werke nieder.
Aus der kurzen historischen Einleitung ist zu ersehen, daß in
den südafrikanischen Ländern jedenfalls schon vor der Kolonisation
durch Europäer Lepra vorkam, z. Z. beträgt, soweit mangels genauen
statistischen Materials sich schätzen läßt, die Anzahl der Leprösen
gegen 2000. (Gesetz der Isolierung durch die Kapregierung 1892
eingeführt.)
Rücksichtlich der territorialen Verbreitung — spezielle
Daten sind nur an der Hand der beigefügten Karten und Tabellen
möglich — konstatiert I. eine ziemlich gleiche Beteiligung der Küsten-
striche und des Binnenlandes.
Geschlecht: Die Beteiligung des männlichen Geschlechtes ist
eine ungleich höhere, als des weiblichen, z. B. auf Robben-Island be-
fanden sich seit 1846 an Männern 1296, an Frauen nur 47 5, was I.
auf die größere und häufigere Möglichkeit seitens der Männer zurück-
führt, sich Unbilden der Witterung, harter Arbeit etc. auszusetzen.
Alter: Als Durchschnittsalter für die Ansteckung ermittelte I.
das 29. Lebensjahr, der jüngste Lepröse auf Robben-Island ist 3 Jahre
alt, der älteste über 80 Jahre.
Formen: Von den 4 Formen, unter denen die Lepra in Er-
scheinung tritt: tuberöse, anästhetische, gemischte, syphilitische, kon-
statiert I. das Vorwiegen der anästhetischen, wie in allen warmen
und gemäßigten Klimaten, während ja in kälteren die tuberöse vor-
herrscht; letztere ist nach I.’s Beobachtungen übrigens mehr dem
weiblichen, als dem männlichen Geschlechte eigen; als auffallend er-
wähnt I. bei dieser Gelegenheit, daß fast alle europäischen weiblichen
Leprösen auf Robben-Island an der tuberösen Form leiden.
Aetiologie: Bezüglich des nicht mehr bestrittenen Erregers
der Lepra stellt I. zwei Hypothesen auf. Entweder handelt es sich
um 2 ähnliche, aber nicht identische Bacillen, von denen der eine
für die Haut, der andere für die Nerven eine Prädilektion besitze,
oder es handelt sich um nur eine Art, dessen Produkte in erster
Linie die Nerven — bei der anästhetischen Form — affizieren.
Uebertragbarkeit: Hierbei spielt die Heredität nach L’s
Beobachtungen nur eine unwesentliche Rolle, da die z. Z. auf Robben-
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284
Lapra.
Island befindlichen 266 leprösen Eltern unter ihren insgesamt 951 Kin-
dern nur 23 lepröse haben. Von den überhaupt dort untergebrachten
520 Leprösen stammen 475 von gesunden Eltern, bei den übrigen 45
war in 25 Fällen nur der Vater, in 16 Fallen nur die Mutter, beide
Eltern nur in 4 Fällen leprös erkrankt. Als Vorbedingung zur Ueber-
tragung stellt I. eine verletzte üautoberiläche fest, nur bei nicht in-
takter Haut sei eine Infektion möglich.
Inkubation: I. betont die außerordentliche Schwierigkeit, für
die Inkubation sichere Daten zu erhalten, glaubt aber eine Maximalzeit
von 2 Jahren feststellen zu können.
Rücksichtlich der Pathologie und pathologischen Ana-
tomie werden neue Gesichtspunkte oder Beobachtungen vom Autor
nicht aufgestellt; erwähnt sei, daß I. die von anderer Seite be-
hauptete Eigenbewegung des Leprabacillus niemals bestätigen
konnte. Gestützt auf mehrfache günstige therapeutische Erfoge, be-
sonders nach operativer Entfernung von Sequestern bei fistulösen
Ulcerationen, glaubt I. das hoffnungslose: „Once a leper, always a
leper u durchaus bestreiten zu können, zumal auch wiederholt Spontan-
heilung bei der anästhetischen Form zur Beobachtung gelangte. Der
häufig negative Beluud bei Untersuchung der Nerven auf Bacillen
führt I. zu der Annahme, daß nicht der Baeillus als solcher, sondern
sein Gift der schädigende Faktor sei. Gegenüber der syphilitischen
Lepra kann G. nur das Trostlose des Zustandes des Erkrankten kon-
statieren.
Symptome: Diese, sowie die Gründe, die zur Bildung der
Diagnose: Lepra führen, hier aufzuzahlen, würde zu weit führen;
die glatte, concise Schreibweise des Autors wird den Leser angenehm
berühren. Ditterentialdiagnostisch sind nach l.’s Beobachtung von
Wichtigkeit u. a.: Paralysis agitans, Arthritis rheumatica, Ver-
brennungen, Gangrän, tertiäre Lues, Lupus.
Todesursachen: Unter diesen ist am häufigsten Erysipel,
dann folgen Marasmus, Phthisis pulmonum, am seltensten u. a. Spas-
mus glottidis, Ulcerationen der Luftröhre.
Dauer: Diese differiert nach der Form der Erkrankung. I.’s
Durchschnittszahlen sind für a) tuberöse Form: 5 Jahr 5 Monate,
b) anästhetische: 11 Jahr 5 Monate, c) gemischte: 9 Jahr 3 Monate.
Trotz mancher günstiger Erfahrungen glaubt I. bis jetzt die
Prognose noch als durchaus schlecht bezeichnen zu müssen.
Behandlung: Da wirkein Mittel kennen, auf den Erreger der
I^epra einzuwirken, müssen nach I.’s Vorschlag alle Maßnahmen zur
Erleichterung der Lage der Erkrankten getroffen werden; als solche
empfiehlt er sonnige, gut ventilierte, trockene, gleichmäßig temperierte
Räume, gute Kost, namentlich auch reichlich Butter und Fette, Tonica
und Stimulantia, Massage mit u. a. Jodoform in öliger Emulsion, ev.
Bedecken der exuicerierten Partieen mit einer Zinksalbe; auch Sali-
cyluatron äußerlich angewendet, sowie Jodkalium und Hydrarg. per-
ehior. als Mixtur that bin und wieder gute Dienste. Abtragung der
Knötchen von den Lidern, Extraktion von Sequestern, Tracheotomie
und Laryngotomie wären je nach Bedarf indiziert. Strikteste Iso-
lierung während des Stadiums der Ulcerationen hält I. für unerläßlich,
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Lepra.
285
dagegen glaubt er ihrer vor- and nachher entraten zu können; die
Behandlung der anästhetischen Form sei auch in allgemeinen Kranken-
häusern zulässig.
Bezüglich der Endfrage nach der Heilbarkeit steht I. auf
dem Standpunkte, daß ein Patient, der alle Symptome tuberöser Lepra
verliert, sich bei guter Gesundheit befindet, nur einige leichte Sym-
ptome nervöser Lepra, nicht progressiven Charakters, zurückbehält,
als geheilt betrachtet werden darf.
Im Erysipel nun sieht I. einen Heilfaktor, durch welchen —
wenn vorsichtig und sorgfältig appliziert — die tuberöse Form der
Lepra geheilt werden könne. Daß das Erysipel so häufig die Todes-
ursache dabei geworden ist, rühre eben daher, daß die davon Be-
fallenen sich schon in einem zu sehr vorgerückten Stadium der Lepra be-
fanden. Eine lokale Besserung hat I. aber in jedem Falle konstatieren
können ; die Photographieen zweier Leprösen vor und nach dem Ery-
sipel scheinen dies deutlich zu bestätigen, üebrigens hat I., experi-
mentell Erysipel zu erzeugen, sich nicht für berechtigt gehalten.
Die in den 3 Schlußkapiteln gebrachten einschlägigen lokalen Ge-
setze bezw. Aenderungsvorschläge mögen im Originale nachgesehen
werden. Dem Buche sind 37 nach Photographieen reproduzierte
Tafeln sehr instruktiver Art beigegeben, desgl. ein zweckdienlicher
Index, sowie eine Karte der Kapkolonie; die Litteratur über Lepra
findet keine besondere Erwähnung. W. Kempner (Berlin).
Koppel, lieber die Verbreitung der Lepra und den
Kampf mit ihr in den Baltischen Provinzen. (Monats-
hefte f. prakt. Dermatol. 1897. p. 106.)
Nach Angabe der Autoren, die zwischen 1867 — 1895 die Zahl
der Leprösen in den verschiedenen Gegenden Livlands sammelten,
wuchs und erreichte ihre Anzahl augenblicklich ca. 600. In Kurland
fanden sich 76, in Esthland 26 Lepröse. Der Kampf mit der Lepra,
die K. für infektiös hält, besteht in Gründung von Leproserien. Außer
einigen kleineren Leproserien wie in Dorpat, die der dortigen Uni-
versität als Lehrmaterial dient, ist in der Nähe von Riga ein Asyl
von 100 Betten errichtet worden, auch in Esthland und Kurland sind
2 größere Asyle eröffnet worden. Die Vermehrung der Krankenzahl
sei der Ausbreitung der Lepra, nicht etwa der besseren Diagnose und
Kenntnis der Krankheit zuzuschreiben. K. hält die Inkubationsdauer
für sehr lang; für die Ansteckungsfähigkeit sprechen die Fälle der
Verbreitung in der Familie des Kranken. Die Heredität spiele keine
Rolle, zumal die Zeugungsfähigkeit bedeutend herabgesetzt sei.
W. Kempner (Berlin).
Zamb&co-Faclta, L’Ainhura des auteurs constitue-t-il une
entitä morbide distincte, ou bien n’est-il qu’une
modal itä de )a ldprose? (L’Acadämie de Mädecine. juillet 28
1896.)
de Brun, L’Alnhum des auteurs constitue-t-il uneentitts
morbide distincte, ou bien n’est-il qu’une modalitä
de la 1 6p rose? (L’Acaddmie de Mädecine. aoüt 25 1896.)
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286
Ai'obam. — Poeken.
Zamba co, der sich mit dieser Frage schon seit Jahren be-
schäftigt, ist der Ansicht, daß Alnhum als eine abgeschwächte Lepra-
form angesehen werden müsse. Z. hat ausschließlich die typische
Affektion im Sinne, die bei den Negern Afrikas und Brasiliens vor-
kommt, keineswegs aber die von verschiedenen Aerzten mit dem Be-
griffe Alnhum zusammen geworfenen Fälle von kongenitalen Ampu-
tationen mehrerer Zehen (nicht nur der kleinen) und selbst der Finger,
wie sie nicht nur bei den Negern, sondern auch in Indien, bei den
Arabern und Malayen beobachtet werden.
Brun will Lepra und Alnhum als selbständige Krankheitsformen
getrennt wissen, zumal man über die Aetiologie letzterer Erkrankung
noch vollkommen im Unklaren sei, auch die bakteriologische Unter-
suchung noch nie den Hansen’schen Leprabacillus bei der-
selben ergeben habe. W. Kempner (Berlin).
Weber, Badania nad etyologia ospy. [Zur Aetiologie
der Variola.] (Medycyna. 1896. No. 14.)
, Nieprawidlowy rozwöj kroBty przy szczepieniu
ochronnem. [Ueber atypische Impfpustel.] (Ibidem.
No. 20.) Warschau 1896.
1) Im Blute der Variolakranken hat Verf. bemerkt: a) Kleine
kugelige, stark lichtbrechende, je nach der Beleuchtung grünliche
oder bläuliche Körperchen, die bis zu 1,8 n Durchmesser besitzen
und mit Rotations-, manchmal auch mit Progressionsbewegungen be-
gabt sind, b) Solche „Körnchen“ befinden sich manchmal im Inneren
von großen, kugeligen, homogenen, bis zu 5,6 — 7,2 ft im Durchmesser
messenden, unbeweglichen Gebilden, woselbst sie manchmal lebhafte,
manchmal aber gar keine Bewegung zeigen. Jene großen Gebilde
glaubt der Verf. als ein Entwickelungsstadium eines Protozoon auf-
fassen zu können und will ihnen den Namen „Sirenenkörperchen“
beilegen, c) Größere „Körnchen“ können unbeweglich werden und
ihren Glanz verlieren; manchmal befinden sich im Inneren derselben
ein bis zwei kleine „Körnchen“. — Solche Bilder hält der Verf. für
ein Uebergangsstadium resp. für junge Formen seiner „Sirene“,
d) Außer den freien und den in den „Sirenenkörperchen“ einge-
schlossenen „Körnchen“ hat der Verf. auch solche gesehen, die mit
einander durch einen „Faden“ verbunden sind. — Neben der Ent-
stehung von jungen „Sirenen“ aus „Körnchen“ will Verf. direkte
Teilungsvorgänge an den „Sirenen“ gesehen haben. — Die „Sirenen-
körperchen“ sind mit Methylenblau und alkoholischer Eosiniösung
färbbar; die „Körnchen“ tingieren sich dabei stärker. — Aeltere
„Sirenen“ verlieren die Färbbarkeit; in solchen nehmen nur die
„Körnchen“ die Eosinfärbung an. — „Sirenen“-Kulturen hat Verf.
zuerst in alkalischer, halberstarrter (schwacher) Agarlösung erhalten ;
merkwürdigerweise waren diese Kulturen makroskopisch nicht be-
merkbar. Aehnliche Kulturen kann man angeblich nicht nur aus
dem Blute der Variolösen, sondern auch aus dem Blute der Morbilli-
und Scarlatina-Kranken züchten. In äußerst dünnem, flüssigem Agar
gebt die „Sirene“ in Gestalt von weißem Niederschlag üppig auf. —
Dem Verf. nach sind die „Sirenen“ im Blute nur während des
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Pocken.
287
Eruptionsstadiums zu finden und nämlich desto reichlicher, je schwerer
der Variola- resp. Morbilli- und Scarlatina- Verlauf sich gestaltet.
In den Variolapusteln nimmt die Zahl der „Sirenen“ mit der Heran-
nahung der Suppurationsperiode erheblich zu. In solchen Pusteln
erscheinen endlich auch die größten (15 /< Durchmesser), mit einem
oder zwei opaken und einem hellen Kern ausgestatteten Formen,
welche der Verf. als Endstadium der Entwickelung seiner „Sirene“
auffaßt. Die „Sirenen“ sind den eosinophilen Zellen sehr ähnlich,
und unterscheiden sich von denselben nur durch die rege Bewegung
der „Körnchen“. — Die „Sirenen“ sind nach dem Gesagten kein
für Variola spezifischer Befund. Ob ihnen irgendwelche pathogene-
tische Bedeutung zukommt, kann der Verf. vorläufig noch nicht ent-
scheiden.
2) Bei der Revaccination der in das Warschauer „Reserve-Spital“
eintretenden Kranken entwickelte sich manchmal anstatt der typischen
Impfpustel ein oder mehrere dunkelrote, glatte, glänzende, erbsen-
große oder kleinere Knötchen, die später ihren Glanz verlieren und
vermittelst langsamer Desquamation mit Hinterlassung einer pigmen-
tierten Hautstelle verschwinden. Im Blutstropfen, welcher durch
Nadelstich aus solchen Knötchen gewonnen wurde, bemerkte der
Verf. 10 — 16 fx im Durchmesser große Amöben, die eine Anzahl von
langsam beweglichen Körnchen in ihrem glanzlosen, kleinkörnigen
Protoplasma enthalten. — Manchmal entstehen an der Oberfläche
der benannten Knötchen weiße Flecke, indem gleichzeitig ein entzünd-
liches, hochrotes Halo um die Knötchen sich entwickelt. — In dem
eiterähnlichen Inhalt solcher Flecke will Verf. die schon beschriebenen
„Sirenen“ gesehen haben; das gleichzeitig aus den roten Partieen
des Knötchens gewonnene Blut beherbergt jedoch Amöben. — Der
Verf. glaubt, daß solche atypische Impfknötchen durch Amöben, die
typischen Pusteln durch „Sirenen“, welche eitererregende Eigenschaften
besitzen , die atypischen suppurierendeo Knötchen endlich durch
Symbiose von Amöben und „Sirenen“ hervorgerufen werden.
Ciechanowski (Krakau).
KSmpffer, Kurze Mitteilung über eine Kuhpockenepi-
demie mit Uebertragung auf den Menschen. (Dtsche
med. Wochenschr. 1896. No. 50.)
In einer Domäne in Werneuchen, Provinz Brandenburg, er-
krankte am 2. September 1896 eine Kuh an den Kuhpocken; die
Krankheit ergriff hierauf im ganzen 60 von 90 Kühen des Stalles und
war zur Zeit der Mitteilung des Verf. noch nicht erloschen. Die
Kühe zeigten keine Störungen des Allgemeinbefindens, die Pocken
entwickelten sich sämtlich an den Eutern und zwar nur an den
Strichen; ihre Zahl schwankte zwischen 2 und 8 im ganzen und 5
und 6 an jedem Strich. Pusteln entwickelten sich nicht, da die Pocken
beim Melken zerquetscht wurden; dagegen entstanden unappetitliche
Geschwüre, mit Rücksicht auf deren Absonderungen Verf. fordert, daß
der Verkauf der Milch von kuhpockenkranken Tieren verboten werden
sollte.
Von 16 Melkerinnen wurden 10 infiziert, deren jüngste 16 Jahre
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Pemphigus.
alt, also wenige Jahre zuvor revacciniert war. Das Inkubations-
stadium dauerte 3 bis 4 Tage; Infektionsstellen waren die Haut, meist
die Finger; die Zahl der Pocken schwankte von 1 (6 Fälle) bis zu 8
(1 Fall). Wie schon aus Jenner ’s Veröffentlichungen und dem be-
kannten Falle des Schullehrers Plett im Jahre 1791 *) bekannt ist,
nimmt die von den Fingern ausgehende Kuhpockenerkrankung nicht
selten durch Komplikationen einen ernsteren Verlauf ; so kam es auch
bei 4 der Melkerinnen zu nicht unbedenklichen Wundinfektionen.
An die von den Impfgegnern so gern verbreitete Behauptung, daß
da3 Vaccine- und Syphilisgift identisch seien, und daß die von
Jenner zur ersten Abimpfung gewählte Viehmagd S arah Nelmus
venerisch gewesen sei s ), wird man durch nachstehende lehrreiche
Beobachtung des Verf. erinnert: „Sehr interessant war ein Fall von
Pockenentwickelung in einer kleinen Rißwunde am Nagelfalz. Nach
Zerfall der Pocken blieb ein unter den Nagel in das Nagelbett hinein-
reichendes, tiefes Ulcus mit hartinfiltrierten Rändern zurück, und der
Uneingeweihte hätte wohl an eine Paronychia luetica denken
können.“
Einige Impfungen mit dem hier zufällig verfügbaren originären
Kuhpockenstoff schlugen fehl, da die Geimpften die Vaccine bald
abgewischt hatten. Kübler (Berlin).
Vogel, Pemphigus neonatorum. (Zeitschr. f. Medizinalbeamte.
1896. No. 22.)
V. hat bei 4 im Verlaufe von 14 Tagen nacheinander geborenen
Kindern Pemphigus beobachtet; bei Geburt derselben hatte dieselbe
Hebamme Hilfe geleistet, während die zu derselben Zeit und in den-
selben Ortschaften geborenen Kinder, bei deren Geburt eine andere
Hebamme thätig war, gesund blieben.
Daß die Hebamme die Krankheit übertragen hat, scheint V.
zweifellos, weil diese
1) nur in ihrer Praxis und zwar bei 4 nacheinander geborenen
Kindern auftrat, weil
2) neue Fälle sich nicht zeigten, als der Hebamme für mehrere
Wochen die Praxis untersagt und ihr aufgegeben wurde, sich, ihre
Instrumente und Kleidung desinfizieren zujlassen und weil
3) die Hautstellen zuerst und vorzugsweise erkrankten, welche
die Hebamme bei der Reinigung der Kinder hauptsächlich fixiert :
das Kinn beim Zurückziehen des Kopfes zur Reinigung des Halses,
die Nabelgegend bei der Versorgung des Nabels.
Hugo Laser (Königsberg i. Pr.).
Kuhnt, Eine End ernie von Pemphigus neonatorum.
(Zeitschr. f. Mediziualbeamte. 1896. No. 22.)
K. teilt eine Endemie von Pemphigus neonatorum mit, welche
sich in der Praxis einer Hebamme zugetragen hat. Diese leistete
1) Blattern and Schutxpockenimpfang. Bearbeitet im Kaiserl. Gesundheitsamt«.
Berlin 1896 p. 20.
2) Ebenda p. 22.
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Maul- und Klauenseuche. — Malaria.
289
von Ausgang Februar bis Ende Juli v. J. bei der Geburt von
28 Kindern Beistand. Von diesen erkrankten 11 . welche völlig
gesund und kräftig zur Welt gekommen waren, an Pemphigus und
zwar 9 innerhalb der ersten und je 1 in der zweiten bezw. vierten
Lebenswoche. Von den Erkrankten starben 4. Die Nachforschungen,
die K. anstellte, ergaben, daß die Hebamme die kranken Kinder ge-
badet und verbunden hatte, ohne Einhaltung irgend welcher Vorsichts-
maßregeln von kranken zu gesunden, mit derselben Kleidung und
derselben Schürze sogar zu Kreißenden geeilt war, die Entbindungen
besorgt und die Neugeborenen in ihre Schürze eingeschlagen hatte,
mit welcher kurz vorher kranke Kinder in Berührung gekommen waren.
Die Hebamme wurde auf einige Wochen außer Dienst gestellt
und mit der Anweisung versehen, sich selbst, ihre Kleider und Gerät-
schaften gehörig zu reinigen und zu desinfizieren. Seit Wieder-
aufnahme der Praxis sind Pemphigusfälle nicht wieder zur Beobachtung
gekommen. Erwähnt wird noch, daß auch einzelne Mütter und Ge-
schwister, welche kranke Kinder abgewartet haben, von Schälbläschen
befallen worden sind. Die Hebamme selbst blieb gesund.
Hugo Laser (Königsberg i. Pr.).
Bussenlus und Siegel, Zur Frage der Uebertraguncr von
Maul- und Klauenseuche auf den Menschen. (Dtsche
med. Wochenschr. 1896. No. 50.)
Wenn die Uebertragbarkeit der Maul- und Klauenseuche auf den
Menschen noch nicht allgemein anerkannt ist, so liegt dies nach der
Meinung der Verfl. zum Teil an der Ungleichmäßiekeit des Krank-
heitsbildes bei den Tieren, den Schwierigkeiten der Differentialdiagnose
der beim Menschen vorkommenden Erkrankungen gegenüber anderen
menschlichen Krankheiten, endlich an den zeitlichen Verschiedenheiten
in der Virulenz des Ansteckungsstoffes und in der Pr&disposition von
Tieren und Menschen. Zum Beweis, daß dennoch die Maul- und Klauen-
seuche auf den Menschen übertragbar ist, haben die Verff. 16 Epide-
mieen und 139 Mitteilungen über annähernd 1000 Einzelerkrankungen
beim Menschen in der Litteratur zusammengestellt. In den Jahres-
berichten des Kaiserl. Gesundheitsamtes über die Verbreitung von
Tierseuchen im Deutschen Reiche fanden sie ferner etwa 600 in den
Jahren 1887 — 1894 beobachtete Fälle der Uebertragung auf den
Menschen. Bereits im Jahre 1833 hat Hertwig die Uebertragbar-
keit erwiesen, indem er sowohl wie 2 seiner Assistenten rohe Milch
einer schwer an Maul- und Klauenseuche erkrankten Kuh tranken
und hierauf einen deutlichen Ausbruch der Krankheit an sich selbst
beobachteten. K ü b 1 e r (Berlin).
Laveran, A., Comment prend-on le paludisme? (Revue
d’Hygi&ne. 1896. Vol. XVIII. No. 12. p. 1049.)
Eine kritische Besprechung der über die Verbreitungsweise der
Malaria uns bekannten Thatsachen führt Laveran zu dem Schlüsse,
daß eine Infektion durch die Luft sehr wenig Wahrscheinlichkeit für
sich hat, daß jedenfalls eine Verbreitung über größere Strecken aus-
geschlossen ist. Für die Bedeutung des Wassers als Infektionsquelle
Erst« Abt. XXI. 114. IS
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290
MmJarift.
sprechen eine Anzahl von Beobachtungen, aber keine in ganz über-
zeugender und zwingender Weise. Am wahrscheinlichsten ist für
La v er an die Verbreitung der Infektion durch Mosquitos. Er
erinnert daran, daß die als rationell gegen die Malariainfektion
empfohlenen Maßnahmen auch gleichzeitig gegen die Mosquitos
schützen, so das Schlafen bei geschlossenen Fenstern und in den
höheren Stockwerken der Häuser, wohin die Tiere nicht dringen.
Trockenlegung von Sümpfen beseitigt auch die Mosquitos, welche ihr
Larvenstadium im Wasser durchlaufen. Frische Fieberinfektionen
kommen fast ausschließlich in den Jahreszeiten vor, in welchen die
Mosquitos schwärmen. Die Nachtzeit ist am gefährlichsten, weil dann
die Insekten auf Raub ausgehen. Kinder sind wegen ihrer zarten
Haut besonders empfindlich, die Neger mit ihrem dicken Fell weniger
gegen Stiche und Malaria. Das Anzünden großer Feuer beim Ueber-
nachten im Freien soll gegen Fieberinfektion sichern und hält die
Mosquitos fern. Freilich herrscht nicht überall Malaria, wo es Mosquitos
giebt, denn eine Einschleppung der Parasiten ist nötig. Wie die
Verbreitung der Malariaparasiten durch die Mosquitos im einzelnen zu
denken ist, kann Laveran nicht angeben. Als Beispiele für die
Bedeutung von Insekten in der Verbreitung von Infektionskrankheiten
erwähnt er die üebertragung von Tuberkulose, Cholera und anderen
Erkrankungen durch Fliegen, des Rekurrensfiebers durch Wanzen,
des Texasfiebers durch Ixodes, der Filariosis sanguinis durch Mos-
quitos, welche die Parasiten ins Trinkwasser bringen, der Nagana-
krankheit in Südafrika, welche durch die Ttetsefliege verbreitet wird.
Laveran stellt dann die Litteratur über die Uebertragungs-
versuche der Malaria von Mensch zu Mensch durch Verimpfung von
Blut zusammen und stellt, wie andere üntersucher, fest, daß die
intravenöse Injektion zuverlässiger als die subkutane die Infektion
vermittelt. An der Einheit der verschiedenen Malariaparasitenarten
hält er noch immer fest; von diesem seinem Standpunkte aus erklärt
er es für Zufall, wenn beim Geimpften ein Fieber vom gleichen Typus
auftritt, wie ihn der blutliefernde Kranke besitzt. Alle Versuche zur
Infektion von Tieren mit menschlicher Malaria sind fehlgeschlagen.
Eine üebertragung der Malaria von der Mutter auf den Foetus
hält Laveran für möglich, eine Infektion durch Laktation für nicht
wahrscheinlich.
Das Studium des Blutparasiten der Vögel hat bisher weder eine
ausreichende Erklärung über den Infektionsmodus bei diesen Tieren
noch für die Pathologie der menschlichen Malaria verwertbare Auf-
schlüsse ergeben. Rudolf Abel (Hamburg).
Celli, A. e Flocca, R., Intorno alla biologia delle amebe.
(Estratto dae ßulletino della R. Academia Medica d. Roma.
Anno XXL 1894—1895. Fase. V.)
In Bezug auf die Bedeutung der insbesondere bei manchen patho-
logischen Prozessen angetroffenen Amöben konnte bis nun keine Klar-
heit aus dem Grunde geschaffen werden, da es bisher Niemandem
gelang, einwandfreie Reinkulturen zu gewinnen und zwar aus Mangel
eines für das Wachstum der Amöben geeigneten festen Nährbodens.
Sie
Tierische Parasiten.
291
Nach vielen fruchtlosen Versuchen gelang es nun den Verff., in
Fucus crispus (Isländisches Moos, Knorpeltang, Carrageen. Ref.)
dieses Nährmedium zu entdecken, welches in folgender Weise be-
reitet wird:
Wasser mit oder ohne Bouillonzusatz wird mit 5-proz. Fucus
gekocht und genau alkalisiert in der Weise, daß auf je 10 ccm
Nährboden 1 cm einer Zehntelnormalnatronlauge oder 4 — 5 ccm einer
gesättigten Natriumkarbonatlösung zugesetzt werden. Filtrieren wie
bei Agar nicht gerade notwendig. Nach Fertigstellung des Nähr-
bodens kann er sofort in Petri’sche Schalen ausgegossen werden.
Aber selbst mit diesem Nährboden, auf welchem die Amöben
vorzüglich gedeihen, gelang es nur selten, bakterienfreie Kulturen zu
erzielen, welche jedoch in kürzester Zeit abstarben, so daß man den
Eindruck gewinnen konnte, daß die Symbiose der Amöben mit den
Bakterien eine sehr innige sei.
Hingegen war es ein leichtes, die einzelnen Amöbenspecies von
einander zu trennen, da bei fortgesetzter Kultivierung eines Amöben-
gemisches mit der Zeit eine Art überhand nimmt und die anderen
ans der Kultur entschwinden.
Zur Untersuchung auf Amöben ist überdies notwendig: ein heiz-
barer Objekttisch oder der Zeiß’sche Wärmekasten, eine Trockenlinse
mit langer Brennweite und, für starke Vergrößerungen, eine Immersion,
z. B. Apochromat 2,0 mm, 1,30 Apertur.
Die Untersuchung ist am besten in ungefärbtem Zustande.
Aus den verschiedensten Materialen, so u. a. auch Dejektionen
von Gesunden und Kranken, Rubrdejekten , gelang es den Verff.,
folgende Amöbenarten rein zu züchten:
I. Amoeba lobosa (Bütschli) mit folgenden Varietäten:
a) A. guttula,
b) „ oblonga,
c) „ undulans,
d) „ coli (Loesch).
II. Amoeba spinosa Lieberk.,
III. „ diaphana;
IV. „ vermicularis (Weise);
V. „ reticularis (nicht zu verwechseln mit A. reti-
culosa);
VI. Amoeba arborescens.
Von diesen wurden im menschlichen Darm vorgefunden die
Amoeba guttula, A. coli, A. spinosa, A. diaphana, A. ver-
micularis und A. reticularis, und zwar mit Ausnahme der
ersten sämtlich auch bei Dysenterie, die A. diaphan a und A. reti-
cularis nur im dysenterischen Stuhle.
Die erzielten Kulturen versetzten die Verff. in die Lage, genaue
Studien über die Morphologie und Biologie der Amöben anstellen zu
können, deren Resultat im Originale naebgelesen werden möge;
näher eingehen müssen wir jedoch auf die Untersuchungen der Verff.
Ober den Amöbengebalt des gesunden und kranken Darmes beim
Menschen.
Bei Kindern fanden sich Amöben in folgendem Verhältnisse:
19 *
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292
Tierisch« Parasiten.
Zahl d«r unter-
suchten Fülle
positiv
negativ
Gesunde Kinder ....
14
2
12
Darmkatarrh
50
20
30
Grün« Diarrhoe . . . ,
6
8
2
Blutige Diarrhöe ....
6
6
Enteritis follicularis . . .
*
1
1
Zusammen
78
26
52
Bei einem gesunden Kinde wurde die Amoeba coli in amö-
bischer Reinkultur angetroflen.
Bei Erwachsenen war das Untersuchungsergebnis folgendes:
Zahl der unter-
suchten Fülle
positiv
negativ
Gesunde ....
18
i
17
Darmkatarrh
4
4
Darmtuberkulose .
5
5
Diabetes . .
1
1
Abdominaltyphus .
2
2
Cholera nostras ....
i
1
„ asiatica ....
14
_
14
Proctitis catarrbali» . . .
1
1
Dysenterie ......
65
ii
54
Zusammen
Ul
12
99
Sodann gelangen die Verff. zur Frage über die Dysenterieamöben.
Daß dieselben die Ursache der Dysenterie und der Leberabscesse
wären, ist auch durch die letzten Arbeiten von Kruse und Pas-
quale, Quincke undRoos, Washington, West undVivaldi
nicht stichhaltig genug erwiesen.
Zunächst finden sich die Amöben nur in ca. der Hälfte der Fälle
vor; daß die Amoeba coli häufiger in Aegypten in den Entleerungen
vorgefunden wird, nimmt die Verff. nicht wunder, da es ihnen gelang,
im Wasser des Nilkanals, welches als Trinkwasser verwendet wird,
dieselbe durch Kultur nachzuweisen.
Die experimentellen Erfolge sind ferner auch nicht einwandfrei,
da man nicht mit unanfechtbaren Reinkulturen, sondern zumeist nur
mit Darminhalt experimentiert hat.
Dasselbe gilt auch vom amöbenhaltigen Absceßeiter, dessen
Sterilität in Bezug auf Bakterien nicht immer sicher erwiesen war.
Die Verff. neigen daher zu der Ansicht, daß die Amöben zu*
fällige und harmlose Bewohner des Darmtractus seien, und daß die
Dysenterie bakteriellen Ursprunges (Bacillus colidysente-
ricus) sei.
Den Schluß der interessanten Abhandlung bilden zwei litho-
graphische Tafeln mit zahlreichen gelungenen Abbildungen der ge-
züchteten Amöben. Kamen (Czernowitz).
v. Rathonyi, Anchylostomiasis des Pferdes. [Aus dem
Kohlenbergwerke Brennberg bei Oedenburg a. d. Südbahn (Ungarn).]
(Dtsche med. Wocheuschr. 1896. No. 41.)
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Tierische Parasiten.
293
Unter den Arbeitern des in der Aufschrift bezeichneten Berg-
werkes wurden im Jahre 1890 Hunderte (80 Proz. der Gesamtheit)
mit Anchylostoma duodenale infiziert gefunden; dabei waren
nur solche Personen, welche in der Grube selbst arbeiteten, betroffen ;
die Übertags Beschäftigten waren gesund. Die Eier des Parasiten
konnten weder im Grubenschlamme, noch in der Luft bezw. den auf-
gefangenen Niederschlägen nachgewiesen werden; die Ansteckung konnte
aber auch nicht von Mensch zu Mensch erfolgt sein, da der Parasit
niemals von den erkrankten Arbeitern auf ihre Familienangehörigen
übertragen wurde. Da gelang es dem Verf., festzustellen, daß der
Kot der in der Grube verwendeten Pferde die Eier des Parasiten
enthielt, und daß aus diesen Eiern die Embryonen gezüchtet werden
konnten. Weitere Beobachtungen ergaben , daß sämtliche Gruben-
pferde von Anchylostomiasis befallen wareD, und daß Pferde,
welche frei von dem Parasiten in die Grube gebracht wurden, nach
5 bis 6 Wochen Eier des Anchylostoma mit dem Kot entleerten.
Schwere Anämieen sind unter den Grubenarbeitern in Brennberg
schon seit 28 Jahren beobachtet worden, wurden aber als eine auf
die kohlenoxydhaltige Luft zurückzuführende, besondere Krankheit
„Anaemia montana“ aufgefaßt. Heilung erfolgte nur, wenn die
Kranken von Brennberg entfernt und anderwärts beschäftigt wurden.
In einer benachbarten Grube ohne Pferdebetrieb kamen Anämieen
nicht vor; kranke Arbeiter aus Brennberg, welche in diese Grube
übergingen, verschleppten nicht nur nicht die Infektion, sondern ge-
nasen dort vielmehr selbst von der Krankheit. In der Zeit von
1883 — 1889 kamen in Brennberg keine Neuerkrankungen vor; in
jenen Jahren waren Pferde in der Grube nicht verwendet worden.
Die schwersten Formen traten bei den Arbeitern ein, welche in der
unmittelbaren Nähe der von den Pferden befahrenen, 700 m langen
Hauptstrecke beschäftigt waren. Die Pferde dagegen blieben, auch
wenn sie regelmäßig große Mengen Eier ausschieden, anscheinend
völlig gesund.
Es scheint hiernach, daß die Pferde bei der Entstehung der
menschlichen Anchylostomiasis eine gewisse, bisher nicht gekannte
Rolle spielen können. K üb ler (Berlin).
Zsehokke, F., Die Tänien der aplacentalen Säugetiere.
[Vorläufige Mitteilung.] (Zool. Anzeiger. 1896. No. 519.)
Der Verf. giebt kurz Aufschluß über die systematische Stellung
der T. echidnae Thompson und der neuen Arten T. Semoni aus
Perameles obesula und T. obesa aus Phascolarctos
cinereus.
Sämtliche bis jetzt genügend bekannte Tänien der aplacentalen
Säugetiere sind einstweilen zu den Anoplocephalinen zu rechnen.
Wahrscheinlich ist für die unter sich nahe verwandten T. echidnae
und T. Semoni ein neues Genus zu schaffen. Dasselbe gilt auch
von T. obesa und T. plastica aus Macropus giganteus.
T. festiva Rud. gehört wahrscheinlich in das Genus Moniezia.
Zwischen Tänien der placentalen und der aplacentalen Säuger
ist bis zu einem gewissen Grade eine anatomische Parallele zu be-
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294
Tierische Parasiten.
obachten, die sich mit einer solchen in der Ernährungsweise deckt.
Die Anoplocephalinae dürfen nicht als ausschließliche Para-
siten herbivorer Säugetiere angesehen werden, da Arten derselben
auch in den Insektenfressern Perameles und Echidna angetroffen
werden. E. Riggenbach (Basel).
Daniels, C., Taenia demerariensis (?). (The Lancet 1896.
Nov. 21.)
In George Town (Britisch - Guiaua) fand Verf. bei einem er-
wachsenen Eingeborenen zwei Bandwürmer frei im Jejunum liegen.
Der eine war beim Oeffnen des Darmes in drei Stücke geschnitten
worden; an dem andern fehlte nur der Kopf, der trotz emsigen
Suchens unter der Unzahl Ankylostomen nicht aufzufinden war. Ohne
den Kopf war der Wurm 23 cm lang. Die Glieder nahmen allmäh-
lich an Breite und Länge zu; das erste war 0,37 mm breit und
0,07 mm lang, das 60. war 0,8 mm breit und 0,2 mm lang ; um das
150. waren die Glieder 1,2 mm breit und 0,4 mm lang und waren
deutlich männliche und weibliche Geschlechtsorgane zu unterscheiden.
Gegen das 250. Glied waren Breite und Länge 1,7 mm. Dann
wurden die Glieder bei gleicher Breite immer länger, bis die End-
glieder (im ganzen waren wohl 320 Glieder vorhanden) etwas über
3 mm lang waren. In den reifen Proglottiden waren die Eier mit
bloßem Auge zu 70—90 Haufen von 0,25 — 0,35 mm zusammcngeballt
zu sehen. Die einzelnen Embryonen hatten einen Durchmesser von
ungefähr 0,015 mm und zeigten an einer deutlichen Protuberanz
3 Paare langer dünner Häkchen. An den ersten 60 Gliedern waren
keine Reproduktionsorgane zu erkennen; vom 150. au waren dieselben
dagegen sehr deutlich. Die Geschlechtsöffnungen befanden sich alle
auf derselben Seite und ragten nur oben hervor, an den reifen
Gliedern aber waren keine mehr zu entdecken.
In der Anordnung der Eier gleicht dieser Bandwurm der Taenia
madagascariensis Davaine; die Größenverhältnisse und Zahl der
Glieder sind aber so verschieden, daß es sich wohl um eine besondere,
wenn auch nahestehende Species handelt, zumal ein Verkehr zwischen
Madagaskar und Britisch-Guiana nie bestanden hat. Der Zwischen-
wirt ist wohl unmöglich zu eruieren, da die Eingeborenen alle mög-
liche tierische Nahrung, von der Heuschrecke bis zum Affen, ver-
zehren.
Verf. erläutert seine Beschreibung durch 4 Abbildungen.
Sentifion (Barcelona).
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Schutaimpfunfc, künstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmung etc. 295
Schutzimpfung, künstliche Infektionskrankheiten, Entwick-
lungshemmung und Vernichtung der Bakterien etc.
Mac Ewan, 1)., Two cases of tetanus treated by anti-
toxin. (Tbe Lancet. 1896. Aug. 8.)
Bacon, R. A. E., Notes of a case of tetanus; recovery,
(ibidem. Sept. 19.)
Pike, G. B., A case of tetanus from peripheral irri-
gation; recovery remarks. (Ibidem. Sept. 26.)
Greemoord, T. P., Case of traumatic tetanus treated by
antitoxin recovery in three weeks. (Ibidem. Oct. 10.)
M. beobachtete seine 2 Fälle im kgl. Krankenhause zu Dundee.
Beide waren akuter Art, das lukubationsstadium verhältnismäßig kurz,
10 resp. 7 Tage; die Erscheinungen nahmen stetig an Schwere zu,
und beide Kranke starben am 7. Tage, trotzdem im ersten Falle
(50-jähriger Mann, dem 10 Tage vorher eine Zehe wegen einer Ver-
letzung amputiert worden war) 2 mal 50 ccm Antitoxin aus dem
Institut Pasteur eingespritzt worden, und im zweiten Falle (21-
jährige Frau, die 11 Tage vor ihrer Aufnahme einen 4 Monatsabort
uberstanden, ohne einen Arzt oder auch nur eine Hebamme zu Kate
zu ziehen) der Patientin zweimal je 1 g Duncan & F lockhart ’s
Antitoxin und am folgenden Tage noch zweimal je 10 ccm solches
aus dem Institut Pasteur beigebracht worden. M. bemerkt zu diesem
Falle noch, daß von den 1882 von Garrigues zusammengestellten
57 Fällen von puerperalem Tetanus (25 nach Aborlus und 62 nach
Geburt) nur 7 gehellt wurden.
B. berichtet, daß er am 2. Juli abends zu einem 18-jährigen
Burschen gerufen wurde, der am Mittag Uber Schmerzen im Halse
und Schlingbeschwerden geklagt hatte, um 1 /,7 Uhr von der Arbeit
nach Hause gekommen war, um sich zu Bette zu legen, und um
8V4 Uhr ausgesprochene Starrkrampferscheinungeu bei 40,5 0 C und
P. 100 zeigte. Patient war am 21. Juni am Kopfe und üüerschenkei
mit einem Stücke Holz verwundet worden, in dem ein rostiger Nagel
stak. B. verordnete Chloralhydrat und Bromkalium ana 1,66 alle
4 Stunden, am folgenden Tage 1,66 und dann 2,0 und fuhr damit
lort, bis zuletzt nur noch etwas Steifigkeit im Nacken und Kücken
vorhanden war.
P. wurde am 29. Mai zu einem jungen Menschen gerufen, der
über Steifheit im Nacken und in den Kiefern und ein eigentümliches
Gefühl in den Beinen klagte; 14 Tage vorher hatte sich derselbe
einen Splitter in die linke große Zehe unter den Nagel getreten. P.
läßt den Burschen ins Krankenhaus aufnehmen, amputiert ihm die
Zehe und verschreibt Chloralhydrat mit Bromkali, Milch mit Selters,
Rindfleisch thee und 5 Unzen Cognac täglich. Da am 8. Juni die
Krämpfe noch anhalten und der Harn nicht spontan gelassen wird,
ersetzt P. das Chloralhydrat und Bromkali durch eine Strychnm-
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296 Schutzimpfung, kttnstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmunj? et«.
raixtur und 6-stündliche Einspritzungen einer 2-proz. Karbolsäure-
lösung. Darauf stetige Besserung und Entlassung am 16. Juli.
G.’s Patient war ein 17-jähriger Bursche, der sich am 20. Juli
beim Vogelscheuchen den Daumen der mit Gartenerde beschmutzten
linken Hand zerschossen hatte. Dm den Daumen zu erhalten, wurde
die Wunde nur unvollkommen gereinigt und eine Desinfektion mit
Schwefelpulver verbunden. Alles schien gut zu gehen; aber am
3. Aug. klagte Pat. über Steifigkeit in den Kiefern, die er schon am
1. Aug., also am 12. Tage nach der Verwundung, gespürt haben
wollte. Da am 4. Aug. die Tetanuserscheinungen zugenommen hatten,
wurden um Mitternacht 2 g Tizzoni'sches Antitoxin eingespritzt.
Am folgenden Tage wurde der Daumen amputiert, wobei die Narkose
dem Kranken Erleichterung verursachte. Am 6. Aug. wurden drei-
mal je ’/ 3 g (10 Gran) Antitetanin beigebracht; am 7. dreimal */« g
(12 Gran), ebenso am 8; am 9. wurden zweimal */ 8 g und am 10.
noch einmal dieselbe Dosis eingespritzt. Darauf stetige Besserung
und am 22. Aug. war keine Spur von Muskelstarre mehr vorhanden.
Sentiflon (Barcelona).
Melde, Ein durch das Behring’sch e Tetan usant i toxin ge-
heilter Fall von Starrkrampf beim Pferde. (Berl.
tierärztl. Wochenschr. 1896. No. 50.)
Ein junges 4-jähriges Pferd war an Tetanus traumaticus erkrankt.
Am 4. Tage nach Ausbruch der ersten äußerlich bemerkbaren
Krankheitszeichen entschloß sich Verf. zur Anwendung des Beh-
ring’schen Tetanusantitoxins. Nach Injektion von 5,0 Antitoxin iu
die Vena jugularis besserte sich der Zustand auffallend. Da aber
nach 8 Tagen der Heilungsvorgang nicht mehr rechte Forschritte
machte, verwandte der Vert. noch eine weitere Antitoxineinspritzung.
4 Tage darauf konnte das Tier als gesund entlassen werden.
O. Voges (Berlin).
Vogel, Zur Behandluug des Starrkrampfes beim Pferde
mit Tetanus- Antitoxin (Behring). (Berl. tierärztl. Wochenschr.
1897. No. 1.)
V. berichtet Uber einen mit Behring’s Antitoxin behandelten
Tetanusfall, der keinen schweren Charakter zeigte, sondern einen
langsamen, nicht rapiden Verlauf erwarten ließ. 4 Tage nach der intra-
venösen Injektion, die von einem Tierarzt der Höchster Werke aus-
geführt wurde, welcher einen günstigen Erfolg in Aussicht stellte,
starb das Tier plötzlich unter eiuigen krampfhaften Bewegungen.
Eine Besserung, abgesehen von einem geringen Nachlaß der Kiefer-
klemme, war nicht eingetretcu, so daß die vorhergegebenen Chloral-
klystiere wieder gegeben werden mußten. An der Injektionsstelle trat
eine handgroße schmerzhafte Anschwellung auf. Diese ist vielleicht
auf eiue lufektiou, bedingt durch den Mangel jeder Hautdesiufektion
bei Ausführung der intravenösen Injektion zurückzuführen. Jeden-
falls muß aus diesem Falle der Schluß gezogen werden, daß das
Antitoxin noch einer ausgedehnteren Nachprüfung bedarf, um fest-
zustellen, ob es wirklich das leistet, was versprochen ist.
Marx (Berlin).
Fchntximpfune, kflnatl. Infektionskrmnkheiten, Ent«rlckelnnesh«mmun(t etc. 297
Crocker, H. R., A pr orois in g treatment for leprosy. (The
Lancet. 1896. Aug. 8.)
Die hoffnungsvolle Behandlung besteht in Sublimateinspritzungen
von je 0,01 g (V, Gran). Verf. hat dieselbe in 2 Fällen mit Erfolg
durchgeführt. Im ersten handelte es sich um ein 36-jähriges Frauen-
zimmer, das in einer Kolonie, als der Lepra verdächtig, unter Auf-
sicht gestellt worden war; die Vermutung, daß es sich wohl auch
um Syphilis handeln könnte, führte zur Behandlung mit Sublimat-
einspritzungen. Die darauf beobachtete Besserung bewog dazu, die
Diagnose Syphilis aufzustellen und die Kranke freizulassen. Sie reiste
sofort nach England mit der Anweisung des Arztes, dem die wirk-
liche Natur der Krankheit durchaus klar war, sich vom Verf. weiter
behandeln zu lassen. Da dieser keinerlei Syphilissymptome vorfand,
nahm er an, daß die Sublimateinspritzungen günstig auf die Lepra
eingewirkt hatten und fuhr damit fort Vom 19. April bis zum
31. Juli 1895 wurden 60 Einspritzungen in die Nates gemacht mit
dem Erfolge, daß im Gesichte keine Spur der allerdings nicht sehr
schwer gewesenen Krankheit mehr zu entdecken war und nur auf
dem Rumpfe einige Flecken und auf einem Oberschenkel und einem
Unterarme je ein Knötchen übrig blieben. Das anfangs gleichzeitige
Einnehmen von Chaultnoograöl war nachher als nutzlos aufgegeben
worden.
Dieser Erfolg veranlasste den Verf., die Einspritzungen auch bei
einem 37-jährigen aus dem Sambesidistrikt heimgekehrten Missionäre
zu versuchen. Der Aussatz war vor 2 Jahren bei dem oft von
Wechselfieberanfällen heimgesuchten Manne fast plötzlich ausgebrochen
und hatte sich schnell über den ganzen Körper verbreitet Die Ein-
spritzungen wurden am 3. Febr. 1896 begonnen und zuerst einmal,
dann zweimal wöchentlich gegeben; anfangs Juni, nachdem 27 Ein-
spritzungen gemacht waren, wurde die Besserung photographisch
festgestellt. Nie hatte sich Speichelfluß gezeigt. Dieser Pat. hat
zugleich fortwährend Chaulmoograöl genommen und es bis zu
40 Tropfen täglich gebracht; ein wesentlicher Anteil an der schnellen
Besserung ist aber diesem Mittel kaum zuzuschreiben. Verf. nimmt
an, daß das Quecksilberchlorid im Blute eine bakterientötende Wir-
kung entfaltet und vielleicht mit anderen ähnlich wirkenden Mitteln
ein gleicher Erfolg erzielt werden kann.
Die zwei die Mitteilung begleitenden Figuren zeigen das Gesicht
des Mannes zu Anfang und nach viermonatlicher Dauer der Behand-
lung. Sentifion (Barcelona).
OgÜTie, L., Further nole on the treatment of tapeworm.
(The Lancet. 1896. June 20.)
Verf. berichtet, daß er seit seiner ersten Veröffentlichung (Aug.
1894) noch 6 Fälle von Bandwurm erfolgreich nach seiner Methode
behandelt hat. Dieselbe besteht darin, daß der Bandwurmkranke
14 Tage lang salinlsche Abführmittel nimmt, um den Darm und den
Wurm von dem angehäuften Schleime zu befreien, dann eines Abends
eine Dosis Bittersalz und Jalappetinktur bekommt und am folgenden
Morgen um 7 Uhr das gewohnte Abführmittel, um 8 Uhr 1 Drachme
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298 Scbatiiinpfang, kflnstl. InfektionskrRnkheiten, Gnt«rlckclnng>hemmnng etc.
flüssiges Farnkrautextrakt, um 9 Uhr eine zweite Drachme und um
11 Uhr Ricinusöl mit Jalappetinktur erhält, um das Gift und den
damit betäubten Bandwurm aus dem Körper zu entfernen. Wenn
der Bandwurm das Ricinusöl nicht abwartet, wie in einem der zwei
ausführlich berichteten Fälle, so muß dasselbe dennoch verabreicht
werden, um Vergiftungserscheinungen durch etwa zurückgebliebenes
Farnkrautextrakt zu verhüten. Sentißon (Barcelona).
Abelsdorff, G., Zur Prophylaxe der sympathischen Oph-
thalmie. (Arch. f. Augenheilk. Bd. XXXIII. p. 345—348.)
Der Ausbruch sympathischer Entzündung ist auch nach Enukleation,
nach Resektion des Sehnerven und nach Exenteration beobachtet
worden, wenn die Operation relativ nicht rechtzeitig genug vor-
genommen worden war. Ref. fügt einen neuen Fall hinzu, der in-
sofern noch eine besondere Rarität ist, als zugleich mit der Exen-
teration die Resektion des Sehnerven gemacht wurde. Ein 3 '/j -jähriges
Kind war vor 4 Wochen am rechten Auge durch einen Glas- oder
PorzellanBcherben verletzt worden. Es bestand hochgradige Injektion,
Cornea getrübt und staphylomatös vorgetrieben; linkes Auge normal.
Resektion eines 7—8 mm langen Sehnervenstückes. Während der
Operation erregte eine hinter dem Aequator befindliche unebene
Stelle von fester Resistenz den Verdacht eines Fremdkörpers, der
durch eine Schnittöffnung im Lcukom zu entfernen versucht wird.
Es ist jedoch kein Fremdkörper vorhanden; der Bulbusinhalt drängt
sich durch die Wunde vor. deshalb Exenteration. Nach 14 Tagen
Entlassung mit gesundem linken Auge. 5 oder 6 Tage später von
den Eltern zunehmende Sehstörung bemerkt. Am 31. Tage nach
der Operation untersucht: leichte Ciliarinjektion, Hornhaut weniger
durchsichtig als normal, V. K. abgeflacht, Iris vasknlarisiert, dichte
Pupillarmembran, Synechien etc.; es wird nur Hell und Duukel unter-
schieden. Therapie erfolglos. Schlaefke (Kassel).
Reithoflfer, Richard, Ueber die Seifen als Desinfektions-
mittel. (Arch. f. Ilyg. Bd. XXVII. Heft 4.)
Die bisherigen Angaben über den Desinfektionswert der Seifen
waren sehr verschieden und einander widersprechende, der Verf.
unterzog deshalb diese Frage einer erneuten Prüfung. Aus seinen
Versuchen ergiebt sich, daß die Vibrionen von Cholera und die der
Sorte Massaua binnen einer halben Minute durch 10-proz. Seife
vollständig abgetötet werden, und daß sogar in der Konzentration
von 1 Proz. die Seifen den Vibrionen gegenüber sich als höchst
wirksam erwiesen. Die verschiedenen Generationen wurden binnen
einer halben und 1 Minute durch 1 - proz. Patentkaliseife (Gehalt
an Gesamtalkali 15,04 — 15.53 Proz. als K’O.ber.) und in 0,5-proz.
Konzentration binnen 5 Minuten getötet. Verf. schließt aus seinen
und Nijland’s und J oll es früheren Versuchen, „daß man
Wäsche, Kleider, Möbel etc. einfach durch Einlegen und Waschen
in Seifenlösung, die Hände einfach durch Waschen mit Seife
rasch nnd völlig sicher von Cholerakeimen desinfizieren kann.“
Für Typhusbacillen und Bacterium coli sind nach";dos Verf.’s
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K«b« Litteratur.
299
Versuchen diese Konzentrationen lange nicht ausreichend, er fand,
daß „unter den günstigsten Umständen“ mindestens 10-proz. Kon-
zentration erforderlich ist Gegenüber den Eiterkokken verhalten sich
die Seifeu zur Desinfektion als praktisch unbrauchbar. Verf. hebt
noch die desinfizierende Kraft bei nitrobenzolhaltigen Seifen (Mandel-
seife) hervor, und bei Anwendung von Lysolseife ergab sich, daß
„die Lysolseifenlösungen sich viel weniger wirksam als eine Lösung
von Lysol allein mit gleichem Lysolgehalte erwies“. In der gleichen
Weise verliert die Karbolsäure an Wirkung durch Seifenzusatz.
Nach dem Verf. ist somit „die Herstellung von Seifen mit Zu-
satz des Desinfektionsmittels nicht rationell, insofern das Desinfektions-
mittel nicht an und für sich schon reinigend wirkt“, er empfiehlt, wie
seither üblich, zuerst die Hände mit Seife und dann erst mit dem
Desinfektionsmittel zu behandeln. Bai er (Berlin).
Neue Litteratur
zu»ammengestcUt tod
San.-Rat Dr. Arthur Würzburg,
Bibliothekar im KaiserL OeaandheitaaiDte io Berlin.
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gr. 8°. X, 846 p. Braunschweig (Harald Bruhn) 1896. 21 M.
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301
Exanthema tische Krankheiten.
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v. Düring, £., Bhuternmortaiiiät in Koustantinopel. (Dtsche med. Wcbschr. 1697. No. 5.
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0,20 M.
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Proust, A., La ddfense de l’Europe coutre la peste. (Bullet, de l'acad. de med. 1897.
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W trn di nf ek tionskrankh eiten.
(Eiterung, Phlegmone, Erysipel, akutes purulentes Uedem, Py&mie, Septikämie,
Tetanus, Hospitalbrand, Puerperalkrankheiten, Wundflluiuia.)
Uuizzetti, P., Kicercbe batteriologiche ed istologiche nel noma. (Policlinico. 1896.
15. sept., 15. oct.)
Infektionsgeschwülste.
(Lepra, Tuberkulose [Lupus, Skrofulöse], Syphilis [und die anderen venerischen
Kraukheiteuj.)
Hamburg Bekanntmachung, Ratschläge an die Bevölkerung zur Verhütung der Tuber-
kulose betr. Vom 20. August 1896. (Veröffentl. d. kaiserl Gesundh.-A. 1896. No. 49.
p. 924.) — Rundschreiben, die Verhütung der Tuberkulose unter den gewerblichen
Arbeitern betr. Vom 7. Sept. 1896. Desgl. Bekanntmachung vom 17. Sept. 1896.
(Ebd. p. 925.)
Diphtherie and Rronp, Keuchhusten, Grippe, Pneumonie^ epidemische Genickstarre,
Mumps, Rückfallsfieber, Osteomyelitis.
Schanz, F. t Die Schnelldiagnose des LoefTler'schen Diphtheriebacillus. (Berl. klin.
Wchscbr. 1897. No. 3. p. 48—50.)
Pellagra, Beri-beri.
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Inhalt.
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logie der Trichorrhexis nodosa (Kaposi).
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bei den Bewegung«- und Degenerations-
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t-il une entite morbide distiucte, ou
bien n’est-il qu'une modalite de la le-
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coustitue-t-ii une entit4 morbide distiucte,
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Ogilvie, L., Further uote on the treatment
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Reithoffer, Richard. Ueber die Seifen als
Desinfektionsmittel, p. 298.
Vogel, Zur Behandlung des Starrkrampfes
beim Pferde mit Tetauus- Antitoxiu (Beb-
ring), p. 296.
Neue Litter»tur, p. 299.
frinuMBUcitc buchdruckeiei (Henuauu Fohle) in Jeus
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Bakteriologie, Parasitentamde n. Infektionskranklieiten.
Erste Abteilung:
Medizinisch-hygienische Bakteriologie und
tierische Paras itenkunde.
In Verbindung mit
Geh. Bat Prof. Dr. Lenctart, Geh. Med.-Rat Proi. Dr. Loeffler
in Lclpxig und io Greifswald
Professor Dr. R. Pfeiffer
in Berlin
herausgegeben von
Dr. O. Uhlworm in Cassel.
Verlag von Gustav Fischer in Jena
XXI. Band. Jena, den 20. März 1897. — O- No. 8 / 5 *.
Frei* für den Bend (26 Hammers) 15 Merk. — Jährlich erscheinen zwei Bände.
Hierzu aU rtgtlmäftigt Beilagt die Inhalttüber.iehten der 11 Abteilung de* Centralblatte*.
Die Redaktion des „Centralblatts für Bakteriologie und Parasiten-
kunde" richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte, etwaige
Wünsche um Lieferung von besonderen Abdrücken ihrer Aufsätze ent-
weder bei der Einsendung der Abhandlungen an die Redaktion auf das
Manuskript schreiben zu wollen oder spätestens nach Empfang der ersten
Korrekturabzüge direkt an den Verleger, Herrn Gustav Fischer in Jena,
gelangen zu lassen.
Original • Mittheilungen.
Nachdruck verboten.
Emphysem der Leber.
[Ans dem hygieinischen Laboratorium am Wilnaer Militärhospital.]
Von
Dr. med. L. Heydenreich,
Konsultanten am Hospital and Leiter des Laboratoriums.
Mit 1 Figur.
Streng genommen sollte von Emphysem bloß dann die Rede sein,
wenn präformirte Hohlräume sich erweitern, doch sind die Ausdrücke:
Emphysem der Haut, des Mediastinum, u. s. w. bereits so geläufig
geworden, daß ich mir erlaube, dasselbe von der betreffenden Leber
zu sagen, da dieselbe durch und durch mit einer unzähligen Menge
itU. Abt. XII. Kd. 20
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306
L. Heyden reich,
von feinsten Hohlräumen übersät war. Nichtsdestoweniger war bei
Lebzeiten des betreffenden Kranken — Soldat N, in der 3. Woche an
Typhus abdominalis gestorben — kein Symptom zu verzeichnen ge-
wesen, welches auf eine Lebererkrankung hingedeutet hätte. Es war
einfach ein schwerer Typhus, doch ohne jegliche Komplikation, und
der Kranke starb an Herzschwäche.
Bei der Autopsie ergaben sich die gewöhnlichen Befunde: sehr
umfangreiche Exulcerationen im Ileum, stark geschwollene Mesenterial-
drüsen, großer Milztumor, Nierenhyperämie, Hypostase und Oedem
der unteren Lungeulappen, schlafles blasses Herz, — nirgends aber
in einem Organ außer der Leber ließen sich ähnliche Hohlräume
nach weisen.
Die Leber war nur um weniges vergrößert: 30 X 21 X 10 cm
(normal 32 X 19 — 21 X 6,5 — 7,5), doch sah der Durchschnitt aus,
ähnlich wie ein Schnitt durch Schwarzbrot. Die einzelnen Hohlräume
oder richtiger Bläschen erwiesen sich meist rund oder oval, seltener
cylindrisch, linienförmig oder gelappt durch Konfluieren mehrerer zu
einem Hohlraum, und variierten in der Größe zwischen einer kleinen
Erbse und Mohnsamen, doch zeigte die Lupe noch viel kleinere
Bläschen.
Das Parenchym der Leber vollkommen eintönig, kaffeebraun, ohne
lobuläre Zeichnung, der Schnitt sonst glatt, feuchtglänzend, mäßige
Hyperämie. Aus der Leber ausgeschnittene kleine Stückchen
schwimmen meist auf Wasser, die Kapsel normal.
Die mikroskopische Untersuchung zeigt, daß die Hohlräume meist
von deutlich erkennbaren Gefäßwänden umgeben sind. Auch läßt
sich das Gefäßlumen als solches an schief getroffenen Schnittflächen
gut sehen, da an einer Seite die Intima schräg aufsteigend, von über
ihr liegenden Leberzellen oder Bindegewebe überdeckt wird und das
Mikroskop erst diese letzteren Gebilde durchdringen muß, um die
Intima zu sehen, während dagegen die andere gegenüberliegende
Seite des Lumens offen dem Mikroskop entgegensieht und die Leberzellen,
resp. Bindegewebe unter der Intima liegen; das Mikroskop hat sieb
also zu senken, um sie zu sehen. Endlich trifft man langgestreckte,
mehr oder weniger cylindrische Hohlräume, deren Wände also nahezu
parallel laufen und ebenfalls teils durch diesen Umstand, teils durch
deutliche Venenwandstrukturen als Gefäßlumina zu deuten sind.
Anderenteils giebt es Hohlräume, die als Umgrenzung eine äußerst
dünne, kaum sichtbare Membran haben, noch andere, die von einer
Seite an Bindegewebe, von der anderen direkt an Zellen grenzen,
und schließlich solche, die an allen Seiten, trotz allen Suchens, gar
keine Membran haben und direkt von Leberzellen umgeben sind.
Es ließe sich dieses vielleicht so deuten, daß die Hohlräume in
Kapillaren entstünden, deren dünne Membranen entweder bestehen
blieben oder gesprengt und auseinandergezerrt würden ; auch könnte
man sich einige Hohlräume als zwischen den Leberzellen, ganz außer-
halb der Gefäße, entstanden denken.
Die die Hohlräume umgebenden Leberzellen sowie Bindegewebe
sind lange nicht so zusammengedrückt, wie es a priori anzunehmen
wäre, bei dem bedeutend erweiterten Volumen der Gefäße; meist
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Ephysem der Leber.
307
erscheinen dieselben fast ebenso groß und gestaltig, wie die weiter
entfernten. Die sichtbare Kompression ist radienförmig zu den Hohl-
räumen gerichtet. Ob die geringe Kompressibilität durch die leichte
Zusammendrückbarkeit des Leberparenchyms oder durch einen
Schmelzprozeß im Inneren der Hohlräume zu erklären sei, lasse ich
dahingestellt.
Die Leberzellen selbst sind etwas gequollen, trübe, wenig körnig,
und enthalten einen schwer tingierbaren undeutlichen Kern (trübe
Schwellung). Viele enthalten Häraatoldinkörner, andere Fettkörnchen-
infiltration.
Wenn man nun die Schnitte einer Doppclfärbung unterzieht,
z. B. mit Gentianaviolett-Pikrinsäure, so erhalt man ein überaus
schönes und rein differenziertes Bild, in dem das Gewebe überall
gelb, eine Unmenge von kurzen, gleichartigen Bacillen aber dunkel-
violett gefärbt erscheint. Letztere sind in der überwiegenden Mehr-
VergröderuDg 100 mal. Emphysem* hepalis.
zahl an der Peripherie der Hohlräume angesammelt, um welche sie
meist geschlossene, hier und da Anschwellungen zeigende Kränze bilden
(s. Fig.). Seltener erscheinen Bacillenhaufen im Gewebe ohne jeg-
lichen Hohlraum, oder mit beginnendem, kleinem, mikroskopischem
Hohlraume in der Mitte oder am Ende des Haufens. So kommt es,
daß kein Hohlraum in der Leber ohne randständige Bacillen zu sehen
ist, während Bacillenhaufen ohne oder mit beginnendem, noch unregel-
mäßig konturiertem Hohlraum, wohl mit der größten Deutlichkeit
auftreten. Die wandständigen Bacillen liegen in den Hohlräumen
ganz zu innerst auf der Peripherie und auch nach innen vor der
Peripherie, liegen also der Intima in den Gefäßen auf, dringen jedoch
auch durch dieselbe und bilden teils in ihr, teils außerhalb die er-
wähnten Kränze. Hin und wieder ragen sie auch in das Lumen der
Hohlräume als kleinere oder größere Klumpen hinein.
Alle diese unzähligen Bacillen nun haben genau das gleiche An-
sehen, sowohl nach Form wie Größe und lassen sich von Typhus-
bacillen, außer durch die vorzügliche Tingierbarkeit, nicht unter -
20 »
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308
L. Heydenreich
scheiden. Irgendwelche andersartige Bakterien, außer den genannten,
ließen sich nirgends nach weisen; die Bacillen befanden sich in der
Leber in Reinkultur. Leider konnten keine Kulturen angelegt werden,
da die Leber in Formalin zugestellt worden war. Der Umstand jedoch,
daß sich die Bacillen gut färbten, und die eminente Gasbildung
neben und in den Bacillenhaufen legt die Annahme nahe, wir hätten
den Bacillus coli commune selbst vor uns oder eine ihm nahe-
stehende Darmbacillenart, vielleicht gar eine die Gewebe erweichende
oder verflüssigende, wie oben erwähut wurde.
Was das Verhalten des Bindegewebes anlangt, so konnte keine
Hyperplasie desselben konstatiert werden, hin und wieder waren un-
bedeutende Leukocytenhäufchen zu sehen, jedoch ließen sich nirgends
größere Leukocytenansammlungen in oder um die Bacillenhaufen, oder
die Hohlräume resp. Gefäße nachweisen, ebenso nirgends Bindegewebe-
proliferation oder anderweitige Zeichen eines stattgehabten Reizes
oder eines entzündlichen Zustandes.
Es entsteht nun nach alledem die Frage, ob diese unzähligen
Hohlräume in der Leber noch bei Lebzeiten oder erst nach dem Tode
entstanden sind.
Es wäre ja schwer denkbar, ja unbegreiflich, daß eine so
gewaltige Affektion, wie massenhafte Gasbildung, Emphysem der
ganzen Leber bei Lebzeiten gar kein Symptom ausgelöst haben sollte,
keinen Schmerz, keinen Ikterus, keine von den verschiedenen Pfort-
aderstauungserscheinungen, etc. Mikroskopisch würden sicher Residuen
von Reiz- oder Entzündungszuständen nachzuweisen sein, wie z. B.
in der Milz, den Mesenterialdrüsen etc. Auch sind ja schon zur
Genüge Beobachtungen von Bakterienvermehrung in den Organen
post mortem beschrieben (Typhusbacillen, colicommune etc.), welche
keine pathologischen Nachbarwirkungen um die Herde zeigen, und
es ist schon wissenschaftliche Gewohnheit geworden, eine Leiche mög-
lichst rasch nach dem Tode zu secieren, wenn man diesen post-
mortalen Proliferationen aus dem Wege gehen will.
Was die Frage anlangt, weshalb die Gasbildung, das Emphysem,
bloß in der Leber und nicht auch in anderen Organen, z. B. Milz,
Pankreas, Mtsenterialdrüseu, aufgetreten ist, so laßt sie sich durch die
Erwägung erklären, daß die Leber allein und nicht die anderen Organe
in erheblicher Menge Glykogen und Zucker produziert, und daß die
charakteristische Eigenschaft des Bacillus coli commune (und
einiger anderer Darmbacillen) gegenüber dem Typhusbacillus gerade
darin besteht, in glykosehaltigen Nährböden Gas zu erzeugen. Sonst
bliebe die Gasentstehung umsomehr unerklärlich, da ja die Bacillen,
wie bekannt, ebensogut in die genannten Organe einzudringen Ge-
legenheit hatten, als wie in die Leber. Die Temperatur des Secier-
saals war ausnahmsweise höher wie gewöhnlich, d. h. etwa Zimmer-
temperatur (ca. 18 — 20° G), da in der letzten Zeit die Sektionen
fast täglich ausgeführt wurden, und derselbe täglich gut geheizt
wurde. In dieser Temperatur nun befand sich die Leiche vom Tode
an, etwa 28 — 30 Stunden bis zum Beginne der Sektion; es konnten
sich also die Bacillen leicht noch post mortem in den Organen ent-
wickeln.
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Emphysem der Leber.
309
Weshalb bloß in diesem einen Falle, und Oberhaupt weshalb so
selten das Lebereraphysem beobachtet ist, lasse ich unbeantwortet
Vielleicht spielt dabei das Fehlen oder das geringe Vorhandensein
von Zucker oder Glykogen in derselben eine große Rolle, die post-
mortale Temperatur der Organe, die Widerstandsfähigkeit der Organe
gegen Bacillenvermehrung, welche als Gegenwirkung der LeukomaTne
oder der Ptomatne des Typhus, Dysenterie oder anderer vorher-
gehender Krankheiten aufzufassen ist, das Nicht- oder spärliche Vor-
handensein, resp. die Nichtinvasion von Bacillus coli commune
(oder ähnlicher Darmbacillen) etc. etc.
Wie selten der beschriebene emphysematöse Zustand der Leber
bisher beobachtet worden ist, läßt sich aus den spärlichen Litteratur-
angaben entnehmen. In den großen Werken über pathologische
Anatomie v. Ziegler und Orth ist derselbe überhaupt nicht er-
wähnt. Klebs 1 2 3 ) bespricht ihn nur oberflächlich und nicht auf
Grund eigener Erfahrung. Auch im großen Leberwerke Frerich’s
läßt sich nichts Originelles hierüber finden. Fonsyht Meig’) be-
schreibt zwar einen ähnlichen Fall, doch fand hier die Invasion
wahrscheinlich nicht durch das Gefäßsystem statt, sondern von außen,
da es ein typhöser Kranker war, der an einer Perforationsperitonitis
zu Grunde ging. Wahrscheinlich handelte es sich hier um Bacillus
Oedemae. Dasselbe läßt sich vom Falle Meig’s 8 ) sagen: ein
Typhoid, letal durch Perforation des Ueum, und Aehnliches vom Falle
Fasce 4 ), wo infolge einer Operation an Aneurysma art. iliaca
externa sich ausgedehnte Eiterung entwickelte und der Kranke an
Blutungen und hohem Fieber zu Grunde ging. Beide Autoren neigen
der Ansicht vom intravitalem Ursprung des Leberemphysems zu.
Von früheren Autoren beschrieb Louis 3 Fälle, außerdem Baradel,
Jacquet, Cambray, die alle ich leider im Originale einzusehen
nicht in der Lage war.
Aus allem Obengesagten wirft sich von selbst folgende praktisch
wichtige Frage auf: Giebt es nicht Typhen oder andere darm-
ulcerative Infektionskrankheiten oder überhaupt Krankheiten, bei
denen, noch bei Lebzeiten, unter gewissen Bedingungen, Invasionen
per venam portae von Bacillus coli commune (und vielleicht
anderen Darmbakterien in die Leber) stattfinden, die hier Gas-
1) Klebs, Handb. d. pathol. Anat. 1868. I. p. 356 n. f. „Auch dieser Zu-
stand ist von einigen Beobachtern tQr eine vitale Erscheinung gehalten, welche dazu
darch das frühe Eintreten desselben verführt zu sein scheinen. Berücksichtigt man
aber die hohe Temperatur, welche die Leber auch nach dem Tode längere Zeit bei-
behfilt, die unter Umständen vielleicht noch zunimmt (postmortale Temperatursteigerung),
ferner die Anwesenheit einer grofaen Menge von 8-haltigen Substanzen in der Leber,
so haben wir wenigstens eine Erklärung für den Ursprung jener Fäulnisprodukte. Dafs
damit Aber nicht die eigentliche Ursache der Gasbildung aufgeklärt ist, ergiebt sich
daraus, dafs die höheren Grade dieses Zersetzungsprozesses nur selten eintreten. Den
Untersuchungen v. Pasteur zufolge müssen wir annehmen, dafs gowisse Organismen,
Bakterien etc. die eigentliche Ursache des Fäulnisprozesses darstellend*
2) Fonsyht Meig, Philad. med. Times III 1872. 49 (8 c h m i d t ’s Jahreiber.)
3) Virch.’s Jahresber. II. 1872. 8. 172 und 237.
4) Vircb. ’s Jahresber. Jbid. 1872.
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310
L. Heydenreich, Emphysem der Leber.
blasen in größerer oder geringerer Menge bervorbringen ? Daß
solche Invasionen in die Organe bei Dysenterie, Typhus etc. statt-
haben, ist ja genugsam bekannt. Daß ferner beim Kranken bei ver-
langsamtem Blutstrome, oberflächlichem Atmen, bewegungslosem
Liegen im Bett, durch Krankheit herabgekommenem Subjekt, all-
gemeiner Schwäche etc. nicht nur in der Agonie, sondern vielleicht
schon früher im Verlaufe der Krankheit Stauungen und günstige Be-
dingungen zur Vermehrung von Coliarten und Gasbildung in der
Leber gegeben werden können, ist gleichfalls nicht ohne weiteres von
der Hand zu weisen.
In diesem Fall aber sind, wie wir ja wissen, bereits sehr geringe
Gasquantitäten, und zwar, schon eines indifferenten Gases, wie Luft im
Gefäßsystem erforderlich, um die folgeschwersten Symptome, sowie
Syncope und Tod herbeizuführen. Letzteres wird umso wahrschein-
licher sein, als der Patient durch die Grundkrankheit geschwächt ist,
das Herz schwach arbeitet und das Gas in den Gefäßen lange nicht
indifferent zu sein braucht, wie z. B. CO,, SH, oder ein Kohlen-
wasserstoffabkömmling.
In der That sind schon jedem beschäftigten praktischen Arzt Fälle
plötzlicher Verschlimmerungen, Ohnmächten, und Todesfälle im Ver-
laufe von Infektionskrankheiten mit und ohne Darmläsionen vor-
gekommen, ohne den rechten Grund ausfindig machen zu könuen.
Auch die forensisch so bequeme Diagnose „Herzschlag“, „Herz-
paralyse“ hilft nicht hinaus. Da in diesen Fällen die Gasbildung in
der Leber sich auf wenige Gasblasen zu beschränken braucht, so
wird auch die Autopsie nicht viel mehr herausbringen, es sei denn,
man untersuchte die Leber mikroskopisch auf C o 1 i bacillen. Hierfür
würde sich als Schnelldiagnose Gentianaviolett-Pikrinsäure wohl am
besten eignen.
Aus all dem Gesagten geht nun hervor, welche Wichtigkeit die
Frage von der zeitgemäßen „Desinfektion des Darmes“ bei
langdauernden Krankheiten und namentlich bei Infektionskrankheiten
mit Darmulcerationen erlangt. Da diese Frage leider noch lange
nicht so weit gediehen ist, um am Krankenbette praktisch verwertet
werden zu können, so dürfte es mir zu großer Genugthuung gereichen,
wenn obige Zeilen diese Frage von neuem anzuregen bestimmt wären.
Wilna, den 2. Februar 1897.
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A. Ucke, Ein Beitrag zur Epidemiologie des Erysipels.
311
Nachdruck verboten.
Ein Beitrag zur Epidemiologie des Erysipels.
Von
Dr. A. licke,
Ordinator am Warschauer Ujasdow-Militärhoapital.
Der Winter 1894 — 95 brachte der Stadt Warschau eine Erysipel-
epidetnie, deren Ausdehnung eine ganz bedeutende war und unter
der in nicht geringem Grade die Warschauer Garnison und das
Warschauer Ujasdow- Militärhospital zu leiden hatten. Was die
Civilbevölkerung anbetrifft, so kann ich mich nur auf mündliche
Aussagen freipraktizierender Aerzte berufen, denen zufolge fast kein
Haus in der Stadt von der Epidemie verschont war. Welche Aus-
dehnung der Rotlauf aber unter dem Militär der Warschauer Gar-
nison erreichte, davon giebt uns die Abteilung für Infektionskranke
im Ujasdowhospital eine Vorstellung, in welche fast sämtliche Fälle
von akuten Infektionskrankheiten aus der Garnison eingeliefert wur-
den; alle übrigen akuten Infektionskrankheiten waren von der Rose
in den Hintergrund gedrängt und die Abteilung war kaum imstande,
alle Erysipelkranken zu beherbergen. Im ganzen kann die Epidemie
als eine gutartige bezeichnet werden: in 8 Monaten kamen auf 213 Er-
krankungen 14 Todesfälle, doch waren auch recht schwere Fälle und
häufige Recidive zur Beobachtung gelangt.
Auffallend erschien , wenn man die Listen der eingelieferten
Erysipel kranken musterte, die relativ hohe Zahl der aus anderen
Abteilungen des Hospitals übergeführten Fälle: Der Verdacht, daß
vielleicht das Hospital Herde in sich schließe, die zur Infektion der
Mehrzahl der Erkrankten geführt, veranlaßte den Oberarzt, Anfang
April dieses Jahres mich zu beauftragen, die Luft resp den Staub
in verschiedenen Krankensälen einer bakteriologischen Untersuchung
zu unterziehen. Indem ich dieser Aufforderung nachkam und an die
Untersuchung schritt, suchte ich mir zugleich an der Hand der mir
zu Gebote stehenden Litteratur den augenblicklichen Stand der Ery-
sipelätiologie klar zu legen.
Die Epidemie begann im November 1894, war im .Dezember im
Zunehmen begriffen und zum 1. Januar 1895 befanden sich bereits
9 Erysipelkranke in der Abteilung; vom Januar setzt sie mit grö-
ßerer Heftigkeit ein. Es traten in die Abteilung ein:
im
s
*5
k
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«
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o.
•*
'S
3
Juni
Juli
bc
a
<
6
S
ts
00
N*
O
b
a.
direkt aas der Garnison . .
21
32
17
31
u
13
10
4
142
66,6
ans anderen Hospitalabtlgn.
18
7 |
21
7 |
11
5
1
1
71
33,3
Summa
39
39
38
38
1 1
25
; i8
1
11
5
213 ;
Diesen Zahlen gemäß stehen die Erkrankungsfälle im Hospital in
außerordentlich ungünstigem Verhältnis zu denen, die direkt aus der
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Garnison eingeliefert waren ; während sie in Summa allerdings auf
33,3 Proz. sämtlicher Fälle reduziert werden, machen sie doch im
Januar fast die Hälfte sämtlicher Erkrankungen aus und im März
übertreflen sie selbst die Garnisonfälle. Diese Zahlen würden schwer
auf dem Hospital lasten, wenn sie nicht einer Korrektur unterliegen
würden. Denn es ist keineswegs ausgemacht, daß alle aus anderen
Abteilungen des Hospitals übergeführten Kranken auch ihr Erysipel
daselbst acquiriert haben, sondern im Gegenteil, eine gewisse Anzahl ist
sicherlich im Inkubationsstadium ins Hospital gelangt und erst beim
Manifestwerden der Symptome der Infektionsabteilung eingeliefert
worden. Wie viele jedoch auf diese Art aus der einen in die andere
Rubrik gewiesen werden können, läßt sich erst entscheiden nach Lösung
der Frage, wie lange die Inkubationsdauer des Erysipels währen könne;
dieselbe wird auf Grund klinischer Erfahrung auf etwa 8 Tage ge-
schätzt, obgleich zugegeben wird, daß sie großen Schwankungen unter-
worfen sein kann; bei der fast ubiquistischen Natur des erysipela-
tösen Virus ist diese Frage durch klinisehe Erfahrung schwer der
Entscheidung näher zu bringen. Wertvoll erscheinen daher die Be-
obachtungen von Roger'), der auch bei künstlicher Tierinfektion
eine außerordentlich verschiedene Dauer der Inkubation hat beobach-
ten können, die zwischen 24 Stunden und 22 Tagen schwankte. Da
Erysipel spontan bei Kaninchen nicht vorkommt, so können wir
diesen Beobachtungen die Bestätigung der Thatsache entnehmen, daß
der Rotlauf zuweilen sehr lange im Organismus latent zu bleiben im
stände ist, was auf Grund klinischen Materials nie zur Evidenz er-
wiesen werden kann. Danach ließen sich sämtliche Kranke, die in
anderen Hospitalabteilungen weniger wie 22 Tage bis zum Ausbruch
des Erysipels zugebracht hatten, als bereits im Inkubationsstadium
ins Hospital eingeliefert betrachten und danach eine Korrektur in
die oben angeführte Tabelle einfügen, wonach für die Hospitalerkran-
kungen folgende minimale Werte sich ergeben:
Jan. Febr. März April Mai Juni Juli Aug. Summa Proz.
6 — 6 — 4 3 1 0 20 9,3
Eine derartige Korrektur entspricht natürlich keineswegs der Wirk-
lichkeit, da die Frage nach dem Ort und der Art der Infektion in
jedem Einzelfalle nur durch sehr genaue Aufnahme der Anamnese
und unter Beihilfe bakteriologischer Untersuchungen entschieden
werden kann, und da beim Menschen offenbar das Manifest werden
der Symptome ebenso gut 24 Stunden als 3 Wochen nach stattge-
habter Infektion erfolgen kann ; der Mittelwert von 8 Tagen für die
Inkubationsdauer mag daher für approximative Schätzungen eine ge-
wisse Berechtigung besitzen. Für unser Hospital geht aus diesen
Erwägungen die Mahnung hervor, daselbst die Herde aufzusuchen,
die wiederholt zur Infektion geführt haben: Einerseits konnten
Kranke, die 50- 150 Tage im Hospital zugebracht hatten und dann
an Rose erkrankten, dieselbe nirgend anders acquiriert haben; anderer-
seits lehrte die Erfahrung früherer Jahre, daß im Hospital stets von
Zeit zu Zeit indigene Fälle zu verzeichnen waren.
1) H. Roger, L’ Intubation de l’ örysipfcle. (La presse med. ftvrier 5. 1895)
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Ein Beitrag zur Epidemiologie des Erysipels.
313
Daß der von Koch und Fehleisen zuerst isolierte und wohl-
charakterisierte Ketten coccus als einziger Urheber der Rose beim
Menschen anzusehen ist, unterliegt heutzutage keinem Zweifel mehr.
Die beiden einzigen Angaben, die mir in der Litteratur aufgestoßen
sind, wo andere Mikroben als Ursache typischen Erysipels (Typhus-
bacillen Rheiner 1 2 3 ), Staphy lococcus pyog. aur. Jordan 8 ))
beschrieben werden, bedürfen zum mindesten der Bestätigung. So
fragwürdig denn diese beiden einzigen Angaben erscheinen, so er-
schüttern sie auch keineswegs die Lehre von der Specificität der
Fehl e is e n ’ sehen Kokken; inwieweit aber diese gegen andere.
Streptokokkenarten abgrenzbar sind, bedarf einer eingehenderen Er-
örterung: es ist der sog. Streptococcus pyogenes Passet,
dessen Aehnlichkeit mit dem Erysipelcoccus eine so weit gehende
ist, daß sie zur Zeit bis zur Identität gereift erscheint. Allerdings
ist zwischen diesen beiden Arten in ihrem Wachstum auf künstlichen
Nährböden absolut kein durchgreifender Unterschied festzustellen ge-
wesen, in ihrer Wirkung auf den menschlichen und tierischen Orga-
nismus schienen sie jedoch differenzierbar zu sein. Doch auch dieser
Grund für die Auseinanderhaltung der beiden Kokken hat sich zu-
letzt als unhaltbar erwiesen. Schon Fehl eisen*) hatte an seinen
Kokken zuweilen pyogene Eigenschaften wahrgenommen und Og-
ston 4 * 6 ) hatte auf den durchgreifenden Unterschied zwischen Strepto-
kokken- und Staphylokokkeneiterung aufmerksam gemacht und dar-
auf hingewiesen, daß der erstere Prozeß nach dem Typus des Ery-
sipels an die Lymphbahnen geknüpft sei, während die eigentlichen
Abscesse das Produkt des Traubencoccus seien.
Für die Identität trat dann besonders Baumgarten in seinem
Uhrbuch der pathologischen Mykologie ein und C. Fraenkel in
Baumgartens Jahresbericht 8 ) für das Jahr 1889, in welchem er
die Beobachtung Eug. Fraenkels 8 ) bespricht, welcher auf Grund
zweier Fälle von eiteriger Peritonitis, wo eine Mischinfektion mit
Erysipel sicherlich auszuschließen war und wo mit den gewonnenen
Reinkulturen typisches Erysipel am Kaninchenohr erzeugt werden
konnte, die Anerkennung der Identität postuliert Die Beobachtungen,
in denen das Erysipel anderen Streptokokkeninfektionen vorausgehen
oder nachfolgen, und von denen ich aus letzter Zeit nur die Arbeit
Kirchners 7 ) erwähnen möchte, sind nicht stichhaltig, da die Mög-
lichkeit einer Mischinfektion nicht ausgeschlossen ist. Die Identität
1) K bei ner, Beitrage aur pathologischen Anatomie des Erysipels bei Gelegen*
heit der Typhusepidemie in Zürich 1884. (Vircb. Arch. Bd. C. p. 185.)
2) Jordan, Die Aetiologie des Erysipels. (Bruns’ Beitr. zur Chirurgie. Bd. VII.
p. 673; Ref. Centralbl. f. Bakt. Bd. XI. 1892. p. 669.)
3) Fel h eisen, Die Aetiologie des Erysipels. Berlin 1883.
4) Al. Ogston, Report upon microorganism in surgical disease. (Brit. med.
Joarn. March 1881. p. 369.) — Ueber Abscesse. (Arch. f. klin. Chirurgie. Bd. XXV.
1880. — Micrococcus poisouing. (Journal of Anst. and Phys. norm, and path. XVI.
p. 626 u. XVII. p. 24.)
6) Jahrgang V. p. 44
6) Eug. Fraenkel, Zur Lehre von der Identität des Streptococcus pyogenes
nod Streptococcus erysipelatus. (Centralbl. f. Bakt. Bd. VI. 1889. No. 26. p. 691 )
7) M. Kirchner, Zur Lehre von der Identität des Streptococcus pyogenes und
Streptococcus erysipelato.s. (Centralbl. f. Bakt. Bd. XI. 1893. No. 24. p. 749.)
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314
»A. Uck’c,
der StreptokokkerUjbei gleichzeitigen sehr variablen pathogenen Ef-
fekten wiesen darauf Kurth 1 ), v. Lingelshei m ä ), Knorr 9 )
und Petruschky 4 ) durch Untersuchungen nach, welche darthun,
daß Streptokokkenreinkulturen, aus den verschiedensten Quellen ge-
wonnen, sich für Kaninchen und Mäuse von außerordentlich variabler
Virulenz erweisen, die in keinem Verhältnis zur Schwere des Krank-
heitsfalles stehen. Hieraus aber erhellt, daß wir es mit einer ganzen
Reihe von Streptokokkeninfektionen zu thun haben, die nach Ort
und Art der Infektion, sowie abhängig vom Virulenzgrade der Strepto-
kokken klinisch sehr verschiedene Krankheitsbilder zustande bringen,
deren ätiologische Zusammengehörigkeit keineswegs ohne die Erfolge
der bakteriologischen Forschung vermutet werden konnte.
Somit erschien es gerechtfertigt, behufs Aufklärung der Aetiologie
der Erysipelfälle im Hospital, im Staube Streptokokken zu suchen, die
auf künstlichen Nährboden die charakteristischen Wachstumseigentüm-
lichkeiten der Fehleisen’schen Kokken aufweisen und bei positiven
Resultaten dieselben für gewisse Infektionen verantwortlich zu machen.
An die Untersuchung schreitend, legte ich mir die Frage vor,
was zu untersuchen wäre, die Luft oder der Staub und welche
Untersuchungsmethode die zweckmäßigste sei? Da die prinzipielle
Frage des Vorkommens der Erysipelkokken in der Luft nach der
bekannten Beobachtung von Emmerich*) keinem Zweifel unter-
liegt, so beschloß ich, mich auf die Untersuchung des Staubes zu
beschränken, da er auf Gegenständen abgelagert, jedenfalls stets vor-
dem ein Bestandteil der Luft gewesen sein muß und, durch mehr
oder minder starke Luftströmungen aufgewirbelt, immer wieder ein
solcher werden kann. Zudem konnte aus jenem oben angeführten
Fall Emmerich- B o 1 1 i n g e r der lehrreiche Schluß gezogen werden,
daß mit der Konstatierung von pathogenen Keimen in der Luft noch
nicht viel gewonnen ist, da ihre eigentliche Herkunft keineswegs auf-
geklärt wird. Sind aber in einer Staubablagerung pathogene Mi-
kroben gefunden, so ist damit die Lagerstätte bestimmt, die in sich
die Gefahr birgt, und sanitären Maßregeln zugängig ist Der Auf-
trag, die Untersuchungen vorzunehmen, erging an mich, als bereits
die Zeit der Remontearbeiten im Hospital nahe herangerückt war
und mußte ich mich daher beeilen. Staubproben ließen sich leicht
an einem Tage in größerer Anzahl nehmen und lange Zeit unbe-
schadet aufbewahren; für Luftuntersuchungen sind dagegen schon
die Vorbereitungen umständlicher, die Ausführung derselben ist zeit-
raubend und hätte ich mich somit auf eine sehr geringe Anzahl
Versuche beschränken müssen.
1) Kurth, Arbeiten a. d. Kais. Gesundheitsamt. Bd. VII. 1891. Heft 2 — S.
2) v. Lingelsheim, Experimentelle Untersuchungen über morph., kultur. und
pathogene Eigenschaften verschiedener Streptokokken. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. X. 1891.
p. 33 i und Bd. XII. 1892. p. 308.)
3) Knorr, Experimentelle Untersuchungen Uber den Streptococcus longus. (Zeit-
schrift f. Hygiene. Bd. XIII. 1893. p. 427.)
4) J. Petruschky, Untersuchungen über Infektion mit pyogenen Kokken.
I. Blutuutersuchungen bei lebenden Kranken. (Zeitschr. f. Hygiene. Bd. XVII. 1894.
p. 59.) II. Die verschiedenen Erscheinungsformen der Streptokokkeninfektion in ihren
Beziehungen zu einander. (Centralbl. f. Bakt. Bd. XVII. 1895. No. 16. p. 560 )
6) Emmerich, Deutsch, med. Zeitschr. 1882. No. 86. p. 886.
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Ein Beitrag znr Epidemiologie des Erysipels.
315
Behufs Entnahme der Staub proben bereitete ich kleine Tampons
aus hygroskopischer Watte, um kleine Holzspäne gewickelt, vor; diese
Tampons wurden in Reagensgläsern, durch deren Watteverschluß die
Enden der Späne hervorragten, im Trockenschrank sterilisiert und
dienten so zur Aufnahme des Staubes und konnten zugleich bis zur
Untersuchung so aufbewahrt werden.
Nun handelte es sich darum, die geeignetste Untersuchungs-
methode zu finden. Vergebens suchte ich in der Literatur nach
einem elektiven Nährboden für Streptokokken, in der Art, wie er für
Typhusbacillen oder Choleravibrionen bekannt ist.
Roux 1 2 * ) will im Zusatz eines Infuses aus Malzkehricht eine
günstige Beeinflussung des Streptokokkenwachstums gesehen haben;
Eug. Fraenkel*) giebt an, das üppigste und schnellste Wachstum
auf Fleischpeptonagar mit Zusatz von 5 Proz. Glycerin erhalten zu
haben; Lingelsheim 8 ) hatte durch Erhöhung der Alealescenz bei
gleichzeitiger Steigerung des Peptongehaltes bis auf 2 Proz. auch
gute Resultate zu verzeichnen; als ich an die Arbeit ging, war mir
nur die Arbeit von Schlüter 4 5 6 7 ) bekannt, welcher behauptet, daß
die Streptokokken auf sauren Nährböden nicht gedeihen: die gegen-
teiligen Erfahrungen Turrös 8 ) waren damals noch nicht publiziert.
Daher beschloß ich, Nährböden von schwach alkalischer Reaktion mit
Zusatz von 5 Proz. Glycerin zu den Versuchen zu verwenden. Zu-
nächst versuchte ich es mit Plattengießen aus Gelatine und Agar,
allein bald überzeugte ich mich, daß der Staub gar zu viel ander-
weitige schnellwachsende Mikroben enthielt, die die Platten sehr ra-
pide mit dichten Rasen bedeckten, oder die Gelatine verflüssigten,
während die langsam wachsenden Streptokokken gar keine Zeit hat-
ten, sich zu entwickeln. Außerdem lehrte die Erfahrung, daß die
Streptokokken, worauf M i q u e 1 Ä ) schon hingewiesen hatte, einer ge-
wissen Zeit bedürfen, um in flüssigen Medien auszukeimen, ehe sie
auf festen Nährböden zum Wachsen zu bringen sind.
Daher beschloß ich, nach dem Vorgänge von Emmerich 1 )
mich der Einzellkultur zu bedienen. Zu dem Zweck verteilte ich
den am Wattebausch haftenden Staub in 20 — 30 ccm Bouillon, in-
dem ich entweder den ganzen Wattebausch mit sterilisierter Pincette
in das Kölbchen mit der Bouillon abstreifte, oder durch leichte Er-
schütterung des Holzspans den Staub in dasselbe abschüttelte. Dar-
auf wurde der Staub durch Schütteln innig mit der Bouillon gemengt
und vermittelst einer sterilen Pipette tropfenweise in eine Anzahl
Reagensröhrchen mit 5-proc. Glycerinpeptontteischwasserbouillon ver-
teilt. Diese gaben in Termostaten bei 37° C bald üppige Vegetationen
1) G. Roux, 8ur la culture des bacteries et particulifereinent des Streptocoqaes
d&ns les milieax touraillon. (Comptes rendus de U soc. de biol. 1889. No. 28. Ref.
Baumgarte ns Jabresber. Jahrg. V. 1889. p. 21.)
2) I. c.
S) 1. c.
4 ) Schlüter, Das Wachstum der Bakterien auf sauren Nährboden. (Centralbl. f.
Bakt. Md XI. 1892. No. 19- p 689.)
5) R. T u r r 6, lieber Streptokokkenzüchtung auf sauren Nährböden. (Centralbl. f
Bakt. Bd. XVII. 1895 No. 24/25. p. 865 )
6) Citiert nach Welz. (Zeitschr. f. Ilyg. Bd. XI. 1892. p. 121.)
7) 1. c.
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316
A. Ucke, Ein beilrag zur Epidemiologie des Erysipels.
verschiedener Mikroben, die, sofern sie nur entfernte Aehnlichkeit
mit Streptokokkenkulturen hatten , mikroskopisch geprüft wurden.
Je nach der Menge Staub, die zur Aussaat genommen war, waren
zuweilen fast sämtliche Reagensgläser getrübt, in anderen Fällen
blieb die Mehrzahl klar; eine üppigere Vegetation von Strepto-
kokken war stets erst am zweiten oder dritten Tage wahrzunehmen.
Solche Kulturen wurden dann, sobald sie ganz rein dargestellt waren,
auf ihr Wachstum in Gelatine und Agar geprüft, und mit ihnen auch
Impfungen am Kaninchenohr ausgeführt. Auf diese Art wurden
69 Staubproben untersucht, die in 10 Fällen ein positives Resultat,
was Streptokokkenbefund anbetrifft, ergaben.
Der Oberarzt hatte hauptsächlich auf 3 Krankenabteilungen hin-
gewiesen: auf die alte chirurgische (antiseptische), die Augen- und
die Ohrenabteilung. Mein Hauptaugenmerk richtete ich auf die chi-
rurgische Abteilung: aus derselben waren im Laufe der ersten 5 Mo-
nate 19 Erysipelkranke hervorgegangen, während in demselben Zeit-
räume die Ohrenabteilung 8 und die Augenabteilung 6 Fälle geliefert
hatte. Die Wände in der chirurgischen Abteilung werden alljährlich
getüncht, sind vollkommen glatt und besitzen keinerlei Unebenheiten
oder Hervorragungen , die zu größeren Ansammlungen von Staub
Veranlassung geben könnten; der hölzerne, gestrichene Fußboden
wird ausschließlich mit feuchten Lappen täglich gewischt, so daß da-
bei keinerlei größere Mengen von Staub aufgewirbelt werden können.
Ich war zuerst in Verlegenheit, wo ich den Staub suchen sollte, als
mir von dem ordinierenden Arzte in einem Krankensaale ein Bett
gewiesen wurde, auf dem schon wiederholt Erysipelkranke beobachtet
worden sind: am Kopfende dieses Bettes fand ich in der Wand
einige cm über dem Fußboden eine Ventilationsöfluung der Luft-
heizung, die mit einem Drahtnetz in einem Holzrahmen gefaßt, ge-
schlossen war; sowohl der Rahmen als das Drahtnetz bargen eine
ganz gewaltige Menge z. T. flockigen Staubes, der sofort von mir
zur Untersuchung genommen wurde. In der That gelang es mir,
aus einer Probe Staub einen Streptococcus zu isolieren, der
nicht nur auf künstlichen Nährböden charakteristisches Wachstum
offenbarte, sondern auch am Kaninchenohr zu einem typischen Ery-
sipel führte; dieses wanderte von einem Ohr auf das andere und
lief in Genesung aus. Somit war ein Herd gefunden und die Aetio-
logie einer Anzahl von Erysipelfällen aufgeklärt. Durch diesen Fund
ermuntert, unterzog ich den Staub sämtlicher Drahtnetze in dieser
und einer Reihe benachbarter Krankensäle der bakteriologischen
Untersuchung und hatte in 3 weiteren Fällen ein positives Ergebnis,
was Streptokokkenbefund anbetrifft, zu verzeichnen. Es war dem-
nach gerechtfertigt, daß der Streptokokken enthaltende Staub von
den Netzen durch Erschütterungen oder stärkere Luftströmungen
aufgewirbelt worden sei und dann zu einer Reihe von Erysipelinfek-
tionen in der Abteilung geführt habe. Bei einer einmaligen Unter-
suchung der Luft gelang es mir, selbst in derselben Streptokokken
naebzuweisen, die allerdings für Kaninchen sich nicht besonders viru-
lent erwiesen. (SchiuB folgt)
A. Makmtov, lieber Itnmun'sieranff Kegen Tuberkulose etc.
317
Nachdruck verboten.
Ueber Immunisierung gegen Tuberkulose mittels
Tuberkeltoxins.
Vorläufige Mitteilung.
Von
Dozent, Magister A. Maksutow
in
Kiew.
Seitdem Koch in tuberkulösen Bouillonkulturen einen Stoff ent-
deckte, welcher sich für viele Tiere als giftig erwies, haben alle
Forscher, bei ihren Versuchen ein Mittel im Kampfe gegen die
Tuberkulose zu finden, diesen Stoff (Tuberkulin) für das spezifische
Toxin der Tuberkelbacillen gehalten. Abgesehen von der kurzen
Zeit des Interesses für Tuberkulin, als für ein Heilmittel gegen
Tuberkulose, sehen wir noch bis jetzt eine Menge von Versuchen,
mit diesem Stoff sowohl äußerst empfängliche, als auch für diese
Krankheit fast gar nicht empfängliche Tiere zu immunisieren, in der
Absicht, Immunität oder ein Antitoxinserum zu erhalten. Alle diese
Versuche gaben sowohl in der einen als auch in der auderen Rich-
tung negative Resultate. Schon im Jahre 1893 äußerte ich meine
Meinung dahin, daß nicht alle pathogenen Mikroben fähig sind, ob-
gleich sie wohl im lebenden Organismus Toxine produzieren, die-
selben auch bei ihrem Wachsen auf künstlichem Nährboden zu
geben. In meiner letzten Arbeit habe ich gezeigt, wie geringfügig
die Veränderungen des Nährbodens sind, sogar in der Form derselben
Fiiweißkörper sein können, um entweder die Produktion von Toxinen
in hohem Grade zu verstärken oder sie vollständig zu beseitigen.
Indem ich in diesem Sinne die Frage bearbeitete, kam ich zu dem
Schluß, daß man nicht jeden giftigen Stoff, welcher beim Wachsen
der Kultur als Zerfallsprodukt der Bestandteile des künstlichen Sub-
strates erscheint, für das spezifische Toxin der betreffenden Mikroben
halten kann. Es sind z. B. notwendig dieselben klinischen Symptome
oder pathologisch-anatomischen Veränderungen oder wenigstens ab-
solute Resultate von Immunisierung, während wir beim Tuberkulin
nichts Aehnliches haben. Wenn also Tuberkulin nichts anderes
ist, als ein künstliches Gift und überhaupt nicht identisch ist mit
dem Gift, welches von denselben Bacillen im lebenden Körper pro-
duziert wird, so müssen wir vor allem den Boden finden, in welchem
wir alle Bedingungen für die Produktion des faktischen, wirksamen
Toxins hätten oder es direkt aus dem Organismus, welcher von
dieser Krankheit befallen ist, zu erlangen suchen. Indem ich den
letzteren Weg einschlug, erhielt ich aus den tuberkulösen Organen
von Meerschweinchen, welche später an dieser Krankheit zu Grunde
gingen, einen Stoff, welcher ohne Zweifel des Infektionsprinzipes, d. h.
der Bacillen entbehrt. Dieser Stoff ruft an frischen Meerschweinchen
bei subkutanen Injektionen ein dichtes Infiltrat an der Injektions-
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318
D. B. Roncal i,
stelle, Schwellen der benachbarten Lymphdrüsen und Abnahme an
Körpergewicht hervor. Indem ich, beginnend mit minimalen Dosen,
mit diesem Stoff eine Immunisation versuchte, erreichte ich im Laufe
von 3— 3 1 /* Monaten, daß diese Meerschweinchen die Einführung
einer virulenten Kultur unter die Haut und in die Bauchhöhle ohne
alle Folgen ertrugen. Die Konfrontiere kamen alle schon bei einer
einzigen Injektion derselben Kultur um. In kurzer Zeit hoffe ich die
Möglichkeit zu haben, diese Versuche an größeren Tieren fortzusetzen
und festzustellen, wie weit das Serum von auf diese Weise immuni-
sierten Tieren über heilende Eigenschaften verfügt.
21. Dezember 1896.
Nachdruck verboten.
Ueber den gegenwärtigen Stand unserer Kenntnisse
über die Aetiologie des Krebses 1 ).
[Ans dem Institute für klinische Chirurgie an der K Universität
zu Rom, Prof. F. Durante.]
Von
Dr. D. B. Roncali,
Uill>arzt an der chirurgischen Klinik zu Rom.
Die Frage über die Aetiologie des Krebses ist noch bei weitem
nicht mit Sicherheit beantwortet, und wenn uns auch die neuesten
Arbeiten dem Ziele viel näher gebracht haben, so bleibt uns doch
noch ein weiter Weg zurückzulegen übrig, ehe wir mit Sicherheit
sagen können, dieses bis jetzt unzugängliche Labyrinth sei in allen
seinen Teilen durchforscht und erleuchtet worden.
Ehe ich zur Aufzählung der bis heute unzweifelhaft festgestellten
Thatsachen übergehe, halte ich es nicht für überflüssig, eine kurze
Uebersicht über die Geschichte der Aetiologie des Krebses zu geben.
Ich werde schnell über alle jene Theorieen hinweggehen, welche gegen-
wärtig nur noch historische Bedeutung haben, und mich nur bei der
embryonalen und Parasit en theorie aufhalten, welche beide
nicht nur unabhängig voneinander, sondern bisweilen auch in Ver-
bindung miteinander bestehen bleiben müssen.
Die embryonale Theorie verdanken wir Durante. Er ging im
Jahre 1874 von der häufigen Entwickelung bösartiger Tumoren auf
Muttermälern aus und konnte mit Hilfe der Histologie und Embryo-
logie zu dem Schlüsse gelangen, „daß die Elemente, welche die ana-
tomischen, embryonalen Charaktere im Organismus des Erwachsenen
bewahren, oder durch eine Abweichung der chemisch-physiologischen
Thätigkeiten wieder gewonnen haben, die erzeugenden Elemente jeder
]) Bericht auf dem XI. Kongreß der italienischen Chirurgen.
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Lieber den gegenwärtiger» Stand unserer Kenntnisse Ober die Aetiolugie etc. 319
eigentlich so genannten Neubildung, und im besonderen der bösartigen,
darstellen. Diese Elemente bleiben in den gut entwickelten Geweben
jahrelang eingeschlossen, ohne ihr Dasein kund zu thun, und ein Reiz,
ein einfacher Antrieb genügt, um in ihnen jene Bewegung, jene Zellen-
eigenschaften wacbzurufen, welche die Wärme in den Elementen des
Keimfleckes des Vogeleies erregt, welche unth&tig geblieben waren,
seit sie die Kloake verlassen hatten, ln der That, wenn wir ein
wenig darüber nachdenken, wie kompliziert die Bildung der Gewebe
sein kann, die zur organischen Konstitution eines Epithelialkrebses
beitragen, so können wir nicht umhin, anzunehmen, daß von der Re-
produktion embryonaler Vorgänge, dargestellt durch Zellen, welche
die dazu nötigen anatomisch-physiologischen Eigenschaften besitzen,
die Entstehung des Krebses an einer beschränkten Stelle des Orga-
nismus abhängt.“
Diese Theorie kann und darf man nicht aus der Pathologie ver-
bannen, doch glaube ich, daß man den Kreis ihres Einflusses um-
schreiben und auf gewisse Tumoren beschränken muß. Solche sind
die Dermoidcysten, die gutartigen organoiden Tumoren und die aus
solchen Geweben entstandenen, die physiologisch nicht zu denjenigen
Organen gehören (rimengono), in denen sie aufgetreten sind. „Es
giebt kein Neoplasma, an dem man besser, als am Teratom, nachweisen
kann, daß die embryonalen Keime das wesentlich ätiologische Moment
darstellen“, schrieb Durante in seinem Trattato di patologia
chirurgica, und zwar mit großem Rechte.*
Der Typus der gutartigen organoiden Geschwülste ist das Adenom,
welches nicht parasitären Ursprungs sein kann, darum nicht, weil
es eine Drüsengeschwulst ist, sondern weil ihm die Bösartig-
keit abgeht, die in einem Neoplusma nicht vorhanden sein kann,
wenn in ihm nicht ein fremdes Element von parasitärer Natur gegen-
wärtig ist. Daß derselbe embryonale Keim, welcher im intrauterinen
Leben durch Sprossung unsere organische Gestaltung hervorgebracht
hat, nur durch Verrichtung derselben Funktion in unserem Organismus
während des extrauterinen Lebens ein Produkt erzeugen soll, das mit
demselben von ihm vorher unterstützten Leben unverträglich ist,
macht mir Mühe zu glauben, denn es scheint mir dasselbe zu sein,
als wollte man annehmen, die physiologischen Gewebe entständen
aus kranken Geweben, als wären wir selbst bösartige Tumoren.
Wenn aber das Adenom bösartig wird, also wenn es sich in ein
Epitheliom mit Embryonalzellen oder in ein Sarkom verwandelt, dann
ist der Augenblick da, wo man denken kann, die embryonale
Theorie sei mit der parasitären in Verbindung ge-
treten, also der embryonale Keim habe sich dem para-
sitären aufgelagert, ln diesem Falle wird das Adenom der
Anziehungspunkt des Keimes gewesen sein, es wird den locus
minoris resistentiae gebildet haben. Dann wird es möglich, daß
der Parasit sich in ihm lokalisiert, entwickelt und vermehrt. Da-
durch entsteht die stürmische Sprossung des epithelialen Elements,
welches wegen der Gegenwart des Parasiten den physiologischen
320
L) B. K o o ca I i ,
Typus nicht erreicht, sondern im epithelialen Zustande bleibt, und
die Umbildung in malignes Epitheliom. Wenn die wegen der Gegen-
wart der Parasiten in das Adenom herbeigeströmten Leukocyten Bich
zu stabilen Elementen organisieren und zugleich die fixen Binde*
gewebselemente in unbegrenzte Vermehrung eintreten, dann vollzieht
sich die Umbildung des Adenoms in Sarkom. Aehnliche Vorgänge
kann man bei den Teratomen (Dermoidcysten) in jenen seltenen
Fällen annehmen, wo sie sich in Epitheliome und wo andere gutartige
Tumoren sich in bösartige verwandeln.
Die Berührungspunkte, welche der klinische Verlauf der bös-
artigen Neoplasmen mit den chronischen Infektionskrankheiten hat,
ließ mit Recht die Vermutung entstehen, daß auch die Tumoren para-
sitären Ursprunges seien. Zugleich mit der embryonalen entstand die
parasitäre Theorie im Jahre 1874 durch die Arbeiten Nepveau’s.
Von da an bis zu Anfang des Jahres 1895, während welcher Periode
der Parasitismus in eine neue Phase trat, folgten die Arbeiten über
diesen Gegenstand aufeinander, wie eine Meereswoge auf die andere,
aber teils wegen der Verschiedenheit der beschriebenen und abge-
bildeten Formen, teils weil nicht immer das, was man für einen
Parasiten erklärte, ein solcher war, teils weil fast alle Autoren sich
über die wahre Natur der Parasiten getäuscht hatten, teils endlich,
weil sichere Beweise, daß jene Formen Parasiten seien, nicht erbracht
worden waren und besondere chemische und Färbungsreaktionen nicht
vorhanden waren, auch Reinkulturen und Reproduktionen bei Tieren
nicht gelangen, fanden die Arbeiten heftige Gegner und konnten die
allgemeine Zustimmung nicht gewinnen.
Bei der Geschichte des Parasitismus der Tumoren werde ich nicht
die zuerst von Fahre Dom erg ue uud dann von Pianese an-
genommene Reihenfolge annehmen, denn die Einteilung der verschie-
denen Parasitenformen in Typen ist willkürlich und entspricht nicht
der Einheit der Thatsacheu. Auf welche Basis stüzten sich Fahre
Domergue und Pianese, um zu behaupten, das Pseudococci-
d i u m des Typus Darier sei verschieden von dem des Typus A 1 -
barran, Nils Sjöbring, Foä, Soudake witsch u. s. w.?
Warum nennt Fahre Domergue den fuchsinophilen Körper
RusseH’s ein Pseudococcidium, während Russell selbst, seine
Fortpflanzungsweise nach weisend, ihn ein Ferment genannt hat? Wie
kommt es, daß Pianese, der doch Reinkulturen von pathogenen
Blastomyceten besitzt, die morphologische Analogie nicht berücksich-
tigt, welche die Blastomyceten in den Geweben mit den eingeschlos-
senen Formen, die von verschiedenen Autoren in den Krebszellen be-
schrieben werden, und daß er nicht bemerkt, daß diese Blastomyceten,
wenn in ihnen die Reproduktion abortiert, in diesem Falle dieselben
Formen reproduzieren, welche Korotneff als Rhopaloceph al us
carcinomatosus beschrieben hat? Wie geht es zu, daß dieser
Autor, der mit geringen Abweichungen auf der Spur von Fahre
Domergue weiter geht, ferner die sogenannten, von verschiedenen
Autoren beschriebenen Coccidieu unter verschiedene Typen gruppiert,
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Ueber den gegenwärtigen* Stand unserer Kenntnisse über die Aetiologie etc. 321
während doch jetzt nachgewiesen ist, daß die Blastomyceten in den
Geweben sowohl die Formen von Darier, als die von A 1 b a r r a n ,
von Foä, von Soudakewitsch, von Borrel, von Podwys-
sotzky, von Sawtschenko, von Vedeler etc. reproduzieren?
Aber wir wollen weitergehen und unter Berücksichtigung der Werke,
welche vom Jahre 1874 an bis zum Januar 1895 erschienen sind, die
Geschichte des Parasitismus beim Krebse in folgende vier Perioden
einteilen :
1) Periode der irrtümlichen Beobachtungen und Deutungen.
2) Periode der genauen Beobachtungen und irrtümlichen Deu-
tungen.
3) Periode der genauen, nicht experimentell nachgewiesenen Be-
obachtungen und Deutungen.
4) Periode der experimentell nachgewiesenen, richtigen Beobach-
tungen und Deutungen.
1) Die erste, auch unter der Benennung „Periode der Schizo-
mycetentheorie“ bekannte Periode beginnt im Jahre 1872 mit der
Arbeit von Nepveau. Er fand Mikroben in den Epitheliomen,
legte ihnen aber keine praktische Wichtigkeit bei. Erst im Jahre
1886 begannen die Schizomyceten durch die Arbeiten von Ra pp in,
Scheurlen und Fraenkel für die Genese des Krebses einige
Wichtigkeit zu erlangen. Rappin isolierte aus dem Safte von 16 Neo-
plasmen einen Diplococcus, den er Kaninchen einimpfte, wodurch
Knötchen in der Leber entstanden und das Tier an Marasmus starb.
Scheurlen sagte im Jahre 1887, er habe als den spezifischen
Veranlasser des Krebses einen sehr zarten Bacillus gefunden, und in
demselben Jahre bestätigte Fraenkel die Entdeckung. Auch F e r r e r o
fand in einem Epitheliom einen sporigenen, morphologisch mit dem
von Scheurlen identischen Bacillus. Bacillen in Epitheliomen
beschrieben auch Schill, Freire, Perrin, Bernabei, Sana-
relli, Länderer, Maffucci, Majocchi, Babes, Rosen-
thal, Kubas so ff und mehrere Andere. Shattock und Ballance
fanden Kokken in Tumoren, und endlich beobachtete Maufredi
einen der Pneumonie sehr ähnlichen Micrococcus.
Diese Theorie mußte notwendigerweise fallen, weil sie auf irrige
Beobachtungen und nichts beweisende Kultur- und Inokulationsver-
suche gegründet war. Denn alle die Forscher, welche aus Epithe-
liomen und Sarkomen Bacillen und Kokken isoliert hatten, waren bei
der Inokulation zu negativen Resultaten gelangt, indem sie
saprogene oder saprophytische Mikroorganismen benutzt
hatten. Dies wurde für den Bacillus von Scheurlen nachgewiesen,
von Fraenkel und Sänger mit dem der Kartoffel identifizierten,
Pfeiffer mitProteus mirabilis, und Sanquirico und Sana-
relli mit einem schon von Bizzozero und Bordoni-Uffreduzzi
beschriebenen Saprophy ten der Haut. Die Allgemeininfektionen
waren durch septi käm ische Mikroorganismen hervorge-
bracht. Das einzige positive Resultat war das von Rappi n gewesen,
aber heute weiß jeder, daß es viele Mikroorganismen giebt, welche
durch ihre Inokulation Granulome und echte pseudotuberkulöse Pro-
zesse hervorbringen.
CnU Abi. XXI. Bd. 21
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322
D. B. Rone >1 i,
Ein fernerer Irrtum der Theorie lag io der Behauptung des mög-
lichen Verursachtseins des Krebses durch die Schizomyceten, wahrend
man wußte, daß keiner von den bekannten Schizomyceten die Eigen-
schaft hatte, wirkliche Tumoren hervorzubringen. Unter den Schizo-
myceten, welche scheinbar Tumoren erzeugen, nennt man die Tuberkel-
bacillen, die des Rotzes, der Lepra etc.; aber das von diesen Parasiten
hervorgebrachte allgemeine Granulom zeigt niemals auf dem Durch-
schnitte einen Neubildungsprozeß im wahren Sinne des Wortes, son-
dern einen wesentlich phlogogenen Vorgang. In diesen Granulomen
fehlt ein wichtiger Charakter, der für sich allein genügt, um sie von
den Tumoren zu unterscheiden, nämlich daß ihre Elemente niemals
einem physiologischen Typus zustreben, oder ihn erreichen, wie es
mit den Elementen der bösartigen Neubildungen der Fall ist. Es
war also ein logischer Fehler von seiten jener Beobachter, daß sie
nur von fern daran gedacht hatten, ein Schizomycet könne jemals ein
Sarkom oder Epitheliom erzeugen, und darum habe ich diese Phase
der Geschichte des Parasitismus beim Krebs mit dem Namen: Periode
irrtümlicher Beobachtung und Deutung bezeichnet.
Die zweite Periode, die der Cocci dientheorie des
Krebses, ist wahrhaft glänzend verlaufen wegen der großen Wich-
tigkeit der publizierten Werke, welche zu einem bemerkenswerten
Fortschritte unserer Kenntnisse über die Aetiologie des Krebses gelührt
haben. Die in dieser Periode gemachten Beobachtungen sind rich-
tig, aber die Deutung ist irrig. Der Irrtum entstand an dem
Tage, wo die Beobachter sich dadurch beeinflussen ließen, daß Ha 116,
Virchow und Gubler Protozoen in menschlichen Tumoren, und
Emer, Dreßler, Grassi, Rivolta, Podwyssotzky und Lin-
dem an n Coccidien in den Nieren des Menschen angetroffen hatten.
Der Eindruck war so stark, daß alle glaubten, eine sehr große mor-
phologische Analogie zwischen den Coccidien mit ihren Fortpflanzungs-
phasen und den Einschlüssen in den Krebszellen mit ihren angeblichen
Reproduktionsphasen zu finden.
Die Autoren, überzeugt, beim Epitheliom und Sarkom Coccidien
vor sich zu haben, gaben sich unter Anleitung des Studiums des
Coccidium oviforme und der Läsionen, welche dieser Parasit
in der Leber des Kaninchens hervorbringt, sowie unter Führung der
Vermehrungserscheinungen der Coccidien, die sie dem Verhalten dieses
Wesens in den Geweben des Menschen und der Tiere entnahmen, der
Untersuchung der Analogieen hin, die das angebliche Coccidium
des Krebses mit den verschiedenen Coccidien darbot, und fanden bei
diesem Pseudococcidium nicht nur alle Phasen der Sporenbildung,
sondern auch den ganzen Cyklus der Bildung der sichelförmigen
Körperchen, wobei sie fettige und hyaline Degeuerationsprozesse, teils
des Kernes, teils des Zellprotoplasmas für Sporen und Sporencysten,
und die verschiedenartigen Anordnungen, welche die Kernsubstanz
bei Zuständen von Degeneration und Hyper- oder Hypochromatose
annimmt, für sichelförmige Körperchen nahmen.
Auf solche irrige Annahmen begründet, mußte die Coccidientheorie
des Krebses notwendigerweise die Folgen ihrer Erbsünde tragen und
allen Angriffen und Kritiken der Gegner der parasitischen Genese
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Ueber den gegenwärtigen Stand unserer Kenntnisse über die Aetiologie etc. 323
der Tumoren erliegen. So hatten also Power D’Arcy, Steen -
house, Fahre Domergue, Duplay und Cazin, Noeggerath,
Török, Unna, Cornil, Kiener, Petersen, Classen,
llansemaDD, Stroebe, Hlava, Obrzut, Pianese, Tram-
bus ti etc. Recht, als sie die Krebscoccidien bekämpften, da sie sahen,
daß die von Darier, Albarran, Malassez, Galloway,
Borrel, Kurstiner, Bouchard, Clarke, Kahane, Nils
Sjöbring, Foä, S oudake witsch , Po d wy s so tz k y und Sa w -
tschenko, Ruffer und Walker, Ruffor und Plimmer,
Korotne f f, Kurloff, Vedeler, Jürgens, Kahane etc. in den
bösartigen Neoplasmen des Menschen als Coccidien beschriebenen
Formen weder die morphologischen noch die biologischen Eigenschaften
der Coccidien, noch die der Gregarinen, noch der Mikrosporidien,
noch der Myxosporidien besitzen, und da sie wußten, daß keine der
uns bekannten Sporozoenarten Neoplasmen erzeugen, weder in der
Unterabteilung der wirbellosen Tiere, noch in der der Vertebraten.
Aber sie waren im Unrecht, als sie diese Formen durchaus für
Produkte der Degeneration des Kernes und des Zellprotoplasmas er-
klären wollten, und nicht erkannten, daß zwar kein Grund vorhanden
war, jene Zelleinschlüsse für Coccidien zu erklären, dagegen andere
Gründe Vorlagen, um ihre parasitische Natur anzuerkennen. Aus
diesem Grunde hat die dauernde Zerstörungsarbeit der antiparasi-
tischen Schule keinen Nutzen gebracht, und wenn die Verteidiger
dieser Theorie sich in der Deutung geirrt haben, so kommt ihnen
doch der Ruhm zu, zuerst durch exakte Beobachtungen den
Studien über die Genese des Krebses eine kräftige Anregung gegeben
zu haben.
Es ist nicht möglich, alle von den verschiedenen Autoren be-
schriebenen Zelleinschlüsse zu beschreiben, ich beschränke mich daher
darauf, die Beobachtungen von Foä und Soudakewitsch anzu-
führen, als die der vorzüglichsten Beobachter, die nur parasitische
Formen und keinen Fall von Degenerationen beschrieben und ab-
gebildet haben.
Foä hat aus Drüsenepitheliomen die verschiedenen Formen be-
schrieben und abgebildet, welche die Parasiten in Tumoren zeigen
können. Bei der Untersuchung am frischen Objekte sah man den
Parasiten, von einer Kapsel umgeben, im Protoplasma, und niemals
im Kerne der Zelle liegend. Die jugendlichen Formen erschienen als
ein oder mehrere, schwach durch Hämatoxylin gefärbte Körperchen ;
bald waren sie homogen, bald enthielten sie ein dunkleres Körnchen
in der Mitte. „Foä sah auch größere parasitische Formen, als
die obigen. Sie bestanden aus einem centralen Kerne, umgeben von
einem hellen, durch eine Kapsel begrenzten Raume, so daß das Ganze
des Körperchens das Aussehen einer Cyste hatte.“
„Bisweilen lagen diese Parasiten nahe an der Konkavität des
Kernes; sie waren fast so groß, wie ein weißes Blutkörperchen, und
von einer stark gefärbten, fein gestreiften Kapsel umgeben. In der
Mitte fand sich ein großes, intensiv gefärbtes Körperchen, von einem
sehr feinen, durchsichtigen Halo und von Protoplasma umgeben.
Dieses erschien in einigen Körperchen an der Peripherie gefaltet, so
*1*
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324
D. B. Ron c all,
daß es das Aussehen einer Kokarde batte, und in einigen seltenen Fällen
zeigte das Protoplasma eine regelmäßige Segmentierung, so daß es
an die Figur einer Rosette erinnerte.“
„In einem anderen Falle waren vorwiegend cystische Formen
vorhanden. Es waren große Körper, von einer Kapsel mit doppeltem
Umriß begrenzt. Der Inhalt färbte sich bisweilen blau, und man
sah darin ein oder mehrere rundliche Körperchen von ungleicher
Größe und regelmäßiger Bildung, als wären sie durch gleichmäßige
Segmentierung eines ursprünglich einzelnen Centralkörperchens ent-
standen“.
Soudakewitsch drückt sich bei Beschreibung der Krebskörper-
chen folgendermaßen aus : „Die eingeschlossenen Körper sind mit einer
mehr oder weniger dicken Kapsel versehen und haben sehr ver-
schiedene Gestalt, bald rund, bald unregelmäßig ; ihr Aussehen ist das
einer amöboiden Zelle, wurmförmig oder halbmondartig. Bei einigen
erscheint um den amöboiden Körper eine Schicht aus fein körniger
Substanz bestehend; dann sieht man eine Bildung ähnlich dem Kern
und endlich einen Kern, der Verwandtschaft zu den eigentlichen Kern-
farben zeigt. Zuletzt fand Soudakewitsch in der Krebszelle eine
andere, kleinere Zelle mit deutlicher Kapsel, die nach Größe und
Gestalt sich einem Leukocyten näherte. Die vollständigsten Ein-
schlüsse sind diejenigen, welche mit einer Kapsel versehen sind, oder
die, welche man als doppelte Einschlüsse betrachten kann; ihr Inhalt
ist bisweilen vielfach (multiplo), bisweilen voluminös und noch andere
Male sehr klein. In verhältnismäßig seltenen Fällen waren zwei,
drei und selbst fünf Körper in eine Zelle eingcschlossen und zeigten
in diesem Falle immer geringeres Volumen, als wenn sie sich im Zu-
stande multipler Einschließung befanden“.
Mehr synthetische und zugleich mehr wahrheitsgemäße Be-
schreibungen, als die von Foä und Soudakewitsch kann man sich
nicht vorstellen.
Aus dem Studium der Arbeiten aller Forscher gehen folgende
zwei Thatsachen zu Gunsten des parasitischen Ursprungs des Krebses
hervor: 1) daß alle Beobachter darin übereinstimmen, daß sie den
von ihnen für parasitisch erklärten Formen feste Grundcharaktere
beilegen. Solche sind: eine Kapsel mit einfachem oder doppeltem,
lichtbrechendem Umriß, hyaline Galonen, im Centrum oder an der
Peripherie liegendes, homogenes oder körniges Protoplasma, und 2
bis 4 oder mehr lichtbrechende Körnchen im chromatischen Proto-
plasma; 2) daß diese Erscheinungen vollkommen denen entsprechen,
die wir durch Inokulation von Blastomyceten in die Gewebe experi-
mentell hervorbringen können.
Dieser vollkommenen Uebereinstimmung der Verteidiger der
Parasitentheorie stehen ihre Gegner gegenüber, welche behaupten,
die oben genannten Formen seien nichts weiter, als Folgen der De-
generation von Kernen und Zellen, und es ist wunderbar, zu sagen:
bei dieser Behauptung stimmt keiner mit dem anderen in der Er-
klärung überein, zu welcher Art von Degeneration diese angeblichen
Coccidien gehören.
So wurde angenommen : fettige Degeneration von Malas-
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Ueber den gegen wKrtlgen Stand unserer Kenntnisse über die Aetiologie etc. 325
sez, kolloide Degeneration von Török, Unna, Fabre
Domergue, Török und Tomraasoli, Malassez; hyaline
Degeneration von Unna; hornige Degeneration von
Kiener, Fabre Domergue, Petersen; schleimige Dege-
neration von Kosinsky, Hlava und Obrzut; Keratin isation
von Petersen; Degeneration der Leukocyten und Cru-
orocyten von Clacssen, Hlava, Obrzut, Török; Degene-
ration der Kerne der polynuklearen Zellen von Cornil,
Kiener; Degeneration der endogenen Bildungen von
Virchow, Reven; abortive, karyokinetische Formen
mit eigentümlicher hydropischer Degeneration, Power
D’Arcy; gemeine (commune) oder funktionelle Chro-
niatolyse, oder die von den Leukocyten abhängende,
oder mitotische Formen von D’Anna; Vakuolisation von
Trambusti; endlich alle Arten der Degeneration von Pianese.
Ich könnte mit der Schilderung dieser Zwietracht der Meinungen
weiter fortfahren ; sie ist der klarste Beweis nicht nur für das Wanken
der Basis, auf welcher die Gegner der Theorie ihre Gründe aufgebaut
haben, sondern auch für die geringe Sicherheit, mit der die Autoren
festgestellt haben, welcher Art von Degeneration diese Zelleinschlüsse
zuzuschreiben seien. Beim Lesen dieser Arbeiten bemerken wir die
seltsame Erscheinung, daß ein und derselbe Einschluß sich unter den
Augen eines anderen Beobachters in mehrere Dinge zugleich ver-
wandelt.
Dies rührt daher, daß die Gegner der Theorie ihre Behauptungen
nicht, wie sie gesollt hätten, auf chemische Gründe stützen, sondern
sich mit dem bloßen morphologischen Kriterium und der sehr un-
sicheren Farbenreaktion begnügen, um das eine für eine hyaline, das
andere für eine kolloide, schleimige oder hornige Degeneration zu er-
klären, wobei sie sich noch mehr der Kritik aussetzten, als die,
welche nach dem bloßen morphologischen Kriterium die Coccidien-
natur jener Körper behaupten ; sie sind tadelnswerter, doch die, welche
den von anderen angenommenen Thatsachen widersprechen, haben
die strenge Verpflichtung, ihre Behauptungen durch Beweise zu
stützen, vor deren Klarheit sich alle verneigen müssen. Da die
Gegner der Theorie dies nicht gethan haben, so haben sie sich ferner
der unangenehmen Ueberraschung ausgesetzt, sich sagen zu lassen,
sie hätten Körper von wirklich parasitischer Natur als durch Zellen-
degeneration erzeugte Körper beschrieben.
(Schluß folgt.)
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326
R. R. Bensley,
Nachdruck verboten.
Two forms of Distomum cygnoides.
By
B. B. Bensley, B. A., M. B.,
Absistant-deuiunbtrator of Biology, Uuivernity of Toronto.
With 1 plate.
Id examining a number of specimens of Distomum cygno-
ides Zeder, I observed tbat some of the animals, although present-
ing the characteristic shape and movements of this species, agreed
with the majority of distomes in possessing only two testes. The
others corresponded in this respect to the descriptions published by
von Lin stow 1 ) and Looss 2 ) and possessed nine.
The two forms thus differentiated, resembled one another so
closely, that the question naturally arose whether they were to be
considered as distinct forms, or as developmental phases of a single
species. The latter view seems to have been the one held by
Looss, who has also observed specimens of this worm with two
testes. This observer evidently regarded the multiple testes of
Distomum cygnoides, as having arisen from tbe di vision into
lobes of two primary simple testes, and he represented in his fig. 24
(o) such an animal, in which, according to him, the process was just
beginning.
Having found a large number of specimens of this form, and
many different stages between the apparent extremes of age, I was
led to suspect that the forms with two testes were not simply
developmental phases of the polyorchid form, and a careful investi-
gation of a large number of specimens has confirmed me in this
belief.
The very active movements which these animals display render
comparative tncasurements of the living worm quite valueless as a
means of determining relative ages. I therefore resorted to killing
them by immersion in glacial acetic seid which left them in a con-
dition of moderate extension very favorable for comparative measure-
ment as well as for anatomical study.
As a result of this investigation, I have been convinced not
only that each of the two forms retains its distinctive anatomical
features throughout life, but that the published descriptions of
DiBtomum cygnoides are drawn from observations made partly
on the one form and partly on the other.
For this reason I have considered it desirable to contribute a
separate account of the two forms. In the descriptions which follow,
I shall designate them as Distomum cygnoides varieties A and
1) v. Lin» tow, Helmintb. Untersuch. (Zool. Jahrb Bd III. 1888.)
2) A. Looss, Die DUtomen unserer Fische und Frösche. (Bibi. Zool. 1894.
Heft 16.) For a perusal of this work I am indebted to the kindness of Dr. C. W.
Stiles of Washington, U. S. A.
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Two form.? of Distomuni cygnoides.
327
B, and leave for later discussion the question whether the differences
are sufficiently great to entitle the new form to specific rank.
The worms studied were obtained from the bladders of Ra na
catesbiana, R. clainitans and R. virescens.
Distomum cygnoides var. A.
The individuals examined ranged between 0,7 and 4,6 mm in
length. The younger specimens are white and transparent, the
oldest present a light yellowish brown color dne to the eggs which
then fill tbe posterior end of the body. The powerful development
of the ventral sucker, which even in the contracted phase is usually
wider than the body of the animal, determines the division of the
body into two regions, which join one another at an angle of variable
magnitude, behind the middle of the sucker. The anterior of these,
which constitutes in an animal of medium size about one third of
the entire length of the worm, is cylindrical iu shape and usually
curved in such a way that the rnouth is directed ventrally. The
posterior portion is more compressed and is triangulär in outline,
tapering behind to a rather sharp point at the apex of which the
excretory pore is placed. The body attains ita greatest width just
behind the ventral sucker.
The ventral sucker varies in size with the age of the animal.
In its contracted phase and in the older animals it may attain a
diameter of 1,2 mm. In the phase of maximum extension it becomes
a flat disc and its apparent size is very much increased. In animals
killed in glacial acetic acid the relative size of the oral and ventral
suckers is fairly constant, tbe latter being as a rule about three
times the size of tbe former.
The digestive apparatus consists of an oesophagus without any
pharyngeal bulb, and of two simple intestinal coeca which extend to
near the posterior end of the body.
The ovary is situated close behind the ventral sucker, being
only separated from it by the lobes of the yolk gland. It may be
found on either the right or left side of the body. In twenty out
of thirty specimens examined by me it was situated on the left side.
This organ was described by Page n Stecher *) as a lobed struc-
ture and I have been able to coufirm his observations in this respect,
there being usually four principal lobes which join in a common cen-
tral mass from the dorsal surface of wbich the oviduct arises. The
ovary is surrounded by a basement membrane and consists of several
layers of ova in various stages of development grouped around a
large central cavity. The cells of the outermost layer except in the
neighborhood of the origin of the oviduct are of small size and may
be observed in various stages of indirect division constituting the
germinal layer. In tbe centre of each of tbe principal lobes is a
large cavity of somewhat irregulär shape, in which mature ova lie,
and which is in wide communication with a central cavity into which
1) Trematoden und Trematodenlarven von Dr. med. H. A. Pagenstecher,
Heidelberg 1857.
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328
- R. R. Bcnsley ,
the oviduct opens. I have not been able to find any trace whatever
of the framework described by Pagenstecher as penetrating the
substance of the ovary in this form.
The oviduct is a narrow cylindrical tube arising front the middle
of the dorsal surface of the ovary. After a short and rather curved
course dorsad and forward, it expands abruptly to several times its
origiual diameter, forming the “Befruchtungsraum” of Looss. This
second segment of the oviduct is placed transversely, gradually
diminishing in size until, having reached the middle line of the
body, it has nearly regained its original diameter. Here it gives off
the duct of Laurer, which passes to the opposite side of the body
to that on which the ovary iB placed, and opens to the exterior by
a pore on the dorsal surface. From this point the oviduct passes
forward, and, entering the substance of the shell-gland, expands to
form the ootype. Beyond this it is continued as a much larger tube
the uterus, which in older animals is much coiled, and so filied with
eggs that the posterior end of the body becomes little eise than an
egg-sac. The uterus finally emerges from the mass of coils, and
passing forward, over the base of the ventral sucker, opens to the
exterior by the genital pore situated about the middle of the ven-
tral surface of the neck region. The uterus contains in addition to
eggs, here and there clumps of spermatozoa, and these are also pre-
sent in large numbers in all parts of the oviduct.
The vitellogen is placed between the ovary and ventral sucker,
and consists of a right and left lobe joined to one another by a trans-
verse duct. Each lobe consists of a number of flask-shaped lobules
grouped in the form of a rosette around the ends of the transverse
duct. In the younger specimens these lobules are quite internal to
the intestinal coeca, but in older forms may become elongated, and
then extend out dorsal and ventral to the intestine. This division
into lobules takes place quite early, and in an animal 1,3 mm in
length, the yolk gland was found as a somewhat rectangular mass
with irregularly cut edges, which resembled closely the permanent
condition of the gland in var. B. In the centre of the transverse
duct is a triangulär cavity the yolk reservoir from which the common
duct arises.
Since the researches of Pagenstecher *) Distomum cygno-
ides has been known to possess more than the usual number of
testes. This observer estimated twelve which number was afterwards
reduced to nine by Pachinger 2 ) whose observations in this respect
have been recently confirmed by Looss. The latter found that the
testes were arranged in two longitudinal rows of four and five
respectively, the row of four being on the same side of the body
as the ovary. In all the specimens which I have examined the
arrangement was the exact rcverse of this, five testes being found
on the same side of the body as the ovary, and four on the opposite
side. The members of each group are connected with one another
1) Pagenstecher loe. eit.
2) Pachinger, Qnoted by v. Linstow loe. eit.
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Tiro form» of Distomam cygnoides.
329
by a narrow duct which connects the centres of the adjacent sur-
faces. The individual testes are somewhat rectangular in shape in
the younger worrns, but become irregularly notched as age advances.
From the centre of the aDterior testis emerges the vas efferens, which
joins that of the opposite side to form the vas deferens, this in tarn
passing forward to terminate in the seminal vesicle. This latter is
an elongated pyriform sac with the anterior end turned over in such
a way that the portion from which the ejaculatory duct arises is
directed backwards. The latter structure is a narrow tube surroun-
ded by a number of small pear-shaped prostatic cells, and meets the
terminal portion of the uterus at the genital pore.
The nine testes in this form do not arise by the division into
lobes of two primary simple testes, as I have found, in an in-
dividual 0,7 mm in length in which spermatogenesis bad not yet
begun, each of the nine testes represented by a clump of small
ronnded cells, and shewing the grouping characteristic of the adult.
The animal represented by Looss in bis figure 24 (o) obviously
belongs to var. B.
Distomum cygnoides var. B.
Variety B. attains a much greater size than A, the largest in-
dividual 1 have met with being 10 mm in length in a condition of
moderate extension. The young worm is white in color and quite
transparent, but as age increases and eggs begin to make their ap-
pearence in the uterus, the animal assumes a yellowish brown color,
which deepens to a reddish brown in the oldest forms, The posterior
region of the body is less triangulär in shape and relatively much
longer than in var. A, measuring in an animal 5,45 mm in length
4,13 mm, thus about three quarters of the entire animal. The greatest
width is attained about the middle of the posterior region.
The ventral sucker, although still a conspicuous feature is rela-
tively much smaller than in A, being 1,5 times to twice the size of
the oral sucker. It is more nearly spherical in shape, and in the
contracted phase opens by a small oval or round opening.
The most striking difference between the two forms is presented
by the genital apparatus. The vitellogen and ovary are relatively
farther back in the body than in A. The latter organ is reniform or
oval in shape and in seventeen out of twenty three specimens was
on the left side. The Btructure also is different from that described
for A. Here the developing ova almost fill the basement membrane,
leaving only a small cavity near the origin of the oviduct. The ger-
minal layer is usually two or three layers in thickuess and is found
over the whole surface of the ovary, with the exception of a small
area on the dorsal surface from which the oviduct arises. The ovary
is destitute of any supporting elements, but the ova in the neighbor-
hood of the hilum are frequently radially elongated, and might readily
be mistaken for fibrous elements.
The relations of the ovary, oviduct, fertilisation space, and canal
of Laurer are represented in fig. 5 and resemble those described for
var. A. The shellgland is a fairly compact heartshaped mass divided
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330
B. R. Hensley, T wo forms of Distomum cygnoides.
by a transverse groove into an anterior and posterior lobe. Its
relation to tbe oviduct is peculiar, and is represented in fig. 6. The
ootype is entirely outside of the substance of the sbeli gland although
overlapped by the anterior lobe. The flask-shaped cells of which
the gland is composed pour their secretion into the oviduct around
the point of entrance of the vitelline duct, and in the interval between
this and the ootype, only a few of the ceils of the anterior lobe being
connected with the proximal end of the ootype itself. The uterus
is similar in its structure and relations to that of variety A, and
necd not be separately described.
The yolk glands are much simpler in their Constitution than in
var. A. In the younger animals they are spherical but in older worms
become elongated irregulär masses, the edges of which are obscurely
marked off into rounded lobules, and from the centres of which the
transverse duct arises. The two lobes of the gland are rarely sym-
metrica].
The testes are two in number, oval in the yonger individuals,
more irregulär in those in which the uterus contains eggs. The anterior
testis is placed some distancc behind the ovary on the opposite side
of the body, tbe posterior and larger is on the same side of the body
as the ovary. The vasa efferentia arise from the anterior ends of
the testes, and passing forward join just in front of the shell-gland
to form the vas deferens which conveys the spermatozoa to the
seminal vesicle. The vas efferens from the anterior testis passes
frequently in close relation to the terminatiou of the duct of Laurer,
and it was this fact, doubtless, that led Pagenstecher to infer that
the spermatozoa were conveyed by a narrow duct directly to the
oviduct.
The seminal vesicle when full is more rounded than in var. A,
but is divided by a dorsal groove into an anterior smallcr and a
posterior larger chamber. From the former arises the ejaculatory
duct which is similar in all respects to that of A.
Conclusious.
It thus appears that under the specific name cygnoides Pa geil-
ste eher and Loos s have confused two forms of distome. The dif-
ferences may be summarized as follows.
One form possesses an ovary divided into several lobes, nine
testes of which tive are on the same side of the body as the ovary,
four on the opposite side, and a vitellogen subdivided into several
small lobules. The other possesses an undivided reniform ovary, two
testes, and a much simpler vitellogen. It also attaius a greater size
and is provided with a relatively smaller ventral sucker.
The question whether the differences between the two forms are
specific is one which I am at present uuable to discuss. I am, however,
inclined to the opinion that the two forms are distinct, and that
the resemblances between them are rather of a convergent than a
divergent nature. Should this prove to be the case, the nomcnclature
of the two forms will have to be reconsidered. I have not had access
to Zeder’s original description, and that of Diesing is not suf-
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(imlnilUill C BakUriokyif . U>/. / Rd .W.
*?
,rs,\lv of Ca ’if 0
•Ccai l>v_v.
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Maksutow, Zur Frage über das Verhältnis der D&türlicheu Immun ll Mt etc. 331
ficiently definite to enable one to determine which of these forms
was the subject of Zeder ’s description. It seems to me proper that,
in the event of the two forms being fuund to be distinct species, the
specific name cygnoides should be retained for the polyorchid form.
Further light on this subject may be afforded by a study of the
development of the egg.
Explanation of fignres.
Fig. 1, Photo-micrograph of Oistomum cygnoides var. B X 17* v. s.
vesicnla aemioalis ; v. t. vitellogen ; t. testis; ov. ovary.
Fig. 2. Distomutn cygnoides var. A X 37.
Fig. 3. Ovary of var. A oblique section; ZeiB apochromat 2 mm, compens. ocul. 4.
Fig. 4. Ovary var. B, vertica! section ; ov. d. oviduct.
Fig. 5. Female genital apparatus of var. B, ZeiB DD, 1; v. t. vitellogen; v. d.
vitelline duct ; sh. g. sbell gland ; f. 8. fertilisation space ; c. 1. canal of Laurer; ut.
uterus.
Fig. 6. Vertical section of shell gland of var. B, ZeiB apochrom. 2 mm compen-
sation ocular 4; o. t. ootype ; ut. uterus; c. v. d. common yolk duct; ov. d. oviduct.
Nachdruck verboten.
Zur Frage über das Verhältnis der natürlichen
Immunität zur künstlichen.
Vorläufige Mitteilung.
Von
Dozent, Magister A. Maksutow
in
Kiew.
Für meine Arbeit Uber das Verhältnis der natürlichen Immunität
zur künstlichen zeigte sich die Notwendigkeit, einige Fragen über
die Bedingungen der Ausarbeitung spezifischer Toxine durch Mikroben
in künstlichen Nährmitteln zu lösen. Dazu wählte ich die Diphtherie-
bacillen. Die veranstalteten Experimente ergaben viele für sich
interessante Resultate, die ich daher hier in Form einer vorläufigen
Mitteilung kurz wiedergeben möchte.
Aus diesen Experimenten ergab sich Folgendes:
1) Beim Wachstum der Kulturen in neutraler oder alkalischer
Bouillon bilden sich außer Toxinen noch Körper von säuerlicher Eigen-
schaft (Amidsäuren und Fettsäuren).
2) Die Bildung der Toxine findet auf alkalischen oder neutralen
Nährmitteln statt.
3) Körper sauerer Reaktion bilden sich durch Zerfallen von
Eiweiß.
4) Wenn das Nährmittel durch Anhäufung dieser Körper eine
sauere Reaktion bekommt, hört die Bildung der Toxine ganz auf.
1) Die größten Toxinequ&ntilftten sind aus Bouillonkuliuren der Diphtheriebacillen
erbalteo worden.
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332 M»ks uto w , Zur Frage über das Verhältnis der natürlichen Immunität etc.
5) Der Charakter der als Substrat dienenden Eiweiße hat einen
großen Einfluß bei der Bildung der Toxine, sogar auch in dem Falle,
wenn diese Eiweiß enthaltenden Körper nach ihrer Konsistenz nahe
zueinander stehen; z. B. Witte’s und Adamkiewitsch’s Pepton,
welches immer einen kleinen Zusatz von Propeptonen (Albumosa)
enthält, giebt bei seinem Zerfallen, entsprechend dem Wüchse der
Diphtheriekultur, bei fortwährender alkalischer Reaktion des Nähr-
mittels eine enorme Quantität von Toxinen, während das diesen Zu-
satz nicht enthaltende Pepton unter denselben Bedingungen als
Resultat seines Zerfaliens eine Bildung von Bestandteilen giebt, welche
nicht den Charakter der Toxine tragen.
6) Aus den Experimenten ergab sich, daß als das beste Nähr-
mittel zum Erhalten der größten Quantitäten von Toxinen gewöhnliche,
1,5 — 2,0 Proz. Witte’s Pepton 1 ) enthaltende Bouillon dient, unter
der Bedingung, daß das Nährmittel während des Wuchses der Kultur
(4—5 Wochen) immer alkalisch bleibt. Letzteres wird dadurch er-
zielt, daß man bei der Bereitung der Bouillon nach ihrer Neutrali-
sation durch phosphorsaures Natrium 13 — 15 g desselben Salzes auf
1 1 Bouillon zufügt.
ln einer solchen Bouillon entwickelt sich die Kultur rasch und
wächst ununterbrochen im Verlaufe von 4 — 5 Wochen. Am 3. oder
4. Tage nach der Aussaat erscheint auf der Oberfläche der Bouillon
ein Häutchen, welches täglich oder einen Tag um den anderen durch
Schütteln der Kolben gleichmäßig im Nährmittel verteilt werden
muß *).
Die Temperatur des Thermostaten darf nicht unter 38° C sein.
7) Die letale Dose des hier sich bildenden Toxins beträgt für ein
450—500 g schweres Meerschweinchen 0,01 — 0,005 ccm.
8) Die in einem solchen Nährmittel wachsende Kultur wird nicht
schwächer. (Ich besitze die 78. Generation der Kultur, die aber die
ganze Zeit an Kraft gleich starke Toxine gegeben hat.)
9) Jede beliebige, sehr schwache Toxine gebende Kultur wird,
wenn man sie in die angeführte Bouillon überträgt, schon in den
ersten Generationen sehr virulent, so daß man für die Verstärkung
der Virulenz gar nicht nötig hat, sich eines Tierkörpers zu bedienen.
10) Die hier angeführten Experimente zeigen, was für einen
großen Einfluß die kleinste Aenderung iu der Konsistenz des Nähr-
mittels auf die Bildung spezifischer Toxine durch pathogene Mikroben
oder ihre völlige Abwesenheit hat, abgesehen vom guten Wachstum
der Kultur.
Außerdem giebt das Factum, daß diese Veränderung sich nur
auf Ersatz von nahe zu einander stehenden und zu ein und derselben
Art gehörenden Eiweißkörper beschränkt, sowie alles andere bereits
Angeführte, Anlaß, ebensolche Beziehungen im lebendigen Organismus
1) Pepton erhalte ich ans dem Lager der Kubischen Gesellschaft für Handel mit
Apothekerwaren als das sogenannte Peptonnm »iccum.
2) Eine ebensolche Bedingung, sagt Wassermann, sei notwendig mm Erhalten
der tozinreichsten Bouillonkultureu des llac. pyocy anens (siehe Berliner klin.
Wochenschr. 1896. p. 226). Wahrscheinlich wirkt in diesen Fällen auf die Toxin-
bildung der Sauerstoff der Luft schwächend.
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Dzierzgowski, Ueber das Verhalten des Diphtherieheil»erums etc. 333
verschiedener Tierarten vorauszusetzen. Hier, sowie in den chemischen
Bestandteilen, als auch in den Eigenschaften der Eiweißkörper haben
wir sogar mehr Verschiedenheit, als in den bereits erwähnten Kultur-
nährmitteln.
Mit anderen Worten, es geben diese Experimente Anlaß, anzu-
nehmen, daß die natürliche Immunität vorherrschend davon abhängt,
daß der immunisierte Organismus, wenn er auch genügendes Nahrungs-
material für das Wachstum der Mikroben liefern kann, doch seiner
Natur nach so beschaffen ist, daß als Resultat dieses Wachstums (der
Eiweißzerfall) Körper mit fehlendem Toxincharakter erscheinen. Folg-
lich werden diese Mikroben, pathogen für andere Tierarten, hier keine
spezifischen Krankheiten bewirken und infolge der Abwesenheit von
Toxinen auf eine oder die andere Weise wie fremde Körper aus dem
Organismus entfernt, wie wir das in dem Falle finden, wenn nicht
pathogene Mikroben in den Organismus geraten.
21. Dezember 1896.
Nachdruck verboten.
Zur Frage „Ueber das Verhalten des Diphtherieheil-
serums bei der Filtration durch das Chamberland’sche
Filter“.
[Aus dem Institute für experimentelle Medizin zu St. Petersburg]
Von
J. Dzierzgowski.
Unter dem obigen Titel hat Dr. L. de Martini in Band XX.
(p. 796) dieses Centralblattes einen Aufsatz veröffentlicht, in welchem
er auf Grund seiner Versuche behauptet, daß das Dipbtherie-
heilserum infolge der Filtration durch Chamberland 'sehe Filter
nicht nur an seiner Heilkraft, sondern auch an dem prozentischen
Gehalte an Eiweißstoffen wesentliche Verluste erleidet. Das Ergebnis
der Versuche von Herrn de Martini widerspricht total den
ineinigen, die ich vor 1 */» Jahren in Band IV. No. 3 des „Archives
des Sciences biologiques de St Pötersbourg“ veröffentlicht habe.
In der genannten Arbeit zeigte ich, daß, wenn die, die wirksamen
Stoffe enthaltenden Eiweißffüssigkeiten, wie Diphtherie- und Tetanus-
toxine, Diphtherieheilserum, Pankreas- und Magensaft, durch Cham-
berland’sche Kerzen filtriert werden, nur die ersten Portionen
einen geringeren Gehalt an aktiven Substanzen aufweisen , und
daß bei der fortgesetzten Filtration die spezifische Aktivität der
Filtrate steigt, bis sie den unfiltrierten Flüssigkeiten gleich wird.
Ich zeigte ferner, daß dieser Verlust an Aktivität in den Filtraten
um so- kleiner wird, je reicher die zu filtrierenden Flüssigkeiten an
Eiweiß sind, jedoch bis zu einer gewissen Größe. So hat z. B. ge-
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334
J. Dzierzgowski,
rade das erste Filtrat von Diphtherieheilserum den gleichen Gehalt
an Antitoxin wie das unfiltrierte Serum.
Der Widerspruch zwischen den Resultaten von Herrn de Mar-
tini und den ineinigen konnte einen doppelten Grund haben.
Bei meinen Versuchen, wo ich mit den schwer zu beschaffenden
Säften, wie Magen- und Pankreasaft, zu thun hatte, benutzte ich
verhältnismäßig kleine Mengen — 100—200 ccm — Flüssigkeit und
filtrierte sie durch kleine, abgeschnittene Kerzen. Herr de Martini
filtrierte größere Mengen des Heilserums — 300 — 500 ccm, — wobei
er offenbar ganze Chamberland’sche Kerzen benutzte. Dies konnte
der eine Grund sein.
Ich habe daher meine früheren Versuche in der Weise wiederholt,
daß ich Serum von drei verschiedenen, gegen Diphtherie immunisierten
Pferden durch drei verschiedene Chamberland’sche Kerzen
Marke „F“ von 20 cm Länge und 2 cm Durchmesser je 1200 ccm
filtrierte. Die Kerzen waren vorher sterilisiert, getrocknet und als
vollkommen undurchlässig für Bakterien erprobt. Die 1200 ccm des
Filtrates werden in 4 Portionen zu je 300 ccm gesammelt und in
jeder Portion der Antitoxingehalt und der Trockenrückstand bestimmt.
Eine Abnahme des Trockenrückstandes würde hier eine Abnahme
des Eiweißgehaltes anzeigen.
Die Stärke des Serums bestimmte ich nach der B ehri n g’schen
Methode, wobei ich als Neutralisationsgrenze nicht den Tod des
Meerschweinchens, sondern die Abwesenheit des Infiltrates bei dem
Versuchstiere angenommen habe. Die erhaltenen Resultate sind in
den drei folgenden Tabellen zusammengestellt, wo in der ersten
horizontalen Rubrik die Mengen der angewendeten normalen Toxine
in Kubikcentimetern, in der zweiten die Mengen des antitoxinhaltigen
Serums in Kubikcentimetern, in der dritten die fortlaufenden Nummern
der Versuchstiere, in der vierten das Gewicht des Meerschweinchens
am Tage vor, und in der folgenden das Gewicht des Tieres nach
der Injektion aufgezeichuet sind. Die Buchstaben o. I. bedeuten
„ohne Filtrat“, L s. k. „Infiltrat sehr klein“, L k. „Infiltrat klein“,
I. z. g. „Infiltrat ziemlich groß“, N. E. „Normal-Einheiten“.
Tabelle I.
ft) Serum vor der Filtration.
■
Toxin 0,8
10 ccm Serum
Serum
0,0011
Serum
0,001
Serum
0,0009
Bei 110° getrocknet
No.
1376
No.
1576
No.
1377
Vor
280
260
240
1.
o. I.
265
o. 1
250
1 o. I.
246
2.
o. I.
268
o 1.
245
1. », k. 246
1,2146 K
4
o. i
276
o. 1.
252
I. k.
242
4.
o. I.
284
n I
265
I. k.
248
B
0. I.
282
o. 1. 270
Kraft = 1
I. k
00 N.E.
250
•
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Ueber das Verhallen des Diplithrrieheilseruim bei der Filtration etc. 335
b) Serum nach der ersten Filtration.
Toxin 4,3
10 ccm Serum
Serum
0,0011
Serum 0,001
Sornm 0,0009
Hei 110* getrocknet
Xm.
1358
No. 1359
No. 1360
Vor
340
385
375
1.
o. 1
350
o. I 395
o. I. 370
t.
o L
330
o. I. 400
I. 9. k 360
1,1896 g
s
O L
338
o. I. 400
1. 9. k. 362
4.
o. I.
336
o. I. 410
I. .. k. 365
5
o. I
343
o I. 408
I. 9 k. 365
Kr» 1 t — 100 N E.
e) Serum nach der zweiten Filtra
tio n.
Toxin 0,S
10 ccm Serum
« __ . .
Serum 0,001 Serum 0,0009
Bei 110 0 getrocknet
No.
1363
No. 1363
No. 1364
Vor
300
305
290
1.
o I.
310
o. I. 290
o I. 285
t.
o. I
310
o. I. 300
1. k. 270
—
1.
o. 1.
315
0. L 306
I. k. 280
*.
0. I.
320
o. I 315
I. k. 280
•.
0. I.
sa
o. I. 310
I. k. 284
Kralt «= 100 N.E.
d) Serum nach der dritten Filtration.
Toxin« 0,3
10 ccm Serum
Serum
0.0011
Serum
0,001
Serum 0,0009
1
Bei 1 10 0 getrocknet
No.
1366
So. 1367
No. 1368
Vor
355
350
320
1.
o. 1.
345
o. I.
850
o. 1. 305
2
o. I.
345
o I
350
I. k. 300
1,1929 g
3.
n. I.
348
0. I.
356
1. k. 310
4
0. I.
352
0. I.
358
1 I. k. 310
5.
0. I.
354
0. I.
364
I. k. 312
Kraft = 100 N.E.
e) Serum nach der vierten Filtration.
Toxin
0,3
10 ccm Serum
Bei 110° getrocknet
Serum
0,0011
Serum
0,001
Serum 0,0009
No.
1370
No. 137!
No. 1872
Vor
365
850
315
1.
o. I.
375
0. I.
350
0. 1.
305
2.
0. I.
377
0. I
350
1. s. k.
310
1,2166 g
3.
0 I.
375
O. I.
358
I. 9. k.
312
4.
0. I.
380
0. 1.
356
I. 9. k.
316
5.
0. I.
S8t
o. 1.
354
I. 8. k.
818
Kraft = 100 N.E
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336
J. Dzierzgnwski
Tabelle II.
*) Serum vor der Filtration.
Toxin 0,3
*
10 ccm Serum
Serum 0,0033
Serum 0,002 i
Serum 0,0017
—
No. 1345
No. 1346
No. 1347
Bei 110* getrocknet
Vor
315
310
285
1.
0. I. 316
0. 1. 317
o. X. 290
2.
0. 1. 320
0. I. 310
I s. k. 290
1,2059 g
3.
o. I. 322
o I. 317
I. s. k. 290
4.
o. I. 320
o. 1. 322
I. 9 . k. 292
5
o. I. 318
o. I 320
Kraft —
I. 9 . k. 295
50 N.E.
b) Serum nach der ersten Filtration.
Toxin 0,3
|10 ccm Serum
Bei 110* getrocknet
Serum
0,0025
Serum
0,002
Serum 0,0018
No.
1379
No.
1380
No. 1381
Vor
475 1
410
385
1 .
o. I.
490
o. I.
435
o. I
390
t.
0. I.
495
0. I.
425
I. >. k.
390
1,2030 g
3.
0. 1.
495
0. I.
428
I 9 . k.
392
4.
0. I.
600
o. 1.
434
I. >. k.
390
5
0. I.
500
0 . I.
442
I. 9. k.
394
Kraft «= 50 N.K.
c) Serum nach der zweiten Filtration.
Toxin 0.8
10 ccm Serum
Serum 0,0095
Serum 0,002
Serum 0,0018
No. 1382
No. 1383
No 1384
Bei 110° getrocknet
vor
1 .
475
0. I. 490
400
o. I. 420
375
o. I. 400
*.
o. L 485
0. 1.
416
o. I. 400
1,2412 g
3.
o. I. 492
o. I.
418
1. 9. k. 404
4.
0. I. 492
o. I.
422
1. 9 . k. 402
6 .
o. 1. 498
0. 1.
416
I. 9. k. 410
Kraft = 50 N.K.
d) Serum nach der dritten Filtration.
Toxin 0,3
10 ccm Serum
Serum
0,0025
Serum
0,002
Serum
0,0018
Bei 110° getrocknet
No.
1385
No.
1386
No.
1387
vor
636
475
385
i.
o. I.
547
o. I.
460
1. 9.
k. 380
2.
o. I.
525
0. I.
«65
I. k.
380
1,2082 g
3.
o. I.
532
o. I.
472
I. k.
390
4.
o. I.
540
0. I.
480
I. k.
392
5.
0. 1.
540
0. I.
480
I. k.
395
Kraft -= 50 N.E.
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Ueber das Verhalten des Diphtherieheilserums bei der Filtration etc. 337
e) Serum nach der vierten Filtration.
Toxin 0,3
10 ccm Serum
Serum 0,0025
Serum 0,002
Serum 0,0018
No. 1388
No. 1389
No. 1890
Bei 110° getrocknet
vor
740
605
420
1 .
o. I 770
o. I. 840
I. s. k. 435
s.
o. I. 780
o. I. 835
l. a. k. 435
1,*135 g
«.
o. I. 780
o. I. 638
I s. k. 440
4.
o 1. 785
o. 1. 642
I. a. k. 438
5.
o. I. 782
o. I. 646
Kraft =
1. a. k. 435
50 N.E.
Tabelle III.
a) Serum vorder Filtration.
Toxin 0,3
10 ccm Serum
Serum 0,002
Serum 0,0018
Serum 0,0017
No. 1349
No. 1350
No. 1351
Bei 110° getrocknet
vor
1.
360
o. I. 370
355
o. I. 365
410
o. I. 416
2.
o. I. 366
o. I.
365
o. I. 395
1,2574 g
3.
0. 1. 360
0. 1.
370
1. k. 385
4.
o. I. 368
o. I.
370
I. k. 392
5.
o. I. 375
0. 1.
366
I k. 390
Kraft «= 55 N.E
b) Serum nach der ersten Filtration.
Toxin 0,3
10 ccm Serum
Serum
0,002
Serum 0,0018
Serum 0,0017
Bei 110° getrocknet
No.
1391
No. 1392
No 1 393
vor
375
360
360
1.
o. 1.
380
o. I. 355
1. a. k. 365
2.
S.
0 . 1
o I.
380
382
o. I. 350
o. 1. 367
I. k. 365
1 k. 370
1,2492 g
4.
0 . 1 .
390
o. 1 864
1 k. 372
6.
o. 1.
385
o. I. 358
I k. 370
Kraft = 55 N.E.
c) Serum nach der eweiten Filtration.
Toxin 0,8
10 ccm Serum
Serum 0,002
Serum 0,0018
Serum 0,0017
Bei 110° getrocknet
No. 1394
No 1395
No. 1396
vor
330
325
306
1 .
o. 1. 335
o. 1. 335
o. 1. 295
2.
o. 1 335
o. I. 325
1. k. 290
1,2400 g
8.
o. 1. 340
o I. 330
1. a. g. 293
4
o I. 342
o. I. 330
1 I x. 298
5.
o. I. 338
o. 1. 332
I. «. g. 300
Kraft « 55 N.E.
fcrita Abt. XXI H4. 22
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338 J Daierxgowski, Ueber das Verhalten des Dipbtherieheiiserums etc.
d) Serum nach der dritten Filtration.
Toxin 0,3
10 ccm Serum
Bei 110° getrocknet
Serum
0,002
Serum
0,0018
Serum 0,0017
No.
1397
No.
1398
No. 1399
vor
425
325
415
1 .
o. I.
420
o 1 .
340
o. 1.
430
2 .
o. I.
420
o. I.
345
I. k.
415
1,2490 g
3.
o. I.
416
o. I
348
I. s. k.
420
4.
o. I.
420
0. I.
345
I. ». k.
425
5.
0. I.
422
0 . 1 .
350
I. «. k.
425
Kraft *= 55 N E.
e) Serum nach der vierten Filtration.
Toxi
n 0.3
10 ccm Serum
Serum
0,002
Serum
0,0018
Serum 0,0017
No
1400
No.
1401
No. 1402
Bei 110° getrocknet
vor
440
415
385
1.
0. I.
450
o. I.
430
o. I.
890
2.
0. I.
425
0. 1.
435
1. a. k.
400
1,2544 g
3.
0. I.
430
0. I.
440
1. s. k.
400
4.
0. 1.
435
0. I.
440
1. i. k.
402
5.
0. I.
435
o. 1. 438
Kraft = l
I. a. k.
iS N. E.
408
Aus diesen Versuchen ist ersichtlich, daß das Diphtherieheilserum
beim Filtrieren durch die Chamberland’schen Kerzen Marke „F“,
die vorher auf ihre völlige Undurchlässigkeit für Bakterien erprobt
wurdeo, weder einen Verlust an Heilkraft noch an Eiweißgehalt er-
leidet Bemerken will ich noch, daß das Serum, wenn es von Fibrin
und morphologischen Bestandteilen befreit worden war, nach der
Filtration nicht dunkler wird und auf der Filteroberfläche keine
Eiweißschicht bildet. Der andere Grund unserer widersprechenden
Resultate, und meiner Meinung nach der wahre, liegt in der Qualität
der benutzten Filter. Seit 2 Jahren mit der Herstellung des Heil-
serums in dem Institute für experimentelle Medizin in St. Petersburg
beschäftigt, habe ich viele Tausende Liter des Serums durch Thon-
kerzen filtriert und Gelegenheit gehabt, Kerzen verschiedener Pro-
venienz zu erprobeu. Es werden selbst von bekannten Firmen an-
geblich Chamberland ’sche Filter geliefert, weiche sogar für das
destillierte Wasser undurchgänglich sind, während andere dagegen alle
Bakterienarten durchlassen. Noch die besten Chamber 1 and ’schen
Filter sind die direkt aus Paris bezogenen, aber auch selbst unter
diesen sind fast 25 Proz. für Bakterien durcbgänglich.
Herr de Martini zweifelt, daß das von Funk filtrierte Serum
einen gleich hohen Gehalt an Antitoxin wie das unfiltrierte habe.
Wie man sieht, ist dieser Zweifel ganz unberechtigt.
26. Jan. 1897.
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W. Schlaefke, Bericht über die 26. Versammlung etc.
339
Nachdruck verbeten.
Bakteriologische und parasitologische Kongresse.
Bakteriologisches aus dem Bericht über die
25. VersammluDg der Ophthalmologischen Gesellschaft
zu Heidelberg 1896.
Von
Dr. W. Schlaefke
in
Cassel.
Nieden, A.. Ueber die Anwendung des Emmerich-Scholl-
schen Krebsserums und des Formols bei inoperablen
AugengeschwUlsten.
Obwohl inoperable Augengeschwülste zu den seltenen Vorkomm*
nissen gehören, da wegen frühzeitig sich bemerkbar machender Seh-
störung bei Zeiten Hilfe gesucht und bei meist nicht schwieriger
Diagnose auch rechtzeitig Hilfe geleistet werden kann, so giebt es
indessen doch immer noch Fälle, welche absolut oder relativ zu spät
zur Behandlung gebracht werden und bei denen durch operative Ein-
griffe eine gänzliche und dauernde Entfernung der Geschwulst nicht
mehr möglich ist. Erklärlich ist daher das Bestreben, in solchen
desolaten Fällen auf andere Weise zu helfen. N. wandte in 2 Fällen
das Em merich-Scholl’sche Krebsserura an, leider aber ohne Er-
folg. Eis handelte sich einmal um das Recidiv eines Melanosarkoms,
welches erst nach Perforation der Bulbuswand in Behandlung ge-
kommen war und nach gründlicher Operation 3 / 4 Jahr lang ohne
Recidiv blieb. Die Injektionen des Serums wurden ohne allen Nach-
teil ertragen, jedoch anstatt einer langsamen Schmelzung des Ge-
schwulstgewebes trat danach ein so stürmisches Wachstum desselben
ein, daß Patient nach der 6. Injektion die Behandlung abbrach. Der
zweite Fall betraf ein Gliosarkom der Retina bei einem 2 ‘/a -jährigen
Kind; trotz Entfernung des Bulbus und ausgiebiger Resektion des
mitergriffenen Opticus trat nach l / 4 Jahr ein schnell wachsendes
Recidiv auf. Es wurden Einspritzungen bis zu 15 ccm gemacht und
gut vertragen. Anfangs schien es, als ob in der unmittelbaren Um-
gebung der Einspritzstellen ein Abschwellen und Kleinerwerden statt-
habe, indeß wuchsen bald die peripheren Schichten sichtbar stärker
und der Gesamtumfang der Geschwulst nahm so zu, daß von einer
Weiterbehandlung Abstand genommen wurde. An der zu Kinds-
kopfgröße angewachsenen Geschwulst trat ein oberflächlicher Zerfall
und Verwesungsprozeß ein, Maden durchsetzten die Oberfläche des
Tumors, bei jedem Verbandwechsel entstanden oft sehr erhebliche
Blutungen, so daß der kleine Patient und seine Umgebung gleich
übel daran waren. N. wandte nun ein 5 — 10 proz. F'ormollösung in
der Weise an, daß er die Geschwulst mit in die Lösung getauchter
2*»
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340
W. Schlaefke
Gaze fortgesetzt einhüllte. Der feucht-gangränöse Zerfall der Ober-
fläche machte sofort der trockenen Gangräneszierung Platz, die Blu-
tungen hörten auf, der aashafte Geruch verschwand und der Tumor
bildete eine trockene, schwarze Masse, die sich beim Beklopfen hart
und rigide anfilhlte. Auch unter dieser Borke trat kein neuer Zer-
fall des Gewebes ein, vielmehr schien die allgemeine gleichmäßige
Kompression ein langsames Kleinerwerden der Masse zu bewirken.
Bei der Dekrepidität des Kindes wagte N. keine weiteren Injektionen
in den Tumor selbst zu machen. Schließlich Exitus.
Weitere Erfahrung wird zeigen müssen, ob wir imstande sind,
ebenso, wie wir oberflächliche Gangrän zu erzeugen vermögen, auch
in größere Tiefe mit der Formollösung einzudringen und hier zu lang-
samem, dem Organismus unschädlichen, Zerfall der Aftergebilde zu
gelangen.
Axenfeld, Th., Beiträge zur Aetiologie der Bindehaut-
entzündungen. (Vergl. Referat in Bd. XX. p. 547.)
Durch bakteriologische Untersuchungen ist festgestellt, daß die
als Conjunctivitis Simplex bezeichnete Bindehautentzündung eine ganze
Reihe von verschiedenen infektiösen Erkrankungen umfaßt. Bisher
sind folgende Conjunctivitiserreger beschrieben und in nachstehenden
Orten beobachtet worden: 1) der Koch-Weeks’sche Bacillus
in Egypten, Philadelphia, Paris, Siena, London und Hamburg; 2) der
Pneumococcus in Paris und Siena; 3) der Streptococcus in
Paris und Siena; 4) der Diplobacillus in Paris und Marburg und
5) der Micrococcus conjunctivitidis minutissimus in
Würzburg. A. macht nun weitere Mitteilungen über eine in 2 Dör-
fern bei Marburg beobachtete Schulepidemie vou Conjunctivitis, als
deren Erreger er den Pneumococcus ansehen zu müssen glaubt.
Klinisch stellte sich das Krankheitsbild so dar, daß im Anschluß an
einen einfachen Schnupfen leichtes Oedem des oberen Lides, ver-
mehrte Absonderung von Thränen, in denen kleine, graugelbliche
Flocken schwammen, und Rötung der Conj. bulbi et palpebrae auf-
trat; häufig zeigten sich auch kleine, ganz oberflächliche Pseudo-
membranen, die sich leicht lösten und die eitrigen Sekretflocken bil-
deten. Die subjektiven Beschwerden waren sehr gering, Komplikation
seitens der Hornhaut nie vorhanden. Die Dauer der leichtesten
Fälle betrug 3—4, die der schwereren höchstens 10 Tage. — Im Sta-
dium der eitrigen Absonderung ergab die bakteriologische Unter-
suchung der Sekretflocken oder Pseudomembranen in denselben und
zwar häufig in Reinkulturen massenhaft zwischen und in den Eiter-
zellen längliche, in Wasser zum Teil mit zarter Kapsel umgebene,
nach Gram färbbare Diplokokken, welche auch kulturell alle Merk-
male der Pneumokokken aufwiesen. Die Kulturen zeigten sich für
Tiere sehr wenig pathogen; durch Einverleibung zerzupfter Sekret-
flocken konnte bei Meerschweinchen und weißen Mäuseu typische
Pneumokokkenseptikämie hervorgerufen werden. Eine experimentelle
Erzeugung der Conjunctivitis durch Einverleibung von Kulturen oder
Sekretflocken konnte weder bei Erwachsenen noch bei einem Kind
erreicht werden. — Die ganze Entwickelung der Epidemie weist auf
Google
Bericht über die 26. Versammlung der Ophihalroolog. Gesellschaft etc. 341
eine Kontagiosität hin; diese kann aber nach dem bisher Gesagten
keine bedingungslose sein, sondern muß abhängen von besonderen, uns
noch unbekannten Umständen (individuelle Disposition, Witterungs-
einflösse etc.).
Leber, Th., Ueber die Pathologie des Trachoms.
Trotz zahlreicher Untersuchungen ist die Ursache des Trachoms
noch unbekannt, und auch L. ist es nicht gelungen, dieselbe aufzu-
klären. Es gewinnt daher die histologische Untersuchung eine er-
höhte Bedeutung. Die Struktur der trachomatösen Bindehaut ist viel
komplizierter, als man früher geglaubt hat. Insbesondere fand L. im
Innern des Trachomkorns zerstreut in ziemlich großer Menge und
fast konstant große Zellen, welche eigentümlich gestaltete Körperchen
einschließen ; neben denen enthalten sie noch einen großen, nur
schwach sich färbenden Kern, der bei der viel stärkeren Färbung
der Körperchen nur wenig hervortritt. Die Körperchen färben sich
mit verschiedenen Kernfärbungsmitteln ziemlich lebhaft; diese Fär-
bung betrifft aber nur einen Teil des Körperchens, während der an-
dere Teil keine oder nur eine sehr schwache Färbung annimmt und
dadurch leicht übersehen wird. Der kernähnliche Teil ist oft an den
Rand des Gebildes angedrängt und hat eine napf- oder hauben-
förmige Gestalt, doch kommen auch kugelige oder unregelmäßig runde
Formen vor, auch Teilung in zwei oder mehrere Stücke. Die Be-
deutung dieser von L. Körperchenzellen benannten Gebilde ist nicht
klar; daß diese Körperchen die sonst nicht auffindbaren Trachom -
Parasiten seien, ist deshalb nicht anzunehmen, weil sie auch in den
normalen Lymphfollikeln der Bindehaut Vorkommen, und gewinnt da-
durch die Auffassung der Trachomkörner als neugebildete Lymph-
follikel eine weitere Stütze. Daß eine Beziehung der Trachomkörner
zu dem Lymphgefäßsystem besteht, geht auch daraus hervor, daß
das dahinter befindliche Gewebe von zahlreichen weiten Lymphgefäßen
durchzogen ist, die dicht mit einkernigen Leukocyten erfüllt sind.
Die Uebereinstimmung ihres Inhalts mit dem der Follikel laßt an-
nehmen, daß ein offener Zusammenhang zwischen beiden besteht. —
Ein eigentümliches Verhalten zeigen die zahlreich in das die Follikel
umgebende Schleimhautgewebe eingelagerten einkernigen Zellen. Der
Kern ist an die eine Seite der Zelle gerückt und das umgebende
Protoplasma stärker gefärbt, während der andere Teil des Protoplasmas
schwach oder gar nicht gefärbt ist. Es entstehen hierdurch, beson-
ders bei schwacher Vergrößerung, halbmond- oder sichelförmige Fi-
guren, weshalb L. diese Zellen als Halbmondzellen bezeichnet. Die
Konkavität der Halbmonde ist an sämtlichen Zellen gegen die Ober-
fläche der Bindehaut gerichtet.
Weitere Einzelheiten müssen im Original eingesehen werden, be-
sonders auch, was die Diskussion betrifft, da letztere sich nicht bloß
über die mitgeteilten Beobachtungen Leber’s drehte, sondern auch
das Vorkommen von Follikeln in der normalen Konjunctiva, den
Diphtherie- und Pseudodiphtherie-Bacillus, die Con-
junctivitis follicularis etc. streifte.
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342
W. SchUefka,
Fuchs, E., Ueber Pilzrasen auf der Bindehaut.
F. beobachtete in 4 Fällen au der Bindehaut des oberen Liedes
kleine, gelblich-weiße Flecken mit glatter Oberfläche, welche der
Bindehaut auflagen und etwas über dieselbe emporragten. Die klein-
sten waren kaum sichtbar, die größeren waren entstanden durch
Zusammenfließen von kleineren. Sie hatten dem Aussehen nach große
Aehnlichkeit mit den Infarkten der Meibom’ sehen Drüsen, unter-
schieden sich von ihnen aber dadurch, daß sie der Schleimhaut nur
auflagen und sich auch an Stellen fanden, wo keine M e i b o m ’ sehen
Drüsen mehr vorhanden sind. Die befallenen Bindehäute waren ziem-
lich normal oder zeigten nur leichten Katarrh ; insbesondere war nie-
mals stärkere Injektion um die Flecken herum, welche als eine ent-
zündliche Reaktion der Bindehaut hätte gedeutet werden können.
Einige Flecken ließeu sich leicht und vollständig abschaben, andere
dagegen hinterließen in der Bindehaut selbst eingebettet kleioe gelbe
Pünktchen, welche nur mit der Bindehaut ausgeschnitten werden
konnten. Die abgeschabten Flecken fühlten sich bald weich, bald
krümelig an. Eine Erneuerung derselben fand nicht statt. Mikro-
skopisch erwiesen sich dieselben als aus stark lichtbrechenden, un-
regelmäßigen Schollen, sowie kleinen kugeligen und kolbigen, scharf
konturierten Gebilden bestehend. Die bakteriologische Untersuchung
durch G r ub e r ergab zwar, daß diese Gebilde aus Vegetationen von Pil-
zen bestehen, welche sicherlich zur Gruppe der Streptothri x- Arten,
zu denen ja auch der Actinomyces zu rechnen ist, gehören, jedoch
konnte die Art nicht bestimmt werden, da die Gebilde in den Kör-
perchen selbst offenbar Degenerationsfurineo waren, infolgedessen
die Kulturversuche auf deu verschiedensten Nährböden mißlangen.
Nur in einer Kultur, im hängenden Bouillontropfen, kam es zur Ent-
wickelung von feinen Hyphen, welche ganz den Charakter von Ac-
tinomyces- resp.S trep tothrix- Hyphen besaßen, jedoch ging diese
Kultur infolge von Verunreinigung mit Kokken frühzeitig ein. Die ana-
tomische Untersuchung eines ausgeschnittenen Bindehautstückchens
zeigte, daß die Oberfläche der Bindehaut eine Einstülpung von Fla-
schenform darbot, welche von einem größeren Konkremente erfüllt
war. Die centralen Teile des letzteren hatten eine feinkörnige Be-
schaffenheit ohne weitere Struktur; auf diese folgten schalenartig an-
geordnete Schichten und peripher hiervon zeigte das Konkrement eine
stark körnige Beschaffenheit und die Oberfläche selbst war durch
zahlreiche höckerige Vorsprünge bimbeerartig gestaltet. An vielen
Stellen erkannte man an der Oberfläche ganz deutlich ein zartes,
mit Kernen besetztes Häutchen, welches wie ein Endothelhäutchen
aussah. Dieses Konkrement ist als ein Produkt von Pilzwucherung
aufzufassen, welche ebenso wie alte Actinomyces -Körnchen keine
ursprünglichen Pilzelemente mehr erkennen läßt. Die Bindehaut
selbst war nicht von Pilzfäden durchwuchert.
Gelpke, Th., Ueberden Erregerdesakuten epidemischen
Auge nkatarrhs (Schwellungskatarrh). (Ausführlich ver-
öffentlicht in v. Gräfe ’s Archiv f. Ophthalmologie. Bd. XLII.
Abt. 4. p. 27 — 150.) [Siehe Referat in Bd. XXI. p. 213 d. Zeitschr.]
Digitized by CjOOgle
Bericht Uber die 25. Versammlung der Opthalmolog. Gesellschaft etc. 343
Pflüger. E., Ueber Keratitis parenchymatosa.
Anknüpfend an die Hippel ’sebe These 9 (a. Referat in Bd. XXI.
p. 29), wonach Rheumatismus und Malaria in manchen Fallen von
Keratitis parenchymatosa eine ätiologische Bedeutung zu haben scheint,
dies aber unsicher sei von Diabetes und von der Influenza, möchte
Pflüger eher die Hypothese aufstellen, daß sehr wahrscheinlich
viele, vielleicht alle Infektionskrankheiten, die in gewissen Fällen zu
einer Uveitis führen, unter besonderen, uns noch nicht bekannten
Umständen eine Keratitis parenchymatosa veranlassen können. Pfl.
lenkt in seinem Vortrag die Aufmerksamkeit auf 3 ätiologische Mo-
mente der Keratitis parenchymatosa, nämlich 1) auf die infektiöse
Agalactia bei Ziegen, eine Eutererkrankung, welche sich häufig mit
Hornhautentzündung, Erblindung durch Star und Entzündung der
Karpal- und Tarsalgelenke kompliziert; 2) auf das gleichzeitige Auf-
treten von Uveitis und uveitischer Hornhautentzündung mit chro-
nischen Hautentzündungen und 3) auf die Keratitis parenchymatosa
nach Influenza, welche in Bern relativ häufig beobachtet wurde, und
zwar in 3 klinischen Formen : a) am seltensten war die Form, welche
sich am meisten mit dem klinischen Bilde der interstitiellen Horn-
hautentzündung deckt ; b) die zweite hatte große Aehnlichkeit mit
der Keratitis nummularis von Stellwag, während c) die dritte
sich durch stärkere Mitbeteiligung der Iris und durch eigentümliches
Verhalten ihres Exsudates auszeichnete.
Darier, A., De l'importance de la thärapeutique locale
dans les irido-chorioidites infectieuses, sympathi-
ques et autres.
Alle Iridochorioiditiden sind infektiöser Natur, und zwar sind
die mit Syphilis, Tuberkulose oder Rheumatismus in ätiologischem
Zusammenhang stehenden als Lokalisationen einer Allgemeininfektion,
die sympathischen dagegen als lokale infektiöse Prozesse anzusehen.
Bei allen Formen hat sich D. die subkonjunktivale Injektion von
Quecksilbercyanür 1 : 2 — 5000 bewährt, wenn sie vorgenommen wurde
sofort nach Punktion der vorderen Kammer. Die darauf folgende
Schmerzhaftigkeit wurde beseitigt oder gemildert durch Blutegel.
Zwei ausführliche Krankengeschichten, von denen die erste eine sym-
pathische, die zweite eine doppelseitige schwere rheumatische Indo-
chorioiditis betrifft, werden zum Beweise für das Gesagte mitgeteilt;
namentlich der letztere Fall zeigte, während nur diese lokale The-
rapie angewandt wurde, eine auffallende Besserung.
Herr Pflüger bestätigt in der Diskussion die günstigen Er-
fahrungen, trotzdem bei einem Falle von sympathischer Cyklitis diese
lokale Therapie auf die Dauer versagte.
Axenfeld, Th., Ueber mildere und gutartige metasta-
tische Augenentzündung, sowie über doppelseitige
Thrombose bei allgemeiner Sepsis.
„Nach unseren bisherigen Kenntnissen bezüglich der septischen
Zustände wird man sagen müssen:
1) Wenn sich die Mikroorganismen selbst ansiedeln, entsteht stets
Entzündung, dieselbe kann jedoch sehr gering sein.
Digitized by Google
344
Bakterien and Wasser.
2) Jede ausgesprochen eiterige endogene Entzündung, besonders
die perniciöse Form, setzt die lokale Ansiedelung der Mikroorganismen
selbst voraus.
3) Die im Blute gelösten, cirkulierenden, septischen Toxine, resp.
die Blutzersetzung und die Anämie bewirken in erster Linie degene-
rative, weniger entzündliche Veränderungen (Blutungen, weiße Flecke,
Thrombosen).“
Referate.
Mutschler, L., Das Arewasser bei Bern. Ein Beitrag
zur Kenntnis der Selbstreinigung der Flüsse. (For-
schungsberichte über Lebensmittel und ihre Beziehungen zur
Hygiene u. s. w. Bd. III. 1896. p. 399.)
Zum Studium der Selbstreinigung eines Flusses bietet die Are
bei Bern einen typischen Fall, da sie sich im Tbunersee von allem
Geschiebe, gröberem und feinerem Gletscherschutt gereinigt hat, dar-
nach nur die Stadt Thun durchfließt, aus welcher wenig Abwasser
abgeschwemmt wird und deren Unrates sie sich dann auf ihrem
30 km langen Lauf bis Bern völlig entledigen kann. Verf. hat nun
aus der Are verschiedene Male unter verschiedenen meteorologischen
Verhältnissen Wasserproben entnommen, so daß aus den erhaltenen
Untersuchungsergebnissen ein Schluß gezogen werden kann auf die
Faktoren, welche bei der Reinigung der Are in Frage kommen. Be-
züglich der Einzelheiten der umfangreichen Arbeit muß auf die Ab-
handlung verwiesen werden und führen wir daher nur die Ergebnisse
an, zu welchen Verf. gelangt ist:
1) Die Are wird durch die Abwässer Berns nur unbedeutend
verunreinigt und läßt sich die Verunreinigung chemisch, namentlich
durch Zunahme des Ammoniaks nachweisen. Bakteriologisch sind
unterhalb Berns gleich viel Arten oder nur 1, 2 bis 3 Arten mehr
vertreten als oberhalb. Die Zahl der Bakterien ist unterhalb Berns
etwa 5000 gegen 500 oberhalb. 2) Die geringe Verunreinigung ist
dem großen Wasserreichtum zuzuschreiben. 3) Die Bakterien des
Sielwassers werden von der Sonne zerstört, und zwar bei vollem
Sonnenschein nach 20 km langem Laufe und in der Zeit von etwa
5 Stunden. 4) Sedimentierung spielt eine geringe oder gar keine
Rolle. 5) Diatomeen finden sich selbst noch im schmutzigsten Wasser
und kommen sogar noch im Schlamm der Siele in großer Zahl und
lebenskräftig vor. 6) Die bei warmem Sonnenschein an den Pflanzen
haftenden Gasblasen sind mit dem bei der Assimilation ausgeschiede-
nen Sauerstofl nicht zu verwechseln, indem sie aus atmosphärischer
Luft bestehen. 7) Eine Zahlung der Bakterien ist nicht ganz zweck-
los, wenn man sich begnügt, nur mit größeren Differenzen zu rechnen.
Kleinere Differenzen um einige Hundert, oder bei keimreichen Wässern
von Tausend , sind zu vernachlässigen und dürfen aus denselben
/
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Bakterien and Wasser.
345
keine Schlüsse gezogen werden. 8) Im Winter igeht die Reinigung
langsamer vor sich als im Sommer. 9) Bei der großen Verdünnung
ließ sich weder eine Zu- noch Abnahme an Chlor- und Cbamaleon-
verbrauch nachweisen. 10) Die Zerstörung der organischen Substanz
ist in erster, fast einziger Linie den Algen zuzuschreiben, dieselbe
ist aber nach 40 km langem Laufe noch nicht vollendet.
Aus diesen Ergebnissen zieht nun Verf. folgende Schluß-
folgerungen: Die Selbstreinigung eines Flusses, eine so große
Rolle sie im Haushalt der Natur spielt, kommt für praktische Zwecke
weniger in Betracht, da die Hauptfaktoren der Reinigung, Sonne und
Algen, ihre größte Wirkung nur 'zeitweise entfalten. Ob auch die
nitratzeretörenden Bakterien durch Licht oder Dunkelheit, Wärme
oder Kälte, in ihrer Thätigkeit beeinflußt werden, ist Verf. nicht be-
kannt Jedenfalls werden dieselben aber doch neben Sonne, Algen
und oxydierender Wirkung des Sauerstoffes erst in zweiter Linie
stehen. Die Frage, ob Fäkalien und Abfallstoffe einer Stadt in einen
Fluß geleitet werden dürfen, ohne den Fluß zu verpesten und weiter
unten liegenden Gemeinwesen Anlaß zu Klagen zu geben, ist nur
von dem Gesichtspunkte aus zu betrachten, in welchem Verhältnisse
die Abwässer der Stadt zur Menge des Klußwassers stehen. Auf die
Selbstreinigung des Flusses darf nur dann Bezug genommen werden,
wenn es sich für die weiter unten liegenden Flußauwohner um Ent-
fernungen von 40, 50 und mehr Kilometer handelt. Da in einer
möglichst schnellen und ausgiebigen Verdünnung das Ideal der
Schwemmkanalisation zu suchen ist, so ist es vorteilhafter, wenn ver-
schiedene Siele in angemessener Entfernung von einander in den Fluß
münden, als wenn sämtliche Abwässer schließlich nur in einem
einzigen Kanal gesammelt in den Fluß ein treten. Stift (Wien).
Zurakowski, Einiges über den Hauptkanal bei Bielany.
(Medycyna. Warschau 1894. No. 4.) [Polnisch.]
Eine Art von Selbstreinigung der Kanalwässer tritt angeblich
auch ohne Sonnenlichteinfluß, falls die Stromgeschwindigkeit höhere
Grade erreicht, durch mechanische Erschütterung des bakterien-
führenden Mediums ein. Um sich zu überzeugen, inwiefern eine
solche Selbstreinigung im Warschauer Hauptkanal zustande kommt,
stellte der Verf. mit nötigen Vorsichtsmaßregeln bakteriologische
Untersuchungen der Kanalwässer au. Die Wasserproben wurden an
drei Stellen, d. i. am Anfang, in der Mitte und bei der Ausfluß-
öffnung des 4 l / t km langen Hauptkanales bei einer Stromgeschwindig-
keit von 2,2 m pro Sekunde entnommen. Zur Entnahme wurde
annähernd dieselbe Wassersäule benutzt, indem die längs des Kanales
aufgestellten drei Personen in demselben Moment die Probegefäße
füllten, in welchem ein am Anfänge des Kanales in den Strom ge-
worfener Schwimmer neben ihrem Posten vorbeieilte. Die Bakterien-
zahl in den auf solche Weise entnommenen Proben war immer für
je einen Versuch ungefähr gleich; wenn also in dem Warschauer
Hauptkanale einerseits die bedeutende Stromgeschwindigkeit einer
Vermehrung der Bakterien ein Hindernis bietet, so fehlen in dem-
selben andererseits jedoch die wichtigsten Faktoren, die zu einer
Digitized by Google
546
Diphtherie.
Selbstreinigung beizutragen imstande sind, d. i. Sonnenlicht und
grüne Flora. Außer den gewöhnlichen Wasserbakterien entwickelten
sich in den Nährmedien einige Co Harten und eiuige zur Gruppe
des B. aquatilis sulcatus (Weichselbaum) zugehörigen
Mikroorganismen. Ciechanowski (Krakau).
Büngern, Freiherr y., Die Bedeutung der Mischinfektion
bei Diphtherie. (Ziegler’s Beiträge. Bd. XXI. 1.)
Die Komplikationen, welche in dem Krankheitsbild der Diphtherie
durch Wirkung andrerer Mikroorganismen als der Lo eff ler’ sehen
Bacillen nicht selten auftreten, sind bereits von zahlreichen Forschern
eifrig studiert worden; seit Einführung der Heilserum therapie insbe-
sondere erschien es von wesentlicher Bedeutung, die Frage der Misch-
infektionen, bei denen das Antitoxin zuweilen seine Wirkung versagt,
so weit wie möglich zu klären.
Die Bakterien, welche neben den Loeffl er’schen Bacillen am
häufigsten bei Diphtherie gefunden werden, sind Staphylokokken und
Streptokokken. Erstere scheinen nach Bern heims Untersuchungen l )
in der Krankheit von nur geringem Einfluß zu sein; Streptokokken
dagegen werden wohl allgemein als Erreger der septischen Form der
Diphtherie angesehen, das gegenseitige Verhalten dieser letzteren
Mikroorganismen und der Diphtheriebacillen ist daher Gegenstand
zahlreicher Untersuchungen gewesen.
Nach Beobachtungen von Roux und Y er sin gelingt es Diph-
theriebacillen von geringer Virulenz zu kräftigen, indem man die-
selben gleichzeitig mit sehr wirksamen Erysipelkokken auf Meer-
schweinchen verimpft; nur darf die Virulenz der Loeffl er’ sehen Ba-
cillen nicht von vornherein allzu weit abgeschwächt sein. v. Schrei-
der 8 ) beobachtete ebenfalls, daß die Virulenz der Diphtheriebacillen
in Mischkulturen mit Streptokokken zunimmt und zeigte ferner, daß
diese Virulenzsteigerung durch die Bildung von mehr virulenten, aus
der wässerigen Lösung mit Alkohol fällbaren Substanzen bedingt ist.
Die aus Kulturen von Diphtheriebacillen oder Streptokokken allein
ausgefällten Substanzen waren weit weniger giftig. Funck 4 ) sprach
sich auf Grund experimenteller Untersuchungen dahin aus, daß die
Giftbildung der Diphtheriekultur durch gleichzeitig injizierte Strepto-
kokken bei Meerschweinchen zwar gesteigert wird, aber nicht in so
beträchtlichem Grade zunimmt, wie von anderen Forschern ange-
nommen wurde, und daß die Beeinflussung des Diphtheriegiftes durch
Heilserum bei Anwesenheit von Streptokokken sich nicht ändert
Roux und Yersin®) stellten dagegen fest, daß Meerschweinchen,
welche mit Gemischen der beiden Bakterienarten von der Luftröhre
aus infiziert wurden, weit weniger leicht als bei einseitiger Infektion
mit Diphtheriebacillen durch Heilserum gerettet werden konnten ; sie
bezogen diese Thatsache nicht auf eine vermehrte Giftbildung der
1) Vgl. die^ Zeitschrift Bd. XVII. p. 416.
2) Dengl Bd. VlU. p. 698
3) Desgl. Bd. XII. p 289
4) Desgl. Bd. XVI. p. 749.
5) Ebenda p. 1075.
Digitized by Googl
Diphtherie.
347
Diphtheriebacillen , sondern auf eine Schädigung der Körperzellen
durch das Streptokokkengift. Barbier 1 2 3 ) fand als Begleiter des
Diphtheriebacillus verschiedene kettenförmige und andere Kokken,
hält aber nur einen bestimmten unter diesen Mikroorganismen, welchen
er Streptococcus ß nennt, für geeignet, das Krankheitsbild zu
beeinflussen und unterscheidet die Fälle, bei denen dieser Strepto-
coccus vorkommt, als „Angine diphthörique streptococciquu“ gegen-
über allen anderen Erkrankungen mit Befund von Loe ff ler 'sehen
Bacillen, die er als Angine toxique diphterique bezeichnet. Martin
und Chaillou*) schlossen aus zahlreichen Krankenbeobachtungen,
daß die Gefährlichkeit der „Angine diphterique avec associations
microbiennes“ wesentlich auf der Art der mitwirkenden Mikro-
organismen beruht. 179 Fälle, in denen der Diphtherie-
bacillus allein gefunden wurde, hatten 49 Proz. Mortalität, 48
Fälle von Mischinfektion mit Streptokokken dagegen 85,4 Proz.,
32 mit kleinen Kokken nur 18,7 Proz. und 10 mit Staphylokokken
50 Proz. Im Gegensatz hierzu fand Bernheim s ), daß bei 10 von
ihm bakteriologisch sehr sorgfältig analysierten Krankheitsfällen meist
mehrere Formen von Streptokokken nebeneinander nachzuweisen waren,
daß aber auch das Ueberwiegen eines bestimmten Streptococcus
das Krankheitsbild nicht sichtlich beeinflußte, und daß endlich auch
die Virulenz der Diphtheriebacillen für den Verlauf der Krankheit
nicht von Bedeutung war; er folgerte daher, „daß der bakteriologische
Befund allein keine sicheren Anhaltspunkte liefert, um auf die Schwere
der diphtherischen Eikrunkung zu schließen“, indem er ferner das
Wachstum der Diphtheriebacillen sowohl in Mischkulturen wie in den
Stoffwechsel Produkten der einzelnen Spaltpilze beobachtete, fand er,
daß der Diphtheriebacillus den Streptococcus in der Nähr-
bouillon überwuchert und bei Anwesenheit von Stoffwechselprodukten
der Streptokokken oder Staphylokokken in steriler Bouillon besser als
gewöhnlich gedeiht, durch die Stoffwechselprodukte der Streptokokken
auch in seinem Wachstum auf Agar gefördert wird, daß dagegen das
Wachstum von Streptokokken in Bouillon durch die Stoffwechsel-
produkte des Diphtheriebacillus Einbuße erleidet. Diphthei iebacillen,
welche in Filtraten von Streptokokkenkulturen gewachsen waren,
zeigten im allgemeinen, wenn auch nicht immer, eine stärkere Wir-
kung auf Versuchstiere als gewöhnliche Bouillonkulturen; der Viru-
lenzunterschied war häufig so groß, daß er auf das üppigere Wachs-
tum der Bacillen in den Kulturfiltraten allein nicht zurückgeführt
werden konnte. Bernheim glaubt endlich nachgewiesen zu haben,
daß die erhöhte Virulenz der Filtratkulturen sich, wenngleich all-
mählich abnehmend, auch noch einige Generationen hindurch an
Tochterkulturen in gewöhnlicher Bouillon erhält.
Während also Barbier, Martin und Chaillou aus dem bak-
teriologischen Befund Schlüsse auf die Prognose der Diphtherie ziehen,
tritt nach Bern heim die Bedeutung der Mischinfektion hinter der
1) Desfel. Bd XI. p. 382.
2) Ebenda Bd XVI p. 524.
3) Bd XVII. S. 416.
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348
(Diphtherie.
persönlichen Disposition und Immunität so sehr zurück, daß aus der
Art der begleitenden Spaltpilze nicht auf die Schwere der Erkran-
kung geschlossen werden kann. Die Erklärung dieses Gegensatzes
der Auffassungen findet der Verf. Frh. v. Düngern in dem Um-
stand, daß die genannten Autoren unter der Streptokokkenmisch-
iDfektion verschiedene Vorgänge verstehen. Barbier legt nun der
Mischinfektion mit Streptococcus ß Bedeutung bei, Martin legt
Wert auf reichliches Vorhandensein der Streptokokken, Bern he im
berücksichtigt alle Fälle, in denen er, sei es auf Serum, sei es auf
Agar oder Gelatine bei Diphtherie irgend welche Streptokokken
züchtete.
Nun ist aber die Art der Isolierung keineswegs gleichgiltig.
Streptokokken, welche auf Agarplatten wachsen, faud v. Düngern
als regelmäßige Bewohner des Tonsillarschleims gesunder Personen;
sie sind die häufigsten Erreger der gewöhnlichen Mandelentzündung
und mancher diphtherieartigen Erkrankungen und fehlen auch fast
niemals bei wirklicher bacillärer Diphtherie; ihre Anwesenheit kann
daher für die Prognose nicht verwertet werden. Bedient man sich
jedoch, wie Martin, des schräg erstarrten Serums als Nährboden,
so ist die Zahl der dabei in den ersten 24 Stunden zur Entwickelung
gelangenden Mikroorganismenarten weit mehr beschränkt. Da nun
nach der Statistik von Martin und C h a i 1 1 o u , die nach Einführung
der Serumtherapie noch um weitere 300 Fälle vermehrt worden ist l ),
diejenigen Erkrankungen, bei denen neben dem Diphtheriebacillus
auch Streptokokken auf dem Serum reichlich wachsen, viel schwerer
verlaufen als andere Fälle, so scheint es, daß die auf dem Serum
zur Entwickelung gelangenden Kettenkokken besonders virulent sind.
v. Düngern prüfte, ob die Virulenz der Streptokokken sich
thatsächlich mit der Eigenschaft, auf Serum zu wachsen, gut
deckt. Um die in den gewöhnlichen Nährflüssigkeiten bald ab-
nehmende Virulenz der Streptokokken möglichst lange zu erhalten,
züchtete er die Vergleichskulturen nach Marmorekin einer Mischung
von neutraler, peptonhaltiger (1 Proz.) Bouillon mit 1 / 8 Ascites-
flüssigkeit; meist wurden mehrere Kolonieen der auf Serum ge-
wachsenen Streptokokhen auf Agar und von diesem nach 2 Tagen
in Ascilesbouillon übertragen, dort 24 Stunden bei 37 °C gezüchtet und
dann auf Mäuse und Meerschweinchen verimpft. Jedoch war die
Virulenz auch unter diesen Versuchsbedingungen recht verschieden.
Eine Streptokokkenart (I) war für Mäuse so wenig virulent, daß erst
1 ccm unter die Haut injiziert nach 1 — 2 Tagen tödlich wirkte,
*/ 4 ccm dagegen den Tieren nichts schadete. Ein Meerschweinchen
erlag der subkutanen Injektion von 2 ccm einer 1-tägigen Kultur;
eine 12-tägige Kultur hatte bei Meerschweinchen nur örtliche Wir-
kung
Ein anderer Streptococcus (II) tötete Mäuse bereits in Gaben
von */, ccm schnell, in Gaben von V 4 ccm unter dem Bilde der
chronischen Streptokokkeninfektion. Kaninchen wurden durch inten-
sive Injection von 1 ccm eintägiger Kultur nach 36 Stunden getötet;
1) Vgl. diese Zeitschrift. Bd. XVI. p. 1075
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Diphtherie.
349
unter die Haut gebracht, riefen kleine Dosen nur eine leichte Reizung
hervor, größere töteten die Tiere durch Giftwirkung, ohne daß die
Mikroorganismen in die Blutbahn gelangten.
Ein dritter Streptococcus (III) wurde von Mäusen in Dosen
von 1 ccm gut vertragen, ein vierter (IV) tötete solche Thiere da-
gegen schon in Dosen von */ 4 ccm innerhalb von 12 Stunden.
Zum Vergleich wurde noch ein Streptococcus (V) herange-
zogen, der aus der Milz eines nach subkutaner Injektion von Diph-
theriebacillen gestorbenen Meerschweinchens isoliert war. Von ein-
tägiger Ascitesbouillonkultur dieses Spaltpilzes tötete 1 ccm ein 2000 g
schweres Kaninchen bei subkutaner Injektion nach 12 Stunden, 1 /lO ccm
eine Maus in 2 Tagen durch Allgemeininfektion.
Alle 5 Streptokokkenarten gehörten der Form des Strepto-
coccus longus an, doch bildete keiner in Ascites- oder gewöhn-
licher Peptonbouillon lange Ketten. Der sehr virulente Strepto-
coccus IV war sehr fein, der virulente Str. II und der stark viru-
lente Str. V aus gröberen Formen zusammengesetzt, Str. I u. III standen
nach Größe der Kokken etwa in der Mitte zwischen den vorgenannten.
Die längsten Ketten bildeten Str. V, dann folgten der Heihe nach
II, I, III u. IV. Str. II u. IV bewirkten neben dem Bodensatz in
den Kulturen noch eine Trübung der Bouillon, die übrigen 3 Arten
ließen die Nährflüssigkeit klar. Die Trübung bestand bei Str. IV aus
Diplokokken und kurzen Ketten, bei Str. II dagegen fast nur aus
kurzen und langen Ketten. Die beiden am meisten virulenten Arten
zeigten also morphologisch das am meisten abweichende Verhalten
unter einander.
Andererseits schien das Wachstum auf Serum im Verhältnis zur
Virulenz zu stehen. Der für Kaninchen ganz unschädliche Str. I wuchs
sehr schlecht, der virulente Str. II besser und der beim Kaninchen
selbst gefundene St. V weitaus am besten auf Kaninchenserum. Hier-
mit steht im Einklang, daß die lange Zeit auf Agar oder in gewöhn-
licher Bouillon fortgezüchteten und daher wenig virulenten Strepto-
kokken auf Rinderserum viel weniger gut gedeihen, als frisch aus
dem Tierkörper gezüchtete Mikroorganismen gleicher Art. Da nun
überdies das Rinderserum den Streptokokken weniger gut zusagt, als
den Diphtheriebacillen, so ist bei reichlichem Auftreten beider Bak-
terienarten auf der Serumplatte der Schluß gerechtfertigt, daß sehr
viele lebensfähige Streptokokken in der zur Aussaat benutzten
Membran vorhanden gewesen sind.
Wenn daher die Serummethode zwar auch einen sicheren Schluß
auf die Höhe der Virulenz der Streptokokken nicht gestattet, so ist
dieses Verfahren der Agarkultur für die praktische Verwertung der
Diagnose jedenfalls vorzuziehen.
„Ueber die Gefährlichkeit der betreffenden Streptokokken für
den Menschen, welche eben auf allen die Virulenz bedingenden Fak-
toren beruht, kann uns dagegen, bis zu einem gewissen Grade we-
nigstens, das Tierexperiment Auskunft geben.
Wir werden uns deshalb Uber die Schwere eines Falles erst dann
genaue Rechenschaft geben können, wenn wir jedesmal sowohl die
Diphtheriebacillen wie die Streptokokken an Tieren auf ihre Virulenz
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350
Diphtherie.
geprüft haben. Schon jetzt kann es jedoch als feststehend angesehen
werden, daß Streptokokken und Diphtheriebacillen vereint unter ge-
wissen Bedingungen zu ganz besonders schweren Erkrankungen Ver-
anlassung geben.“
Man hat bisher in solchen Fällen angenommen, daß die Infektions-
kraft der Diphtheriebacillen unter dem Einfluß der Streptokokken er-
höht wird und zwar entweder durch direkte Erhöhung der Virulenz
oder durch Schwächung des infizierten Organismus.
Von den die Virulenz bedingenden Eigenschaften wird die
Wachstumsenergie des Diphtheriebacillus nach Bernheim’s
Untersuchungen, die vom Verf. bestätigt werden, durch die Strepto-
kokken nicht vermehrt; denn jene Spaltpilze wachsen in Mischkulturen
mit diesen, oder auf Kulturfiltraten von den letzteren keineswegs
regelmäßig üppiger, vielmehr ist ihr Wachstum zuweilen sogar unter
solchen Verhältnissen weniger gut. v. Düngern führte aber den
Nachweis, daß eine unmittelbare Virulenzsteigerung der Diphtherie-
bacillen durch die Streptokokken überhaupt nicht bedingt wird.
Eine eintägige Diphtheriekultur in Ascitesbouillon tötete Kaninchen
weit schneller als eine eintägige Kultur, welche im Filtrat einer
4 Wochen alten Ascitesbouillonkultur von Streptococcus I ge-
wachsen war. Eine 2-tägige Bouillonreinkultur, die aus einer 4 Wochen
alten Mischkultur mit Streptokokken gewonnen war, wirkte auf Meer-
schweinchen nicht anders als eine 2 tägige Bouillonreinkultur, die aus
einer Rouillonkultur ohne Streptokokken erhalten wurde.
Um zu prüfen, ob die Wirksamkeit der Diphtheriebacillen bei
der Mischinfektion mit Streptokokken durch eine Schwächung des
Organismus bedingt wird, suchte Verf. zunächst festzustellen, ob der
Organismus durch die Stoffwechselprodukte der Streptokokken für
das Diphtheriegift empfänglicher wird. Er spritzte Meerschweinchen
und Kaninchen Kulturen des St. I in Dosen von 2 — 10 ccm zu
gleicher Zeit, aber meist an verschiedener Stelle unter die Haut und
verglich die Wirkung mit der des reinen Diphtheriegifts bei anderen
Tieren. Dabei ergab sich , daß junge Streptokokkenkulturen den
Verlauf der Vergiftung kaum beeinflußten, ältere dagegen sogar im-
stande waren, die Wirkung des Diphtheriegiftes erheblich abzu-
schwächen. Jedenfalls wurde die Wirkung des Diphtheriegiftes unter
dem Einfluß von nicht besonders virulenten Streptokokken nicht
erhöht.
Eine Schwächung des Organismus könnte aber insoweit in Betracht
kommen, als dessen baktericide Funktionen unter dem Einfluß der
Streptokokken beeinträchtigt werden.
Bei Untersuchung hierauf mußte zunächst die Frage beantwortet
werden, ob die Diphtheriebacillen, deren Wirkung beim Tiere ja
hauptsächlich toxischer Art ist, auch für sich allein ohne Mitwirkung
des zugleich injizierten in der Kultur bereits vorhandenen Giftes bei
Meerschweinchen Diphtherie hervorrufen. Verf. konnte die Frage
bejahen; denn bei Iufektion einiger Meerschweinchen mit je 1 ccm
Wasseraufschwemmung von Diphtheriebacillen, die durch mehrfaches
Centrifugieren vom Gift befreit waren, war der Erfolg derselbe, als
Diphtherie.
351
wenn die Suspension in der abcentrifugierten gifthaltigen Nähr-
flüssigkeit stattfand.
Daß die Diphtheriebacillen beim Menschen für sich allein ohne
Beihilfe anderer Organismen diphtherische Erkrankungen bedingen
können, ist durch klinische Beobachtungen sichergestellt Wenn nun
auch andererseits, wie erwähnt, Roux gezeigt hat, daß Diphtherie-
Uraillon von geringer Virulenz durch Unterstützung von hochvirulenten
Streptokokken infektionskräftig werden können, so ist eine solche
Einwirkung nur gering, sobald es sich um schwach virulente Strepto-
kokken und Diphtheriebacillen von mittlerer Virulenz handelt. Bei Meer-
schweinchen konnte Verf. unter solchen Umständen eine Einwirkung
der Streptokokken überhaupt nicht deutlich nachweisen ; bei Kaninchen
trat sie nur dann ein, wenn, wie bei den Roux’schen Versuchen, die
Diphtheriekultur für diese Tiere fast gar nicht virulent war, die
Streptokokkenkultur dagegen schon für sich allein genügte, um die
Tiere, wenn auch nach längerer Zeit, durch Vergiftung zu töten.
Verf. folgert daher aus seinen Versuchen, „daß eine Steigerung der
Infektionskraft der Diphtheriebacillen durch Schwächung der bak-
tericiden Funktion des Organismus unter dem Einflüsse von Strepto-
kokken wohl zustande kommen kann, im Allgemeinen aber von sehr
geringer Bedeutung ist“.
Es war nunmehr die Frage zu entscheiden, ob vielleicht um-
gekehrt die Wachstumsenergie der Streptokokken unter dem Einfluß
der Diphtheriebacillen mittelbar oder unmittelbar eine Erhöhung er-
fährt. Dabei ergab sich Folgendes.
St. I wuchs in dem mit 1 / t Ascitesflüssigkeit versetzten Filtrat
von verschiedenen Diphtheriekulturen gut, aber nicht besser als in
gewöhnlicher Ascitesbouillon. Auch die Virulenz der gewonnenen
Kulturen war in beiden Fällen gleich. Dagegen trat allerdings eine
Schwächung der baktericiden Funktion des Organismus durch das
Diphtheriegift den Streptokokken gegenüber ein, doch war diese Ver-
minderung der Wehrhaftigkeit des Körpers nur unter bestimmten
Virulenzverhältnissen der Streptokokken von Bedeutung.
Der wenig virulente St. I wurde durch Mischinfektion mit Diph-
theriebacillen nicht nachweislich infektionstüchtiger. Dagegen genügte
bei dem stärker virulenten St. II schon das Hinzufügen einer geringen
Menge Diphthericbacillen, um bei subkutaner Injektion die örtliche
Infektion in eine allgemeine Streptokokkeninfektion umzuwandeln und
den Tod der Tiere (Kaninchen) erheblich zu beschleunigen. „Wir
sehen demnach, daß das Diphtheriegift sehr wesentlich dazu beiträgt,
den schützenden Wall der Leukocyten zu durchbrechen und den
Streptokokken den Uebergang in die Blutbahn zu erleichtern. Es
kommt dann alles darauf an, ob die Streptokokken überhaupt im-
stande sind, eine Allgemeininfektion hervorzurufen. Sind sie es
nicht wie der St. I, so ist auch ihre Verbindung mit dem Diph-
theri ebacili us gefahrlos. Bestehen dagegen Virulenzbedingungen
wie bei St. II, so werden Streptokokken, die für sich allein nur
lokal ablaufende Erkrankungen verursacht hätten, durch die As-
sociation mit den Diphtheriebacillen befähigt, tötlich verlaufende All-
gemeininfektionen hervorzurufen.“
352
Diphtherie.
In derselben Weise ist die Mischinfektion von Streptokokken und
Diphtheriebacillen auch beim Menschen zu beurteilen. Ob es im
einzelnen Falle zu einer schwereren allgemeinen Infektion kommt,
darüber entscheidet vor allem die Virulenz der betreffenden Strepto-
kokken für den Menschen, welche bis zu einem gewissen Grade nach
dem Wachstum auf Serum und der Virulenzprüfung am Tiere be-
urteilt werden kann. „Natürlich wird man auch der persönlichen
Disposition des betreffenden Individuums nicht jede Bedeutung ab-
sprechen können. Doch werden wir immer gut thun, erst alle anderen
Bedingungen zu Rate zu ziehen, ehe wir unsere Unwissenheit mit
diesem W T orte zu verdecken suchen.“
Verf. beantwortet endlich die Frage, wie das Heilserum bei
Mischinfektionen wirkt, auf Grund seiner Untersuchungen dahin, daß
die Heilserumtherapie im Falle einer Miscbinfektion mit wenig viru-
lenten Streptokokken ebenso gute Erfolge haben muß wie bei reiner
Diphtherie; bandele es sich dagegen um für Menschen hochvirulente
Streptokokken, so sei ein Erfolg nur dann zu erwarten, wenn das
Dyphtherieserum sehr früh injiziert wird, d. h. früher, als ein weiteres
Eindringen der Streptokokken stattgefunden hat. Ueber die Möglich-
keit einer Beeinflussung der Streptokokkeninfektion selbst durch
Marmorek’s Serum enthält sich der Verf. des Urteils. Mit Hydrar-
gyrum cyanatum hat er bei Meerschweinchen Heilerfolge nicht er-
erzielt. „Es ist deshalb durchaus nicht angezeigt, wegen der Mit-
beteiligung anderer Spaltpilze an der diphtherischen Affektion die
spezifische Therapie mit den Behring’ sehen Diphtherieserum zu
verlassen und zu antiseptischen Mitteln zurückzugreifen“.
Kübler (Berlin).
Xonteftisco, A., Del modo di comportarsi del bacillo
delle difterite sulle sostanze alimentarie. (Annali
d’igiene sperimentale. Vol. VI. 1896. Fase. 3.)
Verf. prüfte das Verhalten des Diphtheriebacillus in einer
Reihe von Nahrungsmitteln. In sterilem Wasser blieb derselbe etwa
1 */* Monate, in gewöhnlichem Wasser 20 Tage und in stark ver-
unreinigtem Wasser 6 Tage lebensfähig. Die Virulenz nahm dagegen
viel früher ab und war in sterilem Wasser nach 5 Tagen und in ge-
wöhnlichem Wasser schon nach 2 Tagen fast völlig verschwunden.
In roher Milch war nach 3 Tagen kein Wachstum mehr zu beobachten,
die Virulenz hatte schon nach 24 Stunden aufgehört, und zwar
hauptsächlich infolge der zunehmenden Säure. Sterilisierte Milch
erwies sich dagegen als guter Nährboden. In Butter blieb der
Loeff ler’sche Bacillus nur 2 Tage lebensfähig und hatte bereits
nach 6 Stunden etwas von seiner Virulenz eingebüßt. Verschiedene
Weinsorten verhielten sich, je nach ihrem Säuregrade, mehr oder
weniger für den Diphtheriebacillus schädlich. Auf frischem
Brode war derselbe nach 24 Stunden noch lebensfähig, dagegen nach
48 Stunden abgestorben; auf altem Brode trat dies noch später ein.
Auf verschiedenen Früchten (Aepfel, Birnen, Trauben, Melonen) waren-
die Bacillen nach 18—24 Stunden abgestorben.
DieudonnA (Berlin).
Scharlach. — Tuberkulose.
353
Atklns, E. B. M., Gase of measles complicated with pneu-
monia followed by scarlet fever and diphtheria. (The
Lancet. 1896. Nov. 28.)
Am 6. Nov. 1895 wurde Verf. zu einem 3 -jährigen masern-
kranken Knaben gerufen, weil sich lästiger Husten und Atem-
beschwerden eingestellt hatten. Es handelte sich um akute Ent-
zündung des rechten unteren Lungenlappens, die sich nach 6 Tagen
zu lösen anfing; auch ein 2 Tage nachher unter Fiebererscheinungen
anftretender neuer Verdichtungsherd klärte sich bald wieder auf, und
Verf. konnte das Kind am 24. Nov. für genesen erklären. Am
4. Dez. wurde er wieder gerufen und fand dasselbe Kind an Schar-
lach erkrankt, mit starker Halsentzündung und Ausschlag über den
ganzen Körper; Temp. 39,9°, Puls 140. Am 6. fing der Ausschlag
an abzublassen, dagegen wurde die Halsentzündung noch aus-
gedehnter und am 8. zeigte sich ein diphtheritischcr Belag auf dem
weichen Gaumen und der Uvula; Temp. 40,5°, Infiltration der Hals-
drüsen; Eiweiß im Harn. Innerlich wurde Eisen, Bittersalz und
Sublimat verabreicht und der Rachen 4 — 5 mal täglich mit einer
Mischung von Salicylsäure, Schwefel und Glycerin bepinselt. Am
folgenden Tage war die Temperatur auf 39,5° herabgegangen; es
wurde Heilserum eingespritzt, worauf Temperatursteigerung bis zu
40,5 0 eintrat; abends 40,0° und am nächsten Morgen 39,7 °. Am
11. pfeifende R., Belag der Hinterfläche des Rachens, Temp. 40,0°,
Puls 150. Eine neue Einspritzung von Heilserum brachte die Tem-
peratur auf 40,8 * mit unzählbarem Puls. Nach 2 Tagen ging die
Temperatur auf 39,5° und der Puls auf 140 zurück, und das Kind
fing an, Nahrung zu sich zu nehmen. Eine Woche lang schwankte
die Temperatur zwischen 39 und 39,5°; dann trat starker Durchfall
ein, dauerte aber nur 2 Tage. Die Konvalescenz zog sich wegen der
Gaumenlähmung und des mit Taubheit begleiteten Eiterflusses aus
beiden Ohren sehr in die Länge; auch jetzt hat das Ohrenleiden
noch nicht ganz aufgehört. Verf. schreibt das Hinzutreten der
Diphtberitis dem unvollkommenen Zustande der Abzugsrohren des
Hauses zu. Sentifion (Barcelona).
Bunge, R. und Trantenroth, A., Smegma- und Tuberkel-
bacillen. (Fortschr. d. Med. 1896. No. 23 u. 24.)
Die Resultate der sehr interessanten Untersuchungen über den
Unterschied der mikroskopisch-bakteriologischen Diagnose „Smegma-
oder Tuberkelbacillen“ sind folgende:
Ueberall da, wo Bestandteile der an der Körperoberfläche sich
ansammelnden Hautsekrete in die Krankheitsprodukte hineingeraten
können, also bei Ohreiterungen, tuberkulösen Prozessen in der Mund-
höhle, der Nase, an der äußeren Haut, den Genitalien, bei Tuberkulose
im uropoetischen System, muß an die Möglichkeit einer Verwechslung
der Tuberkel- mit den Smegmabacillen gedacht werden.
Die Morphologie allein giebt keine hinreichend sicheren Anhalts-
punkte für ihre Unterscheidung.
Was die tinktoriellen Verschiedenheiten anbetrifft, so ist zu be-
merken, daß die Smegmabacillen, und zwar nicht nur die verschiedener,
Ent* AM. XXI. Bi. *3
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354
Tuberkulose.
sondern auch die gleicher Herkunft, außerordentlich verschieden bei
der Färbung resp. Entfärbung sich verhalten, insofern die einen
relativ leicht, andere langsamer und endlich eine Minderzahl ganz
ungewöhnlich schwer die einmal aufgenommene Farbe wieder ab-
geben. Von den verschiedenen für die Tuberkelbacillen angegebenen
Färbemethoden sind zur Differenzierung von den Smegmabacilleu
völlig unbrauchbar alle Methoden, bei welchen nur Säuren — seien
es anorganische oder organische — zur Entfärbung verwendet werden,
also besonders die Methode von G abbet. Unbrauchbar sind auch
die Verfahren, bei welchen außer der Säure noch Alkohol in irgend
einer Verdünnung wenige Minuten hindurch benutzt wird, so die
Verfahren von B. Frankel und Zieh 1- N eelsen. Brauchbarer,
aber auch nicht absolut sicher, sind solche Methoden, bei denen man
sich zur Entfärbung des Alkohol absolutus bedient und diese mindestens
5 Min. lang fortsetzt Dahin gehören die Methoden von Weichsel-
baum und Czaplewski. Nie im Stiche ließ folgende Methode:
Alkohol absolutus nicht unter 3 Stunden, 5-proz. Chromsäure nicht
unter 15 Min., Karbolfuchsin, Acid. sulf. dil. 2—3 Min., konz. al-
koholisches Methylenblau mindestens 5 Min.
Diese Sätze haben für alle in Frage kommenden Untersuchungen
auf Tuberkelbacillen Giltigkeit. Eine Sonderstellung nehmen nur die
Präparate ein, bei welchen die Bacillen im Urin suspendiert zur
Untersuchung gelangen. Für diese Fälle, bei denen eine Ausschaltung
der Smegmabacillen auf tinktoriellem Wege nicht möglich ist, kann
man sie auf mechanischem Wege fern halten durch den Katheterismus
nach gründlicher Säuberung des Orificium externum. Für ganz
zweifelhafte Fälle bleibt zur Sicherung der Diagnose allein das Tier-
experiment übrig. Hugo Laser (Königsberg i. Pr.).
Schuchardt, Einige Untersuchungen über das Vorkom-
men von Tuberkelbacillen in der Butter. [Inaug.-Diss]
Marburg 1896.
Verf. unterzog unter Leitung C. Fraenkel’s die Resultate von
Roth, der unter 20 Proben Marktbutter 2 Tuberkelbacillen ent-
haltende gefunden hatte, einer Nachprüfung (cf. Centralbl. f. Bakt.
Bd. XVII. 1895. p. 376). 42 Butterproben wurden teils einzeln, teils
gemischt, bei 33° geschmolzen, Meerschweinchen intraperitoneal
injiziert; im ganzen wurden 28 Tiere geimpft, von denen nur ein
einziges Tier an Tuberkulose zu Grunde ging. Auch in diesem einen
Falle ist es sehr wahrscheinlich, daß die Tuberkulose nicht eine Folge
der Butterinjektion gewesen ist, da ausschließlich die Lunge Sitz der
tuberkulösen Veränderungen war, während solche in den Organen
der Bauchhöhlen nicht nachgewiesen werden konnten. Vermutlich
handelte es sich hierbei um eine anderweitig acquirierte Infektion
von seiten der Atmungsorgane. In jedem Falle aber ist das Resultat
der Versuche ein bedeutend günstigeres als diejenigen früherer Autoren.
W. Kempner (Berlin).
Lungwitz, Einiges über .Tuberkulose. (Archiv f. wissen-
schaftliche u. praktische Tierheilkunde. Bd. XXIII. 1897. p. 49.)
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ToberkuloÄe.
355
Im ersten Abschnitt der Arbeit „Zur Eutertuberkulose
des Rindes“ berichtet Verf., daß von 17 202 im Leipziger Schlacht-
hof während 21 Monaten geschlachteten weiblichen Rindern 119 mit
Eutertuberkulose behaftet waren. Von diesen war 92 mal die Tuber-
kulose eine generalisierte, in den übrigen Fällen war sie meist eine
ausgebreitete und nur bei zwei Tieren zeigte sich neben dem Euter
nur noch ein Organ ergriffen (je einmal die Bronchial- und die
Mediastinaldrüsen). Hiernach muß allerdings das Vorkommen primärer
Eutertuberkulose beim Rind ein äußerst seltenes sein, aller Wahr-
scheinlichkeit nach ist in allen angeführten Fällen das Euter auf
embolischem Wege infiziert worden.
Für die Praxis ergiebt sich aus vorstehendem, daß bei Vor-
handensein von Eutertuberkulose die Tiere mit besonderer Genauig-
keit auf allgemeine Tuberkulose untersucht werden müssen.
Gleichwie die Tuberkulose des Euters, bildet auch diejenige des
Uterus eine häufige Erscheinung. Von 267 während 8 Monaten
untersuchten Rindern mit allgemeiner oder Peritonealtuberkulose
waren 264 mit Peritonealtuberkulose, und von diesen wiederum 152
mit Tuberkulose des Uterus = 57,9 Proz. behaftet. Mit der Tuber-
kulose des Uterus ist meist eine solche der Ovidukte vergesellschaftet,
beide Formen sind meistens keine embolischen, sondern durch Kontakt-
infektion vom Bauchfell her entstanden.
Im dritten Abschnitt: „Zur Serosentuberkulose der
Schweine“, suchte L. die Frage zu beantworten, ob bei einer
Serosenerkrankung auch eine allgemeine Tuberkulose vorhanden sei.
Während 20 Monaten wurde 141 mal Serosentuberkulose beobachtet,
unter diesen 134 mal = 95 Proz. generalisierte Tuberkulose. Diese
Erscheinung fordert jedenfalls dazu auf, die Schweine, sobald ihr
Brust- resp. Bauchfell tuberkulös erkrankt ist, vor allem auch auf
ihre Lymphdrüsen genau zu untersuchen.
Verf. resümiert:
1) Daß beim Vorhandensein von Eutertuberkulose die Tuberkulose
bei den Kühen in den allermeisten Fällen generalisiert ist;
2) daß die Tuberkulose des Uterus bei den Kühen eine sehr
gewöhnliche Erscheinung bildet und sich meist an Peritonealtuberkulose
anschließt;
3) daß die Tuberkulose bei den Schweinen dann, wenn Serosen-
tuberkulose vorhanden, meist eine „allgemeine“ ist.
W. Kempner (Berlin).
füepp, Noch einige Betrachtungen über angeborene
Tuberkulose. (Zeitschr. f. Fleisch- u. Milchhygiene. Bd. VII.
1897. p. 67.)
Die Ansicht des Verf.’s, daß die kongenitale Tuberkulose bei den
Kälbern nicht zu den größten Seltenheiten gehöre, sondern die spär-
lichen Angaben in der Litteratur mehr durch mangelhafte Unter-
suchung bedingt seien, wird durch folgende Zahlen bestätigt: Von
4068 in den ersten 5 Monaten des Jahres 1896 in Kiel geschlachteten
nüchternen Kälbern waren 26 = 0,64 Proz. mit angeborener Tuber-
kulose behaftet Im Monat Oktober stieg der Prozentsatz auf
* 8 *
Dgle
Digitized
356
Tuberkulose.
1,18 Proz., von 847 Tieren waren 10 Stück tuberkulös. Einmal
waren nur die Leber und Portaidrüse, sechsmal außerdem noch die
zur Lunge gehörigen Drüsen, und zwar regelmäßig die Mediastinal-
und nur dreimal die Bronchialdrüsen, sowie dreimal noch mehrere
Körperdrüsen ergriffen. Verf. berechnete ferner den obigen Prozent-
satz auf die konstatierten tuberkulösen Kühe und fand, daß auf jede
38. ein Kalb mit angeborener Tuberkulose fällt.
W. Kempner (Berlin).
Dollris et Bourges, Tuberculose miliaire aiguö de la
rnere; infectiou tuberculeuse intra-utörine du foetus
verifide par l’inoculation. [DeuxiMne congrös international
de gynöcologie et d’obstötrique ä Geneve, Septembre 1896.] (Se-
maine mödicale. 1896. p. 375.)
Eine junge Frau starb 3 Wochen nach der Geburt eines 7-monat-
licben Kindes an allgemeiner akuter Miliartuberkulose; das schwäch-
liche, abgemagerte Kind starb 5 Wochen nach der Geburt. Die
Organe desselben zeigten weder makroskopisch noch mikroskopisch
tuberkulöse Veränderungen. Vom Herzblute wurden */„ ccm Serum
einem Meerschweinchen intraperitoneal injiziert, dasselbe Tier erhielt
ein haselnußgroßes Blutkoagulum unter die Bauchhaut appliziert. In
der Gegend der Bauchwunde bildete sich ein Impfgeschwür, verbunden
mit einer Schwellung der Leistendrüsen. Das Meerschweinchen wurde
nach 7 Wochen getötet, es fand sich Tuberkulose der Milz, die durch
Bacilleufund bestätigt wurde, auch in der Gegend des Geschwüres
wurden in einem subkutanen käsigen Knoten Tuberkelbacillen ge-
funden.
Als Beweis für die Möglichkeit einer kongenitalen tuberkulösen
Infektion, deren wenn auch seltenes Vorkommen nicht geleugnet
werden soll, dürfte der vorliegende Fall kaum zu verwerten sein.
Es ist bei der gewählten Versuchsanordnung (subkutane Impfung
mit Blutkoagulum) nicht ausgeschlossen, daß das Impfgeschwür des
Meerschweinchens auf einer Stallinfektiou mit Tuberkulose beruht.
Jedenfalls ist es auffallend, daß das Blut eines 5 Wochen alten Kindes
Tuberkelbacillen enthalten soll ohne irgendwelche nachweisbaren Ge-
websveränderungen in den Organen. W. Kempner (Berlin).
Sicolla et Palinicrl, Höröditö de la tuberculose. [Septteme
congres de la soci6t6 italienne de mödecine interne ä Rome, Octobre
1896.] (Semainc mödicale. 1896. p. 443.)
Verff. versuchten, ob es möglich wäre, Tuberkulose bei gesunden
Tieren durch Injektion fötaler Organe von tuberkulösen Meerschwein-
chen hervorzurufen. Ferner untersuchten sie die Empfänglichkeit für
Tuberkulose bei Jungen tuberkulöser Mütter und die Wirkung des
Koch’schen Tuberkulin auf die Jungen im Vergleich zu der auf
gesunde Tiere.
Auf Grund ihrer Experimente, die leider in dem Kongreßberichte
nicht angegeben sind, schließen Verff.:
Die Tuberkulose kann bei Meerschweinchen durch die Mutter
vererbt werden. Die Jungen tuberkulöser Mütter sind für Tuberkulose
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Tuberkulose.
357
empfänglicher als gesunde Tiere. Die Tiere, welche eine hereditäre
Disposition für Tuberkulose zeigen, selbst ohne augenfällige tuberku-
löse Erscheinungen, reagieren viel empfindlicher auf Tuberkulin als
normale Tiere, besonders wenn es sich um junge Tiere handelt, die
hohe Dosen von Tuberkulin erhalten haben.
W. Kempner (Berlin).
Lelchtenstcrn, 0., Akute Miliartuberkel der Haut bei
allgemeiner akuter Miliartuberkulose. [Aus dem Bürger-
hospitale zu Köln.] (Münchener med. Wochenschr. 1897. No. 1.)
Bei einem 4-jährigen Patienten mit ausgesprochener, tödlich
verlaufender Miliartuberkulose zeigten sich in der zweiten Woche des
Hospitalaufenthaltes zahlreiche kleine, höchstens hanfkorngroße, leb-
haft rote, derbe Papeln, welche sich auf vollständig normaler Haut
mit scharfen Konturen steil erhoben. Die Mehrzahl derselben bildete
sich nach kürzerem oder längerem Bestände allmählich unter Ab-
blassung und feinster Abschuppung vollständig zurück. Bei anderen
kam es zu Blütchen- oder Pustelbildung, die bald eintrockneten und
dann zurückgingen. Das papulöse Exanthem zeigte gewisse Aehn-
lichkeiten mit dem sog. Lichen syphiliticus. Bei der mikroskopischen
Untersuchung fanden sich im Papillarkörper der Haut 1 — 2 mm
breite linsenförmige Tuberkel mit zahllosen Tuberkelbacillen in seinem
Inneren. Die sekundäre, epidermoidale Papelbildung erklärt Verf.
damit, daß durch Diffusion der Tuberkeltoxine in das Stratum raucosum
auf chemotaktischem Wege Anlockung spärlicher Leukocyten und
serofibrinöse Exsudation aus dem Papillarkörper dort stattfand. Im
Gefolge der Eruption der Miliartuberkel in der Haut kam es zu einer
akuten Schwellung zahlreicher Lymphdrüsen am Halse, in der Achsel-
höhle und in der Inguinalgegend. Ferner zeigten sich auf der
Schleimhaut der Unter- und Oberlippe, sowie auf der Zungenschleim-
haut miliare Eruptionen, welche sich alsbald in oberflächliche Ge-
schwürchen mit speckigem Belage umwandelten, vielleicht auch miliar-
tuberkulöse Eruptionen. Der Fall zeigt demnach, daß allgemeine
akute Miliartuberkulose auch zum Auftreten von Miliartuberkeln in
der Haut Anlaß geben kann. Dieudonnd (Berlin).
Wolff, Bruno, Ueber die Tuberkulose des Eierstocks.
(Archiv f. Gynäkologie. Bd. LII. 1896. Heft 2.)
Nach einer sorgfältigen Zusammenstellung der Litteratur — es
werden 77 Litteraturnachweise Uber Eierstockstuberkulose tabellarisch
angeführt — und Besprechung der Häufigkeit, des pathologisch-
anatomischen Bildes und der Aetiologie der Erkrankung berichtet W.
über 17 eigene Untersuchungen der Ovarien tuberkulöser weiblicher
Leichen, die im W eigert’schen Institute ausgeführt wurden. Unter
diesen Fällen fand sich 5 mal Tuberkulose der Genitalien, darunter
3 mal der Ovarien, und zwar jedesmal doppelseitig. Die Erkrankung
war nur mikroskopisch nachweisbar, es fanden sich typische
Tuberkel mit Riesenzellen, jedoch keine Bacillen. In allen 3 Fällen
bestand eine ausgebreitete Bauchfelltuberkulose, beide Ovarien waren
frei von bindegewebigen Verwachsungen, makroskopisch war keine
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358
Eiterung.
Spur der Ovarialtuberkulose zu konstatieren, es zeigten sich mikro-
skopisch überall nur allerkleinste tuberkulöse Herdchen, Verkäsung
fehlte fast ganz. In den beschriebenen Fällen ist der Weg des
direkten Fortschreitens des tuberkulösen Prozesses von den Nachbar-
organen her als sicher festgestellt zu betrachten, eine primäre Er-
krankung der Ovarien ist auszuschließen. Das Verhältnis, in dem
das Vorkommen der Eierstockstuberkulose zu dem der Tuberkulose
anderer Organe den Litteraturangaben nach stehen soll, wird durch
die gewissenhaften Untersuchungen des Verf.’s ganz bedeutend über-
troffen, es ergab sich ein Prozentsatz von 60 Proz.
W. Kempner (Berlin).
Poppert, Ueber Eiterung durch keimfreies Catgut. [Aus
der chirurgischen Universitätsklinik in Gießen.] (Dtsche med.
Wochenschr. 1896. No. 48.)
Die Heilung von Operationswunden wird nicht selten durch
Eiterungen gestört, welche zweifellos von dem zur Unterbindung und
Naht verwendeten Catgut ihren Ausgang nehmen. Bei reaktions-
loser Beschaffenheit der gesamten übrigen Wundflächen finden sich '
gerade um jedes Catgutstückchen an den Unterbindungsstellen kleine
Eiterherde, und gerade aus den Stichkanälen der Catgutnähte ent-
leeren sich auf Druck Eitertröpfchen. Zur Erklärung dieser Er-
scheinung hat man angenommen, daß das benutzte Catgut nicht
ausreichend desinfiziert war, daß das Desinfektionsmittel vielleicht
nicht tief genug in die Substanz desselben eindringen könne oder
daß das Catgut einen besonders guten Nährboden für manche wäh-
rend der Operation in die Wunde gelangte Keime bilde.
Auch in der Universitätsklinik zu Gießen würden wiederholt
unliebsame Catguteiterungen beobachtet. Dieselben verliefen aller-
dings stets gutartig und waren nur von mäßiger Entzündung und
Schwellung der umgebenden Gewebe begleitet; das Fieber stieg nicht
über 39° C, und die Eiterung blieb nur auf die nächste Umgebung der
Catgutstückchen beschränkt. Immerhin waren diese Störungen des
Wund Verlaufes recht lästig.
Verf. konnte durch sorgfältige bakteriologische Untersuchung
feststellen, daß weder das verwendete Catgut noch der dadurch er-
zeugte Eiter (Tierversuche) Bakterien enthielt. Auch durch Catgut,
welches durch langdauernde Einwirkung einer Hitze von 130° C
sicher von allen Keimen befreit war, wurde bei Kaninchen Eiterung
erzeugt, wenn solches Material den Tieren unter den nötigen Vor-
sichtsmaßregeln in Hauttaschen eingeführt wurde. Andererseits
haftete die eitererregende Wirkung nicht jedem Catgut an.
Verf. schließt daraus, daß das Catgut bisweilen chemische Stoffe
enthält, welche auf chemotaktischem Wege zu Eiterungen Anlaß
geben. Welcher Art diese Stoffe sind, vermag er noch nicht zu ent-
scheiden. Jedenfalls scheinen es nicht Toxalbumine zu sein, da diese
bereits durch Erwärmen auf 60° zerstört werden. Verf. empfiehlt,
jede Catgutsendung vor dem Gebrauche durch Tierversuche zu prüfen,
hält dagegen einen Ersatz der Sublimatbehandlung des Materials
durch umständlichere Verfahren, wie Desinfektion mit Aether-Sublimat-
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Schweineseuchen. — Nephritis der RSlber. 359
Alkohol u. a. für entbehrlich, da die etwa dem Catgut anhaftenden
Keime durch Sublimat allein zuverlässig getötet werden.
K übler (Berlin).
Marks, P., Noch einmal die Schweineseuchen. (Berliner
tierärztliche Wochenschrift. 1896. No. 46.)
Die Ueberschrift „noch einmal die Schweineseuche'- 4 enthält eigent-
lich bereits den ganzen Inhalt der umfangreichen Arbeit. Die Leser
der Berliner tierärztlichen Wochenschrift und die dieser Zeitschrift
werden mit den Angaben des Verf.’s bereits hinreichend bekannt
sein, daher hier nur kurze Andeutungen genügen können. Zunächst
ein historischer Ueberblick über die Trennung der äußerlich in
manchen Beziehungen ähnlichen Krankheiten.
Für die Bekämpfung der Schweineseuche hält Verf. die Des-
infektionsmaßnahmen für ausreichend. Nicht so beim Rotlauf. Hier
erwartet Verf. nur Rettung von den Schutzimpfungen. Da giebt es
aber verschiedene Verfahren. Das Pasteur’sche wird verworfen,
ebenso das Porkosan. Dagegen bekennt sich Verf. als ein begeisterter
Anhänger der Lorenz’schen Schutzimpfungen.
O. Voges (Berlin).
Willacb, Eine Ursache der multiplen embolischen Ne-
phritis (weißen Fleckniere) der Kälber. (Dtsche tier-
ärztliche Wocbenschr. 1896. No. 20.)
Diese eigentümliche Nierenerkrankung, die nach der Schlachtung
von sonst ganz gesunden Kälbern öfters einmal gefunden wird, ohne
daß andere Organe pathologische Veränderungen zeigen, ist in ihrer
Aetiologie keineswegs aufgeklärt. Schon die Auffassung des patho-
logisch-anatomischen Prozesses ist bei den verschiedenen Autoren
eine andere. Manche halten daran fest, daß es sich um eine embo-
lische Nephritis handelt, die vielleicht durch die Aufnahme infektiöser
Stoffe vom Darme her entsteht (Ri eck). Andere (Kitt) fassen den
Prozeß als eine Nephritis fibroplastica auf, die von vornherein als
schleichender indurierender Prozeß verläuft und vielleicht durch
Mikroorganismen bedingt ist, welche keine Eitererreger sind und die
Niere passieren oder auch als das zweite Stadium einer Nephritis
purulenta, bei der das sparsame eiterige Exsudat resorbiert oder
durch die Harnkanäle entfernt wurde und die produktive Entzündung
die Oberhand gewann.
Ostertag wiederum glaubt, daß man es bei den vorwürfigen
Veränderungen nicht mit einem einheitlichen, sondern mit zwei
wesentlich verschiedenen Prozessen zu thun habe, nämlich 1) mit
einer embolischen eiterigen Nephritis und 2) mit Neubildungen vom
Charakter der Sarkome und Fibrome (häufig). Letztere sollen die-
jenigen Herde sein, welche des roten Hofes entbehren und von
wechselnder, zum Teil beträchtlicher Größe sich darstellen. Der
embolischen eiterigen Nephritis dagegen soll die von Ri eck als
akut bezeichnete und durch einen roten Hof ausgezeichnete Form
entsprechen.
W i 1 1 a c h hatte nun Gelegenheit, ein paar Kälbernieren zu unter-
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360
Rindersenche. — Tierische Parasiten.
suchen, die das typische Bild dieses Prozesses darboten. Es machten
sich üher alle Lappen um l /s — 1 mm hervorragende grauweiße und
graugelbe Flecken bemerkbar von mehr oder weniger unregelmäßig
rundlicher Gestalt, vom Umfange eines Hirsekornes bis zu derjenigen
einer Bohne.
Manche lagen vereinzelt, meist aber waren sie zu größeren beet-
artigen Erhebungen zusammengeflossen. Im übrigen hatte die Nieren-
oberfl&che eine bräunlich-rote Farbe. Auf Durchschnitten sah man,
daß die Flecken der Oberfläche die Basis bildeten zu grauweißen
oder graugelben kegelförmigen Herden, deren Spitze, der Größe der
Flecken entsprechend, bald noch inmitten der Rindensubstanz gelegen
war, bald bis an die Marksubstanz heranreichte. Das zwischen den
Herden gelegene Nierengewebe war brauurot und hyperämisch. Au
den verschiedensten Stellen der Niere traf man auf feine Blutpunkte,
die bis Stecknadelkopfgröße erreichten und in den kegelförmigen
Herden selbst fanden sich feine streifige Eiterherde, die am besten
hervortraten, wenn man den Knoten von der Basis nach der Spitze
zu spaltete. Aber auch schon von der Nierenoberfläche aus ließen
sich diese veränderten Stellen als kleine weiße Pünktchen erkennen.
Sowohl in den Blutpunkten als auch in den Eiterherden fand nun
W. kleine tierische Parasiten, die geschlechtslose Diatomeen von außer-
ordentlicher Kleinheit, Cercarien mit Mund- und Bauchsaugnapf,
Darmschlauch, oft auch noch mit Mundstachel und mit Schwanz ver-
sehen, darstellten. Alles machte den Eindruck einer frischen Ein-
wanderung, und man muß wohl annehmen, daß die Parasiten vom
Darmkanalc aus in die Blutgefäße und in die Nieren eingewandert
sind.
Zum Schlüsse macht W. noch darauf aufmerksam, daß Distomen-
entwickelungsformen beim Rinde schon zu verschiedenen Malen von
ihm festgestcllt worden sind, so im Auge und im Dünndarme von
Rindern und in der Muskulatur eines Bullen.
Deupser (Deutsch-Lissa).
WilUams, Rinderseuche auf Jamaica. (Vet Record. 18%.
No. 433.)
Die Regierung Jamaicas beauftragte den Verf., eine unter den
Rindern herrschende Seuche auf Jamaica zu untersuchen. Es stellte
sich dabei heraus, daß es sich um eine chronische Form des Texas-
fiebers handelte. Die Verbreitung wird durch Zecken vermittelt, die
den Schafzecken ähnlich sind, aber nur auf Rindern Vorkommen.
Die Krankheitssymptome sind große Depression, Schwäche und Appetit-
losigkeit. Das Wiederkäuen bleibt fort. Die Schleimhäute sind blaß.
Bald tritt Durchfall und Abmagerung auf. Die Seuche wütet schon
2 Jahre auf der Insel, ihr fallen Tausende von Tieren zum Opfer.
Um die Zecken zu vernichten, empfiehlt Verf. strenge Quarantäne-
maßnahmen und wenn möglich eine Zeit lang Verbot der Einfuhr von
Vieh auf Jamaica. O. Voges (Berlin).
Jacob!, A., Diploposthe laevis, eine merk würdige Vogel-
tänie. (Zoolog. Jahrbücher. Bd. X. 1897.)
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r Ti«riiche' Parasiten. 301
Der unter dem Namen Taenia laevis Dies, bekannte Cestode
wird als Typus eines neuen Genus Diploposthe aufgestellt.
Diploposthe laevis (Dies.) ist besonders dadurch inter-
essant, daß männliche und weibliche Keimdrüsen, Dotters tock, Schalen-
drüse und Uterus einfach, die Leitungswege und Begattungswerkzeuge
doppelt sind.
Die an ihrer Mündung in die Genitalkloaken erweiterten Vaginae
führen nach innen in ein weites Atrium, das sich an der Vereinigungs-
Stelle der beiden Keimstockflügel gebildet hat. In diesem Raume
geht wahrscheinlich die Befruchtung vor sich. Ein enger Eiergang,
der den Dotterkanal und das Sekret der Schalendrüse aufnimmt,
führt die Eier nach mehrfachen Windungen in den Uterus. Dieser
erfüllt im ausgebildeten Zustande als weiter Sack fast den ganzen
Innenraum der Proglottis. Die Eier sind dreiscbalig.
Aus den drei Hoden gelangt der Samen durch einen kurzen Aus-
führgang in das Vas deferens, welches sich beiderseits zu einer
großen Samenblase aufbläht, die mit Prostatazellen bedeckt ist So-
wohl vor als nach dem Eintritte in den Cirrusbeutel erweitert sich
das Vas deferens nochmals. Der Cirrus ist mit rückwärts ge-
krümmten Häkchen bewaffnet, die auch auf die Vagina übergehen.
Der Cirrusbeutel ist von eigentümlichen Muskelplatten und epithel-
artigen Zellen umgeben. Diese letzteren müssen nach den Be-
obachtungen über ihre Entwickelung als Myoblasten der Muskel-
platten angesehen werden.
Diploposthe laevis (Dies.) ist ein Parasit unserer Wild-
enten, die hier beschriebene stammt aus Fuligula fera.
E. Riggenbach (Basel).
Ariola, V., Note intorno agli Elminti del Museo Zoo-
logico di Torino. (Boll. dei Mus. di Zool. ed Anat. comp, della
R. üniv. di Torino. Vol. XI. 1896. No. 259.)
Bothriocephalus maculatus Leuck. aus Canis lupus
ist ein Bandwurm, der eine Lange von 1 m erreichen kann. Der
lanzettförmige Skolex ist durch einen 5 mm langen Hals mit der
Strobila verbunden. Die Genitalporen sind flächenständig, und zwar
mündet der Cirrus vor der Vagina und diese wieder vor dem Uterus.
Letzterer ist dem Fruchtbehälter des Bothriocephalus latus
sehr ähnlich und enthält zahlreiche deckellose Eier.
B. maculatus Leuck. ist vom Verf. zum ersten Mal in Italien
gefunden worden.
Von den beiden aus Phoca vitulina stammenden Gruben-
köpfen B. elegans und polycalceolus ist der letztere eine neue
Species. Während B. elegans Krabbe einen kleinen abgeplatteten
Skolex besitzt, ist der Kopf des B. polycalceolus breit blattartig
und stark zugespitzt. Die Genitalöffnungen der neuen Art sind
ventral flächenstftndig. Der Uterus enthält nur wenig mit Deckeln
versehene Eier. Charakteristisch für B. polycalceolus ist die
große Zahl der Kalkkörperchen. E. Riggenbach (Basel).
\
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362
Tierische Parasiten. — Üntersuchungsmethmleu etc.
Arlola, Y., Sopra alcuni Dibotrii e sulla classificazione
del genere Bothriocephaius. (Atti della Soc. Ligust. di
Scienze Nat. e Geogr. Vol. VII. 1896. Fase. IV.)
Die Arbeit besteht aus zwei Teilen. Der erste enthält kürzere
und ausführlichere Bemerkungen über einige Bothriocephalen , wie
Bothriocephaius crassiceps Rud., hians Dies., serratus
Dies., belones Duj.
Nach der Diagnose, welche der Verf. von Bothriocephaius
labracis Duj. giebt, darf diese Form weiter nicht mehr als frag-
lich bezeichnet werden, ebenso ist Bothriocephaius angusta-
tus Rud. nicht, wie teilweise angenommen wurde, eine Varietät des
B. punctatus. Eine neue Art ist B. minutus aus Syngnatus
acus. Der bis jetzt nur sehr mangelhaft bekannte ß. longispi-
culus Stossich muß zu den Bothriotänien gezählt werden. Als
„species inquirendae“ sind zwei aus Trachypterus iiopterus
und iris stammende Bothriocephalen angegeben.
Im zweiten Teile der Arbeit werden die verschiedenen Ein-
teilungen des Genus Bothriocephaius aufgeführt Die letzte
von Blanchard aufgestellte Klassifikation, wonach die Bothrio-
cephalen in die fünf Genera: Bothriotaenia, Bothriocephaius,
Ptychobothrium, Krabbea und Amph itretus zerfallen, wird
vom Verf. durch ein neues System ersetzt.
Die Familie der Bothriocephalidae wird in die Unter-
familien Monogonoporidae und Diplogonoporidae geteilt.
Zu den ersteren sind zu zählen die vier Genera : Bothriocephaius,
Schistocephalu8,Anchistrocephalus und Bothriotaenia.
Sie sind dadurch charakterisiert, daß in jeder Proglottis nur ein
Genitalapparat vorhanden ist. Zu den Dip logonoporidae, deren
Geschlechtsapparat in jeder Proglottis doppelt ist, gehört bis jetzt
nur das Genus Diplogonoporus. E. Riggenbach (Basel).
Untersuchungsmethoden, Instrumente etc.
Ilaedke, Die Diagnose des Abdominaltyphus und Widal’s
serumdiagnostisches Verfahren. [Aus der inneren Abteilung
des städtischen Krankenhauses in Stettin.] (Dtsch. med. Wochen-
schr. 1897. No. 2.)
Fraenkel, C., Ueber den Wert der Widal’schen Probe zur
Erkennung des Typhus abdominalis. (Dtsch. med. Wochen-
schr. 1897. No. 3.)
Ueber das zuerst von Widal angewendete Verfahren der Typhus-
diagnose mittelst Verwertung der agglutinierenden Eigenschaften des
Serums der Kranken hat Abel in ßd. XX dieser Zeitschrift S. 467
in einem Sammelreferat bereits berichtet. C. Fraenkel erläutert
in der ihm eigenen klaren Darstellungsweise nach kurzem Rückblick
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Untersuchungsmeihüdcu, Instrumente etc.
363
auf die Forschungen betreffs der verschiedenartigen spezifischen
Eigenschaften des Blutserums bei Infektionskrankheiten ebenfalls die
Grundlagen und die Ausführung der Widal’schen Probe und be-
richtet dann über eigene, damit gewonnene Erfahrungen. Auch
Haedke hat Gelegenheit gehabt, sich von dem Werte der Methode
in verschiedenen Fällen zu überzeugen.
Beide Verff. entnehmen das Blut für die Probe ausschließlich
der Fingerkuppe und heben hervor, daß bei geeignetem Vorgehen auf
diese Weise hinreichende Mengen Serum gewonnen werden können.
Haedke macht mit einer sehr scharfen breiten, zweischneidigen
Lanzette einen einzigen kräftigen Stieb und gewinnt dann durch
peripher fortschreitenden Druck an den Seiten des Fingers 5 — 6 ccm
Blut im sterilen Reagensglase. Fraenkel sticht ebenfalls die mit
Seife, Wasser, Alkohol und Aether gereinigte Fingerkuppe mit einer
schwachen, ungeglühten Lanzette tief an und drückt durch „melkende“
Bewegungen am Finger, der Hand und dem Arm in 5 — 10 Minuten
etwa 1 — l l / t ccm Blut aus, das im schräg gehaltenen, sterilen Re-
ageusröhrchen aufgefangen wird, bei Zimmerwärme in wenigen Stunden
erstarrt und dabei mehr als */, ccm Serum ausscheidet.
Fraenkel sowohl wie Haedke sehen in der Bouillonreaktion
das sicherste diagnostische Verfahren. Ersterer empfiehlt dafür enge
Reageusröhren, deren obere Oeffnung nur 7—8 mm Durchmesser hat,
und in denen 1— V/ t ccm Bouillon eine Schicht von l 1 /»— 2 cm
Höbe bilden. Sehr kräftiges Serum bewirkt bereits in Mengen von
1—2 Tröpfchen innerhalb weniger Stunden oder sogar Minuten
Flockenbildung und Klärung in einer kräftig entwickelten Bouillon-
kultur von Typhusbacillen, doch ist es sicherer, sterile Bouillon mit
1 — 2 Serumtröpfchen zu beschicken und dann erst mit Typhusbouillon
zu impfen. Fraenkel fand die Reaktion nach 12 — 14 Stunden
langer Aufbewahrung der Mischung im Brutschrank am besten aus-
geprägt, während nach 24 Stunden feinere Unterschiede zuweilen
schon wieder verwischt waren. Mikroskopisch fanden sich in den
Kulturen bei positiver Reaktion neben den massigen Schollen auch
einzelne bewegliche und unbewegliche Stäbchen, besonders auch län-
gere Verbände, die nicht einheitliche Fäden darstellten, sondern aus
zahlreichen kurzen, scharfkantig abgegrenzten Bruchstücken zusammen-
gesetzt waren. Haedke mischte das Serum stets einer bereits min-
destens 12 Stunden gewachsenen Typhusbouillonkultur hinzu und be-
obachtete bei positivem Ausfall deutliche Veränderungen schon nach
höchstens 6—8 Stunden; er empfiehlt nicht unter das von Widal
angegebene Mischungsverhältnis von 1 Serum: 10 Bouillon herunter-
zugehen, da er in 2 Fällen von sicherem Typhus bei einem Ver-
hältnis von 1:25 die Reaktion nicht mehr eintreten sab.
Beide Verff. bestätigen, daß in einer Reihe von Fällen bereits
am hängenden Tropfen die Augenblickdiagnose gestellt werden kann,
indem die Typhusbacillen aus frischer Bouillonkultur (Haedke be-
vorzugt die seiner Erfahrung nach am lebhaftesten beweglichen Ba-
cillen vom Rande des Kondenswassers einer Agarkultur) im spezi-
fischen Serum „wie vom Schlage gerührt“, sofort unbeweglich werden,
am Rande des Tropfens ruhig liegen bleiben und in den mittleren
364
Untersuchungsmethoden, Instrumente etc.
Teilen sich zu Schollen zusammenballen, während bei negativem Aus-
fall die Stäbchen, meist in fadenartigen Verbänden, in ihren bekannten
schlangeuartigen Windungen durch das Gesichtsfeld schießen. Da je-
doch die Erscheinungen nicht immer so prägnant eintreten, vielmehr
nicht selten üebergänge Vorkommen, und ein eindeutiges Resultat
daher mit der Untersuchung im hängenden Tropfen zuweilen nicht
zu erlangen ist, so ist die vorher geschilderte Bouillonprobe vorzu-
ziehen. C. Fraenkel rät, zuerst die Untersuchung im hängenden
Tropfen auszuführen und bei zweifelhaftem Ausfall die Fleischbrühe
von vorneherein mit etwas größeren Mengen Serum zu beschicken.
Von dem Ausfall ihrer Versuche sind beide Verff. höchst be-
friedigt. Haedke hat mit Widal’s Verfahren in 22 Typhusfällen
die Diagnose sichergestellt, bei 20 Kontrollfällen (Ulcera cruris, An-
gina lacunaris, Gastroenteritis acuta febrilis, Miliartuberkulose, Phthisis
pulmonaris, Lebercirrhose, Pneumonie, Erysipel, Lungengangrän, Peri-
typhlitis, Influenza, Otitis media purulenta) stets negativen Ausfall
gehabt. Unter den Typhusfällen befanden sich mehrere, bei denen
die klinische Diagnose sehr zweifelhaft war, das Bestehen der nach
Widal festgestellten Krankheit aber später durch die Obduktion
oder durch den Verlauf bestätigt wurde.
Fraenkel wendete das Verfahren bei 2 Ortsepidemieen in
Almrich bei Naumburg a. S. und in Löbejün bei Nauendorf an. In
Almrich wurden 28 Personen untersucht; davon lieferten 7, die noch
bettlägerig krank waren und bis auf 2 erst 2—3 Tage vorher ent-
fieberte Personen sämtlich noch fieberten, ein unzweideutiges Resultat,
darunter ein 19-jähriger Mann, der erst seit 2 Tagen mit Fieber und
Kopfschmerzen erkrankt war. Ferner fiel die Probe positiv aus bei
16 Rekonvalescenten zwischen dem 4. Tage und der 7. Woche der
Genesung und der 3. bis 14. Woche seit Beginn der Erkrankung;
jedoch gelang bei einigen davon die Reaktion erst, als der Bouillon
die 3-fache der sonst üblichen Menge des Serums zugesetzt wurde,
während eine „Ausfällung“ in bereits gewachsenen Bouillonkulturen
mit ihrem Serum überhaupt nicht erzielt wurde. Bei 2 Rekonvales-
zenten, einem 9-jährigen Knaben aus der 3. Woche, der nur 8 Tage
krank gewesen war und einem Mädchen aus der 5. Woche mit eben-
falls kurzem, nicht genau zu bestimmendem Krankheitsverlauf, fiel die
Probe negativ aus; vielleicht hatte in diesen Fällen nicht Typhus be-
standen. Dagegen hatten 2 Leute positive Reaktion, die in einem
dem Orte Almrich benachbarten Gehöft einige Monate vorher ver-
dächtig erkrankt gewesen, aber nicht ärztlich behandelt worden waren.
Hierdurch verstärkte sich der schon vorher aufgetretene Verdacht,
daß die Epidemie durch den Zufluß von Schmutzwässern aus diesem
Gehöft zum Gemeindebrunnen in Almrich herbeigeführt war.
In Löbejün untersuchte Fraenkel 16 Fälle; das Serum von 4
bettlägerig kranken Personen, von denen 3 bereits seit 8—12 Tagen
fieberfrei waren, reagierte positiv; von 9 Rekonvaleszenten hatten
5 aus der 3. — 7. Woche spezifisches Serum, die übrigen 4 aus der
6. — 7. Woche dagegen nicht; von 3 Personen, die 5, 9 und 14 Wochen
vorher verdächtig erkrankt waren, hatten die erste und die dritte
ein positiv, die zweite ein negativ reagierendes Serum.
Schutzimpfung, kttnstl. Infektionskrankheiten, Entwicklungshemmung etc. 365
C. Fraenkel sieht in der Möglichkeit einer noch lange nach
der Heilung eintretenden Reaktion eine Gefahr, daß ein solches po-
sitives Resultat irrtümlich nicht auf die längst überwundene Krank-
heit, sondern auf einen zur Zeit der Untersuchung bestehenden ander-
weitigen pathologischen Vorgang bezogen wird und daher eine falsche
Diagnose verursacht. Andererseits hat er bei zahlreichen normalen
oder nicht an Typhus leidenden Menschen Kontrollversuche angestellt
und stets ein negatives Ergebnis gehabt, auch wenn sehr erhebliche
Serummengen verwendet wurden. Insbesondere fiel die Probe niemals
positiv aus, wenn es sich um Erkrankungen handelte, bei denen In-
fektion mit Bact. coli vorliegen konnte (tuberkulöser Darmkatarrh,
Perityphlitis, allgemeine Peritonitis). Auch gelang es ihm umgekehrt
niemals, das Bact coli mit Typhusserum zu beeinflussen.
Hiernach zieht C. Fraenkel den Schluß, daß seine Unter-
suchungen durchaus im Sinne der früheren Forscher ausgefallen sind
und die Zuverlässigkeit der Widal’schen Probe mindestens höchst
wahrscheinlich machen. Er vermutet von weiteren Untersuchungen
eine Klärung der Fragen, ob die Schwere der Infektion in Bezie-
hungen zur Stärke und Haltbarkeit der Reaktion steht, und ob es
typhusimmune Menschen giebt, die die spezifischen Bakterien beher-
bergen, ohne zu erkranken, aber doch Veränderungen des Blutes er-
leiden. Er hält es für möglich, daß auch bei manchen anderen
Krankheiten, insbesondere bei Cholera, ähnliche Ergebnisse erzielt
werden können; bei Bakterien ohne Eigenbewegung oder mit an und
für sich scholligem Wachstum könne das Widal’sche Verfahren nicht
in Frage kommen ; das Diphtherieserum besitze einen agglutinierenden
Einfluß auf den Löffler’ sehen Bacillus nicht und ist daher nicht
in entsprechender Weise diagnostisch zu verwerten.
Schließlich bezeichnet Fraenkel es als einen weiteren Gewinn,
daß durch die Spezifität der W i d a 1’ sehen Probe zugleich der letzte
und schlagendste Beweis für die ätiologische Bedeutung des Eberth-
Gaffky’schen Bacillus erbracht ist. Kübler (Berlin).
Schutzimpfung, künstliche Infektionskrankheiten, Entwick-
lungshemmung und Vernichtung der Bakterien etc.
Yersin, A., Sur la peste bubonique (S6roth6rapie).
(Annales de l’institut Pasteur. 1897. p. 81.)
Verf., Direktor des Instituts Pasteur in Nha-Trang, einer Küsten-
stadt der französischen Kolonie Annam (Cochinchina), hatte bereits
während der Pestepidemie in Hong-Kong einen auch von Kitasato
gefundenen spezifischen Bacillus gezüchtet, der bei Ratten und Mäusen
eine der menschlichen Pest ähnliche Erkrankung hervorrief. Während
und auch nach dem Erlöschen der Epidemie findet man im Boden
der infizierten Orte den nämlichen Bacillus, der jedoch nicht so
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366 &butsimpfang, künstl. lufektionskrftnkheiten, Entwickelaugshemmaog etc.
virulent ist, wie die aus Bubonen gezüchteten. Pasteur hatte schon
anläßlich des spontanen Ausbruches der Pest in Benghazi im Jahre
1856 und 1858 gemutmaßt, daß bei der Pest Keime von langer
Dauer eine Rolle spielen, die in abgeschwächter Form existieren und
unter günstigen Bedingungen (Klima, Hungersnot, Elend) wieder ihre
volle Kraft entfalten. (Acad&nie des Sciences. 1881. Fdvr.) Y. be-
tont, daß diese Mutmaßungen Pasteur ’s durch die Erfahrung be-
stätigt Beien ; die Aetiologie erklärt es, warum die Pest mit solcher
Intensität in Ländern wie in China wütet, wo die Bevölkerung dicht
zusammengedrängt auf verunreinigtem und gleichzeitig von Ratten
bewohntem Boden zusammenlebt. Die Ratten erkranken zuerst,
später werden die Menschen befallen; die Infektion geschieht durch
Hautwunden oder auf dem Digestionswege.
Nach der Epidemie in Hong-Kong kehrte Y. nach Paris zurück,
um Immunisierungsversucbe mit dem Pestbacillus anzustellen, die
von Calmette und Borrel bereits an Meerschweinchen und
Kaninchen unternommen waren. Einem Pferde, welches mit frischen
Gelatinekulturen von Y. immunisiert wurde — die Einzelheiten der
Methode müssen in der Arbeit nachgelesen werden — , wurde drei
Wochen nach der letzten Injektion Blut entnommen. Mäuse, die
0,1 ccm dieses Serums erhielten und 12 Stunden später mit Pest
infiziert wurden, erkrankten nicht. 12 Stunden vorher mit Pest in-
fizierte Tiere wurden mit 1,0— 1,5 ccm Serum geheilt, Kontrolltiere
starben. Dasselbe besaß also sowohl präventive wie therapeutische
Wirkung.
Nach China zurückgekehrt, errichtete Y. in der Nähe von Nha-
Trang, wo die Pest am stärksten auftrat, ein Laboratorium zur Her-
stellung des Pestserums mit Pferdeställen, um nunmehr serumtbera-
peutische Versuche am Menschen vornehmen zu können. Als die
Pest Januar 1896 in Hong-Kong ausbracb, war jedoch noch kein
genügend immunisiertes Pferd vorhanden, so daß Y. bis zum Juni
warten mußte, wo er eine Quantität Serum aus seinem Material und
80 Fläschchen Serum von dem in Paris immunisierten Pferde erhielt.
Mit ersterem konnte er in Canton einen jungen Chinesen heilen, dem
in verschiedenen Zwischenräumen im ganzen 30 ccm injiziert wurdt n.
Das Serum schützte in Dosen von */ib — 1 j t0 ccm eine Maus von
20 g. Zwei weitere Fälle aus demselben Haus (katholische Missions-
anstalt) wurden ebenfalls mit demselben Serum geheilt.
Am 1. Juli begab sich Y. nach Amoy, wo die Pest zahlreiche
Opfer forderte und die Bevölkerung nicht so feindlich wie in Canton
den Europäern gesinnt ist, so daß eine größere Anzahl von Heilversucben
angestellt werden konnte. Innerhalb 10 Tagen wurden 23 Pestkranke
mit Serum behandelt, von denen 21 genasen und 2 starben, letztere
kamen am 5. Tage in Behandlung und starben 5 bezw. 24 Stunden
nach der ersten Injektion. 6 Kranke kamen am 1. Tag in Behand-
lung, die Heilung trat in 12—24 Stunden ein mittels Injektion von
20—30 ccm Serum, Eiterung der Drüsen fand nicht statt. 6 Patienten
wurden erst am 2. Krankheitstage behandelt, die Heilung dauerte
3 — 4 Tage, es mußten jedoch 30—50 ccm injiziert werden, Drüsen-
eiterung blieb aus. Bei 4 am 3. Tage behandelten dauerte das Fieber
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Schutzimpfung, kiinatl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmung etc. 367
noch 1 — 2 Tage nach der Injektion (40 — 60 ccm) an, die Heilung
dauerte länger, in 2 Fällen trat Eiterung der Drüsen ein. 3 am
4. Tag behandelte Fälle genasen in 5—6 Tagen (20 — 50 ccm), ein-
mal trat Eiterung auf. Von den 4 nach 5-tägiger Krankheit be-
handelten (60—90 ccm) genasen 2, die beiden bereits oben genannten
starben.
Von 26 bisher behandelten Fällen starben also 2 = 7,6 Proz.
Mortalität. Y. hält selbst die Zahl zu gering, um weitgehende
Schlüsse zu ziehen; die Sterblichkeit betrage aber gewöhnlich 80 Proz.
und darüber. Ein weiterer Beweis von der Wirksamkeit des Serums
liegt nach Y. in der raschen Genesung, während sonst dieselbe auch
in gutartigen Fällen nur sehr langsam fortschreitet. Das Serum ist
natürlich wirkungslos, wenn der Fall zu weit fortgeschritten ist. Das
in Amoy benutzte Serum war aus Paris nach Nha-Trang, dann nach
Hong-Kong, Canton und Amoy gesandt und hatte trotz langen Trans-
portes in heißer Jahreszeit seinen Schutzwert bewahrt 0,1 ccm ge-
nügte für eine Präventivimpfung einer Maus von 20 g. Im Vergleiche
zum Diphtherie- und Tetanusserum ist der Schutzwert vorläufig ein
geringer, so daß darauf noch größerer Wert gelegt werden muß, um
geringere Mengen injizieren zu dürfen. Die Patienten empfanden
einige Male Schmerzen an der Injektionsstelle, sonst trat kein weiterer
Zwischenfall ein. Die bakteriologische Diagnose der Pest wurde
nicht in allen Fällen gestellt, doch war sie durch das klinische Krank-
heitsbild zur Genüge gesichert.
Ob das Serum antitoxische Eigenschaften besitzt oder auf den
Pestbacillus selbst einwirkt, darüber verspricht Y. weitere Mit-
teilungen. Aus den Kulturen konnte ein Gift isoliert werden. Nach
Y.’s Beobachtungen scheint die Präventivimpfung noch wirksamer zu
sein als die therapeutische, er empfiehlt erstere daher, sobald ein
Pestfall in einem Haus ausgebrochen ist. Weitere Versuche an Tier
und Mensch werden ferner zeigen, wie lange die durch prophylaktische
Impfung erzielte Immunität andauert. W. Kempner (Berlin).
Konx, Sur la peste bubonique et son traitement par le
s6rum antipesteux. (La Semaine mödicale. 1897. p. 27.)
R. berichtet im Namen des in den Kolonieen beschäftigten Arztes
Y e r s i n über dessen Forschungen über die Pest. Die charakte-
ristischen Merkmale des Pestbacillus sind von R. bereits in
der Semaine m6dicale. 1895. p. 73 abgehandelt, und er fügt zunächst
noch einige Einzelheiten hinzu. So kommt der Pestbacillus auch
bei den Ratten vor, welche im Verlaufe einer Epidemie massenhaft
sterben. Mit Reinkulturen menschlicher Herkunft ist es leicht, die
Pest bei Ratten und Mäusen durch Inokulation zu erzeugen. Ratten
werden auch infiziert, wenn man Kulturen von Pestbacillen vom
Intestinaltractus aus aufnebmen läßt.
Ebenso können Fliegen den Krankheitserreger übertragen. Yersin
gelang es, Meerschweinchen pestkrank zu machen dadurch, daß er
ihnen sterilisiertes Wasser injizierte, in welches im Laboratorium tot
aufgefundene Fliegen verrieben waren.
Der Mensch infiziert sich durch Aufnahme des Krankheits-
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368 Schutzimpfung, kflnstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungsbemmuog etc.
erregers entweder durch Hautwunden oder durch den Intestinaltractus.
Nachgewiesen wurde der Pestbacillus im Zungenbeläge, im Aus-
wurfe bei mit Bronchitis behafteten Pestkranken und in den De-
jektionen.
Bei manchen Erkrankungen sind keine sichtbaren Drilsen vor-
handen, erst bei der Sektion finden sich die MesenterialdrQsen ge-
schwollen und so innere Bubonen darstellend. An solchen Fällen
erlaubt der Nachweis der Bacillen eine sichere Diagnose der Krank-
heit. Der Nachweis gelingt in der Mehrzahl der schweren Fälle
leicht durch direkte Untersuchung des Blutes unter dem Mikroskope
oder besser noch durch Züchtung auf Nährböden.
Nach verschiedenen Vorversuchen immunisierte Y er sin ein
Pferd. Geringe Dosen von Kulturen injiziert, verursachen Temperatur-
erhöhung und lokale Eiterung. Um letztere zu vermeiden, wurden
die Kulturen in ganz geringen Mengen in die Venen injiziert und
nach Maßgabe der Angewöhnung allmählich mit den Dosen gesteigert.
Drei Wochen nach der letzten Injektion wurde das Pferd zur Ader
gelassen und das Serum zu Immunisierungsversuchen verwandt. Die
Mäuse, welche l / 10 ccm Serum erhielten, wurden nicht krank, wenn
man ihnen 12 Stunden später eine Pestbacillenkultur inokulierte.
Mit größeren Mengen Serum gelang es, Mäuse, die seit 12 Stunden
infiziert waren, zu heilen.
Am Menschen ist das Serum bis jetzt in 26 Fällen versucht
worden. Von diesen sind nur zwei gestorben. Dazu ist aber noch
zu bemerken, daß bei diesen beiden die Serumbehandlung erst am
fünften Tage der Erkrankung einsetzte, als bereits Intoxikations-
erscheinungen, als unregelmäßiger Puls und Respiration, sich bemerk-
bar machten.
Auf seine prophylaktische Wirksamkeit beim Menschen ist bis
jetzt das Serum von Yersin noch nicht erprobt worden.
Ahlefelder (Charlottenburg).
Passlni, F., Versuche über die Dauer der antidiphthe-
ritischen Schutzimpfung. [Aus dem staatlichen Institute
für Herstellung von Diphtherieheilserum.] (Wiener klin. Wochen-
schrift. 1896. No. 48.)
Eine Bestimmung der Wirkungsdauer der Immunisierung mit
Diphtherieserum ist von großer praktischer Bedeutung. Verf. suchte
an größeren Tieren und Menschen die Zeit zu ermitteln, wie lange
die Schutzkörper der gewöhnlichen Immunisierungsdosis von 200 Anti-
toxineinheiten im Blutserum nachweisbar ist. Bei Ziegen und Pferden
zeigte sich 30 Min. nach der intravenösen Injektion vou 200 Im-
munisierungseinheiten eine deutliche giftneutralisierende Wirkung des
Blutserums, doch sank diese neutralisierende Kraft bis zum 3. Tage
stetig ab und war nach 6 Tagen verschwunden. Versuche am
Menschen konnten im ganzen in 12 Fällen ausgeführt werden, doch
eigneten sich hiervon zur genauen Bestimmung des Antitoxingehaltes
nur 4 Personen. Nach 11—12 Tagen wurde keine Spur der ein-
verleibten Schutzkörper mehr nachgewiesen; in einem Falle waren
6 Tage nach der Seruminjektion noch Spuren derselben zu erkennen.
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Schutzimpfung, küustl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmaug etc. 360
Für die Praxis wäre demnach über 10—11 Tage hinaus keine Schutz-
Wirkung von der Präventivimpfung zu erwarten. Allerdings hebt
Verf. mit Recht hervor, daß bei den Versuchen nur der Teil der
200 Antitoxineinheiten nachweisbar war, welcher frei in dem Blute
zirkulierte. Da es aber sehr wahrscheinlich ist, daß an der Heil-
serumwirkung auch die Gewebe des Organismus beteiligt sind, welche
den Schutzstoff viel länger behalten können, so könnte doch, unbe-
schadet der Entwertung des Blutserums, die Injektion noch ihre
Wirkung länger entfalten. Dieudonnö (Berlin).
Soerensen, Versuche mit Serumtherapie bei Diphtherie
im Bl egdamsspi tal e in Kopenhagen. Mitteilung II.
Versuche mit französischem und dänischem Serum.
(Therapeutische Monatshefte. 1896. August.)
Vom 1. Mai 1895 bis 29. Februar 1896 wurden 393 Kinder mit
Diphtherie aufgenomroen, von denen 28=7,1 Proz. starben. Von diesen
wurden mit Serum behandelt 80 mit einer Mortalität von 11,2 Proz.
S. stellt nun verschiedene Gruppen von Kranken einander gegenüber,
um die Wirkung der Serumbehandlung gegenüber der gewöhnlichen
Behandlung bei gleicher Schwere der Erkrankung zu studieren.
Dabei ist natürlich eine Fehlerquelle nicht zu vermeiden, nämlich
die, daß unwillkürlich für die Serumbehandlung die schwereren, für die
symptomatische Therapie die leichteren Fälle ausgesucht werden,
ganz abgesehen davon, daß bei einer Einteilung von 80 behandelten
Fällen in 5 Gruppen die Prozentberechnungen schließlich mit so
kleinen Zahlen angestellt werden müssen, daß sie wertlos werden.
S. kommt deshalb auch zu keinem abschließenden Urteil. Er
will einerseits bei den mit Serum behandelten Kranken keine besseren
Resultate erzielt haben und erklärt daher deshalb, daß er das Serum
nicht für „ein Wundermittel ansehen könne, welches den Verlauf und
den Ausgang der Diphtherie gänzlich umformen wird“. Andererseits
wäre es seiner Ansicht nach „unberechtigt, aus den hier vorliegenden
Resultaten den Schluß zu ziehen, das Serum besitze gar keine
heilende Wirkung“.
Die S.’sche Arbeit giebt uns also weder nach der einen noch
nach der anderen Richtung eine prompte Antwort. Die Einzelheiten
sind im Original einzusehen.
Zu bemerken ist, daß S. nach dem französischen und dänischen
Serum häufiger Nebenwirkungen eintreten sah, als früher nach
deutschem Serum, was wohl zum Teil auf die Größe der injizierten
Dosen zu beziehen ist. Im Durchschnitt erhielten die Kinder 40 ccm
Serum! H. Kossel (Berlin).
Dieudonn£, A., Ueber Diphtheriegift-neutralisierende
Wirkung der Serumglobuline. (Arbeiten aus dem Kaiser-
lichen Gesundheitsamte. Bd. XIII. Heft 2.)
D. hat die Angaben Smirnow’s über die giftneutralisierenden
Wirkungen der Serumglobuline einer Nachprüfung unterzogen.
S. wollte nachgewiesen haben, daß die Globuline des normalen Pferde-
serums bei der Mischung mit dem Diphtheriegift dieses neutralisieren,
Ente AM. XXI. Kd. 24
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370 Schutsimpfaug, kilnstl. Infektionskrankheiten, Entwiekelungshemmung etc.
bei getrennter Injektion von Gift und Globalinen jedoch unwirksam
sind, und hatte daraufhin die Brauchbarkeit der Ehrlich’schen
Methode zur Wertbestimmung des Diphtherieserums in Abrede gestellt.
D. untersuchte nun die giftneutralisierende Wirkung der nach
verschiedenen Methoden aus normalem Pferdeserura ausgefällten
Globulinpräparate. Er fand, daß die Globuline in sehr verschiedenem
Grade auf das Diphtheriegift einwirkten, je nachdem er sie, wie
Smirnow, durch Aussalzen mit Magnesiumsulfat oder durch Aus-
füllung mittels des Kohlensäurestromes oder endlich durch einfache
Dialyse des Serums und Sammlung des dabei entstehenden Nieder-
schlages darstellte. Während der Magnesiumsulfatniederschlag starke
giftneutralisierende Eigenschaften hatte, war der Kohlensäurenieder-
sehlag und die Fällung aus dem durch Dialyse von Salzen befreiten
Serum nur in weit geringerem Grade wirksam, und zwar stand die
neutralisierende Fälligkeit in umgekehrtem Verhältnis zum Gehalt
des betreffenden Präparates an Eiweiß.
Daher blieb nur die Annahme übrig, daß die wirksamen Stoffe
nicht die Globuline selbst sind, sondern bei der Ausfüllung der
letzteren nach verschiedenen Methoden bald vollständiger, bald unvoll-
ständiger mitgerissen werden. Auch bei einem hoch antitoxischen
Serum konnte die Beobachtung gemacht werden, daß die Antitoxine
bald in der Fällung, bald im Filtrate in größerer Menge vorhanden
waren.
D. konnte also im Gegensatz zu Smirnow die Angaben von
Pfeiffer und Proskauer, Aronson und Brieger und Boer
bestätigen und nachweisen, daß es weder die Globuline noch die
Albumine sind, welche dem Serum seine giftneutralisierenden Eigen-
schaften verleihen. Die Resultate der Dieudonnö’schen Arbeit
stehen in bestem Einklang mit den seinerzeit von dem Ref. bei einer
Besprechung der Smirnow’schen Arbeit im Bd. XIX dieser Zeit-
schrift gegen die Smirnow 'sehe Beweisführung erhobenen Einwänden.
H. Kos sei (Berlin).
Dieudonnl, A., Ergebnisse der Samroelforschung über
das Diphtherieheilserum für die Zeit vom April
1895 bis März 1896. (Arbeiten aus dem Kaiserlichen Gesund-
heitsamte. Bd. XIII. Heft 2.)
In den Krankenanstalten Deutschlands, welche sich an der vor-
liegenden Sammelforschung beteiligten, wurden in genanntem Zeiträume
insgesamt 9581 Kranke aller Altersklassen mit Diphtherieserum be-
handelt; davon genasen: 7999 = 83,5 Proz., starben : 1489 = 15,5 Proz.,
blieben in Behandlung: 93 = 1 Proz. Zieht man die als hoffnungs-
los in die Hospitäler eingelieferten Kranken ab, so starben nur
14,7 Proz. Dieses Ergebnis ist bedeutend günstiger, als irgend eines
der vorhergehenden 12 Jahre; in diesen starben 23,4 — 30,1 Proz.
der symptomatisch behandelten Kranken, somit im günstigsten Jahrr
immer noch 7,9 Proz. mehr als im Serumjahr.
Daß die Epidermie im Berichtsjahre keinen besonders leichten
Charakter trug, beweisen die Angaben über die Schwere der Fälle.
Es waren:
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Schutzimpfung, kflnstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmung etc. 371
leichte Fälle 3059 = 31.9 Proz., davon starben 0,49 Proz.
mittlere „
1370 = 14 3 „
19
11
2.1
schwere „
4642 = 48,5 „
11
19
29,4
ohne Angabe
510 = 5,3 „
11
11
159
Auffallend ist die günstige Heilungsziffern bei Kindern unter
2 Jahren. Von 1189 Kindern in diesem Alter starben 465 =
39,1 Proz., während sonst 60— 80 Proz. dieser Kinder der Krank-
heit erlagen. Von den sämtlichen Kranken litten 4085 = 42,6 Proz. an
Kehlkopfdiphtherie, auch ein Beweis, daß es sich um einen schweren
Charakter der Epidemie gehandelt hat. Während von den Rachen-
diphtherieen 7,1 Proz. starben, erlagen von Kehlkopfdiphtherieen
26.9 Proz. Bei 67,2 Proz. der Kehlkopfdiphtherieen wurde operiert,
während bei 32,8 Proz. sich die Stenoseerscheinungen zurückbildeten,
ohne daß ein operativer Eingriff nötig wurde. Von den nicht ope-
rierten starben 15,8 Proz., heilten 84.2 Proz., von den Operierten
starben 32,3 Proz., und zwar von 2419 Tracheotomierten 782 =
32,3 Proz., von 325 Intubierten 103 = 31,7 Proz. (ein bemerkens-
wertes Ergebnis für die Beurteilung dieser beiden konkurrierenden
Operationen). Sogar von den unter 2 Jahre alten, operierten Kindern
starben nur 54 Proz. 58.6 Proz. sämtlicher Fälle wurden bak-
teriologisch untersucht. Diphtheriebacillen fanden sich in 82 Proz.
der untersuchten Fälle (ein Ergebnis, welches beweist, daß die
Fertigkeit in der Ausübung der bakteriologischen Technik in erfreu-
licher Weise zunimmt, Ref.) Bei den mit Scharlach verbundenen
Diphtherieen wurden L oe ff 1 er’sche Bacillen in 62,2 Proz. der Fälle
nachgewiesen. Die Mortalität war bei den klinisch und bei den bak-
teriologisch diagnostizierten Fällen die gleiche.
Von den innerhalb der ersten beiden Krankheitstage injizierten
Kranken genasen 92,1 Proz., von den später gespritzten 81,4 Proz.
In 21,6 Proz. der Fälle wurden 600 I.-E. und darunter, in 78,4 Proz.
1000 I.-E. und darüber injiziert. Was die Einwirkung des Serums
auf den Kranken betrifft, so war vielen Berichterstattern eine
Besserung des Allgemeinbefindens und des Fiebers aufgefallen.
Deutlicher zeigte sich der Einfluß des Serums auf den lokalen Krank-
heitsprozeß, in einer schnelleren Ablösung der Membranen und Still-
stand des Prozesses ‘). Albuminurie war in 28,5 Proz. der Fälle
vorhanden, in 17,6 Proz. schon vor erfolgter Injektion, ein schäd-
licher Einfluß des Serums auf die Nieren geht auch aus der vor-
liegenden Statistik nicht hervor. Lähmungen waren nur in 3,5 Proz.
der Fälle angegeben. Recidive sind 7 beobachtet, frühestens am
5. Tage, spätestens nach 3 Monaten.
Die Berichterstatter bezeichnen die Heilwirkuug des Serums in
68 Proz. der Fälle als sicher oder wahrscheinlich, in 20 Proz. als
nicht hervorgetreten, über 11,7 Proz. fehlen Angaben.
Unter den Todesursachen war die häufigste absteigender Kroup
und Pneumonie (53,6 Proz. der Todesfälle). An Sepsis starben
8,5 Proz., an verschiedenen Veränderungen des Herzens 11,2 Proz.
den
1) Nur in ganz vereinzelten Fällen griff der ProzeB nach der Seruminjektion auf
Kehlkopf über.
24 «
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372 Bdmtiimpfiuig, kfioiiü. Iafaktionakrankbeiten, Entwickelungsbemmang etc.
(Herzlähmung, Herzschwäche, fettige Entartung, Myokarditis), die
übrigen Todesursachen (Nephritis, Scharlach, Masern etc.) treten an
Zahl zurück.
Hautausschl&ge wurden gesehen in 7,1 Proz. der Behandelten ;
mit Gelenkschmerzen waren dieselben verbunden in 81 Fällen, von
sonstigen angeblichen Nebenwirkungen sind Albuminurie nur 29 mal,
Herzschwäche 8 mal bezeichnet.
Das Ergebnis wird in dem Schlußsatz zusammen gefaßt: Die
ärztliche Behandlung der Diphtherie mit Heilserum bezeichnet einen
wesentlichen Fortschritt, auf dem Gebiete der Therapie; ein günstiger
Erfolg trat bei dessen Anwendung häufiger ein, als bei den bis-
herigen, wissenschaftlich erprobten Heilverfahren. Die hier und da
beobachteten Nebenwirkungen traten im allgemeinen hinter dem
Nutzen des Serums zurück. H. Kos sei (Berlin).
Report of the medical Superintcndents upon the use of
antitoxic Serum in the treatment of diphtheria in
the hospitals of the board during the year 1895.
London (printed by Mr. Corquidale & Co. limited Cardington
Street NW.) 1896.
Der Bericht umfaßt die Ergebnisse der Serumbehandlung bei
Diphtherie an 6 Londoner Krankenhäusern im Jahre 1895. Im ganzen
wurden mit Antitoxin behandelt 2182 Fälle mit 615 Todesfällen
= 28,1 Proz., und zwar wurden nur die schwereren Fälle mit, die
leichteren ohne Serum behandelt. Wenn man die nicht mit Serum
behandelten hinzurechnet, umfaßt die Statistik 3529 Fälle mit
796 Todesfällen = 22,5 Proz. Diesem Ergebnis werden die Zahlen
des Jahres 1894 gegenübergestellt, in welchem die Mortalität
geringer war als in irgend einem der vorhergehenden Jahre.
1894 1895
ohne Serum behandelt alle Fälle, mit und ohne Serum behandelt
3042 3529
gestorben 902 gestorben 796
Mortalität 29,6 Proz. Mortalität 22,5 Proz.
Deutlicher wird die Wirkung des Serums, wenn man die Fälle
nach den Krankheitstagen zusammenstellt, an denen mit der Behandlung
begonnen wurde.
1894 ohne
Serum
1895 mit Serum
Fälle 1 Rcstorhen |
Mortalität
Fill«
gestorben | Mortalität
erster Krankheitstap
133 1 30
22,5 Pro*.
86
4 I 4,6 Proi.
zweiter „
539 146
27 „
403
60 14,8 „
1
Folgende Tabellen zeigen die Resultate bei den Fällen mit Er-
scheinungen von Larynxdiphtherie:
Kille
1 gestorben
{ Mortalität
1894
466
289
62 Pro*.
1895 (Serumbehandluiij^
468 1
196
41,8 „
Digitized by Google
Schnttimpfang, künstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmung etc. 373
Tracheotomiert wurden :
fülle
j gestorben
j Mortalität
lö94
261
ist
70,4 Froi.
1896 (Serumbehaodlung)
219
108
49,8 „
Das Antitoxinjahr zeigte eine höhere Zahl von Albuminurieen
und Lähmungen als das Vorjahr, aber nicht allein bei den mit Serum
behandelten schweren, sondern auch bei den ohne Serum geheilten
leichteren Fällen. Die Berichterstatter machen daher das Serum
uicht allein für die Steigerung verantwortlich. Vor allen Dingen
nehmen sie keine ungünstige Einwirkung des Serums auf die Nieren
an , sondern erklären die Steigerung der Albuminurieen zum Teil
daraus, daß eine größere Anzahl von schweren Fällen die Krankheit
überstand, welche ohne Serum gestorben wären. Natürlich treten
gerade in diesen Fällen nachträglich Komplikationen auf.
Von Nebenwirkungen des Serums wurden beobachtet: Ausschläge
in 45,9 Proz., Gelenkschmerzen in 4,7 Proz., Fieber mit oder ohne
Ausschläge in 29,6 Proz., Absceß an der Injektionsstelle in 2,3 Proz.
der behandelten Fälle. Die große Zahl der Ausschläge ist sicherlich
darauf zurückzuführen, daß die Dosen wegen der geringen Wirksamkeit
des englischen Serums sehr hoch gegriffen wurden. Im Durchschnitt
wurden 41,2 ccm Serum injiziert.
Die Berichterstatter sind über den Wert der Antitoxinbehandlung
bei Diphtherie nicht im Zweifel. Sie schließen ihn
1) aus der Herabsetzung der Mortalität bei den am ersten und
zweiten Krankheitstage in Behandlung genommenen Patienten,
2) aus der Herabsetzung der allgemeinen Mortalität an Diphtherie
unter den bisher niedrigsten Stand,
3) aus der noch erheblicheren Herabsetzung der Mortalität bei den
Larynxdiphtherieeu,
4) aus der an allen Hospitälern eingetretenen Herabsetzung der
Mortalität bei den Tracheotomierten,
5) aus dem günstigen Einfluß auf den Ablauf der Krankheits-
symptome.
Im Anhang werden die Resultate der Serumbehandlung bei
Scharlachdiphtherieen im Northernhospital mitgeteilt. Die Diagnose
wurde in diesen Fällen durch den bakteriologischen Nachweis der
Diphtheriebacillen gestellt. Auch hier zeigt sich eine ganz beträcht-
liche Herabsetzung der Mortalität bei den mit Serum behandelten
Kranken. H. Kossel (Berlin).
Xiemami, F., Ueber Tuberkuloseheilserum. [Aus dem
bakteriologischen Institute zu Lyou-Vaise.] (Münchener med. Wochen-
schrift. 1897. No. 3.)
Schon früher (Bd. XIX dieser Zeitschrift, p. 214) hatte Verf.
ruitgeteilt, daß es ihm gelungen war, durch Behandlung von jungen
Ziegen mit dem aus dem Alkoholniederschlage von Tuberkulin dar-
gestellteu Toxin ein antituberkulinhaltiges Serum zu gewinnen. Die
Versuche wurden mit einem sehr starken Gift fortgesetzt, von dem
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374 Schutzimpfung» künsll. Infektiouakrauküeiten, Gutwickelungshemmung etc.
3—5 mg genügten, um tuberkulöse Meerschweinchen 28 — 30 Tage
nach der Infektion in 8 — 15 Stunden sicher zu tödteu. Die Produktion
der Antikörper wurde dadurch wesentlich gefördert, daß man in der
geeigneten Zeit dem Organismus in wachsender Menge unfiltrierte,
3 — 4 Wochen alte Tuberkelbacillenkulturen, die bei niederen Tempe-
raturen (30— 35° C) im Vakuum um das 4— 5-fache eingeengt waren,
injizierte. Hierdurch werden dem Tierkörper mit den lebenden Bak-
terien, aus denen man in vitro die wirksamen Substanzen nie völlig
extrahieren kann, auch noch diejenigen Stoffwechselprodukte der
Tuberkelbacilleu zugeführt, die bei der Erhitzung der Kulturen auf
mehr als 50° C zu Grunde gehen. Zur Prüfung des antitoxischen
Wertes des Serums benutzte N. nicht gesunde, sondern nur tuber-
kulöse Meerschweinchen, die 25—30 Tage nach der Infektion die
sicher tödliche Dosis Tuberkulin und eine wechselnde Quantität Serum
injiziert erhielten. Von zwei auf diese Weise geprüften Serumarten
schützten 1 bezw. 1,5 ccm zur Neutralisierung von 0,5 ccm Tuberkulin.
Auch durch Versuche am Menschen konnte das Vorhandensein von
Antituberkulin in diesem Serum nachgewieseu werdeu. Heilungs-
versuche bei impftuberkulösen Meerschweinchen mittels des Serums
waren gleichfalls von günstigem Erfolge, und zwar bei frisch infizierten,
wie bei 10 bezw. 18 Tage vorher infizierten Tieren. Nach 3 — 6-
wöchentlicher Behandlung ging zumeist das spontan niemals heileude
indurierte Geschwür an der Impfstelle zurück, nach 4—8 W r ochcn
waren die zuerst stark geschwollenen Lymphdrüsen nicht mehr pal-
pabcl und von nun an nahm das Gewicht stetig zu. Auf Grund
dieser Erfahrungen ging Verf. dazu über, auch beim Menschen Ver-
suche mit dem Serum anstellen zu lassen, welche jedoch noch nicht
soweit abgeschlossen sind, um ein Urteil über etwaige Heilresultate
abgeben zu können. Dieudonn6 (Berlin).
Jensen, C. 0., Vieheinfuhr und die Tuberkulinprobe.
(Zeitschr. f. Eleisch- u. Milchhygiene. Jahrg. VII. 1897. No. 4.)
In einem geharnischten Artikel wendet sich der Verf. gegen die
Bestrebungen, welche augenblicklich im Gange sind, um die Ein-
führungen ausländischen Viehes nach Deutschland zu verhindern.
Verf. führt aus, daß die als Motiv für diese Bestrebungen dienenden
Behauptungen von Verseuchungen des fremdländischen Viehes keines-
wegs für Dänemark zutreffen. Lungenseuche kommt gar nicht vor.
Die wenigen Ausbrüche von Maul- und Klauenseuche sind durch die
drakonischsten Maßnahmen sofort im Keime erstickt. Nur die Tuber-
kulose macht allerdings eine Ausnahme. Aber der Verf. betont, daß
die tuberkulösen Tiere meist zur Schlachtbank geführt würden und
somit keine Gefahr für Weiterverbreitung der Seuche geben. Gegen
die auf die Tuberkulose sich beziehenden Ausführungen ließe sich
indcB manches einwenden. Ref. möchte jedoch an dieser Stelle nicht
auf diese Dinge eingehen, da sie den Rahmen des Referates über-
schreiten müssen, will aber nicht verfehlen, auf eine im Verlage von
Gustav Fischer in Jena demnächst erscheinende, vom Ref. ver-
faßte Abhandlung, betreffend den Kampf gegen die Tuberkulose des
Schutzimpfung, künatl. Infck t ionskrank heilen, Entwickeiungshemmung etc. 375
Rindviehes, aufmerksam zu machen, wo diese Dinge des breiteren
besprochen worden sind. 0. Voges (Berlin).
Bernsten, M., Praktische Erfahrungen mit der Schutz-
impfung gegen Schweinerotlauf. (Molkereizeitung. 1896.
No. 49.)
Die Bekämpfung der Rotlaufseuche durch Impfung ist nicht neu.
Vor etwa 12 Jahren wurde sie in mehreren Orten Deutschlands nach
Paste ur's Methode angewendet. Dabei stellte sich heraus, daß nur
junge Tiere von 3 — 4 Monaten mit Erfolg geimpft werden konnten,
große Verluste waren daher sehr häufig. — In neuerer Zeit wurden
diese Versuche mit Pasteur 'schein Impfstoff in Württemberg er-
neuert. Ueber dieselben referierte Reg.-Rat Beißwäuger in einer
Versammlung der Vereinigung deutscher Schweinezüchter. Von 115
Impfungen sind 26 Stück = 22,6 Proz. erkrankt, hiervon sind
4 Stück = 15,5 Proz. an Rotlauf gefallen. Von den übrigen 22 Stück
mußten 2 Stück wegen der Folgen der Impfkrankheit (Hautbrand
bezw. Zurückbleiben im Ernährungszustände) frühzeitig geschlachtet
werden; ferner behielten 2 Stück eine Schwäche im Hinterteil. Wo
es sich um die Impfung großer und alljährlich vom Rotlauf hart be-
troffener Bestände handelt, ist die Pasteur’sche Impfung ange-
bracht; für den Kleinbetrieb sind jedoch die Verluste zu groß.
Obermedizinalrat Lorenz -Darmstadt äußerte sich in derselben Ver-
sammlung dahin: „Das Pasteur’sche Schutzimpfungsverfahren gegen
den Schweinerotlauf besteht darin, daß den Impflingen künstlich ab-
geschwächte Kulturen von Schweinerotlauf bacillen unter die Haut
gespritzt werden. Die verschiedenen Schweinerassen sind nicht alle
gleich empfänglich gegen Rotlauf, ja innerhalb der Rassen zeigt sich
oft auch eine große Verschiedenheit hierin. Es ist deshalb nicht
wohl möglich, immer den richtigen Grad der Abschwächung zu treffen,
selbst wenn man die Abschwächung genau abmessen könnte, was ich
noch bezweifle. Ferner aber haben die Praxis sowohl als auch exakte
Versuche gezeigt, daß man Tiere mittels abgeschwächter Kulturen
nur dann immunisieren kann, wenn sie auf dieselben eine Reaktion
zeigen, d. h. einen gewissen Grad von Impfkrankheit durchmachen.
Ganz besonders hat sich dies aus den Versuchen ergeben, die mit
abgeschwächten Milzbrandkulturen vorgenommen sind. Aus diesen
Umständen aber erklären sich sowohl einerseits die nicht seltenen,
manchmal recht beträchtlichen Impfveriuste, andererseits aber auch
wieder die Verluste geimpfter Schweine an natürlichem Rotlaufe. Im
ersteren Falle waren die Impfkulturen für die Individualität der
betreffenden Schweine zu stark, im letzteren waren sie zu schwach
für dieselbe.“ Obermedizinalrat Lorenz veröffentlichte vor einigen
Jahren ein Schutzimpfungsverfahren, das darin bestand , daß die
Schweine erst mit Blutserum von Tieren, die mit Rotlaufbacillen ge-
impft waren, schwach immunisiert und dann mit Rotlaufkulturen
(nach Lorenz) geimpft wurden. Dieses Verfahren hat sich gut
bewährt.
Verf. teilt seine Versuche mit dem neuen viel gepriesenen Mittel
„Porcosan“ (Dr. R6my) mit, das für Schweine jeden Alters an-
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376 Schutzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmung etc.
gewendet werden kann und mindestens 11 Monate immun macht
Bei der Impfung von 100 Schweinen gingen nach einigen Tagen
2 ein und nach ca. 5 Wochen weitere 3, während die anderen mehr
oder weniger erkrankt waren. Bei einem weiteren Versuche mit
145 Tieren sind 4 eingegangen, während die anderen ebenfalls mehr
oder weniger fieberten; beim dritten Versuche mit 200 Tieren kam
kein Krepieren und keine Krankheit vor; in dem Blute von 2 kre-
pierten Tieren wurden Rotlaufbacillen konstatiert. Das Porcosan ist
deshalb nach dem Verf. infolge der nach der Impfung auftretenden
Todesfälle und Krankheitserscheinungen, die besonders den kleinen
Landwirt treffen können, vorläufig nicht zu empfehlen.
Baier (Berlin).
Niemann, Zur Desinfektion von Wohnräumen mittels
Formaldehyds. (Dtsche med. Wochenschr. 1896. No. 46.)
Verf. prüfte in einem gut verschlossenen Raume vom 23 cbm
die desinfizierende Wirkung des Formaldehyds. Zunächst arbeitete
er mit dem Bartels’schen Apparate und verbrauchte in 3 Ver-
suchen von 15 bezw. 20 bezw. 24 Stunden 210, 347 und 359 g
Methylalkohol; dann wurde der Oppermann-Rosenberg’sche
Verdunstungsbrenner bei 10-, 15-, 22- und 7-stündiger Einwirkung
und Verbrauch von je 16 ccm Holzin, endlich der Trillat’sche
Apparat bei 15-, 10- 7-, 20- und 15- ständiger Einwirkung und
Verbrauch von 500, 500, 500, 2200 bezw. 2200 ccm Formochlorol
geprüft. Die Ergebnisse waren nur teilweise befriedigend. Bei
24- ständiger Einwirkung des Bartels’schen Apparates wurden
an Fäden angetrocknete Diphtheriebacillen vernichtet, Milzbrand-
sporen und Stapby lococcus aureus jedoch nicht nach-
weislich beeinflußt. Der Oppermann-Rosenberg’sche Ver-
dunstungsbrenner schwächte in 22 Stunden die Entwickelungsfähig-
keit der Milzbrandsporen an 2 der 5 aufgehängten Fäden und der
Staphylokokken an allen Fäden ab. Von 5 Typhusfäden waren 4 steril;
an dem fünften waren die Bacillen in der Entwickelung gehemmt.
Mit Hilfe des Trillat’schen Apparates waren dagegen schon in
10 Stunden je 10 Seidenfäden mit Milzbrandsporen, Diphtheriebacillen,
Typhusbacillen und Staphylococcus aureus desinfiziert. Nach-
dem dieselben 25 Tage bei 36,5 °C im Brütschranke gehalten waren,
konnten aus ihnen die verwendeten Bakterien nicht zur Entwickelung
gebracht werden. Verf. rühmt an dem Trillat’schen Apparate als
Vorzug, daß der Apparat außerhalb des zu desinfizierenden Raumes
aufgestellt wird und daß die entwickelten Dämpfe erst durch eine
Rohrzuleitung in das Zimmer geführt werden; denn es sei dabei
möglich, die Füllung nach Bedarf zu ergänzen, ohne daß das Zimmer
betreten werden muß. Kubier (Berlin).
Silber, Salubrol, ein neues antiseptisches Streupulver.
(Deutsche med. Wochenschr. 1896. No. 52.)
Salubrol entsteht bei der Einwirkung von Brom auf Methylen-
bisantipyrin und ist annähernd ein Tetrabromderivat. Bei Berührung
mit organischer Substanz wird allmählich Brom daraus abgespalten.
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Corrigendum.
377
Das Pr¶t ist fast geruchlos und zeigte sich bei subkutaner In-
jektion von 0,1 — 0,5 pro die für Meerschweinchen, Kaninchen und
Hunde ungiftig. Bei 2 Hunden entstanden an den Injektionsstellen
Abscesse mit sterilem, bräunlichem Inhalt. Agarkulturen von Ba-
cillus prodigiosus, pyocyaneus, tetragenus, Anthrax
und Staphylokokken scheinen durch Aufstreuen von Salubrol dem
Ansgang von Fortzüchtungs- und Tierversuchen zufolge vernichtet
worden zu sein. In der Behandlung von Wunden und Eiterungen
hat sich das Präparat dem Verf. gut bewährt, wobei besonders auch
die austrocknende Wirkung des Pulvers in Betracht kam. Der letzteren
wegen ist seine Anwendung bei sehr großen Flächenwunden nicht zu
empfehlen, weil dadurch die Granulationsbildung beeinträchtigt wird.
Auf frischen Wunden wurde durch das Salubrol, sofern es in Pulver
angewandt wird, zuweilen ein brennender, manchmal heftiger Schmerz
erzeugt. Kühler (Berlin).
Corrlgendnm.
Id No. 6/7 dies. Centralbl. p. 265 Anmerkung ist noch hinzuzufügen : Unter De-
generation verstehe ich in diesem Artikel Überall die Metamorphose der Zellen, welche
zu deren Absterben führt, p. 266 Zeile 4 von oben ist zu lesen „genug“ statt ,,ganz“
und in der Anmerkung Zeile 3 von unten ,, diese“ statt „die“, p. 267 Zeile 17 von
unten „Erythrocytensubstanz“ statt „Hämoglobin“ und in der Anmerkung Zeile 4 von
unten „hrsg.“ statt ,/vergl.“ p. 268 Zeile 21 von unten ist nach dem Worte „be-
sonderen“ einzuschalten: leicht oxydablen, Zeile 19 von unten „weiter“ statt „von mir“
zu lesen, nach dem Worte „ist“ Zeile 16 von unten noch binzuzufügen : und daß
die Oxydation dieser Substanz durch die chemische Thätigkeit
des Eisens hervorgernfen wird. Zu gunsten dieser Theorie spricht auch die
Fähigkeit des Eisens, bloß durch seine Gegenwart einige organische Stoffe (Benzol,
Oxalsäure) zu oxydieren. Daher hat schon Bunge die Hypothese geäußert, daß das
Eisenoxyd der Sauersto ff Überträger in den Geweben sein könnte. (Lehrb. d. phys. Ch.
p. 257.) Zeile 8 von unten ders. Seite ist „ein Tröpfchen“ statt „einen Tropfen“,
und p 269 Zeile 16 von oben „kann“ statt „muß“ zu lesen, p. 270 Zeile 11 von
oben ist hinter dem Worte „muß“ als Anmerkung beizufügen: Centralbl. f. Bakt. I. Abt.
Bd. XX. p. 19, ebenso Zeile 24 von unten hinter dem Worte „wird“: S. Photogramm
No. 7 in meinem Artikel (Centralbl. f. Bakt. 1. Abt. Bd. XX). p. 271 Zeile 19 von
oben ist nach dem Worte „runden“ einzufügen: infolge der Oxydation und Wasser-
aufnahme, ebenso Zeile 17 von unten „Mesnil und Hibler“ vor „Me ts c h n i k o f f“.
p. 273 Zeile 6 von oben ist nach „entdeckten“ als Anmerkung einzuffigen: und von
Bordet ausführlich studierten, gleichfalls Zeile 14 von oben nach dem Worte „ist“:
Dieser Prozeß in geringem Grade kommt Auch bei der Wirkung des normalen Serums
vor p. 274 Zeile 15 vou obeu ist nach „in vitro“ einzuschalten : Das Aglutinin wirkt
also rein mechanisch, wodurch, meine ich, seine obengezeigte fermentartige Wirkung
sich erklärt, ebenfalls Zeile 27 von oben nach „notig ist“: In diesem Falle, wie auch
bei den Cholerakügelchen, erscheint die Bewegung zweifellos als direkte Folge der De-
generation.
Also stellt nach unserer Theorie die baktericide Wirkung des
Immnnsernms, wie auch die Degeneration und Oxydation der
Z e 1 1 en e I e m e n t e , die Folge einer allgemeinen Ursache — der che-
mischen Verwandtschaft des Eisens zum Sauerstoff — dar, welche
auch die Bewegung dievser Elemente hervorruft.
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378
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thermpie), p. 365.
Corrigendum, p. 377.
Neue Litteratur, p. 878.
Kiummanaschtt Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jens.
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Bakteriologie, farasitenkonde i Mektionskranklieiten.
Erste Abteilung:
Medizinisch-hygienische Bakteriologie und
tierische Paras itenkunde.
In Verbindung mit
Gei Rat Prot Dr. Leuckart, Geh. MM Prof. Dr. Loeffler
bi Leipzig und in Greif. wild
Professor Dr. R. Pfeiffer
in Berlin
herausgegeben von
Dr. O. TTiil'OTorm in Cassel.
Verlag von Gustav Fischer in Jena
XXI. Band. -o- Jena, den 30. März 1897. -O- No. 10 .
Freia für den Band (28 Hummern) 15 Hark. — Jährlich erscheinen xwei Bände.
Menu alt regelmä/tige Beilage die Inhalt» über lichten der 11 Abteilung dtt CentralilaUei.
Die Redaktion des „Centralblatts für Bakteriologie und Parasiten-
kunde" richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte, etwaige
Wünsche um Lieferung von besonderen Abdrücken ihrer Aufsätxe ent-
weder bei der Einsendung der Abhandlungen an die Redaktion auf das
Manuskript schreiben zu wollen oder spätestens nach Empfang der ersten
Korrekturabxiige direkt an den Verleger, Herrn Gustav Rischer in Jena,
gelangen zu lassen.
Original - Mittheilungen.
Nachdruck verboten.
Beiträge zur Pathogenese des Soorpilzes.
[Aus der Universitätskinderklinik zu Breslau.]
Von
Dr. Max Steiner
aas
Prag.
Mit 1 Tafel.
Während über das biologische Verhalten des Soorpilzes und seine
Stellung zu deu bis jetzt bekannten Gruppen der Mikroorganismen
eine reichhaltige Litteratur vorliegt, bestehen Uber die pathogene
EnU Abt. XXI. Bd. 25
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386
Max Stainer,
Wirkung desselben bei Tieren nur wenige und noch differente An-
gaben. Der vielfach citierte Satz: „bei intravenöser Injektion findet
man den Soorpilz in allen Organen“ dürfte aus der Arbeit von
Klemperer 1 ) aufgenommen worden sein. Nach den Beobachtungen
dieses Autors, der über die Art und Weise, wie er seine Experimente
machte, nichts näheres schreibt, fanden sich in den Organen der
binnen 24 — 28 Stunden verendeten Kaninchen die Zeichen der Mycosis
generalis, wie sie Grawitz bei Injektionen der Schimmelpilze be-
schrieb. In Schnitten von Nieren eines Kaninchens, das infolge einer
Injektion mit Soorpilzen zugrunde ging, sollen durch Färbung mit
Methylenblau Fäden nachweisbar gewesen sein.
Grawitz’) machte gleiche Versuche an Kaninchen und Hunden
von verschiedenstem Alter und injizierte intravenös in steigender
Dosis bis 20 ccm einer Aufschwemmuug von Soorreinkulturen in
1 Proz. Kochsalzlösung ohne jeden Erfolg. Als Erklärung seiner
negativen Resultate giebt Grawitz an, daß erstens ein Teil der
Soorpilze in der umgebenden WArtne des Blutes und durch das stete
Cirkulieren desselben zugrunde gehe und zweitens, daß der gesunde
Tierorganismus sich der Pilze durch die Nieren wieder entledige, da
sie stets bei frühzeitig vorgenommener Sektion in dem der Blase ent-
nommenen Harn nacbgewiesen werden konnten.
Die letzte experimentelle Arbeit über den in Rede stehenden
Gegenstand stammt aus dem Jahre 1895 von Stooss*). Dieser
verwendete zu seinen Versuchen teils eine Aufschwemmung von Soor
in 2 ccm sterilisierten Wassers, teils 1 */» — 2 ccm Bouillonsoorkulturen
und injizierte in die großen Ohrvenen der Kaninchen. Eine Anzahl
der Versuchskaninchen, deren Alter nicht genau angegeben ist, ging
binnen 4 — 6 Tagen zugrunde, ein anderer Teil überstand den Ver-
such. An den zugrunde gegangenen Tieren fanden sich bei makro-
skopischer Besichtigung vorwiegend in den Nieren, geringer an Zahl
im Herzen (2 mal), Mesenterium und Peritoneum parietale, kleine,
weiße Knötchen, aus denen Stooss den Soorpilz herauszüchten
konnte, und die durch Zerzupfen ihre Zusammensetzung aus mannig-
fachen Zellformen erkennen ließen. Nach der Konfiguration mußten
letztere als dem Soor zugehörig betrachtet werden. Hefezellen und
Fäden waren nicht vorhanden. Letztere konnte Stooss auch bei
Gramfärbung in keinem der histologischen Schnitte nachweisen.
Er beschreibt die mikroskopischen Befunde in der Niere folgender-
maßen: Meist an Stelle der Glomeruli gruppieren sich in dichten
Haufen jene Elemente, welche als dem Soor zugehörig angesehen
werden müssen. Jedoch überschreiten dieselben die ursprüngliche
Ausdehnung der Glomeruli meist bedeutend und die Abgrenzung
gegen das umliegende Nierengewebe ist keine scharfe. Den Sitz der
Soorelemente vermutet Stooss in den Kapillaren des Gefäßknäuels,
da sich auch einzelne derselben in dem die Harnkanälchen um-
spinnenden Kapillarnetze erkennen ließen.
1) Klemperer, Central bl f. klin. Med. 1885. No. 50.
2) Grawits, Virchow*« Archiv. Bd. 70. p. 123.
3) M. Stooss, Mitteilungen aus Kliniken und med. Instituten der Schweiz.
IKL Beihe. Heft 1. 1895.
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Beitrüge zur Pathogenese des Soorpilses.
387
Zu meinen eigenen Versuchen verwendete ich Kaninchen und
Hunde von verschiedenem Alter und Körpergewicht, und als Injektions-
flüssigkeit eine quantitativ möglichst gleichartige Aufschwemmung
von Soorreinkultur in 0,6 Proz. Kochsalzlösung. Ich injizierte Dosen
von 1 ccm entsprechend 1 kg Tier in die Ohrvene bei kleineren, in
die V. jugularis oder andere zugängliche Venen bei größeren Flüssig'
keitsmengen.
Alä Versuchstiere verwendete ich einerseits junge 600—1000 g
schwere, andererseits alte 1000—3000 g schwere Kaninchen. Daß
der Soorpilz nicht für alle Kaninchen, selbst bei Injektion großer
Mengen pathogen ist, kann ich bestätigen, möchte sogar nach den
Ergebnissen meiner Versuche weiter gehen und hinzufügen, daß, je
älter und je kräftiger ein Tier, um so weniger Bedingungen bei ihm
vorhanden sind, der Soormykosis zu erliegen.
Die Erscheinungen, welche bei den für den Soorpilz empfäng-
lichen Tieren im Verlaufe der Zeit von der Infektion bis zum Tode
eintreten, sind bereits von Stooss geschildert. Ich möchte nur
dazu bemerken, daß ich bei einer größeren Anzahl der Versuchstiere
Paresen der Extremitäten, meist der hinteren, beobachten konnte.
Ein Termin, wann der Exitus nach der Infektion eintritt, läßt sich
nicht angeben. Derselbe variirt zwischen 5 — 10 Tagen und hängt
wahrscheinlich davon ab, welche Wachstumsbedingungen der Pilz im
Tierorganismus findet Die makroskopischen Befunde bei den an den
Folgen der Injektionen zugrunde gegangenen Tieren waren sehr ver-
schieden. Während die schneller verendeten Kaninchen, und das
waren zumeist die jüngeren, von Soorknötchen geradezu übersäte
Organe darboten, zeigte sich bei jenen, welche längere Zeit am Leben
blieben, die allgemeine Mykose nicht so schön ausgeprägt. Im Gegen-
sätze zu den Angaben von Stooss fand ich die weißen Knötchen,
aus denen sich der Soorpilz stets in Reinkultur berauszüchten ließ,
fast in sämtlichen Organen, und zwar in nicht sehr großer Anzahl
in der Leber und Milz, relativ häufig und zahlreich dagegen in der
Magen- und Dannwand, besonders am Blinddärme, bei einem Kaninchen
auch auf verrukösen Exkrescenzen des Endokards. Dort, wo ich die
Knötchen mit bloßem Auge nicht sehen konnte, ließen sich die durch
den Pilz hervorgerufenen Veränderungen histologisch in schönster
Form nachweisen. Dies war besonders beim Centralnervensystem
der Fall.
Angaben von Stooss und Heller 1 ) gaben mir Veranlassung,
auch über meine histologischen Befunde zu berichten. Ich benutzte
die W eigert’sche Fibrinfärbungsmethode, teils mit, teils ohne Nach-
färbung mit Lithionkarmin. In sämtlichen Schnitten konnte ich
Hefezellen und Mycelien mit dieser Methode nachweisen. Die Faden -
entwickelung geht, wie sich aus den histologischen Befunden erschließen
läßt, in den Organen junger Kaninchen viel rascher vor sich, als dies
bei der Züchtung des Soorpilzes auf künstlichem Nährboden der
Fall ist.
Hatte Stooss io der Schilderung des Nierenbefundes Gewicht
1) A. Hella r, Centralbl. f. klm. Med. 1896. p. ISS.
*6»
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388
Max Steiner, Beiträge zur Patbogenese des Soorpilzes.
darauf gelegt, daß die Emboli sich scharf au der Rinde abgreozeu,
so sprechen meine Präparate dagegen. Oie Lokalisation des Soors
in der Niere ist keine begrenzte. Rinde wie Mark sind in gleicher
Weise erkrankt. Bei einem Bunde, bei dem es mir unter besonderen
Bedingungen geglückt war, eine Soorinfektion zu erzielen, ergab sich
ein überraschender Befund insofern, als die Soorknötchen in über-
wiegender Menge im Nierenmarke saßen. Die Nieren selbst sind
mannigfach verändert Normale Stellen variieren mit solchen, in
denen die normale Konfiguration nicht zu erkennen ist und Blutungen,
Exsudation und Nekrose vorwiegen. An Stelle der Glomeruli sieht
man kleinzellige Infiltrate, die über das Gebiet des Glomerulus hinaus-
gehen und mitten drin oft in sehr großer Menge den Soor in Form
von Hefezellen und Fäden. Vielfach sitzen Soorfäden zwischen den
absteigenden Kanälchen, auch hier stets von einem Kranz von Rund-
zellen umgeben, an einzelnen Stellen in kleinen Gefäßen. Wieviel
bei dem Nierenbefunde als direkte Folgeerscheinung auf den Soor
selbst oder auf die, durch denselben bedingten mechanischen Störungen
zu beziehen ist, läßt sich nicht ohne weiteres entscheiden. Eine Er-
scheinung aber kann ich als direkte Wirkung des Soorpilzes
aus meinen Befunden auch an den Präparaten anderer Organe mit
Sicherheit bezeichnen, nämlich die kleinzellige Infiltration
um die Soorkolonieen herum. Während Heller aus einzelnen
seiner Befunde es noch freigelassen hatte, ob er die Reaktion des
Gewebes mit Leukocytenauswanderung auf den Soor selbst oder auf
die immer letzteren begleitenden Kokken beziehen solle, so ergaben
meine Präparate, wie die des Nierenschnittes (Fig. II) oder Gehirn-
schnittes (Fig. III), einen sicheren Beweis dafür, daß der Soorpilz
allein kleinzellige Infiltration hervorruft.
Die reichliche Aussaat des Soors im Herzen (Fig. IV), welche
schon makroskopisch wahrnehmbar ist, erfolgt, wie die histologischen
Bilder zeigen, von kleinen venösen Gefäßen aus.
In der Leber siebt man neben Stellen, an welchen die kleiu-
zellige Infiltration bei Mangel an deutlich entwickelten Fäden vor-
herrscht, andere, in denen mit Soorelementen gefüllte Venen direkt
in kleinere oder umfangreiche Rundzelleninfiltrate auslaufen. Im
Darm (Fig. V) lokalisieren sich die Embolien teils subserös in den
Follikeln, teils in der Mukosa selbst. Auch in der Milz (Fig. VI)
und im Gehirn (Fig. I), die Stooss in seinen Versuchen als frei von
Soorembolien erwähnt, ließen sich zahlreiche Herde histologisch nach-
weisen, in denen die Fadenform vorwiegt. Im Gehirn sind die
Knötchen in reicher Anzahl Uber die Hemisphären verteilt, die
größeren in der Höhe der Seiter Ventrikel. Das Rückenmark wurde
nicht systematisch untersucht. Die Schnitte aber, welche ich gesehen
habe, waren von Soor nicht frei.
20. Januar 1897.
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u »
A. Ucke, Ein Beitrag zur Epidemiologie des Erysipels.
389
Tafelerkl&mng.
Fig. I. Schnitt durch das Großhirn eines Kaninchens. Vergr. Zeiß Oc. 2. Obj. A.
Fig. II. Schnitt durch die Miere eines Kaninchens. Vergr. Zeiß Oc. 4. Obj. A.
Fig. III. Schnitt durch das Gehirn eines Kaninchens. Vergr. Helcbert Oc. 4.
Obj 3
Fig. IV. Schnitt durch den Herzmuskel eines Kaninchens. Vergr. H e i c h e r t
Oc 4. Obj. 3.
Fig. V. Schnitt durch den Dünndarm eines Kaninchens. Vergr. Zeiß Oc. 2.
Obj A.
Fig VI. Scflnitt durch die Mils eines Kaninchens. Vergr. Reichert Oc. 2.
Obj. 3.
Nachdruck verboten.
Ein Beitrag zur Epidemiologie des Erysipels.
Von
Dr. A. Ucko,
Ordinator am Warschauer Ujasdow-Militärhospital.
(Schluß.)
Nachdem nun die Streptokokken im Staube der Ventilations-
öffnungen gefunden waren, legte ich mir die Frage vor, wie sie in
die Krankensäle ihren Weg gefunden haben konnten? Auf dem Plane
der Heizvorrichtung überzeugte ich mich, daß die Netze die unteren
Oeffnungen für die Abfuhr der verbrauchten Luft verdeckten, und
war es daher ohne weiteres klar, daß der Staub auf denselben aus
der Luft der Krankensale stammte.
Es tauchte nun die Frage auf, ob nicht auch in den unter der
Decke angebrachten Eingangsöffnungen für frische Luft irgendwo
Streptokokken nachweisbar wären? Allein die in dieser Richtung an-
gestellten Untersuchungen ergaben ein negatives Resultat. Da für
die Untersuchungen der letzten Reihe der leitende Gedanke darin
lag, daß die Streptokokken aus den Röhren des Heiz- und Ventila-
tionssystems stammen konnten, so wurden zugleich Staubproben aus
den in Hof und Garten aufgestellten Ventilationsschachten auf An-
wesenheit von Kettenkokken geprüft; in der That ließen sich die-
selben auch da nachweiscn. Daraus geht nun hervor, daß die ubi-
quistischen Kettenkokken auch mit dem Staube au die Schachte ge-
langen können, daß jedoch die Möglichkeit eines Importes der Kokken
durch das Röhrensystem der Heizung bis in die Luft der Kranken-
säle auszuschließen ist.
Da das in Frage stehende Heizsystem nur regelrecht bei herme-
tisch geschlossenen Fenstern und Thüren funktioniert, so konnte der
Weg mit dem Staube durch etwaige offene Fenster mit Sicherheit
ausgeschlossen werden. Das infektiöse Material konnte somit nur
durch Kranke oder das Wartepcrsonal importiert worden sein.
Auf die nähere Erörterung der Frage nach der Herkunft des
infektiösen Virus werde ich später noch einzugehen haben, und will
ich jetzt zu einer weiteren Reihe vor Versuchen übergehen.
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390
A. Ucke,
Die andere Abteilung, die ich der Untersuchung unterzog, war
die Ohrenabteilung, die sich in einer vor 3 Jahren neu aufgebauten
Holzbaracke befand; in derselben waren nie Erysipelkranke oder
-rekonvalescenten placiert gewesen, wohl aber Rekonvalescenten von
verschiedenen anderen Erkrankungen und eine Weile auch Phthisiker.
Im Laufe dieses Jahres gingen aus der Ohrenabteilung 8 Fälle
von Erysipel hervor. Als ich mich zur Entnahme der Staubproben
wandte, wurde mir auch hier ein Bett gewiesen, das die meisten Er-
krankungsf&lle geliefert hatte; auf den Fensterschiengen des diesem
Bette zunächst gelegenen Fensters fand ich reichlich Staub, in welchem
ich die Anwesenheit von Streptokokken nachweisen konnte ; dieselben
fand ich auch in der Ventilationsöffnung eines Kachelofens wenige
Centimeter über dem Fußboden, auch unweit des vorerwähnten Bettes.
Die Untersuchungen in der Augenabteilung hatten ein negatives
Resultat ergeben, z. T. vielleicht, weil nur eine geringe Zahl von
Proben geprüft wurden, z. T. aber auch, weil dieselbe mit Oelfarbe
gestrichene Wände besitzt, die einer sehr gründlichen Desinfektion
nach jedem einzelnen Erkrankungsfall unterworfen worden waren.
Nachdem nun das Vorhandensein von virulenten Streptokokken
im Staube des Hospitals erwiesen war, drängte sich mir die Frage
auf, von wo dieselben herstammen könnten. Schon im Prodromal-
stadium dürfte ein Erysipelkranker zur Propagation des Virus bei-
tragen, ohne daß wir es in Händen hätten, dem vorzubeugen; gar
nicht selten geht der Gesichtsrose ein akuter Schnupfen oder eine
Angina voraus, denen weder Patient noch Arzt größere Aufmerksam-
keit schenken. Ein nicht geringer Prozentsatz dieser Erkrankungen
der Schleimhäute der oberen Luftwege ist, wie Lingelsheim 1 )
gezeigt hat, durch Streptokokken bedingt, die bei einem gewissen
Grade von Virulenz und, falls sie eine Eingangspforte in die Lymph-
bahnen der Haut finden, unter Umständen zu Erysipel führen. Das
Sekret stellt somit bei diesen Erkrankungen ein nicht ungefährliches
Material vor, das durch Niesen, Räuspern, Husten, Schnauben und
Spucken nur allzu leicht in die Luft, auf den Fußboden oder auf
andere Gegenstände gelangt, austrocknet, verstäubt wird und ge-
legentlich zur Infektion führt. Schreitet das Erysipel in der Haut
weiter fort, so bietet wohl der Kranke zunächst für die Umgebung
keine Ansteckungsgefahr, da selbst der seröse Inhalt der Blasen
bei bulbösem Erysipel keine Streptokokken enthalten soll, wenn es
nicht gerade zur Allgemeininfektion kommt, wobei die Kokken durch
den Schweiß und andere Se- und Exkrete ausgeschieden werden
können ’). Dagegen liefern die Kokken in der Periode der Haut-
1) 1. c.j vergl. auch: Kurth, Beiträge zur Kenntnis des Vorkommens der palho-
genen Streptokokken im menschlichen Körper. (Berl. klio. Wochenschr. 1889- No. 6 )
— D. Biondi, Die pathogenen Mikroorganismen des Speichels. (Zeitschr. f. Hyg.
Bd. II. 1887. p. 194.) — M. Kirchner 1. c.
2) Sudakow, Ueber die Ausscheidung von pathogenen Mikroorganismen durch
den Schweift. (Wratsch. 1898. No. 25. [Russisch.] (Streptokokken im Blute und SchweiB
bei Erysipelkranken). — v. Noorden, Ueber das Vorkommen von Streptokokken im
Blute bei Erysipel. (Münch, med. Wochenschr. 1887. No. 3. p. 33 — 36.) — Norton
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erysipel. (Zeitschr. f. Hyg. Bd, XIL 1892.)
Google
Ein Beitrag zur Epidemiologie des Erysipels.
391
abschilferung, die seit Alters her mit Recht gefürchtet wird, nicht
geringe Quantitäten infektiösen Materials, da, wie es Eiseisberg 1 )
gelang, nachzuweisen, die Epidermisschuppen Streptokokken ent-
halten.
Doch kennen wir außer dem Erysipel noch eine ganze Anzahl
„Streptokokkeninfektionen“ , die zuweilen in ganz außerordentlich
hohem Grade zur Weiterverbreitung virulenten Materials beizutragen
imstande sind. An die Rose schließen sich zunächst die verschiede-
nen Formen der progredienten Eiterung in den Geweben an, die an
die Lymphgefäße und Lymphspalten gebunden sind, bald als Lymph-
angitiden und Phlegmone *) bald als Peritonitiden 8 ) , Pleuritiden,
Meningitiden 4 ) oder Synovitiden 5 ) auftreten, zuweilen aber in Septi-
kämie und Pyämie 8 ) übergehen.
Bei dieser Gruppe von Erkrankungen bleibt das infektiöse Agens
meist wohl im Körper, wenn es nicht durch operative Eingriffe an
die Außenwelt gelangt.
Von weiteren Erkrankungen dieser Art sind wohl die gefähr-
lichsten, von unserem Standpunkte aus betrachtet, diejenigen der
Schleimhäute der Luftwege, von denen die Anginen 7 ) bereits Er-
wähnung gefunden haben, an die sich Bronchitiden und Pneumonieen 8 )
eng anschließen. In naher Beziehung zu dieser Gruppe stehen auch
die Mittelohreiterungen 9 ), die auch auf Streptokokken infektion be-
ruhen können. Hieran schließen sich die Mischinfektionen, unter
1) v. Eiseisberg, Nachweis von Erysipelkokken in der Laft chirurgischer
Krankenzimmer. (L an genheck ’s Arch. 1887. Bd. XXXV. H. 1. p. 1 — 17.)
2) Gar re, Zur Aetiologie akut eitriger Entzündungen. (Fortschr. d. Med. 1885.
Bd. III. No. 6. p. 165.) — J. Rosen b ach, Mikroorganismen bei den Wundinfektions-
krankbeiten. 1884. — Passet, Ueber Mikroorganismen der eitrigen Zellgewebsent-
zündung des Menschen. (Fortschr. d. Med. Bd. III. 1885. No. 2 — 3 p. 83.) — Hoff»,
Fortschr. d. Med. 1886 p. 75. — Zuckermann, Ueber die Ursachen der Eiterung.
(Centralbl. f. Bakt. 1887. No. 17. p. 497.)
3) A. Fraenkel, Ueber peritoneale Infektion. (Wien. klin. Wochenschr. 1891.
No. 13 — 15.) — E. Bnmm, Zur Aetiologie der septischen Peritonitis. (Münch, med.
Wochenschr. 1889. H. 3. — Ref. Banmgarten’s Jabresber. 1889. p. 23.)
4) Netter, Recberches sur les moningites suppurdes. (France m£d. 1889.
No. 69.)
5) F. Krause, Ueber akute eitrige Synovitis (akute katarrhalische Gelenkent-
zündung) bei kleinen Kindern und Uber den bei dieser Affektion vorkommenden Ketten-
coccus. (Berl. klin. Wochenschr. 1684, No. 43.)
6) Brieger, Ueber bakteriologische Untersuchungen bei einigen Fällen von
Puerperalfieber. (Charite-Annalen. 1888. p. 189.) — E. Bumm, Ueber die Aufgaben
weiterer Forschungen auf dem Gebiete der puerperalen Wundinfektion. (Arch. f. Gyn.
Bd. XXXIV. 1889. H. 3.) — A. Baginsky, Zwei Fälle von Pyämie bei Säuglingen.
(Virch. Arcb. Bd. CXV. 1889- p. 460) — v. Eiseisberg, Nachweis von Eiter-
kokken im Blute als diagnostisches Hilfsmittel. (Wien. klin. Wochenschr. 1890.
No. 38. p. 731.) — C. Parascandolo, Contribusione alla etiologia della piemia.
(La Riforma med. 1894. No. 213.) — Pfister, Beitrag zur Lehre von den sep-
tischen Erkrankungen. (Langenbeck's Arch. Bd. XL1X. 1895. No. 3.)
7) v. Lingelsheim, I. c.
8) Finkler, Ueber Streptokokkenpneumonie. (Verb. d. Kongr. f. innere Med.
1889. p. 411.) — Pruddon and Nortbrup, 8tudes on tbe etiology of the pneu-
mony complicating diphtheria in children. (The Amer. Journ. of tbe med. Science.
1889.)
9) A. Scheibe, Mikroorganismen der akuten Mitte loh rer krank ungen. (Zeitscbr.
f. Ohrenheilkunde. Bd. XXVII. 1889 H. 3 )
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392
A. ücke,
denen die Streptokokkeninfektionen bei Phthise 1 ) eine hervorragende
Rolle spielen, da bei diesen das Sputum nicht selten kolossale Mengen
hochvirulenten Materials birgt ; bei Scharlach a ) und Diphtherie spielen
dieselben schon eine geringere Rolle, da die Kranken stets einer strengen
Isolation unterzogen werden. Ohne die Krankheiten erschöpfen zu
wollen, bei denen der Streptococcus eine Rolle spielt, möchte
ich nur noch erwähnen, daß sie auch bei Endocarditis *) wiederholt
gefunden worden sind, sowie im normalen Scheidensekrete bei ge-
sunden Schwangeren oder bei Wöchnerinnen 4 ); endlich hat Netter 5 )
ihre Gegenwart auch im Speichel gesunder Individuen konstatiert.
Nachdem wir nun gefunden haben, daß eine große Anzahl kranker
und selbst gesunder Menschen Träger virulenter Streptokokken sein
können, interessiert uns auch das Schicksal derselben in der Natur,
soweit sich dasselbe aus ihren biologischen Eigenschaften auf Grund
unserer jetzigen Kenntnisse ergiebt
Daß die Streptokokken ihre Lebensfähigkeit beim Eintrocknen
vollkommen bewahren, beweisen einesteils die wiederholt gemachten
Befunde in Luft und Staub, andererseits direkt darauf gerichtete
Versuche von Hart mann, die in dieser Hinsicht keine Zweifel
übrig lassen 6 ). Virulenz und Lebensfähigkeit der Streptokokken
gehen dagegen beim Wachstum auf künstlichen Nährboden schnell
verloren 7 ); erst Petruschky 8 ) hat uns gelehrt, die Virulenz
der Kulturen zu erhalten, durch Konservieren derselben im Eisschrank,
wobei offenbar Entwickelung und Vermehrung sistiert. Eigene Be-
1) C. Spengler, Ueber Lungentuberkulose und bei ihr verkommende Mlsch-
infektionen. (Zeitsehr. f. Hyg. Bd. XVIII. 1894. H. 9. p. 348.)
2) IIeubner u. Bahrdt, Zur Kenntnis der Gelenkeiterung bei 8ch*rUcb.
(Berl. kiin. Wochenschr. 1884. No 44.) — Fraenkel und Freudenberg, lieber
Sekund&rinfektion bei Scharlach. (Centralbl. f. klin. Med. 1885- No. 45.) — E. Klein,
Proceedings of the Royal Society of London. Vol. XLII. 1887. — Raskin, Die
Aetiologie der wichtigsten Komplikationen des Scharlachs. (Wratsch. 1888. No. 37 — 44 )
[Russisch.]
8) A. Weichsel bäum, Wien. med. Wochenschr. 1885 No. 41 n. Centralbl.
f. Bakt. Bd. II. 1887. No. 8. — Philipowicz, Wien. med. Blätter. 1888.
No. 22—23.
4) Czerniewsky, Zur Frage von den puerperalen Erkrankungen. (Arch. f.
Gynaek. Bd. XXXIII. 1888. — Rurguburn, Zur Bakteriologie des Vagi na) sekretes
Schwangerer. (Arch. f. exper. Path. u. Pharmak. Bd. XXX. p. 463.) — L. Burck-
bardt, Ueber den Einfluß der Scheidenbakterien auf den Verlauf des Wochenbettes.
(Arch. f. Gynaek. Bd. XLV. 1894. H. 1 p. 71.) — DÖd erlein, Ueber das Ver-
halten pathogener Keime zur Scheide. (Deutsch, med. Wochenschr. 1895. No. 10.)
5) Netter, Prdsence du Streptococcus pyogfene dans la salive de sujets sains.
(Balletin m6d. 1888. T. II. No. 59; auch Biondi, Zeitschr. f. Hygiene Bd. II. p. 194
—238.)
6) ▼. Eiseisberg, Nachweis von Erysipelkokken in der Luft chirurgischer
Krankenzimmer, (L an ge n b e c k ’s Arch. Bd. XXXV. 1887. H. 1. p 1 — 17.) —
M. Solnwjeff, Bakteriologische Untersuchungen des Staubes in Zeughäusern von
Krankenhäusern. (Wratsch. 1895. No. 12.) [Russisch.] — Nicola »er u. Guaroieri,
Göttinger hygieti. Institut. — H. Hartmann, Ueber die Aetiologie von Erysipel und
Puerperalfieber. (Arch. f Hyg, Bd. VH. 1887. H. 2. p. 156.)
7) E. Bumra , Zur Aetiologie der septischen Peritonitis. (Mttnch. med. Wochenschr.
1889. H. 3.) — F. Widal, Etüde snr l'infection puerperale, la phlegmasie alba dolens
et r6rysipfele. Paris [Steiuheil] 1889.
8) J. Petruschky, Ueber Konservierung virulenter Streptokokkenkulturen.
(Centralbl. f. Bakt. Bd. XVU. 1895. No. 16. p. 651.)
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Ein Beitrag zur Epidemiologie des Erysipels.
393
obachtungen, sowie die Angaben von Knorr 1 ) machen es mir
wahrscheinlich, daß mit dem Wachstum der Kulturen eine Degene-
ration der Einzelindividuen statt hat, die sich sowohl morphologisch
als auch im Verluste der Lebensfähigkeit und Virulenz kund giebt.
Wenn Emmerich*) anzunehmen sich berechtigt sieht, daß die
Streptokokken auch in der freien Natur sich zu vermehren imstande
sind, so müssen wir zu der Ueberzeugung kommen, daß die Erhaltung .
lebenskräftiger und virulenter Streptokokken in der Natur durch
Trockenheit und Kälte begünstigt wird. Vielleicht spielt diese Eigen-
schaft bei dem Umstande mit, daß die Erysipelerkrankungen in der
kalten Jahreszeit häufiger beobachtet werden, als in der warmen 8 ),
doch gewiß nur in geringem Grade, da unzweifelhaft die öftere Ge-
legenheit zu den sog. Erkältungen schwerer in die Wagschale fallen
muß.
Ist somit die ubiquistische Natur der Streptokokken als erwiesen
zu betrachten, so ist leicht ersichtlich, daß wir uns im gewöhnlichen
Leben kaum vor ihnen zu schützen imstande sind, außer durch all-
gemeine hygienische Maßregeln. Behufs Einschränkung der Propa-
gation virulenten Materials in der Natur ist das Publikum zu belehren,
mit den Sekreten , namentlich des Respirationstractus, vorsichtiger
umzugehen. Im Hospital aber wird unsere Aufgabe dahin gehen
müssen, jeglichem Verdacht auf stattgehabte Streptokokkeninfektion
nachzuspüren , durch genaue bakteriologische Untersuchungen den
Herd zu ermitteln und denselben durch ausgiebige Desinfektion zu
beseitigen. Dazu würde sich eine Isolation aller Streptokokkenin-
fektionen aus sämtlichen Abteilungen in besonderen Krankensälen
empfehlen, wobei die Diagnose nach Möglichkeit auf bakteriologische
Prüfung basiert sein sollte.
Nachtrag. Die Untersuchungen wurden in der ersten Hälfte
des Jahres 189ö ausgeführt und abgeschlossen, so daß Marmorek’s
neues Kulturmedium (Annales de l’Institut Pasteur I. IX. Juillet.
p. 546), das vielleicht einen elektiven Nährboden für Streptokokken
darstellen dürfte, nicht zur Verwendung kommen konnte. Die
interessanten Beobachtungen von Koch und Petruschky (Zeitschr.
f. Hyg. Bd. XXIII. p. 477), denen es gelang, die Inkongruenz der
Virulenz der Streptokokken für Tier und Menschen nachzuweisen,
können nur als Bestätigung dessen dienen, daß bereits kulturell nach-
gewiesene Streptokokken im Staube selbst bei fehlender Virulenz
für Tiere, als für den Menschen gefährlich angesehen werden
können.
23. Januar 1897.
1) Knorr, Experimentelle Untersuchungen über den Streptococcus longu».
(Zeitschr. f. Hyg. Bd. KUI. 1893. p. 425 )
2) Emmerich, Mitteilungen über die im Jahre 1887 im hygienischen Institute
zu München aasgeführten bakteriologischen Untersuchungen. (Münch, med. Wochenschr.
1888. No. 18, 19 n. 20.)
3) Hirsch, Handbuch der hist.-geogr. Path. II. Aufl. 1888. Abt. II. p. 281
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394
O. Bujwid, Diphtheriebacilleo in einem Harnsedimente.
I Nachdruck verboten.
Diphtheriebacillen in einem Harnsedimente.
Von
Prof. Dr. 0. Bujwid
in
Krakau.
Aus einer Harnprobe, welche mir zu Untersuchung gesandt
wurde, ist es mir gelungen, Diphtheriebacillen zu kultivieren, welche
aber eine sehr schwache Virulenz besaßen, indem 1 ccm der 2-tägigen
Kultur bei einem Meerschweinchen nur starke örtliche Symptome
(Hautnekrose) zur Folge hatte. Die Bacillen waren ganz charak-
teristisch, auf dem erstarrten Bouillonserum üppig wachsend, mit
charakteristischen, bimförmigen Endigungen und ausgeprägter Seg-
mentation. Das Kind, von dem der Harn genommen worden ist, litt
an Nierentuberkulose; es wurden Tuberkelbacillen mikroskopisch
mittels eines an einem Meerschweinchen angestellten Versuches fest-
gestellt. Wodurch die Diphtheriebacillen in den Harn gelangten, ist
mir unbekannt; der Harn wurde in einem „reinen“ Glase gesammelt,
in eine mit Wasser ausgespülte Arzneiflasche gegossen und im La-
boratorium nach 12-stündigem Stehen untersucht.
18. Febr. 1897.
Nachdruck verboten.
Ueber den gegenwärtigen Stand unserer Kenntnisse
über die Aetiologie des Krebses.
[Aus dem Institute für klinische Chirurgie an der K. Universität
zu Rom, Prof. F. Dur ante.]
Von
Dr. D. B. Boncall,
Hilfs&rzt an der chirurgischen Klinik zu Rom.
(Schluß.)
Aber noch mehr: während man von allen Seiten behauptet, daß
die Degenerationen genau die von den Verteidigern der Coccidien-
Theorie für parasitisch gehaltenen Formen reproduzieren, ist keiner
von den Gegnern imstande gewesen, uns eine einzige Figur zu zeigen,
welche auch nur von fern die Form reproduzieren könnte, welche
von den Verfechtern der Coccidien-Theorie für parasitisch gehalten
werden, und es auch wirklich sind. Und wenn der eine oder andere
einige Formen aufgewiesen hat, die den am meisten beweisenden und
von den Verteidigern der Coccidien-Theorie als unzweifelhaft para-
sitisch nachgewiesenen Figuren ähnlich sind, so hat er in dem
Eifer, überall Degenerationen zu sehen, wirklich parasitische Zell-
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D B. Roncali, CJcber den R«genwArti i 'Qn Stand unserer Kenntnisse etc. 395
einschlüsse für Degenerationen genommen, welche mit denen der
Gewebe nicht die geringste Verwandtschaft hatten. Wenn wir einen
Blick auf die fünf Tafeln der Arbeit von Fabre Domergue und auf
die acht der sorgfältigen Monographie von Pianese werfen, so er-
staunen wir darüber, daß trotz dem besten Willen diese Autoren
nicht imstande waren, eine einzige Figur darzustellen, die morpho-
logisch den von Foä, Soudakewitsch, Russell, Vedeler und
vielen Anderen abgebildeten uud beschriebenen echten Parasiten ähn-
lich wäre.
3) Die dritte Periode der Geschichte des Krebsparatisismus kann
man, wenn der gewagte Vergleich erlaubt ist, das Schisma weniger
erwählter Geister von dein allgemeinen Coccidienglauben nennen.
Diese Periode beginnt mit den Arbeiten Russell's im Jahre
1890, dauert fort und schließt mit denen von Banti und Nissen
im Jahre 1894. Russell beschrieb die Erzeuger des Krebses als
runde, homogene, durchaus strukturlose, von einem hellen, sich
schwach färbenden Raume umgebene Körper, welche in Gruppen von
mehreren Individuen im Gewebe liegen, sich ebensowohl innerhalb
der Leukocyten, als in den Zellen des Tumors oder mitten im Binde-
gewebe vorfinden und sich durch Knospung fortpflanzen, wie die
knospentreibenden Pilze Nassili’s. Banti fand dieselben Körper
bei der Paget’schen Krankheit, ohne ihnen irgendwelche genetische
Wichtigkeit zuzuschreiben, und Nissen endlich isolierte aus dem
Blute einer Krebskranken Blastomyceten, machte Reinkulturen und
erklärte sie für die Verursacher des Krebses.
4) Die experimentellen Untersuchungen Sanfelice’s über die
pathogene Wirkung der Blastomyceten in Bezug auf die Aetiologie
des Krebses und meine histologischen und experimentellen Studien
über die Gegenwart dieser Wesen in den Adenocarcinomen und
Sarkomen bezeichnen den Eintritt in das vierte und letzte Stadium
der Geschichte des Parasitismus des Krebses, oder in die Blasto-
mycetenthcorie.
Am 31. Januar 1895 sagte Sanfelice, er habe einen Blasto-
myceten aus Knötchen in der Umgebung einer Inokulationsstelle an
einem Meerschweinchen isoliert; die Parasiten, nach einer ihm eigenen
Methode gefärbt, waren im Aussehen den aus dem Krebs beim
Menschen als Coccidien beschriebenen sehr ähnlich.
Am 20. Februar desselben Jahres erschien meine erste Arbeit
über die Gegenwart von Blastomyceten in den Adenocarcinomen des
Ovariums, in der ich innerhalb der Zellen des Tumors eigentümliche
Parasiten beschrieb und abbildete, von denen ich zum ersten Mal
mit Hilfe meiner und Sanfelice’s spezifischen Färbungen, durch
chemische Reaktionen und durch den Nachweis der morphologischen
Identität mit den von Sanfelice in den Geweben des Hundes ex-
perimentell reproduzierten darthat, daß sie vegetabilischen Ursprungs
seien und zu der Klasse der organisierten Fermente gehörten. Ferner
bewies ich nach Darlegung des parasitischen Ursprunges der Adeno-
carcinoine des Ovariums, mit den Beschreibungen und Abbildungen
veischiedener Autoren in der Han I, daß nicht einer, sondern alle von
den verschiedenen Autoren als Coccidien o ler Blastomyceten beim
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396
D. ß. Rone ali f
Krebs beschriebenen Körper sämtlich nur die Charaktere von Blasto-
myceten aufweisen, und hielt mich so für berechtigt, zu schließen,
daß alle Autoren wirklich Parasiten gesehen, aber alle, mit Ausnahme
von Russell, Banti und Nissen, sich in der Einordnung in die
Klasse der Parasiten, zu welchen diese Zelleinschlüsse gehörten, ge-
irrt hatten. In darauf folgenden Arbeiten bestätigte ich die noch an
anderen Adenocarcinomen und mehreren Sarkomen beobachteten
Thatsachen, beschrieb dieselben Formen auch aus den Metastasen
und studierte die besondere Art der Degeneration dieser Parasiten
in den Adenocarcinomen an jenen stark lichtbrecbenden Formen, die
ich in meiner dritten Arbeit beschrieben und abgebildet habe.
Ferner gelang es mir, aus der Metastase eines Sarkoms der
Mamma, aus einem Epitheliom der Zunge und aus einem Adeno-
sarkom ries Kolons dieselbe Form vou Blastomyceten zu isolieren, die
ich, wegen ihrer eigentümlichen Art, in den Geweben des Meer-
schweinchens zu degenerieren, Blastom yces vitro-simile de-
generans benannt habe.
Nach Veröffentlichung meiner ersten Mitteilung berichtete Sau-
felice in einer Reihe von wichtigen Arbeiten über die ferneren Re-
sultate seiner Untersuchungen über Saccharomyces neoformans,
und zeigte, daß dieses Ferment bei Meerschweinchen diffuse Infektion
hervorbringt, wodurch Tumoren in verschiedenen Organen entstehen,
welche mehr durch enorme Anhäufung der parasitischen Formen, als
durch Gewebselemente gebildet werden, bei Hunden dagegen lokali-
sierte Tumoren und Metastasen in verschiedenen Organen, welche
nach ihrem Bau denen des Menschen sehr ähnlich sind. Sanfelice
hat gefunden, daß dieses Ferment beim Meerschweinchen sich durch
die Blutbahn überall hin verbreitet, den Tod nach kurzer Zeit her-
vorbringt und wenig Reaktion in den Geweben erregt, während das-
selbe Ferment bei Hunden lokale Infektionsprozesse veranlaßt, in
denen die Parasiten sehr spärlich Vorkommen, die Reaktion der fixen
Elemente der Gewebe dagegen sehr bedeutend ist. Ferner fand er,
nach seiner dritten Arbeit über die pathogene Wirkung dieses Fer-
mentes auf verschiedene Thiere, so auf die Milchdrüsen der Hunde,
„Haufen von dicht bei einander liegenden, oder in von Bindegewebe
umgebene Stränge angeordneten Zellen, welche an den Bau einiger
Carcinome und Sarkome erinnern“. Endlich konnte Sanfelice fest-
stellen, daß die Blastomyceten beim Meerschweinchen in den neu-
gebildeten Geweben sehr zahlreich, beim Hunde dagegen sehr spär-
lich sind, und daß sich ihr Sitz niemals in der Mitte der Neubildung,
sondern an deren Peripherie befindet, wie man es beim Menschen
beobachtet. Er hat ferner bemerkt, daß in den Lymphdiüsen die
Follikularstränge mit Elementen von demselben Aussehen gefüllt
sind, wie die die Hauptmasse des Tumors bildenden Zellen, und daß
die metastatischen Knötchen der Nieren aus denselben nebeneinander
liegenden Zellelementen bestanden, welche sich in den Tumoren der
Brustdrüse vorfanden. Derselbe Autor sagt: „Eine an zwei Milch-
drüsen mit demselben Ferment inokulierte Hündin starb nach zehn
Monaten an Kachexie und zeigte an diesen Drüsen Geschwülste von
epithelialer Natur“. Endlich gelang es Sanfelice aus Uterus-
ioogle
Ueber den gegenwärtigen Stand unserer Kenntuhse über die Aetiologie etc. 397
und Lippenkrebsen des Menschen und Epitheliomen des Ochsen,
Blastomyceten in Reinkultur zu isolieren, die sich als pathogen er-
wiesen.
Maffucci und Sirleo studierten die pathogenen Eigenschaften
eines Fermentes, das sie Saccharomyces niger nannten, und
sagten, die durch dieses Ferment bei Tieren hervorgebrachten Lä-
sionen hätten zwar eine Neigung zu regressiven, und nicht zu pro-
gressiven Phase, zeigten aber doch die Charaktere von Neubildungen,
und nicht von rein entzündlichen Prozessen, die von den gewöhn-
lichen Granulationsgeweben abwichen.
Diese Untersuchungen sind sowohl von experimenteller, als von
histologischer Seite bestätigt worden. Auf dem Gebiete des Experi-
ments isolierte K aha ne Blastomyceten des Uteruskrebses; Curtis
erhielt aus einem Myxosarkom ein Ferment, das er Saccharo-
myces subcutaneus tumefaciens nannte, und das, Tieren ein-
geimpft, ganz ähnliche Tumoren hervorbraclite, wie die beim Menschen,
aus denen es isoliert worden war; Corselli und Frisco fanden in
einem menschlichen Lymphom ein für Hunde pathogenes Ferment,
mit dem sie bei diesem Tiere einen ähnlichen Prozeß hervorbrachten,
wie der beim Menschen gewesen war, und Pianese endlich erhielt
aus Epitheliomen der weiblichen Brustdrüse für Tiere pathogene
Blastomyceten. Auf histologischem Gebiete ergaben sich Bestätigungen
von Aievoli, D’Anna und Bi nag hi bei den Epitheliomen und
von Rossi Doria bei dem infektiösen Puerperalsarkom und dem
bösartigen Deciduoma.
Infolge des Studiums der hier angeführten Untersuchungen glaube
ich, daß man eine genetische Verbindung zwischen Blastomyceten und
bösartigen Neubildungen nicht in Abrede stellen kann, und zwar aus
folgenden Gründen: 1) wegen der morphologischen Beweise, auf Grund
des Studiums der Histologie der Tumoren; 2) wegen der gelungenen
Isolierung der Fermente bösartiger Neubildungen beim Menschen,
welche das Studium der biologischen, morphologischen und pathogenen
Eigenschaften dieser Mikroorganismen zum Zwecke gehabt hat;
3) wegen der Inokulation der aus ihrer Umgebung isolierten Blasto-
myceten auf Tiere, welche die Reproduktion bösartiger Neubildungen
bei Tieren bezweckt hat. Aus diesen drei Beweisführungen haben
sich Thatsachen ergeben, welche man in folgenden Sätzen zusammen-
fassen kann:
1) In den bösartigen Neubildungen des Menschen und der Tiere
findet man im Protoplasma der Zelle und im Bindegewebe Körper,
welche nicht von den Zellen herstammen, sondern den tierischen Ge-
weben fremd sind (Roncali, Sanfelice, Rossi Doria, Aie-
voli, D’Anna, Binaghi).
2) Diese Körper sind morphologisch identisch mit den sog. Coc-
cidien, welche von verschiedenen Autoren in den Zellen von Epithe-
liomen und Sarkomen eingeschlossen gefunden worden sind (Ron-
cali, Sanfelice).
3) Diese im Krebs gefundenen Körper sind auch morphologisch
identisch mit den Blastomyceten, die man in den Geweben der zum
Experiment benutzten Tiere antreffen kann, wenn diese mit Rein-
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398
D. B. Roncali,
kulturen von organisierten Fermenten inokuliert worden sind (SanJ-
felice, Roncali).
4) Diese Körper widerstehen konzentrierten Säuren und Al-
kalien auf dieselbe Weise, wie die Blastomyceten, welche in den
Geweben der Tiere infolge von Inokulation subsistieren können
(Roncali, Sanfelice).
5) Diese Körper finden sich weniger gewöhnlich in den bösartigen
Neubildungen; ausnahmsweise in anderen pathologischen Prozessen
(Sanfelice, Roncali).
6) Diese Körper sind in den Neubildungen des Menschen auf
bestimmte Oertlichkeiten verteilt; man findet sie an der Peripherie
des ueugebildeten Gewebes, also wo Wachstum stattfindet, nicht in
der Mitte des Gewebes, wo der Zuwachs aufgebört hat, und wo man
nur in Degeneration befindliche Elemente antriflt. Ferner ist ihr Sitz
entweder im Zellprotoplasma, oder zwischen den Bündeln des Stütz-
gewebes, und ausnahmsweise im Kern, und diese Umstände schließen
einerseits die Zufälligkeit des Vorkommens dieser Körper aus und
beweisen auf der andern Seite die enge Beziehung zwischen ihnen
und der Neubildung (Roncali, Sanfelice).
7) Diese Körper reagieren auf eine spezifische Farbungsmetbode,
die man auch an Reinkulturen aus den bösartigen Neoplasmen des
Menschen und der Tiere erhalten kann (Hakane, Sanfelice,
Curtis, Pianese, Corselli und Frisco, Roncali).
8) Bei Untersuchung dieser in Reinkulturen aus bösartigen Tu-
moren von Menschen und Tieien erhaltenen Köiper hat man ge-
funden, daß sie Blastomyceten sind und daß sie bei der Inokulation
in die Zellen der pathogenen Gewebe und zwischen die Fasern des
Bindegewebes eindringen, wobei sie dieselben Formen von Zellein-
schlüssen reproduzieren, die sich in den Tumoren des Menschen und
der Tiere finden , aus welchen diese Blastomyceten in Reinkultur
isoliert worden sind (Sanfelice, Curtis, Corselli und Frisco,
Roncali, Maffucci und Sirleo).
9) Diese in Krebszellen eingeschlossenen Köiper geben die Re-
aktion der Cellulose auf dieselbe Weise, wie die Blastomyceten in den
Geweben der Tiere, in die sie durch Inokulation von Reinkulturen
gelangt sind, und dies bildet einen neuen Charakter, der sie von
Degenerationsformen unterscheidet (Binaghi).
10) Die Läsionen, welche einige Blastomyceten bei den zum Ex-
periment benutzten Tieren verursachen, sind verschieden, je nach der
Spezies, zu der das Tier gehört, und wenn man allmählich auf der
zoologischen Stufenleiter aufsteigt, findet man, daß die Säugetiere der
höheren Klassen (Hunde) weniger empfänglich iür die Infektion mit
diesen Blastomyceten sind, als die der niederen (Meerschweinchen,
Mause, Kaninchen, Ratten u. s. w ). Denn während einige Blasto-
myceten bei den niederen Klassen Infektionen und zerstreute Herde
hervoi bringen, erzeugen dieselben Blastomyceten bei den höheren
Klassen nur an den Impfstellen isolierte Herde, und während sie sich
bei den niederen Klassen sehr zahlreich in allen Teilen des Orga-
nismus vorfinden, sehen wir sie bei den höheren in den Tumoren die-
Digitized by Google ,
Ueber den gegenwärtigen Stand unserer Kenntnisse über die Aetiologie etc. 399
selbe Verteilung annehmen, die wir an den eingeschlossenen Körpern
in den Tumoren des Menschen gefunden haben (Sanfelice).
11) Einige Blastomyceten bringen bei den Versuchstieren Läsio-
nen von wesentlich neoplastischem, nicht von entzündlichem Cha-
rakter hervor (Sanfelice, Roncali).
12) Bei höheren Säugetieren (Hunden) können gewisse Blasto-
myceten, wenn sie inokuliert werden, an der Impfstelle eine Neubildung
hervorbringen, welche sich dann auf dem Lymphwege in verschiedene
Organen fortpflanzt und das Tier durch Kachexie tötet (Sa n fei ice).
13) Endlich können gewisse Blastomyceten, wenn sie in Rein-
kultur in die Milchdrüse einer Hündin inokuliert werden, die Bildung
von Neubildungen von epithelialer Natur veranlassen (Sanfelice).
Dies sind bis heute nie Resultate unserer Studien über die
Aetiologie des Krebses; ich denke, viel ist gethau worden, aber viel
bleibt noch zu thun übrig.
Man hat allerdings einige Arten von einer bestimmten Klasse
von Parasiten gefunden, welche, wenn sie Tieren inokuliert werden,
unter Teilnahme der fixen Elemente desjenigen Gewebes, in dem sie
sich lokalisiert haben, Tumoren hervorbringen, die nach ihrem Ver-
lauf und Ausgang, besonders beim Hunde, eine gewisse Aehnlichkeit
mit denen des Menschen haben; aber es sind noch keine mensch-
lichen Tumoren.
Man muß auf dem experimentellen Wege weiterschreiten und
den morphologischen ganz aufgeben, um zur Lösung des
Problems zu gelangen. Die Morphologie war imstande, uns zu sagen,
daß in den bösartigen Neoplasmen des Menschen Zelleinschlüsse von
parasitischer Natur Vorkommen, welche die Chemie und die Kulturen
dann als Fermente nachgewiesen haben, und dies war ein großer
Schritt; zur Lösung des Problems über die Aetiologie der bösartigen
Tumoren bedarf es noch der experimentellen Reproduktion echter
Neoplasmen mittels der Blastomyceten, und dieses Resultat wird man
erst erreichen, wenn man mit den aus dem Neoplasma
einer bestimmten Tierart isolierten Blastomyceten in
Tieren derselben Art dieselben Neoplasmen hervor-
gebracht haben wird.
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400
B. Schfirm&yer,
Nachdruck verboten.
Eine Abänderung des automatischen Gasabschlusses
beim Verlöschen der Flammen an Brütschränken.
Von
Dr. B. Schfirmayer
in
Hannover.
Mit 1 Figur.
Die Koch’sche Vorrichtung, einen Hebel so aufzuhängen, daß
er beim Verlöschen der Flammen des Thermostaten herabfällt und
einen Hahn schließt, ist eine äußerst praktische Erfindung.
Durch ein zufälliges Vorkommnis überzeugte ich mich aber,
daß der in Rede stehende automatische Verschluß illusorisch werden
kann.
Für gewöhnlich sitzt der abschließende, mit dem Hebel ver-
bundene Hahn direkt vor den Flammen. (Eine Metallspirale liegt
so in der Erwärmungszone eines der Brenner, daß jene sich aus-
dehnt und auf diese Weise mittels einer kleinen Nase den wagrecht
liegenden Hebel [womit der Hahn geöffnet ist] in der Höhe hält.
Löscht die Flamme aus, daun verringert sich beim Erkalten des
Metalles die Biegung der Spirale, die Nase weicht zurück, der Hebel
fällt herab; hierdurch schließt der Hahn, die Flammen verlöschen.)
Nun kann aber der Fall eintreten, daß einer der als Zwischenleituug
dienenden Gummischläuche schadhaft wird; das Gas entweicht, die
Flamme löscht aus, aber das Leuchtgas strömt weiter aus und erfüllt
nach und nach den ganzen Raum. Da Dauerbrennöfen fast in jedem
Arbeitszimmer nötig und daher verwendet sind, so kann eine Ex-
plosion schon hierdurch entstehen.
Hiernach liegt ein Nachteil in der üblichen Anbringung des
automatischen Verschlusses direkt vor den Gasflammen, den das
unten schematisch abgebildete Modell umgehen soll.
Man verbindet mittels Bleirohres (7) die metallene (Cr) Röhre
der Gasleitung an der Wand mit dem einen Ende der Röhre AA.
Hier sitzt sofort der automatisch verschließbare Hahn. Mittels
Gummischlauches wird die Leitung zum Thermoregulator und zwischen
den übrigen eventuell eingeschalteten Zwischenapparaten hergestellt.
Vom Thermoregulator führt, wie gewöhnlich, wieder ein Schlauch zu
dem die Brenner tragenden Rohre ( BB ). Der Hebel CC hat eine
entsprechende Biegung, so daß er an der genannten Spirale, wie
üblich, aufhängbar ist.
Bei etwaigem Schadhaftwerden der Zwischenleitungen zwischen
metallischem Gasrohr der Leitung und den Brennern findet nach
Verlöschen oder Kleinerwerden der Flammen sofort der Abschluß an
der Eintrittsstelle des Leuchtgases statt.
Das Wesentliche der hier vorliegenden Abände-
rung ist also die Anbringung des sclbstthätigen Ver-
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Eine Abänderung des automatischen Gasabschlusses etc
401
Schlusses im metal-
lenen, also im dauer-
hafteren Teile der
ganzen Leitung.
Selbstverständlich kann
durch Verlängerung der
Rohre des Modells und
Anbringung von Krüm-
mungen ein besseres An-
passen an lokale Verhält-
nisse erzielt werden. Bei
Neuanlagen wird das Gas-
rohr der Hauptleitung bis
in die Höhe des Rohres
AA, vielleicht auch win-
kelig gekrümmt bis nahe
an dasselbe herangeführt,
so daß nur ein ganz kur-
zes bleiernes Verbindungs-
stück (F) nötig ist.
Da nach angestellten
Versuchen die Spirale in
2—5 Minuten den Hebel
losläßt, so kann nur sehr
wenig Leuchtgas entwei-
chen, was auch passieren
mag.
Herr P. Altraann,
Berlin NW., Luiseustr. 52,
hat in sehr gefälliger
O Wandrohr der Gasleitung.
V Bleirohr zur Verbindung.
AA Unteres Rohr, mit Hahn >
und Hebel CC
BB Oberes Rohr mit Brenner (
und Spirale *
durch Schläuche 'mit
dem Thermoregulator
verbunden.
Weise und in dauerhafter Form für mich den kleinen Apparat her-
gestellt, der sich vorzüglich bewährte Durch Anbringung einer blau-
brennenden Flamme ist das Ganze noch brauchbarer geworden. Es
fällt die Rußbildung bei hoher Flamme weg, bekanntlich ein Um-
stand, der häufig zum Verlöschen der Brenner mit Cylinder und
heller Flamme führt. Sodann bedeutet diese Aenderung (für ein-
fachere Thermostate) den Fortfall einer Verschlechterung der Zimmer-
luft und der unangenehmen Bildung von Wasserdampf. — Obwohl
die nichtleuchtenden Brenner einen breiteren Flammenkegel besitzen,
so verbrauchen dieselben doch nicht mehr Gas, trotz gesteigerter Heiz-
kraft. Sie lassen sich sehr wohl auf ein Minimum (Durchtritt des
Gases nur durch das Notloch des Thermoregulators) einstellen und
wie üblich regulieren.
Der Preis dürfte sich auf ca. 25 M. belaufen.
1. März 1897.
En«. Abt. XXI. Kd.
402
Paul Cerfon taine f
Nachdruck verboten.
A r propos | d’une note de M. Askanazy sur la Trichinose.
Pur,
Paul Cerfontaine,'
Chef des travaux k l'institut Zoologique de Li&ge.
" Ä la suite de recherches entreprises, en vue d’älucider quelques
questious, restäes jusqu’ alors, controversäes dans l’histoire de l’ivo-
lution de la trichine, j’ai publi4 une note intituläe , Kontribution
ä l’fitude de la Trichinose“.
Dans cette note qui a paru, accompagnäe d’une planche double,
dans les Bulletins de l’Acadämie Royale de Belgique, au mois de
Mai 1 893 1 ), et dans les Archives de Biologie*), j’ai demouträ les
faits suivants:
1) Des trichines adultes päuätrent dans les tissus
de l’höte.
2) Ces trichines immigräes sont des femelles fä-
condäes.
3) Beaucoup de ces trichines se trouvent dans le
Systeme lymphatique.
Dans le „Centralblatt für Bactäriologie und Parasitenkunde“
vol XV, parut une note präliminaire de M. Askanazy, datäe de
Königsberg 13 janvier 1894, et intituläe „Zur Lehre der Tri-
chinosis“.
Dans cette note, M. Askanazy, expose sommairement les rä-
sultats de ses expäriences, sans mentionner ma publication parue
sept mois auparavant.
Dans son travail in extenso’), M. Askanazy, cherche ä
ätablir par diffärents passages:
1) Qu’il avait commencä ses expäriences longtemps avant la
publication de sa note präliminaire;
2) Qu’il n’ avait pas, mäme au moment oü parut sa note prä-
liminaire, connaissance de mon travail, paru ä l’ätrauger;
3) Qu’on ne peut considärer les räsultats, auxquels il est
arrivä, comme une simple confirmation des miens*).
Je ne veux nullement contester ces diffärents points, mais je ne
puis m’empächer de protester, d’abord quand M. Askanazy dit,
k la page 51 de son mämoire in extenso:
„Was oben aber als besonders bedeutungsvoll her-
vorgehoben wurde, daß die große Zahl der Darm-
1) Bulletins de l'Acad. Roy. de Belgique. S6rie 8. Tome XXV. 1893. No. 5.
pp. 454 k 488.
8) Archive» de Biologie. T. XIII. 1893. pp. 125 k 145.
3) Archiv für pathologische Anatomie und Physiologie und für klinische Medizin.
Bd. CXLI. 1895.
4) Je ne puis reproduire ici ces diffärents passages, cela donnerait trop d’extension
A cette revendication.
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A propos d’une oote du M. Askanazy sur la Trichinose.
403
t rieh inen sich in die Lymphgefäße der Darm wand ein-
bohrt, hat Cerfontaine gar nicht bemerkt. Er erwähnt
nichts von einer Lagebeziehnng der Darratrichinen
in der Darmwand zu deren Lymphgefässe“, et en second
lieu, quand il donne, abstraction faite du reste du texte, la citation
suivante:
„I n Bezug auf diese Feststellung sagt er: Ces faits
plaident singuiierement en faveur de cette hypoth&se,
d’aprös la quelle le systöme lymphatique servirait
imm6diatement ä la dissömination deserabryons dans
l’fecouomie.“
En ce qui concerne le premier point, \1. Askanazy eüt pu lire,
ä la page 470 des Bulletins de l’Acadömie de Belgique, les lignes
suivautes que je transcris textuellement:
„Cependant, avant de passer au chapitre suivant, je tiens ä
appeler encore une fois l’attention sur les trois faits essentiels qui
constituent la base de ce travail:
1) Des trichines adultes p6n&trent dans la paroi
intestinale et s’avancent jusque dans le mösent^re.
2) Ou trouve des trichines imraigröes dans le Sy-
steme lymphatique, nous en avons rencotitrees dans
les plaq ues de Peyer et dans les ganglions m6sent6-
riq ues.
3) Toutes les trichines que nous avons trouvöes
dans les tissus, sont des femelles fäcoudöcs, dont
l’oviducte est bourrö d’oeufs en voie de döveloppe-
:nen t.“
Et page 487 dans les conclusions:
10) „Comrae nous avons reucontrö des femelles dans
les plaques de Peyer et dans les ganglions m6sent6ri-
ques, il est öminem men t probable que c’est normalc-
rnent le Systeme lymphatique qui intervient dans la
diss6mination des embryons. Ceux-ci passent ensuite
dans les vaisseaux sanguins, arrivent dans le r6seau
capiilaire et ne cheminent ä travers le tissu cellulaire
proprement dit, qu’aprös avoir traversö la paroi des
capillaires par une sorte de diap6d6se. u
Et page 469: „La figure 8, nous montre une coupe
transversale de l’intestin, passant par une plaque de
Peyer; trois follicules sont coup6s, a, b, e et dans
chacun d'eux l’on aperqoit des trichines, qui encore
une fois, sont toutes des femelles.
En suivant la s6rie des coupes ou peut a’assurer de
la präsence de deux trichines dans le follic ule «, six
dans le follicule b, et cinq dans le follicule e.“
Je crois avoir insist6 suffisamraent, dans les passages ci-dessus,
sur la localisation des trichines adultes par rapport au syst&me
lymphatique, et sur le röle de ce systöine lymphatique dans la dis-
Änination des embryons, pour que M. Askanazy ne puisse pas
*«*
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404 Cerfontaine, A propos d’une note de M. Askanazy sor U Trichinose.
dire que je n’ai absolument pas remarqud ce fait important que la
majoritd des trichines intestinales pdndtrent dans les vaisseaux lym-
pliatiques de la paioi intestinale et que je ne dis rien de la position
qu’ occupent les trichines intestinales dans la paroi de l’intestin par
rapport aux vaisseaux lymphatiques de cette paroi.
En ce qui concerne le second point, je me permettrai de tran-
scrire le passage suivant, de la page 480 de mon travail:
,.J’ai exposd plus haut les differentes opinions qui
rdguent sur la question de la diesem in ation des em-
bryons ä travers l’organisme. Les uns font intervenir
le systöme lymphatique, d’autres les vaisseaux san-
guins, enfin les auteurs recents, pensent que c’est
principalemen t ä travers le tissu cellulaire que se
fait la dissemination.
Dans la figure 7 de la planche, nous constatons
la pr6sence de trichines dans un ganglion mdsentd-
rique; la figure 8 nous montreun nombre consid6rable
de trichines femelies fecond6es, dans une plaque de
Peyer.
Ces faits plaident singulierement en faveur de cette
hypothese, d’apres la quelle le Systeme lymphatique
servirait imm6diatement ä la dissdmination des e m -
bryons dans reconomie.
Les embryons mis en liberte dans les plaques de
Peyer et dans les ganglions mdsentdriques, peuvent
passer ais6ment dans les vaisseaux lymphatiques et
arriver dans le trouc intestinal. Celui-ci . . .“
M. Askanazy en ne citant que la phrase sus-mentionee, met
en evidence le mot hypothese.
Je me permettrai de faire remarquer que dans mon texte com-
plet ce mot hypothese se rapporte aux opinions 6mises par roes
predecesseurs, et que les faits nouveaux, dtablis par mes recher-
ches sout autant de preuves qui tendent & faire passer ä l’6tat de
fait etabli cette ancienne hypothese.
A differentes reprises, M. Askanazy insiste sur ce point que
l’on ne peut consid6rer sa publication comme une simple confirmation
de mes r6sultats,
Mon travail a paru sept a huit mois avant la note pr61iminaire
de M. Askanazy, deux ans environ avant son travail d6finitif, et
les r6sultats principaux de mes recherches etaient les suivants.
1) Des trichines adultes p6netrent dans la paroi
i n tes tinale.
2) Ces trichines immigrees sout des femelles fd-
condees.
3) Le plus grand nombre de ces trichines immigrees
se trouvent dans le systdme lymphatique.
Ces trois faits essentiels ont dtd coufirmds par les recherches de
M. Askanazy.
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M. Askantity, Berichtigung der Bemerkungen P. CerfonUineV
405
Je me plais ä eonstater que l’auteur est arrivö a un resultat
de plus, par ce qu’il a pu exarainer des animaux ayant survöcu ä
Pinfection plus longtemps que le rat qui m’avait servi d’ objet
d’ätude.
II a pu trouver des larves libres et comme il a rencontrö des
embryons dans les vaisseaux lymphatiques et daDs un ganglion mö-sen-
terique, il a fourui une preuve de plus en faveur de l’an-
cienne hypothöse d’apräs laquelle la systäme lymphatique ser-
virait immädiatemeut a la dissämination des embryons dans l’äco-
nomie.
La prioritä s’etablit non par la date ä laquelle sont comtnencäes
les recherches, mais par la date ä laquelle les rdsultats sont livrös
ä la publicit^.
En consäquence je revemlique la prioritä ou sujet de la döcouverte
des fait8 ätablis par la publication que j’ai faite dans les Bulletins
de l’Acadämie et dans les Archives de Biologie plusieurs tnois avant
l’apparition de la note präliminaire de M. Askanazy.
Liäge, le 28 däcembre 1896.
Nachdruck verboten.
Berichtigung der Bemerkungen P. Cerfontaine’s
Von
Privatdozent Dr. M. Askauazy
iu
Königsberg i. Pr.
Durch die Liebenswürdigkeit der Redaktion dieses Central blattes
erhielt ich einen Abzug der vorstehenden Bemerkungen Cerfon-
taine’s und nehme Veranlassung, auf dieselben wenige Worte zu
erwidern. Ich kann mich kurz fassen, da ich meinen Auseinander-
setzungen auf p. 60 und 61 meiner Arbeit in Virchow’s Archiv.
Bd. CXLI, auf welche ich hiermit verweise, nur wenig hinzuzufügen
habe. Zunächst betone ich, daß es mir ferugelegen hat, die Priorität
der Publikation von Cerfontaine zu bestreiten; ich habe an der
erwähnten Stelle nur hervorgehoben, daß ich unabhängig von
ihm und ziemlich gleichzeitig auf Grund eines viel
reichhaltigeren Materiales und, wie ich hier noch hinzu-
setze, in ein wandsfreierer Weise das Eindringen der
weiblichen Darmtric hinen in die Darmwand bewiesen
habe. Die Thatsache selbst, daß die weiblichen Danntrichinen sich
in die Darmwand einbohren, habe ich vor Cerfontaiue be-
obachtet; ich habe mich mit der Publikation aber nicht so beeilt,
wie Cerfontaine, der seine Ratte am 7. Februar 1893 sezierte
und im Mai desselben Jahres bereits die Resultate dieser Beobach-
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406
M. Askanazy,
tung in einer gedruckten Arbeit vorlegte. Meine experimentellen
U ntersuchnngen beziehen sich auf einen Zeitraum von ca. 4 Jahren.
Cerfontaine hat sich damit begnügt, das Vorhandensein vou
weiblichen Darmtrichinen in der Darmwand und Mesenterialdrüse
einer einzigen, auswfitts trichinös infizierten, toten Ratte festzustellen
und darf sich füglich nicht wundern, wenn Geisse 1 ) ihm den Ein-
wand n acht, „daß das Eindringen der Trichinen in die Gewebe nach
dem Tode der Ratte erfolgt ist.“ Gerade diesem Einwande suchte
ich seiner Zeit aus eigenem Antriebe zuvorzukommen und habe daher
noch dem lebende Tiere entnommenes Material zur Untersuchung
h eranzogen, ehe ich zu einer Veröffentlichung meiner Befunde schritt.
Daß ich auf diese Weise die Priorität der Publikation verscherzte, —
non dolet. Unter allen Umständen muß ich es aber als eine falsche
Behauptung bezeichnen, weun man schlechtweg sagt, ich hätte die
Befunde Cerfontaine’s „bestätigt“. Denn ich konnte bei meinen
Untersuchungen unmöglich etwas „bestätigen“, was meines Wissens
noch niemand beobachtet hatte. Auch werden sich die Leser beider
Arbeiten leicht davon überzeugen, daß meine experimentell fest-
gestellten Ergebnisse erheblich über den Befund Cerfontaine’s
hinaus gehen. Endlich sind meine Resultate gegen die Einwände
geschützt, denen die Angaben Cerfontaine’s begegnen mußten.
Der Autor hat z. B. auch jetzt noch nicht die Gelegenheit benutzt,
um die an ihn gerichtete Frage zu beantwoiten, ob sein Unter-
suchungsmaterial mit der nötigen Vorsicht entnommen und in Cel-
loidin oder Paraffin gut eingebettet war, Dinge, die für die Beurtei-
lung der Befunde von ausschlaggebender Bedeutung erscheinen.
Angesichts der Möglichkeit solcher Einwände und der Abfertigung,
die seine Angaben durch Geisse erfuhren, wird Cerfontaine zu-
geben müssen, daß seine Arbeit leicht klanglos — wenigstens bis
zum Tage einer besseren Beweisführung — zum Orkus hätte hinab-
sinken können, wenn meine gleichzeitigen Untersuchungen sie vor
diesem Schicksal nicht bewahrt hätten. Hat doch bereits Pagen-
stecher*), worauf mich Herr Medizinalrat Dr. Huber in Mem-
mingen nach dem Erscheinen meiner Arbeit aufmerksam zu machen
die Freundlichkeit hatte, bei Trichinose viele Darmfollikel gesehen,
die in einer Detritusmasse 3 bis JO weibliche, befruchtete Darm-
trichinen enthielten 1
Im einzelnen protestiert Cerfontaine nun gegen 2 Punkte:
1) Gegen meine Behauptung, daß derselbe in den Lymph-
gefäßen der Darmwand keine Darmtricbinen bemerkt hat. Diese
Behauptung halte ich natürlich aufrecht, denn der Leser ersieht aus
den von dem Autor angeführten Citaten (wie auch aus der Original-
arbeit), daß Cerfontaine die Darmtrichinen nur in den Pey er-
sehen Plaques und einer Mesenterialdrüse auffand; diese Organe sind
aber auch dann noch keine Lympbgcläße, wenn sie kurzweg als
„Systeme lymphatique“ citiert werden.
1) Deutsch. Archiv f. klin. Med. Bd. LV. 1896. p. 154.
1 ) Bisher habe ich die Originalarbeit noch nicht erhalten können.
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Berichtigung der Bemerkungen P. Cerfontaine’s.
407
2) Meine Behauptung, daß die „alte Hypothese“, nach welcher
der Lymph- bezw. Blutstrom die jungen Trichinen forttragen sollte,
auch nach Cerfontaine’s Befunden eine Hypothese blieb, während
ich sie zur gleichen Zeit zur Thatsache erhob, muß ich ebenfalls
aufrecht erhalten. Die von Cerfontai ne seinerseits neu gemachte
Beobachtung von dem Vorkommen der Darmtrichinen in Pey er-
sehen Plaques und einer Mesenterialdriise beweist den Export der
jungen Embryonen auf dem Wege des Lymphstromes keineswegs mit
Sicherheit, selbst wenn man das Vorhandensein junger Würmer in
den Gekrösdrüsen in Betracht zieht. Und das bat Cerfontaine
wohl auch gefühlt, wenn er es nur als „dminemment probable“ be-
zeichnet, daß der lymphatische Apparat die Embryonen verschleppt.
Wie will Cerfontaine diese Frage aber auch durch eine Beob-
achtung entscheiden, in welcher das Tier 3 bis 4 Tage nach der
Fütterung starb und die Muttertrichinen noch gar keine geburtsreifen
Jungen enthielten ! Wenn ich aber nachwies, daß 1) die weiblichen
Darmtricbinen in die Lymphgefäße der Darmwand (Zotten, Schleim-
haut, Submucosa) eindringen, daß 2) neben ihueu freie Embryonen
im Lumen der Lymphgefäße liegen, daß sich 3) in den Lymphgefäßen
sämtlicher Darmwandschicbten und in den Mesenterialdrüsen freie
Embryonen vorfinden, so dürfte damit der unwiderlegliche Beweis
erbracht sein, daß der Lymphstrom die junge Brut der Trichinen
fortführt. — Bezüglich der weiteren Ergebnisse muß ich auf meine
Arbeit verweisen.
5. Februar 1897.
Original-Referate aus den Sitzungen gelehrter Gesellschaften.
Gesellschaft russischer Aerzte. Sitzuug am 31. (19.) Dezember 1896.
Zur Frage über den Selbstschutz des tierischen
Organismus gegen bakterielle Infektionen.
Von
Ür. A. J. Kondratleff.
Gegenwärtige Mitteilung dient zur Ergänzung meiner ersten
Arbeit (Archiv für experimentelle Pathologie und Pharmakologie.
Bd. XXXVII. 1896 und Wratsch. 1896. No. 4 — 7. [Kuss.]), in der ich
bewies, daß man aus den Nebennieren und der Milz des normalen
(für Tetanus empfänglichen) Pferdes einen Stoff darstellen kann, der
weiße Mäuse gegen eine unbedingt tödliche Dosis des Tetanustoxins
mit solchem Erfolg zu schützen vermag, daß 50 Proz. der vergifteten
Tiere am Leben bleiben. Im verflossenen Jahre habe ich mich viel-
fach bemüht, weitere Darstellungsmethoden dieses Stoffes auszuarbeiten,
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408
Original-Referate aus den Sitzungen gelehrter Gesellschaften.
da die früheren nicht als vollkommen genügend betrachtet werden
konnten. Als eine der besten Methoden erschien von Anfang und bis
jetzt das Extrahieren der zerkleinerten Organe mit wässerigem
Glycerin (Infundieren im Laufe von 4 Tagen), mit nachfolgendem
Ausfällen des im Vakuum kondensierten Extraktes durch das 5 fache
Volumen 95 Proz. Alkohols. Nach ungefähr 6 Stunden wird die
Flüssigkeit abfiltriert und der Niederschlag durch 2 — 3 maliges Um-
schütteln mit 95 Proz. Alkohol ausgewaschen, wobei er jedesmal
filtriert wird. Aus dem darauf getrockneten Niederschlag wird eine
12 Proz. wässerige Lösung bereitet
Sehr interessant erscheint der Umstand, daß die Methoden des
direkten Ausfällens der Tetanus- und Diphtherieantitoxine und Toxine
(L. Brieger und Boer. Zeitschr. f. Hygiene. Bd. XXI) mit nur
unbedeutenden Veränderungen auch zur Darstellung unseres Stoffes
sich als brauchbar erwiesen. Einen besonderen Erfolg verspricht das
Ausfällen mit Chlorzink und mit einer Mischung von Chlorkalium und
Chlornatrium (in letzterem Falle bei 30 — 37 0 C). Man muß jedoch
die Organe durchaus mit schwach alkalischem Wasser (0,01 Proz.
NaHO) extrahieren und die Chlorzinkverbindung in einer 0,1 -proz.
NaHO-Lösung lösen.
Obgleich diese Methoden ein wirksames Produkt liefern, so sind
sie doch insofern mangelhaft, als es schwer ist, die giftigen Salze
vollständig zu entfernen. In den mißlungenen Probeflüssigkeiten, die
ich durch Ausfällen mit Alkohol oder Chlorzink erhalten hatte, gelang
es mir, die schützende Wirkung bedeutend zu verstärken, indem ich
dieselben aufeinanderfolgend der entgegengesetzten Behandlung unter-
warf, d. h. indem ich die ersteren mit Chlorzink, die letzteren, nach
Kondensierung im Vakuum, mit Alkohol ausfällte.
Hieraus sieht man, daß die wirksamen Eigenschaften des be-
treffenden Stoßes häufig deswegen nicht zur Geltung kommen, weil
sie durch alle möglichen schädlichen Beimengungen (Eiweißstoffe,
Salze) maskiert werden und daß man durch Verbesserung der Dar-
stellungsmethoden uoch vieles zu erreichen hoffen kann.
In meiner ersten Arbeit (1. c.) hatte ich schon erwähnt, daß
weder die verschiedenen von Issajeff angeführten Stoße, noch das
Spermin (Poehl, Loewy und Richter) beim Tetanus die Wirkung
äußern, welche dem schützenden Stoff eigentümlich ist. Zu einem
ebensolchen negativen Resultat führte mich die Prüfung der Versuche
von Freund und Grosz (Centralbl. f. innere Med. 1895. No. 38
und 39; 1896. No. 19) in Bezug auf Histon und Albumosen. Daher
muß ich bei der Meinung beharren, daß der schützende Stoff mit
keinem der bekannten chemischen Körper eine Aehnlichkeit darbietet,
vielmehr nach seinen Eigenschaften den Enzymen am nächsten steht;
dieser Umstand, sowie die gleiche Extraktionsmethode, nähert ihn in
chemischer Beziehung sehr den Antitoxinen und Toxinen des Tetanus
und der Diphtherie, die von Brieger ebenfalls aus der Gruppe der
Eiweißstoffe endgiltig ausgeschlossen sind und die entweder zu den
Enzymen oder zu Stoffen „von in der Chemie noch unbekannten
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Original-Referate aus den Sitzungen gelehrter Gesellschaften.
409
Atomgruppierung“ gehören (Brieger und Boer 1. c. und Deutsche
raed. Wochenschr. 1896. No. 49).
Auf Grund dieser chemischen Verwandschaft der drei Stoffe: Toxin,
Antitoxin und des schützenden Stoffes, den ich vorläufig der Kürze
wegen Atoxogen benannt habe, möchte ich mir erlauben, eine
Hypothese über das Wesen der Unempfänglichkeit bei Tetanus hier
aaszuführen, die ich in Ermangelung einer einigermaßen befriedigenden
Theorie der Unempfänglichkeit, als (zeitweiliges) Schema, das die
Möglichkeit einer Orientierung in dieser komplizierten Frage bietet,
angenommen habe.
Ich nehme in Uebereinstimmung mit Courmont und Doyon
(Comptes rendus de la Soc. de Biol. S6rie IX. Vol. V. 1893. p. 294)
an, daß das Tetanusgift beim Eindringen in den tierischen Organis-
mus mit irgendwelchen Eiweißstoffen des Zellprotoplasmas aller oder
einiger Organe (Lymphsystem, Nebennieren, vielleicht Leber) eine
ungiftige Verbindung eiugeht, die nach dem Inkubationsstadium in
zweifacher Weise zerfallen kann: entweder wird von dem Eiweiß das
Gift abgespalten, das ins Blut Übertritt und das Nervensystem ver-
giftet, oder es werden ungiftige Produkte abgespalten und zwar bei
den empfänglichen Tieren ein Antitoxin, bei den von Natur unempfäng-
lichen andere ungiftige Verbindungen.
Einer ebensolchen Verbindung mit den Eiweißstoffeu des Proto-
plasmas, mit nachfolgendem Zerfalle dieser Verbindungen sind auch
die dem Toxin chemisch nahestehenden Stoffe — das Antitoxin und
das Atoxogen fähig. Mit dem Eiweißmolekül können mehrere Mole-
küle aller dieser drei Stoffe gleichzeitig oder einzeln eine Verbindung
eingehen. Die Gegenwart des Atoxogens in demselben (das im ge-
sunden Organismus immer vorhanden ist) und noch viel mehr des
Antitoxins (folglich auch die künstliche Einführung des einen oder
des anderen Stoffes in den Körper) befördert in ähnlicher Weise wie
die Fermente jenen Verlauf der Reaktion, wobei das Gift in Antitoxin
(oder andere ungiftige Produkte) übergeht.
Von diesem Standpunkte lassen sich alle möglichen Fälle von
Intoxikation mit Tetanusgift leicht erklären, während die Antitoxine
als Endprodukte der in den Zellen abgelaufenen Reaktion erscheinen,
die erst der Ausscheidung ins Blut und später einer gänzlichen
Elimioirung aus dem Körper unterliegen. Die Eiweißstoffe, die an
dieser Reaktion teilnehmen, werden natürlich erschöpft, vielleicht
zum Teil verbraucht und zu ihrer Restitution bedarf es einer gewissen
Zeit. Deswegen wird der Organismus nach einer jeden Einführung
des Giftes für eine Zeitlang empfindlicher demselben gegenüber als
der normale Organismus, obgleich das Blut um dieselbe Zeit sogar
einen großen Ueberfluß an Antitoxin besitzen kann.
Die nach Ueberstehen der Tetauuserkrankung auftretende aktive
Immunität ließe sich durch einige spezifische Veränderungen der
Eiweißkörper erklären, die nach ihrer Verbindung mit den Toxinen
entstehen.
Auf die anderen toxischen Erkrankungen, wie z. B. die Diphtherie,
kann diese Hypothese erst dann ausgedehnt werden, nachdem wir
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410
Allgemeine Infektionskrankheiten
uns auf empirischem Wege von der Fähigkeit des Atoxogens, auch
gegen andere Toxine zu schützen, überzeugt haben, was ggcb meinen
noch nicht beendeten Versuchen über Diphtherie an Meerschweinchen
sehr wahrscheinlich ist
Die Frage über die Infektionsformen, darunter Cholera und
Typhus, muß ich jedoch einstweilen offen lassen, da ich mich mit
diesen Erkrankungen nicht beschäftigt habe, indem ich nur behaupte,
daß der Vorgang der Immunisierung sich auch hier ausschließlich in
den Zellen und nicht in den Flüssigkeiten des Körpers vollziehen muß.
Referate.
Schoen, E., Ergebnisse einer Fragebogenforschung aut
tropen hygienischem Gebiet (Arbeiten aus dem Kaiser-
lichen Gesundheitsamt. Bd. XIII. Heft 2.)
Schoen hat die letzten Berichte, welche infolge der in der
deutschen Kolonialgesellschaft vor einigen Jahren unternommenen
Sammelforschung über Akklimatisation und Tropenhygiene noch nach-
träglich eingegangen wareu — etwa 50 an der Zahl — zusammen-
fassend bearbeitet. Ueber das früher eingegangene Material ist von
Sehe Hong und Be low berichtet worden. Die Schoen 'sehe
Arbeit ist wegen der vorurteilsfrei geübten Kritik und der ausgiebigen
Benutzung der allgemein zugänglichen Tropenlitteratur für die Be-
arbeitung der Fragebogenantworten wertvoll, giebt aber nichts wesent-
lich Neues. Immer mehr zeigt sich, daß die Infektionskrankheiten
oder, ganz allgemein gesprochen, die parasitären Krankheiten unter
den sogenannten Tropenkrankheiten die Hauptrolle spielen, und daß
die Reihe derjenigen für die Tropen charakteristischen Krankheits-
bilder, welche rein klimatischen Einflüssen zugeschrieben werden
müssen, sich je mehr lichten, je weiter unsere Kenntnisse auf diesem
Gebiete fortschreiten.
Die Besprechung Schoen ’s erstreckt sich auf Java, den Ma-
layischcn Archipel, Britisch Indien und Ceylon, Melanesien und Po-
lynesien, Sau Thom6, einige tropische und subtropische Gebiete
Amerikas, Egypten und Syrien, [Südafrika, Neuseeland und Tschifu
(China). Noch t (Hamburg).
Rulni, G., Contributo sperimentale allo Studio del con-
tenuto batteriologico di un teatro cbirurgico. (La
Rif. med. 1895. No. 266, 267.)
Daß die Gefahr der Luftinfektion selbst in eiuem chirurgischen
Lehrsaale, in welchem durch die Studierenden der Staub in viel-
facher Weise aufgewirbelt und die Luft in steter Bewegung unter-
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Puerperalfieber. — Osteomyelitis.
411
halten wird, keine große ist, ist eine bereits bekannte Thatsache.
Da aber trotz der glänzeuden Resultate der Asepsis durch zahlreiche
Untersuchungen im Staube der Operationssäle die bekannten Eiter-
erreger, wie Staphylo- und Streptokokken, wiederholt nachgewiesen
wurden, unternahm es R., nach den Ursachen dieser auffallenden
Erscheinung zu forschen. Er untersuchte zu diesem Bebufe die Luft
des chirurgischen Operationssaales in Bologna mit Zuhilfenahme der
Uiquel’8chen Filter, welche aus zwei Schichten Rohrzucker be-
stehen, in denen die mit der Luft passierenden Keime zurttckgehalten
werden.
Auch bei diesen Versuchen ließen sich Staphylokokken und
Streptokokken nachweisen, doch übten dieselben auf Versuchstiere
entweder gar keine oder nur minimale pathogene Wirkung aus und
nahmen auch trotz verschiedener Züchtungsmethoden und wiederholter
Tierpassage keine nennenswerte größere Virulenz an.
R. schließt aus seinen Versuchen, daß im Staube der chirur-
gischen Operationssäle wohl pyogene Mikioorganismen enthalten sind,
jedoch in einem hohen Grade von Virulenzabschwächung, und daß
hiermit die Gefahr der Ansteckung und Wundinfektion nicht an der
Luft, sondern lediglich an den Händen des Operateurs haftet.
Kamen (Czernowitz).
Rossl-Dorla, T., Ueber die lokalen und allgemeinen In-
toxikationen als prädisponierende Ursache derPuer-
peralinfektionen. Beitrag zum Studium des patho-
logischen Wochenbettes. [Aus der geburtshilflichen und
gynäkologischen Klinik der K. Universität in Rom.] (Münch, med.
Wochenschr. 1896. No. 51 u. 52).
Die zahlreichen Widersprüche über die Aetiologie und Prophylaxe
der Wochenbettinfektionen lassen sich nach Verf. dadurch erklären,
daß man das Verhalten des Organismus dem Infektionsprozesse gegen-
über zu wenig berücksichtigt. Die häufigste und wichtigste Schädigung
der normalen Widerstands- und Schutzkräfte sind die Intoxikationen,
und zwar können dieselben allgemeiner oder lokaler Natur sein (Bak-
terientoxiue, Alteration des Stoffwechsels, der autitoxischen Funktion
u. s. w.). Der natürliche Schutz des Organismus den Wochenbett-
infektionen gegenüber besteht vor allem in der bakterienfeindlichen
Wirkung der Vaginalsekrete, in der Integrität der Epithelbekleidung
und in der Vitalität der einzelnen Zeilenelemente der Wände und
der Nachbarteile des Genitaltraktus. Die Entfernung der Sekrete
oder eine Schädigung des Epithels muß daher vermieden werden.
Das wichtigste Mittel zur Verhütung von Wochenbettiufektionen
ist die Prophylaxe der Heteroinfektion, d. h. der Infektion von
außen, und dazu genügt aseptische Behandlung.
Dieudonnü (Berlin).
Mircoli. S., Osteomieliti piogenetiche sperimentali. (La
Rif. med. 1895. No. 284, 285.)
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412
Meningitis. — Omen*.
M. hat unabhängig von Lex er und schon vor ihm Unter-
suchungen Uber die Fähigkeit der Staphylokokken, auch allein, ohne
Hinzutritt anderer Mikroorganismen, Osteomyelitiden zu erzeugen,
angestellt. Verwendet wurden hierzu junge, im Wacbstume begriffene
Tiere, von welchen die Hälfte an Sepsis einging, ein Viertel lokale
Erscheinungen an Stelle der Injektion zeigten und das zweite Viertel
typische Knochenerkraukungen aufwies. Die Schwere dieser letzteren
schieu mit der Menge des injizierten Giftes in Zusammenhang zu
stehen. Auch das Tier schwächende Einflüsse schienen für die Ent-
stehung und Grad der Erkrankung von Bedeutung zu sein. Bei
geringeren Gaben des Virus kam es zur Entwickelung eines schlei-
chenden chronisch -entzündlichen, mit Hypertrophie des Knochens
verbundenen Prozesses. Kamen (Czernowitz).
Hanse, C., Beobachtungen über die Gebirn-rückenmarks-
seuche der Pferde, Meningitis cerebrospinalis epi-
demica. (Berl. tierärztl. Wochenschr. 18%. No. 61.)
Ref. hat in dieser Zeitschrift bereits wiederholt über Arbeiten der
Borna’schen Krankheiten (Johne, Siedamgrotzky, Schlegel)
berichtet. Die vorliegenden Mitteilungen beschäftigen sich ebenfalls
mit dieser Pferdekrankheit in Sachsen. Verf. hatte als dort beschäf-
tigter Tierarzt Gelegenheit, eine gauze Reihe der beobachteten Fälle
selbst zu sehen. Die Arbeit bespricht die Erkrankung mehr vom
klinischen Standpunkte aus und zählt die ausführlichen Kranken-
geschichten der Einzelfälle auf. Interessant war uns, daß Verf. die
fraglichen Kokken auch im Blute der Pferde gefunden haben will.
Auf Grund der klinischen Beobachtungen glaubt Verf. mehrere
Varietäten der Krankheit annehmen zu sollen, und zwar beobachtete er
a) Erkrankungen, welche mehr durch die Anwesenheit des Trans-
sudats verursacht sind, und bei welchen zu Lebzeiten mehr Unruhe-
erscheiuungen, besonders Muskelkrämpfe, beobachtet wurden.
b) Erkrankungen, welche mehr durch das Vorhandensein paren-
chymatöser Veränderungen bedingt sind, und bei welchen zu Lebzeiten
besonders Depressionserscheinuugen, und nur diese, auftreten.
c) Erkrankungen, welche anfänglich durch das Vorhandensein
eines Trans-udats bedingt sind, bei welchen sich daun nachträglich
parenchymatöse Voi Änderungen einstellen, und bei denen daun dem-
entsprechend zu Lebzeiten anfänglich Cnruhecrscheinungen und
Krämpfe, sodann erst später Depression vorhanden sind.
Wenn Verf. weiterhin die Maßnahmen zur Tilgung der Seuche
bespricht, so können diese im wesentlichen nur prophylaktisch sein.
Die angewandte Therapie war die symptomatisch-exspektative, ihr
Nutzen ein problematischer. 0. Voges (Berlin).
Vulpius, Ueber primäre Ozaena 1 ary n go- trache a I is.
(Dtsche med. Wochenschr. 1897. No. 5.)
Bei einer Patientin, welche mit doppelseitiger eiteriger Mittelohr-
entzündung zur Behandlung kam, fand sich außerdem eiteriger
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Druse. — Tierische Parasiten.
413
•
Katarrh der Schleimhäute der Nase, des Nasenrachenraumes, des
Kehlkopfes und der Trachea; dabei bestand der charakteristische
Geruch der Ozaena, namentlich besaß auch der Atem intensiv diesen
Geruch. Bei bakteriologischer Untersuchung der aus dem unteren
Kehlkopfabschnitte ausgewischten Sekretborken und des Eiters aus
der Nase und dem Nasenrachenraume fanden sich die von Löwen-
berg bei Ozaena nachgewiesenen großen Diplokokken 1 ) fast aus-
schließlich und nahezu in Reinkultur in dem erstgenannten Unter-
such ungsmaterial. Verf. hält zwar die ätiologische Bedeutung dieses
Mikroorganismus für Ozaena noch nicht für erwiesen, glaubt jedoch
in dem beschriebenen Falle mit Sicherheit nach der Krankheits-
geschichte annehmen zu dürfen, daß es sich um eine vom Kehlkopfe
und der Luftröhre ausgegangene Erkrankung gehandelt hat und führt
Beispiele aus der Litteratur an, in denen ebenfalls die Ozaena sich
nicht nur in der Nase, sondern auch in tieferen Abschnitten der
Atmungswege entwickeln. K übler (Berlin).
Grözinger, Vermutliche Uebertragung der Druse durch
die Begattung. (Deutsche tierärztliche Wochenschrift. 1896.
No. 19.)
Bei zwei Stuten verschiedener Besitzer, die von einem Hengste
gedeckt waren, welcher erst kurz zuvor die Druse überstsnden hatte,
fand G. übereinstimmend Abscesse vor an und in der Nähe der Ge-
schlechtsteile und an den Schenkeln, die dicken, gutartigen Eiter
enthielten. Verf. glaubt, daß hier eine Uebertragung des Drusen-
kontagiums durch den noch kranken oder mindestens eben erst ge-
nesenen Hengst stattgefunden hat. Der Eiter wurde leider auf das
Vorhandensein von Druseustreptokokken nicht untersucht, so daß die
Vermutung G.’s, zumal es sich hier doch nur um eine sehr unge-
wöhnliche Form der Druse handelt, völlig in der Luft schwebt.
Deupser (Deutsch-Lissa).
knoll, Ueber Demodex phylloides suis (Csokor) beim
Schweine. (Zeitschrift für Fleisch- und Milchhygiene. 1896.
Heft 8.)
Bei einem geschlachteten und gebrühten Schweine fand K. in
der Haut zahlreiche Herde von der Größe eines Hirsekorns bis zu
der einer halben Linse, welche hell durchschimmerten, nur wenig über
die normale Haut hervorragten und ziemlich scharf abgegreuzt waren.
Als Inhalt zeigte sich ein weißer Brei, in welchem sehr zahlreiche
Exemplare von Demodex phylloides vorhanden waren.
Auffallend war hierbei, daß im vorliegenden Falle vorzugsweise
die Haut der inneren Schenkelflächen am Uebergang in die hintere,
untere Bauchwand ergriffen war, während sonst Rüssel, Hals, Unter-
brust, Flanken, Bauchhaut und erst zuletzt die Innenfläche der
Schenkel Lieblingssitze der Acarusräude des Schweines sind. Auch
1) Vtrgl. diese Zeitschr. Bd. XVI. p. 658.
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414
Tierische Parasiten«
waren die lokalen Erscheinungen sehr gering und ähnelten den beim
Menschen durch die Balgrnilben erzeugten Comedonen, während sonst
beim Schweine, ähnlich wie heim Hunde, ein pustulöser und ulceröser
Ausschlag die Folge ist. Deupaer (Deutsch-Lissa).
Körntet, J. Contribution a l’ätudc du trypanosome de
matnmifäres. (Annales de l’Institut Pasteur. X. 1896. No. 12.)
Das Vorkommen von Trypanosomaformon im Blute verschiedener
Tiere, wie Frösche, Vögel, Hamster und Ratten ist eine schon lange
bekannte Thatsache. Ucber den Entwickelungsgang dieser durch ihre
Formen sehr charakteristischen Flagellaten sind wir namentlich durch
ilie schönen Untersuchungen von Danilewsky genauer unterrichtet.
Während sie aber im allgemeinen als harmlose Schmarotzer bei den
oben genannten Tieren auftreten, mehren sich neuerdings die Beob-
achtungen , daß zu dieser Parasitenfamilie auch solche Glieder ge-
hören, die für ihre Wirte äußerst schädlich und verderblich werden.
So wurde eine in Indien vorkommende Krankheit der Pferde, Kamele
und Maulesel, die Surrs durch Trypanosomen bewirkt und nach der
interessanten Veröffentlichung von Dr. Bruce ist die Ursache der sog.
Tsö tsö-Kraukheit ebenfalls in einer Trypanosoma art zu suchen.
Einen weiteren Beitrag nach dieser Richtung liefert die vorliegende
Arbeit von R.
In dem Blute eines an „Dourine“ erkrankten Hengstes fanden
sich reichlich Trypanosomaformen, die auf gewisse Tiere
übertragbar waren und damit ein schätzenswertes Material zu experi-
menteller Forschung boten.
Die morphologischen Verhältnisse dieser im Pferdeblute auf-
gefundenen Trypanosomen sind genauer beschrieben und durch Ab-
bildungen veranschaulicht. Sie ähneln nach dem Autor den von
Levis und Chalachnikow im Blute der Ratten, und von
Griffit Evens im Blute der surrakranken Pferde etc. gefundenen,
jedoch sollen sich mehrere durch biologische Merkmale von diesen
unterscheiden.
Eine Kultur ist dem Verfasser trotz aller Mühe nicht gelungen
weder in Serum empfänglicher Tiere (z. B. des Hundes wie Chalach-
nikow angiebt), noch in anderen in Frage kommenden Nährmedien.
Bei der Uebertragung auf andere Tiere erwiesen sich die Kalt-
blüter (Natter, Eidechse, Frösche) und Vögel (Hühner, Tauben,
Sperlinge, Fledermaus) gleichmäßig unempfänglich.
Bei den zum Versuch benutzten Saugetieren zeigte sich, daß
Meerschweinchen durchaus unempfänglich, von den Ratten nur ein
bestimmter Bruchteil und zwar in verschiedenem Maße empfänglich
war. So blieben von 30 geimpften Ratten 9 völlig unberührt, 7 er-
lagen der Infektion und bei 14 bewirkte die Impfung verschiedene
Grade der Krankheit.
Sehr empfänglich dagegen waren Mäuse (weiße sowohl wie graue),
Kaninchen und Hunde. Dies zeigte sich schon in der Leichtigkeit der
Uebertragung. Die geringste Wunde mit einem Tropfen oder gar
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Tierische Parasiteu.
415
Bruchteil eines injizirten Blutstropfens in Berührung gebracht, ver-
mittelt die Infektion. Ebenso wirkten natürlich die subkutanen, in-
travenösen oder intraperitonealen Injektionen. Aber es war nicht
einmal eine Verletzung nötig. So genügten bereits vier Tropfen
parasitenhaltigen Blutes, in den Conjuuktivalsack eingebracht, um die
Krankheit zu erzeugen. Dagegen war die Injektion von dem Ver-
dauungskanal aus stets erfolglos. Der Krankheitsverlauf ist verschieden
nach der Tierart. Doch handelt es sich im allgemeinen immer nur
um eine Blutinfektion mit tödlichem Ausgang. Besonders ausge-
sprochen ist dieselbe bei der Maus, bei der Ausstrichpräparate er-
halten wurde, io denen die Trypanosomen an Anzahl die roten
Blutkörperchen weit überragen. Den von Danilewsky beschriebenen
Teilungs- und Entwickelungsgang der Tiere zu beobachten ist Verf.
nicht gelungen.
Die Dauer der Krankheit, die, abgesehen von den erwähnten Aus-
nahmen, stets tödlich verlief, betrug bei Mäusen durchschnittlich 11
— 15 Tage und beim Kaninchen 1—4 Monate. Während sich aber
bei Mäusen bis wenige Stunden vor dem Tode keinerlei Krankheits-
symptome bemerken ließen, boten Kaninchen und Bunde ziemlich
gleiche Veränderungen, wie unregelmäßiges Fieber mit plötzlicher
Exacerbation, beträchtliche Störung des Allgemeiubefindens und starke
Gewichtsabnahme, bedeutende Dilatation der Gefäße mit nachfolgendem
Oedem resp. Exsudat in die Leibeshöhle.
Der Nachweis der Parasiten im Blut gelang leicht und jederzeit
bei den infizierten Mäusen, jedoch nicht ebenso gleichmäßig bei
Kaninchen und Hund. Vielmehr handelte es sich bei diesen Tieren
um ein intermittirendes Auftreten, ohne daß jedoch dabei eine Beziehung
zu der Fieberbewegung zu erkennen war. Wurden kranke Kaninchen
getötet, so fanden sich die Parasiten in der Milz, in den Augen-
flüssigkeiten, auf den Schleimhäuten, an Stellen lokalisierter Oedeme,
aber niemals im Knochenmark. (Im Gegensatz zu den Trypanosomen
bei anderen Tieren wie Hamster und Vögel.) Bemerkenswert ist die
hervorragende und konstante Beteiligung der Seh- und Geschlechts-
organe an den lokalen Veränderungen, die sich bei ersteren als schleimig-
eitrige Conjunctivitis mit nachfolgender Erkrankung und selbst Zer-
störung des Bulbus, bei letzteren als ödematöse Schwellung und se-
kundärer Ulceration der Schleimhäute resp. äußerer Bedeckung zeigt.
Hinzu gehört noch, daß beim weiblichen trächtigen Tier Abort ein-
rritt. wobei indessen im Fötus keine Parasiten gefunden werden.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten sowie der mitgeteilten serothera-
peutischen Versuche muß auf das Original verwiesen werden. Hier
mag nur betont werden, daß vom Autor Impfversuche bei Eseln und
namentlich Pferden nicht gemacht worden sind. Wenn der Autor
mit Rücksicht auf die krankhaften Veränderungen an den Geschlechts-
teilen seiuer Versuchstiere und die ebenfalls eine Erkrankung der
Geschlechtsorgane darstellende Affektion seines Ausgangstieres (Hengst
s. oben) den Gedanken nahe legt, daß sein Trypanosomen vielleicht die
Ursache der „Dourine“ darstellen, hätte mau diese Uebertragungs-
versuche umsomehr von ihm erwarten dürfen, als er es ebenfalls
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416
Tierische Parasiten. — Uotersuchungsmethodeo, Instrumente etc.
unterlassen hat, andere dourinekranke Pferde auf Trypanosomen zu
untersuchen. Immerhin aber kann diese Mitteilung als Anregung auf-
gefaßt werden, dieser Frage einmal näher zu treten.
Frosch (Berlin).
Blanchard . R. , Le Davainea madagascariensis ä la
Guyane. (Bull, de l’Acad. de mödecine. Seance du 12 janvier
1897.)
Als der Verf. das Genus Davainea geschaffen hatte, zeigte
sich, daß mit Ausnahme einer einzigen Species alle Vertreter der
Gattung Parasiten der Vögel waren.
Die abweichende Art war Taenia madagascariensis Da-
v&ine. Sie wurde zuerst beobachtet in Mayotte (Comoren), und zwar
bei zwei Kindern, später fand man sie auch auf der Insel Mauritius
und in Bangkog.
In jüngerer Zeit ist nun auch eiueDavainea ausManis java-
nica und eine zweite, Davainea contorta Zscbokke, ausManis
pentadactyla bekannt geworden; die Sonderstellung der D. rnada-
gascarieusis Davaine fällt somit dahin.
Die von C. W. Daniels aufgestellte Art D. demerariensis
aus einen) erwachsenen Eingeborenen von Guyana ist nach den Unter-
suchungen des VerPs. mit I). madagascariensis zu identifizieren.
Das Vorhandensein der letzteren in Guyana, sowie an den schon
erwähnten Orten läßt auf eine allgemeinere Verbreitung derselben
in den Tropen schließen.
D. madagascariensis Davaine befällt Erwachsene sowohl
als Kinder, Weiße sowohl als Eingeborene. Ihr Zwiscbenwirt ist ver-
mutlich ein Insekt, wahrscheinlich Pluri plane ta (P. orientalis,
americana etc.). E. Riggenbach (Basel).
Untersuchungsmethoden, Instrumente etc.
HlerocKSs. Const. X., Studien zur Frage der Beeinflus-
sung der Färbbarkeit von Bakterienmaterial durch
vorhergehende Einwirkung bakterienschädigender
Momente. (Archiv f. Hyg. Bd. XXVIII. Heft 2. p. 163.)
Verf. setzte sporenhaltiges und sporenfreies Bakterienmaterial
verschiedenartigen chemischen und physikalischen Eingriffen aus und
stellte hierauf den Einfluß fest, welchen diese Behandlungsweise auf
die Färbbarkeit der betreffenden Objekte ausgeffbt hatte.
Die verwendeten Bakterienarten waren: Bacillus mycoides,
Bacillus subtilis, Trommelschläger, eine bei 56° C gezüchtete
Thermophilenart, Typhus- und Diphtberiebacilleu.
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l'utersuclmngsm«t)ioden, Instrumente etc.
417
Nachdem das an sterilen Deckgläschen angetrocknete Bakterien-
material der Einwirkung der betreffenden bakterienschädigenden
Reagentieu verschieden lange Zeit (10 Minuten bis 24 Stunden) aus-
gesetzt worden war, wurde mit den gebräuchlichen Farblösungen —
wässrige resp. Anilinwasserfuchsinlösung — gefärbt. Dabei stellte
es sich heraus, daß trockene und feuchte Hitze auf die Färbbarkeit
der Sporenbildner und ihrer Dauerformen mit Anilinwasserfuchsin-
lösung erhöhend eingewirkt hatte. Für die Färbbarkeit mit wäss-
riger Fuchsinlösung waren nur Bac. subtilis und mycoides zu-
gänglicher geworden. Chlor- und Bromwasser erhöhten ebenfalls die
Färbbarkeit des Materials mit Anilinwasserfuchsinlösuug, führten
jedoch eine geringere Zugänglichkeit für wässrige Fuchsinlösung
herbei. Während Bromdämpfe sowohl auf die Badllen, als auch auf
die Spo ren zerstörend einwirkten, waren nach Behandlung mit Chlor-
gas die Sporen und Bacillen des Bac. subtilis und der Trommel-
schlägerform leichter färbbar als vorher. Formaliu und Jodjodkalium-
lösung ließen das Material unbeeinflußt und Sonnenlicht setzte die
Färbbarkeit der Subtilis bacillen und -Sporen etwas herab.
Die Typhusbacillen erlitten durch Behandlung mit Chlorgas eine
geringe Herabsetzung ihrer Färbbarkeit mit wässriger Fuchsinlösung,
Bromdämpfe zerstörten auch hier das Zellprotoplasma. Im übrigen
konnte eine Beeinflussung der Färbbarkeit von Typhusbacillen nicht
erzielt werden, auch nach Gram wurden sie stets entfärbt
Bei den Diphtheriebacillen äußerte sich die Einwirkung der ge-
nannten bakterienschädigenden Momente im wesentlichen in Quellungs-
erscheinungen, sowie in lückenhafter, vielfach blasser Färbung.
Vogel (Hamburg).
Kißling, Ein einfacher Thermostat für Finnenunter-
suchungen und Mitteilung eines Versuches über die
Lebensdauer der Schweinefinneu in frischem und
gepökeltem Fleische. (Zeitschr. f. Fleisch- u. Milchhygiene.
1896. Heft 8.)
Dieser Apparat besteht aus einem Kompressorium mit einer
oberen 10—12 mm und einer unteren nur 2 mm dicken Scheibe.
Die zu untersuchenden Finnen werden zwischen die Gläser gebracht
und einem gelinden Drucke ausgesetzt. Das Kompressorium steht
in einer Glasschaie, die bis nahe an die obere Fläche desselben mit
Wasser gefüllt ist Diese wiederum steht in einem Bleibecken, welches
sich auf dem zu erhitzenden Kupfertischchen befindet. In dem Blei-
beckeo und in dem Kupfertischchen befinden sich kongruente Oeff-
nungen für das Spiegellicht, in dem letzteren noch ein Loch für den
Thermometerhalter. Das Kupfertischchen hat mit Ausnahme der für
die Heizung bestimmten Stellen dicke Asbestbekleidung. Zwei Ab-
bildungen bringen die Zusammensetzung dieses kleinen Apparates zur
Anschauung.
Die Versuchsreihe über die Lebensdauer der Schweinefirmen be-
stand darin, daß von einem starkfinnigen Schweine ein Vorderschenkel
Erato Abt. XXI hi. 27
i
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418
Untersuchungsmethoden, Instrumente etc.
in freier Luft aufgehängt (Monat Februar), ein Hinterechenkel dagegen
mit Kochsalz in der gewöhnlichen Weise gepökelt wurde. Hierbei
ergab sich, daß nach 13 Tagen im frischen Fleische alle Finnen noch
lebten, während im Pökelfleische von 100 Parasiten 99 abgestorben
waren. Nach ferneren 5 Tagen waren im gepökelten Fleische sämtliche
Finnen tot, während im frischen von 6 Parasiten noch einer am Leben
war. Erst nach weiteren 10 Tagen, im ganzen also nach 28 Tagen,
waren auch im frischen Fleische alle Finnen abgestorben. Diese Ver-
suche sind von großer Wichtigkeit, weil, wie Ref. schon in diesem
Centralbl. wiederholt hervorgehoben hat, die Entwertung des Rind-
fleisches im gekochten Zustande, die bis jetzt noch bei einem Finnen-
funde stattzufinden hat, einen großen Verlust für den Verkäufer ein-
schließt. Deupser (Deutsch- Lissa).
Kabitz, Ein leicht herstellbarer Thermostat für Finnen-
uutersucbungen. (Zeitschr. f. Fleisch- u. Milchhygiene. 1896.
Heft 8)
Da bei der Untersuchung geschlachteter und finnig befundener
Tiere und bei der Beurteilung gewisser Abtötungsverfahren für
tierische Parasiten notwendig eine Untersuchung auf einem erwärm-
baren Objekttisch vorgenommen werden muß, so ist jede Konstruktion
einer einiachen und billigen Vorrichtung mit Freuden zu begrüßen.
K. macht uns mit einem solchen Thermostaten bekannt, der einfach aus
einer etwa 2 mm dicken Kupferplatte besteht, die an dem einen Ende
in der Breite eines Objektträgers umgebogen ist in einem Abstande, daß
sich bequem ein Objektträger samt Deckglas darunter hin- und her-
schieben läßt. Ferner befinden sich 2 übereinanderliegende Löcher in
den Metallplatten, von denen durch das eine das Licht auf das Präparat
fällt, während das andere das Hin- und Herschieben des Objektes
erlaubt. Eine dritte Oeffnung in der oberen Platte dient zur Ein-
schiebung eines Thermometers zur Temperaturmessung, während zwei
an beiden Seiten angebrachte, senkrecht zur Platte stehende Schienen
die Anbringung eines Asbestpappschirmes erlauben, der den Kopf des
Untersuchenden vor der Ausstrahlung der Lichtquelle schützen soll.
Eine kleine Zeichnung macht die ganze billige Einrichtung schnell
übersichtlich. Deupser (Deutsch- Lissa).
Hanau, A., Ueber einen bequemen Behälter für einzelne
Mäuse oder Ratten. (Fortschr. d. Med. 1897. Nr. 2.)
H. beschreibt einen Behälter, der die Reinigung möglichst er-
leichtert und selten erfordert, sowie dem Geruch vorbeugt, und zwar
bündelt es sich um einen sog. Kartoffelsieder oder Salatkorb; der-
selbe ist ein 12 cm hoher und 25 cm im Durchmesser besitzender,
also flach-cylindrischer Korb, aus cirkulär horizontal verlaufenden,
verzinnten, eng aneinander stehenden Eisendrähten zusammengesetzt.
Der Bodeu besteht aus dem gleichen Material, nur laufen die Drähte
konzentrisch. Oben ist der Korb mit einem Deckel aus Blechrand
und Drahtnetz geschlossen, unten hat er vier 1 cm höbe Drahtfüße.
Der Korb wird auf einen einfachen Zinkteller gestellt, welcher einige Cen-
timeter breiter ist und einen 3 cm hoch aufgebogenen Rand hat ; in diesen
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Schutzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungkhemmuug etc. 419
kommt feiner Sand. Die Tiere werden ohne Watte u. dergl. in den
Käfig gesetzt und in einem warmen Zimmer gehalten. Eine Des-
infektion ist durch Auskochen oder mit Karbolsäure leicht möglich.
Hugo Laser (Königsberg i. Pr.).
Schutzimpfung, künstliche Infektionskrankheiten, Entwick-
lungshemmung und Vernichtung der Bakterien etc.
Oerland, Die Bekämpfung und Verhütung der Seuchen
in Hildesheim. (Hygieu. Rundschau. Jahrg. VII. 1897. No. 1.)
Die vorliegende Publikation des Verf.’s verdanken wir dem Um-
stande, daß der Autor gebeten wurde, seine interessanten, auf der
Septemberversammlung 1896 des deutschen Vereins für öffentliche
Gesundheitspflege gebrachten Mitteilungen weiteren Kreisen zugäng-
lich zu machen. Als Senator und Polizeidirektor der Stadt Hildes-
heim hält sich der Verf. verpflichtet, auch die hygienischen Be-
strebungen der Neuzeit in seinem Amtsbezirke durchzuführen, denn
„es ist auch das Amt der Polizei, die dem Publikum oder dessen
einzelnen Schichten drohenden Gefahren abzuwenden.“ Die praktische
Durchführung der Bekämpfung und Verhütung von Seuchen bildet
aber den Gegenstand der Zeilen dis Verf.’s. In der breiteren Aus-
führung seines Themas bespricht Verf.
1) zunächst die Maßnahmen zur Bekämpfung und
2) alsdann die zur Verhütung der Seuchen.
Für die Durchführung des ersten Punktes liegen bestimmte,
hierorts wohl als bekannt vorauszusetzende Gesetzesvorschriften vor.
Verf. knüpft an dieselben an und beschreibt die praktische Durch-
führung dieser Verordnungen in den verschiedenen Einzelfallen. Es
werden da behandelt die Anzeigepflicht, Behandlung der an Infek-
tionskrankheiten Verstorbenen und die Desinfektion. Besonders der
letzteren ist ein großer Raum gewidmet und die Handhabung der-
selben durch die städtische Desinfektionsanstalt eingehend behandelt.
Der zweite Abschnitt, welcher von der Verhütung der Krankheiten
handelt, bespricht
1) die Verhütung bestimmter Krankheiten,
2) die Isolierung der Kranken,
3) allgemeinere Vorbeugungsmaßnahmen.
Als besonders wichtig wollen wir dabei hervorhebeu, daß Verf.
sich selbst in uneigennützigster Weise an die Spitze der diese Be-
strebungen ausführenden Kommissionen gestellt und seine Thätigkeit
nicht bloß auf nachweisbare Aufgaben beschränkt hat, sondern durch
Spezialuntersucbungen von Häusern, Brunnen, Wohnungsverhältnissen
ganz außerordentlich segensreich gewirkt hat. Diese gute That ist
aber auch von der Bürgerschaft in hervorragender Weise anerkannt
worden, so daß das Publikum selbst durch Anträge, Meldungen etc.
»i*
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420 Schutzimpfung, kiinstl. Infektionskrankheiten, Entwicklungshemmung etc.
diese Bestrebungen Gerland’.s gefördert hat. Fast nie ist es zur
Anwendung von Zwangsmaßnahmen gekommen. Dieser Umstand
dürfte die schönste Belohnung für die Mühen des Verf.’s sein, wird
doch dadurch der Beweis erbracht, daß es sehr wohl gelingt, im
guten fast jede hygienische Aenderung zur Ausführung zu bringen.
Verf. giebt endlich eine Uebersicht über die Mortalität in den ver-
schiedenen Jahren. In der That scheinen die Bemühungen von Erfolg
gekrönt gewesen zu sein, überall macht sich ein Sinken der Zahlen
bemerkbar, auch die Cholera vermochte nicht festen Fuß zu fassen.
0. Voges (Berlin).
Schattenfroli, üeber das Vorhandensein von baktericiden
Stoffen in den Leukocyten und deren Extraktion.
(Münch, med. Wocheuschr. 1897. No. 1.)
Verf. sucht in einer vorläufigen Mitteilung die Theorie Buchner’s,
daß die Alexine Produkte der Leukocyten seien, durch den Beweis,
daß sich baktericide Stoffe aus den Leukocyten extrahieren lassen,
zu erhärten. Nach Einspritzung von Aleuronatbrei und spatere In-
jektion von physiologischer Kochsalzlösung in die Bauchhöhle von
Meerschweinchen bezw. Brusthöhle von Kaninchen, verschaffte sich
Sch. leukocytenhaltiges Exsudat. Die wiederholt gefrorene und auf-
getaute Flüssigkeit zeigte eine außerordentlich baktericide Wirkung,
welche die des nicht gefrorenen Exsudates bei weitem übertraf.
Ebenso gelang es durch Erwärmen, inaktiviertes Exsudat wieder
aktiv zu machen, wenn es mit sorgsam durch Auswaschen von
etwaigen anbängeuden Alexineu befreiten Leukocyten zum Gefrieren
und Auftauen gebracht wurde. Von diesen iu Lösung gebenden
baktericiden Stoffen wurden Choleravibriouen fast gar nicht beeinflußt,
sehr energisch dagegen S t a p by lococcu s pyog. aur. und Bac-
terium coli. Verf. stellt die weitere Untersuchung über diese
merkwürdige Erscheinung in Aussicht. Trat bei diesen Versuchen
(besonders leicht beim unverdünnten Kaninchenpleuraexsudat) Ge-
rinnung ein, so wirkte zellbaltiges Exsudut stets geringer baklericid
als zellfreies. Verf. nimmt an, daß in diesem Falle aus den Leuko-
cyten mehr Nährstoffe, als baktericide Körper extrahiert werden. Im
verdünnten und daher nicht gerinnenden Exsudat bleiben die Leuko-
cyten lebend und scheint es also darauf anzukommen, daß die Zellen
möglichst unversehrt extrahiert werden. Die Einzelheiten dieser
Experimente werden vom Verf. später im Zusammenhänge mitgeteilt
werden.
Jedenfalls muß schon nach diesen Mitteilungen irgend ein Zu-
sammenhang der extrahierten baktericiden Stoffe mit den bei der
Immunität auftretenden als äußerst fraglich hingestellt werden.
Marx (Berlin).
Ehrlich, Zur Kenntnis der Antitoxin Wirkung. (Fort-
schritte der Medizin. Bd. XV. 1897. No. 2.)
Verf. weist in einem sehr interessanten Versuche nach, daß zum
mindestens ein Toxalbumin durch sein Antitoxin unschädlich gemacht
wird, mit sicherem Ausschlüsse jeder etwa anzuuehmenden Zcllthätig-
Digitized by Googl
Schutzimpfung, künstl Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmung etc. 421
keit Ehrlich ging von der Thatsache aus, daß Ricin im extra-
vaskulären Blute ebenso wie itn lebenden Tiere eine eigentümliche
Gerinnung hervorruft, indem es die roten Blutkörperchen zusammen-
ballt und niederschlägt. Es wurden im Versuche 6 Röhrchen mit
10 ccm einer Mischung gefüllt von 95 ccm physiologischer Kochsalz-
lösung, die mit 0,5 Proz. citrouensaurem Natron versetzt war, dem
5 ccm Kaninchenblut zugesetzt waren. Aus einer solchen Mischung
fällen 1 ccm 2-proz. Ricinlösung die Blutkörperchen prompt aus.
E. versetzt 1 ccm dieser Ricinlösung mit 0,3, 0,5, 0,75, 1,0 und
1,25 ccm halbverdünntem Antiridnserum. Probe I verhielt sich wie
das Kontrollröhrchen, bei 0,5 und 0,75 ccm Serum war die Gerinnung
verzögert und bei 0,75 ccm nicht vollständig Nach 24 Stunden
stellte sich schließlich noch im Röhrchen, mit 1,0 ccm Serumzusatz,
spurweise Ausfällung ein. Dieselben Ricin- und Antiricinmisehungen
wurden nun im Tierexperiment geprüft. Von diesen 6 Mischungen
wurden 6 Mäusen 0,4, 0,5, 0,6, 0,7 und 0,8 ccm injiziert. Maus 1
war nach 18 Stunden tot, Maus II nach 30 Stunden. Maus III zeigte
mäßige Infiltration, die übrigen blieben gesund. Der Tierversuch be-
stätigt also die aus dem Reagenzversuch zu ziehenden Schlüsse.
Hiermit ist wenigstens für das Ricin der strikte Beweis erbracht,
daß sich Gift und Gegengift direkt chemisch beeinflussen.
Marx (Berlin).
IMchet, Ch., Propriötös immunisantes du sörum de chien
injectö avec du sörum d'anguille. (La Scmaine mödicale.
1897. p. 30.)
Om ein Kaninchen zu töten, genügt die Injektion von 0,1 ccm
Schlangenserum. 1 ccm desselben Serums bringt beim Hunde zwar
nur vorübergehende Erscheinungen hervor, aber nach dessen Wieder-
herstellung besitzt sein Serum immunisierende Eigenschaften gegen
Schlangenserum. R. hat dieses durch Versuche an Kaninchen sicher-
gestellt. Ahlefelder (Charlottenburg).
Merleux und Niemann . Ueber A n tistrept okkenserum.
(Berl. klin. Wochenschr. 1896. No. 49.)
Die Verff. berichten über neuere Tierversuche, welche den Schutz-
wert der von ihnen gelieferten Antistreptokokkensera beweisen sollen.
Und zwar wird dem Serum „Lyon-Vaise“ unter den drei geprüften
Serumsorteu der größte Schutzwert vindiziert. Leider sind sämtliche
Versuche wieder nach dem sehr unzuverlässigen Verfahren Mar-
morek’s angestellt worden, indem die Infektion der vorbebandelten
Tiere mit stark verdünnten Kulturen geschah. Hierbei bleiben, wie
Ref. gezeigt hat, stets auch Kontrolltiere am Leben und man hat
nie eine Garantie, daß vorbehaudelte Tiere, welche am Leben bliebeD,
auch wirklich infizierende Keime erhalten haben. Ein deutliches Bei-
spiel für die Richtigkeit dieses Eiuwandes liefert sogleich Tab. I der
Verff. Während nach Angabe derselben die „tödliche Dosis“ (übrigens
ein bei Infektion mit lebenden Keimen an sich schiefer Begriff. Ref.)
des verwendeten Streptococcu s Viooooooo ccm betragen soll,
bleibt gleich in der ersten Versuchsreihe ein mit 1 / I00 „„„ ccm, also
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422 Schatzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Entwickelongshe nmung etc.
dem 100-fachen dieser Dosis infiziertes Kontrolltier am Leben. Es
ist kaum verständlich, warum die Verff. keinen einzigen Versuch mit
der vom Ref. als viel sicherer empfohlenen Wundinfektion der Ka-
ninchen am Ohr angestellt haben. Ehe nicht gegen diese Art der
Infektion oder gegen die Injektion viel größerer Kulturquantitäten
ein sicherer, regelmäßiger Schutz durch Vorbehandlung mit
dem Serum erzielt werden kanu, ist nach allen bisherigen Erfahrungen
an eine therapeutische Wirkung desselben gar nicht zu denken.
Ref. kann daher die Versuche der Verff. keineswegs als beweiskräftig
anerkennen. Petruschky (Berlin).
Borneniann, B., Ueber das Antistreptokokkenserum (Mar-
morek). (Wiener klin. Wochenschr. 1896. No. 51.)
Verf. stellte im staatlichen Institute für die Herstellung von
Diphtherieheilserum zu Wien (Prof. Pal tauf) Versuche über die
Schutzwirkung verschiedener „Antistreptokokkensera“ an, und zwar
prüfte er einige Serumproben von Marmorek, ferner normales
Pferde- und Menschenserum und schließlich Seruraproben, die Verf.
von 2 durch ihn selbst vorbehandelten Tieren, einem Pferde und
einem Esel, gewonnen hatte. Zur Infektion wurde ein Strepto-
coccus benutzt, den Verf. von Marmorek erhalten hatte; der-
selbe zeigte anfänglich letale Wirkung auf Kaninchen erst in der
Dosis von 0,01 ccm; durch Passagen wurde die Virulenz für Ka-
ninchen so weit gesteigert, daß 0,0001 ccm in 2 Versuchsreihen töd-
lich wirkte, während von 2 mit 0,00001 ccm infizierten Tieren das
eine am Leben blieb. Es handelte sich also, wie Verf. selbst hervor-
hebt, um einen nicht maximal virulenten Streptococcus, dem
gegenüber die etwaige Wirksamkeit der Streptokokkensera besonders
deutlich hätte hervortreten müssen. Als infizierende Dosis verwendete
Verf. in der Mehrzahl der Fälle 001 ccm, was gegenüber den in
den Arbeiten von Marmorek und Aronson verwendeten Dosen
zweifellos als Vorzug anzuerkennen ist.
Was nun die Ergebnisse anlangt, so fällt dem Verf. selbst die
Ungleichmäßigkeit derselben auf, die übrigens ein bei allen
Experimenten an Kaninchen nicht gut zu beseitigender Uebelstand
ist. Während die Mehrzahl der vorbehandelten Tiere starb, blieben
einzelne am Leben, und zwar — am augenfälligsten bei den Ver-
suchen mit Marmorek’ s Serum — nicht immer die mit den größten
Dosen vorbehandelten. Die mit normalem Pferde- und Menschen-
serum vorbehandelten Tiere erlagen sämtlich der Infektion, wenn auch
zum teil erst nach 5—6 Tagen. Verf. meint daher anfänglich, daß
dem Serum Mamorek’s „wenn auch nicht ein Immunitätswert, der
zur therapeutischen Verwendung ausreichte, so doch eine gewisse
spezifische Wirkung zukorarae, welche anderes und normales Serum
nicht besitzt.“ Später korrigiert Verf. die Aeußerung dahin, daß der
„anfänglich noch konstatierbare Wert von etwa 1 : 900 oder 1:500
durch den schließlichen Tod der Versuchstiere, welcher an einer
akuten Streptokokkeninfektion erfolgte, imaginär wurde.“
ln den Versuchen mit den vom Verf. selbst gewonnenen Serum-
sorten blieben mehrfach die mit den größten Dosen (0,1 — 0,5 ccm)
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Schutzimpfung, ^k&nstl. Infektionskrankheiten, Kntwickelungshemmung etc. 423
vorbeliandelten Tiere am Leben, jedoch auch wiederum nicht alle mit
0,5 ccm vorhehandelten Tiere.
Die wichtige, wissenschaftliche Frage, ob sich überhaupt eine
durch Serum übertragbare, spezifische Immunität gegen Streptokokken-
infektion erzielen läßt, kann auch durch diese Arbeit noch nicht als
entschieden gelten, da die Ergebnisse durchaus noch innerhalb der
bei solchen Kaninchenversuchen möglichen Schwankungen liegen. Zu
wünschen wäre bei allen ähnlichen Versuchen eine Erweiterung
und Ergänzung in der Richtung, daß statt der unfruchtbaren Ver-
suche mit minimalen Serumdosen viel häufigere Versuche mit
größeren Dosen gemacht würden, bei denen verlangt werden
kann, daß die vorbehandelten Tiere sämtlich und regelmäßig
am Leben bleiben, wenn die Versuche überzeugend wirken sollen;
ferner die Benutzung einer größeren Anzahl von gar nicht behan-
delten Kontrollieren, namentlich bei allen mit S ubcu tan i n fe k t ion
angestellten Versuchen; schließlich die Hinzuziehung der Wundin-
fektion am Ohr, welche bei Streptokokkenversuchen am Kanin-
chen immer noch die relativ weitaus sicherste und dabei im Krank-
heitsverlauf übersichtlichste Infektionsmethode ist.
Bezüglich der praktischen Frage, ob eine Verwendung von
„Antistreptokokkenserum“ am Menschen bereits empfohlen werden
Kann, liefert auch diese Arbeit wieder den Beweis, daß die bisherigen
Versuche noch nicht entfernt eine Unterlage dafür bieten. Von der
Anwendung der bereits im Handel erschienenen Präparate von „Anti-
streptokokkenserum“ zu therapeutischen Zwecken am Menschen kaun
daher nur abgeraten werden. Petruschky (Berlin).
KoUe, Exper imenteile Untersuchungen zur Frage der
Schutzimpfung des Menschen gegen Cholera asia-
tica. [Aus dem Institut für Infektionskrankheiten in Berlin.)
(Dtscli. med. Wochenschr. 1897. Ko. 1.)
In früheren, z. T. gemeinsam mit Pfeiffer ausgeführten und
in dieser Zeitschrift veröffentlichten oder referierten Arbeiten hat der
Verf. den Nachweis erbracht, daß eine aktive Immunisierung des
Menschen gegen Cholera, sei es durch Ueberstehen der Krankheit,
sei es durch Verimpfuug von abgetöteten aber lebenden Cholera-
kulturen möglich ist, daß es dabei aber nicht zur Bildung von Anti-
toxinen, sondern zur Entstehung spezifischer bakterientötender Schutz-
körper kommt. Die vorliegende Arbeit bringt neue Beobachtungen
über den Grad und die Dauer der in solchen Fällen eintretenden
Immunität, sowie über den Erfolg der verschiedenen Immunisierungs-
verfahren.
Kolle immunisierte 3 Personen nach Haffkine's Verfahren,
indem er ihnen zunächst l / lt 24-stündiger, durch Chloroform abgetöteter
Choleraagarkultur, 5 Tage später die gleiche Menge lebender, sehr
virulenter Vibrionen und weitere 6 Tage darauf ‘/ 8 Kultur desselben
Virus in die Rückenhaut einspritzte; 11 andere Personen erhielten nur
lnial '/io Agarkultur, welche in Bouillon aufgeschwemmt (auf 1 ccm
Bouillon ca. 2 mg Kultur) und eine Stunde lang auf 56° C erhitzt
oder Chloroformdämpfen ausgesetzt war; endlich wurde 3 Personen
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424 HihntsimpluuK, kUn&tl. Infektionskrankheiten, Kntwickelungshemmung etc.
*/ 1 „ Kultur eingespritzt, welche ebenso wie in den zuletzt erwähnten
Fällen behandelt und dann 4 Wochen aufbewahrt war. Bei allen
Versuchspersonen entstanden trotz der geringen verabreichten Kultur-
mengen sehr schmerzhafte Infiltrationen an der Einspritzungsstelle und
Fieber, doch dauerte diese Reaktion nur 2—3 Tage.
Haffkine’s Beobachtung, daß der Schutz der von ihm
immunisierten Personen gegen die Cholerainfektion sich vom 5. Tage
nach der Einspritzung einstellt, gegen den 20. Tag den höchsten
Grad erreicht, dann allmählich abnimmt, aber auch nach Jahresfrist
noch nachweisbar ist, konnte Kolle auf Grund des Experiments be-
stätigen. Um die baktericide Fähigkeit des Serums der Versuchs-
personen zu ermitteln, spritzte er nach Pfeiffer’ s Vorgang Meer-
schweinchen von ca. 200 g Gewicht abgemessene Mengen des Serums,
welche durch Mischung mit Bouillon auf 1 ccm gebracht wurden,
in Mischung mit 1 Oese, d. i. der 10-fach tödlichen Dosis Cholera-
agarkultur in die Bauchhöhle und stellte dann 20 Minuten bis 1 Stunde
später an der mittels Glaskapillaren gewonnenen Peritonealflüssigkeit
fest, ob darin noch bewegliche Vibrionen oder Zerfallsprodukte von
solchen vorhandeu waren. Es ergab sich, daß das Serum von 16 Ver-
suchspersonen vor der Immunisierung einen Grenzschutzwert von 0,1 —
0,75 besaß, d. h. erat in Mengen von 0,1 — 0,75 ccm im Meerschweinchen-
körper eine Vernichtung der Vibrionen vermittelte. Die 17. Versuchs-
person hatte einen Grenzschutzwert von 0,02; Kolle vermutet, daß
hier eine dem betreflenden Herrn unbemerkt gebliebene Infektion
gelegentlich bakteriologischer Arbeiten mit Choleravibrionen voraus-
gegangen war. Nach der Immunisierung hatte das Serum bei allen
Personen bedeutend stärkere baktericide Eigenschaften. Vom 6. —
10. Tage wurden Grenzschutzwerte von 0,002 — 0,01 (das Serum von
6 Personen wurde nicht untersucht), vom 10. — 20. Tage vou 0,00015 —
0,01 (Serum von 2 Personen nicht untersucht), vom 21. — 30. Tage
von 0,001 — 0,0075 (9 Sera nicht untersucht), im 2. Monat von 0,0002 —
0,006 (9 Sera nicht untersucht) gefundeu. Nach 12 Monaten fanden
sich für die Sera von 7 Versuchspersonen Grenzschutzwerte von
0,01 — 0,03, während bei 17 nicht behandelten Kontrolpersonen die
Grenzschutzwerte zwischen 0,1 und 0,75 schwankten.
Ein weiteres wichtiges Ergebnis der Versuche Kolle’s ist die
Wahrnehmung, daß die Art des Immunisierungsverfahrens für den
Erfolg gleichgiltig zu sein scheint. Die niedrigsten Grenzwerte von
0,00015, 0,00025, 0,0003 und 0,00075 wurden bei 4 Personen er-
reicht, welche mit einer einmaligen Einspritzung abgetöteten
Kulturmaterials behandelt waren. Hiernach können die Choleraschutz-
impfungen wesentlich vereinfacht werden ; es bedarf dazu nicht mehr
der immerhin nicht unbedenklichen lebenden Vibrionen ; vielmehr ist
die Immunisierung mit abgetötetem Material ausführbar, das an einer
Centralstelle hergestellt und von dort versendet werden kann.
Kolle tritt für weitgehende Anwendung von Choleraschutz-
impfungen in Indien ein; in Deutschland sei das Verfahren weniger
notwendig, weil hier nach den in der letzten Epidemie gewonnenen
Erfahrungen eine Choleraprophylaxe mit anderweitigen wirksamen,
aber in Indien nicht gleich leicht durchführbaren Maßregeln möglich
Schutzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Entwickelangshemmung etc. 425
ist. Gleichwohl kann auch in Deutschland für bestimmte Personen-
gruppen, wie Flößer u. dgl. die Anwendung von Schutzimpfungen von
Vorteil sein. Kühler (Berlin).
Xaragllano, E., La siero-terapia nella tubercolosi. (La
Bif. med. 1896. No. 18, 19.)
Vortrag, gehalten am 17. Januar 1896 in der medizinischen
Klinik in Genua, in welchem M. die gegen seine Serumtherapie vor-
gebracbten Einwürfe zu entkräften trachtet und in welchem er zu-
gleich mitteilt, daß sein Serum vielen einheimischen und fremden
Aerzten zur Verfügung gestellt wurde, deren damit erzielten Resultate
seine Erwartungen sogar übertreffen sollen. Kamen (Czernowitz).
De Reszi. E.. Süll’ azione del siero Maragliano. (La Rif.
med. 1896. No. 8.)
De R. prüft dieses Serum an 22 Kranken seiner Klinik in Neapel
in den verschiedensten Stadien der Tuberkulose. Die Injektionen
wurden genau nach Maragliano’s Vorschrift gemacht, d. h. in den
ersten 10 Tagen 1 ccm jeden zweiten Tag, in der zweiten Dekade
dieselbe Quantität täglich, in der dritten und weiterhin täglich 2 ccm
Serum. Bei 3 Kranken mit schweren Symptomen wurden zwei- bis
dreimal in Zeiträumen von 3—8 Tagen je 10 ccm Serum auf einmal
injiziert.
Bei 10 Kranken trat eine Besserung, bei 5 Stillstand, bei 7
Verschlimmerung des Prozesses ein.
Die Zahl der Bacillen im Auswurfe wurde vermehrt in 6, ver-
mindert in 13 und blieb sich gleich in 3 Fällen.
Die Injektionen wurden im allgemeinen gut (? Ref.) vertragen;
bei 68 Proz. (1 Ref.) der Behandelten traten jedoch in der Umgebung
der Injektionen Lymphdrüsenschwellungen auf, welche jedoch nicht
sehr schmerzhaft gewesen sein sollen und nie in Eiterung übergingen.
Bei 2 Kranken stellte sich eine vorübergehende Albuminurie ein,
bei einem dritten, dem 10 ccm auf einmal injiziert wurden, trat
Nucleoalbumin im Harne auf.
Trotz alledem empfiehlt de R. diese Methode zur weiteren
Prüfung, welcher Ansicht Ref. aus dem Grunde nicht beipflichten
kann, als aus dem Berichte des Autors ersichtlich ist. daß eine
Besserung (welche übrigens auch ohne eine spezifische Behandlung
unter dem Einflüsse der bei solchen Fällen immer eingeleiteten
roborierenden Behandlung nicht selten eintritt) nur bei den leichteren
Fällen wahrgenommen werden konnte, die Bacillen in keinem Falle
zum Verschwinden gebracht wurden und Ref. schließlich das Auf-
treten von Lymphdrüsenschwellungen in so zahlreichen Fällen und
Albuminurie in 9 Proz. derselben nicht sehr empfehlend findet für
die Anwendung dieser Methode bei kachektisch herabgekommenen
Individuen. Kamen (Czernowitz).
WIeber, Desinfektion durch Formaldehyddämpfe. (Ztschr.
f. Medizinalbeamte. 1897. No. 2.)
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426
Nene Litteratur.
W. berichtet über 3 Versuche der Zimmerdesinfektion, in denen
die Barthel’ sehe Formaldehydlampe zur Verwendung kam.
Als erstes Versuchsobjekt dienten an Seidenfäden angetrocknete
Miizbrandsporen, als zweites tuberkulöses Sputum, welches auf steriler
Glasschale dOnn ausgestrichen war, als drittes Diphtherieraembranen,
die indes nur wenige Diphtheriebacillen, jedoch zahlreiche Strepto-
kokken enthielten, und ebenfalls auf sterilen Glasplatten ausgebreitet
wurden.
Nach den von W. erzielten Resultaten scheint die Zimmerdes-
infektion mit Formaldehyddämpfen, wenigstens mit der Bart hei-
schen Lampe, in Frage gestellt zu sein. W. hebt auch noch da?
wohlgerechtfertigte Bedenken hervor, daß es in der allgemeinen Des-
infektionspraxis gar nicht möglich sei, ein Zimmer in der Weise ab-
zuschließen, daß die Dämpfe vollständig in demselben verbleiben.
Hugo Laser (Königsberg i. Pr.).
Corrigendum.
Auf p. 199 Zeile 19 von unten (dies. Centralbl. No. 5) ist „Barbagallo*
R a p i s a r d i “ statt „Barbagallo-Rasipiardi“ zu lesen.
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432
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Kabitz, Ein leicht herstellbarer Thermostat
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Ri/sling, Ein einfacher ThermosUt für
Fionenuntersuchungen und Mitteilung
eines Versuches Ober die Lebensdauer
der 8cbweinefinnen in frischem und ge-
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cyten und deren Extraktion, p. 420.
Wieber, Desinfektion durch Formaldehyd-
dämpfe, p. 426.
Corrigendum p. 426.
Neue Litteratur, p. 426.
t iciunuumkche buchdrucktsrei (Uenaauu 1‘ohleJ ta Jena.
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Bakteriologie, Parasitenknnde n. MektionskraiiMen.
Erste Abteilung:
Medizinisch-hygienische Bakteriologie und
tierische Parasitenkunde.
In Verbindung mit
Gel Rat Prof, Dr. Lenclart, Geh. Med.-Rat Prof. dp. Loeffier
ln Leipzig un d lu Grelfcwald
Professor Dr. R. Pfeiffer
in Berlin
herausgegeben von
Dr. O. Uhlworm in Cassel.
Verlag von Gustav Fischer in Jena
XXI. Band. Jena, den 6. April 1897 . -o- No. 11/12.
Preis für den Band (26 Hämmern) 16 Mark. — Jährlich erscheinen iwei Bände.
Hierzu alz rtgelmSfsige Beilage die InhaUtübereichtcn der II. Abteilung det Centralblattei .
Die Redaktion des „Centralblatts für Bakteriologie und Parasiten-
kunde“ richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte, etwaige
Wünsche um Lieferung von besonderen Abdrücken ihrer Aufsätxe ent-
weder bei der Einsendung der Abhandlungen an die Redaktion auf das
Manuskript schreiben xu wollen oder spätestens nach Empfang der ersten
Korrekturabxüge direkt an den Verleger, Herrn Gustav Fischer in Jena,
gelangen xu lassen.
Original- Mittheilungen.
Nachdruck verboten.
Bakteriologischer Befand bei einem Leberabscess.
[Aus dem hygienischen Institut der Universität Freiburg i. B.]
Von
Otto Korn,
Assistenten am Institut
Sowohl bei den sog. idiopathischen Lebcrabscessen, als auch bei
denen, die dysenterischen Ursprunges sind, wurden bisher bei der
bakteriologischen Untersuchung des Absceßeiters Resultate der ver-
schiedensten Art erhalten.
Während Kartulis 1 ) bei den ersteren durch Kultur in 6 von
1) Kartulis, Zar Aetiologie der Lebsrabscessc. (Centrbl. f. Bakt. Bd. II. p. 745.
tttt» Abu XXI. 114, -8
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434
Otto Körnt
9 Fällen Mikrokokken (Staphylo coccus pyogenes aureus),
in allen übrigen niemals Mikroorganismen vorfand, konstatierten
Kruse und Pasquale 1 ) unter 9 untersuchten idiopathischen Leber-
abscessen in 6 Fällen teils Staphylococcus pyogenes aureus
und „typhusähnliche Bacillen“, teils Bacillus pyocyaneus und
Streptokokken (letztere jedoch nur einmal).
In einer zweiten Untersuchungsreihe fand Kartulis*) unter
10 Fällen ebenfalls durch Kultur einmal den Staphylococcus
pyogenes albus, viermal den Staphylococcus pyogenes
aureus und fünfmal keine Bakterien.
Wenn schon bei den idiopathischen Leberabscessen die Befunde
derart variierten, so ging das Untersuchungsergebnis bei den dysen-
terischen Leberabscessen noch weiter auseinander.
Veillon und Jayle 6 ) fanden in dem dysenterischen Absceß
eäter, der zwar anfangs steril gewesen sein soll, nach 4 Wochen ein
mit dem Bacterium coli sowohl in biologischer als morphologischer
Hinsicht identisches Stäbchen.
Auch Councilman und Lafleur 4 ) fanden in einem gleichen
Fall den „Colon bacillus“, ebenso A. Fränkel 5 ) nach Choleli-
thiasis. Kruse und Pasquale 6 ) züchteten außer Staphylo-
coccus pyogenes aureus, Staphylococcus pyogenes al-
bus, Bacillus pyocyaneus und Streptokokken (letztere jedoch
nur in 3 Fällen) auch „typhusähnliche Bacillen“, während bei 6
dysenterischen Fällen nur einmal Keimfreiheit des Eiters zu kon-
statieren war.
Ebenso gelang es Pan ein i 7 ) in 3 Fällen von dysenterischem
Leberabsceß, typhusähnliche Bakterien zu isolieren.
Zu dem gleichen Resultate kommt Bernd t 8 ) bei einem nach
Typhus entstandenen Leberabsceß.
Alleinstehend ist der Befund eines Kapselbaciilus von E. Wick-
lein®) bei chronischem Leberabsceß.
Von Kartulis ,# ) wurden nur 4 von 11 Fällen dysenterischen
Leberabscesses mittels Kulturverfahren untersucht und dabei einmal
der Bacillus pyogenes foetidus, einmal Staphylococcus
1) Kr uso u. Pasquale, Untersuch, über Dysenterie u. Leberabsceß. (Zeitschr.
für Hyg. o. Inf. Bd. XVI. p. 1 )
2) Kartulis, lieber tropische Leberabsc. u. ihr Verhältnis tur Dysenterie
(Vircbow’s Arch. Bd. CXVI1I p. 97.)
3) Veillon et Jayle, Prcsence du Bact. coli commune daus un abscis dys-
entfrique du foie. (La semaioe med. 1891. Mo. 2.)
4) Councilman and Lafleur, Amoebic Dysentery. (The Johns Hopkins
Hospital Reports. Baltimore 1891. Vol. II. No. 7—9 eit. n. Kruse u Pasquale t
5) A. Fränkel, Ein Fall von Leberabsceß im Gefolge von CbolelitMasis.
(Deutsch, med. Woehenschr. 1891. p. 1811.)
6) Kruse u. Pasquale, Unters, über Dysenterie u. Leberabsceß. (Zeitschr
f Hyg. Bd. XVI. p, I.)
7) Partei ni, Alcuni caso di ascessi del fegato etc (La Rif. med. 1893. p. 95—39)
8) Bern dt, Protoxoen in einem Leberabsceß. (Deutsch. Zeitsehr. f Cbir
Bd. XL. 1 u. 2.)
9) E. Wicklcin, Chronischer Leberabsceß, verursacht durch einen Kapselbacillos
(Centralbt. f. Bakt. Bd. XVIII. p. 425.)
10) Kartulis, Zur Aetiologie der Leberabscesse etc. (Ceutrbi. f. Iiakt. Bd. II
p. 745 )
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Bakteriologischer Befund bei einem Leberabsceß.
435
pyogenes albus gefunden, während zweimal die Nährmedien steril
blieben. Streptokokken wurden von Kartulis nie nauhgcwiesen,
während Zancarol 1 ) meistens Streptokokken vorfand und mit
diesem Streptokokken haltenden Eiter Infektionsversuche mit Erfolg
ausführte.
Babes und Zigura 1 ) fanden dem Rotzbacillus ähnliche
Stäbchen und konnten mit diesen Mikroorganismen wiederum Abscesse
erzeugen ; allerdings waren die von den genannten Autoren unter-
suchten Leberabscesse in der Mehrzahl nicht dysenterischen Ursprungs,
sondern mit einer ulcerösen Enteritis des Colon ascendens ver-
gesellschaftet.
La v er an 3 ) teilte in der Sitzung der Soci6t6 mddicale des
höpitaux de Paris vom 1. Dez. 1893 zwei Fälle von aus tropischen
Gegenden stammenden, chronisch verlaufenen Leberabscessen mit, in
denen der Eiter sich als steril erwies; über einen gleichen Fall be-
richtet Petit*) in der Sitzung vom 12. Jan. 1894. In der Sitzung
derselben Gesellschaft vom 11. Jan. 1895 referierte Achard 6 ) über
einen dysenterischen Absceß der Leber, in dem gleichfalls jegliche
Mikroorganismen fehlten.
Von einem areolären Leberabsceß mit Streptokokken und Staphylo-
kokken berichtet Oettiuger ß ) in obigem Verein am 21. Dez. 1894.
Noch zu erwähnen wäre der Befund, den P. Kaufmann 7 ) machte :
er züchtete aus dem Eiter des Abscesses den Bacillus endo-
tnetitridis, der wie Bact. coli wachsen soll.
Nasse 8 ) wiederum erhielt aus einem wahrscheinlich dysen-
terischen Leberabsceß neben Staphylokokken die verschiedenartigsten
Mikroorganismen.
Auf die Frage der Mitwirkung von Amöben und Protozoen bei
Bildung der Leberabscesse, denen einzelne Autoren (Kartulis 9 ),
Darbney 10 ), F. Grimm 11 )) das Hauptgewicht beilegten, während
andere (Zancarol 1 *), Babes u. Zigura 13 ), Berndt 14 ), D.
Nasse 8 )) ihnen keine oder nur eine untergeordnete Rolle in der
Aetiologie der Leberabscesse zuschreiben, will ich nicht näher ein-
1) Zancarol, Pathogenie des abcös du foie. (Rev. de chir. T. XIII. 1893. 8.)
2) Babes u. Zigura, Etüde sur I'entäro-höpatite suppuräe endcmique. (Arch.
de med. experimentale et d’anat. pathol. Tome VI. 1894. p. 862.)
3) Centralbl. für allgem. Pathol. u. path. Anat. Bd. V. p. 1011.
4) Centralbl. für allgetn. Pathol. u. path. Anat. Bd. VI. p. 833.
5) Centralbl. für allgem. Pathol. u. path. Anat Bd. VII. p. 567.
6) Centralbl. für allgem. Pathol. u path. Anat. Bd. VII. p. 168.
7) Citiert nach Plügge, Die Mikroorganismen. III. Aufl. p 432.
8) D. Nasse, l/eber einen Amöbenbefund bei Leberabscessen, Dysenterie u.
allgem. Nosocomialgangräu. (Langenb. Archiv. Bd. XLI1I.)
9) Kartulis, lieber tropische Leberabscesse nnd ihr Verhältnis zur Dysenterie.
(Virch. Arch. Bd. CXVIIC. p. 97.)
10) Darbney, A contribution to the study of hepatic abscess. (The Amer. Jour-
nal of the roedic. Sciences. 1893. Rof. Deutsch, med. Wochenschr. Bd. L. 1894. p. 69.)
11) F. Grimm, Ueber einen Leberabsceß u. einen Lungenabsceß mit Protozoen,
langenb. Arch. Bd. XLVIII. 1894)
12) Zancarol, Pathogenie des absefcs du foie. (Rev.de chir. T. XIII. 1893. 8.)
13) Babes u. Zigura, siehe Anm. No. 2.
14) Berndt, Protozoen in einem Leberabsceß. (Deutsche Zeitscbr. f Chir. Bd. XL.
1 u. 2.)
28 *
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436
Otto Korn,
gehen und nur vorausschicken, daß solche in unserem Falle nicht
gefunden wurden.
Die anamnestischen und klinischen Daten des zu beschreibenden
Falles, welche ich der Liebenswürdigkeit des Herrn Geheimrat
Bäum ler verdanke, mögen in Kürze mitgeteilt werden:
Hermann K., 42 Jahre alt, Kaufmann, mit 6 Jahren Typhus, sonst
stets gesund; im Jahre 1878 ging Pat. nach Padang (Sumatra), dort
litt er in der ersten Zeit öfters an Fieber, das aber nach Gebrauch von
Chininpillcn bald schwand. Im Februar 1895 wurde er plötzlich von
heftigem Fieber befallen und ging deshalb auf Rat des Arztes nach
Fort de Kock in ein kälteres, gleichmäßigeres Klima. Dort besserte
sich sein Zustand, nach 14 Tagen war das Fieber gehoben und er
kehrte nach Padang zurück.
Nach einem halben Monat stellte sich das Fieber wieder ein;
dazu gesellten sich Schmerzen in der Leber; er ging deshalb für
2 Monate nach Fort de Kock. Dort besserte sich im ersten Monat
sein Zustand nicht, „weil der Arzt ihn auf einen Leberabsceß be-
handelte“. Er wandte sich an einen anderen Arzt, der ihm China-
tinktur gab. Nach 4 Wochen wieder fieberfrei, kehrte er nach Hause
zurück. Hier zog er sich eine Lungenentzündung zu, nach deren
Verlauf das Fieber anhielt. Er ging wieder nach Fort de Kock, wo
sich aber dieses Mal sein Zustand nicht besserte, sondern sehr ver-
schlechterte. Das Fieber wurde stärker, der Kräfteverfall immer
größer, so daß er beschloß, dem Rat des Arztes zu folgen und sich
nach Europa zu begeben. Die Reise ging, abgesehen von einigen
Fieberanfällen, gut von statten. Auf der Strecke zwischen Basel und
Freiburg wollte er sich niederlegen, als er von einem starken Husten-
anfall ergriffen wurde und dabei eine große Menge mit Eiter ver-
mischten Blutes entleerte. Er unterbrach daher die Reise und suchte
das Spital auf. Am 25. Nov. 1896 Aufnahme in das klinische Ho-
spital zu Freiburg.
Notizen über den Status und Verlauf:
Pat. ziemlich abgemagert Gesichtsfarbe blaß. Zunge trocken
und rissig.
Thorax: Lungengrenze rechts auf der sechsten Rippe; links ist
das Herz von der Lunge überlagert; absolute Herzdämpfung fehlt.
Hinten links reicht die Lunge bis zur zwölften Rippe, rechts beginnt
an der achten Rippe ein Gebiet tympanitischen Schalles; derselbe
reicht bis in die Axillarlinie. Ucber demselben ist das Atmen ab-
geschwächt vesiculär. Im übrigen ist das Aterageräusch vesiculär
mit teilweise verschärftem Exspirium und vereinzelten Rasselge-
räuschen.
Die Leber überragt den Rippenbogen in der Axillarlinie um 2
Fingerbreite, in der Medianlinie reicht sie bis zum Nabel, nach links
bis zur Mamillarlinie. Auf Druck ist sie etwas empfindlich.
Beim Husten entleert Patient im Laufe des Tages ungefähr
400 ccm einer blutig-eitrigen Masse, die geruchlos ist und sich mikro-
skopisch aus lilut und zerfallenden Eiterkörperchen bestehend erweist.
Eine Milzdämpfung ist nicht nachweisbar. Im Laufe der fol-
genden Tage wird die anfangs noch mit Blut vermischte, expektorierte
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Bakteriologischer Befund bei einem Leberabsceß.
437
Masse allmählich rein eiterig ; in derselben sind keine Amöben, keine
Tuberkelbacillen, nur vereinzelte Kokken, einige Charcot’sche und
Häminkrystalle nachweisbar.
Das Allgemeinbefinden bessert sich; Patient expektoriert nur
noch wenig schleimig-eiteriges Sputum und verläßt am 19. Dez. 1896
die Klinik.
Am 24. Dez. 1896 tritt er wieder ein mit der Angabe, daß er
vom 21. Dez. an wieder Fieber bekommen und am 23. Dez. bei einem
plötzlichen Hustenanfall eine reichliche, blutig-eiterige Masse ex-
pektoriert habe.
Die Untersuchung ergiebt den Rand des rechten Leberlappens
5 Finger breit unter dem Rippenbogen.
Der tympanitische Schall hinten rechts geht in der Axillarlinie
in Dämpfung über. Am 27. ist eine Milzdämpfung nachweisbar. Von
Ende Dezember an tritt höheres Fieber auf. Patient hustet viel uud
hat starken blutig-eiterigen Auswurf.
Das Allgemeinbefinden verschlechtert sich.
Am 20. Jan. 1897 wird Meteorismus, Ascites uud Oedem kon-
statiert. Herztöne sehr schwach. Am 24. Jan. Hämoptoe. Exitus
am 26. Jan.
Die Sektion ergiebt ausgedehnte Verwachsungen der Abdominal-
und Thoraxorgane ; besonders ist die Leber mit der unteren Zwerch-
fellfläche verwachsen. In beiden Lungen fiuden sich zahlreiche, ältere
verkäste und frische miliare Tuberkel.
Im rechten Leberlappen ist ein kindskopfgroßer, abgekapselter
Absceß. Eine Perforationsöffnung in die Pleurahöhle oder Lunge läßt
sich nicht nachweisen.
Im Darm finden sich unterhalb der Ileocöcalklappc mehrere
Geschwüre mit scharfem, wallartigem Rand, von denen einige ziem-
lich tief sind, während andere graues Granulationsgewebe zeigen.
Weiter unten befinden sich einige alte Narben. Der Proc. vermi-
formis ist normal.
Die weiteren Sektionsbefunde ergaben nichts Wesentliches zur
Beurteilung des Falles.
Leider waren mir die Darmgeschwüre nicht mehr zugänglich,
als die Untersuchung des Absceßeiters vorgenommen wurde, so daß
der eventuelle Nachweis des Zusammenhanges dieser Geschwüre mit
dem Leberabsceß in bakteriologischer Hinsicht nicht geführt werden
konnte.
Die Untersuchung des Absceßeiters ergab im Ausstrichpräparat
die Gegenwart von einzelnen Stäbchen und Streptokokken, wobei mir
die verschiedene Form, die die Streptokokken zeigten, auffiel. Bei
der Färbung nach Gram waren nur die Streptokokken in ihrer ver-
schiedenen Form sichtbar.
Auf den angelegten Agarplatten waren nach 12 Stunden gelbe
Kolonieen zu sehen, und nach weiteren 12 Stunden kamen etwa 16
Streptokokkenkolonieen zum Vorschein. Auch hier bestätigte sich
die schon im Ausstrichpräparat gemachte Beobachtung, daß zweierlei
Formen von Streptokokken in dem Eiter vorhanden waren; einmal
bestanden die Kolonieen aus langen Ketten von kleinen Kokken, so-
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438
Otto K orn,
dann waren noch Kolonieen aufgegangen, die in bedeutend kürzeren
Verbänden angeordnet und größer als die ersteren waren , ein Be-
fund, den auch Kruse und Pasq uale *) im Jahre 1893 in Aegypten
machten.
Was nun die zahlreichen gelben Kolonieen anbetrifft, so be-
standen dieselben aus Typhusbacillen ähnlichen Stäbchen, die bisher
aus dem Eiter von Leberabscessen noch nicht isoliert wurden und
die mit keinem der in der Litteratur beschriebenen, gelben Farbstoff
produzierenden Bacillen vollständig übereinstimmen.
Es dürfte deshalb angezeigt sein, eine kurze Beschreibung ihrer
morphologischen und biologischen Eigenschaften zu geben.
Mikroskopisch bietet sich der Bacillus je nach dem Nährboden
und dem Alter entweder als kurzes dickes Stäbchen, etwa doppelt
so lang als breit dar, in 3 Tage alten Agarstrichkulturen hat er
durchschnittlich eine Länge von 2 — 5« und eine Breite von 0,4 — 0,6;/;
die Enden sind abgerundet. Sehr oft sind die Stäbchen zu mehreren
dicht nebeneinander gelagert.
Er läßt sich mit den gebräuchlichen Anilinfarben schon in der
Kälte färben, jedoch nicht nach Gram.
Im hängenden Tropfen konnte eine geringe Beweglichkeit und
manchmal ein Auswachsen zu längeren Fäden konstatiert werden.
Die Geißelfärbung uach der Loeffler’schen Methode fällt nega-
tiv aus.
Der Bacillus wächst schnell, am besten aerob; das Temperatur-
optimum liegt bei 28— 30° C; aber auch bei gewöhnlicher Zimmer-
temperatur findet ein üppiges Wachstum statt; bei 40° C wird das
Wachstum fast vollständig sistiert, auch findet bei dieser Temperatur
keine Pigmentbildung statt.
Auf der Gelatineplatte ist das Wachstum wenig charakteristisch;
nach 24 Stunden bilden sich rnnde, gelbliche Kolonieen, die granu-
liert sind und in der Tiefe wie an der Oberfläche das gleiche Aus-
sehen haben. Die Gelatine wird sehr schnell verflüssigt, so daß dicht
besäte Platten schon nach 24 Stunden, weniger dicht besäte nach
2—3 Tagen ablaufen. Bei fortschreitendem Wachstum behält die
Kolonie das warzige, granulierte Aussehen bei, indem die Zone um
dieselbe herum immer mehr verflüssigt wird ; dann tritt stärkere
Pigmentbildung ein, während der Rand der Kolonie allmählich Zer-
klüftung zeigt.
In Stichkultur wird die Gelatine ebenfalls schnell verflüssigt,
indem sich zuerst eine trichterförmige, trübe Verflüssigung bildet,
auf der eine ockergelbe Haut von Bakterien schwimmt; oft schon
nach wenigen Tagen ist die ganze Gelatine verflüssigt und stellt dann
eine trübe, gelbe Flüssigkeit dar, auf deren Grund ein hellgelbes
Bakterienkonglomerat sich befindet.
In Strichkultur findet auf Agar schon bei Zimmertemperatur,
mehr noch bei 30°, ein intensives Wachstum statt; schon nach 12
Stunden bildet sich ein erhabener, glänzender, eidottergelb gefärbter
1) Krujt«. Fasq&ile, Untersuch, über Dysenterie und Leberebsccfl. (Zeitschrl
f. Hyg Bd. XVI. p. 1.)
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Bakteriologischer Befund bei einem LeberabsceB.
430
Belag, der am Rande in Hellgelb übergeht und nicht schmierig ist
das Kondenswasser ist anfangs klar und erst nach wenigen Tagen
findet darin ein intensives Wachstum statt.
Auf Kartoffeln wächst der Bacillus in Form eines dicken , er-
habenen und wenig ausgebuchteten Belages, der glänzend und von
leuchtend gelber Farbe ist. Nach mehreren Wochen nimmt die gelbe
Farbe einen braungelben Ton an.
Sporenbildung konnte nicht beobachtet werden; ebenso findet
keine Gasproduktion statt.
Ganz charakteristisch ist das Verhalten des Bacillus zur Milch.
Schon nach 2 Tagen scheidet sich die Milch bei ruhigem Stehen
im Brütschrank (30°) in zwei Schichten, eine molkenartige obere
QDd eine normale untere, ohne daß eine Koagulation der Milch
erfolgt. Nach 3 Tagen ist der ganze Kolbeninhalt in eine molken-
artige trübe, gleichmäßige Flüssigkeit verwandelt, die nicht faden-
ziehend und von der Konsistenz eines dünnen Sirups ist; auf der-
selben schwimmt das in der Milch vorhandene Fett in scheinbar
unveränderter Form. Die Farbe nimmt mit der Zeit immer mehr
einen gelben Ton an und die anfangs schwach alkalische Reaktion
wird immer mehr alkalisch; nach mehreren Wochen bildet dann die
Milch eine gelbe, schwach fadenziehende, ölige Flüssigkeit.
Sämtliche Kulturen entwickeln nach einigen Tagen einen ganz
spezifischen, an Fußschweiß erinnernden Geruch.
Das Pigment ist, wie die meisten gelben und roten, von Mikro-
organismen produzierten Farbstoffe, in Wasser unlöslich, leicht löslich
in Alkohol, weniger leicht in Schwefelkohlenstoff und Chloroform.
Durch Natronlauge nimmt das gelbe Pigment eine rote, durch
Schwefelsäure eine blaugrüne Farbe an.
Endlich wäre noch über die pathogene Wirkung dieses Bacillus
zu berichten.
Zunächst wurden 3 Mäuse mit je */« ccm, l /» und l U» ccm
einer dreitägigen Bouillonkultur subkutan injiziert; in den ersten
2 Tagen blieben sämtliche Mäuse anscheinend vollständig gesund,
wurden dann am dritten Tage krank und verendeten am gleichen
Tage unter heftigen tonischen Krämpfen.
Die inneren Organe zeigten keine wesentlichen Veränderungen,
wohl aber hatte sich an der Injektionsstelle ein baselnußgroßer Absceß
gebildet, dessen Eiter neben wenigen der injizierten Bacillen in allen
3 Fällen sehr große Mengen von Streptokokken enthielt.
Schon nach der dritten Uebertragung büßten die beschriebenen
Bacillen einen Teil ihrer pathogenen Wirkung ein, so daß mit ihnen
(subkutan Mäusen injiziert) nur noch Abscesse hervorgerufen
werden konnten, die alle den gleichen, oben erwähnten Befund von
Streptokokken neben den injizierten Bacillen ergaben; eine andere
Art von Streptokokken, wie in dem Eiter des Leberabscesses, konnte
nicht konstatiert werden ; die Abscesse gingen in dieser zweiten Serie
von Fällen nach kürzerer oder längerer Zeit in Heilung über.
Sehr bald aber verloren die Bacillen auch ihre Eigenschaft,
Abscesse hervorzurufen, und wurden von Mäusen subkutan, von Meer-
schweinchen intraperitoneal und subkutan in ziemlich großen Quan-
titäten reaktionslos ertragen.
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440
Lndwig Kamen,
Das Gleiche gilt von einem Gemisch der Bacillen mit den aus
dem Leberabsceß isolierten Streptokokken.
Wurden die Streptokokken allein injiziert, so äußerten sie über-
haupt keine pathogene Wirkung; auch verloren sie beim Züchten in |
Bouillon mit Zusatz von ameisensaurem Natron die anfangs be-
obachteten verschiedenen Formen, und gingen in mittelmäßig lange,
kleinkuglige Ketten über, übereinstimmend mit den von Kruse und
Pansini 1 ) erhaltenen Resultaten über die morphologische Ver-
änderlichkeit der Streptokokken.
Der auffallende Befund, daß sich nach der Iujektion der be-
schriebenen Bacillen in Reinkultur und unter Anwendung aller Vor-
sichtsmaßregeln stets große Mengen von Streptokokken in dem
Absceßeiter vorfanden, und daß die Streptokokken allein nicht
pathogen wirkten, legt den Gedanken nahe, ob nicht durch die
Bacillen zunächst ein locus minoris resistentiae geschaffen wurde, und
ob nicht erst dann in Symbiose die Streptokokken zu ihrer vollen
Wirkung kommen konnten; der gleiche Vorgang wäre auch bei der
Bildung des Leberabscesses , von dem die Untersuchung ausging;
wohl möglich, indem die Bacillen die durch die Geschwüre veränderte
Darmwand passierten, sich in der Leber fixierten und nun eine für
die Streptokokken günstige Angriffsstelle darboten, um so mehr als
Streptokokken der verschiedensten Form nach Kruse und Pas-
quale*) sowohl, als auch nach unseren Erfahrungen, wenn nicht
ständig, so doch häufig, wenn auch vielleicht nur vorübergehend, im
Darm vorzukommen pflegen.
Freiburg i. B., den 15. März 1897.
Nachdruck verboten .
Ein weiterer Fall von typhöser Meningitis,
Von
Regimentsarzt Dr. Ludwig Kamen
in
Czernowitz.
Mit einer Tabelle.
In meiner im Januar 1890 in der „Internationalen klinischen
Rundschau“ erschienenen und im Ceutralblatt für Bakteriol. und Paras.
Bd. VII. referierten Arbeit „Zur Aetiologie der Typhuskomplikationen“
habe ich einen Fall von tödlich verlaufenem Typhus, welcher mit
Meningitis kompliziert war und in welchem es mir geiaug, den Nachweis
1) Kruse u. Pansini, Untersuchungen über den Diplococeus pneumoniae und
verwandte Streptokokken. (Zeitschr. f. Hyg. u. Inf. Bd. XI. 1891.)
2) Kruse u. Pasquale, Untersuchungen über Dysenterie und LeberabsceB.
(Zeitschr. f. Ryg. u. Inf. Bd. XVI. 1894.) — Alessaudro Pasquaie, Vergleichende
Untersuchungen über Streptokokken. tXiegler's Beitrüge zur path. Anat. u s. allgem.
Patbol. Bd. XII. Heft 3 )
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Ein weiterer Fall von typhöser Meningitis.
441
zu liefern, daß als Erreger der Meningitis in diesem Falle einzig und
allein der Typhusbacillus anznsehen wäre, beschrieben. Ich schloß
meine Arbeit mit folgenden Worten:
„4. Alle diese Erwägungen zwingen uns daher in diesem Falle,
den Typbusbacillus als den Erreger der Meningitis anzuer-
kennen, die man nun mit Recht als typhös bezeichnen
kann und die ich unter die fibrinös-eitrigen Entzündungen
einreihen möchte. 1 *
Im Jahre 1891 beschrieb in No. 210 der Riforma medica „Prof.
Sil va l ) einen Fall von Typhus, während dessen Verlaufes Erscheinungen
von Gehirnreizung (Konvulsionen ’) auftraten und in welchem es gelang,
aus den peripheren Partieen der Großhirnrinde (Centralwiudungen)
Typhusbacillen in Reinkultur zu züchten. Der Fall von Vincent,
über den sich auch Stühlen (w. u.) sehr reserviert ausspricht, ist
mir ebenfalls nicht näher bekannt.
Hingegeu sind noch folgende genau untersuchte Fälle von typhöser
Meningitis beschrieben worden uud mögen hier deren Kranken-
geschichten kurz rekapituliert sein: Der Fall von Dr. Ivau Honl*).
Am 7. Juni 1892 wurde im pathologisch-anatomischen Institute
des Prof. Hlava in Prag die Leiche eines 21-jährigen Weibes ob-
duziert, welche von der Irrenanstalt mit der Diagnose: „Sub insultu
epileptico“ dahin übergeben wurde. Es fand sich sich ein großer Milz-
tumor, am Ende des Ileunis sechs bereits gereinigte typhöse Geschwüre,
vor. Das Gehirn zeigte sich nach Entfernung der harten Hirnhaut von
einem reichlichen eitrigen Exsudate bedeckt, in welchem sich keine
Kokken, sondern ausschließlich Stäbchen vorfanden, den Typhusbacillen
morphologisch durchaus ähnlich. Auf den verschiedensten zu den
Kulturversucben aus der Milz und dem meningealen Exsudate ver-
wendeten Nährböden als: Gelatine, Kartoffelgelatine wie Agar wuchs
ein völlig identischer Mikroorganismus, welcher, nach den bekannten
Methoden geprüft, sich als echter Typhusbacillus erwies.
Derselbe Verfasser erwähnt einen weiteren analogen, von Enrico
Monsi und Tito Carbone beschriebenen Fall 8 ), in welchem
die ei trig- fibr i n öse Meningitis unzweifelhaft durch den
Typhusbacillus erzeugt war.
Im Jahre 1893 teilt uns Hintze 4 ) einen mit einer starken
hämorrhagisch - eitrigen Pachy- und Leptomeningitis komplizierten
Typhusfall mit, in welchem sich durch die bakteriologische Unter-
suchung des Exsudats nur der Typhusbacillus nachweisen ließ.
Hintze schließt seine Arbeit, in welcher weder mein Fall noch die
übrigen zwei Fälle erwähnt werden, mit folgenden Worten:
„Es mag deswegen hier dieser Fall, welcher meines Wissens den
ersten Befund von Typhusbacillen in eitriger Meningitis darstellt,
1} Complicasione letale rara del tifo abdominale.
2) O pyogenich olastnostech bacilla tyfoveho. [Heber die pyogenen Eigenschaften
de» Typhusbacillus.] (Verhandlungen der böhm. Akademie für Kunst und Wissenscb.
io Prag. Jahrg. 11. Nr. 21.) [Böhmisch.]
3) La Riforma med. 1893.
4) Ueber die Lebensdauer und die eitererregende Wirkung des Typhusbacillus im
menschlichen Körper. (Central bl. f. Baku und Paras. Band XIV. 1893. Nr. 14.)
442
Ludwig Kameo,
besonders hervorgehoben werden. Ich glaube somit nach ge-
wiesen zu haben, daß der Typhusbacillus
3) eitrige Meningitis erzeugen kann.“
ich glaube kaum besonders hervorheben zu müssen, daß uicht
Hint ze, sondern mir das Verdienst gebührt, den ersten bakteriologisch
genau untersuchten Fall von typhöser Meningitis mitgeteilt und somit
den Begriff der typhösen Meningitis als solchen auf feste Füße ge-
stellt zu haben.
Den fünften Fall finden wir in der Mitteilung von Quincke
und Stühlen 1 ) beschrieben. Er betraf einen Arbeiter, welcher am
31. Juli 1893 ins Krankenhaus mit Typbus atifgenommen wurde und
daselbst uach Hinzutritt von meniugitischen Erscheinungen am 5. August
starb.
Die Sektion ergab: „Eitrige Cerebrospinal- und Pachymeuingitis.
Die ganze Hirnoberflache besonders hinten mit einer ziemlich dicken
Lage gelben Eiters bedeckt.“ Im Darme charakteristischer Befund.
Eine mikroskopische Untersuchung der Pia mater wurde nicht aus-
gefübrt, auf den mit dem eitrigen Exsudate beschickten Gelatine-
platten wuchs jedoch nur eine Art von Mikroorganismen, welche sich
durch weitere Untersuchungen mit echten Typhusbacillen identifizieren
ließen.
Auch Stühlen, welcher nur den Fall Hintze kennt, meint,
es läge gar kein Grund vor zu bezweifeln, daß in seinem Falle der
Typhusbacillus der Erreger der Meningitis gewesen sei und man dürfe
nunmehr nicht nur im klinischen Sinne, wie früher, sondern auch im
anatomischen Sinne von einem Cerebraltyphus sprechen. Er schließt
mit den Worten: „Jedenfalls wird mau diese Erkrankung wörtlich
als Meningitis typhosa, zu bezeichnen berechtigt sein“
und spricht somit eine Ansicht aus, die ich schon vier Jahre vor
ihm und nahezu mit denselben Worten (siehe die eingangs citierte
Stelle) als eine unumstößliche Thatsacbe festgestellt habe.
Schließlich erwähnt Honl*) noch zwei von Tictine*) und Balp
beschriebene einschlägige Fälle von eitrigen Meningitiden bei Typhu»
mit analogem bakteriologischen Ergebnis und schildert Kühnau 4 ),
dessen Arbeit mir als die neueste denselben Gegenstand behandelnde
Publikation bekannt ist, eine typhöse Meningitis, deren Verlauf und
der dabei gemachte pathologisch-anatomische und bakteriologische
Befund mit jenem meines ersten und zweiten, weiterhin zu schildernden
Falles außerordentlich übereinstimmt.
Wenn nun auch durch meine und die im Vorhergehenden
geschilderten Untersuchungen anderer Autoren der Begriff der
typhösen Meningitis als solcherhin reichend begründet erscheint, sind
1) Zur Pathologie des Abdominaltyphus. 2 lieber typhöse Meningitis. Von L.
A. Stühlen. (Herl. klin. Wochenschrift. 1894. Nr. 15.)
2) Ergebnisse der allg. Pathol. und pathol. Anat. des Menschen and der Tiere.
111. Abt. Meningitis. (Separatabdruck.)
3) Coutributiou k 1’ etude des mlningitide* et des abscfes produit» per le bacille
de la tifevre typhoide. (Arch. de med. experim. et d’Anat. pathol. VII. 1894 )
4) Zur Kenntnis der Meningitis typhosa. (Beil. klin. Wochenschrift. 1896 Nr. 25.)
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Ein weiterer Kall von typhöser Meningitis.
443
weitere Untersuchungen zur Erhärtung dieses Begriffes sehr wünschens-
wert und es gereicht mir deshalb zum besonderen Vergnügen über
einen, meinem ersten ganz analogen zweiten Fall, dessen Kranken-
geschichte ich im Folgenden kurz wiedergeben will, zu verfügen.
Infanterist Itzig Reifler vom 41. Infanterieregiment erkrankte
Anfang April 1896 mit allgemeinem Unwohlsein, Kopfschmerz und
Stuhlverstopfung. Dieser Zustand verschlimmerte sich allmählich, es
trat Fieber hiuzu und wurde schließlich die Abgabe des Mannes an
das hierortige Truppenspital, welche am 12. April erfolgte, notwendig.
Daselbst wurde hohes Fieber am Abend (40,4 °C), mäßiger Milztumor,
leichte Bronchitis und angeblich seit zwei Tagen anhaltende Stuhl-
verstopfung konstatiert. Nach Verabreichung von drei Dosen Calomel
4 0,5 g erfolgten mehrere dünnbreiige Stühle, welche in den nächsten
Tagen das charakteristische Aussehen der typhösen Stühle annahmen.
Der Verlauf war bis zum 25. April ein regelmäßiger und milder, der
allgemeine Zustand des Kranken ein befriedigender. Die Temperatur
fing an, vom 23. April zu fallen und war demnach ein günstiger Aus-
gang der Erkrankung in Aussicht, als schon am 26. April die erstere
neuerlich austieg, um am 30. April die Höhe von 41,3° C zu erreichen.
Der Kranke wurde unruhig, delirierte anfangs heftig, wurde schließlich
am 28. April bewußtlos, es traten deutliche Zeichen von Meningitis,
als: leichte Nackenstarre, verminderte Reaktion der Pupillen, fort-
währendes Deckenzupfen u. s. w. auf und erfolgte schließlich am 2. Mai
der Tod.
/*• ** stow /»/^
Die Sektion wurde am 3. Mai, 28 Stunden post mortem gemacht.
Von den wichtigen und interessierenden Veränderungen fand man
folgende vor.
Großer akuter Milztumor.
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444
Ludwig Kamen, Ein weiterer Fall von typhöser Meningitis.
Im Dünndärme bis auf 50 cm oberhalb der Ileocoecalklappe und
im Coecum zahlreiche gereinigte, schorflose typhöse Geschwüre.
Schwellung der benachbarten Mesenterialdrüsen. Die weiche Hirnhaut
getrübt, am Scheitel überdies stellenweise durch eine bei 3 mm dicke
Schicht eines grünlich-gelben fibrinös-eitrigen, zum Teil von kleinen
Hämorrhagieen durchsetzten Exsudates von der Gehirnmasse abgehoben.
Sowohl aus der Milz, als auch aus dem Exsudate wurden Aus-
strichpräparate angefertigt und Kulturen auf schief erstarrtem
Glycerinagar nach der von Banti 1 ) zuerst beschriebenen, aber, wie
es scheint, gleichzeitig mit ihm auch schon von Anderen “) erfundenen
und geübten Methode angelegt.
Weder in den Milz- noch Exsudat-Ausstrichpräparaten fanden
sich andere Mikroben vor, als Stäbchen von der Gestat der Typhus-
bacillen. Ebensolche fanden sich auch, zum Teile auch mit Vakuolen
versehen, in Gehirnschnitten und zwar zwischen den Fasern des fibrin-
reichen Exsudates in ganz analoger Weise, wie ich dies bei meinem
ersten Falle beschrieb.
In den Agarröhrchen wuchsen sowohl aus der Milz , als auch
aus dem Exsudat außerordentlich lebhaft bewegliche Stäbchen von
der Form der Typhusbacillen mit Tendenz zur Bildung langer Fäden
in Reinkultur, welche die Gelatine nicht verflüssigten, in der Traubert-
zuckergelatine kein Gas produzierten und auf der Rosenkai toffel einen
schwach gelblich gefärbten Belag bildeten. Ich muß bemerken, daß
ich das Verhalten in der Traubenzuckergelatine für eines der wichtig-
sten Unterscheidungsmerkmale zwischen Typhus- und Colonbacillen
halte, da mir unter den vielen von mir untersuchten Kulturen der
letzteren Art noch nie eine unterlaufen ist, welche in dieser Gelatine
kein Gas produziert hätte.
Auch in der Bouillon konnte man weder in den ersten 24 Stunden,
noch auch später Gasbläschenbildung wahrnehmen. Milch wurde
nicht koaguliert.
Schließlich habe ich auch noch das Elsner’sche Verfahren be-
hufs Differentialdiagnose zwischen dem gezüchteten Typhusbacillus
und dem Bacterium coli in Anwendung gezogen und zwar mit der
Abänderung, daß ich daß Jodkali in momentaner Ermangelung von
Kartoffelgelatine der gewöhnlichen leicht alkalischen 10 °/ # iger
Nährgelatine zusetzte. Merkwürdigerweise zeigten die Typhus-
bacillen auf der so präparierten Nährgelatine trotz wiederholter Ver-
suche gar kein Wachstum, während die Co I ikultur ganz gut gedieh,
was schon immerhin als Beweis für die Verschiedenheit beider Arten,
die übrigens ohnehin durch ihr sonstiges Verhalten hinlänglich er-
wiesen war, angesehen werden konnte. Die kurz darauf mittels
Kartoffelgelatine mit Jodkaliumzusatz vorgenommene Prüfung beider
Kulturen bestätigte nicht nur deren Artverschiedenheit, sondern auch
die Brauchbarkeit dieser Methode zur Differenzierung der betreffenden
Bakterienspecies.
1) Banti, Eine einfache Methode, die Bakterien auf dem Agar und dem Blut-
serum zu isolieren. (Centralbl. f. Bakt. u. Paras. Bd. XVII. 1896. No. 16.)
2) Orosglick, lieber Agar- und Blutserumplatten in ReAgenzg Usern, (Central’ !,
f. Bakt. u. Parts. Bd. XVII. 1896. No. 23.)
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Mark W. Richardson, Die Diugnose von Typhuskulturen etc.
445
Aus alledem ist wohl zur Genüge ersichtlich, daß hier ein neuer-
licher Fall von typhöser Meningitis vorlag und daß diese als eine
echte Metastase des typhösen Giftes aufzufassen sei, was mich mit
einer um so größeren Genugthuung erfüllt, als meine erste diebezüg-
liehe grundlegende Mitteilung zum Teile skeptisch aufgenommen, zum
Teile auch unbeachtet gelassen wurde.
Nachdruck verboten.
Die Diagnose von Typhuskulturen vermittelst getrock-
neten Typhusserums.
[Aus dem Laboratorium des Massachussets general Hospital,
Boston, ü. S. A.]
Von
Mark W. Richardson, M.D.
Die Thatsache, daß das Serum von Typhuskranken selbst nach
dem Trocknen die spezifische Reaktion von Pfeiffer hervorbringt,
ist schon von Widal u. A. beobachtet worden.
Ferner ist dieses Vermögen noch nach mehreren Monaten fest-
gestellt worden und seine Dauer ist wahrscheinlich unbegrenzt.
In diesem getrockneten Serum sah der Verf. ein passendes Mittel,
um in dauernder Form dies wichtige Mittel aufzubewahren, um
typhöse und mit ihnen verwandte Organismen voneinander zu unter-
scheiden.
Das Verfahren war folgendes: Bei der Autopsie eines an Typhus
Gestorbenen wurden dem Herzen ungefähr 60 ccm Blut entnommen.
Dann ließ man das Serum sich von dem Koagulum scheiden.
Während des Lebens hatte das Blut eine deutliche Typhus-
reaktion ergeben und diese batte nach dem Tode nicht abgenommen.
Darauf goß man das Serum auf gewöhnliches Filtrierpapier und
ließ es an der Luft trocknen.
Dann wurde 1 l i qcm des Papiers in */s ccm von reiner Fleisch-
brühekultur eines 24 Stunden alten Typhusbacillus eingebracht.
Nach 5 Minuten wurde ein Tropfen der Mischung zwischen Objekt-
glas und Deckgläschen mikroskopisch untersucht und zeigte die
typische Reaktion: Verlust der Beweglichkeit und Zusammenkleben
der Bacillen.
Mit diesem Serumpapier prüfte der Verf. 20 Kultureu des
Typhusbacillus, alle von ganz verschiedener Herkunft. 16
stammten von Sektionen vou Typhuskranken, 4 wurden nach der
Methode von Elsner aus Typhusstühleu isoliert.
Ferner wurden auch 15 Kulturen des Colonbacillus, eine
des Bacillus pyogenes foetidus und eine des Mäusetyphus
untersucht. Alle Kulturen wurden genau auf dieselbe Weise behandelt,
also >/* qcm Papier in 1 / t ccm einer 24 Stunden alten Fleischbrühe-
kultur nur 5 Minuten lang eingelegt.
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446
Leo Zupnik,
Infolge davon reagierten die 20 Typhuskulturen positiv, während
auf B. coli, pyogenes foetidus und dem Mäusetyphus keine
Einwirkung eintrat.
Dus Serumpapier wird nun seit 3 Monaten von dem Verf. an-
gewendet und es ist noch keine Abnahme seiner Kraft bemerkbar.
Das Papier kann in gewöhnlichen kleinen Flaschen aufbewahrt
werden wie Lackmuspapier und ist jederzeit zum Gebrauche bereit.
Eine einzige Typhusautopsie liefert eine große Menge von Serutu-
papicr.
Natürlich ist die Stärke jedes Serums verschieden und muß in
jedem Falle festgestellt werden. Mit dem vom Verf. gebrauchten
Papier waren 5 Minuten zur Hervorbringung der Reaktion reichlich
genügend. In anderen Fällen kann die Reaktionszeit länger oder
kürzer sein. Dies muß durch Probieren herausgefunden werden.
Boston, 13. Februar 1897.
Nachdruck verboten
Ueber die praktische Verwendbarkeit der MäusebacilleD,
insbesondere des Loeffler’schen Bac. typhi murium 1 ).
Von
M. U. C. Leo 2upnib,
an der k. k. deutschen Universität in Prag.
Der Gedanke, Feldmäuse durch Seuchen zu vertilgen, wurde
zum ersten Male von Dr. G. Joseph 2 ), Dozenten am landwirt-
schaftlichen Institute zu Breslau, geäußert. Der Pilz „Favus“, welcher
sich seiner Ansicht nach allein dazu eignet, soll von favus kranken
Menschen auf die unbeschädigte Haut (denn kranke und verunstaltete
Mäuse werden von ihren Genossen getötet) gefangener Feldmäuse
übertragen und mittelst eines Leinwaudläppchens einige Tage lang
befestigt werden. Die nach dieser Frist freigelasserien Mäuse über-
tragen die Krankheit, welche ins Bindegewebe biueingreift, auf ganze
Tausende von Genossen. Der Nachteil des Mittels liegt jedoch darin,
daß die Krankheit ganze Wochen dauert, und inzwischen vernichten
die Mäuse, besonders wenn sie in grosser Zahl vorhanden sind, schon
in wenigen Tagen die Feldfrüchte bis auf den letzten Halm.
Keine wesentliche Besserung in dieser Richtung brachte der von
Quincke isolierte, für Mäuse pathogene „Favus herpeticus“,
1) Im Aufträge des Landes- Ausschusses von Galizien habe ich iro bakteriol. Institute
des Herrn Prof. Dr. J. Szpilman Untersuchungen über mfiusever tilgende Mittel ange-
stellt. Die betreffende Publikation wurde unter d. T. : „Tepienie myszy za pomoca
bakteryi chorobotwörczycb‘‘. gr. 8°. 46 p. Lemberg 1896. veröffentlicht. Hier
möchte ich auf die in der erwähnten Arbeit wenig berücksichtigte praktische Ver-
Wendung der Mäuseseuchebacillen im allgemeinen und des Loeffler’schen Bacillus
im speziellen aufmerk»am machen. Dementsprechend werden nur die Versuche hervor«
gehoben, welche mit der erörterten Frage im Zusammenhänge stehen.
2) Der Landwirt 1882
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Ueber die praktische Verwendbarkeit der Mlusebacilleo etc.
447
und der zum ersten Male von Nicolai er genauer untersuchte
„M ä u s e • F a v us“. Abgesehen davon, daß die späteren Untersuchungen
von Elsenberg die Richtigkeit der Qu incke’schen Anschauungen
über die Verschiedenheit des Favuspilzes stark zweifelhaft machten,
und daß die von Boer die Identität des Mäuse-Favus mit dem
menschlichen bewiesen, daß ferner heutzutage die Unität des Favus-
pilzes fast allgemein angenommen ist 1 2 * ), hat der Favuspilz als
mäusevertilgendes Mittel die Hoffnungen getäuscht. Der Mäuseplage
gegenüber stand man wie zuvor ratlos. Alle die zahlreichen Mittel,
die von verschiedenen Seiten empfohlen und verwendet wurden, ent-
sprachen größtenteils den Anforderungen nicht, welche ein gutes,
mäusevertilgendes Mittel innehaben muß, und zwar einer schnellen Aus-
rottung der Mäuse und völligen Harmlosigkeit für andere Tiere und
Menschen.
Außer den von L o eff ler *) und Kornauth*) in diesem Blatte
aufgezählten Mitteln: cyliudrische Löcher, Rauchmaschinen, Schweine-
eintrieb, Umackern der Felder und Töten der zum Vorschein kommen-
den Mäuse, Phosphor- oder Strychnin-Pillen und Wolfsmilch — kommen
auch zahlreiche andere giftige Körper und mechanische Maßregeln
zur Verwendung.
In Frankreich, Spanien und Portugal wird nahezu ausschließlich
die Meerzwiebel (Scilla maritima Lin.), welche für die Nagetiere
schou in kleinen Mengen giftig ist, gebraucht. In anderen Ländern
werden Arsenstürkepillen, mit Mehl zu Teig verarbeitetes Baryum-
carbonat, zuweilen auch Kampher, Calciumchlorid und Teer 4 5 ) ver-
wendet.
Aber gegen giftige Körper im allgemeinen treten mit größter
Entschiedenheit sowohl ausgezeichnete Naturkenner 6 ), wie auch er-
fahrene Landleute auf. Die letzteren behaupten direkt, daß mit
Giften nur Apotheker und Kaufmänner ein gutes Geschäft machen ").
Aus diesen Gründen werden auch von Vielen Gifte verworfen
und die Zuflucht zu mechanischen Mitteln genommen. Manche raten,
die Felder mit Wasser zu überschwemmen, andere sie vermittelst einer
mit langen Nageln bedeckten Walze aufzuwühlen, andere wiederum die
Stoppel zu verbrennen, und Mäuse vermittelst Hunden zu töten. Es
fehlt auch nicht an solchen, die gegen alle aufgezählten Mittel miß-
trauisch sind und sich nur durch den Anblick ermordeter Mäuse zu-
1) Der IV. Kongreß der deutsch, dermatol. Gesellschaft zu Breslau im Jahre 1894
bat »ich darüber nahezu einstimmig geäußert.
2) lieber Epidemieen unter den im hygien. Institut gehaltenen Mäusen, und über
Bekämpfung der Feldroausplage. (Centralbl. f. Bakt. Bd. XI. p. 129.)
8) Die Bekämpfung der Mäuseplage mittels des Bac. typhi muriurn. (Centralbl.
f. Bakt. Bd. XVI. No. 3.)
4) Der Teer hat sich als vorzügliches Mittel gegen Ratten erwiesen. Wird er
sorgfältig in alle Löcher hineingegosseu, so verlassen die Ratten schon in wenigen
Minuten ihre Schlupfwinkel und können bequem mit Hilfe von Hunden getötet werden;
»lle f wenn auch uur teilweise mit Teer begossene, gehen iu einigen Stunden zu Grunde
Bas Gebäude ist jedenfalls frei von der Rattenplage, denn sogar die ausnahmsweise am
Leben gebliebenen Ratten verlassen es und flüchten sich in ein anderes.
5) Brehm, Tierleben. Bd. II. p. 338.
6) F. Müller, Wien, landwirtschaftl. Zeitung. 1883 p 414
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1 j e o Z u j> n ! k
friedenstellen lassen. Sie empfehlen aufs wärmste Fallen und Katzen,
welche sie als das einzige Mittel nennen *).
Nicht unerwähnt sei hier die durch Hatzinger*) empfohlene
Handlungsweise, an die Mäuseausrottung nicht dann erst zu schreiten,
wenn die Felder von Mäusen wimmeln, sondern die eventuelle Mäuse-
plage im Frühjahre im Auge zu haben und die verhältnismäßig ge-
ringe Zahl der Schädlinge durch öfteres Umackern der Felder
und die dadurch erzielte Einwirkung atmosphärischer Einflüsse, wie
Kälte und Feuchtigkeit, gegen welche Mäuse sehr empfindlich sind,
. u vertilgen. Diese Methode gewinnt an Bedeutung, wenn man be-
denkt, daß seitens mehrerer Forscher beobachtet wurde, daß Mäuse
bei anhaltendem Unwetter zu Grunde gehen und daß ihnen anderen-
falls eine außerordentliche Fortpflanzungsfähigkeit zukommt. Nach
Ritze nis-ßos 3 ) kann ein Mäusepaar unter günstigen Bedingungen
in einem Jahr über 200, nach Brehm 4 ) und Danys z 5 ) über 350,
nach Rüdiger*) sogar Uber 20000 Nachkommen um sich versammeln.
Hatz in ge r’s Verfahren hat demnach einen hohen prophylaktischen
Wert, kann jedoch dann, wenn Mäuse schon zur Plage geworden
sind, nicht in Verwendung kommen.
Wie dagegen die anderen aufgezählten Mittel zu beurteilen sind,
belehrt in geradezu vorzüglicher Weise der „Bresl. landwirtschaftl.
Verein“, der im Jahre 1883 dem Erfinder eines verläßlichen mäusever-
tilgenden Mittels 1000 M. bot; obwohl die dazu erwählte Kommission
362 Mittel und 17 Methoden einer genauen Untersuchung unterworfen
hatte, konnte sie niemandem den Preis zuerkennen, und der Verein
sah sich gezwungen, seine Aufforderung zu wiederholen und den Preis
auf 2000 M. zu steigern. Diesmal galt jedoch die Aufforderung direkt
den Aerzten und Naturforschern, von welchen man, der von Dr. Joseph
geäußerten Hinweisung zufolge, einen für die Feldmaus (Arvicola
arvalis) spezifischen Infektionserreger verlangte.
Und diesmal blieb auch der Erfolg nicht aus.
Im Jahre 1892 berichtete Prof. Dr. Loeffler 7 ) über einen neuen
für Mäuse pathogenen Mikroorganismus, der sich zur Vertilgung der-
selben vortrefflich eigne.
Kurze Zeit darauf machte Dr. Laser (19) eine Veröffentlichung
über einen für Versuchstiere pathogenen Bacillus, ohne ihn jedoch
als mäusevertilgendes Mittel anzugeben. Durch die oben erwähnte
Publikation Loeffler ’s aufmerksam gemacht, hatte er Versuche
über die Virulenz des neu entdeckten Krankheitserregers für Mäuse
und andere Tiere angestellt (20), welche ihm die Ueberzeugung ver-
schafften, daß dieser Mikroorganismus zur Mäusevertilgung benutzt
werden könne (21). Seit dieser Zeit sind über zwei Jahre vergangen
1) Ibidem. 1886. p. 260.
2) Ibidem. 1882 p. 150.
31 Tierische Schädlinge und Nützlinge. Berlin 1891.
4) L. c.
5) MaUdies contagienses des animaax nuisible*. p. 8 Paris 1895. (Sep -Abdr.
ans Annal. de la Science aitronomique. 1885 fase. 1.)
6) Wien, landwirtschaftl Zeitung 1892. p. 737.
7) Die Zahlen beziehen »ich auf die Littcratur.
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Ueber die praktische Verwendbarkeit der Mäusebaciilen etc.
449
und nichts mehr wurde meines Wissens nach zur öffentlichen Kennt-
nis gebracht.
Im folgenden Jahre wurden wir über einen neuen, für Mäuse
pathogenen, durch J. Danysz in Paris entdeckten Mikroorganismus
durch R. Danguy (22), Professor der Landwirtschaft, benachrichtigt.
Näheres über den Krankheitserreger finden wir in einer diesbezüg-
lichen Publikation von Danysz (23). Es soll ein pleomorpher Bacillus
sein (un bacille le plus sauvent court et gros, rnais prdsentant des
formes tres variöes et dissemblables), welcher sich zwischen 18” —
20° C schnell und üppig entwickelt. In Agar und Gelatine, in
letzterer langsamer, bildet er runde Kolonieen, welche, wenn sie
zusammenfließen, einen schmutzig grauen (d’uu gris sale) ins Gelbliche
pielenden Belag bilden. So viel über seine Morphologie. Er ist
pathogen für Feld-, Wald- und Hausmäuse, nach M. Kou ritzine
auch für Zieselmäuse; ferner für Haus- und Wanderratten. Für
letztere, welche sich aus der Krankheit erholten, erzeugte Danysz
eine, durch subkutane Injektionen gestärkte physiologische Abart,
die er als „Virus No. II“ bezeichnete. Feldmäuse sollen dem „Virus
No. I“ in 12, Hausmäuse dagegen in 20 Tagen erliegen.
Endlich wurde von Mereshkowsky (24) aus Zieselmäusen
ein Mikroorganismus isoliert, welcher nach Laboratoriums- und Feld-
versuchen (25) Feld- und Hausmäuse binnen 12 Tagen sicher tötet.
Im Gegensatz zu den drei letzten, für Mäuse spezifischen Krank-
heitserreger, mit denen Versuche nahezu ausschließlich durch ihre
Entdecker angestellt wurden, ist der Loeffler’sche Bacillus Gegen-
stand vielfacher Untersuchungen seitens anderer Forscher geworden.
Zweckmäßig erscheint mir die Einteilung der in Rede stehendeu
Versuche in die der Arbeitszimmer und die der Felder.
Die Ergebnisse der ersteren Versuche stimmen fast gänzlich mit
denen von Loeffler überein:
Lüpke *) ist zwar zu stark abweichenden Resultaten gekommen,
indem er angiebt, daß bei Darminfektion nur schwächere Individuen
binnen 15 Tagen zu Grunde gehen, stärkere dagegen sowohl unter
den Feld- wie Hausmäusen sich von der Krankheit erholen, ja sogar
derart immunisieren, daß eine spätere subkutane Infektion, von einer
leichten lokalen Reaktion abgesehen, ohne Erfolg bleibt (2); bei
allen Anderen aber haben die Versuche zu entgegengesetzten Ergeb-
nissen geführt.
Strauch (5) fand, daß die infizierten Mäuse der Krankheit *
spätestens in 19 Tagen erliegen, wobei Hausmäuse mehr widerstands-
fähig sind als Feldmäuse.
Die Versuche von Kornauth (13) bestätigen im vollen Maße
diejenigen von Loeffler. Da er auch bei Feldversuchen zu günstigen
Resultaten gelangt ist, spricht er sich entschieden für die Verwendung
des Infektionsstoffes gegen Mäuseplagen, indem er sagt: „Im ganzen
sind die Versuche als sehr gelungen und der Wert des Bacillus
1) Ich stütze mich auf Laser, der die Meinung äußert (Fütterungs versuche mit
dem Bacillus der Mäuseseuche. [Laser, Centralbi. f. Hakt. Bd. XIII. No. 20]), daß
den Artikel im ,,Stuttgart. Neuen Tagebl.“ Lüpke geschrieben habe.
Erste AbU XXI. Bd. 29
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450
Len Zupnik.
typhi murium als Mäusevertilgungsmittel sichergestellt zu be-
trachten“ (p. 111).
Lu nkiewicz (12) schreibt dem Mikroorganismus eine hohe Be-
deutung zu, wenn es sich um Vertilgung der Feldmäuse handelt, spricht
ihm jedoch dieselbe gänzlich ab bei der Verwendung gegen Haus-
mäuse, die ihn seiner Ansicht nach völlig schadenlos mit der Nahruug
einnehmen können. Die vermittelst Kadaver infizierten Mäuse geben
zwar, jedoch in geringer Zahl und nach langer Frist, zu Grunde.
Im Gegensätze hierzu behauptet Mereshkowsky (15), von
welchem ausschließlich Hausmäuse verwendet wurden, daß diese
Krankheit unbedingt für alle Mäuse, die von der injizierten Nahrung
gefressen haben, tödlich sei, aber in manchen Fällen dauert die
Krankheit sehr lange, und zwar über 2 Monate. Endlich gelangt
auch er zu dem Schlüsse, daß der Loeff 1 er’sche Bacillus mit
Erfolg zur Mäuseausrottung benutzt werden kann.
Derselben Ansicht sind auch Palrairski (17), der Leiter der
bakteriologischen Untersuchnngsstation in Warschau, und Sempo-
lowski (18), deren Versuche mit den Loeffler’schen überein-
stimmend sich gestaltet haben.
Zu anderen Ergebnissen führten die Feldversuche.
Die Mäusevertilgung, welche in Thessalien im Jahre 1892 unter
persönlicher Leitung von Loeffler unternommen wurde, gab den
Loeffler’schen und amtlichen Mitteilungen (3) gemäß befriedigende
Resultate, denn der durch Mäuse verursachte Zerstöruugspro/.eß hörte
binnen 8—9 Tagen auf.
Dagegen behauptet die englische Kommission (14), deren
Vorstand in Thessalien der Sache nachforschte, die Erfolge seien
übertrieben worden und der Bacillus habe als mäusevertilgendes
Mittel keinen Wert. Ihre Einwände sammelt die Kommission in
folgenden 3 Punkten;
1) Das Mittel ist zu teuer; die Vertilgungskosten überwiegen
oft an Größe den durch Mäuse verursachten Schaden;
2) der Krankheitserreger tötet nur die Gattung Arvicola
arvalis, ist jedoch für andere Mäuse unschädlich; die seuchen-
artige Verbreitung der Krankheit im Freien ist noch nicht genügend
erforscht;
3) der Iufektionsstoff bewährt seine Virulenz nur 8 Tage hin-
durch, läßt sich also bei, anhaltendem Unwetter nicht anwenden.
Gute Resultate hat Sniadowski (16) erhalten, aber seine Ver-
suche sind so klein und oberflächlich, daß man sie eigentlich un-
erwähnt lassen kann.
Die Vergleichsversuche, welche mit Hilfe der preußischen Re-
gierung im Hannoverschen Kreise durch Dr. Abel (8) mit dem
Bacillus typhi murium — und durch Wasmuth (9) mit
seinem Saccharin-Strychnin-Hafer, das mittels der Kretschmar-
schen Gewehre f ) in Mäuselöcher gebracht wurde, angestellt worden
sind, gestalteten sich für die Wasmuth’sche Methode außerordent-
1) Hölzerne Apparate, welche es ermöglichen, das Gift tief in die Löcher zu
bringen, um es auf die»e Weise für andere Tiere unzugänglich zu machen.
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lieber die praktische Verwendbarkeit der Mäusebacille» etc.
451
lieb günstig, weil auf vergifteten Flächen die Mäuse sehr schnell zu
Grunde gingeD, und iu demselben Jahre nicht mehr zum Vorschein
kamen, während der Loeffl er’sche Bacillus, obwohl er anfangs gute
Resultate versprach, uach einigen Wochen einen Mißerfolg zu ver-
zeichnen hatte, da das Feld nach dieser Frist wie zuvor von Mäusen
wimmelte *).
Keine befriedigenden Erfolge erhielten ferner Zmujdowicz (10)
bei seinen Versuchen im Kaukasus, und Timofiejew (11) hei denen
in der Muhaniscben Wüste.
Als sich im Jahre 1894 in Ostgalizien und Bukowina große
Mengen von Mäusen zeigten, wurde zur Vertilgung derselben der
Loeffler’sche Bacillus ohne Erfolg angewendet.
Im Gegensatz dazu gestalteten sich die Versuche des sächsischen
und österreichischen Ackeibauministeriums derart erfolgreich, daß das
erstere sich entschloß, Landleuten den Krankheitserreger kostenfrei
zur Verfügung zu stellen.
Werden die Versuche der Laboratorien und Felder kritisch ver-
folgt, so sieht man, daß ihre Ergebnisse stark voneinander abweicheu.
Die ersteren lassen im Bac. typhi murium ein tüchtiges mäuse-
vertilitendes Mittel erkennen und stimmen fast gänzlich mit den
Loeffler’schen überein, die letzteren dagegeu machen den Wert
des iufektionsstoffes zweifelhaft und weichen von den thessalischen
Versuchen in hohem Maße ab.
Der Grund zu diesen Differenzen liegt nicht nur darin, daß „si
duo faciunt idem, non est idem“, wie es Loeffler erklärt, aber er
ist in erster Linie in den verschiedenen Bedingungen, die ich unten
im Zusammenhänge mit einigen Thatsuchen eingehend zu besprechen
beabsichtige, zu suchen, unter welchen die Verwendung des Bacillus
einerseits in Arbeitszimmern und andererseits auf Feldern zustaude
kommt.
Bei Versuchen, die ich angestellt habe, kamen folgende Mäuse-
arten zur Verwendung: Feldmäuse, Arvicola arvalis und Mus
agrarius, Hausmäuse, sowohl graue als weiße; ferner Hamster *),
für welche jedoch weder der Loeffler’sche, noch der Mikroorganis-
mus vou Dauysz, ohne Rücksicht darauf, ob die Infektion per os
oder subkutau erfolgte, sich pathogen zeigten.
1) Hs ist unbegreiflich, wie man mit diesen beiden, prinzipiell so verschiede-
nen Mitteln Vergleichsversuche anstellen konnte. Giftige Substanzen sind als M&use-
vertilgungamittel schon a priori unbedingt zu verwerfen, denn sie vermögen entweder
auf direktem oder indirektem Wege, und zwar durch Mausekadaver, sowohl Tiere, denen
in der Landwirtschaft oder im Haushalte eine hohe Bedeutung zukommt, wie auch
Menschen zu Grunde zu richten.
3) Die durch Hamster verursachten Schäden sind sehr bedeutend, denn sie haben
gewöhnlich einige Kammern, jede mit 4 Quart Getreide vollgestopft) in Thüringen z. B.
findet man Leute, die sich wenigstens zur Sommerszeit ausschließlich damit beschäftigen,
Hamster anfzusuchen und ihre Vorräte zu sammeln. Der Pfeiffer 'sehe Bac. pseudo-
tuberc. soll sie bei Darminfektion in 3 Tagen töten, (Geher dio hacilläre Pseudo-
tuberkulose bei Nagetieren. Leipzig 1889.) Will man sie zu Versuchen haben, so
empfiehlt »ich folgendes Verfahren: Im Felde wird ein großes Wa^sergetäß angebracht;
das Wasser wird mit starkem Strome in das schräge Loch (Hamster haben noch ein
»eukreebtere*) gegosscu Bald kommt der überraschte Hamster zum Vorschein uud bleibt
«inen Augenblick, den man auszunutzen verstehen muß, verlegen stehen. Gr muß rasch
Nacken gefußt werden.
29*
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452
Leo Zupnik,
Dank der vom galizischen Landesausschuß für Versuche erhaltenen
Subvention konnten große Mengen von Mäusen angeschafft werden.
Anfangs wurden die Tierchen in gläsernen Gefäßen, späterhin mit der
Zahlzunahme in großen, hölzernen, von innen mit Blech beschlagenen,
zur Hälfte mit Erde gefüllten und mit Drahtnetz bedeckten Kästen auf-
bewahrt, wo sie 10—14 Tage vor der Verwendung beobachtet wurden.
Die zu Versuchen bestimmten Mäuse wurden nach dieser Frist
aus den Behältern berausgenommen und in Käfige gebracht. Der
Boden der Käfige wurde mit Sand bestreut; in eine Ecke derselben
wurde ein Baumwollklumpen, der Mäusen als Schlupfwinkel dienen
sollte, in eine andere zwei Gefäßchen für Nahrung und Wasser an-
gebracht. Damit sollte die möglichste Reinheit erzielt werden, die
unbedingt nötig ist, wenn man einwandsfreic Versuche haben und alle
Fehlerquellen vermeiden will, welche Fäulnis des Substrates, sei es
durch direkte Infektion mit den bei derselben beteiligten Mikro-
organismen, sei es durch die von Zersetzungsprodukten bewirkte Dis-
position für Krankheiten mit sich bringt. Im Freien leben ja Mäuse
in gesunden Verhältnissen und dieselben sollen ihnen möglichst ge-
schaffen werden. — Tagtäglich bekamen sie frisches Wasser, wobei
sich herausstellte, daß die Käfige höchst unpraktisch waren, denn beim
Oeflnen derselben wurde den Mäusen, insbesondere den Hausmäusen,
eine gute Gelegenheit zum Entschlüpfen geboten. Deswegen wurden
bald die Käfige durch breite, ca. 20 cm hohe, mit einem Drahtnetze be-
deckte Glasbüchsen ersetzt. Mit Hilfe einer Eisenzange konnte mau
die Wasser und Nahrung führenden Gefäßchen bequem wechseln und
die Tierchen, falls das Innere schon zu sehr beschmutzt war, in ein
reines Gefäß übertragen. In eine solche Glasbüchse wurden in der
Regel nur 4 Mäuse gebracht, und falls der Versuch mit einer größeren
Anzahl angestellt wurde, sind sie immer zu 4 verteilt worden. Das
minderte die Gefahr, welcher kranke Individuen seitens ihrer gesunden
Genossen ausgesetzt waren und erlaubte, die Tierchen schärfer zu
beobachten.
Als Infektionsstoff, sowohl für Infektionen per os, wie subkutane
Injektionen, sind in der Regel Bouillonkulturen nach 24- oder
48-stündigem Aufbewahren bei Bruttemperatur verwendet worden.
Nur in speziellen Fällen, wenn es sich um Lösung gewisser Fragen
handelte, kamen mit sterilem Wasser verdünnte Agarkulturen zur
Benutzung.
Mit der erwähnten Bouillonkultur wurden Hafer, Leinsamen oder
Brotbröckchen begossen und für 24 Stunden jenen Mäusen, bei denen
eine Infektion per os eintreten sollte, als ausschließliche Nahrung
vorgelegt. Nach dieser Frist wurde der Infektionsstoff entfernt und
durch gewöhnliche Nahrung ersetzt; subkutan behandelte Mäuse be-
kamen gewöhnlich 0,1 ccm eiuer solchen Bouillonkultur, wurden
immer in ein besonderes Gefäß versetzt und mit einer nicht infizierten
Nahrung gefüttert.
Die durch die Krankheit getöteten Mäuse wurden anatomisch
untersucht, wobei aus ihren Organen, überwiegend aus der Milz und
Leber, Kulturen angelegt wurden: Bouillonkulturen bei Bruttemperatur,
Gelatine und Zuckergelatinestichkulturen bei Zimmertemperatur.
lieber die praktische Verwendbarkeit der Mäusebacillen etc.
453
Da es mir unmöglich war, in den Besitz des Infektionserregers
von Laser und Mereshkowsky zu gelangen, war ich gezwungen,
die Untersuchungen auf den Loeffler’schen Bacillus und das „Virus“
von Danysz zu beschränken.
Der erstere wurde von der Firma „Schwarz lose Söhne“,
Berlin, bezogen und bakteriologischen Untersuchungen unterworfen.
Zur Morphologie und Biologie des Loeffler’schen Bac. typhi
muri um möchte ich noch folgende Einzelheiten hinzufügen:
In einer 1-proz. Zuckergelatine entstehen bei Zimmertemperatur
längs des Stichkanals kleine, runde Pünktchen, die sich am dritten
Tage bemerkbar machen und von nun an sehr langsam fortwachsen;
nach einem Monate sogar ist nur ein 2—3 mm breiter Streifen zu
bemerken, der aus kleinen, schon makroskopisch oder bei schwacher
Vergrößerung zu sehenden Pünktchen gebildet wird. Es kommt da-
selbst zu reichlicher Gasentwickelung. Schon am 3. Tage sind bei
genauer Betrachtung längst des Stiches kleine Gasbläschen zu be-
merken, die sich rasch vergrößern und sich gewöhnlich dicht am Stich-
kanale lagern.
In einer alkalischen Bouillon entwickelt sich der Mikroorganismus
bei 37° C sehr üppig: nach 24 Stunden kommt es zur starken Trü-
bung, Bildung eines weißlich - gelben Bodensatzes und eines zarten
Häutchens, welches leicht zu Boden fällt. Nach ungefähr 4 Wochen
wird die Bouillon klar; ihre Reaktion bleibt alkalisch, während die
neutrale einer Zuckerbouillon, wie es aus Loeffler’schen Unter-
suchungen bekannt ist, in eine sauere übergeht. In Zimmertemperatur
geht die Entwickelung langsamer vor sich.
Auf Glycerinagar kommt es bei Bruttemperatur zur Bildung einer
weißlichen Auflagerung, die nichts Charakteristisches bietet.
Ueber 3 Monate alte Kulturen, glcichgiltig, ob es Gelatine-,
Agar- oder Bouillonkulturen, ob sie durch diese Zeit bei Brut- oder
Zimmertemperatur auf bewahrt waren, haben stets ihre Entwickelungs-
fahigkeit und Virulenz für Mäuse eingebüßt. Ich glaube, daraus den
Schluß ziehen zu können, daß der Bacillus keine Dauerformen bildet,
die ich auch bei mikroskopischer Betrachtung niemals zu Gesicht
bekommen habe.
Der Mikroorganismus von Danysz wurde aus dem Institut
Pasteur, Budapest, bezogen. Das „Virus No. I“ bestand aus einem
Gemenge von Bacillen und Kokken. Nach dem Passieren durch
Mäusekörper blieben aus dem Gemenge nur Stäbchen, welche mikro-
skopisch und makroskopisch in Gelatinezuckergelatine und Bouillon
dem Loeffler’schen Bacillus ähnlich waren. Dasselbe war auch
der Fall mit dem „Virus No. II“, dessen Originalkultur eine nahezu
reine Züchtung der erwähnten Stäbchen zeigte.
Da es sich um einen Vergleich der Virulenz beider Infektions-
stoffe und um die Entscheidung handelte, welchem von ihnen der Vor-
zug bei der Mäusevertilgung zuerkannt werden darf, wurden die
Versuche unter nahezu gleichen Bedingungen vorgenommen.
Was den Infektionsstoff selbst anbetrifft, so wurden nur in den
ersten Versuchen Originalkulturen verwendet, in allen folgenden da-
gegen die erste, aus den Organen der durch die Seuche getöteten
454
Leo Zupuik,
Tierchen hergestellte Bouillonkultur. Ich wollte damit die Ab-
schwächung der Virulenz, die das Kultivieren außerhalb des Körpers
stets mit sich bringt, vermeiden. Um die Sicherheit zu gewinnen,
daß die Infektion mit dem richtigen Mikroorganismus stattgefunden
hat, wurde die in Rede stehende Bouillonkultur, wie auch alle anderen
aus den Organen angelegten, mikroskopisch untersucht; wenn sie eine
Reinkultur aufwiesen, wurde aus derselben auf Gelatine und Zucker-
gelatine verimpft und 0,1 ccm einer resp. zwei Mäusen subkutan
injiziert. Daraufhin erst wurde die Bouillonkultur zur Darmiofektion
verwendet. Die raakro- und mikroskopische Untersuchung aller auf
gebräuchlichen Nährböden heranwachsenden Kulturen der ersten und
zweiten Generation, samt der bakteriologischen Durchforschung des
Blutes und der Organe der nach 24 Stunden zu Grunde gegangenen,
subkutan behandelten Mäuse, gaben vollkommen hinreichende Auf-
schlüsse über die zur Darmiufektion gebrauchte Bouillonkultur.
Die Zahl der Versuchstiere war für beide Krankheitserreger
beinahe dieselbe. Mit dem Lo effler 'sehen Bacillus wurden 314, und
zwar 286 Arvicola arvalis, 22 weiße und 6 graue Hausmäuse,
— mit dem Mikroorganismus von Danysz 318, und zwar 296 Ar-
vicola arvalis, 14 weiße und 8 graue Hausmäuse infiziert.
Die in der angegebenen Weise durchgeführten vergleichenden
Untersuchungen ergaben, daß der Bacillus typhi muriuui a I >
Mäusevertilgungsroittel dem Müuseseucheuerreger
von Danysz unbedingt vorzuziehen ist, indem die Durch-
schnittszahl der Krankheitsdauer bei Feldmäusen beim ersteren 10 l ).
beim letzteren dagegen 14 Tage beträgt. Da der Bacillus von Laser
zur Mäuseausrottung nicht verwendet wird und der von Meresh-
kowsky Feldmäuse später, weil angeblich in 12 Tagen (was noch
einer Bestätigung bedarf) tötet, ist heutzutage der Loeffler’sche
Bacillus als der beste Mäuse vertilger zu betrachten.
Jetzt drängt sich die Frage auf, wie eigentlich die Mißerfolge
bei den Feldversuchen zu erklären sind, und eine zweite Frage, mit
der ersten im Zusammenhänge stehende: Wie soll der Bac. typhi
murium, wie überhaupt alle Mäuseseuchenerreger im Freien ver-
wendet werden?
Durch einen Versuch, der ganz was anderes erforschen sollte,
wurde ich auf diese Umstände besonders aufmerksam gemacht. Ich
wollte nämlich Aufschlüsse darüber bekommen, ob man die patho-
gene Wirkung des Loeffl er 'sehen Bacillus seinen giftigen Stofi-
wechselprodukten, oder aber der Invasion der Mikroorganismen in
die Gewebe zuschreiben sollte. Zu diesem Zwecke wurde in einem
größeren Kölbchen eine Bouillonkultur hergestellt und durch 3 Wochen
im Brutschränke stehen gelassen. Nach dieser Frist wurde sie mehr-
mals bis zur vollkommenen Durchsichtigkeit durch mehrschichtiges
Fließpapier und Baumwolle filtriert, auf einen , /*‘P rozent 'f? en Gehalt
an Karbolsäure gebracht und durch 5 Tage bei Zimmertemperatur
1) Die verhältuUmüBig kürzere Inkubation*- und Krankheitaseit, die gewöhnlich
14 Tage beträgt, sei durch die gesteigerte Virulenz des Infektionsstofies, der Hunderte
von Malen von Mftuseo zu Mäusen verimpft und stets in erster Generation verwendet
wurde, erklärt.
Ueber die praktische Versend btrkeit der M&u$ebaciii«n etc.
455
stehen gelassen. Während dieser Zeit hat sie nichts von ihrer Klar-
heit eingebüßt. — Die geringe Anzahl von Mikroorganismen, welche
bei derartiger Filtration in der Flüssigkeit gewiß zurückblieb und
aus der Luft hineingekommen ist, könnte demnach durch das lange
Einwirken von Karbolsäure als abgetötet, oder wenigstens in der
Entwickelung gehemmt und stark abgeschwächt angesehen werden.
Jedenfalls konnte man hoffen, daß, falls die Stoffwechselprodukte des
Bac. typhi murium giftig sind, sie viel schneller ihre tödliche
Wirkung entfalten würden, als die event. noch lebensfähigen, in sehr
geringer Zahl vorhandenen Bacillen. — Die Flüssigkeit wurde fol-
gendermaßen verwendet: Durchtränkte Brotbröckchen wurden 4 weißen
Mausen für 24 Stunden als ausschließliche Nahrung gegeben; außer-
dem 0,1 ccm einer und 0,2 ccm einer anderen Maus subkutan in-
jiziert. Zur Kontrolle wurde einer Maus 0,2 ccm einer sterilen
1 /*‘ proz. Karbolsäurelösung unter die Haut gebracht. Am 6. Tage
land ich eiue, am 7. die zweite der subkutan mit Flüssigkeit be-
handelten Mäuse tot; die Kontrollmaus blieb dauernd gesund. Die
anatomische Untersuchung ergab hochgradige, für den Bac. typhi
murium typische, pathologische Veränderungen der Organe. Das
Blut zeigte reichliche Mengen des Loef fler’schen Bacillus, das
Kulturverfahren gab gleichfalls positive Resultate. Da dabei sämt-
liche per os infizierten Mäuse dauernd gesund bliebeu, unterlag es
keinem Zweifel, daß der Mikroorganismus und nicht seine Toxine die
Tierchen zu Grunde gerichtet hat. Die invasive Wirkung des Bac.
typhi murium war somit sichergestellt. Gleichzeitig aber wurde
mau auf die Abhängigkeit der Inkubationszeit und des Zustande-
kommens einer Infektion von der Menge der in den Körper gebrachten
Krankheitserreger aufmerksam gemacht. Dieselbe Menge, also 0,1 ccm
einer Bouillonkultur des Loef fler’schen Bacillus, tötet ja subkutan
infizierte Mäuse in der Regel binnen 24 Stunden; in unserem Falle
dagegen, wo die Zahl der Bacillen in der Flüssigkeit eine sehr ge-
ringe war, brauchte dieselbe Menge 7 Tage, um die Tierchen zu töten.
Die Thatsache, daß die längere oder kürzere Inkubationsdauer,
der frühere oder spätere Tod, von der Anzahl der Krankheitserreger,
welche in den Organismus gelangen, abhängig ist, ganz gleichmütig,
ob es sich um spontane, oder experimentell bewirkte Erkrankungen
handelt, und ob die Infektionsstoffe durch ihre Stoffwechselprodukte,
oder invasiven Eigenschaften pathogen wirken, läßt sich schon bei
rein theoretischen Erwägungen a priori einsehen. Für experimentelle
Krankheiten wurde dies beispielsweise schon von Pasteur für die
Inkubationszeit der Tollwut erforscht, und speziell für Mäuseseuchen
bemerkt Kornauth (13), daß die Menge der Bacillen, welche zur
Infektion dienen, von großer Wichtigkeit sei, „denn für eine gelungene
Infektion ist eine gewisse Menge Bacillen, resp. des Infektionsstoffes
notwendig.“ — Es wurde also einerseits festgestellt, daß die Läng<>
der Inkubationszeit zur Menge des verwendeten Infektionsstoffes im
direkten Verhältnis steht und andererseits von Kornauth bemerkt,
daß ein zu stark verdünnter Infektionsstoff wirkungslos bleibt. —
Weder das eiue, noch das andere wird jedoch bei der praktischen
Verwendung der Mäuseseuchenerreger berücksichtigt.
456
Leo Z up ni k ,
Auf diese Umstände durch den oben erwähnten Versuch auf-
merksam gemacht, sah ich mich nun veranlaßt, eine Versuchsreihe
anzustellen, die Anhaltspunkte darüber geben konnte, inwiefern die
Inkubationsdauer und das Gelingen einer Infektion von der Menge der
Krankheitserreger abhängig sei. Zu diesem Zwecke wurden originelle
Agarkulturen des Loeffler’schen Bacillus in verschiedenen Ver-
dünnungen zu Darminfektionen und subkutanen Injektionen verwendet.
Eine Kultur wurde in einem Liter sterilen Wassers gut verteilt und
durch mehrschichtiges Fließpapier mehrmals filtriert. Eine zweite
wurde in derselben Verdünnung, jedoch nicht filtriert, verwendet;
eine dritte mit 300 ccm, eine vierte mit 100 ccm sterilen Wassers
versetzt. Mit diesen Flüssigkeiten gut durchtränkte Brotbröckelchen
wurden Mäusen auf 24 Stunden als ausschließliche Nahrung vor-
gesetzt. Die Ergebnisse bringt die folgende Tabelle zur Veranschau-
lichung.
Verdünn.
Darmini ek tion
Subkutane Injekt
i on
der
Kultur
Zahl
der Verendet am
Mäuse
Durch-
schnitt).
Zahl
der
MKnse
Meng© des
Infektion» stoffe-.
| Verödet
SOI
Sehr
8 Ar vic. |
1 Arv. »r.
0,1 ccm
1 9. Tage
starke
arval. ,
1 »» *>
0,2 „
8. ..
1000 ccm
8 Arvic. 8 , 8., 8., 9., 12.,
arval. IS., 13., 19. Tag.-
1
11,25
2 |i M
1 »» ♦>
0,1 ccm
Eine kleine Oese
derselben unver-
8. r
i * r
300 ,.
6., 9., 10,10., 11.,
” 12., 12., 19. Tage
10,88
2 »» >•
dünnten Kultur
0,1 ccm
3.
100 .,
5., 6., 6., 6., 7.,
8 ” 7.. 7., 8. Tage
6,50
2 »f M
0.1 „
2 ,,
Die mit der filtrierten Flüssigkeit per os infizierten Mäuse blieben
während der ganzen dreimonatlichen Beobachtung vollkommen gesund;
dasselbe war auch der Fall mit den oben erwähnten 4 weißen Mäusen.
Die Durchschnittszahlen der beiden folgenden Versuchsreihen sind
einander fast gleich, die letzte Zahl weicht dagegen von ihnen stark
ab. Am schärfsten treten die Unterschiede bei subkutan behandelten
Mäusen hervor.
Ich glaube somit zu folgendem Schlüsse berechtigt zu sein: Die
Inkubationsdauer der K raukheit ist von derMengeder
infizierenden Mikroorganismen stark beeinflußt und
die Infektion bleibt ohne jeweilige Wirkung, wenn nur
eine sehr geringe Zahl d er I u f e k tionserreger in den
Körper gelangt.
Wie ist nun das Letztere zu erklären? Für die Annahme, daß
die geringe Anzahl von Mikroorganismen keine hinreichende Toxin-
menge bildet, deren Einwirkung auf die Darmwand eine Invasion in
die Blutgefäße ermöglichen würde — giebt es keine Anhaltspunkte,
da der zuerst erwähnte Versuch es klar gemacht hat, daß die
Stoffwechselprodukte des Bac. typhi murium für Mäuse un-
giftig sind. Wir müssen daher zur mikrobiciden Kraft des Blutes
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Ueber die praktische Verwendbarkeit der Mäusebacillen etc.
457
Zuflucht nehmen und uns den Anschauungen von Büchner (26} und
Sczckely und Szana (27) anschließen. Der erstere hat gezeigt,
daß das Blut seine bakterientötende Wirkung verliert, wenn es mit
besonders großer Menge von Mikroorganismen versetzt wird; einer
großen Aussaat gegenüber verhält es sich ganz anders, als einer
kleineren gegenüber. Auch nach den beiden anderen Autoren be-
steht ein Zusammenhang zwischen der Menge der Mikroben und
der Intensität der entwickelten mikrobiciden Kraft des Blutes.
Wie sich auch die Sache erklären ließe, ist es jedenfalls streit-
los, daß der Menge der infizierenden Mikroorganismen bei praktischer
Verwendung der Mäusebacillen die größte Bedeutung zukommt. Aus
diesem Grunde soll als Nährboden für Mäuseseucbeerreger derjenige
gewählt werden, in welchem die verhältnismäßig größte Anzahl von
Mikroorganismen zur Entwickelung gelangt, und ferner soll der In-
fektionsstoff nicht oder nur schwach verdünnt werden.
Diesen Anforderungen entsprechen flüssige Nährböden, vor allem
die Bouillon. Da Bouillonkulturen nur schwach verdünnt werden
können, höchstens zehnfach meiner Ansicht nach, so sollen zum Kulti-
vieren nicht Eprouvetten, sondern Fläschchen mit 50 oder 100 ccm
Bouillon verwendet werden. Die Fläschchen können entweder Baum-
wollepfropfen haben, welche nach dem Verimpfen tiefer eingeschoben
und mit einer Paraffinschicht übergossen werden — oder die Baum-
wollepfropfen können nach dem Verimpfen durch sterile Korkpfropfen
ersetzt werden.
Dabei kommt aber noch eine andere Schwierigkeit in Betracht:
die größere Bouillonmeuge und die zulässig nur schwache Verdünnung
des Infektionsstoffes steigern in bedeutendem Maße den Preis des-
selben. In vielen Fällen, überhaupt in jenen Ländern, in welchen
die Bevölkerung arm ist, werden die Landleute aus diesem einzigen
Grunde auf den Infektionsstoff verzichten müssen, auch dann, wenn
sie fest überzeugt sein würden, daß das Mittel zur Mäusevertilgung
das beste sei. Von den Ein wänden der englischen Kommission
ist derjenige, die Kostbarkeit des Infektionsstoffes betreffend, der
auch seitens der Kommission vor allen anderen hervorgehoben wurde,
allein stichhaltig. — Das Uebel Ist jedoch überall dort, wo eine
Tierarzneischule vorhanden ist, sehr leicht zu beseitigen, indem man
die Bouillon aus dem Fleische jener Tiere bereiten läßt, die an nicht
infektiösen Krankheiten zu Grunde gegangen sind, oder getötet
wurden; ferner kann der Peptongehalt des Nährbodens vermindert,
event. ganz ausgeschlossen werden.
Als Köder muß jenes Produkt bevorzugt werden, welches einer-
seits verhältnismäßig die größte Menge von Mikroorganismen zu ent-
halten vermag, und welches andererseits von Mäusen sehr gern ver-
zehrt wird. Nach meinen Versuchen leisten das beste aus weißem,
nicht sauerem Brote bereitete Brotbröckelchen. Nicht entschältc
Getreidekörner sind gänzlich zu verwerfen, denn die Schalen, an
welchen die Bacillen haften, werden von den Tierchen entfernt; —
entschälte leisten nicht viel Besseres, ohne Rücksicht darauf, ob sie
in der bakterienhaltigen Flüssigkeit nur kurz, oder bis 24 Stunden
gelassen werden, ob sie nach dieser Frist naß, oder erst nach mchr-
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458 Zupnik, Uoher die praktische Verwendbarkeit der Mäusebacillen etc.
stündigem Trocknen verabreicht wurden. Heutzutage wird der von
Mereshkowsky empfohlene Roggenmchlteig hoffentlich das Beste
leisten.
Die epizootische Verbreitung der Krankheit im Freien wird,
meiner Ansicht nach, wenigstens beim Lo eff ler’ sehen Bacillus und
dem „Virus“ von Danysz, überschätzt. Ich habe in Käfigen und
Glasbüchsen, in welchen kranke Tierchen eine lange Zeit verweilt
haben und daselbst verendet sind, ohne die Gefäße im geringsten zu
reinigen, gesunde Mäuse wochenlang gehalten und dabei nur in sel-
tenen Fällen eine Infektion bemerkt. Im Freien sind die Verhält-
nisse für eine derartige Infektion noch ungünstiger. Deswegen sollen
auch die Mäuselöcher aufs sorgfältigste beschickt werden. Zu der-
selben Beobachtung ist auch Mereshkowsky (25) gekommen, indem
er sagt „die Verbreitung der Infektion ist unmittelbar von der Menge
des ausgestreuten Teiges abhängig, bezw. wird durch letztere un-
mittelbar bedingt“ (p. 182).
Jetzt ist es leicht erklärlich, warum die Mehrzahl der Feld-
versuche mit dem Loeffler’schen Bacillus sich ungünstig gestaltete :
In Arbeitszimmern werden gewöhnlich nicht verdünnte Bouillon-
kulturen verwendet und die experimentellen Tiere werden gezwungen,
von dem Infektionsstofle zu fressen, — während das letztere im Freien
unmöglich ist, und der Infektionsstofl stark verdünnt wird.
Die Feldversuche, welche ich mit Berücksichtigung aller dieser
Thatsachen in Galizien angestellt habe, gaben vollkommen günstige
Resultate.
Prag, 26. Januar 1897.
Litteratnr.
1) F. Lo eff ler, Ueb. Epidemieen unter den im hyg. Inatit. gehaltenen Mäusen und
über Bekämpfung d. Feldmausplage. (Centrbl. f. Bakt. Bd. XI. 1892. No. 5.)
2) Lupke, Stuttg. neues Tageblatt 1892.
3) F. Loeffler, Die Feldmausplage in Thessalien und ihre erfolgreiche Bekämpfung
mittels des Bac. typhi murium. (Centrbl. f. Bakt. Bd. XII. 1892. No. I.)
4) Sniadowski, O zarazku tyfoidalnym myszy. (Rolnik. Bd. L. 1892. p. 116.
5) Strauch, Der Landwirt. 1892. No. 79.
6) F. Loeffler, Zur praktischen Verwendbarkeit des Mäusebacillus. (Centrbl. f.
Bakt. 1893. Bd. XIII. No. 20)
7) C. Kornauth, Die Bekämpfung von Mäuseplagen durch den L o e ff 1 e r 'sehen
Bacillus. (Centrbl. f. gesamt. Forstw. 1893.)
8) Abel, Landw. Zeitung des Ilamb. Correspond. 1893.
9) Wasmuth, Hannoversche land- und forstw. Zeitung 1893.
10) W. Zmujdowicz, Ziemledielczeskaja Gazeta. 1893. No. 31.
11) S. Timofiejew, Ibidem.
12) L u i) k i e w i c z , Beitrag zur Biologie d. Bac. typhi murium und seine Virulen*
gegen Feld- und Hausmäuse. (Centrbl. f. Bakt. Bd. XV. 1894- No. 22.)
13) C. Kornauth, Die Bekämpfung der Mäuseplage mittels des Bac. typhi murium.
(Ibidem Bd. XVI. 1891. No. 3; Oesterr. Ungar. Zeitschr. für Zuckerind, und Landw.
Bd. XXII. p. 193.)
14) Wien, landw. Zeit. 1894. p. 783.
16) 8. Mereshkowsky, Zur Frage üb. d. Virulenz d. Loeffler’schen Mäusetyphus-
Bacillus. (Centrbl. f. Bakt. Bd. XVI. 1894 )
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Vincenzo Dianure, Ueber entozoische tuberkulöse Neubildungen. 459
1#*) Sniadowski, Wien, landw. Zeit. 1894. p. 274.
17) Palmirski, Tgpienie myszy zarazkiem tyfu*u mysiego. (Dodat. do „Gaz.
Roln.“ 1895.)
18) Sempoiowski, Pr6by z tyfusem mysim. (Gaz. Roln. 1896. p. 26.)
19) H. Laser, Ein neuer für Versuchstiere pathog. Bacillus. (Centrbl. f. Bakt. Bd. XI.
p. 184.)
20) Fütterungsversuche mit d. Bac. d. Mäuseaäucbe. (Ibid. XIII. No. 2(0
21) — — Ueb. d. prakt. Verwendbarkeit des Bac. d. Mäuseseuche. (Ibid. Bd. XV.
No. 2.)
22) M. R. Danguy, Agrieulture nouvelle 1893. No. 18.
23) J. Danysz, Maladies contagicuses des animaux uuisibles. (Ann. de la Science
agTonom. Bd. I. 1895 )
24) S. M eres hko wsk y , Ein aus Zieselmäusen ausgeschiedener und zur Vertilgung
v. Feld- resp. Hausmäusen geeigneter Bac. (Centrbl. f. Bakt. Bd. XVII. p. 742 )
25) - — Feldversuche angestellt zur Vertilg, d. Mäuse mittels des aus Zieselmäusen
ausgeschiedenen Bac. (Ibid. Bd. XX. 1896. p. 85 u. 176.)
26) Büchner, Untersuch, über die bakterienfeindlichen Wirkungen des Blutes und
Blutserums. (Arch. f. Hyg. Bd. X. 1890.)
2?) Szekely und Szana, Experiment. Untersuch, über die Veränderungen der sog.
mikrobiciden Kraft des Blutes. (Dieses Centralbl. Bd. XII. 1892. p. 61.)
Nachdruck verboten.
Ueber entozoische tuberkulöse Neubildungen.
Mitteilung
von
Dr. med. Vincenzo Diamare
in
Neapel.
Mit 4 Figuren.
Auf der Conjunctiva einer Thalassochelys caretta be-
obachtete E. Canton ') einige Neubildungen, welche charakteristische
Trematodeneier enthielten. Er gab jedoch keine Nachricht über ihren
Bau, sondern stellte nur Hypothesen über den Wurm, der die Eier
gelegt hatte, auf.
In vielen inneren Organen von Thalassochelys caretta. die
wir von einander unabhängig sezierten, fanden vor 2 Jahren Prof.
Monticelli und ich knotenartige Cysten, welche die Eier Canton’s
enthielten. Da die Knötchen wie kleine deformierende, miliäre An-
eurysmen an den Gefäßen der Darm- und Magenserosa lagen, so ver-
mutete ich, daß die Eier von einem im Blut lebenden Wurme her-
stammten. In der That fand ich bei der Sektion im Lumen eines
starken Astes der Arteria coeliaca, der zum Pankreas geht, einige
1) E. Canton, An acconnt of some parasitic ova found attached to the con-
junctiva of the tnrU's eyes. (Quart. Jonrn. of Microsc. Sc. Voi. I. 1861.) Es scheint
jedoch, daß Hannover (Das Anne. 1852 p. 1*2) diese Eier schon vor Canton be-
obachtet hat.
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460
VIneenxo Diamart,
kleine Distomen. Da ich Exemplare und mikroskopische Präparate
an Monticelli abgegeben hatte, beschrieb dieser 1 ) den Parasiten
unter dem Namen Mesogonimus constrictus, indem er ihn mit
einem unvollkommen entwickelten Distomiden identifizierte, den schon
Leared s ) im Jahre 1862 im Herzen dieses Cheloniers gefundeu hatte.
Ich will hier kurz den Bau der die Eier des Mesogonimus
constrictus enthaltenden Neubildungen, dieser merkwürdigen zoo-
parasitischen Neoplasmen beschrieben, und einige epikritische Be-
merkungen hinzufügen. Die Lage und Gestalt der aneurysmatischen
Knötchen der Gefäße der Darmserosa ist in Fig. 1 dargestellt. Sie
fanden sich auch in der Muscularis und Submucosa, hatten auch die
äußere Kapsel der interrenalen Körper besetzt {und in sehr großer
Fig. 1. Gefalle der Darmscrosa, durch dariu verkommende Eier von Mesogooi-
mua constrictus deformiert. Sektionspräparat. Zweifache VcrgröHeruug.
Zahl das Pankreas, wo sie sehr klein waren und deutliche Cirrhose
hervorbrachten.
Ein Durchschnitt durch die Serosa an der Stelle eines Knötchens
zeigt, daß es sich um eine Neubildung handelt, welche die Gefäßwand
eingenommt hat; sie ist äußerlich fibrös, innerlich von netzförmigem
Aussehen und enthält zahlreiche Alveolen, von denen jede eine Riesen-
zelle mit vielen blasigen, meist peripherisch liegenden Kernen um-
schließt. In jeder dieser Zellen befindet sich ein Ei des Distomeu.
(Fig. 2.)
Man könnte fast sagen, diese Knötchen glichen Riesenzellen-
sarkomen.
Bisweilen dagegen findet man um das Ei herum nicht eine
einzige Zelle, sondern kleine mehrkeruige Masseu, vielleicht in Teilung
1) F. 8. Monticelli, Di uti ematoxoo delia Thalassochelys caretta. (Internat.
Monatsüchr. f. Anat. u. Physiol. BÖ. XIII. 1896. Heft 4 Taf. VII.)
2) Leared, Deacriptiou of au uew parasite fouud in tbo heart of the edible
turtle. (Quart. Jouru. of Microsc. Sc. Vol. II. 1862.)
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Heber entozoische tuberkulöse Neubildungen.
461
Fig. 2. Peripherischer Teil eines aneurysmatischen Knötchens der Darmserosn.
Von einem mit Haemac&lcium und Eosin gelärbten Präparate, cg Rieseuzellen, na Eier.
DD
Z e i fi — , Caro. luc. Nachet.
3
begriffene Riesenzellen, wie man sie bei der Bacillentuberkulose be-
obachtet hat *).
Gewöhnlich enthält die Peripherie der Knötchen Alveolen mit
vollständigen Riesenzellen und neugebildete, mehr oder weniger große
Kapillargefaße; gegen das Centrum aber ist das netzförmige Binde-
gewebe zerrissen, altcriert, es hat sich darin eine Höhlung gebildet,
mit nekrotischer, fibrinös körniger, oder Schollen bildender Substanz
gefüllt, worin meistens eine große Zahl gewöhnlich leerer, entstellter,
verkrüppelter Eier liegen.
Ferner bemerkt man in den Knötchen einige Follikel, die größer
sind als die anderen und ein charakteristisches Aussehen zeigen: sie
sind begrenzt von einer Art schlatfer, fibröser, zuweilen mit runden
Zellen infiltrierter Kapsel, welche eine äußere Zone bildet; die innere
Zone besteht aus vieleu kleinen, plasmodischen, mehrkernigen Massen,
welche auf seltsame Weise um die von dem Ei eingenommene Mitte
augeordnet sind. Zwischen diesem und der Zone der kleinen Riesen-
zellcn findet sich fast konstant eine mehr oder weniger bedeutende
Menge nekrotischer Substanz (Fig. 3). W ahrscheinlich steht die selt-
same Anordnung und der Teilungszustand der Riesenzellen im Zusam-
menhänge mit dem centralen nekrotischen oder uekrobiotischen Prozesse.
Ich bemerkte bisweilen in den nekrotischen Centren die Gegen-
wart sehr vieler Granulationen, welche Kernfarben stark annehmen,
der Eosinfärbung aber ganz widerstehen; dagegen färbt Eosin die
Centren selbst lebhaft rot*); vielleicht handelt es sich um eine be-
sondere Erscheinung von Karyorhexis.
1) E. Metschnikoff, L^ons sur Ia pathologie eomparöe de l'inflaromation.
Paris 1892.
2) Viele Autoren sprechen von käsigen Produkten in helminthischen Neubildungen;
vielleicht bandelt es sich nur uro einen Schein. Ebstein und Nicolai er [Beiträge
zur Lehre von der zooparasitären Tuberkulose. (Virchow’s Archiv. Bd. CXVill 1889.
p. 432 — 445. Taf. XIII— XIV)] haben bei Haudcn (in der Niere) durch deu Embryo
eines Nematoden hervorgebrachte Tuberkel beobachtet, welche von einer äußeren, fibrösen
und einer inneren epitheloiden Zone gebildet wurden, die bisweilen Phasen von granulo-
adipöser Degeneration und Koagulatiou*nekrose zeigten, aber keine käsige Degeneration.
Ebenso habe auch ich bei T h a l a s 8 o c b e 1 y a keine käsige Substanz angetroffen.
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462
Vincenzo Diamare
mc cg
Fig. 3. Tuberkel aus einem Knöt-
chen des Pankreas. Von einem mit
Haemacalcium und Eosin gefärbten Prä-
parate. cg Zone der Riesenzellen, mc
centrale nekrotische Masse, na Ei (im
Durchschnitt), zf fibröse, von runden
A
Zellen infiltrierte Zone. Z e i ß ^ .
rd
Fig.^4. Riesenzelle mit einer zu-
sammengeschrumpften and bereits an-
gegriffenen Eihülle und tröpfebenartigen
Ueberresten von EihUllen im Innern.
Von einem mit Hämatoxylin und Eosin
gefärbten Präparate. cg Riesenzelle,
fh fibröses Bindegewebe, rd tröpfchen-
F
artige Ueberreste, na Eier. Zeiß ^ ,
Cam. luc Nachet.
Bei Betrachtung eines Schnittes
durch das Pankreas bei sch wacher Ver-
größerung erhält das Auge den Ein-
druck einer Miliartuberkulose. Das
Parenchym ist ganz bestreut mit Knöt-
chen und Tuberkeln, wie die vorhin an-
geführten (Fig. 3), deren fibröse Zonen
entweder sehr dünn oder stark infil-
triertsind, gleichsam eine lymphogra-
nulöse Zone, wie im Bacillärtuberkel.
Die Submucosa des Darmes ist
mehr als die Serosa mit Tuberkeln
durchsetzt, die in geschlängcltea
Ketten verlaufen, wie die Gefäße, in
denen sie sich entwickelt haben.
Auch im Inneren der stärkeren
Gefäße des Mesenteriums findet man
eine Neubildung mit tuberkulösen
Follikeln und Eiern, welche zum gro-
ßen Teil das Lumen verschließt, ohne
jedoch ihre Form zu verändern.
Miura 1 ) bemerkte an ento-
zoischen menschlichen Tuberkeln, daß
die Eier bisweilen ihre natürliche
Gestalt nicht zeigten, indem sie oft
leer und zerbrochen waren. Dies
habe ich sehr oft in den Neubildun-
gen bei Thalassochelys beob-
achtet und bin imstande, eine Er-
klärung dafür zu geben. Man findet
nämlich in allen Knötchen Riesen
zellen, welche leere und zerdrückte,
oder auch abgeriebene und in kleinste
Stückchen verwandelte Eierschalen
enthalten, welche wie Tröpfchen mit
der charakteristischen, citronengelben
Farbe sich von der Farbe der Zelle
abheben (Fig. 4). Mehr nach außen
findet man in den großen Knötchen
Stellen, deren dichtes, fibröses Binde-
gewebe mit diesen Resten bestreut
ist, indem die Plasmodien wieder
resorbiert worden sind (Vernarbungs-
phase der Neoplasmen oder ihrer
Teile). Es handelt sich ofienbar um
eine starke zerstörende Einwirkung
der Plasmodien auf die Eier, deren
Embryonen verdaut worden sind.
1) Miura, Fibröse Tuberkel, verursacht durch Parasiteueier. (Virchow’»
Archiv. Bd. CXVI. 1889. p. 310—317 Taf. VU.)
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Ueber entozoische tuberkulöse Neubildungen.
463
Ia dem einzigen von La u 1 a n i 6 *) beschriebenen Falle von
entozoischer Tuberkulose (übrigens dem ersten histologisch unter-
suchten) ist der Ursprung der Granulome festgestellt, wahrend in
anderen Fällen nur Hypothesen aufgestellt wurden, weil die Be-
ziehungen der Neoplasmen zu den anliegenden Geweben entweder
nicht aufgesucht wurden, oder sich nicht gut bestimmen ließen -).
Im Falle von Laulaniä handelt es sich um Tuberkel, die in
der Lunge von Hunden durch Eier und Embryonen von Strongylus
vasorum infolge von Thrombosen von Endzweigen der Lungenarterie
hervorgerufen worden waren. Der Autor unterschied darin drei Zonen,
wie im iufektiösen Tuberkel, unter der Annahme, die epitheloideu und
Kiesenelemente stammten von der Intima des Gefäßes ab (Endo-
arteritis proliferans), und es bestehe ferner eiu doppelter Bildungs-
typus der Neoplasmen in Bezug auf die Gefäße, ein endogener und
exogener, wie Kiener bei der infektiösen Tuberkulose annimmt.
In unserem Falle, bei Thalassochelys, entwickeln sich die
tuberkulösen Neubildungen in den Gefäßen, wie in dem Falle von
La ul an i£, aber die Epithelioidzone fehlt beständig, und die Zone
der Riesenzelleu der Tuberkel (Fig. 3) ist nach Entwickelung und
Aussehen charakteristisch, wie es auch im allgemeinen der Bau der
aneurysmatischen Vorsprünge ist (Fig. 2). Hier kaun man auch
nicht von einem doppelten Fonnationstypus sprechen, wie es Lau -
lanid in seinem Falle thut, denn die Neubildungen entstehen immer
im Inneren der Gefäße, indem sie die Stelle der Gefäßwand einnehmen.
Obgleich ich genetische Phasen der Riesenzellen nicht habe be-
obachten können, so scheint es mir doch, daß unsere Kenntnisse von
der Histogenese des Tuberkels im allgemeinen sich seit Laulaui6’s
Zeit (besonders durch die Arbeiten von Yersin und Metschnikoff)
zu sehr geändert haben, als daß man seine Ansicht über den Ursprung
der Tuberkelelemente noch für richtig halten könnte.
Ohne mich in einer vergleichenden Untersuchung zwischen den
anderen bekannten Fällen von entozoischer Tuberkulose mit dem
unseligen von Thalassochelys über die Unterschiede und histo-
logischen Eigentümlichkeiten zu verbreiten, bemerke ich nur in Be-
zug auf die tuberkulösen helminthischen Neubildungen, welche beim
Menschen von Otani 1 2 3 ), Yamagiwa 4 5 ) und Miura 6 ) beobachtet
worden sind, festgestellt das Mesogonimus Wester mau ni
ein üämatozoon, (da es sich auch in dem Falle von Miura um
1) M. Laulauiti, Sar une tuberculose parasiuire du chien et sur la pathogeuie
du follicule tuberculeux. (Compt. rend. de l'Acad. des sc. de Paris. T. XC1V. 1882.
p. 49 — 52) und Sur quelques affections parasilaires du pournon et leur rapport avec la
tuberculose (Archive« de Phys. norm. etc. Paris 1884.)
2) Ebstein und Nicolai er (Beiträge zur Lehre u. *. w.) nehmen als Hypo-
these den endolymphatischen Ursprung ihrer Granulome an, und versichern, niemals eine
Beziehung zwischen ihnen und den Blutgefäßen beobachtet zu haben.
8) Otani, angeführt von Yamagiwa (s. u.), welcher dessen Beobachtangen
vollst&ndig mitteilt.
4) Yamagiwa, Ueber Lungendistomenkrankheit in Japan. (Virchow's Archiv.
Bd. CXXVII. 1892. p. 446 — 456.) und Beitrag zur Jackson’schen Epilepsie. (Ebenda.
Bd. CXIX. 1890. p. 447—460. Taf. XI)
5) Miura, Fibröse Tuberkel, verursacht durch Parasiteueier. (Ebenda. Bd. CXVI.
p. 310—817.)
464 Vincento Dinmare, Ueber entoaobche tuberkulöse N eubildungen.
diesen Distomiden [La voran und Blanchard 1 )] handelt), daß
ihre endovasale Entstehung, ebenso wie bei Thalassochelys,
gewiß annehmbarer ist als die endolymphatische, welche, mit Zweifel,
von allen obengenannten Autoren angenommen wird.)
Ueber die Fälle von zooparasitischer Cirrhose, sei es an Tieren,
nach Virchow, Z waardemaker, Cazin, Meguen, sei es beim
Menschen, nach Kartulis (Schistosomum haematobium)*)
und Yamagiwa (Mesogonimus Westermauni) giebt es keine
genauen histologischen Einzelheiten. Eine Abbildung, die Kartulis
von einem Schnitte durch die Leber eines mit Bilharzia Behafteten
giebt, laßt vermuten, es handle sich um fibröse Tuberkel, und auch
hier folge die Cirrhose, wie im Pankreas von Thalassochelys,
auf ausgedehnte Tuberkulisation des Organs.
Die Pathologie ist schon allzu reich an Beobachtungen und
Thatsachen, zu welchen die Pseudotuberkulosen durch fremde Sub-
stanzen, die Gegenwart und das Verhalten von Riesen- und Epitheloid-
zellen bei verschiedenartigen, besonders Resorptionsprozessen gehören,
als daß ich zum Schlüsse sagen sollte, die Existenz dieser helmin-
thiseben Tuberkulosen bestätigt immer mehr die ausgezeichnete
reaktive Bcdeutuog des Tuberkels (was Übrigens nicht neu ist), wie
in letzter Zeit von Metsch n ikoff s ) bestimmt und deutlich vor-
getrageu worden ist. Doch ist in dieser Beziehung zu bemerken,
wie sehr meine Beobachtungen über die Wirkung der Plasmodien in
den Granulomen von Thalassochelys mit denen Zusammen-
treffen, welche Metsch n ikoff über die infektiöse Tuberkulose und
verschiedene audere Vorgänge von intracellulärer Verdauung von
Bakterien angestellt hat.
Infolge dieses, wie es auch mit der Phagocytentheorie bei
der Entzündung stehen möge, bin ich gezwungen, zu behaupten,
daß eine Kritik 4 ) der Ansichten Metschnikoft’s über die Be-
ziehung zwischen Wirt und Parasiten unrichtig ist Vor allem
ließe sich leicht beweisen, daß der Tuberkel eiue viel häufigere ento-
zoische Neubildung ist, als mau glaubt, und daß man leicht ver-
suchen könnte, einen gewissen Teil der am besten bekannten soge-
nannten Helminthencysten (nach ihrer Genese oder nach ihrem
Wesen) zu den tuberkulösen Formen zu rechnen. Aber es möge
genügen, hier daran zu erinnern, daß mau eine These, wie die gegen
Metschnikoff aufgestellte (daß nämlich die Parasiten
durch ihren Wirt beschützt und ernährt, und nicht
geschädigt werden), nur dann aufrecht erhalten könute, wenn
man schon lauge auf dem Gebiet der Pathologie bekannte Dinge
1) Laveran et Blanchard, Tr&itd des hematozoaires. Les vera da sang.
PaiU 1895.)
2) Kartulis, Ueber das Vorkommen der Eier des Distomum haematobium
Bilbi. in den Untorleibsorganen. (Virchow’s Archiv. Bd. XCIX. 1885. p. 139 — 145.
Taf. IV. Fig. 1—4.)
3) Metschnikoff, Ueber die phagocytäre Rolle der Tubcrkelriesenzelleu.
(Virchow's Archiv. Bd. CX11L. 1888. p. 63 — 94. Taf. IV — V und Le<;«>ns sur la path.
comp, de l infiammation. Paris 1892.)
4) Mingazzini, Kicerche aul parassitismo, (Kicerehe falte nel laborat. etc.
Roma. Vol. 111. Fase. III. 1893. p. 205—219.)
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Stefan ▼. Ratz, Ein neuer Bandwurm der Katze.
465
unbeachtet ließe [und die entozoischen Neubildungen für einen von
der Einkapselung von Fremdkörpern verschiedenen Vorgang er-
klärte; in diesem Falle allein, scheint mir, könnte man behaupten,
die Nekrose und Nekrobiose der Elemente einer entozoischen Neu-
bildung sei der Ausdruck eines Vorgangs, welcher für
sich selbst darnach strebt, das Leben des Parasiten
zu begünstigen (kurz gesagt, ihm Ernährung oder
Lebensvorräte zu bieten, die der Wirt auf seine
eigene Rechnung bereitet), denn Jedermann weiß, daß dies
einfach Phasen, Endzustände solcher Neubildungen sind, mögen sie
nun durch ein Bakterium, einen Wurm, durch ein Korkstückchen
(v. Schrön) oder ein B’ragment einer Austernschale (Cornil und
Toupet) hervorgerufen worden sein.
Nachtrag: Ich hatte seit 1895 meine Lntersuchungen be-
endigt, deren Monticelli in seiner genannten Arbeit Erwähnung
thut, und vorliegende Mitteilung war schon abgegaugen, als mir das
letzte Heft der Transactions and Proceedings of the New Zealand
Institute. Vol. XXVIII (1896) zur Ansicht kam, wo Dr. A. Park,
unter der Bezeichnung Animal and vegetable parasites associated with
the production of neoplasm in cattle and sheep, eine Arbeit über Knöt-
chen veröffentlicht, die durch Association von Spiroptera reticu-
lata mit Tuberkelbacillen oder Actinomyces hervorgerufen werden.
In dieser Note wird von einer Beobachtung Dr. Ruffer’s, dem Park
seine Präparate abgab, berichtet, die mit meinen Beobachtungen über
die pbagocytäre Wirkung der Riesenzellen in den helminthischen
Granulomen im Einklang steht. In der That schreibt Ruffer an
Park: ‘Tn some of the section one could also see large giant cells,
which were distinct filled with all kinds of debris, which were pro-
bably bits of Embryos, or even of adult worms, which these giant
cells had taken into their interior killed and digested.”
Zool. Stat. in Neapel, 1896.
Nachdruck verboten.
Ein neuer Bandwurm der Katze.
[Aus dem pathologischem Institut der Königl. ungar. tierärztlichen
Akademie zu Budapest.]
Von
Prof. Dr. med. Stefan von Ritz.
Mit 3 Figuren.
In der ersten Auflage seines klassischen Werkes über die Para-
siten des Menschen hat Leuckart 1 ) die in den Gedärmen des
Hundes vorkommende Taenia cucumerina, sowie die in der
Katze schmarotzende und damals noch für eine eigene Art gehaltene
1} Die P.rositen des Menschen, 1. Auti&ge. Bd. I. p. 400.
Erst* Abt. ZZI. B4. 30
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466
Stefan ▼. Ru tz,
Taenia elliptica mit Hinblick auf ihre Entwickelung zu den
Cystoidee» gezählt, und da die Form und anatomische Struktur
dieser Bandwürmer sich von jeuer der übrigen Tänien wesentlich
unterscheidet, hat er für sie eine eigene Gattung mit der Benennung
D i p y 1 i d i u m aufgestellt.
Nach seiner Beschreibung ist es für die Dipylidien charakteristisch,
daß sie an beiden Seiten rändern der Proglottiden je
einen Porus genitalis aufweisen, und daß sich diesem ent-
sprechend an jeder Seite Ausführungsgänge der männlichen und weib-
lichen Geschlechtsorgane befinden, indem diese, mit Ausnahme des
Uterus, sämtlich paarig sind. Charakteristisch ist auch das Rostellura,
welches keulen- oder eiförmig ist und mehrere Reihen Haken trägt,
welche statt des Wurzelfortsatzes eine scheibenförmige Basis besitzen
Die doppelschaligen Eier kleben nach Entwickelung des Embryos zo
größeren Gruppen zusammen, so daß in den Taschen des Uterus 10
— 25 Eier zu finden sind.
Leuckart hält demnach nicht nur die paarigen Geschlechts-
organe, sondern auch das Rostellum und die rosendornähnlichei
Haken, sowie das gruppenweise Vorkommen der reifen Eier im Uterus
für charakteristisch für die Dipylidien, was dann ausschließt, daß
die in Pflanzenfressern schmarotzende und mit zwei Poris genitales
versehenen Bandwürmer zur Gattung der Dipylidien gezählt werden
können, wie dies Rhiem versuchte.
Auf Grund anatomischer und histologischer Untersuchungen zeigte
es sich später, daß zwischen Taenia cucumerina und Taenia
elliptica keine so wesentlichen Unterschiede konstatirbar seien,
daß sie es motivirten, dieselben für selbständige Arten zu betrachten,
denn sie zeigen bloß hinsichtlich der Größe Unterschiede, indem die
in dem Darmkanal der Katze schmarotzenden Exemplare
in der Regel bedeutend kürzer sind, als die im Hunde
vorkommenden. Nach Vornahme vergleichender Untersuchungen
nahm später auch Leuckart 1 ) den Standpunkt Göze’s an, indem
er schon in der zweiten Auflage seines erwähnten Werkes die in zwei
verschiedenen Wirten vorkommenden Bandwürmer für identisch er-
klärte und unter der gemeinschaftlichen Benennung Taenia cucu-
merina abhandelte. Wir kannten demzufolge als Vertreter der
Gattung Dipylidium bloß den, schon von Linn6 erwähnten und
Taenia cucumerina oder Dipylidium caninum benannten
Bandwurm.
Neuere Forschungen, welche wir in dem im Jahre 1893 erschienenen
Werke von Diamare*) über die Dipylidien zusammengefaßt finden,
haben unsere bisherigen Kenntnisse wesentlich erweitert.
Sonsino fand im Jahre 1889 in Egypten in dem Darmkanal
des Megaiotis cerdo einen kleinen Bandwurm, welchen er unter
dem Namen Taenia echinorrhy ncoides beschrieb. Auf Grund
genauer Untersuchungen gelangte später Diamare zu der Ueber-
zeugung, daß dieser von Sonsino beschriebene Wurm zu den
Dipylidien gehöre.
1) Die Parasiten des Menschen. 2. Auflage. 1881. Bd. I. p. 842.
2) 11 genere Dipylidium Lt. Napoli 1893.
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Eia neuer Bandwurm der Ratze.
467
ipylidiura echinorrhyncoides ist bedeutend kleiner als
die vorige Art (7 cm lang), der Scolex ist rhomboid, das Rostellum
walzenförmig mit 16 Reihen wenig gebogener Haken versehen,
charakteristisch ist es ferner, daß auch die das Rostellum in einge-
zogenein Zustand deckende Hülle am Basalteile Haken trägt. Die
Beschreibung der Geschlechtsorgane ist mangelhaft, weil Dia mar e
bloß ein einziges Exemplar zur Verfügung hatte, es ist somit noch
nicht bestimmt, ob die Eier in den Taschen des Uterus gruppenweise
oder vereinzelt angeordnet sind.
Im Jahre 1891 fand Diamare in Neapel, Dr. Pasquale aber
1892 in Alexandrien in den Gedärmen der Katze (Felis catus
domestica) eine dritte Bandwurmart, welche den Namen Dipy-
lidium Trinchosii erhielt. Es ist die kleinste der bisher be-
kannten Arten (2ö mm lang). Der Scolex rundlich, die Saugnäpfe
etwas erhoben, das Rostellum verhältnismäßig groß, zweiteilig und
zwar der obere Teil sphärisch, der untere aber trichterartig geformt.
Auf dem oberen Teile sind 80 größere Haken, welche in 4 Reihen
gruppiert und von verschiedener Größe sind ; am größten sind die in
der obersten Reihe befindlichen, am kleinsten die Haken der untersten
Reihe. Der Hals ist sehr kurz, die vorderen Glieder linienförmig,
die übrigen bedeutend größer. Es ist sehr charakteristisch, daß die
Geschlechtsorgane sich schon im zweiten Gliede zeigen und im zehnten
Gliede ihre volle Entwickelung erreichen, während wir bei den übrigen
Dipylidien die Geschlechtsorgane erst im weiter zurückliegenden Teil
der Strobila finden. Der Porus genitalis ist bedeutend höher als die
Mitte des Lateralrandes. Der Cirrusbeutel gleicht einem gewundenen
Darme und mündet über der Vagina. Das Receptaculum semiuis ist
bimförmig; das Ovarium besteht aus zwei dichten Lappen; der
Dotterstock ist sphärisch; in den Uteruskapseln befindet
sich nur je ein Ei.
Im Jahre 1892 entdeckte Dr. Pasquale in den Eingeweiden
der Katze noch eine Art, welche Diamare nach dem Entdecker
benannte.
Das Dipylidium Pasqualei ist 20 cm lang, der Scolex kegel-
förmig, die Saugnäpfe kreisrund, das Rostellum länglich, walzenartig,
gegen das Ende zugespitzt, und befinden sich darauf 16 Reihen
Haken, deren Durchschnittshöhe 0,007 mm, Breite aber 0,008 mm
ist. Die Vorderglieder sind linienförmig, die hinteren dagegen, iu
welchen die entwickelten Geschlechtsorgane sichtbar sind, viereckig,
die abgelösten reifen Glieder aber lanzenförmig. Der Porus genitalis
befindet sich Uber der Mitte des Lateralrandes; der Cirrusbeutel ist
klein, kurz, etwas gebogen, und die Oefihung desselben in der Rich-
tung der Vagina, welche ein wahres Receptaculum seminis bildet.
Das Ovarium ist ästig, der Dotterstock zweilappig; die Uterus-
kapseln enthalten bloß ein Ei. Die Längsstämme der Wasser-
gefäße sind sehr geräumig.
Setti 1 ) fand im Dünndarm einer aus Erythraea stammenden
1) Dipylidium Gervais» n. ip. e qualche considorazione sui limiti specifici nci
c«»todi. (Atti della Societk Ligustrica di Scieuza Natur, e Gaogr. Anno VI. Genova.
1893. Pasc. II.)
26*
Google
468
Stefan v. Ratz,
Genettkatze (Gene tta tigriua) ebenfalls eine Dipylidiumart,
welche 1 — 4 cm lang und ca. 1 mm breit ist. Der Scolex ist klein
(die größte Breite beträgt 0,25 mm), das Rosteilum walzig-kugelförraig
und darauf erbeben sich 8 — 12 Reihen dorn&hnlicher Haken in der
Durchschnittsgröße von 10 /<. Die Form der Proglottiden ist ver-
änderlich, die reifen Glieder sind etwas breiter als lang, der Längs-
durchmesser der letzten Proglottiden ist größer, so daß sie Kürbis-
kernen ähnlich sehen und an der Beite je einen auflallend langen Cirrus
tragen. Die Geschlechtsorgane erreichen ihre volle Entwickelung
3 mm von dem Scolex, in der 30. Proglottis. Die Hoden nehmen
den mittleren Teil der Proglottis eio. Die Vasa deferentia sind nahe
dem Vorderrand in zwei Knäulen sichtbar. Der Cirrusbeutel ist ge-
bogen , ziemlich ausgebuchtet und ragt daraus ein langer Cirrus
(0,5 mm) hervor. Das Ovarium liegt zwischen den Hoden und unter
dem Cirrusbeutel. Die Uteruskapseln enthalten nur je ein Ei.
Die Hauptcharakteristik dieser neuen Art, welche Setti, der
Entdecker, Dipylidium Gervaisi benannte, sind die veränderliche
Zahl der Hakenreihen des Rosteilums und die auffällige Länge des
Cirrus. Am nächsten steht sie Dipylidium Trinchesii, ist
aber auch von diesem durch die Form des Rostellums und die An-
ordnung der Geschlechtsorgane wesentlich verschieden.
Diamare erwähnt noch Dipylidium genettae aus dem
Zibettiere (Viverra genetta) und Dipylidium Monticelli,
welche sich im Londoner British Museum befindet und bei Gelegen-
heit der Euphratexpedition gesammelt wurde. Diese Formen be-
trachtet Diamare selbst für solche, welche noch weitere Forschungen
erheischen, so daß von der Gattung Dipylidium derzeit eigentlich
bloß 5 Arten genauer bekannt sind.
Am 2. März 1892 fand ich bei der Sektion einer im Verdachte
der Wutkrankheit stehenden Katze im Dünndarme, in Gesellschaft
von Taenia crassicollis einen Bandwurm, dessen Untersuchung
mich davon überzeugte, daß derselbe zwar zum Genus Dipylidium
gehört, sich aber von Dipylidium caninum (oder Taenia
elliptica) wesentlich unterscheidet, weil sie am Rosteilum bedeutend
mehr Haken trägt als Dipylidium caninum. Anfänglich schrieb
ich diese Erscheinung einer unregelmäßigen Entwickelung zu, denn
wie bekannt, sind hinsichtlich der Größe, Form und Anordnung der
Haken manchmal bei ein und derselben Art wesentliche Verschieden-
heiten wahrzunehmen. Es war mithin anzunehmen, daß auch an
dem Rosteilum von Dipylidium caninum mehr und anders ge-
stellte Hacken sein können, als man gewöhnlich daran bemerkt.
Von dem erwähnten Zeitpunkt an fand ich jedoch in den Gedärmen
der Katze zu wiederholten Malen denselben Bandwurm, teils für sich
allein, teils in Gesellschaft von Dipylidium caninum oder
Taenia crassicollis und gelangte zu der Ueberzeugung, daß dies
eine selbständige Art sei, deren Merkmale beständig sind, und deren
Form, sowie anatomische Struktur von jener der bisher beschriebenen
Arten in mehrerer Hinsicht wesentlich abweichen.
In größerer Anzahl fand ich diesen Bandwurm für gewöhnlich
nur im rückwärtigen Teile des Dünndarmes, zweimal erschien er aber
ogle
Ein neuer Bandwurm der Katze.
469
auch im Mastdarme, und zweimal im Magen in je einem Exemplar.
In den Mastdarm gelangte er sicherlich mit dem Darminhalte und,
falls der Wirt weiter lebt, würde er wahrscheinlich entleert worden
sein ; in den Magen aber mochte er infolge Brechreizes aus dem
Duodenum gekommen sein. Sein eigentlicher Aufenthaltsort ist somit
er Dünndarm.
Im entwickelten Zustande ist dieser Wurm 12—20 cm lang.
Das Vorderende dünn, fadenförmig (0,288 mm), der Scolex klein (im
Querdurchmesser 0,352 — 0,432 mm) und kugelförmig. Das Mittel-
stück der Strobila bedeutend breiter (1,4— 1,6 mm), gegen Ende aber
aufs neue verschmälert. Das Rostellum erscheint im gestreckten Zu-
stande 0,112 mm lang, einem stumpfen Kegel gleich; der Basalteil
ca. 0,112 mm breit, in der Mitte aber ist das Rostellum 0,96 mm
breit, von hier an verschmälert es sich ein wenig und endigt in einer
abgerundeten Spitze. Auf dem Rostellum befinden sich zahlreiche
Haken, welche in 12—13 Reihen so gestellt sind, daß sie von der
Basis gegen die Spitze des Rostellums in diagonaler Richtung regel-
rechte Reihen bilden. Die Spitze des Rostellums ist hakenlos. Die
Haken gleichen Rosendornen, indem sie aus einem hakenartig ge-
krümmten, dornähnlichen Gebilde bestehen, welches sich aus einem
länglichen, flacheu Basalteil senkrecht erhebt. Der Basalteil (Fuß-
Scheibe) der Haken wird also durch eine längliche, flache, am
Vorderende etwas aufgebogene, an beiden Enden verjüngte Platte
«ebildet, deren unteres Ende beinahe so dick ist, wie die Breite des
Basalteiles, nach aufwärts aber sich etwas verschmälert und in einer
wenig gebogenen Spitze endigt. Die Länge des Hakens beträgt
höchsten zwei Drittel der Länge des Basalteiles; seine Höhe ist am
größten gegen das hintere Hakenende, welches nach vorn zu all-
mählich abnimmt. Die Größe der Haken ist sehr verschieden, am
größten sind die der Spitze zunächst gelegenen, welche 14 n
Fig. 1
Fig 1. Scolex von Dipylidium Cbyieri.
Fig. S. Rostellum (sUrk vergrößert) von Dipylidium Chyzeri.
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470
Stefan v. Rat*.
lang und ca. 5,5 n breit sind ; die der Basis zunächst stehenden aber
sind kleiner. . . , . . .
Der Hals ist 0,88—1,20 mm lang und der ganze Körper besteht
aus 144—160 Proglottiden. Die vorderen Glieder sind linienformig
und ungefähr 0,32 mm lang. Die in der Mitte der Strobila befind-
liehen sind nahezu
etwas quadratisch
(1,4 mm breit und
1,6 mm lang), der
vordere Teil der Pro-
glottiden ist jedoch
etwas schmäler als
der mittlere, welcher
— dem Porus geni-
talis entsprechend —
sich verdickt. Der
rückwärtige Teil der
Proglottiden ist brei-
ter , daher kommt
es, daß die Lateral -
ränder der Strobila
schwach gezahnt er-
scheinen. Die voll-
ständig entwickelten
Proglottiden, in wel-
chen also die Ge-
schlechtsorgane be-
reits ihre volle Reife
erlangten, sind ihrem
Längendurchmesser
entsprechend ausge-
dehnt und beiläufig
doppelt so lang als
breit. Die letzten,
bezw. die bereits reife
Eier enthaltenden,
oder abgelösten Glie-
der aber sind 4,5 mm
lang und 0,70—0,75
mm breit , walzen-
förmig und gewöhn-
lich leicht gelblich
gefärbt.
Von den Geschlechtsorganen fallen zunächst der Cirrus-
beutel und das Vas deferens auf, und zwar nahe am Rande der
Proglottiden, so, daß diese vom 85.-86. Gliede an schon gut wahl-
zunehmen sind; dagegen sind die Hoden mehr hinten, die weiblichen
Geschlechtsorgane aber erst beiläufig in der Mitte der Strobila zo
erkennen. Bei einem kleinen Exemplar sind in ungefähr 58—60 Pro-
glottiden die entwickelten Geschlechtsorgane und in den 5 — 6 letzten
Gliedern reife Eier sichtbar.
Fig. 3. Proglutti* von Dipylidium (Jhyieri:
ca I.ängsstJfmme des Waasergefaflsystems; v Vas deferens;
cb Cirruabemel ; pg Porus genitalis; va Vagina; r« Re-
ceptaculum seminis; oo Ovorium ; >d Scbalendrüse; dt
Dotterstöcke ; A Hoden.
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Ein neuer Bandwarm der Katze.
471
Der Porus genitalis (Geschlechtskloake) (Fig. 3 pg ) liegt
vor der Mitte des Lateralrandes, d. i. näher zum Kopfende der Pro-
glittis. Bei solchen Proglottiden, in welchen schon entwickelte Ge-
schlechtsorgane wahrnehmbar sind, finden wir zuweilen an beiden
Seiten je eine kleine, kugelförmige Papille, welche infolge der An-
schwellung des Cirrusbeutels entsteht Dagegen ist bei vollständig
reifen, folglich schon entwickelten Eier enthaltenden Proglottiden, be-
sonders aber bei den abgelösten, welche von den Eiern walzenförmig
aufschwellen, blos eine, der Geschlechtsöffnung entsprechende Ver-
tiefung zu sehen.
In dem Sinus genitalis mflnden die Gänge der Geschlechts-
organe, also einerseits der Cirrusbeutel (Fig. 3 c6), andererseits
die Vagina (Fig. 3 va). Der Cirrusbeutel ist von beträchtlicher
Größe (250— 260 /« lang und 120—130/« breit), in der Mitte konkav,
an beiden Enden, besonders an dem gegen das Vas deferens gelegenen
Teile, verschmälert, so daß er demzufolge eine birnfömige Gestalt
annimmt; im gewundenen Zustande liegt in ihm das Ende des Vas
deferens, d. i. der Cirrus, von welchem oft ein kleiner Teil außerhalb
des Porus genitalis bleibt. Besonders ins Auge fallend ist dies bei
solchen Proglottiden, deren Lateralrand durch den Cirrusbeutel auf-
geschwollen erscheint. Hinter dem Cirrusbeutel liegt das mehrfach
verschlungene Vas deferens (Fig. 3 v), welches gegen das Vorderteil
des Gliedes bogenförmig hinzieht. Die Hoden (Fig. 3 h ) sind rund-
liche Gebilde, welche die Mitte des Proglottis einnehmen und ver-
mittelst eines ltöhreunetzes mit dem Vas deferens Zusammenhängen.
Die Vagina (Fig. 3 va) läuft als röhrenförmiges Gebilde vom
Sinus genitalis bis zur Mitte, bezw. bis zum Hinterteil der Proglottis,
geht inzwischen in eine spindellörmige Anschwellung über, das
Keceptaculum seminis (Fig. 3 rs), wird sodann abermals
röhrenartig, und von deu eiförmigen Schalendrüsen umschlos-
sen (Fig. 3 sd ), welche acinöer Struktur ist, worauf sie vor dem
Dotterstock (Fig. 3 sd) endigt. An beiden Seiten der Vagina
sehen wir das flügelartig ausgebreitete und aus Drüsengruppen be-
stehende, ästige Ovarium (Fig. 3 ov), während der Dotterstock —
ein aus mehreren unregelmäßigen Lappen bestehendes Gebilde —
vor der Schalendrüse Platz findet.
Die Längsstämme der Wassergefäße (Fig. 3. ca.) laufen in Form
von Röhren an den Lateralrändern der Proglottiden hin, wogegen die
Querstämme so angebracht sind, daß sie au der Verbindungsstelle
der Proglottiden, d. i. an der Grenze zweier, einanderfolgenden
Glieder hinlaufen und in der Nähe der Längsstämme anschwellen,
gegen die Mittellinie der Proglottis aber sich verschmälern.
Den Raum zwischen den Wassergefäßstämmen und den Drüsen
nimmt der Uterus ein, welcher, so lange er leer ist, in Form eines
netzartigen Gebildes zwischen den Hoden erscheint, wenn er jedoch
mit befruchteten Eiern angefüllt ist, so schwellen seine Taschen an,
und infolge des hierdurch verursachten Druckes verkümmern die
übrigen Geschlechtsorgane immer mehr, so zwar, daß in deu letzten
reifen, bereits abgelösten Proglottiden bloß der in Atrophie befindliche
Cirrusbeutel, die Röhren des Vas deferens, die Vagina und das
472
Stef&n v . Ritz, Ein neuer Bandwurm der Katze.
gleichfalls verdünnte Receptaculum seminis zu erkennen, dagegen die
Hoden, Ovarien u. s. w. kaum wahrzunehmen sind. Die einzelnen
Ausläufer des UteruB wandeln sich dann gewissermaßen in Kapseln
um, welche jedoch nur je ein Ei enthalten.
Die Eier sind gerundet, 52—53 fi groß, die darin befindlichen
und mit 6 Hacken bewaffneten Embryonen aber haben eine Größe
von 42 /u und sind von einer doppelten Schale umgeben. Die
Stellung der Embryonalhaken ist zweierlei Art, inwiefern sie entweder
in dem einen Pole in einem mit der Basis gegen die Schale des
Embryo gerichteten Dreieck gruppiert sind, oder aber zu zweit quer
in der Nähe der Schale beiderseits, zwei hingegen zwischen diesen
gleichsam horizontal angebracht sind.
Aus dieser Beschreibung erhellt, daß der von mir gefundene
Bandwurm sich so wesentlich von Dipylidium caninum unter-
scheidet, daß er mit demselben gar nicht verwechselt werden kann.
Viel näher aber steht derselbe den von Diamare beschriebenen
Formen. Die meiste Aehnlicbkeit zeigt der in Rede stehende neue
Bandwurm mit Dipylidium Pasqualei, daß er aber auch mit
diesem nicht identisch sei, das zeigt sich sofort, wenn wir letzt-
genannte Art mit der eben beschriebenen Form eingehend vergleichen.
Durch die Vergleichung sind folgende auffallende Abweichungen fest-
zustellen :
1) Das Rosteilum von Dipylidium Pasqualei ist läng-
lich, walzenförmig, stark zugespitzt, — dagegen ist
bei dem von mir beschriebenen Bandwurm das Rostel-
lum kegelförmig, an der Spitze abgerundet.
2) An dem Rosteilum von Dipylidium Pasqualei be-
finden sich 16 Reihen von Haken, welche sich in
abwechselnden Querreihen an einander schließen,
die Haken sind klein, breiter als lang, die Länge
der Haken ist übereinstimmend mit der Länge des
Basalteiles; — an dem Rostellum der eben beschrie-
benen neuen Art dagegen befinden sich 12 — 13 Reihen
von Haken, welche in der Richtung der Diagonale
regelmäßige Reihen bilden; außerdem ist selbst der
kleinste der Haken größer, als die Haken von Di-
pylidium Pasqualei, wogegen ihre Breite kaum der
Hälfte des Längsdurchmessers entspricht, und die
Län ge des eigentlichen Hakens blos zwei Drittel der
Länge des Basalteiles ausmacht.
3) Die reifen Proglottiden von Dipylidium Pasqualei
sind fast quadratisch, die reifen Glieder der neuen
Art dagegen länglich.
4) Der Cirrusbeutel der neuen Art ist von bet räch t-
licher Größe, bimförmig, und die Längsstämme der
Wassergefäße überragend, wogegen der Cirrussack
von Dipylidium Pasqualei bedeutend kleiner ist und sich
nicht bis zu den Längsstämmen der Wassergefäße
ers treckt.
5) Bei der neuen Art sind die Längsstämrae der
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Marion Dorset, Crjstal formation in coltnre media.
473
Wassergefäße kaum breiter als die Quergefäße, bei
Dipylidinm Pasqnalei dagegen auffallend breiter.
Alle diese Abweichungen sind so augenfällig und charakteristisch,
daß ich darnach entschieden schließen muß, es sei das von mir unter-
suchte Dipylidium mit dem von Diamare beschriebenen Di-
pylidium Pasqualei nicht identisch. Demzufolge wünsche ich,
dasselbe als neue Art, unter dem Namen Dipylidium Chyzeri
in die ungarische Fauna einzufahren.
. 19. Febr. 1897.
Nachdruck verboten.
Grystal formation in culture media.
A reply to Drs. Nowak and Ciechanowski.
B r
Marion Dorset, M.D.,
Assistant in Biochemie Laboratory, U. S. Department of Agricalture.
I regret that I am called upon to occupy the space of this
Journal with a subject which it seems to me has already been fully
explained. However, Drs. Nowak and Ciechanowski, in their
article in No. 18/19. Vol. XX. 1896, of this journal, entitled, “Ueber
Krystallbildung in den Nährmedieu” which has just come to my hands,
have so failed to understand my former note as to crystal formation
in culture media by Bacillus pyocyaneus, that a short ex-
planation seems necessary, although their misinterpretation of my
Statements is so evident that I am inclined to attribute it to the
possibility of their not being thoroughly conversant with English.
First of all, 1 would call attention to the fact that I did not
deny, as Drs. Nowak and Ciechanowski seera to have under-
stood, in my former communication, that other bacteria than Ba-
cillus pyocyaneus may produce crystals in culture media, but
made the Statement that, “when agar cultures of any bacillus have
become considerably dried out we may notice crystals of the mineral
salts present, but in the case of Bacillus pyocyaneus the
crystals form before any drying has taken place’’. From this the
most natural inference would be that 1 had used freshly prepared
agar tubes, for it is difficult to conceive old agar tubes which have
not dried to some extent. In my former note I also mentioned the
fact that Bacillus pyocyaneus liquefied gelatin and that crystals
were deposited in the medium after it had reached the liquid state.
It was hardly necessary to note that the gelatin cultures were grown
at the room temperature. Agar and bouillon cultures were grown
in the incubator at the ordinary temperature (37,5° C).
Now a glance at the above Statements and a comparison of them
with those of Drs. Nowak and Ciechanowski is quite interest-
ing. I will quote a sentence from their note of Nov. 5< h , 1896.
It is follows: „Wie gesagt, war die Erscheinung bei allen Arten und
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474
Allgameiues Über Bakterien etc.
Abarten sehr konstant und üppig, vorausgesetzt, daß die betreffende
Kultur auf der genannten alternden Agarportion angelegt worden
war.“ As is easily seen the above quotation is a complete con-
firniation of what I bave stated in my original article, for the con-
dition of crystal forraation by other bacteria, upon which Drs. Nowak
and Ciechanowski lay especial stress is exactly the one I have
myself urged, viz., that for other bacteria to produce crystals in agar.
the agar must be old, or in other words dried to some extent. The
fact that they have observed crystals in cultures of Bacillus coli
communis is unimportant, for although they have obtained a crystal
formation in these cultures within 1 — 2 weeks they have, according
to their own Statements, used for this purpose, old, and consequently,
partially dried culture media. Drs. Nowak and Ciechanowski
did not give their experience with cultures on liquid media. I bave
fouud crystals on the sides of tubes and hanging from the surface
growth of Bacillus pyocyaneus, in ordinary fresh peptonized
beef brotb, kept in the incubator for five days, and with paraffined
plugs to prevent evaporation.
In conclusion, I would state that the early formation of crystals
in freshly prepared agar was, in my experiments, so constant that I
regard it as a characteristic of the Bacillus pyocyaneus. I
have not observed that other bacteria produce crystals in freshly
prepared media in a short time, but only when the culture media is
old and, therefore, partially dried. Should other bacteria be found,
however, which have this property the fact that it is a characteristk
of Bacillus pyocyaneus would remain, just as the faculty of
coagulating milk will remain a characteristic of the bacillus of hog
cholera, however, many other varieties of bacteria may be found to
possess the same property.
Washington, D.C., January 7 th , 1897.
Referate.
Flügge, C., Die Mikroorganismen. Mit besonderer Be-
rücksichtigung der Aetiologie der Infektionskrank-
heiten. Dritte, völlig umgearbeitete Auflage. Leipzig (F. C.
W. Vogel) 1896.
„Endlich ist der „Neue Flügge“ erschienen“, diesen Beruhigungs-
seufzer hat wohl gar Mancher ausgestossen, als er die neue Auf-
lage des Lehrbuches in die Hand bekam. Wenn uns heute der
Auftrag zu teil geworden, das Referat über dieses Werk für
das Centralblatt zu übernehmen, so könnten wir eigentlich nichts
Besseres thun, als in den obigen Freudenruf einzustimmen. Eine
Empfehlung eines solchen Buches im landläufigen Sinne erscheint
geradezu absurd, so werden auch wir uns dieser Pflicht entbinden
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Allgemeines über Bakterien etc.
475
können und glauben, daß es wohl keine bessere Empfehlung für ein
Buch giebt, als die Mitteilung der Thatsache, dass die Auflage bereits
vergriffen ist, und zwar eher vergriffen, ist als der Recensent Zeit und
Gelegenheit fand, eine Recension zu schreiben. Doch seien ein paar
Worte gestattet. Für medizinische Autoritäten, welche ein Votum
als Dogma annehmen, daß „an der Bakteriologie nichts dran sei;
da sei immer dasselbe, immer eine Gelatineplatte und eine Maus und
eine Platinöse, und das sei kein wissenschaftliches Arbeiten“, für solche
Leute ist das Buch allerdings schwerlich geschrieben, und auch die,
welche in nosoparasitischen Ideenkreisen eine schützende Zufluchts-
stätte suchen vor den mit immer unwiderstehlicherer Gewalt auf sie
einstürmenden Fundamentalbeweisen bakteriologischer Wissenschaft,
werden schwerlich mit besonderem Wohlbehagen die Errungenschaften
der Bakteriologie studieren oder auch nur lesen wollen. Aber glück-
licherweise ist dieses Häuflein nur gering und täglich mehren sich
die Fahnenflüchtigen und Ueberläufer. „Wer die Bakteriologie fort-
dauernd ignoriert“, so sagt auch Flügge, „für den werden die jüngeren
Mediziner bald in einer Sprache reden, die er nicht mehr versteht
und vergeblich wird er später versuchen, die verlorene Fühlung mit
der modernen Wissenschaft wiederzugewinnen.“
Die moderne Wissenschaft sieht aber in den Bakterien die
Ursache der mannigfachsten Infektionskrankheiten und seit dieses
von den namhaftesten Forschern anerkannt, ist auch die Bedeutung
der Bakteriologie eine ganz andere geworden. Flügge’s Lehrbuch
ist hier wie kaum ein anderes Buch imstande, uns von der Wahrheit
dieser Ansicht zu überzeugen und wer das Buch in diesem Sinne
studiert, wird es nicht ohne Vorteil für sein Wissen und seine An-
schauungen in die Hand nehmen.
Seit dem Erscheinen der zweiten Auflage hat die Bakteriologie
Riesenfortschritte gemacht. Die Erfolge der Koch 'sehen Cholera-
prophylaxe, die Einführung der Asepsis, das Studium der Giftwirkung
der Bakterien im Körper von Tier und Mensch , der Einfluß der
Körpersäfte auf die Bakterien, die Zurückweisung der Cellulartheorie
in die ihr gebührenden Schranken und der glänzende Ausbau der
Wirkungsweise humoraler Elemente, das sind Marksteine nicht nur
in der Bakteriologie, sondern in der gesamten modernen medizinischen
Wissenschaft. AU diese Errungenschaften, die Frucht vieltausendfacher
Arbeit weniger Jahre, galt es in der neuen Auflage zu berücksichtigen.
Dieser Fortschritt in der Disziplin giebt sich dann auch schon in
dem Umfang des Werkes, welcher fast auf das Doppelte gewachsen
ist, zu erkennen.
Eine wesentliche Aenderung muß noch erwähnt werden. Die
neue Auflage hat Flügge nicht selbst geschrieben, er hat nur die
Durchführung einheitlicher Leitung übernommen, für die Ausarbeitung
sind verschiedene Forscher gewonnen, und zwar Frosch, Gotschlich,
Kolle, Kruse und R. Pfeiffer.
Die historische Entwickelung der Lehre von den Mikroorganismen
verdanken wir Gotschlich in knapper, aber erschöpfender Form
und unter Wahrung einer glänzenden Ausführung werden wir mitten
in die Sache hineingeführt. Es folgt die allgemeine Morphologie der
476
Allgemeines Ober Bakterien etc.
Mikroorganismen von Kruse und Frosch. Wie schon in den früheren
Abschnitten sind nicht bloß die Bakterien, sondern auch die Schimmel-
und Sproßpilze eingehend berücksichtigt. Sehr willkommen dürfte
das Kapitel über Protozoen sein.
Die allgemeine Biologie verdanken wir Kruse und Gotschlich.
Dieser Stoff gehört an sich mit zu den interessantesten Kapiteln der
Bakteriologie, die Autoren haben es verstanden, ihn auch zu einem
gern gelesenen zu machen. Vorkommen und Fundorte der Mikro-
organismen behandelt R. Pfeiffer. In diesem Kapitel wird das
Problem der Pettenkofer’schen und Koch’schen Theorie über
die Ausbreitung der Bakterien in bester Weise gelöst, und kanm
hätte eine geeignetere Persönlichkeit gefunden werden können, die
in diesen Dingen mehr persönliche Erfahrung verbunden mit tiefster
Sachkenntnis gehabt hätte.
Die Methoden der Untersuchung verdanken wir Kolle. Dieses
Kapitel ist sehr erschöpfend behandelt und was vom größten Vorteil
ist, die empfohlenen Methoden sind vom Verf. und auch wohl von
den meisten Bakteriologen erprobt und als die besten befunden
worden. Außerordentlich das Verständnis erleichternd wirken die
zahlreichen Abbildungen der einschlägigen Apparate. Damit schließt
der erste allgemeine Teil des Werkes. Der zweite Teil ist für die
Systematik reserviert.
Frosch behandelt die Systematik der Faden- und Sproßpilze,
Kruse die der Streptothricheen.
Die einleitenden Kapitel über ein System der Klassifikation be-
handelt Kruse, es folgen die Mikrokokken von Frosch und Kolle,
die Bacillen bespricht Kruse, die Beschreibung der Spirillen ver-
danken wir R. Pfeiffer, die Systematik der Protozoen hat endlich
Kruse übernommen.
Es möchte manchem der zweite Teil durch die Aufzählung der
unendlich vielen, zum Teil noch dazu sehr selten gefundenen Bakterien
etwas zu weitschweifig erscheinen. Zum Lesen mögen manche Kapitel
wie die über Luft- und Wasserbakterien allerdings etwas ermüdend
sein, aber irgendwo muß doch einmal eine vollständige Sammlung der
Arten sein und da dürfte dieses Werk denn doch in erster Linie in
Frage kommen und besonders für den, der sich mit den einzelnen
Arten etwas eingehender beschäftigen will, dürfte die in dem Werke
gewählte Ausführlichkeit sehr willkommen sein.
Es hätte ja für das Gelingen des Ganzen vielleicht Vorteil ge-
habt, wenn einzelne Spezialgebiete, wie pyogene Kokken, die Tier-
infektionskrankheiten u. a. m. von „Spezialisten“, d. h. von denen
bearbeitet wären, die durch jahrelanges Studium auf diesem Spezial-
gebiete der Bakteriologie ganz besonders zu Hause sind. Aber es
muß fraglich erscheinen, ob dadurch nicht die Darstellung eine mehr
subjektive je nach der jeweiligen individuellen Auffassung des Ein-
zelnen geworden wäre und dieser Fehler ist glücklich vermieden und
die Darsteller der verschiedenen Kapitel haben sich auch in die ihrem
speziellen Arbeitsgebiete ferner liegenden Stoffe mit solcher Vorzüg-
lichkeit und Gründlichkeit hinein gearbeitet, daß selbst der Spezialist
einer Bakterienart — denn so weit ist ja die Arbeitsteilung bereits
FUUchvergiftuog.
477
in dem Spezialfach Bakteriologie gegangen — die Einzelvorträge mit
vielem Genuß lesen wird.
Doch genug des Lobes. Das Buch ist vergriffen. Hoffentlich
erleben wir bald eine neue Auflage, wenigstens nach einem kürzerem
Intervall, als ihn das Erscheinen der jetzigen zeitigte. In der Bak-
teriologie drängt eine Thatsache und eine Entstehung die andere.
Ein Buch, das heute neu ist, ist schon morgen veraltet. Ein Lehr-
buch soll aber aus dem Wulst der Tageslitteratur den wahren all-
gemein anerkannten Kern herausschälen. Jeder Tag kann und wird
neues bringen, so darf man sich freuen, daß die Auflage nicht zu
groß bemessen ist und darf hoffen, daß in nicht allzu ferner Zeit eine
neue Auflage eine neue Blütenlese aus den bakteriologischen Pflanz-
stätten bringen wird.
Der edle Wettstreit der verschiedenen Mitarbeiter, nur das
Allerbeste zu bieten, hat auch die Reaktion mitgerissen, die äußere
Ausstattung bildet einen würdigen Rahmen für den reich kolorierten
Inhalt. O. Voges (Berlin).
Günther, Carl, Bakteriologische Untersuchungen in
einem Falle von Fleischvergiftung. (Archiv f. Hyg.
Bd. XXVIII. Heft. 2. p. 146.)
Zu Pfingsten 1896 erkrankten in mehreren Ortschaften der Proviuz
Posen eine größere Anzahl von Personen, welche sämtlich von Fleisch-
waren aus einer und derselben Bezugsquelle gegessen hatten, uuter
Leibschmerzen, Erbrechen, Durchfall etc. während ein 47 -jähriger
Knecht St. kaum 24 Stunden nach dem Genüsse solcher Fleischspeisen
gestorben war.
5 — 6 Tage nach dem Auftreten dieser Erkrankungen begann
Verf. die bakteriologische Untersuchung einer größeren Reihe mit
der erwähnten Epidemie im Zusammenhänge stehender, an das hy-
gienische Institut in Berlin eingesandter Objekte, welche um die ge-
nannte Zeit zum Teil schon in starke Fäulnis übergegangen waren.
Aus im ganzen 10 eingelieferten Proben (Mageninhalt, Urin, Leber,
Herzfleisch uud Milz von der Leiche des St., sowie Tierfleisch, Tier-
blut, Leberwurst, Blutwurst und Knackwurst) isolierte G. 15 Bakterien-
stämme, deren morphologisches, biologisches und kulturelles Verhalten
er einem genaueren Studium unterzog. Hierbei stellte es sich heraus,
daß drei aus der Leber resp. Milz der Leiche des St. gezüchtete
Bakterienarten mit dem von Gärtner gelegentlich einer Fleisch-
vergiftungsepidemie im Jahre 1888 isolierten Bacillus enteriti-
dis identisch waren.
Von den wichtigsten Eigenschaften der G.’scben Stämme sei her-
vorgehoben, daß sie lebhaft bewegliche Stäbchen vorstellten, welche
— wenn von Gelatinekulturen stammend — nach der Färbung ein
gefärbtes Mittelstuck und ungefärbte Enden erkennen ließen, daß sie
ferner Traubenzucker uuter kräftiger, Milchzucker unter sehr geringer
Gasbildung zersetzten, und in Trauberzuckerbouillon ebenso gut auae-
rob wie aörob, in Milchzuckerbouillon dagegen nur bei unghindertem
Zutritt von Sauerstoff kräftig gediehen. In Bezug auf Tierpathogenität
konute Verf. volle Uebereinstimmuug seiner Kulturen mit dem Ba-
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478
Typhus. — Maul- und Klauenseuche.
eillus enteritidis Gärtner konstatieren. Mäuse und Meer-
schweinchen erlagen leicht der subkutanen sowie der Infektion per os.
Von 3 Kaninchen, welche mit den fraglichen Kulturen subkutan ge-
impft wurden, blieben zwei gesund, während das dritte nach 3 Tagen
starb. Fütterungsversuche an einem Hunde blieben erfolglos. Aus
den inneren Organen der eingegangenen Tiere konnten die verimpften
Kulturen, auch wenn die Infektion vom Darmkanale aus erfolgt war
wiedergewonnen werden. ,
Die übrigen von G. aus dem eingesandten Untersuchungsmateriale
gezüchteten Mikroorganismen verteilen sich auf die Gruppen des
Bacterium coli, der Proteus- Arten und der Fäulnisbakterien.
Außerdem wurden große nicht pathogene Kokken und das Bacte-
rium Zopfii isoliert. Vogel (Hamburg).
Stern, R. , Diagnostische Blutuntersuchungen beim
Abdominaltyphus. (Centralblatt für innere Medizin. 1896.
No. 49.)
Stern berichtet über die Ergebnisse seiner Blutuntersuchungen
bei 13 Typhusfällen und einer Anzahl Personen, die gesund waren
oder au anderweitigen Krankheiten litten. Es wurde das W i d a 1 'sehe
Verfahren angewandt, um die Typhusparalysine — Verf. hat den
von R. Pfeiffer und W. Ko Ile vorgeschlagenen Namen acceptiert
— im Blute nachzuweisen. Bei sämtlichen Typhusfällen zeigte das
Blut die spezifische Veränderung, allerdings einmal am 14. Tage
der Krankheit noch nicht, sondern erst am 16. Tage. Da Stern
auch Sera von Nichttyphuskranken fand, die bei der von Widal
vorgeschlagenen Verdünnuug von 1 : 10, die Paralysinwirkung zeigten,
so hält er es für angebracht, schwächere Konzentrationen des Serums
heranzuziehen, um so mehr als er fand, daß Serum von Typhuskranken
noch in Verdünnung von 1 : 100, ja 1 : 1000 wirkte. Normales Serum
zeigt bei solchen Verdünnungen nie Paralysinwirkung. Zum Schlüsse
seiner Arbeit äußert sich Stern über die klinische Verwendbarkeit
der Serodiagnostik beim Typhus abdominalis dahin, „daß positive Er-
gebnisse — unter Berücksichtigung der mitgeteilten Erfahrungen über
die Wirkungen des normalen Serums — eine wichtige Unterstützung
der klinischen Diagnose liefern“. Negativen Resultaten dagegen wird
man in der ersten Zeit der Krankheit eine ausschlaggebende Be-
deutung nicht zuerkennen dürfen, da die Reaktion nach Widal’s
Erfahrungen noch am 6. Tage, nach der meinigen ausnahmsweise
sogar noch am Ende der 2. Woche fehlen kann. In zweifelhaften
Fällen ist danach die Untersuchung bei negativem Ausfall öfters zu
wiederholen. W. Kolle (Berlin).
Bussenius und Siegel, Der gemeinsame Krankheitserreger
der Mundseuche der Menschen und der Maul- und
Klauenseuche der Tiere. (Deutsche med. Wochenschr. 1897.
No. 5 und 6.)
Dieselben, Zur Frage des Bacillus der Maul- und Klauen-
seuche. (Ebenda. No. 8.)
Fränkel, C., Der Siegel’sche Bacillus der Maul- und
Klauenseuche. (Hyg. Rundschau. 1897. No. 4.)
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Maul- und Klauenseuche.
479
Nachdem Bussenius und Siegel unlängst (vergl. Referat in
dieser Zeitschr. Bd. XXI. S. 289) eine ausführliche Zusammenstellung
früherer auf klinischen Gesichtspunkten begründeter Angaben über
den Zusammenhang der Maul- und Klauenseuche der Tiere mit
menschlichen Erkrankungen gebracht haben, veröffentlichen sie nun-
mehr (1) ihre eigenen an Menschen und Tieren angestellten Versuche.
Sie übergehen hierbei ebenso wie in der eben erwähnten Abhandlung
die Frage, wie das klinische Bild dieser Krankheit beim Menschen
abzugrenzen ist. Nach den früheren Mitteilungen Siegel’s und
einigen kurzen in der in Rede stehenden Arbeit enthaltenen Krankheits-
beschreibungen würden gleichermaßen alle leichten mit Bläschen-
ausschlag im Munde verbundenen Erkrankungen , insbesondere die
Aphthen der Kinder, wie auch die tödlich endigenden skorbutartigen
Erkrankungen Erwachsener fortan hierher bezogen werden dürfen, ja
selbst das Heer der fieberhaften mit Herpesbläschenausschlag im
Munde einhergehenden Erkrankungen würde herein bezogen werden
können. Die also entstehende vollständige Unsicherheit wird recht
augenfällig gekennzeichnet, indem die Verff. 3 von Ebstein be-
schriebene angebliche Erkrankungen beim Menschen, bei denen ihr
Bacillus nicht gefunden war, als „nicht ganz eindeutig“ bezeichnen.
Mit demselben Recht würden sie auch die gesamten 1600 Fälle ihrer
Zusammenstellung anzweifeln können. Indessen beanspruchen die Verff.
aus jenen klinischen Berichten zunächst nur eine Stütze für den
bakteriologischen Beweis, den sie nunmehr erbracht zu haben glauben.
Die veröffentlichten Ergebnisse sind in der That zum Teil augen-
fällig genug, um solches wahrscheinlich zu machen. Sie bestehen
1) in dem Nachweis, daß der blutgemischte Speichel eines „schwer
an Maul- und Klauenseuche erkrankteu“ einjährigen Kindes ein Kalb
und 2 Hühner bei Einspritzung in den Rachen erkranken ließen,
ersteres an typischer Maul- und Klauenseuche, letztere an einer Blut-
überschwemmuug mit den typischen Bacillen; 2) daß der von einem,
dem Bilde der Maul- und Klauenseuche ähnelnde Krankheitserschei-
nungen darbietenden und dann gestorbenen Kranken gewonnene
Bacillus ein junges Kalb nach Verbitterung erkranken und binnen
4 Tagen sterben ließ. Die aus diesem JKalbe wieder gezüchteten
Bacillen ließen auch weiterhin größere Tiere erkranken. „Dieser
Bacillus zeigte nicht nur mikroskopisch, sondern auch kulturell eine
bemerkenswerte Aehnlichkeit mit dem von Siegel veröffentlichten
Bakterium.“ Daß die dadurch zur Erkrankung gebrachten Tiere
Erscheinungen der Maul- und Klauenseuche gezeigt hätten, wird nicht
berichtet. 3) Bei Versuchen mit der ursprünglichen Siegel’schen
Kultur entstanden gelegentlich „Krankheitserscheinungeu, die an die
bei Maul- und Klauenseuche der Tiere bekannten Lokalsymptome
erinnerten.“ 4) Es fanden sich die Bacillen auch im Speichel von
2 anderen Kindern. Die bis hierher erwähnten Tierversuche bemängeln
die Verff. selbst, da die Pathogenität, wahrscheinlich wegen des Alters
der Kulturen, wechselnd war.
Außer diesen zu menschlichen Erkrankungen in Beziehung stehenden
Kulturergebnissen wird über das Auffinden der Bacillen bei 13 er-
krankten und einem selbst infizierten Stück Rindvieh und zwar an
480
Maul* und Klauenseuche.
4 verschiedenen Orten berichtet. Die Bacillen fanden sich im Speichel,
Blut und (1 mal) Bläscheninhalt. Die Reinzüchtung erfolgte zunächst
auf Plattenaussaaten und auf dem Umwege der unmittelbaren Aussaat
in Bouillon, wobei der Bacillus angeblich bald andere Bakterien über-
wucherte (Anreicherung). Ueber die Menge der jedesmal vorhandenen
Keime ist nichts mitgeteilt.
Da die Verff. außer stände sind, für ihre Bacillen Merkmale
anzuführen, mit deren Hilfe sie unter den Mikroskope oder in der
Kultur von dem allverbreiteten und angeblich sehr ähnlichen Bact.
coli zu unterscheiden sind, so können die bis zu diesem Punkte
mitgeteilten Ergebnisse immer noch zur Entscheidung der Frage von
der Ursache der Maul- und Klauenseuche nicht verwertet werden.
Der Schwerpunkt ihrer Untersuchungen liegt in den mit 3 Kulturen
verschiedener Herkunft an 3 Kälbern und einem Schwein angestellten
Impfungen, wobei 1 oder 10 ccm Bouillonkultur verfüttert wurdeu.
Diese Tiere erkrankten binnen 2 — 6 Tagen teils mit Blasen an der
Nase, Geschwüren an der Oberlippe und auf dem Zahnfleisch, teils
auch mit Schwellung und Blasenbildung an den Klauen. Ob Fieber
auftrat, ist nicht berichtet. Die in 2 Fällen von Tierärzten vor-
genommene Untersuchung der kranken Tiere kam zu dem Ergebnis,
daß die Erscheinungen der Krankheit solche oder „ähnlich denen“
waren, welche bei der Maul- und Klauenseuche Vorkommen.
Hiernach würde die charakteristische Eigenschaft und der Unter-
schied des fraglichen Bacillus von den Formen der überall anzu-
treffenden Gruppe des Bact. col i darin bestehen, daß er bei Schweinen
und Kälbern nach Verfütterung das Krankheitsbild der Maul- und
Klauenseuche erzeugt. Es fragt sich nun, wie weit das letztere als
charakteristisch gelten kann und ob nicht etwa Kulturen anderer
Formen jeuer Gruppe ähnliche Krankheitserscheinungen erzeugen
können. Diesem Bedenken haben die Verff. insofern Rechnung ge-
tragen, als sie Bact. coli verschiedener Herkunft von gesundem
Kot und aus diarrhöischen Stühlen Erwachsener und Kinder auf
etwaige Pathogenität durch Verfütterung bei großen Tieren prüften.
Die infizierten Tiere reagierten niemals. Doch ist damit die Frage
nicht erledigt So könnte, z. B. der von Gaffky und Paak be-
schriebene Bacillus der Friedeberger Fleischvergiftung als näher zu
prüfender Konkurrent hier ins Feld geführt werden. Wie mißlich
es ist, mit den oft wenig augenfälligen Erscheinungen der Maul- und
Klauenseuche die Diagnose zu stellen, haben die Verfi. alsbald nach
ihrer Veröffentlichung erfahren müssen, indem in No. 3 der Berliner
tierärztlichen Wochenschrift 1897 durch Furtuna die Entdeckung
eines anderen Bacillus der Maul- und Klauenseuche durch den Veterinär-
inspektor Starcovici in Rumänien berichtet und gepriesen wurde.
Indem sie (2) diese Veröffentlichung besprechen, kommen sie zu dem
Schluß, daß dieser neue Bacillus, welcher jener Mitteilung gemäß die
Seuche erzeugt, mit dem ihrigen vorläufig nicht gleichzusetzen sei.
Doch genügt ihnen die Thatsache zu dem Ausspruche, daß es jeden-
falls interessant ist, „daß nunmehr auch von anderer Seite ein
Bacillus als Erreger der Maul- und Klauenseuche angesprochen
wird und somit unsere Befunde bei der menschlichen und tierischen
Maul- und Klauenseuche eine gewisse Bestätigung erfahren ‘
Maul- und KUuenseuch«. — 'tierische Parasiten.
481
Bei solcher Sachlage ist die Veröffentlichung C. Fränkel’s (3)
besonders dankbar zu begrüßen, die es unternimmt, an dem so groß
und scheinbar geschlossen aufgeftthrten Beweisbau schwache Puukte
zu zeigen. F. führt folgende Bedenken ins Feld. Einen dem Siegel*
sehen gleichenden Bacillus fand er bei der Untersuchung von 30 zum
Teil frisch erkrankten Rindern in der Nähe von Halle nur 2 mal und
zwar nicht in den von Siegel erprobten Fundstätten, sondern in
der Milch und im Dickdarmschleim. Zum Vergleich diente ihm eine
von Siegel überlassene Reinkultur, von welcher er übrigens angiebt,
daß sie, wenn auch zur Gruppe des Bact. coli gehörig, sich ohne
allzu große Schwierigkeiten auf der Gelatineplatte durch ihr Wachstum
vom typischen Bact. coli unterscheiden ließ. Tierversuche wurden
damit nicht angestellt. Von weiteren Untersuchungen an erkrankten
Tieren schreckte F. die Thatsache ab, daß er einige Male in den
frischen Blasen kranker Tiere überhaupt keine Mikroorganismen fand.
Außer diesen eigener Erfahrung entstammenden Bedenken führt
F. als Warnung zur Vorsicht an, daß die Verff. selbst ihren Bacillus
nicht mehr bei fortgeschrittener Erkrankung finden konnten und daß
auch andere Forscher ihn nicht fanden. Da auch bakteriologische
Unterschiede des Bacillus von den Vertretern der allgemein ver-
breiteten „zudringlichen“ Coligruppe nicht gegeben seien, müsse mit
der Möglichkeit gerechnet werden, daß der Siegel’sche Bacillus nur
ein sekundärer Mikroorganismus sei. Bezüglich der 4 oben erwähnten,
scheinbar völlig gelungenen üebertragungsversuche bei Tieren erinnert
F. an die Täuschungen, die bei der Erforschung der Ursache der
Vaccine vorgekommen sind, indem Spuren des echten Impfstoffs mit
den Kulturen übertragen wurden. Eine derartige Möglichkeit er-
scheine auch hier nicht ausgeschlossen. Ob diese Einwände berechtigt
seien, werde sich unschwer entscheiden lassen, indem mit Hilfe der
Reinkulturen des Siegel’schen Bacillus „in völlig seuchenfreier Zeit
und Gegend, in bis dahin unbenutzten Ställen und durch die Hand
völlig unverdächtiger Untersucher“ die entscheidenden Tierversuche
angestellt werden. Daß diese erlösende That der erste Schritt bei
den nunmehr von den Behörden des Deutschen Reichs und Preußens
beabsichtigten Untersuchungen über das Wesen der Seuche sei, ist
auf das dringendste zu wünschen, denn ebenso sehr, wie mit Frankel,
dem Entdecker des Bacillus, die endgiltige Anerkennung zu wünschen
ist, muß erhofft werden, daß bis dahin alle weiteren, unzweifelhafte
Thatsachen nicht bringenden Beweismittel zurückgehalten werden,
insonderheit die auf klinische Befunde gestützten Angaben von
Uebertragung der Seuche auf den Menschen. Diese stellen nach
Ansicht des Ref. einen der zweifelhaftesten Beweise dar; sie erregen
schon jetzt in vielen Fällen unbegründete Besorgnisse und werden,
wenn der Bacillus etwa endgiltig abgelehnt werden müßte, das Konto
des Mißtrauens, welches für die Bakteriologie schon aus so manchen
ähnlichen Gründen nicht unberechtigt herangewachsen ist, abermals
erheblich belasten. Kurth (Bremen).
Neumami, GL, Sur la Filaire de l’oeil du cheval. (Revue
v6t6rinaire. 1897. F6vr. No. 2. p. 75.)
Erat. Abt. MI. Hd. si
ogle
482
rnter&uchangsmethoden, Iustrumeme ete.
Seit langer Zeit bat man im Auge von Pferden, Eseln und Maul-
tieren Nematoden der Filariaart untersucht. Sie sind besonders
häufig in Ostindien. Diese Nematoden waren von Kennedy als
Ascaris pellucidus, von Anderson als Filaria equina
und von Davaine als Filaria, der Filaria equina sehr nahe-
stehend, bezeichnet. Grassi hielt sie für identisch mit den Filarien
des menschlichen Auges und hat den Namen Filaria inermis
vorgeschlagen. Verf., der 13 Filarien des Auges der Pferde zu unter-
suchen Gelegenheit hatte, giebt eine Beschreibung mit Abbildungen
und schließt, daß sie nichts anderes sind, als eine junge Form von
Filaria equina. Während in der Bauchhöhle des Pferdes die
Weibchen überwiegend sind (unter 23 Filarien 1 Männchen) (Deup-
ser), hat Verf. auf 13 Filarien des Auges 5 Weibchen und 8 Männ-
chen gefunden, und er glaubt daher, daß das Auge nicht günstig für
die Entwickelung der Weibchen ist.
B. Galli-Valerio (Mailand).
Untersuchungsmethoden, Instrumente etc.
Ferrand, Iieaction agglutinante dans un cas de sep-
tiedmie grave sans bacille typhique. (La Semaine medi-
cale. 1897. p. 30.)
F. teilt folgende zusammen mit Theoari gemachte Beobachtung
mit: Ein W einreisender, 20 Jahre alt, wurde mit deutlichen Typhus-
erscheinungen eingeliefert. In der Achselhöhle fand sich eine Drüsen-
schwellung, ausgehend von einer Stichverletzuug des Zeigefingers der
linken Hand. Das Serum hatte keine Spur von agglutinierender
Wirkung, weder sofort noch nach Aufenthalt im Brütofen. Die
Drüsenschwellung machte eine Incision notwendig, welche nur blutig-
seröse Flüssigkeit entleerte. Die Fortdauer der Typhuserscheinungen
veranlaßte F. und Th., nochmals eine Serumprüfung vorzunehmen,
welche diesmal ein positives Resultat ergab, also die agglutinierende
Wirkung des Serums deutlich zeigte. Eine weitere Prüfung ergab
wieder ein positives Resultat. Nach der Sektion ließen sich aus der
Milz Streptokokken in Reinkultur züchten, die Diagnose: Schwere
Septikämie, bestätigend. F. und T h. glauben aus ihrer vorstehenden
Beobachtung schließen zu dürfen, daß dieser allerdings sehr seltene
Fall, wenn auch die Methode Widal's nicht mißkreditiert, so dock
eine gewisse Reserve auferlegt, die Bedeutung der Methode für die
Diagnose unbedingt anzuerkennen.
Ahlefelder (Charlottenburg).
Widal et Sicard, La rdaction agglutinante sur les bacil-
les morts. (La Semaine m6dicale. 1897. p. 38.)
Die Thatsache, daß die abgetöteten Bacillen unter gewissen Be-
dingungen ihre agglutinierende Eigenschaft behalten, ist von W. und
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L'ntersuchungsmethoden, Instrumente etc.
483
S. dazu benutzt worden, um die Widal ’sche Reaktion zu einer für
die praktische Anwendung geeigneten zu gestalten. Die Ergebnisse
ihrer Untersuchungen sind folgende: Setzt man die Bouillonkulturcu
des Eberth’schen Bacillus höheren Temperaturen von 70—120°
aus, so haben sie zum Teil ihre Eigenschaft, sich agglutinieren zu
lassen, verloren. Wenn man die Kulturen dagegen während einer
halben bis dreiviertel Stunden einer Temperatur von 57—60° aus-
setzt, so haben die Kulturen fast alle ihre Empfindlichkeit der Serum-
wirkung gegenüber bewahrt. Besser noch, als durch Hitze, geschieht
die Abtötung durch gewisse chemische Reagentien und hier steht vor
allem voran das neuerdings in den Handel gebrachte Formalin. Fügt
man zu 150 Tropfen einer 1 — 2 Tage alten Typhuskultur, die aus
einzelnen sich bewegenden Bacillen besteht und keine Pseudo-
ablagerungen zeigt, einen Tropfen Formalin hinzu, so werden die
Bacillen getötet, bleiben aber sonst unverändert („restent comme
embaumös, fixös dans l’ötat oü l’antiseptique les a surpris“) und be-
halten vor allem ihre Empfindlichkeit gegenüber der Agglutinations-
reaktion vollkommen durch Wochen hindurch.
Man braucht also uur statt der frischen Kulturen im Labora-
torium mit Formalin behandelte Kulturen aufzubewahren, um sie im
Falle einer notwendigen Typhusdiagnose verwerten zu können. Die
Reaktion mit einer nunmehr frisch angefertigten Kultur kann dann
am folgenden Tage uoch vorgenommen werden.
Ahlefelder (Cbarlottenburg).
Rönon. N6cessitö d’examiner les cultures avant l’ad-
dition du sörum dans la recherche de la räactiou de
Widal. (La Semaine mödicale. 1897. p. 38.)
R. macht besonders darauf aufmerksam, bei Ausführung der
Widal ’schen Reaktion die Entstehung der Pseudoanhäufungen zu
beobachten. Dieselben entstehen leicht bei einige Tage, selbst bereits
24 Stunden alteu Kulturen. In einem Falle, den R. anführt, hätte
eine solche Verwechslung beinahe zu einer falschen Diagnose geführt.
R. hält in jedem Falle die genaue mikroskopische Prüfung einer der
10 Tropfen, welche man zufügen will, für durchaus erforderlich.
Ahlefelder (Charlottenburg).
Klcolas, Apparition du pouvoir agglutinant dans le
särum de sujets traitös par le s6rum an ti dip h törique.
(La Semaine mödicale. 1897. p. 37.)
N. hat Untersuchungen darüber angestellt, ob die agglutinierende
Wirkung des Serums sich zur Diagnose der Diphtherie verwerten
lasse. Das Ergebnis war ein negatives: Die Agglutinationserscheinung
zeigt sich nicht bei nicht mit Serum behandelten Diphtherischen.
Wohl aber zeigt sich die Reaktion sehr deutlich, sobald man Serum
von mit Antidiphtherieserum behandelten Kranken benutzte. Die
Reaktion erschien am folgenden Tage nach der Seruminjektion, fand
sich aber nach 2—4 Wochen nicht mehr vor.
Ahlefelder (Charlottenburg).
st»
484
Untersuchungsmethoden, Instrument« etc.
Arloing, Distribution de la matiöre agglutinante des
microbes dans le sang et quelques autres humeurs
de l’organisme. (La Semaine m6dicale. 1897. p. 38.)
A. giebt als Resultat seiner Forschungen an, daß das Blutserum
im höchsten Grade die agglutinierende Eigenschaft besitzt. Es folgen
hierauf in absteigender Ordnung: die seröse Flüssigkeit subkutaner
Verletzungen, Lymphdrttsenflttssigkeit, Galle und Leberparenchym-
serum. A. stellt dann noch eine Hypothese auf über die Herkunft
der agglutinierenden Substanz, ohne aber einen Beweis für erstere
zu bringen. Die agglutinierende Substanz hat danach ihren Ursprung
in der spezifischen Schädigung. Nur ist es dann sonderbar, daß am
Orte der Schädigung die Substanz sich nicht angehäuft vorfindet
A. erklärt diesen Widerspruch damit, daß der Ort der Schädigung
einen Hauptbestandteil der agglutinierenden Substanz produziere,
welch letztere dann im Blute ihre hauptsächlichste Wirkung entfalte.
Ahlefelder (Cbarlottenburg).
Widal et Sleard, La mensuration du pouvoir agglutinatif
chez les typhiques. (La Semaine mödicale. 1897. p. 69.)
Bei ihren weiteren Untersuchungen über das Maß der aggluti-
nierenden Kraft gelangten W. und S. zu einigen interessanten Ergeb-
nissen. Ä Zunächst teilen sie ein Verfahren mit, um eine für den
Praktiker geeignete Ausnutzung der Widal 'sehen Erfindung za
ermöglichen. Es genügt danach, einige Tropfen Blut aus der Finger-
kuppe der Patienten in einem sterilen Röhrchen aufzufangen , zu
verschließen und an das nächste Laboratorium zu schicken. Es ist
dann noch möglich, die qualitative und quantitative Probe zu machen.
Weiterhin haben W. und S. während des ganzen Verlaufes der Typhus-
fälle Kurven angefertigt, die die Stärke der agglutinierenden Kraft
wiedergeben. Es ergiebt sich daraus, daß letztere in keinem Ver-
hältnis steht zur Schwere der Erkrankung. Nur wurde ein mehr
oder weniger rapides Sinken der agglutinierenden Kraft während der
Rekonvalescenz beobachtet. Einmal geschwächt, kann sich die Agglu-
tinationsfähigkeit des Serums noch längere Zeit, Monate und selbst
Jahre, auf dieser Höhe erhalten. Ahlefelder (Charlottenburg).
Coormont, Röpartition de la substance agglutinante
dans l’organisme des typhiques. (La Semaine m6dicale.
1897. p. 69.)
Ueber die Verbreitung der agglutinierenden Substanz im Körper
hat C. bei der Sektion von 7 Typbusleichen Untersuchungen an-
gestcllt. Die größte agglutinierende Kraft entwickelte das Blut des
Herzens, der Lungen, der Niere, der Thyreoidea und des Ovariums,
und zwar ist die Agglutinationsfähigkeit des Blutes dieser Organe
gleich stark wie beim Lebenden. Das Blut der Leber und der Milz,
der Galle und der Mesenterialdrüsen zeigt geringere oder keine
Agglutiuatiousfähigkeit. Die serösen Flüssigkeiten zeigen starke
agglutinierende Eigenschaft. Ahlefelder (Charlottenburg).
Kolle, Zur Serodiagnostik des Typhus abdominalis.
[Aus dem Institute für Infektionskrankheiten in Berlin.] (Dtscbe
med. Wocbenschr. 1897. No. 9.)
Unttrsuchungsmethoden, Instrumente etc.
485
Bei der Verwertung der spezifisch agglutinierenden Eigenschaft
des Blutserums von Typhus- oder Cholerakranken auf die entsprechenden
Krankheitserreger in vitro (Paralysinwirkung. Pfeiffer) zu diagno-
stischen Zwecken ist die Virulenz der Kultur zu berücksichtigen, da
wenig virulente Kulturen durch das Serum weit stärker beeinflußt
werden, als virulente. Da nämlich auch normales Serum, besonders
bei wenig virulenten Kulturen, in Verdünnungen von 1 : 10 bis selbst
1:15 in manchen Fällen einen agglutinierenden Einfluß ausübt, ist
namentlich die Beschaffenheit des Nährbodens und die davon ab-
hängige Lebensfähigkeit der Bacillen für den Ausfall der Probe von
Bedeutung. „Es sind also . . . drei Kautelen bei allen Versuchen mit Im-
munserum im Reagensglase, ebenso wie bei den Tierversuchen, zu berück-
sichtigen: Virulenz der Kulturen, Beschaffenheit der Nährböden und
Kontrollversuche mit normalem Tier- oder Menschenserum. Bei Ver-
nachlässigung dieser Kautelen kann man leicht zu folgenschweren
Irrtümern gelangen, zumal dann, wenn nicht eine genaue Fest-
stellung des unteren Grenzwertes der Reagensglaswirkung
des zu untersuchenden Serums vorgenommen wird.“
Nur bei der Berücksichtigung dieser Kautelen Bind nach Ansicht
des Verf.’s mit der W idal’schen Reaktion unzweideutig positive
Resultate zu erzielen. C. Fraenkel, Stern und Grünbaum,
welche allein bisher die Kautelen zum Teil angewendet haben, erhielten
bezüglich der klinisch-diagnostischen Brauchbarkeit nicht so günstige
Resultate, wie andere Untersucher. An 2 Krankheitsfällen im In-
stitute für Infektionskrankheiten, deren Typhusuatur durch Rein-
züchtung der Bacillen aus den Roseolen in einem und aus den Darm-
entleerungen im anderen Fall erwiesen wurde, ergab die Prüfung
des Serums unter den angegebenen Voraussetzungen kein anderes
Resultat, als bei Prüfung normalen Menschenserums erhalten wurde.
Die serodiagnostische Prüfung des Blutes in vitro
blieb bis zum Beginn der dritten Krankheitswoche
erfolglos und ermöglichte erst in der Rekonvalescenz
die nachträgliche Diagnose. Aber auch bei einigen Rekon-
valescenten von Typhus fand R. Pfeiffer eine spezifische Paralysin-
wirkung des Serums nicht, obwohl dasselbe im Tierkörper eine stark
spezifisch-baktericide Wirkung entfaltete.
Hiernach hält Verf. die Widal’sche Probe nur bei unzweideutig
positivem Ausfälle für diagnostische Zwecke verwertbar; d. b. die
genau festzustellende Grenze der Paralysinwirkung muß bei Dosen
des Serums liegen, wo sie au normalem Serum erfahrungsgemäß
niemals beobachtet wird, z. B. bei Verdünnungen von 1:30 und
weniger. Negativer Ausfall der Probe berechtigt nicht dazu, das
Bestehen des Typhus auszuschließen. Statt des Irrtümer ermög-
lichenden Verfahrens von Widal empfiehlt es sich, die zwar zwei-
deutige, aber zuverlässigere genaue Titrierung der Serumproben in
Bezug auf Paralysinwirkung anzuwenden. Kubier (Berlin).
486 Schutzimpfung, kirnst!. Infektionskrankheiten, Kntwickelungshemxnuag etc.
Schutzimpfung, künstliche Infektionskrankheiten, Entwick-
lungshemmung und Vernichtung der Bakterien etc.
WIttlln, Ueber die Einwirkung der Sonnenstrahlen auf
den Keimgehalt des Straßenstaubes. [Aus dem bakterio-
logischen Institute der Universität Bern.] (Wiener klin. Wochenschr.
1896. No. 52. p. 1229.)
Im hygienischen Institute zu Bern hat der Verf. unter Tavel's
Leitung Versuche über die Einwirkung der Sonnenstrahlen auf den
Keimgehalt des Straßenstaubes angestellt. Unter Berücksichtigung
der einschlägigen Litteratur sucht Verf. die Fragen zu beantworten:
1) Welche Wirkung üben die Sonnenstrahlen auf Bakterien aus
uDd bis zu welchem Grade macht sich diese Wirkung im Staube
geltend?
2) Hemmt das Berieseln die Wirkung der Sonnenstrahlen und in
welcher Weise wird durch dasselbe der Keimgehalt des Staubes be-
einflußt?
Die zu den zahlreichen Versuchsreihen benutzten Bakterienarten
waren:
Bacillus coli, Bacillus typhi, Staphylococcus aureus,
Vibrio cholerae, Bacillus pyocyaneus, Bacillus an-
thracis, Tyrothrix tenuis Duclaux.
Der Ausfall der Experimente entspricht den wohl schon zu er-
wartenden Ergebnissen. Verf. stellt zunächst fest, daß die Sonnen-
strahlen auf die im Straßenstaube befindlichen Bakterien im hoben
Grade bakterientötend wirken.
Das Berieseln des Straßenstaubes wirkte indes bakterien vermehrend
und hinderte auch direkt den desinfizierenden Einfluß der Sonnen-
strahlen. Verf. verwirft auf Grund dieser Versuchsergebnisse daher
die Berieselung des Straßenstaubcs und fordert auf, andere Methoden,
wie sie in England, Amerika oder Frankreich im Gebrauch sind, zu
prüfen und eventuell in Anwendung zu ziehen.
O. Voges (Berlin).
Ibrana, F., Contributo alla cura del tetano traumatico
con le injezioni ipodermiche di acido fenico (metodo
Bacelli). (La Rif. med. 1896 No. 62.)
Ein 25-jähriger Araber in Monastir (Tunis) wird durch einen
Stein an der linken großen Zehe in der Nähe des Nagels verletzt
und verbindet die Wunde mit Spinneweben, welche mit Erde sehr
verunreinigt waren. Infolge großer Schmerzen in der Zehe wird die
Spinnewebe entfernt, die Wunde mit Urin gewaschen und mit etwas
Kalk und Schweinsblase verbunden. Am 12. Tage nach der Ver-
letzung die ersten Zeichen von Tetanus, welche rasch sich bis zum
vollständigen Bilde des Tetanus steigerte!). Am 15. Tage Amputation
der Zehe, täglich drei Injektionen mit Karbollösung nach Bacelli.
Heilung nach 16 Tagen von dem Beginne der Injektionen gerechnet.
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Schutzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Kntwickelungshemmung etc. 487
Dieser Fall ist der fünfte, welchen S. unter dem Einflüsse der
Karbolinjektionen heilen sah ; doch möchte er einen wesentlichen Ein-
fluß auch der rechtzeitigen Amputation des verletzten Gliedes zu-
schreiben. Kamen (Czernowitz).
Jacob, Ein in Heilung übergegangener, mit Antitoxin
behandelter Fall von Tetanus. (Dtsche med. Wochenschr.
1897. No. 6.)
Am 15. Tage nach einer Verletzung der Schulter durch einen
Pistolenschuß erkrankte ein 14 Jahre alter Knabe mit Tetanus; das
Krankheitsbild war bereits Tags darauf stark und vollkommen aus-
geprägt. Am 3. Krankheitstage Injektion von 5 g Tetanusantitoxin
Behring an 5 Stellen der rechten Rumpf hälfte. Nach der Ein-
spritzung nahmen die Krankheitserscheinungen nicht mehr zu. Wieder-
holung der Einspritzung am 8. Krankheitstage, am 10. Krankheits-
tage deutliche Wendung zum Besseren. Innerhalb weiterer 4 Wochen
allmählich fortschreitende Genesung. Schädliche Wirkungen des Serums
wurden nicht beobaehtet. Kübler (Berlin).
R«x, Behandlung von Pferden mit Tetanusantitoxin.
(Zeitschrift für Veterinärkunde. Jahrg. IX. No. 1.)
Zwei Fälle. Das erste Pferd wurde gesund, der zweite Fall endete
letal. Das Tier war hochgradig erkrankt, trotzdem ließ sich noch
ein Einfluß des Antitoxins erkennen.
Matthias (Berliner tierärztl. Wochenschr. 1897. No. 4).
Jährling. Ausbruch der Tetanussymptome 24 Stunden vor In-
jektion des Mittels. Rapider Verlauf. 5 g Antitoxin hatten keinerlei
Wirkung. Trotz des unglücklichen Ausganges plädiert Verf. für
Weiteran Wendung des Mittels, da im vorliegenden Fall der ungewöhnlich
rapide Verlauf den Ausgang schon nach 24 Stunden herbeiführte.
Buchdrucker (Berliner tierärztl. Wochenschrift).
6-jährige hochtragende Stute belgischer Abkunft litt bereits
8 Tage am Starrkrampf, die Symptome waren hochgradig. Nach 5 g
Antitoxin Besserung, Stillstand und Neigung zum Rückschritt, zweite
Injektion von 5 g Antitoxin, langsame, aber glatte Heilung.
Siedamgrotzky (Deutsche tierärztl. Wochenschr. 1896. No. 52).
Leichterer Fall von Tetanusausbruch 24 Stunden vor Anwendung
des Antitoxins. Allmähliche lytische Besserung.
Bcus (Zeitschrift für Veterinärkunde. 1896. Dezember).
Leichterer Fall. Ausbruch der ersten Symptome 4 Tage vor In-
jektion des Serums. Allmähliche Heilung im Verlauf von 3 Wochen.
0. Voges (Berlin).
Preusse, Die Ergebnisse der in den Jahren 1895 und 1896
im Regierungsbezirk Danzig ausgeführten Malleln-
impfungen. (Berliner tierärztliche Wochenschrift. 1897. No. 5.)
Verf. ist bereits bekannt durch seine Bestrebungen, dem Mallein
Eingang in die tierärztliche Diagnostik beim Rotz zu verschaffen,
ln seiner neuesten Publikation berichtet er über Malleiuimpfungen
in den verflossenen beiden Jahren in der Gegend von Danzig.
sgle
Di(
488 Schutzimpfung, kÜnst). Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmung etc.
Die Impfungen sind von dem Autor selbst mit einem selbst her-
gestellten Präparat gemacht, ln der Regel werden abends Tem-
peraturmessungen vorgenommen, gleich darauf wird Maliein nach
sorgfältiger Desinfektion in das Unterhautzellgewebe der Halsgegend
injiziert, am nächsten Tage werden die Temperaturmessungen um 6,
8, 10 und 12 Uhr wiederholt, so daß die letzte Messung 15 Stunden
nach der Impfung stattfindet. In dieser Weise wurde in verschiedenen
Beständen vorgegangen, in denen Rotzfälle vorgekommen waren.
Der erste betrifft 42 Pferde eines Gutes W., Kreis Danziger Höhe.
Bei 0 Pferden trat eine erhebliche und typische Reaktion ein. sämt-
liche Tiere erwiesen sich bei der Obduktion als rotzkrank. Ein Tier
fieberte bereits vorher, daher war die Temperaturkurve nicht maß-
gebend, auch dieses hatte den Rotz. Die übrigen Pferde reagierten
gar nicht oder unerheblich (unter 1,5° Differenz). Ein Pferd hatte
eine völlig atypische Reaktion gezeigt, indem die Temperatur schnell
umll,6 0 in die Höhe gegangen war, binnen 6 Stunden jedoch wieder
um 1,7° fiel. Alle diese Pferde wurden ebenfalls getötet, sie erwiesen
sich frei von Rotz. Verf. giebt von jedem einzelnen Tier ein kurzes
übersichtliches Obduktionsprotokoll.
Die zweite Lokalisation von Rotz betraf ein Gehöft des Kreises
Danziger Niederung. Hier war bei 2 Pferden Rotz festgestellt.
20 weitere Pferde und ein Fohlen wurden den Malleloimpfungen
unterworfen. Die Messungen ergaben, daß 9 Pferde typisch und
erheblich mit Differenzen von 1,5° und darüber reagiert hatten, ein
Pferd hatte mit 1 0 Differenz reagiert. Zwei der verdächtigen Tiere
hatten bei der Obduktion Rotz, daraufhin wurden 5 weitere ver-
dächtige getötet, bei zweien derselben konnten Veränderungen rotziger
Natur nicht gefunden werden. Es wurde daraufhin von weiteren
Tötungen Abstand genommen und eine Impfung von Malleln erneut.
Die 3 Pferde, welche bereits vorher reagiert hatten, zeigten wieder
Temperatursteigerungen von 2,1, 2,2 und 1,6°. Alle 3 Tiere hatten
bei der Obduktion Rotz, die Diagnose wurde durch mikroskopische
Untersuchung und Meerschweinchenversuche vollauf bestätigt. Die
Tiere, die nicht reagiert hatten, wurden während der Dauer eines
Jahres genau beobachtet, ein Fall von Rotz konnte nicht festgestellt
werden. Ein Fohlen einer rotzkranken Mutter hatte auch bei ;der
Sektion keinerlei Anzeichen, die auf das Vorhandensein von Rotz-
bakterien hindeuteteu. Auch bei dieser Gruppe werden die Sektions-
protokolle mitgeteilt.
Eine weitere Krankheitsgruppe betraf den Pferdebestand eines
Hofbesitzers H. in G. Kreis Dirschau. Von 38 Pferden erwiesen sich
4 als rotzkrank, 6 als rotzverdächtig. Durch Sektion konnte die
Diagnose bei allen 4 ersten Tieren bestätigt werden.
Interessant war die Herkunft dieser Erkrankungen. 1886/87
hatte auf dem Gehöft Rotz geherrscht. Von 42 Pferden mußten
17 wegen Rotz getötet werden, eins erlag spontan. Trotz dieser
hohen Erkrankungsziffer wurde nur Sperre verhängt und diese bereits
nach 6 Monaten aufgehoben. Bis zum Jahre 1895 wurden weitere
Rotzfälle nicht bekannt. Dann erkrankten mehrere Pferde und ebenso
gingen verschiedene Tiere ein. Der Besitzer unterließ die Anzeige,
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Schutsimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Entwickelangsbemmung etc. 489
erst von Nachbarn wurde die Behörde auf diesen Seuchenherd auf-
merksam gemacht. Außer den 4 getöteten Pferden wurden nunmehr
noch weitere 7 getötet, von denen 5 Botz hatten. Da eine andere
Einschleppungsmöglichkeit vom Verf. ausgeschlossen wird, nimmt er
eine 10-jährige Latenz an. Die Testierenden 27 Pferde wurden nun
mit Malleln geimpft, die Impfdosis des frischen Präparats betrug 0,5,
ein Fohlen erhielt 0,4. 17 Pferde hatten Reaktionen, die Uber
1,5° C hinausgingen. 2 Tiere reagierten unregelmäßig, die übrigen
gar nicht. Auf Ministerialanordnung wurde der ganze Bestand ge-
lötet. Von den reagierten hatten 15 Rotz, bei 2 Tieren wurde nichts
Verdächtiges gefunden. Ein Pferd derjenigen Gruppe, die nicht
reagiert hatte, hatte ebenfalls Rotz, die übrigen waren frei. Es
waren somit von 38 Pferden 25 rotzkrank, die Erkrankungen be-
trafen die sämtlichen Ackerpferde, frei waren nur die Kutschpferde,
die Jährlinge und 1 Fohlen.
Im Jahre 1896 hatte Verf. nur einmal Gelegenheit, das Mallein
itnzuwenden. Der Seuchenherd konnte nur dadurch entdeckt werden,
daß der Besitzer der Pferde ein rotzkrankes Tier auf einem Markt
abzusetzen versucht hatte. Dieses Tier hatte, wie auch durch die
Sektion bestätigt werden konnte, typischen Rotz. Eine darauf an-
geordnete Untersuchung des 11 Haupt betragenden Pferdebestandeg
ergab 3 rotzverdächtige Tiere, die Sektion bestätigte auch hier die intra
vitam gestellte Diagnose. Bald darauf erkrankte ein noch nicht vor
allzu langer Zeit neu gekauftes Pferd, daraufhin wurden mit ministe-
rieller Genehmigung der Rest der Tiere, 6 Pferde, geimpft, ein Fohlen
wurde, weil zu jung, nicht geimpft.
Die Dosis betrug 0,7 ccm. Sämtliche Tiere reagierten und
mußten daher als rotzverdächtig angesprochen werden. Der Antrag
auf Tötung der Pferde wurde abgelehnt und eine erneute Impfung
angeordnet. Die erste Impfung war am 19. Mai gemacht, die folgende
wurde am 21. August an allen Tieren auch dem Fohlen ausgefübrt.
Jedes Tier erhielt von dem etwa 2 — 3 Monate alten Mallcl'npräparat
0,6 ccm, das Fohlen 0,3. Nur 1 Pferd reagierte nunmehr noch
typisch, 4 Pferde reagierten unerheblich, eins und das Fohlen gar
nicht. Verf. hielt trotzdem die Pferde mit Ausnahme des Fohlens
auf Grund der ersten Impfung für rotzkrank. Auf Verlangen des
Besitzers, der in seinem landwirtschaftlichen Betriebe durch die
Sperre schwer geschädigt wurde, wurde dann entgegen dem ursprüng-
lichen Verhalten des Ministeriums die Tötung aller Tiere vorgenommen.
Das Pferd, welches reagiert hatte, hatte neben älteren Rotzknoten,
ganz frische Eruptionen , bei den übrigen Tieren fanden sich nur
altere rotzige Veränderungen, die Rotzknoten waren vielfach in Ver-
kalkung übergegangen, in den Respirationsschleimhäuten fanden sich
nur alte weiße Narben. Verf. glaubt deshalb, daß die rotzigen
Prozesse daher als abgeheilt angesehen werden müssen. In diesem
Sinne müßte dann also anerkannt werden, daß das Malleln in diesen
Fällen trotz des scheinbaren Mißerfolges sich als ein diagnostisches
Hilfsmittel par excellence erwiesen hat und bei dem eigentümlichen
Ausfall der zweiten Impfung seine volle Schuldigkeit gethan hat.
Das Fohlen hatte keinen Rotz, im übrigen waren, wie die Zahlen
490 Schutzimpfung, kiiustl. Infektionskrankheiten, Entwickelungsbemnuing etc.
lehren, sämtliche Pferde des ganzen Bestandes vom Rotz befallen.
Es folgen in der Abhandlung wieder die Obduktionsbefunde.
In seinen Schlußbetrachtungen über die Erfolge der Malleln-
impfungen kommt Preuße zu dem Ergebnis, daß von 86 geimpften
Pferden 47 mit Temperaturen über 1 0 C reagiert haben, davon waren
38 rotzkrank. Nur 2 derselben hatten Temperaturerhöhungen von
1 — 1,5° C, die übrigen dagegen mehr. Unter den 9 Pferden, die
bei der Obduktion keinen Rotz zeigten, hatten 6 Temperatur-
differenzen von mehr als 1,5° C, keine solche von 1 — 1,5° C. Unter
den ersteren befanden sich 2 Pferde mit atypischen Reaktionen, so
daß der Mißerfolg nur 8,5 Proz. betrug. Trotz negativer Reaktion
waren rotzkrank nur 2 Pferde, da eines derselben bereits bei der
Impfung fieberte, fällt dieses fort, es resultiert daher nach dieser
Richtung hin nur ein Mißerfolg. Die zweite Impfung entsprach dort,
wo sie gemacht wurde, dem Obduktionserfolge. Verf. hält Heilungen
von Rotz für sehr wohl möglich, ob indes diese durch das Maliern
beeinflußt werden können, scheint Ref. trotz der Ausführungen
Preuße’s doch noch zweifelhaft. Absichtlich hat Verf. bei den Er-
gebnissen der Mallelnimpfungen nur die Fieberreaktion als ausschlag-
gebend bezeichnet. Andere Symptome, wie lokale Geschwulst an der
Injektionsstelle, Traurigkeit und Niedergeschlagenheit, verminderte
oder aufgehobene Freßlust, Schüttelfröste, Muskelzittern, Trägheit in
den Bewegungen, welche von Nocard unter dem Sammelbegriffe der
organischen Reaktion zusammengefaßt werden, will Verf. nicht als
für Rotz ausschlaggebend anerkennen. Endlich beklagt sich Verf.
darüber, daß noch immer nicht dem Maliern die nach Meinung des
Autors zukommende Anerkennung von Seiten der verschiedensten
Forscher zu Teil geworden ist und beruft sich da auf die analogen
Experimente mit dem Tuberkulin. Wenn wir auch mit dem Verf.
dem Mallein ein möglichst gütiges Schicksal herbei wünschen möchten,
schon allein im Interesse der Sache, der Rotzdiagnose, so stehen doch
die Ergebnisse mit Tuberkulin und Mallein noch nicht auf einer
Stufe. Dort Tausende von Impfungen, hier noch eine immerhin spär-
liche Anzahl. Glücklicherweise, darf man sagen, kommen wir nicht
in die Lage, solche Zahlenreihen von Rotzimpfungen aufmarschiereo
lassen zu können. Wir werden uns mit unserem definitiven Urteil
daher einstweilen noch etwas in der Reserve halten können, wobei
wir aber nicht unterlassen wollen, auf eine möglichst intensive Prüfung
des Mallei'ns hinzuweisen, überall dort, wo die Anwendung des Mittels
geboten erscheint. Jeder derartige Beitrag ist darum willkommen
und die Bemühungen des Verf.’s sind in diesem Sinne eine wertvolle
Bereicherung unseres Wissens über die MalleTnwirkung als Diagnosti-
cum beim Rotz der Pferde.
Nur die eine Thatsache muß auffallen, das wiederholte Auftreten
von primären Rotzknoten in den Lungen ohne anderweitige Ver-
änderungen rotziger Natur. Es läßt sich hier der Verdacht nicht
von der Hand weisen, daß es sich dabei gar nicht um Rotz handelt,
sondern um Knötchen, die einen Strongylns beherbergen, ein Vor-
kommen, auf welches Schütz besonders binweist, und was gewiß
schon in einer großen Reibe von Fällen zu Irrtümern Veranlassung
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Neue Litteratur..
491
gegeben hat Verf. wird wohl in Zukunft nicht umhin können, diesen
Dingen ganz besondere Aufmerksamkeit zu Teil werden zu lassen.
Ref. fQrchtet fast, daß dann die Ergebnisse nicht ganz so wie seither
ausfallen werden. O. Voges (Berlin).
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mit Antitoxin behandelter Fall von Te-
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Neue Litteratur, p. 491.
Fronmannsche BochdrucSeret (Hermann Fohle) In Jena.
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Bakteriologie, Parasitenhmde n InMunsbnlttiRiiBu
Erste Abteilung:
Medizinisch-hygienische Bakteriologie und
tierische Paras itenkunde.
In Verbindung mit
(Ml Rat Prot Dr. Lencfcart, Gelt. led.-Rat Prot Dr. Loeffler
ln Leipzig und in Greifswald
Professor Dr. R Pfeiffer
ln Berlin
herausgegeben von
Dr. O. Uhlworm in Cassel.
Verlag von Gustav Fischer ln Jena.
XXI. Band. -®- Jena, den 34. April 1897 . -o- No. 13/14.
Preis für den Band (86 Hämmern) 15 Mark. — Jährlich erscheinen zwei Bände.
Hierzu alt regelmä/aige Beilage die Inhaltiübcr lichten der II. Abteilung dei CentralblaUet.
Die Redaktion des „Centralblatts für Bakteriologie und Parasiten -
künde“ richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte, etwaige
Wünsche um Lieferung von besonderen Abdrücken ihrer Aufsätze ent-
weder bet der Einsendung der Abhandlungen an die Redaktion auf das
Manuskript schreiben zu wollen oder spätestens nach Empfang der ersten
Korrekturabxüge direkt an den Verleger, Herrn Gustav Fischer in Jena ,
gelangen zu lassen.
Original- Mittheilungen.
Nachdruck verboten.
Zur Kenntnis des Pestbacillus.
Von
Dr. Iludolf Abel,
Privatdozenten and Assistenten am hygienischen Institut za Hamburg.
Seitdem die Pest vor drei Jahren in mehreren ostasiatischen
KQstenplätzen aufgetreten ist, müssen wir in Europa, auch in Deutsch-
land, mit der Möglichkeit rechnen, daß sie bei unseren reichen Han-
delsbeziehungen zu den pestbefallenen Gegenden gelegentlich zu uns
eingeschleppt wird. Mit der Ausdehnung der Pest auf einige ost-
indische Häfen im letzten Jahre ist die Gefahr natürlich noch ge-
stiegen. Vorderhand ist nur eine Verschleppung auf dem Seewege
En» Abt. XXI. Bd. 82
498
Rudolf Abel,
zu befürchten, auf dem ein direkter Verkehr zwischen unseren großen
Hafenstädten und den infizierten Orten Asiens besteht Die Gefahr
eines Eindringens auf dem Landwege droht nicht so unmittelbar,
denn weite Strecken hat die Pest noch zu durchmessen, ehe sie an
unsere Grenzen gelangt, und wenn sie dieselben unter Umständen auch
schnell durcheilen kann, so scheint sie doch vorläufig wenigstens auf
diesem Wege noch keine Fortschritte zu machen.
Der Lage entsprechend berücksichtigen die bisher gegen das
Eindringen der Pest getroffenen Maßregeln nur die Einschleppung
der Seuche auf dem Seewege, geben Vorschriften für eine gesund-
heitspolizeiliche Kontrolle der aus verseuchten Häfen stammenden
Schiffe und schließen bestimmte Waren, an denen der Pestkeim haften
könnte, von der Einfuhr aus. Doch müssen wir immerhin bedenken,
daß vielleicht in nicht ferner Zeit auch an den Landgrenzen, zumal
nach Osten zu, gegen einen Einbruch der Pest anzukämpfen sein wird.
Für die prophylaktischen Maßnahmen gegen die Pest ist es nun
ein großer Gewinn, daß der Erreger der Seuche bekannt ist. Wie
die ganze moderne rationelle Choleraprophylaxe auf die Kenntnis des
Choleravibrio, seiner Lebenseigenschaften , seiner Verbreitungs-
weise aufgebaut ist, so muß und wird die Prophylaxe der Pest sich
nach den Eigenschaften des Pestbacillus gestalten. Welche
Gegenstände einer Pestübertragung verdächtig sein können, welche
Art der Desinfection für infizierte Objekte zu empfehlen ist, welche
Vorsichtsmaßregeln die Allgemeinheit und der Einzelne beim Nahen
der Pest zu befolgen hat, diese und viele andere Fragen werden ein-
fach zu beantworten sein, wenn der Pestbacillus genau bekannt
sein wird; ganz abgesehen sei davon, welche Bedeutung eine bakte-
riologische Diagnose durch Nachweis der Pestbacillen in klinisch
zweifelhaften Erkrankungsfällcn für die Prophylaxe haben kann.
Leider sind vorläufig unsere Kenntnisse über die Eigenschaften
des Pestbacillus nur sehr lückenhafte. Der eine seiner beiden
Entdecker, Kitas ato, hat außer einer zwar inhaltreichen, aber
kurzen und im Original wenig bekannt gewordenen Publikation in
Form einer vorläufigen Mitteilung nichts über seine, in den seither
verstrichenen 2 l /i Jahren doch wohl fortgesetzten Untersuchungen
bekannt gegeben. Der andere Entdecker des Pestbacillus,
Y er sin, hat von vornherein die Frage der Serumherstellung zur
Heilung und Immunisierung zu eingehender Bearbeitung erwählt. In
seinen Abhandlungen so wenig, wie in den anderen bis vor 6 Wochen
erschienenen Arbeiten, unter denen sich von deutscher Seite nur
eine von Zettnow publizierte befindet, sind für die Prophylaxe der
Pest verwertbare Angaben, wenn man die Mitteilungen über die
Serumwirkung und einige Notizen über morphologisches und kulturelles
Verhalten der Pestbacillen ausnimmt, niedergelegt.
Diese Lücke in unserer Kenntnis des Pest bacillus auszufüllen,
dürfte mit eine der Hauptaufgaben der nach Indien entsandten Pest-
kommission sein. Da aber noch Monate vergehen können, ehe Berichte
derselben eingehen werden, so erschien es zweckmäßig, sofort wenig-
stens einige orientierende Untersuchungen anzustellen. Zumal für Ham-
burg, als dem der Pesteinschleppung am meisten ausgesetzten deutschen
Zar Kenntnis des Pestbacillas.
499
Hafen, mußten sie von Bedeutung sein. Es wurde mir daher vom
hygienischen Institut daselbst der Auftrag, derartige Untersuchungen
auszufQhren und gleichzeitig durch ein genaues Studium des Pest-
bacillus die zur Stellung einer Diagnose in verdächtigen Fällen
nötige Kenntnis desselben zu erwerben. Im Hamburger hygien.
Institut selbst die Untersuchungen vorzunehmen, war nicht angängig,
weil dessen provisorische Unterbringung in gemieteten Räumen nicht
die Beobachtung aller der Vorsichtsmaßregeln zuließ, die beim Arbeiten
mit einem so gefährlichen Organismus, wie der Pestbacillus es
ist, zu ergreifen sind. Dank dem liebenswürdigen Entgegenkommen
des Herrn Geh. Rat Loeffler in Greifswald war es möglich, in
dessen Institut unter Beobachtung aller Kautelen die erforderlichen
Versuche anzustellen.
Wenn ich mir erlaube, die Resultate dieser Untersuchungen kurz
mitzuteilen, so bewegt mich dazu die Annahme, daß bei der Spärlich-
keit der bisherigen Erfahrungen über den Pestbacillus Mitteilungen
betreffs seiner Eigenschaften allgemeinerem Interesse begegnen werden.
Ich verkenne dabei durchaus nicht, daß meinen Untersuchungen not-
wendig Mängel anhaften. Die zu ihrer Ausführung verfügbare Zeit
betrug nur vier Wochen, ein Zeitraum, der nicht genügen konnte, um
alle Untersuchungen, z. B. die über die Lebensdauer der Pestbacillen
unter verschiedenen Verhältnissen, zum vollständigen Abschlüsse zu
führen. Daneben liegt aber naturgemäß auch die Gefahr vor, daß
die Versuche, welche hier im Laboratorium mit mehr oder weniger
lange Zeit auf künstlichen Nährböden fortgezüchteten Kulturen ange-
stellt werden, andere Resultate geben, als mit frischen, eben aus
dem Körper des Pestkranken isolierten Bacillenstämmen angestellte.
Nun erschien aber im Verlauf und zur zweiten Hälfte nach Abschluß
meiner Versuche eine Arbeit von Wiltn, der in Hongkong während
der Epidemie von 1896 an frischem Kulturmaterial Untersuchungen
über die Pest machte. Soweit W i 1 m gleiche Fragen mit mir be-
arbeitete, sind die erhaltenen Resultate ähnlich; es ist danach zu
erwarten, daß meine übrigen Ergebnisse gleichfalls wenigstens ap-
proximativ auch für frische Pestkulturen zutrefien und damit prak-
tische Bedeutung beanspruchen können.
Ich schicke im Folgenden eine Darstellung der Untersuchungen
und ihrer Ergebnisse voran und schließe daran in gedrängter Kürze
ein paar Bemerkungen über die Diagnose der Pest, ihre Verbreitungs-
weise und ihre Prophylaxe.
Als Ausgangsmaterial für die Untersuchungen dienten zwei aus
dem Institut für Infektionskrankheiten zu Berlin von Herrn Dr. K o 1 1 e
freundlichst überlassene Kulturen von Pestbacillen. Die eine Kultur
gehört einem Bacillenstamme an, der 1894 in der Hongkong-Epidemie
v on Kitasato isoliert und in den letzten Jahren im Institut für
Infektionskrankheiten fortgezüchtet worden ist. Die andere Kultur
entstammt einem in London während des Monats Oktober 1896 vor-
gekommenem Pestfalle.
Beide Stämme wurden in allen Versuchen nebeneinander be-
nutzt Nur eine Anzahl der Desinfektionsversuche wurden ausschließ-
lich mit der zweiten Kultur vorgenommen und ebenso alle Tierver-
32 *
ogle
500
Rudolf Abel,
suche, weil erstens nach Angabe des Herrn Dr. Rolle die erstge-
nannte Kultur nur sehr geringe Virulenz besitzen sollte und weil
zweitens auf Wunsch von Herrn Geheimrat Loeffler die Zahl der
Tierexperimente möglichst eingeschränkt werden mußte. Bis auf sehr
geringe Differenzen in der Resistenz gegen Desinfektionsmittel war
das Verhalten beider Kulturen so außerordentlich übereinstimmend,
daß füglich von einer getrennten Besprechung der mit beiden er-
haltenen Ergebnisse Abstand genommen werden darf.
Bei der Anstellung der Versuche wurden alle erdenklichen Vor-
sichtsmaßregeln beobachtet. Ein besonderer, unter Verschluß ge-
haltener Raum wurde für dieselben bestimmt. Das Füttern der
Versuchstiere, das Aufspannen und Verbrennen der Kadaver, die
Desinfektion der als Käfige dienenden Steinguttöpfe wurde von mir
selbst besorgt. Alle benutzten Nährsubstrate, auch die steril ge-
bliebenen, wurden sorgfältig aufgekocht, ehe die sie enthaltenden
Gefäße gereinigt wurden. Beim Herstellen mikroskopischer Präparate
wurde die abtropfende Farblösung uud das zum Abspülen dienende
Wasser in Sublimat aufgefangen, das zum Trocknen benutzte Fließ-
papier verbrannt. Kurz, jede Möglichkeit eines Entschlüpfens leben-
der Bacillen wurde ausgeschlossen.
Wenden wir uns nun zur Beschreibung der morphologischen
und kulturellen Verhältnisse des Pestbacillus.
Bezüglich der Gestaltsverhältnisse konnte die von allen Unter-
suchern beobachtete Vielgestaltigkeit der Bacillen bestätigt werden.
Man findet von kurzen Formen an, deren Längsdurchmesser ungefähr
dem auf 1 ft zu beziffernden Querdurchmesser gleicht, alle Ueber-
gänge bis zu großen Bacillen, deren Länge das Vier- bis Fünffache
der Breite beträgt. In älteren Kulturen sieht man selbst noch
längere Formen, deren Dicke auch etwas größer sein kann, derart,
daß man anscheinend fremde Bacillen vor sich hat, während doch
eine Fortzüchtung die Reinheit der Kultur ergiebt. Entsprechende
Formen fanden sich auch in einer von Herrn Kr 41 in Prag freund-
lichst übersandten Kultur mir unbekannter Herkunft. Die kurzen,
fast kokkenförmigen Stäbchen sind am zahlreichsten in Kulturen auf
sehr günstigen Nährböden. Man bemerkt z. B. auf Agarkulturen,
wenn sie bei 37° wachsen, derartige Stäbchen zahlreich und oft zo
vier bis sechs in kurzen Kettchen so hintereinander gelagert, daß
ihre Erscheinung an Streptokokkenketten erinnert In flüssigen
Substraten findet man die Bacillen zu noch längeren Ketten, bis zu
zehn und zwölf Elementen ausgewachsen. Die einzelnen Bacillen
pflegen hier etwa zwei- bis dreimal so lang als dick zu erscheinen
und lassen meist eine geringe spindelförmige Aufschwellung in der
Mitte erkennen. Auffallend ist an diesen Ketten, daß die Bacillen
selten zu mehreren in gerader Reihe hintereinander liegen, sondern
daß sie vielfach in scharfem Winkel an den Trennungsstellen gegen-
einander abgeknickt sind. Längere Ketten zeigen oft mehrere scharfe
Abbiegungen, die man ja zwar bei anderen Bakterien auch wahr-
nimmt, die aber in Kulturen der Pestbacillen niemals vermißt werden
und im Verein mit der Spindelform der einzelnen Bakterien wohl
als eine Eigentümlichkeit der Pestbacillen hervorzuheben sind; za
3gle
Zur Kenntnis des Pestbacilla*.
501
ihrer Untersuchung eignen sich ungefärbte Präparate besser, als
gefärbte.
In alten Kulturen und auf schlechtem Nährboden nimmt man
zwischen den Stäbchenformen mit abgerundeten Enden oder statt ihrer
abweichende Bacillenformen dar. Es erscheinen elliptische oder runde
Gebilde, bisweilen von beträchtlicher Größe, an kleine Hefezellen er-
innernd , auch wohl Clostridium artige Gebilde (ohne Spore).
Solche, besonders im ungefärbten Präparat monströs erscheinende
Formen, nehmen sich ganz eigenartig aus, wenn sie in Bacillenketten
zwischen normal geformten Stäbchen auftreten. Schon Yersin hat
gleich in seiner ersten Abhandlung solche „renflements en boule“
beschrieben.
Die Pestbacillen sind vollkommen unbeweglich. Wenn Kitasato
ihnen „very little movement 11 zuerkennt, so hat er sich wohl durch
Molekularbewegung täuschen lassen.
Die Färbung der Bacillen gelingt leicht mit allen üblichen
Bakterienanilinfärben ; bei Anwendung der Gram’schen Methode
halten die Bacillen die Färbung nicht fest, sondern tingieren sich in
der Kontrastfarbe. Nimmt man die Färbung mit nicht zu stark
tingierenden Lösungen vor, so bemerkt man, daß an vielen Exem-
plaren sich die beiden Pole des Stäbchens stärker färben, als die
Mittelpartie, welche dann, ähnlich wie bei den Hühnercholerabacillen,
als helle Lücke erscheint Stärkere Farblösungen, z. B. Karbol-
fuchsin, ergeben die Lücke nur bei nachfolgender Abspülung mit
Alkohol, wie schon Zettnow bemerkt. Uebrigens gelingt es durch-
aus nicht immer, die Polfftrbung zu erzielen, in Kulturen z. B. färben
sich die Bacillen oft ganz gleichmäßig.
Die von Kitasato und Yersin beobachtete Bildung von
Kapseln seitens der Bacillen kam mir nicht zu Gesicht, auch in
den Ausstrichen aus Tierorganen und in Kulturen bei Anwendung
der Loeffler’schen Geißelbeize, mittels welcher Zettnow als
Kapseln gedeutete Hüllen darstellen konnte, nicht.
Besondere Aufmerksamkeit wurde der Sporenbildung zuge-
wendet. Unter keiner der gewählten Temperaturbediugungen und
auf keinem Nährboden konnte Sporenentwickelung, oder auch nur ein
Ansatz dazu, wahrgenommen werden.
Die Kultur der Pestbacillen gelingt auf allen gebräuchlichen
Nährsubstraten.
Auf der Gelatineplatte bilden sie, bei 22° gezüchtet, schon
nach 24—48 Stunden für das unbewaffnete Auge erkennbare, rein
weiße oder gelblichweiße Kolonieen, welche in der Tiefe der Gelatine
rundlich, an der Oberfläche flach, wenig erhaben erscheinen und selbst
da, wo sie unbehindert durch benachbarte Kolonieen sich entwickeln
können, nicht viel größer, als gut stecknadelkopfgroß werden. Eine
Verflüssigung der Gelatine bewirken sie nicht. Mikroskopisch sind
die Kolonieen zuerst grau, bald aber braun gefärbt. Sie besitzen einen
Band und eine mit dem Alter an Stärke zunehmende Körnung, wie
man sie bei ähnlichen Kolonieen anderer Bakterien kaum jemals jso
ausgesprochen sieht; die vorzüglichen Photogramrae von-'ZelTn pwp, “
lassen diese Körnung sehr deutlich erkennen. Überflächljclver^MöifteeiLa //j
AÄSSt
502
Rudolf Abel
schieben manchmal einen feinen Saum ringsum am Bande vor, ohne
sich jemals so weit auszubreiten, wie die Kolonieen der Bacillen aus
der Typhusgruppe es thun.
Im Gelatinestrich entsteht eine trockene weiße, etwas ins Gelb-
liche spielende Auflagerung, die nichts Charakteristisches außer der
mikroskopisch wahrnehmbaren starken Körnung zeigt Im Gelatine-
stich tritt in der ganzen Ausdehnung des Stiches Wachstum ein, an
der Oberfläche bildet sich rings um den Stichkanal eine flache Auf-
lagerung.
Auf Agar bildet der Pestbacillus glasige, kreisrunde Kolonieen,
die erst tautropfenartig erscheinen, sich schnell vergrößern und, bei
Körpertemperatur gehalten, bereits nach 24—48 Stunden ihre stärkste
Ausdehnung, d. h. höchstens Linsengröße erreicht haben. Sie zeigen,
wie auch die Gelatinekulturen häufig, leichtes Irisieren der Ränder.
Die Kolonieen in der Tiefe des Agars sind scharfrandig, rund, stark
gekörnt, bieten aber nichts Charakteristisches. Auf schrägem Agar
ausgesät, konfluieren die Kolonieen; die Bakterienmasse ist zäh, etwas
fadenziehend. Das Kondenswasser der Agarröhrchen wird ohne
Häutchenbildung getrübt.
Y er sin hat schon darauf aufmerksam gemacht, daß manchmal
zwischen den einzelnen Kolonieen auf Agar auffallende Größenunter-
schiede zu bemerken sind; ueben klein bleibenden Kolonieen ent-
wickeln sich sehr große. Dieselbe Beobachtung machte Wilm. Ich
konnte ähnliche Unterschiede beobachten und wie Wilm feststellen,
daß fortgezüchtet die großen Kolonieen wieder große Kolonieen geben,
während von kleinen wieder kleine und große Kolonieen aufgingen.
In Bezug auf die Richtigkeit der Behauptung Yersin’s, die großen
Kolonieen enthielten Bacillen von verringerter Virulenz, konnten Nach-
prüfungen nicht angestellt werden. Ein Unterschied zwischen den
Abkömmlingen der großen und kleinen Kolonieen in ihrer Resistenz
gegen Karbolsäure war nicht wahrzunehmen.
Glycerinagar leistete als Substrat nicht mehr als Peptonagar.
Loeffler’sches Blutserum, ebenso schräg erstarrte Ascites-
flüssigkeitgeben einen guten Nährboden ab; doch war das W’achstum
auf Serum, trotzdem Kitas ato es für das üppigste erklärt, nicht
besser als auf Agar.
Auf Kartoffeln entwickelte sich bei 37° ein geringer weiß-
grauer Rasen. Auf gekochten Rüben blieb das Wachstum sehr mäßig.
Als sehr charakteristisch wird das W’achstum der Bacillen in der
Bouillon geschildert. Es soll dem des Strept. pyogenes ähneln;
am Grunde der klar bleibenden Bouillonröhrchen bildet sich ein flockiger
oder krümeliger Bodensatz, der auch hier und da au den Glaswänden
anliegt. Derartiges W’achstum wurde oft, aber nicht immer beob-
achtet. Nicht selten trat diffuse gleichmäßige Trübung der Röhrchen
unter Entwicklung eines flockigen Bodensatzes ein. Der Grund für
diese Verschiedenheit scheint wesentlich an der Art der Besäung zu
liegen. Ueberträgt man ein Stückchen vom zähen Ueberzug einer Agar-
kultur oder einen Seidenfaden mit angetrockneten Bacillen in Bouillon,
so sinkt das ganze eingebrachte Material zu Boden und von dort aus
findet die Vermehrung statt. Schüttelt man die typisch gewachsenen
ogle
Zur Kenntnis des Pestbacillus.
603
Kulturen um, so trübt sich die Bouillon in wenigen Stunden diffus
und bleibt so. Ein Tropfen solcher diffus getrübten Bouillon in
neue ausgesät, giebt in dieser wieder gleichmäßige Trübung. Es
handelt sich also einfach um die Art der Verteilung der eingebrachten
Bacillen, ob man Streptokokken-ähnliches Wachstum oder diffuse Ent*
Wickelung durch die ganze Bouillon erhält. Kolle giebt an, beob-
achtet zu haben, daß ein Zuckergehalt der Bouillon immer die letztere
Art der Entwickelung bedingt ; doch habe ich auch in solchem Substrat
die andere Wachstumsweise bemerkt. In älteren Bouillonkulturen
liegt oft eine dicke Bakterienschleimmasse am Boden, die dort fest-
haftet und mit dem freien Ende beim Schütteln des Glases sich zopf-
artig emporwirbeln läßt. Vereinzelt wurde die Bildung eines Deck-
häutchens oder eines Schleimringes an der Berührungsstelle von
Oberfläche und Glaswand konstatiert.
Als bestes Substrat für die Pestbacillen wird von Yersin und
W i 1 m 2- proz. alkalische Peptonlösung mit 1 Proz. (W i 1 m) oder 1
—2 Proz. (Yersin) Gelatinezusatz empfohlen. Ein besseres Gedeihen
der beiden zur Verfügung stehenden Peststämme in diesem Medium
gegenüber der gewöhnlichen Nährbouillon aus Pferdefleisch ließ sich
nicht feststellen, im Gegenteil mußte eher der Bouillon der Vorzug
gegeben werden. Gewöhnliches Peptonwasser gab dieselben Resultate
wie das mit Gelatine versetzte.
In Milch schien eine geringe Vermehrung des Bacillus statt-
zuhaben, ohne daß Gerinnung eintrat. Kolle sah in Milch keine
Vermehrung erfolgen, Wilm dagegen Gerinnung zustande kommen.
Ueber sonstige Wachstumsverhältnisse des Pestbacillus wurde
Folgendes festgestellt. Die günstigste Wachstumstemperatur ist eine
solche von ca. 37° C. Nicht wesentlich schlechter kommt der Bacillus
aber bei 22 — 24° fort. Bei 15° ist das Wachstum verlangsamt, doch
ist auf Gelatine immerhin nach 3 — 4 Tagen die Entwickelung von
Kolonieen wahrzunehmen. Selbst bei Temperaturen zwischen 8 und 10° C
wurde vom sechsten Tage an auf der Gelatineplatte Wachstum
konstatiert, das langsam Fortschritte machte.
Der Bacillus wächst sowohl aörob als an aörob, und zwar bei
Abschluß der Luft höchstens unwesentlich langsamer. Gasbildung
in zuckerhaltigen Substraten wurde nicht beobachtet. Indol bildete
sich in Bouillon- und Peptonwasserkulturen nicht Lackmusbouillon
neutraler Reaktion war bereits nach 24 Stunden durch das Wachs-
tum der Bacillen stark gerötet und blieb während der drei Wochen
der Beobachtung rot. Riech- oder Farbstoffentwickelung kam nirgends
zur Wahrnehmung. Auch in nicht neutralen Medien kommt der
Bacillus fort. Eine Bouillon, die so sauer war, daß sie 10,5 ccm
*/i o N. — NaOH auf 100 ccm zur Neutralisation erforderte, war noch
ein guter Nährboden.
Ueber die Lebensfähigkeit des Bacillus in Kulturen ist nur so
viel zu sagen, daß die Abimpfung von 5 — 6 Wochen alten Agar- und
Gelatinekulturen sofort und reichlich anschlug.
Gehen wir zur Frage der Tierpathogenität über, so sollen
die Pestbacillen bekanntlich für alle kleineren Versuchstiere, Tauben
ausgenommen, pathogen sein und sie in wenigen Tagen unter dem
504
Rudolf Abel,
Bilde einer Septikfimie mit starker Reaktion an der Impfstelle
töten.
Es wurden sieben Tiere mit folgendem Erfolg geimpft, alle von
Kultur II:
Meerschw. subkutan — Serumkultur t nach 8 Tagen
„ intraperit. — 0,5 ccm Bouillonkultur f nach 3 Tagen
„ intraperit. — Agarkulturaufschwemmung f nach 4 Tagen
sssr } i sä*
gas { sä*
Ssri - *•—«- { l sä e sc
Alle Tiere, bis auf eine Feldmaus, gingen ein, und zwar etwas
langsamer, als es nach den Angaben von Yersin und Wilm bei
Verimpfung frischer Kulturen der Fall ist, trotzdem sehr beträchtliche
Kulturdosen zur Infektion verwendet wurden. Die Virulenz der
f nach 3 Tagen
f nach 6 Tagen
Kultur war also fraglos herabgesetzt Besonders schien sie für Feld-
mäuse gering zu sein. Eine Feldmaus blieb am Leben, die andere
starb 3 Tage später, als die mit gleicher Menge geimpfte Hausmaus.
Das kann wohl an einer größeren natürlichen Resistenz der Feldmäuse,
aber auch daran liegen, daß die Kultur wiederholt den Organismus von
Hausmäusen passiert hatte und für diese besser in ihrer Virulenz
adaptiert war. Nach dcu Angaben von Yersin, Calmette und
Borrel gelingt es leicht, durch wiederholtes Passierenlassen der
Bacillen durch den Körper von Exemplaren derselben Tierspecies für
diese letztere sie virulenter zu macheu, während sie gleichzeitig für
andere Tierspecies nicht virulenter werden. Jedenfalls hat der Tier-
versuch ergeben, daß auch Feldmäuse pestempfänglich sind, also Pest-
verbreiter werden können.
Die intraperitoneal geimpften Meerschweinchen erlagen schneller,
als das subkutan infizierte.
Versuche zu einer Infektion von Tieren per os wurden nicht ge-
macht. Damit sie gelingen, muß die Kultur nach den vorliegenden
Angaben stark virulent sein, eine Bedingung, welche die zur Verfügung
stehende Kultur nicht erfüllte.
Die geimpften Tiere ließen bis zum letzten oder vorletzten Tage
vor ihrem Tode Symptome einer Erkrankung nicht erkennen, dann
wurden sie weniger lebhaft und saßen zusammengekauert in einer
Ecke. Die Haare sträubten sich, die Augen wurden trübe, die Atmung
beschleunigt. Die Freßlust nahm ab. Unter zunehmender Benommen-
heit der Tiere, die schließlich auf äußere Reize nicht mehr reagierten,
trat der Tod ein, ohne daß vorausgehende Krämpfe, wie Yersin und
Wilm sie beschrieben, beobachtet werden konnten.
Bei der Sektion ergab sich bei allen subkutan geimpften Tieren
an der Impfstelle ein ausgedehntes gallertiges, manchmal mit Fibrin-
fäden durchsetztes Exsudat, das hin und wieder leicht blutig gefärbt
war, wenig Eiterzellen, aber zahllose Pestbacillen enthielt. Bei den
intraperitoneal infizierten Meerschweinchen fand sich eine sehr reich-
liche Eiteransammlung in der Bauchhöhle, deren sämtliche Organe,
namentlich Darm , Uterus und Nebennieren stark injiziert und mit
einzelnen Hämorrhagieen durchsetzt waren. Der Eiter war dick, zäh.
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Zur Kenntnis des Pastbacillns.
505
fadenziehend , von graugrüner Farbe und geruchlos. Er enthielt
massenhaft Eiterkörperchen und Pestbacillen.
Bei den subkutan geimpften Tieren waren die nächst der Impf-
stelle gelegenen Drüsen geschwollen und gerötet, die ferner gelegenen
nicht oder in geringerem Grade affiziert. Stark war die Lymphdrüsen-
sch welluug bei dem Meerschweinchen, das 8 Tage nach subkutaner
Impfung erlag. Eine eitrige Schmelzung entzündeter Drüsen wurde
aber nur einmal, nämlich bei der nach 6 Tagen eingehenden Feld-
maus beobachtet ; der weiße rahmige Eiter der auf mehr als Erbsen-
größe geschwollenen Drüsen enthielt massenhaft Bacillen, Ausstriche
glichen ganz den Bildern, welche Präparate aus vereiterten mensch-
lichen Pestbubonen geben. In den geschwollenen, aber nicht ver-
eiterten Drüsen der anderen Tiere fanden sich zwar immer Bacillen,
aber nur in mäßiger Menge, vor.
An Veränderungen der inneren Organe wurden außer den schon
erwähnten, bei intraperitonealer Impfung eintretenden, beobachtet:
Geringe Vergrößerung von Leber und Milz , in beiden Organen fast
stets kleine gelbgraue, höchstens miliare Herdchen in großer Anzahl.
Sonst fiel nur der Blutreichtum der Lungen und die dunkle braun-
rote Färbung des Herzblutes auf.
Die Pestbacillen fanden sich außer am Orte der Infektion auch
septikämisch durch den ganzen Körper verbreitet. Meist waren sie
aber wenig zahlreich im Blute vorhanden, höchstens zu einigen
Exemplaren pro Gesichtsfeld. Innerhalb von Leukocyten wurden sie
nur ausnahmsweise gesehen. Ihrer Gestalt nach glichen sie den in
Beinkulturen und den in Gewebsausstrichen pesterlegener Menschen
gesehenen Organismen; ihre Züchtung gelang stets mit Leichtigkeit
und sofort in Reinkultur.
Des weiteren wurde die Widerstandsfähigkeit der Pest-
bacillen gegen Austrocknung untersucht In dieser Hinsicht
lagen bereits Versuche von Kitas ato vor. Derselbe trocknete
Buboneneiter vom Menschen an Deckgläscben und bewahrte diese bei
28 — 30° C auf. Aussaat in Bouillon gab nach 1 — 36 Stunden Wachs-
tum, nach länger als 4 Tagen nicht mehr. Beim Experimentieren
mit Serumkultureu erhielt er sehr ähnliche Resultate. W i 1 m , dessen
Angaben erst nach Abschluß der Versuche bekannt wurden, trocknete
Reinkulturen auf Deckgläschen au und hielt sie bei 29 — 31°. Nach
4 1 / j Tagen ergab Aussaat in Bouillon kein Wachstum mehr. „Im
Exsikkator zeigte sich der Bacillus unter deuselbeu Verhältnissen nach
3 Stunden nicht mehr lebensfähig.“
In den eigenen Versuchen wurden Reinkulturen (Bouillon-,
Agar-, Serumkulturen) oder pestbacillenhaltiger Eiter aus der Bauch-
höhle von Meerschweinchen an verschiedenen Objekten und zwar an
Deckgläschen, Seiden-, Baumwoll-, Wollfäden, Leinwaudfetzen, Stücken
Von Rindshäuten und an steriler Erde angetrocknet. Auch wurden
Organteilchen pesterlegener Tiere, Leber und Milz, in etwa erbsen-
großen Stücken eingetrocknet. In regelmäßiger Folge wurden täglich
Amsaaten der betreffenden Materialien vorgeuommen.
Es ergab sich bei diesen Versuchen zunächst , daß die Art der
Austrocknung von Bedeutung für die Lebensdauer der Pestbacillen
506
Rudolf Abel,
war. Erfolgte die Trocknung bei Temperaturen von ca. 35® im Brut-
schrank oder von ca. 20® im Exsikkator über Schwefelsäure, die Auf-
bewahrung bei 16—20° im Zimmer an lichtgeschütztem Platze, so
waren die Bacillen bisweilen schon nach 2, spätestens nach 3 Tagen
zu Grunde gegangen, einerlei an welchem Materiale sie angetrocknet
worden waren. (Mit Organstückchen und Hautfetzen sind derartige
Versuche nicht gemacht worden.) Ging die Trocknung aber im
Zimmer bei 16—20° an dunklem Orte vor sich, so blieben die Bacillen
viel länger am Leben, und zwar hing ihre Lebensdauer ab von der
Beschaffenheit des Materials, an dem sie angetrocknet worden waren.
An Deckgläschen blieben sie 6—9 Tage (Eiter und Kulturen) atu
Leben, nur einmal in vier Versuchsreihen waren selbst nach 14 Tagen
noch lebendige Bacillen nachweisbar, später aber nicht mehr. An
Fäden verschiedener Art, Leinenstückchen und in Organteilchen ein-
getrocknet, waren die Bacillen aber noch nach 30 Tagen lebendig;
ob noch länger, konnte nicht geprüft werden, da die Versuche ab-
gebrochen werden mußten. Der Umstand, daß man in den letzten
Tagen an den ruhig in der Bouillon liegenden ausgesäten Fäden hier
und da von einander isolierte Bakterienschleimhäufchen statt des an-
fangs, in den früheren Versuchstagen, sich bildenden Bacilleurasens
aufschießen sah, scheint darauf hinzudeuten, daß die Zahl der lebens-
fähigen Bacillen in starker Abnahme begriffen war; wann sie auf
Null herabsinken wird, muß dahingestellt bleiben.
Aus den Versuchen geht hervor, daß forciertes Austrocknen
unter Anwendung von Temperaturen über 30° oder lebhaft wasser-
entziehender Medien wie konzentrierter Schwefelsäure den Pest-
bacillus stark schädigt und bald seiner Lebensfähigkeit beraubt.
Langsames Eintrocknen bei niederer Temperatur schadet weniger.
Aber selbst bei gewöhnlicher Raumtemperatur beeinträchtigt ihn
schnelles Austrocknen, wie es am Deckgläschen erfolgt, wesentlich
stärker als das langsame Eintrocknen an Geweben und in Organ-
teilchen. Es sei dabei erwähnt, daß Fäden , Leinen- und Körper-
gewebe stets in den ersten Tagen nach der Infektion zwecks schnel-
lerer Trocknung mehrfach umgelegt wurden und auch nach höchstens
24—48 Stunden vollkommen trocken erschienen.
Die erhaltenen Zahlen geben mit denen Kitasato’s und Wilm's
verglichen, befriedigende Uebereinstimmung. Die beiden Autoren,
welche in dem heißen Klima von Hongkong arbeiteten, haben die
Trockenproben bei 28 — 31 0 konserviert und dabei Ziffern für die
Lebensdauer der Bacillen erhalten, die (bis zu 4 und 4 1 /, Tagen)
nur um wenig höher sind, als die von mir nach Trocknung der
Materialien bei 35° beobachteten.
W i 1 m sah die Bacillen im Exsikkator schon nach wenigen
Stunden untergehen; ganz so deletär war der hier beobachtete
Einfluß der Kxsikkatortrocknuug zwar nicht, aber doch ganz unver-
kennbar vorhanden. Der Nachweis, daß die Bacillen, bei 16—20°
eingetrocknet , länger lebensfähig bleiben , als nach den bisherigen
Angaben zu erwarten war, lehrt, daß wir in unserem Klima wenigstens
eine schnelle Zerstörung der Pestbacillen durch Austrocknung in Ge-
websstoffen u. s. w. nicht erwarten dürfen.
jgle
Zur Kenntnis des Pestbacillus.
507
An frischen Häuten, deren Einfuhr aus pestverseuchten Häfen
verboten ist, angetrocknet, konnten die Bacillen bis zum zehnten Tage
entdeckt werden. Diese Versuche sind nicht ganz einwandfrei; da
eine Sterilisierung der Hautfetzen vor der Infektion durch Waschen
und achttägige Aether-Alkoholbehandlung nicht erzielt worden war.
Es ist denkbar, daß noch nach dem zehnten Tage lebende Pestbacillen
vorhanden waren, die aber ahgeschwftcht waren, im Wachstum hinter
den anderen Organismen zurückblieben und deshalb nicht nachweisbar
waren.
Ueber die Einwirkung des Sonnenlichtes auf die Pest-
bacillen wurden, trotzdem die Jahreszeit ungünstig war, einige Ver-
suche angestellt.
Fein verteilte Bacillen aus Bouillonkultur auf Deckgläschen ge-
bracht, waren bereits nach einer Stunde Besonnung bei Temperatur-
Steigerung auf 30° abgestorben. Dunkel gehaltene Kontrollgläschen
gaben nach 24 Stunden Wachstum. Dickere Ausstriche von Agar-
kulturen vertrugen 3 l / 2 -stündigo Besonnung bei 30°. Als in einem
Versuche die Gläschen am nächsten Tage wieder exponiert werden
konnten, war nach weiteren 4 Stunden Besonnung Abtötung erfolgt.
Es erhellt aus diesen Versuchen, daß auch die Sonne unseres Klimas
die Pestbacillen vernichten kann, wozu sie dieselben aber natürlich
länger oder in weniger geschützter, mehr isolierter Lage treffen muß
als die südlichere Sonne. In Hongkong sah Kitasato die Bacillen
in Buboneneiter an Deckgläschen eingetrocknet nach 3— 4-stündiger
Besonnung, Wilm sie in Reinkulturen an Deckgläschen nach 4-stün-
diger Belichtung durch die Sonne zu Grunde gehen.
Versuche über die Widerstandsfähigkeit der Pestbacillen gegen
trockene Hitze liegen noch nicht vor. EigeneVersuche ergaben,
daß bei 100° in einer Stunde die an Deckgläschen angetrockneten
Bacillenmassen aus Agarkulturen zu Grunde gegangen waren. Eine
halbe Stunde Erhitzen auf 75° genügte nicht, eine Stunde Erhitzen
auf 75° nicht immer zur Vernichtung der Bacillen. Einstündiges Er-
hitzen auf 50° tötete die Bacillen nicht ab.
Hinsichtlich der Resistenz gegen feuchte Hitze sind schon
von mehreren Autoren Angaben gemacht worden. Kitasato be-
merkt, daß Bouillonkulturen bei 30 Minuten langem Erhitzen auf
80° und in wenigen Minuten bei 100° getötet waren. Yersin, Cal-
niette und Borrel sterilisieren Bacillenaufschwemmungen für Im-
munisierungszwecke durch einstündiges Erwärmen auf 58°. Wilm
citiert als das Ergebnis von Versuchen (eigenen?), daß Reinkulturen
durch eine Temperatur von 58° in einer Stunde, von 80° in 20 Mi-
nuten, von 100° in 10 Minuten vernichtet werden. Die letzte Zahl
ist auffallend hoch, wenn man bedenkt, daß Milzbrandsporen im
Durchschnitt 3 — 5 Minuten lang lOOgradigen Dampf ertragen können
und stellt wohl nicht die Minimalzahl dar. Wahrscheinlich sind die
Versuche mit größeren Kulturmengen, die sich erst langsam im Dampfe
auf 100° erwärmten, angestellt worden. Ebenso ist einstündiges Er-
wärmen auf 58® wohl nicht als die Minimalgrenze für die Einwirkungs-
dauer dieser Temperatur zur Erreichung der Abtötung anzusehen,
weil sonst Yersin und seine Mitarbeiter länger ihre zur Immuni-
508
Rudolf Abel,
sierung bestimmten Kulturen auf diese Temperatur erhitzt haben
würden, um sicher zu sein, daß auch der letzte Keim darin abge-
tötet war.
Demgemäß fallen auch die in eigenen Versuchen erhaltenen
Grenzzahlen etwas niedriger aus; sie lassen sieb in folgender Reihe
zusammeDStellen :
Bei 100° (Dampf) nach 1 Min. Abtötung
80°
70°
60"
50°
50»
5
10
mehr als 10
30
60
bald Abtötung, bald nicht
Abtötung
Behle Stämme gaben identische Resultate. Die Versuchsanord-
nung war derart, daß gut entwickelte Bouillonkulturen in Kapillaren
aufgesaugt und darin in ein auf die gewünschte Temperatur erhitztes
Wasserbad oder in den Dampfstrom gebracht wurden. Die Kapillaren
und ihr Inhalt nehmen augenblicklich die Temperatur des umgeben-
den Mediums an. Zur Aussaat wurden die Kapillaren mit Sublimat,
Alkohol und Aether äußerlich desinfiziert, in Bouillonröhrchen ge-
worfen und zersplittert. Versuche mit Erhitzen von Bouillonkulturen
in Reagenzröhrchen gaben ganz aualoge Resultate.
Agarkulturen, Kartoffel-, Milch- und andere Kulturen hatten
nach 5 Minuten Aufenthalt im strömenden Dampfe stets ihre Lebens-
fähigkeit eingebüßt.
Von chemischen Stoffen, welche als Desinfektionsmittel
Verwendung finden, wurden Karbolsäure, Karbolschwefels&ure und
Lysol, Sublimat, Kalkmilch und Chlorkalk, Forraalin und arsenigsaures
Natron, letzteres aus besonderen Gründen, bezüglich ihrer Einwirkung
auf die Pestbacillen Versuchen unterworfen. Die Anordnung der Ei-
periniente war verschieden. Teils wurden gut entwickelte Kulturen
auf schrägem Agar geprüft, welche, mit dem Desinfektionsmittel be-
gossen, bestimmte Zeit mit ihm in Berührung blieben. Nach Ab-
gießen des Desinfektionsmittels wurde eine Oese Kulturbelag von der
am dichtesten entwickelten Partie in reichlicher Menge Bouillon aus-
gesät Zur Kontrolle auf etwaige hemmende Wirkung der dabei mit-
übertragenen Menge des Desinfektionsmittels erhielt eine gleiche
Menge Bouillon Zusatz von 5 gleich großen Oesen des Desinfektions-
mittels in der angewandten Konzentration; in diesen Kontrollen trat
stets Wachstum ein. Zum Teil wurden üeckgläschen mit frisch in
dicker Schicht angetrocknetem Eiter oder Agarkulturmaterial in
das zu prüfende Mittel gebracht, nach verschiedener Zeit herausge-
nommen, in sterilem Wasser abgespült und in Bouillon ausgesät
Stets wurde darauf Acht gegeben, daß die aufgetragene Eiter- oder
Kulturschicht sich nicht losgelöst hatte. Bei mehreren Desinfektions-
mitteln wurden noch andere der üblichen Prüfungsmethodeu ange-
wendet, bei einigen wurde auch die zur Entwickelungshemmung ge-
nügende Konzentration festgestellt. War nach 24stündiger Einwirkung
Abtötung nicht erfolgt, so wurde der Versuch abgebrochen, weil
Konzentrationen und Mittel, welche bis dahin nicht gewirkt haben,
praktisch unbrauchbar sein dürften.
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Zur Kenntnis des Peatbacillu».
509
Mit Karbolsäure hat Kitasato schon Versuche angestellt.
Er versetzte 2— 3-tägige Bouillonkulturen mit 1 /„ */ 4 , 1 Proz. Karbol-
säure. V» un d i U Proz. gaben nach 1 Stunde Wachstum, nach
2 Stunden nicht mehr. 1 Proz. nach 1 Stunde gab Abtötung. W'ilm
sah 5-proz. Karbolsäure nach 5 Minuten Reinkulturen au Seidenfäden
vernichten. Eigene Versuche lieferten folgende Werte: 1-proz. Kar-
bolsäure: Agarkulturen nach 6 Stunden lebensfähig, nach 24 Stunden
bald abgestorben, bald nicht, nach 48 Stunden vernichtet. Deck-
gläschen mit Eiter und Agarkulturausstrichen nach 1 Stunde lebens-
fähig, nach 2 Stunden abgetötet. 5-proz. Karbolsäure: Agar-
kulturen nach 10 Minuten, Bacillen aus Agarkulturaufschwemmung
an Deckgläschen nach 5 Minuten abgetötet. — Diese Zahlen scheinen
zu den von Wilm gefundenen zu stimmen. Kitasato fand größere
Empfindlichkeit der Pestbacillen, weil er an fein verteilten Organismen
in Bouillonkulturen experimentierte.
Karbolschwefelsäure, deren Wirkung auf Pestbacillen noch
nicht erprobt war, wurde durch Mischen von roher Schwefelsäure
und roher Karbolsäure ää unter Einstellen in ein Kühlgefäß her-
gestellt. 1-proz. Lösung tötete Agarkulturen in 10 Minuten, Pest-
bacillen, in Eiter an Deckgläschen angetrocknet, in 2 Minuten ab.
0,2- proz. Lösung vernichtete Agarkulturen in 10 Minuten noch
nicht, aber in 30 Minuten.
Ueber die Wirkung des Lysols sind in der Litteratur An-
gaben nicht vorhanden. 1-proz. Lösung vernichtete Agar-
kulturen in 30 Minuten, Pestbacillen in Eiter auf Deckgläschen in
5 Minuten. 0,2- proz. Lösung tötete Agarkulturen noch nicht
sicher in 24 Stunden ab. Der Unterschied in der Wirkung beider
Konzentrationen ist kolossal, aber durch 2 Versuchsreihen bestätigt
worden.
Mit Kreolin wurde von mir nicht gearbeitet. Wilm giebt
an, daß 5-proz. Lösung Pestbacillen, in Reinkulturen an Seidenfäden
angetrocknet, in 5 Minuten vernichtet.
Sublimat ist von anderer Seite noch nicht erprobt worden.
Es zeigte sich, daß 0, 1-proz. Lösung Agarkulturen in 10 Minuten,
Pestbacillen, in Eiter an Deckgläschen angetrocknet, in 2 Minuten
abtötete. 0,02-proz. Lösung vernichtete Agarkulturen innerhalb
1 Stunde.
Die gleichen Konzentrationen mit Zusatz von 0,5 Proz. Kochsalz
gaben keine stärkere Wirkung. Entwickelung fand noch statt in
Bouillon mit einem Zusatz von Sublimat 1 auf 100000 Teile Bouillon;
bei 1 : 50000 blieb dieselbe aus.
Mit Kalkmilch hat Kitasato, wie es scheint an Bouillon-
kulturen, experimentiert. Er fand bei 1 Proz. und 2 Stunden Ab-
tötung, 1 / s Proz. und 2 Stunden spärliches Wachstum, 3 Stunden
Abtötung. Eigene Versuche ergaben folgende W r erte: Bouillon-
kulturen, so stark mit 20-proz. Kalkmilch versetzt, daß die Mischung
1 Proz. Kalkmilch enthielt, waren nach 1 Stunde nicht, jedoch nach
2 Stunden zu Grunde gegangen. Agarkulturen, mit gesättigtem Kalk-
wasser übergossen (0,13 Proz. Ca(OH) 3 ), hatten nach 1 Stunde ihre
Entwickelungsfähigkeit verloren, unter Einwirkung 50 -proz. Kalk-
Digitized by Google
510
Rudolf Abel,
wassers (0,06 Proz. Ca(()H) s ) aber selbst nach 24 Stunden noch nicht.
An Deckgläscben in Eiter ein getrocknete Pestbacillen wurden von
Kalkwasser mit 0,09 Proz. Ca(OH) 2 -Gehalt nach 2 Stunden noch nicht,
aber nach 24 Stunden abgetötet. — Ein Vergleich zeigt, daß die für
Bouillonkulturen erhaltenen Zahlen mit denen Kitasato’s ungefähr
übereinstimmen. Reinkulturmaterial an Seidenfäden angetrocknet ist
W i 1 m zufolge nach 10 Minuten in 5-proz. Kalkmilch abgestorben.
Chlorkalk vernichtete in 1-proz. Lösung Agarkulturen iu
30 Minuten, Bacillen in Pusteiter an Deckgläschen in 5 Minuten; iu
0,2- proz. Lösung Agarkulturen in 2 Stunden.
Einige Versuche mit Formalin gaben nicht besonders günstige
Resultate. Eine Bouillonkultur, mit 0,44 Proz. Formaldehyd (d. b.
1,1 Proz. Formalin) versetzt, enthielt nach 3 Stunden keine lebenden
Bacillen mehr; bei 0,22 Proz. Formaldehydgelialt waren die Bacillen
nach 3 Stunden noch lebendig. — Wurden auf den in das Röhrchen
schauenden Teil des Wattebausches vou Agarkultureu 3 Tropfen
Formalin gegossen, so waren bei luftdichtem Abschluß die Bacillen
nach 3 und 17 Stunden noch entwickelungsfähig, nach 48 Stunden
nicht mehr. — In eine Flasche von 2 Liter Inhalt wurden 0,8 ccm
Formaldehyd gebracht (2 ccm Formalin, Flasche leicht angewärmt)
unter luftdichtem Abschluß der Flasche in dieser aufgehängte
Deckgläschen mit Pesteiter enthielten nach 2 Stunden noch lebende
Bacillen, nicht mehr nach 24 Stunden.
Mit arsenigsaurem Natron wurden deshalb Versuche ge-
macht, weil Lösungen dieser Substanz zur „Arsenizierung“ der
frischen Rindshäute in Indien Verwendung finden, um Insektenfraß
an denselben zu verhüten. Es war von Interesse, zu wissen, ob
neben der Trocknung und Besonnung der Häute auch das Behandeln
mit arsenigsaurem Natron zur Vernichtung etwa an ihnen haftender
Pestbacilleu mitwirken kann. Die Konzentration der zur Arsenizie-
rung benutzten Lösungen ist unbekannt; sie werden durch Verdünnen
einer ca. 4-proz. Stamralösung hergestellt, wie ein Hamburger Sach-
verständiger, der solche Lösungen exportiert, mitteilte. Jedenfalls
werden wohl nicht stärkere, als höchstens 1-proz. Lösungen gebraucht
— Bouillonkulturen mit Zusatz vou 1 Proz. waren nach 1 Stunde
abgetötet, solche mit Zusatz von 0,1 Proz. nach 2 Stunden noch
nicht. Deckgläschen mit Pesteiter waren nach 1 Stunde Einwirkung
0,5- proz. Lösung noch bacillenhaltig, nach 25 Stunden langem Liegen
frei von entwickelungsfähigen Bacillen. Agarkulturen waren von
0, 5-proz. Lösung nach 25 Stunden noch nicht sterilisiert. Da die
Häute nur kurz in die Lösung eingetaucht werden, ist eine Ein-
wirkung des Desinficienz auf die Bacillen nicht zu erwarten.
Eine letzte Versuchsreihe endlich beschäftigte sich mit dem
Studium der Lebensdauer des Pestbacillus in Wasser. Die
Resultate Wilm’s wurden erst nach Abschluß der Untersuchungen
bekannt. Er fand Pestbacillen in destilliertem Wasser 20 Tage lang,
in Leitungs- und Brunnenwasser (200 ccm •+- */ a Agarkultur) 16 Tage
lang, in Seewasser (bei gleichem Zusatz) 6 Tage lang nachweisbar. —
In eigenen Versuchen wurden steriles destilliertes Wasser, steriles
Leitungswasser und uicbt sterilisiertes Leitungs wasser mit Pestbacillen,
ogle
Zur Kenntnis des Pestbacillns.
511
und zwar zu je 50 ccm mit einer Oese Agarkultur versetzt. Prüfungen
durch Aussaat von je 1 ccm nach 10 und 20 Tagen ergaben, daß
die Pestbacillen noch nachweisbar waren. Ueber 20 Tage hinaus
die Prüfung fortzusetzen, war wegen des nötigen Abschlusses der
Arbeiten nicht möglich. Das nicht sterilisierte Greifswalder Leitungs-
wasser, welches mit in diesen Versuchen benutzt wurde, führt etwa
30 Keime pro Kubikcentimenter. Wie Kontrollversuche zeigten, fehlten
darin Bakterien , mit welchen die Pestbacillen hätten verwechselt
werden können. Da die Pestbacillen reichlich eingeführt wurden, so
war für sie die Konkurrenz mit den wenig zahlreichen Wasser-
bakterien wohl nicht schwer. Bakterienreichere Wässer mit Pest-
bacillen zu versetzen, wurde unterlassen, weil die Schwierigkeiten
der Herauszüchtung der Bakterien zu bedeutend schienen und weil
eine Identifizierung etwaiger als Pestbacillen an gesprochener Mikro-
organismen durch den Tierversuch notwendig gewesen sein würde,
die Infektion weiterer Versuchstiere aber wegen der Gefahr einer
Pestverbreitung vermieden werden sollte.
Soviel in kurzen Worten über die Resultate meiner Unter-
suchungen. Sind dieselben auch notwendig wegen der kurzen für
ihre Erarbeitung verfügbaren Zeit unvollständig geblieben und werden
sie durch eingehendere Untersuchungen, zumal an frischen Kulturen,
manche Modifikationen erfahren, so lassen sie doch, zusammen*
gehalten mit dem schon früher Bekannten und letzthin von Kolle
und Wilm über den Pestbacillus Publizierten, manche Schlüsse
für die Beurteilung der drei oben gekennzeichneten Gesichtspunkte
zu; sie sind verwertbar für die bakteriologische Diagnose,
für die Kenntnis der Verbreitungs weise der Pest und
für die Maßnahmen zu ihrer Verhütung.
Zur Vermeidung einer Pesteinscbleppung ist eine sichere Dia-
gnose verdächtiger Fälle unerläßlich. Ausgebildete typische Pest-
erkrankungen scheinen nun zwar klinisch unschwer richtig erkennbar
zu sein. Vielfachen Beobachtungen zufolge verlaufen aber gerade
die ersten Fälle von Epidemieeu entweder so foudroyant, daß sich
die charakteristischen Drüsenerkrankungen infolge des schnell ein-
tretenden Todes gar nicht entwickeln, oder so milde, daß die wochen-
lang sich binziehenden Erkrankungen gar nicht als Pest imponieren.
Hier tritt die bakteriologische Diagnose, die zur größeren Sicherheit
natürlich auch in klinisch ausgesprochenen Pestfällen Anwendung
linden wird, in ihr Recht.
Nach den Angaben in der Litteratur (Kitasato, Yersin,
Wilm) sind bei Pestkranken ziemlich regelmäßig Pestbacillen im
Blute vorhanden, ebenso wie sie sich bei jedem pestinfizierten Tiere
im Blute finden. Das Blut wird also das geeignete Material sein,
in dem man auf Pestbacillen fahndet, während andere Gewebsteile,
z. B. Buboneneiter, schon weil er nicht immer gebildet wird und
Körperexkrete , wie Faeces, die nach Wilm oft Pestbacillen ent-
halten, wegen der Inkonstanz des Vorhandenseins der Bacillen, wegen
der Schwierigkeit ihrer Identifizierung u. s. w. seltener oder nur bei-
läufig Untersuchungsobjekte abgeben werden. Nur der Harn kommt
noch in Frage, worüber weiter unten. Interessant ist die Mitteilung
512
Rudolf Abel,
Kitasato’s, (laß bei Rekonvalescenten noch 3 — 4 Wochen nach
Ablauf der Infektion Pestbacillen im Blute zu finden sind ; es besteht
demnach einmal die Möglichkeit, aus dem Blutbefund selbst eine
abüelaufene Pesterkrankung noch zu diagnostizieren und zweitens die
Gefahr, daß auch Pestrekonvalescenten noch selbst nach Desinfektion
ihres äußeren Menschen zur Seuchenverbreitung beitragen köunen.
Angaben W i 1 m ’s, auch über das Vorkommen der Bacillen im Harne,
sprechen in gleichem Sinne.
Nun sind bei der Blutuntersuchung auf Pestbacillen zwei Punkte
zu berücksichtigen , die praktische Bedeutung haben. Ad 1 : Die
Bacillen können im Blute außerordentlich spärlich Vorkommen.
Ad 2: Sie können mit anderen Bakterien, besonders Streptokokken
und umgekehrt diese mit ihnen, verwechselt werden.
Daß die Bacillen manchmal sehr vereinzelt im Blute Pestkranker
Vorkommen, wird von allen Untersuchern betont Eine größere Gruppe
von ca. 60 Bacillen sah Zettnow z. B. in Präparaten Kitasato’s
nur einmal. Dieser selbst fand in 28 Fällen dreimal Pestbacillen
nicht vor, zwei andere angebliche Pestfälle, in (lenen er sie vermißte,
stellten sich später als andersartige Erkrankungeu heraus, ein Beweis,
daß in Epidemiezeiten nicht jede Erkrankung Pest ist, die zunächst
als solche erscheint. Trotzdem genügte Y e r s i n in den ersten Fällen,
welche er der Serumbehandlung unterwarf, die einfache mikrosko-
pische Blutuntersuchung zur bakteriologischen Diagnose, auch W i 1 m
empfiehlt sie, obwohl sie nur in 77 Proz. der Fälle positive Resultate
gab, und wir dürfen annehmen, daß fast immer diese Methode zum
Ziele führen wird, wenn man nur eine größere Zahl von Präparaten,
sagen wir mindestens zehn, auf das Vorhandensein der Bacillen unter-
sucht. Eine Kontrastfärbung der Bacillen, durch die sie leichter
auffindbar würden, ist leider nicht bekannt, da sie der Gram’schen
Färbung nicht zugänglich sind.
Um nun aber auch für diejenigen denkbaren Fälle sicher gestellt
zu sein , in welchen die Bacillen zu spärlich im Blute vorhanden
sind, als daß sie selbst bei sorgfältigem Durchmustern vieler Prä-
parate gefuudeu werden könnten, werden wir allemal der mikro-
skopischen Blutuntersuchung auch noch die kulturelle folgen lassen,
weil sie die Verarbeitung größerer Blutmengen als jene erlaubt und
damit die Chancen für das Auffinden der Bacillen erhöht. Wilm
erreichte durch sie in 81 Proz. aller Pestfälle positive Befunde.
Zu demselben Resultate führt die Ueberlegung des Umstandes,
daß Pestbacillen in Präparaten mit anderen Bakterien zu verwechseln
sein können. Hätte mau die Pestbacilleu im Blute immer in ausge-
sprochener Stäbchenform , 2 — 3 mal so lang als breit, mit abgerun-
deten Euden und mit zentraler Lücke färbbar vor sich, so würde
man aus dem mikroskopischen Befunde sofort Pest diagnostizieren
können , denn ihnen ähnliche pathogene Bakterien sind sonst im
menschlichen Blute bei keiner anderen Affektion gefunden worden.
Aber die Pestbacillen zeigen im Blute oft kurze kokkenartige Formen,
liegen in streptokokkenähnlichen Kettchen hintereinander, kommen
auch mit Streptokokken vermengt im Blute vor (Aoyama) und
können mit ihnen, speziell wenn sie vereinzelt erscheinen, leicht ver-
wechselt werden. Streptokokken sind aber bei verschiedenen Affek-
ogle
Zur Keootuis des Pestbucillus.
513
tionen im Blute gefunden worden. Es ist wohl denkbar, daß schwere
Streptokokkenseptikämieen bei der bakteriologischen Untersuchung
foudroyante Pestfälle Vortäuschen können. Hier wird man sich durch
Anwendung der Gram 'sehen Färbung, welche die Streptokokken,
nicht aber die Pestbacillen annehmen, helfen. Da aber auch andere
unbekannte Mikroorganismen Irrtilmer veranlassen können, so ist es
von diesem Gesichtspunkte aus ebenfalls nötig, daß eine kulturelle
Biutuntersuchung die mikroskopische kontroliert.
Ueber die Möglichkeit eines Hineintragens pestähnlicher Bakterien
von der Haut des Kranken in die Blutpräparate zu sprechen, ist unnötig.
Durch die Wahl einer geeigneten Blutentnahmestelle (Ohrläppchen,
nicht Finger) und gründliche Reinigung derselben vor der Entnahme
ist diese Verunreinigung zu vermeiden.
Die Blutkulturen sind auf Medien anzulegen, welche erstens eine
möglichst schnelle Entwickelung des Pestbacillus zwecks Beschleu-
nigung der Diagnose und zweitens ein möglichst charakteristisches
Wachstum behufs leichter Erkennung geben. Beide Bedingungen
sind schwer miteinander zu vereinigen. Die Kolonieen auf Gelatine
zeichnen sich aus durch ihre eigenartige starke Körnung, brauchen
aber zu lange Zeit zu ihrer charakteristischen Entwickelung. Es
wird am besten sein, Agarkulturen auzulegen und bei 37° zu be-
brüten. Obwohl auf diesem Substrat das Wachstum wenig Charak-
teristisches hat, so unterscheiden sich doch die Kolonieen bald z. B.
von Streptokokkenkolonieen und entwickeln sich ferner sehr schnell.
Daneben würden Bouillonkulturen herzustellen sein. In Bouillon kann
eine große Menge Blut ohne Schwierigkeit ausgesät werden. Die
Bacillen vermehren sich bei 37° schnell und bilden Ketten, welche
durch die Form der einzelnen Glieder, die scharfen Abbiegungen und
die Unbeweglichkeit zwar nicht von allen anderen Mikroorganismen
leicht zu unterscheiden sind, deun es giebt ähnlich sich verhaltende
Saprophyten, aber doch einigermaßen charakteristisch für die Pest-
bacillen sind. Eine bipolare Färbung der Bacillen ist nicht immer
za erwarten.
Mit dem gewonnenen Kulturmaterial auf Agar oder in Bouillon
sind sofort Tierversuche anzustellen. Subkutane Impfungen an
Mäusen, intraperitoneale an Meerschweinchen mit soviel Kultur-
material, als an einer Nadelspitze hängen bleibt (Ko Ile), können
in einem oder wenigen Tagen ein Resultat haben. Wegen ihrer ge-
ringen Empfänglichkeit für etwa mit vorhandene Streptokokken werden
sich hervorragend Meerschweinchen zu solchen Impfungen eignen.
Sollte nach Analogie anderer septikämischer Infektionen der Tier-
körper als Reinkulturapparat dienen können, worüber noch Erfah-
rungen fehlen, was aber sehr wahrscheinlich anzunehmen ist, so
könnte man getrost mit unreinen Kulturen impfen.
Außer der Herstellung von Präparaten und Kulturen nebst
Impfung mit den letzteren empfiehlt es sich, Tiere direkt mit größeren
Mengen von Blut zu infizieren. Auf einen Erfolg wird mau bei An-
wesenheit auch nur weniger Bacillen rechnen können, da anscheinend
sehr geringe Mengen zur Auslösung einer Infektion genügen, wie es
jä bei anderen Septikämieen auch der Fall ist. Eventuell könnte man
Eni« 4M. XXI. B4. M
agle
514
Rudolf Abel,
eine Vermehrung der Bacillen durch Bebrütung eines Quantums Blut
ohne Zusatz während 10 — 12 Stunden bei 37° erreichen und damit
besseres Material zur Herstellung von Präparaten, von Kulturen und
zur Tierinfektion erhalten.
Ist der Blutbefund bei mikroskopischer Untersuchung negativ, so
empfiehlt es sich nach Wilrn auch, den Urin zu untersuchen, der
nahezu immer Eiweiß und Pestbacillen enthält. Die keimfreie Ent-
nahme von Harn ist schwieriger, als die von Blut. Die Blutunter-
suchung wird daher meist leichter zu beurteilende und einwaudsfreiere
Resultate geben und deshalb vorzuziehen sein. Die Urinuntersuchung
würde ganz wie die Blutuntersuchung durch Mikroskop, Kultur und
Tierversuch durchzuführen sein, bedarf daher keiner weiteren Erläu-
terung. Auch im Urin finden sich bisweilen während der Rekon-
valescenz noch Pestbacillen wochenlang, was für eine Diagnose post
festum und für die Pestverbreitung zu beachten ist.
Wo es angeht, wird man gern Buboneneiter, sei es spontan ent-
leerten, sei es durch Punktion gewonnenen, untersuchen, da in ihm
die Bacillen niemals fehlen.
Natürlich läßt sich der Modus procedendi in der Anordnung
der Untersuchungen noch weiter variieren. Nur die praktische
Erfahrung kann lehren, welche Art des Vorgehens sich am besten
bewährt. Hier handelte es sich darum, nach unseren jetzigen
Kenntnissen einen Kriegsplan für die Diagnose im Ernstfälle zu
entwerfen.
Die Verbreituugsweise der Pest ist uns nur im allgemeinen
bekannt. Es spricht viel dafür, daß der Infektion durch äußere
Wunden, seien sie auch sehr gering, eine bedeutende Rolle zukommt.
Aoyama hält nach Beobachtungen in Hongkong diesen Weg für den
betretensten, schon Griesinger giebt Beobachtungen wieder, weiche
in diesem Sinne verwertbar sind. Die mehrfach nach Sektions-
verletzungen vorgekoinmenen PesterkraukuDgen sind entsprechend zu
deuten. Neuerdings wissen wir durch die Entdeckung des Pest-
bacillus, daß bei Tieren eine Infektion von Verletzungen der Haut
aus künstlich auszuführen ist. Welcher Prozentsatz der Erkrankungen
auf diesen Infektionsmodus zurückzuführen ist, wird die exakte Be-
obachtung von Epidemieen zeigen. W i 1 m nimmt an, daß weitaus
die Mehrzahl aller Erkrankungen in Hongkong vom Verdauungs-
traktus ihren Ursprung nahmen. Es ist sicher, daß eiue Infektion
auf dem letzteren Wege möglich ist. Für die Infektion per os kommt
neben allen möglichen, durch Zufälligkeiten infizierten Nahrungs-
mitteln, auf denen sich, wie Wilm an Früchten und Gemüsen kon-
statierte, die Bacillen mehrere Tage halten können, das Wasser in
Betracht. In diesem kann der Pestbacillus, wie Wilm’s und
meine oben angeführten Versuche klarstellen, sich längere Zeit, jeden-
falls mehrere Wochen lang, halten. Wilm will sogar in drei ver-
dächtigen Brunnen Pestbacilleu nachgewiesen haben. Eine InfektioD
durch Vermittelung der Respirationsorgaue ist nur ausnahmsweise
möglich. Die erforderliche Trockenheit, die ihm gestattet, mit dem
Staube in die Luft sich zu erheben, kann der Pest baciilus, wenn
überhaupt, doch nur sehr kurze Zeit ertragen. Es ist auf diesem
Google
Zar Keuntois des Pestbacillas.
515
Wege eigentlich nur im geschlossenen Raume, durch Einatmung etwa
von Kranken beim Niesen expirierter, in der Luft fein verteilter
feuchter Pestbacillen, eine Infektion denkbar.
Der Kranke selbst, und wie es scheint, seine sämtlichen Se- und
Exkrete enthalten den Pestbacillus. Die ganze Umgebung des
Krauken, alles, was mit seinen Absonderungen in Berührung ge-
kommen ist, muß also als infektiös betrachtet werden. Ebenso sind
auch Rekonvalescenten noch fähig, die Krankheit zu verbreiten. Im
Urin von Pestkranken konnte Wilm noch 4 — 6 Wochen nach Ablauf
des ersten akuten Fieberstadiums die Bacillen finden, im Blute aus
den Bindegewebsschwellungen von Bubonen ebensolange, ja einmal
sogar 10 Wochen lang, nachweisen, wenn auch häufig in abgeschwächter
Virulenz.
Außerhalb des Organismus kann sich der Pestbacil lus unter
günstigen Bedingungen, d. h. an dunklen und feuchten Orten, jeden-
falls lange Zeit lebensfähig erhalten. Bei seiner Anspruchslosigkeit
in Bezug auf den Nährboden, denn selbst Kartoffeln und Rüben
ermöglichen in geringem Grade sein Wachstum, bei seiner Fähigkeit,
in Temperaturen von 8 — 10°, wie sie den größten Teil des Jahres bei
uns herrschen, zu gedeihen, ist es wohl denkbar, daß er, auch in
unserem Klima, außerhalb des menschlichen uud tierischen Organismus
sogar sich zu vermehren imstande ist. Wie weit er dabei eine
Konkurrenz mit anderen Bakterien siegreich durchzufechten vermag,
muß mangels geeigneter Untersuchungen dahingestellt bleiben.
Von schädigenden Einflüssen, welche den Pest baci 11 us in der
Außenwelt treffen können, siud uns zwei wirksame Faktoren bekannt,
die Trockenheit uud das Licht. Schnelle Austrocknung verträgt der
Bacillus sehr schlecht, wie alle bisher angestellten Versuche zeigen.
Daß er aber durch Austrocknung unter allen Umständen in so kurzer Zeit
vernichtet wird, wie Kitasato und Wilm es wollen, in maximo
etwa in 5 Tagen, möchte ich nach meinen Versuchen bezweifeln. Da
der Pestbacillus unter natürlichen Verhältnissen nicht au Deck-
gläschen, auch nicht im Exsikkator und, bei uns wenigstens nicht,
bei Wärmegraden von etwa 30° antrocknet, vielmehr au Stoffen,
welche zur Herstellung vou Kleidungsstücken dienen, an Erde und
dergl. bei mäßiger Temperatur, so entsprechen die mit letzteren
Gegenständen von mir angestellten Versuche wohl eher den praktisch
vorkommenden Bedingungen. Ihre Resultate zeigen aber, daß doch
wohl Wochen mindestens vergehen können, ehe die Pestbacillen der
Wirkung des Austrocknens unterliegen. In unserem Klima wenig-
stens ist also auf ein schnelles Zugrundegehen der Pestbacillen an
trockenen infizierten Objekten nicht immer und sicher zu rechnen.
Weit energischer ist die W'irkung des Sonnenlichtes, das auch in
unseren Breiten sicher schon in wenigen Tagen die Bacillen der
Lebensfälligkeit beraubt.
Von einer Anzahl Waren, deren Einfuhr aus pestverseuchten
Häfen vorläufig untersagt ist, darf mau wohl annehmen, daß sie
lebensfähige Bacillen nicht mehr enthalten können. So betreffs der
rohen Rindshäute, welche ein- oder sogar zweimal unter wieder-
holtem Umwenden in der Sonne so stark getrocknet werden, das sie
33 *
agle
516
Rudolf Abel, Zur Kenntnis des Pestbacillus.
sich krümmen. In ihnen sind jedenfalls nicht nur von außen beran-
g ('brachte Pestkeime abgetütet, sondern auch die im Gewebe vor-
handenen, falls das Fell von einem pestkranken Rinde stammen sollte.
Eine bedeutende Rolle für die Verbreitung der Pest kommt
empfänglichen Tieren au. Hinsichtlich der Ratten und Mäuse ist
dieselbe bekannt; Wilm stellte fest, daß auch Schweine, vielleicht
durch Verzehren der genannten Nager, sich spontan infizieren,
Yersin behauptet das Auftreten spontaner Erkrankungen auch für
Rinder, und wahrscheinlich kommen bei der vielseitigen Patho-
genität der Pestbacillen hier auch noch andere Tiere in Betracht
Fliegen (Yersin), vielleicht auch Ameisen und andere Insekten
können Pestkeime verschleppen.
Die Prophylaxe der Pest muß, da die Krankheit in vielen
Fällen vom Verdauungstraktus ausgeht und durch dieselben Medien
wie die Cholera, z. B. durch das Wasser, verbreitet werden kann,
der Choleraprophylaxe analog gestaltet werden. Die Aehnlichkeit
im Verhalten der Erreger beider Seuchen gegenüber äußeren Ein-
flüssen erlaubt noch unmittelbarer, das, was für die Bekämpfung der
einen sich bewährt hat, auch bei der Verhütung der anderen zur An-
wendung zu bringen. Welcher Art die zu treffenden Maßnahmen im
einzelnen sein müssen, das darzulegen, ist hier nicht der Ort. Ein-
zelne Abweichungen sind für die Prophylaxe der Pest aber doch er-
forderlich. Es ist zu berücksichtigen, daß für die Pestverbreitung
nicht nur die Darmentleerungen der Kranken, sondern auch alle an-
deren Ex- und Sekrete des Körpers, da sie Bacillen enthalten können,
verdächtig sind ; daher ist auch für ihre Desinfektion zu sorgen.
Ferner können Wunden der äußeren Haut Eingangspforten für die
Infektion abgeben. Die öffentliche Hygiene wird nur die Aufmerk-
samkeit auf diese Möglichkeit der Infektion lenken und dem einzelnen
Individuum überlassen müssen, sich in Pestzeiten durch Sauberkeit
gegen diese Ansteckungsmöglichkeit zu sichern. Des weiteren kann
die Pest im Gegensatz zur Cholera auch durch kleine Säugetiere, die
an ihr spontan erkranken, verbreitet werden. Es ist daher nötig,
auch auf Erkrankungen dieser Tiere zu achten und z. B. auf Schiffen,
welche aus Pestgegenden kommen, außer auf Erkrankungen des Men-
schen auch auf solche unter den an Bord nie fehlenden vierfüßigen
Passagieren, Ratten und auch Mäusen, ein Augenmerk zu richten.
Von Desinfektionsmaßnahmen verspricht die Anwendung der
Dampfdesinfektion schnellen und vollen Erfolg, weil die Pestbacillen
im Dampfe leicht zu Grunde gehen. Unter Umständen kann man
auch trockene Erhitzung auf 100° eine Stunde lang heranziehen,
während die Wirkung der Austrocknung im Verein mit Besonnung
weniger exakt in ihrem Effekt zu beurteilen ist, und nur bä
langer oder sehr starker Einwirkung Garantien für Erfolg liefert
Von chemischen Desinfektionsmitteln empfehlen sich Sublimat in
0,1-proz., Karbolschwefelsäure, Lysol und Chlorkalk in 1-proz.
Lösung als gut und schleunig wirkende Mittel; Karbolsäure ver-
wende man nur in 5-proz. Lösung, denn schwächere Konzentra-
tionon sind nicht zuverlässig genug. Formalin scheint nicht be-
sonders wirksam zu sein. Kalkmilch nehme man, zumal wenn man
R o u cali , Mikrobiologische Untersuchungen über einen Tumor des Abdomens. 517
nicht frisch gebrannten Kalk zur Bereitung benutzen kann, nicht in
zu starker Verdünnung, jedenfalls stärker als zur Abtötung der gegen
sie viel empfindlicheren Choleravibrionen. Kielwässer von Schilfen
wandte man durch den Kalkmilchzusatz unter Durchmischen wenig-
stens in 3-proz., womöglich in 5-proz. Lösungen um.
Ueber die prophylaktische Wirkung des Pestserums ist zur Zeit
noch weniger als über seine heilenden Effekte ein Urteil möglich.
Weitere Verfolgung verdienen die von Ko Ile begonnenen Versuche,
wie gegen Typhus und Cholera auch gegen die Pest Menschen mit-
tels Injektion abgetöteter Bacillen aktiv zu immunisieren.
Hamburg, den 5. April 1897.
Litter&tur.
1) Kitmato, Prelirainary notice of the bacillus of bubouic plague. Hongkong 1894.
July 7.
2) Yer sin, La peste bubonique k Hongkong. (Anu. de l’lnst. Pasteur. 1894. p. 662.)
3) — — Calmette et Borrel, La peste bubouique. Deuxifeme note. (Ebda.
1895. p. 589.)
4) — — Sur la peste bubonique. (Ebda. 1897. p. 81.)
6) Aoyama, Mitteilungen über die Pestepidemie im Jahre 1894 in Hongkong. (Mit-
tet!. der Kais, japan. Universität zu Tokio Bd. III. 1895. No. 2.)
6) Lowson, Notes on the plague in China. (The Lautet. 1895. July 27.)
7) Zettnow, Beiträge zur Kenntnis des Bac. der Bubonenpest. (Ztschr. f. Hygiene.
Bd. XXL p 165.)
8) Kölle, Zur Bakteriologie der ßeulenpest. (Dtsch. med. Wochenschr. 1897. No. 10.
p. 146.)
9) Wiltn, Ueber die Pestepidemio in Hongkong im Jahre 1896. (Hygien. Rund-
schau. 1897. No. 5 u. 6. p. 217 u. 285.)
10) Veröffentl. des Kais. Gesundheitsamte». 1897. p. 133 u. 149.
Nachdruck verboten.
Mikrobiologische Untersuchungen über einen Tumor
des Abdomens.
[Aus dem Institute für klinische Chirurgie an der Köoigl. Universität
Rom. Direktor: Prof. Francesco Durante.]
Von
Dr. D. B. ftoncali,
Hilfsarzt für den Lehrstuhl für spezielle demonstrative pathologische Chirurgie.
I.
Im Verlaufe meiner Versuche zur Isolierung der Blastomyceien
der menschlichen Neubildungen ist es mir gelungen, eine Art von
Ferment zu erhalten , welches eines gewissen Interesses wohl nicht
entbehrt ; ich bekam es in Reinkultur aus einer bösartigen Geschwulst,
die in der chirurgischen Klinik meines Lehrers, des Prof. Durante,
beobachtet worden war. Es handelte sich um eine Frau, die an pri-
märem Adenocarcinom des Colon transversum und descendens litt,
das sich auf das Omentum majus und auf das Mesenterium verbreitet
hatte. Ich will hier nicht von der bedeutenden klinischen Wichtigkeit
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518
D. B. Roocali,
des Falles und von der äußerst kühnen Operation sprechen, welche
Prof. D u ra n te ausführte, denn ich werde dies in einer bevorstehenden
anderen Arbeit über diesen Gegenstand thun, sondern will an dieser
Stelle nur etwas über die mikroskopischen und mikrobiologischen Befunde
angeben, die mir, besonders die letzteren, von einiger Wichtigkeit zu
sein scheinen. Als die Neubildung dem Netz und dem Mesenterium der
Peritonealhöhle, zugleich mit ungefähr 35 cm des resecierten Colons,
an dessen Schleimhaut sich noch zwei andere Tumoren befanden, ent-
nommen worden war, wurde sie in Sublimatgaze eiugehüllt und zur
Untersuchung in das Laboratorium gebracht. Der Tumor des Netzes
und des Mesenteriums wurde in drei Teile zerschnitten, der erste zur
frischen Beobachtung, der zweite zur histologischen Untersuchung, der
dritte für Kulturen. Mit den Tumoren des Colons stellte ich keine
mikrobiologischen Untersuchungen an, weil ich, auch wenn es mir
gelänge, ein positives Resultat zu erhalten, niemals gewiss sein konnte,
daß die darin angesprochenen Fermente wirklich von denen abstammten,
die sich in den neugebildeten Geweben, und nicht von denen, die sieb
sehr wahrscheinlich im Darme befanden.
II.
Als ich mit einem ausgeglühten Messer die Schnittfläche des Tu-
mors des großen Netzes, des Mesenteriums, oder eine der Geschwülste
des Colons abschabte, beobachtete ich au dem so erhaltenen Safte
unter dem Mikroskope Folgendes:
1) Runde oder ovale oder unregelmäßig gespaltene Massen von
verschiedener Größe, von der eines Leukocyten an bis zu der einer
Riesenzelle, mit glasartiger Brechbarkeit. Sie wurden in allen
Richtungen von Furchen durchzogen, welche entweder netzförmig, oder
in bald regelmäßigen, bald unregelmäßigen konzentrischen Kreisen
verliefen, oder bald gerade, bald wellige, von der Mitte nach dem
Umfang gerichtete Strahlen zeigten. An der Peripherie von vielen
dieser lichtbrechenden Körper hingen ein oder zwei runde, ebenfalls
lichtbrechende Körperchen fest. Von dem Körper anderer ging eine
Art bisweilen verzweigter, ebenfalls lichtbrechender Hyphen aus.
Mehrere dieser Körper waren vollkommen rund, in ihrem Mittelpunkte
befanden sich schwarze Körnchen; andere endlich stellten runde,
stark lichtbrechende Körper dar, aus einem, zwei, drei oder mehreren
konzentrischen Kreisen vou gleicher Dicke bestehend und im Centrum
schwarze Körnchen enthaltend. Kurz das Aussehen dieser licht-
brechenden Massen in diesen Tumoren ist auffallend verschiedenartig.
2) Neben diesen äußerst zahlreichen Körpern fanden sich voll-
kommen sphärische oder ovale Elemente von der Größe eines roten
Blutkörperchens, von deneu einige mit hyalinen, doppelt konturierten
Kapseln versehen waren, mit einem oder mehreren lichtbrechenden
Halonen und homogenem Protoplasma ; andere zeigten hyaline KapselD
und homogenes Protoplasma, mit einem oder mehreren lichtbrechenden
Körnchen im Centrum; andere waren ganz ohne Kapsel; noch andere
endlich besaßen eine sehr zarte Kapsel, oder excentrisch liegendes,
die Kapsel berührendes Protoplasma. Manche dieser Formen zeigten
ein oder zwei an ihrem Körper festhaftende Knospeu.
ogle
Mikrobiologische Untersuchungen über einen Tumor des Abdomens. 519
3) Außer den beschriebenen Formen zeigte die mikroskopische
Untersuchung im trockenen Zustand zahlreiche Zellen von epithelialem
Aussehen, von cyündrischer Gestalt, mit körnigem Protoplasma und
großem Kern, ferner spindelförmige Zellen, ebenfalls mit großem Kern
und vom Aussehen sarkomatöser Elemente, sowie sehr zahlreiche rote
und weiße Blutkörperchen.
Der der Schnittfläche der in Colon enthaltenen Tumoren entnommene
Saft zeigte unter dem Mikroskop dieselben Bestandteile, doch waren
hier die sphärischen Körper von parasitischer Natur und die stark
lichtbrechenden Massen zahlreicher, als in den Tumoren des Mesen-
teriums und des Netzes. Nach dieser Untersuchung des frischen
Saftes unterwarf ich diesen einer weiteren Prüfung, indem ich das
auf dem Deckgläschen eingetrocknete Präparat mit der Flüssigkeit
von Zeitei und mit der von Ehrlich färbte, wie man bei gewöhn-
lichen Bakterienfärbuugen verfährt, und beobachtete zahlreiche Blasto-
myceten, isoliert oder in Gruppen, größtenteils rund, einige mit einer
lichtbrechenden Kapsel und homogenem Protoplasma, das sich rot
oder violett gefärbt hatte, jenachdem das Präparat mit Karbolfuchsin
oder mit Gentianaviolett gefärbt worden war. Außerdem sah ich,
daß die lichtbrechenden Massen sich gar nicht färbten. Darauf
machte ich einen anderen Versuch : Ich nahm ein Stück des Tumore
des Mesenteriums und des Netzes, von ungefähr 5 cm Größe, und
schloß sie in eine sterilisierte Petri’sche Kapsel ein, welche 56 Stunden
lang im Thermostaten bei 37° C gehalten wurde. Am vierten Tage
nahm ich von dem Safte dieser Stücke, untersuchte ihn mikroskopisch
und sah, daß die nicht degenerierten Blastomyceten an Zahl bedeutend
zugenommen hatten, und daß viele von ihnen Knöspchen an ihrem
Körper angehaftet trugen, sich also offenbar im Zustande der Ver-
mehrung befanden. Diese Tbatsachen brachte ich noch deutlicher
zur Erscheinung, wenn ich den Saft auf die oben angegebene Weise
färbte.
Als ich mich so der parasitischen Natur dieser Körper versichert
hatte, wollte ich untersuchen, ob die glasartigen Massen das Resultat
der Degeneration von Blastomyceten seien. Ihre Aehnlicbkeit mit
den von dem Saccharomyces lithogenes Sanfelice und mit
den durch Blastomyces vitro simile degenerans in den
Geweben der Versuchstiere hervorgebrachten Massen hatte mich fast
von ihrer parasitischen Natur überzeugt, aber dennoch hielt ich es
nicht für unnütz, zur Stütze meiner Annahme die chemischen Reaktionen
anzuwenden. In der That sah ich, daß diese lichtbrechenden Massen
in einer gesättigten Lösung von Kali oder Natron bestehen blieben,
daß sie sich in einer vierprozentigen Verdünnung von Salz- oder Sal-
petersäure ohne Aufbrausen lösten, und daß sie mit einer vierzig-
prozentigen Verdünnung von Schwefelwasserstoff (Scbwefel)säure nach
ihrer Auflösung an ihrer Stelle nadelförmige Krystalle zurückließen,
die denen des Gypses sehr ähnlich waren. Dieselben Erscheinungen
traten auf, wenn man den genannten Alkalien und Säuren die Massen
unterwirft, welche der Saccharomyces lithogenes und der
Klastomyces vitro-simile degenerans in den Geweben von
Tieren erzeugen, denen deren Reinkulturen inokuliert worden sind.
III.
Die histologische Untersuchung zeigt, daß das feinere Gewebe
der innerhalb und außerhalb des Colons gelegenen Tumoren aus
verästeltem Bindegewebe besteht, durch welches in großer Menge und
symmetrisch geordnet polymorphe, größtenteils cylindrische, unvoll-
kommen entwickelte Epithelien zerstreut sind. Wir stehen vor einem
Adenocarcinom, einem echten, infizierenden Papillom. An einigen Stellen
des Tumors ist das Bindegewebe sehr sparsam und das Stroma ist in
diesem Falle auf das bloße Gefäßnetz reduziert; es besteht aus endo-
thelialen, stark lichtbrechenden Elementen mit homogenem Protoplasma
und eiförmigem, sich stark färbendem Kerne. Von den oben beschriebenen
Bindegewebsverzweigungen anastomosieren einige miteinander und
bilden so cystische Höhlungen. An der Peripherie des Tumors findet
man sehr grobfasriges und dem Schnitte starken Widerstand leistendes,
begrenzendes Bindegewebe, mit großem, eiförmigem, an chromatischer
Substanz sehr reichem Kerne. Von diesem Grenzbindegewebe -gehen
Fortsätze von fibrösem Gewebe nach dem Inneren der Tumoren
ab, die sich mit ihren Enden mit einander verbinden und weite
Räume oder Alveolen bilden. Diese Alveolen bilden nach allen Seiten
geschlossene Höhlungen und sind mit polymorphem, großenteils
cylindrischem Epithel ausgekleidet; von ihren YVänden gehen die oben
beschriebenen Bindegewebsverzweigungen aus.
Auf den Verästelungen des Bindegewebes und an den Wänden
der cystiseheu Höhlungen liegen schichten weis die spezifischen Elemente,
welche die Neubildung zusammensetzen. Die Schichtenbildung ist
bald einfach, besteht also aus einer einzigen Lage von reihenweise an-
geordueten palissadenartig gestellten Zellen, bald mehrfach, und kana
doppelt, dreifach, vierfach u. s. w. sein. Diese hier beschriebenen,
palissadenförmig auf den Verzweigungen und auf der Oberfläche
der Cystenwände stehenden Zellen haben einen großen, feinkörnigen,
cylindrischcn Protoplasmakörper und einen runden oder ovalen, an
chromatischer Substanz sehr reichen Kern. Bei starker Vergrößerung
findet man, daß die Kernmembran an keiner Stelle unterbrochen ist,
daß der Kern die Farbstoffe stark annimmt, und daß sein Chromatin
in kleinen Blöcken von verschiedener Größe zusammengebäuft ist,
welche entweder im Centrum des Kerns, oder im Centrum und
an der Peripherie liegen. In wenigen Zellen befindet sich der Kern
in Karyokinese, in sehr vielen dagegen in Hypochromatolyse. Die
Elemente des Tumors nähern sich morphologisch einigermaßen den
Zellen, welche im Normalzustände die Schleimhaut des Colons, und
denen, welche die Lieber kühn 'scheu Drüsen auskleiden.
Was die Morphologie der Parasiten in den Geweben des Tumors
betrifft, so habe ich dem bei der Untersuchung des frischen Objekts
Gesagten nichts hinzuzufügen; in Hinsicht auf die Lagerung dieser
Parasiten ist die ungeheure Menge der Blastomyceten geradezu er-
staunlich. Wenn man die Schnitte bei sehr geringer Vergrößerung be-
trachtet, bieten sie den Anblick einer Fläche, in welcher dicht neben
einander rundliche Körper liegen, die einen diamantartigen Glanz
ausstrablen. In diesen Geweben sind die Parasiten zum größten Teil
Mikrobiologische Untersuchungen über einen Tumor des Abdomens. 521
degeneriert, aber in den jungen Teilen der Neubildung, also an der
Peripherie, siebt man auch zahlreiche Formen von nicht degenerierten
Blastomyceten, die auf die spezifischen Färbungen sehr gut reagieren.
Der Sitz dieser Parasiten, besonders der degenerierten Formen, ist
das Centrum der Papillen. Bei einem Horizontalschnitte durch den
Tumor sehen wir eine außerordentlich große Zahl von größtenteils
runden Körpern von der Gestalt einer Rose oder Gänseblume vor uns,
welche von einem centralen, sehr stark lichtbrechenden Teile, dem
oder den degenerierten Blastomyceten, und sehr zahlreichen, kranz-
förmig um diese lichtbrecheude Centralpunkte regelmäßig und
konzentrisch angeordneten Zellenreihen von epithelialem Aussehen
gebildet werden.
Man findet die degenerierten Parasiten auch zwischen den Fasern
des Bindegewebes, das die Stütze der Papillen bildet, sowie auch
zwischen jenen Fasern, aus denen die das Neoplasma umhüllende
Kapsel besteht. In dieser Kapsel kommen jedoch die Parasiten in
sehr beschränkter Zahl vor. Die jugendlichen Formen haben, wie
gesagt, ihren Sitz in den jungen Teilen des Tumors. Hier findet man
meistens die kleinen oder runden Formen, mit chromatischer, licht-
brechender Kapsel und homogenem, intensiv gefärbtem Protoplasma.
Man sieht auch sehr wenige Formen mit hyaliner, achromatischer
Kapsel und einfachem oder doppeltem Umriß, sowie Formen in den
verschiedenen Phasen der Vermehrung durch Knospeubildung.
IV.
Nachdem ich durch die chemische Prüfung und durch die Unter-
suchung des frischen Objekts, wie oben beschrieben, die Ueberzeugung
gewonnen hatte, daß sich in diesem Tumor zahlreiche Blastomyceten
befanden, wollte ich versuchen, ob es gelänge, sie im Zustande der
Reinheit zu erhalten, wie dies mir in anderen Fällen geglückt war.
Zu diesem Zweck machte ich mit einem ausgeglühten Messer mehrere
Schnitte iu die verschiedenen Teile der Geschwülste des Netzes
und des Mesenteriums, schabte aus jedem Schnitte ein wenig Saft,
und brachte es in eine Glasröhre, welche ein wenig mit Zucker und
Säure versetzten destillirten Wassers enthielt. Auf diese Weise brachte
ich von dem Safte des Tumors in 60 Röhrchen, die ich bei 37° C
in den Thermostaten verschloß.
Acht oder zehn Tage nach dieser Operation beobachtete ich eine
weißliche Schicht an der Oberfläche von 47 von diesen 60 Röhrchen,
und fand im hängenden Tropfen, daß sie aus großen runden oder
ovalen Zellen bestand, welche von einer feinen, lichtbrechenden Membran
umgeben waren und homogenes Protoplasma mit einem, zwei, vier
und mehr lichtbrechenden Körnchen enthielten. Mehrere dieser Zellen
waren in Knospung begriffen, und von einigen gingen Fäden von
verschiedener Länge aus, bald einzeln, bald verzweigt, bald gegliedert;
alle zeigten die Charaktere von Hyphen. Als ich mit der Platinnadel
Plattenkulturen machte, fand ich, daß sich nur eine einzige Art von
Ferment entwickelt hatte, und es war leicht, Reinkulturen zu er-
halten.
Die morphologischen und physiologischen Eigenschaften dieses
Digitized by Google
522 Roncali, Mikrobiologische Untersuchungen über einen Tumor des Abdomens.
Ferments und sein Verhalten in den Geweben der Meerschweinchen
(sie sind für dieses Tier pathogen und verursachen den Tod nach
16 — 30 Tagen) veranlassen mich, es für in jeder Beziehung dem
Blastomyceten ähnlich zu halten, den ich aus einem Epitheliom der
Zunge und aus den Metastasen in den Achseldrüsen eines Sarkoms
der Mamma isoliert habe. Dieses Ferment ist also der Blasto-
myces vitrosimile degenerans.
Die Thatsache, daß ein und dasselbe Ferment auB drei ihrem
Sitz und ihrer Natur nach so verschiedenen Tumoren isoliert wurde,
wie das Sarkom der Mamma, das Epitheliom der Zunge und dieses
Adenocarcinom des Colons, des Netzes und des Mesenteriums ist
von einiger Bedeutung und verleiht meiner Annahme einigen Wert:
es sei nicht unmöglich, daß derselbe Blastomycet, je nachdem er das
Bindegewebe oder das Epithel reizt, eine Geschwulst des Bindege-
webes oder des Epithels hervorbringe. Man kann auch nicht da-
gegen anführen, die Isolierung des Blastomyces vitrosimile
degenerans aus den genannten Neoplasmen sei etwas Zufälliges,
von Verunreinigung der Luft, der Kulturböden Herrührendes, da ich
von Dezember bis Mai des Schuljahres 1895/96 *) 38 Versuche zur
Isolierung von Blastomyceten aus bösartigen Neubildungen ausgeführt
habe, welche in der chirurgischen Klinik des Prof. Durante vor-
gekommen und operiert und mir von den Kollegen an römischen
Spitäler übergeben worden waren; niemals ist bei diesen 38 Ver-
suchen irgend eine Verunreinigung zu beklagen gewesen.
Die von mir bei diesen Untersuchungen angewendeten Methoden
sind schon in meiner vorläufigen Mitteilung über die Morphologie
und Biologie des Blastomyces vitrosimile degenerans
und in der gegenwärtigen Arbeit angegeben worden. Mit dem Safte
eines jeden Neoplasmas pflegte ich drei Kolben, von denen jeder un-
gefähr 460 g saurer, zuckerhaltiger Flüssigkeit enthielt, und gegen 50
dieselbe Flüssigkeit enthaltende Probiergläschen zu beschicken, und
da die Zahl der Tumoren 38 betrug, so beträgt dies im ganzen 144
Kolben und 1900 Probiergläser. Nun habe ich niemals eine Ent-
wickelung erhalten, außer in den Fällen, in denen es gelang, die
Blastomyceten zu isolieren a ). Meine letzten Resultate sind unter
38 Versuchen 34 mal negativ und 4 mal positiv ausgefallen , wobei
ich 3 mal den Blastomyces vitrosimile degenerans und
einmal aus einem Myxosarkom, das ich von dem Kollegen Dr. Rosa
erhalten hatte, einen Blastomyceten isolierte, dessen biologische
und morphologische Eigenschaften mir ihn als ein Oidium zu er-
1) Rone ali, Sopra particolari parasiti rinvenuti in un adeno-carcinoma (papillomi
infettante) della ghiondola ovarica. (II Policlinico e Anualei de Micrographie. 1895 .) —
Roncali, I Hlastomiceti negli adeno-carcioomi doll' ovario [2* memoria.] (Bollettinc
della R. Accad. medica di Roma and Centralblatt iür Bakteriologie and Parasiteo-
künde. 1895.)
2) Roncali, Di un nuovo blastomicete isolato da un epitelioma della lingoi
e dalle metastasi ascellari di un sarcoma della ghiandola inntmnaria. patogeno per gii
anitnali e molto simile per il suo particolare modo didegeuerare nei tissuti delle
cavie »1 Sacharomycea lithogenes di Sanfelice. — Contribato all* etiologi*
dei neoplasmi maligni. [Vorläufige Mitteilung.] (II Policlinico (S. C.] und CentralbUt;
für Bakteriologie und Paraaitenkunde. 1896.)
Johnston, Ueber dcu Gebrauch von Im Wasser aufgelösten trockenen Blute etc. 523
kennen geben. Ueber die pathogenen Eigenschaften dieses Blasto-
myceten kann ich noch nichts angeben.
Daß der aus diesen Neoplasmen isolierte Blastomyces vitro-
simile degenerans nicht von Verunreinigung der Nährböden
durch von der Luft herbeigeführte Keime herrührt, sondern von eben
jenen Blastomyceten abstammt, die wir in den Tumoren und in be-
sonderer Menge in dem hier besprochenen Adenocarcinom des Colon
haben Vorkommen sehen, läßt sich offenbar aus folgenden Thatsachen
schließen :
1) Daß ich in den Geweben der mit Reinkulturen des Blasto-
myces vitrosimile degenerans inokulierten Meerschweinchen
dieselben stark lichtbrechenden Massen angetroffen habe, die in den
Geweben der Neoplasmen des Menschen beschrieben wurden;
2) daß ich gesehen habe, daß diese glasartig lichtbrechenden
Massen, welche in den Geweben des Meerschweinchens gefunden
werden, mit Alkalien und Säuren dieselben Reaktionen geben, wie die
in den neoplastischen Geweben des Menschen vorkommenden licht-
brechenden Massen ;
3) daß ich besonders in den Geweben von Meerschweinchen
habe feststellen können, daß die Massen von glasartiger Brechbarkeit
von den Blastomyceten abstammen, weil man den ganzen Bildungs-
breis dieser Massen verfolgen konnte, wie dieser Degenerationsprozeß
bei den Blastomyceten beginnt und zustande kommt.
Ueber die Wichtigkeit dieses Ferments für die Genesis unseres
Adenocarcinoms des Colons, das sich auf Netz und Mesenterium aus-
breitete, werde ich ausführlich in einer bald erscheinenden Arbeit
über diesen Gegenstand sprechen, worin ich den klinischen Teil ein-
gehend behandeln werde.
Nachdruck verbaten.
Ueber den Gebrauch von im Wasser aufgelösten
trockenen Blute für die Serumdiagnose des Typhus.
Von
Wyatt Johnston, M. D., Montreal,
Bakteriologie des „Board of Health der Provinz Quebec* 1 .
Ein Artikel von Pfuhl in einer der letzten Nummern des „Cen-
tralblatts für Bakteriologie (20. Januar 1897) bezeichnet den Gebrauch
einer wässerigen Lösung frischen oder trockenen Blutes als eine neue
und brauchbare Methode, die Serumprobe beim Typhus anzuwenden.
Es werden fünf Fälle erwähnt, bei denen diese Probe erfolgreich von
ihm angewendet wurde.
Die Angaben Herrn Professor Pfuhls, die guten Resultate dieser
Methode betreffend, kann ich bestätigen, da ich seit September 1896
mich beständig mit derselben beschäftigt habe, in welchem Monat ich
als der Erste diese Modifikation der Widal’schen Probe beschrieb.
Auf meine Empfehlung hin wurde damals die Methode vom „Board of
Digitized by Google
524
Wyatt Johnston
Health of the Province of Quebec“ als Basis einer kostenlosen öffent-
lichen Anwendung der Typhusdiagnose eingeführt. Dieser „Board of
Health“ ist das erste Gesundheitsamt, welches eine öffentliche Diagnose
dieser Art für Typhus anwandte. Widal und Sicard hatten schon
vor meiner ersten Beobachtung gezeigt, daß Lösungen von zwei Tage
lang getrocknetem Blut eine Reaktion ergeben und daher das Prinzip
aufgestellt, welches von mir benutzt wurde; praktisch angewandt
wurde dieses Prinzip von ihnen nicht. Es ist mir seitdem ebenso
wie Widal gelungen, ohne jede Schwierigkeit die Typhusreaktion
mit Blutproben zu erzeugen, welche seit 6 Monaten getrocknet waren.
In der Zeit zwischen dem 17. September 1896, dem Datum meiner
ersten Mitteilung, und dem Erscheinen von Professor Pfuhl’s Artikel
hat die Methode, Lösungen von getrocknetem Blut anzuweuden, viel-
seitige Prüfungen bestanden, nämlich von dem „Medical Department of
the United States Army und dem United States Marine Hospital Service,“
dem „Ontario Board of Health“, den öffentlichen Gesundheitsämtern
von New York, Chicago, St. Louis, Minneapolis, New Orleans,
Philadelphia und anderen Städten. Soviel ich erfahren konnte, sind
die Erfolge dieser Proben im ganzen zufriedenstellend ausgefallen,
indem man mit trockenem Blute ungefähr dieselben Resultate erzielte,
wie mit flüssigem Serum und außerdem fand, daß ersteres leichter zu
beschaffen und zu versenden ist, als letzteres. Natürlich gestattet
seine Anwendung nicht, den Grad der Verdünnung mit derselben
Genauigkeit festzustellen, als dies beim Gebrauch der Serummethode
möglich ist, wenn man auch annähernde Resultate mit dem Hämo-
meter erhalten kann.
Ich möchte hinzufügen, daß die Methode bisher noch nicht in
der jüngst erschienenen deutschen medizinischen Litteratur erwähnt
wurde, und es ist daher ganz verständlich, daß die praktische An-
wendung derselben Prof. Pfuhl unbekannt war. Das, was er in
betreff der Vorzüge, wässerige Lösungen als Mittel zu benutzen, die
roten Blutkörper zu entfernen und so die Reaktion deutlicher zu
machen, sagt, kann ich vollkommen bestätigen. Offenbar hat er die
Frage ganz unabhängig und in einer von der meinen verschiedenen
Weise aufgenommen, indem er als ursprünglichen Zweck die Ent-
fernung der roten Blutkörperchen betrachtete, während ich in meinem
Falle mehr Gewicht darauf legte, die Beschaffung und Versendung
der Musterproben soviel als möglich zu vereinfachen.
Die Prüfungsmelhode, die ich bei einer Zusammenkunft der
„American Public Health Association“ am 17. Sept. 1896 in Buffalo vor-
führte (New York Medical Journal. 31. Oct. 1896), war einfach die,
daß ich einen getrockneten Blutstropfen in Wasser auf löste, und einen
Tropfen der so erhaltenen Lösung mit einem einer Bouillonkultur von
Typhusbacillen vermischte. Die durch diese Methode bei mehr als
500 Untersuchungen von mir und Dr. D.D. McTaggart erzielten
Resultate waren sehr zufriedenstellende. Diese Ergebnisse erschienen
teilweise in dem „British Medical Journal“ vom 5. Dez. 1896.
Längere Auszüge unserer Arbeiten brachten auch „La Semaine
mödicale“ und „La Presse m6dicale“. In einem am 7. Jan. 1897
vom „Board of Health for the Province of Quebec“ herausgegebenen
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lieber den Gebrauch von im Wasser aufgelösten trockenen Blute etc. 525
Rundschreiben und in der Märznummer des „Montreal Medical Jour-
nal“ haben wir einige weitere Einzelheiten, die Wirkung von Blut-
lösungen auf Typhuskulturen betreffend, veröffentlicht, wobei wir fest-
stellten, daß man am besten abgeschwächte und bei Zimmertemperatur
erhaltene Stammkulturen benutzte, um die besten Ergebnisse mit
Blutlösung zu erhalten. Man gebraucht die aus diesen Stämmen
nach einem Wachstum von 24 Stunden bei 37° C bereitete Kultur zur
Probe. Dies thut man deswegen, weil Blutlösung eine größere Neigung
zeigt als Blutserum bei gesunden Personen, Agglutination mit viru-
lenten Kulturen hervorzubringen. Diese Neigung fällt bei Anwendung
abgeschwächter Kulturen fort. Wir halten eine genaue Feststellung
des Verdünnungsgrades bei Diagnosen nicht für nötig. Sie stört die
Einfachheit der Technik und hat nicht viel zu bedeuten, wofern
nicht der Virulenzgrad der Kultur ebenfalls konstant bleibt.
Wir.finden, daß abgeschwächte Kulturen dem Typhusblute gegen-
über weniger empfindlich sind, als virulente. Wir haben ferner ge-
funden, daß die körnige Zerstörung, weiche bei Pfeiffer’s Tier-
experiment vorkommt, weit eher bei Blutlösung, als bei Blutserum
von derselben Stärke auftritt. So zeigte sich in gewisser Hinsicht
die Blutlösung wider Erwarten augenscheinlich wirksamer, als das
Serum.
Wir haben die Reaktion auch als Mittel gebraucht, um Typhus-
bacillen auf mechanischem Wege von unreinen flüssigen Kulturen,
welche von Faeces u. s. w. stammten, abzusondern, indem wir die
Kulturen durch ein Sieb gehen lassen und die Klümpchen zum Ge-
brauch zurückbehalten, welche auch mit dem Mikroskop herausgesucht
werden können. Um gute Resultate zu erhalten, dürfen die Typhus-
bacillen nicht gar zu spärlich vorhanden sein. Es wird später über
diese Isolierungsversuche ausführlich berichtet werden.
Getrocknetes Blut von Impfcholera ergab gute Cholerareaktionen,
wenn wir es mit Wasser befeuchteten (New York Medical Journal.
30. Nov. 1896).
Eine Immersionslinse ist nicht nötig, um die Reaktion zu be-
obachten. Wir finden, daß man mit auf Papier getrocknetem Blute
bessere Resultate erzielt, als mit auf Glas getrocknetem, da das Gerinsel
am Papier klebt und die Lösung klar bleibt. Das am besten ein-
zuschlagende Verfahren ist, daß man einen von einer Haarröhre auf-
gesogenen Wassertropfen eine oder zwei Minuten lang auf der Blut-
kruste unbeweglich stehen läßt. Eine Oese von der so erhaltenen
Lösung wird dann von der Spitze des Tropfens genommen und mit
einer Oese der Kultur vermischt Dr. McTaggart hat gefunden,
daß man, wenn die Reaktion sich langsam oder unvollständig ent-
wickelt, dieselbe dadurch beschleunigen kann, daß man das Deck-
gläschen von dem hohlgeschliffenen Objektträger abhebt und einen
weiteren Tropfen von der Blutlösung hinzufügt. Wir benutzen ge-
wöhnlich Lösungen, die soweit verdünnt sind, daß sie dem Tropfen
nur einen schwachen Farbenton geben. Wo die Reaktion stark aus-
gebildet ist, ist sie selbst bei Lösungen von 1 : 100 noch nachweisbar.
Bei einer Anzahl von Fällen, die klinisch dem Typhus ähneln,
aber unter negativen Blutreaktionen verlaufen, haben wir das Auf-
526
Berichte des Herrn Prof. Dr. Koch etc.
treten einer sehr ausgeprägten Reaktion mit dem Colibacillus
bemerkt.
Die Vorzüge, welche der Gebrauch von getrocknetem Blut ge-
währt, sind sehr groß für einen Distrikt, wie die Provinz Quebec,
welche sich über 200 000 englische Quadratmeilen erstreckt und nur
teilweise bewohnt ist.
Montreal, 3. März 1897.
Nachdruck verböte n.
Berichte des Herrn Prof. Dr. Koch über seine in
Kimberley gemachten Versuche bezüglich Bekämpfung
der Rinderpest 1 ).
[Kap der Guten Hoffnung, Agrikulturdepartement.]
Rinderpest.
Dr. Koch’s Experimente in Kimberley.
Im Nachstehenden veröffentlichen wir die beiden ersten Berichte
Prof. Koch’s an den Sekretär für Landwirtschaft in Kapstadt über
seine Untersuchungen betr. Feststellung eines Verfahrens gegen die
Rinderpest
Kimberley, 9. Dez. 1896.
Geehrter Herr 1 Hiermit beehre ich mich , Ihnen Rechen-
schaft abzulegen über meine Tbätigkeit bezüglich Untersuchung der
Rinderpest.
Am 5. d. M. in Kimberley eingetroflen, inspizierte ich zuerst
mit Dr. Turner und Dr. Edington, Mr. Hutcheon und
meinen Assistenten die Grundstücke der Victorian Compound, welche
Hr. Hutcheon als sehr geeignet für eine wissenschaftliche Versuchs-
station empfahl. Der Platz schien mir vorzüglich geeignet für meine
Untersuchungen. Er liegt ungefähr 2 Meilen von Kimberley ab und
da er durch eine Einzäunung von der ganzen Umgebung abgetrennt
ist, so bedarf es nur der Errichtung einiger Behausungen, um die
Versuchstiere in geeigneter Weise unterzubringen. Das Haus, welches
auf dem Grundstück steht, enthält einen größeren und erhellten Raum,
welcher für Laboratoriumsarbeiten benutzt wird.
Nach Rücksprache mit genannten Herren und speziell auf Ver-
anlassung des Dr. Edington begab ich mich noch am selben Abend
in deren Begleitung nach der Untersuchungsstation von Dr. Edington
nach Taungs- Eisenbahnstation, währenddem Hr. Hutcheon in
Kimberley blieb, um die Ausrüstung der Versuchsstation, sowie den
Ankauf der Tiere zu besorgen.
Am anderen Morgen besah ich mir das Laboratorium in Taungs,
mit besonderer Berücksichtigung der allgemeinen Arrangements, sowie
der Versuchstiere. Von letzteren ist eines in der Nacht vom 5. zum
1) üebersetzt an» dem „Agricultural Journal“ vom 14. Jan. und 18. Febr. 1897*
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Berichte des Herrn Prof. Dr. Koch etc.
527
6. Dez. verendet, nachdem dasselbe, Hm. Dr. Edington zufolge,
23 Tage zuvor an Rinderpest erkrankte; zwei weitere waren krank.
Die Autopsie, welche gleich darauf von Dr. Edington vorgenommen
wurde, ergab, daß das Tier sehr wahrscheinlich einer sekundären
Infektion, welche von den Mandeln ausging, erlegen war.
Kurze Zeit nach dieser Untersuchung post mortem, verendete
noch eines der beiden kranken Tiere, welches ebenfalls sogleich von
Hm. Dr. Robertson seziert wurde. Hierbei wurden die charak-
teristischen Erscheinungen von Rinderpest in einem verhältnismäßig
frühen Stadium erkannt Von beiden sezierten Tieren wurden Blut
und Schleim, sowie Stückchen von inneren Organen gesammelt und
aufbewahrt, zum Teil feucht, zum Teil trocken. Im Laufe des Nach-
mittags untersuchten wir 5 Tiere, welche von Kafir Kraals — im
Westen der Eisenbahnstation Taungs gelegen — eingebracht wurden
und von denen eines frisch erkrankt schien. Letzteres wurde an-
gekauft und eine beträchtliche Menge Blut aus der linken Drosselvene
zu Versuchszwecken entnommen.
Ara 7. Dez. fuhr ich nach Taungs-Stadt, wo eine große Anzahl
kranker Tiere mir gemeldet wurde.
Jedoch war kein einziges Stück in der Stadt zu sehen, da alles
Vieh von den Einwohnern in die Berge getrieben wurde. Reg.-
Veterinär Soga teilte mir mit, daß die Bewohner von Taungs schon
nahezu 20000 Stück Vieh an der Pest verloren haben und den Rest
ihres Bestandes, um denselben zu retten, weit weg trieben. — Ich.
kehrte infolgedessen sofort nach der Dr. Edington’schen Versuchs-
station zurück. Das Tier, welches wir gestern kauften, wurde sofort
geschlachtet und seziert. Die Organe zeigten die charakteristischen
Erscheinungen der Rinderpest. Von diesem Tiere wurde ebenfalls
Material zu Untersuchungs- und Infektionszwecken genommen. Nach-
dem ich mir noch einige Fälle von vorgeschrittener Rinderpest be-
sehen und nur Schleim von einem frisch erkrankten Tiere zurück-
behalten hatte, kehrte ich noch in derselben Nacht nach Kimberley
zurück.
20 Rinder, 20 Schafe und 20 Ziegen wurden inzwischen ange-
kauft. Von diesen wurden 8 Rinder mit dem von Taungs gebrachten
Material infiziert, und zwar in der Weise, daß kleine, mit dem In-
fektionsstofi getränkte Schwämme auf die Nasenlöcher gelegt wurden,
nachher wurde auch das Maul mit demselben Schwamm überstrichen.
Zur Ueberwachung der Tiere, sowie des zur Pflege angestellten
Personals, blieb Hr. Henning auf dem Compound (Gutshof) und
wird auch fernerhin daselbst sich aufhalten.
Die Ausstattung des Hauses nebst Zubehör ist heute schon soweit
fertig, daß ich morgen mit der Einrichtung des Laboratoriums be-
ginnen kann. Ich hoffe, daß letzteres bis Ende der Woche oder zu
Anfang nächster Woche fertig sein wird ; bis dahin werden danu die
infizierten Tiere soweit vorgeschritten sein, daß ich mit den Unter-
suchungen beginnen kann.
Im Hinblick auf die günstigen Bedingungen bezw. Verhältnisse
des Victorian Compound beabsichtige ich, meine Forschungen so
528
Berichte des Herrn Prof. Dr. Koch etc.
lange als möglich hier fortzusetzen und werde ich deshalb einstweilen
in Kimberley verbleiben.
Nach allem, was ich bis jetzt von dem Uebel in der Kapkolonie
gesehen habe, kann ich ohne Weiteres behaupten, daß die unverfälschte
Rinderpest hier vorliegt.
Was die von Dr. Edington gefundenen und kultivierten Mikro-
organismen betrifft, konnte ich bis dato zu keinem definitiven Entschluß
gelangen. Die mit diesen Kulturen vorgenommenen Infektionsversuche
scheinen mir nicht beweisend und ich muß deshalb meine Ansicht noch
zurQckhalten, bis ich persönlich Versuche mit denselben vorgenommen
habe. Zu diesem Zwecke übergab mir Dr. Edington freundlichst
einige von diesen Kulturen ; außerdem that er alles während meines
Aufenthaltes in Taungs, was meinen Forschungen förderlich sein
konnte, was ich hier dankend anerkenne. Ferner bin ich den übrigen
Herren, welche mir vom Departement überwiesen wurden, zum größten
Dank für das freundliche Entgegenkommen verpflichtet, insbesondere
Hrn. Dr. Turner, welcher in jeder Hinsicht für unsere Wohlfahrt
aufs herzlichste besorgt war.
Ich hoffe, daß durch die Mithilfe dieser Herren meine Arbeiten
glatt vorwärtsschreiten werden und hoffe, Ihnen in Bälde wieder be-
richten zu können. gez. R. Koch.
Der 2. Bericht, datiert Kimberley, 3. Jan. 1897, nach Auf-
führung der für Laboratoriumsarbeiten und mikroskopische Unter-
suchungen gemachten Vorkehrungen, fährt wie folgt weiter:
Von den kleineren Versuchstieren sind Schafe und Ziegen unter
der Veranda längs den Stallungen untergebracht, und 2 Hunde sind
ebenfalls unter der Veranda längs der Rückwand des Hauses an-
gebunden. Vögel, Kaninchen, Mäuse, Meerschweinchen und Schweine
sind längs der Stallmauer untergebracht, einige auch unter einfachen
Wetterdächern.
Unter letzteren ist auch ein Esel und ein Maultier; währenddem
ersteres Tier zu Versuchen dient, so wird letzteres auch zum Be-
spannen der Roll- und Kippkarren zum Wegfahren des Dungs und
der Tierleichen verwandt. Diese Wagen laufen auf Schienen an den
Stallungen und Wetterdächern vorbei durch das nördliche Thor hin-
durch nach einem ca. 500 Yards entfernten Hügel, auf dessen Gipfel
sich eine Grube befindet (30 Fuß lang, 10 Fuß breit und 10 Fuß
tief), in welche die Leichen und der von denselben herrührende
Unrat hineingeworfen wird. In der Nähe dieser Grube steht eine
Art von Wetterdach, unter welchem Autopsieen vorgenommen werden,
liier werden auch die dazu uötigen Instrumente u. s. w. aufbewahrt.
Um möglichst viel Licht während der Bearbeitung der inneren Organe
zu haben, werden diese Untersuchungen in dem Raume zwischen
Grube und Wetterdach ausgeführt. Die in die Grube versenkten
Leichen werden in erster Linie mit gebranntem Kalk bestreut und
nachher mit Erde überdeckt.
Einige von den Versuchstieren sind in offenen boxes, andere in ge-
schlossenen Ställen mit doppelten Dächern, Fenstern und auf der bereits
erwähnten Veranda untergebracht. Wir beabsichtigen in Zukunft über
die Tiere derart zu disponieren, daß wir alle Tiere, welche sich von
Berichte des Herrn Prof. Dr. Koch etc.
529
der Rinderpest erholt haben und solche, mit welchen noch keine Ver-
suche angestellt worden sind, getrennt voneinander außerhalb des Hofes
halten, während diejenigen, an welchen gerade experimentiert wird,
in unseren offenen Stallen innerhalb des Hofraumes zu stehen
kommen. Sobald die letzteren eine Temperatursteigerung aufweiseD,
das erste Symptom der Krankheit, so entfernen wir dieselben sofort
in die geschlossenen Stallungen, aus welchen die Fäkalien und die
sonstigen Verunreinigungen nicht hinausgeraten können. Mit Hilfe
dieser Vorsichtsmaßregel hoffe ich, jede spontane Infektion vermeiden
zu können. Der einzige Fall dieser Art, welcher bis jetzt vorkam,
betrifft ein Tier, welches an einem freien Platze neben dem von der
Krankheit zuerst befallenen stand und an Diarrhöe litt zu einer Zeit,
wo die Ställe noch nicht abgetrennt waren.
Die verschiedenen Tiere werden von einem gut instruierten Personal,
welches unter der Oberaufsicht der Herren Henning, O’Donoghue
und Phillips steht, mit aller Vorsicht besorgt, so daß eine Ueber-
tragung der Krankheit möglichst vermieden wird. Die Temperatur-
messungen werden in einer Weise vorgenommen, daß die Möglichkeit
jeglicher Uebertragung sozusagen ausgeschlossen ist. Dank den Be-
mühungen der Herren Hutcheon etc. ist für alles, was für die
regelmäßigen Funktionen sowie den richtigen Unterhalt des Etablisse-
ments nötig ist, aufs beste gesorgt.
Um weitere Untersuchungen über Rinderpest zu machen, war uns
in der Nähe von Kimberley zweimal die Gelegenheit geboten. Durch
die Gefälligkeit des Herrn Roberts, Oberkommissionär für die
Rinderpest in Bloemfontein, konnte ich am 20. Dczbr. in Begleitung
meiner beiden Assistenten die Tafelkopfarm besuchen, welche im
Oranje-Freistaat ungefähr */ 4 Stunden von dem sog. Freetown Gate
liegt. Unter einer Herde von 120 Köpfen befanden sich ungefähr
23 pesterkrankte Tiere in den verschiedensten Stadien. Durch die
Erlaubnis des Eigentümers wurden 2 im Sterben liegende Tiere ge-
tötet und von Herrn Henning gleichzeitig mit einem anderen in-
zwischen verendeten Tiere seziert. Die Obduktion ergab, daß zwei
dieser Fälle schon älteren Datums waren, währenddem der dritte,
noch jüngeren Datums, genau den Typus der Rinderpest aufwies.
Von den lebenden Tieren sammelten wir den von Nase und Maul
tropfenden Schleim und von den toten Galle und Blut Wir be-
hielten auch einige Stückchen von Organen für mikroskopische und
Inokulationszwecke zurück.
Am 29. Dez. ging ich ein zweites Mal nach dem Freistaat unweit
des Grenzwalles. Der Eigentümer benachrichtigte uns, daß er seit
Ausbruch der Krankheit, am 13. Nov., 33 von 66 Tieren verloren habe.
Ich untersuchte ein in der vorhergehenden Nacht verendetes Tier und
fand, daß dasselbe alle Symptome der Pest aufwies. Unter dem
lebenden Bestand waren Patienten in allen Stadien. Aehnlich liegen
die Verhältnisse auf Olifants Dam Farm, welche nicht weit von oben
genanntem Platze entfernt liegt. Hier soll die Krankheit zuerst am
12. Dez. aufgetreten sein und bis jetzt 40 Opfer von einer Herde
von 140 Tieren verlangt haben. Vier Stück waren in den letzten
12 Stunden gestorben und 10 erkannten wir als krank. Eine
Ent« Abt. XXI ad. 31
ogle
530
Berichte d«s Herrn Prof. Dr. Koch etc.
Obduktion des zuletzt verendeten Tieres zeigte in prägnanter Weise
an den Organen die durch die Pest hervorgerufenen pathologischen
Veränderungen. Wir nahmen dann von demselben Tier noch etwas
Blut mit zur weiteren Untersuchung. Abgesehen von dem za
Forschungszwecken bestimmten Material, boten diese beiden Be-
suche auch ein interessantes Studium der Natur, Verbreitungsart und
des Verlaufs der Krankheit. Bei unserer letzten Fahrt waren wir in
Begleitung des Herrn Fenn, Chef der Grenzpolizei, dessen liebens-
würdigen Beistandes speciell bei den Obduktionen ich hier dankend
gedenke.
Unsere Impfversuche gingen bis jetzt hauptsächlich darauf hinaus,
eine wirksame Methode zu linden, den Keim der Krankheit aof
gesunde Tiere zu übertragen, die früher angewandten Methoden waren
nicht stichhaltig. Dieselben bestanden darin, daB man Sekrete von
kranken Tieren, wie z. B. Nasenschleim, Augensekret, selbst Entleerung®
aus den Eingeweiden in die Nasenlöcher einreibt oder vermittelst
Haarseilnadeln unter die Haut einführt. Auf diese Weise war das
Resultat entweder unsicher in seinen Folgen oder die Krankheit war
von Anfang an durch hinzugetretene Sepsis kompliziert, dadurch, dai
septisches Material mit infiziert wurde. Die Richtigkeit dieser Auf-
fassung bestätigte sich auch durch meine eigenen Erfahrungen. Wie
bereits in meinem früheren Bericht erwähnt, brachten wir das In-
fektionsmaterial auf die Nase und auf die Schleimhäute des Maules.
Die Wirkung dieser Methode war, daß von 8 mit von Taungs her-
gebrachtem Material infizierten Tieren nur eines, welches später der
Ausgangspunkt von einer Reihe von Versuchen wurde, die Krankheit
in sich aufnahm. Von der zweiten Kategorie von Tieren, welche mit
Schleim von Tafelkop infiziert wurden, trat die Krankheit ebenfalls
nur bei einem von 3 Tieren auf. Unter Berücksichtigung der bei
früheren Epidemieen gemachten Erfahrungen wurde ich gewahr, da£
es ein weit besserer Modus der Infektion sein würde, Blut subkutan
einzuspritzen. Denn wenn Blut während der frühen Stadien der
Rinderpest genommen wird, enthält es keine septischen Stoffe, sonders
nur den Ansteckungskeim der Rinderpest. Diese Annahme hat ach
bis jetzt als vollständig gerechtfertigt erwiesen. Wir haben 5 Tiere
in die Wamme mit defibriniertem Blut geimpft; alle, ohne Aas-
nähme, erkrankten nach einer Inkubationsdauer von 3—5 Tagen. Vier
von diesen Tieren sind, wie durch Autopsie festgestellt, der eigent-
lichen Rinderpest erlegen. Eins derselben erholte sich von einen!
sehr schweren Anfall und dient jetzt zu Immuuisierungszwecken.
Ich bezwecke durch diese Bluteinspritzungen von einem Tiere
zum anderen eine Serie von Infektionen zu gewinnen, welche mir nenes
Material zu meinen Untersuchungen liefern. Es wird am zweckmäßigste!
sein, wenn wir mit zwei Serien arbeiten:
1) Mit Material von Taungs;
2) mit Material von Tafel Kop.
Um diese Versuche mit möglichst wenig Kosten durchzuführe»,
werden wir in jeder Serie nur ein Tier auf einmal infizieren.
Versuche mit von an Rinderpest verendeten Tieren berrührend«
Galle wurden ebenfalls gemacht, indem letztere unter die Haut eio-
Berichte des Herrn Prof. Dr. Koch etc.
531
gespritzt wurde. Ich wurde hierzu veranlaßt dadurch, daß früher schon
von den Farmern im Freistaate ein Gemisch von Galle und Blut oder
anderer Flüssigkeiten öfters angewandt wurde, auch durch den Um-
stand, daß ich in der Galle in den meisten Fällen ein Bakterium
kulturell vorgefunden habe, welches laut Beschreibung mit dem von
Simpson in Calcutta entdeckten und als specifisch für die Rinder-
pest erklärten Mikroben übereinstimmend ist. Alle diese Versuche
mit Galle hatten negative Resultate.
Wir sind infolgedessen berechtigt zu sagen, daß die Galle den
AnBteckungskeim der Rinderpest nicht enthält und Simpson’s
Bakterium nicht als der Erreger der Rinderpest angesehen werden
darf.
Alle Bemühungen sowohl mikroskopisch als auch kulturell einen
spezifischen Mikroorganismus im Blute zu finden, waren bis jetzt er-
folglos. Es gelang mir auch nicht, dieses spezifische Bakterium unter
den Mikroben, welche im Nasenschleim oder anderen Schleimsekreten
und in den Eingeweiden enthalten sind, herauszufinden. Meine Unter-
suchungen in Bezug auf die Entdeckung der Ursache der Rinderpest
werden selbstredend fortgesetzt, aber das Hauptgewicht muß auf das
Ausfindigmachen eines Verfahrens gerichtet sein, durch welches man
in den Stand gesetzt ist, den Virus derart abzuschwächen, daß man
ihn als ein Verhütungsmittel an wenden kann. — In dieser Absicht
haben wir andere für Rinderpest weniger empfängliche Tiere geimpft
und zwar am 14. Dez. wurden vorgenommen ein Kapschaf, ein Merino-
schaf, eine Angora- und eine Kapziege und mit Rinderpestblut
injiziert. Diese Tiere zeigten keine auffallenden Merkmale, aber sie
hatten alle nach einer Inkubationsperiode von 2 — 3 Tagen die für die
Rinderpest spezifische Temperatursteigerung. Eine zweite Impfung am
17. Dez. bei einer Ziege, einer Angora, einem Merino- und einem
Kapschaf hatten denselben Effekt Nachdem somit der Beweis geliefert
ist, daß durch Einspritzungen von Rinderpestblut eine Art von leichter
Rinderpest in den genannten Tieren erzeugt werden kann, infizierten
wir am 27. Dez. in zweiter Linie zwei weitere Ziegen, Angora, Merino
und Kapschafe. Die Terapcratursteigerung, welche hier ebenfalls kon-
statiert wurde, zeigt deutlich, daß es möglich ist, die abgeschwächte
Rinderpest im Körper von Schafen und Ziegen fortzupflanzen.
Nach ein oder zwei weiteren Impfversuchen werde ich versuchen,
den so erhaltenen Ansteckungskeim der abgeschwächten Krankheit
auf gesundes Rindvieh zu übertragen. Aehnliche Versuche werden
auch an Antilopen, Schweinen, Eseln, Maultieren und Hunden gemacht.
Ferner beabsichtige ich, die Empfänglichkeit für Rinderpest an
allen den Tieren zu prüfen, welche hierzulande nicht allein der Krank-
heit unterworfen, sondern auch zur Verschleppung beitragen können.
Mit Rücksicht hierauf halte ich es auch für geboteu, Kameele
anzuschaffen, um deren Immunität gegen Rinderpest endgiltig fest-
zustellen. Nebenher werden wir noch versuchen, ob durch irgend
welche Mittel, z. B. auf chemischem oder physikalischem Wege,
Rinderpestblut zur prophylaktischen Impfung nutzbar gemacht werden
kann, d. b. ob dasselbe sich zu einem Impfstoff verarbeiten läßt.
Eine Gelegenheit, die bis jetzt in Südafrika gegen Rinder-
84 *
ogle
532
Bericht« dea Herrn Prof. Dr. Koch etc.
pest gebräuchlichen Impfungsniethoden zu prüfen, war bis jetzt noch
nicht geboten, aber ich werde später im gegebenen Moment infizie-
rendes Material denjenigen Tieren einimpfen , welche zuerst mit
Galle behandelt wurden, um zu sehen, ob letztere irgend welchen
Schutz bietet oder nicht. Gelegentlich eines Besuches im Freistaat
bemerkte ich, daß alle Tiere einer Farm als Schutzmaßregel mit
Knoblauch („Knoflook“) in die Wamme injiziert wurden, aber ohne
günstiges Resultat. Auf einer anderen Farm wurde eine Mischung
von Karbol und Petroleum dem Vieh verabreicht, aber auch diese
Maßregel war nutzlos.
Andererseits giebt aber jedermann, der mit den Verhältnissen
längs der Freistaatgrenze im Kimberleydistrikte vertraut ist, gerne zu,
daß die angeordneten Einschränkungen ihren Zweck vollständig er-
füllt haben.
Auf der einen Seite der Grenzlinie waren 4 Wochen hindurch
mehrere Farmen von der Rinderpest schwer heimgesucht, während-
dem die Continental Farm jetzt noch frei von dem Uebel ist.
In Bezug auf den von Dr. E ding ton gefundenen Rinderpest-
mikroben erwähne ich noch, daß Dr. Edington mir am 28. Oez.
eine auf Bouillon gezüchtete Kultur übergab, von welcher er in meiner
Gegenwart zwei Reagensgläser mit demselben Nährboden weiterimpfte.
Nachdem ich mich überzeugte, daß die Kulturen in letzteren rein und
reichlich gewachsen waren, inokultierte ich am 31. Dez. ein gesundes
Tier mit jeder dieser Kultur und werde Ihnen später über die betr.
Wirkung berichten.
Außerdem möchte ich noch hervorheben, daß eines von den 3 Tieren,
deren Autopsie in Taungs vorgenommen wurde, an Texasfieber litt,
was wir am nächsten Tage bei der Untersuchung des Blutes fest-
stellten. Um bei unseren Versuchen, jeglichen Irrtum, welcher durch
die Kombination der Pest mit dem Texasfieber entstehen könne, zu
vermeiden, machen wir es zum Prinzip, bei jedem zu Infektions-
zwecken verwandten Tier das Blut mikroskopisch zu untersuchen.
Wir haben die Erfahrung gemacht, daß die Südafrika-Rinderpest
in manchen Punkten von den Beschreibungen anderer Beobachter
differiert. So z. B. sind die Exantheme und diphtheritisartigen Ver-
änderungen auf den Schleimhäuten des Maules und auf dem Gaumen
nur wenig auffallend, währenddem die pathologischen Veränderungen
in den Eingeweiden eher stärker sind. So haben wir bei drei
unserer postmortalen Untersuchungen fibrinöse, blutige Auskleidungen
der Darmwäude konstatiert Diese bestanden aus zusammenhängenden
Massen von 1 Yard Länge, welche wurstähnlich die Formen da
Wände der Eingeweide annahmen und einen engen Kanal mit dünn-
flüssigen Exkrementen umgaben. Diese Massen bestanden aus los-
gelöstem Epithelien des Verdauungstraktus, einer festen, fibrinartigen
Substanz und Blut
Ueber die Ursache dieser Differenz, ob dieselben den klimatischen
Einflüssen oder der spezifischen Rindviehart zuzuschreiben sind, kann
ich noch kein Urteil abgeben. In allen anderen Punkten indessen
stimmen die Symptome der Krankheit mit denjenigen der richtig®
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Berichte des Herrn Prof. Dr. Koch etc.
533
Rinderpest vollständig Qberein, so daß die Identität keinen Zweifel
mehr aufkommen läßt.
Die bei der englischen Epidemie von Burdon-Sanderson
gemachte Beobachtung, daß der Anfang der Pest durch eine jedem
anderen Symptom um einige Tage vorangehende Temperatursteigerung
erkannt werden kann, bestätigte sich bei jedem einzelnen in unserer
Versuchsstation behandelten Fälle. Diese Thatsache ist von außer-
ordentlicher Wichtigkeit, nicht allein für die Forschung, sondern auch
für die Praxis, da auf diese Weise die Gefahr der Krankheit schon
zu einer Zeit entdeckt werden kann, wo noch keine Entleerungen
stattfinden und das Tier die Krankheit noch nicht weiter verbreiten
kann. Sign. R. Koch.
Weitere Berichte von Prof. Koch.
Wir geben nun noch den 3. und 4. Bericht von Prof. Koch,
von denen der letztere speziell Aufschluß über die Schutzimpfung
giebt.
Kimberley, 31. Januar 1837.
An den
Sekretär der Landwirtschaft.
Kapstadt.
Ich beehre mich, Ihnen im Nachfolgenden über den weiteren
Verlauf meiner Untersuchungen zu berichten. In meinem letzten
Bericht erwähnte ich, daß ich 2 Rinder mit Dr. Edington’s Kul-
turen impfte, welche nach Letzterem die Mikroben der Rinderpest
enthalten sollten. Indessen, da beide Tiere innerhalb 3 Wochen weder
eine Temperatursteigerung noch andere Krankheitserscheinungen
zeigten, so wurde ich zur Ansicht geleitet, daß diese Mikroorganismen
die Krankheit gar nicht erzeugen konnten. Aber es blieb immer
noch zu beweisen übrig, ob die geimpften Tiere noch für die Rinder-
pest empfänglich waren.
Zu diesem Zweck impften wir dieselben auf die gewöhnliche Art
mit Rinderpestblut mit dem Ergebnis, daß am 4. Tage eine Temperatur-
steigerung, wie solche bei allen derart geimpften Tieren nie ausblieb,
eintrat. Sie zeigten auch hernach die typischen Erscheinungen der
Rinderpesterkrankung. Es kann also kein Zweifel mehr sein, daß
diese Tiere durch die Impfung die Krankheit in sich aufnahmen und
ich fühle mich deshalb veranlaßt, besonders zu erwähnen, daß
Dr. Edington’s Mikroben nicht die Ursache der Rinderpest sind.
Die Impfversuche an Schafen und Ziegen wurden bis zur 7. Ge-
neration fortgesetzt und um zu sehen, ob die hervorgerufene Krankheit
wirklich Rinderpest war, impfte ich eine junge Kuh mit dem Blute
einer Angoraziege der 2. Generation. Es entstand Rinderpest, aber
obgleich der Verlauf der Krankheit kein leichter war, so erholte sich
dennoch das Tier und befindet sich wieder in voller Gesundheit.
Dies gab Anlaß zu der Annahme, daß die vorhergehende Passage
durch Ziegen die Krankheit im Rindviehkörper etwas mildern kann
und ich infizierte dementsprechend 4 Rinder von einer Ziege, Angora,
Merino- und Kapschaf, nachdem der Virus 5 mal diese Tiere passiert
hatte. Diese 4 Tiere wurden alle gleichzeitig nach einer Verhältnis-
534
Berichte de« Herrn Prof. Dr. Koch etc.
mäßig sehr kurzen Inkubationsperiode von der Krankheit befallen,
3 davon erlagen nach 7—8 Tagen.
Der Verlauf der Krankheit der beiden mit Merino- und Kapschaf-
blut geimpften Tiere war so heftig und die pathologischen Läsionen,
wie durch die post mortale Untersuchung festgestellt, von so schwerer
Natur, daß sich mir die Ansicht aufdrängte, der Krankheitsstofl
werde beim Durchpassieren des Schafkörpers nicht abgeschwächt,
sondern im Gegenteil virulenter.
Die Hoffnung, daß Schafe zur Gewinnung eines Impfstoffes ge-
braucht werden können, erwies sich also durch meine Versuche als
illusorisch, aber andererseits scheint es nicht unmöglich, daß die bei
diesen Tieren konstatierte Virulenz auch einen höheren Grad von
Immunität bewirkt, als wenn man solche von natürlicher Infektion
ableitet; diese Tiere können also für Immunisierungszwecke wertvoller
sein. Das mit Blut von einer Angora geimpfte Rind zeigte nur
während 5 Tagen eine hohe Temperatur mit kaum nennenswerten
diarrhöischen Entleerungen und bat bald wieder seine volle Gesund-
heit erlangt. Ein mit Blut von einer Kapziege geimpftes Tier, das
von Haus aus schwach war, ist eingegangen; bei der Obduktion faDd
ich jedoch, daß sowohl im Magen als auch in den Eingeweides die
pathologischen Veränderungen viel weniger aufgetreten waren als bei
Impfungen mit Schafblut.
Durch diese Beobachtungen halte ich es für wahrscheinlich, daß
das Rinderpestvirus, nach einer wiederholten Passage durch Ziegen,
thatsächlich, aber langsam abgeschwächt wird, und ich beabsichtige
deshalb meine Versuche nach dieser Richtung fortzusetzen. Da keines
dieser kleinen Wiederkäuer erlag, hielt ich es für ratsam, eines für
genauere Untersuchungen zu töten. Ein Merino, welches eine besonders
hohe und charakteristische Temperaturkurve hatte, wurde ausgelesen,
und bei der Autopsie bemerkte ich, daß, während der Magen kaum
etwas Abnormes aufwies, der Dünn- und Dickdarm und von letzterem
das Rectum besonders entzündet waren. Die auf den Schleimhäuten
der Nase sichtbaren Veränderungen waren ebenso wie diejenigen der
in demselben Stadium der Krankheit getöteten Rinder. Diese Versuche
erklären zur Genüge die ganz verschiedenen Typen der Rinderpest-
erkrankung bei Schafen und Ziegen. Viele Farmer sind der Ansicht,
und dies hatte ich selbst auf Rinderpestfarmen im Freistaat gesehen,
daß diese Tiere mit erkrankten Rindern weiden können, ohne selbst
Rinderpest zu bekommen, währenddem andererseits berichtet wurde,
daß die Pest in Schaf- und Ziegenherden erst in großer Zahl aufgetreten
war, nachdem dieselbe unter den großen Tieren aufgehört hatte. Meiner
Ansicht nach empfangen Schafe und Ziegen zuerst die Krankheit in
einer so milden Form, daß sie nicht diagnostiziert werden kann,
und wird dieselbe erst dadurch virulenter, daß sie innerhalb dieser
Tierkörper fortgepflanzt wird. Dann werden die Symptome natürlich
deutlicher und in manchen Fällen nimmt die Krankheit selbst ein
letales Ende.
Um das Rinderpestvirus durch Chemikalien abzuschwächen,
machte ich folgende Versuche: Ich mischte Rinderpestblut mit
Glycerin in verschiedenen Konzentrationen sowie mit Phenol und
Berichte des Herrn Prof. Dr. Koch etc.
535
spritzte die Mischungen subkutan ein. Da keine Rinderpesterkrankung
hierauf erfolgte, so kann es immer noch zweifelhaft erscheinen, ob
gerade das Glycerin einen destruktiven Einfluß auf das Virus ausübt,
ein Umstand, welcher um so bemerkenswerter ist, als durch dasselbe die
meisten Impfstoffe, besonders die Pockenlymphe, nicht zerstört, sondern
konserviert werden. Nach einiger Zeit spritzte ich virulentes Rinderpest-
blut ein und diese zweite Einspritzung rief nach der gewöhnlichen
Inkubationsperiode die eigentliche Rinderpest hervor. Die mit Phenol
behandelte Kuh blieb indessen gesund, und es ist nicht ausgeschlossen,
daß die erste Einspritzung einen immunisierenden Einfluß hatte. Ich
wiederholte deshalb dieses Experiment und hoffe bald bestimmte Re-
sultate zu haben. Da destilliertes Wasser die roten und weißen Blut-
körperchen zerstört, woraus ich schloß, daß es auch den Ansteckungs-
keim der Rinderpest unschädlich macht, verdünnte ich Rinderpestblut
mit dieser Flüssigkeit im Verhältnisse von 1 : 20 und injizierte hier-
mit ein Tier, welches die Symptome der Krankheit zeigte, allerdings
etwas später wie gewöhnlich; aber der Verlauf der Krankheit war
nicht weniger heftig und schließlich auch letal. Um festzustellen,
wie weit die Verdünnung zu geschehen hat, ohne eine Infektion zu
verursachen, verdünnte ich frisches Rinderpestblut mit der sog.
physiologischen CINa-Lösung (0,6 Proz.) im Verhältnis von 1 : 500
und injizierte 1 ccm von dieser Mischung. Trotz der gewiß geringen
Infektion, das Tier erhielt 1 / 500 ccm Blut, entstand doch Rinderpest
in genau derselben Zeit, und es zeigten sich ebenso bösartige Sym-
ptome, wie bei jenen Tieren, welche 10 ccm, also die öOOfache Dosis
erhielten.
Ein sehr bemerkenswerter Versuch war folgender: Ich trocknete
10 ccm Blut bei der mäßigen Temperatur von 31 0 C während
4 Tagen, und nachdem ich solches zuvor aufgelöst, injizierte ich damit
ein Tier. Dasselbe blieb vollkommen gesund, und ich kann deshalb
ruhig annehmen, daß die Austrocknung selbst während eines so
kurzen Zeitraumes das Rinderpestvirus unschädlich macht. Dies ist
hochwichtig für die Farmer, und ich beabsichtige deshalb, ähnliche
Versuche mit anderen Substanzen zu machen, besonders dem Felle
und den Fäkalien, um zu sehen, welchen Einfluß das Trocknen hier-
auf ausübt. Das so getrocknete Blut bietet indessen keinen Schutz
gegen Rinderpest, denn das betr. Rind wurde doch bei Einspritzen
von frischem Blute bald krank. Von allen bis jetzt auf der Ver-
suchsstation erkrankten Tieren haben sich vier erholt
Letztere sollten zu Immunisierungszwecken dienen, aber bevor ich
weiter ging, war festzustellen, ob solche Tiere wirklich gegen neue
Infektionen geschützt waren. Ich impfte deshalb mit Rinderpest-
blut zwei „geheilte“ Tiere und ein frisches mit dem Resultate, daß
letzteres an Rinderpest starb, währenddem die beiden anderen nicht
das geringste Symptom der Krankheit zeigten. Auf diesen Beweis
der Immunität hin nahm ich dem stärkeren der beiden Tiere eine
größere Menge Serum und injizierte 100 ccm davon einem frischen
Tiere. Nachdem dasselbe am nächsten Tage mit */* ccm Rinderpest-
blut subkutan injiziert worden war und während 6 Tagen gesund
blieb, wurden ihm eine größere Dosis von 1 ccm injiziert Ein anderes
536
Berichte des Herrn Prof. Dr. Koch etc.
Tier wurde mit einer Mischung von Serum und Blut geimpft, welche
die Nacht über im Eisschrank aufbewahrt wurde. Dieses Tier zeigte
ebenfalls während den darauf folgenden Tagen nichts Auffälliges und
wurde dann am 7. Tage mit einer größeren Menge Rinderpestblut
injiziert. Beide Tiere widerstanden der zweiten Injektion ohne
irgendwelchen Nachteil. Dies beweist klar, daß das Serum von
immunen Tieren einen gewissen Schutz bietet. Wie lange diese
Immunität andauert, ist noch festzustellen. Andere Tiere als Wieder-
käuer wurden nicht für Rinderpest empfänglich befunden. Bei
Schweinen ist die Möglichkeit einer Infektion nicht ausgeschlossen.
Kimberley, 10. Febr. 1897.
In meinem letzten Bericht hatte ich bereits Gelegenheit, festzu-
stellen, daß durch Injektion von Blutserum von Rindern, welche sich
von der Pest erholt haben, ein gewisser immunisierender Einfluß auf
gesunde Tiere hervorgerufen werden kann.
Diese immunisierenden Eigenschaften sind indessen nicht sehr
groß, denn 100 ccm von solchem Serum sind nötig, um ein Tier
gegen eine Injektion mit einer kleinen Dosis Rinderpestblut zu
schützen. Eine solche Immunität ist ihrer Natur nach bloß passiv
und wird nur kurze Zeit anhalten.
Als Schutzimpfung im großen läßt sich solches Serum nicht
verwenden, aber durch Immunisieren mehrerer Tiere während 14 Tagen
mit einer Mischung von Serum und virulentem Rinderpestblut ge-
langte ich soweit, daß sie selbst eine Injektion von 20 ccm Rinder-
pestblut — das 10 000- fache Quantum einer schon letal wirkenden
Dosis — Widerstand leisteten.
Hieraus schließe ich, daß die Immunität dieser Tiere eine viel
höhere ist und ich glaube, es ist eine aktive Immunität gleich jenen
Tieren, welche die Rinderpest überstanden hatten und sich erholten.
Es ist besonders wichtig, daß 20 ccm von diesem Serum zum
Immunisieren eines Tieres genügen, 1 1 genügt also für 50 Stück
Rind.
Ich werde nun weiter untersuchen, ob
1) diese Immunität in einer noch kürzeren Zeit zu erlangen ist,
2) ob eine kleinere Dosis Serum genügen wird,
3) ob eine einmalige Einspritzung als genügend sich erweist
Eine zweite, ebenso wichtige Thatsache ist die, daß man mit
Galle von an Rinderpest gefallenen Tieren gesunde Tiere immun
machen kann. In diesem Falle genügt eine einmalige subkutane
Einspritzung von 10 ccm.
Diese Immunität setzt am 10. Tage ein und ist von solcher
Wirkung, daß selbst nach 4 Wochen 40 ccm Rinderpestblut ohne
Schaden eingespritzt werden können. Ich schließe daraus, daß die
so erzielte Immunität eine „aktive“ ist.
Die lokale Wirkung einer Injektion ist bloß eine harte, etwas
mit Schmerz verbundene, faustgroße Anschwellung, welche im Verlauf
von einigeu Wochen nach und nach verschwindet, vorausgesetzt, daß
die Galle nicht schon zersetzt war, wie dies bei Rinderpest-
erkrankungen Vorkommen kann.
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Referate aus bakteriologischen und parasitologischen Instituten etc. 537
Unter solchen Umständen kann sich ein Absceß bilden, welcher
indessen dem Immunisationsprozeß nicht nachteilig ist.
Diese beiden obenerwähnten Thatsachen überzeugen mich, daß
die Rinderpest in verhältnismäßig kurzer Zeit aaszurotten ist, wenn
diese Methoden in die Praxis übersetzt werden.
Die Serumimmunisierung kann da angewandt werden, wo es
darauf ankommt, von infizierten Bezirken solche Landstriche, welche
noch intakt sind, innerhalb einer breiten Zone von einander zu trennen,
in welchem alles Vieh mit dem Vaccin geimpft werden soll.
Die schutzwirkenden Eigenschaften der Galle werden in infizierten
Bezirken außerordentliche Dienste thun. Nahezu jeder Fall von
Rinderpest liefert eine größere oder kleinere Menge von Impfstoff für
solche Tiere, die noch gesund sind.
Ich kann nur empfehlen, diese Bekämpfungsmethoden bald mög-
lichst zu veröffentlichen und bin fest überzeugt, daß dadurch täglich
Tausende von Tieren gerettet werden können. Der Modus operandi
ist in beiden Fällen sehr einfach, es wird aber dennoch gut sein,
wenn Tierärzte und andere Personen hierin unterrichtet werden. Ich
bin dazu bereit, einen Instruktionskursus auf der Versuchsstation in
Kimberley zu erteilen.
Ich halte es für meine Pflicht, Sie darauf aufmerksam zu machen,
daß die Errichtung ähnlicher Laboratorien, wie zu Kimberley, in den
verschiedenen Teilen des Landes sehr von Nutzen sein würden.
gez. R. Koch.
Referate aus bakteriologischen und parasitologischen
Instituten, Laboratorien etc.
Hiquel, Laboratoire de diagnostic des affections con-
tagieuses de la ville de Paris. (Annales de Micrographie.
1897. p. 7—11.)
Der erste Jahresbericht des neu errichteten Pariser städtischen
Laboratoriums ist nun erschienen. In einer Sitzung des Conseil muni-
eipal vom 5. April 1895 wurde die Errichtung des Laboratoriums be-
schlossen und die dazu nötige Summe von 10000 Frcs. bewilligt.
Am 1. Juli bereits konnte den Pariser Aerzteu durch öffentliche Be-
kanntmachung angezeigt werden , daß sich das Laboratorium zur
unentgeltlichen Untersuchung diphtherieverdächtiger Fälle bereit er-
kläre. In einer zweiten Sitzung vom 26. Oktober wurde den Aerzten
auch für anderweitige Untersuchungen auf Infektionskrankheiten (Typhus,
Tuberkulose etc.) das Laboratorium zur Verfügung gestellt und die
wichtige Anregung gegeben, daß kein Kind, das Diphtherie überstanden
hätte, die Schule besuchen dürfte, ohne ein Zeugnis des Laboratoriums,
daß es von Diphteriebacillen frei sei. Am 16. April 1896 wurde
dieser Beschluß vom Präfekten des Seinedepartements offiziell an-
geordnet
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538
Nervensystem und Infektionskrankheiten.
Zur Ausführung der Untersuchungen werden den bctr. Aerzten
sterilisierte Metallkästchen zugesandt, die 2 Röhren sterilen Pferde-
serums, ein Glasrohr zur Bergung evtl. Pseudomembranen, 2 sterile
Wattetampons, um Nasen- und Rachenschleim zu gewinnen, enthalten.
Die Art der Serumgewinnung, das Vorgehen bei der Untersuchung,
die durch zwei Bakteriologen geschieht, ist in dem Bericht näher
beschrieben, ebenso die Schwierigkeiten geschildert, die der Unter-
suchung auf D.B. durch vorhergegangene Gargarismen in den Weg
treten können. Vom 14. Juli 1895 bis 30. Sept 1896 wurden im
Laboratorium 3683 Untersuchungen auf D.B. gemacht, 1559 mit posi-
tivem Befunde.
Von Kindern, die Diphtherie überstanden hatten, wurde 131 mal
Material untersucht, 30,5 °| 0 mit positivem Befunde. In 24 unter
54 Fällen nach einem Monat , während des 2. Monates nur 10 mal
von 48; 1 mal vom 2. — 6. Monat.
Von anderen Untersuchungen wurden (Ende 1895 bis Nov. 1896),
268 verschiedene Untersuchungen gemacht, darunter 226 mal aaf
Tuberkulose. Vage des (Berlin).
Referate.
Piccinlno, F. e Crimaldi, A., Coutributo allo Studio dell’
influenza del sisteina nervoso nelle infezioni. (La
Riforma med. 1896. No. 11 und 12.)
Die Frage über den Einfluß des Nervensystems beim Zustande-
kommen der Infektion kann durch die darüber veröffentlichten Arbeiten
bis jetzt uoch nicht für entschieden betrachtet werden, da diese Ver-
suche einesteils unvollkommen sind, andere wieder den Mangel auf-
weisen, daß sie an wenig widerstandsfähigen Tieren angestellt wurden,
welcher Umstand das Zustandekommen einer Infektion auch ohne
Mitbeteiligung des Nervensystems zuläßt.
Die Verff. wählen zu ihren Versuchen die tuberkulöse Infektion
der gegen Tuberkulose refraktären Hunde vor der Vagotomie. Von
den 8 zu den Versuchen verwendeten Hunden wurden 2 mit tuber-
kulösem Sputum gefüttert, 4 subkutan injiziert, und 4 (darunter 2
der zweiten Serie) in den Pleuraraum.
Die Tiere der zweiten Serie zeigten immer nur einen lokales
tuberkulösen Affekt, bei keinem der Tiere zeigten sich hingegen,
nachdem sie teils nach der Vagotomie unter den bekannten Erschei-
nungen eingingen, teils noch vorher getötet wurden, Spuren einer
sonstigen tuberkulösen Erkrankung.
Es scheint demnach, daß die natürliche Immunität der Hunde-
lunge gegen Tuberkulose nicht von dem trophischen Nerven derselben,
sondern von einer im ganzen Organismus verborgenen Schutzenergie
abhängig sei. Kamen (Czernowitz).
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Bakterien und Wasser.
539
Holz. Das Trinkwasser von Metz und Umgebung. (Archiv
f. Hyg. Bd. XXVIII. Heft. 2. p. 103.)
Metz wird durch zwei schon von den Römern benutzte, bei der
Stadt Gorze entspringende Quellen, die Bouillonquelle und die Quelle
von Parfondval, im wesentlichen mit Trinkwasser versorgt. In die
im Jahre 1865 in Betrieb genommene, ein Rohrnetz von 27,5 km
umfassende Leitung sind außerdem die Quellen von Scy und Lessy
aufgenommen.
Seit Januar 1892 untersuchte Verf. fast allmonatlich Proben des
Metzer Leitungswassers chemisch und bakteriologisch und konnte
feststellen, daß stets gleiche Mengen vou Chlor und Salpetersäure
vorhanden waren, während die Gehalte an Kalk, Magnesia, Schwefel-
säure und organischer Substanz, sowie auch der Keimgehalt sich
häufigen Schwankungen unterworfen erwiesen. Der Wechsel in dem
Gehalte an unorganischen Bestandteilen läßt sich vielleicht auf die
in den verschiedenen Jahreszeiten zwischen sehr weiten Grenzen
schwankende Ergiebigkeit (15000 bis herunter zu 3000 cbm in
24 Stunden) zurückführen, während Verf. die unzulängliche Fassung
der nickt überdachten und ollen daliegenden Bouillonquelle für die
wechselnden Gehalte an organischer Substanz und Bakterien verant-
wortlich macht. Die Lage dieser Quelle läßt zweifellos eine gelegent-
liche Aufnahme von Schmutzwässern zu und Verf. bezeichnet daher
eine einwandfreie Fassung derselben als unumgängliche Notwendig-
keit.
Verf. untersuchte des weiteren das Wasser einer großen Zahl
von Quellen und Brunnen in und um Metz und unterzog, wo es
irgendwie möglich war, auch den Bau und die Umgebung der Ent-
cahmestellen einer genaueren Besichtigung.
Metz liegt in der Juraformation. Der auf dem rechten Mosel-
ufer zu tage tretende „Lias“ ist im allgemeinen arm an Quellen,
deren Wasser fast ausschließlich durch Kesselbrunnen gefördert wird.
Diese erwiesen sich zuweilen in einwandfreier Weise gedeckt, oft
aber auch nur mit schlecht schließenden Holzdeckeln und Brettern
überdacht.
Das Wasser dieser Formation war durchweg hart, zuweilen reich
an Gyps, enthielt oft viel Chlor und Salpetersäure und, wenn ver-
unreinigt, auch salpetrige Säure.
Die von der Mosel und Seille umflossenen Diluvialschichten sind
reicher an einem in den unbewohnten Gegenden einwandfreien Wasser.
In dem bewohnten, ganz außerordentlich durchlässigen Terrain des
Sabloner Beckens dagegen, wo an bestimmten Orten seit Alters das
gesamte Kehricht von Metz abgeladen und zum Düngen verwendet
wird, erfährt dieses Wasser eine starke, durch eine bedeutende Er-
höhung des Gehaltes an festen Bestandteilen, an Chlor, Salpetersäure
und Schwefelsäure, zuweilen auch an salpetriger Säure sich doku-
mentierende Verunreinigung.
Die reichlichen Grundwassermengen des Alluviums wurden vom
Verf. ebenfalls untersucht. Die gewonnenen Ergebnisse weisen bei
vielen in diesen Schichten angelegten Brunnen auf eine starke Ver-
unreinigung von außen her hin.
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540
Furunkulose. — Retinitis septica.
Das linke Moselufer besteht aus der fUr die QueUenbilduug ganz
besonders geeigneten Doggerformation, in welcher ja auch die gegen-
wärtig zur Wasserversorgung von Metz dienenden Quellen entspringen.
Da3 hier sich vorfindende Grundwasser kann als hygienisch voll-
kommen einwandfrei bezeichnet werden, und dürfte bei einer Er-
weiterung der Metzer Wasserleitungsanlage wohl in erster Linie in
Betracht kommen.; Vogel (Hamburg).
Gangitano, F., S tafilococcoemia da furuncolosL (La Rif.
med. 1896. No. 112 und 113.)
Verf. beschreibt einen Fall, wo ein kleiner Furunkel der linken
Wange zum Ausgangspunkt einer schweren, binnen 3 Tagen zum Tode
führenden Sepsis wurde. In allen Organen fanden sich Staphylokokken-
herde, auch in den Brustdrüsen der nahezu bis zu ihrem Tode stillenden
Frau. Trotzdem befand sich der 10 Monate alte Säugling ganz wohl,
was wohl als Beweis dafür angesehen werden könnte, daß die Staphylo-
kokken durch die Verdauungssäfte unschädlich gemacht werden.
Kamen (Czernowitz).
Goh, K., Beiträge zur Kenntnis der Augen Verände-
rungen bei septischen Allgemeinleiden: sog. Reti-
nitis septica, gutartige metastatische Entzündung,
doppelseitige marantische Thrombose 1 ), (v. Graefe’s
Archiv für Ophthalmologie. Bd. XLIII. p. 147—200.)
Es ist nötig, bei den Retinalveränderungen bei Sepsis die sog.
„Retinitis septica“ (Roth) und die „metastatiscbe Reti-
nochorioditis“ prinzipiell voneinander zu trennen; bei der ersten
Form sind sowohl klinisch wie auch anatomisch keine akuten Ent-
zündungserscheinungen vorhanden, denn diese einfachen septischeo
Netzhautblutungen entstehen nicht durch lokale Bakterienansiedelung,
sondern sind ein Ausdruck der allgemeinen Blutzersetzung und wahr-
scheinlich toxischer Natur, indem durch die Blutzersetzung entweder
die Kapillaren leiden, ihr Endothel erkrankt und damit Gelegenheit
zur Diapedese geboten wird, oder auch indem sich in den venösen
Bahnen marantische Thrombenbildung einstellen kann, so-
wohl in der Retina als auch in den Chorioidea. Doch ist eine solche
Thrombose jedenfalls nur ausnahmsweise die Ursache septischer Netz-
hauthämorrhagieen, da für gewöhnlich Zeichen stärkerer Stauung
fehlen.
Dagegen läßt sich vermuten, daß solche Thrombose auch die
Entstehung einer metastatischen Entzündung durch die gesetzte Cir-
kulationsstörung begünstigen kann; besonders bei der doppelseitigen
Form ist an diese Vermittelung zu denken. Die häufige Doppel-
seitigkeit der metastatischen Ophthalmie erklärt sich demnach teils
aus der Engigkeit der Netzhautkapillaren, teils aus der durch solche
Gerinnungen bedingten Disposition.
Demgegenüber ist die Ansiedelung von septischen
Mikroorganismen im Auge, wenn bis zum Tode genügend
1) Vergl. hierau da» Referat Axenfeld. Bd. XXI. p. 343.
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Tuberkulose.
541
lange Zeit bleibt, stets von Entzündung, meist von ausgesprochener
Eiterung gefolgt. Nur ausnahmweise wird diese so gering sein, daß
ophthalmoskopisch ein der Retinitis septica ähnliches Bild bestehen
bleibt; anatomisch ist jedoch auch in solchen Fällen die Entzündung
deutlich festzustellen, ohne daß nach einigem Bestehen die Mikro-
organismen in den metastatischen Herden noch nachweisbar zu sein
brauchen.
Bemerkenswert ist im zweiten der mitgeteilten Fälle die lockere
diffuse Infiltration der Chorioidea, als eine bisher noch nicht be-
schriebene Erscheinung bei hämorrhagischer Sepsis; sie ist vielleicht
eine Folge der deutlichen Stase in den Aderhautgefäßen und ihren
Lymphscheiden.
Bisher ist nicht sicher nachgewiesen, daß auch ohne Ansiedelung
von Mikroorganismen, nur durch die cirkulierenden Toxine eine zur
Erblindung oder zum ausgedehnten Zerfall einzelner Teile führende
Entzündung oder Degeneration im Auge entstehen könnte. Für
ausgesprochen eitrige, endogene Prozesse, ganz besonders einseitige,
ist dieser Entstehungsmodus völlig abzulehnen.
Differentialdiagnostisch kann der Befund von Blutungen und
weißen Flecken insofern von Bedeutung sein, als er bei unbestimmt
fieberhaften Erkrankungen weit eher auf Sepsis, als auf Meningitis,
Miliartuberkulose, sowie Typhus deutet, und auch bei chronischem
Verlaufe auf die richtige Fährte führen kann.
Sch laefke (Cassel).
Pluder F. und FIsclicr W., Heber primäre latente Tuber-
kulose der Rachenmandelhyperplasie. (Arch. f. Laryngo-
logie und Rhinologie. BJ. IV. 1896. p. 372.)
Unter 32 untersuchten Fällen von Rachenmandelhyperplasie (dar-
unter 28 Kinder) fand sich 5 mal ausgeprägte Tuberkulose des Ge-
webes = 16 Proz. Das makroskopische Aussehen der operativ ent-
fernten Rachenmandel ließ nichts Abnormes erkennen, nur im ge-
färbten Präparat ist das Erkennen der Tuberkulose auch ohne Mikroskop
schon durch die Ungleichmäßigkeit der Färbung möglich, da die
Tuberkelherde viel schwächer koloriert erscheinen, als das umgebende
normale lymphoide Gewebe. Alle Fälle haben das Gemeinsame, daß
die Tuberkel sich nur in derMucosa, d. b. im lymphoiden Gewebe,
fanden, niemals in der Submucosa. ferner daß überall Bacillen in
spärlicher Menge gefunden wurden, und zwar nur in den kranken
I'artieen, niemals im Epithel oder in gesunden Lymphfollikeln. Deut-
liche Verkäsung fand sich nicht in allen, sondern nur in der Hälfte
der Fälle; Riesenzellen waren stets vorhanden. Nasen- und Rachen-
schleim waren immer bacillenfrei.
Nach diesen und früheren Untersuchungen kann die vorliegende
Form der Tuberkulose nicht mehr als etwas Seltenes aufgefaßt werden.
In obigen Fällen ist die Tuberkulose als latent und primär zu be-
zeichnen, da die Patienten, abgesehen von dem Symptomenkomlpex der
gewöhnlichen Hyperplasie, wie geschwollene Halslymphdrüsen mäßigen
Grades, keinerlei klinische Erscheinungen zeigten, die auf tuberkulöse
Infektion hätten hindeuten können. Verff. pflichten der auch schon
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542
Tubeikulose.
von Dieulafoy ausgesprochenen Meinung bei, daß der Inspiralions-
strom der Infektionsvermittler ist. W. Kempner (Berlin).
Schmidt, Hodentuberkulose. (Zeitschrift für Fleisch- und Milch-
hygiene. 1897. Januar.)
Bei einem zweijährigen Bullen fand sich Tuberkulose beider
Hoden. Das Tier wurde daraufhin geschlachtet, die Sektion bestätigte
die Diagnose. Es konnten auch Tuberkelbacillen nachgewiesen werden.
Im übrigen Körper fand sich nur eiu erbsengroßer käsiger Herd au
der linken Lunge. Verf. nimmt an, daß hier ein Fall von primärer
Hodentuberkulose vorliege. 0. Voges (Berlin).
Grunert, C., Beiträge zur Tu berk ulose der Bindehaut.
(Archiv f. Augenheilk. Bd. XXXIV. p. 99 — 112.)
Den von R. Denig zusammengestellten 72 Fällen (s. Referat
Bd. XIX. p. 233) fügt Verf. einen neuen hinzu.
Ein hereditär belasteter 27-jähriger Buchdrucker bemerkte 1892
ein kleines Knötchen im oberen Lid , das 1893 operativ entfernt
wurde, aber bald recidivierte ; 1894 nochmals operiert, gebrannt und
geätzt, aber ohne Erfolg. 1895 folgender Status: starke Schwellung des
linken Oberlides, die Haut gerötet, glatt und faltenlos, Lidspalte
verengt. Auf der Conjunctiva tarsi des unteren Lides, nach der
Uebergangsfalte zu, befinden sich 2 Knoten von länglicher Form,
parallel zum Lidrande, von opaker roter Farbe, an die froschlaich-
artigen Trachomkörner erinnernd; Konsistenz derselben weich. Auf
der Innenfläche des leicht zu ektropionierenden oberen Lides wechseln
knötchenförmige Bildungen, Promineuzen, die teils an Granulationen,
teils an spitze Kondylome erinnern, ab mit oberflächlichen und tiefen
ulcerösen Defekten, die mit schleimig-eitrigen, aber leicht abwisch-
barem Sekret bedeckt sind, ohne speckigen Grund. Dazwischen
sieht man strangförmige oder strahlige Narben. Die Massenhaftigkeit
dieser durchweg kleinen Unebenheiten mit ihrer dunkelroten Farbe,
Undurchsichtigkeit und zum Teil harten Konsistenz, steht im auf-
fallenden Gegensätze zu dem Aussehen der Veränderungen des unteren
Lides. Im übrigen ist der Bulbus intakt.
An der linken Schläfe, 1 1 / 2 cm vom äußeren Lidwiukel entfernt,
befindet sich eine pfenniggroße, rote Stelle der Haut, in deren Mitte
ein kleiner Defekt mit geschwollenen, unregelmäßigen Rändern liegt;
dieses Geschwür besteht schon seit 1 ’/s Jahren. Linke präaurikulare
Drüse geschwollen. Die Sputumuntersuchung ergiebt Tuberkelbacilien.
Die Knoten des unteren, sowie Tarsus nebst entsprechender Con-
junctiva des oberen Lides werden entfernt, ebenso das temporale
Ulcus. Die Untersuchung der excidierten Gewebsteile ergiebt typische
Epitheloidtuberkel mit Riesenzellen in geringer Anzahl und deutlicher
Verkäsung, außerdem Tuberkelbacilien. Impfexperiment von positivem
Resultate.
Die Heilung erfolgte in befriedigender Weise; nach 2 Monaten
war das Allgemeinbefinden gut und kein Recidiv aufgetreten.
Die Conjunctivaltubcrkulose, sowohl des vorliegenden als der
sonst veröffentlichten Fälle ist wohl als auf ektogener Infektion be-
Tuberkulose.
543
ruhend aufzufassen und deshalb von den tuberkulösen Erkrankungen
der inneren Teile des Auges (Iris, Chorioidea u. 8. w.), bei denen die
endogene Infektion in Frage kommt, zu trennen. Für die Behaup-
tung Rh ei n’s, daß als häufigste Gelegenbeitsursache für die Infektion
der Conjunctiva das Reiben des Auges mit der Hand anzusehen sei
(was auch daraus hervorgehe, daß vorzugsweise das rechte Auge be-
fallen werde), bildet der obige Fall insofern eine Bestätigung, als der
linkshändige Patient am linken Auge erkrankte und sich durch Kratzen
auch auf der linken Schläfe ein tuberkulöses Hautgeschwür erzeugte.
Schlaefke (Cassel).
Ronneherger, Einiges über die durch die Tuberkulose
der Rinder verursachten Schäden. (Zeitschrift für Fleisch-
und Milchhygiene. Jahrg. VII. Heft 5.)
Der Autor konstatiert zunächst, daß auch in dem Jahre 1895
die Prozentzahlen der Tuberkulosefälle wiederum in allen preußischen
Schlachthäusern eine Zunahme erfahren haben und kommt zu dem
Resultate, daß, wenn dagegen nicht bald und energisch wirksame
Maßnahmen getroffen würden, die Rentabilität der deutschen Vieh-
wirtschaft vollständig in Frage gestellt werden muß. Er berechnet
dann unter Zugrundelegung der von ihm als Schlachthofdirektor von
Weißenfels auf dem dortigen Schlachthofe beobachteten Verhältnisse
die Zahlenwerte für Preußen und zwar
I. die Versuche durch die Fleischschau,
II. die Verluste durch Verfall der Tiere.
Die Verluste durch die Fleischschau betragen nach ihm jährlich
2,5 Millionen Mark.
Durch Verfall infolge von Tuberkulose und ohne Eingreifen der
Fleischbeschau stellen sich die Verluste in dem gesamten preußischen
Rinderbestande auf 90,68 Millionen Mark Wert. Das sollte denn
aber doch wirklich zu bedenken geben, zumal wir im Tuberkulin ein
Mittel besitzen, um diesen Ausfall an Einnahmen zu vermeiden.
0. Voges (Berlin).
Reissmann, Der jetzige Stand unserer Kenntnisse und
Anschauungen von der Gesundheitsschädlichkeit des
Fleisches tuberkulöser Tiere. (Hyg. Rundschau. Jahrg. VI.
1896. No. 18-21.)
Den vorliegenden Gegenstand als Thema für eine umfangreiche
Arbeit zu nehmen, ist ein Unternehmen, welches au sich schon Be-
wunderung für die Geduld und Arbeitskraft des Autors erzwingen
muß, der Verf. hat es aber verstanden, die bis ins Riesenhafte ange-
wachsene Litteratur über diese Dinge nicht bloß zu sammeln und
sorgfältig zu berichten, sondern sie auch in ein gefälliges Gewand zu
kleiden, so daß jeder gern uud mit Interesse den Ausführungen
desselben folgen wird, zumal die praktische Thätigkeit Reissmann ’s
dafür bürgt, daß alles das besonders hervorgehoben wird, was auch
praktische Bedeutung besitzt Verf. leitet seine Arbeit ein mit einer
historischen Uebersicht. Die ganze Streitfrage für und wider die
Digitized by Google
544
Tuberkulose.
Infektiosität des tuberkulösen Fleisches wird in sehr anschaulicher
Weise geschildert. Das Resultat ist, daß im Fleisch Tuberkelbacillen
Vorkommen können und zwar auch in hinreichender Menge und von
der notwendigen Virulenz, um eine Infektion hervorzurufen. Diese
Tuberkelbacillen sind indes nicht bloß für eine einzige Tierart pathogen,
sondern gleichzeitig für verschiedene und was praktisch das wichtigste
Ergebnis ist, die Möglichkeit wechselseitiger Uebertragung der Tuber-
kulose zwischen Tier und Mensch vom Verdauungskanal aus, steht
außer allem Zweifel. Damit entstand aber weiterhin die Frage nach
der Häufigkeit der Tuberkulose beim Vieh, besonders beim Rind und
Schwein. Reissmann weist an der Hand der verschiedenen Schlacht-
hausstatistiken dann auf die ganz enorme Ausbreitung der Tuberkulose
unter diesen Tiergattungen hin, Zahlenwerte, die noch bedeutend
anschwellen, wenn wir die mittels Tuberkulin gewonnenen Tuberkulose-
statistiken zu Hilfe nehmen. Die Arbeit beschäftigt sich dann mit
den durch den Genuß tuberkulösen Materials verbundenen Gefahren
und wird betont, daß der Genuß des Fleisches tuberkulöser Rinder
einige Gefahr darbietet, diese Gefahr ist jedoch sehr gering, da durch
die verschiedenen Manipulationen, die mit dem Fleische vorgenommen
werden, bevor wir es zu essen pflegen, in der Regel die lebenden
Tuberkelbacillen vernichtet werden. Größer sind schon die Gefahren,
die durch den Genuß roher, von tuberkulösen Kühen stammender
Milch bedingt sind. Man hat sich indes veranlaßt gesehen, auch die
relativ untergeordneten Gefahren, die mit dem Genuß tuberkulösen
Fleisches verbunden waren, zu beseitigen. Verf. geht daher des
weiteren auf die Vorschläge ein, die von verschiedenster Seite gemacht
sind, um hier vorbeugend zu wirken. Es werden da nacheinander
die Beurteilungsgrundsätze von Gerlach, Johne, Eber-Johne,
Oster tag und Stich er besprochen. Auf Grund der Ansichten
dieser Autoren haben dann auch die Regierungen der verschiedensten
Länder zu der Frage Stellung genommen. Es werden daher weiterhin
auch die Wortlaute der Regierungserlasse sowohl der verschiedenen
deutschen Bundesstaaten, wie auch aller der außerdeutschen Staaten,
in denen Gesetze über diese Frage bestehen, mitgeteilt. Wir sehen
überall die größte Mannigfaltigkeit in der Handhabung der Gesetze
wie in der Beurteilung der Dinge.
Diese Bestimmungen noch durch eigene Ratschläge zu vermehren,
hat Verf. unterlassen und das wohl mit Recht, denn alle Verordnungen
sind nur ein Notbehelf, bedingt durch die große Ausbreitung der
Tuberkulose unter Schweinen und Rindern. Wir sind jetzt glücklicher-
weise durch das Tuberkulin in die Lage versetzt, diesen Uebelständen
von der Wurzel aus zu Leibe zu gehen, und da Regierungen und
Landwirte einig sind in der Unterdrückung der Tuberkulose der
Scblachttiere, so wird ja hoffentlich der Tag nicht fern sein, wo alle
Verordnungen gegen tuberkulöses Fleisch überflüssig geworden sind,
aus dem einfachen Grunde, weil letzteres nicht mehr vorkommt Da
wir aber einstweilen mit diesem Faktum rechnen müssen, so sei
jedem, der sich für die Fragen interessiert, die Reissmann’sche
Arbeit warm empfohlen, sie bietet auch nach mancher anderen Rich-
by Google
Tuberkulose, — Parotitis. — Masern. — Pocken. 545
tung hin viel Anregendes und Belehrendes, so daß wir dem Autor
für seine mühsame Sammelforschung nur danken können.
0. Voges (Berlin).
Winter, Muskeltuberkulose beim Schwein. (Zeitschrift für
Fleisch- und Milchhygiene. 1897. Januar.)
Der Verf. beschreibt in seiner Abhandlung einen Fall von Muskel-
tuberkulose beim Schwein, eine immerhin seltenere Erkrankungsform.
Das betreffende Schwein war wegen generalisierter Tuberkulose zur
Vernichtung bestimmt, von Tuberkulose waren betroffen die Unter-
kiefer- und Gekrösdrüsen , Leber, Lunge, Milz, Lymphdrüsen der
Niere, Euterdrüsen, Brustfell und der zweite Lendenwirbel.
Als das Tier zwecks der Fettgewinnung im Rohrbeck’schen
Apparat abgeschält wurde, fand man in der Muskulatur in der
Gegend der 5. Rippe tuberkulöse Herde. In Schnittpräparaten
wurden spärliche Tuberbacillen nachgewiesen. 0. Voges (Berlin).
Jlarcuse, Parotitisepidemie. (Dtsche med. Wochenschr. 1897.
No. 2.)
In den nördlichen Stadtteilen Berlins herrschte zu Beginn des
Jahres 1897 eine ausgedehnte Epidemie von Mumps. In einzelnen
Schulklassen war jedes dritte Kind erkrankt, und scheint die Krank-
heit vorzugsweise durch die Schulen verbreitet worden zu sein. Das
Inkubationsstadium dauerte im einzelnen Falle ca. 14 Tage, worauf
eine meist leichte Erkrankung ohne größere subjektive Beschwerden
und mit nur 1—2 Tage dauerndem Fieber folgte. In manchen
Fällen kam es jedoch zu sehr heftigem Fieber und großen, aus-
gedehnten Lymphdrüsenschwellungen. 3 mal beobachtete Verf. Ver-
eiterung der tiefer liegenden Lymphdrüsen, auch hörte er von Fällen,
in denen es zu Vereiterung des Nervus facialis und zu Speichelfisteln
kam. Die Krankheit befiel hauptsächlich Kinder, verschonte jedoch
auch Erwachsene nicht. Kübler (Berlin).
Barbier, Bact6riologic de la rougeole. (La Semaine m6di-
cale, 1897. p. 37.)
B. berichtet über die Ergebnisse bakteriologischer Untersuchungen
von 10 Masernfällen. Das Blut wurde steril befunden; fanden sich in
den Kulturen Mikroorganismen, so erwiesen sich dieselben als Haut-
parasiten. Unter 37 Impfungen von der Konjunktivalschleimhaut
wurden 31 mal ein dem Diphtheriebacillus analoger Mikroorga-
nismus gefunden, 9 mal in Reinkultur, 7 mal mit anderen Bakterien
vereinigt. An der Mund- und Nasenschleimhaut wurden meistens
Streptokokken gefunden. Ahlefelder (Charlottenburg).
v. Düring, Blatternmortalität in Konstantinopel. (Dtsche
med. Wochenschr. 1897. No. 5.)
Nach den Registern der Administration sanitaire, deren Zahlen
jedoch hinter der Wirklichkeit noch Zurückbleiben, starben in Kon-
stantinopel bei einer auf 1 Million Einwohner geschätzten Bevölkerung:
Enu Abt. XX t. M. 85
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546
Pocken. — Aktinomykose. — Carcinom.
1. Märe bin Ende
im Jahre 1887/88
Febiuar
11 864
alten Stil»
Personen,
davon
an
Blattern
659
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12 934
tt
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i»
tt
355
Zusammen
107 139
2988
In Konstantinopel geschieht viel für Durchführung der Impfung,
doch sind die Vorurteile dagegen beim niedrigen Volk, namentlich
bei den Griechen und Levantinern, sehr verbreitet. Obligatorisch ist
die Impfung nicht. Die Schwankungen in der Blatternmortaütät
erinnern an die aus der Zeit vor Jenner überlieferten Statistiken
europäischer Städte. Auf ein Jahr mit hoher Sterblichkeit, in welchem
vermutlich besonders die jüngeren Jahrgänge durchblattert werden,
folgen mehrere weniger stark betroffene Jahre, bis die Zahl der
pockenfähigen Kinder infolge der Geburten derart zunimmt, daß die
Seuche wieder erheblicher um sich greifen kann.
Kübler (Berlin).
Galli-Vnlerio, B., Actinomicosi e pseudoacti n om i cosi. A
proposito di un caso osservato nell* uorno. (Gazzetta
degli ospedali e delle cliniche. 1896. No. 149.)
Bei einem Mann, der an Aktinomycosis des Unterkiefers litt, fand
Verf. den Pilz gleich kleinen Rosetten von Fäden und ohne Kolben.
Diese Rosetten glichen ein wenig denjenigen von Streptothrix
madurae. Aber in vielen Untersuchungen konnte Verf. auch Kolben
in Haufen von Körnchen finden. Dieser Fall mit einer anderweitigen
Untersuchung konnte als Pseudoactinomycosis bezeichnet werden. Eine
sichere Diagnose zu stellen, ist sehr wichtig, weil die Pseudoaktino-
mycosen mit Kalium jodatum nicht heilbar sind.
B. Galli- V alerio (Mailand).
Williams, Roger, Die zunehmenden Erkrankungen an
Krebs. (Nach einer Mitteilung der Berl. tierärztl. Wochenschr.
1897. No. 6.)
In England wird konstatiert, daß der Krebs fortwährend zu-
nimmt. 1840 starben 2786 Menschen an Carcinom , 1 : 8646 der
Gesamtbevölkerung; 1 : 129 der Gesamtsterblicbkeit, 177 von 1 Million
Lebender. 1894 verursachten krebsige Erkrankungen 21422 Todes-
fälle, d. b. 1: 1403 der Gesamtbevölkerung, 1:23 der Todesfälle
überhaupt 713 pr. Mille Lebender. In 50 Jahren trat demnach eine
Vervierfachung auf, was bei keiner anderen Krankheit beobachtet
wurde. Umgekehrt fällt die Tuberkulose stetig. W. glaubt dieses
Verhalten begründet in der Zunahme des nationalen Wohlstandes;
schlummernde Krebskeime sollten durch zu gute Ernährung geweckt
werden. Besonders wird übermäßiger Fleisch genuß angeschuldigt,
beträgt doch in England pro Kopf und Jahr der Fleischkonsum
126 Pfd. O. Voges (Berlin).
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Tierkrankheitcü.
547
Friedberger, Franz, und Fröhner, Eugen, Lehrbuch der spe-
ciellen Pathologie und Therapie der Haustiere. Vierte
verbesserte uud vermehrte Auflage. Bd. I, II. Stuttgart (Ferdi-
nand Enke) 1896.
Es kann an dieser Stelle unmöglich unsere Aufgabe sein, die
zwei umfangreichen Bände des Werkes eingehend zu beschreiben, wir
beschränken uns auf die in Teil 11 besprochenen Infektionskrank-
heiten, denn nur diese dürften für die Leser des Centralblattes von
größerem Interesse sein. Das Kapitel „Infektionskrankheiten der Tiere“
umfaßt rund 500 Seiten und wenn wir gleich unser Gesamturteil
vorweg nehmen wollen, so ist die Beschreibung derselben eine Muster-
leistung allerersten Ranges, die sobald nicht übertroffen werden dürfte.
Die beiden Autoren haben es verstanden, der ätiologischen und bak-
teriologischen Seite ganz besonders gerecht zu werden, wie ein roter
Faden zieht sieb als Leitmotiv der eine Gedanke durch jede Ab-
handlung „die Bekämpfung der Seuchen durch Unterdrückung der
Ursache derselben.“ Dieser vornehme Standpunkt gereicht dem Ganzen
zu schönster Zierde und bilden die einzelnen Aufsätze jeder für sich
eine köstliche Gabe, die gewiß jeder, der auch nur einigermaßen den
Standpunkt der Verff. zu würdigen weiß, mit größtem Interesse lesen
und studieren wird. Im gegenwärtigen Moment, wo noch alles in
vollster Gärung ist, ein Buch über Infektionskrankheiten zu schreiben,
ist gewiß nicht Jedermann gegeben, aber die Autoren haben es
meisterhaft verstanden, die Spreu von dem Weizen zu scheiden und
bringen nur das, was als allgemein giltig anerkannt ist, dem Leser
zu Gesicht. Dabei ist aber auch selbst die jüngste Litteratur nicht
zu kurz gekommen, um so wertvoller ist das Ganze, wodurch einem
vielseitig empfundenen Bedürfnis in würdigster Weise abgeholfen ist.
Was wird denn alles abgehandelt?
Septikämie und Pyämie, malignes Oedem, Petechialfieber, Pferde-
druse, Hundestaupe, bösartiges Katarrhalfieber der Rinder, seuchen-
artiges Verwerfen, Ruhr, Rotlauf und Schweineseuchen sowie all die
anderen Erkrankungen an hämorrhagischer Septikämie, Rauschbrand,
Pferdeinfluenza und Brustseuche. Ausgezeichnet ist das Kapitel über
Tuberkulose und nimmt naturgemäß mit den breitesten Raum ein.
Es folgen fernerhin Aktinomykose, Stomatis pustulosa contagiosa der
Pferde und die diphtheritischen Krankheiten der Haustiere; Soor,
Tetanus, Rotz und Lungenseuche, Beschälseuche, Bläschenausscblag
der Pferde und des Rindviehs reihen sich weiterhin an. Grösseren
Umfang nehmen die Kapitel über Milzbrand, Wut, Maul- und Klauen-
seuche und Pocken ein. Augenblickliches Interesse erregt das Kapitel
über Rinderpest.
In einem Anhang werden kürzer seltenere oder ausländische
Krankheiten berücksichtigt, hierher gehören Texasfieber, Carceag der
Schafe, Wechselfieber, Scharlach, Cholera, Fibris recurrens, gelbes
Fieber, Maseru, Cadeiras-Krankheit, Beri-Beri, Bradsot der Schafe,
Proteosi, Milk Sickness, afrikanische Pferdepest und Pferdesterbe,
Karassan, Akpaipek und schwarzer Tod.
Wir möchten uns veranlaßt fühlen, über manche Kapitel ein-
gehender zu berichten, aber womit da anfangen und wo aufhöreu?
36 *
548
Trichinose.
Eins ist uns aufgefallen. Die große Neigung der Autoren, die Bak-
terien der hämorrhagischen Septikämie als identisch aufzufassen.
Praktisch hat das in der That viele Vorteile. Dennoch konnten die
Verff. nicht auf Grund des vorliegenden Materials diesen Schritt
wagen. Damals, als die Zeilen geschrieben wurden, mußten die ver-
schiedenen Pathogenitätserscheinungen davon abhalten , eine weit-
gehende Identität anzunehmen, wenn wir selbst nun auch die Un-
haltbarkeit dieses Differenzierungsmerkmals darthun konnten, haben
wir uns dennoch vor dem letzten Schlüsse gehütet. Neuere Unter-
suchungen des Ref. lassen sogar bestimmte Differenzierungsmerkmale
erkennen, so daß der Standpunkt der Autoren in dieser Frage doch
nicht unumstößlich erscheint
Kaum ist das Buch erschienen, ist es aber schon überholt von
den Ereignissen des Tages. Die Tuberkulinfrage ist in ein neues
Stadium getreten, wir haben das Porcosan kennen gelernt, sowie ein
Mittel zur Immunisierung von Schweinen gegen Schweineseuche von
Perroncito Die Bornasche Krankheit ist in ihrem Wesen mehr und
mehr erkannt. So kommt es, daß, trotzdem das Buch eben erschienen,
dennoch vieles in demselben vermißt wird. Die Bakteriologen arbeiten
schnell, darum müssen auch die durch sie zu Tage geförderten Lehren
schnell erweitert werden. Wir möchten den Autoren vorschlagen,
das Kapitel Infektionskrankheiten ganz von dem übrigen zu trennen
und in kleineren Auflagen erscheinen zu lassen, die den Vorteil
hätten, daß sie öfters erscheinen könnten. Dem Gros der Leser dürfte
das gewiß nicht unwillkommen sein.
Aber vorläufig ist ja die neue Auflage noch neu, wir möchten
jedem Bakteriologen raten, sich möglichst eingehend auch mit dieser
interessanten Lektüre zu beschäftigen. Wer das Buch einmal in die
Hand genommen hat, wird nicht die Zeit bereuen, die das Studium
dieser interessanten Materie erfordert.
Die Eleganz der Darstellung sowie die äußere Ausstattung tragen
beide nicht unwesentlich dazu bei, den Eifer zur Lektüre zu erhöhen.
0. Voges (Berlin).
Simon, SelteneTrichinosis. (Zeitschrift für Fleisch- und Milch-
hygiene. 1897.)
Verf. registriert als seltenes Vorkommen, daß sich die Trichinen
in zahllosen makroskopisch sichtbaren Verkalkungen bis zu 1 mm
groß fanden. Diese Verkalkungen lagen in der kontraktilen Substanz
der Muskelfasern und besaßen Spindelform. Durch Säurezusatz
ließen sich die Trichinen selbst nicht nachweiscn. Man hatte die
Trichinenform für Finnen gehalten. 0. Voges (Berlin).
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l'ntersuchuDgsmcthoden, Instrumente etc.
549
Untersuchungsmethoden, Instrumente etc.
Guthnianii, H., Ueber die bakteriologische Dialgnose
der Diphtherie. [Aus der bakt. Abteilung des Laboratoriums
der med. Klinik Straßburg i. E.] (Inaugural-Diss.) Straßburg i. E.
1896.
Nach allgemeinen Bemerkungen über die Wichtigkeit der bakterio-
logischen Diagnose der Diphtherie, insonderheit bei den leichten
Formen der Erkrankung, berichtet Verf. zunächst über die an der
med. Klinik geübte Methode des Nachweises. Wegen mancher
Schwierigkeiten in dem Gebrauch und bei den Ergebnissen der bis
dahin üblichen Kultur auf einer größeren Anzahl Röhrchen mit
schräg erstarrtem Loeffler’schen Serum habe man sich dort, um
den Vorteil der Plattenaussaat zu gewinnen, eines Gemisches von
Blutserum und Glycerinagar bedient. Dieser Nährboden habe sich
als der beste bewährt. (Demgegenüber ist zu betonen, daß die Her-
stellung fertiger Platten mit Loeffler’s Serum nach den von
C. Fraenkel gemachten Angaben sowohl bequemer und zuverlässiger
ist, als auch bessere Züchtungsergebnisse bietet. Ref.)
Verf. berichtet sodann über 48 also untersuchte Krankheitsfälle,
bei welchen jedesmal die klinische Diagnose „Diphtherie“ gestellt und
Membranteilchen zur Untersuchung gelangt waren. Hier ist nur
4 mal der Nachweis der Diphtheriebacillen nicht gelungen.
Zu erwähnen ist noch, daß Verf. den Unterschied der echten
von den sogen. Pseudodiphtheriebacillen auf Grund der Verschieden-
heit des Aussehens ihrer Kolonieen auf Glyeerinagar glaubt feststellen
zu können, insofern die erstcren wesentlich dürftiger wachsen. Doch
trete dieses Zeichen erst nach mehrtägiger Kultur deutlich hervor.
Kurth (Bremen).
Loesch, M., A., Contribution au diagnostic de la tuber-
culose par la tuberculine. [De la Section pathologo-anato-
mique de l’Institut Imperial de mödecine expörimentalej (Archives
des Sciences biologiques. T. IV. 1896. No. 5. p. 483 ff.)
Verf. lenkt eie Aufmerksamkeit des Lesers auf diejenigen Ver-
änderungen im Blute normaler und mit Tuberkulose infizierter Tiere,
welche sich bei denselben nach den Tuberkulinimpfungen einstellen.
Die zahlreichen von ihm an Kaninchen und Meerschweinchen zwecks
Studiums der Blutveränderungen angestellten Versuchsreihen werden
eingehend mitgeteilt. Die nachfolgenden Schlüsse aus demselben
dürften von allgemeineren Interesse sein und seien daher hier in
Kürze mitgeteilt.
Durch die Einspritzungen von Tuberkulin wird im Blute eine
Veränderung hervorgerufen, welche sogar ausgesprochener ist, als die
durch dieses Mittel bedingten Teroperaturänderungen , die wir als
diagnostisches Hilfsmittel zu gebrauchen gewohnt sind. Man beob-
achtet nämlich bei tuberkulösen Tieren 2—4 Stunden nach der ln-
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530 ^chutsmiptuDg, künntl. Infekti<*nskraukheiteu, Entwickeluogshemmung etc.
jektion eine Verminderung der weißen Blutkörperchen, dies tritt bei
gesunden Tieren nicht ein. Bei gesunden Tieren ist 24 Standen
nach der Impfung die Leukocytose bis zum Maximum gestiegen,
bei tuberkulösen Tieren tritt dieses erst nach 2 Tagen ein.
Beim Maliein greifen ähnliche Verhältnisse Platz.
Ob sich diese Beobachtungen für die Praxis, wenn auch nur
bei schwierig zu beurteilenden Einzelfällen, bewähren werden, wird
wohl erst eine weitere Beobachtung zeigen können.
0. Voges (Berlin).
Schutzimpfung, künstliche Infektionskrankheiten, Entwick-
lungshemmung und Vernichtung der Bakterien etc.
Mariottt-Blancki, U. B., Contributo allo Studio dell’ azione
del siero di sangue di animali non tratti contro i
microoganismi i loro prodotti toxici. (Annali d’igiene
sperimentale. Vol. VI. 1896. Fase. IV.)
Verf. prüfte die antitoxische Wirkung des normalen Serums von
Hunden, Hühnern und Katzen gegenüber dem Diphtherie- und
Tetanusgift. Am wirksamsten erwies sich hierbei das Hundeserum
gegenüber dem Tetanusgift, im allgemeinen waren aber die giftzer-
störenden Wirkungen sehr schwach und es gelang nur, den Tod der
Versuchstiere im Vergleich zu den Kontrollieren etwas hinauszu-
zuschieben. Heilungen wurden überhaupt nicht beobachtet. Außer-
dem konnte M. mit größeren Dosen von normalem Hunde- und Katzen-
serum die Pfei ffer’sche und die G r u b e r 'sehe Reaktion, allerdings
nur in sehr beschränkten Maßstabe, hervorrufen.
Dieudonn6 (Berlin).
Nakagawa, Professor Kitasato’s Anticholeraserum.
British Medic. Journal. 1896. 18. July.)
Der Assistent am japanischen Institut für Infektionskrankheiten,
D. Nakagawa, macht eine kurze Mitteilung über die Herstellung des
Choleraserums von Kitasato. Tiere werden mit steigenden Dosen
von Cholerabakterien immunisiert. Das Serum wirkt dann baktencid
und außerdem auch antitoxisch, weil nämlich 0,2 ccm des Serums,
gemischt mit der tödlichen Dosis des Giftes, das eine abgetötete
20 tägige Cholerabouillonkultur darstellt, und mehr das Gift un-
schädlich machen. Ueber Kontrollversucbe mit normalem Serum wird
nichts berichtet
Referent möchte hierzu bemerken, daß der unbefangene Leser aus
der Darstellung von Nakagawa den Eindruck gewinnen muß, als
ob hier neue, von Prof. Kitasato gefundene Thatsachen mitgeteilt
würden. Bei der Wichtigkeit dieser Angelegenheit hätte Referent
gern eine Bemerkung in der Mitteilung Nakagawa ’s gesehen, daß
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Schutzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Entwickeluogshemmang etc. 551
Kitasato die im Berliner Institut für Infektionskrankheiten in jahre-
langer Arbeit ausgeführten Immunisierungsversuche nur wiederholt
hat, z. T. allerdings nur scheinbar, ohne die nötigen Kontrollversuche
angestellt zu haben.
Die therapeutische Wirksamkeit des so gewonnenen Choleraserums
soll dann durch Zahlen bewiesen werden : Die Mortalität von 270 Fällen
während der Behandlungszeit, von denen 193 injiziert wurden, hat
51,1 Proz. betragen. Von den 193 behandelten Fällen, die nach den
Angaben sämtlich keine akuten Vergiftungsbilder boten, sondern
protrahierte Krankheiten waren, starben 63, also 33 Proz. Diese
Zahlen sprechen nach Erachten des Referenten nicht gerade für die
Wirksamkeit der Serumbehandlung. Es wird bei der Cholera über-
haupt schwer sein, aus der Statistik feste Anhaltspunkte nach dieser
Richtung zu gewinnen, da die leichten und leichtesten Cholerafälle,
z. T. nur durch die bakteriologische Untersuchung entdeckt, das
statistische Bild nach dieser oder jenen Seite zu ändern ver-
mögen. Denn die Auffindung solcher Fälle und Ueberführung in das
Krankenhaus ist unter verschiedenen äußeren Umständen sehr ver-
schieden schwierig, und daher zahlenmäßig ungleich.
W. Kolle (Berlin).
Creseiinaiino, S., Tubercolosi lari ngu- polmonale curata
col siero Maragliano. (La Rif. med. 1896. No. 67.)
Die vorliegende Mitteilung bringt die Krankengeschichte eines
32 Jahre alten, reichen Gutsbesitzers mit deutlichen Zeichen einer
Kehlkopf- und Lungentuberkulose, welche unter lokaler Behandlung
mit Milchsäure und Injektionen von Maragliano ’s Serum in Heilung
überging. Tuberkelbacillen waren vor der Einleitung des Verfahrens
im Auswurfe spärlich enthalten. Kamen (Czernowitz).
Lothes, Ist bei den heutigen Erfahrungen über Nutzen
und Wirkung des Tuberkulins eine zwangsweise Im-
pfung mit Tuberkulin vorab für die den Körkommis-
sionen vorzuführenden Zuchtstiere anzustreben? 1 )
(Berliner tierärztliche Wochenschrift. 1897. No. 2.)
Mit vielem Interesse haben wir den lehrreichen Artikel des Verf.’s
gelesen. Der Autor, der sich persönlich bereits Verdienste um die
Einführung des Tuberkulins, als des zur Zeit besten Mittels zur
Erkennung und weiterhin auch zur Bekämpfung der Rindertuberkulose
erworben hat, tritt warm für weitere Anwendung des Mittels ein,
wobei er sich im wesentlichen auf die Erfahrungen von Bang und
Eber wie auch auf das Urteil des Berner Kongresses stützt. Ref.
hat jüngst Veranlassung genommen, das gesamte in der Litteratur
verstreute, diesen Gegenstand betreffende Material in einer bei Fischer,
Jena erscheinenden Broschüre, „Bekämpfung der Tuberkulose beim
Rindvieh“, zusammenzustellen. Das Resultat dieser Studie spricht
ganz außerordentlich für die Anwendung des Tuberkulins. Wir
1) Referat, erstattet in der Generalversammlung des landwirtschaftlichen Vereins für
RheinpreuHen au Zttlich am 29. September 1896.
552 Schutzimpfung, künstJ. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmung etc.
können daher dem Verf. nur voll und ganz beipflichten, wenn er für
eine Zwangsimpfung der anzukörenden Stiere eintritt, und sind erfreut,
daß dieser Antrag von der Generalversammlung des landwirtschaft-
lichen Vereins für Rheinpreußen einstimmig angenommen wurde.
Allein für die Ausrottung und Vernichtung der Tuberkulose hat
dieser Beschluß höchstens ganz minimale Bedeutung und die darauf
verwandte Mühe dürfte sich kaum lohnen, denn das läßt sich wohl
nach den bisherigen Erfahrungen sagen, daß schon binnen Jahresfrist
die neuen Stiere mit ziemlicher Gewißheit tuberkulös geworden sind,
angesteckt durch die den gleichen Stall teilenden Kühe und Rinder.
Will man handeln, so nehme man den Besen und kehre zunächst
den eigenen Stall aus, das scheint denn doch naheliegender, als ein
paar Zuchtstiere zu impfen und viel Lärm über Grenzsperren zu
machen, wie es jetzt in manchen agrarischen Kreisen so sehr an der
Tagesordnung ist Will man sanieren, so hat jeder Landwirt gewiß
vollauf mit der Sanierung des eigenen Wirtschaftsbetriebes zu thun.
In dieser Auffassung handelt auch unser Landwirtscbaftsministerium,
und das mit Recht. Gewiß wird Verf. in seinen bisherigen in dieser
Richtung unternommenen Bestrebungen nicht erlahmen, dann wird
er auch bald den Dank ernten und uns über die Ausrottung der
Tuberkulose der Rinderbestände Rheinpreußens berichten können, ein
Unternehmen, bei dem die Stierimpfungen nur den geringsten Bruch-
teil ausmachen werden. O. Voges (Berlin).
KraSouchkine , Les vaccinations antirabiques ä St. P£-
tersbourg. Rapport annuel du Service de traitement
pr6ventif de larage ä l’lnstitut Imp6rial de m6decine
experimentale. (Archives de3 Sciences biologiques publie par
l’Institut Imperial de mödecine experimentale ä St. Petersbourg.
Tome IV. No. 5.)
Im Jahre 1895 suchten 397 Personen Hilfe in dem Petersburger
Impfinstitute. Ein Teil wurde zurückgewiesen, da keine Gründe zur
Behandlung Vorlagen, bei einer Person bestand schon Wasserscheu,
so daß hier auch von der Behandlung Abstand genommen wurde,
und schließlich entzog sich ein Teil der vollständigen Behandlung, so
daß im ganzen bei 269 Personen die Paste ur’sche Schutzimpfung
durchgeführt wurde. Von diesen Personen waren 12 von Wölfen,
9 von Katzen und die übrigen von Hunden gebissen. Der Prozentsatz
der Todesfälle stellte sich auf 0,4 Proz., wenn von 2 Fällen abgesehen
wird, bei denen noch, ehe die Behandlung zu Ende war, Rabies aus-
brach. Ferner wurden im Institut 531 Tiere zur Beobachtung auf-
genommen, 25 zur sofortigen Tötung und 16 zur Schutzimpfung. Von
diesen Tieren waren 502 Hunde, 25 Katzen, 1 Pferd, 1 Kuh, 1 Wolf
und 1 Eichhörnchen. Marx (Berlin).
Strskemiosky , J. J., Ein Fall von pseudomembranöser
Augenbindehautentzündung, hervorgerufen durch
den Loeffler’schen Bacillus und geheilt mit Behring’ s
Heilserum. (Wratsch. 1897. No. 6. p. 161.) [Russisch.]
Es wird ein Fall von Diphtherie der Bindehaut beider Augen bei
8chutaimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmung etc. 553
einem 14-monatlichen Kinde beschrieben, bei dem der Prozeß einer
lokalen Behandlung (Abwaschung mit 0,02-proz. Sublimatlösung, gelbe
Praecipitalsalbe, kalte Kompressen) nicht weichen wollte, sondern auf
die Hornhaut Übergriff; dagegen reinigten sich die Konjunktiven in
2 Tagen vollkommen von den Membranen, als am 5. Tage der Be-
handlung dem Kinde 10 ccm Behring’s Diphtherieserum No. II
subkutan appliziert worden war. In den Membranen waren zuvor
Loe ff ler’scbe Bacillen nacbgewiesen. Keine anderweitigen Erschei-
nungen von Diphtherie. Infektionsmodus ließ sich nicht aufklären.
An der Hand von 43 in der Litteratur beschriebenen Fällen von
Konjunktivaldipbtherie, die mit Behring’s Serum behandelt wurden,
kommt Verf. zum Schluß, daß diese Art Therapie durchaus zu em-
pfehlen ist, aber nur, wenn im Sekret Diphtheriebacillen nachgewiesen
sind und der Prozeß auf lokale Behandlung nicht zurückgeht. Beim
Vorhandensein einer Miscbinfektion ist auch dann noch ein Mißerfolg
möglich. Das Serum verhindert das Uebergreifen des Prozesses auf
die Hornhaut, resp. die Infektion des anderen Auges, wenn nur eins
affiziert war. Ist jedoch in der Hornhaut schon eine Nekrose zustande
gekommen, dann nützt auch das Serum nicht, da diese einer Infektion
mit Staphylo- oder Streptokokken ihren Ursprung verdankt.
U c k e (St. Petersburg).
Bach, L., Bakteriologische Untersuchungen über den
Einfluß antiseptischer Ueberschläge auf den Keim-
gehalt des Lidrandes und Bindehautsackes. (Archiv
f. Augenheilk. Bd. XXXIV. p. 69-73.)
Vorliegende Arbeit bildet die Fortsetzung und Bestätigung
früherer Untersuchungen des Verf.’s (vergl. Referat in Bd. XXI.
p. 170). Kurz vor Beginn des Versuches wird Lidrand und Binde-
hautsack mit einem harmlosen Bakterium infiziert, dann auf Agar-
platten in der Weise abgeimpft, daß mit der Platinöse mehrmals
über die untere Uebergangsfalte und die innere sowie äußere Lid-
winkelgegend hingefahren wurde; bei der Untersuchung des Lidrandes
wurde die Oese mehrmals über den unteren und oberen Lidrand
hingestrichen. Gleich darauf wurde mit Ueberschlägen begonnen,
indem ein Wattebausch, welcher mit den antiseptischen Lösungen
(Sublimat 1 : 3000 und 1 : 1000, Hydrarg. oxycyanat 1 : 1000) getränkt
und nicht ganz ausgedrückt war, auf die geschlossenen Lider gelegt
und während 7— 8 Stunden alle s / 4 Stunden erneuert wurde. Hierauf
geschah die Abimpfung. Verf. erhielt folgende Resultate (+ = Ver-
mehrung, — = Verminderung):
Sublim. 1 ; 3000
Sublim.
i:iooü
Hydr. oxycyan.
Kontrollversuch
+
—
+
—
+
—
+
—
Bindehautsack . . .
1
5
1
4
0
8
1
6
Lidrand .
2
4
1
4
0
9
3
8
Eine Sterilität des Lidrandes wurde nur in einem Falle erreicht.
P>e Herabminderung, welche bei dem angewandten Verfahren zwar
in der Mehrzahl erzielt wurde, glaubt Verf. aber prompter und
sicherer durch mechanische Reinigung der betreffenden Teile herbei-
554 Schatzimpfang, kilnstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmung etc.
führen zu können, speziell im Bindehautsack werde die Keimzahl
am promptesten, sichersten und schonendsten durch den Lidschlag
herabgesetzt Mit diesen Schlußfolgerungen findet sich Verf. in ge-
wissem Gegensatz zu den Ergebnissen Franke ’s, über welche in
Bd. XXI. p. 554 referiert ist Schlaefke (Cassel).
Franke, E., Weitere Untersuchungen Uber Asepsis und
Antisepsis in der Augenchirurgie 1 ). (v. Graefe’s Archiv
f. Ophthalm. Bd. XLIII. p. 111—126.)
Verf., welcher sich speziell gegen die Bach’schen Schluß-
folgerungen wendet, bestätigt auf Grund erneuter und erweiterter
Untersuchungen seine früher schon mitgeteilten Resultate, die er
selbst folgendermaßen zusammenfaßt:
Die beste Methode der keimfreien Herrichtung des Bindehaut-
sackes besteht in der Vereinigung der mechanischen Reinigung mit
nachfolgender Bespülung mittels eines antiseptischen Mittels. Für
geeignete Fälle genügt vielleicht die einfache Ausspülung mit einem
Antisepticum.
Bei Anwendung des Sublimats empfiehlt es sich nicht, über
stärkere Lösungen als 1:5000 resp. 1:10000 hinaus zu gehen.
Wir sind aller Wahrscheinlichkeit nach imstande — und dafür
sprechen sowohl die Ergebnisse der Desinfektion am Menschen, als
auch die Versuche auf schräg erstarrtem Agar — im Bindehautsacke
oberflächlich sitzende Mikroorganismen zum Teil zu töten, zum Teil
in ihrer Entwickelung zu hemmen.
Eine gleiche Wirkung kommt der 0,6-proz. NaCl-Lösung nicht zu.
Aus diesem Grunde empfiehlt sich — soweit man nicht trocken
zu operieren imstande ist — auch während der Operation eine
gemäßigte Anwendung antiseptischer Lösungen.
Schlaefke (Cassel).
Neue Litteratur
zusammen gestellt von
San.-Rat Dr. Arthur Würzburg,
Bibliothekar Im KtUerl. Gesundheitsamte ln Berlin.
Unterenchungsmethoden, Instrumente etc.
Grünbaun, A. B., Note oo the smegma baclllus; its diagnosüc iraportance and iU ctli-
tivatiou. (Lancet. 1897. No. 2. p. 98—89.)
Morphologie and Systematik.
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—St.
1) Vergl, hierzu die Referate in diesem Centralblatt: Marthen, Bd. XV. p. 127.
— Franke, Bd. XV. p. 128. — Bach, Bd. XVI. p. 869. — Derselbe, Bd. XXI.
p. 170. — Lachowici, Bd. XVII. p. 806.
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Krankheitserregende Bakterien and Parasiten bei Tieren.
Säugetiere.
A In/ektiöu AUgemcinJmmkheitm.
Kühnau, Zur Abwehr der Viehseuchen-Eioschleppungen aus dem Auslände. (Central-
Ztg. f. Veterinär-, Viehmarkt- u. Schlachthof-Angeleg. 1897. No. 2. p. 9 — 12.)
Nachweisung Uber den Stand von Tierseuchen im Deutschen Reiche am 31. Dezember
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Röckl, Die Tierseuchenstatistik im Deutschen Reiche von 1886 — 1895. (Dtsche tierirztl.
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Gesundh.-A. 1897. No. 4. p. 81—82.)
Stand der Tierseuchen io Ungarn im 4. Vierteljahr 1896. (Veröffentl. d. kaiserl. Ge-
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560
Ioball.
Inhalt.
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seine in Kimberley gemachten Versuche
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im Wasser aufgelösten trockenen Blute
für die Serumdiagnose des Typhus.
(Orig.), p. Bi3.
Boncali , D. B. , Mikrobiologische Unter*
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Referate.
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Therapie der Haustiere, p. 647.
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Goh, K., Beiträge zur Kenntnis der Augen-
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leiden: sog. Retinitis septica, gutartige
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marantische Thrombose, p. 540.
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Marcuze, Parotitisepidemie, p. 645.
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Bonneberger, Einiges über die durch die
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Sohmidt, Hodentuberkulose, p. 642.
Simon, Seltene Tricbinosis, p. 648.
Williams , Roger, Die zunehmenden Er-
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Winter, Muskeltuberkulose beim Schwein,
p. 645.
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Loesch, M. A„ Contribution au diagnostic
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p. 549.
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krankheiten, Entwickelungshemmung und
Vernichtung der Bakterien etc.
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experimentale, p. 552.
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di animali non tratti contro i miero-
organismi i loro prodotti toxici, p. 650.
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clioleraserum, p. 550.
Strshexninsky, J. J., Ein Fall von pseudo-
membranöser Augenbindehaut - Entzün-
dung, hervorgerufen durch den Loefller-
sehen Bacillus und geheilt mit Behring’*
Heilserum, p. 652.
Neue Litteratur, p. 654.
Krnmmaaniehe Buchdruckerei (Hermann Pohle) la Jeaa-
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J
Bakteriologie, Parasiteatamde n. Infekriooskrankheilen.
Erste Abteilung:
Medizinisch-hygienische Bakteriologie und
tierische Paras itenkunde,
In Verbindung mit
GeL Hat Prot Dr. Lenckart, Gelt. M-Hat Prot. Dr. Loeffier
ln Lelpriff und ln Greifirmld
Professor Dr. R. Pfeiffer
in Berlin
herausgegeben von
Dr. O. TThlworm in CasseL
Verlag von Gustav Fischer in Jena
XXI. Band. -<*- Jena, den io. Mai 1897. No. 15/16.
Prell für den Band (88 Hämmern) 18 lerk. — Jährlich erscheinen zwei Binde.
Hierzu ah regelmäftige Beilage die Inhaltsübersichten der II Abteilung det Centralblatte».
FHe Redaktion des „Centralblatts für Bakteriologie und Parasiten-
kunde" richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte, etwaige
Wünsche um Lieferung von besonderen Abdrücken ihrer Aufs&txe ent-
weder bei der Einsendung der Abhandlungen an die Redaktion auf das
Manuskript schreiben xu wollen oder spätestens nach Empfang der ersten
Korrekturabxüge direkt an den Verleger, Herrn Gustav Fischer in Jena,
gelangen xu lassen.
Original -Mittheilungen.
Nachdruck verboten»
Die Rindermalaria in der Campagna von Rom.
(Synonyme: Texasfieber, Hämoglobinurie in Rumänien und
FLnland, Hämatinurie in Sardinien und im Agro Romano.)
[Aus dem hygienischen Institute der Universität Rom.]
Von
A. Celli und F. S. Santori.
Mit 1 Tefel.
Die Züchter wissen recht gut, daß die schweizerischen oder
schweizerisch- lombardischen und die holländischen Kühe, wenn sie in
den Agro Romano versetzt werden, erkranken und sogar sterben
Ent* Abt. XXI. W. 36
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562
A. Celli and F. 8. Santori,
können, und zwar an einer Krankheit, welche durch Fieber und
blutigen Ham gekennzeichnet ist und daher im Volksmuude „Blut-
pisse“ heißt. So wurden z. B. in der letzten Zeit zwei Herden von
Milchkühen, von denen eine nach Tor di Quinto, die andere nach
Pratica di Mare eingeführt wurde, fast vollständig aufgeriebeo.
Im Gegensatz hierzu verhalten sich die Rinder der einheimischen
Rasse dieser Krankheit gegenüber, deren Natur bis heute noch so
wenig erkannt ist, daß sie mit der hämorrhagischen Septikämie und
speziell mit dem Milzbrand verwechselt wird, refraktär.
Indessen bemerkte an den Rindern, welche in unserem städtischen
Schlachthause geschlachtet wurden, der Direktor desselben, Professor
Nosotti, daß die Milz der Rinder aus der römischen Campagna
häufig geschwollen war, und er vermutete, daß es sich hier um
Malaria handele. Desgleichen fand Dr. Santori, daß von 9 Milzen,
welche wegen Verdachtes des Milzbrandes zur Untersuchung gelangten,
7 Stück in ihren roten Blutkörperchen endoglobuläre Parasiten ent-
hielten, wie sie bei der fieberigen Hämoglobinurie der Rinder in
Rumänien (Babes), in Texas (Smith und Kilborne), in Pinland
(Ali Krogius und v. Ilellens), in Sardinien (Sanfelice und
Loi) und in Hamburg (Weisser und Maassen) beschrieben wurden.
Derselbe Dr. Santori bestätigte auch durch Vornahme von Blut-
untersucbungen die auf die gleiche Krankheit lautenden klinischen
Diagnosen, welche der Tierarzt Dr. Vale n tini in einigen Kuhstälkn
unserer Stadt gestellt hatte.
Im Herbste vergangenen Jahres trat in einer Herde von un-
gefähr 100 Kühen aus der Lombardei, welche im vorhergehenden
Winter in das Gebiet von Cervara versetzt worden waren, eine
Seuche auf, von der alle oder doch beinahe alle großen Tiere er-
griffen wurden, und welche mit Abmagerung und Verminderung der
Milchproduktion verbunden war. Einige, nämlich 20 Stück, er-
krankten schwer mit fieberiger, akuter Anämie, die in einigen der
11 Fälle mit tödlichem Ausgang mit Hämoglobinurie verbunden war.
Bei einigen der stärker erkrankten Tiere trat Verstopfung ein, bei
anderen Diarrhöe, welche sogar blutig sein konnte. Die Krankheit
dauerte im allgemeinen 5 — 6 Tage, in den schwersten Fällen sogar
nur 36 Stunden.
Der Verlauf der Temperatur war ungefähr so, wie in dem durch
nebenstehende Tabelle veranschaulichten Falle:
Tag and Monat
Temperatur
morgens |
abends
SO. XII.
39,2
40,0
a» „
40,1
40,5
2*.
41,0
41,0
23. „
39,6
39, 5
24 „
39.4
40,0
25. „
38,4
38,4
26
37,4
Tod
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Die Rindermal*rift in der Canpagoft von Korn.
563
Der Tod trat unter Kollaps und einer Temperaturerniedrigung
unter die Norm ein.
Von den jungen Tieren wurde nur ein Kalb von der Krankheit
ergriffen. Von ihr wurden auch nicht einmal die lombardischen Kühe
verschont, welche schon seit langer Zeit sich in jener, auch in Bezug
auf die menschliche Malaria höchst ungesunden Gegend aufhielten.
Nicht ergriffen von der Krankheit wurden indessen die einheimischen
Rinder. Anfangs Winter traten einige Recidive ein, wozu der oben
in der Tabelle dargestellte Fall mit tödlichem Ausgange gehört.
Prof. Nosotti, welcher diese Kühe behaudelte, gab ihnen, in
der Voraussetzung, daß es sich um Malaria handele, Chinin.
Um die Diagnose der Krankheit sicher zu stellen, wurde uns
am 8. November eine große Milz, mit dunkelroter und weicher Pulpa,
von einer tags zuvor gestorbenen Kuh eingesandt. Wir fanden darin
dicke und lange Bacillen, wie die des Milzbrandes. Bei eingehenderer
Prüfung fanden wir indessen in den roten Blutkörperchen gefärbte
Körper, welche uns dazu veranlaßten, den Milzbrand auszuschließen,
welcher fälschlicherweise durch Bacillen des ersten Stadiums der
Fäulnis vorgetäuscht wurde, und wir wurden auf den richtigen Weg
zur Erkennung der wahren Ursache der Krankheit, welche wir nun
näher studieren wollen, geleitet. Das Material , auf welches sich
unsere Untersuchungen stützen, waren 2 Kühe, welche genaßen, 2 ge-
storbene Kühe und eine geimpfte Kuh.
1. Untersuchung des frischen Blutes.
Vor allen Dingen müssen wir hier genau unterscheiden zwischen
den wirklichen Parasiten und pseudoparasitären endoglobu-
lären Körpern.
Th. Smith 1 ), welchem wir eine sehr genaue und sehr inter-
essante Arbeit über das bereits erwähnte Texasfieber verdanken,
beschrieb im Innern der roten Blutkörperchen, in Fällen von vor-
geschrittener, durch dieses Fieber veranlaßten Anämie, ein kleines,
nur bei stärkerer Vergrößerung sichtbares, dunkeles Körperchen, das
in heftiger Bewegung und Ortsveränderung innerhalb desselben roten
Blutkörperchens begriffen war. Er war dazu geneigt, diesen Befund
als eine Wirkung der Anämie anzusehen, gab aber doch auf dem
Wege der Hypothese zu, daß das Körperchen das erste Lebensstadium
des endoglobulären Parasiten darstellen könnte. Wir können indessen
diese Hypothese ausschließen, daMnrchiafava bereits dieselben
Formen auch in dem Malariablute beobachtet hat, und wir selbst
haben sie im Blute gesunder Tiere (Meerschweinchen) und von
Kaninchen und Hunden gesehen, welche an Krankheiten gestorben
waren, die sicher nicht die roten Blutkörperchen betrafen.
Es ist Sache der normalen und pathologischen Histologie des
Blutes, die Entstehung und die Natur dieser Körperchen zu erforschen;
wir wollen sie nur deshalb erwähnen, damit sie nicht mit einigen der
wirklichen endoglobulären, parasitären Körper verwechselt
werden.
1) LittercIurTerieicbnis siche weiter hiuten.
36 »
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564
A. Celli und P. S. Santori,
Diese zeigen sich uns meist in zwei Typen, nämlich:
A) als bewegliche Formen mit Ortsbewegung. Sie
sind nur 1 — 1,6 (i groß und daher die kleinsten Formen des Ent-
wickelungscyklus des Parasiten. Ihre Gestalt ist rund, oblong, stab-
förmig verlängert, eiförmig oder auch bimförmig (Fig. 1 — 7, 8 — 11,
12 — 14). Sie kommen entweder einzeln oder zu zweien oder dreien
(Fig. 8 — 14) in einem und demselben Blutkörperchen vor. Sie haben
das Vermögen, das Licht zu brechen und heben sich daher deutlich
auf dem Grunde des roten Blutkörperchens, welches seine natürliche
Färbung bewahrt, ab. Sie nehmen mit mehr oder minder großer
Schnelligkeit bei ihren Ortsveränderungen innerhalb des Blutkörper-
chens diese oder jene Gestalt an. Ob sie auch Kontraktionsbeweguogen
ihres Plasmas unterworfen sind, ist zweifelhaft Hört ihre Bewegung
auf, so erscheinen sie ganz rund und oft besitzen sie auch ein centrales
Pünktchen. Hierdurch und durch ihre meist periphere Lage unter-
scheiden sie sich von den Vakuolen des roten Blutkörperchens. Von
den vorbererw&hnten pseudoparasitären Körperchen unterscheiden sie
sich durch die bedeutendere Größe, stärkeres Lichtbrechungsvermögen
und mannigfachere Gestalt.
Die Figuren 1 — 7 stellen ein und dasselbe Körperchen in seinen
Bewegungen dar. Ganz ähnliches gilt von den Figuren 8 — 11 und
12—14, welche 3 Körperchen in einem und demselben Blutkörperchen
in ihren aufeinanderfolgenden Bewegungen zur Anschauung bringen.
Wir konnten diese Formen allein oder zusammen mit den folgenden,
in dem Falle experimenteller Infektion, welcher einen sehr gutartigen
Verlauf hatte, beobachten. Es würde dies mit dem, was Smith
beobachtet hat, übereinstimmen, nämlich, daß sie vorwiegen bei leichten
Infektionen mit chronischem Verlaufe.
B) als bewegliche Formen mit amöboider Bewegung.
Diese sind 2 — 3 mal größer als die vorhergehenden und besitzen ein
so abgeschwächtes Lichtbrechungsvermögen, daß man sie innerhalb
des roten Blutkörperchens mit dem Auge suchen muß, und wenn
dieses, wie es oft vorkommt, abgeblaßt ist, sind sie nicht leicht zu
sehen, während die vorhergehenden durch ihr Lichtbrechungs vermögen
in die Augen springen. Die amöboide Bewegung kann lebhaft sein,
wie an den kleineren Formen der Fig. 15 — 33, oder auch träger,
wie bei den großen Formen der Fig. 34 — 45. Die einen wie die
anderen Figuren zeigen die respektiven verschiedenen Bewegungs-
phasen ein und desselben Körperchens, welches lange Zeit hindurch
unter dem Mikroskope beobachtet wurde. In einigen der Bewegungs-
phasen (Fig. 24, 25, 26) kommen Formen zum Ausdruck, welche an
die von Smith geschilderten und mit dem Namen Pyrosoma
bigeminum belegten erinnern; jedoch kann diese Erscheinungsform
vorübergebend sein. Die wirklichen Formen von Pyrosoma sind
selten klein (Fig. 46, 47), meist groß (Fig. 48, 49), kommen einzeln
oder zu zweien vor und könuen in der Mitte des angeschwollenen
Teiles, mitunter auch an dem Ende des zugespitzten Teiles ein
Körnchen besitzen.
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Die Rindermalaria in der Cftmpagna von Rom.
565
Man kann diese bimförmigen Gestalten entweder als ein sehr
langsam amöboides Bewegungsstadium oder auch als ein besonderes
Stadium in dem Entwickelungscyklus des Parasiten auffassen. Für
die erste Auffassung spricht der Umstand, daß manche von ihnen,
wenn das Blut längere Zeit unter dem Mikroskope beobachtet wird,
eiförmig oder rund werden (Fig. 50, 51), während sie andere Male,
nachdem sie lange Zeit hindurch und ohne Veränderung ihre Gestalt
bewahrt hatten, verschwinden, gerade so, als ob sie innerhalb des
roten Blutkörperchens untergegangen wären.
C. Reproduktionsformen. Welches die Beziehungen der
obenbescbriebenen Formen zu einander sind, was für ein Cyklus sich
abspielt, und ob eine Beziehung zwischen dem Cyklus der Entwickelung
des Parasiten und dem Cyklus der Fiebererscheinungen oder einer
anderen klinischen Manifestation besteht, das können wir mit Sicherheit
nicht angeben. Und so sind wir auch durchaus nicht im klaren über
die Art und Weise, wie die Vermehrung vor sich geht. Die Unter-
suchung der Organe läßt uns, ebensowenig wie bei der Malaria, Ver-
mehrungsformen zu Gesicht kommen. Die Beobachtungen, welche
wir am kreisenden Blute Vornahmen, sind zu gering, als daß sie die
Lösung des so dunklen Problems herbeiführen könnten. In den
schwersten Krankheitsfällen beobachteten wir in Blutkörperchen im
frischen Zustande, welche anscheinend normal waren, einige große
Körnchen (Fig. 52 — 56), welche entweder zusammengehäuft waren oder
einander nahe lagen und unter dem Mikroskope lange Zeit ihre voll-
kommen runde Gestalt bewahrten und unbeweglich blieben, oder nur
wenig ihre Lage veränderten. Ob wir es aber hier mit wirklichen
Sporen zu thun haben, oder ob wir uns Degenerationsprodukten des
roten Blutkörperchens gegenüber befinden, das können wir nicht ent-
scheiden.
2. Untersuchung des Blutes nach der Färbung.
Nachdem das Blut durch Eintrocknen an der Luft fixiert und
dann 10 — 20 Minuten lang mit einer Mischung von gleichen Teilen
Alkohol und Aether behandelt worden ist, leistet das Methylenblau
(Loeffler) oder Hämatoxylin und Eosin, wie bei dem Malariablute,
sehr gute Dienste. Man erblickt alsdann meist zwei Substanzen, von
denen die eine mehr, die andere weniger gefärbt ist. Häufig sind
die rundlichen Formen, in Gestalt einer 8, und jene mit unregel-
mäßigen Konturen, bisweilen mit gefärbten Pseudopodien versehen.
In einigen kann man ein stärker gefärbtes Korn, welches vielleicht
die Bedeutung eines Kernes hat, sehen. Selten sind frei im Plasma
liegende Formen. Dieser Befund ist dem bei den Malariaparasiten
des Sommer- Herbst-Fiebers vollkommen ähnlich.
Außer diesen parasitären Formen bemerkt man besondere Fär-
bungen der roten Blutkörperchen, auf welche so vortrefilich Smith
die Aufmerksamkeit gelenkt hat. Es handelt sich da nämlich um
rote Blutkörperchen, welche meist größer sind, als es gewöhnlich der
Fall ist, blaß aussehen und besetzt sind mit verschieden dicken, in
Methylenblau sich färbenden Körnchen, die bei anderen nicht para-
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566
A. Celli und F. S. S&ntori
sitären Anämieen der Rinder Vorkommen und als pathologische Ver-
änderungen neu gebildeter roter Blutkörperchen gedeutet werden
müssen. Wir können diese Deutung auch schon deshalb bestätigen,
weil wir dieselbe Erscheinung bei einer eigentümlichen Anämie der
Schafe, die indessen durch Bakterien hervorgerufen wird, beobachtet
haben.
Können die runden, gleichmäßig großen und wenig zahlreichen
Granulationen, welche man in den Blutkörperchen von normaler Größe
findet, als Sporenhaufen gedeutet werden, und entsprechen sie den
großen Körnchen, welche man, wie bereits gesagt, im frischen Zustande
des Blutes beobachtet? Es ist nicht möglich, dies zu entscheiden.
3. Kulturen.
Die Kultureu des krankhaften Blutes Bind immer, mochten de
nun von lebenden oder kurz vorher gestorbenen Tieren angesetzt
werden, negativ ausgefallen, obgleich alle möglichen in der Bakteriologie
am meisten gebrauchten Nährböden verwendet wurden.
4. Einimpfungen von Blut.
Wir haben Versuche angestellt mit Meerschweinchen, Kaninchen,
Mäusen, Ratten, Katzen und Hunden, aber immer mit negativem
Resultate. Manchmal trat der Tod der Tiere ein, z. B. bei einem
Hunde und verschiedenen Meerschweinchen, sogar bei 3 aufeinander-
folgenden Uebertragungen in einer Reihe; aber im Blute trafen wir
nichts an, als die gewöhnlichen, oben genannten pseudoparasitären
Formen, so daß man zu der irrtümlichen Auffassung gelangen könnte,
die Krankheit sei in jenen Tieren wieder hervorgerufen worden.
Ein positives Resultat erhielten wir bei einem weiblichen, noch
saugendem Kalbe mit einer 9-tägigen Inkubationsdauer. Die Krankheit
dauerte vom 31. Dezember vorigen Jahres bis zum 26. Januar dieses
Jahres. In dieser Zeit traten unregelmäßige Temperatursteigerungen
bis 40 — 40,5° C ein, und niemals zeigte sich Hämoglobinurie. Der
Verlauf der Krankheit war derartig milde, daß sie ganz unbeachtet
geblieben wäre, wenn nicht die Temperatur gemessen und das Blut
untersucht worden wäre, in welchem man immer die kleinen Körper
mit ihren Ortsbewegungen und jedesmal auch, anscheinend ohne
Regelmäßigkeit und ohne Beziehung zum Fieber, die größeren amöboid
beweglichen oder bimförmigen Körper sehen konnte.
Um die wahre Bedeutung der voraufgehenden Beobachtungen zu
erkennen, ist es nötig, daß wir das einmal zusammeustellen, was uns
von diesen bekannt ist.
5. Parasitenvorkommnisse in den roten Blutkörperchen
der Rinder.
Babes in Rumänien hat hierüber die ersten Untersuchungen
angestellt. Fassen wir das Interessanteste und am sichersten Be-
gründete seiner verschiedenen Schriften ') zusammen, so haben wir:
1) Sur l’hömoglobinurie baetörienne du boeuf. (Acad. des Sciences 1888 und 1890.
18. April und 5. Mai.) — Die Aetiologie der seuchenbaften Hämoglobinurie des Rindes.
(Virchow’a Archiv. Vol. CXV. 1889.) — Bemerkungen über die seuebenhafte Hämo-
globinurie des Kindes. (Verbaudl. d. X. internat. med. Kongr. 1890 — 91.)
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Die Rindermalaria in der Campagna von Rom.
567
Eine akute Krankheit mit Fiebererscheinungen, welche im Sommer
auftritt, 4 — 7 (im Mittel 5) Tage dauert, von einem beinahe anhaltenden
Fieber von 40—41 0 C und am zweiten oder dritten Tage von Hämo-
globinurie begleitet ist, welche in Fällen mit tödlichem Ausgange nie
fehlt Die Krankheit befällt die erwachsenen Rinder, verschont aber
die einheimischen Rassen, und richtet 50 Proz. der befallenen Tiere
zu Grunde. Bei der Autopsie findet man eine akute Schwellung der
Milz, Hämorrhagieen in der Niere, den Wandungen des Magens und
des Darmes. Ikterus fehlt. In gefärbten Präparaten sieht man in
den roten Blutkörperchen kokkenartige Parasiten (Hämatokokken ?)
einzeln, zu zweien und mehr (2—3 Paare) in einem und demselben
Blutkörperchen. Die Entwickelungsphasen des Parasiten konnte der
Verfasser nicht verfolgen; er konnte aber durch Impfung die Krankheit
von Rind zu Rind und, allerdings nur auf 2 — 3 Generationen, von
Kaninchen auf Kaninchen übertragen. Von dem Blute erhielt er selten
Kulturen von Diplokokken verschiedener Größe. Mit diesen Kulturen
rief er eine Krankheit hervor, bei welcher ein hämorrhagisch-ödematöses
Exsudat des Peritoneums und in diesem Exsudat, ausnahmsweise jedoch
auch in den roten Blutkörperchen, viele Parasiten auftraten. Verf.
hält daher seine Kultur- und die Impfversuche nur für wahrscheinlich
gelungen. Er vermutet, daß man es hier mit einer Ucbergaogsform
zwischen Bakterien und Protozoen zu thun habe, mit Wesen also, die
zur untersten Klasse der Protozoen, welche in Bezug auf Form und
Entwickelungscyklus (?) den Bakterien nahe steht, gehören.
Er erkannte an, daß wenn hier vielleicht auch nicht dieselbe
Krankheit vorläge, es sich doch sicher um eine solche handelte,
welche dem von Smith 1 ) beschriebenen Texasfieber außerordentlich
nahe steht.
Diesem sehr genauen und außerordentlich scharfrichtigen ameri-
kanischen Forscher verdanken wir die wichtigsten Arbeiten über
unseren Gegenstand.
Th. Smith hat durch eine Reihe von Arbeiten ein bewunderungs-
würdiges Werk über das Texasfieber, welches die Rinder in einem
großen Teile der Vereinigten Staaten heimsucht, geschaflen. Er
unterscheidet zwei Formen derselben, nämlich:
A. Die akute Form, welche im allgemeinen im Sommer auf-
tritt. Sie wird durch beständiges Fieber, akute und bedeutende
Anämie und Hämoglobinurie, welche in dem größeren Teile der
Fälle mit tödlichem Ausgang eintritt, gekennzeichnet. Bei der
Antopsie bemerkt man eine akute Schwellung der Milz, Stasis
der Galle, Hämorrhagie in den Nieren und gelblich-rötliche Färbung
derTubuli contorti derselben. In den frischen roten Blutkörperchen
l) Prelimioary observation» on tbe mieroorgauism of Texas fever. (The med.
News. 1889. 4. Des.) — On changes in tbe red blood-corpuscles in the pernicions
aoaernia of the Texas cattle fever. (Transactions of the Association of American
Physicians. September 1891.) — Die Aetiologie der Texasfieberseuche de» Rindes.
(Centralbl. f. Bakterie!. Bd. XIII. 1893.) — (Unter Mitwirkung von F. L. Ktlborne.)
Investigation» into tbe nature, causations , and prevention of Southern cattle fever.
(Kighth and nintb annual reports of the Bureau of animal industry. Washington
1893.)
568
A. Celli und F. S. Santori,
sieht man blasse protoplasmatische Massen mit amöboider Bewegung
und manchmal auch mit großen Pseudopodien; sie kommen häufig in
bimförmiger Gestalt und zu zweien vor und werden nach dem Ab*
sterben rund. Nach Färbung gewahrt man außer diesen Parasiten
rote Blutkörperchen, mehr oder minder mit Granulationen beladen,
welche sich mit den kernfärbenden Substanzen färben uDd auf eine
Karyolyse in den jungen roten Blutkörperchen zurfickzufQhren sind,
die in Beziehung zu der Anämie und der Zerstörung des Blutes durch
die endoglobulären Blutkörperchen steht.
B. Die chronische oder leichte Form. Sie tritt im
Herbste auf, kann ganz unbemerkt sich abspielen, ist von wenig Fieber
begleitet, und eine Hämoglobinurie tritt bei ihr nicht auf. Die
Parasiten sind kaum bimförmig, sondern vielmehr rund, klein wie
Kokken und kommen meist isoliert vor.
Diese Krankheit verschont das junge einheimische Rindvieh.
Sie läßt sich durch Einimpfung von Blut von Rind zu Rind derselben,
für die Krankheit empfänglichen Rasse, experimentell übertragen, und
natürlicher Weise findet die Uebertragung durch die Zecken (Ixodes
bovis) statt.
Der Verf. bestreitet die Behauptung von Paquin, daß sie
sich durch Einimpfung von Blut bei Schafen, Hunden, weißen Ratten
und selten auch bei Kaninchen, Katzen und Schweinen hervorrufen
läßt. Er bringt die Parasiten, welche er mit dem Namen Pyrosoma
bigeminum belegt, mit denen der roten Blutkörperchen bei der
Malaria des Menschen und der Tiere in Beziehung und kommt zu
dem Schlüsse, daß diese Rindermalaria sich nur in den Gegenden
entwickeln kann, wo das Klima mild ist.
Ein Schüler von Babes, Starcovici 1 ) hat versucht, zwischen
den Arbeiten seines Lehrers über die genannte Hämoglobinurie und
eine analoge Krankheit (Carceag) der Schafe einerseits und den
meisterhaften Beobachtungen Sraith’s andererseits einen Vergleich
anzustellen. Er will ein neues Genus Babesia mit drei Varietäten
(Pyrosoma bigeminum, Babesia bovis und Babesia ovis)
aufstellen und hält daran fest, daß zwischen diesen dreien Verschieden-
heiten bestehen. Er giebt sich alle mögliche Mühe, diese Unterschiede
in der Inbukationsdauer, in der klinischen Form, in Bezug auf die
Sterblichkeit, die Hämoglobinurie, die anatomisch-pathologischen Ver-
änderungen, die Form der Parasiten und die Uebertragbarkeit der
Krankheit zu finden. Aber diese Unterschiede, mag man sie nun
einzeln oder in ihrer Gesamtheit nehmen, sind alles andere als dazu
hinreichend, ernstliche Varietäten der Parasiten aufzustellen. Lassen
wir einmal für jetzt das, was sich auf die Malaria der Schafe be-
ziehen kann, bei Seite, so sind wir wirklich in Bezug auf die Hämog-
lobinurie von Babes und das Texasfieber von Smith nicht im-
stande, weder vom klinischen oder anatomisch-pathologischen Stand-
punkte aus, noch von dem der Aetiologie und Epidemiologie aus,
1) Bemerkungen Qber den durch Bebes entdeckten Blutparasiten und die durch
denselben hervorgebrachten Krankheiten, die seuchenhafte Hämoglobinurie des Riude»
(Babes), das Texasfieber (Smitb) und den Carceag der Schafe (Babes). (Ceutralbl.
i. Bakteriol. Bd. XIV. 1893.)
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Die Riniermnlaria in der Campagnn von Rom.
569
irgendwelche wesentliche Unterschiede zu finden. Die Klassifikation
von Starcovici kann daher, bei dem gegenwärtigen Stande unserer
Kenntnisse, nicht angenommen werden.
Ali Krogius und v. Hellens 1 ) haben eine endemische Hä-
maturie der Rinder der tiefgelegenen und sumpfigen Gegenden Fin-
lands untersucht. Die Beschreibung, welche sie von der Krankheit
und den endoglobulären Parasiten geben, stimmt vollkommen mit den
äußerst genauen Beobachtungen der vorher genannten Autoren überein.
Sie selbst geben zu, daß die von ihnen gefundenen Parasiten wahr-
scheinlich (und wir können sagen: sicher) die gleichen sind, als die
von Babes und Smith beschriebenen.
Sanfelice und Loi*), welche die Hämatinurie der Rinder in
Sardinien, wo diese Krankheit ziemlich verbreitet ist, untersuchten,
schließen aus dem anatomisch-pathologischen Befunde und der mikro-
skopischen Untersuchung des Blutes, aus den Impfversuchen und den
Versuchen, die Krankheit der Rinder zu übertragen, daß zwischen
dieser Hämatinurie, dem Texasfieber und der Hämoglobinurie in
Rumänien und Finland eine Identität besteht.
Weisser und Maassen 3 ) haben an dem Schlachtvieh, welches
von Nordamerika aus in Hamburg eingeführt wurde, dieselbe Infektion
diagnostiziert, welche von Smith beschrieben wurde. Sie kommen
auch auf die Klassifikation von Starcovici zu sprechen, erklären
aber, daß sie nicht mit Sicherheit entscheiden können, ob sie zu
Recht besteht.
Es muß daher Wunder nehmen zu sehen, wie ein so genauer und
kompetenter Forscher, wie Kruse 4 ), sie annimmt und in ein sehr
schätzenswertes Lehrbuch aufnimmt Er betrachtet diese endoglobulären
Parasiten der Rinder als pathogene Amöben und nimmt an, daß sie
sich durch Teilung vermehren. In Wirklichkeit ist indessen die
amöboide Bewegung, wenn sie vorkommt, sehr langsam, der Fort-
pfian/.ungsmodus ist nicht bekannt, und alle Analogieen drängen uns
dazu, sie vielmehr unter die Hämosporidien einzurangieren, von denen
sie eine besondere Abteilung zwischen denen der Vögel und denen
des Menschen bilden.
Die vergleichende Parasitenlehre des roten Blutkörperchens erlaubt
uns heutzutage eine Malaria der Frösche und Reptilien, eine wenigstens
von 3 Parasitenvarietäten (Taube, Lerche, Eule) hervorgerufene Malaria
der Vögel und eine von wenigstens vier Parasitenvarietäten (Quartana,
leichte Tertiana, bösartige Tertiana, Quotidiana) verursachte mensch-
liche Malaria zu unterscheiden. Diesen verschiedenen Typen der
Malaria muß ohne Zweifel auch jene der domestizierten Säugetiere,
und speziell der Rinder, hinzugefügt werden 5 ).
1) Des hotuatozoaires de rh&noglobinurie da boeaf. (Arch. de med. exp. 1894.)
2) Soll' etiologia della ematinuria dei bovini in Sardegna. (Mod. looiatro. Anno VII.
1895.)
8) Zar Aetiologie des Texasfiebers. (Arbeiten aus dem K. Gesundheitsamte.
Bd. XI. 1895.)
4) C. Flügge, Die Mikroorganismen. 3. Auflage. 1896. Bd. II. Systematik der
Protozoen.
5) In Bezug auf die anderen Haustiere haben wir Folgendes:
a) Beim Schaf hat Babes bei der in Rumänien Carceag genannten Krankheit einen
Parasiten gefunden, welcher dem der RindermaUria nahe steht, in der Regel aber seltener,
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570
A« Celli und F. 8. Santori,
6. Welches sind die Beziehungen zwischen derMalaria
fdes Menschen und der Rinder? *
Bei beiden haben wir eine Zerstörung der roten Blutkörperchen
und daher eine akute Anämie; bei beiden kann Hämoglobinurie ein-
treten. Diese ist indessen auch bei den Rindern alles andere als
konstant; sie kommt nur in einigen der schwereren Fälle vor; die
Zerstörung der Hämatien ist dann lebhafter und bewirkt dann so eine
pernieiöse Hämoglobinurie, welche vollkommen der beim Menschen
beschriebenen ähnlich ist. In Anbetracht des nicht konstanten Vor-
kommens dieser Krankheitserscheinung ist der Name Hämoglobinurie
nicht zutreffend und kann zu Irrtüraern Veranlassung geben, weil man
dieses Anzeichen abwartet, um die Diagnose zu stellen und so viele
Fälle dieser so beklagenswerten Krankheit auch der skrupulösesten
Beobachtung sich entziehen.
Der Parasit der Rindermalaria bildet indessen niemals schwarzes
Pigment und daher keine Melanämie; er ist in dieser Beziehung der
Sommer-Herbst-Varietät des Parasiten, mit rapidem Entwickelungs-
cyklus, ohne Pigment bei der bösartigen Malaria des Menschen, ver-
gleichbar.
Auch die amöboide Bewegung ist niemals so lebhaft, wie bei den
kleinen Plasmodien. Außerdem bemerkt man noch innerhalb der
Grenzen des roten Blutkörperchens eine so aktive Ortsbewegung, wie
sie im Blute bei der menschlichen Malaria nicht vorkommt
Eine andere analoge Beziehung besteht darin, daß auch die
Rindermalaria von Tier zu Tier übertragbar ist, indessen nur innerhalb
derselben Rasse, und nicht auf Tiere einer anderen Rasse oder Species.
In dieser Hinsicht stimmen unsere Beobachtungen mit denen von
Smith und Sanfelice und Loi überein, stehen jedoch in Wider-
spruch zu denen von Babes, welcher ein Opfer der allerdings leicht
möglichen Täuschung wurde, der auch wir anheimfielen, als wir die
Meerschweinchen in Reihen starben sahen und die oben beschriebenen
Körperchen in ihrem Blute fanden, welche wir später als Pseudo-
parasiten erkannten.
Auch der anatomisch-pathologische Befund zeigt eine Analogie
zwischen der Malaria des Menschen und der Rinder. So hat in der
That Dr. Dionisi 1 ) ganz analoge Veränderungen in den Nieren,
kleiner und runder ist und im allgemeinen isoliert innerhalb der roten Blutkörperchen
vorkommt (Ac. des siences, «oüt 1892). Bonome hat bei einer parasitären Iktero-
hämaturie ein Amöbosporidium beschrieben (Virchow’a Archiv. Bd. CXXXIX,
1895).
b) In Bezug auf das Pferd haben die französischen Tierarzt« Pierre im Sudan.
Dupuy in Senegambien, Berard in Tunis wichtige Beobachtungen in klinischer Be-
ziehung gemacht, lassen indessen in Bezug auf die Parasitenfrsge viel oder alles an
wünschen übrig. (Recueil de mdd. v£t£rin. 1888—95.)
Bei einem Jagdhunde (Bracke-Pointer), der in den Rieselfeldern der Lombardei er-
krankt war, haben Piana und Galli-Valerio einen endoglobulären Parasiten beob-
achtet, welcher in einem Stadium mit dem Pyrosoma bi ge in in um identisch war. in
einem anderen 8tadium mit den lebhaftesten amöboiden Bewegung wie der Malariapara»i:
begabt war. (Moderno zooi&tra. 1895.)
1) Supplemente al Polidinico. Anno III, V. XIV. 1897.
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Di« Rindermalaria in der Campagne von Rom. 571
der Milz und der Leber gefunden, wie sie Bastianelli *) bei der
Malariah&moglobinurie des Menschen beschrieben hat. Wie in dieser
haben die Parasiten nach dem Tode ein mehr gleichmäßigeres Aus-
sehen, als diejenigen, welche während des Lebens gefärbt wurden, sie
zeigen indessen keine besondere Ix>kalisation in gewissen Organen
{Gehirn, Milz, Knochenmark, Leber) wie bei der menschlichen Malaria.
Die roten Blutkörperchen, welche Parasiten beherbergen, kleben an-
einander, ein Verhalten, welches auch an die menschliche Malaria
erinnert, indem auch bei dieser die physikalischen Eigenschaften,
besonders die Elastizität der roten Blutkörperchen eine bedeutende
Veränderung erleiden. Es tritt eine Zusamraenhäufung von viel-
kernigen Leukocyten, von Lymphzellen und einkernigen weißen Blut-
körperchen wie bei der Hämoglobinurie bei der menschlichen Malaria
ein. Ikterus fehlt. Eine hämoglobinämische Degeneration fehlt, und
in diesem Verhalten besteht eine andere Charakterverwandtschaft mit
der Malaria des Menschen, bei der niemals diese Degeneration beob-
achtet worden ist.
Ein andere Analogie ist durch die örtlichen und zeitlichen Be-
dingungen gegeben, unter welchen diese beiden Krankheiten auf-
traten.
Was die geographische Verbreitung anlangt, so wissen wir, daß
die Rindermalaria bis jetzt in Europa in Rumänien, in Bulgarien, im
Südwesten von Rußland, im Südosten von Ungarn, in Finland, in
Italien (Sardinien und Agno Romano) und in Amerika im fünften Teile
des Territoriums der Vereinigten Staaten, d. h. in den Staaten des
Südens, endemisch ist. Es ist indessen sehr wahrscheinlich, daß sie
auch in anderen Regionen herrscht, ohne daß sie bereits erkannt ist,
und wo sie vielleicht mit anderen Seuchen, z. B. dem Milzbrand,
verwechselt wird. Perroncito*) z. B. hat sie in Sardinien für eine
Proteusinfektion (Proteosis?) angesehen. Sicher ist, daß viele Fälle
ohne genaue Blutuntersuchung, oder weil man auf die Hämoglobinurie
wartet, nicht zur Beobachtung gelangen. Wenn erst die Untersuchung
des Blutes sich als Kriterium für die Diagnose weiteren Eingang
verschafft haben wird, wird man genauer die geographische Verbreitung
dieser Krankheit der Rinder feststellen können, von der wir wissen,
daß sie in Niederungen, sumpfigen Regionen und in den Monaten des
Sommers und des Herbstes auftritt, gerade so wie die Malaria des
Menschen.
Endlich vervollständigt die Wirkung des Chinins, welches sicher
einen günstigen Einfluß hat, das Bild der Analogieen zwischen den
beiden Arten der Malaria. Es versteht sich von selbst, daß dieses
kräftige Fiebermittel in den hohen Dosen verabreicht werden muß,
welche den beim Menschen angewendeten entsprechen, und zwar pro-
portional dem Körpergewicht der Tiere und ihrer Blutmenge, welche
sterilisiert werden soll.
1) Le emoglobinurie da malaria secondo i recenti stadi. (Annali di medicina
navale. 1896.)
2) Vergl. Sanfelice und Lot (Loc. cit)
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572 A - Celli u F. S. Santorioi, Die BiodermaUria in der Campagna von Boro
7. Schlußfolgerungen.
In der römischen Campagna kommt eine Krankheit der Rinder
vor, welche charakterisiert ist durch eine akute Anämie mit Fieber-
erscheinungen und von einem endoglobulären Parasiten hervorgerufen
wird, welches hauptsächlich in zwei Formen auftritt. Die eine davon
kennzeichnet sich durch eine Ortsbewegung des Parasiten innerhalb
des roten Blutkörperchens, die andere durch amöboide Bewegung. Der
Parasit kann auch die Form einer Birne annehmen und zu Doppel-
wesen vereinigt sein, daher der Name Pyrosoma bigeminum von
Smith, ein Name indessen, welcher nur ein Durchgangsstadium in
dem bisher noch nicht aufgeklärten Entwickelungscyklus des Parasiten
andeutet
In einigen schweren Fällen ist die Krankheit von Hämoglobinurie
begleitet, indessen ist diese keine konstante Begleiterscheinung und
mitunter auch nicht einmal häufig festzustellen, so daß der Name
Hämoglobinurie oder Hämatinurie der Rinder nicht geeignet ist, diese
Krankheit zu charakterisieren.
Eine schnelle und genaue Diagnose wird durch die Untersuchung
des Blutes ermöglicht, und durch sie kann man Fälle konstatieren,
welche sich sonst der Beobachtung entziehen würden.
Es handelt sich hier um eine Krankheit, welche im wesentlichen
mit jenen, welche anderwärts bei den Rindern bekannt sind und
untersucht wurden, nämlich mit der Hämoglobinurieseuche in Rumänien
(Babes), mit dem Texasfieber (Smith, Kilborne, Weisser,
M aussen), mit der Hämoglobinurie in Finland (Ali Krogius,
v. Heltens), mit der Hämatinurie in Sardinien (Sanfelice, Loi),
identisch ist.
Zieht man die oben genannten klinischen und von den Parasiten
abgeleiteten Charaktere, den anatomisch-pathologischen Befund, die
Uebertragbarkeit von einem Tier auf das andere, aber innerhalb
derselben Art und Rasse, ferner die Umstände, daß die Krankheit
sich nur in den Malariagegenden und Malariamonaten entwickelt, und
die erfolgreiche therapeutische Wirkung des Chinins in Betracht, so
kann man sie geradezu, der größeren Deutlichkeit wegen, als Rinder-
malaria bezeichnen.
Tafelerklärung.
Fig. 1 — 14. Bewegliche Formen mit Ortsbewegung. Fig. 1 — 7 ein und dasselbe
Körperchen in Bewegung; Fig. 8 — 11 und 12 — 14 drei Körperchen, in Bewegung inner-
halb eines roten Blutkörperchens begriffen.
Fig. 15—45. Bewegliche Formen mit amöboider Bewegung. Fig. 15—33 kleiner»,
Fig. 34—45 größere Formen.
Fig. 46 — 49. Bimförmige Form.
Fig. 50 — 51. Ruheformen.
Fig. 52 — 56. Granulaformen (Sporulation?)
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Ctnlnilli/iilf nur, ivrfnijir . Ihr. / 11,1 XXI
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E. Marz, Experimentelle Untersuchungen über Körperdesinfektiou. 573
Nachdruck verboten.
Experimentelle Untersuchungen über allgemeine
Körperdesinfektion durch Actol (nach Crede).
[Aus dem Institut für Infektionskrankheiten in Berlin.]
Von
E. Marx,
Assistent am Institut.
Im Juni vorigen Jahres suchte ich kurz nach der Veröffentlichung
Cred6’s und Beyer ’s „Silber und Silbersalze als Antiseptica“
festzustellen, ob in der That durch subkutane Darreichung von Actol
eine allgemeine Körperdesinfektion zu erreichen sei, wie es nach den
Mitteilungen Cred6’s möglich erschien. Nachdem mittlerweile vielfach
die Cred6’schen Silbersalze geprüft und für gut und brauchbar als
lokale Antiseptica befunden sind, halte ich es für zweckmäßig, die
Protokolle über die oben erwähnten Untersuchungen zu veröffentlichen,
da auf die Frage der allgemeinen Körperdesinfektion, welche doch
gerade eine so bedeutungsvolle ist, bisher, soweit wie mir wenigstens
bekannt, von keiner Seite eingegangen wurde.
Ich bemerke im voraus, daß sich meine Versuche ausschließlich
auf die Prüfung einer eventuellen Fernwirkung beschränkten. Ich
hatte keine Untersuchungen über den Desinfektionswert von Actol
und Itrol angestellt, da mir die Arbeit von Cred6 und Beyer so
exakt und einwandsfrei erschien, daß ich alles sofort als richtig
annahm, was mittlerweile auch besonders durch die Untersuchungen
von Meyer 1 ) bestätigt ist.
Ich bediente mich ausschließlich des milchsauren Silbers, und
zwar in 1-proz. Lösung. Dabei bemerkte ich, daß Dosen von 0,02
aufwärts stets leichte tagelang anhaltende Temperatursteigerungen
hervorriefen. Bei erheblichen Dosen (0,04 — 1,0) war die Injektions-
stelle schmerzhaft und kam es ziemlich häufig zur Nekrose, welche
bei geringeren Dosen stets ausblieb. Die Schmerzhaftigkeit der In-
jektion und nachfolgende Temperatursteigerung wurde auch bei einem
Kinde bemerkt, dem 0,005 Actol in einen kalten Absceß injiziert
wurde. Es reagierte mit einer Temperatur von 38,2° und lokalen
mäßigen Schmerzen. — Um festzustellen, ob sich im Körper von dem
subkutan gegebenen Silbersalze soviel löst, daß das Serum in eine
antiseptisch wirkende Flüssigkeit verwandelt wird, wurde zunächst
folgende Versuchsreihe gemacht.
7 Meerschweinchen wurde 0,03 — 0,04 Actol pro 100 g Tier subkutan
gegeben. Nach 10, 30, 40 und 50 Minuten bezw. 1, 2 und 3 Stunden
wurden diese Tiere mit 1 / 3 Oese einer virulenten Cholerakultur intra-
peritoneal geimpft. Da die Choleravibrionen äußerst empfindliche
Bakterien Bind, konnten dieselben gut als Testobjekte dienen. Tritt
1) Central bJ Alt für Chirurgie. 1897. No. 3.
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574
E. Marx,
wirklich eine von Credö vermutete allgemeine Körperdesinfektion
ein, so war mit Sicherheit, wenn nicht ein Abtöten der Vibrionen, so
doch wenigstens eine langdauernde Wachstumshemmung zu erwarten.
Beides läßt sich sehr leicht durch Entnahme von Bauchexsudat und
Prüfung desselben feststellen.
Das Resultat war, daß die Tiere prompt, wie die Konirolltiere,
der Infektion erlagen und die Wacbstumshemmung der Vibrionen
keine energischere and länger andauernde war, als wie sie stets im
gesunden Tierkörper durch normales Serum und Zellthätigkeit hervor-
gerufen wird.
Von zwei Tieren möge das Protokoll hier angeführt werden.
Das eine ist, wie zu ersehen, 40 Minuten, das andere 3 Stunden nach
der Silberdarreichung mit Cholera infiziert.
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Experimentelle Untersuchungen Uber allgemeine Körperdesinfektion durch Actol. 575
Ferner wurden einige Versuche mit Milzbrand an 3 Meerschweinchen
angestellt. Dieselben erhielten pro 100 g Tier 0,03 bezw. 0,04 Actol.
5, 30 Minuten und 3 Tage nach der Silberdarreichuug wurden sie
mit je */» Oese Milzbrand infiziert, der sie prompt nach 3 Tagen,
wie das Kontrollier, erlagen. Es wurden im ganzen Körper Milzbrand-
stäbchen und -fäden gefunden mit Ausnahme an der injektionsstelle
und deren Umgebung.
Da nun io diesen Versuchen stets die Infektion nach der Silber-
darreichung erfolgt war, erübrigte noch zu prüfen, ob das Resultat
ein anderes wäre, wenn das Actol erst gegeben würde, wenn ein
septikämischer Prozeß bereits vorläge. Es wurde deshalb noch fol-
gender Versuch angestellt
Zunächst wurde in einem Vorversuch an einer Serie von 10 Meer-
schweinchen festgeatellt, daß frühestens 36, spätestens 40 Stunden
nach der Milzbrandimpfung (es war ein anderer Milzbraud, als der
vorher benutzte) die Bacillen im Blute auftraten, also eine Septikämie
bestand. Im Versuch wurden 4 Meerschweinchen mit Milzbrand
infiziert. No. 1 erhielt nach 36 Stunden 0,04 Actol pro 100 g Tier,
No. 2 dieselbe Dosis nach 39 Stunden. No 3 und 4 dienten zur
Kontrolle. Ca. 50 Stunden nach der Infektion waren sämtliche Tiere
gestorben. Es fanden sich bei den mit Actol behandelten Tieren
auch in diesem Fall an der Injektionsstelle keine Milzbrand bacillen,
welche sonst im ganzen Körper naturgemäß verbreitet waren. Also
auch in diesem Versuch zeigte es sich, daß zwar keine allgemeine
Körperdesinfektion durch die Actolgabe eingetreten war, wohl aber
eine ganz hervorragende lokale baktericide Wirkung zu Tage trat
Hiermit schloß ich jedoch meine Versuche noch nicht ab, sondern
wollte noch prüfen, ob sich nicht in dem Serum von mit Actol be-
handelten Tieren außerhalb des Tierkörpers baktericide oder entwick-
lungshemmende Eigenschaften, wenn auch in geringem Mnße, aber
deutlich erkennbar, nachweisen ließen.
Der erste Versuch war nicht gerade ermutigend. Es wurde eine
Agarplatte mit normalem Kaninchenblute beschickt und eine zweite
mit dem Blute eines Kaninchens, dem 5 Tage vorher 0,02 Actol pro
100 g Tier dargereicht waren. Beide wurden mit einer Aufschwemmung
von Staphy lococcus pyogenes aureus geimpft. Es zeigte sich
absolut keine Wachstumsdifferenz. Wenn nun auch die Annahme,
daß in diesen 5 Tagen das Actol schon ausgeschieden sein kann, wie
aus den Milzbrandversuchen ersichtlich, nicht zutrifft, so wurde der
Kontrolle wegen auch in folgenden Versuchen Blut geprüft, welches
kürzere Zeit nach der Silbereinverleibung entnommen worden war.
10, 30, 45 und 60 Minuten nach einer Actoldarreichung von
0,036 pro 100 g wurde einem Kaninchen Blut entnommen und mit
diesem Blute Agarröhrchen beschickt Dieselben wurden ebenso wie
mit Blut von gesunden Kaninchen beschickte Agarröhrchen mit
Staphylococcus pyogenes aureus geimpft. Auch hier zeigte
sich keine Wachstumsdifferenz zwischen den einzelnen Blutagarröhrchen
des mit Actol behandelten Tieres und kein entwickelungshemmender
Einfluß im Vergleich mit den Kontrollröhrchen.
576
E. Marx,
Damit noch nicht genug, ließ ich ein Kaninchen eine halbe Stunde
nach der Actoldarreichung (0,04 pro 100 g) verbluten, um Serum zu
gewinnen. Mit diesem Serum wurden mehrere Versuche angestellt.
Einmal wurde ein solches Serumröhrchen ebenso wie ein Röhrchen
mit normalem Kaninchenserum mit Choleravibrionen geimpft Von
5 zu 5 Minuten wurde im hängenden Tropfen das Verhalten der
Vibrionen geprüft. Auch hier konnte kein besonders entwickelungs-
hemmender Einfluß des Serums des Silbertieres festgestellt werden,
sondern es hemmte sogar das Serum des nicht behandelten Tieres etwas
stärker, wie das des behandelten, geringe Differenzen, wie sie bei ver-
schiedenen Tieren stets zu finden sind. Dann wurde das Serum noch
in der Weise verwertet, daß Serum und Choleravibrionen Meer-
schweinchen intraperitoneal eingeführt wurden. Die Meerschweinchen
gegen die Infektion zu schützen, gelang selbstverständlich nicht. Die
von Zeit zu Zeit erhobenen Befunde des Bauchexsudats des Tieres
entsprachen dem Befunde des Kontrolltieres, welches Vibrionen und
Serum eines nicht behandelten Kaninchens intraperitoneal bekommen
hatte. Beide Tiere starben in der folgenden Nacht
Der Rest der noch vorhandenen Serumröhrchen des Silbertieres
wurde mit Staphylokokken und Streptokokken geimpft Sie waren
ein guter Nährboden für dieselben und unterschieden sich in nichts
von gewöhnlichen Serumröhrchen.
Die Untersuchungen schloß ich damit ab, daß ich versuchte,
chemisch Silber im Blute nachzuweisen.
Einem Kaninchen, dem 0,04 Actol pro 100 g Tier verabreicht
waren, entnahm ich nach 50 Minuten aus der Carotis 30 ccm Blut,
dasselbe dampfte ich ein und veraschte es dann. Der Rückstand
wurde sorgfältig zerrieben und dann dreimal mit verdünnter Salpeter-
säure ausgezogen. Der Auszug wurde eingedarapft und mit Wasser
aufgeuommen. Er gab keine Silberreaktion, so daß auch dieser
Versuch beweist, daß kein Actol im Blute cirkulierte.
Schließlich möchte ich noch eiuige theoretische Punkte, welche
mir von Wichtigkeit erscheinen, besprechen und einige Betrachtungen
anstellen, durch welche ich zugleich zu überzeugen hoffe, daß die von
mir angestellten Versuche, in der Art, wie sie gemacht sind, als ein-
wandsfrei gelten können.
Aus der Thatsache, daß bei den an Milzbrand trotz Silber-
darreichung gestorbenen Tieren die Injektionsstellen sich stets keimfrei
erwiesen, erhellt ebenso wie aus dem Umstand, daß bei größeren
Actoldosen Nekrosen auftraten, daß bei diesen Tieren zum mindesten
ein Teil des Silberpräparates lokal liegen geblieben sein muß. Trotzdem
halte ich diese Versuche nicht für wertlos, denn daß eine Resorption,
sei es von Actol oder dessen Komponenten, überhaupt eintrat, beweisen
die langanhaltenden Temperatursteigerungen. Diese Versuche sollten
aber darüber orientieren, ob es ratsam und aussichtsvoll ist, Menschen
mit subkutanen Actoldosen zu behandeln. Nun sind diese Actoldosen
so uugeheucr große (0,02 — 0,04 pro 100g Tier!), daß, wenn auch nur
ein kleiner Bruchteil resorbiert wird, dem Meerschwein mehr Silber-
salz einverleibt würde, als einem Menschen bei häufiger Darreichung
minimaler Dosen zu applizieren wäre, denn eine Dosis von 0,04 Actol
ogle
Experimentelle Untersuchungen über allgemeine Körperdesinfektton durch Aetnl. 577
pro 100 g Tier würde beim Menschen vom Durchschnittsgewicht von
60 kg 24 g Actol entsprechen!
Daß die gegebenen Dosen in der That ganz enorme waren, erhellt
auch aus folgender Betrachtung:
Silbersalzserumlösungen von 1:80000 wirken nach Beyer noch
entwickelungshemmend auf Staphylokokken, also mindestens ebenso
auf den viel diffizileren Chol era vibrio. Die Gesamtblutmenge pro
100 g Meerschwein kann höchstens 8 Proz. betragen, mithin 8 g Blut.
Für diese 8 g Blut (die Serummenge ist demnach sogar noch geringer)
wäre also um eine Lösung von 1:80000 herzustellen 0,0001 Actol
nötig. Die injizierten Dosen betrugen meist das 300 — 400 fache, so
daß, falls im Tierkörper eine Lösung im Serum, wie im Reagensglas,
stattfände, eine deutliche Wirkung bei den angewandten Actoldosen
mit Sicherheit hätte eintreten müssen. Ich gab grundsätzlich so hohe
Dosen, da ich von vornherein annahm, daß nicht die ganze Menge
Actol unzersetzt im Tierkörper zunächst sich erhalten und dann im
Serum lösen würde, wohl aber mindestens ein so geringer Bruchteil,
wie es der 300 — 400 ste Teil der injizierten Dosis ist. Ich schließe
aus den Versuchen, daß diese Annahme nicht richtig war, sondern,
daß das injizierte Actol entweder unzersetzt liegen bleibt, oder, was
mir am wahrscheinlichsten ist, sehr schnell in seine Komponenten
schließlich zerlegt wird. Daß Actol nicht gelöst in der Blutbahn
kreist, geht wohl evident aus dem Versuche, das Silber chemisch im
Serum nachzuweisen, hervor. Genügt ein Zeitraum von 50 Minuten,
wie er in diesem Fall zwischen Silberdarreichung und Serumentnahme
lag, nicht, um auch nur Spuren von Actol im Blute cirkulieren zu
lassen, so müssen, falls überhaupt Actol sich unzersetzt im cirkulieren-
den Blute und Serum bei subkutaner Darreichung lösen kann, die
Lösungsverhältnisse sehr langsam sein, so daß die Verdünnung von
Actol im cirkulierenden Blut eine so unendliche wird, daß sie für die
Praxis ganz wertlos erscheint.
Nun möchte ich daran erinnern, daß Actoldosen von 0,02 aufwärts
stets bei Tieren Temperatursteigerungen hervorriefen, bei einem Kinde
war sogar schon auf die Dosis von 0,005 nach einer Stunde die
Temperatur fieberhaft erhöht. Diese Temperatursteigerungen sprechen
meiner Ansicht nach dafür, daß im Organismus sehr schnell eine
Zerlegung des Actols in Silber und Milchsäure erfolgt und zuuächst
Milchsäure resorbiert wird, während das Silber, welches ja im Serum
weder chemisch noch biologisch sich nachweisen ließ, sehr lange
unresorbiert liegen bleibt. Daß die bei der Zerlegung des Actols
abgespaltene Milchsäure in der That genügen würde, um Temperatur-
steigerungen hervorzurufen, läßt sich leicht nachweisen. Einem Meer-
schweinchen wurde ungefähr entsprechend dem molekularen Ver-
hältnis zwischen Silber und Milchsäure im Präparat die Hälfte der
sonst meist gebrauchten Actolmengen an Milchsäure injiziert, nämlich
0,02, einem anderen 0,01 pro 100 g Tier. Beide Tiere reagierten
prompt mit Temperaturerhöhungen um 1 °, wie aus der Tabelle er-
sichtlich ist. Bei den gleichen Dosen Kochsalz betrug die Temperatur-
steigerung nicht mehr als 0,5°.
*«* AM. XXI. #d. 37
agle
578
£. Marx, Experimentelle Untersuchungen über Körperdesinfektion.
Ich bin der Ansicht, daß sowohl aus den Versuchen, wie aus den
obenstehenden Betrachtungen mit Sicherheit hervorgeht, daß eine
Lösung von Actol im cirkulierenden Serum, wie sie zu einer allge-
meinen Körperdesinfektion nötig wäre, nicht stattfindet, und daß es
überflüssig war, etwa noch empfindlichere Bakterien, als es die Cholera-
vibrionen sind, wie z. B. Diplococcus Fraenkel, als Testobjekte
zu benutzen.
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füße rot
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nachm.
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600 g
4 Uhr
500 g
4 Uhr
0,1 Milchsäure
nachm.
38,3
0,06 Milchsäure
nachm.
38,0
(0,02 pro 100 g)
6 Uhr
(0,01 pro 100 g)
6 Uhr
nachm.
38,7
nachm.
38,1
8 Uhr
8 Uhr
abends
38,7
abends
38.3
10 Uhr
10 Uhr
abends
39,0
abends
38,5
8 Uhr
I
8 Uhr
morgens .
37,6
1
morgens
37,9
Daß Actol aber ein ganz hervorragendes Antisepticum ist, be-
weisen die beiden Milzbrandversuche. In dem ersten war es für die
Injektionsstelle und deren näherer Umgebung ein sicherer Schutz
gegen die überall hingeschwemmten Milzbrandbakterien, in dem zweiten
leistete es noch mehr, da es imstande war, im Organismus dort, wo
es durch die Injektion eingeführt worden war, eine milzbrandvernich-
tende Wirkung zu entfalten, ein Erfolg, der wohl zu weiteren Ver-
suchen am Menschen, wenn es gilt, örtlich begrenzten, durch Mikroben
hervorgerufenen Prozessen zu begegnen, auffordern muß.
Wenn demgemäß nach meinen Versuchen Actol auch nicht die
strengste Anforderung erfüllt, welche Credd an ein ideales Anti-
septicum stellt, nämlich den ganzen Körper zu desinfizieren, so ist
sein Wert doch ein sehr bedeutender, da es allem sonst gerecht wird,
was man nur von einem Antisepticum fordern kann. Es ist nur zu
wünschen, daß ein so hervorragend keimtötendes, dabei anscheinend
so absolut harmloses Antisepticum , welches nun auch schon viele
Prüfungen in der Praxis gut bestanden hat, immer mehr in den Kreisen
der praktischen Aerzte und Chirurgen zur Geltung kommt
4. April 1897.
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O. Casngrandi u. P. Barbagallo, Ueber diejKultnr von Amöben. 579
Nach druck verboten.
Ueber die Kultur von Amöben.
[Aus dem Laboratorium für Zoologie tmd vergleichende Anatomie der
k. Universität zu Catania.]
Von
Dr. 0. Casagrandi und Dr. P. Barbagallo.
I. Die verschiedenen Arten der zur Verwendung gelangten
Nährböden.
§ 1. Untersuchungen anderer Autoren.
Schon seit langer Zeit spricht man von der Kultur von Amöben.
Balsamo-Crivelli und Maggi l 2 * ) t welche als Nährböden Eiweiß
mit oder ohne Zusatz l°/ 000 — 1°/ 00 iger Karbolsäure empfahlen,
erreichten die Entwickelung einer Amöbe, welcher sie den Namen
Autoamoeba al bum in is beilegten. Ganz gleiche Untersuchungen
wurden in letzter Zeit von Rina Monti*) vorgenommen, welche
sich einer Lösung von Eiweiß (2 Teile) in destilliertem Wasser (l Teil),
oder von Eiweiß (2 Teile) in durch 1°/ 00 'ge Karbolsäure angesäuertem
Wasser (1 Teil) bei 14° C bediente. Sie erhielt, nach ihren Angaben,
gute Resultate und zwar nicht allein mit der Autoamoeba albu-
m i n i s , sondern auch in Bezug auf andere , unter diesen mit der
Arnoeba vulgaris, welche sie in ihren Nährboden einimpfte.
Auf die Versuche von Balsamo-Crivelli und Maggi folgten
solche von Cunningham a ), welcher Amöben aus dem Darme in
sterilisiertem Kuh- und Pfenlemist zu kultuvieren suchte uud nicht
nur sein Ziel vollkommen erreicht zu haben, sondern auch zu gleicher
Zeit beobachtet zu haben glaubte, wie sich die Amöben aus Tricho-
monaden entwickeln. Dies ist schon an und für sich absurd, und
außerdem zeigten die Untersuchungen von Grassi*), welcher die
Kulturversuche nachmachte, nicht einmal, sondern hundertmal die
Ungenauigkeit der Cun n i n g h am 'sehen Beobachtungen.
Kartulis 4 5 ) glaubte nach seinen Kulturversuchen von Amöben
einen passenden Nährboden für ihre Entwickelung gefunden zu haben,
indem er sterilisierten Strohinfus (20 — 30 g frisches Stroh 15 Min.
lang in zwei Liter Wasser gekocht, darauf filtriert und sterilisiert)
anwendete. Als er nun in diesem Nährböden Faeces mit Amoeba
coli einimpfte und sich Amöben entwickeln sah, glaubte er, daß diese
letzteren dieselben wären, welche er eingeimpft hatte. Jedoch wurden
diese Untersuchungen von Kartulis, welche in größerem Maßstabe
1) Henri, del R. Istitufo Lombardo. Serie II. Vol. III nnd IV. 1870 — 71.
2) Bollettino scientifico. No. I. Paria, Marzo 1895 und Arch. Ital. de Biologie.
1895. p. 174.
8) Qaarterly Joarn. microscop sc. Vol. XXI. 1881.
4) Atli della Soc. Ital. di sc. natarali. Vol. XXI. 1882.
5) Centralbl. f. Bakt. Bd. IX. 1891. No. 11. — Zeitschr f. Hyg. u. lofektiontkr.
Bd. XIII. 1893
37 *
580
O. Casagrandi und P. Barbagallo,
von Kruse und Pasquale 1 ) und darauf von uns selbst*) wieder-
holt wurden, vollkommen hinfällig, obgleich Vivaldi 3 ) sie wieder zur
Geltung zu bringen versucht hatte, indem er, unter Erzielung
besserer Resultate, ein Dekokt von Heublättern, welches schwach
alkalisch gemacht, filtriert und sterilisiert wurde, verwendete.
Die Gründe, weswegen Kruse und Pasquale die Unter-
suchungen von Kartul is als inexakt bezeichneten, was wir auch selbst
bestätigen konnten, waren die, daß in diesen Infusionen von Stroh
und Heu, oder von Pferdemist, sobald als Pepton, Blutserum,
Bouillon etc. hinzugesetzt wurde, sich Amöben entwickelten, welche
genau dieselben waren, die in dem Stroh- oder Heuinfus beobachtet
werden konnten, wenn derselbe bei gewöhnlicher Temperatur in freier
Luft sich selbst überlassen wurde, d. h. also die sogenannten Heu-
und Strohamöben.
C. O. Miller*) kam auf den Gebrauch von Infusionen zurück
und benutzte mit Vorliebe Infus von neutralisiertem Hanf, Bouillon,
wie er zur Herstellung der Nährgelatine Verwendung findet mit Zu-
satz von 2—4 Proz. Wasser und */, proz. Glycerin und von einem
kleinen Stückchen Sehne für jedes Gefäß, und desgleichen auch Heu-
infus mit */, Proz. Traubenzucker oder */ 5 Proz. Milchzucker. In diesen
Nährböden behauptet er nun, auf aseptische Weise die Entwickelung
von Protozoen erzielt zu haben, und will uns andererseits auch glauben
machen, daß man nach seinen Methoden auch parasitische Arten
kultivieren könnte.
Celli und Fiocca 5 ) war es schon vor Miller gelungen,
einen Nährboden zu finden, in welchem die Amöben kultiviert und
die einzelnen Formen isoliert werden konnten und später 6 ) machten
sie bekannt, daß dieser Nährboden zu 5 Proz. aus Fucus crispus
bestand, welcher mit kohlensaurem Natron alkalinisiert und vorschrifts-
mäßig im Dampfofen sterilisiert worden war, ein Nährboden, welcher
auch von uns uns 7 ) mit gutem Erfolge angewendet wurde.
In der Folge bedienten sich Piccardi 8 ) und darauf Perroucito
und Bosso 9 ) für die Kultur der Amöben mit Erfolg des Agars, und
kultivierte Beyerinck 10 ) in demselben Nährboden zwei Formen von
Amöben, von denen er eine auch in Gelatine von Malzextrakt züchtete,
und von der er vermutete (wir sehen freilich nicht ein, mit welchem
Rechte), daß sie identisch mit der Amoeba coli sei.
Endlich glaubte in allerletzter Zeit Schardinger 11 ), einen neuen
Nährboden für die Kultur dieser Wesen gefunden zu haben, indem
1) Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskr. Bd. XIV. 1894.
2) Boll. dell’ Acc. Gioenia di ec. naturali di Catania. Seduta dcl 24. Nov. 1895
3) Kiforma medica. Anno X. 1894. No. 238.
4) Central bl. f. Bakt. Bd. XVI. 1894. No. 7.
5) Kiforma medica. Anno X. 1894. No. 38.
6) Atmali d f Igiene sper. Vol. V. 1898. Heft 2. — Centralbl. f. Bakt. Bd. XIX.
1896. No. 14 — 15.
7) Loc. eit
8) K. Accad. di med. di Torino. Sod del 14. Die. 1894.
9) R. Accad. di med. di Torino. Sed. del 29. Nov. 1895 und 10. Genn. 1896.
10) Centralbl. f. Bakt. Bd. XIX. 1896. No. 8.
11) Centralbl. f. Bakt. Bd. XIX. 1896. No. 14 — 15.
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Ueber die Kultur von Amöben.
581
«r zu dem alten Heu- und Strohaufguß zurückgriff, dem er 1 Proz. mit
kohlensaurem Natron neutralisierten und sterilisierten Agar zusetzte.
Dies wären die hauptsächlichsten, von den verschiedenen Autoren
augewendeten Kulturmethoden, wenn wir von den Versuchen von
Auerbach 1 2 * 4 ), Leidy 5 ), Gruber*) absehen wollen, denen man
noch andere anreihen könnte, wie z. B. Kreide mit einer physiologischen
Kochsalzlösung getränkt, welche von Riva*) vorgescblagen wurde,
und auf welcher er die Entwickelung von Amöben und Trichomonaden
erhalten haben will.
§ 2. Eigene Untersuchungen.
Da wir einen geeigneten Nährboden für die Entwickelung der
Amöben suchten, haben wir zu diesem Zwecke flüssige und solide
Nährböden probiert, indem wir alle Stoffe berücksichtigten, welche
von den verschiedenen Autoren vorgeschlagen worden waren.
a) Flüssige Nährböden. In den Infusiouen von Heu und
Stroh ä la Kartulis, Vivaldi, Miller, in den Dekokten der
Faeces äla Cunningham, in dem Hanfinfus Ala Miller, in dem
nicht erstarrten und verdünuten Eiereiweiß ä la Monti etc., in allen
diesen entwickeln sich Amöben, daran ist gar nicht zu zweifeln.
Indessen, wie Celli und Fiocca 5 ) richtig bemerken, können
die Kulturen in diesen Infusionen in der Amöbologie nicht einmal
jenen geringen Wert haben, wie die Bouillonkulturen vor der Er-
findung der K o c h 'sehen Methode in der Bakteriologie haben konnten.
Der Grund davon ist ein doppelter. Der eine liegt in der schwierigen
Sterilisation des Mediums, der andere in dem Impfmaterial, welches
im allgemeinen unrein ist
Was die Sterilisation anlangt, so ist es eine auch von Celli und
Fiocca festgestellte Thatsache, daß ein Aufenthalt der Nährböden
in dem Ofen von einer Dauer von 15 Minuten nicht genügt, um diese
wirklich als sterilisiert ansehen zu können, selbst, wenn man die
Sterilisation öfter wiederholt.
In Bezug auf die Unreinheit des Impfmaterials besteht, wenigstens
bis heutzutage, kein Zweifel, daß es doch niemals gelingt, irgend-
welche Verunreinigung zu vermeiden 6 ) , welches auch das flüssige
Medium sein mag, das man zur Einimpfung von Material benutzt, und
mag es auch so rein als möglich sein. So kommt es, daß bei der
ersten Impfung in irgendwelchem Infus oder Dekokt es sehr selten
gelingt, nur eine gegebene Protozoenform sich entwickeln zu sehen,
und es kommt selten vor, daß man nicht zusammen mit dieser
Bakterien vorfände. Wir haben unter den verschiedenen Hunderten
1) ZeiUcbr. f. wiss. Zoologie. Bd. VII. 1856. p. 391.
2) lost. Water Rhizopods of North-America. 1879.
8) Zeitscbr f. wiss. Zoologie. Bd. XLI. 188Ö.
4) Lavori dei Congressi di medicina internet. IV. congresso tenuta a Roma
oel 1891.
ß) Loc. cit.
6) Miller behauptet, eine aseptische Methode zur Isolierung der von ihm
kultivierten Protozoen gefunden zu haben Da er jedoch bisher dieselbe nicht be-
schrieben hat, können wir an unserer hier ausgesprochenen Ansicht nichts Indern.
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582 O. Casagraudi uud P. Barbagallo,
von Impfungen, welche wir mit Material von der verschiedensten
Herkunft Vornahmen, nur ein einziges Mai die Amoeba spinosa
sich allein in reiner Kultur entwickeln sehen, und zwar in alkalisch
gemachter und lange Zeit hindurch sterilisierter Hanfbrühe. Im
übrigen haben wir Amöbeu und Ciliaten, Amöben und Flagellaten,
Amöben und Pilze, Amöben und Blastomyceten sich zusammen ent-
wickeln sehen. Wir wollten daun, nach diesen ersten Impfungen, die
Protozoenformen, welche sich entwickelt hatten, isolieren, indem wir
sie auf andere, reine , noch jungfräuliche Nährböden überimpften ;
allein es ist zwecklos, hier alle die von uns zu diesem Zwecke an-
gestellten Versuche zu schildern, Thatsache ist, daß bei der Mehr-
zahl der Fälle keine absolute Isolierung erreicht wurde.
ß) Feste Nährböden. Das Eiereiweiß nach B a 1 s a m o -
Crivelli und Maggi uud nach Mouti oder auch, wie wir es an-
gewendet haben, nach Schenk, leistet, wenn es ordentlich nach der
TyndaU’schen Methode sterilisiert, mit Pepton versetzt und durch
kohlensaures Natron alkalisch gemacht worden ist, für die Kultur
der Amoeba albuminis und manch anderer Amöben, welche in
dem umgebenden Medium leben, z. B. der Amoeba guttula,
der Amoeba arborescens, vortreffliche Dienste. In einzelnen
seltenen Fällen kann man damit auch Kulturen erhalten, welche von
anderen Amöben, nicht jedoch von Bakterien, frei sind. Später jedoch,
wenn das Material der Kultur älter wird, können trotz der vorher-
gegangenen Sterilisation andere Amöben auftreten, unter diesen selbst
die Auto amoeba albuminis.
Sehr mangelhaft erweisen sich auch alle Nährböden, welche mit
den obengenannten Infusionen als Basis hergestellt und mit Gelatine
oder Agar, von anderen ganz zu schweigen, fest gemacht worden
sind, denn diese enthalten oft selbst das Material zur Verunreinigung
der Kulturen , wie es im allgemeinen im Folgenden nachgewiesen
werden soll.
Was den von Perroncito 1 ) verwendeten Agar-Agar anlangt, so
hat er in Bezug auf die oben erwähnten Nährböden den großen Vorteil, daß
er nicht selbst, wenn er gut sterilisiert wurde, imstande ist, die
Nährböden mit anderen Protozoen zu verunreinigen. Andererseits
jedoch hat der Agar-Agar, so wie er gewöhnlich in der Bakteriologie
zur Verwendung gelangt, die unangenehme Eigenschaft, daß er ein
außerordentlich geeigneter Nährboden für die Eutwickelung der Bak-
terien ist, so daß es uns bis jetzt nicht gelingen wollte, in Agar eine
reine Amöbeukultur zu erzielen. Ja noch mehr, cs scheint sogar,
daß die Amöben in ihm einen sehr kurzen Lebcnscyklus haben, denn
sie encystieren sich sehr schnell, und die Cysten vermehren sich,
wenn sie in andere Nährböden versetzt werden , verhältnismäßig
schwierig.
Viel besser ist der Fucus crispus zu 5 Proz., wie ihn Celli
und Fioeca*) anwendeten. Es hat dieser Nährboden, wenn er ge-
hörig alkalisch gemacht worden ist, folgende Vorteile. Er läßt keine
1) Loc. dt.
2) Loc. dt.
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Ueber die Kaltar von Amöben.
583
starke Entwickelung von Bakterien zu und gestattet den Amöben,
ihren Lebenscyklus in einer viel länger dauernden; Zeitperiode zu
vollenden; er zeigt sich geeignet für das Ueberleben der Cysten der
Amöben und für ihre Entwickelung, und endlich ist es bei einiger
Geduld möglich, in demselben die Kultur einer einzigen Amöbe zu
erhalten, ohne daß mit der Zeit diese sich verunreinigte.
II. Ueber die Reaktion des Substrates und die Notwendigkeit
des Vorhandenseins organisierter Materie in demselben.
Nachdem wir nun bereits festgestellt haben, welches die besten
Nährböden für die Kultur der Amöben sind, wollen wir jetzt ver-
suchen, einige Thatsachen genauer festzustellen, welche sich auf das
Kulturmedium beziehen, in dem die Amöben leben sollen.
In Bezug hierauf müssen besonders zwei Verhältnisse in ge-
höriger Weise aufgeklärt werden, nämlich: Welches muß die Reaktion
des Kulturmediums sein, wenn es für die Entwickelung der Amöben
geeignet sein soll? Und ferner: Welche Beziehungen existieren
zwischen den Amöben und den verschiedenen Arten von Wesen,
welche sich in den Kulturen der Amöben selbst entwickeln?
§ 1. Reaktion des Kulturmediums.
Die Reaktion des für die Amöben bestimmten Kulturmediums
gehört nicht zu den am besten aufgeklärten Verhältnissen. Haben
wir doch gesehen, daß es richtig ist, daß sie im allgemeinen zu
ihrem Leben ein alkalinisches Medium nötig haben, und doch be-
finden sie sich recht häufig in einem Medium von neutraler, ja sogar
saurer Reaktion.
Betreffs dieses Punktes sind wir an der Hand zahlreicher Be-
obachtungen zu folgenden Resultaten gelangt:
1) Die Amöben, mögen sie nun als Parasiten auftreten oder
nicht, leben sehr gut in einem mäßig alkalischen Medium, indessen
können sie fast ganz gleich gut in einem solchen von neutraler
Reaktion leben.
2) Ein stark alkalisches oder saures Medium ist meistenteils
für die Entwickelung der Amöben wenig geeignet, weil sie leicht
darin absterben und degenerieren. Wir sagen „meistenteils“, denn
die Amöben können sich auch an derartige Nährböden anpassen.
Es ist in dieser Beziehung merkwürdig, wie ein saures Medium,
das alle oder einen großen Teil der Amöben tötet, welche in einem
alkalischen Medium leben, doch geeignet für die Entwickelung ganz
derselben Art von Amöben werden kann, wenn diese erst in einen
weniger alkalischen oder neutralen Nährboden versetzt wurden. Es
handelt sich in diesem Falle um die Erscheinung einer wirklichen
Anpassung , wie sie übrigens auch bei anderen Protozoen, welche
keine Amöben, sondern z. B. Ciliaten sind, beobachtet worden ist *).
Man beachte dabei, daß dies nicht nur bei nicht parasitischen,
sondern auch bei parasitischen Amöben vorkommt, z. B. bei der
1) Hafk Ine, Aon. de l’Institut Pasteur. 1890. p. 363.
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584
O. CasRgrandi und P. Har ha gallo,
Ämoeba coli. Diese letztere trafen wir lebend und sich bewegend
im diarrhöischen menschlichen Stuhlgang von saurer Reaktion,
ferner in einem Falle in gleichfalls saurem Rectuminhalte von einer
Katze, welche mit amöbenhaltigen, dysenterischen, alkalisch reagieren-
den Faeces geimpft worden war.
Wahrend also in Bezug auf die Reaktion des Kulturmediums
für die Amöben auf der einen Seite gilt, daß eine alkalische besser
ist, so ist es auf der anderen Seite nicht ausgeschlossen, daß diese
sich an Medien verschiedener Reaktion anpassen.
§ 2. Anwesenheit organisierter Bestandteile.
Bei den praktischen Versuchen, die Amöben in den mannig-
fachsten Nährböden zu kultivieren, ist es besonders ein Umstand,
welcher vor allen anderen die Aufmerksamkeit auf sich lenkt, näm-
lich die große Schwierigkeit, welche sich einer Trennung der Amöben
von den anderen Lebewesen, die sich mit ersteren zusammen in
denselben Nährböden entwickeln, entgegenstellen. Es scheint diese
Erscheinung auf einige Beobachter einen derartigen Eindruck ge-
macht zu haben, daß sie (wenigstens in -einigen Fällen) zu der Ver-
mutung gelangten, für die Entwickelung der Amöbeu sei in Kultur-
boden die Anwesenheit besonderer organisierter Körper notwendig.
Wir teilen hier mit, zu welchen Schlüssen wir in betreff der
Beziehungen zwischen Amöben und anderen Protozoen , zwischen
Amöben und Bakterien, zwischen Amöben und Hyphomyceten, zwischen
Amöben und Blastoinyceten gelangt sind.
o) Die Protozoen in den Amöbenkulturen. Von
Protozoen, welche sich in den Kulturen der Amöben entwickeln,
kommen Flagellaten und Ciliaten vor. Sie stammen natürlich von
Keimen her, welche zufällig in die Nährböden gelangt sind, oder
zusammen mit dem Materiale, welches die Amöben enthielt, einge-
impft wurden. Das Leben dieser Protozoen ist von dem der Amöben
vollkommen unabhängig. In einigen Nährböden, z. B. indemFucus
crispus von Celli und F io c c a entwickeln sie sich eine gewisse Zeit
lang mehr oder weniger üppig, allmählich aber verschwinden sie
dann. In anderen Nährböden dagegen, z. B. in den Infusionen,
zeigen sie eine außerordentlich üppige Entwickelung und sind im-
stande, nicht vorher zu verschwinden, als bis die Amöben ihren Ent-
wickelungscyklus vollendet haben.
Davon indessen abgesehen, haben wir niemals, wenn Amöben
und andere Protozoen zusammen in den verschiedenen Nährböden
vorkamen, irgendwelche Beziehungen der einen zu den anderen wahr-
genommen. Weder verschlingen die Protozoen die Amöben, noch die
Amöben die Protozoen, wie klein auch die einen den anderen gegen-
über sein mögen und umgekehrt, während es doch bekannt ist, daß
die parasitischen Amöben (Amoeba coli) Trichomonaden und lebende
Megastomen verschlingen können.
Wir wollen indessen hiermit durchaus nicht den Amöben der
Kulturen die Eigenschaft absprechen, es unter anderen Bedingungen
ebenso zu machen.
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Ueber die Kultur von Amöben.
585
ß) Die Bakterien in den Aniöbenkulturen. Man
kann wohl sagen, daß es unmöglich ist, eine Amöbenkultur zu
haben, ohne daß man zu gleicher Zeit sich Bakterien darin entwickeln
sieht. Auch diese leiten ihren Ursprung her von solchen, welche
zufällig in den Nährboden gelangt sind, oder zugleich mit dem Impf-
material, von dem man weiß, daß es niemals rein ist, eingeimpft
wurdeu. Soweit es uns scheint, ist auch das Leben der Bakterien,
gleicherweise wie bei den Protozoen, vollkommen von den Amöben
unabhängig, da sie, gleichgiltig, ob letztere vorhanden sind oder
nicht, in dem Nährboden wachsen und sich vermehren. In betreff
der Beziehungen der Amöben zu den Bakterien ist es jedoch eine
sichergestellte Thatsache, daß die ersteren mit großer Leichtigkeit
die letzteren verschlingen, wenn sie ihuen begegnen. Und dies gilt
sowohl für die nicht parasitären Amöben, welche sich in Nährböden
zusammen mit den Bakterien entwickeln, als es auch tür die para-
sitären Amöben (Amoeba coli) in jenem Nährboden, welchen der
menschliche Darm bildet, zutritft.
Dieser Zusammenhang zwischen Amöben und Bakterien hat nun
einige Forscher, sagen wir beinahe, dazu veranlaßt, eine Amöben-
Bakterien-Symbiose in den Kulturen und im Darme anzunehmen.
Wir können indessen vom Standpunkte einer Amöben-Bakterien-
Symbiose, welcher Art sie auch sein mag, den Bakterien keinerlei
Bedeutung beimessen, und zwar deshalb, weil einerseits in den Kul-
turen die Amöben vollkommen unabhängig von den Bakterien leben,
ja sogar im entsprechend alkalisch gemachten Fucus crispus
zu 5 Proz. sich von ihnen trennen lassen und eine Vermehrung und
Vollendung ihres Lebenscyklus genau so zeigen, als wenn die Bak-
terien vorhanden wären, und weil andererseits kein Zweifel mehr
darüber obwaltet, daß die Amoeba coli im Darme keine besondere
Alteration hervorruft, sondern dort lediglich als Commensale lebt,
d. b. sich also in keiner Weise an der Hervorrufung katarrhalischer
oder anderer Erscheinungen beteiligt, welche statt dessen von den
Bakterien herbeigeführt werden. Im Gegenteile, die Amoeba coli
frißt auch hier die Bakterien, genau so, wie sie es in den Kulturen
macht, aber es ist ganz klar, daß sie diese Art der Nahrung nicht
nötig hat, wie daraus hervorgeht, daß sie im sterilisierten und also
bakterienlosen Eiter der Leber lebt und gedeiht, was häufig genug
konstatiert worden ist.
y ) Die Pilze in den Amöbenkulturen. Daß die Hypho-
myceten in den Kulturen der Amöben keine Bedeutung haben, ist
zu augenscheinlich, als daß es sich lohnte, darüber zu diskutieren.
Es ist leicht verständlich, daß sie für ihre Entwickelung einen ge-
eigneten Boden finden, und wenn hier und da ein Pilzelement von
einer Amöbe verschluckt wird, so ist dieses nicht als eine aus-
wählende pbagocytäre Handlung seitens der Amöben aufzufussen,
sondern lediglich der Gefräßigkeit dieser letzteren zuzuschreiben,
welche sie bei jeder sich ihnen darbietenden Gelegenheit bethätigen.
<f) Die Blastomy ceten in den Amöben-Kulturen.
Auch für die Blastomyceten würden wir ohne weiteres zu dem näm-
lichen Schlüsse gelangt seiu, wenn nicht einige Beobachter großes
586
O. Cti&grandi und P. ßurbag&llo,
Gewicht auf das Vorhandensein von Fermenten io den Nährböden,
in denen eine bestimmte Amöbenform kultiviert werden soll, gelegt
hätten (Beyerinck, Gorini 1 ).
Wir möchten darauf hinweisen, daß, wenn die Anwesenheit
irgend einer beliebigen Form von Saccharomyces in einer Amöben-
Kultur beobachtet wurde, und es für manchen Beobachter unmöglich
war, eine Trennung beider zu bewerkstelligen, oder wenn beobachtet
wurde, daß die Anwesenheit des Saccharomyces die Entwickelung
der Amöben zu begünstigen schien, dieses von größerer Bedeutung
zu sein scheint als es in Wirklichkeit ist. Nach weiteren, zweck-
entsprechenden, sorgfältigen Uebertragungen gelingt es nämlich mit
etwas Geduld und in allerdings nicht gerade kurzer Zeit, reine Kul-
turen der Amöben zu erhalten.
Wir kommen also zu dem Schlüsse, daß die Beziehungen, welche
zwischen den Amöben und den verschiedenen Lebewesen, mit denen
zusammen sie in den Kulturen oft ein gemeinsames Leben führen,
bestehen, nicht so enge sind, wie es nach einigen Beobachtungen
gewisser Autoren den Anschein haben könnte.
Alle diese Wesen müssen als wirkliche und eigentliche Verun-
reinigungen der Kulturen angesehen werden , gegen welche die
Amöben ihre makrophagocytären Eigenschaften bethätigen, aber nicht
mehr und nicht weniger, wie jedem anderen, ganz beliebigen Detritus
gegenüber.
UI. Knltivierbare und nicht kultTvierbare Amöben.
Bei Anwendung der verschiedenen Kulturmethoden, welche wir
oben besprochen haben, konnten wir die Entwickelung zahlreicher
Amöben beobachten. Es waren dies folgende:
1) Durch Impfungen mit Faeces von gesunden Individuen, diar-
rhöischen oder dysenterischen Stuhlgängen, mochten sie nun allein
dieAmoeba coli enthalten oder nicht, haben wir in einer ziemlich
großen Anzahl von Fällen eine Entwickelung der Amoeba spinös a,
verschiedene Male von der Amoeba guttula, in selteneren Fällen
von einer Amöbe erhalten, welche alle Eigenschaften der von Kar-
tulis irrtümlich als Amoeba coli beschriebenen Stroh- und Heu-
amöbe besaß. Ein einziges Mal erhielten wir die Amoeba oblonga,
die Amoeba viridis (sp. nova ?) und die Amoeba foliata
(sp. nova?).
2) Durch Einimpfung von Blatta- Exkrementen, welche die
Amoeba blattarum (ßütschli) enthielten, bekamen wir die
Entwickelung einer Amöbe, welche der Stroh- und Heuamöbe ähn-
ich war.
3) Eine Einimpfung schlammigen Wassers ergab die Entwicke-
lung der Amoeba guttula, Amoeba nudosa, Amoeba
diffluens, Amoeba arborescens, Amoeba gracils
Amoeba spinosa, Amoeba oblonga.
4) Nach Einimpfung mit feuchter Erde von ungesunden Lokali-
1) Cenlralbl. f. Bukt., Bd. XIX. 1896 No. 90.
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l’eber die Kultur von Amöben.
587
täten entwickelten sich die Amoeba guttula, Amoeba spinosa
und Amoeba arborescens
5} Nach Einimpfung von Bierhefen auf Gypsblöckchen erhielten
wir Kulturen von der Amoeba guttula und der Amoeba spi-
nosa.
Diese Ergebnisse führen uns zu dem wichtigen Schlüsse, daß
es in der That eine Anzahl von Nährböden giebt, in denen man die
Amöben, welche ein freies Leben führen, züchten kann. Es gelingt
dies aber nicht mit denjenigen Amöben, welche eine parasitäre
Lebensweise führen und den Faeces der Individuen, in denen sie
hospitieren, entnommen werden oder auch mit denjenigen, welche
folgende beiden, den niedrigeren schmarotzenden Protozoen gemein-
samen Eigenschaften besitzen:
1) Mangel einer kontraktilen Vakuole (wie bei allen niedrigeren
parasitären Protozoen);
2) Vorkommen einer mehrkernigen Cyste.
Diese Eigenschaften fehlen den Amöben, welche in den oben-
genannten Nährböden kultiviert werden können, auch wenn sie mit
Faeces eingeimpft werden, welche die Amoeba coli enthalten, und
obwohl vielleicht einige von ihnen, wie z. B. die von Celli und
Fiocca isolierte Nilamöbe und manche andere von uns isolierte,
mit dieser eine Aehnlichkeit besitzen können.
Wir wollen uns nicht weiter auf die Amöben, welche Kartulis
und Vivaldi in den Dekokten von Stroh und Heu kultivierten, ein-
lassen, ist es ja doch jetzt allbekannt, daß sie mit der Amoeba
coli nichts weiter gemeinsam haben als den Genusnamen: Amoeba.
Kruse und Pasquale, welche die Kulturen von Kartulis nach-
machten, konnten sich davon überzeugen, daß die vermeintliche
Amoeba coli von Kartulis nichts weiter ist als die Strohamöbe,
und dieses Resultat entspricht vollkommen der Wirklichkeit. Es
wäre daher nur logisch, wenn man nicht weiter auf diesen Kulturen
in dem Dekokte von Heu und Stroh bestehen wollte, und wenn
sich alle davon überzeugten , daß in diesem sich alle möglichen
Amöben entwickeln, nur nicht die eine ohne kontraktile Vakuole und
mit mehrkerniger Cyste, nämlich die Amoeba coli.
In ganz ähnlicher Weise tritt in den Kulturen von Piccardi,
welche von uns nacbgemacht wurden, in der That nicht eine Ent-
wickelung von Amoeba coli ein. Im übrigen sagt dieser Autor
am Schlüsse seiner Arbeit selbst, daß es noch nötig wäre, in den
Amöbenkulturen festzustellen, welche vou diesen Protozoen nur un-
schädliche Gäste des Menscheu seien, und welche imstande wären,
krankhafte Veränderungen hervorzurufen, d. h. also, es wird implicite
zugegeben, daß der Autor nicht imstande gewesen ist, sich darüber
Aufklärung zu verschaffen, ob und welche Amöben sich entwickelt
hatten.
Wir wollen ferner darüber hinweggehen, mit welcher Leicht-
fertigkeit einige Autoren Amöben, welche gar nichts mit der Amoeba
coli zu thun haben, mit dieser dennoch identihzirt haben, obgleich
auch nicht die geringste Aehnlichkeit in Bezug auf die Eigenschaften
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588 o. Cft»agr*ndi u. P. Barb&g&lio, Ueber die Kultur von Amöben.
zwischen beiden bestand. Wir erwähnen hierzu nur die Amoeba
zymophila von Beyerinck, welche der Autor für möglicherweise
identisch mit Amoeba coli hält, ferner die sog. Amoeba coli
von Schardinger. Wir wollen darüber keine Worte verlieren, es
genügt, die Beschreibung der Amoeba zymophila von Beyerinck
zu lesen, Beine Figur zu betrachten, um einzusehen, daß zwischen
ihr und der Amoeba coli überhaupt gar keine Beziehung besteht.
Es genügt ebenso bei Schardinger zu lesen, daß seine Amoeba
coli nichts weniger als eine polygonale. Cyste hat, um zu begreifen,
daß dieser Autor die erste beste Amöbe, welche ihm unter die Augen
kam, für eine Amoeba coli genommen hat.
Daß alle diese Amöben, welche sich in den Kulturböden ent-
wickeln, wirklich an ein freies Leben gewöhnte und nicht parasitäre
Amöben sind, geht daraus hervor, daß es nicht möglich ist, sie nach
Einführung in das vorher für das Gedeihen der Amoeba coli vor-
bereitete Rectum einer Katze in den Faeces von mehr als 1, 2, 3 Tagen
im beweglichen Zustande anzutreffen; und daß ferner, wenn man den-
selben Tieren unter denselben Bedingungen die betreffenden Cysten-
formen eingiebt, die Amöben, selbst wenn sie sich entwickeln, sich
nicht für längere Zeit beweglich erhalten.
Ganz gleiche Versuche wurden von Fiori 1 ) mit gesunden und
an Enteritis erkrankten Menschen ausgeführt und brachten die gleichen
Resultate. Er beobachtete in der That, wie die verschiedenen Amöben,
welche von Celli und Fiocca isoliert und kultiviert wurden, wenn
sie im Cysteuzustande gesunden Individuen eingegeben wurden, deren
Darmkanal passierten, ohne sich zu entwickeln. Wurden sie dagegen
in gleicher Weise einem an Enteritis erkrankten Individuum ein-
gegeben, so zeigten sie sich in den Faeces alle zusammen, mit In-
begriff der aus dem Nilwasser isolierten und der A. coli gleichenden
Form, nur kurze Zeit lang beweglich. Die letztere erschien in der
That 2 — 7 Tage hindurch in den Faeces beweglich und erreichte in
diesem Zustande im günstigsten Falle den 18. Tag.
Die Amoeba coli, im Gegensätze dazu, entwickelt sich, wenn
sie im Cystenstadiura vom Menschen verschluckt wird , wie es
Calandruccio 1 ) gethau hat, zusammen mit Faeces im Darme und
erhält sich dort, und wenn sie sich dort in Fällen von gewöhnlicher
Enteritis fiudet, bleibt sie in den Faeces beweglich und zwar solange,
bis dieselben breiig werden.
Untersucht man aber das Schicksal der Amoeba coli in dea
Kulturen, indem man sich dabei des hängenden Tropfens bedient, so
sieht man, daß sie sich ganz und gar nicht entwickelt
Man beobachtet in der That, daß die nicht encystierten Amöben
sich bald abrunden und nach 8 — 10 Stunden (selten später) zerfallen,
und daß die encystierten Amöben, wenn sie nur einen Kern besitzen,
degenerieren, ihren Inhalt nach Zerreißung der Cyste austreten lassen
und zerstreuen, ohne dabei irgendwelcher Amöbe den Urspruug zu
1) Anusli d'Igiene sperim. Korn». Vol. VI. 1896. p. 46?.
t) Atti Acc. Gioenis sc. um. Cstsni«. Serie IV. Vol. II. 1889 — 90.
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Sigismund Robertson, Ueber Objektträger- und Deckglashalter 589
geben. Sind die Cysten vielkernig, so blähen sie sich allmählich auf
und nehmen oft geradezu ungeheure Dimensionen an; dann platzt
die Cyste und aus ihr fließt der Inhalt ebenfalls heraus, ohne irgend
eine Amöbe entstehen zu lassen.
Indessen kann man hier die Frage aufwerfen: Entwickelt sich
nur die Amoeba coli nicht in den Kulturen, oder gilt dies auch
für andere aus den Faeces gewonnene parasitische Amöben?
Um auf diese Frage eine Antwort zu geben, impften wir in die-
selben Nährböden auch Exkremente von Dlatta, welche die Amoeba
blattarum (Bütschli) im encystierten und nicht encystierten
Zustande enthielten. Wir wählten diese Amöbe, weil sie wegen ihrer
ungeheuren Größen Verhältnisse und genau bestimmten Eigenschaften,
falls sie sich kultivieren lassen sollte, mit außerordentlicher Leichtig-
keit und Sicherheit würde nachweisen lassen.
Wir haben jedoch beobachtet, daß diese Amöbe dasselbe Schicksal
erleidet, als die Amoeba coli, indem die nicht encystierten Formen
sich bald abrunden und zerfallen, die encystierten in diesem Zustande
in dem Kulturmaterial verharren , bis sie degenerieren , bersten und
verschwinden.
Wir können also zum Schlüsse sagen, daß es sicher ist, daß die
parasitischen Amöben, welche aus den Faeces gewonnen werden, sich
in den Kulturen nicht entwickeln; wohl aber entwickeln sich im
Gegensätze dazu in ihnen die Amöben, welche gewöhnlich ein freies
Leben führen, mit einer kontraktilen Vakuole versehen sind und viel-
kernige Cysten bilden.
Nachdruck verboten.
Ueber Objektträger- und Deckglashalter.
[Aus dem hygienischen Institut von Prof. Hueppe der deutschen
Universität in Prag.]
Von
Sigismund Robertson,
Assistenten des Institutes
Mit 2 Figuren.
I. Ueber einen neuen Objektträgerhalter.
Außer dem Abel’schen Objektträgerhalter (Centralb). f. Bakt.
1895. p. 782) hatte man in der bakteriologischen und mikroskopischen
Technik keine geeignete Vorrichtung zum Halten von Objektträgern
und Manipulieren mit denselben.
Man half sich mit gewöhnlichen Stahlpincetten aus, die nur ein
sehr unsicheres und unsauberes Handhaben gestatteten. Die Mängel
einer derartigen Manipulation erwiesen sich am deutlichsten bei Er-
wärmen von Objektträgerpräparaten mit Farblösungen, wie es z. B.
bei der Färbung auf Tuberkelbacillen der Fall ist, bei der man häufig
der größeren Oberfläche halber den Objektträgern vor den Deckgläschen
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590
Sigismund Robertson,
den Vorzug giebt. Diese Lösungen müssen beliebig lange erwärmt
werden können, der verdunstende Teil muß leicht ersetzt werden
können, um die Bildung festhaftender Farbringe zu verhindern, die
Lösung darf nicht abtropfen, um ein sauberes Arbeiten zu ermög-
lichen. Der Halter muß den Objektträger ganz plan einstellen und
leicht, aber sicher bewegen lassen, damit während der Behandlung
mit verschiedenen Reagentien der Objektträger seine ursprüngliche
Lage nicht verändert. Der Halter muß auch ein ruhiges und nicht
fortwährend zu beobachtendes Erwärmen gestatten.
Mit Berücksichtigung aller dieser Faktoren habe ich einen ent-
sprechenden Halter konstruiert, der einerseits sich in der Hand be-
quem und leicht halten läßt, andererseits auf ein beliebiges Stativ
faingelegt und ohne weiteres erwärmt werden kann.
Der Halter besteht im wesentlichen aus einer pincetteartigeo
Zange, deren gabelförmige Vorderenden, behufs Erzielung eines ge-
raden Sitzes und sicheren Haltens des Objektträgers an ihrer Innen-
seite, mit in der Längsrichtung verlaufenden Vertiefungen oder
Nuten versehen sind, während die Zangenschenkel von einem Führungs-
Stück umgeben sind, um das Oeffnen und Schließen derselben in stets
gleicher Ebene zu ermöglichen. Der Halter ist aus einem Stücke
konstruiert, die Federkraft wird durch eine spiralförmige Biegung
erzeugt. Sowohl an den Längsseiten der Schenkel, als auch an der
hinteren Biegungsstelle der letzteren sind Vorsprünge in Form
scheibenförmiger Platten von gleichem Durchmesser angebracht,
welche als Auflagepunkte dienen und den Halter samt dem gefaßten
Objektträger stets in gleicher Entfernung von der Fläche des Arbeits-
tisches, sowie auch in paralleler Lage mit demselben erhalten und
hierdurch das Arbeiten wesentlich erleichtern. Dabei ist es ganz gleich-
giltig, mit welcher Seite der Halter auf dem Arbeitstische aufliegt,
denn das angestrebte Resultat tritt auf jeden Fall ein. Die scheiben-
förmige Platte, die an der Feder selbst angebracht ist, kann als
Basis für den vertikalen Stand des Halters in seiner ganzen Längs-
richtung dienen und somit ein Abtropfen des Wassers vor dem
Trocknen der Präparate bewerkstelligen.
Der Halter wird aus Metalldraht vernickelt oder versilbert her-
gestellt und ist für Objektträger verschiedener Dimensionen anzuwenden.
Der Halter wird von der Firma Franz Hugershoff, Leipzig,
physikalisch-chemisches Institut, in tadelloser Ausführung für den
Preis von 2,75 M. geliefert; das Muster ist geschützt (D. R. G.-.M.
No. 71072).
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Ueber Objektträger- und Deckgljuhalter.
591
II. Ueber einen verbesserten Deckglashalter.
Die bis jetzt im Gebrauche befindlichen Deckglaspincetten nach
dornet sind bereits in verschiedenen Modifikationen erschienen. Je
nach der Ausführung sind dieselben jedoch noch mit einigen Mängeln
behaftet, die sich bei genauer und sauberer Ausführung der Deck-
glaspräparate recht fühlbar machen können. Hauptsächlich bei kom-
plizierten bakteriologischen Färbemethoden, wie die Geißel- oder Sporen-
farbung, muß der ; Deckglashalter allen durch diese Manipulation
geforderten Bedingungen entsprechen. Das Deckgläschen muß einen
absolut unbeweglichen und dem Arbeitstische parallelen Sitz haben,
darf durch die Pincettenarme nicht zu stark gepreßt werden, denn
dadurch entsteht das Absplittern bezl. Brechen derselben, darf bei
den mannigfaltigen Bewegungen mit der Pincette, Erwärmen, Ein-
tauchen in verschiedene Reagentien, Abspülen mit Wasser, etc., seine
Lage absolut nicht verändern, geschweige herausfallen; den über-
einander sich kreuzenden Armen darf keine horizontale Verrückung
gestattet sein.
In Anbetracht dessen habe ich eine Pincette konstruirt, die ge-
eignet erscheint, die vorher erwähnten Uebelstäude zu beseitigen.
Als Basis dient die übliche Form der Cornet’schen Halter, be-
steht also im wesentlichen aus einer gekreuzten Pincette, deren einer
Schenkel aber am Ende schwalbenschwanzförmige Hörner besitzt, die
in ihrer Innenseite mit Längsvertiefungen versehen sind, um bei
rechtwinkligen Deckgläsern einen geraden, festen Sitz und einen
rechtwinkligen Angriff zu erzielen. Von den beiden sich kreuzenden
Schenkeln, die sich mittelst Einschnitten behufs Führung gegenseitig
übergreifen, besitzt der untere eine besonders breite Auflagefläche,
mit welcher das Instrument auf den Arbeitstisch gelegt und das ge-
faßte Deckglas mit letzterem stets in paralleler Lage erhalten wird.
Zwischen den Hörnern befindet sich eine ebene Fläche, auf welcher
die Ecke des Deckglases zu liegen kommt und von dem anderen Ende
des anderen Schenkels erfaßt wird. Das Deckglas erhält also, wie
erwähnt, einen sehr sicheren Sitz und wird behufs Erleichterung des
Arbeitens, infolge des rechtwinkligen Angriffs der Hörner stets in der
ihm erteilten Lage erhalten. Beim Einstellen des Deckglases legt
man es zuerst auf die oben erwähnte ebene Fläche, läßt es von dem
oberen Schenkel festhalten und schiebt es zwischen die Hörner hinein.
Bei diesem Handhaben findet ein Brechen der Gläser nie statt.
Das Instrument wird gleichfalls bei der Firma Franz Hugers-
hoff, Leipzig, in tadelloser Ausführung hergestellt, für den Preis
von 1,65 M., das Muster ist geschützt (D. R. G.-M. 71076).
Ende März 1897.
592
Rudolf Kraus,
Xachdnuk verboten.
Ueber Antikörper in der Milch.
[Aus dem staatl. Institute für Herstellung von Diphtberieheilserum
in Wien. Leiter: Prof. R. Paltauf.]
Von
Dr. Rudolf Kraus,
Assistenten am Institute.
P. Ehrlich hat in seiner Arbeit (1) über Immunität durch Ver-
erbung und Saugung nachgewieseu, daß die Antitoxine des Ricin,
Abrin und der Tetanusbacilleu durch die Milchdrüse immunisierter
Tiere ausgeschieden werden. Außerdem konnte Ehrlich mit der
Milch säugender Mäuse, welche mit abgeschwächten Schweinerotlauf-
bacillcn immunisiert waren, Junge immunisieren. Ehrlich bemerkt
allerdings, daß in diesem Falle möglicherweise nicht die Antitoxine
durch die Milch ausgesebieden werden, sondern das immunisierende
Agens. Den Beweis für die Ausscheidung der oben angeiübrten Anti-
toxine durch die Milchdrüse erbrachte Ehrlich dadurch, daß von
normalen Eltern abstammende Junge, welche von immunisierten
Müttern gesäugt wurden, passiv immunisiert werden und daß die Milch
imstande ist, analog dem Serum der gegen Ricin, Abrin und Tetanus
immunisierten Tiere die Giftwirkung aufzuheben.
Die weiteren Arbeiten von Brieger und Ehrlich (2), Brieger
und Cohn (3) Ehrlich und Wassermann (4) beschäftigen sich
neben theoretischen Fragen mit der chemischen Darstellung der
Diphtherie und Tetanusantitoxine und stellen die Milch als eine
möglicherweise ergiebige Quelle für die Gewinnung dieser Anti-
toxine hin.
Hierbei bestimmte Ehrlich, daß der Gebalt an Antitoxinen in
der Milch zu dem im Blute bei immunisierten Tieren im Verhältnis
von 1:15, 1:20, 1:30 steht.
Bezüglich des Vorkommens der Antikörper gewisser Bacillen in
der Milch immunisierter Tiere ist bisher keine Angabe bekannt ge-
wesen. Nach den Arbeiten von Ehrlich war es von vorn herein
wahrscheinlich, daß auch die Antikörper sowie die Antitoxine durch
die Milchdrüse ausgeschieden werden.
Um die Antikörper der Typhusbacillen, der Choleravibrionen und
des Bacterium coli in der Milch nachzuweisen, habe ich Versuche
an immunisierten Ziegen angestellt und über erstere bereits kurz in
die Sitzung der K. K. Gesellschaft der Aerzte vom 4. Dezember 1896
berichtet '). Das Vorhandensein dieser Antikörper in der Milch wurde
1) Achard (5) batte am 31. Juli in der Societi des hßpitaux eine Mitteilung gemacht,
daß er bei einer am Typhus erkrankten Wöchnerin mit der Milch Agglutination be-
kommen hat, die Milch von 6 anderen Wöchnerinnen gab ein negatives Resultat.
Diese Angabe habe ich erst nach meiner Demonstration erfahren.
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lieber Antikörper in der Milch.
593
mit denselben Methoden konstatiert, wie sie fürs Serum angegeben
worden sind. Es wurde mit der Milch der Versuch im Peritoneum
der Meerschweinchen nach Pfeiffer gemacht, es wurde das Agglu-
tinationsvermögen nach Gr über im hohlen Objektträger und in vitro
geprüft.
Mit der Milch der mit Typhusbacillen seit 6 Monaten immu-
nisierten Ziege konnte schon bei Zusatz von 0,002 g (kein Grenzwert)
zu der einfach letalen Dosis von Typhusbacillen im Peritoneum des
Meerschweinchens das Phänomen des körnigen Zerfalles und die Auf-
lösung der Typhusbacillen erzeugt werden. Die Milch besitzt ferner
ein dem Blutserum analoges Agglutinationsvermögcn. Dasselbe wurde
sowohl im hohlen Objektträger als auch in der Eprouvette geprüft,
ln der Eprouvette wurde das typische Bild durch den Keimgehalt der
Milch insofern gestört, als derselbe bei der Bruttemperatur eine leichte
diffuse Trübung zur Folge hatte und eine nur teilweise Agglutination
Vortäuschen konnte.
Durch diskontinuierliches Sterilisieren der Milch bei 60° gelang
es, dieselbe soweit zu sterilisiereu, daß die Reaktion ebenso typisch
und klar ausfiel, wie mit dem Blutserum. Die Bestimmung des Ag-
glutinationsvermögens der Milch ergab folgende Werte: Die ver-
gleichende Bestimmung des Blutserums dieser Ziege ergab einen Wert
von 0,0003 ccm, die Milch wirkte in Verdünnungen von 0,0016 ccm.
Diese Differenz in den Werten im Blute und in der Milch dürfte darin
ihre Erklärung finden, daß die Ziege sehr wenig Milch gab, daher
die Antikörper weniger verdünnt wurden, als es bei der gewöhnlichen
Sekretion der Fall ist Dieselben Resultate konnten wir mit der Milch
der mit Coli und Choleraleibern immunisierten Ziegen erhalten.
Die Choleraziege, welche seit 4 Monaten immunisiert wird, hatte
ein Serum, welches in Verdünnungen von 0,003 ccm wirksam war, die
Milch hatte einen Agglutinationswert von 0,03 ccm. Dieses Verhältnis
1:10 zwischen Blut und Milch werten dürfte dem von Ehrlich und
Wassermann für die Antitoxine aufgestellten sich nähern. Da die
Milchsekretion dieser Ziege eine der Norm entsprechende ist, ist es
auch wahrscheinlich, daß die Ausscheidung der Antikörper durch die
Milchdrüse eine analoge ist, wie die der Antitoxine.
Litterstur.
1) P. Ehr lieh, Zeitschrift für Hyg. Bd. XII.
2) Brieger und Ehrlich, Zeitschrift für Hyg. Bd. XIII.
3) Brieger und Cohn, Zeitschrift für Hyg. Bd. XV.
t) Ehrlich ond Wassermann, Zeitschrift für Hyg. Bd. XVIII
fi) Acbard und Beussode. Societc raedicale des hSpiuux. Ref La Semain«
mcd. 1898.
Ente SM. XXI. Be.
38
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594 Original-Referate aus bakteriologischen und parasitologUchen Instituten etc.
Original-Referate aus bakteriologischen und parastto-
logischen Instituten, Laboratorien etc.
Nachdruck verboten.
Institut für Infektionskrankheiten in Berlin.
Weitere Untersuchungen über Schweineseuchen 1 ).
Von
0. Voges
in
Berlin.
Durch die Untersuchungen Behring’s, Pfeiffer’s, Ehr-
lich ’s u. s. w. wissen wir, daß die nach dem Ueberstehen bestimmter
Infektionskrankheiten bedingte Immunität dadurch im Körper des
Genesenen zustande kommt, daß in den Gewebsflüssigkeiten der
immunisierten Individuen Stoffe, sogenannte „Schutzstoffe“ auftreten,
die, vor dem Ueberstehen der Krankheit nicht vorhanden, später das
Individuum vor jeder neuen Attaque ein und desselben schädigenden
Agens mit bestem Erfolge zu schützen imstande sind. Ja diese
Schutzkörper verleihen nicht bloß dem einen immunisierten Wesen
diese Widerstandsfähigkeit — Immunität — , sondern sie machen, mit
dem Blutserum dieses Individuums auf jedes neue an sich empfäng-
liche zweite Individuum übertragen, auch dieses gegen eine nach-
folgende Infektion immun. Das heißt also mit anderen Worten:
„W 7 ir müssen in den im Blute und anderen Flüssigkeiten des mensch-
lichen oder tierischen Körpers aufgespeicherten Schutzstoffen das bei
dem Zustandekommen der Immunität wirksame Prinzip annehmen.
Es ist dabei vor der Hand für unseren Zweck völlig gleichgiltig, in
welcher Weise diese Schutzsera wirken , ob etwa bakteriengiftzer-
störend, d. h. also antitoxisch (Behring, Ehrlich u. A.), oder
Bakterienleiber vernichtend, bactericide (Pfeiffer, Kolle u. A.).
Man hat versucht, diesen Vorgang — das Entstehen der Immu-
nität — künstlich nachzumachen, und in der That ist das auch mit
den verschiedenen dazu ersonnenen Methoden bei den verschiedensten
Infektionskrankheiten gelungen, ja dort, wo das Experiment gelang,
hat man sogar mit besserem Erfolge gearbeitet wie die Natur, d. b.
also wir können die Bildung und Anhäufung der Blutschutzstoffe in
wirksamster Weise erzeugen. Ich hatte mich nun während einer
mehrjährigen Arbeitszeit bemüht, das Problem zu lösen, auch für die
Bakterien der hämorrhagischen Septikämie eine Immunität zu er-
zeugen. Das Resultat dieser im größten Maßstabe durchgeführten
Versuche habe ich jüngst in Bd. XXIII der Zeitschrift für Hygiene
und Infektionskrankheiten in meiner größeren Publikation : „Kritische
Studien und experimentelle Untersuchungen über die Bakterien der
hämorrhagischen Septikämie und verwandter Arten“ niedergelegt.
Ein Originalreferat ist von mir auch in dieser Zeitschrift erschienen.
X) Berliner tieriritliche Wochenschrift. 1897. No. 15 n. 16.
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Original-Referate ans bakteriologischen und parasitologischen Instituten etc. 595
Ich batte den Nachweis geführt, daß es mit den seither gebräuch-
lichen Methoden nicht gelingt, eine solche als spezifisch anzusehende
Immunität gegen diese Bakterien zu erzielen.
Diese Versuche konnten damals aus äußeren Gründen an Schweinen
selbst nicht ausgeführt werden , es war daher immer noch der Ein-
wand möglich, daß bei dieser Tiergattung wesentlich andere Verhält-
nisse Platz greifen, zumal in der Litteratur bekannt geworden ist,
daß diese Tiere beispielsweise gegen Hogcholera in Amerika mit Erfolg
gefestigt worden sein sollen. Ich habe nun versucht, diese letzte
Lücke wenigstens teilweise zu ergänzen.
Im Institut brach unter den zu anderen Zwecken benutzten
Schweinen eine Seuche aus, die, von außerhalb eingeschleppt, nach
und nach sämtliche Tiere des Bestandes befiel. Wie die Obduktion
der gefallenen Tiere zeigte, handelte es sich um eine Epidemie, die
durch den Schweineseuchenbacillus hervorgerufen war. Die Virulenz
desselben für Schweine war eine mäßige. Ich konnte dabei persön-
lich die schon anderweitig gemachten Beobachtungen bestätigen, daß
das unbewegliche Bakterium sich nicht bloß in deu Lungen festsetzt,
sondern auch im Darm die schon in meiner früheren Arbeit erwähnten
Veränderungen hervorruft. Der pathologisch-anatomische Befund giebt
somit nicht absolute Sicherheit Uber die Art der Infektion. Die Art
der Verteilung der Bakterien betreffend, konnte ich feststellen, daß
in mehreren Fällen im Blute der gefallenen Tiere überhaupt keine
Bakterien vorkamen. Es mag dabei unentschieden bleiben, ob sie
aus demselben bereits verschwunden waren, oder ob es während der
ganzen Krankheitsdauer nur zur lokalen Bakterienansiedelung ge-
kommen war. Ich stelle nur die Thatsache fest, daß nicht in jedem
Falle eine Septikämie da zu sein braucht und dieses wird besonders
dann nicht der Fall sein, wenn, wie ja auch in unserem Falle, die
Bakterien sich nur einer mäßigen Virulenz erfreuen, die den natür-
lichen Widerstandskräften des Blutes nicht Stand halten können.
Diese Widerstandsfähigkeit des Organismus, welche ich in meiner
früheren Arbeit mit dem Namen „Resistenz des Organismus“ be-
zeichnet habe, kann sogar so ausgesprochen sein gegenüber den leben-
digen Giftzellen der Bakterien, daß wir bei Obduktion trotz sorg-
samsten Suchens nirgends lebende Bakterien finden. In dieser Hin-
sicht konnte ich einen ganz ausgezeichneten Fall untersuchen. Nach
längerem Kranksein verendete das betreffende Tier, nachdem es bereits
stark abgemagert war. Da die Tiere in den letzten Tagen weder
fressen noch saufen, entsteht eine hochgradige Austrocknung des
ganzen Körpers ; dieser mumienhafte Zustand erinnert lebhaft an die
analogen Verhältnisse bei Choleraleichen. Bei der Untersuchung der
Organe des betreffenden Tieres fand sich eine leicht vergrößerte Milz
und eine völlige Atelektase der einen ganzen Luugenhälfte — Vor-
gänge, welche auf die Anwesenheit des Bacillus der deutschen
Schweineseuche binzudeuten schienen. Weder in Kulturen von Lungen,
Milz, Blut, Darm, Leber und Drüsen, noch auch in den mit diesen Sub-
straten angestellten Tierversuchen konnten indes Keime nachgewiesen
werden. Die Platten bliebeu steril, die Tiere — Kaninchen, Mäuse,
Tauben — gesund. Dennoch batte während des Lebens eine aus-
596 Original-Referate aus bakteriologischen und parasitologischen Instituten etc.
gesprochene Erkrankung an Schweineseuche bestanden. Wir müssen,
um den Fall zu verstehen, uns vergegenwärtigen, wie der Ablauf der
Infektion, wie ich ihn bereits früher schilderte, vor sich geht. leb
konnte damals schon den Nachweis erbringen, daß die die Resistenz
bedingenden Kräfte des Körpers die Fähigkeit haben, eine gewisse
Menge von Bakterien zur Auflösung zu bringen , wobei es sich um
ähnliche Vorgänge handelt, wie bei der Vernichtung der Cholera-
oder Typhuskeime (Pfeiffer, Kolle) im immunen Tierkörper.
Sind diese Bakterien aufgelöst, so werden aber die in ihren Zell-
leibern aufgespeicherten Substanzen, sei es in Lösung oder in kleinste
Teilchen zerfallend, frei. Diese Produkte sind aber für den tierischen
Organismus ganz außerordentlich toxisch, genügten doch schon die
in wenigen Milligrammen Bakterien leiber enthaltenen Giftmengen, ein
Meerschweinchen tödlich zu vergiften. Dieser ganze Vorgang ist bei
den auf baktericider Basis beruhenden Immunitäten an die Wirkung
der Immunsera gebunden. Aber auch beim nicht immunen Tier
können bis zu einem gewissen Grade die für die nicht vorhandenen
Immunkörper einspringenden Resistenz bedingenden Momente, welche
ja die natürliche Abwchrquelle und somit auch einen Teil der natür-
lichen Immunität bedingen, diese Bakterienvernichtung besorgen.
Dieser Vorgang scheint aber eng an die jeweilige Virulenz der
Bakterien gebunden zu sein, derart, daß die beiden Faktoren im um-
gekehrten Verhältnis zu einander stehen, d. h. also, daß die natür-
lichen Schutzmittel desto wirksamer werden, je unvirulenter die be-
treffende Bakterie ist.
In unserem vorliegenden Falle waren aber, wie schon bemerkt,
die die Epidemie bedingenden Bakterien nur mäßig, N.B. für Schweine
virulent. Mithin war es wahrscheinlich geworden, daß die natürlichen
Abwehrkräfte genügend Wirksamkeit besaßen , um die Vernichtung
des relativ schwachen Feindes ins Werk zu setzen. Wie der schon
mitgeteilte Obduktionsbefund ergab, ist ihnen dieses in der That bis
zur Vollendung gelungen, denn auch Schnitte beispielsweise der
atelektatmchen Lungenpartieen und der Milz ließen keine Keime —
also auch keine nur abgetöteten, mehr erkennen.
Das Tier hat mithin die Infektion glücklich überwunden, aber
noch die toten Bakterien blieben die Sieger in dem interessanten
Kampfe, denn ihren nunmehr mit voller Kraft einsetzenden Zellgiften
erlag der ohnedies schon geschwächte Organismus , denn ein Mittel,
diese zu paralysieren etwa durch Antitoxine oder dergl., hat ja, wie
ich bereits früher nachwies, der Organismus nicht. Die bei der Ob-
duktion gefundenen pathologischen Veränderungen entsprechen damit
völlig unseren Erwartungen, der interessante Kampf zwischen Bak-
terien und Körper giebt uns eine plausible Erklärung für die bakterio-
logischen Befunde.
Die kleine, aber äußerst lehrreiche Epidemie hat uns somit mit
zwei interessanten Dingen bekannt gemacht, einmal der wechseln-
den Verteilung der Bakterien im Körper und den
großen Schwankungen in ihren Zahlenmengen, und
zweitens mit der Erklärung für den Ablauf einer Er-
krankung ohne Eingreifen der die Immunität bedingen-
Digitized by Google
Original-Referate aas bakteriologischen und parasitologischeu Instituten 'etc. 597
den Momente. Und in letzterer Hinsicht darf wohl als wahr-
scheinlich angenommen werden, daß das Tier hätte noch gesunden
können, wenn die Vernichtung der Keime etwas schneller vor sich
gegangen wäre, bevor die Menge der Giftzellen eine solche das Leben
des Schweines bedrohende Anhäufung erfahren hätte.
Mitten in diese kleine Epidemie fiel ein Fall von Schweinepest,
der rasch letal verlief. Bei der Obduktion fanden sich die Lungen
intakt, der Darm aber war fast in toto erkrankt, das Epithel in
großen Massen abgelöst, die Schleimhaut im Zustande stärkster trüber
Schwellung, ein Bild, das manche Aehnlichkeit mit einem Cbolera-
darm bot. Im Ausstrich der Darmschleimhaut fand ich eine Rein-
kultur von massenhaften Bakterien der Schweinepest, ausgezeichnet
durch wenn auch nicht allzu lebhafte Beweglichkeit. In dem Be-
streben, die Erreger der verschiedensten Schweineseuchenarten als
ein und denselben Keim aufzufassen, mußte diese Einzelbeobachtung
von Schweinepest während des Bestehens einer Schweineseucheu-
epidemie außerordentlich zu gunsten der Unitätstheorie passen.
Allein das Schwein war erst jüngst vom Rummelsburger Markt ge-
kauft und cs ist offenbar, daß das Tier die Bakterien bereits mit-
gebracbt hatte, als es eingestellt wurde. Daß die Krankheitsdauer
nur kurz war, geht daraus hervor, daß nur ganz frische Verändc-
derungen Platz gegriffen hatten. Es ließ sich deshalb annehmen,
daß die Kultur einen ziemlichen Grad von Virulenz besaß, zumal es
auch gelang, aus dem Herzblut des Schweines die betreffenden Bak-
terien zu züchten. Ich beschloß deshalb, ein bis dato völlig gesundes
Schwein, welches bereits seit Wochen im Institut in einem unver-
seuchten Stalle eingestellt war, mit diesen virulenten Bakterien der
Schweinepest zu immunisieren. Das Immunisierungsprotokoll ist im
Original einzusehen.
Die Injektionen wurden subkutan gebracht, es stellte sich nach
jeder Einspritzung eine lokale Geschwulst ein, welche etwa die Größe
einer Wallnuß bis die eines Hühnereies hatte. Im Verlauf von
mehreren Tagen verkleinerte sich dieselbe allmählich, um wieder ganz
zu schwinden. Durch die Injektionen wurde das Allgemeinbefinden
der Tiere in keiner Weise getrübt, die Futteraufnahme erfolgte stets
und gleichmäßig. Das Gewicht konnte bei dem vorsichtigen und all-
mählichen Vorgehen ungestörte Zunahme zeigen. Die Reaktion, welche
auf die Injektionen folgte, zeigte sich, abgesehen vom lokalen Be-
fund, vornehmlich in der Fieberbewegung. Es trat bald nach der
Einspritzung eine Steigerung der Temperatur ein, die immer mehrere
Tage anhielt. Dieses Fieber beeinträchtigte aber, wie schon bemerkt,
in keiner Weise den übrigen Gesundheitszustand des Tieres.
Die Reaktionen ließen erwarten, daß sich im Blute ebenfalls
Veränderungen abspielen müßten, welche in der Bildung von Schutz-
stoffen im Serum ihren Ausdruck finden, sehen wir uns daher die
darauf bezüglichen Untersuchungen an.
Die erste Blutentnahme erfolgte 12 Tage nach der ersten In-
jektion, nachdem das Tier bereits längere Zeit die Reaktion über-
wunden hatte und in seinem Gewicht bedeutende Zunahme zu ver-
zeichnen gewesen war.
Digitized by Google
598 Original-Referate aus bakteriologischen und parasitologischeo Iustituteu etc
Das Blutserum wurde sofort nach seiner Abscheidung ohne weitere
Zusätze verwandt. Für die Titrierung desselben bevorzuge ich die
Mischlingsmethode — ein Verfahren, welches, wie ich bereits früher
nachwies, einzig und allein imstande ist, uns vor mannigfachen schweren
Irrtümern und Trugschlüssen zu bewahren und welches, falls es positiv
ausfällt, uns die beste Gewißheit giebt, daß wir es auch wirklich
mit spezifischen Schutzstoffen zu thun haben.
Für die Praxis kommt es nur darauf an, daß die immunisierten
Tiere vor der Infektion mit lebenden Keimen geschützt sind, oder mit
anderen Worten, daß das Blutserum der Immuntiere imstande ist,
den Tod der Tiere gegenüber einer Infektion mit lebenden Keimen
zu verhindern. Das „Wie“ des ganzen Vorgangs ist dem Schweine-
besitzer ganz gleichgiitig, kann daher füglich für uns erst in zweiter
Linie in Frage kommen. Ich habe daher die Versuchsanordnung so
gewählt, daß ich Meerschweinchen Serum mit Kulturen frischer leben-
der Schweinepestbakterien gemischt in die Bauchhöhle einimpfte und
den F.rfolg abwartete.
Die benutzte Kultur war die nämliche, wie sie zur Immunisierung
des Schweines verwandt war.
In meiner früheren Arbeit habe ich schon darauf aufmerksam
gemacht, daß nicht jede Kultur geeignet ist, als Titrekultur zu dienen.
Man soll sich daher erst eine solche heranzüchten. Meine Kultur
war nun derartig virulent, daß mit Sicherheit und in jedem Fall eine
Oese, welche etwa eine Menge von der Größe eines Stecknadelkopfes
faßte, den Tod von Meerschweinchen von 200 — 300 g innerhalb
24 Stunden berbeiführte. Für die Titrierungen soll man immer mit
Multiplis arbeiten, das mindest zulässige Maß ist die doppelt tödliche
Dosis. In der Serumdosis darf man nicht gut über 5 ccm hinaus-
gehen. Die Gründe für diese Art des Vorgehens habe ich früher
auseinandergesetzt und verweise daher auf meine oben schon ge-
nannte Arbeit.
Wenn Analogien erlaubt wären, so hätte man hoffen dürfen, daß
wir bereits durch eine einmalige Injektion starke Immunität erzeugen
könnten, ein Experiment, welches der geistreiche, aber bisher nur
allzusehr verkannte Ferran zuerst mit F.rfolg bei Cholera ausführte,
welches nach ihm von den verschiedensten anderen Forschern er-
weitert und bestätigt ist. Die früheren Tierexperimente, die wir an-
gestellt hatten, wirkten in diesem Sinne zwar nicht ermutigend, indes
auch die Gewinnung der Cholera-Antikörper von Tieren ist zeitraubend,
während dieses beim Menschen glatt vor sich geht auf Grund einer
einzigen Impfung mit kleinsten Mengen von Cholerakeimen. Unsere
Hoffnungen sollten sich nicht bestätigen. Aus den im Original nach-
zusehenden Experimenten geht die Unwirksamkeit des Serums her-
vor. Aber auch fortgesetzte Injektionen und mehrfache Reaktionen
vermochten an diesem negativen Resultate nichts zu ändern. Man
hätte ja die Injektionen noch weiter fortsetzen können, das scheiterte
aber in meinem Fall an äußeren Gründen und dann hätten etwa
später noch eintretende Erfolge auch praktisch keinen Gewinn ge-
bracht, da der Landwirt nur dann ein Verfahren gebrauchen kann,
wenn es einfach und möglichst wenig kostspielig ist. Unser
Digitized by Google
Original-Referate ans bakteriologischen und parasito logischen Instituten etc. 599
Schweineimmunisierungsversuch bestätigt uns nur das eine, was wir
früher mannigfach an den verschiedensten Tieren beobachten konnten :
„Eine Immunität, welche sich in der Anwesenheit von
Schutzstoff en im Blute immunisierter Tiere ausdrückt,
ist nach den seither bekannt gewordenen und von uns
geprüften Methoden nicht zu erzielen, und die Hoff-
nung, durch Erzielung von Scbutzsera einen aus-
sichtsvollen Kampf zur Unterdrückung und Verhin-
derung von Schweinepest und wahrscheinlich auch der
übrigen Arten der hämorrhagischen Septikämie er-
zielen zu wollen, erweist sich bis heute als durchaus
trügerisch.
Es ist ja bedauerlich, solcher praktisch ja in der Regel ziemlich
bequemer Hilfsmittel beraubt zu sein , aber ich kann nur wieder
betonen, was ich schon in einer früheren Arbeit, die sich mit dem
Rotlauf beschäftigt, ausführte, daß es gelingen muß, auch mit den
übrigen prophylaktischen Maßnahmen auch Schweineseuchen und selbst
den als so besonders bösartig hingestellten Rotlauf vertilgen zu können
und zu müssen. Aber dazu fehlt leider noch vieles und darum auch
der Notschrei nach Schutzimpfungen. Man hat mir vorgehalten, daß
alle prophylaktischen Maßnahmen vergebens waren. Jawohl! Auch
die Choleraprophylaxe hat fast 100 Jahre im argen gelegen und
heute? Aus diesen köstlichen Koch 'sehen Lehren könnte mancher
lernen und dürfte dann sicher nicht vor den viel harmloseren Schweine-
seuchen zurück zu schrecken brauchen. Aber bis die Koch 'sehen
Vorstellungen erst soweit Allgemeingut geworden sein werden, daß
auch der Landwirt ihnen volles Verständnis entgegenbringt, wird es
wohl noch gute Weile haben und einstweilen stehen wir noch unter
den Zeichen der Impfungen.
So ist es denn auch verständlich, wie unsere Landwirte, die ja nur
der Dolmetsch der Lehren und Ideen ihrer fachmännischen Berater
sind, begierig nach jedem Impfstoff greifen und wenn ein solches Mittel
noch dazu den Vorzug hat, ein „Geheimmittel“ zu sein, so kann es
sicher sein, einen großen Kreis williger Abnehmer zu finden.
Als ein Geheimmittel müssen wir auch die Empfehlung eines
neuesten Mittels von Perroncito und Bruschettini bezeichnen.
Ich würde gemäß meinem früher schon vertretenem Standpunkte es
nicht für nötig erachtet haben, diesem Geheimmittel meine Beachtung
zu schenken, bevor nicht die Verff. berichten, was ihr Mittel ist und
so eine Beurteilung desselben gestatten, wenn nicht weiteste Kreise
sich mit demselben beschäftigt hätten und sogar in unseren Land-
tagsverhandlungen eine Debatte dieses Mittel zum Gegenstand
gehabt hätte. Ich habe mir daher das im Handel käufliche
Mittel besorgt. Das Präparat wird begleitet von dem folgenden
Schreiben :
„Vaccination präventive dans le choKra ou pneumo-ent6rite des
porcs.
La pneumo-entörite ou chol6ra des porcs qui fait des dpouvan-
tables ravages pour l’agriculture du monde entier, a 6t6 objet d’6tudes
Digitized by Google
600 Original-Referate aus bakteriologischen und parasitologischen Instituten etc.
particuliers d8ns nötre laboratoire k fin de trouver un nioyen sür de
döfense pour s’opposer k cette terrible infection.
Aprös de nombreux essais hous avons reussi a pröparer un
vaccin qui a 6t6 dejä essayö nombreuses fois avec complet succes.
Ce vaccin est maintenant prepare dans la section bactöriologique
de nötre Laboratoire sous Ja direction de 1’ un de nous (Dr. Bra-
sche ttini), pour ötre mis k disposition de tous ceux qui voudront
1’ adopter.
Le vaccin est pröparö sous forme liquide et la dose pour cbaque
animal est de 3 ccm ; chaque dacon renferme la dose necessaire pour
vacciner 3 animaux.
Condition absolue pur le succös de la vaccination c’ est d’ injecter
les porcs parfaitement sains, 1’ injection faite aux animaux dejä atteints
par la maladie est inutile.
Es folgen Angaben über die InjektionBmetbode.
Paris 20. novembre 1896.
Prof. E. Perron cito. Dr. A. B rusche ttini.
Als weitere Mitteilung findet sich in der Litteratur, soweit sie
mir zugänglich war, noch ein in der deutschen tierärztlichen Wochen-
schrift von Perroncito (2) an Lydtin gerichteter Brief, aus dem
wir Folgendes entnehmen können:
„Seit geraumer Zeit arbeitete man in meinem Laboratorium, um
genau die Rolle zu bestimmen, welche die verschiedenen, durch mehrere
Forscher beobachteten Mikroorganismen bei den Infektionskrankheiten
der Schweine spielen, die als Hogcholera, Schweineseuche, Schweine-
pest u. s. w. bezeichnet werden. Nach zahlreichen Experimenten,
weiche mit Schweinen, Kaninchen und Meerschweinchen angestellt
wurden, haben wir gesehen, daß die oben bezeichneten Krankheiten
alle auf die Wirkung einer und derselben Species von Mikroorganismen
zurückgeführt werden können. Als wir nach einem besonderen Ver-
fahren den Mikroorganismus der Hogcholera gezüchtet hatten, gelang
es uns, die krankheitserregende Wirkung desselben zu verstärken und
mit demselben nach , und nach alle die Erkrankungsformen an den
Tieren zu erzeugen, welche als Schweineseuche bisher bekannt ge-
worden sind. Nachdem dieser mehr wissenschaftliche als praktische
Punkt festgestellt war, haben Herr Dr. Bruschettini und ich uns
bemüht, eine praktische und vor allem ökonomische Schutzimpfungs-
methode zu finden. Ich habe nunmehr das Vergnügen, Ihnen anzu-
zeigen, daß unsere Hoffnungen vom besten Erfolg gekrönt waren.
1500 Schweine sind bereits geimpft und mehrere von einem infizierten
Ort nach dem anderen versendet und dort monatelang untergebracht
worden. Sie haben die Lungen und Baucheingeweide von Schweinen,
welche an infektiöser Pneumoenteritis gestorben waren, verzehrt und
alle sind gesund geblieben. Von 1500 Impflingen haben wir nur
einen verloren. Sie werden uns fragen, warum wir unser Verfahren
nicht veröffentlichen. Wir sind hierzu nicht in der Lage, weil wir
annehmen müssen, daß unser Verfahren auch gegen andere Infektions-
krankheiten brauchbar ist. Wir haben die Versuche für uns bereits
begonnen und wenn wir nur noch einige dunkle Punkte hinsichtlich
X: *■.; .
. r
Digitized by Google
Original- Referate ans bakteriologischen and parasitologischen Instituten etc. gQl
der Immunität für verschiedene Infektionskrankheiten aufgeklärt
haben werden, soll die vollständige Veröffentlichung unserer Arbeiten
erfolgen. — Folgen persönliche Mitteilungen.
Das ist alles, was an Mitteilungen von P. und B. bis jetzt von
mir in der Litteratur gefunden werden konnte.
Es sind nun einige Beobachtungen bekannt geworden, die andere
üntersucher mit dem Mittel angestellt hatten.
Gas per (3) beschreibt den Impfstoff als eine schwarzbraune syrup-
artige, schwer bewegliche Flüssigkeit, welche stark nach Aether riecht.
Beim Erhitzen auf 60—65® C tritt wie bei flüssigem Blute Gerinnung
ein. Zeitige Elemente konnten nicht gefunden werden, doch gelang es
mittels der Teich mann 'sehen Häminprobe Häminkrystalle nach-
zuweisen. Verf. glaubt daher es mit einem Blute zu thun zu haben,
dessen morphologische Elemente durch ein Chemikalium aufgelöst
seien und nimmt an, daß das neue Schutzimpfungsverfahren auf dem
Boden der Behring’schen Blutserumtherapie steht und nur gewisse
Modifikationen in der Technik der Herstellung getroffen sind.
10 Mäuse, welche mit abgestuften Mengen des Mittels vorbe-
handelt wurden, erlagen nach 10 Tagen einer Infektion mit Schweine-
seuchebakterien , selbst die Maus, die, auf das Gewicht berechnet,
1000 mal mehr bekommen hatte, wie die Schweine bekommen sollen.
Das Mittel wurde im übrigen gut vertragen.
Willach (4) fand in zwei einen Monat aufbewahrten Fläsch-
chen eine große Anzahl roter und weißer Blutkörperchen. Makro-
skopisch sonst dieselben Merkzeichen wie Casper. Mikroskopisch
sah er Schweineseuchebakterien, dieselben wuchsen jedoch nicht
auf Gelatine und Agarplatten, dagegen nach längerer Zeit auf
Kartoffeln.
Von den von Willach geimpften Mäusen starben einige, bei der
Sektion fand man die ovoiden Schweineseuchebakterien. Die über-
lebenden Mäuse erlagen 18 Tage später einer Infektion mit Schweine-
bakterien. Immunität wurde also auch hier nicht beobachtet. Da-
gegen stellte W. die wichtige Thatsache fest, daß das Mittel lebende
Schweineseuchebakterien enthält, welche pathogen (NB. nur für Mäuse
nachgewiesen Verf.) waren.
Ich komme nunmehr zur Besprechung der verschiedenen Arbeiten.
Zunächst die Mitteilung Perroncito’s, daß man den Hog-
cholerabacillus durch „besonderes Verfahren“ so züchten kann,
daß er alle bekannten Erscheinungen der hämorrhagischen Septikämie
machen kann. Diese Thatsache ist richtig. Verf. hätte sich die
Mühe aber sparen können , das war schon längst bekannt und ist
bereits in meiner früheren Arbeit gebührend gewürdigt worden. Das
Verfahren, um dieses zu erreichen, braucht auch gerade kein „be-
sonderes“ zu sein, das ganze Geheimnis besteht nur darin, durch
Tierpassagen die Virulenz zu erhöhen. Das dieses nichts Neues ist,
wird jeder wissen, der die Arbeiten von Petruschky über Strepto-
kokken, Pf elf fe r- Kol le Cholera und Typhus, Voges hämor-
rhagische Septikämie u. a. mehr bis dato verfolgt hat."'^Tr habe«
dabei auch immer betont, daß die Virulenz jeweilig ahjgVÖnWeP nord
für die eine bestimmte Tierart angezüchtet werden^Mnjy^'ist mir
Li
602 Original-Referate ans bakteriologischen und paraaitologischen Instituten etc.
sogar gelungen, ihn nacheinander für mehrere Tiere (HUhnercholera
für Hühner und Meerschweinchen) virulent zu machen. Perroncito
giebt daher eine ganz willkommene Bestätigung meiner früheren
Arbeiten.
Wenn Perroncito aus dieser Thatsache aber den Schluß zieht,
daß alle Schweineseptikämiebakterien identisch seien, so habe ich mich
seither wohl gehütet, diesen Sprung ins Ungewisse mitzumachen, ich
glaubte mir eine größere Reserve auferlegen zu sollen, wenn ich sagte,
daß allerdings manches für die Identität der verschiedenen Arten
spricht, und daß wir mit den seitherigen Methoden nicht imstande
sind, eine unanfechtbare Differentialdiagnose durchzuführen.
Mein diesbezüglicher Standpunkt ist leider in mehrfachen Refe-
raten meiner Arbeit nicht gebührend gewahrt worden und man hat
geglaubt, daß ich Unitarier sei. Davon bin ich auch damals noch
ein gewaltig Stück Weges entfernt gewesen. Seitdem habe ich mich
weiter mit dem Problem beschäftigt und bin schon jetzt in die
zwingende Notwendigkeit versetzt, eine Differenzierung der Arten
durchführen zu müssen und auch durchführen zu können, und ich
hoffe bald Gelegenheit zu haben, auch über diese Dinge berichten zs
können. Nur das eine will ich heute betonen, daß Perroncito mit
seinen Bestrebungen, eine Unität festzustellen, im Unrecht ist.
Damit aber entstehen die Fragen: Gegen welche Bakterien im-
munisiert Perroncito-Bruschettini’s Mittel? Und zweitens,
Wie sollen wir uns praktisch zu der Ausführung der Schutzimpfung
stellen gegenüber den verschiedenen Seuchen?
Angenommen, das Mittel bewirkte eine Immunität gegen Schweine-
seuche, so ist damit alsdann noch nichts gegen Schweinepest und
Hogcholera gethan. Nun aber wissen wir, daß jedes dieser Bakterien
für sich alle Erscheinungen machen kann, die das andere machen
kann. Weder im Leben durch die klinischen Beobachtungen, noch
post mortem durch die Sektion läßt sich fiststellen, an welcher Seuche
das Tier eingegangen ist, und wir müssen erst Reinkulturen haben,
um eine Differentialdiagnose, wie ich sie demnächst vorschlagen
werde, stellen zu können. Inzwischen verstreicht die Zeit, der ganze
Stall ist verseucht und die Folge ist alsdann, daß wir mit unseren
Schutzimpfungsmitteln zu spät kommen. Dadurch wird der Nutzen
der Schutzimpfung denn doch sehr beschränkt, wenn man nicht eine
allgemeine Zwangsimpfung einführen will, dazu rechtfertigen aber
die Verluste, die durch die Schweineseuche bedingt sind, nicht; und
andererseits scheitert das vorerst noch an dem Kostenpunkte.
Es ist daher jede auf dem Prinzip der Immunisierung beruhende
Schutzimpfung bei Schweineseuchen von vornherein ziemlich ausge-
schlossen. Natürlich kann es Einzelfälle geben, wo die Ausnahme
gerechtfertigt erscheint.
Ich glaube aber annehmen zu dürfen , daß in der Praxis im
allgemeinen derartige Bestrebungen noch recht viel Schwierigkeiten
machen werden. —
Casper und W illaeh haben an Mäusen experimentiert und
dabei negative Resultate erhalten. Wir würden den Darstellern des
Mittels Üurecht thun, wollten wir aus derartigen Experimenten irgend-
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Original-Referate aas bakteriologischen and parasitologiscben Instituten etc. 603
welche Schlüsse ziehen über den Wert des Mittels in Bezug auf den
Zweck, für den es bestimmt ist. Es sind ja die Mauseversuche ganz
interessant an sich, damit aber ist auch ihr Interesse erschöpft, und
es muß mich Wunder nehmen, warum niemand von den Autoren mit
Schweinen gearbeitet hat. Nur allein die an diesen Tieren ange-
stellten Versuche haben Berechtigung.
Was das Mittel selbst betrifft, so kann ich im allgemeinen die
Ansichten von Casper und Willach bestätigen. Es ist ein rot-
braunes, syrupartiges, stark nach Aether riechendes Präparat, welches
in meinen Untersuchungen indes keine zeitigen Elemente des Blutes
enthielt, wohl aber mikroskopisch Bakterien von dem Aussehen der
Schweineseuchebacillen. Die Teich m an n 'sehe Probe fiel auch
bei mir positiv aus. Kulturen in den gebräuchlichen Nährboden
schlugen fehl, ebenso blieben die an der Schwanzwurzel geimpften
Mäuse gesund.
Um nun auf die Natur des Impfstoffes eprechen zu kommen, so
lassen sich darüber ja nur Spekulationen anstellen, die überflüssig
sind. Die Ansicht von Casper, daß es sich um modifizierte Serum-
therapie handelt, kann ich nicht teilen, schon aus dem einfachen
Grunde nicht, weil kein Serum imstande sein dürfte, einen länger
dauernden Schutz zu verleiben und die Schweine doch mindestens
1 Jahr geschützt sein müßten. Serum macht kein Fieber, unser
Mittel aber macht Fieber, wie wir gleich noch sehen werden. Das
Vorkommen von Bakterien im Blute, die Fieberwirkung desselben und
vieles andere lassen darauf schließen, daß die Verff. ihr Mittel iu
der Weise herstellen, daß sie die Kulturen im Blute wachsen lassen
oder aber, daß das Blut solchen Tieren entnommen ist, die mit
Schweineseuchebakterien infiziert waren — entnommen kurz vor
dem Tode in der Agone. Wir würden mit dieser Ansicht wenigstens
alle Erscheinungen erklären können. Neu ist dieses Mittel allerdings
auch nicht. Schon die Franzosen haben derartige Experimente ge-
macht. Pfeiffer teilte mir analoge Versuche mit und auch ich
hoffe bald an anderer Stelle über solche Blutimpfungen berichten zu
können.
Doch das sind alles nur Spekulationen, die uns nicht weiter
bringen. Prüfen wir die Wirksamkeit des Mittels am Schweine selbst.
Nur das kann den Ausschlag geben.
Ich habe zwei Schweine für meine Versuche verwandt, das eine
geimpft mit der einfachen Dosis, das andere mit zwei Dosen.
Wie aus den im Original einzusehenden Temperaturkurven her-
vorgeht, reagieren die Schweine (auch das Schwein, welches nur eine
Dosis von 3 ccm bekommen hatte) auf die Impfung mit einer sich
auf mehrere Tage erstreckenden Fieberbewegung. Die Temperatur-
höhe ist aber nicht beunruhigend, das allgemeine Wohlbefinden auch
nicht wesentlich gestört. Freßlust und Verdauung bleiben wie sonst.
Auch die Gewichtszunahme scheint wie sonst ihren normalen Fort-
gang zu nehmen, soweit man von zwei Schweinen Schlüsse ziehen
darf. Notabene erinnere ich daran, daß in meiner Einspritzungs-
flüssigkeit lebende Keime nicht aufgefunden werden konnten, es ist
möglich, ja wahrscheinlich, daß mit den Willach’scheu Präparaten
andere Folgen verknüpft gewesen wären.
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004 Original-Referate aas bakteriologischen nnd parasitol ogiseben Instituten etc.
Nach unseren obigen Auseinandersetzungen müßten wir annehmen,
daß im Blutserum unserer behandelten Schweine nach Ablauf der
Reaktion Immunkörper nachzuweisen wären. Da ich nicht wissen
konnte, welche Bakterien Perroncito und Bruschettini bei
ihren Experimenten in Händen gehabt hatten, zog ich es vor, das
Serum gegen verschiedene Bakterienarten zu titrieren. Ich prüfte
seine Wirksamkeit gegen Kulturen von Schweineseuchen und Schweine-
pest, die beide von mir selbst isoliert waren, ferner gegen Hogcholera
von Salmons und Swineplague aus derselben Ursprungsqueile. Es
war notwendig, die Kulturen erst auf den gewünschten Virulenzgrad
für Meerschweinchen, welche zur Titrierung verwandt werden sollten,
zu bringen. Nachdem dieses geschehen und bei allen die Virulenz,
welche seit den früheren Versuchen, wo sie einmal schon maximal
gewesen war, ganz bedeutend nachgelassen hatte, auf eine solche
Höhe gebracht war, daß eine Oese Kultur von Stecknadelkopfgröße
sicher tödlich wirkte, konnte ich zur Prüfung der Sera schreiten. Die
Serummengen können dabei leider nur bis zu 5 ccm bemessen werden,
da sonst bereits andere Faktoren eingreifen, welche den Ausgang in
unnötiger Weise beeinflussen können.
Nun das Resultat.
Ich glaube mich kurz fassen zu können. Ziehen wir die logische
Konsequenz aus unseren Experimenten, so zeigt sich, daß das Serum
absolut unwirksam ist, das beißt aber mit anderen Worten:
Das von Perroncito-Bruschettini hergestellte und
in denHandel gebrachte Schutzmittel gegen Sch weine-
seuche verleiht keine Blutimmunität bei Schweinen.
Man hätte mir noch anraten können, daß ich direkte Impf-
und Fütterungsversuche an meinen schutzgeimpften Schweinen hätte
anstellen müssen, oder daß ich die immunisierten Tiere dadurch
einer Infektionsgefahr aussetzte, daß ich sie mit Kranken in einen
gemeinsamen Stall einsperrte.
Das Letztere ist von vornherein ausgeschlossen, denn ich weiß
ja nie, an welcher Art der Bakterien der hämorrhagischen Septikämie
die Tiere jeweilig erkrankt sind.
Wer da ferner nicht weiß, wie leicht unsere natürlichen wie
künstlichen Kulturen durch die verschiedensten Umstände in ihrer
Virulenz für die eine oder andere Tierart abgeschwächt werden, wird
leicht dort immune Tiere sehen, wo von Immunität auch nicht die
geringste Spur vorhanden ist. Ich habe z. B. literweise Schweine-
seuchebakterien an Schweine verfüttert und ebenso ungeheure Mengen
von Hühnercholerabacillen Hühnern per os beigebracht, ohne daß
diese Tiere auch nur die geringsten Erscheinungen zeigten. Zu der-
artigen Experimenten bedarf es vor allen Dingen virulentesten
Materials, dazu reichten aber meine Mittel nicht aus. Aber ich
möchte glauben, daß es unschwer gelingen muß, jedes mit dem
P er ron cito- Bruschettini 'sehen Mittel geimpfte Schwein prompt
mittels Schweineseuchenbakterien zu töten.
Trotz Perroncito ’s Anpreisungen kann ich somit meine früheren
Thesen auch heute noch aufrecht erhalten, und unwiderlegt ist mein
damaliger Satz: „Es giebt bis jetzt keine Blutimmunität gegen die
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Original-Referate aas bakteriologischen und parasitologischen Instituten etc. 605
Bakterien der hämorrhagischen Septikämie“, und ich kann Casper
auch heute noch beipflichten, wenn er am Schlüsse seiner Arbeit sagt :
„daß Voges Recht bat, wenn er für die Bekämpfung der Schweine-
seuchen von der Serumtherapie nicht allzuviel erwartet“.
Aus Ungarn liegen ebenfalls Berichte Ober Schutzimpfungs-
methoden vor.
Andreas Fuchs nahm das Blutserum von erkrankten
Schweinen, verdünnte es mit Wasser und tötete die Keime durch
Karbolsäure. Dieses Präparat wurde zu Schutzimpfungen eingespritzt,
30 Proz. der schutzgeimpfen Tiere starben Bpäter an Schweineseuche.
Stefan v. Tis za nahm das Herzbeutelserum von frischen
Kadavern der an Schweineseuche eingegangenen Tiere, filtrierte es
durch Leinewand und verdünnte es mit 3 Teilen Wasser. 1 — 2 ccm
dieser Flüssigkeit wurde Schweinen ein gespritzt. Die späteren Ver-
luste durch Schweineseuche betrugen 29 Proz. Hierzu Folgendes.
Beide Autoren nehmen giftiges Material und zwar nur in äußerst
geringen Mengen. Bei Tisza enthält das Präparat sogar noch
lebende Keime. Ich habe früher bereits eingehend nachgewiesen,
daß es auf diese Art nie gelingt, Immunität des Blutes der Impf-
tiere zu erzielen. Der Erfolg, 29 resp. 30 Proz. Verluste, spricht
denn auch für die Richtigkeit meiner Anschauungsweise. Ich glaube,
daß wir keine Veranlassung haben, uns noch fernerhin mit diesen
Präparaten zu beschäftigen.
U g h e 1 y i arbeitete mit Blutserum solcher Tiere, die die Schweine-
seuche Uberstanden hatten, und zwar mit zwei Arten derselben.
In einer Versuchsreihe benutzte er das Serum der geheilten
Tiere, im anderen Falle impfte er die geheilten Tiere nochmals mit
Schweineseuchebakterien und wurde das Serum erst dann gewonnen,
wenn auch diese Erkrankung vorüber war.
Bei diesen Versuchen stutzte sich der Verfasser auf die Annahme
der Anwesenheit von Schutzstoffen im Blutserum seiner geheilten
Schweine. Damit befindet er sich aber in einem vollständigen Irrtum,
denn ich glaube sattsam genug bewiesen zu haben, daß bei Tieren
verschiedenster Art auch nach Ueberleben einer vielfachen Infektion
nicht die leiseste Andeutung von dem Vorhandensein von Schutz-
stoffen im Blute besteht Wenn man trotzdem mit derartigem Blute
gewisse Wirkungen erzielen kann, so beruht das auf anderen Faktoren,
die hier nicht in Betracht kommen. Somit kann ich die Schutz-
wirkung der Sera Ughelyi’s nicht anerkennen. Ist aber aus diesem
Grunde schon das ganze Verfahren aussichtslos, so weiß jeder, der
auch nur über einige selbständige Erfahrungen in den Immunisierungs-
fragen verfügt, daß es überhaupt ein Unding ist mit Serum einen
dauerhaften Impfschutz zu erzielen.
Die interessanten Untersuchungen Behring’s und seiner Mit-
arbeiter haben neuerdings auf diese Thatsachen wieder gebührend
aufmerksam gemacht Die Schutzstoffe des fremden Serums
werden nur allzubald wieder ausgeschieden. Das Individuum ist
dann nach wie vor empfänglich.
Eine Schwein soll monatelang geschützt sein, das leistet aber
kein Serum, es mag sein welcher Art und alle 14 Tage oder 4 Wochen
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000 Original- Referate aas bakteriologischen and parasitologischeo Instituten etc.
einen Tierarzt kommen zu lassen, um erneute Impfungen vornehmen
zu lassen, ich glaube, dafür siud unsere Landwirte nicht zu haben,
denn da kostet der Impfschutz bald mehr, wie das ganze Schweis
wert ist.
Impfungen aber mit Serum auszuführen, das absolut unwirksam
ist, wie das von Schweinen, die Schweineseuche überstanden haben,
kann nur als Absurdität bezeichnet werden.
Wenn wir diese harten Urteile fällen mußten, so sind wir uns
wohl bewußt, daß wir den Autoren damit keine Freude bereiten.
Aber ich glaube eine volle Berechtigung dazu zu haben. Es giebt
zur Zeit wohl wenige Leute, die über eine so reiche experimentelle
Thätigkeit in Bezug auf dieses Gebiet verfügen wie ich ; daß mir dies
möglich war, verdanke ich allein dem übergroßen Entgegenkommen
des Herrn Geheimrat Koch. Man hat aber gerade deswegen eine
gewisse Berechtigung, von mir ein Urteil in diesen Dingen zu ver-
langen.
Ich glaube, jeder, der die Arbeiten über meine zahlreichen Ex-
perimente mit Verständnis gelesen hat, wird mir gewiß zugeben, daß
das Problem der Immunisierung gegen die Bakterien der hämor-
rhagischen Septikämie ein ganz außerordentlich schwieriges ist
Ob sich bei diesen Seuchen eine Immunität erreichen läßt er-
scheint mir nach dem heutigen Stande der ganzen Frage als äußerst
zweifelhaft, das Eine aber darf ich wohl bestimmt behaupten: „Mit
unseren heutigen Methoden gelingt es nicht eine echte Blutimmunität
bei den verschiedenen Erkrankungen an den Bakterien der hämor-
rhagischen Septikämie herbeizuführen.“
Unsere Landwirtschaft erleidet jahraus, jahrein nicht unbe-
deutende Verluste durch diese Krankheiten; ein wirksames Schutz-
impfungsverfahren wäre in manchen Fällen sehr zu wünschen. Es
sollte mich freuen, wenn es gefunden würde, aber ich muß verlangen,
daß alle die Bedingungen erfüllt sind, die ich in meinen Arbeiten als
unerläßlich bezeichnet habe. Ehe das nicht der Fall ist, haben wir
keine Veranlassung, unseren Landwirten irgend ein Mittel zu empfehlen.
Auch die Schwcinescuchen lassen sich noch durch viele andere
Mittel bekämpfen. Reinlichkeit, gute Behausung, Wartung und Pflege,
und nicht zuletzt möglichste Isolierung, haben sich dort, wo sie
rationell durchgeführt sind, auch bis heute noch als die besten
Abwehnnittel gegen Seuchen bewährt.
Soweit die Mitteilungen.
Den Schluß bildet ein Litteraturverzeicbnis der citierten Arbeiten.
Referate.
Bernabeo, G., Sulla conservazione della vitalitä e viru-
lenzadello pneumococco diFraenkel e dello strepto-
cocco di Fehleisen. (La Rif. med. 1896. No. 21.)
Aus Anlaß einiger Experimente mit dem Fraenkel’scben Diplo-
coccus hat Verf. diplokokkenhaltiges Kaninchenherzblut in kleinen
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Pneumonie (Wasser-Diphtherie).
607
20 cm langen Glasröhrchen von 5 mm Durchmesser, aufbewahrt, in
der Weise, daß die Röhrchen knapp an den Enden der Flüssigkeits-
sftule zugeschmolzen wurden und daher nur diese enthielten. Behufs
leichteren Zuschmelzens waren dieselben an einem Ende in eine Spitze
ausgezogen, an der Grenze zwischen dem 2. und 3. Drittel hingegen
etwas verengert. Die gefüllten Gläschen wurden direkt in einem
dunklen Orte aufbewahrt, dessen Temperatur im Winter -+* 5°, im
Sommer -f- 30° C erreichte.
Bei der bekannten Kurzlebigkeit dieses Mikroorganismus war der
Autor nicht wenig überrascht, als er bei Entnahme des in dieser Weise
durch ca. 6 Monate aufbewahrten Blutes darin lebende und virulente
Pneumokokken vorfand. In derselben Weise gelang es ihm, Strepto-
kokken durch 10 Monate lebend und bei (wenn auch etwas abge-
schwächter) Virulenz zu erhalten.
Als Grund für diese auffallende Erscheinung glaubt B. die richtige
Alkalinität des Nährbodens, Ausschluß der Einwirkung von Luft und
Licht und ferner den Umstand ansehen zn können, daß, da die Röhrchen
nicht vorher in den Brutofen gestellt wurden, keine so rapide Ver-
mehrung der Kokken eintrat und hierdurch eine Alteration des Nähr-
substrates verhindert wurde. Kamen (Czernowitz).
Nicollc, Ch. et Hubert, M. A., Les angines ä bacille Fried-
läuder. (Ann. de l’Inst. Pasteur. T. XI. No. 1.)
Seit November 1894 werden in Rouen alle pseudomembranösen
Aflektionen bakteriologisch untersucht. Unter mehr als 1600 Fällen
fanden Verff. den Friedländer’schen Bacillus 6 mal in Rein-
kultur und in 2 Fällen mit dem Diphtheriebacillus vergesell-
schaftet.
Bei den durch den Friedländer’schen Bacillus allein ver-
ursachten Anginen kann man eine chronische und eine subakute
oder akute Form unterscheiden. Jene dauert mehrere Monate, diese
bis zu einem Monat. Die Symptome sind bei beiden gleich. Ohne
allgemeine Erscheinungen und ohne nennenswerte örtliche Störungen,
als in manchen Fällen Kitzel und geringe Schmerzhaftigkeit , bilden
sich auf den Tonsillen, einige Male auf den Gaumenpfeilern oder auf
der Pharynxwand 1—5 mm große, weiße oder gelbliche Punkte in
verschiedener Anzahl. Selten fließen sie zu einigermaßen größeren
Membranen zusammen. Sie haften der Schleimhaut sehr fest an und
kehren nach künstlicher Entfernung ziemlich schnell zurück.
Die Richtigkeit der bakteriologischen Diagnose gründen Verff.
auf Schnittuntersuchungen der Membranen in 2 Fällen und die Ge-
winnung von Reinkulturen in allen Fällen. Die Reinkulturen wurden
in systematischer W'eise auf die bekannten Eigenschaften der Fried-
länder’schen Bacillen hin io Kulturen und Tierexperiment unter-
sucht. Des längeren verbreiten sich Verff. über die Wirkung der
aus den verschiedenen Fällen gezüchteten Kulturen auf eine Reihe
von Zuckerarten. Bei den diesbezüglichen Experimenten folgten sie
der Versuchsanordnung G r i m b e r t ’s. Eine Kultur vergärte Glukose,
Arabinose, Raffinose, Dulcit, Dextrin, Mannit, Maltose, Saccharose,
Galaktose und Laktose; die anderen fünf außerdem noch Glycerin.
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608
Diplococcus and Biudehautkaiarrh
Drei der Kulturen koagulierten die Milch nicht, obwohl sie Laktose
umzusetzen imstande waren.
Versuche, mit den Reinkulturen künstlich Pseudomembranen zu
erzeugen, schlugen fehl. Fritz Basenau (Amsterdam).
Nicolle, C. et Hubert, A., Note sur un öchantillon de bacille
de Friedländer, isol4 de la vase de la Seine. (Ann.de
l’Inst Pasteur. T. XI. No. 1.)
Durch Zufall gelangten Verff. dazu, aus dem Schmutz der Seine
den Friedländer'schen Bacillus ebenfalls zu isolieren. Die nähere
Untersuchung ergab, daß diese Kultur auf Grund der morphologischen
und kulturellen Eigenschaften der Gruppe der im vorigen Referat
erwähnten fünf Anginakulturen nahe steht, insbesondere auch, was
ihre Gärwirkung anbetrifft. Die Kultur erwies sich indessen insofern
abweichend, als daß sie auch in großen Dosen für ältere Mäuse nicht
pathogen war. Eine etliche Tage alte Maus ging allerdings unter
den typischen Erscheinungen zu Grunde.
Fritz Basenau (Amsterdam).
Gliford, H., Der Fraenkel'sche Diplococcus als häufiger
Erreger des akuten Bindehautkatarrhs. (Arch. f. Augen-
heilkunde. Bd. XXXIV. p. 134-138.)
In 40 Fällen von typischem, akutem Bindehautkatarrh fand Verf.
in Omaha, Nebr., niemals den Week 'sehen Bacillus, sondern in
allen, außer in einem, den Fraenkel’schen Diplococcus mikro-
skopisch, in 12 von diesen auch kulturell, und zwar meistens in Rein-
kultur, immer in überwiegender Mehrzahl. Uebertragung eines kleinen
Sekretpartikelchens, in dem sich massenhaft typische Kapselkokken
fanden, auf die eigene Bindehaut rief am nächsten Morgen beim Verf.
einen akuten Bindehautkatarrh hervor, in dessen Sekret massenhaft
Kapselkokken nachzuweisen waren; auf '/»'P roz - Agar wuchs eine
Reinkultur von dem F raen kel’schen Diplococcus. Uebertragung
von dem Sekret des Verf. auf die Bindehaut seines Assistenten er-
zeugte erst nach 48 Stunden eine Pneumokokkenconjunctivitis von
milderem Verlauf. Spätere Impfungen auf die eigene Bindehaut
blieben steril, so daß eine gewisse Immunität eingetreten zu sein
scheint.
Mit Reinkulturen gelang es Verf. ebensowenig wie Axenfeld,
einen Bindehautkatarrh zu erzeugen, wohl aber mit anaäroben Kul-
turen, die nach Büchner auf Serumagar gezüchtet waren.
Die Pneumokokkenconjunctivitis ist nach G.’s Beobachtungen
keineswegs eine ausschließliche Kinderkrankheit; die Hälfte seiner
Fälle kam bei jungen Erwachsenen vor. Die Inkubationsdauer in
den natürlichen Fällen scheint ungefähr 48 Stunden zu sein, bei den
Impfungen betrug sie zweimal 48, einmal 22 und einmal 72 Stunden.
Ob diese Entzündung durch eine außergewöhnliche Augenvarietät des
Pneumococcus verursacht wird, ist fraglich; in den mikroskopi-
schen Präparaten schienen die Glieder der Diplokokken nicht so aus-
geprägt lanzettförmig zu sein, als bei den aus Empyemeiter ge-
wonnenen. Sch laef k e (Cassel).
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Pe»L
609
Lowson, J. A., The epidemic of bubonic plague in 1894.
Hongkong (Noronia & Cie.) 1895.
Der Verf., welcher in seiner Eigenschaft als Medizinalbeamter
uud Leiter des Seuchenhospitals zu Hongkong inmitten der Ereig-
nisse des Sommers 1894 an hervorragender Stelle sich befand und
während dieser ganzen Zeit neben der Krankheitsbewegung auch die
allgemeinen gesundheitlichen Verhältnisse im Auge behielt, hat über
seine Erfahrungen einen ausführlichen amtlichen Bericht an den
Generalarzt der Kolonie erstattet, aus welchem Folgendes besonders
hervorgehoben zu werden verdient.
Die Kenntnisse über das Wesen der Pest waren bei Ausbruch
der Seuche nur dürftig, da eine nennenswerte Litteratur darüber
nicht bestand. Hinsichtlich der mutmaßlichen Quelle der Einschleppung
wird zunächst festgestellt, daß als solche wohl sicher Canton anzusehen
ist, woselbst die Seuche seit Februar 1894 herrschte und welches
mit Hongkong in regstem Verkehr steht. Es langen etwa 11000
Passagiere wöchentlich zu Schilf von Canton an. In Pakhoi, wo die
Seuche allerdings seit 20 Jahren endemisch ist, waren uni jene Zeit
keine Erkrankungen bekannt geworden. Die Annahme, daß die
Uebertragung von Canton her schon am 2. März erfolgt sei — an
welchem Tage unter Beteiligung von 40000 Kulis aus Canton eine
große Prozession in Hongkong stattfand — lehnt Verf. entschieden
auf Grund der Sterblichkeitsziffern ab, vielmehr berechnet er
nach der Zahl der täglichen Todesfälle den Ausbruch der Seuche
auf die erste Woche des Mai. Daß zu Hongkong ein so hef-
tiger Ausbruch erfolgte, lag an den ungünstigen gesundheit-
lichen Zuständen, welche die Seuche dort wie ein Strohfeuer auf-
tiammen ließen. Nichtsdestoweniger sei durch die Summe aller
Beobachtungen in diesem Sommer die Pest eines großen Teiles ihrer
Schrecknisse entkleidet. Bei vorsorglicher Gesundheitspflege könne
kein civilisiertes Land zum Herd der Seuche werden. Dies zeigten
insbesondere die günstigen Erfahrungen an jenen Oertlichkeiten
Hongkongs, wo die europäische Reinlichkeit aufrecht erhalten wurde.
Mit der nun folgenden Krankheitsbeschreibung stellt sich Verf. voll-
ständig auf den Boden der bakteriologischen Thatsachen, welche
unter seinen Augen von Kitasato im Juni 1894 im Kennedy town
Hospital (Entdeckung des Bacillus am 14. Juni) ermittelt wurden:
„Die Bubonenpest ist eine spezifische und ansteckende fieberhafte
Krankheit, gekennzeichnet durch die Anwesenheit eines bestimmten
Bacillus, welcher zunächst die Lymphbahnen befällt“
Von den besonderen ungünstigen Verhältnissen zu Hongkong
werden iu erster Linie die chinesischen Wohnungen erwähnt
welche von Schmutz starren. „In einem solchen Wohnraume gesellt sich
zu einer dicken Lage von Staub, alten Lumpen, Asche und Scherben der
Kot und gärende Urin von Tieren und Menschen, die dort einträchtig
hausen.“ Bei 30—40 Bewohnern eines solchen Raumes kommen auf
den einzelnen weniger als 150 Kubikfuß Luft; dabei handelt es sich
oft um Kellerräume ohne Fenster. Die vorhandenen Kanäle sind undicht
gebaut, im Querschnitt viereckig und verstopfen sich oft. Die Nah-
rungsmittel waren weniger verdächtig, das Leitungswasser sogar vor-
Enu Abt, XXI. Bd. 39
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610 Feit.
züglicb. Jedoch bestanden noch eiue Anzahl schlechter Bronnen.
Einen erheblichen Anteil an der Seuchenverbruitung mißt Verf. sodann
den öffentlichen Abtritten bei. Er führt Beispiele an, wo rund um
solche herum Pestfälle aufgetreten waren, ja er behauptet, daß, wenn
man die schwerstbetroffenen Stadtteile in den Stadtplan einzeichnete,
man damit zugleich die Lage dieser Abtritte erhielt. Ein Einfluß
des Klimas war nicht festzustellen : in Cantou herrschte die Pest zur
trockenen, in Hongkong zur Regenzeit.
Die Uebertragung kann durch den Kot, das Blut und den Eiter
der Erkrankten erfolgen. Im Speichel und im Erbrochenen wurden
die Bacillen bis jetzt nicht gefuuden. Die beiden häufigsten Wege
der Ansteckung sind das Eindringen in die Atmungsorgane und in
kleine Hautwunden. In letzterer Hinsicht ist der Mangel jeglicher
Fußbekleidung bei den niederen Chinesen besonders verhängnisvoll.
Die Inkubation dauert zumeist 3—6 Tage, kann aber bis zu 9 Tagen
sich hinziehen, wie in dem Falle eines gesund in das nicht verseuchte
Gefängnis eingelieferten Mannes nachgewiesen wurde, der am 9. Tage
der Haft erkrankte.
In den ersten 'lagen nach Ausbruch der Seuche, als die Maß-
regeln zur Bekämpfung noch sehr unvollkommen und die Einwohner
selbst ratlos waren, wurden vielfach wahre Schreckensbilder angetroffen.
So fanden sich in einem dunklen Kellerraume 3 Schwerkranke neben
einem Toten hilflos auf ihrem Lager. Die abergläubische chinesische
Bevölkerung mied furchtsam die europäischen Aerzte.
Die Diagnose ist bei frischen Fällen nicht immer leicht, solange
nur allgemeine Krankheitserscheinungen vorhanden sind. Das
Fieber steigt schrittweise und erreicht zumeist erst nach 12—36
Stunden die erste Höhe (104— 106° F = 40— 41 °C). Ein Schüttel-
frost geht nicht vorher. Die höchstbeobachtete Temperatur war bei
einem Kinde 108,8° F (== 42,5° C). Bleiben Fieber und Drüseu-
schwellung nur gering, so sind Verwechselungen mit der gewöhnlichen
Lymphadenitis wie auch umgekehrt der letzteren mit Pest möglich.
Im allgemeinen war die Drüsenschwellung 24 Stunden nach
Beginn des Fiebers deutlich und zeigte sich zumeist an den
Leistendrüsen. Dies war auch bei den Erkrankten des mit
gutem Schuhzeug versehenen Shropshire-Rcgiments der Fall. Danach
wäre die Drüsenerkrankung anders, als die bei der Lymphangitis auf-
zufassen. Außer diesen verdienen besonders die Mesenterialdrüsen
Beachtung. Bei sorgfältiger Untersuchung finden sich unter denselben
schon anfangs eine oder mehrere deutlich vergrößerte. Selten kam es
vor, daß eine Drüse, nach mehrtägigem Bestehen geringer Vergrößerung,
plötzlich stark anschwoll. Der Ausgang in Vereiterung ist die Regel;
im chinesischen Krankenhause, wo nie geschnitten wurde, fanden sich
unter 45 Kranken 34 mit aufgebrochener Drüseneiterung. Nach den
Angaben des Verf.’s scheint die Abstoßung der Drüsen als Ganzes
dabei nicht selten vorzukommen. Erscheinungen von Seiten des
Gehirns kommen in 4 verschiedenen Formen vor, nämlich als Koma,
Delirien, Apathie und Krämpfe. Das Blut ist dünnflüssiger, die
roten Blutkörperchen legen sich nicht so schnell zur Rollenform
aneinander. Die Mundschleimhaut ist stets trocken, die Zunge
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P»st.
611
zeigt bald einen dicken Belag. Mitunter findet sich Mandel-
anschwellung; dann sind auch stets die Halsdrüsen vergrößert. Das
meist gallige Erbrechen tritt frühzeitig auf; es wird durch die
vom Verf. regelmäßig im Beginne der Erkrankung geübte Kalomel-
behandluog sehr gemildert. Gegenüber der zumeist bestehenden
Verstopfung sind frühzeitige Durchfälle von günstiger Vor-
bedeutung. Atemnot ist eine regelmäßige Begleiterscheinung. Die
Flaut ist trocken, brennend heiß, ohne Ausschläge. Die fast bei
allen Chinesen an Füßen, Händen und Gesicht vorhandenen erbsen-
großen, roten Flecke waren Stiche der Insekten, die trotz aller Maß-
regeln im chinesischen Krankenhause in Schwärmen auftraten. Bei
den Pestkranken macht überhaupt schou die geringste Hautverletzung
derartige Flecke. Echte Karbunkel der Haut wurden nicht beobachtet.
Hautblutungen kamen unter 450 untersuchten Fällen 23 mal zur
Kenntnis. Wo irgend möglich, wurde seitens des Verfi’s die Diagnose
durch den Nachweis der Pestbacillen im Blute gestellt,
welches unter den erforderlichen Vorsichtsmaßregeln an der Finger-
kuppe durch Einstich mit der Hälfte einer Stahlfederspitze entnommen
und als Färbepräparat verarbeitet wurde. Es müssen mindestens
6 Präparate angefertigt werden, da die Bacillen zumeist nur vereinzelt
vorhanden sind.
Auf diese Weise wurden in der letzten Hälfte der Epidemie
über 80 Proz. der Fälle diagnostiziert, darunter 2 erst nach dem
Tode. Einmal wurde das aus der Milz punktierte Blut benutzt. Bei
zweifelhaften Drüsenschwellungen erfolgte die Blutentnahme aus der
Drüse selbst durch Punktion oder Einstich mit einem Tenotom. (Es
scheint, daß sich der Verf. die Gefahr der Verwechslung mit anderen
Bacillen, die gelegentlich in solchen Präparaten mit unterlaufen, nicht
genügend klar gemacht hat. Kontrollversuche durch Züchtung des
Blutes sind nur ganz ausnahmsweise angestellt worden. Kitasato
warnt bekanntlich davor, die Diagnose nur durch das Farbepräparat
zu stellen. Ref.).
Der Pestbacillus wurde im Blut in allen Körperteilen, besonders
reichlich in den vergrößerten Drüsen und in der Milz, gefunden, gegen
Ende der Epidemie in geringerer Menge, als zu Anfang. Er konnte
zumeist noch 3 Wochen nach Beginn der Erkrankung nachgewiesen
werden, mitunter auch noch bis zur 6. Woche hin. Die Entlassung
der Kranken erfolgte erst dann, wenn keine Bacillen mehr gefunden
werden konnten. Im Blut stellte sieb der Bacillus zumeist als Diplo-
coccus, infolge stärkerer Färbung der Pole, dar, ebenso bei Ent-
nahme aus den Drüsen zu vorgerückter Krankheitszeit, während er,
zu Anfang der Krankheit aus der Drüse gewonnen, gleichmäßig ge-
färbt war. Versuche an Meerschweinchen, Kaninchen, Ratten und
Mäusen bestätigten die Ergebnisse Kitasato’s. Hunde starben
nach Lowson’s Ansicht nicht von selbst an der Pest, denn es
wurden während der ganzen Epidemie keine Kadaver derselben in
den Straßen gefunden.
Folgende Krankheiten können zu Verwechselungen Anlaß geben :
Malariafiebcr, Lympbangitis mit Leistendrüsenschwellung, Halsdrüsen-
schwellungen und fieberhafte Darmerkrankungen.
S9*
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612
Pe«t.
Hinsichtlich der Prognose erklärt Verf. bündig, daß^sichere
Zeichen für eine gute Prognose nicht vorhanden seien, wohl aber
viele für eine schlechte. Außer der schon erwähnten Calomelbe-
handlung weiß Verf. kaum irgend ein Erfolg versprechendes Mittel
anzuführen.
Bei der Leichenöffnung fand sich stets eine vergrößerte Milz,
von meist weicher Beschaffenheit, letzteres jedoch nicht in dem Grade
wie bei Malaria, ferner zumeist Schwellung der Pey er 'sehen Drüsen-
haufen und seltener der Solitärfollikel. Fast regelmäßig waren die
Gekrösdrüsen vergrößert und zeigten oft in ihrer Umgebung dieselbe
serösblutige Durchtränkung des Gewebes, wie die äußeren Drüsen.
Pneumonie kam selten vor. Hirnhäute und Gehirn waren stets blut-
reich. Außerordentlich auffällig war in der Rekonvalescenz die
Verminderung der Lebenskraft der Gewebe. Schnitt-
wunden blieben oft tagelang unverändert. Die Bubonen brauchten
meist 1 — 3 Monate bis zur Heilung. Oft lag die völlig abgestoßene
Drüse inmitten der Eiterung. Frühzeitige Eröffnung der Drüsen-
eiterung ergab die besten Erfolge. Vor allem wurde der Hebung der
Körperkräfte Sorge gewidmet. Bei der mongolischen Rasse wurden
nicht selten Keloidgeschwülste bei der Vernarbung festgestellt. In
seltenen Fällen erfolgte nach mehrtägigem Benommensein schnelle
Genesung.
Von den Todesursachen kam nicht selten plötzliche Herz-
lähmung im Anschluß an geringe Körperanstrengungen zur Beobachtung,
ferner allmählich zunehmende Herzschwäche mit Lungenödem , Er-
stickung durch ausgedehnte Entzündungen der Halsgegend, wobei die
Tracheotomie zumeist unausführbar war, seltener große Blutungen
aus den Lungen und aus den von der Eiterung betroffenen großen
Schenkeladern, endlich hin und wieder Pyämie.
Von den bekannt gewordenen Erkrankungen endeten tödlich:
von 2619 Chinesen 93,4 Proz., von 11 Europäern 18,2 Proz., von
10 Japanern 60 Proz., von 13 Indern 7,7 Proz. Die große Sterblichkeit
der Chinesen erklärt sich aus der mangelnden ärztlichen und körper-
lichen Pflege. Die genesenen Fälle waren zumeist von Anfang an in
Behandlung gewesen. Die größere Sterblichkeit des weiblichen Ge-
schlechts war dadurch bedingt, daß die Frauen in den ungesunden
Wohnungen sich dauernd aufhielten, während der Mann denselben
während der Arbeit fern blieb.
Von den Maßnahmen gegen die Verbreitung der Seuche
seien folgende hervorgehoben. Es wurden sorgfältige Bestim-
mungen zum Schutz des Pflegepersonals erlassen und keine Aus-
gaben für besondere Reinlichkeit und Körperpflege desselben ge-
scheut. In den Freistunden mußten die Wärter möglichst weit vom
Hospital entfernt sich aufhalten. Für die Wäscher und Desinfektoren
wurde das Tragen von Respiratoren vorgeschrieben. Der Verf. be-
dauert, daß er nicht regelmäßig die Entfernung der Gesunden aus
den angesteckten Häusern habe erreichen können. Gleich zu Anfang
der Seuche, am 11. Mai, wurde das Hospitalschiff „Hygieia“ in die
Nähe des Ufers gebracht und zunächst mit den Kranken des chine-
sischen Hospitals Tung Wah, darauf mit den Europäern und Ja-
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Rotz.
613
panern belegt. Es bewährte sich, besonders auch während der Re-
konvnlescenz, vorzüglich. Nach der am 15. Mai entdeckten Flucht
des größten Teils des Pflegepersonals wurden nur mit großer Mühe
ueue Hilfskräfte gewonnen. Unter diesen sind insgesamt nur 3 Todes-
fälle vorgekommen. Krankenbesuch in den Hospitälern durfte nur
in Begleitung von Polizisten und für 5 Minuten erfolgen, wobei Be-
rührung der Kranken verboten war. Wer Angehörige selbst zu
pflegen wünschte, mußte sich uuter die Wärterschaft aufnehmen
lassen und allen dafür gütigen Vorschriften nachkommeu.
Hinsichtlich der schmutzigen chinesischen Hütten war leider nur
für einen Stadtteil die Niederreißung zu erreichen; ein Orkan im
September leistete hierfür weitere gute Dienste. Auf Grund eigener
bakteriologischer Versuche tritt Verf. entschieden der Angabe Yer-
s i n ’s entgegen, welcher im Erdboden ungiftige Pestbacillen gefunden
haben will. Er selbst fand den Pest bacillus in 1—20 Zoll Tiefe
niemals, wohl aber eine ähnliche, in der Kultur jedoch unterscheid-
bare Art. Ein günstiger Einfluß der erst teilweise fertiggestellten
Kanalisation in Gestalt geringerer Ansteckung der abgeschlossenen
Häuser war nur andeutungsweise erkennbar.
Verf. führt zum Schlüsse eine Reihe von Vorschlägen zur gründ-
lichen Verbesserung der gesundheitlicheu Verbältnisse^Hongkoogs an,
unter welchen die Forderungen der allgemeinen Kanalisation, der
regelmäßigen Straßenreinigung und der Schließung sämtlicher Bruunen
hier hervorgehoben seien.
ln einem Anhang ist ein für europäische Leser belustigend
wirkender Aufruf der chinesischen Behörden zum Kampf gegen die
Seuche mitgeteilt, der von abergläubischen Ansichten voll ist. (Der-
findet sich wörtlich übersetzt in der Deutschen medizinischen Wochen-
schrift 1897 No. 12.) Daß es auch in China hygienisch dämmert,
geht aus der Aufforderung hervor, „reinigende Substanzen in die
Brunnen zu schütten, in welche die schmutzigen Stoffe toter Ratten
von den Kanälen her gelangt seien“. Doch sind die hierbei ge-
nannten reinigenden Stoffe noch keineswegs als wirkliche Desinfektions-
mittel anzusehen. Kurth (Bremen).
Busehke, Ueber chronischen Rotz der menschlichen
Haut nebst Bemerkungen über die Anwendung des
M allein beim Menschen. (Archiv für Dermatologie und
Syphilis. Bd. XXXVI. Heft 3.)
In der Abhandlung beschreibt Verf. einen Fall von chronischem
Rotz beim Menschen, der sich auf eine Extremität lokalisiert hatte.
In der Litteratur existieren bereits 4 ähnliche Fälle, welche von
Beriner resp. Hallopeau, Jeanselme und Neisser beschrieben
sind. In allen Fällen war der Verlauf ungemein chronisch — ein
Fall bis 6 Jahre. Auffällig war das Auftreten von intramuskulären,
subkutanen und subperiostalen Abscessen. Endlich war allen ge-*
meinsam die Lokalisation im Gesicht am Naseneingang.
Die Diagnose „Rotz“ ist nicht so einfach zu stellen. B o n o in e
unternahm es als erster, das Malleln als diagnostisches Hilfsmittel
sowie auch therapeutisch in Anwendung zu ziekeu, Bon o me kou-
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614
Kotz. — Aktioomyko&e.
statierte seinerzeit heftige Reaktion schon auf kleine Dosen, itn Ver-
laufe der Behandlung schwächte sich die Wirkung ab, gleichzeitig
schritt Besserung einher.
Auch Verf. beabsichtigte das Mallei'n bei seinem Patienten zu
verwenden. Da sich indes die Beschaffung desselben verzögerte, so
wurde zur Operation geschritten. Als später der Impfstoff beschafft
war, wurde Patient nach der Operation verschiedene Male mit ver-
schieden großen Dosen geimpft. Reaktion trat nicht ein. Pat. er-
schien auch nach 18 Monaten noch als aesund. Erwähnt mögen noch
die Schlüsse sein, die Verf. aus dieser Beobachtung ziehen zu können
glaubt.
1) Es giebt neben den au und um die Nasenschleimhaut sich
lokalisierenden Fällen von chronischem Rotz mit meistens multiplen
Herden im Körper einen auf eine Extremität lokalisierten Rotz.
2) Die aus den Rotzneubildungeu hervorgehenden RotzgeschwQre
haben an sich wenig oder gar nichts Charakteristisches, sie gleichen
fast vollkommen Geschwüren, welche aus syphilitischen Neubildungen
entstehen.
3) Die Diagnose wird gestellt durch die bakteriologische Unter-
suchung, und zwar das Straus ’sche Verfahren der intraperitonealen
Impfung, was aber auch dahin zu ergänzen ist, daß die aus dem
Hodeneiter gewonnenen Bacillen durch Färbung und Kultur mit Rotz-
bacillen zu identifizieren sind (cf. die Arbeit von Kutscher,
Zeitschrift für Hygiene. Ref.)
4) Das Mallein ist möglicherweise auch für den menschlichen
Rotz als diagnostisches und prognostisches Mittel verwertbar.
5) Therapeutisch ist bei ganz lokalen Herden oder auch bei
multiplen Herden, wenn sie einer radikalen Therapie zugänglich sind,
eine Exstirpation im Gesunden, Verschorfung mit dem Paquelin, wo-
möglich in Blutleere ausgeführt, indiziert. 0. Voges (Berlin).
Ransom, W. B., A case of actinomycosis of the orbit,
with a summary of seven other cases of actino-
mycosis. (British Medical Journal. 1896. No. 1852.)
Fairweatter, The progress and treatment of a case of
actinomycosis commencing in the vermiform ap-
p endix.
Beiträge zur Kasuistik des Actinomyces mit zum Teil seltenerer
Lokalisation. Krankengeschichte und Behandlung sind genau an-
gegeben; desgl. in dem Falle von Orbitalerkrankung der Obduktions-
befund. Beachtenswert ist in diesem vielleicht, daß der wahrschein-
liche Ausgang der Erkrankung von einem schlechten Zahn, da ein
Kanal zwischen der Orbita und dem Zahnfleisch des Oberkiefers sich
vorfand, sowie ferner die Ausbreitung des Prozesses von der erkrankten
rechten Orbita längs des Sehnerven auf Großhirn und Kleinhirn. Die
in ersterer Publikation summarisch gegebenen anderweitigen Fälle
betreffen verschiedene Teile des Gesichts, des Halses und Nackens,
sowie zwei Perityphlitiden. Frosch (Berlin).
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Tierische Parasiten.
615
Rapisarda, 0., Contrihuto alla casistica d e 1 1 * anchilo-
stomo-anemia. (La Rif. med. 1896. No. 95.)
Die hier gegebene Krankengeschichte betrifft einen Schwefel-
arbeiter, welcher während des Aufenthaltes auf der internen Klinik
in Catania über 800 Anchylostomen in den Stuhlgängen entleerte.
Der Hämoglobingehalt war auf 30 Proz., die Zahl der roten Blut-
körperchen auf 1 500000 gesunken. Die Behandlung mit Thymol
und Filix mas brachte vollständige Heilung.
Kamen (Czernowitz).
de Quervain, Ueber Fremdkörpertuberkulose des Peri-
toneums bei unilokulärem Echinococcus. (Centralbl. für
Chirurgie. 1897. p. 1.)
Verf. schildert einen bei einem 19-jährigen Patienten beobachteten
Fall, der wenige Wochen nach Ruptur der Cyste zur Operation ge-
langte. Es werden die genaueren makroskopischen und mikroskopi-
schen Befunde der Erkrankung beschrieben, die der bacillftren Tuber-
kulose sehr ähnlich erscheinen. Die Knötchen — bei der Operation
wurde ein kleines, Knötchen enthaltendes Netzstück entfernt — be-
stehen aus Riesenzellen, epitheloiden Zellen und kleinen Rundzellen,
im Centrum findet sich ein deutlich erkenntliches Stück Echino-
coccusmembran; manche größere Knötchen zeigen Verkäsung. Qu.
hält diese Art der Fremdkörpertuberkulose für gutartig, da sie sich
nicht anders verhält, wie jede aseptische Fremdkörpertuberkulose.
W. Kempner (Berlin).
Kratter, J. und Böhmlg, L., Ein freier Gehirncysticercus
als Ursache plötzlichen Todes. (Beiträge zur pathologischen
Anatomie und zur allgemeinen Pathologie. Bd. XXI. p. 25 — 42.
Taf. III.)
In dem medizinisch wie zoologisch in gleichem Maße Interesse
bietenden Aufsatz berichtet Kratter über den pathogischen Befund
bei der Obduktion eines plötzlich verstorbenen dreizehnjährigen
Knaben. Als Todesursache mußte die Gegenwart eines freiliegenden
Blasenwurms im dritten Ventrikel betrachtet werden. Die Blase
besaß Größe und Gestalt eines kleineren Vogeleies, sie verlegte voll-
kommen den Eingang zum Aquaeductus Sylvii. Der Tod ist an Hirn-
druck, bei hochgradigem, durch den Fremdkörper veranlaßtem
chronischem Hydrocephalus internus eingetreten. Ueber den Modus
der Infektion ließ sich nichts ermitteln. Es wird an Hand der
Litteratur der Nachweis erbracht, daß freie Gehirncysticerken nicht
allzu selten zur Todesursache geworden sind , allerdings in den
meisten Fällen erst, nachdem sich längere Zeit zuvor mehr oder
weniger schwere Krankheitserscheinungen eingestellt hatten. Außer
vom pathologischen und forensischen Gesichtspunkte aus verdient
der beschriebene Fall auch Beachtung wegen der selten vorkommenden
Lokalisation des Parasiten im dritten Gehirnventrikel. Die Selten-
heit des Vorkommens von Finnen im dritten Ventrikel und ihre
relative Häufigkeit in der 4. Gehirnkammer erklärt Kratter durch
anatomische Verhältnisse. Die Sylvi’sche Wasserleitung gestattet
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GIG
üntersuchuDK&metbodon, Instrumente etc.
dem Cysticercus bis zu einer gewissen Entwickelungszeit deu Uebcr-
tritt vom dritten in den vierten Ventrikel, während sich einer weiteren
Wanderung das geringe Lumen des centralen Rückenmarkskanals
hindernd entgegenstellt.
Der plötzlich eintretende Tod mit schweren Erscheinungen in
den letzten Stunden bei einem Patienten, der vorher nur geringfügige
Krankheitssymptoroe gezeigt hatte, findet seine anatomische Be-
gründung zum guten Teil in der Annahme einer rein mechanischen
Druckwirkung der Finnenblase auf die Vena magna Galeni nahe
ihrem Eintritt in den Sinus rectus. Diese Druckwirkung kann all-
mählig oder plötzlich durch Verschiebung des freiliegenden Fremd-
körpers eingetreten sein. In beiden Fällen wird der ganze oder teil-
weise Verschluß der Vena magna durch Unterbindung des Blutab-
flusses eine rasche Zunahme der Flüssigkeitsansammlung in den tie-
hirnventrikeln bedingen; die Stauung wird ihrerseits wieder den
plötzlichen Tod unter Hirndruckerscheinungen hervorrufen.
Die helminthologische, durch Böhmig ausgeführte Untersuchung
ergab für den betreffenden Blasenwurm eine selten beobachtete Miß-
bildung des Scolex. Derselbe setzte sich traubenförmig aus einer
größeren Zahl von Bläschen zusammen; die Traube befestigte sich
durch einen Stiel an der Innenfläche der Blascnwand. Wenn anch
Haken und Saugnäpfe an keiner Stelle des Gebildes entdeckt werden
konnten, so sprach doch die Buckelung der äußeren Blasenfläche und
besonders die Histologie der Blasen wand deutlich für die Cysticercus-
natur des vorliegenden Gebildes. Es dürfte, nach Böhmig, vielleicht
nicht unmöglich sein, zwischen dem beschriebenen Blasenwurm und
gewissen Formen racemoser Cysticerken einen Zusammenhang zu
finden. Durch Sprengung und Rückbildung der Blasenwand hätte
der geschilderte Cysticercus racemosus Aussehen erhalten
können. F. Zschokke (Basel)
Untersuchungsmethoden, Instrumente etc.
Siegert, Ueber die Bedeutung der Widal’schen Serum-
Diagnose für die Lehre vom Typhus abdominalis des
Kindesalters. (Münch, med. Wochenschr. Id97. No. 10. p. 250.)
Da der Typhus abdominalis im Kindesalter oft gänzlich von der
Norm abweicht, so ist für dessen Differentialdiagnose das Widal-
sche Verfahren von ganz besonderem Werte. Die Zuverlässigkeit
dieser Serumdiagnose wurde auch in der Straßburger Kinderklinik
bei allen Fällen von Typhus abdominalis der letzten Zeit ohne Aus-
nahme bestätigt. Besonders interessant sind darunter zwei Beispiele.
Es handelt sich um Brüder im Alter von 9 1 /* und 10V, Jahren,
welche im Verlaufe weniger Monate in der Kinderklinik zur Behand-
lung kamen. Der erstere war mit der Diagnose Perityphlitis in die
Klinik geschickt worden, wo er 4 Tage mäßig hohes Fieber bei sehr
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Untersuchungsilietboden, Instrumente etc.
617
frequentem, kleinem, niedrigem Puls und hartnäckige Obstipation
zeigte. Angesichts des nun folgenden Krankheitsbildes: Ganz un-
regelmäßig remittierendes Fieber bei stets ganz kleinem, niedrigem,
frequentem Puls, vergrößerte Inguinaldrüsen, andauernde Stuhl-
verstopfung und Fehlen aller subjektiven Beschwerden, lag der Ge-
danke an eine Tuberkulose der Mesenterialdrüsen resp. Retroperi-
tonealdrüsen am nächsten. Zur Typhusdiagnose fehlten alle für diese
Krankheit charakteristischen Symptome. Typhus war daher trotz
der Anamnese: 14 tägige fieberhafte Erkrankung mit Obstipation;
wegen des Befundes bei der Aufnahme, des behaupteten akuten Ein-
setzens der Erkrankung und wegen des beschriebenen Verlaufes aus-
geschlossen worden.
Bei dem anderen Bruder hatte man in Anbetracht der Anamnese
und der Roseola-ähnlichen Flecken am Abdomen bei der Aufnahme
zunächst die Wahrscheinlichkeitsdiagnose Typhus abdominalis gestellt.
Indessen entsprach in der Folge der Verlauf der Kurve dieser Krank-
heit nicht.
Ebenso, wie sein Bruder, zeigte auch er hartnäckige Obstipation,
Schwerhörigkeit, sowie kleinen, sehr niedrigen und weichen Puls und
ebenso fehlte ein Milztumor und die Roseola vom 9. Behandlungstage
an. Dagegen stellte sich jetzt bei subnormaler Temperatur eine
größere Anzahl meningitischer Symptome ein, wobei wiederum gegen
Meningitis tuberculosa der Fieberverlauf, die fehlende Nackenstarre
und vor allem die vorübergehende Albumosurie und Albuminurie
sprach.
Erst das Wi dal 'sehe Verfahren brachte Klarheit: Mikroskopisch
wie makroskopisch waren 1 / ls , l l 60 und l / 100 durchaus positiv.
Nunmehr wurde angesichts der Aehnlichkeit beider Krankheits-
bilder nach Verlauf von 6 Wochen auch das Serum des
jüngeren Bruders untersucht und auch hier noch ergab sich die
Gruber’sche Reaktion bei */ tt> und l / 50 absolut positiv.
Nach diesen Beobachtungen empfiehlt Verf. in allen Fällen, wo
die Diagnose zwischen fieberhafter Obstipation, Pneumonie, Meningitis,
tuberkulöser Peritonitis oder Typhus schwankt, das Widal’sche Ver-
fahren anzuwenden. Deeleman (Berlin).
Jez, V., Ueber die Bedeutung der W;idal’schen Sero-
diagnostik. (Wiener med. Blätter. 1897. No. 3.)
Verf. benutzte zu seinen Untersuchungen 24 Stunden alte Typhus-
kulturen in Bouillon, die stets zuvor im hängenden Tropfen auf ihre
Lebensfrische und Beweglichkeit untersucht wurden. Das Blut wurde
durch Einstich des Ohrläppchens mittels der zu dem Hower 'sehen
Hämoglobinometer gehörigen Pipette entnommen und zur Gerinnung
stehen gelassen. Gleichzeitig legte er dem Patienten ein Empl.
cantharid.auf eine beliebige Körperstelle, wodurch er nach 9 — 10 Stunden
eine mit viel Serum erfüllte Blase bekam. Das Serum wurde dann
mittels P r a v a z spritze in kleine, sterilisierte Eprouvetten gegeben.
Er stellte so zwei Serumsorten her, eine aus dem Blut direkt,
eine andere aus der Blase; uud zwar eine Serie vom gesunden
Menschen, die andere von einem in der 3. Woche stehenden Typhus-
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618
UnterouchaogamethodeD, Instrumente etc.
kranken. Zur Prüfung nahm er die 24 Stunden alten Typhusbouillon-
kulturen, die im Thermostat bei 37° und die in der Zimmer-
temperatur gewachsen waren.
In beiden Fällen war die Bouillon gleichmäßig getrübt und die
Bacillen zeigten unter dem Mikroskope sehr lebhafte Bewegungen.
Er stellte nun 8 Mischungen her:
1) Typhusbouillonkulturen aus dem Thermostat + Typhusserum
aus dem Blute.
2) Typhusbouillonkulturen aus dem Thermostat -+■ Typhusserum
aus der Vesicansblase.
3) Typhusbouillonkultur aus dem Thermostat -f- normales Blutserum.
4) Typhusserum aus dem Thermostat Normalserum aus der Blase.
Ferner machte er noch 4 solche Mischungen mit Typhusbacillen-
kulturen, die bei Zimmertemperatur gezüchtet wurden. Das Verhält-
nis von Serum zu Typhuskultur war = 1:10.
Die Versuche führten zu dem Ergebnisse, daß die Temperatur,
in welcher die Bacillen gezüchtet werden, keinen Ein-
fluß auf die Resultate der Widal’schen Probe ausübt
und ferner, daß das Blutserum ganz ähnlich wie Serum
aus der durch Emplastr. cantharid. erzeug ten Blase
wirkt.
Er prüfte nunmehr die serodiagnostisebe Reaktion bei folgenden
Krankheiten :
1) Pneumonia crouposa 3 Fälle,
2) Perityphlitis 1 Fall,
3) Bronchitis infectiosa 2 Fälle,
4) Typhus abdominalis 4 Fälle,
5) Meningitis tuberculosa 1 Fall,
6) bei gesunden Menschen.
Als Serum benutzte er dazu das aus der Blase gewonnene. Er
kam dabei zu dem Resultat, daß manche Normalsera auf die Typhus-
bacillen in Bouillou in der Weise wirkeu, wie das W idal für Typhus-
serum als charakteristisch bezeichnet, ln Fall 1 — 3 erhielt er stets
negative Resultate. In den 4 Fällen von Abdominaltyphus fiel die
Reaktion positiv aus.
Verf. führt nun den interessanten Fall von Leptomeningitis
tuberculosa aD, wo am 2. Tage des Spitalaufenthalts die Widal’sche
Reaktion ganz unzweideutig positiv ausfiel: In mikroskopischen
Präparaten wurde nach einer ’/< Stunde keine Bewegung der Typhus-
bacillen mehr gesehen, und überall waren sie in Häufchen zusammen-
geballt. Die nach 24 Stunden untersuchten Serum-Typhusbouilloo-
gemische zeigten ganz klare Flüssigkeit uDd am Boden
waren größere und kleinere Flocken und Häufchen
deutlich sichtbar. Kontroll versuche waren negativ. Die Ansicht,
daß es sich somit eventuell um eiuen Meningotyphus handeln könne,
wurde durch die ObduktioD widerlegt, welche lautete : Leptomeningitis
basilaris tuberculosa; Hydrocephalus internus acutus; Tuberculosis
apicis pulmonum bilateralis; Nephritis parenchymatosa chronica;
Hydronephrosis dextra.
Er kommt im Hinblick auf seine bisherigen Erfahrungen und die
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Unter snchan£*methoden, Instrumente etc.
619
diesbezüglichen Beobachtungen von Achard, Beusaude, Stern,
Breuer, Gruber u. a. zu dem Schlüsse, daß 1. die Widal'sche
Reaction kein verläßliches Symptom des Abdominal*
typhus darstellt, 2. daß die Serumreaktion keine
strenge Spezifität besitzt. Deeleman (Berlin).
Conrmont, Paul, Repartition, formation et destruction
de la substance agglutinante chez les typhiques. (La
Semaine mddicale. 1897. p. 105.)
Bei 9 zur Sektion gelangten Typhusfällen hat C. die agglutinie-
rende Kraft des Blutes und der verschiedenen Organsäfte gemessen.
Er fand, daß im cirkulierenden Blute das Maximum der agglutinierenden
Substanz aufgespeichert war. Thyreoidea und Ovarium schienen ohne
Einfluß auf die Substanz zu sein. Die äußeren Sekretionsdrusen, wie
die Nieren, scheiden die Substanz in wechselnden Mengen aus. Leber
und Milz zerstören große Mengen.
Ahlefelder (Charlottenburg).
Schutzimpfung, künstliche Infektionskrankheiten, Entwick-
lungshemmung und Vernichtung der Bakterien etc.
Behring, E., Antitoxintherapeutische Probleme. (Fort-
schritte der Medizin. 1897. No. 1.)
I. Vermeidung der Üblen Nebenwirkungen des Diphtherieheil-
serums. Zur Vermeidung der bekannten Nebenwirkungen konzentriert
B. jetzt das Serum durch Ueberführung in feste Form, nachdem sich
herausgestellt hat, daß das hochwertige Diphtherieserum, welches
durch Höhertreibung der Immunität der serumliefernden Tiere ge-
wonnen wurde und bis zu 600 Einheiten im Kubikcentimeter enthielt,
nicht genügend haltbar ist. Die trockenen Präparate sind in Wasser
leicht löslich und enthalten kein Konservierungsmittel. Der Mindest-
wert von einem Gramm solcher Präparate ist — 5000 Antitoxinein-
heiten. Besonders für die Immunisierung von diphtheriebedrohten
Menschen bieten dieselbe große Vorteile. Zur Einspritzung von
250 Einheiten wären von oben genanntem Präparat nur 0,05 g not-
wendig, die, in mehreren Kubikcentimeter Wasser gelöst eine Flüssig-
keit abgeben, von der Behring überzeugt ist, daß sie von der Neben-
wirkung des Serums völlig frei ist
II. Die Verteilung und Ausscheidung des Diphtherieantitoxins
hei gesunden Tieren und beim Menschen, nebst Bemerkungen über
immunitätverleihende Antitoxinwirkung. — Behring hat bekannt-
lich stets den Standpunkt vertreten, daß das dem menschlichen Körper
durch Einspritzung des Diphtherieserums zugeführte Antitoxin als
solches unverändert in der Säftemasse cirkuliert, ohne an irgend-
welche Körperbestandteile gebunden zu werden. Durch höchst exakte
Versuche an verschiedenen Tieren konnte Behring feststellen, daß
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620 Schutzimpfung, künsti. Infektionskrankheiten, kotwickeluogsheinmung etc.
das Blut normaler Tiere, denen Diphtherieserum eingespritzt war,
tagelang unverhältnismäßig viel mehr Antitoxine enthielt, als es hätte
enthalten können, wenn etwa das eingespritzte Antitoxin sich gleich-
mäßig im ganzen Körper verteilt hätte.
Außerdem gelang es ihm, nachzuweisen, daß das Antitoxin vom
4. Tage an beginnt aus dem Blute zu verschwinden und daß nun-
mehr der Harn und die Milch der betreffenden Tiere antitoxinhaltig
wurden* Auf dieselbe Weise konnte, wie Behring mitteilt, auf
der H e u b n e r’schen Klinik festgestellt werden, daß bis zu 3 — 4 Wochen
nach der Injektion von Diphtherieserum beim Kinde noch eine gewisse
Menge Antitoxin im Blute nachgewiesen werden kann, nachher aber
nicht mehr. Bei intravenöser Injektion des Antitoxins trat der Zeit-
punkt, in dem das Blut den höchsten Antitoxingehalt aufwies, früher
ein, bei intrastomacbaler oder intrarektaler Einverleibung war über-
haupt eine Resorption nur dann zu konstatieren, wenn Verletzungen
der Schleimhaut Vorlagen. Nach Behring geht also die ganze sub-
kutan injizierte Antitoxinmenge in das Blut des injizierten Individuums
über, ohne an irgend einer Stelle des Körpers eine chemische Bindung
(z. B. mit Zellen) einzugehen. Ueber eine neue Terminologie zur
leichteren Uebersicht über die gewonnenen Versuchsresultate ist das
Original einzusehen.
III. Die Verteilung des Diphtheriegiftes und des Tetanusgiftes
ira tierischen Organismus. — Hier konnte Behring feststellen, daß
eine um so größere Menge des injizierten Giftes im Blute der injizierten
Tiere nachzuweisen ist, je stärker empfindlich die betreffende Tierart
gegen das betreffende Gift ist So konnte nach Knorr bei den wenig
tetanusgiftempfindlichen Kaninchen nur sehr geringe Mengen Tetanus-
gift iro Blut wieder aufgefunden werden, bei sehr tetanusgiftempfind-
lichen Meerschweinchen dagegen erschien bei starken Vergiftungen
fast die ganze Menge im Blute wieder. Ebenso verhielten sich bei
Versuchen Wernicke’s gegenüber dem Diphtheriegift das empfind-
liche Meerschweinchen und die unempfindliche Maus.
H. Kossel (Berlin).
Dzlerzgowski, S., lieber den Gehalt an Antitoxin in den
Körperflü ss igkeiten und den einzelnenOrganen gegen
Diphtherie immunisierter Pferde. (Archiv für experi-
mentelle Pathologie und Pharmakologie. Bd. XXXVIII Heft 34.)
Die Untersuchungen bilden eine wertvolle Ergänzung der oben
referierten Behring 'sehen über passiv immunisierte Tiere. D. hat
es sich zur Aufgabe gestellt, bei den aktiv immunisierten Tieren die
Lokalisation des Antitoxins im Körper zu studieren, um eventuell
daraus Schlüsse auf die Bildungsstätte des Antitoxins ziehen zu können.
Die Resultate waren kurz zusammengefaßt folgende. Den höchsten
Gehalt an Antitoxin wies das Blutserum und seröse Flüssigkeiten auf,
wie z. B. der Inhalt des Graaf 'sehen Follikels und das seröse Muskel-
infiltrat an der Injektionsstelle des Giftes. Von den Organen ent-
hielten am meisten Antitoxin die Nieren, dann in absteigender Reihe
Ovarium, Nebennieren, Speicheldrüsen und Lymphdrüsen, Leber, Milz,
Schilddrüse, Muskeln, Rückenmark, Gehirn und Knochenmark. Den
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Schutzimpfung, künsti. Infektionskrankheiten, Kntwickelungshemmung etc. 021
geringsten Gehalt an Antitoxin zeigten die weißen und roten Blut-
zellen. Im Herzmuskel war mehr Antitoxin vorhanden, als im Körper-
muskel. Der hohe Gehalt der Nieren an Antitoxin kommt nach Verf.
dadurch zustande, daß diese die Ausscheidung des Antitoxins besorgen,
was sich auch darin zeigt, daß der Harn antitoxinhaltig wird. Nach
Verf. wird das Antitoxin wahrscheinlich durch Oxydation aus dem
Diphtheriegift gebildet, wofür der hohe antitoxische Wert der serösen
Flüssigkeit an der Injektionsstelle des Giftes spricht, welcher dem
des Blutserums gleichkommt. Die sichere Feststellung des Ortes der
Antitoxinbildung bleibt nach Verf. weiteren Untersuchungen Vorbehalten.
H. Kossel (Berlin).
Krumbein. R., Der Einfluß des Heilserums auf dieDiph-
therie. (Inaug.-Diss.) Jena 1895.
Die sehr sorgfältige Zusammenstellung enthält die Ergebnisse
der Heilserumbehandlung in 62 Fällen, welche in der Zeit von August
1894 bis April 1895 auf der medizinischen Klinik zu Jena unter
Stintzing’s Leitung zur Beobachtung kamen. Da die meisten der
in dieser Frage in Betracht kommenden Gesichtspunkte in derselben
Weise behandelt und erledigt sind, wie bei zahlreichen anderen in-
zwischen aus Krankenhäusern veröffentlichten Arbeiten, so
genügt es, hier folgende Zahlenangaben anzuführen. Von 120 aus
der Zeit von 1891 bis Juli 1894 beobachteten Diphtheriefällen starben
33,3 Proz., und zwar von den ersten 60 : 40 Proz., von den letzten
60: 26,7 Proz., dagegen von den 62 mit Heilserum behandelten
20,9 Proz. Die Häufigkeit der Tracheotomie sank von 53,3 Proz.
auf 25,9 Proz, die Sterblichkeit der Tracheotomierten von 53,6 Proz.
auf 43,7 Proz. Von den in den ersten 3 Krankheitstagen mit Heil-
serum Behandelten starben 14,7 Proz., von den später Behandelten
35,7 Proz.
Die bakteriologische Diagnose wurde 50 mal gestellt, und zwar
sowohl durch Färbepräparate, wie mittels der Kultur, letzteres in
mehr als 36 Fällen. — Nachteilige Wirkungen der Einspritzung
wurden 2 mal festgestellt, nämlich ein schnell wieder verschwindender
Hautausscblag und ein Streptokokkenabsceß an der Impfstelle.
Kurth (Bremen).
Smirnow. 31. G. A., D’une antitoxine artificielle de la
diphthörie. (Archives des Sciences biologiques publicös par 1*
Institut imperial de mädecine experimentale de St. P6tersbourg.
Tome IV No. 5.)
Unter diesem Titel bringt Smirnow weitere Untersuchungen
über die Erzeugung von „Antitoxinen“ durch Elektricität. Er hat
sich bemüht, eine Versuchsanordnung zu schaffen, die eine sichere
Ausbeute von „Antitoxin“ bei jeder Elektrolyse von Diphtheriegift
gewährleistet. Er hat sich davon überzeugt, daß die Menge des An -
titoxins, welches sich am positiven Pole bildet, in direkter Abhängig-
keit steht von der Dauer der Zeit, während welcher das Diphtherie-
gift der Einwirkung des an diesem Pole entstehenden Chlors ausge-
setzt ist. Sein Verfahren ist jetzt folgendes ; Er elektrolysiert das
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622 Schutzimpfung, künatl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmung etc.
Diphtheriegift zunächst mit Zusatz von 0,5 Proz. Kochsalz unter An-
wendung von Kohlenelektroden. Nach 7 Stunden ersetzt er die Kohlen-
elektroden durch silberne, um das Chlor auszuscheiden und wiederholt
die Elektrolyse nach einigen Stunden, nachdem er Alkali zu der
Flüssigkeit am positiven Pole hinzugesetzt hat. Ferner bringt er
unterhalb des positiven Poles einen Wattebausch an, um den Teil
der Flüssigkeit, welcher sich „entre les extr6mit6s des deux Mectrodes“
befindet und der gewöhnlich giftig bleibt von der übrigen Menge ab-
zutrennen.
Das auf diese Weise mit Sicherheit zu gewinnende „Antitoxin“
entfaltet seine Wirksamkeit noch bei vorgeschrittener Infektion der
Meerschweinchen mit Diphtheriebacillen, zu einer Zeit, wo das Serum
seinen Dienst bereits versagt. 12 mitgeteilte Experimente an Meer-
schweinchen sollen dies beweisen; 10 behandelte Tiere bleiben am
Leben, zwei Kontrolltiere, von denen eins allerdings eine 6 mal so
große Dosis als die behandelten bekommen hat, starben.
Ueber die Natur des Vorganges, welcher aus dem Toxin das
„Antitoxin“ macht, glaubt S., daß das „Antitoxin“ nicht durch eine
spezifische Wirkung der Elektricit&t entsteht, sondern durch gegen-
seitige chemische Einwirkung der organischen Substanzen der Bouillon
und der Produkte der Elektrolyse der zugefügten Salze. L'&ntitoxine
n’est que du poison oxydd on hydroxyle. DasmagfürdasSmirnow’sche
„Antitoxin“ stimmen; für das, was man sonst unter Antitoxin ver-
steht, dürfte es jedoch noch nicht erwiesen sein. Jedenfalls unterscheidet
sich das Smirnow’sche „Antitoxin“ von denjenigen Körpern, welche
wir mit Behring Antitoxine nennen, so erheblich, daß es zur Ver-
meidung von Irrtümern dringend wünschenswert wäre, wenn Smirnow
seinem Produkte einen anderen Namen gäbe. H. Kossel (Berlin).
Blcel, A., Sugli ottimi risultati dell’ intubazione nel
crup, dopo l’uso del siero antidifterico. (La Rif. med.
1896. No. 22.)
Verf. bestätigt die vorzügliche Wirkung des Heilserums bei
gleichzeitiger Intubation. Von 9 Fällen, die er so behandelt hat,
genasen 8, 1 starb. Die Intubationsdauer wurde unter dem Einflüsse
des Serums von 120 auf 28 — 68, im Mittel 53 Stunden, abgekürzt.
Kamen (Czernowitz).
Abba, II primo anno di cura col siero antidifterico a
Torino. (La Rif. med. 1896. No. 125.)
Das Jahr 1895 war das erste, in welchem das Diphtherieserum
ohne Unterbrechung angewendet werden konnte, da es in hinreichender
Menge von mehreren inzwischen in Italien errichteten Instituten ge-
liefert wurde. Der Einfluß dieser Behandlungsmethode auf die Sterb-
lichkeit an Diphtherie erhellt aus nebenstehender Tabelle.
Die wesentliche Verminderung der Sterblichkeit an Diphtherie
ist wohl kaum auf etwas anderes, als auf die Wirksamkeit des Serums
zurückzuführen und erreichte sie einen so hohen Grad trotz des
Umstandes, daß die Serumtherapie nur in ca. 65 Proz. der Erkran-
kungen in Anwendung kam. Dieselbe geschah in einigen Fällen auch
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Schutzimpfung, kiiustl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmang etc. 023
l";
Allgemeine !
. Mortalität
An Diphtherie gestorben:
Jahr
in o/o der uiigem.
Sterblichkeit
in °/«o der
Bevölkerung
in O/o der
i Diphtheriefälle
1888
7*30
*.4
0.58
69,3
1889
737*
1.6
0,58
63,0
1890
7337
1,*
0,28 {
61,1
1891
7313
1.9
0,43
67,6
189*
700*
1,6
0,37
56,3
1893
7013
1.7
0,37
41,9
1894
69*1
1,6
0,35
42,1
1888—1894
mittel
7*56
1,7
0.8»
•V,,9
1895
7154
M
0*2
81,8
mittels Applikation per rectum, da, wie die Versuche von Chaute-
messe und Ra nie 11 o ergaben, diese Art der Anwendung der sub-
kutanen Einverleibung vollkommen gleichwertig ist. Das Serum wird
zu dieser Applikationsweise mit etwas lauwarmem Wasser verdünnt.
Es empfiehlt sich auch, '/* Stunde vorher das Rectum mittels eines
Klysmas zu reinigen. Kamen (Czeruowitz). ,
Timaschew, S. M Resultate der Serumtherapie der Di-
phtherie in der Kinderklinik der Dniversi tat Tomsk.
(Wratsch. 1897. No. 5. p. 125—132.) [Russisch.]
Nach einer Analyse der Daten der laufenden Litteratur, die für
und wider die Serumbebaudlung der Diphtherie sprechen, führt Verf.
an, daß auf dem Diphtheriekongreß in Kasan, im August 1896, wo
Landschaftsärzte als Delegaten von 14 Wolgagouvernements auwesend
waren, über 15000 mit Serum behandelte Diphtheriefälle berichtet
wurde; dabei stellte es sich heraus, daß, dank dieser Therapie, die
Mortalität von den gewöhnlichen 50 Proz. auf 15 Proz. gesunken war.
Daher sprachen sich auch sämtliche anwesenden Aerzte für die Serum-
behandlung aus.
Ferner berichtet Verf. über 58 Injektionen von Serum aus dem
Institute für experimentelle Medizin in St. Petersburg, 18 mit Beh-
nng’s Serum und 9 Injektionen Aronson’scheu Antitoxins. Der
Vorzug wird den ersten beiden Präparaten gegeben, während Aron-
son’s Antitoxin ungleich in seiner Wirkung, häufig Exantheme nach
sich zog. Die Diphtheriediagnose wurde in jedem Falle durch das
Mikroskop, womöglich durch die Kultur, bestätigt, ln 12 Fällen
wurden die Kulturen noch an Meerschweinchen auf ihre Virulenz
geprüft und dabei stellte sich das interessante Faktum heraus, daß
iu 5 Fällen, wo die Rachenerkrankung sehr schwer war, die Kulturen
für Meerschweinchen sich wenig virulent erwiesen (0,1— 0,2 ccm einer
2-tägigen Bouillonkultur waren nicht tödlich). In einem anderen
Falle, wo die lokalen, sowie die Allgemeinsymptome nur schwach
beim Kinde ausgesprochen waren, war die Kultur für Meerschweinchen
lußerordentlich virulent (0,05 ccm war für ein Meerschweinchen von
300 g Gewicht tödlich). Dies Gift wurde zur Immunisierung von
Pferden behufs Darstellung von Serum von Dr. Butjatin ausgenutzt..
Verf. zieht daraus den Schluß, daß man aus den Lokalerscheinungen
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624 Untersuchungsmethoden etc. — Entwickelungshemmung der Bakterien etc.
den bezüglichen Fall nicht beurteilen kann, denn bei schwach aus-
geprägten Lokalerscheinungen kann schwere AUgemeininfektion vor-
handen sein und von solchen Fällen könne Propagation sehr virulenten
Materials vor sich gehen l ).
Was die Dosierung anbetrifft, so wurden Kindern unter 1 Jahr
so viel 100 I.-E. appliziert, als das Kind Monate alt war, von einem
Jahre an nie unter 1000 L-E. mit einem Male. Zuweilen war eine
Wiederholung der Injektion nötig. Trat die Behandlung zeitig ein,
so sank die Temperatur meist in 20 — 30 Stunden zur Norm, mit
parallel gehender Pulsverlangsamung und schnellem Rückgänge des
lokalen Prozesses. Weder Kollapse noch Nephritiden kamen zur Be-
obachtung. Sonst beschränkte sich die Therapie auf Gurgelungen
mit 3-proz. Borsäurelösung. Zu spät eingelieferte Fälle verliefen
wechselnd, meist lytischer Temperaturabfall und verzögerte Rekon-
valescenz.
Die beobachteten Fälle wurden in 2 Rubriken untergebracht:
1) Belege auf Mandeln, Rachen und im Pharyngonasalraum:
Bis za 1 Jahr
S
Kranke
1 Todesfall
33, SS
Pros.
Mortalität
Von 1 — 5 Jahren
16
ii
3 Todesfälle
*0,0
»»
i*
„ 5 — 10 „
18
it
3 „
16,66
t*
tt
„ 10-15 „
11
tt
1 Todesfall
9,09
t»
i»
über 15 „
8
»»
1
19,5
*»
t
65
Kranke
9 Todesfälle
16,36
Pros.
Mortalität
2) Mitergriffensein des Kehlkopfes und der Trachea.
Bis su 1 Jahr 4 Kranke 3 Todesfälle 75 Pros. Mortalität
Von 1 — 5 Jahren 8 „ 5 „ 62.5 ,, „
12 Kranke 8 Todesfälle 66,6 Pro*. Mortalität
Die große Mortalität der ersten 5 Lebensjahre in der ersten
Rubrik erklärt sich daraus, daß die Kinder meist spät in Behandlung
kamen.
16 Fälle der ersten Rubrik ohne Mischinfektion liefen in Ge-
nesung aus. Von 29 Fällen, wo Diphtheriebacillen -f- Kokken *) ge-
funden wurden, gingen 3 mit Tod aus; von 10 Fällen — Diphtherie-
bacillen -f- Streptokokken — 6 Todesfälle.
Von den 8 Todesfällen der zweiten Rubrik waren 6 .Mischinfek-
tionen mit Streptokokken.
Von den 12 Fällen der zweiten Rubrik : 8 tracheotomierte, davon
7 mit letalem Ausgange.
Ein Fall verdient besonderes Interesse : ein Knabe von 5 Jahren
wird wegen Stenose bei Larynx- und Trachealdiphtherie tracheotomiert,
erhält 2 mal 1000 I.-E. Serum und verläßt am 12. Tage gesund die
Klinik; nach weiteren 10 Tagen wird er mit einem Recidiv wieder
eingeliefert, tracheotomiert und erhält wiederum 1000 I.-E. Serum;
bis zum 3. Tage scheinbare Besserung, dann treten Lähmungen
1) Mir scheint der Umstand, daß ein Virus für den Menschen wenig, für ein Tier
hocbvirulent sich erweist, nsch den Erfahrungen von Koch und Petruschky über
Streptokokken, auch für die Sernmthcrapie bei Diphtherie bedenkliche Konsequenten in
»ich su bergen, da wir ein hochwertiges Serum fBr Tiere produeieren können, welches
für den Menschen vielleicht sehr minderwertig ist (Ref.).
*) Wahrscheinlich Staphylokokken su verstehen (Ref.),
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Schutzimpfung, knnstl. Infektionskrankheiten, Cntwickelungshemmung etc. 625
peripherer Nerven ein und gegen Abend Exitus letalis infolge von
Herzparalyse. Temperatur nicht über 37,5, Puls 108 — 126 in der
Minute.
Die Durchschnittsmortalität beläuft sich hier auf 25,3 Proz. Von
3 Fällen postdiphtheriseber Lähmungen werden 2 mit tödlichem
Ausgange näher geschildert.
Schmerz an der Injektionsstelle wurde 27 mal, Exantheme 38 mal
beobachtet; letztere meist von geringer Ausdehnung mit Jucken und
Temperatursteigerungen bis 38,5°. Den Grund des Auftretens von
Exanthem sieht Verf. in einer besonderen Empfindlichkeit des
Kranken, während das Serum an sich unschuldig sein soll. Auch in
2 Fällen von Diphtherie bei Masern sab Verf. guten Erfolg von der
Serumtherapie.
Er spricht sich zum Schlüsse sowohl für die therapeutischen,
wie für Präventivimpfungen aus. Ein Fall soll den W ert der letzteren
illustrieren. In einer Familie, Mutter und 4 Kinder, erkrankten
2 Kinder an Diphtherie; die Mutter und ein gesundes Kind werden
geimpft (200 I.-E) und bleiben gesund; das nicht geimpfte Kind
erkrankt schwer an Diphtherie. Ucke (St. Petersburg).
Koch. ß.. Ueber neue Tuberkulinpräparate. [Aus dem
Institut für Infektionskrankheiten.] (Deutsche med. Wochenschr.
1897, No. 14.)
Es ist bekannt, daß eine Immunisierung bei Tuberkulose nur dann
eintritt, wenn zahlreiche Tuberkelbacillen, wie bei Miliartuberkulose
und Meerschweinchentuberkulose, sich schnell im ganzen Körper ver-
breiten und mit den lebenden Geweben in Wechselwirkung treten.
Dm eine künstliche Immunität zu erreichen, mußten daher Verhält-
nisse angestrebt werden, die den eben geschilderten möglichst ähnlich
sind. Nun sind aber die Tuberkelbacillen in unverändertem Zustande
für Immunisierungszwecke nicht brauchbar. Es gelingt nicht, lebende
oder abgetötete Tuberkelbacillen in einigermaßen größerer Menge vom
subkutanen Gewebe, von der Bauchhöhle oder der Blutbahn aus, zur
Resorption zu bringen. Die toten Tuberkelbacillen verursachen, sub-
kutan injizirt, Eiterungen. Wenn sie auch in der Bauchhöhle von
Versuchstieren besser resorbiert werden und Koch auf diese Weise
deutliche Immunität bereits erlangte, so treten doch daneben stets
umschriebene Entzündungen mit ihren Folgen ein. Somit suchte
Koch nun die Tuberkelbacillen durch chemische Eingriffe re-
sorbierbar zu machen. Durch Behandlung derselben mit verdünnten
Mineralsäuren oder starken Alkalien in der Siedehitze gelang es
zwar, sie so zu verändern, daß sie in toto vom subkutanen Gewebe
aus in größeren Mengen langsam, aber vollständig resorbiert wurden.
Jedoch wurden irgendwelche Anzeichen von Immunität nicht erzielt.
Nunmehr suchte Koch, unter Verzicht auf die Gesamtmasse der
Tuberkelbacillen, resorbierbare Bestandteile aus denselben zu
extrahieren und diese für Immunisierungszwecke zu verwerten.
Zunächst versuchte er es mit einer Glycerinextraktion, welche zur
Auffindung des Tuberkulins führte. Die Eigenschaft desselben,
daß es, in sehr geringer Menge subkutan beigebracht, bei tuberkulös
tnu Abt. XXL HA. 40
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626 Schutzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Entwickelangsbemmung etc.
erkrankten Menschen und Tieren eine charakteristische Reaktion
auslöst, macht es zu einem wichtigen diagnostischen Hilfs-
mittel zur Erkennung der Tuberkulose in den frühesten Stadien.
Zumal zur frühzeitigen Diagnose der Rindertuberkulose (Perlsucht)
wird es heute in den meisten Kulturstaaten verwandt. Weiter er-
wies sich das Tuberkulin auch zur Behandlung der Tuber-
kulose von Wert. Nach jeder Tuberkulinreaktion tritt bis zu
einer gewissen Grenze eine unverkennbare Besserung des tuberkulösen
Prozesses ein. Leider erlischt jedoch bei Fortsetzung der Reaktionen
— oft vor der vollkommenen Heilung — allmählich die Reaktions-
fähigkeit und die Wirkung des Tuberkulins, so daß schließlich eine
vollkommene Immunisierung gegen dasselbe eintritt und monatelang
anhalteu kann. Nach Wiedereintritt der Reaktionsfähigkeit muß man
dann die Behandlung mit Tuberkulinreaktiouen bis zur weiteren
Besserung fortsetzen. Die Immunität ist eine reine Toxinimmunität,
aber keine bakterielle. Nach langen, mühsamen Versuchen gelang
es Koch endlich, wirklich bakteriell-immunisierende Prä-
parate aus den Kulturen der Tuberkelbacillen darzustellen. Zuuächst
stellte er ein Präparat durch Extraktion der Tuberkelbacillen mit
1 / 10 Normalnatronlauge dar. Er ließ die Tuberkelbacillen, in der
Lauge gut verteilt, 3 Tage lang bei Zimmertemperatur unter öfterem
Umrühren stehen, filtrierte die über den Kulturmassen stehende
Flüssigkeit durch Fließpapier und neutralisierte schließlich. Die so
erhaltene klare, schwach gelblich gefärbte Flüssigkeit war nicht ganz
frei von Tuberkelbacillen. Sie enthielt so viel davon, daß in einem
gewöhnlichen Deckglaspräparat 5—10 Bacillen im Gesichtsfeld zo
sehen waren. Dieselben lagen stets einzeln, nie in Haufen. Es
handelte sich dabei nur um sicher abgetötete Tuberkelbacillen, da
Koch durch Vorversuche bereits festgestellt hatte, daß Tuberkel-
bacillen in l / 10 Normal natronlauge schon nach 10 — 15 Stunden ab-
gestorben sind. Das Präparat wurde, weil es ein alkalisches
Extrakt war, der Kürze halber als T. A. bezeichnet. — Das T. A.
machte in kleinen Dosen ganz ähnliche Reaktionen, wie Tuberkulin,
nur waren dieselben von etwas längerer Dauer und die Reaktions-
fähigkeit blieb länger erhalten. Vor allem erwiesen sich die damit
erzielten Erfolge als beständiger, als die mit Tuberkulin erhaltenen.
Leider bildeten sich aber bei einer gewissen ziemlich hohen Dosis
Abscesse, die völlig steril waren und somit nur durch den Gehalt
des Präparates an toten Tuberkelbacillen bedingt sein konnten. Da
nun dadurch, dass bei einer gewissen Dosis des T. A. regelmäßig
Abscesse eintraten, erwiesen war, daß eine Immunisierung gegen die
in ihrer Form erhaltenen Tuberkelbacillen bei subkutaner
Applikation nicht zu erwarten ist, so versuchte Koch jetzt, die Re-
sorption durch mechanische Zertrümmerung der Tuberkel-
bacillen herbeizuführen. Schon vorher hatte er gefunden, daß die
Tuberkelbacillen 2 eigentümliche chemische Körper — ungesättigte Fett-
säuren — enthalten. Dieselben bilden eine zusammenhängende Schicht
im Körper des Tuberkelbacillus, schützen ihn gegen Eingrifle
von außen und bewirken, daß seine Resorption schwer vor sich geht.
Diese Hülle galt es zu zerstören. Koch zerrieb deshalb
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Schutzimpfung, kflnstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmaug etc. 027
gut getrocknete Kulturen im Achatmörser lange Zeit hindurch mit
dem Achatpi9til. Um etwa unzerstört gebliebene Tuberkelbacillen
noch zu entfernen, verteilte er die gewonnene Substanz in destilliertem
Wasser uud centrifugierte sie, bei 4000 Umdrehungen in der Sekunde,
'/* — *U Stunde lang. Er erhielt so eine von Tuberkelbacillen
freie obere weißlich opalisierende, klare durchsichtige Schicht und
einen fest anhaftenden, schlammigen Bodensatz. Indem er nun den
Testierenden Bodensatz immer wieder trocknete, im Mörser
zerrieb und centrifugierte, verwandelte er zuletzt die ganze Masse
der Tuberkelbacillenkultur in eine Reihe vollständig klarer Flüssig-
keiten. Es stellte sich nun heraus, daß nur die erste Flüssig-
keit sich von den folgenden wesentlich unterscheidet,
die darauf folgenden aber unter sich nicht unter-
schieden sind. Koch nannte daher die oberste Schicht nach
dem ersten Centrifugieren : Tuberkulin 0 = T. O., während er
den nach dem ersten Centrifugieren gebliebenen und weiter ver-
breiteten Tuberkulin-Rest als T. R. bezeichnete. Der T. R. ent-
hält die in Glycerin unlöslichen Bestandteile der Tuberkelbacillen.
T. 0. dagegen enthält die in Glycerin löslichen Teile und steht
somit in seiner Eigenschaft dem T. A. (Alkalisches Extrakt) sehr
nahe, nur daß Abscesse ausgeschlossen sind. Während T. O. ge-
ringe immunisierende Eigenschaften hat, wirkt T. R. entschieden
immunisierend. Macht es auch bei Tuberkulösen, bei zu großen
Dosen, Reaktion, so ist doch seine Wirkung unabhängig von diesen
Reaktionen. Koch suchte nun die Reaktionen bei Anwendung des
T. R. möglichst zu vermeiden. Er bemühte sich, den Kranken durch
allmähliche Steigerung der Dosis, und zwar so schnell als möglich,
aber auch mit möglichster Schonung, für größere Dosen des Mittels
unempfänglich zu machen und ihn so gegen T. R. und somit auch
gegen die Tuberkelbacillen selbst, zu immunisieren. Ein Mensch,
welcher gegen T. R. immunisiert ist, reagiert, auch wenn bei der
Immunisierung Reaktionen vermieden sind, nicht mehr auf große
Dosen des gewöhnlichen Tuberkulins und des T. O.: also ist er
gegen alle Bestandteile der Tuberkelbacillen immunisiert. —
Wenn T. R. seine volle Wirkung entfalten soll, müssen aller-
dings eine Anzahl Bedingungen erfüllt sein. Einmal dürfen nur
hochvirulente und möglichst junge Kulturen verwandt werden. Das
Trocknen darf nur im Vakuumexsiccator vorgenommen werden.
Alle chemischen Eingriffe sind zu vermeiden. Die zu verarbeitenden
Kulturen, sowie das fertige Präparat sind vor Licht zu schützen.
Die Kulturen müssen sofort, nachdem sie vollkommen trocken ge-
worden sind, verarbeitet werden. Die Trennung von T. R. und T. O.
gilt nur dann als ausreichend, wenn das vollkommen klare T. 0.
mindestens 50 Proz. der festen Substanz aufgenommen hat. Die
Flüssigkeiten sind behufs Konservierung mit einem Zusatz von
20 Proz. Glycerin zu versehen. Man macht die Injektion, wie beim
Tuberkulin, auf dem Rücken mit einer gut sterilisierbaren Spritze.
Die Flüssigkeit enthält in 1 ccm 10 mg fester Substanz und ist
für den Gebrauch durch Verdünnung mit physiologischer Kochsalz-
lösung — nicht mit Phenollösuug — auf die erforderliche Dosis zu
40 «
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628 Schatsimpfuug, küustl. IufektionskrAiikheiteij, Eutwickelungshemmung etc.
bringen. Man beginnt mit ‘/&oo ro 8- Sollt® eine Reaktion eintreten,
so verdünnt man noch mehr. Die Einspritzungen werden ungefähr
jeden zweiten Tag unter so langsamer Steigerung der Dosis vorge-
nommen, daß höhere Temperatursteigerungen, als um ‘/» Grad, mög-
lichst vermieden werden. Etwaige Temperatursteigerungen, die durch
die Injektion bedingt sind, müssen vollkommen geschwunden sein,
ehe von neuem injiziert wird. Koch stieg gewöhnlich bis 20 mg
und hörte, wenn auf diese Dosis keine Reaktion erfolgte, auf oder
injizierte nur in größeren Pausen.
Nach seinen Versuchen an Tieren fand Koch, daß die volle
Immunität etwa 2 — 3 Wochen nach der Applikation größerer Dosen
eintritt. Die Behandlung des tuberkulösen Menschen soll man nicht
zu spät beginnen. Im Anfang giebt man so kleine Dosen, daß von
ihnen noch keine nennenswerte Immunisierung zu erwarten ist Erst
bei größeren Dosen, 0,5 — 1,0 mg, treten unverkennbare Wirkungen
der Immunisierung ein. Somit hat ein Kranker, der nur noch wenige
Monate voraussichtlich zu leben hat keinen Nutzen von T. R. zu
erwarten. Ebenso eignet es sich nicht für Tuberkulöse mit sekun-
dären Infektionen, namentlich durch Streptokokken u. s. w. Kranke
dieser Art, bei denen die Temperatur über 38° hinausgeht, sind
nur ausnahmsweise für diese Behandlung geeignet.
Bei Lupuskranken erreichte Koch ausnahmslos eine bedeutende
Besserung; viele Fälle konnten als geheilt entlassen werden. Die
örtliche Reaktion blieb sehr gering. Bei Phthisikern nahm nach
wenigen Tagen die Menge des Sputums ab und versiegte schließlich
ganz, wobei auch der Befund der Tuberkelbacillen aufhörte. Die
Rasselgeräusche über den erkrankten Lungenpartieen schwanden und
das Dämpfungsgebiet verkleinerte sich. Die Kranken nahmen von
Anfang an im Gewicht zu. Die täglichen Temperaturschwankungen
um einen Grad schwanden und die Temperatur wurde allmählich
normal. Koch schließt seine Arbeit mit den Worten: „Etwas
Besseres läßt sich in dieser Hinsicht nicht darstellen, und was über-
haupt mit Tuberkelbacillenkulturen zu erreichen ist, das muß mit
diesen Präparaten zu erreichen sein.“
Das Präparat wird auf Koch’s Veranlassung im Großbetrieb
von den Farbwerken Lucius und Brüning in Höchst a. M. her-
gestellt Deeleman (Berlin).
Sinclair Cogliill, J. G., Sequel of a case treated by Koch’s
tuberculin with the results of the necrosy. (The
Lancet. 1895. Nov. 16.)
Im Mai 1891 berichtete Verf. ausführlich über 10 Fälle von
ausgesprochener Lungentuberkulose, die 16 Wochen hindurch im
k. Nationalhospital für Schwindsüchtige zu Ventnor erfolgreich Dach
Koch ’s Methode behandelt worden waren, und zwar unter der be-
ständigen Kontrolle einer großen Anzahl außer aller Verbindung mit
dem Krankenhause stehender Aerzte. Die Fälle sind seitdem unter
fortwährender Beobachtung geblieben und häufige Berichte über die
Fortdauer der Heilung eingetrotfen. Von den 10 Patienten befinden
sich augenblicklich acht nach Verlauf von mehr als 4 Jahren durch-
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Schutzimpfung, kilnstl. Infektlcm.krknkheitcn, Ktitwickeluugsheminutig etc. 629
aus gesund und gehen ihren Geschäften nach; einer derselben dient
seit fast 3 Jahren in der k. Leibgarde zu Fuß. Der in jenem Be-
richte unter No. 7 aufgefQhrte Kranke starb 18 Monate nach seiner
Entlassung an einem Rückfälle der Koprostase, die zur Unterbrechung
der Tuberkulineinspritzungen zwischen dem 19. und 31. März 1891
genötigt batte. Der Tod hatte nichts mit Tuberkulose zu thun.
Der übrig bleibende Fall, No. 10 jenes Berichtes, war sozusagen
nur unter Protest und auf das inständigste Flehen des Kranken der
Tuberkulinbehandlung unterworfen worden, da der beide Lungen
umfassende tuberkulöse Prozeß so akut, so fortgeschritten, so aus-
gedehnt und der Allgemeinzustand so ungünstig war, daß eine Bes-
serung vollständig ausgeschlossen schien. Nach seinem Austritte aus
dem Krankenhause schlug der Geheilte seinen Wohnsitz in Ventnor
auf und blieb so unter fortwährender eigener Beobachtung des Verf.’s,
der ihn von Zeit zu Zeit bis zu dem ganz plötzlich durch Herz-
lähmung am 17. Nov. 1894 eingetretenen Tode untersuchte. Die
Sektion wurde nach 18 Stunden gemacht, und es ist höchst inter-
essant, den Befund derselben mit den Angaben jenes Berichtes über
das während und nach der Tuberkulinbehandlung Beobachtete zu
vergleichen.
Patient war ein 45-jähriger, 1,65 m großer, 52,5 kg wiegender
Mann mit strumöser Diathese und schon 3 Jahre krank; der starke
fortwährende Husten dauerte schon 2 Jahre und die Nachtschweiße
1 Jahr. Blutspeien war nie beobachtet worden. Täglich wurden
ungefähr 2 Unzen dickes, grünlich-gelbes, münzenförmiges, reichlich
bacillenhaltiges Sputum ausgeworfen. Abends erreichte die Tem-
peratur 38 • C, morgens war sie subnormal. Der Harn hatte ein
spez. Gewicht von 1022, bildete einen leichten Bodensatz von Schleim
und enthielt eine Spur Eiweiß. P. 102, R. 25. Von seiten der
Lunge konstatierte man Abplattung beider Spitzen über und unter
dem Schlüsselbeine, links mehr als rechts. Rechts war vorn der
Perkussionsschall bis znr dritten Rippe abgeschwächt, Ezspirium
verlängert, Stimmresonanz verstärkt und unter dem Schlüsselbeine
entferntes amphorisches Atmen. Hinten war der Schall an der Spitze
vermindert, das Exspirium verlängert und der Stimmball bis zur
Spina scapulae verstärkt. Ueber der linken Lunge war vorn absolute
Dämpfung bis zur dritten Rippe und Abschwächung des Schalles bis
zur fünften Rippe. Lautes oberflächliches, cavernöses Atmen mit
Pectoriloquie bis zum unteren Rande der dritten Rippe und feuchtes
Rasselgeräusch über der ganzen Lunge. Hinten war absolute
Dämpfung an der Spitze und in der Fossa supraspinata, wo auch
amphorisches Atmen, aber ohne Rasselgeräusche zu hören war.
Die erste Einspritzung von 0,001 Tuberkulin wurde am 27. Dez.
1890 um 10 Uhr morgens gemacht. Um 9 Uhr abends hatte die
Temperatur ihren höchsten Stand mit 39,2 erreicht; P. 116, R. un-
verändert; Husten stärker, Auswurf sehr schleimig, 3 Unzen in
24 Stunden, Harn nach dem Abkühlen flockig, mit Phosphatnieder-
schlag, alkalisch, spez. Gew. 1020. Hinten über der ganzen linken
Lunge hört man knisterndes Geräuch ; am 29. Dez. war dieses Knistern
wieder verschwunden, und Patient gab an, in den letzten 24 Stunden
030 Schutzimpfung, kfinstl. Infektionskrankheiten, Entwickelnngfthemmang etc.
weniger ausgeworfen zu haben als in den letzten 2 — 3 Monaten. Die
Menge der Bacillen hatte dagegen zugenommen. Nach 9 Tagen fand
sich, daß Patient 2 kg an Gewicht verloren. Da ein Gewichtsverlust
bei 7 von den 10 Behandelten beobachtet wurde, kam Verf. auf die
Vermutung, die Dosis Tuberkulin möchte noch zu hoch sein, und er
minderte sie nun so weit herab, daß nur eben noch eine Reaktion zu
stände kam; dieser Vorsicht schreibt er den Erfolg seiner Behand-
lung zu. Am 19. Jan. 1891 war der Verlust wieder eingeholt und
von da an nahm das Gewicht stetig zu. Am 8. Febr., nach der
fünften Einspritzung von 0,003, wurde feuchtes, beim Husten ver-
stärktes Rasseln über der ganzen rechten Lunge vorn und über dem
oberen Drittel hinten konstatiert; in der linken Lunge hörte man
vorn Rasseln über der Basis und Reiben um die unteren Grenzen
der Vomica; hinten war an der Spitze Rasseln zu vernehmen. Fast
in allen Fällen wurde nach der Einspritzung das zeitweilige Auftreten
von eigentümlich oberflächlichen, kleinen, trockenen Knistergeräuschen
beobachtet, die den Eindruck machten, als ob die Pleura hyperämisch
oder das Lungengewebe unmittelbar darunter irgendwie afflziert wäre.
Ebenso ließen auf das Bestehen einer von der Tuberkulose unab-
hängigen Nebenaffektion die nach den ersten stärkeren Einspritzungen
häutig beobachteten Schmerzen in den Gliedern, im Bauche und im
Kopfe schließen.
Bis zum 14. April hatte Patient 22 Einspritzungen — die stärkste
von 0,065 g — und im ganzen 0,4625 g Tuberkulin erhalten; die
stärkste Reaktion (40,3 0 C) war am 8. Jan., nach Einspritzung von
0,002, beobachtet worden. Am 16. April, wo Patient entlassen wurde,
wog er 58,5 kg, fühlte sich wundervoll gebessert, hatte keine Nacht-
schweiße, hustete leichter und weniger, aber immer noch bacilleu-
haltig, hatte ausgezeichneten Appetit; Verdauung und sonstige
Funktionen regelmäßig. Da Patient in Ventnor wohnen blieb, wurden
die Einspritzungen noch einige Male fortgesetzt, bis die normale
Temperatur keine Reaktion mehr nachwies. Die feuchten Rassel-
geräusche klärten sich allmählich auf und die übrigen physikalischen
Anzeichen deuteten darauf hin, daß nur die kleinere Vomica an der
rechten Spitze ganz trocken, die größere an der linken aber noch
feucht war. Der Husten beschränkte sich auf den Auswurf von
6 — 8 münzenförmigen Sputis des Morgens. Alle 3 Monate stellte
sich Patient zur Untersuchung ein, wo jedesmal das Fortbestehen
der Bacillen konstatiert wurde. Patient benutzte beständig einen
Respirator mit Guayakol, Eukalyptol und Chloroform; auch nahm er
zeitweilig Kapseln mit 5 Tropfen Guayakol, die, wie er sagte, seinen
Atem verbesserten. Am 13. Nov. 1894 wurde Verf. gerufen und fand
Patienten stark dyspnoisch, Puls und Spitzenstoß fast verschwunden,
Herzstöße sehr schwach; eine Mixtur aus Aether, Chloroform, Digitalis-,
Sumbul- und Chinatinktur brachte Besserung, aber am 17., 1 Stande
nachdem Verf. ihn in gutem Befinden getroffen, legte er plötzlich die
Hände auf die Schultern seiner Frau und verschied.
Bei der nach 18 Stunden von den Uospitalärzten vorgenommeneu
Sektion fand man den Körper ziemlich gut genährt, die rechte Lunge
adhärent und die Pleura in ihrer oberen Hälfte stark verdickt; linke
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Schutzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Entwickelun^shetninnn^ etc. ß31
Lunge in den zwei oberen Dritteln adhärent, mit kleinen Ver-
wachsungen an Pericardium und Diaphragma; doch konnte die
Lunge ohne Zerreißung des Gewebes aus dem Brustkasten heraus-
genommen werden. Der ganze linke Oberlappen bildete eine Hohle
mit dicker fibrinöser Kapsel, die mit einer pyogenen feuchtwandigen
Membran ausgekleidet war. Der Mittellappen war mit dem oberen
verwachsen, und auch ganz ausgehöhlt; die Höhlen standen nicht in
Verbindung mit einander, sondern öffneten sich jede in einen Bronchial-
ast. Die rechte Lunge enthielt einen mit dicker fibrinöser Kapsel
umgebenen käsigen Herd, und das ganze obere Drittel bildete eine
Höhle mit äußerst dicker fibrinöser Wandung, die innere Bekleidung
war fast trocken und zeigte keinen Eiter; eine kleine Bronchial-
verzweigung öffnete sich in die Höhle. Beide Lungen waren an der
Basis hypostatisch kongestioniert und enthielten einige zerstreute
Käseherde. Das Herz war äußerst klein, anämisch und dünnwandig;
die rechte Seite war erweitert und voll Blut; die Klappen waren
ganz gesund.
Wenn man die bei diesem Kranken vor der Behandlung durch
kompetente Beobachter festgestellten Symptome, die Erscheinungen
während der Behandlung und den Zustand nach derselben mit dem
Sektionsbefunde zusammenhält, so kann man wohl kaum daran
zweifeln, daß der Stillstand einer so ausgedehnten akuten Lungen-
tuberkulose der vorsichtigen Tuberkulinbeibringung zuzuschreiben ist.
Dieser Fall hat den Verl, in seiner von Anfang an gehegten Meinuug
bestärkt, daß das Tuberkulin mächtige therapeutische Wirksamkeit
besitzt, wofern es nur verständig und vorsichtig in einer den je-
weiligen Umständen angepaßten Dosis zur Verwendung kommt.
Sentifion (Barcelona).
Johne, Zur Porcosanfrage. (Dtsche Zeitschr. f. Tiermedizin u.
vergl. Pathologie. Bd. XXII. Heft 6. p. 415 ff.)
Als die Farbwerke Friedrichsfeld-Mannheim das Porcosan in den
Handel brachten und durch Reklamen empfahlen, hatte Ref. sofort
eine Untersuchung über dasselbe angestellt und seiner Zeit Uber den
Ausfall derselben berichtet. Diese Mitteilung bringt bereits alles,
was andere Autoren nach uns ebenfalls fanden, aber keiner der
Letzteren erwähut unsere Arbeit, obwohl sie doch in einer Zeitschrift
publiziert ist (Zeitschr. f. Hygiene u. Infektiouskrankb.) , die doch
wohl Anspruch darauf erheben dürfte, wenigstens von wissenschaft-
lichen Bakteriologen gelesen zu werden. Nach uns hat Deupser
sich mit dem Porcosan beschäftigt, ferner liegt ein Gutachten der
k. preuß. technischen Deputation für das Veterinärwesen vor. Letz-
tere hat allerdings bereits meine Untersuchungen gekannt und ist
das Urteil derselben sicher auch durch meine Beobachtungen gestützt
worden. Heute ergreift Johne in derselben Frage das Wort. Seine
Ausführungen unterscheiden sich in mancher Hinsicht von den
uuserigen, die aber auch ihm unbekannt geblieben zu sein scheinen.
Ich hatte den Nachweis erbracht, daß das Porcosan lebende virulente
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532 ‘Schutzimpfang, künstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmang etc.
Rotlaufkeime enthält. Johne findet den Impfstoff steril. Das ist
möglich, denn die Keime können bereits abgestorben sein. Der starke
Glycerinzusatz , welcher dem Porcosan eigen ist, wirkt außerdem
außerordentlich entwickelungshemmend. Agarkulturen gehen daher
häufig nicht an, Bouillonkulturen ebenfalls nicht, und zwar einmal
nicht, sobald größere Mengen des Porcosans und damit des entwicke-
lungshemmenden Glycerins zugesetzt werden, andererseits aber nicht,
wenn die unter so möglichst ungünstigen Lebensbedingungen dahin-
siechenden Rotlaufkeime nicht in eine ihnen optimal zusagende Nähr-
bouillon gebracht werden. Nur solche Bouillon ist geeignet, wo die
Bakterien mit größtmöglichster Ueppigkeit wuchern. Ich habe nach
diesen Grundsätzen selbst neueste Proben des Porcosans (die sich
durch hellere Farbe unterscheiden) untersucht und nur die alten
Befunde bestätigen können, die Anwesenheit lebendiger Rotlauf-
keime. Der letztere Umstand ist aber für mich ausschlaggebend und
schließt eine größere Anwendung in der Praxis aus aus Gründen, die
ich in meiner Arbeit bereits auseinandergesetzt habe. Johne bat
dann mit Porcosan an Mäusen experimentiert und die Angaben von
D e u p s e r bestätigt, daß bei den Laboratoriumstieren durch Porcosan
keine Rotlaufimmunität eintritt. Diese Thatsache ist an sich ja ganz
beachtenswert und ihre Feststellung ganz interessant, sie beweist aber
absolut gar nichts für die Immunisierung bei Schweinen, und wenn
mich nicht andere Bedenken veranlaßten, würde mich dieser Umstand
nicht von Schweineimmunisierungsversuchen abhalten lassen, welche
allein nur entscheidend sein können. Uns mangelte seiner Zeit das
Material, doch hoffe ich in Bälde diese Frage entschieden zu haben.
Herr Johne nimmt vielleicht Veranlassung, ebenfalls in dieser
Richtung zu experimentieren, sein sachverständiges Urteil dürfte
alsdann wohl in erster Linie mit berechtigt sein, einen rechten
Urteilsspruch über Wirksamkeit oder Unbrauchbarkeit des auch heute
noch als Geheimmittel behüteten Porcosans zu fällen.
O. Voges (Berlin).
Schaeffer, R., Ueber Katgutsterilisation. [Vortrag, gehalten
in der Berliner medizinischen Gesellschaft.] (Berliner klinische
Wochenschrift. 1896. No. 30 — 34.)
Es dürfte den Anschein gewinnen, als ob eine Sterilisation des
von den Chirurgen so sehr beliebten und vielseitig gebrauchten Katguts
bereits dann genügend sei, wenn es gelungen ist, die Eitererreger,
also gemeinhin Staphylokokken und Streptokokken, abzutöten. Diese
Forderung erscheint nicht allzu schwer erfüllbar, allein die Praxis bat
gelehrt, daß damit nicht genug gethan ist, besonders wenn man be-
denkt, aus welchem Material das Katgut hergestellt wird, und vor-
nehmlich seitdem V o 1 k m a n n einen letal endenden Krankheitsfall mit-
geteilt hat, bei dem Milzbrand vorlag, der nur durch an dem Katgut
haftende Milzbrandsporen entstanden sein konnte. Die Forderung
nach einer vollständigen Desinfektion muß nach diesem Vorgänge als
selbstverständlich bezeichnet werden, und so hat man sich bemüht,
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Schutzimpfung, künstl Infektionskrankheiten, Entwickelnng&liemmung etc. 033
diesem^ Wunsche der Chirurgen nach Möglichkeit gerecht zu werden.
In diesem Bestreben bedeutete die Arbeit von Saul einen ganz be-
deutenden Fortschritt, indem sie eine Methode brachte, durch die in
bequemer Weise selbst Milzbrandsporen in wenig Zeit abgetötet
wurden. Unabhängig von Saul hatte sich unser Verf. gleichzeitig
mit dem Problem der Katgutsterilisation beschäftigt; eine Nachprüfung
der Saul’schen Arbeit lag für ihn daher recht nahe. Dabei mußte
er aber erfahren, daß das Verfahren von Saul lange nicht das
leistete, was sein Erfinder von ihm versprochen hatte.
Einmal hatte S. nur wenig resistente Sporen zu den Versuchen
benutzt, dann aber hatte er die alte Geppert’sche Vorschrift ver-
absäumt und nicht für Entfernung des Desinficiens aus den Nähr-
medien gesorgt. Unter Innehaltung der Kautelen konnte Verf. die
Angaben Saul’s nicht bestätigen, das Saul’sche Verfahren genügte
nicht, um Milzbrandsporen zu töten. Indes bildete die Saul’sche
Idee für den Verf. die Veranlassung, seinerseits neue Versuche in
diesem Sinne anzustellen und zwar mit anderen Mitteln. Es wurden
geprüft :
1) Formalin,
2) , Kalium aceticum,
3) antiseptische Zusätze.
Dabei kam es darauf an, einmal in möglichst kurzer Zeit mit
möglichster Einfachheit eine Keimfreiheit auch in Bezug auf Bakterien-
sporen beim Katgut zu erreichen, dann aber durfte durch die Be-
handlung die Haltbarkeit und Festigkeit des Katguts nicht beein-
trächtigt werden.
Wir müssen es uns hier versagen, ausführlicher auf die ausge-
dehnten und zeitraubenden Versuche des Verf. einzugehen, die Resultate
sollen aber kurz mitgeteilt werden. Formalin tötete entweder die
Keime nicht sicher ab, oder aber, war die Einwirkung desselben lange
und intensiv genug, so wurde die Haltbarkeit desselben herabgesetzt.
Es ist daher praktisch unbrauchbar. Etwas brauchbarer erwies sich
das Kalium aceticum, entsprach aber doch nicht allen praktisch zu
stellenden Forderungen. Es wurden daher Antiseptica verschiedenster
Art zum verdünnten Alkohol gesetzt und deren Wirkung bei höheren
Temperaturen geprüft. Diese Methode führte unter Benutzung des
Sublimats zum Ziel, d. h. also, es gelang die absolute Sterilisierung
des Katguts unter gleichzeitiger Erhaltung seiner Widerstandsfähig-
keit, Verf. hat nun einen eigenen Apparat konstruiert, in dem die
Sterilisierung vor sich gehen soll. Er ist ähnlich, wie bei Saul nach
dem Prinzip der Kondensierapparate eingerichtet, so daß er fast ohne
Verlast arbeitet. Genaue Beschreibung und Abbildungen geben eine
gute Vorstellung von der Konstruktion. Die Desinfektionslösung ist
folgende :
Alcohol absolutus 85 cbm
Aqua dest. 15 „
Sublimat (ohne Kochsalzzusatz!) 0,5 g.
Nach 15 Minuten langem Kochen ist die Desinfektion voll-
ständig.
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ß34 Schutzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten etc. — Neue Littcrztur.
Verf. zählt als Vorteile seines Verfahrens auf:
1) Die Desinfektion schafft möglichst absolute Keimfreiheit
2) Die Haltbarkeit des Katguts wird nicht im geringsten ge-
fährdet.
3) Die Sterilisation nimmt alles in allem 30 — 40 Minuten in
Anspruch.
4) Der Apparat ist so billig (15 M.), daß sich seiner Anschaffung
auch für die private Praxis keine Hindernisse in den Weg stellen.
Der Apparat ist zu beziehen laut Mitteilung des Verf.’s in der
Glaswarenfabrik von Käbler und Martini, Berlin , W ilbeltn-
straße 50. 0. Voges (Berlin).
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zubammenge» teilt von
San.-Rat Dr. Arthur Würzbürg,
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Hnmnuumtchc liuchdrackerei (Hermaou fohle) tu Jene
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Bakteriologie, Parasitenkiie o. IofektiooskraiikleiteiL
Erste Abteilung:
Medizinisch-hygienische Bakteriologie und
tierische Paras itenkunde.
In Verbindung mit
GeL Rat Prot Dr. Lenckart, Geh. Med.-Rat Prot Dr. Loeffler
Io Leipzig und tu Greifrwald
Professor Dr. R. Pfeiffer
ln Berlin
herausgegeben von
Dr. O. TJlxlworm in CasseL
Verlag von Gustav Fischer ln Jena
XXI. Band. Jena, den 29. Mai 1897. -o- No. 17/18.
Praia für den Band (26 Hämmern) 15 Mark. — Jährlich erscheinen zwei Bände.
Hicrvu als rtgämäftigt Beilage die Inhaltsübersichten der II. Abteilung des Centralblattes.
Die Redaktion des „ Centralblatts für Bakteriologie und Parasiten-
kunde“ richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte, etwaige
Wünsche um Lieferung von besonderen Abdrücken ihrer Aufsätze ent-
weder bei der Einsendung der Abhandlungen an die Redaktion auf das
Manuskript schreiben zu wollen oder spätestens nach Empfang der ersten
Korrekturabzüge direkt an deti Verleger, Herrn Gustav Fischer in Jena ,
gelangen zu lassen.
Original - Mittheilungen.
Nachdruck verboten.
Zur Morphologie der Malariaparasiten.
Von
Dr. Hans Zlemann,
Marine-Stabs&rst.
Mit 1 Tafel von Prof. B. Zettnow.
Im Folgenden gestatte ich mir, zu dem in No. 18/19. Bd. XX
dieser Zeitschrift veröden tlichten Aufsatze „Ueber Blutparasiten bei
heimischer und tropischer Malaria' 1 einige wesentliche Ergänzungen
zu geben. Die Kenntnis jenes Aufsatzes wird dabei als bekannt
vorausgesetzt.
Wir sahen, daß man bereits auf der Höhe des Fieberanfalles,
Ent. AM. XXI. Bd. 41
642
H&ds Ziemano
bezw. im Fieberabfalle bei einer heimischen Tertiana die Jagend-
formen der Malariaparasiteu erkennen kann. In nach unserer Methode
gefärbten Präparaten bemerkt man innerhalb der roten Blutzellen die
zart gefärbten Plasmaleiber der jungen Parasiten und innerhalb der
letzteren, meist aber in ihrer Peripherie scharf konturierte, meist
rundliche Gebilde, z. T. oder ganz umgeben von einer helleren achro-
matischen Zone (Hof), Fig. 1.
Nach dem Vorgänge von Mannaberg nannte ich damals die
Gebilde Kernkörper und Kern. Im Folgenden will ich nur von
chromatischer und achromatischer Kernsubstanz sprechen. Bei den
ovalen Chromatinkörpern der Kernsubstanz war der längste Durch-
messer durchschnittlich l 1 /* /<, der Querdurchmesser 1 p lang.
Eine feinere Struktur innerhalb des Hofes, z. B. ein Liningerüst,
habe ich bis jetzt nicht entdecken können. Mehrfach habe ich mich
nicht sicher von dem Vorhandensein einer achromatischen Zone über-
zeugen können (Fig. 2).
Nachträglich stellte sich übrigens das extraglobuläre Vorkommen
von jungen chromatinhaltigen Parasiten, die eben den Mutterkörper
verlassen, als nicht so selten heraus, wie ursprünglich angenommen
wurde. — Die damalige Angabe, daß der Parasit nach dem Eintritte
in die rote Blutzelle bald eine gestreckte oder gebogene Form an-
nimmt, bestätigte sich bei den späteren Untersuchungen. Nur waren
die entstandenen Riug- oder Halbringformen meist viel größer, als
die entsprechenden Jugendformen der tropischen Malaria, wie ich sie
bei Fällen aus Kamerun, Loanda und Mohammerah (Persien) be-
obachtete.
Wenn wir ferner sahen, daß bei dem wachsenden Parasiten die
chromative Kernsubstanz ihre kompakte Form verlieren kann, etwa
bei Beginn der Pigmentbildung, so ist das dahin zu ergänzen, daß
diese Auflockerung sowohl früher als auch später auftreten kann.
Man sieht dann die chromative Kernsubstanz mit einer kleinen
helleren Stelle in der Mitte oder mit feinen kurzen Einbuchtungen
an der Peripherie, bezw. als längliches, unregelmäßig konturiertes
Gebilde mit 1 — 2 unregelmäßig gestellten Spalträumen, die vor-
wiegend in der Längsrichtung verlaufen (Fig. 4, 5, 6, 9, 11) *).
Auf die Angabe, daß der chromative Teil des Kernes als der
mit mehr vitalen Eigenschaften versehene dem Parasiten auf seinem
Wege durch den roten Blutkörper immer voranzöge, ist vielleicht
weniger Wert zu legen. Die Entscheidung dieser Frage unterliegt
zu sehr dem subjektiven Ermessen.
Bereits früher sahen wir, daß schon im Jugendstadium des
Parasiten sich zwei Chromatinklümpchen finden können (Fig. 7). Es
wurde damals unentschieden gelassen, ob es sich um zwei Parasiten
handele, deren Plasmaleiber verschmolzen, oder vielleicht schon um
den Beginn einer vorzeitigen, später zu schildernden Kernteilung.
Nach den letzten Untersuchungen handelt es sich um Ab-
schnürungen von dem ursprünglichen Chromatinklümpchen. Man
1) Wegen Erklärung der Chromitln-Flgnren vergleiche euch
immer TafelerltKrang.
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Zur Morphologie der MalarUpArasiten.
643
sieht z. B. an ringförmigen Parasiten kompakte Chromatinklümpchen,
die sich in die Länge gestreckt haben 1 ). Es können dann Ein-
schnürungen entstehen, worauf die entstandenen Teilstückchen von-
einander allmählich abrücken. Von einem der neu entstandenen
Chromatinklümpchen kann sich dann wieder ein neues Stück ab-
schnüren. Die Abschnürung kann übrigens auch gleichzeitig an zwei
Stellen erfolgen, so daß drei Teilstücke entstehen (vergl. Fig. 6, 8).
Mehr als 2 — 3 Chromatinklümpchen habe ich bei den Jugend-
formen der heimischen Tertianparasiteu nicht gefunden. Die Größe
der abgeschnürten Chromatinklümpchen war verschieden. Bald waren
sie sehr viel kleiner, als der ursprüngliche Chromatinklumpen, bald
ihm in der Größe gleichkommend. Einmal sah ich in einiger Ent-
fernung von dem ursprünglichen Chromatinklümpcheu zwei äußerst
kleine dicht nebeneinander liegen, jedes umgeben von einer schwach
ausgebildeten, stärker lichtbrechenden, achromatischen Zone. Es ist
also möglich, daß die achromatische Zone, die den alten Chromatiu-
klumpen umgiebt, sich auch bei den erwähnten Abschnürungen be-
teiligt. Die Bedeutung dieser bereits im Jugendstadium
der Parasiten vorkommenden Abschnürungen von
Chromatin lasse ich vorläufig noch offen.
Im allgemeinen waren diese Bildungen bei heimi-
scher Tertiana aber seltener als bei Kameruner Ma-
laria, wo ich bei Siegelringformen manchmal bis zu vier Chromatiu-
klümpchen fand.
Bei heimischer Tertiana fand sich die chromative Kernsubstanz
ziemlich oft excentrisch gelegen, wie ohne Zusammenhang mit dem
übrigen Parasitenleibe. Eine Verbindung wird natürlich existieren.
Nur gelang die Darstellung durch Färbung noch nicht.
Bei dem wachsenden Parasiten sieht man die Chromatinauflocke-
rung am deutlichsten erst, weun er dreiviertel oder ganz er-
wachsen ist. Indes kann man weniger hier von neugebildeten Chro-
matinstäbchen sprechen, als von Körnchen und sehr kurzen, krummen,
feinen Fädchen, die zusammengeballt dicht nebeneinander liegen und
eine ungefärbte Zwiscbensubstanz zeigen.
Von einer regelmäßigen Gruppierung konnte man im allgemeinen
nicht sprechen. Die erwähnten Körnchen sind vielleicht nur als
der optische Ausdruck vom Querschnitte der Chromatiufädchen zu
betrachten.
Nachzutragen ist das oft ziemlich verschiedene
Verhalten des Pigmentes. Man sieht manchmal Formen,
wenigstens in meinen Fällen, bei denen das Pigment äußerst wenig
entwickelt war, während in anderen Fällen ziemlich reichliche Pigment-
entwickelung sich zeigte. Es ist das vielleicht wichtig, denen gegen-
über zu oetonen, die unter anderen auch aus der verschiedenen
Pigmententwickelung bei den Tertian- und Quartanparasiten ein
differentialdiagnostisches Moment herleiten. So sah ich, wenn auch
nur einmal, einen Parasiten mit bereits ziemlich vorgeschrittener
Kernteilung ohne eine nachweisbare Spur von Pigment.
1) Vergl. Fig. 37 bei Kamerun- Parasiten.
41«
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644
H ans Zieoiau u,
Der erwachsene, jetzt mehr rundlich gewordene Parasit füllt das
entfärbte, geblähte, rote Blutkörperchen manchmal nur zur Hälfte,
in der Mehrzahl der Fälle aber größtenteils aus. Das Chromatin
zeigt in diesem Stadium nicht mehr ganz die intensive Färbung, wie
bei den jungen Parasiten. Die Zahl der gebildeten Körnchen und
Fädchen war nicht auszumachen, da sich die einzelnen Teilstücke
nicht voneinander trennen lassen. Manchmal fand man die von der
Chromatinsubstanz innegehabte Zone bis zu etwa 1 / g vom Volumen
des erwachsenen Parasiten einnehmen. Vergleiche auch die Chroma-
tinsubstanz bei Fig. 12, 13, 14 mit der bei Fig. 1.
Uebrigens sieht man zuweilen auch bei ganz er-
wachsenen Parasiten das Chromatin noch in der Form
eines nur äußert wenig an der Peripherie und im
Centrum aufgelockerten Klümpchens.
Leider können Photogramme die Auflockerung nicht so zeigen,
als farbige Abbildungen. Bei Figur 12 z. B. muß man die Lupe
nehmen, um eine Andeutung der im Präparat sehr deutlichen Auf-
lockerung zu sehen. In dem Original-Phot, ist sie auch deutlicher.
Ein gesetzmäßiges Verhalten in Bezug auf das Vorrücken der
Chromatinsubstanz oder des Kerns überhaupt nach dem Centrum des
Parasiten habe ich bei Eintritt der Kernteilung nicht entdecken
können. Es schien vielmehr die Kernteilung auch in der Nähe der
Peripherie des Parasiten beginnen zu können.
Ueber den Zeitpunkt der Kernteilung ist zu sagen, daß man sie
einige Stunden vor, während und nach dem Fieberanfalle finden kann.
Die meisten der in Teilung befindlichen Formen
findet man aber bei heimischer Malaria zweifellos im
Frost und Beginn des Hitzestadiums.
Mündlichen, mir zu teil gewordenen Mitteilungen nach kann man
sogar 11 — 12 Stunden vor dem Anfalle ausgebildete Kernteilungs-
figuren sehen. Dicht vor demselben glaube ich einigemal eine deut-
liche Verminderung der Parasiten im peripheren Blute beobachtet
zu haben.
Betrachten wir nun den Vorgang der Kernteilung selbst. Wir
gehen aus von einem vollkommen erwachsenen, ziemlich oder völlig
rund gewordenen, endoglobulären Parasiten mit noch zerstreutem
Pigment. Wir denken uns sein Chromatin als ein ziemlich dicht zu-
sammengeballtes Häufchen kleiner Körnchen oder äußerst kurzer,
krummer, scheinbar vollkommen unregelmäßig gelagerter Fädchen,
umgeben von einer breiteren oder schmäleren, manchmal kaum an-
gedeuteten helleren Zone (Fig. 12, 13). Man bemerkt dann in ent-
sprechenden Präparaten, wie das Chromatinhäufchen von einem ge-
wöhnlich unregelmäßig verlaufenden, ungefärbt bleibenden Spalt
durchsetzt wird. Derselbe teilt die Chromatinmasse in zwei manch-
mal verschieden große Hälften (Andeutung in Fig. 14). Die ent-
standenen Teilstücke rücken dann noch weiter voneinander ab (Fig. 15).
Da ich anfangs mehrfach ziemlich regelmäßige, schleifenförmige
Figuren zu bemerken glaubte, die an die bekannten Figuren der
Karyokinese erinnerten, glaubte ich zuerst mit Roma-
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Zur Morphologie der M&lariaparasiteo.
645
nowsky eine karyokinetische Teilung bei den Tertian-
parasiten annehmen zu müssen. Häufige Nach-
prüfungen zeigten, daß die Verhältnisse nicht so
kompliziert sind. Man vermißt die typische, gesetzmäßige Längs-
spaltung der Chromatinfibrillen, das Auftreten von Polkörperchen etc.
Man sieht manchmal die entstandenen Chromatinhälften in Form
zweier Kreise oder in Form ganz unregelmäßiger Figuren, denen die
an der Peripherie hervorstehenden Chromatinkörnchen und Fädchen
ein gezacktes Aussehen verleihen. Fast immer ist im Innern der
entstandenen Chromatinhälften ebenfalls eine deutliche Auflockerung
zu bemerken. Wie bereits gesagt, kann die Photographie das nicht
wiedergeben.
Der Kontur der manchmal um das Doppelte vergrößerten roten
Blutzellen ist in diesem Stadium meist noch zu sehen. Hintereinander
oder gleichzeitig sieht man die entstandenen Chromatinbälften sich
wieder teilen (Fig. 16), vergl. die Tafelerklärung.
Man sieht dann 3, 4, 5, auch 6 aufgelockerte Chromatinfiguren,
ziemlich gleichmäßig über den ganzen Parasiteuleib zerstreut. Wenn
die Kernteilung dieses Stadium erreicht hat, scheint in der Mehr-
zahl der Fälle eine mehr oder weniger auftretende Verdichtung der
einzelnen Chromatinfiguren zu erfolgen.
Man sieht dieselben als mehr oder weniger unregelmäßig geformte,
weniger aufgelockerte, intensiv färbbare Klümpchen, meist mit Ein-
buchtungen an der Peripherie (Fig. 17), oder auch wohl als dicke,
fädige, leicht gekrümmte Gebilde, die sich in die Länge gestreckt
haben (Fig. 18, 19).
Häufiger bemerkt man an letzteren kleinere, leicht bogenförmig
verlaufende Abzweigungen nach den Seiten hin und gabelförmige
Figuren an den Enden. Man erhält so zuweilen deutliche dentritische
Verzweigungen. Auf der Tafel ist eine solche Figur nicht vorhanden.
Die Verteilung der achromatischen Zone des Kernes um diese
Gebilde schien nicht immer gleichmäßig. Stellenweise konnte man
gar keine entdecken. In Fig. 16, 17, 18 ist sie ziemlich deutlich
stellenweise.
Es scheint übrigens zu diesen Bildungen auch kommen
zu können, ohne (laß die chromatische Kernsubstanz
des erwachsenen Parasiten sich nennenswert aufge-
lockert hat, einfach durch Proliferation derselben.
Mögen nun die entstandenen Chromatinfiguren mehr das Aus-
sehen von unregelmäßig geformten, am Rande oft eingebuchteten
Klümpchen oder von den geschilderten dentritiseben Verzweigungen
haben, in jedem Falle treten Abschnürungen von Chromatiusubstanz
auf. Die neu entstandenen Teilstücke können wiederum Abschnü-
rungen zeigen. Man sieht dann manchmal 3—4 kompakte, mehr oder
weniger rundliche Chromatinklümpchen nebeneinander liegen, durch
einen dickeren oder dünneren Verbindungsfaden von Chromatin-
substanz noch miteinander in Verbindung stehend (Fig. 20 rechts seitlich).
Zuletzt lösen sich die Verbindungen und es entstehen nacheinander,
z. B. 8, 9, 10 etc., einzelne Klümpchen, z. T. deutlich umgeben von
einer achromatischen Zone (Fig. 21). Selbst in diesem vorgeschrit-
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646
Hans ZiemiDD,
tenen Stadium ist der Kontur des roten Blutkörpers oft noch sichtbar
(Fig. 22).
Das Pigment habe ich einige Male noch bei bereits ziemlich
vorgeschrittener Kernteilung über den ganzen Parasitenleib verteilt
gesehen (Fig. 23 und 24).
Im allgemeinen konzentriert es sich früher oder später nach der
Peripherie oder mehr nach dem Centrum des Parasiten (Fig. 25 und
26). Diese Zusammenballung ist eine einfache mechanische Folge von
dem Druck der sich stetig vermehrenden Kerne. Die Chromatin-
klümpchen, die sich nicht weiter teilen, haben im allgemeinen eine
regelmäßige, rundliche oder etwas ovale Form. — In der früheren
Arbeit waren 16 Kerne angegeben als höchste von mir beobachtete
Zahl. Ich sah später bis 20.
Die Lagerung war auch im Endstadium durchaus nicht immer
eine regelmäßige. Einige Male wurden auch Parasiten beobachtet,
deren Kernteilung vollendet schien, und die bloß 10 ChromatiD-
klümpchen um das Pigment herumgelagert aufwiesen (Fig. 21).
Es scheint also auch die Zahl der Kernteilungs-
figuren nicht mit Sicherheit zur Unterscheidung
etwaiger verschiedener Parasitenarten herangezogen
werden zu können. Die neugebildeten Chromatiuklümpchen zeigen
auch bei vollendeter Kernteilung oft verschiedene Größe (Fig. 26).
Erst im allerletzten Stadium der Kernteilung sah ich feine Ein-
kerbungen des Parasitenleibes, z. B. Fig. 25 und 26. Die fertig ge-
bildeten Chromatinklümpchen sind in der Mehrzahl der Fälle um-
geben von einer deutlich achromatischen Zone, an die sich ihrerseits
wieder der meist sehr zarte, schwach gefärbte Plasmaleib des jungen
Parasiten anschließt. Die Bildung der letzteren ist damit vollendet.
Ihr Aussehen entspricht jetzt schon dem in ihrem jüngsten endo-
globulären Stadium (Fig. 26 und 1), und kann man in geeigneten
Präparaten deutlich ihren Austritt aus dem Mutterkörper verfolgen.
Andeutung in Fig. 21.
Vorher lockert sich der Zusammenhang der jungen Parasiten.
Damit ist die Teilung des Parasitenleibes und des Kernes vollendet.
Wir haben damit eine Vielzellbildung, wie sie O. Hert-
wig 1 ) beschreibt. Die Kernteilung selbst ist meiner
Meinung nach am ehesten als amitotisebe bez. direkte
Kernvermehrung (Kernzerschnürung nach O.Hertwig)
aufzufassen.
Soviel ich weiß, hat bis jetzt kein anderer Be-
obachter einen d erarti gen E n t w ickel u ngsga n g des bei
heimischer Tertiana sich findenden Blutparasiten
beschrieben. Mit der geschilderten Auffassung unterscheide ich
mich von Mannaberg und Romanowsky. Ersterer nimmt, wie
ich schon früher auseinandergesetzt, bei den wachsenden Parasiten
zuerst eine Auflösung des Kernkörpers, dann auch des Kernes an,
worauf die neuen Kernkörper, bei mir Chromatinklumpen genannt,
im Plasma auftauchen sollen.
1) 0. Hartwig, Die Zelle and die Gewebe. Jen* 1892. p. 187.
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Zur Morphologie der Mal&riApar&siten.
647
Romanows ky spricht von karyokinetischer Teilung der Parasiten.
Nach unseren Ausführungen läßt sich dieselbe nicht halten. — Schon
früher ist auseinandergesetzt, daß die jungen Parasiten nach dem
Austritt aus dem Mutterkörper sich scheinbar nicht lange frei im
Blutplasma aufhalten, sondern daß sie möglichst bald die roten Blut-
zellen befallen.
Chrom atin lose, ganz junge, extraglobuläre Parasiten habe ich
bis jetzt nicht mit Sicherheit konstatieren können. Die Unterscheidung
von eventuellen kleinen Farbstoffuiederschlägen dürfte auch nicht ganz
leicht sein. Man bemerkt in unseren Präparaten zuweilen auch
chromatin- und pigmenthaltige Parasiten von ein Drittel bis der halben
Größe der roten Blutzellen, ohne eine Spur von umgebendem Proto-
plasma einer roten Blutzelle (Fig. 10). Wenn früher gesagt wurde, daß
diese Formen ihr Dasein voraussichtlich entweder einer Auswanderung
aus den roten Blutzellen oder mechanischen Insulten verdanken, so
ist möglicherweise auch eine frühzeitige Nekrose desinfiziert gewesener
roter Blutkörper zur Erklärung dieser freien Formen heranzuziehen.
Das Vorhandensein von Pigment spricht jed enfalls für
eine stattgehabte Verbindung zwischen diesen Para-
siten und derSubstanz infiziert gewesener roterBlut-
zellen. Auffallend war ih re meist rundliche oder ovale
Form. Eine Weiterentwickelung dieser chromatin-
haltigen, freien Formen konnte jedenfalls bisjetzt im
gefärbten Präparat nicht festgestellt werden.
Betrachten wir jetzt die sterilen Formen der Parasiten bei
heimischer Tertiana. Bereits F. Plehn 1 ) hat in seinen ätiologischen
und klinischen Malariastudicn angenommen , daß unmöglich alle
Parasiten zur Fortpflanzung kommen können. An einer ent-
sprechenden Reihe von Präparaten mit Chromatin-
färbung können wir jetzt direkt den allmählichen
Untergang der Chrom atinsubstanz beweisen. Gehen wir
z. B. von einem erwachsenen, pigmentiertem, rundlich gewordenem
Parasiten aus mit einem Häufchen stark gefärbter, dicht zusammen-
liegender Chromatinkörnchen bez. kurzer krummer Fädchen, Wir
sehen dann, wie die Chromatinmasse auseinander weicht. Die räum-
liche Ausdehnung derselben wird, wahrscheinlich durch Wasserauf-
nabme, größer, während gleichzeitig ein äußerst feinbröckeliger Zerfall
stattfindet. Die achromatische umgebende Zone kann dabei noch
vollkommen erhalten sein. Schließlich kann das Chromatin eine staub-
förmige Beschaflenheit annehmen, während gleichzeitig seine Färb-
barkeit immer mehr abnimmt. Zuletzt sieht man nur noch die helle
achromatische Stelle des Kernes, bis auch diese verschwindet.
In Fig. 29 soll links oben die feinkörnige, durch einen beinahe
queren Spalt durchsetzte Masse das Chromatin darstellen. Die
beiden dunklen Punkte oben sind zusammengeballtes Pigment. In
Fig. 30 ist alles Chromatin verschwunden. Gleichzeitig nimmt die
Färbbarkeit des Parasitenleibes ab, während das Volumen desselben noch
zunehmen kann. Man sieht dann Formen, welche bis um das 3-fache
1) Berlin 1890.
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648
Hans Ziemann,
das Volumen eines normalen roten Blutkörpers übertreffen. Bemerkens-
wert erscheint, daß gerade in diesen sterilen Formen das Pigment
oft bedeutend stärker entwickelt ist, als in dem Durchschnitt der
chromatinhaltigen erwachsenen. Während das Pigment der letzteren
in meinen Präparaten mehr körnchenartige Beschaffenheit zeigte, hatte
das Pigment der erstercn oft das Aussehen brauner, bis 1 j.i langer
Stäbchen (vergl. Fig. 17, 23, 30).
Bei den der völligen Auflösung nahen Formen sieht man das
Parasitenplasma als eine zerfließende, nur noch äußerst schwach ge-
färbte Masse, deren Konturen sich nicht mehr feststellen lassen.
Einige der Pigmentstäbchen sind manchmal schon herausgetreten aus
dem Parasiten. Schließlich bezeichnen nur noch einige mehr oder
weniger zusammengedrängt liegende Pigmentstäbchen die Stelle, wo
einst ein Parasit gewesen, bis auch diese von den Leukocyten auf-
genommen werden. An dieser Stelle mache ich erneut auf
meine schon in Frankfurt a. M. auf der Naturforscher-
versammlung geschilderte Beobachtung aufmerksam,
wonach die freien, sterilen, meist mit reichlichem,
stark be w eglich em Pi gmen t versehenen Formen eine
rundliche Form annebmen, ebenso die sich von jenen
ab sehn ürenden Teilstücke 1 ). Ebenso zeigten auch
meine neueren Beobachtungen bis jetzt, daß nur die
chromatinlosen, also sterilen Formen von den Leuko-
cyten aufgenommen wurden.
Wenn Nachprüfungen die Richtigkeit dieser Beobachtung be-
stätigten, wäre also eine künstlich hervorgerufene Leukocytose zur
Bekämpfung der Malariaparasiteu voraussichtlich irrationell. Auch
während der Kernteilung kann man den oben geschilderten Schwund
des Chromatins bemerken, derart, daß während der eine Chromatin-
klumpen sich auf die früher geschilderte reguläre Art teilt, ein anderer
die staubförmige Auflösung zeigt, die wir bei den steril werdenden
Formen beobachteten. Zwar scheint auch bei den letzteren eine An-
deutung von Kernteilung vorzukommen, indem die staubförmige
Chromatinmasse von einem Spalte durchsetzt wird und die so ent-
standenen Teilhälften voneinander abrücken (Andeutung in Fig. 29).
Indes zu einer Konzentration des Chromatins bez. weiterer Kernteilung
scheint es nicht mehr kommen zu können. Die Untersuchungen über
diesen Punkt sollen noch fortgesetzt werden. Außerdem bemerkt man
zuweilen, namentlich bei leichten Recidiven, jüngere chromatin- und
überhaupt kernlose, endoglobuläre Parasiten, die durch den Mangel
an Chromatin sich als unfähig zur Fortpflanzung erweisen. Daß diese
Formen von Anfang an kein Chromatin gehabt haben, ist nach den
früheren Darlegungen kaum anzunehmen. Wahrscheinlich verdanken
sie ihren Ursprung jüngeren Parasiten, deren Chromatin schon nach
der Kernteilung des Mutterkörpers eine schwache Entwickelung zeigte,
und das später ganz verschwand. Meinen früheren Darlegungen über
die Geißelkörper bei heimischer Tertiana habe ich bis jetzt nichts
hinzuzufügen. So oft ich auch Geißelformen im lebenden Blute be-
1) O. Israeli Lieber den Tod der Zelle. (Berl. kliu. Wchschr. 1897. No. 8.)
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(jmtt'nlhJutt /' ftaktrriolw/ir Afn,J. BtLXXI. Tu/’ V.
Ueber die Heilkraft des antipneumoDischen Serums.
665
unterstützt wird dieser Begriff durch die Thatsache, daß diese letzteren
gar nicht nachweisbar sind in höchst virulenten Bakterienbouillon-
kulturen, welche, indem sie sich im ganzen menschlichen Organismus
verbreiten, allgemeine Infektionen hervorrufen können.
Die Untersuchungen von Herrn Prof. De Giaxa und die m ei-
nigen z. B., welche von Beifan ti bestätigt wurden, stellen für den
höchst virulenten Streptococcus diese Thatsache unbestreitbar fest.
Von der Ansicht ausgehend, daß bei den von mir der ersten
der oben erwähnten Gruppen eingereihten pathologischen Zuständen
die betreffenden Heilmittel bloß die Toxinwirkung bekämpfen sollten,
wurde Herr Prof. Behring dazu geführt, Diphtherieheilserum dar-
zustellen, welches, wie bekannt, ein hohes spezifisches, antitoxisches
Vermögen gegen die vom Diptheriebacillus gebildeten Toxine
besitzt und in der Behandlung der Diphtheritis die erfolgreichste
Anwendung findet. Ebenso wirksam hat sich das analoge Mittel in
der Behandlung der Tetanuskrankheit erwiesen.
Damit nun andererseits das spezifische Serum seine Heilwirkung
bei jenen Krankheiten entfalte, bei welchen die betreffenden pathogenen
Bakterien sich im ganzen Organismus ausbreiten , muß dasselbe
„antibakterischer“ Natur sein, d. h. das Serum soll diese Krankheits-
keime töten, oder wenigstens ihre weitere Entwickelung verhindern,
bezw. hemmen.
Die fibrinöse Pneumonitis des Menschen ist, wie bekannt, eine
Infektion, bei der das spezifische Bakterium (der Pneumococcus)
durch den Blutstrom den ganzen Organismus zu überschwemmen
neigt, was aber bloß in den letal endenden Fällen gelingt, und
namentlich nur dann, wenn, ausser sehr seltenen Ausnahmen, bei
welchen das Bakterium sich ziemlich rasch verbreitet, der Infektions-
verlauf gewissermaßen vorgeschritten ist. Wird aber unter die Haut
des Kaninchens der virulente Pneumococcus in einer tödlichen
Dosis eingespritzt, so findet man ihn im Blute schon nach wenigen
Stunden vor. Als ich demselben Tiere eine minimale Dosis, kaum
genügend, die Kaninchen sicherlich io 4 — 5 Tagen zu töten, gab,
konnte ich durch kulturelle Untersuchung den Pneumococcus
stets 12 — 18 Stunden nach der Einspritzung finden.
Nach dem, was ich bei den Pneumoeoccuskulturen in vitro
beobachtete, darf ich behaupten, daß die Toxine, welche eventuell
der Pneumococcus wälirend der Infektion ausscheiden kann —
vorausgesetzt, daß er dieselben bildet — keine große Bedeutung
haben.
Zu sehr glänzenden Resultaten gelangte ich in meinen sämt-
lichen Versuchen nicht, die ich zum Zweck, die Toxinbildung zu
realisieren, durchführte. So z. B. brachte ich in Glaskolben, */, bis
1 1 Bouillon enthaltend, das Herzblut von Kaninchen, welche an In-
fektion durch bockvirulente Pneumokokken zu Grunde gegangen
waren. Diese Bakterien ließ ich sodann lange Zeit hindurch im Brut-
ofen bei 35° C sich entwickeln: da fand ich, daß die ursprüngliche
Toxicität der zur Kultur angewendeten Bouillon um höchstens 1 mal
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666
Nicola Paue,
zunahm. Eine Bouillon z. B., welche, in die Ader des Kaninchens
in einer Dosis gleich 4 p. 100 des Körpergewichts eingespritzt, das
Versuchstier tötete, entfaltete dieselbe Wirkung, wie eine Dosis
ca. 2 p. 100 Körpergew. gleich, nachdem der Pneumococcus gedieh
und man vor der Einspritzung so lange wartete, bis seine Lebens-
fähigkeit wegen Alters ausgelöscht war. Mit einer ursprünglich nicht
so toxischen Bouillon erhielt man noch geringere Resultate.
Wegen dieser geringeren Toxicität des Pneumococcus und
andererseits wegen der von mir schon oben erwähnten Neigung des-
selben, sich im ganzen Organismus zu verbreiten, ist es ganz natürlich,
daß das spezifische (antipneumonische) Serum „ antibakterischer“
und nicht antitoxischer Natur sein soll, um dem Pneumococcus
entgegenzuwirken. Gerade diese Eigenschaft besitzt das Serum,
welches von gegen die Pneumokokken immunisierten Tieren stammt ’).
Dasselbe besitzt keine antitoxiscbe Wirkung, was eben aus der
Thatsache hervorgeht, daß die immunisierten mehr als die nicht-
immunisierten Kaninchen für intravenöse Einspritzung der Bouillon-
kultur empfänglich sind, in welcher des Alters wegen der Pneumo-
coccus seine Lebensfähigkeit verloren hat: d. h. die immunisierten
Tiere sterben durch eine kleinere Dosis als diejenige, welche die
Kontrolltiere tötet.
Da es mir gelang, vor einigen Monaten aus einem Esel und aus
einer Kuh, bei welchen ich allmählich im Laufe eines Jahres und
mehr einen hohen Immunisationsgrad erzielte, ein hoch heilkräftiges
Serum zu erhalten, so setzte ich die Versuche mit experimenteller
Serumtherapie fort, und beabsichtigte ich somit die Resultate mit
denjenigen zu vergleichen, die ich im Laufe der letzten drei Jahre
mit dem autipneumonischen Kaninchenserum erreichte; gleichzeitig
nahm ich mir vor, weitere Untersuchungen meinen früheren 2 ) über
die Wirkungsweise des Serums selbst beizufügen.
Der von mir in sämtlichen Versuchen angewendete Pneumo-
coccus ist hochvirulent, d. h. das Kaninchen von jeder beliebigen
Größe und jedem Körpergewicht, welchem subkutan eine Dosis gleich
dem 20. Teile von Vioooooo ccm einer 20 — 24 Stunden lang bei
35° C entwickelten Bouillonkultur eingespritzt wurde, ging am
4. — 5. Tage, ausnahmsweise am 6., zu Grunde. In dieser tödlichen
Dosis, welche wir minimal-tödliche Dosis nennen können, auf
flüssigem Agar mit */, p. 100 Traubenzucker ausgeführt, um Platten-
kulturen zu erhalten, fand ich spärliche Diplokokken, da in sämt-
lichen Proben die Zahl der Kolonieen zwischen 9 (Minimum) und 34
(Maximum) schwankte.
Die Kulturbouillon wurde stets mit destilliertem und sterili-
siertem Wasser verdünnt (1,0 ccm bis 000,1 ccm Kulturbouillon in
1) Die Litteratur über die von den verschiedenen Autoren und von mir zur
Immunisierung der Tiere gegen den Pneumococcus benutzten Methoden» und ferner
die Über die Serumtherapie bei der pneumonischen Infektion, wurde von mir scbon
in früheren Schriften angegeben (Rivista clinica e terapeutica. 1892. — Atti del XI Coogr.
intern, di mediciua. — Rivista clinica e terapeutica 1896).
2) Rivista clinica e terapeutica. 1896.
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Ucber die Heilkraft des antipDeamonischen Serams.
667
1000 ccm Wasser); den Versuchstieren wurde stets eine genau ge-
messene Menge einverleibt. Um eine größere Genauigkeit zu er-
reichen, wurden zuletzt die Kontrollkaninchen inokuliert; nach der
Einspritzung stellte ich mit den gleichen Dosen, die den Tieren ein-
verleibt worden waren, eine oder mehrere Plattenkulturen fertig.
Das von dem Esel oder von der Kuh entnommene antipneumo-
nische Serum, nach Einspritzung in die Obrenrandadern der Kanin-
chen in genügender Dosis, zeigte dieselbe Eigenschaft wie das Ka-
uinchenserum: d. h. es schützte die genannten Tiere vor der Ein-
wirkung einer mehrmals tödlichen Pneumokokkendosis, die sogar wenige
Stunden vor der Seruminjektion subkutan eingespritzt worden war.
‘Wenn z. B. das Heilserum 3 Stunden nach der Pneumokokkeninjektion
eingespritzt wurde, so sank die Temperatur des Kaninchens, welche
um 1 0 C und zuweilen noch mehr aufgestiegen war; am nächsten
Tage war der Zustand des Tieres ganz normal, ausgenommen eine
geringe Gewichtsabnahme (100 — 200 g), welche nach einigen Tagen
zu schwinden pflegte. Fand die Seruminjektion nach längerer Zeit
statt, d. h. 6 Stunden nach der Pneumokokkeninokulation, so wurden
die Kaninchen ebenfalls gerettet, häufig aber blieb eine örtliche In-
fektion zurück (Absceß), die übrigens stets zur Heilung kam. Wenn
die Seruminjektion 12 Stunden nach der Pneumokokkeneinverleibung
vorgenommen wurde, fehlte die lokale Infektion nie, und häufig ging
das Versuchstier wegen diffuser Infektion zu Grunde, deren Verlauf
sich aber länger als bei den Kontrollkaninchen hinzog.
Als man endlich das Heilserum nach längerer Zeit — 18 bis
24 Stunden nach der Pneumokokkeneinverleibung — noch einspritzte,
so ging die Mehrzahl der Versuchstiere, wenn auch sehr spät, zu
Grunde. Bei denjenigen, die nicht starben, bildeten sich ausgedehnte
Unterhautabscesse , welche langsam heilten — in 30 bis 40 Tagen
mindestens.
Die stärkste Heilwirkung war die des Eselserums, so daß
0,75 ccm desselben in die Ohrader eingespritzt stets das Kaninchen
rettete, welchem 30—60 Minuten vorher eine Poeumokokkendosis
wenigstens 20 mal größer als die minimale tödliche Dosis subkutan
eingespritzt worden war. Das gleiche Resultat erzielte ich mit 1 ccm
des wirksamsten antipneumonischen Kaninchenserums. Das Kuh-
serum erwies sich schwächer; um das eben erwähnte Resultat zu
erreichen, mußte ich davon 1,5 ccm einspritzen.
Aus meinen weiteren Untersuchungen, die ich anzustellen hoffe,
wenn ich den Immunisationsgrad dieses letzteren Tieres zu einer an-
sehnlicheren Höhe im Verhältnis mit dem Eselserum gebracht habe,
wird sich ergeben, ob die geringere Wirksamkeit des Kuhserums
von ungenügender Immunisation oder von besonderen Zuständen
ihres Organismus abhängt.
Mit den obengenannten Dosen des antipneumonischen Serums
und der Pneumokokken kam bei den Kaninchen keine nennenswerte
krankhafte Erscheinung vor; als man aber eine etwas größere Pneumo-
kokkendosis anwendete, z. B. 100 mal die minimale tödliche Dosis,
machte sich meist eine lokale Infektion (Absceß) bemerkbar, die aber
nicht sehr intensiv war, und über welche die Versuchtstiere völlig
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Nicola Pad«,
siegten, spätestens nach ca. 30 Tagen. Nach Einverleibung einer
Pneumokokkendosis um 20000 mal größer, als die minimale tödliche
Dosis, gingen die Tiere meistens zu Grunde, der Verlauf war aber
stets langwieriger als bei den Konfrontieren.
Stieg man mit der Serumdose noch mehr, so zeigte sich eine
stärkere Wirkung gegen die Pneumokokken. Wenn ich z. B. 3 ccm
des antipneumonischen Eselserums, dessen Wirksamkeit die schon
angeführte war, in die Ader von Kaninchen einspritzte, welche 30
bis 60 Minuten vorher Pneumokokkendosen bis 20000 mal die mini-
male tödliche Dosis erhalten hatten, so wurden die Versuchstiere
stets gerettet, häufig fehlte sogar das Unterhautzellgewebeödem,
welchem dann ein mehr oder weniger ausgedehnter Absceß nach-
folgte.
Bei den obenerwähnten Reihenversuchen — in welchen das
Serum 3—6 — 12 — 18— 24 Stunden nach der subkutanen Pneumokokken-
injektion in die Ader der Kaninchen eingespritzt wurde — erreichte
ich die besten Resultate, als ich die geringsten Pneumokokkendosen
(10 — 20 minimale tödliche Dosen) und relativ große Serummengen
anwendete, d. h. 3 mal die Menge, welche sich wirksam erwiesen
hatte, bei dem Kaninchen 20 tödliche Dosen von Pneumokokken,
30— 60 Minuten vorher eingespritzt, völlig zu neutralisieren.
Diese Quantität war, wie ich schon bemerkte, folgende: für das
Eselserum 0,75 ccm; für das Ka nin ehern s erum 1,0 ccm; für
das Kuh serum 1,5 ccm; — ich muß aber hinzufügen, daß, gemäß
der Zeit, seit der das Serum dargestellt war, es nötig war, die be-
treffende Menge größer zu gestalten, um dieselbe Wirkung zu erzielen.
Das Serum, welches in meinen Versuchen während der Monate
Dezember 1896 und Januar und Februar 1897 am wenigsten von
seiner Heilkraft einbüßte, war das Eselserum.
Dieses Eselserum, bei Zimmertemperatur und im Dunkeln auf-
bewahrt, hat nach 3 Monaten eine Abnahme um ungefähr die Hälfte
seines ursprünglichen antibakterischen Vermögens bei den Kaninchen
gezeigt. Das Trikresol, welches, um es aseptisch zu erhalten, in einer
Menge von 0,25 p. 100 hinzufügt wurde, hat dessen Heilkraft gar nicht
verändert, so daß ein Unterschied gegenüber den Kontrollversucheu,
welche mit Serum ohne Trikresol angestellt worden waren, nicht
zum Vorschein kam. Das Kaninchenserum hat gegenüber demjenigen
des Esels in geringerem Grade seine Heilkraft behalten. — Nach
3 Monaten war der Verlust an Heilkraft beim Kuhserum größer.
Während die Einspritzung von antipneumonischem Serum in die
Ader, wie wir gesehen haben, sich sehr wirksam gegen den P n e u m o -
coccus erweist, ist die subkutane Injektion verhältnismäßig viel
schwächer in ihrer Wirkung. Thatsächlich ist es nötig, um das
Kaninchen bei einer Pneumokokkendosis nicht größer, als die minimale
tödliche Dosis mit gleichzeitiger Seruminjektion zu retten, eine Dosis
einzuspritzen, welche wenigstens 3 mal größer ist, als die, welche,
durch die Ader eiugespritzt, 20 tödliche Dosen diese Bakterien völlig
unschädlich macht.
Die Ursache eines solchen Unterschiedes konnte man wahrnehmen
aus dem, was stattfand, als die intravenösen Einspritzungen einige
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Ueber die Heilkraft des aotipneumoaischen Serums.
669
Stunden nach der Pneumokokkeneinverleibung vorgenommen wurden,
d. h. es konnte sich erklären durch die Thatsache, daß das Serum
sich langsamer verbreitet, wenn es unter die Haut injiziert wird, als
durch die Ader.
Um einen direkten Nachweis dieser Thatsache zu liefern, habe
ich 3 ccm Serum gleichzeitig subkutan mehreren Kaninchen ein-
gespritzt, sodann während der nachfolgenden 24 Stunden und in
bestimmten Zwischenräumen in gleicher Weise jedem Tiere 20 töd-
liche Pneumokokkendosen injiziert. Das Resultat bestätigte meine
Vermutung, denn sämtliche Kaninchen zeigten 6 Stunden nach der
Seruminjektion gar keine Störung, auch wenn ich das Eselserum
anwendete, welches, wie wir sehen werden, am langsamsten auf sub-
kutanem Wege wirkt. Die geringe Heilkraft des antipneumonischen
Serums, wenn es unter die Haut eingespritzt wird, hängt davon ab,
daß, bevor es im ganzen Organismus diffundiert ist, die Pneumokokken
sich schon genug vermehrt haben und durch den Blutstrom schon
ihre Ueberschwemmung beginnt. Und, vice versa, hängt die hohe
Heilkraft des direkt in das Blut eingespritzten Serums von der
Schnelligkeit seiner Diffusion ab.
Bei der pneumonischen Infektion des Menschen (fibrinöse Pneu-
monitis) gestalten sich die Verhältnisse viel günstiger als bei dem
Kaninchen, da die Heilwirkung des Serums sich vermittelst der sub-
kutanen Injektion zeitig entfaltet; denn, wie schon gesagt, die Pneumo-
kokken finden sich im Blute der letal geendeten Fälle (seltenere
Vorkommnisse ausgenommen) nur wenige Stunden (höchstens 1 Tag)
vor dem Tode.
Jedenfalls wird man beim Menschen, wie beim Kaninchen, stets
am sichersten die günstigen Erfolge haben, je frühzeitiger die Serum-
therapie angewendet wird, möge die einzig von der Pneumonitis
herrührende Krankheit auch noch so schwer sein, man wird sicher
immer den Exitus vermeiden können, wenn man das Heilserum zeitig
und in wirksamen Dosen einspritzt. Dies wird völlig bestätigt durch
die 23 Pneumoniefälle, welche ich mit meinem antipneumoniseben
Serum, unter I.eilung meines hochverehrten Lehrers, Hrn. Prof. De
Renzi, in der 1. med, Klinik der hiesigen Universität bis heute
behandelt habe.
Von diesen 23 Fällen, bei denen die Infektion am schwersten
war, kamen nur 2 nicht zur Genesung; bei denselben wurde die Ein-
spritzung in den letzten Lebensstunden ausgeführt, d. h. bei einem
während des Agoniestadiums — 6 Stunden vor dem Tode, bei dem
zweiten, bei welchem außerdem noch Arterien- und Nierenerkran-
kungen (interstitielle Nephritis) bestanden, 24 Stunden vor dem Tode.
Bringt man den Pneumococcus von der hohen, obengenannten
Virulenz in das Blutserum des normalen Kaninchens, so erhält man
nach 20—24 Stunden bei 35° C eine üppige Kultur.
Das Serum zeigt sich dann gleichmäßig trüb und die Pneumo-
kokken sind von sehr gut entwickelten Kapseln umhüllt, welche in
Trockenpräparaten — auf Deckgläschen und während */* Minute
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670
Nicol« Pme,
durch wässerige Gelatineviolettlösung gefärbt — eine schöne Rosa-
färbuog darbieten. Bringt man aber denselben Pneumococcus in
antipneumonisches Kaninchenserum, so bildet sich eine mit sehr
eigentümlichen Merkmalen behaftete Kultur, d. h. nach 20 — 24 Stunden
entwickelt sich bei 35° C ein dünnes, derbes, grauweißes Häutchen,
welches am Boden des Serumreagensglases sich niedersetzt l ) ; es
wächst stets fort bis zum 3. Tage, und wird mehr oder weniger breit
nach der Breite des Reagensglases. Das Serum bleibt ganz klar und
das Häutchen wird nur dann deutlich beobachtet, wenn man das
Reagensglas stark umschüttelt, indem es vom Boden emporsteigt und
schwimmt, ohne zu zertrümmern.
Die mit diesem Häutchen verfertigten Deckgläschentrockenpräpa-
rate zeigen, daß es aus eingekapselten Pneumokokken zusammen-
gesetzt ist, welche durch eine amorphe Substanz verbunden sind,
die sich mit dem Gentianviolett schwach färbt. Die Kapsel eines
jeden Pneumococcus ist kleiner und färbt sich weniger deutlich
als die ebenerwähnte, welche in den Kulturen des normalen Kaninchen-
serums angetroffen wird.
Das antipneumonische Kaninchenserum hat also die Eigenschaft,
die Pneumokokken zu „agglutinierend infolgedessen können sich die
letzteren nicht so frei vermehren wie im normalen Serum, sondern
es haftet der eine auf dem anderen.
Eine identische Eigentümlichkeit wurde schon für das Serum
der gegen den Cholerabacillus (Bordet, Isaöff, Pfeiffer,
G ruber) und gegen den Typhusbacillus immunisierten Thiere
(Pfeiffer), und auch für das Serum der Typhuskranken (Widal)
beschrieben.
Die agglutinierende (verklebende) Eigenschaft des anti-
pneumonischen Kuhserums ist ganz identisch mit der des anti-
pneumonischen Serums des Kaninchens; nur daß das Häutchen ein
üppigeres Wachstum zeigt, infolgedessen es unter gleichen Verhält-
nissen dicker, breiter und gelblich erscheint.
Etwas verschieden ist die Entwickelung des Pneumococcus
im Eselserum. Hier bildet sich zwar kein Häutchen, aber ein sehr
dünnes, mit bloßem Auge kaum wahrnehmbares Flöckchen am Boden
des Serumglases. Wenn das Serum 10 — 15 Tage hindurch bei 35° C
im Brutofen gehalten wird, bilden sich allmählich noch andere
Flöckchen, so daß man nach ungefähr 20 Tagen einen bemerkens-
werten Niederschlag beobachten kann. Die mit einem Häutchenpartikei
verfertigten, zweckmäßig gefärbten Deckgläschentrockenpräparate zeigen
unter dem Mikroskope eingekapselte Pneumokokken, der eine dem
anderen anhaftend, welche identisch sind mit denjenigen der Häutchen,
1) Im Vergleich mit den Serumstichproben mit sehr virulenten Pneumococcus
habe ich andere ausgeführt, mit nicht ebenso virulenten Pneumokokken (wenig virulent),
welche, den Kaninchen subkutan eingespritst, nur Absceß herbeiführten, nnd sogar
ohne jede Spur von Virulenz, da ich dieselben mehrere Jahre hindurch in Gelatine im
Zustande des saprophytischen Lebens aufbewabrt batte. Diese sämtlich verschiedenen
Pneumokokken erwiesen sich im Serum desto entwickelungsunfähiger, je niedriger Ihr
Virulenzgrad war, so daß der ganz harmlose Pneumococcus sich weder in dem
antipneumonischen, noch in dem normalen Serum entwickelte, selbst wenn er in groBer
Menge zugesetzt worden war.
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Ueber die Heilkraft des autipneumonischen Serams.
671
die sieb im antipneumoniseben Kaninchenserum und Kuhserum bilden.
Diese langsame Entwickelung des Pneumococcus in dem anti-
pneumonischen Eselserum gleicht gewissermaßen der Entwickelung im
normalen Eselserum, worin diese sehr spärlich und langsam vor sich
geht. Auch hier wachsen die Pneumokokken zusammen verklebt
Die Agglutinicrung und die Spärlichkeit in der Eutwickelung der
Pneumokokken sind aber größer im ersteren.
Der verschiedene Agglutinierungsgrad beider Sera wird deutlich,
wenn dieselben mit Kaninebenserum oder mit Bouillon verdünnt
werden. Fügt man z. B. zu 1 Teil normalen Eselserums 2 Teile
Bouillon, so wird die Agglutinierung gehemmt, und der Pneumo-
coccus entwickelt sich in dieser Mischung üppig.
Die Lebensfähigkeit der Pneumokokken aus der Kultur im anti-
pneumonischen Serum erhält sich lange Zeit, ganz gleich, von welchem
Tiere es herstammt.
Wenn man vergleichende Verdünnungen dieses Serums in gewöhn-
licher Bouillon oder in normalem Kaninchenserum untersucht, in
welchen man die Pneumokokken kultiviert, so merkt man, daß die
Agglutinierung allmählich verschwindet und in verschiedenem Ver-
hältnisse, je nach der verschiedenen Tierspecies, von der das Serum
stammt; unter gleichen Umständen verschwindet sie viel rascher im
normalen Kaninchenserum als in Bouillon.
Die Ueppigkeit der Kultur wächst mit dem Grade der Ver-
dünnung, bis man endlich fast keine makroskopischen Unterschiede
gegenüber den normalen Kulturen wahrnimmt; mit Hilfe des Mikro-
skops kann man aber Diplokokken beobachten, die zu 2 — 5 und mehr
zusammensteben. Sie erinnern dann an die Anordnung der Diphtherie-
bacillen in Präparaten aus Bouillonkulturen. Aber auch solche
Diplokokkenhäufchen, die letzten Rückstände des Agglutinierungs-
vermögens des Serums, verschwinden, wenn letzteres einen bestimmten
Verdünnungsgrad erreicht hat.
Aus meinen Versuchen gehen folgende extreme Grenzen der Ver-
dünnungen hervor, bei welchen jede Spur der Bakterienagglutinierung
völlig verschwand : Bei dem antipneumonischen Kaninchenserum
die Verdünnung 1:15 in Bouillon und 1:5 im normalen Kaninchen-
serum ; bei dem der Kuh die Verdünnung 1:25 in Bouillon und
1 : 9 im normalen Kaninchenscrum; bei dem de3 Esels 1:30 in
Bouillon und 1:12 im normalen Kaninchenserum.
Vergleichen wir nun diese Zahlen mit denen neben der Heilkraft
der 3 Sera, so ergiebt sich am deutlichsten, daß die Heilkraft in
einem Serum mit schwachem Agglutinierungsvermögen stärker sein
kann und vice versa, wie z. B. bei dem antipneumonischen Kaninchen-
serum im Vergleich mit dem Kuhserum.
Andererseits, da das normale Eselserum, wie eben gesagt, ein
deutliches Agglutinierungsvermögen besitzt, welches so wie das nor-
male Kaninchen- und Ochsenserum keine Wirkung gegen den Pneu-
mococcus in meinen Versuchen entfaltete, auch dann, wenn es dem
Kaninchen 1 — 24 Stunden vor der Einverleibung einer minimalen
tödlichen Dosis dieser Bakterie eingespritzt wurde, so darf man ent-
schieden jede Beziehung zwischen Agglutinierungsvermögen und Ein-
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672
Nicol* Pane,
Wirkung des antipneumonischen Serums gegen den P neumococcus
im Tierorganismus ausschließen *).
Einen bemerkenswerten Unterschied erblickt man in den Resul-
taten, wenn, nachdem wir in der oben geschilderten Weise vermittelst
intravenöser Injektion die Dosis des antipneumonischen Kaninchen-,
Kuh- und Eselserums, welche imstande ist, die Kaninchen zu retten,
denen man vorher eine subkutane Pneumokokkendosis, 20000mal
größer als die Dosis letalis minima, eingespritzt hatten, be-
stimmt haben wir dieselbe Serumdosis subkutan, nicht als solche,
sondern mit denselben Bakterien innig vermischt, injizierten.
Dieser Unterschied, der in meinen sämtlichen vielen Versuchen
beständig war, besteht darin, daß während die Kaninchen, welchen das
antipneumonischo Serum in einer Dosis, sogar kleiner als jene, die
vermittelst intravenöser Injektion dieselbe Wirkung entfaltete, einge-
spritzt wurde, z. B. 1 ccm, nicht zu Grunde gingen und ferner gar
keine krankhaften Erscheinungen zeigten, bloß daß das Körpergewicht
leicht sank*), während im Gegenteil, die Kaninchen alle starben, welche
das Kuh- und Eselsheilserum bekamen. Mit anderen Worten: das
antipneumonische Kaninchenserum wirkt viel mehr in direkter Weise
auf die Pneumokokken im Unterhautzellgewebe als in indirekter Weise
durch den Blutstrom. Die antipneumonischen Kuh- und Eselsera
wirken auf den Pneumococcus durch den Blutstrom mehr auf
indirekte, als in direkter Weise. Was das antipneumonische Esel-
serum anbetriflt, so war der Unterschied ein sehr großer, denn 3 ccm
desselben, dem Kaninchen durch intravenöse Infektion herge-
bracht, rettete die Versuchstiere von der durch eine subkutan ein-
gespritzte 20000mal tödliche Pneumokokkendosis herbeigeführten In-
fektion, während, als ich die 3 ccm Eselserum mit einer lOmal
kleineren Pneumokokkendosis vermischt subkutan einspritzte, es zu
einer sehr schweren Infektion, mit ausgedehnten subkutanen Abscessen
verbunden, kam, welche meistens nach 10 — 15 Tagen, d. h. 5 — 10
Tage später als bei den Kontrolltieren, letal endete. Eine mäßige
örtliche Infektion (subkutaner mittelgroßer Absceß) blieb auch nicht
aus, wenn die Pueumokokkendosis viel kleiner, z. B. 20 mal größer
als die Dosis letalis minima war.
In der Wirkungsweise des antipneumonischen Esel-, und in
geringerem Grade auch desgleichen Kuhserums gegen den Pneumo-
coccus erblicken wir eine sonderbare Thatsache, welche unsere
bisherigen Begriffe über die Sera der immunisierten Tiere förmlich
umgestaltet. Wie bekannt, lautet dieser Begriff axiomatisch, so daß
solche Sera gegen die spezifischen zu ihrer Darstellung angewendeten
Bakterien in direkter Weise, d. h. wenn das betr. Serum und die
1) Das Agglutinierungavermögen dos Serums von gegen den Cholera- und T j-
phusbacillus immunisierten Tieren ist von G r u b e r mit der antibakterischen (bakterici-
den?) Wirkung desselben auf den gleichen Bacillus im Tierkörper in Zusammenhang gebracht
worden; die Grub e r’sche Theorie aber wurde von R. Pfeiffer und W. Rolle
(Centralblatt für Bakteriologie etc. Bd. XX. 1896. No. 4 u. 5) als unbegründet erwiesen.
2 ) Als ich in einer Reihe von 1 ccm antipneumonitisches Kanincbenserum, welchem
vorher in vitro 20 000 — 200 000 tödlicher Pneumokokkendosen xugesetst waren, ein-
spritste, so beobachtete ich bei bis *u 60 000 Dosen stets keine deletäre Wirkung. Mit
größeren Dosen merkte ich eine inkonstante Wirkung, die aber häufig gleich Null war-
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Zar Morphologie der MalariaparAsiten.
649
obachtete, konnten bis jetzt keine Präparate mit Färbung der Geißeln
erzielt werden. Eine Nachprüfung der Angaben Sacharoff’s, der
die Geißelbildung bei den Blutparasiten der Vögel durch eine Störung
der karyokinetischen Zellteilung erklärte, war daher bis jetzt bei den
Geißelformen der heimischen Tertiana unmöglich l ).
Betrachten wir jetzt die Parasiten der Kamerunfieber. In der
früheren Arbeit konnten, da mir damals eine wirksame Kernfärbe-
methode noch nicht zu Gebote stand, die feineren Strukturverhältnisse
noch nicht gegeben werden. Mittlerweile stand auch neues Beobach-
tungsmaterial zur Verfügung.
Angenommen, es handelt sich um einen Fall von Quotidiana,
der noch nicht mit Chinin behandelt ist. Wir bemerken dann im
Fiebcranfalle, namentlich nach Eintritt des Hitzestadiums, manchmal
eine ganz außerordentliche Anzahl endoglobulärer Parasiten, oft 8 und
noch mehr in einem Gesichtsfelde. Dieselben sind meist von ver-
schiedener Entwickelung. Man bemerkt ganz kleine, lebhaft amöboid
bewegliche, blasse Scheibchen, die jeden Augenblick von der Scheiben-
in die Ringform übergehen. Letztere entsteht durch Verdünnung des
Parasitenplasmas in der Mitte, so daß die Substanz des roten Blut-
körpers bindurchschimmert. Gerade die Bildung dieser ganz
charakteristischen äußerst winzigen Ringelchen schützt
am besten vor der Verwechselung mit den eigenartigen
Bildungen, wiesiedurchZusammenziehungdesStroma
in den roten Blutkörpern zu weilen auftreten. Letztere
sind durchschnittlich auch größer, meist rund oder
oval, größtenteils bedeutend schärfer konturiert und
viel weniger beweglich. Uebrigens wurde die amöboide Be-
weglichkeit der jungen Kamerunparasiten von mir anfangs auch unter-
schätzt. Pigment zeigen sie in diesem Stadium nicht. Helle, bläschen-
förmige Stellen, die den Kern darstellten, habe ich in diesem Jugend-
stadium der Parasiten im lebenden Blute nicht mit Sicherheit ent-
decken können. Die Schnelligkeit der amöboiden Bewegungen würde
das auch erschweren. Diesen in der Mehrzahl auftretenden Formen
verdankt der gegenwärtige Fieberanfall sein Dasein. Außerdem be-
merkt man größere Formen, deren Durchmesser bis etwa */ 3 Durch-
messer eines roten Blutkörpers entsprechen kann. Bei ihnen findet
sich oft schon eine deutliche Ansammlung eines äußerst feinen, staub-
förmigen, braunroten Pigments in der Peripherie, welches eine mole-
kulare Beweglichkeit zeigen kann. Die amöboide Beweglichkeit scheint
indes im Durchschnitt nachgelassen zu haben. Auch sie können vorüber-
gehend Ring- oder Siegelringform zeigen. Zuweilen, durchaus
n ich t immer, si eh t man bereits im ungefärbten Prä-
parat innerhalb der größeren Formen eine kleine
helle, bläschenförmige, runde oder ovaleStelle, in die
1) Io Paria, im Institut too Professor Golgi, entdeckte ich bei S von 5 Nachti-
gallen Blutparasiten, bei denen das Chromatin ganz ähnliche Verhältnisse zeigte wie bei
den Parasiten der heimischen Tertiana. Sogenannte Sporulationsformen worden nicht
gesehen. Eine Mitteilang darüber bleibt Vorbehalten.
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650
Hans Ziem ad d ,
kein Pigment hineinragt, nnd die als Kern aufzu-
fassen ist.
Bei einem Recidiv von Kameruner Quotidiana beobachtete ich
in Wilhelmshaven in diesem Stadium auch einigemal Geißelformen,
genau von demselben Aussehen und derselben Beweglichkeit, wie sie
in Lehe beobachtet wurden. Nur schienen sie durchschnittlich um
ein Drittel bis die Hälfte kleiner zu sein. Zugleich erschienen einige
größere, endoglobuläre, runde Formen, die etwa 1 L — */s des scheinbar
nicht vergrößerten, etwas abgeblaßten roten Blutkörpers erfüllten, von
hyalinem Aussehen und mit außerordentlicher Beweglichkeit des
ziemlich reichlichen stäbchenförmigen Pigments.
Sie entsprachen vollkommen den in Lehe beschriebenen
endoglobulären, zu sterilen, freien Sphären werdenden Formen. Nur
schienen auch sie durchschnittlich um die Hälfte bis */> kleiner als
die entsprechenden Formen der heimischen Tertiana zu sein. Später
gelang es auch , im gefärbten Präparat diese Formen wiederzufinden
und so den vorausgesagten Mangel an Chromatin zu beweisen *).
Halbmonde und Ovale am ersten Fiebertage waren ebenfalls schon
bei 2 Recidiven sichtbar. Nach den Befunden einiger Italiener sollten
dieselben erst einige Tage nach dem Fieberausbruche auftreten. Das
oft sehr reichliche Pigment war meist in der Mitte konzentriert. Von
einer Anordnung in Achterform, wie sie Mannaberg io seiner
Monographie über die Malariaparasiten beschreibt, habe ich mich
nicht überzeugen können. Mir erschien die Anordnung der braunröt-
lichen Pigmentstäbchen meist als eine vollkommen unregelmäßige. Nie-
mals ging jedoch die Konzentrierung so weit, daß klumpige Zusammen-
ballungen stattfanden, wie bei den Kernteilungsfiguren der Parasiten
bei heimischer Malaria. Einigemal lag das Pigment mehr nach dem
einen Pole des Halbmondes zu.
In wenigen Fällen war noch gar keine Konzentrierung des Pigments
nach der Mitte zu eingetreten. Die Kontur der Halbmonde war stets
eine ziemlich scharfe, aber nie eine doppelte. Dieselben waren bald
frei, bald noch umgeben von einer schmalen Zone des entfärbten roten
Blutkörpers. Einigemal sah man nur noch die bereits früher be-
schriebene, feine, bogenförmige Linie, welche an der konkaven Seite
die Schenkel des Halbmondes verbindet und die als Rest des ent-
färbten roten Blutkörpers aufzufassen ist. Eine Bewegung der Halb-
monde und ihres Pigments habe ich bis jetzt nicht entdecken können.
Eines geheizten Objekttisches habe ich mich bis jetzt allerdings nicht
bedienen können. Die Länge der Halbmonde betrug durchschnittlich
8 — 10 ft, ihre Breite 2—3 fi.
Bei den Ovalen waren die Verhältnisse dieselben, abgesehen von
ihrer bereits durch den Namen ausgedrückten anderen Gestalt.
Einigemal näherte sich ihre Form beinahe der Form der freien
Sphären.
Voraussichtlich findet ein allmählicher Uebergaog dieser Formen
ineinander statt.
1) Im früheren AafsaUe werden auch gröftere Formen geschildert.
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Zar Morphologie der Malsriaparasiten.
651
Befund der Kamerun-Parasiten am gefärbten Präpa-
rate (Kernfärbung).
Wir nehmen den oben erwähnten Fall einer Quotidiana an,
Präparat angefertigt bald nach Eintritt des Hitzestadiums. Wir be-
merken dann in den roten Blutzellen eine Anzahl von ganz jungen
Parasiten. Das Chromatiukorn erscheint als kompakte, meist rund-
liche oder ovale Masse von einem durchschnittlichen Durchmesser
von * */ 4 fi, zum Teil umgeben von einer bald mehr, bald weniger deut-
lichen, hellen, achromatischen Zone (Fig.32 r.). Manchmal kann man über-
haupt nicht mit Sicherheit von einer solchen sich überzeugen (Fig. 31 r.).
Das Volumen der Chromatinmasse ist wie bei den jungen Formen
der heimischen Tertiana Schwankungen unterworfen, ist aber, wie
aus der Zahlenangabe hervorgeht, durchschnittlich um die Hälfte
kleiner im Durchmesser. Der größte Durchmesser des ganzen Para-
siten beträgt in diesem Stadium etwa 1 — l 1 /, ft. Derartige jüngste
Formen habe ich im freien Zustande bei Kameruner Malaria bis jetzt
noch nicht beobachtet. Sie werden aber sicherlich Vorkommen.
Im allgemeinen sind aber im gefärbten Präparate derartige mehr
kompakte Formen des Jugendstadiums selten (Fig. 31).
Durch das Trocknen der Präparate an der Luft kommen die
Parasiten zur Ruhe und verharren nun in der schon früher beschrie-
benen charakteristischen Ringeichenform (Fig. 31 u. 321.). Der Durch-
messer der kleinsten beträgt 1 1 / 9 — 2 ft. An irgend einer Stelle des
Ringes bemerken wir das Chromatinkörnchen in der Form , wie es
oben beschrieben. Es kann aber auch innerhalb des Plasmaringes
liegen. Eine excentrische Lage, wie wir sie bei heimischer
Malaria ziemlich oft sahen, scheint weniger häufig
vorzukommen. Der Kontur der Ringelchen ist meist
entschieden eine schärfere, wie bei den weicher und
verschwommen gezeichneten heimischen Parasiten 1 ).
Pigment ist in diesem Stadium noch nicht zu sehen. Die Färbbar-
keit des infizierten roten Blutkörpers ist noch unverändert. Sehr
häufig sind Doppelinfektionen (Fig. 31, 32 etc.), seltener schon
3 fache. Einmal beobachtete ich eine 4fache Infektion eines roten
Blutkörpers. Bei den Doppelinfektionen kann man häufig
eine verschiedene Entwickelungsstufe der Parasiten
bemerken. Ob hier das rote Blutkörperchen zuerst von einem
Parasiten infiziert ist, erst später von einem zweiten, der infolge-
dessen noch jünger und kleiner erscheint, oder ob der eine Parasit
das Wachstum des anderen beeinträchtigt hat und daher die Wachs-
tumsdifferenzen kommen, ist wohl kaum von Wichtigkeit.
Manchmal bereits in diesem sehr jugendlichen
Stadium, noch öfter, wenn der größte Durchmesser
der Parasiten etwa 2 1 /, ft erreicht hat, sieht man, wie
1) An den Fig. 8t — 34 giebt die Reproduktion des nicht entfernt
• o wieder, wie das Or iginal p b otogr. Die C h r o m a t i n k ö r ner in
Fig. 31 sind etwas kleiner, die Ringe zarter and schirfer kontariert
zu denken, ln Figar 31 ist Chromatin and Protoplasmaleib nicht
getre nn t.
652
Ha ds Ziemtnn,
das Chromatin sich in die Länge streckt (Fig. 321. u. 36)
und in der Form ei nes ger ad en oder leicht gekrümmten
Stäbchens. Infolgedessen erscheintauch der schmale Parasitenleib
in die Länge gezerrt. Das Chromatinstäbchen kann dann bis za
2 l /j ft lang werden (Fig. 37). In entsprechenden Präparaten sieht
man 1 — 2 Einschnürungen in dem Chromatinstäbchen. Wenn die
Einschnürung weiter geht, findet ein Zerfall des Chromatins statt in
3 Chromatinkörnchen.
Der Zerfall in 2 Körnchen ist bei weitem der häufigste. All-
mählich rücken die Teilstücke immer weiter voneinander ab. Schließ-
lich können die 2 Chromatinkörnchen sich einander gegenüber liegen
in der Ringfigur (Fig. 34). Den häufigsten Befund stellten bei
Parasiten mit 2 Chromatinkörnern Hufeisenformen
dar, deren Ende eingenommen war je von einem Chro-
matinkorn (s. Fig. 33 r. u. 35 unten).
Neben den Ringformen sieht man, wenn auch seltener, auch etwas
unregelmäßigere Formen.
Im gefärbten Präparat behält der wachsende Parasit auch jetzt
noch durchschnittlich die Ringform. Nur wird der PlasmariDg
selbst etwas dicker. Schließlich sammelt sich das Plasma an einer
Stelle des Ringes noch mehr an, so daß Siegelringformen entstehen.
Wie mit den frühzeitigen Abschnürungen des
Chromatins, ergiebt sich auch darin eine Parallele zu
den entsprechenden Formen bei heimischer Tertiana,
daß der Kern meist im Verlaufe der von der Haupt-
masse des Parasitenleibes ausgehenden zierlichen
Halbring figur liegt (Fig. 38, 39). In der Stelle mit stärkerer
Ansammlung des Parasitenprotoplasmas kann sich jetzt schon eine
geringe Menge des bereits bei Untersuchung des lebenden Blutes be-
schriebenen äußerst feinkörnigen Pigments finden. In manchen Präpa-
raten ist aber davon noch keine Spur zu sehen. Statt dieser Siegel-
ringformen findet man auch wohl rundliche oder in die Länge ge-
streckte, letztere manchmal mit unregelmäßig gelappten Fortsätzen
des Parasiten plasmas in die Substanz des roten Blutkörpers. Da
das Chromatinkorn bei den größeren Formen auch etwas angewachsen
ist (der Durchmesser beträgt jetzt etwa 1 /<), sind diese größeren
Parasiten der Kameruner Malaria von gewissen kleineren, jüngeren
Parasiten bei heimischer Tertiana kaum oder gar nicht zu unter-
scheiden. Eine Vorstellung dieser größten, von mir im peripheren
Blute überhaupt gefundenen Parasiten der Kameruner Malaria wird
man am besten aus Figur 38 und 39 gewinnen. Eine Auflockerung
ist zuweilen schon zu sehen.
W T enn die Parasiten diese Größe erreicht haben, verschwinden
sie aus dem peripheren Blute, um in inneren Organen ihre weitere
Entwickelung durchzumachen. Nur 3 mal sah ich im frischen Blut
endoglobuläre Formen von der halben Grösse des roten Blutkörpers,
scheinbar nur mit 6 — 8 Kernen. Punktionen der Milz, blos um etwa
Kernteilungsformen zu finden, vorzunehmen, konnte ich mich, wie schon
früher ausgefübrt, nicht entschließen. Die Gemütsstimmung
der Kranken war meist eine ängstliche, und hätte ihr Allgemeinbefinden
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Zur Morphologie der Maiarimparasiten.
653
zu sehr darunter gelitten. Außerdem betrachtete ich den Eingriff als
nicht immer ganz unbedenklich. Andererseits stand Sektionsmaterial
nicht zur Verfügung. Wichtig ist vor allem das Verhalten der Halb-
monde und Ovale im gefärbten Präparat.
Bereits auf der Naturforscherversammlung in Frankfurt a. M.
1896 sprach ich aus, daß ich die Halbmonde nicht als aktive Para-
siten, fähig zur Fortpflanzung, auffaßte, da sie manchmal bei voll-
kommen normaler Temperatur und bei relativem Wohlbefinden ge-
funden wurden. Die damalige Vermutung hat sich be-
stätigt. Die Halbmonde und Ovale sind als sterile
Formen aufzufassen, da in einer großen Reihe von
Präparaten dieselben trotz Anwendung der sonst
immer wirksamen Kernfärbung das Chromatin durch-
aus vermissen ließen.
Dem Einwurf, daß bei diesen vielfach als Dauerformen aufgefaßten
Parasiten die Kernsubstanz möglicherweise ein anderes Tinktionsver-
mögen zeigte, setze ich folgende, wenn auch vorläufig nur vereinzelte,
Beobachtung entgegen.
Bei einem Oval mit noch ziemlich zerstreutem Pigment sah ich
deutlich in der Mitte der Figur eine kleine, feinkörnige, allem An-
schein nach verkümmerte Chromatinfigur, ganz ähnlich wie bei den
oben geschilderten, absterbenden Formen bei heimischer Malaria.
Wenn diese Beobachtung sich noch häufiger bestätigen sollte, so er-
gäbe sich eine weitere interessante Parallele zwischen den sterilen
Formen der heimischen und tropischen Malaria. In meinem früheren
Aufsatze sprach ich bereits aus, daß die Segmentation der Halb-
monde, wie sie von Mannaberg beschrieben ist, voraussichtlich in
Parallele zu setzen wäre zu den Abschnürungen kleiner, runder Stücke,
die bei den großen, freien, sterilen Formen der heimischen Tertiana
sich finden. Immerhin bieten die Halbmonde und Ovale insofern noch
manches Unerklärte, als sie trotz längerer Chinintherapie sich im
Blute finden können, ohne ihre Form zu verändern, um schließlich
scheinbar spurlos zu verschwinden. Die freien Sphären und Geißel-
körper, die sich gleichzeitig finden können, zeigen zuletzt eine Zer-
bröckelung der Form, worauf die Trümmer von den Leukocyten auf-
genommen werden. Auch die scharfe Konturierung unterscheidet die
Halbmonde von den übrigen Malariaparasiten.
Oft können die Halbmonde, wie schon im früheren Aufsatze aus-
einandergesetzt, nach Ablauf eines Fiebers noch längere Zeit im Blute
sichtbar sein und den einzigen Befund bilden.
Herr Kollege A. Plehn hält in dem ersten Hefte des neuerdings
erschienenen „Archiv für Schiffs- und Tropenhygiene“ in diesem Falle
eine Chinintherapie für irrationell.
Wie oben dargethan, habe ich die Halbmonde
von vornherein als sterile Formen aufgefaßt.. Wenn
ich trotzdem in diesem Falle an jedem 3. Tage Chinin gab, so gab
ich es gewissermaßen prophylaktisch, da ihre Gegenwart meiner
Meinung nach oft als der Ausdruck einer latenten Infektion zu be-
trachten war. Uebrigens fanden sich einigemal auch
deutliche Störungen des Allgemeinbefindens, wenn sie
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654
U ft d i ZiemftQD,
den einzigen Befund bildeten. Es ist also sehr gut
möglich, daß in inneren Organen sich noch fortpflan-
zungsfähige Parasiten gefunden hätten.
Wenn manalso überhaupt in einem so mörderischen
Klima wie in Kamerun eine Chininprophylaxe bis zu
einem gewissen Grade für angezeigt hält, so ist sie es
erst recht in diesem Falle, wenigstens an Bord, wo
häufiger ein Klimawechsel stattfindet.
Die im Verhältnis zu früher ganz außerordentlich verminderte
Häufigkeit der Recidive bei meinen Fällen spricht ebenfalls für meine
Annahme.
Ueber die Kameruner Halbmonde im gefärbten Präparate ist noch
zu sagen, daß sich nur die Randzone gut färbte. Dann kam eine
weniger gut gefärbte Zone, nach dem Centrum zu, wo das Pigment
meist lag, eine durchschnittlich vollkommen ungefärbte. Im übrigen
ist der Beschreibung im Präparat aus lebendem Blut nichts hinzu-
zufügen.
Eine solche Beschreibung der K ernverh<nisse
bei den Parasiten der tropischen Malaria von dem
jüngsten Stadium an ist, Boviel ich weiß, bisher über-
haupt noch nicht gegeben.
Bei der Schilderung unseres Blutbefundes waren wir ausgegangen
von der Annahme eines Falles von Quotidiana, bei dem nach Eintritt
des Hitzestadiums das Blut entnommen. Einige Stunden später waren
in den mit der Kernfärbemethode untersuchten Fällen die größeren
endoglobulären Formen meist fast ganz aus dem Fingerblut ver-
schwunden, während die jungen Formen, die dem letzten Anfalle ihr
Dasein verdanken, bei weitem Uberwogen. Einmal waren übrigens, als
bereits das Schweißstadium eingetreten war, fast nur größere endo-
globuläre, und nur sehr wenig kleinere zu sehen.
Andererseits wurden einmal am 2. F'iebertage einige Stunden vor
dem Anfalle bereits eine beträchtliche Anzahl jüngerer Parasiten neben
älteren gefunden. In der Regel herrschten dann größere Formen vor.
Leider standen noch nicht genügend Falle zur Verfügung, um
schon jetzt mit Sicherheit sagen zu können, daß die Kameruner
Quotidiana durch 2 verschiedene Parasitengenerationen bedingt wird.
Herr Kollege A. Plehn, dem ein reiches Krankenmaterial zur Ver-
fügung stand, nimmt 2 Parasitengenerationen an. — Bei Febris irre-
gularis liegen die Verhältnisse noch komplizierter, wie schon früher
aaseinandergesetzt.
In dem vorliegenden Aufsatze ist an verschiedenen Stellen auf
die außerordentliche Variabilität der Malariaparasiten in ein und dem-
selben Falle hingewiesen worden. Alle Versuche, allein aus
dem verschiedenen morphologischen Verhalten der
Malariaparasiten die Berechtigung zur Aufstellung
verschiedener Schemas herzuleiten, sind daher mit
großer Vorsicht aufzunehmen. Wie wir sahen, ergeben sich
selbst manche Parallelen zwischen den Parasiten des Kamerun- und
des heimischen Malariafiebers. Eine Identität der beiden Formen soll
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Zur Morphologie der Malariaparasiten.
655
damit gewiß nicht behauptet werden. So ist z. B. auch das Auftreten
von Halbmonden bei heimischer Tertiana bis jetzt noch nie von mir
beobachtet worden.
DemEinwurfe, daß ich möglicherweise selbsteinem
Irrtum bei meiner Darstellung unterlegen durch un-
bewußt willkürliche Konstruktion und Aneinander-
reihung der Kernteilungsfiguren möchte ich Folgendes
entgegenhalten.
Die ganze Entwickelung der heimischen Tertian-
parasiten ist an 2 ausgewählten Präparat en dargelegt
worden. Aus dem einen derselben, welches bei Beginn
des Froststadiums einer heimischen Tertiana dupli-
cata entnommen war, ließ sich allein die ganze Ent-
wickelung zeigen.
Da3 2. Präparat, entnommen bei dem letzten Fieberanfalle einer
leichten Tertiana duplicata (Becidiv), sollte hauptsächlich zur Ver-
unschaulichung der sterilen Formen dienen. Alle übrigen Präparate
zeigen durchaus dieselben Verhältnisse. Die Färbemethode, durch
welche die obigen Resultate gewonnen wurden, soll demnächst mit
den Untersuchungen über ihre Verwendbarkeit bei anderen Mikro-
organismen veröffentlicht werden.
Zum Schlüsse erfülle ich die überaus angenehme
Pflicht, Herrn Professor Zettnow für die seltene
Liebenswürdigkeit, mit der er mich durch Wicke und
Ratschläge in jeder Weise unterstützt, vor allem
aber für die geradezu meisterhaften Photographieen
meinen tiefsten, herzlichsten Dank auszusprechen ').
Die Reproduction konnte nur einen Teil der Details der Original-
photogramme wiedergeben.
Eine Wiedergabe der Präparate in farbigen Abbildungen bleibt
noch Vorbehalten.
Berlin, 1. April 1897.
1) Die Tafel »teilt die io Kupferätzung ausgeführte Wiedergabe einer au» einzelnen
Kopien auf Celloidinpapier zusammengestellten Bildergruppe dar j auch bei dieser besten
Art der Vervielfältigung büßen die Figuren an Zartheit ein. Bei der großen Anzahl
der Bilder mußte der Kostspieligkeit wegen von einer Benutzung der Trepative bei der
Aetzung abgesehen werden. Aus diesem Grunde sowohl als auch weil einzelne Stellen
des Präparates fllr die photographische Aufnahme sich wenig eigneten, da die ver-
schiedenen Farben des Parasiten für die Platte von gleicher Wirkung waren, erscheinen
eine Anzahl von Figuren wie die No. 12, 18, 20, 24 und 35 als wenig ihrem Zweck
entsprechend; farbige Abbildungen allein würden in diesem Falle die richtige Vor-
stellung geben. Zettnow.
656
Hans Ziemann, Zur Morphologie der Malarinparasiten.
Tafelerklirung
Fig. 1. Endoglobulärer Parasit. Jüngstes Stadium. Achromatische Zone ziemlich
deutlich ausgesprochen. Am untersten Rande des ovalen Chromatinkornes.
Fig. 2. Parasitenleib etwas gewachsen. Achromatische Zone nicht ausgesprochen.
Fig. 3. Junger Parasit. Von dem mit achromatischer Zone umgebeneu Chromatin-
korn geben eine zartere und eine stärkere Ringfigur aus. Im ungefärbten oder gewöhn-
lich gefärbten Präparat würde man glauben, dafi man 2 Parasiten vor sich hätte.
Fig. 4. Ringfigur stärker and unregelmäßiger. Das Chromatiu zeigt Andeatung
einer Einschnürung. *
Fig. 5. Die Chromatinfigur zeigt in der Mitte einen Defekt. Beginnende Pigment-
bildung des Parasiten. Der Defekt im Original besser zu sehen.
Fig. 6. Verzweigter Parasit mit gelappter, dreiteiliger Chromatinfigur. Achromatische
Zone ziemlich deutlich. Wenig Pigment. j
Fig. 7. Ringfigur mit 2 Chromatinkörnern, letztere von verschiedener Größe.
Fig. 8. Parasit mit 3 Chromatinkörnern. Deutliche achromatische Zonen. Noch
kein Pigment. Unteres Chromatinkorn mit seitlicher Einschnürung.
Fig. 9. Pigmentierter halberwachsener Parasit, mit zarteD, schleifenartigen Figuren,
die vou der Hauptmasse ausgehen. Beginnende Differenzierung des Chromatins. Rote
Blutzelle bereits etwas gebläht.
Fig. 10. Freier, ovaler, etwa halberwachsener Parasit. Sehr deutliche achroma-
tische Zone. Starke Pigmentierung.
Fig. 11. Endoglobulärer, halberwachsener, zart pigmentierter Parasit. Das Chroma- i
tlnkorn mit deutlicher beginnender Einschnürung.
Fig. 12. Vollkommen erwachsener, stark pigmentierter Parasit. Rote Blutzelle
beträchtlich vergrößert und abgeblaßt. Volumen der Chromatinfigur beträchtlich ver-
größert. Dieselbe zeigt deutliche Auflockerung. Achromatische Zone ausgeprägt.
Fig. 13. L Chromatinfigur etwas iu die Länge gestreckt. Noch weiter gebende Auf-
lockerung, bei 12 und 13 im Original besser.
Fig. 14. Vergrößerte abgeblaßte rote Blutzelle, nur zu etwa */ 6 von dem Parasiten
erfüllt. Chromatiu noch stärker aufgelockert wie in 13. Achromatische Zone.
Fig. 15. Teilung der Chromatiufigur. Achromatische Zone des Kernes noch
sichtbar.
Fig. 16. 4 Chromatinfiguren. Die beiden links und unten kompakt. Die untere
derselben mit deutlichen Einschnürungen. Die beiden rechts noch stark aufgelockert,
dicht nebeneinander liegend, im Photogramm von zu samm en geballtem Pig-
ment schwerer zu trennen.
Fig. 17. 4 kompakte Chromatinfiguren, z. T. mit deutlicher achromatischer Zone.
Feine Einbuchtungen an den Konturen. Kote Blutzelle noch deutlich sichtbar.
Fig. 18. 5 Chromatinfigureu, z. T. in die Läuge gestreckt mit deutlichen Ein-
schnürungen, z. T. mit achromatischer Zone. Rote Blutzelle abgeblaßt uod vergrößert.
Fig. 19. Figur ähnlich wie 18.
Fig. 20. Kernteilung weiter vorgeschritten. Die Abschnürungen sind noch uicht
vollendet. Vergl. die Chromatinfigur rechts seitlich. 1 Chromatinkorn schon fertig ge-
bildet. Pigment noch zerstreut. Substanz des roten Blutkörpers schon zerstört.
Fig. 21. Kernteilung fast ganz vollendet. Die beiden rechts seitlichen Chromatin-
körner hängen noch etwas zusammen. Unten and oben sieht man bereits 2 deutlich
ausgebildete junge Parasiten mit Chromatin, achromatischer Zone und zartem Plasmaleib.
Pigment als kompakte formlose Masse in der Mitte konzentriert. Kote Blutzelle ver-
schwunden. Bemerkenswert, da sich hier scheinbar nur 10 juuge Parasiten bilden.
Fig. 22. Vorgeschrittene Kernteiluug. Pigment bereits größtenteils iu der Mitte
konzentriert. Kontur der roten Blutzelle noch angedeutet.
Fig. 23. Kernteilung schon etwas weiter vorgeschritten. Pigment noch zerstreut.
Rote Blutzelle uicht mehr sichtbar. Rechts oben 3 scharf konturierte, fertig gebildet*
Chromatinklümpcben 3 künftiger junger Parasiten. Links seitlich und rechts unten Ein-
schnürungeu der Chromatinfigureu.
Fig. 24. Aehnlich wie 23. Zahl der Chromatinklümpchen vermehrt, z. T. mit
sehr deutlicher achromatischer Zone. Pigment noch zerstreut. Rote Blutzelle i. O. noch
sichtbar. Neben derselben stark gelärbte Blutplättchen. Dieselben zeigen bei
unserer Methode ein ähnliches T 1 n k t i o n s v o r möge n wie die Kerne
der Leukocyten und das Chromatin der Parasiten. Die Unter-
suchungen Uber diesen bemerkenswerten Punkt werden noch fort-
gesetzt.
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Giovanni Memmo, Beitrag sur Kenntnis der Aetiologie der Tollwat. 057
Fig. 25. Kernteilung fast vollendet. Man siebt oben, links und rechts sehr deutlich
die fertig gebildeten Parasiten. Das Pigment ist rechts oben und unten in 2 größeren
formlosen Haufen konzentriert. Einkerbung des Parasitenrandes beginnt.
Fig. 26. Kernteilung vollendet. Einige Chromatinklümpchen hängen noch etwas
zusammen. Die Gestalt der jungen Parasiten ist deutlich zu sehen. Das Pigment ist
links unten konzentriert.
Fig. 27 und 28. Störung der Kernteilung. Die Chromatinfiguren hier zu stark
angedeutet, erscheinen im Präparat nur als schwach gefärbte feinkörnige Massen.
Fig. 29. Als Chromatiu ist links oben die von einem queren Spalt durchsetzte
feinkörnige Masse zu betrachten. Im Präparate ist die Färbung nur schwach ausge-
sprochen. Die beiden dunklen Gebilde oben sind außergewöhnlich dicht zusammenge-
balltes Pigment.
Fig. SO. Vollkommen sterile, runde Form. Chromatin nicht mehr nachzuweisen.
Fig. 31 — 39 stellen die Parasiten bei Kameruner Malaria dar, soweit sich ihr
Entwickelungsgang überhaupt im Fingerblut verfolgen ließ. Halbmonde und Ovale
konnten leider nicht mehr gegeben werden, da sie nicht mehr Platz auf der Tafel ge-
funden hatten.
Fig. 31. Doppelinfektion. R seitlich jüngstes Stadium der Kameruner Parasiten.
Chromattn und Protoplasmaleib im Original. Photographie und Präparat deutlich ge-
trennt L Ringfigur. Chromatin von unten anhaftendem Protoplasma nicht getrennt,
erscheint daher zu groß.
Fig. 32. R Jugendstadium. Am unteren Rande des Chromatinkorn achromatische
Zone, am linken Rande Protoplasmaleib. L Ringfigur. Chromatin gekrümmt mit An-
deutung von Einschnürung.
Fig. 33. Doppelinfektion. R Hufeisenform.
Fig. 34. Ringtignr mit 2 Chromatinkörnern. Im Original schärfer und zierlicher
gezeichnet.
Fig. 35. Oben achromatische Zone links seitlich vom Chromatin sehr deutlich.
Unten Hufeisenform.
Fig. 36. Chromatin in die Länge gestreckt mit Einschnürung. Achromatische
Zone. Andeutung von Pigmentbilduug in der Ringfigur.
Fig. 37. Chromatin in die Länge gestreckt, darüber als zarter Bogen des Proto-
plasmaleib.
Fig. 38. L U das runde Chromatinkorn. Andeutung der achromatischen Zone.
Im Parasitenleibe oben verdünnte Stelle.
Fig. 39. Doppelinfektion. Rundliche, bezw. ovale Chromatinfigur, zeigt gegenüber
den Jagendformen Zunahme des Volumen.
Vergrößerung lOOOfacb. Zeiß’scher Apparat
Nachdruck verboten.
Beitrag zur Kenntnis der Aetiologie der Tollwut.
[Aus dem hygienischen Institute der Universität Rom.]
Zweite Mitteilung.
Von
Dr. Giovanni Memmo.
Hit 1 Tafel.
In einer früheren Mitteilung *) habe ich berichtet, wie es mir
nach vielen vergeblichen Versuchen gelungen ist, einen pathogenen
Blastomyceten aus der Gehirnsubstanz von 6 Kaninchen, die an fixem
1) Beitrüge zur Aetiologie der Rabies. (Ceotralbl. f. Bakteriol. u. s. w. Bd. XX.
18S6 Kr. 6 u. 7.)
Erste Abt. XXL Bl. 4S
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658
Giovano 1 Uammo,
Virus gestorben waren, und aus dem Gehirn eines an Tollwut ge-
storbenen Knaben zu isolieren.
In dem weiteren Verlaufe meiner Untersuchungen habe ich ganz
denselben Mikroorganismus, immer mit den nämlichen kulturellen
Eigenschaften und dem gleichen pathogenen Vermögen aus anderen
an fixem Virus gestorbenen Kaninchen und aus 4 der Tollwut ver-
fallenen Hunden isoliert. Von den 4 Hunden hatte ich 2 mit dem
Gehirne eines am 27. Juli 1896 im Hospitale des St Antonius an
Tollwut verstorbenen Individuums geimpft und 2 waren unserem
„Institute gegen Tollwut“ zur Untersuchung übersendet worden.
Die Untersuchung und die Entwickelung der Kulturen des
Blastomyceten in Nährböden stossen auf bedeutende Schwierigkeiten.
Die Kulturen, welche mit soliden Nährböden angesetzt werden, bleiben
absolut steril, gleichmütig, ob die Nährsubstrate alkalisch oder sauer
Bind. Auch die pathogenen Blastomyceten Sanfelice’s wachsen
sehr schwer in soliden Nährböden, wenn sie zum erstenmale aus dem
tierischen Organismus isoliert werden. Es empfiehlt sich daher, die
Versuche mit flüssigen Nährböden anzustellen, und zwar erwies sich
am passendsten Bouillon mit Weinsteinsäure und Glykose, in welchem
die Acidität nur ein ganz wenig stärker ist, als diejenige, welche die
Gehirnsubstanz im normalen Zustande besitzt. Einen höheren Grad
von Acidität vertragen die Blastomyceten nämlich nicht. Die Ent-
wickelung geht langsam vor sich. Anfänglich bleibt die Bouillon
vollkommen klar, und erst nach einigen Tagen beobachtet man den
Beginn der Entwickelung des Mikroorganismus. Mit der hier ange-
gebenen Kulturmethode habe ich in den genannten Fällen eine Ent-
wickelung der Blastomyceten in reiner Kultur aus der cephalo-
rhachitischen Flüssigkeit, der Gehirnsubstanz und aus dem Humor
aqueu8 erbalten. Ich konnte ihn ferner aus dem Stroma der Parotis,
aus dem Speichel, aber niemals aus anderen Organen und dem Herz-
blut isolieren. Nach meinen Erfahrungen, welche auch durch die
histologische Untersuchung von Schnitten durch die Medulla des an
der Tollwut verstorbenen Knaben bestätigt werden, halte ich es für
am zweckmäßigsten, um eine Entwickelung des Blastomyceten zn
erhalten, kleine Stückchen der Arachnoidea und der Pia von der
Medulla oblungata in angesäuerte Bouillon zu säen. Die Isolierung
gelingt nicht immer, auch schon deswegen nicht, weil bei dem
Sammeln des Untersuchungsmateriales leicht eine Verunreinigung
stattfindet. In dem Virus der Straßen kommen andere Mikroorganismen
vor, welche sich schneller entwickeln und daher über unseren Blasto-
myceten die Oberhand gewinnen, unter ihnen besonders das Bact
coli; in Bezug auf den Virus der Laboratorien scheint es mir, als
ob der Organismus, welcher an eine ausschließlich parasitäre Lebens-
weise gewöhnt ist und sich an ein besonderes Gewebe angepaßt hat,
sich schwer dazu bewegen läßt, saprophytisch auf unseren Nährböden
zu leben.
Ganz die gleichen Schwierigkeiten traten mir auch bei meinen
Experimenten mit den Tieren entgegen, die ich mit reinen Kulturen
des Blastomyceten impfte.
Gleichzeitig stellte ich Kulturversuche, unter Herstellung der
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Beitrag zur Kenntnis der Aetiologie der Tollwat.
659
gleichen Bedingungen und Anwendung derselben Methoden, mit 10
gesunden Hunden und 20 teils gesunden oder an anderen Infektionen
gestorbenen Kaninchen an, jedoch ohne Resultat; die Kulturen zeigten
sich immer negativ. Ebensowenig konnte ich eine Spur des Blasto-
myceten entdecken, wenn ich mehrere Tage hindurch die Tuben mit
saurer Bouillon offen ließ, oder wenn ich den Staub meines Zimmers
untersuchte.
Die morphologischen und kulturellen Eigenschaften unseres Blasto-
myceten habe ich bereits in meiner ersten Mitteilung beschrieben.
Bei meinen Tierversuchen verwendete ich reine Kulturen des
von mir isolierten Blastomyceten, von deren Reinheit ich mich durch
Herstellung von Platten überzeugte. Es ist wohl nicht nötig zu be-
tonen, daß ich niemals die Bouillon einimpfte, in welchen ich das
Untersuchungsmaterial gesät hatte, sondern immer erst, wenn eine
Entwickelung des Blastomyceten darin festgestellt wurde, Agarplatten
herstellte (durch Weinsteinsäure leicht angesäuert) und mich immer
einer Bouillon- oder Agarkultur der 3. oder 4. Generation bediente.
Als Versuchstiere dienten mir Meerschweinchen, Kaninchen und
Hunde. Die Meerschweinchen impfte ich in die Bauchhöhle und die
Kaninchen unter die Dura mater. Von den 35 Hunden, welche mir
bisher zu meinen Experimenten dienen mußten, impfte ich, um den
möglichen Kritiken und leicht eintretenden Infektionen aus dem Wege
zu gehen, nur 4 unter die Dura mater, ich zog es vielmehr vor, die
Impfungen in das Unterhautbindegewebe oder in die vordere Augen-
kammer vorzunehmen, oder mit einer Impfnadel die Schleimhaut des
Zahnfleisches oder der Zunge anzustechen.
Ich habe meine Untersuchungen in 4 Reihen eingeteilt, von
denen bei jeder ein von einem anderen Falle isolierter Blastomycet
zur Verwendung gelangte:
1. Reihe. Blastomycet, isoliert von einem an fixem Virus gestorbenen
Kaninchen.
2. Reihe. Blastomycet, isoliert von einem an Tollwut gestorbenen
Knaben.
3. Reihe. Blastomycet, isoliert aus einem tollen Hunde. (Die
Tollwut war künstlich durch Einimpfung von etwas
Medulla eines wutkranken Mannes hervorgerufen.)
4. Reihe* Blastomycet, isoliert aus tollen Hunden.
Die in den Unterleib geimpften Meerschweinchen zeigen nach
11 — 20 Tagen Parese der hinteren Gliedmaßen ; die Paralyse nimmt
dann an Intensität und Ausbreitung zu, und nach 24 Stunden sterben
die Tiere unter einigen klonischen Konvulsionen.
Die Krankheit läßt sich auf ganze Reihen von Tieren übertragen,
wenn man immer wieder Impfungen des folgenden Tieres mit einer
Emulsion der Gehirnsubstanz des vorher gestorbenen Meerschweinchens
vornimmt
Von den Kaninchen, welche unter die Dura mater geimpft
werden, entgeht ein Teil der Infektion, der andere zeigt am 3. bis
11. Tage Parese des hinteren Körperteiles, welche fortschreitet, so
daß die Tiere, wenn sie zum Laufen veranlaßt werden, auf die Seite
42 *
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660
Giovanni llemmo,
fallen und die Gliedmaßen nacbschleppen. Später ergreift die Paralyse
auch die vorderen Extremitäten und nach 1—2 Tagen sterben die
Tiere.
In den ersten beiden Versuchsreihen gelang es mir nicht, die
Krankheit von Kaninchen auf Kaninchen zu übertragen ; in der
3. und 4. Versuchsreihe erhielt ich eine solche reihenweise Ueber-
tragung mit progressiver Abnahme der Krankheitsdauer.
Die Hunde fangen im Mittel nach 30 — 60 Tagen an abzumagern,
und einige legen eine gewisse Beißsucht an den Tag, gehen leicht
auf Personen und die Eisenstäbe der Käfige los, oft so, daß sie sich
das Maul verletzen. Sie nehmen keine Nahrung an, bekommen Er-
brechen und sondern reichlich Schaum ab. Es tritt Parese der
hinteren oder vorderen Gliedmaßen ein mit Erscheinungen von Astasie
und Abasie. Die Paralyse schreitet dann weiter vorwärts und dehnt
sich aus; das Tier liegt am Boden wobei der Unterkiefer lediglich
seinem eigenen Gewichte nachgiebt und nach ungefähr 48 Stunden
tritt der Tod ein. In manchen Fällen geht der Paralyse eine be-
deutende Abmagerung des Tieres voran. Die Krankheit kann in
einer Reihe von Hund zu Hund übertragen werden, indem man zu
den folgenden subkutanen Injektionen jedesmal eine Emulsion der
Gehirnsubstanz des gestorbenen Tieres verwendet. Ich bin in der
1. Versuchsreihe bereits bei der 7. Uebertragung angelangt.
In einigen Fällen habe ich eine Uebertragung von den gestorbenen
Hunden auf Kaninchen versucht, der größte Teil der Kauinchen
widerstand indessen der Infektion, einige aber starben nach Verlauf
verschieden langer Zeiträume unter bedeutender Abmagerung. In
einem Falle starb ein Kaninchen nach 20 Tagen mit den charak-
teristischen Symptomen der experimentellen Tollwut.
Dies wären die von mir beobachteten Thatsachen, über welche
ich hier getreulich berichtet habe.
In allen Fällen habe ich eine vollständige Sektion der Tiere vor-
genommen.
Bei den Meerschweinchen habe ich keinen Einfluß auf das Peri-
toneum der Eingeweide und der Bauchwand und auch keine patho-
logischen Veränderungen der Drüsen oder der Organe des Unterleibes
beobachtet
Bei den Kaninchen zeigte die Dura mater an der Impfstelle ihre
normale Beschaffenheit und niemals habe ich meningisehe Exsudate
angetroffen.
Bei den Hunden zeigte das subkutane Gewebe keine Reaktions-
erscheinung an der Impfstelle, und auch der Darm und die Organe
des Thorax und des Abdomens wiesen keine pathologische Ver-
änderungen auf.
Auch eine bakteriologische Untersuchung fand in allen Fällen
statt, indem Kulturversuche in alkalischen und sauren, festen und
flüssigen Nährböden mit der Substanz des centralen Nervensystemes,
der Milz und dem Herzblute angestellt wurden. In keinem Falle
trat eine Entwickelung der bekannten pathogenen Mikroorganismen
ein. Die Kulturen vom Herzblut und von der Milz blieben sogar in
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Beitrag zur Kenntnis der Aetiologie der Tollwat.
661
flüssigen, angesäuerten Nährböden immer steril. Dagegen entwickelte
sich der eingeimpfte Blastomycet in seiner Kultur lediglich in den
Tuben, in welchen Gehirnsubstanz zugleich mit Stücken der Pia mater
oder in manchen Fällen auch etwas der cephalorhachidischen Flüssig-
keit eingeimpft worden war. Bei der bakteriologischen Untersuchung
der mit meinen Kulturen geimpften Tiere stieß ich auf dieselben
Schwierigkeiten wie bei der Isolierung der Blastomyceten der tollwut-
kranken Tiere, ja bei den ersten Versuchstieren waren die Versuche
sogar vollkommen resultatlos, indem es mir überhaupt in keiner Weise
gelingen wollte, den eingeimpften Blastomyceten zu isolieren.
Zum Schlüsse will ich noch bemerken, daß ich Meerschweinchen
und Kaninchen auch mit anderen pathogenen und nicht pathogenen
Blastomyceten geimpft habe, aber niemals erhielt ich ein ähnliches
klinisches Bild oder einen anatomiBch-pathologischen Befund, wie bei
den Versuchen mit meinem Blastomyceten. Bei Hunden waren die
Resultate der Impfungen mit pathogenen Blastomyceten (neoformans,
Sanfelice) recht verschieden.
Ist denn nun auch wirklich der von mir isolierte Blastomycet
das ätiologische Agens der Tollwut?
Wenn wir die hierher gehörige Litteratur Revue passieren lassen,
so finden wir nur sehr wenig Beobachter, welche von bacillären
Formen sprechen (Mottet und Protopopoff, Bruschettini);
bei dem größeren Teile der Arbeiten machen wir statt dessen stets
die allgemeine Bemerkung, daß als wahrscheinliche Urheber der Toll-
wuth beständig Formen beschrieben werden, welche nach ihrer Größe
und nach ihrer morphologischen Erscheinung zu den Blastomyceten
gestellt werden können. So sagt Gibier, daß die Mikroorganismen,
wenn man sie bei schwacher Vergrößerung betrachtet, sowohl in der
cephalorachidischen Flüssigkeit als in der Emulsion der Gehirnsubstanz,
an der Seite eine Knospe zeigen und in großer Zahl eiförmig, ein
wenig verlängert, wie die Bierhefezellen, erscheinen. Foll spricht
gleichfalls von kleinen Granulis und sagt, daß diese dunkelviolett
gefärbt bleiben, wenn man die mit Weigert’schen Hämatoxylin ge-
färbten Schnitte mit Ferrocyankalium oder mit Oxalsäure (San-
felice’s Methode für die Blastomyceten!) entfärbt. Er sagt von
diesen Granulis, daß sie in einer Höhle eingeschlossen liegen, welche
ungefähr den Durchmesser einer Myelinfaser haben, und deren histo-
logische Natur er nicht genau angeben kann, vielleicht könnten sie
die von Di Vestea beschriebenen Körperchen vorstellen. Rivolta
giebt zu, daß seine Coccobakterien rein pflanzliche Elemente sein
können, sie sind schon bei schwachen Vergrößerungen sichtbar, zeigen
dunkle Ränder, helle Höfe und einige scheinen in ihrem Inneren
Kokken zu beherbergen. Um sie in den Schnitten sichtbar zu machen,
wendet Rivolta dasselbe Färbungsverfahren an, durch welches er
das Coccobakterium des Epithelioms des Menschen und der Tiere zur
Anschauung bringt. An eine gewisse Analogie mit den Parasiten des
Krebses denkt Di Vestea, wenn er von eiförmigen, doppelt kon-
turierten Körperchen, mit lichtbrechenden Körnern im Inneren spricht.
Heutzutage sind viele der Parasitenformen, welche früher als Coccidien
662
Giovanni Memmo,
angesehen wurden, nach den Arbeiten von Sanfelice als Blasto-
myceteu erkannt worden.
Ich habe Schnitte durch das Rückenmark des Knaben, welcher
im Hospitale des St. Spiritus an Tollwut gestorben war, und von
dem ich den Blastomyceten isolieren konnte, nach Sanfelice ’s
Methode behandelt. Auf dem durch das Safranin bewirkten rosa-
farbenen Untergründe (s. Fig.) haben sich stark violett gefärbte,
runde oder schwach elliptische, von einem klaren Hofe umgebene
Gebilde ab. Ihrer Größe, ihrem Ansehen nach, muß man sie für
Blastomyceten halten, die aber ohne die doppelte Färbung von den
normalen und degenerierten Gewebselementen nicht zu unterscheiden
wären. Und schließlich konnte Ferran durch die Isolierung und
Kultivierung dieser Formen, die lediglich auf die Morphologie ge-
gründeten Angaben bestätigen und wenn er auch über die Natur
derselben nichts sagt, so läßt Spinelli doch durch die Beschreibung,
die er von ihnen giebt, sie als Blastomyceten erkennen. Geradezu
von Blastomyceten spricht aber Grigorieff in seiner neueren Arbeit
über die Parasiten der Tollwut, sowohl in dem Virus der Straßen,
als in dem Virus der Laboratorien.
Ein anderer Umstand, welcher zu gunsten der Auffassung des
Virus der Tollwut als Blastomycet spricht, ist der, daß das Gehirn
und das Rückenmark den Hauptsitz des Virus bilden; beide zeigeu
aber nach Hammarsten ein saure Reaktion, und gerade die Blasto-
myceten leben lieber in sauren Nährböden. Die bisher beschriebenen
pathogenen Blastomyceten bilden, wenigstens in unseren Nährboden,
keine giftigen Produkte und die Tollwut ist sicher nicht der Typus
einer vorwiegend durch Toxine veranlaßten Krankheit (Gamaleia).
Ich will indessen mich nicht weiter bei derartigen Betrachtungen
aufhalten und kehre wieder zu den Resultaten meiner Untersuchungen
zurück.
Ich kann nicht annebmen, daß der von mir von den an Tollwut
erkrankten Tieren isolierte Blastomycet nur ein nebensächliches
Vorkommnis ist, da er in so vielen Fällen ganz verschiedener Her-
kunft gefunden wurde. Für Marx 1 ), welcher dieses glaubt, diene
diese meine zweite Mitteilung als Antwort. Die Kontrollversuche,
welche ich anstellte, waren sehr zahlreich und fielen immer negativ
aus. Ein Blastomycet, welcher erst nach 7 — 8 Tagen in reiner
Kultur auf flüssigen Nährböden wächst, kann nicht accidentell sein.
Die Nährböden sind zwar ihm angepaßt, das ist wahr, aber sie ver-
hindern nicht die Entwickelung anderer Organismen, wie sie im
Gegenteil ja leider nur zu oft Platz greift. Ferner ist der Blasto-
mycet lediglich aus Tieren isolierbar, die an Tollwut erkrankt sind
und nicht etwa aus jedem beliebigen anderen Tiere. Und wäre er
wirklich nur accidenteller Natur, so verstehe ich nicht, von seinem
pathogenen Vermögen ganz abgesehen, weshalb er dann bei den Ver-
suchen, ihn von Tieren zu isolieren, welche infolge von Einimpfung
reiner Kulturen desselben Blastomyceten gestorben sind, so viel
1) E. Marx, Kritische Bemerkungen tu den Arbeiten Aber die Aetiologie der
Lyssa von Memmo nnd Bruschettini. (Centralbl. f. ßakteriol. 35. Nov. 1896. No. 33.)
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Beitrag sar Kenntnis der Aetiologie der Tollwut.
663
Schwierigkeiten bereiten sollte, Schwierigkeiten, welche genau ebenso
groß sind als diejenigen, welche man bei dem Aufsuchen desselben
in den tollkranken Tieren hat. Warum findet man ihn nicht mehr
an der Impfstelle, noch in den anderen Organen, wie es doch bei den
bisher beschriebenen pathogenen Blastomyceten der Fall ist, sondern
lediglich im centralen Nervensysteme, dem Sitze des Virus der Toll-
wut? Ich glaube es ist nicht der MQhe wert, in eine Diskussion
aber die Hypothese einzutreten, nach welcher der Blastomycet das
Virus der Tollwut ein pathogenes „Etwas“ mit sich schleppen soll,
ein „Etwas“, welches zwar auch in unseren Nährböden leben, der
mikroskopischen Beobachtung aber nicht zugänglich sein soll.
Die Impfungen der Meerschweinchen und Kaninchen mit reinen
Kulturen hatten immer den Tod der Tiere zur Folge und zwar mit
einem klinischen Bilde, welches in Bezug auf die Inkubation und den
Verlauf, dem der experimentellen Tollwut analog ist. Bei den Hunden
konnte ich in einigen Fällen die klinische Form der rasenden Toll-
wut, in anderen Fällen den von Celli und Marino Zuco be-
schriebenen Typus der aufreibenden Tollwut beobachten. Häufiger
kam der klinische Typus der paralytischen Tollwut vor. Die Kaninchen
widerstehen zum Teile der Infektion, und bei ihnen gelingt es nicht
immer, die Krankheit reihenweise zu übertragen. Es sind dies also
die Schwierigkeiten, welche sich mir zur Zeit entgegenstellen: Das
Vorwiegen der paralytischen Tollwut bei den Hunden und die nicht
beständige Empfänglichkeit der Kaninchen der Wirkung der Blasto-
myceten gegenüber.
Bisher weiß man noch nicht, worauf man die Verschiedenheiten
der klinischen Formen, wie sie die rasende Tollwut und die paralytische
Tollwut darbieten, zurückfübren soll. Sicher spielen hier die Re-
aktions- und die Widerstandsfähigkeit der Tiere eine Rolle dabei,
denn von 2 Hunden, welche ganz gleichmäßig mit dem Virus der
Tollwut geimpft wurden, beobachtete ich bei dem einen die typische
Form der rasenden und bei dem anderen das Bild der paralytischen
Tollwut. Nach Celli und Marino Zuco steht die Verschiedenheit
der klinischen Form in Beziehung zu der Modifikation, welche da3
Virus bei seinem Uebergang von Tier zu Tier erleiden konnte; und
der Nachweis der Tollwut des Hundes, wie man ihn beim Kaninchen
auszuführen pflegt, schließt auch in dem Falle, daß er negativ aus-
fällt, nicht aus, daß der Hund von der paralytischen oder aufreibenden
Tollwut befallen gewesen ist. Wie also ein Virus durch Uebertragung
von Tier zu Tier modifiziert werden, und bei den Hunden eine para-
lytische Form der Krankheit hervorrufen und bei den Kaninchen
ohne jede Wirkung sein kann, so könnte man ganz analoger Weise
auch in Bezug auf die paralytischen Formen, welche ich vorwiegend
bei den Hunden erhalten habe und in Bezug auf die teil weisen
negativen Resultate bei den Kaninchen annehmen, daß der Uebergang
von dem tierischen Organismus auf die künstlichen Nährböden den-
selben Einfluß auf das Virus ausgeübt habe, als die Uebertragung
von Tier zu Tier.
664
Nicola Pane,
Die Untersuchungen über die Tollwut, einer Krankheit, bei
welcher eigentlich alles in ein geheimnisvolles Dunkel gehüllt ist,
sind langwierig und schwierig. Indessen glaube ich doch zur Zeit
zu folgendem Schlüsse berechtigt su sein: Aub dem Nerven-
systeme des Menschen und von Tieren, welche an
Tollwut erkrankt waren, konnte ich einen neuen
pathogenen Blastomyceten isolieren, welcher im-
stande ist, nach langer Inkubationszeit die Tiere zu
töten (Meerschweinchen, Hunde, Kaninchen) unter Symptomen
einer Krankheit, welche der Tollwut gleicht und vor-
wiegend paralytisch ist 1 ).
Tafelerki&rong.
Fig. 1. Kultur des Blastomyceten in saurem Agar (12 Tage alt).
Fig. 2. Kolonie auf saurem Agar, nach 2 Tagen. (Obj. No. 4 ; Oc. No. 3)
Fig. 3. Schnitt durch das Rückenmark eines an Tollwut gestorbenen Knaben. —
Färbung nach der Methode von Sanfelice. (Obj, Leits 0,3 mm; Oc. No. 3.)
Fig. 4. Blastoraycetenformen, welche sich in 9 Tagen in saurem Bouillon mit
Gehirnsubstanz eines tollen Hundes entwickelt haben. (Obj. No. 8; Oc. No. 3.)
Nachdruck verboten.
lieber die Heilkraft des aus verschiedenen immuni-
sierten Tieren gewonnenen antipneumonischen
Serums 2 ).
(Aus der bakteriologischen Abteilung der I. med. Klinik der
K. Universität zu Neapel).
Von
Dr. Nicola Pane,
Privatdozenten der med. Pathologie.
Die pathogenen Bakterien , welche den Tierkörper angreifen,
können in zweierlei Weise ihre deletären Wirkungen entfalten : ent-
weder durch die von ihnen in großer Menge ausgeschiedenen toxischen
Produkte, in welchem Falle sie meist bloß in einem bestimmten
Körperteile sich vermehren, aus welchem dann die Toxine auf den ganzen
Körper übergreifen (Cholera, Diphtheritis, Tetanus u. s. w.), oder sie
mehren sich in sämtlichen Geweben, ohne aber nennenswerte Toxin-
mengen zu bilden. Im letzteren Falle sind hauptsächlich die Stofl-
wechselprodukte der unzählbaren in die Gewebe durchgedrungenen
Bakterien, welche den Zellenchemismus intensiv stören, die Ursachen
der Veränderungen der Formelemente des Organismus.
Man kann also den Mechanismus dieses Krankheitsprozesses auch
ohne jede Spur von Toxinen, im engeren Sinne, wohl begreifen;
1) Die ausführliche Abhandlung wird so bald als möglich in den Annaii dlgieoe
Sperimentale erscheinen.
2) Aus einem am 14. März d. J. in der med.-chir. Akademie zu Neapel ge-
haltenen Vortrag.
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Ueber die Heilkraft des antipneumonischen Serams.
673
Bakterien zusammen in dasselbe Tier eingespritzt werden, am
kräftigsten wirken, kräftiger jedenfalls als in indirekter Weise, d. h.
wenn das betr. Serum und die Bakterien gesondert in den Tierkörper
injiziert werden.
Thatsächlich liegen die Verhältnisse anders, wie wir gesehen
haben. Hätte ich die Wirkung des antipneumonischen Kaninchen-
serums allein konstatiert, so hätte man dagegen nichts einwenden
können, wenn ich die Wirkung als eine baktericide aufgefaßt, ent-
sprechend der Theorie von R. Pfeiffer in seinen Untersuchungen
über das Serum von Tieren, welche gegen Cholera- und Typhus-
bacillus immunisiert waren , aufgestellt wurde. Als logische
Folgerung der baktericiden Theorie hätte ich für die pneumonische
Infektion auch die Richtigkeit des anderen Begriffes annehmen
sollen, welcher heutzutage namentlich bei den deutschen Autoren
herrscht, nach welchem das Serum von Tieren, welche gegen ein
bestimmtes Bakterium immunisiert waren (I mm unser um), iD ge-
nügender Dosis in normale Tiere injiziert, imstande sei, eine pas-
sive Immunität gegen dasselbe Bakterium zu bewirken, d. h. eine
bloß von der Anwesenheit des Immunserums herrührende Schutzvor-
richtung des Organismus.
Dagegen spricht aber auf entschiedenste Weise die eigentümliche
oben geschilderte Wirkung der antipneumonischen Esel- und Kuhsera.
Wovon hängt nun die Verschiedenheit der Wirkung dieser beiden
Sera im Vergleich mit dem antipneumonischen Kaninchenserum ab?
Mehrere Untersuchungen stellte ich an, um dieselbe zu bestimmen,
und ich glaube behaupten zu können, daß sie unzweifelhaft von der
verschiedenen Schnelligkeit abhängt, mit welcher im Kaninchenkörper
die Schutzvorrichtung gegen die Pneumokokken infolge der spezi-
fischen Einwirkung der verschiedenen Sera sich einstellt. Diese Schutz-
vorrichtung bildet sich rascher nach der Einspritzung von antipneu-
monischem Kaninchenserum als nach der Einspritzung von Kuh- oder
Eselserum aus; daher kommt es, daß im ersteren Falle, wenn die
injizierte Dosis keine große ist, die Pneumokokken die nötige Zeit
zu ihrer Entwickelung nicht finden, was eben in dem zweiten Falle
nicht vorkommt.
Der folgende Versuch, den ich 3mal wiederholte, um mich von
der Beständigkeit des Resultats zu überzeugen, ist eine klare und
unzweifelhafte Bestätigung dieser Thatsacbe.
Drei kräftige Kaninchen (Gewicht 1600 — 1800 g) bekamen je
5 ccm antipneumonitischen Kaninchenserums, und dann gleichfalls
subkutan, aber in eine andere Körperstelle, eine Pneumokokkendosis
100 mal größer als die Dosis letalis minima, und zwar so, daß
dem einen Versuchstiere dieselbe 1 Stunde nach dem Serum, dem
zweiten 2 Stunden und dem dritten 6 Stunden nachher eingespritzt
wurde. Gleichzeitig wurde bei weiteren drei Kaninchen dieselbe
Dosis von antipneumonischem Eselserum, und dann nach resp.
1 — 2 — 6 Stunden die gleiche Pneumokokkendosis injiziert. Die drei
ersten Versuchstiere wiesen keine bemerkenswerte pathologische Ver-
änderung auf; von den letzteren drei zeigte jenes keine Störung,
welches den Pneumococcus 6 Stunden nach dem Heilserum er-
EnU Abt. XXL BdL 43
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674
Einar Lönnberg.
hielt; bei den anderen zwei machte sich eine Infektion geltend mit
letalem Ausgang, bei dem nach 6 Stunden injizierten Tiere mit der
seltenen Aasnahme, daß bei drei Kaninchen dieser Versuchsreihe, bei
welchem die Pneumokokken 2 Stunden nach dem Heilserum ein-
verleibt wurden, Heilung Btattfand.
Aus dem Gesagten ergiebt sich nun ganz deutlich die Schluß-
folgerung, daß das antipneumonische Serum im Tierkörper keine
direkte unmittelbare Wirkung gegen die Pneumokokken entfaltet,
Bondern die gleichen Verhältnisse bewirkt, welche während der Im-
munisationsvorgäoge sich einstellen, mit anderen Worten : „die Serum-
einverleibung bewirkt im Organismus einen Zustand aktiver Im-
munität, weicher sich im Tierkörper während des Immunisationsvor-
gangs einstellt, und sich nur durch die Schnelligkeit und den gerin-
geren Grad seiner Intensität unterscheidet.
Was den Mechanismus dieser Immunität anbelangt, so muß ich
hier betonen, daß ich in einer, von mir schon erschienenen Schrift
manche Thatsachen schilderte, welche mich dazu geneigt machten,
der phagocytären Met sch nikoff’schen Theorie eine sehr beträcht-
liche Rolle zuzuschreiben. Diese sollte aber hier eine spezifische
Bedeutung haben, d. h. insofern, daß die Leukocyten einen Stoff aus-
scheiden können, welcher dem Organismus bloß gegen die Pneumo-
kokken Schutz liefern kann, da das antipneumonische Serum keine
Wirkung gegen andere Bakterien (z. B. die Streptokokken) entfaltet
Neapel, den 10. April 1897.
Nachtrag. Die oben mitgeteilten Ergebnisse wurden dann im
hiesigen Universitätsinstitute für Hygiene vor einer nach meinem Ver-
langen von dem Herrn Präsidenten der „Medizinisch-chirur-
gischen Akademie zu Neapel“ ernannten Kommission (deren
Mitglieder die Herren Professoren L. Armanni, V. de Giaxa und
G. Boccardo waren) experimenrell dargclegt, welche die betreffende
Relation zusammenstellte (s. Atti dell’ Accademia medico-chirurgica
di Napoli. 1897.)
Nach druck verbeten.
Beiträge zur Phylogenie
der parasitischen Plathelminthen l ).
Von
Dr. Elnar Lönnberg,
Dosenten der Zoologie an der Kgl. Univcrstit Upsala.
Mit 4 Figuren.
Die Cestoden haben wahrscheinlich ein ziemlich großes phylo-
genetisches Alter, da sie aber in geschlechtsreifem Zustande immer,
mit Ausnahme von Archigetes appendiculatus (Ratz), der
1} Vortrag, gehalten in der zool. Sektion d. nzturwiaaenach. Geaellach. za Cptzit,
den 19. März 1897.
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Beiträge zur Phylogeoie der parasitischen Plathelminthen.
675
sekundär entstanden ist, an die Wirbeltiere gebunden sind, können
sie nicht älter als diese sein. Die tiefgreifenden Abänderungen von
den freilebenden Plathelminthen, Anpassungen und Reduktionen, die
sie durcbgemacht und gelitten haben, deuten auf hohes Alter hin.
So thut es auch die Begrenzung verschiedener Cestodengruppen auf
besondere Klassen oder Ordnungen von Wirtstieren. Tetraphylliden
und Tetrarhynchiden schmarotzen in Haien und Rochen; Pseudo-
phylliden (Bothriocephaliden) leben im Darme von Knochenfischen oder
von fischfressenden Säugetieren (und Vögeln); Ichthyotäniiden , die
den Tetraphylliden am nächsten verwandt sind, werden in Teleostiern
und Amphibien gefunden. Die Vögel haben ihre eigenen Tänien, wie die
verschiedenen Gruppen von Säugetieren die ihrigen haben. Man kennt
verhältnismäßig große Exklusivität der Bandwürmer gegen ihre Wirts-
tiere, Umstände, die auf eine gewisse Altertümlichkeit verschiedener
Species von Cestoden hindeuten. Dafür spricht z. B. das Auftreten
von nahe verwandten oder identischen Cestoden in verwandten Wirts-
tieren, wie Ptychophysa (Taenia) Michaelseni Lönnberg
im Darme von Canis azarae von den Magalbäesischen Gegenden
und Ptychophysa (Taenia) canis lagopodis (Abild-
gaard) im Darme vom Schneefuchs aus der arktischen Region 1 2 ).
Es ist mehr als wahrscheinlich, daß jene bei der Einwanderung
vom Norden her in der Pliocänzeit mit den Caniden nach Süd-
amerika hineingekommen ist. Ein anderes Beispiel, das für diese
Frage von Wert sein mag, ist das Vorkommen von Bothrio-
cephalus (Abothrium) rugosus Rudolphi, sowohl im marinen
Gadus callarias als auch in Lotta Iota der Binucnseeen. Da
dieser Bandwurm bei manchen marinen Gadiden, wie Brosmius u. a.,
nicht angetroffen wird, und sich sehr exklusiv verhält, scheint
dies dafür zu sprechen, daß B. rugosus ein Schmarotzer in der
Quappe in der Zeit geworden ist, als dieser Fisch dem Dorsche
biologisch und physiologisch näher stand als jetzt und mit ihm
sekundär ins Süßwasser hineingekommen ist.
Die jetzigen polyzoischen Bandwurmstrobilen sind natürlich aus
monozoischen Formen hervorgegangen. Die noch jetzt existierenden
monozoischen Cestoden können aber kaum als Stammformen der
polyzoischen angesehen werden. 4 Gattungen*) von solchen mono-
zoischen Cestoden sind ziemlich gut bekannt. Von diesen treten zwei
als Parasiten im Darme phylogenetisch alter Fische auf, nämlich
Gyrocotyle (= A mphiptych es) in der Chimaera und in
dem Callorhyncbus und Amphilina im Acipenser. Diese
sind wahrscheinlich beide ursprünglich, weichen aber in mehreren
Hinsichten von den echten Cestoden recht sehr ab. Gyrocotyle
ist durch das Erwerben von Haftorgauen an beiden Körperenden,
das Trichterorgan am Vorderende und das Acetabulum am Hinter-
ende, unfähig geworden, sich weiter zu entwickeln. Welchen Platz
Caryophyllaeus einnimmt, ob er primär oder sekundär monozoisch
1) Hambarger Magalhäesischer Snmm eireise, Cestoden bearbeitet von Einar
Lönnberg, Hamburg 1896.
2) Eine fünfte Ligula proglottis Wagener (« Wageneria Monticelli
ans Scymnu» lichia ist eine „Species inquirenda“.
43 *
Google
676
Einar Lönnberg,
ist, läßt sich nicht so genau beantworten, obwohl ich für die erstere
Ansicht geneigt bin. In Bezug auf die Geschlechtsorgane und den
Skolexbau scheint er aber eine ziemlich abgesonderte Stellung einzu-
nehmen, so daß seine Verwandtschaftsverbältnisse zu den wahren
Gestoden noch dunkel erscheinen. Archigetes appendiculatus
(Ratz) ist aber ein deutliches Beispiel eines sekundär monozoisch
gewordenen Cestodentieres. Es stellt nämlich eine geschlechtsreif
gewordene Larve dar 1 ). Welches sind aber die Vorfahren dieser
eigentümlichen Form? Es giebt Umstände, die dafür sprechen, daß
Archigetes eine gewisse Verwandtschaft mit den Pseudophylliden
(Bothriocephaliden) besitzt. Die Lage und Form der Bothrien von
Archigetes, die Mehrzahl der Gefäße und die Gestalt der Eier
desselben erinnern sehr an entsprechende Teile der Bothriocephaliden.
Auch das Vorkommen im süßen Wasser, wo mehrere Bothrio-
cephaliden ihre Entwickelung durchmachen und ihre Wirte finden,
scheint für einen solchen Zusammenhang zu sprechen *).
Wenn nun die jetzigen „Cestodariae“, wie die monozoischen
Bandwürmer von Monticelli benannt worden sind, nicht als Stamm-
eltern der echten „Cestodes“ betrachtet werden können, muß man
den gemeinsamen Ursprung weiter zurück in der Entwickelungsserie
suchen. Die Cestoden werden im allgemeinen als Nachkommen von
Trematoden angesehen und auch in seinem neulich erschienenen Buche:
„Systematische Phylogenie der wirbellosen Tiere“ läßt Haeckel den
Cestodenast des Stammbaumes aus dem Trematodenast hervorsprießen.
Aehnliche Ansichten werden auch in verschiedenen Handbüchern und
Abhandlungen ausgesprochen. Die Trematoden selbst werden von
Haeckel von rhabdocölen Urformen hergeleitet Nach meiner
Auffassung ist es besser, die Aeste und Zweige des Stammbaumes
der parasitischen Plathelminthen in anderer Weise zu rangieren.
In manchen Beziehungen ähneln die Trematoden den Tricladen
recht. Das Gastrokanalsystem der ersteren kann leicht als aus
demjenigen der letzteren hervorgegangen gedacht werden, und zwar
durch Verschiebung der Mundöffnung nebst Pharynx längs dem
vorderen medianen Darmast zum vorderen Ende des Körpers. Eine
solche Verschiebung könnte als für die parasitische Lebensweise
nützlich erklärt werden, besonders wird dies deutlich in solchen
Fällen, wo der Mundsaugnapf (oder Näpfe) für die Befestigung des
Tieres eine mehr oder weniger hauptsächliche Rolle spielt Da
nun sowohl bei den Tricladen, also bei den Trematoden, die Ge-
schlechtsöffuungen meist in einer gewissen Entfernung hinter den
Mundöffnungen liegen, ist es wahrscheinlich, daß die Verschiebung
der Mundöffnung nach vorne einen Einfluß auf die Lage der Geschlechts-
Öffnungen ausüben muß, so daß auch diese gleichzeitig nach vorne
mitgerückt werden. Dies bewirkt wieder eine Umlagerung der Ge-
schlechtsdrüsen und ihrer Gänge, so daß sie hinter ihre Oeffnunges
zu liegen kommen. Dieser Umlagerung folgen axiomatisch andere
Veränderungen, wie z. B. die Konzentration der bei den Tricladen
1) Schon das Auftreten eines geschlechtsreifen Cestoden in einem Inrertebrateo
ist etwas Anomales.
2) Die andere Cestodengruppe, die Süßwasserbewohner infestiert, die lehthvo-
täniiden, haben nichts mit Arcb igetes gemeinsam.
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Beiträge zar Phylogeoie der parasitischen Plathelminthen.
677
zahlreichen Dottergänge zu zwei, wie bei den Trematoden. Wenn
man nämlich annimmt, daß die Keimstöcke einer Tricladenform nach
hinten wandern, so daß sie schließlich eine solche hintere Lage ein*
nehmen, wie der Keimstock der Trematoden, müssen natürlich die
Dottergänge mitgezogen werden, indem die vorderen sich allmählich
verlängern müssen. Die Dottergänge werden auf diese Weise wie
zusammengeschoben und dann folgt eine Zusammenschmelzung zu je
einem Hauptdottergang jederseits von selbst. Eine andere sekundäre
Veränderung zeigt sich in dem Verlängern des Leitungswegs zwischen
dem Ootyp und der äußeren Geschlechtsöffnung. Es ist nämlich zu
bemerken, daß bei der Lageveränderung der Geschlechtsorgane vom
Tricladentypus zum Trematoden typus zwei Momente sich unterscheiden
lassen, nämlich a) das Zurückschieben der Geschlechtsdrüsen und
b) das Vorwärtswandern der Geschlechtsöffuungen. Beide sind vom
Vorwärts wandern des Pharynx abhängig, weil derselbe den Platz der
Drüsen einnimmt und dieselben zuerst zur Seite und nachher nach
hinten schiebt und weil die Geschlechtsöffnungen dem Pharynx auf
einem gewissen Abstande folgen. Die Drüsen und die Oeffnungen
wandern somit in entgegengesetzten Richtungen und wenn sie sich
nähern, werden natürlich die Leitungswege, d. h. die Ovidukte, ab-
gekürzt. Wenn sie sich aber begegnet haben und die Drüsen wieder
weiter nach hinten wandern und die Oeflnungen nach vorn, verlängern
sich die Ovidukte nicht wieder, sondern diesmal der distal vom Ootyp
gelegene Abschnitt, d. h. das Endstück der Vagina und das Atrium
Femininum, so daß diese Teile die verlängerte Vagina des Trematoden-
typus hersteilen, welche ja auch die Funktion eines Uterus über-
nommen und durch zahlreiche Windungen sich vergrößert hat. Da
aber der Uterus der Tricladen, wenn ein solcher auftritt, zwischen
dem Ootyp und der äußeren Geschlechtsöffnung gelegen ist, auch wenn
er eine gestielte Aussackung der distalen Vagina darstellt, fällt er
natürlich in dem entsprechenden Bezirke ein, der bei den Trematoden
zwischen dem Ootyp und der äußeren Geschlechtsöffnung liegt und
einer als Uterus fungierenden Vagina gleichkommt. Ein solcher Va-
ginaluterus der Trematoden ist somit als eine Folge der Verlängerung
des weiblichen Leitungswegs zwischen dem Ootyp und der äußeren
Oeffnung aufzufassen. Da der Raum für die Eier durch die Ver-
längerung und die sekundär entstandenen Windungen dieses Vaginal-
uteringanges (besonders bei den Digenea) 1 ) sich so bedeutend
vergrößert hat, brauchen sich keine Aussackungen zu bilden. Solche
Hoden sich auch nicht bei den Trematoden, sondern die Autoren, die
von solchen Blindästen sprechen, haben sich täuschen lassen, wie von
Braun*) hervorgehoben ist Wenn jetzt die Vagina eine neue
Funktion als Uterus übernommen hatte und von Eiern gefüllt
war, wurde natürlich auch gleichzeitig der Weg der Spermatozoen
bei einer sekundären Begattung mehr oder weniger gesperrt. Es
wäre dann möglich, daß zum Ausbessern dieses Uebelstandes der
Laurer’sche Kanal erworben wurde und vielleicht könnte sein Ur-
sprung von einem Receptaculum seminis, das sekundär eine äußere
1) Bei mehreren Monogenea ist dieser Abschnitt sehr kurz, so dafi bei ihnen
die Verhältnisse mehr direkt mit denjenigen bei gewissen Tricladen Ubereinstimmen.
2) Klassen u. Ordnungen d. Tierreiches. IV. 1, A. p. 726.
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678
Einar Lönnberg,
Oeffnung bekommen hätte, hergeleitet werden. Auf diese Weise ließe
sich das Fehlen eines L au rer’schen Kanals bei gewissen Digenea
und sein blindes Enden bei anderen (Aspidogaster) erklären.
Freilich wird der Laurer’sche Kanal von vielen Autoren mit der
Cestodenvagina und der Vaginaluterus der Trematoden mit dem
Uterus der Cestoden 1 ) homologisiert. Gegen eine solche Deutung
spricht aber erstens die Lage dieser Gänge. Der Vaginaluterus der
Trematoden und die Vagina der Cestoden haben in den meisten
Fällen eine entsprechende Lage mit der männlichen Geschlechts-
Öffnung zusammen, der Laurer’sche Kanal, sowie auch der Cestoden-
uterus (wenn dieser eine Mündung hat) öffnen sich aber anderswo
und von der männlichen Geschlechtsöffnung gewöhnlich weit entfernt.
Wenn man daher eine solche Homologisierung vornimmt, muß man
also annehmen, daß wenn z. B. der Trematodentypus der ursprüng-
lichere wäre, der eine weibliche Leitungsweg vom männlichen weg-
gewandert wäre und der andere dahingekommen. Dies scheint aber
kaum annehmbar. W'eiter ist zu bemerken, daß die Oeffnuug des
Cestodenuterus, wenn eine solche vorkommt, immer sekundär auftritt,
und darin liegt eine große Verschiedenheit von der Trematoden vagina.
Ein Versuch zur Erklärung der Abstammung der Cestodenvagina wird
unten gegeben. Die Aehnlichkeit zwischen den uterinen Verhältnissen
bei den Tricladen und Trematoden kann auch so ausgedrückt werden:
Bei beiden wandern die Eier vom Keimstock immer in derselben
Richtung und in einer entgegengesetzten Richtung zu derjenigen der
Spermatozoen distalwärts gegen die äußere Geschlechtsmündung,
auch wenn sie zeitweise in einer Uterusaussackung verweilen. Bei
den Cestoden verhält es sich aber ganz anders. Bei ihnen werden
die Eier vom Keimstock weiter proximalwärts in einen besonderen
Uterus geschoben und setzen in derselben Richtung sozusagen, in
welcher die Spermatozoen gekommen sind, ihren Weg fort.
Die Geschlechtsorgane der Trematoden sind freilich mehr kon-
zentriert, als diejenigen der Tricladen, indem jene gewöhnlich nur einen
Keimstock und 2 Hoden aufweisen. Da aber diese Verhältnisse bei
den Plathelminthen ziemlich viel zu wechseln pflegen und es z. B.
auch Trematoden giebt, die mehr als zwei Hoden, oder auch gelappte
oder reich verästelte Hoden besitzen, ist nicht soviel Wert darauf zu legen.
Auch der Keimstock der Trematoden kann gelappt oder verzweigt
sein. Die Verhältnisse des Darmsystems und des Uterus scheinen
deshalb wichtiger zu sein. Da auch die jetzigen Tricladen dem
Parasitenleben in gewissen Fällen nicht abgeneigt sind, scheint es um
so annehmbarer, daß der Ursprung der Trematoden unter den Vor-
fahren der Tricladen zu suchen ist. Andererseits kann es aber nicht
geleugnet werden, daß der einfache Darmapparat von Gastero-
stomum und vielleicht auch Aspidogaster auf rbabdocöliden-
artige Vorfahren hindeutet.
Nachdem die mutmaßliche Abstammung der Trematoden er-
örtert worden ist, wollen wir zu derjenigen der Cestoden übergehen..
Ich muß hier gleich gestehen, daß es mir unwahrscheinlich vor-
1) lieber die verschiedene» Theorieen des Leu rer’schen Kenels siehe Braue
1. c. p. 75* ff.
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Beiträge zur Phylogenie der parasitischen Plathelminthen.
679
kommt, daß die Vorfahren der Cestoden Trematoden gewesen sind.
Beide sind einer parasitischen Lebensweise angepaßt, haben sich aber
in ganz verschiedenen Richtungen ausgebildet. Die Cestoden, die am
meisten ausgebildet sind, nehmen die Nährstoffe osmotisch auf, haben
deshalb das Darmsystem vollständig wegreduziert. Die Trematoden
dagegen, sogar auch die Entoparasiten, ernähren sich durch Aufnahme
von den zu verdauenden Stoffen, Flüssigkeiten oder Körpern oder
beiden in einem Darmsystem, das sehr gut entwickelt ist und in
gewissen Beziehungen durch die Ausstattung mit Mundsaugnapf, stark
muskulösem Pharynx und Oesophagus sogar weiter hervorgeschritten,
als dasjenige der Turbellarien ist. Es läßt sich nicht gut denken,
daß Tierformen für die eine besondere Lebensweise so spezialisiert wie
die Trematoden sind, in eine andere Richtung einschlagen würden,
da sie doch wie die entoparasitischen Trematoden unter ganz denselben
Bedingungen, wie die Cestoden leben. Auch wenn man den Ursprung
dieser Klassen als sehr weit zurückverlegt sich denkt, so müssen sie
doch schon von Anfang an getrennt gewesen sein; denn auch wenn
die anatomische Organisation nicht so weit spezialisiert war, haben
schon die Urformen der beiden Klassen verschiedene Wege für die
Entwickelung eingcschlagen und waren scharf biologisch differenziert,
indem die Urahnen der Trematoden in allen Zeiten als eigentliche
„fressende“ Parasiten ihren Darm benutzt und denselben an das Para-
sitenleben angepaßt haben, wogegen die Ureltern der Cestoden ziem-
lich unmittelbar zu der osmotischen Ernährungsweise übergegangen
sein müssen, weil ihr Darmsystem weniger entwickelt war.
Es ist aber nicht nur das Darmsystem der Trematoden, das be-
sonders angepaßt ist. Sie haben auch spezialisierte Haftorgane etc.,
die für das Trematodenleben nützlich sind, deren Umwandlung aber
in solche, wie die Bothrien oder Bothridien der Cestoden fast un-
denkbar sind.
Die Genitalsysteme der Trematoden und Cestoden sind sehr ver-
schieden, nicht nur durch die Zahl der Hoden, sondern vor allem
durch die Verhältnisse der weiblichen Leitungswege. Der Uterus der
Trematoden ist nur ein Teil der Vagina, der für die Eiaufnahme
weiter entwickelt ist. Bei den Cestoden ist aber der Uterus ein selb-
ständiges Organ jenseits des Keimstockes von der Vagina gerechnet.
Die Eier gehen also, wie schon oben auseinandergesetzt ist, bei den
Trematoden immer distalwärts vom Keimstock gegen die äußere
Vaginalöffnung, bei den Cestoden aber in entgegengesetzter Richtung
weiter proximalwärts, nachdem sie fertig gebildet sind. Diesem Cestoden-
uterus entspricht also natürlich nicht der als Uterus fungierende
Abschnitt der Trematodenvagina. Der Uterus der Cestoden wird auch
bisweilen mit dem Laurer’schen Kanal der Trematoden homologisiert.
Diese Auffassung scheint aber mehr durch eine oberflächliche Aehn-
licbkeit in Bezug auf die I-age hervorgerufen zu sein, als durch eine
wirkliche Homologie begründet. Der Uterus der Cestoden ist ent-
weder blind geschlossen oder mit einer vollständig sekundären Oefl-
nung versehen, und wenn überhaupt eine äußere Oeffnung vorkommt,
bricht dieselbe erst recht spät durch, wenn der Uterus sich mit reifen
Eiern zu füllen beginnt. Eine solche Uterusmündung tritt übrigens
hauptsächlich nur bei einer Gruppe, nämlich bei derjenigen der
680
Kinar Lönnberg,
Bothriocepbaliden, auf und bei den anderen Cestoden, also bei der
Mehrzahl, öffnet sich der Uterus ganz einfach durch das Bersten der
Körperwand, was natürlich auf keine eigentliche Uterusmündung zu-
rückgeführt werden kann. Wenn also der Laurer’sche Kanal schon
vom Anfang an als ein offener Kanal angelegt wird und also der
blind endende Laurer’sche Kanal gewisser Trematoden sekundäre
Erscheinungen darstellt, wie ja mehrere Autoren meinen, dann ist es
ja klar, daß dieser Kanal nicht mit dem Cestodenuterus homolog
sein kann, da die Entwickelung dieser Organe in gerade entgegenge-
setzter Richtung vor sich gegangen ist. Wenn aber auch der Laurer’sche
Kanal sekundär seine äußere Oefiuung erworben hat, erscheint die
Aehnlichkeit mit dem Cestodenuterus allerdings viel größer, ln
solchem Falle last sich der Laurer’sche Kanal vielleicht am besten
auf ein Receptaculum seminis, das eine dorsale Mündung bekommen
hat, zurückführen (vgl. oben). Dies läßt sich desto leichter thun, weil
am inneren Ende des betreffenden Kanals häutig ein solches Organ
noch existiert. Aber auch in diesem Falle sind der Laurer’sche
Kanal und der Cestodenuterus in mehreren Beziehungen einander recht
unähnlich. Jener mündet in den Keimgang oder Dottergang hinein,
verbindet sich aber immer mit den übrigen weiblichen Leitungswegen
in einem Bereiche, der zwischen dem Keimstock und der Schalen-
drüse gelegen ist, wogegen der Cestodenuterus jenseits der Schalen-
drüse, vom Keimstock gerechnet, anfängt. Uebrigens, wenn auch die
Mündung des Lau rer 'sehen Kanals sekundär sei, ist dieselbe jedoch
besser und durchgehender entwickelt, als diejenige des Cestoden-
uterus, da beinahe alle Trematoden, denen ein Laurer'scher Kanal
zukommt, denselben mit äußerer Oeffnung versehen haben, und zumal,
wo eine solche fehlt (Aspidogaster) dies wiederum sekundär er-
scheint. Die Derivation des Cestodenuterus aus einem Laurer ’seben
Kanal, sowie auch die Homologisierung dieser beiden stößt also auf
bedeutende Schwierigkeiten. Ueber die Abstammuug des Cestoden-
uterus wird weiter unten gesprochen.
Die Uebereinstimmung der Geschlechtsorgane der Trematoden
und Cestoden ist also nicht so groß, daß sie die Abstammung der
einen Klasse von der anderen als Erklärungsgrund fordert.
Die Knospung oder Strobilatioo, wie sie bei den Cestoden vor-
kommt, ist auch den Trematoden ganz fremd. Für Tiere, die eine
solche Organisation, wie die Trematoden besitzen, mit verhältnismäßig
ziemlich fester Haut und mit wohl differenzierten Organen ohne Meta-
merie scheint ja Vermehrung durch äußere axiale Knospung unnatür-
lich. Wenn es nicht so wäre, daß äußerliche Knospung gegen die
Natur der Trematoden ist, würden ja die überaus günstigen Nah-
rungsverhältnisse des Parasitenorganismus leicht dahin führen, wie die-
selben sicherlich zu der Strobilation der Cestoden mitgeholfen haben.
Aus allen diesen Ursachen kann ich nicht Trematoden als Ur-
ahnen der Cestoden annehmen.
Es ist sogar möglich und nicht unwahrscheinlich, daß die Cestoden
älter als die Trematoden sind. Ein Verhältnis, das u. a. darauf hin-
deutet, ist die Thatsache, daß die Selachier, die eine der ältesten
Vertebratengruppen darstellten, eine besonders stattliche Liste von
CestodeDSchmarotzern aufweisen, dagegen aber an entoparasitischen
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Beiträge zur Phylogeuie der parasitischen Plathelminthen.
681
Trematoden außerordentlich arm sind, indem nur sehr wenige Dis-
tomiden ihnen eigen sind.
Wenn der Trematodenursprung bei den Cestoden geleugnet wird, von
welchen Formen würden sie dann abstaramen? Ich meine, daß dieRhabdo-
cöiiden und ihre Vorfahren einen Aufschluß hierüber geben können.
Es ist leichter zu verstehen, daß ein Gastrokanalsystem, das wie das-
jenige der Rhabdocöliden schwach ausgebildet ist, sich wieder rück-
bilden könnte als ein kompliziertes, wie dasjenige der Triclnden und
Trematoden. Die Erfahrung über die schmarotzenden Rhabdocöliden
wie Graffillaund Anoplodium zeigtauch, daß bei solchen Formen
der Pharynx klein und reduziert ist. Die erwähnten Gattungen sind
doch nur Schmarotzer bei marinen Evertebraten und haben deshalb
keine so durchgreifende Reduktion erfahren, wie die Parasiten, be-
sonders Entoparasiten in Vertebraten, um sich an das neue Leben
anzupassen, durchgehen müssen. Die Geschlechtsorgane der Cestoden
ähneln in vielen Beziehungen denjenigen bei gewissen Rhabdocöliden
recht sehr. Unter den Rhabdocöliden ist die Gattung Alaurina mit
follikulären Hoden, getrennten Keim- und Dotterstöcken versehen. Bei
den Alloiocölen treffen wir auch follikuläre Hoden, getrennte Keim-
und Dotterstöcke wie bei den Cestoden, und die letzterwähnten können
auch gelappt oder sogar „selten teilweise verzweigt“ 1 2 * * ) sein. In aller
Hauptsache stimmt dies mit den Verhältnissen bei den Cestoden, ob-
wohl jedoch die Urcestoden wahrscheinlich auch follikuläre Keim-
stöcke gehabt haben, die später durch Verkürzung der einzelnen
Keimgänge zu den jetzigen fingerförmig geteilten sich konzentriert
haben. Daß etwas Aehnliches sich in der phylogenetischen Entwickelung
der Cestoden abgespielt hat, wird dadurch wahrscheinlich gemacht,
daß derselbe Vorgang bei Amphiptyches ontogenetisch auftritt,
wie von Spencer’) und mir 8 ) gezeigt worden ist. Eine Teilung
des Keimstockes in mehrere Follikel ist aber eine Veränderung, die
ziemlich leicht vor sich gehen kann, so daß eine derartige Verschieden-
heit geringfügig ist.
Wenn wir weiter die Uterusbildungen der Rhabdocöliden und
Cestoden miteinander vergleichen, werden wir bald finden, daß beide
von dem Tricladen - Trematodentypus abweichen, daß aber der Uterus
der Cestoden ohne größere Schwierigkeiten auf eine solche Grund-
form, wie diejenige der Rhabdocöliden sich zurückführen läßt. Nicht
alle Rhabdocöliden besitzen einen Uterus, bei denjenigen aber, die
mit einem solchen versehen sind, stellt er nicht einen Abschnitt der
Vagina dar, oder mit anderen Worten, er liegt nicht auf dem Wege
zwischen dem Keimstock und der weiblichen Genitalöffnung einge-
schoben. Eine eigentliche lange Vagina wie bei den Cestoden existiert
bei den Rhabdocöliden nicht, sondern ihr Keimstock sitzt gewöhnlich
mit einem kurzen Keimgang dem Atrium genitale an. Bisweilen ver-
einigen sich die Dottergänge mit dem Keimgang, bisweilen münden
sie direkt ins Atrium hinein, so daß die Keimzellen erst im Atrium
1) L. von Gr aff, Monographie der Tarbellarien. 1. Rhabdocoelida. p, 381.
2) Spencer, The anatomy of Amphiptyches urna (Grabe and Wagner). (Trans.
R. 8oc. Victoria. 1889.)
8) Anatomische Studien über Skand. Cestoden. 1. K. (Vt. e Akad. Handl. Bd. XXIV.)
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682
Einar Lönn b erg,
von Dotter umgeben werden. Die Befruchtung der Keimzellen durch
die Spermatozoen findet auch häufig im Atrium statt. Das be-
fruchtete und von Dotter umgebene Ei kommt jetzt vom Atrium
in den Uterus hinein und wird da mit einer Schale versehen. Denkt
man sich nun jetzt, daß sämtliche Organe und Ausfflhrungsgäuge
weiter in das Innere des Körpers bineingerückt werden und von der
Genitalöffnung entfernt und das Atrium genitale als eine Folge hier-
von verlängert und in einen Vaginalgang ausgezogen, so erhält man
dieselben Verhältnisse, wie sie sich bei den Cestoden wahrnebmen
lassen. Daß die Vagina der Cestoden auf eine ähnliche Weise ent-
standen ist, wird dadurch bestätigt, daß ihre Wand, wenigstens diejenige
des distalen Teiles, vollständig denselben Bau wie die äußere flaut
besitzt und in dieselbe ohne sichtbare Grenze übergeht Durch diese
Hervorstellung glaube ich, die Uebereinstimmung und Aehnlichkeit
der Geschlechtsorgane der Rhabdocöliden mit denjenigen der Cestoden
dargelegt und die Derivation der letzteren von den erstereu verständ-
lich gemacht zu haben.
Die Vagina der Cestoden und diejenige der Trematoden sind
homolog insofern, als sich beide auf die verlängerten äußeren Teile
der weiblichen Leitungswege resp. Atrium zurückführen lassen. Ihre
Mündung mit der männlichen Geschlechtsöffnung zusammen macht
dies noch deutlicher. Da also die vereinigten Geschlechtsöffnungen
bei allen übrigen Plathelminthen, wenn sie nur fiächenständig sind,
als ventral bezeichnet werden, müssen per analogiam auch bei den
Cestoden die Geschlecbtsöffnungen ventral genannt werden (wenn
flächenständig). Wenn nun der Uterus der Cestoden auf der entgegen-
gesetzten Seite eine Oeffnung erworben hat, ist diese selbstverständ-
lich dorsal 1 ).
Die ungeschlechtliche Fortpflanzung gewisser Rhabdocöliden
durch Knospung scheint zuerst der Strobilation der Cestoden sehr
unähnlich, weil die Knospen, wenn sie noch mit der Amme in
Verbindung stehen, neue Knospen erzeugen. Nachdem aber eine
Arbeitsteilung eingetreten ist, so daß das Vorderende (Skolex) eine
festhaltende Funktion übernommen hat, die Knospen (Proglottiden)
dagegen sich auf das Produzieren von Geschlechtsorganen konzentriert
haben, wird eine Veränderung der früheren Ordnung leicht verständ-
lich a ), weil die Proglottiden alles Material zum Aufbau der Geschlechts-
organe brauchen, und wenn nun die sekundären Knospungsprozessc
der Knospen wegfallen, wird die Aehnlichkeit mit der Strobilation
klar. Es kann also gesagt werden, daß, von dem Gesichtspunkte der
Amme betrachtet, die Knospung bei den Rhabdocöliden der Strobilation
ähnelt, um so mehr, weil in beiden Fällen die Amme ihre eigene
Größe nie verringert, sondern nur an ihrem Hintergründe die neue
Knospe hervorsprießen läßt. Es ist auch zu bemerken, daß bei den
ältesten Cestoden die Knospung anders vorgegangen ist als bei den
phylogenetisch jüngeren. Dies kann man daraus schließen, daß bei
1) Nicht ventral wie Matz meint und nach (?) ihm Braun.
2 ) Die verschiedenen Verhältnisse und Funktionen der Rhabdocölidenknospen and
Cestodenproglottiden treten desto schärfer hervor, wenn man bedenkt, daß jene gar
Veine Geschlechtsorgane produzieren, was die einzige Aufgabe dieser ist.
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Beiträge zur Phylogeme der parasitischen Plathelminthen.
683
den noch jetzt lebenden phylogenetisch ältesten Bandwürmern der
Selachier die Knospen, d. h. Proglottiden, sehr früh sich ablösen und
zwar ziemliche Zeit bevor sie noch geschlechtsreif sind. Man kann
deshalb per analogiam annnehmen, daß bei den ersten Cestoden die
Verbindung der einzelnen Proglottiden nicht so stark war und die
Begriffe der Strobila, wie sie jetzt ist und damals war, sind ziemlich
verschieden. Wenn aber die Verbindung der Proglottiden nur lose
war, trat die Aehnlichkeit mit der Knospung der Turbellarien besser
hervor. Der spätere innigere Zusammenhang der Proglottiden hängt,
wie auch die Entwickelung kräftigerer Haftorgane, von der ver-
schiedenen Ausbildung des Darmes der Wirtstiere ab (vgl. unten).
In der Spiralklappe der Selachier können auch freie Proglottiden, die
keine Haftorgane besitzen, ohne Gefahr herumkriechen, wie sie es
auch thun. Die Verhältnisse im Darme höherer Wirbeltiere sind da-
gegen nicht so günstig. Die Gelenke der Strobilakette mußten sich
deshalb besser zusammen fügen, so daß sie nicht früher sich ablösten,
als sie ihr Leben als Geschlechtsindividuen durchgemacht hatten,
also ausgelebt hatten und nur Behälter reifer Eier darstellten, die
entweder in einzelnen Stücken oder kurzen Kettenstummeln abgingen.
Auf diese Weise wurde die Verbindung der Proglottiden mit der Ent-
wickelung des Stammes immer inniger, bis daß schließlich wie bei
Ligula sogar die äußeren Grenzen der einzelnen Proglottiden gänzlich
verwischt wurden. Wenn die ersten Urcestoden in das Darmsystem
der Wirtstiere hineinkamen, hatten sie natürlich keine Sauggruben.
Die Entstehung dieser Organe am Vorderende des Körpers ist aber
leicht verständlich. Wenn die Tiere durch Muskelbewegungen herum-
krochen, geschah dies wie gewöhnlich durch Hervorstreckung und
Ausdehnung der vorderen Körperenden, und wenn nachher bei der
Zusammenziehung das Hinterende nachgeschleppt werden sollte,
drückten sie die Vorderspitze kräftig gegen die Unterlage. Durch
den hierdurch erzeugten Reiz wurde leicht bei einem so plastischen
Tier wie einem Plathelminthen eine anfangs freilich ganz schwache
Sauggrube entwickelt, die gar keine umgreifende Umgestaltung der
Gewebeschichten des Körpers brauchte, um funktionsfähig zu sein
und gute Hilfe bei den Bewegungen leisten. Da aber ein Entoparasit
nicht auf einer freien Fläche herumkriecht, ist eine ähnliche Bildung
auf der dorsalen Seite beinahe gleich nützlich und kann auf ähnliche
Weise hervorgerufen werden, auch wenn man nicht die Korrelations-
verhältnisse zu Hilfe nimmt. Wenn jetzt also die erste Anlage der
Bothrien entstanden ist, entwickeln sich diese selbstverständlich rasch
weiter , bis zwei mehr oder weniger blattförmige (ein dorsaler
und ein ventraler) Bothridien gebildet sind, die dieselbe Form wie
diejenigen des heutigen Echinobothrium gehabt haben mögen. Bis
jetzt spielten die Bothridien sowohl als ihre ursprünglichen Anlagen
hauptsächlich bei der Bewegung eine Rolle, wie sie auch noch bei
den Diphylliden, Tetraphy lüden und Tetrarhynchiden es thun, was
man leicht beim Studieren von lebenden Tieren dieser Familien be-
obachten kann ‘). Wenn aber die Cestoden zu dieser Entwickelungs-
1) Dies« Auffassung ist «och von Pintner in »einer „Erklärung des Tetra*
rhynchenrüssels“ (Biol. Centralbl. Bd. XVI. 1896) näher präzisiert.
684
J. Ch. Huber,
stufe gelangt waren, spaltete sich der Weg der Weiterentwickelung
in zwei verschiedenen Modifikationsrichtungen. Die eine von diesen,
die von den Vorfahren einer Gruppe recenter Cestoden umfaßt
wurde, tendierte dahin, die zweibl&ttrigen Bothridien direkt zu eigent-
lichen Haftorganen umzuwandeln. Auf diese Weise haben die Stamm-
eltern der heutigen Bothriocephalen durch Verstärkung und Speziali-
sierung der Muskulatur der ursprünglichen Bothridien, die gar nicht
von den angrenzenden Körperteilen differenziert waren, sowie auch
durch Verengung des Lumens derselben ihre spaltförmigen Bothrien
herbeigeschafft. (SchiuB folgt.)
Nachdruck verboten.
Zur Geschichte der Trichinose.
Von
Med.-Rat J. Ch. Huber
in
Memmingen.
Es wäre gar nicht Übel, wenn die neuesten Trichinenforscher sich
mit der klassischen Litteratur des Gegenstandes vertraut machten,
ehe sie zu ihren mühevollen und bisweilen undankbaren Untersuchungen
vorschritten. Zu den Klassikern des Faches der Trichinologie rechne
ich in erster Linie die Pathologen F. A. v. Zenker und R. Virchow,
die Zoologen R. Leuckart und H. Alex. Pagenstecher. Das
sind die großen Propheten im trichinologischen Kanon; daß außer
diesen Männern auch Rupprecht, Fiedler, A. C. Gerlach und
J. Kühn Bedeutendes geleistet haben, wird nicht zu bestreiten sein ;
von Ausländern wäre in vorderster Reihe zu nennen Joannes
Chatin, dessen Monographie: La Trichine et la Trichinose zu den
besten Leistungen gehört und manche neue, besonders praktisch
wichtige Gesichtspunkte bringt.
Hier ist e3 zunächst meine Absicht, auf eine wertvolle, ganz
klanglos zum Orkus (wie Herr Dr. Askanazy citlert) hinabgesunkene
Beobachtung Pagenstecher’s hinzuweisen, deren rechtzeitige
Kenntnis manchem Forscher einen geraderen Weg gebahnt hätte. Es
handelt sich nämlich um die Wanderungen der weiblichen Trichinen
in der Darmwand , über welchen Punkt in den letzten Jahren fast
gleichzeitig und unabhängig voneinander Cerfontaine und Aska-
nazy unter Zuhilfenahme der neuen Untersuch ungsmethoden wichtige
Forschungsresultate publiziert haben. Auch Geisse, ein Schüler
des Professor Arnold Heller zu Kiel hat in dieser Richtung ge-
arbeitet, ohne daß es ihm gelang, die Funde Cerfontaine’s zu
bestätigen. — Die fragliche Stelle bei Pagen Stecher lautet also:
„Beim Kalbe habe ich eine beachtenswerte andere Weise des Vor-
ganges gesehen, welche für die Darmtrichineu bisher noch nicht
beobachtet worden zu sein scheint. In einer großen Strecke des
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Zur Geschichte der Trichinose.
685
Dünndarms schienen durch die Darmwand vorzüglich an der der
Mesenterialbefestigung abgewandten konvexen Seite der Schlingen
zahlreiche gelbe Fleckchen durch, welche so dicht standen, daß kaum
auf die Länge einiger Linien keins gefunden wurde, im Durchschnitt
aber 10 Stück auf einen Zoll Darm kamen. Diese Fleckchen erwiesen
sich als Infarkte von Darmfollikeln von etwa 0,5 bis 1 mm Durch-
messer, eiterig gelb-grünlicher Färbung und bröcklicher Konsistenz.
In den verfetteten Residuen des Vereiterungsprozesses lagen meist
drei oder vier, in den kleinsten Infarkten auch wohl nur eine, in den
größten bis gegen zehn weibliche Trichinen. Sie waren mit Eiern
und Jungen gefüllt, aber tot, und in mehr oder weniger fortgeschrit-
tener Verfettung begriffen. Bei einigen war noch die ganze Organi-
sation deutlich, bei anderen umschloß die Haut außer einer Anzahl
ebenfalls toter sehr dunkel konturierter Jungen nur noch aus dem
Zerfall der Organe entstandene feine Moleküle, bei anderen lagen
Reste der Haut in stark geringelten Stücken bei bröckligen Klumpen
dunkelrandigen amorphen Fettes. Der Inhalt der Follikel ließ sich
in den Darm drücken , und es fanden sich einigemal innerhalb des
Darms Trichinen in Klumpen , welche deutlich als früherer Inhalt
solcher Follikel erkannt werden konnten. Es war seltsam, daß alle
Trichinen, welche unter diesen Umständen noch erkennbar geblieben
waren, sich als Weibchen erwiesen. Sie waren sehr groß, eines nahezu
3 mm lang, bei 0,05 Breite. Es ist bekanntlich gar nichts Seltenes,
den verfetteten Resten anderer Helminthen oder ihrer die einstige
Anwesenheit jener verratenden Eier in solchen eingedickten und ver-
änderten Exsudaten innerhalb der Gewebe zu begegnen und das end-
liche Resultat der Muskeltrichinen ist wenigstens ein ähnliches.“ —
Von großem Interesse ist auch das von Chatin nachgewiesene
Vorkommen von Trichinen in den Därmen der von Amerika impor-
tierten Würste. Da das gediegene Buch des französischen Forschers
in Deutschland kaum verbreitet sein dürfte, will ich die betreffende
Stelle hier mitteilen: „Parmi les viandes de provenance amöricaine,
Boumises a l’examen du laboratoire de micrograpbie instituö au Havre
par M. le Ministre de l’agriculture et du commerce, se trouvait un
lot consid6rable (8000) de „boyaux de porc“, dout l’expertise fut
pratiqu6e suivant la technique habituelle. Des öchantillons ayant 6t6
prölevös sur tous les morceaux contenus dans les füts, l’dtude micro-
scopique ddcela une particularitd, que les notions classiques ne per-
mettaicnt pas de soupgonner; dans l’dpaisseur des parois intestinales
(tuniques celluleuse et tunique musculeuse) se montraient d’lnnoro-
brables Trichines aux divers stades du ddveloppement. Quelques-unes
prdsentaient encore l’dtat embryonnaire ou du moins ne semblaient
l’avoir que lög&rement ddpassd, car si eiles offraient ddjä l’dbauche
manifeste de la bouche et du tube digestif (celui-ci apparaissant
sous l’aspect d’ une bandelette axile et granuleuse) eiles conservaient
ndanmoins, dans la configuration geudrale du corps, la forme lancdo-
Ide, qui caractdrise cette pdriode de 1’ Evolution ; d’autres dtaient
mieux ddveloppdes, plus grandes, non enkystdes ou simplement entourdes
d’une masse cellulo-granuleuse. Mais, ddtail dont l’importance ne
saurait 6tre rudconnue, la plupart des Trichines se trouvaient protegdes
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686
E. S. London,
par des kystes normalement constituös et nettement encbässds dans
les tuniques intestinales.“
Ich glaube dieses Citat geben zu mQssen, da weder in den
Sch m i d t’schen Jahrbüchern noch in Virchow-Hirsch’s Jahres-
bericht die geringste Notiz von Chatin’s Arbeit genommen wurde.
Litter&tor.
Pagen Stecher, H. Alex, Die Trichinen. 2. Auf]. 1866. p. 89.
Chatin, Joannes, La Trichine et la Trichinose. Avec 11 plan ch es. 91 p.
Paris 1883.
Askanazy, Virchow's Archiv. Bd. CXLI (1895), und Centralblatt f. Bakteriologie.
Bd. XXI. 1897. No. 10.
Cerfontaine, ibid. ; ferner Bullet, de 1' Acad. rov. de Belgique. S£rie 3 Tome XXV.
1893. No. 5, und Archiv de Biologie. 1893. Tome Xlll. p. 125 ff.
Nachdruck verboten.
Schnelle und leiohte Methode zur Bereitung des
Nähragars.
[Aus der Abteilung f(lr allgemeine Pathologie des Kaiserl. Institutes
für experimentelle Medizin zu St. Petersburg.]
Von
E. S. London
in
St. Petersburg.
Die bakteriologische Technik hat schon laugst danach gestrebt,
eine Methode zur Bereitung des Nähragars auszuarbeiten, welche die
Möglichkeit böte, mit Hilfe unserer gewöhnlichen, in jedem Labora-
torium vorhandenen Vorrichtungen leicht und schnell diesen Nähr-
boden in reinem und durchsichtigem Zustande zu gewinnen. Die
bis jetzt vorgeschlagenen Modifikationen *) der üblichen Gewinnungsart
des Nähragars konnten nicht zum allgemeinen Gebrauch gelangen,
weil sie gegen diese oder jene der erwähnten Forderungen verstießen.
In Anbetracht dessen halte ich es nicht für unnütz, das Verfahren
zu beschreiben, welches wir in letzter Zeit im Laboratorium des
Herrn Prof. S. M. Lukjanow an wenden.
Im Folgenden will ich die einzelnen Momente dieser Prozedur
mit Angabe der Dauer eines jeden derselben, in Minuten ausgedrttckt,
wiedergeben.
1) ai A. Fraonkel, Bakteriologische Mitteilungen. I. Teil. (Zeitscbr. f. klin.
Medizin. Bd. X. 1886. Heft 5 u. 6.) — b) J. L. Stutz, A rapid method of making
mitrient Agar-Agar. (Bull, of the Johns Hopkins Hospital. III. No. 24. p. 92; Bei.
in Centralbl. f Bakteriologie etc Bd. XVI. 1894. p. 543). — c) M»i Bleisch, Eio
Apparat zur Gewinnung klaren Agars ohne Filtration. (Centralbl. f. Bakteriologie etc.
Bd. XVII. 1895. p. 360.) — d) Carl S. Haegier, Zur Agarbereitung. (Centralbl.
f. Bakteriologie etc. Bd. XVII. 1895. p. 558 ) — e) Leo Zupnik, Zur Agarbereitunfj;
(Centralbl. f. Bakteriologie etc. Bd. XVIII. 1895 p. 202.)
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Schnelle und leichte Methode zur Bereitung des Nähragars. 037
1) Man gießt 1 1 Fleischwasser in einen Kolben, wägt darauf
5 g Kochsalz, 10 g Pepton und 15 g Agar ab, fügt dieselben zum
Fleischwasser hinzu und rührt um. Während dieses Vorganges wird
Wasser im Autoklaven erwärmt. In Summa 5 Minuten.
2) Der Kolben wird in den Autoklaven gebracht. Man läßt die
Temperatur desselben bis 130° C steigen. Dann wird der Dampf
allmählich herausgelassen und, nachdem die Temperatur bis auf
100° herabgesunken ist, der Kolben entfernt. Währenddessen wird
heißes Wasser durch den Di akonow 'sehen Apparat filtriert. In
Summa 15 Minuten.
3) Man gießt die Flüssigkeit aus dem Kolben in das oberste
Reservoir des Diakonow 'sehen Apparates und filtriert unter Be-
nutzung einer Wasserstrahlluftpumpe. In Summa 10 Minuten.
4) Wenn das Filtrieren beendet ist, wird der flüssige durch-
sichtige Agar aus dem unteren Reservoir des Diakonow’ sehen
Apparates in einen Kolben gegossen und neutralisiert. In Summa
3 Minuten.
Der Nähragar ist noch ziemlich flüssig und zum Verteilen in
Reagenzgläser tauglich.
Dauer der ganzen Prozedur 33 Minuten.
Der Diakonow 'sehe Apparat kann für unseren Zweck voll-
ständig durch eine sehr einfache Vorrichtung ersetzt werden. Ein
gewöhnlicher Kolben wird mit einem Kautschukpfropfen mit zwei
Oeffnungen versehen. Die eine derselben erhält einen Trichter, auf
dessen Boden man ein Stückchen Gaze legt, dann etwas Glaswatte
und zum Schluß eine Schicht feinen Sandes aufträgt. In die zweite
Oeffnung des Pfropfens wird eine gebogene Glasröhre eingeführt,
durch welche man den Kolben mit der Wasserstrahlluftpumpe in
Verbindung setzt. Selbstverständlich kann das Filtrieren durch
Aenderung des Vakuumgrades beschleunigt oder verlangsamt werden.
Die oben angeführte Schnelligkeit des Filtrierens wurde bei
Herabsetzung des Luftdruckes bis auf 46 cm Quecksilbersäule er-
reicht.
2. April 1897.
Referate.
Kohn , B a k teriologische Bl u tun tersuch ungen, insbe-
sondere bei Pneumonie. [Aus der inneren Abteilung des
städtischen Krankenhauses am Urban in Berlin.] (Dtsch. med.
Wochenschr. 1897. No. 9.)
Verf. erhielt bei Blutuntersuchungen in Fällen von Sepsis stets
positiven bakteriologischen Befund; so fand er bei einem Kranken
mit Endocarditis ulcerosa acuta bei Blutaussaat auf einer Platte 200
Kolonieen von Streptokokken und einzelne von Staphylokokken. Von
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688
Bakterien im Blut«. — Diphtherie.
3 Fällen subakuter und chronischer Endocarditis ergab nur einer,
der mit Thrombophlebitis kompliziert war, ein positives Resultat,
6 Staphylokokkenkolonieen auf 2 Platten. Der Bakteriennachweis im
Blute mißlang bei Fällen von Erysipel, Phlegmone, Icterus febrilis,
paroxysmaler Hämoglobinurie, chronischer Leukämie, Pseudoleukämie,
akutem Gelenkrheumatismus uud einer der Aphthenseuche ähnlichen
Krankheit. Bei Unterleibstyphus wurden 2mal unter 8 Fällen Stäb-
chen gelunden, deren Natur jedoch nicht bestimmt festgcstellt werden
konnte, ln einem Falle von Pyämie mit Gelcnksymptomen fanden
sich 6 Streptokokkenkolonieen auf einer mit Blut beschickten Platte.
Unter 32 Fällen akuter fibrinöser Pneumonie gaben 7 Todesfälle
positiven, 18 Heilungsfälle negativen Erfolg; positiv war das Er-
gebnis bei 2 Heilungsfällen, von denen der eine mit Pneumokokken-
empyem, der andere mit Pneumokokkenabscessen kompliziert war;
in 3 Todesfällen war das Ergebnis negativ, davon betraf der eine
einen Potator, in einem anderen handelte es sich nach der bakterio-
logischen Untersuchung der Lunge wahrscheinlich um Infiuenzapneu-
monie In 2 weiteren Todesfällen mit ebenfalls negativem Ergebnis
erfolgte der Tod nicht durch die Krankheit selbst, sondern durch
ein sekundäres Streptokokkenempyem. Bei den Todesfällen mit
Pneumokokkenbefund wurden die positiven Resultate z. T. schon 24
und 48 Stunden ante mortem erzielt. Verf. vertritt auf Grund seiner
Befunde und anderer in der Litteratur mitgeteilter Untersuchungen
die Ansicht, daß beim Auftreten der Pneumokokken im Blute die
Prognose der Pneumonie ungünstig zu stellen ist, und daß als Ur-
sache des Todes in solchen Fällen eine Pneumokokkensepsis ange-
nommen werden muß. Kflbler (Berlin).
KUhnau, W., Ueber Mischinfektioneu mit Proteus bei
Diphtherie der Halsorgane. [Aus der mediz. Klinik des
Hru. Geheimrat Käst in Breslau.] (Zeitschr. f. klin. Med. Bd. XXXI.
H. 5 u. 6.)
Mischinfektionen bei Diphtherie sind eine bekannte und heute
wohl auch dem praktischen Arzte ganz geläufige Erscheinung, bilden
sie doch nach den interessanten Untersuchungen Beh ri n g’s etc.
den Grund dafür, daß das Diphtheriserum in manchen Fällen den
Tod der Diphtheritiskranken nicht zu hindern vermag. Die ver-
schiedensten Mikroorganismen können sich aber auf dem durch den
Diphtheriebacillus vorbereiteten Boden ansiedeln. Bisher sind
als solche bekannt:
Streptokokken,
Staphylokokken,
Pneumokokken,
Micrococcus y (Barbier),
Pseudodiphtheriebacillus,
Diplokokken (Diplococcus y Bernheim),
Coli ähnliche Bacillen (Chaillon und Martin),
Bacillus curtus (Silberschmidt),
Bacillus salivalis (Pasteur) u. a.
Verf. beobachtete in der mediz. Klinik zu Breslau eine Reibe
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Perityphlitis. — Bronchopneumonie.
689
von Diphtheriefällen, die sich als ganz außergewöhnlich schwere Er-
krankungsfonneu zeigten und auch letal endeten. Die ausführlich
mitgeteilten Krankengeschichten belehren des genaueren über Einzel-
heiten. Alle mitgeteilten Fälle waren durch Miscbinfektionen kom-
pliziert und zwar durch den Proteus. Die Infektion mit Diphtherie-
bacillen und Prot eus stellte eine echte Mischinfektion bezw. Doppel-
infektion dar. Das Krankheitsbild, welches dadurch erzeugt wird, ist
auch bei Tieren ein viel schwereres als das, welches jeder einzelne
der beiden Bacillen erzeugte. Von den beiden Krankheitserregern
hielt sich der Diphtberiebacillus überwiegend lokal, während
die Kurzstäbcheninfektion die Organe überschwemmte. Die Protokolle
der zahlreichen Tierexperimente, auf Grund deren diese Thatsachen
gewonnen wurden, sind ausführlich beigegeben.
Versuche, eine gegenseitige Beeinflussung der beiden Bakterien
in Kreuzstrich oder auf dünnen Agarmembranen experimentell dar-
zuthun, führten trotz vieler Bemühungen zu keinem eindeutigen Er-
gebnis. O. Voges (Berlin).
Apolant, Eduard, Ueber das gleichzeitige Vorkommen
von Angina und Perityphlitis. (Therap. Monatshefte.
1897. Heft 2.)
Es ist bekannt, daß oft sichere Fälle von Perityphlitis Vorkommen,
bei denen eine Erklärung für die Entstehung der Krankheit nicht zu
finden ist. Das zufällige Beobachten eines Falles von Perityphlitis,
bei dem gleichzeitig Angina follicularis bestand, veranlaßt A., in jedem
Falle von Perityphlitis auch den Hals zu untersuchen, auch wenn
keine Beschwerden in dieser Beziehung vorhanden sind, dabei fand
er mehrmals das Zusammentreffen beider Krankheiten, so daß er es
als möglich hinstellt, das die Angina bisweilen den Eingangsort der
Infektion darstellt und die Entzündungserreger sich dann da an-
siedeln, wo schon ein Reiz vorhanden ist, wie vielleicht bei Perityph-
litis ein solcher durch eine vorangegangene Kotstauung hervorge-
rufen wird. Hugo Laser (Königsberg i. Pr.).
Heunler, Bronchopneumonies infantiles dues aubacille
de Pfeiffer. (La Semaine mödicale. 1897. p. 38.)
M. giebt Bericht über die bakteriologische Untersuchung von
10 Fällen von Bronchopneumonie bei Kindern. Als Erreger fand sich
in allen Fällen der von Pfeiffer im Jahre 1892 beschriebene
Influenzabacillus, welcher teils aus der Lunge, teils aus dem
Venenblut isoliert wurde. Die genaue Bestimmung des Bacillus ist
dadurch leicht, daß er nur auf Blutnährböden fortkommt.
Sechs Fälle, welche frisch zur Beobachtung gelangten, schlossen
sich deutlich an eine herrschende Influenzaepidemie an.
Befallen wurden Kinder im Alter von 1 — 3 Jahren, teils primär,
teils nach einer Angina, teils bei Gelegenheit der Masern. Die Unter-
suchung stellte fest, daß der Bacillus Pfeiffer immer der pri-
märe Infektionserreger der Bronchopneumonie war.
Ahlefelder (Charlotten bürg).
690
Pneumokokken. — Pleuritis. — Tuberkulose.
Marcantonio, A., Contributo alle lesioni extrapolmonali
dello pneumococco. (La Rif. med. 1896. No. 4.)
M. schildert folgenden klinischen Fall:
Ein 71-jähriger Mann erlitt vor Jahren durch Sturz eine heftige
Contusion der rechten Schulter, welche ihm noch lange nachher bei
bestimmten Bewegungen Schmerzen verursachte. Einige Jahre darauf
Erkrankung an kroupöser Pneumonie, Dach Ablauf derselben Hinzutritt
einer enormen eiterigen Entzündung des rechten Schultergelenks, Tod.
Im Eiter Pneumokokken iD Reinkultur.
Der Fall dürfte darauf hinweisen, daß der Pneumococcus sich
während einer durch ihn verursachten Infektion mit Vorliebe in trau-
matisch prädisponierten Organen ansiedelt, was übrigens schon Z a b b i
experimentell nachwies, indem es ihm gelang, Pneumokokken- Arthritiden
auf die Weise zu erzeugen, daß er nach vorheriger Reizung von Ge-
lenkhöhlen die Versuchstiere mit Pneumokokken infizierte.
Kamen (Czernowitz).
SIredey, Pleurösie purulente due au Bacille de Fried-
länder. (La Semaine mödicale. 1897. p. 68.) '
S. berichtet über eine Beobachtung, wo er bei einom Kranken,
der an einer Pleuritis purulenta infolge einer gangränösen rechts-
seitigen Pneumonie zu Grunde gegangen war, in dem Auswurf sowohl,
wie in dem durch Punktion gewonnenen Eiter den Friedländer-
schen Bacillus nacbgewiesen hat, nicht aber der Koch 'sehe Ba-
cillus noch der Pneumococcus vorhanden war.
Ahlefelder (Charlottenburg).
May, Ferdinand, Zur Tuberkulosestatistik in Bayern.
[Vortrag, gehalten in der Sitzung des ärztlichen Vereins München
am 3. Februar 1897.] (Münch, med. Wocbenschr. 1897. No. 10.
p. 254.)
Der Vortragende bat es unternommen, an der Hand des vom
Kgl. bayr. Staatsministerium herausgegebenen Generalberichtes über
die Sanitätsverwaltung im Königreich Bayern, eine besondere Tuber-
kulosestatistik für dieses Land anzufertigen. Er wurde dazu angeregt
durch Mitteilungen, welche der Direktor des Kaiserlichen Gesundheits-
amts, Wirklicher Geheimer Oberregierungsrat Dr. Köhler auf der
Versammlung des Vereins für öffentliche Gesundheitspflege in Stuttgart
im Herbst 1895 gelegentlich der Diskussion über Voiksheilstätten für
Lungenkranke gemacht hatte. Nach diesen Mitteilungen treffen in
Deutschland bei einer Zusammenstellung ohne Altersunterschied un-
gefähr 10 Proz. aller Todesfälle auf Tuberkulose. Dagegen stirbt von
den im erwerbstätigen Alter von 16 — 60 Jahren sterbenden Personen
etwa der dritte Teil an dieser Krankheit. Aus der Zusammenstellung
des Vortragenden selbst ist zu ersehen, daß von 706346 io den Jahren
1889 — 1893 überhaupt in Bayern Gestorbenen 90055 = 11,84 Proz.
der Tuberkulose zum Opfer fielen. Dieses Verhältnis schwankt io
den einzelnen Jahren nur um ein geringes zwischen 11,19 Proz. beim
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Tuberkelbacillen.
691
■weiblichen Geschlecbte im Jahre 1893 und 12,59 Proz. beim männ-
lichen Geschlecht im Jahre 1890. In den Jahren 1889—93 gingen
in Oberbayern allein 17881 Menschen an Tuberkulose zu Grunde
Ferner demonstriert der Vortragende an einer Kuryentafel wie, im
Vergleich mit den Übrigen Todesursachen, die Linie der Tuberkulose
die aller übrigen Todesursachen um ein Bedeutendes überragt. Eine
Zusammenstellung der Todesfälle von Infektionskrankheiten zeigt, daß
die Sterblichkeit an Tuberkulose (auf 100000 Personen 309,75) sehr
viel größer ist, als die Summe der Todesfälle an allen übrigen In-
fektionskrankheiten (auf 100000 Personen 191,6).
Berücksichtigt man das erwerbsfähige Alter, so haben von 168 615
in Bayern in diesem Alter während der 5 Jahre Gestorbenen 62642,
also 37,15 Proz., die Tuberkulose als Ursache. Von den 90055 in
derselben Zeit an Tuberkulose Gestorbenen standen 62 642 = 69,54 Proz.
im Alter von 16 — 60 Jahren. Mithin sterben rund 70Proz.
aller Schwindsüchtigen im Alter der eigentlichen Er-
werbsfähigkeit.
Zum Schluß weist der Vortragende an der Hand des letzten
Berichtes der hanseatischen Versicherungsanstalt auf den großen Wert
der Volksheilstätten hin. Bei den im Jahre 1895 aus der Heilbe-
handlung Entlassenen 404 Personen war der Erfolg des Heilverfahrens:
1) Ein sehr guter, d. h. ein solcher, daß Spuren der Erkrankung
Dicht mehr wabrzunehmen sind, bei 9,15 Proz.
2) Ein guter, d. h. ein solcher, bei dem zwar noch Spuren der
Krankheit wahrnehmbar, diese aber so gering sind, daß der Betreffende
sich wieder im vollen Besitze der Erwerbsfähigkeit befindet und bei
angemessener Lebensführung und Beschäftigungsweise dieser Erfolg
lange Dauer verspricht, bei 28,7 Proz.
3) Ein nicht vollkommener, doch aber ein solcher, daß der Be-
treffende wieder erwerbsfähig ist, bei 34,8 Proz.
Es haben mithin durch den Aufenthalt in der Anstalt 72 Proz.
ihre Erwerbsfäbigkeit wieder erlangt. Deeleman (Berlin).
Henke, F., Beitrag zur Frage der intrauterinen Infek-
tion der Frucht mit Tuberkelbacillen. (Arbeiten aus
dem pathologisch-anatomischen Institute zu Tübingen, heraus-
gegeben von Baumgarten. Bd. II. 1896. Heft 2. p. 268.)
Die Sektion eines 4 Tage post partum gestorbenen ausgetragenen
Kindes einer tuberkulösen Mutter ergab eine doppelseitige Pneumonie
mit frischer fibrinöser Pleuritis (in den Fibrinbelägen zahlreiche
F r a e n k e 1 'sehe Pneumokokken). Nirgends ließen sich makroskopische
Knötchen nachweisen. H. verimpfte ein etwa erbsengroßes Stück
einer makroskopisch unverdächtigen Bronchi&ldrüse vom Lungenhilus
einem Meerschweinchen unter die Bauchhaut. Nach 37 Tagen wurde
das Tier getötet. Schon äußerlich waren die stark vergrößerten
Inguinaldrüsen zu fühlen, an der Impfstelle fand sich ein kleines
Geschwür mit harten Bändern und käsigem Grund. Die Sektion
ergab außer 3 kleinen Käseberden in den Bauchdecken in der Nähe
des Geschwürs mit zahlreichen Tuberkelbacillen central verkäste
41 *
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692
Pseudolupus vulgaris.
Inguinaldrüsen. Die Serosa des Peritoneums zeigte nur vereinzelte
Knötchen, das Netz war stark verdickt und von Tuberkeln durchsetzt
Auch die Milz enthielt Knötchen mit Tuberkelbacillen. In der Leber
sind Knötchen mit Sicherheit nicht nachzuweisen, Lungen und Nieren
sind frei. Die periportalen und sternalen Lymphdrüsen sind ge-
schwollen und enthalten reichliche Tuberkel mit Bacillen. Das Meer-
schweinchen zeigte also das typische Bild der Impftuberkulose; eine
accidentelle Infektion der Impfwunde hält H. für unwahrscheinlich,
eine spontale Tuberkulose des Tieres nach dem geschilderten Sektions-
befund für ausgeschlossen.
Von der verimpften Bronchialdrüse konnten keine histologischen
Schnitte angefertigt werden, eine weitere kleine Bronchialdrüse hin-
gegen, in Serienschnitte zerlegt, zeigte weder Tuberkel noch Tuberkel-
bacillen, auch der mikroskopische Lungenbefund war negativ.
Nach dem Ausfall des Impfversuchs, der leider nur an einem
Meerschweinchen angestellt ist, scheint es dem Verf. wahrscheinlich,
daß in den Bronchialdrüsen des 4 Tage alt gewordenen Kindes
lebende Tuberkelbacillen sich befunden haben, und daß die Tuberkel-
bacilleu durch kongenitale Uebertragung in den kindlichen Körper
gelangt sind. Besondere Bedeutung verdient obige Beobachtung nach
H.’s Ansicht deshalb, weil es ihm gelungen ist, in einem Falle von
chronischer Tuberkulose der Mutter mit großer Wahrscheinlichkeit
den Nachweis des Debergangs der Tuberkelbacillen auf das Kind zu
erbringen und die Anwesenheit desselben in den Bronchialdrüsen,
dem Prädilektionssitz der latenten Tuberkulose auch im Kindesalter,
festzustelleo. Die bisher beobachteten Fälle kongenitaler Tuberkulose
waren fast alle solche, wo es sich um Miliartuberkulose der
Mutter oder seltener um tuberkulöse Endometritis handelte. Trotz
dieser vereinzelten und jedenfalls nicht ganz sichergestellten Be-
obachtung giebt H., ein Anhänger der Baumgarten 'sehen Hereditäts-
lehre, der Vermutung Raum, daß bei ausgedehnten Untersuchungen,
auch in Fällen chronischer Tuberkulose, „die Fälle kongenitaler Ueber-
tragung der Tuberkelbacillen nicht mehr bloß als pathologisch-ana-
tomische Curiosa anzusehen wären, sondern als Beispiele des häufigsten
Modus der Erwerbung der Tuberkulose beim Menschen“. Es würde
dann nach seiner Ansicht zu der von Honl (Ref. Centralbl. Bd. XVUL
p. 721) vorgeschlagenen Aeuderung des Eberth’schen Satzes: „Der
Mensch erbt die Tuberkulose nicht, er erwirbt sie nur“ in: „Der
Mensch erwirbt zwar die Tuberkulose, aber er erbt sie auch“ der
Zusatz erlaubt seiu: und zwar ist das Letztere das Gewöhnliche.
W. Kempner (Berlin).
GUehrlst, T. C. and Stokes, William Royal, The presence of
an Ol'dium in the tissues of a case of pseudo-lupus
vulgaris. (Bulletin of the Johns Hopkins Hospital. Vol. VII.
No. 64.)
Verfl. berichten über eine Hautkrankheit, als deren Erreger sie
ein Oldium ansehen. Patient, 33 Jahre alt, hatte seit 11 Jahren
einen Ausschlag, der am linken Ohre begann und anfangs ganz un-
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Pseudolupus vulgaris.
693
bedeutend war. Der Ausschlag verbreitete sich langsam, indem die
vorher befallenen Stellen heil wurden. Nach 5 Jahren erreichte der
Ausschlag die Wange und setzte sich von dort aus langsam auf die
Augenlider und die Nase fort. Dann begann er immer schneller und
weiter über den Körper sich zu verbreiten, ohne dem Patienten
übrigens besondere Schmerzen zu verursachen.
Bei der näheren Untersuchung und Behandlung des Patienten
ergab sich, daß es weder Tuberculose noch Lupus vulgaris sein konnte.
Schnitte durch die befallenen Hautteile zeigten eine Hypertrophie
der Epidermis, in welcher zahlreiche scharf begrenzte Abscesse zer-
streut waren. In einigen Schnitten waren in den tiefer liegenden
Teilen des Coriums tuberkelähnliche Knoten sichtbar. In den Ab-
scessen befanden sich sehr zahlreiche runde und ovale Zellen, die
10 — 20 fi im Durchmesser hatten. * Viele dieser Zellen trieben
Knospen, batten eine doppelt konturierte Membran und zeigten zu-
weilen Vakuolen im Innern der Zelle. Meistens lagen diese Zellen
einzeln, zuweilen aber auch in Gruppen. Der Inhalt der Zellen be-
stand aus granuliertem Protoplasma, das sich leicht färben ließ. In
den zahlreichen Schnitten wurden nur sehr wenig Riesenzellen ge-
funden, in welchen hie und da die betreffenden Oldien eingeschlossen
waren.
Mehrere Kulturen wurden vom Eiter und von den inneren Teilen
der Haut angelegt. Das Old i um zeigte in den Kulturen dasselbe
Bild wie in den Schnitten, nur waren zuweilen kurze Mycelien an
den Hefezellen sichtbar. In den Kulturen wurden ferner Oxalat-
krystalle gebildet. Das Ol di um wuchs am besten auf Glyceriuagar
und Kartoffel. Nach 7 Tagen erschienen auf der Oberfläche dieser
Nährböden zahlreiche graue Kolonieen, die später weißlich und ge-
körnt wurden. Charakteristisch war auch die Bildung einer Membran,
die die ganze Oberfläche des Nährbodens überzog. Die Kulturen
gediehen auch auf Gelatine, Würzegelatine, Agar, Bierwürzeagar, in
flüssiger Bierwürze etc. Gelatine wurde nicht verflüssigt und nicht
Gas wurde entwickelt.
Tierexperimente, direkt mit der zu untersuchenden Haut an-
gestellt, ergaben negative Resultate. Mit Reinkulturen des betreffen-
den Organismus wurde ein Hund in die Vene geimpft und nach
2 Monaten getötet. Die Obduktion ergab zahlreiche erbsengroße,
hellgelbe Knoten auf der ganzen Bauchwand. Dieselben Knötchen
setzten sich bis auf die Lunge fort Sie waren regelmäßig, rund
und hoben sich deutlich von dem normalen Lungengewebe ab.
Sehnitte durch die Lunge zeigten zahlreiche Knötchen und keine
Kavernen oder käsige Zonen. Die Bronchialdrüsen waren vergrößert,
ln Ausstrichpräparaten und in den Schnitten konnteu Verff. zahl-
reiche Oldienzellen nachweisen, die sich im Körper des Hundes also
bedeutend vermehrt haben. Aus den Organen des betreffenden
Hundes wurden Reinkulturen des Oldiums gewonnen. Ein Lungen-
kuötchen wurde einem Meerschweinchen in die Bauchhöhle gebracht.
Es entwickelte sich an der Infektionsstelle etwa nach 1 Monat ein
Absceß; der Eiter enthielt zahlreiche Oldienzelleu. Eine Reinkultur
094 Osteomyelitis. — Lepra.
wurde ferner subkutan am Halse einem Pferde injiziert und ver-
ursachte auch hier einen großen Absceß; aus dem Eiter wurden dann
wieder Reinkulturen gewonnen.
Die ausführlichen Resultate der Tierexperimente werden Verff.
in der weiteren Publikation erörtern, die vorläufige Mitteilung muß
sich auf das Wenige beschränken.
Lydia Rabinowitsch (Philadelphia).
Lexer, E., Experimente über Osteomyelitis. [Aus der
Chirurg. Klinik des Prof, von Berg mann- Berlin.] (Archiv für
klinische Chirurgie. Bd. L1II. Heft 2.)
Der schon durch mehrere Arbeiten auf dem Gebiete der experi-
mentellen Osteomyelitis bekannte Autor berichtet über Versuche mit
abgeschwächten Kulturen von Staphylokokken und Streptokokken
an jungen Kaninchen. Spritzt man solchen Tieren kleine Mengen
solcher wenig virulenten Kulturen in die Ohrvene, so stellen sich bei
den jungen Kaninchen, welche nicht einer akuten Septikämie er-
liegen, — und es ist das die Mehrzahl, — chronische Veränderungen
an den Knochen ein, die eine weitgehende Aehnlichkeit mit gewissen
Osteomyelitisformen beim Menschen bieten. Wohlgelungene Zeich-
nungen des Verf.’s geben ein Bild dieser Veränderungen, welche uns
Knochenauftreibungen, Sequesterbildung und Eiteransammlung in den
pathologischen Hohlräumen vor Augen führen. Die an den Knochen
durch die injizierten Bakterien, welche mikroskopisch oder kulturell
stets wieder in den Krankheitsherden nacbgewiesen wurden, hervor-
gerufenen Zerstörungen waren nach Ausweis der Zeichnungen oft
sehr hochgradige. Auch in den Gelenken zeigen sich häufig chronische
Eiterungen.
Da an den erkrankten Knochen keine Dispositionsmomente, etwa
durch Bruch oder Schlag etc., geschaffen wurden, so sind Lexer's
Untersuchungen eine weitere Stütze für die klinische Auffassung von
der Entstehung von ähnlichen chronischen Krankheitsprozessen beim
Menschen, und dürfte aus diesem Grunde allgemeine Beachtung bieten.
W. Kolle (Berlin).
Sack, Arnold, Was ist Zaraath (Lepra) der hebräischen
B ibel? (Arch. f. pathol. Anatomie u. Physiologie u. f. klin. Medziin.
Bd. CXLIV. Supplementheft. p. 201 ff.)
Bisher nahm man an, daß die Zaraath der Alten identisch sei
mit der Lepra. Diese durch Jahrhunderte sich hinziehende An-
schauung der Gelehrten wird vom Verf. einer erneuten Prüfung und
Kritik unterzogen, und glaubt derselbe den Beweis geliefert zu haben,
daß diese Krankheit nicht identisch mit der Lepra oder Elephan-
tiasis graecorum sei, sondern daß man darunter eine Trichophytie
und zwar den Herpes tonsurans verstehen müsse.
Da muß man staunen, daß gegenüber einer solchen Krankheit
solch drakonische Mittel angewandt wurden.
O. Voges (Berlin.
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Lepra. — Infektion n. Zahnoperation. — Rauschbrand. 695
Kllngmüller und Weber, Untersuchungen über Lepra. [Aus
der medizinischen Universitätsklinik in Halle a. S.) (Dtsch. tned.
Wochenschr. 1897. No. 8.)
Um die Frage, ob und ev. auf welchen Wegen die spezifischen
Leprabacillen den Körper des Kranken verlassen, zu prüfen, unter-
suchten die Verff. bei einem Falle von Lepra mit makulösem Exan-
them und anästhetischen Störungen alle Se- und Exkrete, Blut, Haare,
Haut chuppen. Haut und den Inhalt künstlich erzeugter Blasen. In
dem sowohl alten anästhetischen als frischen Flecken entnommenen
Blute wurden nach Verbesserung der Untersuchungsmethode in jedem
Präparate Bacillen , meist außerhalb der Zellen liegend , gefunden,
ebenso gelang der Nachweis, allerdings unter großen Schwierigkeiten,
in dem Inhalt von durch Vesikantien oder den Thermokauter künstlich
erzeugten Blasen, ferner in Hautschuppen, welche von den Flecken
unter Vermeidung jeder Blutung oder reaktiven Rötung oberflächlich
abgekratzt wurden. An mit Hämatoxylin gefärbten Schnitten von
der erkrankten Huut des Oberarms waren die Hornschicht und die
M a Ipigh i’scbe Schicht atrophisch, die Papillen abgeöacht. Die
Lederhaut war mäßig infiltrirt ; die Infiltrationen lagen meist in dem
nur noch in Resten vorhandenen Fettgewebe und rückten dicht bis
an die Haarbalgschciden heran; sie bestanden aus kleinen, stark
gefärbten Ivuiphoiden und größeren, weniger stark gefärbten längs-
ovalen Zellen. Typische Riesenzelleu wurden nicht bemerkt. Bei
Färbung auf Bacillen waren die infiltrierten Stellen von solchen dicht
durchsetzt, die Stäbchen lagen meist in Gruppen oder Garben, ge-
wöhnlich parallel nebeneinander, in der Regel innerhalb der Zellen;
weniger zahlreich waren die Bacillen im Stratum papillare zu be-
merken; auch in der äußeren Haarwurzelscheide und sogar in der
Epidermis, hier allerdings niemals gruppenweise, sondern stets einzeln
gelagert, waren die Leprakeime vorhanden. Endlich gelang auch der
Nachweis im Schweiße. Die Befunde wurden von C. Fraenkel be-
stätigt. Kühler (Berlin).
Apolant, Eduard, Ueber Infektion einer Zahnoperations-
wunde. (Therap. Monatshefte 1897. Heft 2.)
A. veröffentlicht einen Fall einer Infektion einer Zahnoperations-
wunde, der an und für sich nichts besonderes an sich bat, indes
nur zeigt, daß von jedem Punkte des Körpers aus, an welchem eine
Wunde ist, eine Infektion stattfinden kann. Es wurde eine Extrak-
tion wegen Wurzelhautentzündung ausgefübrt; am nächsten Tage trat
Thrombose der Vena saphena dextra und dann auch sinistra auf.
A. nimmt an, daß bei der Extraktion infektiöse Stoffe in den
Kreislauf gekommen sind und den Prozeß hervorgerufen haben.
Hugo Laser (Königsberg i. Pr.).
Hauch, Rauschbrand bei Schafen. (Wochenschr. f. Tierheil-
kunde. 1897. No. 2.)
Verf. beobachtete 1895 eine Rauschbrandepidemie bei Schafen,
der 30 Stück zum Opfer fielen. Die Tiere zeigten die Erscheinungen,
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696
Botryomykose. — Xeros«.
wie sie auch das Rind hat, und waren meist weniger als 24 Stunden
krank. Von den Schafen fand Cebertragung auf Rinder statt.
0. Voges (Berlin).
Fröhner, Generalisierte Botryomykose beim Pferde mit
Lungenmetastasen. Jodbehandlung. (Monatshefte für
Tierheilkunde. Bd. VIII. No. 4.) ;
Zwecks Prüfung der Einwirkung des Jodkaliums auf Botryo-
myces wurde ein Pferd behandelt, welches an Botryomykose der
Samenstränge, der Haut, der Lymphdrüsen und Bauchmuskeln er-
krankt war. In etwa 4 Monaten erhielt das Tier im ganzen 325 g
Jodkalium, nach einer längeren Pause in 1 1 / 4 Monat 210 g jodsaures
Natrium intratracheal. Nach der Einspritzung entstand regelmäßig
Husten. Das Tier wurde sehr ungeduldig bei den Impfungen und
mußte wegen eines Unfalls getötet werden.
Bei der Obduktion fand F., wie er erwartet hatte, generalisierte
Botryomykose mit Metastasen in den Lungen und mykotische Peri-
carditis. Die Bauchdecken enthielten mehrere Höhlen mit erweichtem
Inhalte. Die Bauchorgane waren normal. In Pleura und Lungen
erbsen- bis wallnußgroße derbe Knoten. Botryomyces konnte in
allen Veränderungen mit Sicherheit festgestellt werden.
Da die Herde zum Teil ganz frisch waren, war die Annahme
gerechtfertigt, daß in diesem Fall die Jodtherapie bisher erfolglos
gewesen war. O. Voges (Berlin).
Peters, Ueber das Verhältnis der Xerosebacillen zu
den Diphtheriebacillen, nebst Bemerkungen über
die Conjunctivitis crouposa. (Dtsch. med. Wochenschr.
1897. No. 9.)
Der Aufsatz stimmt mit den unter gleichem Titel in den Sitzungs-
berichten der uiederrbeinischen Gesellschaft für Natur- und Heil-
kunde zu Bonn abgedruckten und in Band XX. p. 595 dieser Zeit-
schrift referierten Vortrag des Verf.’s wörtlich überein.
Kübler (Berlin).
Schimmelpfeimig, IV, Ueber eineu Fall von infantiler
ConjunctivalxerosemitKeratomalacie. (v. Graefe’s Arch.
f. Ophthalmologie. Bd. XLI1I. p. 41 — 55.)
Bei einem Kind, das an Brechdurchfall gelitten und dadurch in
seiner Ernährung stark heruntergekommen war, bestand am rechten
Auge neben Conjunctivalxerose ein bereits perforiertes Hornhautge-
schwür, auf dem linken nur eine ausgesprochene Xerosis der Con-
juuetiva im Lidspaltenbezirk, während die Hornhaut bis auf eine zarte
Trübung in der unteren Hälfte unversehrt war. Das Kind starb bald
an einer hinzugetretenen Pneumonie. Aus dem anatomischen Befund
ist hervorzuheben: am Bindehautepithel starke Verdickung, Nekrose
und Verfettung der obersten Schichten, Verbreitung und zapfenförmige
Wucherung der tiefsten Schicht; am Hornhautepithel nahe am Limbus
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Tierische Parasiteu.
697
eiDe Strecke weit deutliche Nekrose io seiner oberflächlichsten und
tiefsten Schicht, während eine intermediäre Zone noch Zellen mit färb-
barem Kern enthielt; außerdem an dem mit perforiertem Ulcus be-
hafteten Auge Veränderungen, wie sie bei schweren septischen pro-
gressiven Geschwüren von Lebe rund vonUhthoff und Axenfeld
beschrieben sind. Die mikroskopische Untersuchung auf Mikroorga-
nismen ergab große Massen von Kokken, während Stäbchen an Zahl
ganz, zurücktraten. Es sind deshalb wohl die Kokken mit der Ne-
krose in ursächlichen Zusammenhang zu bringen. Da die Mikroorga-
nismen nirgends in Gefäßen nachweisbar und die Hauptveränderungen
oberflächliche waren, so darf mit Sicherheit geschlossen werden, daß
die Infektion eine ektogene war, wobei die schwere Allgemeinerkrankung
den Kokken den Boden vorbereitet hatte. — Kultur- und Irapfver-
suche wurden nicht angestellt. Schlaefke (Cassel).
iJalli-Valerio, B., Note parassitologiche. (Moderno Zooiatro.
1897.)
Verf. hat einige parasitologische Untersuchungen, besonders die
geographische Verteilung einiger Arten in Italien betreffend, zusammen-
gestellt. Die Arbeit hat also nur ein örtliches Interesse. Zu be-
merken sind:
1) Actinomyces lacertae Terni. Auch vom Verf. in Knötchen
der Leber von Lacerta agilis untersucht;
Sä) Cysticercus fasciolaris Rud. Im Darme von Accipiter
nisus oder Falco tinnunculus;
3) Bothriocephalus n. sp.? Im Darme von Squalius cave-
danus;
4) Heterakis papillosa Bloch. Im Darme von Phasianus
versicolor und Ph. cholchicus x Lady Amersth.;
ö) Trichocephalus nodosus Rud. Im Darme von Mus mus-
culus. Neu für Italien;
6) Trichosoma longicolle Rud. In der Schleimhaut der
Ingluvies von Phasianus versicolor, Ph. argentatus,
Ph. cholchicus x Lady Amersth.;
7) Filaria labiato papillosa, Aless. (?). Larven in Gefäßen
der Zunge von einem Ochsen ;
8) Sarcoptes mutans Kob. et Lanq. Im Phasianus ver-
sicolor. B. Galli-Valerio (Mailand).
Plntner, Th., Studien über Tetrarhynchen nebst Be-
obachtungen an anderen Bandwürmern. II. Mitteilung.
(Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wiss. Wien. Abt. I. Bd. CV. 1896.)
Die Arbeit bringt die Beschreibung einer Tetrarhynchenlarve aus
dem Magen von Heptanchus nebst Bemerkungen über das Exkre-
tionssystem verschiedener Ceatoden.
Die Beschreibung der Larve ist insofern von hohem Interesse,
als der Verf. darin ein bis jetzt unendecktes Kanalsystem schildert,
dessen Bedeutung zur Zeit noch vollständig unbekannt ist. Ueber
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698
UntersacbungsmethodeD Instrumente etc.
den beiden Exkretionsgefäßen der Tetrarhynchenlarve nämlich be-
merkte der Verf. einen äußerst zartwandigen Kanal, der vom hinteren
nach dem vorderen Körperende verläuft, hier einen weiten Bogen be-
schreibt und ähnlich wie die Exkretionsstämme nach der Receptaculum-
wand umbiegt. Dieser Kanal ist nicht geschlängelt, noch parallel-
wandig, wie die Exkretionsgefäße. Vielfach entsendet er kleine blind-
endigende oder wieder in ihn zurücklaufende Seitenkaoäle. Von den
unregelmäßig gebauten Wandungen springen plasmatische Platten und
Leisten in das Lumen ein und teilen dasselbe in viele einzelne
maschige Hohlräume. Im Skolex ordnen sich die Wandzellen in etn
plasmareiches Epithel an. Hier teilt sich auch der Hauptkanal in
zwei Aeste.
Das ganze rätselhafte Organ könnte man eher als einen Strang
weniger zarten Parenchyms auflassen, der in seinem Gesamtverlaufe
den Ausdruck eines allseitig abgegrenzten Kanales darbietet
Aus den Bemerkungen über das Exkretionssystem anderer Cestoden
sei noch hervorgehoben, daß das Wassergefäßsystem der Finnen von
Taenia solium und saginata aus zwei übereinanderliegenden
Kanalwerken besteht, die sich durch charakteristische Merkmale leicht
voneinander unterscheiden. Das innere ist stets dichotom verästelt;
seine Kanäle endigen nie blind und sind meist parallelwandig. Das
oberflächliche Gefäßsystem dagegen löst sich in ein lakunäres Netz
auf, dessen Kanäle unregelmäßige Lumenweite haben und vielfach
blind endigen.
Der Charakter der exkretorischen Gefäße, speziell der Haupt-
stämme, der Cestoden besteht im vollkommenen Fehlen dendritischer
Verzweigungen, in strenger Dichotomie bei Teilungen, parallelen
Wandungen und epithelartiger Anlagerung der Zellen von der Paren-
chymscite an die glashelle Cuticula.
Zum Schluß hat der Verf. noch r.achgewiesen, daß die Ausfuhr-
röhrchen der Flimmerzellen nicht als Spalten im Parenchym, sondern
als Teile der Trichterzellen selbst angesehen werden müssen.
E. Riggenbach (Basel).
Untersuchungsmethoden, Instrumente etc.
Uhlenhnth, Beitrag zur Serumdiagnose bei Typhus abdo-
minalis. (Deutsche militärärztliche Zeitschrift. 1897. (Heft 3.)
Die Nachprüfung der W i d a 1 ’scben Reaktion wurde auf folgende
Weise angestellt: Nach Anlegung eines kleinen Längsschnittes an einer
Fingerkuppe wurden etwa 5 ccm Blut in einem sterilen Reagensglas
aufgefangen. Nachdem die so gewonnene Blutmenge etwa l 1 /, St
bei Zimmertemperatur gestanden hatte, wurden daraus etwa 2 ccm
Serum gewonnen. Die Reaktion wurde angestellt 1) im hängenden
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Unteriucbungsmethoden, Instrumente etc.
69 »
Ttopfen, 2) durch Zusatz von Serum zur fertigen Bouillonkultur 3}
durch gleichzeitigen Zusatz von Typhus Typhusbakterien zu steriler
Bouillon. Als einfache und zugleich sicherste Methode ergab sich
die Untersuchung im hängenden Tropfen, ln 15 Fällen wurde die
Reaktion positiv gefunden. Von den betreffenden Patienten stand
einer am 5. Krankheitstage des Typhus; einer war in der 3. Woche,
je einer am Anfang der 4. bezw. 5. Woche; ja einer stand am Ende
der 3. bezw. am Anfang der 4. Woche der Rekonvalescenz; je zwei
waren in der 6. bezw. 7. Woche und einer in der 9. Woche nach der
Genesung. Einer befand sich sogar im 8. Jahr nach der Genesung.
(Nach 7 Jahren haben bisher nur Widal und Sicard die Agglutina-
tion noch feststellen können). Dagegen hei die Reaktion in einem Falle
3 Jahre nach der Erkrankung und in einem Falle 11 Jahre nach der-
selben negativ aus. Bei 16 Kontrollfälien, bei denen eine frühere typhöse
Erkrankung auszuschließen war, fiel die Reaktion durchweg negativ
aus. Es waren dies je ein Fall von akutem Gelenkrheumatismus,
kroupöser Pneumonie, Diphtherie, Phthisis pulmonum, Furunkulose,
acuter Bronchitis, Pleuritis und Erisypel, sowie je 3 Fälle von Laryn-
gitis acuta und Masern. Außerdem wurde dazu das Serum von 2
vollständig Gesunden verwandt. De e lern an (Berlin).
Werneek de Aquilar, Ueber Fibrinbildung bei den ver-
schiedenen an atomi sehen Produkten der Tuberkulose.
(Arbeiten aus dem pathologisch-anatomischen Institut zu Tübingen,
hrsg. von Baum garten. Bd. II. 1896. Heft 2. p. 245.)
Zweck der vorliegenden Arbeit war es, an der Hand von ein-
schlägigen, der menschlichen Lunge entlehnten Präparaten gegenüber
der Ort h’schen Dualitätslehre den von Baumgarten vertretenen
Grundsatz der Unitätslehre näher zu prüfen, daß alle tuberkulösen
Gewebsprodukte die Kombination eines proliferativen und exsudativen
Vorganges sind, der lediglich in den Mengenverhältnissen dieser beiden
Faktoren allerlei Schwankungen zulasse. An erster Stelle wurden
mehr oder weniger reine Miliartuberkel, disseminierte sowohl als kon-
fiuierende untersucht und hierbei neben der natürlich vorherrschenden
Proliferation seitens der fixen Gewebselemente auch das diesem unter-
geordnete Moment der entzündlichen Exsudation mit aller Deutlich-
keit nachgewiesen. Der Nachweis der fibrinösen Exsudatiou wurde
durch die Weigert 'sehe Fibrinfärbung erbracht, die Präparate
wurden mit Boraxkarmin vorgefärbt Zur Vergleichung mit den Pro-
liferationstuberkeln wurden auch rein exsudative Prozesse, wie die
der sog. käsigen Pneumonie, mit herangezogen. Angesichts der dar-
gelegten anatomisch-histologischen Thatsachen ist der Grundsatz von
dein Bestehen nur quantitativer und gradueller Unterschiede als be-
rechtigt hinzustellen. Bei jedem durch den Tuberkelbacillus
ins Leben gerufenen Prozeß ist das proliferative Moment, das durch
die Einwirkung des Bacillus auf den Zellkörper ausgelöst wird, sowie
das exsudative beteiligt, welches durch die Einwirkung der Lebens-
thätigkeit der im Gewebe sich vermehrenden Bacillengruppen auf die
Gefäßwände hervorgerufen wird. Mengenverhältnisse und Virulenz
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700 Schutzimpfung, kttnstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmung etc.
der eingedrungenen Bacillen bedingen allerdings weitgehende Unter-
schiede. Gut gezeichnete Tafeln veranschaulichen die Untersuchungs-
befunde. W. Kempner (Berlin).
Honseil, Ueber Differentialfärbung zwischen Tuberkel-
bacillen und den Bacillen des Smegmas. (Arbeiten aus
dem pathologisch-anatomischen Institute zu Tübingen, heraus-
gegeben von Baumgarten. Bd. II. 1896. Heft 2. p. 317.)
Gegenüber den Angaben G r e t h e ’s (Centralbl. f. Bakt. Bd. XX.
p. 189), der zur sicheren Entfärbung der Smegmabacillen in Tuberkel-
bacillenpräparaten die Methoden von Weichsel bäum (Entfärbung
und zugleich Nachfärbung mit konz. alkohol. Methylenblau) oder von
Czaplewski (Entfärbung mit Fluorescinmethylenblau, Nachfärbung
mit konz. alkohol. Methylenblau) vorgeschiagen, empfiehlt H. an der
Hand eines konkreten Falles, in dem auch die beiden eben citierten
zu versagen schienen, als sicherste, wenn auch nicht neue Methode:
Karbolfuchsinfärbung in der gewöhnlichen Weise, Abspülen und Ab-
trocknen, Einlegen in Säurealkohol (Alkob. absol. 97,0 HCl 3,0) für
10 Min., Abspülen und Nachfärben mit halb mit Wasser verdünn-
tem alkoholischen Methylenblau. Verf. weist ferner darauf hin, daß
Smegmabacillen verschiedener Herkunft sich verschieden bezüglich
ihrer Widerstandsfähigkeit gegen Alkohol u. s. w. verhalten; die be-
schriebenen Resultate gelten nur für die resistentesten Formen.
W. Kempner (Berlin).
Schutzimpfung, künstliche Infektionskrankheiten, Entwick-
lungshemmung und Vernichtung der Bakterien etc.
Büchner, H., Die Bedeutung der aktiven löslichen Zell-
produkte für den Chemismus der Zelle. (Münchn. med.
Wochenschr. 1897. No. 12. p. 299.)
Ebenso wie der Morphologe die einzelnen Bestandteile der „Zelle“
als besonderes Objekt des Studiums betrachten muß, so muß auch
die physiologische Untersuchung der einzelnen Zellbestandteile all-
mählich gesondert in Angriff genommen werden. Diese Untersuchung
darf sich nicht nur auf die morphologisch als etwas Spezifisches sich
charakterisierenden Zellbestandteile erstrecken, sondern namentlich
auch auf die morphologisch nicht weiter differenzierbaren gelösten,
flüssigen Bestandteile des Zellinnern. Wie vor 100 Jahren
die Synthese der Zelle das Wichtigste war, so ist es jetzt die Analyse.
Eine sichere Methode, um in den Besitz unveränderter Zellsäfte
zu gelangen, fand nun Ed. Büchner im hygienischen Institut zu
München. Er gewann den Zellsaft von niederen Pilzen, insbesondere
Hefezellen, durch mechanische Zerreibung der letzteren, event. unter
ächutsimpfuug, künstl. Infektionskrankheiten, Entwicklungshemmung etc. 701
Beimengung von Sand. Dann wurden die zerriebenen Zellen bei einem
Druck von 400 — 500 Atmosphären ausgepreßt. Er gewann so bei
Bierhefezellen eine klare, häufig opalisierende, gelbe Flüssigkeit von
Hefegeruch und schwach alkalischer Reaktion, die über 10 Proz.
feste Bestandteile, worunter sehr reichlich Albumine, enthielt. Hier-
aufhin ließ Prof. H. Büchner durch Dr. M. Hahn auch Bakterien-
zellen, d. h. Massenkulturen von solchen, dem neuen Auspressungs-
verfahren unterwerfen. Es zeigte sich für Tuberkulose und Pyo-
cyaneusbacillen , sowie für Choleravibrionen, daß auch aus diesen
durch das genannte Verfahren klare, gelbliche Flüssigkeiten von
schwach alkalischer oder neutraler Reaktion erhalten werden können,
die beim Erhitzen Albumingerinnsel ausscheiden. Hiermit war das
Vorhandensein von echtem gerinnbaren Albumin in den Zellsäften
festgestellt. Ed. Büchner fand nun weiter, daß der absolut
klare, von lebenden Zellen freie Preßsaft alkoholische Gährung zu
bewirken vermag. Vergoren wurden durch ihn Rohrzucker, Trauben-
Frucht- und Malzzucker, dagegen nicht Milchzucker und Mannit, die
auch durch lebende Bierhefe nicht vergoren werden. Mithin ist nicht,
wie man bisher annahm, die lebende Hefezelle selbst, d. i. die or-
ganisierte Struktur derselben, als Träger und Erreger der Gärwirkuug
unentbehrlich, sondern die Gärwirkung geht aus von einer im plas-
matischen Zellsaft offenbar gelösten Substanz. Diese, vorläufig als
Zymase bezeichnete Substanz ist jedenfalls ein aktives, gelöstes Zell-
produkt von Eiweißnatur, wobei die Aktivität darin begründet ist,
daß die Substanz selbst bei bloßem Aufbewahren des Preßsaftes ohne
sinnfällige chemische oder physkalische Veränderungen in einen un-
wirksamen inaktiven Zustand übergeht. Nach den Untersuchungen,
welche ferner R. Rapp im selben Institut anstellte, erscheint es
wahrscheinlich, daß die Zymase von den lebenden Hefezellen ausge-
schieden wird und daß der Gärungsvorgang dann, wenigstens zum
großen Teil, unmittelbar außen an der Peripherie der Hefezelle erfolgt.
Mit Pasteur können wir zwei ganz verschiedene Kategorieen
von Lebensbedingungen für die fakultativ anäeroben Gärungserreger
unterscheiden: 1) Günstige Lebensbedingungen — Vollgenuß des
Sauerstoffs — Konzentrierung der gesamten Zellenergie auf rascheste
Neubildung lebender Substanz und schnellste Vermehrung und Zu-
rücktreten der Gärungsfunktion, Ausscheidung keiner nennenswerten
Mengen albuminhaltiger Zellsäfte. 2) Ungünstige Lebensbedingungen
— teilweiser oder gänzlicher Sauerstoffmangel u. s. w. — Aus-
scheidung von Bestandteilen des Zellinhaltes. Enthält dabei bei den
gärungsfähigen Saccharomycesarten die umgebende Flüssigkeit gärungs-
fähigen Zucker, so wird nun dieser durch Zymase vergoren und aus
der Spaltung des Zuckermoleküls resultiert ein Euergieüberschuß,
welcher Produkte der gärenden Zelle im Sinne einer erhöhten
Leistungsfähigkeit zu beeinflussen vermag. Zum Schluß weist Verf.
noch auf die Analogie seines Befundes bei Tetanus aus dem Jahre
1873 mit jenem der Zymase hin. Nach ersterem ist das Toxalbumin
des Tetanus nicht ein außerhalb der Bakterienzelle gebildetes-ß&rtrags-
produkt, sondern verflüssigte in bestimmter Weise modifiziert»/ pjäfs'C
matische Substanz des Tetanusbacillus. / \»ip//'
702 Schutzimpfung, kUnstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemroung etc.
Jüngst hat H. Kossel in Berlin den Beweis erbracht, daß in
übereinstimmender Weise auch das Diphtheriegift als ein Ausscheidungs-
produkt der Diphtberiebacillen zu betrachten ist.
Somit sind die spezifischen Toxine der Bakterien
nicht Gärprodukte, sondern selbst mit Gärkraft be-
gabte oder wenigstens aktive Produkte der spezi-
fischen Bakterienzelle. Deeleman (Berlin).
Telsier et Gulnard, Influence de la diäte et de l’inani-
tion sur les effets de certaines toxinesmicrobiennes.
(La Semaine mädicale. 1897. p. 67.)
T. u. G. haben durch eine größere Versuchsreihe festgestellt,
daß Tiere durch Aushungern und Nahrungsentziehung einen größeren
Widerstand gegen die Wirkungen der Bakterientoxine zeigen als
andere. Die Versuche wurden mit Pneumonie- und Diphtheriebacillen
an Hunden gemacht. Auch das Sektionsergebnis wies bei Hunden
ersterer Gattung weit leichter pathologisch - anatomische Veränderungen
nach, als bei gut genährten. Zeigten sich bei den vorbehandelten
Tieren die ersten durch die Gifte hervorgebrachten Funktionsstörungen,
so war von diesem Zeitpunkt an ein langsames Vorschreiten der
Krankheitserscheinungen nicht mehr zu konstatieren.
Ahlefelder (Charlottenburg).
Darbyshire, A case of tetanus treated with Tizzoni’s
antitoxin; recovery. (The Lancet. 1897. Febr. 6.)
Dieser im Krankenhause für Seeleute zu Greenwich zur Be-
obachtung gekommene Fall betraf einen 13-jahrigen Knaben, der sich
einen rostigen Nagel in den Fuß getreten hatte, 14 Tage darauf
merkte, daß er den Mund nicht recht aufmachen konnte und erst
5 Tage später ins Krankenhaus gebracht wurde, ohne Krämpfe ge-
habt zu haben. Fs war nur Steifigkeit in den Kinn- und Halsmuskeln
vorhanden. Die Wunde war teilweise vernarbt und reaktionslos. Es
wird 8-stündlich 0,70 Bromkalium und 0,35 Chloralhydrat verabreicht.
Da am 3. Tage leichte Krämpfe in den Armen auftreten, wird 1,35
Tizzoni’s Serum in die Bauchwaud eingespritzt, worauf die Krämpfe
häufiger und schwerer wurden. Unter 4-stündlichen Cbloralhydrat-
gaben (0,70) und nach 4-maliger Einspritung von je 0,35 Serum wird
allmählich Besserung erzielt und der Kranke nach 38 Tagen gesund
entlassen. Nach Verf.’s Ansicht ist die Heilung eher dem Chloral-
hydrat als dem Serum zuzuschreiben. Sentifion (Barcelona).
DobczynskI , Das Diphtherieheilserum in der klein-
städtischen und Landpraxis. (Dtsch. med. Wochenschr.
1897. No. 6.)
Abgesehen von 2 Fällen günstigen Aasgangs, in deren einem
die Diagnose auf Diphtherie zweifelhaft war und in deren anderem
eine ungenügende Menge Serum (250 I.E1) angewendet wurde, und
außer einem Todesfälle, in welchem auf Andringen der Angehörigen
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Schateimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Eotwickelang>hemmung etc. 703
«och in letzter Stunde bei dem bereits sterbenden Kinde eine Serum-
-einapritzung gemacht wurde, hat Verf. 11 diphtheriekranke Kinder
mit Heilserum behandelt. Ein schwerer Fall, in welchem bereits bei
Beginn der Behandlung die Erscheinungen der Sepsis bestanden,
endete tödlich, die übrigen nahmen einen günstigen Ausgang.
19 Kinder wurden immunisiert, davon soll 1 nach Angabe der Mutter
'wenige Tage nach der Einspritzung eine leichte Diphtherie durch-
gemacht haben, die anderen blieben gesund. Als einzige Nebener-
scheinung beobachtete der Verf. bei den Immunisierungen ein von der
Einspritzungsstelle ausgehendes Erythem; nach Angabe der Angehö-
rigen waren auch in einigen anderen Fallen Erytheme aufgetreten. In
den geheilten Krankheitsfällen fiel die regelmäßig unter Schweißausbruch
eintretende schnelle Besserung des Wohlbefindens auf, weniger rasch
verschwanden die Rachenbeläge. Eine bakteriologische Diagnose
konnte mit Rücksicht auf die weite Entfernung der zunächst erreich-
baren Untersuchungsstelle in keinem Falle gestellt werden.
Kübler (Berlin).
Ylickers, H. A., The local treatment of diphtheria with
sodium hyposulphite. (The Lancet. 1896. June 6.)
Verf. will mit 3 — 4-maligem Aufpinseln einer Mischung von
gleichen Teilen reinen Glycerins und einer gesättigten wässerigen
Natriumhyposulphitlösung auf die diphtheritischen Ausschwitzungen
und die entzündete Schleimhaut, neben der dem Fall entsprechenden
Allgemeinbehandlung, recht befriedigende Erfolge erzielt haben.
SentiGon (Barcelona).
Voges, 0., Der Kampf gegen die Tuberkulose des Rind-
viehs. Jena (Gustav Fischer) 1897.
In der 82 Seiten umfassenden Schrift sind nur 52 dem eigent-
lichen Thema gewidmet, während 30 Seiten Regierungserlasse über
die Beurteilung des Fleisches tuberkulöser Rinder und über die An-
wendung des Tuberkulins bei der Bekämpfung der Rindertuberkulose
enthalten.
Sehr eingehend (23 Seiten) ist die Bedeutung des Tuberkulins
als Mittel zur Erkennung der Rindertuberkulose erörtert und auch
gleichzeitig die Litteratur über diesen Gegenstand ziemlich vollständig
wiedergegeben. Ebenso werden die Versuche mit Tuberkulin und die
für die Diagnose der Rindertuberkulose erzielten Resultate übersichtlich
zusammengestellt. Des weiteren erörtert dann der Verf. die Frage der
Vererbung und der Bedeutung der Disposition für die Bekämpfung
der Rindertuberkulose, wobei man ihm hinsichtlich der Disposition,
die gar keine Bedeutung haben soll, doch nicht zustimmen wird. Im
letzten Teile beschäftigt sich die Schrift auch mit Angabe anderweitiger
Maßnahmen zur Bekämpfung der Rindertnberkulose, wie solche schon
seit Jahren in tierärztlichen und landwirtschaftlichen Zeitschriften und
in Versammlungen häufig erörtert sind. Hervorgeboben werden: Tren-
nung der Futterkrippen und des Jaucheabflusses, gesundes Warteperso-
704 Schutzimpfung, künatl. Infcktiinskrankheiteu, Entwickelungshemmung etc.
nal, Trennung der gesunden und der reagierenden Tiere, Abkochung
der Milch tuberkulöser und tuberkuloseverdächtiger Tiere vor der Ver-
wendung, ferner Einrichtung einer „Centrale“ zur Tilgung der Tuber-
kulose, Sperrung der Grenzen gegen die Einfuhr tuberkulöser Tiere etc.
Schließlich betont der Verf. mit Recht, daß man ohne Zwangsmaß-
nahmen bei der Tilgung der Tuberkulose im Inlande nicht aus-
kommen wird.
Da die Schrift fUr Laien bestimmt sein soll, so wäre eine Kürzung
des ersten Teils und dafür eine übersichtlichere und eingehendere
Bearbeitung des zweiten Teils erwünscht gewesen, zumal der Verf.
bei vollständiger Berücksichtigung der tierärztlichen Litteratur — die
Arbeit des Referenten scheint ihm entgangen zu sein — noch manchen
weiteren Rat hätte erteilen können. Einzelne Unrichtigkeiten, wie sie
bei der Stellung des Verfassers als Arzt zu entschuldigen sind,
können vielleicht bei einer zweiten Auflage berichtigt werden.
Von dem Standpunkte, daß jede Arbeit, welche sich mit der Be-
kämpfung der Rindertuberkulose beschäftigt, von Nutzen sein kann,
wenn sie nur gelesen wird, wünschen wir auch dieser die nötige Ver-
breitung in den Kreisen der Landwirte. Die gemachten Ausstellungen
werden dabei dem beabsichtigten guten Zwecke nicht besonders
hinderlich sein. Der letztere, die Landwirte über Maßnahmen für
die Tilgung der Tuberkulose und besonders über die Bedeutung der
Tuberkulininjektion zu belehren, kann jedenfalls mit der Schrift er-
reicht werden. Sch n eid em ü h 1 (Kiel).
Wittllnger, Experimentelle Beiträge zur Lösung der
Porcosanfrage. (Berlin, tierärztl. Wocheuschr. 1897. No. 7.
p. 74 ff.)
Gelegentlich einiger Studien über Rotlauf habe ich in meiner in
der Zeitschrift für Hygiene und Infektionskrankheiten, Jahrg. 1896,
erschienenen Arbeit „Fraxis und Theorie der Rotlauf-Immunität“ bereits
auch zu dem Porcosan Stellung genommen und konnte dort ausführen,
daß dasselbe keinen Vorzug vor anderen bisher bekannten Rotlauf-
immunisierungsmethoden darbieten kann. Trotzdem hat sich dieses
Mittel in die Praxis Eingang zu verschaffen gewußt, hauptsächlich
wohl aus dem Grunde, weil das Iramunisierungsgeschäft auf eine
Impfung beschränkt ist. Die Fabrik, welche das Mittel im Handel
vertreibt sowohl wie auch der Erfinder des Porcosans haben sich
indes immer noch nicht bequemt, die Darstellung des Mittels zu
publizieren, obwohl längst von verschiedensten anderen Seiten darauf
hingewiesen ist, daß es sich um nichts weiter, als durch Glycerin
konservierte Rotlaufkulturen handelt
Wir stehen somit auch heute noch einem Geheimmittel gegen-
über, da sollte ich meinen, daß es eine Ehrenpflicht aller rechtlich
denkenden Tierärzte sei, dieser Geheimniskrämerei nicht unnötigen
Vorschub zu leisten, und wenu die Firma überhaupt beansprucht, daß
ihr Mittel geprüft und angewandt wird, wäre in erster Linie eine
Mitteilung derselben Uber die Zusammensetzung des Porcosans not-
wendig. Es ist wahrlich Zeit, daß mit dem Vertrieb von sogenannten
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Schutzimpfung, ktinstJ. Infektionskrankheiten, £ntwickelungshemmung etc. 705
Geheiimnittelu endlich einmal aufgeräumt wird. Doch dieses nur
nebenbei. Da das Porcosan einmal Eingang gefunden hat und be-
sonders von seiten der Landwirte Beine Anwendung gefordert und
auch durcbgeführt wird, ist auch die exakte Wissenschaft gezwungen,
den Wert des Mittels zu prüfen, und dieses sollte nicht nur im
Laboratorium geschehen, sondern Hand in Hand damit auch in der
Praxis. Wenn Verf. einen Beitrag in letzterer Hinsicht liefert, soll er
darum aus diesen Gründen nicht unwillkommen sein.
Das Paste ur’sche Verfahren konnte den Verf. bei früheren
Experimenten nicht befriedigen, das Lorenz’sche Mittel war —
worüber auch Lorenz sich in seinen Abhandlungen immer beklagt
— wegen der Schwierigkeit der Serumherstellung nicht erhältlich, so
entschloß sich denn W. vor 9 Monaten, das Porcosan zu gebrauchen.
Er hat daher in 10 Gehöften, in 8 verschiedenen Ortschaften, in
denen sämtlich, wie alljährlich, so auch 1896 der Rotlauf grassierte
und bedeutende Opfer gefordert hatte, 225 Tiere ohne Impfverluste
und mit anscheinend auch gutem Immunisierungserfolge immunisert.
Im Folgenden kurz einige Daten über die Gruppenimpfungen.
1. Versuch:
In einem Bestände waren 2 Schweine, wie amtlich festgestellt
wurde, an Rotlauf eingegangen. Der Rest bestand aus 3 Schweinen.
Davon war eins bereits schwer, das zweite leicht krank, das dritte
wohl noch im Inkubationsstadium. Verf. impfte alle 3 Tiere. Auf-
fallenderweise besserte sich das Befinden der kranken, daß sie genasen. .
Indes 2 Monate darauf starb das erste Schwein an Brust Wassersucht
(? Ref.). Verf. schreibt dazu wörtlich: „Meiner Ansicht nach haben
alle 3 Schweine an Rotlauf gelitten, welcher infolge der Impfung
gebessert war.“ (Wenn man berücksichtigt, daß das Porcosan nur da-
durch wirken kann, daß die in demselben vorhandenen Rotlaufkeime
eine Reaktion auslösen müssen, so muß man sich doch wundern, wie
der Verf. so etwas schreiben konnte. Wir dürfen eher annehmen,
daß trotz der Injektion des Porcosans die Tiere am Leben blieben.
Ref.)
2. Versuch:
Bei einem Besitzer ist nach amtlicher Sektion ein Schwein an
Rotlauf eingegangen. Der Rest, 6 Stück, im Alter von 3 — 6 Monaten,
wurde geimpft. Zwei der Impflinge fraßen einen Tag nach der
Impfung schiecht uud bekamen rote erhabene schmerzhafte, Uber den
ganzen Körper verbreitete Quaddeln, welche nach 3 Tagen wieder
schwanden. (Backsteinblattern I Ref.) Sämtliche Tiere blieben gesund.
3. Versuch:
In einer Molkerei waren von 70 Stück Schweinen bereits 18 an
Rotlauf krepiert. 19 gesunde und 1 schwer krankes wurden geimpft.
Das Letztere ging ein. Von den übrigen Tieren erkrankte keins,
während von den nicht geimpften in den bisher nicht desinfizierten
Stallungen mehrere eingingen, so daß auf Verlangen des Besitzers
der Restbestand von 19 Stück geimpft wurde; von da ab hörten die
Verluste an Rotlauf auf. Von den 38 Impflingen hatte auf die
Impfung selbst kein einziges Tier reagiert.
Emu Abu XXI. HA. 45
Google
706 Schutzimpfung, küustl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmnng etc.
4. Versuch:
Nach amtlicher Feststellung von Rotlauf wurde ein Restbestand
von 19 etwa 3 Monate alteD Schweinen geimpft. Erfolg : keine Impf-
reaktion, keine ferneren Verluste an Rotlauf.
5. Versuch :
Rotlauf durch Sektion amtlich festgestellt. Impfung von 4
Läuferschweinen und 7 sechs Wochen alten Ferkeln. Erfolg wie bei
Versuch 4.
6. Versuch:
Nachdem Verf. bei 2 Schweinen Rotlauf konstatiert hatte, wurde
ein fettes 8 Monate altes Schwein und 2 starke Läuferschweine ge-
impft, von 3 Koutrollschweinen ging eins an Rotlauf später ein. Die
Impflinge blieben stets gesund.
7. Versuch:
Impfung von 100 Schweinen im Alter von 6 Wochen bis 6 Mo-
naten. Denkbar schlechteste Stallungen, seit Jahren grassierte Rotlauf
auf dem Gehöft Bei keinem Tier Impfreaktion, alle blieben vom
Rotlauf verschont, während auf dem nur durch Lattenverschlag ge-
trennten Nachbargehöft nach wie vor Rotlaufverluste eintraten.
8. Versuch:
Nach Feststellung von Rotlauf werden 22 Stück Schweine im
Alter von 3 — 4 l / s Monaten geimpft. Erfolg: Reaktionslosigkeit, keine
weiteren Rotlaufverluste, trotzdem diese in den Nachbargehöften Vor-
kommen.
9. und 10. Versuch :
Zwei zusammenliegende Gehöfte. Impfung von 8 und 12 Tieren.
Erfolg : Verhältnismäßig starke Impfreaktion. Die größere Hälfte der
Tiere fraß 2 — 3 Tage nach der Impfung schlecht resp. gar nicht;
Verkriechen in der Streu; über den ganzen Körper verbreitete Urti-
caria. Nach 4— 5 Tagen Genesung. Weitere Erkrankungen blieben aus.
Von 22 5 Tieren erkrankten 10 Proz. an Backsteinblattern (so
darf man wohl sagen. Ref.). Todesfälle sind an Rotlauf bei den ge-
impften Tieren weder infolge der Impfung, noch später infolge Spontan-
infektion von Rotlauf nicht beobachtet Verf. ist, wie das ja auf
Grund seiner Versuche ganz verständlich erscheint, mit dem Resultat
derselben sehr zufrieden und beabsichtigt dieselben in noch größerem
Maßstabe fortzusetzen. Gegenüber den anderweitig beobachteten un-
günstigen Ergebnissen betont er, daß bereits über 800 Versuche Be-
richte mit günstigem Erfolge vorliegen.
Verf. betont endlich noch, daß der Rittergutsbesitzer Modrow-
Neuguth 325 Schweine ebenfalls mit bestem Erfolge geimpft habe.
Ref. möchte sich an dieser Stelle auf die einfache Wiedergabe
des Inhalts der Arbeit des Verf.’s beschränken, betonen will ich aber
schon jetzt, daß ich mich nicht mit allen Punkten einverstanden er-
klären kann, ich hoffe Gelegenheit zu haben, in nächster Zeit um-
fassend auf dieses interessante Thema zurückzukommen.
0. Voges (Berlin).
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Schutzimpfung, kQnstl. Infektionskrankheiten, Ent«rickelungsh e mmung etc. 707
Stono, Report of a case of malignant uterine tumor
treated by the toxins of erysipelas and Bacillus
prodigiosus. (Medical Record. 1896. Nov. 21.)
Eine 42-jährige, anscheinend ganz gesunde Frau, Mutter von
9 gesunden Kindern, das jüngste 8 Jahre alt, bemerkt im Mai 1895,
daß ihre Regel wochenlang anhält, stellt sich aber erst anfangs
November zur Untersuchung, weil ihr den ganzen Oktober hindurch
täglich Blut abgegangen war. Verf. findet bösartige Veränderung an
der Vaginalportion und zieht Prof. Allison hinzu, der die Diagnose
bestätigt und am 12. Nov. die Ausschabung des Uterus und Ampu-
tation der Cervix vornimmt, wobei die hintere Lippe ausreißt und
die vordere mit der Schere abgetragen wird. Die starke Blutung
wird mit Thermokauter und Chlorzink gestillt. Die mikroskopische
Untersuchung von ungefähr 100 Schnitten durch Prof. Lavender
ergiebt Spindelzellensarkom, während die New Yorker Pathologen
Buxton und Durham angesichts zweier Schnitte erklären, daß es
sich um Epitheliom handelt. Bis zum 24. Nov. schien alles gut zu
gehen; da trat plötzlich eine profuse Blutung auf, die sich am 28.
und 29. Nov. sowie am 1. Dez. wiederholte und die Kranke so
herunterbrachte, daß der Tod als nahe bevorstehend angesehen wurde.
Die Untersuchung ergab knotige Infiltration beider Ligam. lat. Da
«ine Operation durchaus untbunlich erschien, wurde am 4. Dez. mit
Einspritzungen von unfiltrierten Toxinen von Erysipelkokken und
Bacillus prodigiosus begonnen und allmählich von 3 bis zu
17 Tropfen gestiegen, ohne daß eine andere Reaktion zu Tage trat,
als etwas Schweiß und Besserung des Schlafes und Appetits. Die
Ausscheidungen aus dem Uterus waren fortwährend reichlich und
höchst übelriechend. Am 21. Dez. wird dann eine Einspritzung von
19 Tropfen in die Scheide gemacht, statt wie bisher zwischen die
Schulterblätter. Nach 20 Minuten trat eine so starke Reaktion auf,
daß das Leben der Frau in Gefahr schwebte und erst am 2. Jan.
eine neue Einspritzung von nur 3 Tropfen in den Scbeideneingang
gemacht werden konnte. Vom 21. Jan. an werden auf Anraten von
Ooley filtrierte Toxine eingespritzt. Die Absonderung hatte fast
ganz aufgehört, es waren keine Knoten mehr in den breiten Bändern
zu konstatieren und die Amputationsflache war in schneller Heilung
begriffen. Die Einspritzungen wurden bis zum 6. März noch 27mal
wiederholt, dann unterbrochen und nachher wieder aufgenommen.
Am 4. Mai wurde vollständige Heilung festgestellt und am 31. OkL
durch eine neue Untersuchung glänzend bestätigt. Habe es sich nun
um Sarkome oder Epitheliome gehandelt, der Erfolg ist jedenfalls
wunderbar; es ist bisher der einzige Fall eines Unterustumors, der
durch Toxine geheilt worden ist. Sentifion (Barcelona).
Conrmont, A, Le sörum de Marmorek n'immunise pas le
lapin contre le streptocoque de l’6rysip61e. (La Se-
maine mödicale. 1897. p. 93.)
Eine Beleuchtung zu den negativen Erfolgen, die bisher mit dem
Marmorek 'sehen Streptokokkenserum beim Menschen erzielt worden
45 *
708 Schutzimpfung, kiinst). Infektionskrankheiten, Entwickelungsbemmung etc.
sind, giebt C. durch die Wiedergabe einiger hierzu aDgestellter Tier-
versuche. Spritzt man einem Kaninchen 10 Min. nach der Serum-
behandlungintravenös oder intraperitoneal Streptokokken ein, die direkt
vom menschlichen Erysipel herrühren, so ist das Resultat ein völlig
negatives, vielmehr konnte beobachtet werden, daß in diesem Falle
die Versuchstiere durchweg noch früher starben, als die nicht mit
Serum behandelten Tiere. Man muß also annehmen, daß das Serum so-
gar eine gewisse Disposition geschaffen hat. C. schließt hieraus, daß der
von Marmorek benutzte Streptococcus nicht der Strepto-
coccus des menschlichen Erysipels gewesen ist.
Ahlefelder (Charlottenburg).
Fiirbringer und Freyhan, Neue Untersuchungen über die
Desinfektion der Hände. [Aus dem städtischen Kranken-
hause am Friedrichshain in Berlin.] (Dtsch. med. Wochensehr.
1897. No. 6.)
In einer Besprechung der in den letzten beiden Jahren erschie-
nenen Arbeiten von Ahlfeld, Vahle, Koblanch und Poten
kamen die Verff. zu dem Schluß, daß zur Sterilisierung der Hände
die Behandlung mit Seife, Bürste und den gebräuchlichen Desinfek-
tionsmitteln nicht ausreicht, daß jedoch bei Zuhilfenahme von Alkohol
die Hände vollkommen keimfrei gemacht werden können. Die ab-
weichenden Ergebnisse Leedbam Green ’s erklären sich nach An-
sicht der Verff. durch die von jenem Experimentator gewählte Ver-
suchsanordnung; sie halten namentlich die künstliche Infektion der
Hände mit Reinkulturen für bedenklich. „Solche Experimente ent-
fernen sich viel zu weit von den Verhältnissen der Praxis, als daß
sie ohne weiteres als Maßstab für die Beurteilung derselben verwertet
werden dürfen.“ Die Verff. sind überzeugt, „daß man bei der
Inunktion der Kulturen in die Hände die Bakterien dermaßen tief in
die zahllosen Schlupfwinkel, insbesondere auch in die Haarbälge und
die spiraligen Schweißkanäle einzutreiben vermag, daß selbst eine
nachträgliche Verätzung der Haut sie nicht insgesamt abtöten kann.“
Der Zweck der nunmehr vorliegenden Arbeit der Verff. war, die
Fragen zur Entscheidung zu bringen, ob auf ein dem Alkohol fol-
gendes Antisepticum mit Vorteil verzichtet wird, und wie die Alkohoi-
wirkung theoretisch zu erklären ist.
In den Versuchen wurde der Keimgehalt der Hände teils durch
Kultur in Nährbouillon bei Brüthitze, teils durch Kultur in Fleisch-
wasserpeptongelatiue bestimmt. Die Nährböden waren regelmäßig
durch Vorversuche auf ihre Leistungsfähigkeit geprüft. Die Gelatine
erwies sich für das Wachstum der Nagelschmutzbakterien am meisten
geeignet, wenn sie eine beim Neutralisieren bezw. Alkalescieren schon
wahrnehmbare Opalescenz zeigte. Zur Beseitigung der Desinfektions-
mittel wurden die Hände vor der Abimpfung mit aseptischem Wasser
gründlich ausgelaugt; die Prüfung des Keimgehalts bezog sieb nicht
nur auf einen Finger; vielmehr wurden die Uuternagelräume gründ-
lichst ausgeräumt und die ganze Hautfläche mit dem Hölzchen ab-
gekehrt.
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Schutzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmung etc. 709
Durch eine Reihe von Versuchen wurde zunächst die bereits
anerkannte Thatsache von neuem bestätigt, daß ein längeres Bürsten
mit Seife und kaltem Wasser allein zur Desinfektion der Hände nicht
genügt ; auf den Gelatineplatten wuchsen nach solchem Verfahren
stets zahllose Kolonieen; bei Verwendung von heißem Wasser war
das Ergebuis etwas besser; jedoch gelang dabei eine vollkommene
Sterilisierung nur in 1 unter 11 Versuchen. Ein Bürsten mit heißem
Wasser ohne Seife hatte unbefriedigenden Erfolg; dagegen gelang
die Sterilisierung in 5 von 22 Versuchen, wenn 3 Minuten nach der
Behandlung der Hände mit heißem Seifenwasser eine Waschung in
Karbolsäure (3 Pros.), Lysol (1 Proz.) oder Sublimat (1 0 / m ) von
3 Minuten Dauer angeschlossen wurde.
In weiteren 24 Versuchen folgte der Heißwasserseifenwaschung
eine Behandlung mit 90-proz. Alkohol und zwar je 6mal 1, 3, 5 und
9 Minuten lang mit dem Erfolg, daß 1 bezw. 4, 4 und 6mal Keim-
freiheit erzielt wurde. Das Ergebnis wurde nicht etwa dadurch vor-
getäuscht, daß die Keime in den Falten der durch den Alkohol ge-
schrumpften Haut zurückgehalten waren; denn in 5 Versuchen, in
denen von der einen Hand unmittelbar nach der Alkoholbehandlung,
von der anderen erst nach 5 — 15 Minuten langem Erweichen der
Haut mit heißem sterilisierten Wasser abgeimpft wurde, erwiesen sich
beide Hände als steril. Durch Behandlung mit Seifenwaschung,
Alkohol (3 Minuten) und Lysol (1 Minute) wurden 7mal (Bouillon-
züchtung), durch Seifenwaschung, Lysol (2 Min.) und Alkohol (3 Min.)
lOmal (Bouillonzüchtung) Keimfreiheit erzielt, dagegen wuchsen bei
der letzteren Anordnung in 3 von 6 Versuchen auf der Gelatineplatte
3, 8 und bis über 500 Kolonieen.
Auf Grund vorstehender Versuche konnte die Frage, ob die Be-
handlung mit anderen Desinfektionsmitteln neben dem Alkohol ent-
behrlich ist, noch nicht entschieden werden. Die Verif. suchten
daher zuverlässigere Grundlagen für die Beurteilung durch gesonderte
Desinfektion des Nagelscbmutzes zu gewinnen. Die in geeigneter
Weise entnommenen etwa senfkorngroßen Schmutzteile wurden mit
Nadeln einigermaßen zerteilt bezw. zerfasert und dann mit kleinen
Metalllbffeln von Schale zu Schale und in die Nährmasse übertragen.
Bei Behandlung mit 0,5-proz. Lysol (3 Min.) und Ausspülen mit
sterilem Wasser wurde 5mal wesentliche Keimverminderung (19—180
Kolonieen) erreicht, in 5 anderen Versuchen ein Wachstum von
mehreren Hundert bis über 1000 Kolonieen beobachtet; bei gleichem
Verfahren mit Sublimat (2 °/oo) blieben die Platten 3mal steril, in
8 anderen Versuchen wuchsen 1 — 80 Kolonieen. Bei Behandlung
des vorher angefeuchteten Schmutzes mit Alkohol (3 Min.) wurden
in 20 Versuchen mit 90-proz. Alkohol 9mal Sterilität, lOmal ein
Wachstum von 1 — 30, lmal von 154 Kolonieen beobachtet; 70-proz.
Alkohol erzielte 3mal Sterilität, 4mal erhebliche Keimverminderung
(5 — 44 Kolonieen), 2mal ungenügenden Erfolg (250 bis mehrere Hundert
Kolonieen). Für 50-proz. Alkohol ergab sich 2ma! 0, 5mal 1 — 60,
2mal mehrere Hundert Kolonieen, für 25-proz. Alkohol lmal 10, lmal
mehrere Hundert, 2mal zahllose Kolonieen. Zweifellos hat also
710 Schutzimpfung, kiinstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmung etc.
Ahlfeld den Alkohol mit Recht als ein ausgesprochen
baktericides Mittel für die Mikroorganismen des
Händeschmutzes bezeichnet Noch bessere Resultate
als der Alkohol hatte jedoch die 2 °/ 40 Sublimatlösung.
In 20 Versuchen wurde der Nagelschmutz lOmal mit 90-proz.
Alkohol (2 Min.) und demnächst mit Lysol (8 Versuche) oder Subli-
mat (3 Min.) und ebenso oft mit denselben Mitteln in umgekehrter
Reihenfolge behandelt. Im ersten Falle wuchsen bei Verwendung
von Lysol 4mal 0, 2mal 3, je lmai 52 und etwa 200, bei Verwendung
von Sublimat je lmal 0 und 2 Kolonieen, im anderen Falle bei An-
wendung von Lysol je lmal 0, 1, 2, 6, 13, 20, 80 und über 300, bei
Anwendung des Sublimats 0 und 38 Kolonieen. Die Verff schließen
daraus, daß einer der Behandlung mit anderen Desinfek-
tionsmitteln vorausgeschickten Behandlung mit Alko-
hol günstige Sonderwirkungen zukommen. Sie möchten
jedoch auch weiterhin die Kombination mit nachfolgenden anderen
Antisepticis nicht aufgeben. Wenn Ahlfeld trotz Verzicht auf
andere Antiseptica bei nicht länger fortgesetzter Alkoholbehandlung
sogar noch bessere Resultate erzielt hat, als die Verff., so erklären
diese das mit der Versuchsanordnung Ahlfeld’s, welcher den
Keimgehalt stets nur durch Bouillonzüchtung, niemals durch Gela-
tinekulturen ermittelt habe.
Die Verfl. halten die fettlösende Wirkung des Weingeistes nicht
mehr, wie Fürbringer früher annahm, für die wesentlichste Ur*
sache des Alkoholeinflusses; denn einmal ist die antiseptische Wir-
kung des Alkohols durch ihre Versuche bestätigt, sodann ist ein
ähnlich günstiger Einfluß mit anderen ebenfalls fettlösenden Mitteln,
wie Aether und Chloroform, nicht zu erzielen. Dennoch legen sie
nach wie vor Wert auf das Vermögen des Alkohols, Fette zu lösen,
die Epidermisschuppen zu beseitigen, mit W T asser sieb zu mischen
und am besten von allen Mitteln einzudringen und zu netzen. Sie
fassen ihre Ergebnisse in den folgenden Sätzen zusammen:
1) der Alkohol wirkt bakterientötend;
2) er bahnt durch seine Eigenschaft, Fett zu lösen und mit
Wasser sich zu verbinden, sich nicht nur selbst den Weg, sondern
auch den nachfolgenden Desinfieientien durch Bewerkstelligung der
erforderlichen Adhäsion ;
3) er löst die oberflächlichen Hautschuppen mit dem anhaftenden
Schmutz einschließlich der Bakterien und schwemmt sie ab.
Kühler (Berlin).
Paul, Th. und Krönig, B., Die gesetzmäßigen Beziehungen
zwischen Lösungszustand und Wirkungswert der
Desinfektionsmittel. (Münchn. med. Wochenschr. 1897.
No. 12. p. 304 )
Die Arbeit enthält Bemerkungen zu der Abhandlung von
Scheurlen und Spiro in No. 4 dieser Wochenschr. (1887). Letztere
Autoren berichten darin Uber 2 Quecksilberverbindungen, das Queck-
silberäthylchlorid und das Quecksilberäthylsulfat, denen eine ganz
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Schutzimpfung, künstl Infektionskrankheiten, Entwickelungsbemmung etc. 711
außerordentlich starke desinfizierende Wirkung aut Milzbrandsporen
zukommen soll. Alle bisher bekannten chemischen Desinfektions-
mittel sollen dadurch weitaus an Wirksamkeit übertroffen werden,
denn noch in einer Verdünnung von 1 : 10000 wurden durch sie
Milzbrandsporen im Moment der Berührung getötet. Da das Queck-
silberäthylchlorid nach Scheurlen und Spiro eine noch stärkere
desinfizierende Wirkung haben sollte, als das Quecksilberäthylsulfat,
so stellten Paul und Krönig die Nachprüfung mit diesem Mittel an.
Sie kamen ihrerseits zu dem Resultat, daß das genannte Mittel in
der Verdünnung von 1 : 1500 erst nach 9-stündiger Einwirkung eine
erkennbare Wirkung auf Milzbrandsporen hat. Es bildet danach das
Quecksilberäthylchlorid keine Ausnahme von der von Paul und
Krönig selbst gefundenen Gesetzmäßigkeit, daß im allgemeinen
Metallsalzlösungen, in denen das Metall Bestandteil eines komplexen
Jons und infolgedessen die Konzentration seines Jons sehr gering ist,
nur eine äußerst schwache Desinfektions Wirkung ausüben. Die ab-
weichenden Resultate Scheuerten ’s und Spiro’s werden auf
deren Versuchsanordnung zurückgeführt. Sie setzten zu je 10 ccm
der Lösung eine Plantinöse filtrierter Milzbrandsporenemulsion von
2-tägigen, bei 36° C gezüchteten Agarkultureu zu, schüttelten, über-
trugen nach verschiedenen Zeiten eine Platinöse davon in flüssiges
Agar und gossen davon Platten, welche sie bei 36° hielten. Da nun
bei einer derartigen Versuchsanordnung jedesmal eine geringe Menge
der Desinfektionslösung mit auf den zur Auskeimung benutzten
Nährboden übertragen wird, so genügen schon äußerst geringe
Mengen eines mitübertragenen Desinfiziens, um die durch das Des-
infektionsmittel geschwächten Bakterien an der Entwickelung zu
verhindern. Deeleman (Berlin).
Ahlfeld , Die Heißwasseralkoholdesinfektion und ihre
Einführung in die allgemeine Praxis. [Aus der Univer-
sitäts Frauenklinik in Marburg.] (Dtsch. med. Wocheuschr. 1897.
No. 8)
Verf. weist die Ein wände, welche von anderer Seite gegen die
von ihm empfohlene Heißwasseralkoholdesinfektion der Hände und
gegen seine Begründung dieses Verfahren erhoben worden sind, zu-
rück und giebt ausführliche Anweisungen für die Einführung des
Verfahrens bei den Hebammen und den praktischen Aerzten.
Kübler (Berlin).
v. Zagontsehkonskt , Bakteriologische Untersuchungen
über die Silbergaze nach Dr. B. Credö. (Centralblatt für
Chirurgie. 1897. No. 3.)
Meyer, Carl, Zur antiseptischen Kraft der Cred6’schen
Silbersalze. (Ibidem.)
Credtf, Itrol (Arg. citric.) als Antisepticum. (Centralblatt
für Chirurgie. 1897. No. 8.)
Beyer, Silbergaze als Verbandstoff. (Ibidem.)
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712 Schutzimpfung, kün»tl. Infektionskrankheiten, Cutwickelung»hemmung etc.
Pilger. Ueber die Silbersalze Itrol und Actol (Credö)
und ihre Anwendung in der ärztlichen Privatpraxis.
(Münchener medizinische Wochenschrift 1897. No. 6.)
Z. stellt in 18 Thesen seine Untersuchungen über Silbergaze zu-
sammen. Gr spricht derselben jeden bakterientötenden Effekt ab,
beschuldigt sie sogar, Keime zu enthalten. Die von Credö an-
gegebene „sterile Zone“ existiere nur scheinbar, da sieb aus derselben
Bakterien züchten lassen. Er behauptet, daß gewöhnliche und sogar mit
Kokken imprägnierte Gaze oder Löschpapier denselben Effekt der
„sterilen Zone“ auf einer infizierten Platte hervorbringen.
Gegen diese Untersuchungen wendet sich B., der Z. verschiedene
Widersprüche nachweist. Besonders geht B. auf die Behauptung Z.’s
ein, daß die Silbergaze nicht steril sei. Er habe sie stets, so wie
sie aus der Fabrik kam, steril befunden, läßt aber die Möglichkeit
offen, daß Z. ein altes Präparat der Gaze gehabt hat, aus welchem
nach den früheren unvollkommenen Methoden der Silberimprägnation
das Silber ausfallen könne.
In ausführlicher und wissenschaftlicher Weise hat M. die antisep-
tische Kraft der Silbergaze Credö’s geprüft. Er faßt seine Resultate
in folgenden Sätzen zusammen: „Der von mir benutzte Staph. pyog.
aur. wird in einer Itrollösung 1 :4000 erst nach 46 Minuten, in einer
Actoilösung 1:2000 nach 30 Minuten abgetötet. Bei Eiweißgehalt
der Silbersalzlösung ist die bakterienvernichtende Wirkung eine noch
langsamere. Milzbrandsporen wachsen, nachdem sie 5 resp. 7 Tage
in gesättiger Itrollösung, resp. 3 Tage in Actoilösung 1 : 1000 gelegen,
noch aus. Die Wachstumshemmung findet bei nicht sporenhaltigem
Material (Staph. u. Pyocyan.) bei einem Silbersalzgehalt des Nähr-
bodens von 1:20000 (Ascitesbouillou) resp. 1:10000 (Blutserum)
statt. Milzbrandsporen wachsen im Blutserum, dem Actol bis zu
einer Konzentration von 1 : 10000 hinzugesetzt worden ist, noch zu
Fäden aus und bleiben daun längere Zeit lebensfähig. Es stehen
Actol und Itrol in puncto Wachstumshemmung dem Sublimat in Eiweiß-
nährböden nahe, während dieses in wässeriger Lösung eine unendlich
mächtigere antiseptische Wirkung entfaltet, als die Silbersalze“.
Interessant ist die Mitteilung, daß verschiedene Provenienz von
Kokken total verschiedene Resultate ergab. Teils keimten Kokken
aus Silberlösung noch nach 40 Minuten aus, teils waren sie schon
— wie s. Z. Beyer berichtete — nach 5 Minuten abgetötet.
In Bezug auf die Einzelheiten dieser sorgfältigen Arbeit sei ebenso,
wie bei den vorher besprochenen, auf das Original verwiesen.
Credö spricht seine Befriedigung über die Resultate M.’s aus,
vorzüglich über die Bestätigung der antiseptischen Wirkung in
eiweißhaltigen Medien, und tritt nochmals warm für die Anwendung
dieser ungiftigen und wirksamen Salze ein.
Pilger preist enthusiastisch die Silbersalze als das hervor-
ragendste und harmloseste Antisepticum, das alles andere verdrängen
muß. Er wendet die Salze bei allen chirurgischen und Geschlechts-
leiden, bei puerperaler septischer Endometritis, bei Ohreiterungen etc.
an. Einige Krankengeschichten sind mitgeteilt.
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Neue Litteratur.
713
Aus dem Mitgeteilten ist wohl der Schluß zu ziehen, daß sich
die erste Mitteilung Credö’s und Beyer’s bestätigt hat, und Itrol
und Actol unter den zahlreichen Antisepticis eine hervorragende Rolle
einnehmen. Referent vermißt jedoch in allen Mitteilungen eine Be-
stätigung oder Nachprüfung der von Credä angenommenen Fern-
wirkung im Organismus und durch Einführung derselben vermutlich
hervorzurufenden allgemeinen Körperdesinfektion. Gerade durch
diese Wirkung würden den Präparaten die ganz exceptionelle Stelle
eingeräumt werden müssen, wie sie ihnen wenigstens anfangs Credd
doch eingeräumt wissen wollte. Referent möchte hier vorläufig mit-
teilen, daß es ihm nie gelungen ist, weder durch eine einer Infektion
vorausgehenden noch folgenden Silberdarreichung den Tod der be-
handelten Tiere zu verhindern oder zu verzögern, noch konnten im
Serum von behandelten Tieren antiseptische Wirkungen beobachtet,
bezw. Silber chemisch nachgewiesen werden. Marx (Berlin).
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Memmo, Giovanni, Beitrag zur Kenntnis
der Aetiologie der Tollwut. (Orig.),
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Pane, Nicola, Ueber die Heilkraft des aus
verschiedenen immunisierten Tieren ge-
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720
Inhalt.
Laxer, E., Experimente Ober Osteomyelitis,
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Peterf, Ueber du Verhältnis der Xerose-
beeilten su den Diphtheriebacillen, nebst
Bemerkungen Uber die Conjunctivitis
crouposa, p. 696.
Piatner, Th., Studien Uber Tetrarhyncben
nebst Beobachtungen an anderen Band*
Würmern, II. Mitteilung, p. 697.
Back, Arnold, Was ist Zaraath (Lepra) der
hebräischen Bibel? p. 694.
Sehimmelpfennig, W., Ueber einen Fall
von infantiler Conjunctivalxerose mit
KeratomaUcie, p. 696.
Biredey, Pleuräsie purulsnte due au Bacille
de Friedlander, p. 690.
Untersuchungsmethoden, Instrumente etc.
Honsell, Ueber Diflerentialfärbung «wischen
Tuberkelbacilleti und den Bacillen des
Smegmas, p. 700.
Uhlenhuth, Beitrag zur Serumdiagnose bei
Typhus abdominalis, p. 698.
Werneok de Aquilar, Ueber Fibrinbildung
bei den verschiedenen anatomischen Pro-
dukten der Tuberkulose, p. 699.
Behutximpfung , künstliche Infektions-
krankheiten, Entwickelungshemmtwg and
Vernichtung der Bakterien etc.
Ahlfeld, Die IleiBwuseralkoboldesinfektion
und ihre Einflihrnng in die allgemeine |
Praxis, p. 711.
Beyer, Silbergaze als Verbandsstoff, p. 711.
Bnehner, H., Die Bedeutung der aktiven |
löslichen Zellprodukte für den Chemismus ;
der Zelle, p. 700.
Courmont, A., Le slrum de Marmorek
n’imtnunice pu le lapin contre le strepto*
coque de l’lrysipkle, p. 707.
Credd, Itrol (Arg. citric.) als Antieepticum,
p. 711.
Darbyahire, A case of tetanus treated with
Tizzoni» antitoxln, recovery, p. 709.
Dobcxynski , Du Diphtheneheilserum in
der städtischen und Laudpraxis, p. 720.
Fürbringer und Freyhahn, Nene Unter-
suchungen über die Desinfektion der
Hände, p. 708.
Xeyer, Carl, Zur antiseptischen Kraft der
Credd’schen Silbersalse, p. 711.
Pani, Th and KrÖnig, B., Die gesetzm&üigen
Beziehungen swischen Lösungszustand
und Wirkungswert der Desinfektions-
mittel, p. 710.
j Pilger, Ueber die Silbersalze Itrol und
Actol (Crede) und ikre Anwendung in
der ärztlichen Privatpraxis, p. 712.
Btone, Report of a case of malignant uterine
tumor treated by the toxins of erysipelas
and Bacillus prodigiosus, p. 707.
Teisier et Guinard, Infiuence de la diöte
et de l’inanition sur les effets de cer-
talnes toxines microbiennes, p. 702.
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Lösung der Porcosanfrage, p. 704.
▼. Zagontlchkonski, Bakteriologische Unter-
suchungen Uber die Silbergaze nach Dr.
B. Crede, p. 711.
Neue Litteratur, p. 719.
Promouurasche Huchdruckerei (Hermann Fohle) la Jena.
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Bakteriologie. Parasiteokmuie i MektinnskranlftiRitRii
Erste Abteilung:
Medizinisch-hygienische Bakteriologie und
tierische Parasitenkunde.
In Verbindung mit
Gen fiat Prot Dr. Leockart, Gell Mei-Bat Prot. flr. Loefflor
ln Leipiig nnH in Greifswald
Professor Dr. R. Pfeiffer
io Berlin
herausgegeben von
Dr. O. UWworm in Cassel.
Verlag von Gustav Fischer in Jena
XXI. Band. Jena, den 9. Juni 1897. Xo. 19 .
Frei« für den Band (26 Nummern) 16 Hark. — Jährlich erscheinen zwei Bände.
Hierzu alt regelmä/sige Beilage die Inhaltsübersichten der II. Abteilung des Centralblattet.
Die Redaktion des „ Centralblatts für Bakteriologie und Parasiten-
kunde" richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte , etwaige
Wünsche um Lieferung von besonderen Abdrücken ihrer Aufsätxe ent-
weder bei der Einsendung der Abhandlungen an die Redaktion auf das
Manuskript schreiben xu wollen oder spätestens nach Empfang der ersten
Korrekturabxüge direkt an den Verleger, Herrn Gustav Fischer in Jena ,
gelangen xu lassen.
Original - Mittheilungen.
— Nachdruck verboten.
Heber Flagellaten (Trichomonas) in der Lunge eines
Schweines bei lobulärer Pneumonie.
[Aus dem pathologischen Institute in Marburg.]
Von
Dr. J. Wleting,
Assistenten am Institute.
Bei der im hiesigen Institute vorgenommenen Untersuchung der
(, rgane eines 4-monatigen Schweines, das 14 Tage lang die Er-
scheinungen einer Lungenaffektion dargeboten hatte, wurde außer
hochgradigem Oedem der Bauchwand, Stauungsleber und blutreichen
Nieren an den Lungen folgender Befund erhoben:
722
J. Wieting,
Ueber beide Lungen verbreitet fanden sich kleinere und gröfsere
konfluierende lobulärpneumonische Herde von fester Beschaffenheit, uater
der Pleura gegen die uormal ; lufthaltigen oder etwas geblähten Partieen
als etwas eingesunkene, blässere oder hier und da auoh mehr gerötete
Gebiete zum Vorschein kommend; auf dem Durchschnitt zeigten sie ein
blafa-rötlich-graues oder mehr graues, nioht deutlich granuliertes, ziem-
lich homogenes Aussehen mit meist noch erhaltener Andeutung der
Läppchenzeichnung. Diese Herde safsen vorwiegend an den peripheren
Teilen, besonders den Rändern der Lungen ; beide Oberlappen a ber waren
vollkommen infiltriert und zu derben grauen Läppchen umgeirandelt»
Von den Schnittflächen der Herde war eine trüb-gelblich-graue Flüssig-
keit von Eiterkonsistenz zu gewinnen. Die Bronchen waren bis zu den
Hauptästen hinauf mit schleimig-serösem Inhalt gefüllt.
In einem frischen Abstriche aus einem der Herde fielen schon bei
schwächerer Vergröfserung lebhaft Bich bewegende Organismen
etwa von der Gröfse eines weifsen Blutkörperchens auf,
und bei genauerer Untersuchung zeigte sich, dafs die-
selben Gebilde in allen jenen Herden in gröfserer oder
geringerer An z ahl* ve rtrete n waren, in einem Gesichtsfelde
(bei Leitz Obj. 7, Ocul. 1) bis zu fünf und mehr Exemplareu; an
anderen Stellen waren sie weniger reichlich und bedurfte es mehrerer
Abstriche, um nur einige wenige zu entdecken. Dabei konnte festgestellt
werden, dafs namentlich in den grauen derber infiltrierten Stellen, so vor
allem in den Oberlappen, die Ausbeate besonders gering war; am reich-
lichsten war dieselbe in den Randpartieen der Herde, an den Uebergaogs-
stellen in dos gesunde Gewebe. In mäfsig reichlicher Menge fanden sie
sich ferner in dem die Bronchen ausfüllenden serösen Inhalte, wenig
zahlreich auch in den gesunden Lungenpartieen, hier auch wohl aus den
Bronchen Btammend.
Die Bestandteile der abgestriohenen Flüssigkeiten bildeten vornehm-
lich kleinere und gröfsere, oft mehr kernige Leukocyten, zum grofsen
Teil in fettigem Zerfall begriffen, ferner rote Blutkörperchen, Alveolax-
und Bronchialepithelien , einzelne 8täbohenbakterien, freie, duroh den
Zerfall entstandene Fetttröpfchen, und dazwischeu schossen jene Gebilde
in lebhaftester Bewegung hindurch. Diese war zumeist in den frisch,
etwa 5 Stunden nach dem Tode des Wirtes untersuchten Präparaten so
lebhaft, dafs Einzelheiten kaum unterschieden werden konnten : In rascher
Reihenfolge verliefen Wellenbewegungen einer undulierenden Membran
von einem Ende zum andern, und zwar stets entgegen der Bewegung* -
richtung; der Leib war dann oft langgestreckt oval, wenn sie sich
zwischen den Formelementen des mit 0,6-proz. Kochsalzlösung verdünnten
Saftes hindurohwanden. Waren die Tierchen etwas zur Ruhe gekommen,
so liefe sich deutlich erkennen, wie an dem etwa 16 — 20 y langen und
5 — 6 y breiten Leibe 2 — 4 nach der Spitze sich verjüngende Geifseln
lebhaft hin- und herschwangen; diese waren stets mindestens so lang
wie der Körper, manchmal länger, so dafs sie riiokschwingend häufig das
andere Ende des Körpers überragten und hier das Vorhandensein gleicher
kürzerer Apparate vortäuschten. Die Schwingung der Geifseln geschah
stets nach der Seite der undulierenden Membran und wieder zurück.
Ihr Sitz entsprach nie genau dem vorderen Körperpol, sondern war stets
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Uebsr Flagellaten (Trichomon&a) in der Longe eines Schweines etc. 723
etwas seitlich in einer kleinen Ausbuchtung, und zwar an der etwas
mehr gewölbten Körperseite. Bei annähernder Ruhe des Tierchens war
nämlich seine Gestalt nicht ganz oval, die eine Seite verlief etwas weniger
stark konvex als die andere und war dnrohaus scharf begrenzt. An der
mehr konvexen Seite, die am einen Ende in jener Grube die anscheinend
von der Basis aus geteilten, aber öfters verklebten Geifseln trug, ver-
liefen auch ausschliefslich die mehr oder weniger lebhaften obenerwähnten
Wellenbewegungen der undulierenden Membran, und zwar stets von vorn
nach hinten über den ganzen Zellleib. Das hintere Ende lief in einen
stiftartigen Protoplasmafortsatz aus, der manchmal ziemlich scharf ab-
gesetzt war, oft auch allmählich in den Körper üherging; das Ende war
bisweilen lang fadenförmig auBgezogen und konnte dann Geifseln Vor-
täuschen, in anderen Fällen war es mehr abgestumpft. Das Protoplasma
des Leibes war feinkörnig, ohne Vakuole und sohlofs zumeist feine
Körner und gröbere rundliche, hellglänzende Körperchen ein, die wohl
Nahrungsmaterial darstellen dürften ; bisweilen waren diese stark licht-
brechenden Körperchen in einer Reihe entlang dem undulierenden Saum
gelagert. Waren die Tiere dem Absterben nahe, so verliefen die Undula-
tionen äufserst langsam, am Rande wurden lange, fingerförmige Fortsätze,
erzeugt durch stärkere lokale Kontraktionen der Membran, ausgestreckt,
die nach dem Ende zu in schwache Erhebungen ausliefen, ohne dasselbe
zu erreichen. Der Körper wurde schliefslioh rundlich, bisweilen etwas
eckig, die Geifseln wenig deutlich, einmal erschienen sie in der Achse
des rundlichen Körpers gradlinig gestreckt zu einem Faden verschmolzen.
Nun erst wurde mehr dem Kopfende zugelagert ein nicht sehr grofser
Kern mit hellglänzendem Kernkörperchen deutlich, der durch Zusatz von
Sublimateisessig noch mehr hervortrat, während die Geifseln unsichtbar
wurden .
Die Widerstandsfähigkeit der Tierchen war nicht gering: Nach
36 Stunden konnten noch ebenso lebhafte Exemplare gefunden werden
wie zu Beginn der Beobachtung, und selbst die hochgradige Zersetzung
durch Fäulnisbakterien konnte ihnen wenig sichtbaren Schaden thun ;
nach 48 Stunden (bei Zimmertemperatur) waren die meisten abgestorben
und dann bisweilen sohwer von den zahlreichen weifsen Blutkörperchen
zu unterscheiden ; am dritten Tage war kein lebendes Tier mehr zu sehen.
AbstTiohpräparate, die mit Sublimat fixiert waren, zeigten die Unter-
schiede zwischen Leukocyten und Flagellaten derartig verwischt, dafs mit
Sicherheit kein Tier als solches zu erkennen war. Auch an Sohnitt-
präparaten (ans Formol oder Sublimat), die zur Feststellung der Lage-
verhältnisse der Flagellaten angefertigt wurden, soheiterte eben diese
Absicht an der Unmöglichkeit des sicheren Wiedererkennens der Tiere.
Im übrigen ergab sich das histologische Bild der lobulären Pneumonie,
ähnlioh wie beim Menschen.
Auf Agaragar wuchsen aus Abstrichen der Lungenherde auBer
Kolonieen von unbeweglichen Stäbchen und dicken Kettenkokken, die
wohl als Verunreinigungen anzusehen waren, weitere Kolonieen von kleinen
Kokken, anfangs von jenen fast überwuchert, dann rein gezüchtet, die
mikroskopisch und im Aussehen der Kulturen ganz dem Staphylo-
cocous pyogenes aureus gliohen, auch an Meerschweinchen lokale
Eiterung erzeugten,
46»
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724 J- Wietiog, Ueber Flagellaten in der Lunge eines^Schweinee etc.
Es bandelt sich demnach um eine Flagellatenart, die der Tricho-
monas vaginalis sehr ähnlich, wenn nicht mit ihr identisch ist.
ln Bezug auf die Einzelheiten der Morphologie dieser letzteren ver-
weise ich auf die von Marchand (dies. Centralbl. Bd. XV. 1894.
p. 707) gegebene Beschreibung und Abbildung. Eine Abweichung
scheint nur in der Länge der Geißeln vorhanden zu sein, die in
meinen Präparaten anscheinend immer länger waren als der Körper
der Tiere.
An Schnittpräparaten, die nach Weigert gefärbt wurden,
fanden sich in großer Menge in den Herden, sowie auch in den mit
zellreichem Inhalt gefüllten Bronchen, Diplokokken, die ganz
das Aussehen des Fraenkel - Weichsel ba um’schen Diplo-
coccus lanceolatus hatten. Sie lagen zerstreut über das ganze
Gewebe, vereinzelt oder zahlreich, oft längere Ketten bildend; in den
gesunden Particcn wurden sie vermißt; nur ganz verschwindend selten
sah man eine andere Bakterienform, kurze Stäbchen, oder etwas
dickere Kokken. Daß die Diplokokken in den Kulturen nicht an-
gingen, ist bei dem lebhaften Wachstum der Verunreinigungen nicht
zu verwundern. Sehr wahrscheinlich ist aber die pneumonische
Afiektion durch diese Diplokokken hervorgerufen. Die Rolle der
Flagellaten würde sich demnach auf eine sekundäre Ansiedelung be-
schränken.
Die enormen Mengen weisen wohl auf eine Vermehrung innerhalb
des einen nicht ungünstigen Nährbodens bildenden Organs hin, wenn-
gleich keine Teilungsformen gesehen wurden, wie Marchand sie be-
schreibt. Jedenfalls beschränkte sich das Vorkommen der Flagellaten
keineswegs auf die kleineren Bronchen , in deren Inhalt sie weit
seltener gefunden wurden, als in dem infiltrierten Parenchym, be-
sonders der Randpartieen.
Für das Vorkommen von Flagellaten bei Menschen und Tieren,
das meist als sekundäre und ziemlich unschädliche Invasion, bisweilen
aber auch als krankheitserregend aufgefaßt ist, finden sich in der
Litteratur mannigfache Belege *). Weniger zahlreich sind die Beobach-
tungen der Parasiten in den Lungen, und hier sind es meist gan-
gränöse Herde, aus denen sie mit dem Sputum innerhalb der putriden
Dittrich’schen Pfropfen entleert wurden. Neuerdings hat Grimm s )
einen Fall mitgeteilt, wo sich in je einem Absceß der Leber und der
Lunge (auch im Sputum) Flagellaten von über 50 fi Größe fanden, doch
ist über ihre nähere Beschaffenheit weder aus der Abhandlung, noch ans
den Abbildungen etwas Bestimmtes zu entnehmen; zweifelhaft erscheint
1) Die Litteratur findet sich in M. Braun, Die tierischen Parasiten des Menschen
Würzburg 1895, zusammengestellt. Hinsuzufügen sind noch die Fälle von Schür*
tnayer, Ueber das Vorkommen von Flagellaten im Darmkanal de» Menschen. (Centralbl.
f. Bakt. Bd. XVI11. 1995); ferner Miura, Daselbst. Bd. XV. — Dock (ef. eod. loe.),
Flagellat«* protozoa in the freshly passed urine of man. (The Medical New». 1894), und
Rata, 11 trichomonas in patologia. (Bif. med. 1896). sowie Janowski, Ueber
Flagellaten in den menschlichen Faeces und ihre Bedeutung für die Pathologie. (Zeit-
schrift. f. klin. Med. Bd. XXXI 1897. p. 442.)
2) F. Grimm, Ueber einen LeberabsceB und einen Lungenabscefi mit Protozoen.
(Verhandlungen d. dtschn Gesellsch. f. Chir. 28. Aug. 1894.)
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Lönnberg, Beiträge zur Phylogenie der parasitischen Plathelmiothen 725
auch die Angabe, daß beide Abscesse in den „so entfernten und un-
gleichartigen Organen wie Lunge und Leber“, unabhängig von ein-
ander entstanden sein sollen. Besser beobachtet sind die Fälle von
Schmidt 1 ), der im Auswurf, und post mortem in der Lunge,
Flagellaten beobachtete, die er als Trichomonas pulmonalis
bezeichnet, und die ganz der Trichomonas vaginalis glichen;
hervorzuheben ist ihre kurze Lebensdauer (sie starben nach 30 Min.
außerhalb des Körpers), sowie ihr Vorkommen ausschließlich innerhalb
der D ittrich ’schen Pfröpfe, im ersteren Falle bei einer Aspirations-
pneumonie nach Carcinoma laryngis (lobuläre Pneumonie mit geringer
Erweiterung der Bronchen, ohne Gangrän), im zweiten Falle in
Bronchektasieen, die anscheinend im Anschluß an eine Pleuritis ent-
standen waren (Pfröpfe im stinkenden Sputum), im dritten Falle bei
einer fieberhaften Lungenaffektion nach Verschlucken eines Knochen-
stücks. Es können also Flagellaten außer bei Gangrän und Bronch-
ektasieen, auch bei anderen Lungenaffektionen, und zwar bei allen
den Prozessen, die zur Bildung Di ttrich 'scher Pfröpfe führen, Vor-
kommen. Dafür, daß auch ohne diese die Parasiten vorkommon
können, würde die diffuse Ausbreitung über das Lungengewebe in
unserem Falle sprechen, wenn es sich auch hier um ein Vorkommen
beim Schweine handelt, dessen Lebensweise die Aufnahme der Para-
siten besonders begünstigen dürfte.
Nachdruck verboten.
Beiträge zur Phylogenie
der parasitischen Plathelminthen).
Von
Dr. Elnar Lönnberg,
Dozenten der Zoologie an der Kgl. Universtät Upsala.
Mit 4 Figuren.
(Schluß.)
Diese Veränderung der als Bewegungsorgane fungierenden
Bothridien zu Haftorganen steht ohne Zweifel in gewissem Zusamm-
enhang mit der Organisation des Darmes des Wirtstieres. In der
Spiralklappe der Selachier konnten und können die Schmarotzer
sich hin und her bewegen, ohne zu befürchten, gleich herausgetrieben
zu werden. Im Darme der Teleostier aber, denen eine solche Klappe
fehlte, mußten die Cestoden sich härter und besser festheften, um über-
haupt da bleiben zu können. Die Anpassung in dieser Hinsicht kann
man auch deutlich bei den verschiedenen Formen wahrnehmen.
Ptychobothrium(Bothriocephalus)belones,ein Bewohner
1) A. Schmidt, Ueber parasitäre Protozoen (Trichomonas pulmonalis) im Aus*
wurf. (Münch, med. Wochenscbr. 1895. No. 51.)
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726
Elitär Lönnberg,
des geraden Darmes von Rhamphistoma betone, hat besonders
große und kräftige Bothrien. Viele Bothriocephalen, wie B. puncta-
tus, infundibuliformis u. a. wählen die Appendices pyloricae zu
ihrem Aufenthaltsort, wahrscheinlich weil sie da eine ruhigere Lage haben,
als im Darme selbst. Abothriumrugosum verschafft sich ein sekun-
däres Haftorgan, weil die Bothrien ihm nicht genügen, indem er in
den Pylorusanhängen den vorderen Teil des Körpers hinter dem
Skolex, der abortiert, mächtig auftreibt und dadurch wie eingeknöpft
wird. B. plicatus bohrt die Darmwand des Wirtes durch und
bildet in einer besonderen Cyste oftmals einen ähnlichen Knopf,
aber mit Beibehaltung von Skolex und Bothrien. Andere Bothrio-
cephaliden, denen auch die Bothrien zu schwach gewesen waren, habtu
andere Haftorgane erworben. Der Schmarotzer im Darme des Po-
lyp terus trägt Haken am Vorderende des Skolex, weshalb Monti-
c elli ihm den neuen Namen Anchistrocephalus gegeben hat. Der
Bandwurm inCentrolophuspompilius.Amphicotyle, wurde
mit je einem Acetabulum auxiliare am Hinterende der Bothrien
ausgestattet, das wohl als die transformierte hintere Partie derselbe»
aufzufassen ist. Die stärkste Entwickelung der Bothrienmuskulatur
können jedoch die Solenophorineen aufweisen und sie müssen sicher-
lich im Darme der Boiden gut ausgerüstet sein. Bei der Gattung
Bothrimonus Duvernoy (Disymphytobothrium Diesing =
Diplocotyle Krabbe 1 ) haben sich die Bothrien zu rundlichen, vor-
wärts gerichteten Saugnäpfen konzentriert, die augenscheinlich sehr
muskulös und kräftig sind und die außerdem miteinander verbunden
sind, wodurch sie besser als Haftorgane wirken können. Mit Rück-
bildung der Bothrien hat Tricuspidaria vier dreispitzige Haken
erworben, die sowohl als Bewegungs- als auch als Haftorgane fungieren
können. Bei Schistocephalus und Ligula dagegen brauchen
die Haftorgane nicht so kräftig zu sein, weil diese Tiere schon
während des larvalen Lebens, das sie in der Bauchhöhle von Fischen
durchmachen, so weit entwickelt sind, daß sie nur kurze Zeit im
Darme des definitiven Wirtes zu verweilen brauchen. —
Cyathocephalus, der in manchen Beziehungen den Bothrio-
cephaliden ähnelt, z. B. durch den Besitz einer sekundären Uterus-
öffnung, könnte vielleicht von einer Bo thriocephalus- ähn-
lichen Form hergeleitet werden. Mau könnte sich dann entweder
denken, daß die Bothrien sich terminal zu einem vereinigt hätten
oder wahrscheinlicher, daß die terminale Sauggrube gleichzeitig mit
dem allmählichen Schwund der Bothrien aus der beweglichen Skolex-
spitze nebst einer solchen kragenförmigen Bildung, wie diejenige, die
man z. B. bei Bothriocephalus infundibuliformis findet,
hervorgegangen wäre.
Als Haftorgane sind die zwei blattförmigen Bothridien jenes Ent-
wickelungsstadiums, das noch von Echinobothrium repräsentiert
wird, nicht genügend. Die erwähnte Gattung, die solche Saugblätter
noch hat, mußte deshalb in anderer Weise sich festheften und hat
1) Vgl. Monticelli, „Sul genere Botbrimonus Davoruoy*'. (Boll. soc. oit
Napoli. An. IV.) und „Note elmintologiche.“ (Monit. zool. ital. 1892.)
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Beiträge zur Phylogenie der parasitischen Plathelminthen.
727
für diesen Zweck lange, kräftige Haken am Skolexhalse und an der
Spitze des Skolex erworben. Die zwei blattförmigen Bothridien, die
zwar als Haftorgane nicht ausreichend waren, leisteten doch als
Bewegungsorgane guten Dienst. Sie konnten aber besser, d. h.
beweglicher werden, indem jedes Bothridium sich in zwei teilte.
Dies geschah auch bei den Vorfahren der Tetraphylliden, und man
kann diese Spaltung darauf zurückführen, daß, wenn die Diphylliden
auf eine Fläche krochen, sie abwechselnd den linken und den rechten
Teil eines Bothridiums hervorstreckten. Hiervon entstand ein Streben,
die beiden Hälften jedes Bothridiums unabhängig von einander zu
machen, was ja verhältnismäßig leicht durchgeführt werden konnte.
Die jetzt entstandenen Tetraphylliden spezialisierten die Bothridien-
muskulatur und differenzierten sich und ihre Bothridien in ver-
schiedenen Richtungen, wodurch ein Reichtum von Formen entwickelt
wurde. Die Tendenz, die Bothridien immer beweglicher zu machen,
führte zur Entwickelung von Bothria pedicellata, wie sie am
meisten typisch bei Anthobothrium auftreten. Bei diesem sind
die gestielten Bothridien ganz glatt, ohne Hilfsorgane irgendwelcher
Art für die Befestigung, sie sind also ziemlich schwach. Bei
Echeneibothrium werden die außerordentlich beweglichen Bothri-
dien mit Querleisten versehen, wodurch sie besser anhaften, und
außerdem kann das Tier einen Teil des Bothriums unabhängig von
dem andern benutzen. Bei Phyllobothrium sind die gekräuselten
Bothridien schon kräftigere Haftorgane, wozu kommt, daß wenigstens
in gewissen Fällen Hilfswerkzeuge in der Form von sekundären Saug-
n&pfen sich entwickeln. Sekundäre Hilfsorgane treten aber in ver-
schiedenen Formen bei vielen Tetraphylliden teils als sekundäre
Saugnäpfe, teils als Haken auf. Jene sind in einfachster Form nur
vertiefte Abschnitte des Bothridiums, die nach und nach mit Muskeln
besser versehen werden, so daß sie schließlich spezialisierte Saug-
näpfe mit radiärer Muskulatur darstellen. Die gradweise Entwicke-
lung zeigen uns die Arten der Gattung Monorygma Diesing. Bei
Monorygma perfectum P. J. van Ben. ist der vordere Teil —
es ist beinahe immer der vorderste Teil, der für das Anhaften sekundär
bewaffnet wird, weil dies am meisten zweckmäßig ist, ist er aber
z. B. schon mit einem Saugnapfe ausgestattet, so kann sich noch
ein solcher in der Mitte oder am Hinterende ausbilden 1 ) — durch
eine Querleiste vom übrigen Teile des Bothridiums abgeschieden.
Bei M. chlamydoselachi mihi ist dies kaum weiter gegangen,
aber bei M. e 1 e g a n s Monticelli führen die Bothridien je einen deut-
lichen apikalen Saugnapf. Im ersten Stadium stellt also Mono-
rygma kaum mehr als ein Anthobothrium mit durch je eine
Querleiste geteilten Bothridien dar. Bei Orygmatobothrium
Diesing sind die ursprünglich Anthobothrium - ähnlichen Bothri-
dien mit je zwei Acetabula auxiliaria versehen. Die Aehnlich-
keit mit der primitiveren Form ist doch jedenfalls so groß, daß
P. J. van Beneden sowohl Monorygma als Orygmato-
bothrium Anthobothrium benannte. Wenn die Bothridien
1) Aehnlichea ist auch von Pintner 1. c. (Biol. Central bl.) ausgesprochen.
728
Binar Lönnberjr,
mit Haken bewaffnet sind, so können diese verschiedener Gestalt
sein. Onchobothrium besitzt in jeder Bothridie je zwei scharf
gekrümmte rosendoruförmige Haken, Galliobothrium je der
schlankere längere Haken und schließlich hat Acanthobothriam
je zwei gabelförmige Bildungen, also vier Spitzen in jeder Bothridie.
die aber zu zweien durch einen gemeinsamen Griff vereinigt stad
Diese hakentragenden Formen haben nicht nur solche Waffen, wie
die oben beschriebenen, sondern ihre Bothridien sind außerdem oh
durch Septen geteilt und mit sekundären Saugn&pfen versehen
Acanthobothrium coronatum (Rudolphi) van Ben. ha!
sowohl Haken als Septen und Acetabula auxiliaria. Dieser Band-
wurm ist also außerordentlich wohl ausgerüstet, seine Bothridien
sind sehr beweglich, und er ist imstande, sich tief in die Schleim-
haut des Wirtes einzubohren; er ist somit eine der höchstentwickeltes
Formen dieser Richtung. Wenn wir aber noch einmal zu der
An thobothri um gruppe zurückkehren, so können wir uns denkeo,
daß die sekundären Saugnäpfe sich mehr und mehr entwickeln, so
daß sie als Fixationsorgane vollständig und allein genügen, obwohl
die Muskulatur der Bothridienblätter sich auch entwickelt hat und
sich von dem übrigen Teile des Skolex differenziert. Wenn dann die
Parasiten mehr stationär werden und also die Bothridien als Be-
wegungsorgane nicht mehr brauchen, können diese reduziert werden,
so daß schließlich nur die weiter ausgebildeten sekundären Salz-
näpfe bestehen bleiben. Es ist anzunehmen, daß die kugelförmiges
Saugnäpfe z. B. von Tetrabothriuni maculatum Olsson 1 )
solche Bildungen sind, und dasselbe gilt von Tetrabothriuni
(Diploboth rium , Subgenus) simile P. J. van Ben. und T. (D.)
affine Lönnberg.
Dies kann weiter geführt werden, so daß man die Saugnäpfe von
Ichthy otaenia Lönnberg mit solchen Acetabula auxiliaria der
Tetraphylliden homologisiert und obwohl diese Gattung den Tetra-
phylliden viel näher steht, als den wahren Tänien der höheres
Wirbeltiere könnte man doch auch auf diese die Homologisierung
ausdehnen. Pintner hat (I. c.) die Wahrscheinlichkeit dieser Auf-
fassung hervorgehoben und sogar als Rudimente der früheren Haft-
scheiben die Oehrchen bei Anoplocephala perfoliata (Goeze)
gedeutet. Bei Prosthecocotyle Monticelli *) findet sich an jedem
Saugnapfe je ein „tubercoletto“. Diese „tubercoletti“ sind an der
Außenseite jedes Saugnapfes gelegen und scheinen mir sehr passend
als Rudimente von übrigens schon wegreduzierten Bothridien aufgefaßt
und erklärt werden zu können. Prosthecocolyte wäre dann eine
Zwischenform zwischen einer ursprünglichen Monory gm a -ähnlichen
Form und den echten Tetrabothrien mit kugelförmigen Saugnäpfe®
und wird jedenfalls wahrscheinlich am besten nur als ein Subgenus
unter Tetrabothriuni einrangiert. Es giebt aber noch andere
Cestoden, die Bildungen aufweiseu können, welche als Rudimente
1) Der Begriff Tetrabothriam scheint noch nicht ganz klar za Nein, UeskziS
ist es besser, die Speciesnamen ausauschreiben.
2) Monticelli, NoU intorno a due forme di Cestodi. (Boll. mus. soob) Törin«
1892.
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Beiträge zur Fhjrlogenie der parasitischen Plathelminthen.
729
von Bothridien gedeutet werden können. Eine solche Art ist D i n o -
bothrium septaria aus Isurus(Lamna) cornubicus, beschrieben
von P. J. von Beneden 1889 *). Dieser eigentümliche Cestode hat
4 große flache Bothridien und am Vorderende dieser je ein kleines
Acetabulum. Jederseits von jedem von diesen Saugnäpfen kann man
einen kleinen Ausschuß wahrnehmen, welche zusammen für jedes
Acetabulum eine halbmondförmige Bildung darstellen. Es sind dies
Bildungen, die ich für Bothridienrudimente halte. Um dies zu erklären,
Fig. 4.
Die Figuren sind schematische Darstellungen der
weiblichen Geschlechtsorgane: 1) von einem Tridaden,
2) von einem Trematoden, 3) von einem Rhabdocöüden
und von einem Cestoden (Sagittalschnitt).
ks Keimstock, d Dotterstock, dg Dottergang, s Schalen-
drüse, Ic Laurer’scher Kanal, v Vaginalöffnung, ka mut-
maßliche Lage des Keimstockes nach dem Zurückwandern,
v Lage der weiblichen Geschlechtsöffnnng, nachdem die-
selbe mit Verlängern der distalen Teile nach vorn gerückt
ist , dg Lage der Dottergänge , wenn der Keimstock
zurückgewandert ist, u Uterus.
kann man aber nicht eine Monory gm a- ähnliche Form als Ausgangs-
punkt wählen. Es giebt aber tetraphyllide Cestoden, die nicht nur am
Vorderende der Bothridien, sondern auch in der Mitte derselben einen
1) S. J. van Beneden, Deuz Cestodes nouveaux de Lamna cornnbica. (Bull.
Aca'i. Belg. 3. 8dr. T. XVII.)
1892 beschrieb Monticelli aus demselben Wirt einen Bandwurm, den erCerato-
botbrium xanthocephalum nannte, den ich aber für identisch mit Beneden 's
Di nobothrium halte, da die Abbildungen, die er giebt, daraufhindeuten. Monticelli
spricht von „due appendici a forma cornetti“, die für seine Art charakteristisch sein
sollten, diese finden sich aber auch auf van Beneden 's Figuren und sind anch von
ihm beschrieben.
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Turbellaria rhabdocoela
730 Lönnberg, Beiträge zur Phylogeide der parasitischen Plathelminthen.
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van’t Hoff, Eine schnellere Methode der bakteriologischen Plattenzählung. 731
Saugnapf tragen, wie z. B. A nthobothrium musteli P. J. van
Beneden = Orygmatobothrium versatile Diesing. Denkt
man sich jetzt, daß dieser centrale Saugnapf sich allmählich ver-
größert, verliert der Bothridie alle Bedeutung und wird deshalb
reduziert, so daß nur die erwähnten „cornetti“ bleiben. Eine solche
Erklärung wird dadurch gestützt, weil, wie ich konstatiert habe, die
großen Bothridien von Dinobothrium gleich wie die kugelförmigen
Saugnäpfe von Tetrabothrien gebaut und mit sehr starker radiärer
Muskulatur versehen sind.
Die Tetrarhynchen sind noch nicht erwähnt worden. Ihre Bo*
thridien sind von ganz ursprünglicher Tetraphyllidennatur. Dagegen
haben sie ja in ihren vier Rüsselapparaten ein sekundäres und sehr
kompliziertes Haftorgan erworben. Sie haben sich also ziemlich
früh von den anderen Tetraphylliden abgezweigt. Im Frühling 1887
hörte ich Professor Tu 11b erg in seinen zoologischen Vorlesungen
die Theorie aufwerfen, daß die Rüsselapparate aus Acetabula auxi-
liaria herzuleiten wären. Natürlich vollständig unabhängig hiervon
und mit voller Priorität, da die erwähnten Vorlesungen nicht
publiziert worden sind, hat Pintner wieder dieselbe Theorie
aufgestellt (Biol. Centralbl. 1896. 1. c.), weiter entwickelt und, wie
es mir scheint, sehr gut bewiesen, ich verweise deshalb auf diese
Arbeit hier.
Die oben kürzlich hervorgehobenen Theorieen könnten vielleicht
in einem hypothetischen Stammbaum nebenstehender Konstruktion zu-
sammengefaßt und ausgedrückt werden.
16. April 1897.
Nachdruck verboten.
Eine schnellere und quantitativ bessere Methode der
bakteriologischen Plattenzahlung.
Von
Dr. H. J. van’t Hoff
in
Rotterdam.
Mit 1 Piyur.
Wie bekannt, ist die jetzt wohl allgemein gebräuchliche Methode
der Plattenzählung diese, daß die Bakterien enthaltende Flüssigkeit
im Reagensrohr mit Gelatine gemischt und aus diesem auf die Platte
ausgegossen wird.
Diese Methode hat aber zwei nicht unbedeutende Nachteile, und
zwar, daß erstens die Bakterien mit der Gelatine innig vermischt
werden und also nur ein geringer Bruchteil dieser als Oberflächen-
kolo nie en auf den Platten wachsen. Es wird dadurch nötig, die
Platten vollkommen zur Entwickelung kommen zu lassen, was wenigstens
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732 van’t Hoff, Eine schnellere Methode der bakteriologischen Plattenzählung.
4—6 Tage dauert. (Man sieht nämlich bis 7 Tage die Anzahl sich
noch vermehren.) Zweitens aber ist diese Methode Oberhaupt nur
dann eine quantitative, wenn man auch die im Reagensrohr zurück-
gebliebene Menge Gelatine zählt und als Rollröhrchen behandelt, was
immer seine Schwierigkeiten hat.
In den letzten zwei Monaten wende ich nun eine andere
Methode an, die, neben zahlreichen Kontrollversuchen mit der vor-
hin beschriebenen, die besten (oder doch viel bessere) Resultate
liefert.
Bei meinen Wasseruntersuchungen tropfte ich nämlich das be-
stimmte Quantum Wasser (ungefähr 1 / 6 ccm) 1 ) auf die Platte, die
vorher mit Gelatine beschickt worden war, welche darin zur Erstar-
rung gebracht worden ist. Auf die Mitte dieser festen Gelatinemasse
wird nun das Quantum Wasser getropft und nach Zudecken der
Platte durch Drehung und Schiefhaltung so breit als möglich zer-
streut. Das Wasser läuft, wenn die Gelatine recht fest erstarrt ist,
ganz gut, und in kurzer Zeit ist ungefähr ein Drittel der Oberfläche
damit benetzt (oder sogar die
Hälfte). Die Kolonieen entwickeln
sich auf diese Weise ganz selb-
ständig und entfernt von einander,
nur beachte man, daß möglichst
das Wasser nicht an den Rand
läuft. Auf diese Weise ist die
Benetzung derart:
Diese Methode bietet zwei
große Vorteile, welche besonders die
bakteriologische Analyse braucht,
nämlich ein schnelleres und zugleich vollkommeneres, quantitatives
Verfahren.
Auf der Platte wachsen natürlich auf diese Weise nur Ober-
flächenkolonieen und so ist man in der Lage, schon nach
2, höchstens 3 Tagen das ganze Quantum Kolonieen zur Entwickelung
kommen zu sehen. Die Zählzeit wird auf diese W eise sehr abgekürzt.
Quantitativ ist diese Methode auch empfehlenswerter, weil hier
nichts im Reagensrohr zurückbleibt, da dieses ganz unnötig ist.
Auf diese Weise ist es mir jetzt möglich, nach 2 Tagen viel
bessere quantitative Resultate zu erhalten, wie sonst nach & — 6 Tagen,
was für die Filtrationskontrolle von großem Wert istl
Im Durchschnitt fand sich eine um 5 — 10 Proz. grössere Bakterien-
zahl pro ccm im Vergleich mit der älteren Methode.
Daß hier nur die aeroben Arten wachsen, thut bei der Filtra-
tionskontrolle gar nichts zur Sache; die streng anaöroben
1) , / e ccm geben ungefähr 10—13 Kolonieen. Die Platten heben 15 cm Diameter.
Aach mit l / g ccm Wasser gelingt dieselbe Methode. Reinkulturen lege ich auch auf
diese Weise an. Weitere Vorteile sind noch, dafi
1) Wenige Gelatine genügt (6 — 7 ccm) ;
2) Filtrationsfehler schon nach 12 — 20 Stunden naebgewiesen werden können;
S) zu starke Verflüssigung beseitigt wird, da die Zähldauer kürzer ist;
4) die unangenehme Differenz zwischen Oberflächen- und tiefliegenden Kolonieen autbert.
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S. Ciechanowski, Krystallbildung in den Nährmedien.
733
Arten wachsen bei der anderen Methode auch wenig oder gar
nicht, weil immer Luft in der Gelatine ist.
Gern möchte ich diese Methode den Herren Kollegen empfehlen
und ihre Resultate näher erfahren.
30. April 1897.
Nachdruck verboten.
Krystallbildung in den Nährmedien.
Eine Antwort an Hrn. Marion Dorset, M. D.
Von
Dr. 8. Ciechanowski,
Assistenten am Institute für pathologische Anatomie zu Krakau.
Es ist von Dr. Nowak und mir keineswegs übersehen worden,
daß Hr. Marion Dorset ebenfalls eine Krystallbildung in den
teilweise ausgetrockneten Nährmedien bei verschiedenen
Bakterienarteu konstatiert und in seiner ersten Mitteilung deren Er-
wähnung thut. In unseren Beobachtungen stand jedoch die Krystall-
bildung in keinem Zusammenhänge mit dem Austrocknen des Mediums,
was wir ausdrücklich in folgendem, von Hr. Marion Dorset leider
nicht berücksichtigten oder möglicherweise nicht recht verstandenen
Satz hervorgehoben haben: „Es lag nahe, die Erscheinung mit dem
Austrocknen des Nährmediums in Zusammenhang zu bringen ; sie war
aber auch noch dann zu konstatieren, wenn der alternde Agar mit
gleichalteriger Bouillon derselben Provenienz aufgefrischt worden
war. Aus dem Grunde sind wir geneigt, anzunehmen, daß die be-
treffenden Nährmedien . . . von Hause aus eine abweichende chemische
Zusammensetzung besaßen. 1 * (Vergl. dies. Centralbl. Bd. XX. p. 680.)
— Daraus ist zu ersehen, daß das Austrocknen der Nährmedien
in unserem Falle nicht als eine Ursache der Krystallbildung gelten
kann. Die Erscheinung war augenscheinlich an eine gewisse Bouillon,
welche zur Bereitung dos Agars diente, und deren Teil im Eis-
schranke, mit Kautschukkappe geschlossen, auf bewahrt wurde,
innig gebunden. —
Dieselbe Erscheinung habe ich aber zufälligerweise wieder vor
3 Wochen zu beobachten Gelegenheit gehabt. Diesmal trat sie in
ganz frischem Agar und in frischer Bouillon in den Sta-
phylococcus-, Anthrax-, Coli- und Typhuskulturen nach
4 — 7 Tagen auf. (In Gelatine war nicht geimpft.) Aus dem Grunde
bin ich überzeugt, daß diese Krystallbildung doch hauptsächlich von
einer zufälligerweise abweichenden Zusammensetzung unserer Nähr-
medien abhängig war. —
Indem ich damit von weiterer Polemik Abstand nehme, danke
ich Hrn. Marion Dorset für die unserer Notiz geschenkte Aufmerk-
samkeit und der geehrten Reaktion dieses Blattes für gefl. Aufnahme
dieser Zeilen.
Krakau, am 11. April 1897.
734
Bakterien im Wasser. — Typhös.
Referate.
Massone, Studio s u i vibrioin delle acque del porto di
Genova. (Rivista d’Igiene e Sanitä pubblica. 1897. No. 4 u. 5.)
Choleraähnliche Vibrionen aus Meerwasser sind bisher nur von
Russell, Fokker und Cadeddu isoliert worden. Massone
untersuchte das Hafenwasser in Genua in der üblichen Weise unter
Zusatz von Pepton in Menge von 1 Proz. zu 200 ccm Wasser und
Bebrütung bei 37 °. Er konnte fünf verschiedene Arten von Vibrionen
auffinden und rein kultivieren, die er genau beschreibt. Alle ver-
flüssigen die Gelatine, zwei geben Indolreaktion, zwei nicht, eine nur
nach Zusatz von Nitrit. In den am stärksten verschmutzten Partieen
des Hafens waren die Vibrionen am zahlreichsten. Durch Cholera-
serum wurden sie nicht agglomeriert. Bei der Aebnlichkeit mancher
der gefundenen Vibrionen mit dem Choleravibrio hält es Mas-
sone für möglich, daß früher Verwechslungen vorgtkommen sind
und daß z. B. die von Nicati und Ri et sch 1885 aus dem Hafen
von Marseille isolierten angeblichen Cboleravibiionen Angehörige der
so stark verbreiteten und zahlreichen Wasservibrionen gewesen sind.
Rudolf Abel (Hamburg).
Capaldi und Proskauer, Beiträge zur Kenntnis der Säure-
bildung bei Typhusbacillen und Bacterium coli.
(Zeitschr. f. Hyg. u. Inf. Bd. XXIII. p. 452.)
Die Verff. suchten, die Lacktnusmolke als Vorbild nehmend, Nähr-
substrate herzustellen, durch welche eine leichte Unterscheidung des
Typhusbacillus und das Bacterium coli auf kolorimetrischem
Wege crieichbar wäre. Sie ersetzten zunächst die Lackmuslösung
durch andere in der Acidimetrie gebräuchliche Indikatoren, machten
jedoch hier bei die Erfahrung, daß gerade die gegen Säuren empfind-
lichsten Präparate, wie Rosolsäurc, für eine Unterscheidung der
Kulturen in Molke auf Grund des Aciditätsgrades unbrauchbar waren.
Andererseits wurde der Versuch gemacht, die Molke durch eine
Lösung chemitcb genau charakterisierter Köiper zu ersetzen, welche
den zu differenzierenden Bakterienarten günstige Wachstumsbe-
dingungen gewährte, und ihnen damit die Möglichkeit zur vollen Ent-
faltung ihres Säurebildungsveimögens gab. Bei der ersten größeren
Versuchsreihe gingen die Veiff. von einer Stammlösung aus, welche
pro Liter enthielt: 2 g Asparagin, 2 g Magnesiumsuifat, 5 g Cit-
ronensäure, 2 g Monckaliumphosphat und 0,2 g Chlorcalcium.
Diese Lösung wurde lür sich allein oder unter Zusatz der verschieden-
artigsten Kohlehydrate und mehrwertigen Alkohole, sowie auch unter
Ersatz des Asparagins durch andere Amido- und durch Ammo-
niumverbindungen, und endlich unter mannigfacher Variierung des
Mineralsalzgebaltes zur Züchtung von Typhutbacillen und von Bac-
terium coli verwendet. Die Versuche ergaben, daß auf den meisten
dieser Nährlösungen das Bact. coli kräftig und unter starker Säure-
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Typhus.
735
Produktion gedieh, daß dagegen die Typhusbacillen in keinem Falle
günstige Ernährungsbedingungen fanden. Dem Bact. coli genügten
nicht allein alle verwendeten amidartigen, sondern noch besser die
Ammoniumverbindungen als Stickstoffquelle, während für die Typhus-
bacillen der in solcher Form dargebotene Stickstoff unverwertbar
blieb. Die Verff. leiten aus diesem Verhalten den wichtigen Schluß
ab, daß beide Bakterienarten nicht, wie vielfach behauptet wird,
identisch 6ein können.
Bei den Bemühungen, ein für das Wachstum der Typhusbacillen
günstiges Nährmedium zusammenzustellen, kamen Eiweißkörper, und
zwar vor allem die Peptone, als Stickstoffquelle zur Verwendung. Da-
bei konnte die interessante Thatsache festgestellt werden, daß die
Typhusbacillen in einer 2-proz. Witte’sches Pepton und 0,1 bis
0,2 Proz. Mannit enthaltenden Lösung ohne weiteren Zusatz kräftig
und sogar üppiger gediehen als das Bact. coli. Weiter ergab sieb,
daß die das Wachstum der Typhusbacillen begünstigenden Bestand-
teile des Witte’schen Peptons in dem nicht dialysierbaren Anteile
desselben enthalten waren. Als wichtigstes Ergebnis dieser Unter-
suchungen ist jedoch hervorzuheben, daß die Verf. in einer 2-proz.
Lösung von Witte’schem Pepton + 0,1 Proz. Mannit eine Nähr-
flüssigkeit zusammengestellt haben, „auf welcher die Typhusbacillen
nach ca. 20stündiger Bebrütung bei 37° eine positive, d. b. saure
Reaktion hervorrufen, während die Kulturen des Bacterium coli
nach dieser Zeit noch die anfängliche schwach alkalische Reaktion
aufweisen“, und daß dieses Verhalten bei einer größeren Reihe von
Typhus- und Colikulturen der verschiedensten Herkunft stets das
gleiche war.
Weitere eingehende Studien über den feineren Mechanismus dieser
Reaktionen, sowie über die Verwendbarkeit der beschriebenen Nähr-
böden zur Klassifikation der Co Harten und besonders zu einer Diffe-
rentialdiagnose zwischen diesen und den Typhusbacillen schließen die
interessanten Untersuchungen der Verff. ab. Vogel (Hamburg).
Horton-Smith, On the occurrence of typhoid bacilli in
the urine of patients suffering from typhoid fever.
(The Lancet. 1897. Febr. 13.)
Verf. schienen die bisher veröffentlichten Befunde von Typhoid-
bacillen im Harn nicht recht zuverlässig, besonders in den Fällen, wo
sich dieselben schon in der ersten Woche der Krankheit gezeigt haben
sollen; eine Verwechselung mit Bacterium coli commune wäre
nicht ausgeschlossen. Darum untersuchte er den Harn von 8 Typhoid-
kranken in den verschiedenen Stadien der Krankheit (im ganzen
61 Untersuchungen) mit Beobachtung der nötigen Vorsichtsmaßregeln
und legte Plattenkulturen, sowohl mit dem ganzen Harn, als auch
mit dem Filterrückstand an. Die Identität der Typhusbacillen wurde
festgestellt durch das Vorhandensein von Geißeln, durch das Fehlen
von Gaseutwickelung und Milchgerinnung und durch die Reaktion
gegen das Blutserum der Typhuskranken. In keinem der Fälle konnte
H. die Bacillen in den Anfangsstadien der Krankheit finden und hält
deshalb den diagnostischen Wert der Harnuntersuchung auf die
736
Gonorrhöe.
Bacillen im Typhoid für gering. Wichtig ist dagegen der Umstand,
daß bei der Desinfektion der Harn ebensogut wie der Stuhl berück-
sichtigt werden muß.
Als H. obige Mitteilung in der K. med.-chir. Gesellschaft zu
London machte, bemerkte D u r h a m , daß er das Wi d a 1 'sehe Ver-
fahren nicht so verlässig gefunden, wie er erwartet, und daß es
wünschenswert wäre, dasselbe in allen bakteriologisch als Typhoid
erkannten Fällen zu prüfen. Sentifion (Barcelona).
Heimau, A further study of the biologyof the gonococcus
(Neisser) with contributions tothe technique: a paper
based on the morphological and biological exami-
nation of exudates in cases of chronic Urethritis.
(Medical Record. 1896. Dez. 19.)
Verf. teilt seine weiteren Untersuchungen über den Gonococcus
mit und faßt das Ergebnis seiner Experimente in folgenden Sätzen
zusammen: 1) Bei der Untersuchung von Hamröhrenausscbeidungen
ist die Anwendung der Centrifuge nicht nur die bequemste Methode,
sondern sie giebt auch die besten und zuverlässigsten Resultate.
2) Der von Hammer verwendete Nährboden aus eiweißhaltigem
Harn und Glycerinagar erwies sich nicht so günstig als das Blut-
serumagar. 3) Die fraktionierte Sterilisierung des Serums sollte länger
als 6 Tage fortgesetzt werden und dann sollte man nach einer Pause
von 2 — 3 Tagen nochmals 3 Tage hintereinander sterilisieren. 4) Als
flüssige Nährböden für den Gonococcus sind zu empfehlen: Gärungs-
bouillon und flüssiges Blutserum, Dunham’s Peptonlösung und
flüssiges Blutserum sowie Nährbouillon und flüssiges Blutserum.
5) Im ersten dieser drei flüssigen Mittel konnte der Gonococcus
noch nach 51 Tagen gezüchtet werden. 6) Centrifugierter und
bei Zimmertemperatur feucht gehaltener Trippereiter enthielt nach
48 Stunden lebendige Gonokokken, wie die Kultur ergab. 7) In auf
Leinwand geschmiertem Trippereiter war der Gonococcus morpho-
logisch nach Gram ’s Methode auf dem Deckglase noch nach 49 Tagen
uachzuweisen. 8) Aus auf Glas getrocknetem Eiter war der Gono-
coccus nach 29 Tagen noch mittels Deckglaspräparat zu Anden.
9) Zur Auffindung des Gonococcus bei chronischer Urethritis läßt
sich nur die Züchtungsmethode empfehlen. 10) Bei 34 Untersuchungen
von Tripperfäden mittels der Gram 'sehen Methode allein wurde der
Gonococcus nur 7 mal gefunden. 11) Bei 61 Untersuchungen von
Tripperfäden mittels beider Methoden war das Ergebnis positiv in
13 Deckglaspräparaten und 74 Kulturen. 12) Um Sekret und Fäden
zur Aussaat zu bekommen, muß man wenigstens 2 Harnproben ent-
nehmen, eine, die die Harnröhre ausspült und eine, die das Sekret
aus dem unteren Ende der Harnröhre und der Prostata enthält.
13) Die Harnröhre kann Gonokokken enthalten, die für den Träger
jahrelang unschädlich bleiben, aber zu jeder Zeit bei einer anderen
Person akuten Tripper hervorrufen können.
Senti&on (Barcelona).
Tuberkulose. — Knoten im Darme. — Stomatitis.
737
Riehe, H6r6dit6 et tuberculose. (LaSeraaine mddicale. 1897.
p. 132.)
R. vertritt die Ansicht, daß die Infektion mit Tuberkelbacillen
weniger durch eine direkte Uebertragung des Krankheitserregers
stattfindet, als vielmehr die Tuberkelbacillen einen für ihre Weiter-
entwickelung disponierten Körper verlangten. Stoffwecbselunter-
suebungen, die R. im Verein mit C h a r r i n an neugeborenen Kindern
Tuberkulöser anstellte, scheinen diese Ansicht sehr zu bekräftigen.
Unter anderen fanden R. und Ch., daß der Urin der betreffenden
Kinder auf Kaninchen toxische Wirkungen äußerte. Betreffs der
weiteren Einzelheiten der interessanten Untersuchungen sei auf das
Original verwiesen. Ahlefelder (Charlottenburg).
WUlach, Zur Aetiologie der eiterig käsigen Knötchen
des Rinderdarmes. (Dtsche tierärztl. Wchschr. 1896. No. 11.)
In der Submucosa des Dünndarmes vom Rinde fand Drechsler
vor ungefähr 20 Jahren Knötchen, die nicht tuberkulöser Natur waren,
wie man irrtümlich angenommen hatte, sondern die durch eine 1 mm
lange Nematodenlarve hervorgerufen wurden. Nach ihm sind häufiger
solche Befunde gemacht worden (Saake, Ströse) und immer wurden
neben Eiterkörperchen und Zerfallsmassen Nematodenlarven entdeckt
In dem Falle von Ströse handelte es sich um eine Ankylosto-
m umlarve, während Saake in den meisten Fällen den Drecbsler-
schen Nematoden fand. W. untersuchte nun eine ganze Anzahl dieser
von den Fleischern als „pickelig“ bezeichneten Därme und kommt
zu dem Schlüsse, daß es sich um eine einheitliche Ursache nicht
handelt. Er fand teils Nematodenlarven, teils aber auch Distomen-
entwickelungsformen , und zwar solche von spitzovaler und blatt-
förmiger Gestalt, mit Mund- und Baucbsaugnapf. Sie waren stets
in größerer Anzahl anzutreflfen, aber stets allein, nicht mit den
Nematodenlarven vergesellschaftet. W. glaubt, daß es sich hier
ebenso wie bei den Lungen- und Leberknötchen des Pferdes um
einen embolischen Prozeß handelt, indem die Parasiten durch die
Blutbahn ihre Verbreitung finden. Die Entwickelungsgeschichte dieser
Parasiten konnte Verf. aber auch nicht klarlegen und meint, daß die
Gegend und die Fütterungsart von Einfluß auf das Fehlen oder Vor-
handensein gewisser Arten sein müsse.
Vom sanitären Standpunkte aus will W. mit Recht die pickeligen
Därme von der Verwendung als Wursthülle ausgeschlossen wissen.
D e u p s e r (Deutsch-Lissa).
Levi, Amadeo, Ueber Stomatitis aphthosa. (Wien. med. Blätter.
1897. No. 4.)
Um den Infektionserreger der Stomatitis aphthosa zu finden, be-
obachtete Verf. 8 Fälle dieser Krankheit unter den Patienten der
Abteilung für Kinderkrankheiten der allgemeinen Wiener Poliklinik.
Er konstatierte bei 4 Fällen den Staphylococcus pyogenes
aureus, bei 2 Fällen den Staph. pyog. albus und ein Oldium,
wahrscheinlich 0. albicans. Streptokokken, wie Klein, Le-
rn aistre u. A., fand er bei keinem seiner Versuche. Ebenso ge-
Entt Abi. XXL Bi. 47
Google
738
Daruat&ulim.
lang es nicht, weder bei direkter Untersuchung, noch mittels Kulturen,
den von Stooss beschriebenen, dem Pavel’schen Diplostrepto-
coccus der Peritonitis ähnlichen, Diplostreptococcus zu
finden.
Tierexperimente, welche er auschloß, stellte er folgendermaßen
an : Er impfte bei einigen Kaninchen unter der Schleimhaut der
Zunge und der Lippen das direkt von den drei ersten an Stomatitis
erkrankten Patienten und von den drei Kulturen erhaltene Material
ein. Eine den Aphthen ähnliche Erkrankungsform hervorzurufen, ge-
lang ihm dadurch nicht. Fieber (38,5 — 39 °) trat bei den Tieren
zwar ein, wich jedoch nach 24 Stuuden wieder. Die lokale Unter-
suchung ergab lediglich eine Zahnfleischentzündung. Die Schwierig-
keit, die Krankheit bei Tieren hervorzurufen , erklärt er durch die
verschiedene Reaktion des Kinder- und Tierspeichels. Er glaubt, wie
Monti, daß im Munde der Kinder, infolge schlechter hygienischer
Zustände oder infolge von Erkrankungen, Zersetzungsprozesse statt-
finden, welche einen für die Entwickelung eines Infektionserregers
günstigen Boden bereitem Er nimmt schließlich infolge seiner Unter-
suchungen an, daß dieser Infektionserreger mit besonderer Wahrschein-
lichkeit in den pyogenen Staphylokokken gegeben sei, die, wenn sie
die besonderen, oben erwähnten Zustände nicht finden, wirkungslos
bleiben können. Aus diesem Grunde geben vielleicht auch die Tier-
experimente keine positiven Resultate. Deeleman (Berlin).
Caseiani, Die Ausscheidung des Sch wefeläthers durch
den Harn bei der Stypsis, bei verschiedener Er-
nährung und beim Gebrauch von Chlorür und natron-
haltigen, als Abführmittel angewandten Mineral-
quellen. (Dtscbe med. Wochenschr. 1897. No. 16.)
Die Darmfäulnisprozesse, welche die Bildung aromatischer Ver-
bindungen bewirken, sind seiner Zeit von Bau mann bei der Ent-
stehung der Phenyl- und Indolgruppe auf die Reaktionseigenscliaften der
Mikroorganismen zurückgeführt und nachgewiesen. Dieselben müssen
deshalb auch in Betracht gezogen werden, wenn man das Vorhandensein
aromatischer Verbindungen im Harn erklären will, worauf auch die
Arbeiten von Müller, Bienenstock, Kuhn undJakowsky hin-
weisen, bei welchen angegeben wird, daß die Eiweißstoffe durch die
mittels Bakterien bewirkte Zersetzung aromatische Körper abspalten,
die teils im Darme bleiben und durch Faeces abgeführt werden, teils
nach der Absorption in den Harn gelangen. Auf diese Thatsache ist
das Bemühen vieler Forscher, den Grad der Darmfäulnis aus der Menge
des im Harne befindlichen Schwefeläthers zu bestimmen und durch
Verminderung der Quantität derselben eine Rückwirkung auf die
Darmfäulnis verursachen zu können, zurückzuführen. Neben mannig-
faltigen Desinfektionsstoflen , die bei diesen Versuchen angewendet
worden sind, ist auch die Wirkung von Marienbader, Karlsbader und
Montecatini Mineralwasser berücksichtigt worden. Durch eine Reihe
von experimentellen Untersuchungen über die Wirkung der Des-
iufektionsstoffe auf die Darmflora hat sich der Verf. von der geringen
Macht dieser Stoffe, den Mikroorganismen gegenüber, überzeugt; ein
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Maul- und Klauenseuche.
739
günstiges Resultat wurde aber erhalten bei Anwendung chlorür- und
natronhaltiger Wässer von Montecatini als Abführmittel. Mit der
Abnahme von Mikroorganismen und toxischen Produkte wurde zu-
gleich die Abnahme der Toxicit&t des Harns und der Faeces wahr-
genommen. Um die Wirkung der Wässer von Montecatini auf die
Bildung des Schwefeläthers und die darauf womöglich folgende Be-
einflussung der Darmfäulnis zu erzielen und genau zu studieren,
wurden mehrere Versuche an gesunden und an habitueller Verstopfung
leidenden Individuen unternommen. Dabei wurde die Kost und die
Dauer des Wassergebrauches einer besonderen Berücksichtigung unter-
zogen. Die erhaltenen Resultate veranlassen den Verf., folgende
Schlüsse zu ziehen:
1) Die täglich ausgeschiedene Menge des Schwefeläthers ist nicht
konstant, die Schwankungen sind nicht allein von der Darmfäulnis
abhängig.
2) Die Kost besitzt einen relativen und auch nicht konstanten
Einfluß auf die Darmfäulois, und somit auch auf die Ausscheidung
des Schwefeläthers. Die Fäulnisprozesse im Darme sind von der
Kost unabhängig, es ist anzunehmen, daß in dieser Beziehung dem
Gehalte des Darmes an Mikroorganismen eine größere Bedeutung
zuzuschreiben sei.
3) Die Hartleibigkeit bedingt nicht immer die Vermehrung des
Schwefeläthers im Harn. Die Autointoxikation ist keineswegs auf die
Zunahme des Schwefeläthers zurückzufübreu.
4) Beim Gebrauch von Chlorür und natronhaltigen Wässern
nimmt der Schwelelätber im Harn ab, die Abnahme steht im direkten
Verhältnis mit der Dauer des Gebrauches. Robertson (Prag).
Van Niessen, Das Cout&gium der Maul- und Klauen-
seuche (Aphthenseuche). (Berl. tierärztl. Wochenschr. 1897.
No. 8 u. 9.)
Die sehr ausführliche Abhandlung wird eingeleitet durch eine
Mitteilung über die Vorschriften zur Entnahme von Untersuchungs-
material von maul- und klauenseuchekranken Rindern. Nach den
vom Verf. angegebenen Grundsätzen hat er sodann bei verschiedenen
räumlich und seitlich getrennten kleineren oder größeren Seuchen-
herden Material zu eigenen Untersuchungszwecken entnommen und
kommt bei den mit diesen Dingen angestellten Experimenten zu dem
Ergebnis, daß die Maul- und Klauenseuche durch einen Bacillus
verursacht werde, der sowohl in den erkrankten Geweben und Sekreten
wie auch im Geifer und in der Milch vorhanden ist. Diesen Bacillus
konnte Verf. nicht bloß in Gewebsschnitten in der Umgebung der
Bläschen und in ihrem Inhalt mikroskopisch nachweisen, es gelang
auch die Kultur, ln einer größeren Reihe von Abbildungen werden
die Einzelheiten genauer erläutert. Verf. nennt sein Gebilde M ik ro -
phyton aph t h o n öseos.
Als ein guter Nährboden erwies sich Fleischbrühe, die aus mensch-
lichen Placenten hergestellt war. In einer Anmerkung bemerk! Verf.:
„Ich verwerte für Kulturen von spezifisch bisher lür den Menscheu
als pathogen angesehenen Mikroorganismen, so der Syphilis, Gonorrhoe
47 *
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740
Maul* and Klauenseuche. — Tierische Parasiten.
und neuerdings der Lepra Fleischbrühen, die ich analog der Rinds-
bouillon aus menschlichen Placenten herstelle.“
Ref. bat nicht unterlassen, diesen Satz zu citieren, um die Art
der Arbeit des Verf.’s zu charakterisieren. Um aber auf den eigent-
lichen Inhalt der Arbeit zurückzukommen, so fehlt es trotz der Länge
derselben auch nur an einem einzigen Beweise dafür, daß der vom
Verf. beobachtete Mikroorganismus auch der Erreger der Maul- und
Klauenseuche ist. Von einer Wiedererzeugung von Maul- und Klauen-
seuche mit Reinkulturen einer späteren Generation seines Mikrophyten
ist vom Verf. nichts berichtet Ein einziger an einer Ziege ange-
steilter Versuch scheint eher das Gegenteil zu beweisen.
So wird uns denn der Autor es durchaus nicht übel nehmen
können, daß wir nicht eher an die ätiologische Bedeutung seines
Mikroorganismus glauben mögen, bevor nicht den bekannten Koch-
schen Forderungen Genüge geschehen ist. 0. Voges (Berlin).
Jüngers, Nochmals die Maul- und Klauenseuche. (Berl.
tierärztl. Wochenschr. 1897. No. 7.)
Verf. hat schon früher (Berl. tierärztl. Wochenschr. 1896. No. 53)
über Beobachtungen bei Maul- und Klauenseuche der Rinder be-
richtet. In seiner heutigen kurzen Mitteilung führt er aus, daß In
aseptisch aufgefangener Flüssigkeit der frischen Bläschen keinerlei
Bakterien enthalten sind und nur die von ihm früher schon be-
obachteten und beschriebenen kleinen Körperchen gefunden wurden,
die er daher als die Erreger der Maul- und Klauenseuche betrachtet
wissen will.
Diesen reinen Bläscheninbalt hat Verf. in größeren Mengen ge-
sammelt und filtrierte dann. Das körperebenfreie Filtrat erzeugte
keine Reaktion, wurde hingegen die unfiltrierte Flüssigkeit Tieren in
die Maulschleimhaut eingestrichen, so erkrankten sie nach 3 — 5 Tagen
sämtlich an Maul- und Klauenseuche.
Verf. zählt die von ihm beobachteten Gebilde zu den Protozoen
und zwar in die Ordnung der Coccidien. Endlich teilt Verf. noch
mit, daß er auf dem Wege sei, ein Verfahren zu finden, die An-
steckungsfähigkeit energisch zu bekämpfen. Im Interesse der Land-
wirtschaft wäre ihm das zu wünschen.
Die Schlüsse, die Verf. aus seinen Beobachtungen zieht, erscheinen
Ref. indes etwas gewagt. Von den bekannten Koch 'sehen Forderungen
ist höchstens die erste und diese auch nur sehr dürftig erfüllt Daß
die unfiltrierte Bläschenflüssigkeit die Erreger der Aphthenseuche
enthält, ist längst bekannt, ob diese Erreger aber in den vom Verf.
beobachteten Körperchen bestehen, ist bisher durch die Experimente
des Verf.’s unbewiesen. Die Forderung, mit Reinkulturen die Maul-
und Klauenseuche zu erzeugen, erscheint auch heute noch als voll-
berechtigt, ist aber leider bis jetzt keinem einzigen Forscher gelungen.
O. Voges (Berlin).
Ostertag, Ueber das Vorkommen der Rinderfinnen und
die Verwertung des Fleisches der finnigen Rinder
in den größeren norddeutschen Schlachthöfen. (Zeit-
schrift f. Fleisch- u. Milchhyg. 1896. Heft 6, 8 u. 12.)
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Tierische Parasiten.
741
Diese umfangreiche Zusammenstellung ist das Ergebnis einer
Umfrage an die tierärztlichen Leiter von 38 näher benannten nord-
deutschen Schlachthöfen. Es handelte sich darum, genauere Daten
über die Häufigkeit der Rinderfinnen, aber ihre Verteilung im Körper
und über die Verwertung des Fleisches zu erlangen. Die einzelnen
Schlachthöfe sind nach ihrer geographischen Lage zusammengestellt
mit Ausnahme von Berlin, welches vorangestellt wurde, weil es keinen
örtlich beschränkten, sondern einen mehr universellen Auftrieb aus
den meisten Provinzen, mit Ausnahme der westlichen, besitzt. Leider
fehlt am Schlüsse eine znsammenfassende Uebersicht der gewonnenen
Ergebnisse und es sind die einzelnen Mitteilungen nur lose aneinander
gereiht, so daß hier nur dieser oder jener Punkt berührt werden kann.
Was zuerst das Vorkommen anbelangt, so schwanken die Prozent-
sätze sehr, nämlich zwischen 2,91 Proz. (Neiße) und 0,018 Proz.
(Bannen). Hier spielen aber neben der Herkunft der Tiere auch die
Art der Untersuchung eine große Rolle, was sich z. B. im Scblacht-
hofe zu Dresden auffällig zeigte, wo der Prozentsatz der finnigen
Rinder sofort um 0,17 stieg, als auch die äußeren Kaumuskeln durch
je einen ergiebigen Schnitt in den Kreis der Untersuchung gezogen
wurden. Man wird wohl nicht fehl geben, wenn man als Durch-
schnittszahl für das Vorkommen der Rinderfinnen 0,3 Proz. annimmt,
wie sie auch in der That beinahe Berlin erreichte (0,204 Proz.) mit
seinem erstaunlich großen Material (933146 Rinder) im Jahre 1896),
die zumal aus den verschiedensten Gegenden stammten. Die Zahl
für Berlin wird sich sicher auch noch etwas erhöhen entsprechend
den oben angeführten Erfahrungen auf anderen Schlachthöfen, wenn
nicht nur wie bis jetzt die inneren Kaumuskeln allein angeschnitten,
sondern wenn auch die äußeren und das Herz genau untersucht
werden. An diesem Prozentsatz beteiligen sich nun merkwürdiger-
weise die Rinder nach ihrem Geschlecht und Alter nicht gleichmäßig,
sondern es läßt sich im großen und ganzen sagen, daß an Zahl
männliche Rinder und Jungvieh gegenüber den Kühen vorherrschen,
obgleich ein stichhaltiger Grund nicht anzaführen ist.
Aus den Mitteilungen über die Verteilung der Finnen im Rinder-
körper läßt sich auch keine Gesetzmäßigkeit ableiten. Es geht nur
soviel aus denselben hervor, daß unter den infizierten Prozentsätzen
sich einfinnige, schwach- und starkfinnige vorfinden, daß die Lieb-
lingsstellen der innere und äußere Kaumuskel und da3 Herz sind,
daß aber bei gewerbsmäßigem Zerlegen öfters auch noch an anderen
Stellen Parasiten gefunden wurden (Nacken-, Beckenmuskeln).
Bei der Verwertung des Fleisches handelt es sich vorläufig noch
um den Koch- oder Pökelzwang, teilweise auch um den Verkauf des
rohen Fleisches unter Deklaration auf der Freibank. Am besten
wurde das Fleisch roh verwertet, z. B. in Ohlau mit 0,40—0,45 M.
per Pfd., während im allgemeinen eine große Abneigung gegen ge-
kochtes und gepökeltes Rinderfleisch beim Publikum besteht und da-
her bei diesem Modus gewöhnlich nur */ 4 — */ s des wirklichen Wertes
gerettet wurde. So bezahlt z. B. der Pächter der Kocbanstalt in
Berlin für das Pfund rohes, finniges Rinderfleisch 0,20 M.
Gerade der letzte Punkt bedarf noch eingehender Forschungen
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742
UntersuchangsmetbodeD, Instrumente etc.
und praktischer Verbesserungen und wird neben der Prophylaxe durch
richtige Behandlung de« Abtrittsdüngers und der kostenfreien Be-
handlung bandwurmkranker Menschen von seiten der Regierung oder
der landwirtschaftlichen Vereine, viel dazu beitragen, Nationalver-
mögen zu erhalten. Deupser (Deutsch-Lissa).
Untersuchungsmethoden, Instrumente etc.
Stern, Richard, Ueber Fehlerquellen der Serodiagnostik.
(Berl. klin. Wocbenschr. 1897. No. 11. p. 225.)
Die nach kurzer Zeit schon so zahlreichen Publikationen über
die Verwendbarkeit der Serodiagnostik für die Typhusdiagnose zeigen,
wie sehr die praktische Bedeutung derselben allenthalben geschätzt
wird. Die Arbeit Ster n’a, welche auf eine Anzahl von Fehlerquellen
der Serumdiagnose aufmerksam macht, deren Nichtbeachtung zu
Trugschlüssen führen kaun, verdient eingehende Besprechung.
Nachdem man erfahren hat, daß auch normales Serum in gewissem
Grade agglutiniert, ist es bei Anstellung der Reaktion wichtig, zu wissen,
welche Konzentration von Serum Nichttyphöser noch Agglutination in
der zur Prüfung dienenden Typhuskultur hervorruft. Die Kulturen
verhalten sich hier jedenfalls verschieden, da erwiesenermaßen mit der
Virulenz der Kultur bei Cholera wenigstens und demnach wahrscheinlich
auch beim Typhus die Resistenz gegen die agglomerierende Wirkung
eines Serum steigt; doch fand Stern das Verhalten mehrerer Kulturen,
darunter auch solcher, die Widal benutzt hatte, ziemlich gleich. Die
Agarkulturen sollen nicht über 20 Stunden, können aber auch 8 — 12
Stunden alt sein. Ein Kontrollpräparat muß zeigen, ob die Auf-
schwemmung nur isolierte, gut bewegliche Bacillen enthält. Stern
schwemmt eine schräge Agarkultur je nach Größe mit 10 — 15 ccm
Bouillon auf und glaubt dadurch genügend gleichmäßig beschaffene
Suspensionen zu erhalten. Zur Blutentnahme dient ihm die Finger-
kuppe und die Kapillarpipette eines Gowers’scben Hämoglobinometers,
in welch letzterer auch die Serum- und Suspensionsabmessungen vor-
genommen werden. Die Mischungen von Serum und Kultur werden
bei 37 0 gehalten, weil dabei die Reaktion schneller eintritt. Das
Urteil, ob Agglutination eintritt oder nichi, rät Stern nach der mikro-
skopischen statt der makroskopischen Prüfung zu fällen. Denn sie
ist empfindlicher, weil sie Aenderungen in der Beweglichkeit der
Bacillen, eben beginnende Häufchenhildung erkennen läßt, sie tritt
auch schneller ein. Der Ausfall der makroskopischen Reaktion hängt
noch von einer Reihe variabler Faktoren ab, die von der agglutinierenden
Wirkung des Blutserums unabhängig sind: von der Wacbstumseuergie
der benutzten Kultur, der Qualität der verwendeten Bouillon und bei
mäßigen Serumverdünnungen von der baktericiden Wirkung des Blut-
serums. Zur mikroskopischen Reaktion braucht man, ein weiterer
Vorteil, nur wenig Serum.
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L'ntersudiungsmtthoden, Instrumente etc.
743
Das Optimum der Agglomerierung wird frühestens nach 6 — 8 Stdn.
erreicht. Der Zeitersparnis halber hat Stern aber die Zeitgrenze für
die Beobachtung auf 2 Stunden fixiert und die Verdünnung des Serums,
welche nach dieser Zeit noch deutliche Agglutination erkennen laßt,
als Maß angenommen. Es bedeutet also ■/.. B A , ==> 500, daß das
untersuchte Serum in der Verdünnung 1:500 innerhalb zwei Stunden
noch deutlich wahrnehmbare agglutinierende Wirkung ausflbt, in
stärkeren aber nicht mehr.
Das Blutserum von 70 Menschen, welche weder an Typhus litten,
noch angeblich gelitten hatten, wurde auf diese Weise untersucht.
20 mal gab 10 fache Verdünnung Agglutination, 5 mal in diesen Fällen
noch 20 fache und 2 mal sogar noch 30 fache Verdünnung spnrweise
Reaktion. Bei 40facber Verdünnung wurde bisher keine Wirkung
beobachtet, wenn die Beobachtungsdauer nicht länger als 2 Stunden
war. Bei Ausdehnung derselben auf 6—8 Stunden wurden selbst noch
in öOfacher Verdünnung Spuren bemerkbar. Stern beobachtete einen
Fall von Meningitis, in dem das Blutserum, genau nach Widal ’s Vor-
schrift mit Verdünnung 1 : 10 untersucht, die Diagnose auf Typhus
ergeben hätte. Er vermutet, daß ein von Jez beschriebener Fall von
tuberkulöser Meningitis, der als Typhus nach der Serumreaktion im-
ponierte, ebenso gelegen bat. Ein Fall von F e r ra n d , Streptokokken-
septikämie, der positive Serumreaktion gab, kann vielleicht eine Misch-
infektion mit Typhus gewesen sein. Eine von Pick beobachtete Er-
krankung imponierte weder im Leben, noch bei der Sektion als Typhus
trotz starker agglomerierender Wirkung des Serums; doch ergab die
bakteriologische Untersuchung die Anwesenheit von Typhusbacillen
im Darme.
Bei 19 Typhuskranken, die Stern untersuchte, war A 2 immer
50 — 100, also wesentlich höher als bei Nichttyphösen, 6 mal 100 —
500, 3mal 500 — 1000, lmal 1000 — 5000. In vier Fällen, welche
zwischen Ende des zweiten und Anfang des dritten Monats nach
Krarkheitsablauf untersucht wurdeu, war A 2 500 — 5000.
Ein Kranker mit A, = 1000—5000 bekam ein Recidiv, nach
dessen Ablauf A s = ca. 5000 war. Trotz des hohen Agglutinieruugs-
vermögens war ein Recidiv eingetreten; das spricht dagegen, daß
Agglomerierungsvermögen und Immunität miteinander zu thuu haben.
Konstante Beziehungen zwischen der Stärke der Agglutinationsfähigkeit
und der Schwere der Krankheit ergaben sich nicht regelmäßig, nur
in einzelnen Fällen.
Kurz zusammengefaßt, ist es ratsam, bei Ausführung von Sero-
diagnosen des Typhus zuerst die Grenze der Wirksamkeit normalen
Serums auf die Kultur festzustellen, die mikroskopische Untersuchung
der bei 37° aufbewahrteu Proben vorzunehmen und eine bestimmte
Zeit als Beobachtungsgrenze ein für allemal innezuhalten.
Will man statt Serum Blut verwenden, so muß man berück-
sichtigen, daß das Volumen der roteu Blutkörperchen 20 — 60 Proz.
beträgt; dies ist abzurechnen und dann auch die Verdünnungszahl
auf den Prozentgehalt des Serums, als des wirksamen Stofles, zu be-
ziehen. Auch bei Verwendung angetrockneten Blutes ist auf die
quantitativen Verhältnisse Bedacht zu nehmen, es sind bestimmte
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744
UntersuchaDgsmethoden, Instrumente etc.
Mengen Blut einzutrocknen und in abgemessenen Mengen Flüssigkeit
aufzuschwemmen.
Eine Fehlerquelle für die Diagnostik liegt in der schon mehrfach
beobachteten Erscheinung, daß bisweilen in den ersten Tagen oder
auch wohl ganz die Entwickelung des Agglutinierungsvermögens aus-
bleibt. Die Untersuchung ist daher, wenn negativ, zu wiederholen.
Spricht die klinische Entwickelung der Krankheit für Typhus, so
kann ein negativer Reaktionsanfall nicht sicher dagegen sprechen.
Weiter ist eine Fehlerquelle dadurch gegeben, daß Monate und
Jahre nach überstandenem Typhus das Serum agglutinierende Eigen-
schaften behalten kann. In selbst nach ganz leichten Erkrankungen
und ohne jede sichtbare Erscheinung einer Infektion können agglo-
merierende Stoffe auftreten. Dann ist es möglich, daß späterhin eine
typhusähnliche Erkrankung nach dem Blutbefunde als Typhus gedeutet
wird. Natürlich liegt diese Möglichkeit nur für einen kleinen Teil
aller Fälle vor. Hier wird auch wohl durch genaue quantitative
Messungen noch manche Aufklärung zu gewinnen sein; erhebliche
Zunahme des Agglutinierungsvermögens z. B. wird für eine frische
Infektion sprechen.] Rudolf Abel (Hamburg).
Scheffer, Ueber die Widal’sche Serumdiagnose des Typhus
abdominalis. (Berl. klin. Wochenschr. 1897. No. 11. p. 223.)
Scheffer fand, daß bei der von Widal empfohlenen Verdünnung
des Serums 1 : 10 auch Sera Nichttyphöser agglutinierend reagierten.
Er benutzte daher stets eine Reihe von stärkeren Verdünnungen, er-
hielt damit in 21 Typhusfällen positive Resultate und sah Typhus-
sera bis zu 1:50, in 4 Fällen sogar 1:100 reagieren, Sera nicht
nicht von der Dauer der Krankheit und der Schwere des Falles allein
Typhuskranker aber stets bei 1 : 20 versagen. Die Differenzen in
der Stärke der Agglutinierungserscbeinungen schienen im allgemeinen
abzuhängen. Entsprechend Widal’s Angaben, der die Stärke der
Reaktion in der Rekonvalesceoz abnehmen sah, gaben 2 Sera 29
und 30 Tage nach der Entfieberung erst bei 1:25 deutliche Flocken-
bildung. An 2 Fällen wird die Brauchbarkeit der Methode für die
Diagnose dargelegt. Eine Mischinfektion mit Diphtherie in 2 Fällen
störte das Agglutinierungsvermögen des Blutserums nicht Die Re-
aktionen wurden makroskopisch im Reagensglase verfolgt
Rudolf Abel (Hamburg).
Tan Oordt, Zur Serodiagnostik desTyphus abdominalis.
(Münch, med. Wochenschr. 1897. No. 13.)
Verf. nahm die Nachprüfung des Widal’schen Verfahrens an
11 Fällen vor, bei denen die Diagnose Typhus klinisch vollkommen
feststand. Die Kranken standen zwischen dem 7. — 54. Krankheits-
tage. Die verwandten Typhusbouillonkulturen waren 12—24 Stunden
alt. Die mikroskopische Untersuchung ergab 9 mal ein positives,
2 mal ein undeutliches Resultat. Die makroskopische Untersuchung
fiel einmal, entsprechend dem Resultate bei der mikroskopischen,
undeutlich aus. Sie war positiv 2 mol bis 1 : 30, 1 mal bis 1 : 40 und
2 mal bis 1 : 50. In 3 Fällen war sie bei 1 : 15 noch positiv, aber bei
1 : 30 schon negativ ; in 1 Falle war sie bei 1 : 30 positiv, aber bei
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Untorauchuagsmethoden, Instrumente etc«
745
1 : 50 negativ. Einmal fiel sie bei 1 : 10 positiv und erst bei 1 : 30
negativ aus. Ein negatives Resultat ergab sich mit dem Serum eines ge-
sunden Mannes, einer an kroupöser Pneumonie (Streptokokken-Pneumo-
kokkeninfektion) erkrankten Frau, sowie eines an remittierend-inter-
mittierendem Fieber leidenden Mannes in derselben Versuchsanordnung.
Gleicherweise wirkte das Exsudat einer fieberhaften, hämorrhagischen
Pleuritis nicht agglutinierend auf 12-stündige Kulturen ein. Ferner
hat Verf. aus der Milzpulpa eines an Cerebrospinalmeningitis ver-
storbenen Mannes einen, je nach der Art des Nährbodens, an Länge
und Dicke sehr wandelbaren Bacillus gezüchtet, der nach Vorkultur
in Peptonkochsalzglykoselösung und Wachstum auf Salzsäurekarbolagar,
in der Zuckeragarstichkultur, sowie in anderen zuckerhaltigen Nähr-
böden Gas bildete, während er diese Eigenschaft nach raschem Wachs-
tum auf den Elsner’schen Nährböden einbüßte. Dieser Bacillus ver-
hielt sich bei der Serumprobe insofern eigenartig, als auf Zusatz einer
Oese Typhusserums sich im hängenden Tropfen sofortige Agglutinie-
rung zeigte, während die makroskopische Reaktion bei etwa */, 0 Ver-
dünnung nicht positiv zu nennen war. Derselbe Versuch mit dem Serum
des Kranken ausgeführt, das Typhusbacilleu in jeder Versuchsanord-
nung agglutinierte, zeitigte einen völlig negativen Erfolg. Obwohl also
klinische, anatomische und bakteriologische Diagnose hier Typhus
abdominalis sicher ausschließen lassen, war doch deutlich positive Re-
aktion noch bei 1:40 vorhanden. Mithin hat entweder das Serum des
Mannes an sich eine abnorm hohe Agglutinationsfähigkeit oder aber
das Serum müßte durch die Erreger der Meningitis bez. der gleich-
zeitigen Endocarditis in diesem Falle eventuell auch durch Misch-
iufektion beeinflußt sein. Eine absolute differentialdiagno-
stische Bedeutung d ürfen wir daher gerade bei zweifel-
haften Erkrankungen mit meningitischen Symptomen
derReaktion bei Verdü n n un g des Serums von 1:40 noch
nicht beimessen. Untersuchungen mit dem Urin Typhuskranker,
welche Verf. noch anstellte, fielen jedesmal negativ aus.
Deeleman (Berlin).
Grlinbaum, A., Ueber den Gebrauch der agglutinieren-
den Wirkung von menschlichem Serum für die Dia-
gnose des Abdominaltyphus. (Münch, med. Wochenschr.
1897. No. 13. p. 330.)
Verf. untersuchte serodiagnostisch 8 Typhusfälle, wovon bei 7
die Diagnose klinisch vollkommen feststand. 14 Blutserumproben, die
am 5., 8., 10., 11., 13., 17., 19., 20., 21., 26., 27., 33. (2 Proben) und
41. Krankheitetage entnommen waren, bewirkten rasche und starke
Agglutination der Typhusbakterien. Ferner wurde das Serum von
32 gesunden und anderweitig erkrankten Menschen auf das Verhalten
gegen Cboleravibrionen und Typhusbacillen geprüft. Es stellte sich
heraus, daß auch das Serum solcher Personen in konzentriertem
Zustande (ca. 50-proz. Lösung) sehr häufig starke agglutinierende
Wirkung ausübt. Von 10 Serumproben gesunder Personen, welche nie-
mals Typhus durchgemacht hatten, agglutinierten nur 6 die Typhus-
bakterien nicht einmal spurenweise, 4 Proben wirkten agglutinierend,
3 davon sogar sehr kräftig. 6 von diesen Serumproben wurden auch
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746
■Untersuchuugsmetboden, Instrument« etc.
mit Choleravibrionen geprüft, wobei 3 ein negatives Resultat lieferten,
wahrend eine von den 3 positiv reagierenden Proben sehr kräftige
Wirkung ausübte. Von 13 Blutserumproben von Kranken, die früher
keinen Typhus durchgeniacht hatten, wirkte nur eine nicht auf
Typhusbacillen, 6 mal tratschwache, 6 mal starke Reaktion ein. Auf
die Choleravibrionen wirkten 7 von 18 geprüften Krankenseruioorteu
gar nicht, 4 davon schwach und 7 stark. Unter den letzteren be-
finden sich auch die beiden Seruuiproben von Typhuskranken, die
daraufhin geprüft worden sind. Unter den Serumsorten von Kranken
fanden sich also die agglutinierenden ebenfalls in beträchtlich über-
wiegender Zahl. Besonders auffallend war die intensive Wirkung
des Blutserums sowohl auf Typhusbacillen, als auf Choleravibriouen,
die anscheinend ebenso rasch und vollständig war, wie die des Serums
von Typhuskranken bei Gelbsucht. Dagegen brachte das Serum von
einem Falle ausgebreiteter Phthisis mit hohem Fieber gar keine
Reaktion auf Typhusbakterien hervor; auf Choleravibrioneu reagierte
es stark. In allen Fällen, wo die Person, bezw. bei Neugeborenen
die Mutter, in früherer Zeit Typhus durchgemacht hatten, wirkte das
Serum auf Typhusbacillen agglutinierend, 2 mal schwach, 4 mal stark.
Auf Choleravibrioneu wirkten diese Proben 4 mal nicht, lmal schwach
und 1 mal stark.
Systematische Untersuchungen bezüglich der Verschiedenheit
des Verhaltens der Sera bei fortschreitender Verdünnung ergaben,
daß in allen Fällen das Serum der Typhuskranken mindestens 32fach
verdünnt, d. i. in ca. 30-proz. Lösung angewendet werden konnte,
ohne seine deutliche agglutinierende Wirkung auf Typhusbacillen bei
einer Einwirkungsdauer von 30 Minuten einzubüßeu. Meist konnte
die Verdünnung noch viel weiter getrieben werden. Dagegen zeigte
sich keine einzige Serumprobe anderer Herkunft wirksam, wenn die
Verdünnung über das 16 fache hinausging. Meist erlosch die Wirkung
des Serums viel früher, so daß es schon in 4- und Sfacher Verdünnung
binnen 30 Minuten Agglutination nicht mehr herbeizuführen imstande
war. Auf Grund seiner Beobachtungen empfiehlt Verf., das Serum
zu diagnostischen Zwecken immer in ca. 33facher Ver-
dünnung oder 3-proz. Lösung anzuwenden. Bezüglich der
Zeitdauer stellt er den Satz auf: Wenn die Reaktion binnen
30 Minuten deutlich ausge bildet ist, haben wir einen
Fall von Abdom i n a 1 ty phu s vor uns.
Deelemau (Berlin).
Fraenkel, C., Weitere Erfahrungen über den Wert der
Wi dal 'sehen Probe. (Deutsch, med. Wochenschr. 1897. No. 16.)
Verf. berichtet auf Grund von 28 neuen positiven Befunden über
seine im Laufe der letzten Monate gesammelten Erfahrungen hin-
sichtlich der Leistungsfähigkeit und der Grenzen der W id al’schen Re-
aktion. Am besten bewährten sich für die mikroskopische Untersuchung
ganz junge, 6 — 8 Stunden lang bei Brutwärme gewachsene Bouillon-
kulturen. Die Benutzung von mehr als 24-stündigen Kulturen wird
als geradezu fehlerhaft bezeichnet. Auch tote, sowie durch Er-
w&rmuog auf 60° oder Behandlung mit Formalin ihrer Lebensfähig-
keit beraubte Bacillen sollen nicht verwandt werden. Denn, wenn
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Untersuchungsmethoden, Instrumente etc.
747
auch bei solchen Mikroorganismen Agglutinierung eintritt, so
fehlt doch ein lehrreiches Stück der Untersuchung: die Immomili-
sierung der Stäbchen. Hinsichtlich Herkunft, Alter und Viru-
lenz der Kulturen ergaben sich keine Unterschiede. Die Entnahme
von Blut durch Einstich in die Fingerkuppe soll beibehalten werden.
Denn einmal zersetzt sich Serum nicht leicht, andererseits würden
einige etwaige unberufene Keime durch die Typhusbacillen sofort in
den Hintergrund gedrängt. Untersuchungen mit getrocknetem
Blut gaben kein befriedigendes Resultat. Verf. löste das auf sterilem
Filtrierpapier, den Wandungen des Reageusröhrchens oder dem Boden
steriler Glasschiilchen angetrocknete Blut nach bestimmten Zwischen-
räumen in abgemessenen Mengen steriler Bouillon auf und untersuchte
sodann. Da jedoch hierbei der quanti tati ve Wirkungsgrad des
Serums meist nicht mit Bestimmtheit rekonstruiert und ermittelt
werden kann, so empfiehlt sich deshalb das Verfahren nicht.
Was die Ausführung der Reaktiou betrifft, so nahm Verf. in der
letzten Zeit lediglich die mikroskopische Beobachtung der Serum-
wirkuug im hohlen Objektträger vor. Indessen sind, wenn man so
das makroskopische Verfahren entbehren will, bestimmte Vorsichts-
maßregeln nötig: „Man mischt zunächst ein Tröpfchen des Serums mit
einer gleichen Menge der Bouillonkultur und uutersucht mikroskopisch.
Bleibt jetzt die Häufchenbildung aus und zeigen die Stäbchen sofort,
wie nach einer Stunde, noch unveränderte Beweglichkeit, so daß die
Blutkörperchen rücksichtslos durcheinander geworfen werden , und
sich am Rande reiche Scharen der in Schlangenlinien ihren Weg
ziehenden Bacillen ansammeln, so ist das Ergebnis zweifellos ein
negatives.“ Indessen darf man hieraufhin doch nur — in der
Regel — das Bestehen eines Typhus ausschließen, da die Reaktion
im Beginn der Erkrankung auch fehlen und erst im weiteren Verlauf
derselben eintreten kann. Fällt dagegen die Reaktion bei der Ver-
mischung eines Tröpfchens Serum mit einer gleichgroßen Menge
frischer Typhusbouällon positiv aus, d. h. werden die Stäbchen
sofort oder im Verlauf von 1—2 Stunden unbeweglich und ballen
sich zu Haufen zusammen, so berechtigt dieser Befund noch zu keinem
Schluß und macht eine weitere Prüfung nötig. Denn auch das Serum
gesunder oder nicht an Typhus erkrankter Menschen übt zuweilen
agglutinierende Wirkungen aus. Da diese jedoch meist nicht den
Umfang der durch Typhusblut hervorgerufenen erreichen, so müssen
vor allem auch die quantitativen Beziehungen genau berück-
sichtigt werden. In dieser Hinsicht besitzt das Serum Nicht-
typhöser starke agglutinierende Fähigkeiten oft bei 1 : 10, zu-
weilen bei 1 : 20, während bei 1 : 30 eine schwache spezifische Wir-
kung die Ausnahme ist. Für das Serum Typhöser fand Verf. die
Grenzen des Agglutinierungsvermögens zwischen 1 : 100 und 1 : 200,
unter Umständen auch bei 1 : 1000 und 1 : 6000. Einem zweiten
Mangel des W. 'sehen Verfahrens, der sich geltend machen kann, wenn
bei Typhuskranken die Leistungsfähigkeit des Blutes diejenige Nicht-
typhöser nicht oder nur unwesentlich übertritft, legt Verf. weniger
Bedeutung bei. Es handelt sich hier um große Ausnahmen, denn er
fand bei gesunden Personen bisher erst 4 mal Agglutinierungsvermögen
bei 1 : 10.
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748
Untersuclmogsmethoden, Instrumente etc.
Dagegen fand sich , daß selbst in Gemischen von gleichen
Mengen Serum und Bouillonkultur die klassische Form der
Reaktion, wo in wenigen Augenblicken die sämtlichen, vor-
her lebhaft beweglichen Stäbchen immobilisiert und zu scholligen
Haufen verklebt werden, nur auftritt, wenn es sich um Typhusblut
handelt.
Ferner kann nun auch bei Blut von Gesunden, Typhösen und
anderweit Erkrankten öfters die Erscheinung auftreten, daß infolge
der baktericiden Fähigkeit des Blutes, die Stäbchen sofort
nach dem Zusatz des Serums in gestaltlose, krümelige Bröck-
elten und Häufchen verwandelt werden, die weiterhin völlig ver-
schwinden und sich in der umgebenden Flüssigkeit auflösen. Mit
Rücksicht auf das Vorkommen der Agglutinine im Blute nicht an
Typhus Erkrankter und das der baktericiden Substanzen
hier wie dort, geht deshalb Verf., wenn bei gleichen Teilen Serum
und Bouillonkultur das Resultat ein positives war oder die rasche
Verwandlung der Stäbchen in eine amorphe Masse eintrat, folgender-
maßen weiter vor: „1 ccm einer frischen Typhusbouillonkultur wird
mit */» o ccm, d. h. mit einem Tröpfchen Serum gemischt, daß eine
Pipette liefert, die in 1 ccm gerade 50 Tropfen faßt. Nach An-
fertigung eines Präparates für die Untersuchung im hohlen Objekt-
träger fügt man ein zweites, ebenso großes Tröpfchen Serum hinzu,
untersucht wieder und läßt endlich noch 3 Tropfen aus der Pipette
in das Reagensglas fallen, so daß also der Reihe nach Verdünnungen
von 1:50, 1 : 25 und 1 : 10 entstehen. Tritt die Agglutinierung
noch bei 1 : 50 ein, so stellt man die Diagnose auf
Typhus, ebenso wenn sich ein positives Ergebnis erst
oder doch erheblich deutlicher bei 1 : 25 zeigt. Miß-
erfolge hat Verf. bei diesem Verhalten bisher nicht wahrgenommen.
Hiernach bleibt bei positivem Befund noch eine einzige eventuelle
Fehlerquelle, ln Fällen, wo sich die agglutinierenden Fähigkeiten
des Blutes bei Typhus weit über die Dauer der Erkrankung oder
Rekonvalescenz hinaus erhalten , kann gelegentlich einer anderen
späteren Affektion leicht wieder Typhus vorgetäuscht werden. Verf.
fand Fälle, wo das Agglutinierungsvermögen selbst nach 3 1 /* Jahren
noch bei 1 : 25 oder 1 : 50 sich erhalten zeigte. Einer seiner Zuhörer,
der vor 13 Jahren Typhus durchmachte, hat z. Z. W. R. — 1 : 20.
Diese Mängel der WidaPschen Reaktion lassen sich jedoch bei ge-
eigneter Versuchsanordnung auf ein so geringes Maß zurück-
führen, daß die Ergebnisse in der übergroßen Mehrzahl der Fälle
verwertbar sind. Deeleman (Berlin).
Achard, Passage de la proprietö agglutinante ä travers
la placenta. (La Semaine mödicale. 1897. p. 85.)
A. berichtet über eine Reihe von Versuchen, die, an Meer-
schweinchen angestellt, die Fähigkeit der agglutinierenden Substanz,
von der Mutter auf den Fötus überzugehen, darlegen. Nur fand sich,
daß die agglutinierende Eigenschaft beim Fötus in abgeschwächtem
Grade vorhanden war. Ahlefelder (Charlottenburg).
ed by Googl
Untersuchungsmethoden, Instrumente etc.
749
Xennier, Du sörodiagnostic dass un cas de tuberculose
aiguö et de fiövre typhoide associ6es. (La Semaioe
roödicale. 1897. p. 121.)
M. giebt Mitteilung über einen Fall von Serumdiagnostik, der
dadurch besonders von Interesse war, daß der Patient, ein Knabe
von 8 Jahren, mit den Symptomen einer frischen Lungentuberkulose
aufgenommen wurde. Erst als sich nach einigen Tagen Roseola-
flecken zeigten, machte man eine Serumprobe, die einen positiven
Erfolg hatte. Die Autopsie ergab eine allgemeine Miliartuberkulose,
und die bakteriologische Untersuchung der Milz, Pleuraexsudat etc.
wies die Anwesenheit des Typhusbacillus nach.
Ahlefelder (Charlottenburg).
RoIofT, Kombination der Weigert’schen Fibrinfärbung
mit der Färbung auf Tuberkelbacillen. (Arbeiten aus
dem pathologisch -anatomischen Institute zu Tübingen; hrsg. von
Baumgarten. Bd. II. 1896. Heft 2. p. 261.)
Um Tuberkelbacillen und Fibrin, bezw. nach Weigert färbbare
Bakterien, in den gleichen Schnitten differenziert zur Anschauung zu
bringen, empfiehlt R. folgende Methode:
Die Schnitte (am besten Celloidinschnitte aus Alkoholmaterial)
werden 24 Stunden im Brütschrank mit Ziehl’s Karbolfuchsin ge-
färbt, mit Ebner’scher Flüssigkeit entfärbt, mit 70-proz. Spiritus
abgewaschen und kommen dann auf mehrere Stunden in essigsaure
Vesuvinlösung (Kahl bäum). Dann werden sie in Wasser und 70-proz.
Spiritus ausgewaschen, auf den Objektträger geklebt und nun, wie
gewöhnlich, nach der Weigert’schen Methode gefärbt, wobei nur
darauf zu achten ist, daß man das Anilin- Xylol recht lange einwirken
läßt, weil sonst die Zellkerne blau gefärbt bleiben, anstatt, wie es
beabsichtigt ist, braun zu erscheinen. Ist die Differenzierung ge-
lungen, so sind die Kerne braun, Fibrin und die entsprechenden Bak-
terienarten blau und die Tuberkelbacillen leuchtend rot
U W. Kempner (Berlin).
GBrtner, Ed., Verbesserung an Injektionsspritzen. (Wiener
med. Wochenschrift. 1897. No. 2.)
Da oft infolge Eintrocknens des Spritzenkolbens eine sofortige
Benutzung der Injektionsspritze unmöglich wird, so bat Verf. einen
für alle Spritzengattungen zu verwendenden luftdicht schließenden
Kolben erfunden, derselbe soll auch allen Anforderuugen antiseptischer
Art vollkommen entsprechen.
Am Endteil der Kolbenstange befindet sich der Bund, welcher
die Verlängerung für Aufnahme der Ringe und Scheiben, sowie für
die Mutter trägt. Die Ringe sind so konstruiert, daß sie in jeder
Temperatur, auch nach jahrelangen Pausen gut, funktionieren. Der
Ring ist aus Stahl, Silber, Email u. s. w. und besitzt einen Ein-
schnitt, welcher im Winkel von 45° gegen die Spritze gestellt ist.
Derselbe ist nur so breit, daß der Ring, wenn er in das Rohr ein-
geschoben wird, dasselbe beinahe schließt. Infolge seiner federnden
Eigenschaft hat er das Bestreben, sich zu öffnen und schließt somit
Digitized by C,oogle
750 Schutzimpfung, kQnstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmang etc.
immer hermetisch an der Rohrwand. Wertvoll ist ferner, daß der
Kolben leicht auseinander genommen werden kann und eine gründliche
Reinigung selbst durch kochendes Wasser verträgt, ohne sich zu ver-
ändern. Deeleman (Berlin).
Schutzimpfung, künstliche Infektionskrankheiten, Entwick-
lungshemmung und Vernichtung der Bakterien etc.
Wassermann, A., Experimentelle Beiträge zur Serum-
therapievermittelst antitoxisch undbaktericid wir-
kender Serumarten. (Deutsche med. Wochenschi. 1897. Na 17.)
Verf. knüpft au einen von Lazarus, R. Pfeiffer und ihm
selbst bewiesenen Satz an, daß ein Choleraserum, das den gesunden
Organismus in minimalsten Quantitäten vor der Infektion zu bewahren
vermag, im kranken Organismus uach einer gewissen Zeit die Fähig-
keit verliert, die lebenden Krankheitserreger zu töten. Er experi-
mentierte mit dem Serum von Tieren, die er gegen den Bacillus
pyocyaneus immunisiert hatte. Mit diesem Serum lassen sich
sowohl zu gleicher Zeit antitoxische und baktericide, als auch aus-
schließlich baktericide Funktionen erzielen. Verf. wirft nun die Frage
auf, wie sich lebende Uakterien und Gift im Organismus verhalten,
wenn das Serum erst einige Zeit nach der Intoxikation resp. Infektion
zur Anwendung kommt, also nicht mehr zum Schutz, sonders
bei den bereits erkrankten Tieren angewandt wird.
1) Zuerst stellte er Heilversuche mit antitoxischem Serum an
kranken Tieren an, die mit Pyocyaneustoxin vergiftet waren. Er
vermochte schwer vergiftete Tiere mittels Zufuhr von antitoxischem
Pyocy aneusserum zu retten. Diese lebensrettende Wirkung ist eine
dem antitoxischen Serum spezifische, da die gleiche Menge Serums
von einer normalen, nicht gegen das Pyocyaneusgift immunisierten
Ziege keine Heilwirkung ausübte. Bezüglich der zeitlichen Verhält-
nisse ist bemerkenswert, daß die spezifische Heilwirkung gegen das
Gift noch eintrat, wenn bereits mehr als die Hälfte der seit der
Intoxikation bis zum Eintritt des Todes nötigen Zeit verflossen war,
und die Tiere bereits sehr krauk waren. Hinsichtlich der Dosis ergab
sich, daß die 10-fache immunisierende Dosis bei der Intoxikation mit
der 3— 4-fachen Dosis certe letalis von Pyocyaneusgift ausreicht,
um deutliche Heilwirkung zu erzielen.
2) Weiter suchte Verf. die Heilungsfahigkeit der Infektiou mit
lebenden Py ocyaneusbacilleu mittels des baktericiden Serums zu
bestimmen. Die Heilungsresultate waren hier viel ungünstiger, als
bei der Intoxikation. Es blieb nur eiu Tier am Leben, das ca.
1 Stunde nach der Infektion in Behandlung genommen war, während
alle übrigen der fortschreitenden Infektion erlagen. Es ergab sich,
daß nicht der Mangel an baktericiden Substanzeu die Heilung un-
möelich machte, sondern, daß, gegenüber dem gesunden Tier, der
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Schutzimpfung, kiinstl Infektionskrankheiten, lüntwickelungbliemmung etc. 751
Organismus des kranken die im lieberschuß vorhandenen baktericiden
Kräfte des Serums nicht mehr verwerten konnte.
3) Heilversuche, die gegenüber der Infektion mit lebenden Pyo-
cya neuskulturen mittels eines Serums angelegt waren, das gleichzeitig
antitoxische und baktericide Substanzen enthielt, führteu zu dem-
selben Resultate.
Es ergiebt sich somit, daß gegen das Pyocyaneusgift der Orga-
nismus zwar viel schwerer zu immunisieren ist, als gegen lebende
Bacillen, daß sich indessen gegen dasselbe leichter und länger Heil-
wirkung erzielen lassen, als gegenüber der Infektion. Demnach
scheinen die antitoxischen Kräfte des Immunserums im vergifteten
Organismus leichter inre Wirkung gegenüber dem Toxin ausüben zu
können, als die baktericiden Körper im infizierten Tiere gegenüber
den Bakterien. Die Heilwirkung des antitoxischen Serums bei der
Pyocyaneuskrankheit ist eine viel begreuztere, als die des Diphtherie-
antitoxins. Das Pyotoxin wirkt nur lebensrettend, wenn die ver-
giftende Dosis nicht mehr als etwa die 4-fache Dosis letalis betrug.
4) Die Frage endlich, ob im Stadium der beschriebenen Infektion
der Organismus baktericide Körper zu aktivieren vermöge, oder ob
dies im gegebenen Augenblick nur für eine bestimmte Art der Fall
sei, beantwortet Verf. folgendermaßen: Der unter dem Einfluß einer
Infektion für die Ausnützung einer Art baktericider Substanzen un-
fähig gewordene Orgauismus kann eine andere Species baktericider
Stoffe trotzdem noch zur Heilung verwenden und bei möglichst
gleichstark gewählter Infektion kann diese Schädigung desselben bei
der einen Affekt ion früher als bei der anderen eintreten. Verf.
betout zum Schlüsse nochmals, daß die Therapie der Intoxikation
mittels antitoxischen Serums bedeutend bessere Resultate giebt, als
die der Infektion mittels baktericiden Serums, und daß der Immuni-
sierungswert eines Serums durchaus noch keinen Rückschluß auf den
Heilwert gestattet. Deeleman (Berlin).
Liebmaun, Studien Uber das Koch’sche Tuberkulin. [Aus
dem Bürgerspitale zu Triest.] (Archiv f. path. Auat. u. Physiol.
u. f. klin. Med. Bd. CXLIV. 1896. Supplementheft. p. 123 ff.)
Bereits iu einer früheren Arbeit hatte sich der Verf. mit vor-
liegendem Gegenstände beschäftigt; seine damaligen Ausführungen
sind indes von H. Kossel angegriffen worden. In der vorliegenden,
sehr umfangreichen Schrift kommt Verf. erneut auf das Thema zurück
Seine Aufgabe war, festzustellen, daß bei tuberkulösen Tieren nach
Injektionen von Tuberkulin eine Mobilisierung der Tuberkelbacillen
stattfände.
Verf. hatte zu diesem Zwecke zwei Möglichkeiten ins Auge ge-
faßt. Einmal konnte man eine große Menge von Tieren tuberkulös
machen, darauf injizieren und an deu Getöteten das Blut untersuchen,
oder man konnte die tuberkulös gemachten Tiere konsequeut be-
handeln, nach jeder Injektion das Blut untersuchen und so den
ganzen Krankheitsverlauf verfolgen und die Blutbefunde von der
Erkrankung bis zum spontan erfolgenden Tode notieren. Verf. wählte
den letzteren W T eg. Zu deu Versuchen wurden Kaninchen und Meer-
ized by Google
752 Schutzimpfung, künsil. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmung etc.
schweinchen benutzt, das Impfmaterial stammte von menschlichen
Organen.
Die Arbeit zerfällt in zwei Hauptabschnitte. Im ersten Teile be-
spricht Verf. die Blutbefunde. Das möglichst sorgsam entnommene
Blut wurde auf Deckgläschen gestrichen und diese alsdann gefärbt
und durchmustert Die Methode ist genau angegeben, auf eine
Wiedergabe derselben können wir hier wohl verzichten.
Das Tuberkulin wurde zu verschiedenen Zeiten in verschiedenen
steigenden Dosen injiziert. Nach Injektionen von 0,02 ccm für Meer-
schweinchen, 0,03 ccm für Kaninchen fanden sich nach den Angaben
des Verf.’s Tuberkelbacillen in den Blutpräparaten. Die Tuberkulin-
dosen wurden bis zu 100 mg gesteigert. Die Blutuntersuchungen
waren positiv in Bezug auf den Befund an Tuberkelbacillen 24 bis
48 Stunden nach den Injektionen. Verf. beobachtete oft Degenerations-
formen. Viele Bakterien waren überhaupt nicht mehr imstande,
den roten Farbstoff der Säure gegenüber zu behaupten, sie erschienen
blau gefärbt und sahen oft gar nicht wie Bacillen, sondern wie
Körnchen aus. Trotzdem hält Verf. auch diese Gebilde für Tuberkel-
bacillen.
Die Verbreitung der Tuberkelbacillen betreffend, will Verf. die
Wahrnehmung gemacht haben, daß bei der systematischen Unter-
suchung des aus dem lokalen Geschwüre an der Infektionsstelle her-
vorquellenden Eiters unter dem Einflüsse der Koch 'sehen Behandlung
eine Vermehrung der Tuberkelbacillen statt hatte, derart, daß sie
häufiger auch zu Haufen zusammen lagen.
Die Anzahl der auf den Blutpräparaten beobachteten und vom
Verf. als Tuberkelbacillen angesprochenen Gebilde war eine relativ
spärliche, sie war um so größer, je höher die Virulenz des Impf-
materials war. Es sei jedoch bemerkt, daß auch bei nicht mit
Tuberkulin behandelten tuberkulösen Tieren im Blute Tuberkelbacillen
beobachtet wurden; in dem einen mitgeteilten Versuche machte sich
nur ein quantitativer Unterschied bemerkbar, derart, daß beim Kontroll-
ier der positive Befund nur 4 mal, beim Tuberkulintier 31 mal gelang.
Der Versuch ist indes nicht als einwandfrei zu betrachten, da das
Tuberkulintier ein trächtiges Weibchen war, welches im Verlauf des
Experimentes Junge warf, dadurch waren die Verhältnisse kompliziert.
Im übrigen konnte Verf. aber ebenfalls die Möglichkeit der
Heilung der äußeren tuberkulösen Affektion feststellen.
Die zelligen Blutbefunde gestalteten sich schwieriger und ver-
wickelter. Deutlicher und ausgesprochener war nur die Vermehrung
der eosinophilen Zellen.
Im weiteren Verlaufe der Arbeit sucht Verf. nach den Gründen
für das vermehrte Vorkommen von Tuberkelbacillen im Blute; seine
Ausführungen gipfeln in dem Satze, daß das Tuberkulin eine für
Tuberkulosebacillen positive chemotaktische Substanz enthält.
Die Beweise für diese vom Verf. aufgestellte Hypothese sind
jedoch nicht auf gut fundierte Experimente gestützt und steht daher
diese Annahme auf ziemlich schwachen Füßen. Das ist aber um so
bedauerlicher, als Verf. auf diesen Satz ein ganzes Gebäude von
Hypothesen aufbaut, um womöglich alle Erscheinungen, die bei diesen
Digitized by Googl
Schutzimpfung, kUostl. Infektionskrankheiten, Entvrickelungsberamung etc. 753
Vorgängen Vorkommen, zu erklären. Bei der Ausführung der Stich-
probe verläßt ihn denn auch gleich seine Hypothese beim Lupus,
eine Thatsache, die doch den Verf. hätte zum Nachdenken auffordern
sollen.
Der zweite Teil der Arbeit behandelt die Untersuchung der Ge-
webe und bringt makroskopische und mikroskopische Obduktions-
protokolle. Verf. teilt darin mit, daß er die Koch 'sehen Angaben
in keiner Weise bestätigen konnte und schließt sich den hinlänglich
bekannten Baum garten 'sehen Ideen an. Damit schließt dann die
Arbeit.
Wenn wir in einem Referate unmöglich auch nur einigermaßen
auf die ganze Streitfrage eingehen können, so wollen wir doch nicht
alles rückhaltslos anerkennen. Ref. hat in einer die Rindertuberkulose
betreflenden Arbeit jüngst ebenfalls zu dieser Frage Stellung nehmen
müssen und mußte die vom Verf. beobachteten üblen Einflüsse als
bei den Tuberkulinimpfungen der Rinder nicht zu Recht bestehend be-
trachten. Dafür sprechen die Tausende von Impfungen, die täglich
noch in größerem Maßstabe gemacht werden. Daß derartige Dinge
auch nicht zu befürchten sind, dafür bürgen die kleinen Dosen, die
zu den Impfungen verwendet werden. Verf. aber arbeitete mit ganz
kolossal massiven Dosen, Dosen, die die höchsten beim Menschen an-
gewandten erreichen, ja sogar uoeb übertreffen. Und dieser Umstand
bedingt einen ganz außerordentlich prägnanten Unterschied zwischen
Theorie und Praxis. Daß bei letzterer die Mobilisierung der Tuberkel-
bacillen nicht eintritt, dafür dürfte die Autorität R. Koch ’s ein-
stehen, der noch in seiner jüngsten Publikation in präzisester Weise
gegen diese Vorstellungen auftritt und, gestützt auf Erfahrungen bei
ein paar Tausend Fällen die Ungefährlichkeit der Tuberkulinimpfung
betont.
Ref. möchte glauben, daß diese Ausführungen R. Koch ’s immer
noch mehr Bedeutung verdienen, als die für die Praxis nicht zu Ver-
gleichen zulässigen Experimente des Verf.’s, denen noch dazu der
große Fehler au haftet, daß eine Züchtung der Bluttuberkelbacillen in
keinem einzigen Falle gelang, weder im Reagensglas noch im Tier-
körper, so daß selbst Verf. die Frage zu ventilieren für notwendig
hält, ob denn seine Gebilde auch lebendige Tuberkelbacillen gewesen
seien, eine Frage, auf die ein striktes „Ja“ auch von ihm nicht ge-
antwortet werden kann. 0. Voges (Berlin).
Calmette, A., Sur le venin des serpents et sur i’emploi
du s£rum antivenimeux dans la thdrapeutique des
morsures venimeuses chez l’homme et chez les ani-
maux. (Annal. de l’Inst. Pasteur. T. XI. No. 3.)
ln einer Reihe von Abhandlungen, welche seit 1892 in den
Annalen erschienen sind, beschrieb der Verf. seine Untersuchungen
über die Schlangengifte und die neue Methode der Serotherapie den
Schlangenbissen gegenüber.
Seit einem Jahre werden große Quantitäten des Schlangengift-
seiums in dem Pasteur’ sehen Institute von Lille hergestellt. Dieses
Serum wird aus den Pferden gewonnen, welche gegen die heftigsten
Brate Abt. XXI. Bi. 48
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754 Schutzimpfung, kün&t). Infektionskrankheiten, Entirickelungshenunung etc.
ScblaDgengifte immunisiert sind, und seine positive Wirkung ist heut-
zutage durch viele Versuche an Tieren und Menschen sichergestellt.
In erster Reihe spricht der Verf. über seine Versuche, die er in
Gegenwart der König), englischen mediz. Kommission mit Kaninchen
vorgenommeu batte, und welche beweisen, daß die Serumbehandlung
die Tiere in kürzester Zeit gegen das Schlangengift resistent macht,
und daß die heilende Wirkung des Serums auf den Organismus der
toxischen Wirkung des Giftstoffes gegenüber bedeutend überlegen ist.
Das Serum erzeugt eine erhebliche Resistenzerhöhung der Zellen den
Giften gegenüber und sogar, wenn das Gift bereits in die Blutbabn
eingedrungen ist, ist das Serum imstande, den Tod zu verhindern.
In der Folge bespricht der Verf. die Beobachtungen verschiedener
Aerzte, die eine Serumbehandlung bei Menschen, die von Schlangen
verschiedener Gattung gebissen wurden, vorgenommen batten ; so bei
Naja tripudians, schwarzen Naja von Guinea, Bungarus
coeruleus Bothrops lnnceolatus, Naja haje, und welche
ergeben, daß, trotz des verschiedenen Ursprungs der Gifte und trotz
der in manchen Fällen verspäteten Serumbehandlung die Wirkung
desselben eine äußerst günstige war und auch bei Anwendung recht
großer Mengen des Serums wurde nicht die geringste negative Re-
aktion desselben wahrgenommen.
Daraus läßt sich schließen, daß angesichts der statistisch nach-
gewiesenen Zahlen der durch Schlangengifte jährlich zu Grunde
gehenden Individuen, 22000 Menschen und 66000 Haustiere, die
Serumbehandlung einen äußerst wichtigen kurativen Faktor aufweist.
Auf eine Veröffentlichung in den Annalen vom Jahre 1895 deutend,
empfiehlt der Verf. die Anwendung des Serums auch Skorpionen-
giften gegenüber, denn obgleich das Gift der Arachniden den
Schlangengiften durchaus nicht identisch sei, was die Reaktionser-
scheinungen und die Acidität der ersteren gegenüber der Alkalität
der letzteren zur Genüge beweisen, hat sich doch die Serumbeband-
lung durch zahlreiche Versuche als sehr günstig bestätigt.
Um mit Sicherheit die antitoxische Wirkung des Schlangengift-
serums zu bemessen, müssen nicht nur die verschiedenen Reaktions-
eigenschaften der Gifte in Rechnung gezogen werden — Eigenschaften,
welche mit denjenigen der bakteriologischen Toxine durchaus nicht
identisch sind — , sondern auch die respektive Empfindlichkeit der
Tiere den Giften gegenüber und das Gewicht der Tiere selbst. Dazu
ist erforderlich, die Dosis des trockenen Giftes in destilliertem Wasser
gelöst zu bestimmen, welche genügend erscheint, um innerhalb
15 — 20 Minuten ein Tier zu töten. Diese Dosis ist selbstredend von
dem Ursprung des Giftes selbst abhängig.
Als Gegendosis wendet man diejenige Anzahl Kubikcentimeter Anti-
toxin — immer intravenös injiziert — an, welche sich im Laufe der
Versuche als eine vollkommene Immunität erzeugende Menge erwies.
Die toxische Einheit wurde hierbei auf 1 g Tiergewicht berechnet,
also ein Serum, von dem 1 ccm ein 2 kg schweres Kaninchen immuni-
siert, enthält 2000 antitoxische Einheiten. Das im Institute von Lille
hergestellte Serum besitzt in 1 ccm mindestens 1000 antitoxische
Einheiten; für tropische Länder werden auch Serumpraparate von
zed by Googl
Schutzimpfung, künstl. Infektionskraukheiten, Entwickelungshemmaug etc. 755
4OC0 und mehr antitoxischeu Einheiten hcrge&tellt. Das Serum
laßt eich beliebig laug aufbewahren, ohne seine volle Wirkung ein-
zubüßen, enthalt auch kein Phenol. Die Dauer der Immunität bei den
Tieren ist lediglich von der Menge des Impfstoffes abhängig. Die
Dauer der Immunität der durch Serum allein behandelten Tiere ist
lange nicht so groß wie diejenige, welche durch die Anpassung der
Tiere durch allmählich erhöhte Dosen der Giftinjektion erzielt wird.
Selbstredend kommt auch hier die respektive Empfindlichkeit der
Tiete in Betracht. Die Immunität trächtiger Tiere wird auch teil-
weise auf die Nachkommenschaft übertragen.
Es ist unzweifelhaft, daß die lokalen UDd allgemeinen Intoxikations-
erscheinungen, durch Bisse verschiedener Schlangen verursacht, keine
-vollkommene Identität aulweisen. Hauptsächlich sind die Verletzungen
der Viperiden durch staike Nierenblutungen charakterisiert, was bei
den Colubriden nicht der Fall ist. Was aber die Identitätannahme
berechtigt, war derjenige Versuch, bei welchem die Gifte der Viperiden
15 Minuten lang in physiologischer Kochsalzlösung oder 5-proz.
Karbolsäurelösung auf 70° erwärmt und daraufhin dem Tiere inji-
ziert, die vorher erwähnten Hämorrhagieen nicht mehr hervorriefen.
Zugleich gelingt es gegen Viperidengifte vollkommen immune Tiere
zu erhalten, sobald dieselben vorher gegen die zehnfach tödliche Dosis
der Colubridengifte immunisiert wurden.
Was die chemische Natur der Schlangentoxine anbetrifft, so sind
darüber schon einige Forschungen seitens mehrerer Gelehrten aus-
gelührt. Sehr lehrreich und ausführlich sind die Arbeiten von
M. C. Martin in Sydney, welcher in den Giften vom australischen
Pseudechis zwei Toxalbumine isoliert habe. Das eine Toxalbumin
ist nicht dialysierbar, koagulieit bei 82° und verursacht allein die
Zersetzung der roten Blutkörperchen und Hämorrhagieen; das zweite
ist dialysierbar, nicht koagulierbar und bildet das Gift der Nerven-
zellen. Diese Beobachtungen stimmen mit denjenigen des Vetf.’s über-
ein. Von Salzen und Albuminen befreites Toxin giebt die Biuret-
reaktion, mit dem Millon’schen Reagens entsteht eine leichte
Trübung, die Xanthoproteinreaktion wird nicht erhalten. Die toxische
Wiitkung dieses reinen Giftes ist eine äußerst heftige; 0,01 mg intra-
venös injiziert tötet ein 2 kg schweres Tier innerhalb 20 Minuten.
Das Cbamberland - Filter läßt das Toxin ohne weiteres passieren,
ohne cs zu verändern. Die Beobachtungen anderer Forscher, wie
Marmier, d’Arsonval, Charrin, Pbisalix, Bertrand er-
wähnend, erklärt der Verf., daß die Wärme je nach den Temperatur-
gradeu eine gewisse Verändeiung der Gifte bewirkt, welche auch im
Verhältnisse zu ihrer toxischen Wirkung steht. Die in der W r ärme
widerstandsfähigsten Gifte sind auch die heftigsten, einige werden
schon bei 80 0 abgeschwächt, andere verlieren ihre toxische Wirkung
erst durch einstündiges Erwärmen bei 100“. Die Erwärmung ver-
ursacht keine Bildung von Vaccinen aus den Giften.
Durch alle diese Thatsacben glaubt der Verf. ein für allemal
die Wirksamkeit und hervorragende Nützlichkeit seines Mittels be-
wiesen zu haben. Das Antitoxin ist also bei Bissen von verschiedenen
Schlargengattungen anzuwtnden, gleichfalls bei den durch Skorpione
756 Schutzimpfung, kfiustl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmuog etc.
verursachten Verletzungen. Zum Schlüsse beschreibt der Verf. den
Modus der lokalen Wundbehandlung und bittet alle diejenigen, die in
den Besitz von Schlangengiften gelangen sollten, dieselben in luft-
trockenem Zustande dem Institute Pasteur in Lille (Nord- France)
behufs weiterer Nachforschungen gefälligst übersenden zu wollen.
Robertson (Prag).
Richet, Du mäcanisme de l’action antitoxique du s&rum
de chien immunis6 au moyen de s6rum d’anguille.
(La Semaine m6dicale. 1897. p 132.)
R kommt auf seine Untersuchungen über die toxische Wirkung
des Schlangenserums auf Kaninchen zurück (La Semaine niAiicale,
1897. p 30). Durch seine weiteren Experimente suchte er der Frage
näher zu treten, wie die Immunisierung des Hundeserums durch das
Schlangenserum zu stände kommt. Als Ergebnis seiner Unter-
suchungen stellt er den Satz auf, daß das Hundeserum eine chemische
Neutralisation der toxischen Eigenschaften des Schlangenserums za
bewirken imstande sei; denn bei Mischung von Hundeserum mit
Schlangenserum im Reagensglasc verlor letzteres sofort seine giftige
Eigenschaft. Ahlefelder (Charlottenburg).
Riecke, E., Ueber die keimwidrigen Eigenschaften des
Ferrisulfats. (Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh. Bd. XXIV.
Heft 2.)
Auf Veranlassung und durch Vermittelung der Deutschen Land-
wirtschaftsgesellschaft in Halle wurde der Verf. mit der Prüfung der
desinfektorischen Kraft des Ferrisulfats menschlichen Entleerungen
gegenüber beauftragt. Das Präparat, ein schmutzigweißes Pulver
von stark saurer Reaktion, zersetzt sich teilweise in wässeriger Lösung
(1:9—10) unter Abscheidung von Eisenoxydhydrat. Da dieses Prä-
parat noch 4 Proz. freier Schwefelsäure enthält, so konnte die keim-
widrige Wirkung desselben teils auf die Metallverbindung, teils auf
die Säure selbst zurückgeführt werden. R. erwähnt hierbei die Be-
obachtungen und Ergebnisse verschiedener Forscher, wie Koch,
Kitasato, Behring, Köhler u. s. w., die über die antiseptische
Wirkung der Schwefelsäure, sowie der Eisensalze allein gearbeitet
und erwiesen haben, daß die Schwefelsäure für sich als energisches
Desinficiens für solche Bakterien erscheint, die ihrer Widerstands-
fähigkeit nach, den Typhusbacillen und Choleravibrionen gleichkoinmen,
während man dasselbe aber von Eisensalzen allein nicht im gleichen
Maße behaupten kann, obgleich sie eine stark desodorierende und
bindende Eigenschaft besitzen.
Nachdem das Präparat auf seine Keimfreiheit mit positivem Re-
sultate untersucht wurde, ist die Wirksamkeit desselben Typhus-
und Cholerabakterien gegenüber geprüft Es wurden 5°/ UÜ Ferri-
sulfatlösu ngen hergestellt, durch Vermischen gleicher Teile Cholera-
und Typhusbouillonkulturen mit 10 # / ao Ferrisulfatlösung. Nach
bestimmten Zeiten wurden Uebertragungeu von 3 — 4 Oesen auf sterile
Bouillon gemacht; diese wurden wiederum verschieden lang im Brut-
schränke aufbewahrt
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Schutzimpfung, küustl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmung etc. 757
Die bei den Uebertragungen steril gebliebenen Röhrchen wurden
nachträglich mit den betreffenden Kulturen infiziert und es wurde
wahrgenommen, daß die bei der ersten Impfung übertragene Menge
Ferrisulfats die Nährfähigkeit der Substrate durchaus nicht beein-
trächtigt und auch keine entwickelungshemmende Wirkung ausübt.
Diese Versuche, wie die mit einer 2 1 /, °/ 00 Ferrisulfatlösung, bei
Anwendung von Glycerinagar für Typhus- und 1 °/ 00 Kochsalzpepton-
wassers für Cholera als Uebertragungsnährboden ergaben eine erheb-
liche desinfektorische Wirkung des Präparates. Die aufgestellten
Tabellen erwiesen für Typhusbacillen und Choleravibrionen bereits
nach einem Aufenthalte von 2 Min. in einer 2 1 /, °/oo Ferrisulfat
lösung kein Wachstum mehr; die Typhuskeime allein erfahren nach
einer halben Minute eine Wachstumhemmung.
Um die Wirkung dieses Mittels bei Gegenwart infizierter mensch-
licher Entleerungen zu prüfen, wurden 24 Stunden alte Typhus- und
Cholerakulturen mit physiologischer Kochsalzlösung aufgeschwemmt
und mit teils frisch gelassenem, teils älterem Kot und Urin von ver-
schiedener Reaktion vermischt. Dabei wurde auf eine analoge Weise
verfahren und mit 2 l /*°/oo Ferrisulfatlösung gearbeitet. Die Ver-
suchsreihen ergaben auch unter diesen Umständen sehr günstige
Resultate, denn schon nach 1 Min. ist die Lebensfähigkeit der er-
wähnten Mikroorganismen durch das Mittel aufgehoben. Der Verf.
glaubt auch auf Grund einiger anderen Versuche zu der Behauptung
berechtigt zu sein, daß sogar schwächere Konzentrationen, z. B. eine
1 °/ 00 Lösung die gleiche Leistungsfähigkeit den erwähnten Organismen
gegenüber besitzt.
Daß die desinfektorische Kraft nicht allein der Schwefelsäure
zukommt, beweisen zur Genüge die Arbeiten von Stutzer und
Rurri, welche 0,03 °/oo Schwefelsäure als geringste Menge zur
Tötung von Cholera- resp. Typhuskeimen angeben, während man bei
diesen Versuchen mit O,UO25°/ o0 und 0,00125 °/ 0 Schwefelsäure zu
thun hatte.
Zuletzt wurden Versuche mit einer Mischung von pulverigem
Ferrisulfat und Torfmull angestellt, um zu erfahren, ob der des-
infektorische Wert des letzteren erhöht wird, wie es auf Zusatz von
Säuren der Fall ist. Es wurden die Versuche den anderen analog
ausgeführt, also auch mit Faeces und Urin.
Die erhaltenen Resultate bestätigten vollkommen die vorerwähnte
Annahme, daß das Torfmull durch Zusatz von Ferrisulfat eine erheb-
liche Zunahme seiner Desinfektionskraft erlangt, denn bei Anwendung
von 2 Gewichtsteilen Torfmull -f- I Gewichtsteil Ferrisulfat wurden
die in den Fäkalien enthaltenen Typhus- resp. Cholerakeime spätestens
nach 2 Min. abgetötet. Der Zusatz von Ferrisulfat zu dem Torfmull
erweist sich im großen viel vorteilhafter als derjenige von Säuren, da
das Salz sich mit beliebigen Mengen Mull vermischen läßt, während
die Absorptionsfähigkeit des letzteren den Säuren gegenüber eine
relative und dadurch begrenzte ist. Fraglich ist es aber, ob es der
Technik gelingt, eine äußerst innige Durchmischung des Torfmulls
mit Ferrisulfat zu bewerkstelligen. Robertson (Prag).
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758 Schutzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Eutwickelungshemmung etc.
Heymans, J. F. et Xasoin, P., Action antitoxique de l’hypo -
sulfite de soude vis-ä-vis des dinitriles norraaux.
[Rösumö fait par les auteurs d'un mömoire p3ru dans les Mömoireä
couronnös de l’Acadömie de mödecine de Belgique, 1896, et dans
les Archives de Pharmacolynamie. Vol. III. 1896.] (Annales de
PInstitut Pasteur. T. XI. No. 2.)
In der Reihe der normalen Nitrile von der allgemeinen Formel
CN — (CH,),, — CN sind die vier ersten Homologen und zwar das
Oxalsäurenitril = CN — CN
Malonsäurenitril = CN — CH, — CN
Bernsteinsäurenitril = CN— CH, — CH,— CN
Brenzweinsäurenitril =» CN — CH, — CH,— CH, — CN
heutzutage bekannt und untersucht.
Die toxische Wirkung, die hier ins Auge gefaßt wurde, ist die-
jenige, welche durch das Eindringen der Nitrile in die Blutbahn
ausgeübt wird, und die dadurch verursachte allgemeine Reaktion
auf den Organismus. Das einzige Mittel, welches jetzt gestattet,
eine toxische Wirkung zu messen, ist die Feststellung der Thatsache,
in welchen Mengen das Gift vorhanden sein muß, um die Lebens-
funktionen derart zu vermindern, daß eine weitere Existenz unmöglich
gemacht wird.
Es war vorauszusehen, was auch die Versuche bewiesen, daß
die Nitrile als Homologe auch eine dementsprechend toxisch ähnliche
Wirkung besitzen; man kann also durch Vergleichung ihrer absolut
tödlich wirkenden Mengen ihre relative Giftigkeit bemessen. Diese
letzte wurde bei 3 Gruppen von Wirbeltieren festgestellt: Amphibien,
Säugetieren und Vögeln, und wurde pro kg Tier in der Anzahl Milli-
gramme Nitrils ausgedrilckt, welche genügen, um eine absolut tödliche
Wirkung auszuüben.
Die angestellten Versuche ergaben, daß die toxische Wirkung
eiues und desselben Nitrils von der Art der Tiere abhängig sei, und
daß diese Abhängigkeit vom Tiere bei allen Nitrilen eine ver-
schiedene sei.
Die Intoxikationserscheinungen der Nitrile besitzen einen ähn-
lichen Charakter. Am schnellsten wirkt das Oxalsäurenitril (1 Minute
nach der subkutanen Injektion) dann folgt das Malonsäurenitril
<10—16 Minuten nach der intravenösen Injektion); noch langsamer
wirken das Bernsteinsäurenitril und Brenzweinsäurenitril. Nach der
Injektion einer absolut tödlichen Dosis der beiden letzteren folgen die
Intoxikationserscheinungen erst nach mehreren Stunden und der Tod
tritt erst nach einigen Tagen ein.
Eingehend wurden die Intoxikationserscheinungen des Malon-
säurenitrils bei Kaninchen studiert. Man unterscheidet zwei Phasen :
erste bedingt durch Atmungsbeschleunigung und beträchtliche Er-
weiterung der Atmungsbewegungen, zweite, durch Atmungsverringerung,
Verminderung des Pulsschlages und Lähmung. Worauf die eigentliche
toxische Wirkung des Malonsäurenitrils zurückzuführen sei, ist nicht
ohne weiteres erklärlich. Die Verff. vermuteten entweder eine teil-
weise Bildung einer Art leicht resorbierbarer Additionsprodukte des
Nitrils mit der lebenden Zelle unter womöglich nachträglicher Spal-
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Schutzimpfung, kiinstl. Infektionskrankheiten, Entvrickeiungshemmung etc. 759
tung in die äußerst giftigen Komponenten, oder eine vorgängliche
Spaltung des Nitrils ohne Bindung, unter Freiwerden des einen oder
beider Cyanradicale. Deswegen kann man seine Wirkung mit der-
jenigen des Oxalsäurenitrils und Cyankaliums vergleichen, worauf
auch die hier wahrgenommene Rhodanreaktion im Harn zu erklären
sei, dieselbe, welche seinerzeit von Lang bei Cyankaliumvergiftungen
konstatiert wurde.
Diese Umsetzung als Leitmoment benutzend, haben die Verff.
die Wirkung des Natriumthiosulfats = vermutet, denn
die Rhodanverbindungen sind im Verhältnis zu den Cyanverbindungen
als ungiftig zu betrachten.
Durch eine Reihe von Versuchen beweisen die Verff., daß die
antitoxische Wirkung des Thiosulfats den Nitrilen und hauptsächlich
dem Malonsäurenitril gegenüber eine vorbeugende und auch heilende
ist. Von dem Standpunkte ausgehend, daß die Wirkung des Thio-
sulfats rein chemischer Natur sei, und .dadurch eine Molecular-
umsetzung anzunehmen sei, haben sich die Verff. bei ihren Versuchen
Normallösungen bedient Um zu erfahren, ob die antitoxische Wirkung
des Thiosulfats durch die Verbindung selbst bedingt sei, oder ob
der Organismus durch die von ihm verursachte Umsetzung des Thio-
sulfats soweit widerstandsfähig den Giften gegenüber wird, daß sogar
eine Art von Immunität anzunehmen sei, welche auch beim Ver-
schwinden des Thiosulfats aus dem Organismus hinterbleibt, wurden
mannigfaltige Versuche angestellt. Dieselben ergaben, daß die Resistenz
oder Immunität, verursacht durch eine subkutane Injektion des Thio-
sulfats, um so länger dauert, je größer die Mengen des injizierten
Salzes waren, zugleich aber braucht die größere Dosis mehr Zeit, um
von dem Organismus abgeführt oder umgesetzt zu werden. Es wurde
auch bewiesen, daß der Harn nach der Injektion Thiosulfat enthielt
und um so mehr, je größer die angewendete Dosis war. Die Immunität
hört aber auch auf, sobald das Thiosulfat im Harn nicht mehr nach-
weisbar ist. Die antitoxische Wirkung ist also lediglich auf die
Gegenwart des Thiosulfats im Organismus zurückzuführen.
Nachdem im Laufe der Versuche erwiesen wurde, daß 1 ccm
einer Normal-Malonsäurenitrillösung die 4 — 5-fache tödliche Dosis für
2 — 2,5 kg schwere Kaninchen beträgt, wurde geforscht, wie viel
Kubikcentimeter Thiosulfat in Normallösung angewendet werden muß,
um jeder Intoxikationserscheinung vorzubeugen. Man fand, daß 1,2
bis 1,5 ccm Normal-Tbiosulfatlösung genügt, um die Wirkung von 1 ccm
Nitril vollkommen zu neutralisieren. Zugleich stellte sich aber heraus,
daß von 55 mg Malonsäurenitrit auf 1 kg Tier aufwärts dem Tode des
Tieres auch bei Anwendung beliebig großer Mengen Thiosulfat nicht
mehr vorgebeugt werden kann. Das Thiosulfat ist also nur bei
dem Gebrauch der 9 — 10-fachen tödlichen Dosis Malonsäurenitril,
wirksam. Durch andere Versuche stellen die Verf. fest, daß bei
Anwendung beliebig großer Mengen Malonsäurenitril, selbstredend
die 9— 10-fache tödliche Dosis nicht überschreitend, bei beliebiger
Art der Einführung desselben, per os, subkutan oder intravenös
und bei beliebiger Dauer und Heftigkeit der Intoxikation , man,
Digitized by Google
760 Schutsimplaag, kllostl. Infektionskrankheiten, Katwickelaagshemmung etc.
Bobald der Atmungsprozeß nach der ThiosulfatiDjektion fortdauert,
mit Hilfe äquivalenter Mengen des Salzes das Tier retten und jede
Intoxikationserscheinung binnen 5 — 10 Minuten vollkommen zum Ver-
schwinden bringen kann.
Das Natriumthiosulfat ist also ein Antidotum oder Antitoxin,
welches vorbeugend und heilend dem Malonsäurenitril gegenüber
wirkt. Seine Wirkung kann, der Meinung der Verff. nach, mit der-
jenigen der bakteriologischen Toxine verglichen werden; bemerkens-
wert ist es auch, daß das Thiosulfat als Antitoxin anorganischen
Ursprungs, mit den bakteriologischen Antitoxinen dasjenige gemein
hat, daß es absolut ungiftig ist. Das Tier verträgt es bis auf 4 g
pro 1 kg Gewicht. Da die Wirkung des Malonsäurenitrils erst nach
einigen Minuten eintritt, durch die Resorptionszeit bezw. Abspaltung
von CN bedingt, und die Wirkung des Thiosulfats nur durch seine
Anwesenheit im Organismus stattfindet, so kann man mit Recht an-
nehmen, daß ein Teil des Thiosulfats als solches, vor der toxischen
und sogar während der tonischen Wirkung des Nitrits eliminiert wird,
ohne in Reaktion zu treten, folglich ist 1,2— 1,5 ccm Normal-Thio-
sulfatlösung 1 ccm Normal-Malonsäurenitril gegenüber als Reaktions-
verhältniszahl zu groß zu betrachten. Dies wurde auch durch weitere
Versuche bestätigt, wobei diese 1,2— 1,5 ccm allmählich in kleinen
Mengen je 5 Minuten injiziert wurden, was zu dem Resultat führte,
daß bei einer derartigen Behandlung 1 ccm Thiosulfat vollkommen
genügte, um jeder Intoxikation vorzubeugen. Das Toxin und Anti-
toxin in Normallösungen verhalten sich aber hier wie 1 Vol : 1 Vol.
Der Prozeß geht quantitativ vor sich.
Genau dieselben Resultate ergaben die Versuche mit Hunden und
Ratten, wobei selbstredend die relative, für jedes Tier unwiderruflich
tödliche Dosis nicht überschritten werden dürfte. Das letztere, bei
allen Versuchen sich wiederholende Problem, suchen die Verff. auf
diese Weise zu erklären, daß durch die Spaltung des Nitrils das
freiwerdende CN-Radikal durch die Bindung mit einem nur verfüg-
baren NaS-Molekül neutralisiert wird, während die übrig gebliebene
Gruppe CH,— CN, die in geringen Mengen unwirksam erscheint, bei
größerer Ansammlung eine toxische Wirkung gleichfalls ausüben muß.
Diese Wirkung ist aber durchaus eine andere und die Tiere gehen
erst nach 1 — ‘2 Tagen unter ganz verschiedenen Intoxikationserschei-
nungen zu Grunde, als diejenigen, die ohne Thiosulfat behandelt
wurden.
Die Versuche mit Oxalsäurenitril und den anderen Nitrilen er-
wiesen, daß auch hier das Thiosulfat eine antitoxiscbe Wirkung aus-
übt; die einzuhaltenden Verhältnisse sind aber von den oben er-
wähnten etwas verschieden, ebenso die Dauer und Heftigkeit der
Reaktion. So z. B. bei Oxalsäurenitril, wo die tödliche Dosis auf
13 mg pro 1 kg Tier berechnet wurde, genügte eine Injektion von
0,03 ccm Thiosulfat 3 Minuten vor Einführung des Giftes, um das
Tier zu retten. Die Intoxikationserscheinungen sind um so heftiger,
je geringer die Menge Thiosulfat. Bei Anwendung von 1 ccm Thio-
sulfat 3 Minuten vor Oxalsäurenitril-Injektion treten die Intoxikations-
erscheinungen nicht mehr ein. Bei Erhöhung der tödlichen Dosis
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Schntsimpfang, künstl. Infektionskrankheiten, Entwicklungshemmung etc. 761
des Nitrits muß auch die Menge Thiosulfats vergrößert werden, so
z. 6. bei einer zweifach tödlichen Dosis müssen 2 ccm Thiosulfat
l /s Minute vorher injiziert werden. Findet die Injektion des Nitrils
aber vorher statt, so erweist sich diese Menge als ungenügend und
das Tier geht binnen 10 Minuten zu Grunde. Unter diesen Um-
ständen muß eine verhältnismäßig sehr große Dosis Thiosulfats an-
gewendet werden, und nur bis zur Anwendung einer 4 — 5-fachen
tödlichen Menge des Nitrils erhält man günstige Resultate. Sobald
60 mg Nitril pro 1 kg Tier überschritten werden, gehen die Tiere
unbedingt zu Grunde. Die Reaktion des Thiosulfats kommt nur dann
zur vollen Geltung, wenn es vor dem Nitril in die Blutbahn oder die
Gewebszellen eindringt, denn sobald das Toxin in mehrfach tödlicher
Dosis in den Organismus gelangt, ohne sofort das Gegengift zu be-
gegnen, ist seine Wirkung so rapid und heftig, daß der Tod trotz
großer Mengen injizierten Thiosulfats häufig eintritt. Das Thiosulfat
besitzt also auch dem Oxalsäurenitril gegenüber antitoxische Eigen-
schaften, in geringerem Maße aber jedoch wie beim Malonsäurenitril.
Diese hier, wie beim Malonsäurenitril begrenzte Wirkung des
Thiosulfats wird von den Vertf. auch in dein Prozesse der Entgiftung
selbst zu erklären gesucht, indem sie dem Organismus eine Ver-
mittelungsfunktion überweisen, analog derjenigen der Schwefelsäure
bei der Bildung von Aether aus Alkohol. Diese Vermittelung ist
eben für den Organismus eine verderbliche, denn sie gestattet ihm
keine gänzliche Regenerierung, wie es bei Schwefelsäure der Fall ist.
Die Ergebnisse mit Bernsteinsäure - und Brenzweinsäurenitril
erwiesen gleichfalls eine antitoxische Wirkung des Thiosulfats, aber
lange nicht in dem Maße, wie bei den zwei ersten.
In einer nächsten Arbeit wollen die Verff. beweisen, daß alle
Schwefelverbindungen, welche leicht Schwefel abspalteu, eine anti-
toxische Wirkung den Nitriten gegenüber besitzen.
Robertson (Prag).
Krause. Zur Kenntnis des Formaldebyds und der
Barthel’schen Lampe zur Erzeugung desselben. (Monats-
hefte für prakt Tierheilk. Bd. XII. Heft 5. p. 200—215.)
K. untersuchte die keimtötende Wirkung des Formaldehyds, in-
dem er mittels einer etwas modifizierten Barthel’ sehen Lötlampe,
die einen ausgiebigen Sauerstoffzutritt ermöglicht, 98 Proz. Holzgeist
mit einem spezifischen Gewicht von 0,80 verbrannte. In eine dicht-
schließende kistenartige Vorrichtung wurden nun von außen hinein
durch eine Oeffnung, in welche die Kappe des Brennrohrs genau
paßte, die Formaldehyddämpfe geleitet. Von der Decke herab hingen
an in Glasstäben eingeschmolzenen Platinösen die infizierten Seiden-
fäden. Außerdem diente ein Thermometer zum Ablesen der Tem-
peratur. Bei der von K. benutzten Lötlampe fiel die Anwendung
eines Platinnetzes fort, wodurch der Anschaffungspreis erheblich ge-
ringer wurde. Da ferner neuerdings der Fabrikant durch Vermehrung
der Luftregulierungslöcher die Formaldehydausbeute noch erheblich
vermehrt hat, so glaubt Verf., daß diese Konstruktion auch hin-
reichen wird, um größere Räume zu desinfizieren, zumal bei der
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762 ’Schatiimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Entwicklungshemmung etc.
Billigkeit des Methylalkohols ein kleiner Mehrverbrauch bei dieser
Art der Konstruktion nicht in Frage kommen kann.
Verf. prüfte nuu als Repräsentant derjenigen Bakterien, die
kerne Dauersporen bilden, den Micrococcus prodigiosus, ferner
die Milzbrandbacillen, nebst Sporen, den Bacillus der Geflügelcholera
und des Schweinerotlaufes. Nach bestimmten Zeiten wurden Aus-
saaten angelegt und Tiere geimpft, über deren Ergebnisse uns aus-
führliche Tabellen berichten. Auch die Einwirkung der Formaldehyd-
dämpfe auf Milben wurde studiert, indem in dem Versuchskasten
auf einem kleinen Tischchen Borken, Acarus follicnlorum,
Sarcoptes squamiferus, Dermatophagus equi und Der-
ma toryctes mutans enthaltend, sowohl frei auf Objektträger,
als in Leinwand verpackt, gelegt wurden. Auch Hautstücke von
Hunden, die wegen Räude getötet waren, wurden als solche den
Dämpfen ausgesetzt. Die Milben wurden sowohl vor als nach dem
Versuch auf dem heizbaren Objekttisch auf ihre Lebensfähigkeit
geprüft.
Es ergab sich nun, daß Milzbrandbacillen schon nach 15 Mi-
nuten bei 30 g Holzgeistverbrauch sicher abgetötet waren, die Bak-
terien der Geflügelcholera und des Schweinerotlaufes schon nach
8 — 10 Minuten bei 20 g Alkohol verbrauch. Der Micrococcus
prodigiosus zeigte etwas mehr Widerstandsfähigkeit, indem er
erst nach 30 Minuten mit einem Verbrauch von 25 g Alkohol, oder
in 20 Minuten bei 50 g Alkohol seine Keimfähigkeit vollständig ver-
loren hatte. Milzbrandsporen waren natürlich sehr widerstandsfähig.
Bei 50 g Alkohol hatten sie erst in 2 Stunden, bei 100 g in l l / 4 Stunde
und bei 200 g in 1 Stunde ihre Lebensfähigkeit verloren.
Die Milben starben ziemlich schnell ab, so Acarus follicu-
lorum nach 15 Minuten mit einem Alkoholverbrauch von 25 g, so-
bald sie nämlich in Borken auf Objektträger oder in Leinwand ver-
packt den Dämpfen ausgesetzt wurden, während sie in der intakten
Haut eines wegen Räude getöteten Hundes noch nach 35 Minuten
hei 50 g Alkoholverbrauch ihre Lebensfähigkeit beibehielten. Sar-
coptes squamiferes verhielt sich ebenso. Dermatophagus
starb erst nach 15 Minuten bei 50 g Alkohol, während Derma to-
ryctes mutans um wenigsten widerstandsfähig war und schon
nach 10 Minuten nach einem Verbrauch von 25 g Holzgeist abge-
storben war. Hiernach scheint es also, als ob sich die Formaldehyd-
dämpfe wegen der Leichtigkeit und Billigkeit ihrer Herstellung und
der guten keimtötenden Wirkung zur Desinfektion im großen eignen
würden. Hierüber können aber nur eingehende Versuche entscheiden,
da es nicht angängig ist, aus den Versuchen mit Seidenfäden und
kleinen, leicht durcbdringbaren Körpern einen Schluß auf ihre Wirk-
samkeit bei der Desinfektion großer und oft sehr dichter und schwer
durchdringbarer Massen zu machen. Deupser (Deutsch- Lissa).
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t (otuB.auD*chc Uuctulrockerei (UrruMU« l'uhle; iu Jm».
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Bakteriologie, Paraälenkunde i iDfeklionskraiklieiteD,
Erste Abteilung:
Medizinisch-hygienische Bakteriologie und
tierische Paras itenkunde.
In Verbindung mit
Gel Bat Prof, Dr Lenctart, Gel Med.-Rat Prot. Dr, Loeffler
ln LnlpilK und tu Greitewnld
Professor Dr. R. Pfeiffer
iu Berlin
herausgegeben von
Dr. O. TThlworm in Cassel.
Verlag von Gustav Fischer ln Jena
XXI. Band. ■— Jena, den 24. Juni 1897. -o- N®. 20 / 21 .
Preis fax den Band (26 Nummern) 15 Mark. — J&hrlieh erscheinen zwei Bände.
Hierzu als regelmtt/nge Beilage die Inhalt »-über eichten der II. Abteilung de* Centralblatte*.
Die Redaktion des „Centralblatts für Bakteriologie und Parasiten -
künde “ richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebetie Bitte , etwaige
Wünsche um Lieferung von besonderen Abdrücken ihrer Aufsätze ent-
weder bei der Einsendung der Abhandlungen an die Redaktion auf das
Manuskript schreiben zu wollen oder spätestens nach Empfang der ersten
Korrekturubxüge direkt an den Verleger , Herrn Gustav Fischer in Jena ,
gelatigeti zu lassen.
Original- Mittbeilungen.
Nachdruck verboten.
Ueber die Pestepidemie in Formosa.
[Aus dem hygienischen Institut iu Tokio.]
Von
Prot M. Ogata.
Als nach amtlicher Mitteilung die Pest am 28. Oktober 1896 in
der Hauptstadt Taihoku in Formosa abgebrochen war, erhielten
Herr Yamagiwa und ich vom Erziehungsministerium den Auftrag,
weitert; Forschungen über diese Krankheit anzustellen. Herrn
Y a m a g i w a fiel die klinische und anatomische, mir die bakterio-
logische Untersuchung zu. Wir reisten am 29. November vorigen
Jahres in Begleitung meines Assistenten, Dr. Yokote, Yamagiwa’s
CnU M.L XXI. Bd. iS
770
M. Ogata,
Assistenten, Ur. Kannmori und eines Dieners von Tokio ab, und
kamen am 10. Dezember in Taihoku an. An demselben Tage noch
sezierte Herr Yamagiwa eine Pestleiche, von deren Blut, Lympb-
drüsen und inneren Organen ich Deckglaspräparate und Platten-
kulturen anfertigte, sowie Impfungen an Versuchstieren (Meer-
schweinchen und Mausen) vornahm. Nachdem wir Uber 3 Wochen
vorgenoinmen und Ende Dezember die Anzahl der Erkrankten Unter-
suchungen sehr gering wurde, kehrten wir am 2 . Januar 1897 von
Taihoku nach Tokio zurück, wo wir Mitte Januar ankamen.
Was zunächst die Zahl der Pestkranken resp. der Todesfälle
in Taihoku und den benachbarten Distrikten (Kirung und Tamsui) be-
trifit, so betrug sie nach offiziellen Berichten vom 28. November 1896
an bis Ende Dezember desselben Jahres im ganzen 132 (Ansässige
105, Ureinwohner 27). Die Todesfälle betrugen 56,1 Proz. der Er-
krankungen. Bei genauerer Nachforschung wurde aber fcstgestellt,
daß Erkrankungen mit Todesfällen schon vor dem 28. November vor-
gekommen sind, da viele Einwohner an akuten fieberhaften Krank-
heiten innerhalb einiger Tage nach Erkrankung unter Diagnose von
bösartiger Malaria gestorben und auch unter den Ureinwohnern seit
Juni mehrere Todesfälle durch fieberhafte Krankheiten vorgekommen
sind, die nach dem Urteil japanischer und chinesischer Aerzte wohl
nichts anderes als Pestkrankheit sein konnten.
Woher die Pest nach Taihoku eingeschleppt wurde, ob diese
Krankheit schon vorher in Formosa herrschte oder ob sie von an-
deren Orten, wie Anpin (Hafen von Formosa), Hongkong, Kanton
gekommen ist, weiß man nicht sicher. Fast alle Eingeborenen be-
haupten, daß die Pest früher dort nicht geherrscht bat, aber da
dort viele Leute besonders erkrankte Mäuse und Ratten sehr fürchten
und die Pestkraukheit geradezu Rattenseuche nennen, so ver-
mute ich, daß hier schon früher die Pest geherrscht hat.
Im April desselben Jahres herrschte die Pest in Anpin. Die
Zahl der offiziell berichteten Todesfälle betrug bis Juni 45. Die
Einschleppung von hier nach Taihoku ist nicht fcstzustellen. Ein
Militärarzt Murakami hat aus Lymphdrüsen einer Pestleiche Ba-
cillen kultiviert und der militärisch-medizinischen Schule in Tokio
zugeschickt. Herr Dr. K. Oka da hat damit geiiauere Kultur- sowie
Tierversuche ausgeführt und über seine Resultate im Oktober 1896
in der medizinischen Gesellschaft zu Tokio berichtet, ferner in deren
Zeitschriften viele Abbildungen des Pest bacillus und dessen Kulturen
gebracht. Das Hauptergebnis der Untersuchungen über die Morpho-
logie und pathogeneu Eigenschaften des Bacillus stimmen mit dem
Pestbacillus von Yersin überein, aber nicht mit dem Bacillus
von Kitasato.
Viele Autoren halten den Pestbacillus von Kitasato und den
von Yersin für identisch, aber in der That sind dieselben zwei
ganz verschiedene Arten von Bakterien resp. Bacillen. Kitasato
hat selbst in neuerer Zeit in der Zeitschrift der medizinischen Ge-
sellschaft zu Tokio. Bd. XI. Heft 1 erklärt, daß sein Pestbacillus
von dem Yersin 'sehen Bacillus ganz verschieden ist.
Aoyama hat meines Wissens zuerst auf die Verschiedenheit
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Ueber die Pestepidemie in Formosa.
771
des Kitasato’schen und Yersin’schen Pestbacillus aufmerksam
gemacht (s. sein Manuskript in deD Mitteilungen der medizinischen
Fakultät der Kaiserlich japanischen Universität. Bd. III. No. 2).
Hierauf hat, wie oben zitiert, Oka da durch bakteriologische Unter-
suchung die Differenz beider Bacillen festgestellt
Es seien hier die Unterschiede beider Bacillen hervorgehoben
dieselben sind folgende:
Kit&s&to'acher Bacillus. Yersin’scher Pestbacillus.
Fundort:
Fast in allen Fällen im Blute der Selten im Blute, aber stets in ange-
Pestkranken. schwül lenen Lymphdrüsen der Pestkranken.
Färbung des Bacillus:
Färbt sich nach der Gram’ sehen Entfärbt sich nach der Gr am 'scheu
Methode. Methode.
E ige n be w eg u ug des Bacillus:
Vorhanden. Nicht vorhanden.
Vorhanden.
Kapsel des Bacillus:
Oft vorhanden.
Kolonie auf Agar-Agar:
Kund, unregelmäßig, grauweililich, bei Weiß durchscheinend mit irisierenden
durchfallendem Lichte bläulicher Glanz j Bändern,
bei schwacher Vergrößerung Glas watte
ähnlich.
Bacillusform in künstlichem Nährboden:
Sieht aus wie eine Kette einer Mikro- In Bouillon bilden die Individuen
kokkenart. Ketten von kurzen Stäbchen, in Agar-Agar
bilden sie kurze Stäbchen, aber selten
schmale oder dicke.
Stichkultur iu Agar-Agar:
Entwickelt sich entlang des Stichkanals
und giebt fast kein Wachstum auf der
Oberfläche
Bacillus im Blute der Versuchstiere:
Bald reichlich, bald wenig. Meist mäßig lauge schmale Baeilleo
zerstreut vorhanden.
Beiläufig füge ich noch die große Differenz des ersten Berichtes
(Japan, offizielles Blatt vom 31. August und 1. September 1894) und
des zweiten Vortrags (Zeitschrift der medizinischen Gesellschaft zu
Tokio) von Kitasato hinzu:
1. Bericht.
Im Blute, in angeschwoilenen Lympb-
drüsen und anderen Organen findet man
eine Art von Bakterium.
Bei Impfung der Bacillen auf
Versuchstiere sieht man selten
Drüsenanschwellung; Mäuse, Meerschwein-
chen, Kaninchen zeigen nach 2 Tagen
Krankheitserscheinungen und sterben
nach 2-5 Ta gen.
Das Material zu unseren Untersuchungen in Taihoku war leider
nicht so reichhaltig, als ich wünschte, doch habe ich im ganzen
27 Pestkranke, inkl. Pestleichen, untersucht, d. h. 18 Kranke im
Isolierhospital. Bei mikroskopischer Untersuchung des Blutes aus
49*
2. Vortrag.
In angeschwollenen Drüsen der Pest-
krauken fand er außer einer Art von
Bacillus im Blute noch den Yer-
sin’schen Bacillus.
Bei Impfung der Bacillen auf
Versuchstiere kommen stets oder in
den meisten Fällen Drüsenanschwellungen
vor; Mäuse sterben innerhalb 24
Stunden.
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772
M. Ogfttft,
der Fingerspitze der Pestkranken (19 — 65 Tage nach Erkrankung)
und Kultur aus demselben auf Agar-Agar konnte ich keine spezi-
fischen Bakterien finden; doch habe ich aus Geschwürseiter eines
40 Tage vorher an der Pest erkrankten Patienten bei Impfung zweier
Mäuse dieselben nach 3 — 4 Tagen sterben sehen. Aus dem Blute
und den inneren Organen letzterer Mäuse habe ich den Pestbacillus
rein kultiviert
Von frisch exstirpierten Lymphdrüsen von 2 akuten schweren
Pestfällen (das Exstirpiercn soll im Anfangsstadium therapeutisch
oft gute Erfolge haben) habe ich mikroskopische Präparate und Kul-
turen auf Glycerinagar hergestellt, sowie Impfung bei vielen Mäusen
und Meerschweinchen vorgenommen; ich fand hier reichliche Pest-
bacillen und ebenso habe ich aus exstirpierten Lymphdrüsen sowie
aus dem Blute und den iuneren Organen der gestorbenen Versuchs-
tiere Reinkulturen des Pestbacillus gewonnen.
Bei 2 akuten schweren Pestfällen habe ich etwas Blut aus den
Fingerspitzen genommen und mikroskopisch kulturell untersucht; ich
fand hier bei einigen Pestbacillen im Präparate und es entwickelten
sich auch einige Pestbacillen-Kulturen aus dem Blute in beiden
Fällen auf Agar-Agar ; jedoch liefert das Blut von Pestkranken neben
dem Pestbacillus noch Kolon inen eines anderen Bacillus, welche
mikroskopisch den Kolonieen des Fraenkel’schen Pneuinonie-
bacillus ähneln, aber sich nicht nach der Gram’schen Behand-
lung entfärben. Bei Impfung des letzteren Bacillus auf zwei Mäuse
blieben diese jedoch gesund.
Im Blute eines an Pest schwer Erkrankten, welcher am
nächsten Tage nach der Blutentnahme starb, fand ich keinen einzigen
Pestbacillus, ferner lieferte die Impfung dieses Blutes auf Glycerin-
agar keine einzige Kolonie eines Bacillus, während in gleichzeitig
exstirpierten Lymphdrüsen reichlich Pestbacillen enthalten waren und
bei Impfung derselben auf Agar-Agar sich reichliche Kolonieen von
Pestbacillen entwickelten. Nach dem Tode der Kranken habe ich aus
deren Lymphdrüsen, Leber und Milz direkt und auch indirekt aus
Versuchstieren Reinkulturen von Pestbacillen gewonnen. Dagegen
fielen Kulturversuche mit dem Herzblute letzterer Leiche sowie Tier-
versuche negativ aus.
Aus dem Blute und den inneren Organen von 3 weiteren Pest-
leichen habe ich (bei der Sektion) einerseits mikroskopische Präparate
hergestellt und Kulturversuche gemacht, andererseits bei vielen Ver-
suchstieren damit geimpft, und habe aus allem diesem Materiale Rein-
kulturen des Pestbacillus gewonnen. Eine der drei Leichen hatte
bei der Sektion schon über 2 Tage gelegen. Im Blute und in den
inneren Organen waren außer dem Pestbacillus noch ein dem
Heubacillus ähnlicher Bacillus uud Stapbylococcus pyo-
gen us aureus vorhanden. Bei 2 anderen Leichen, die nicht lange
Zeit nach dem Tode seziert wurden, habe ich aus dem Blute uud der
Milz außer dem Pestbacillus noch Kolonieen eines anderen Ba-
cillus beobachtet, welche makroskopisch wie Tautröpfchen aussahen
und nicht Uber einige Millimeter groß waren. Der letztere Bacillus
war ein kurzes Stäbchen, welches Ketten bildete und nach Gram-
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Ueber die Pestepidemie in Forraos*.
773
scher Behandlung nicht entfärbt wurde. Bei Impfung von dieser
Kultur auf zwei Mäuse blieben beide Tiere gesund.
Bei einer der zwei letzterwähnten Leichen habe ich auch den
Urin und die Galle mikroskopisch untersucht, sowie von diesen auf
2 Mäuse geimpft, und fand so in beiden Sekreten reichlich Pest-
bacillen. Alle Versuchstiere starben nach 2 — 3 Tagen uuter cha-
rakteristischen Pestsymptomen. In der Cerebrospinalflilssigkeit des
dritten Ventrikels einer Leiche fand ich den Pestbacillus Dicht.
Den von mir oben als Pestbacillus bezeichneten Bacillus findet
man im Gewebssaft der angeschwollenen Lymphdrüsen und inneren
Organe, zeitweise aber auch im Blute der Pestkranken. Derselbe ist
ein mäßig kurzer, dicker Bacillus mit abgerundeten Knden, öfters
bildet er auch runde mikrokokkenartige Gebilde. Form und Größe der
Bacillen sind aber variabel; bald sind sie kugelig, bald bisquitförmig,
bald lang, bald kurz, bald dick u. s. w. Die Färbung der Bacillen
gelingt leicht mit Aniliufarbstoffen. Die beiden Enden der Bacillen
färben sich dabei stärker als der mittlere Teil, ja es bleibt der
mittlere Teil der Bacillen öfters ungefärbt, besonders bei Färbung
mit Ribber t’ scheu Farbelösungen. Man sieht dabei auch oft
Kapseln. Die Bacillen entfärben sich bei Anwendung der G ram-
schen Methode.
Sät man aus erkrankten Lymphdrüsen oder dem Gewebssafte
auf Agar-Agar und stellt diese Masse dann in den Brütofen, so ent-
wickeln sich innerhalb 24 Stunden reichlich weiße durchscheinende
und am Rande opalisierende Kolonieen. Bei schwacher Vergrößerung
zeigen die kleinen Kolonieen meist runde Form. Die Begrenzung der
Kolonieen ist scharf. Die Kolonieen sind farblos und fein granuliert
Die Ränder der mäßig großen Kolonieen sind nicht ganz glatt und
das Centrum etwas dunkler als die Peripherie. Mit der Zeit erhebt
sich die Kolonie bei weiterem Wachsen, dann sieht mau makroskopisch
eine grauweißliche Farbe der Kolonie mit feuchter glänzender Ober-
fläche auf dem Nährboden. Die reichlich vorhandenen einzelnen
Kolonieen verschmelzen allmählich und bilden einen Ueberzug entlang
der geimpften Strichlinie. Bei Berührung der Kolonieen mit Platin-
draht zeigen dieselben eine schleimige, fadenziehende Eigenschaft,
besonders bei älteren Kulturen.
Bei gefärbten Präparaten dieser Kultur sieht man verschiedene
Formen, je nach dem Alter der Kultur. Die Bacillen haben bald
ihre ursprüngliche Form, bald sind sie inikrokokkenartig, bald bilden
sie aus mehreren Gliedern bestehende Fäden. Es giebt auch Indivi-
duen, die doppelt so dick oder lang sind als die ursprünglichen.
Die Kolonieen auf Gelatinenährboden sehen ähnlich aus wie die
auf Agar-Agar.
Die Stichkulturen in Nährgelatine entwickeln sich bei einer
Temperatur von 18—22° C nach einigen Tagen läugs des Stich-
kanals als weiße Fäden. Mit der Zeit bilden sie hier zusammen-
hängende oder isolierte runde Kolonieen. Auf der Oberfläche ist die
Entwickelung stärker und erheben sich die Kolonieen über die Ober-
fläche. Sogar bis zum Inuenrande des Reagensglases können die
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774
M, Ogata
Kolonieen wachsen. Es tritt ferner bei der Entwickelung der Ba-
cillen keine Verflüssigung der Nährböden ein.
Auf gekochten Kartoffeln wächst der Bacillus im Brütofen
nach einigen Tagen längs des Impfstrichs als erhabene weiße Linie.
In Bouillon im Brütofen bilden die Bacillen 24 Stunden nach
der Impfung einen flockigen Bodensatz und die darüber stehende
Flüssigkeit enthält hier und da Flöckchen, aber keine starke Trübung.
Bei mikroskopischer Untersuchung der Flöckchen sieht man meist
aus kurzen Bacillen bestehende Ketten.
In sterilisierter Milch entwickeln die Bacillen sich im Brütofen
nach einigen Tagen; dabei findet keine Gerinnung statt.
Auf erstarrtem Blutserum entwickelt sich der Bacillus wie
auf Agar-Agar,’ aber die Farbe der Kolonieen ist nicht so weiß wie
bei Agar-Agar. Verflüssigung der letzteren Nährböden tritt nicht ein.
Die Versuchstiere (Mäuse, Ratten, Meerschweinchen, Kaninchen,
Katzen, Schweine) sterben bei Impfung mit dem Gewebssafte der
Lymphdrüsen und der inneren Organe oder mit dem bacillenhaltigen
Blute, sowie den Kulturen der Bacillen, meist nach 2 — 6 Tagen.
Beim Schweine und der Katze erfolgt der Tod etwas später.
Bei der Sektion sieht man blutiges Oedem an der Impfstelle,
Vergrößerung und Blutung der Lymphdrüsen und auch stellenweise
Blutung im Unterhautgewebe und in den inneren Organen. Milz und
Leber sind in den meisten Fällen vergrößert und findet man oft
weiße Pünktchen. In den Lymphdrüsen und inneren Organen findet
man reichlich obige Bacillen ; auch findet man mehr oder weniger
die Bacillen im Blute, aber nicht so reichlich wie in den Lymph-
drüsen, der Milz u. s. w.
Tauben, Hühner und Hunde verhalten sich beim Einimpfen der
Bacillen refractär.
Während unseres Aufenthalts in Taihoku hatte ich 6 tote Ratten
zur Verfügung; zwei wurden mir von einem Arzte gebracht, zwei
habe ich auf der Straße gefunden , eine weitere stammte aus der
Kaserne und eine brachte ein Sanitätsbeamter.
Der Arzt, welcher die beiden ersten Ratten brachte, erzählte
mir, daß er dieselben von einem Chinesen, der die schwer erkrankten
Ratten von der Straße entfernen wollte, erhielt Er hatte dem Chinesen
gesagt, die Ratten mir zu übergeben, er erwiderte aber, daß diese beiden
Ratten wegen der sog. Rattenseuche sehr gefährlich seien, da sie
sehr leicht Menschen infizieren und deshalb zu entfernen seien. Nach-
dem ihm aber der Arzt erklärt hatte, daß er ein jap. Arzt sei, und er
sich keine Sorge zu machen brauche, falls er die Ratten ihm gäbe, er-
klärte sich der Chinese einverstanden und er brachte dann die beiden
Ratten in Zeitungspapier eingewickelt zu mir. Da ich beim Oeffuen
des Pakets einige Flöhe auf den Tieren gewahrte, wurde die eine Ratte
sofort wieder eingewickelt, die andere aber mit einer 1 pro mille-
Sublimatlösung übergossen, wobei ca. 20 Stück Flöhe aufgefangen
wurden. Diese Ratte hatte am mittleren Teile des Schwauzes eine
reiskorngroße Kruste, bei deren Entfernung ein tiefes, mit Eiter be-
decktes Geschwür sichtbar wurde. Die aus diesem Geschwüreeiter
angefertigten Präparate ließen verschiedene Arten von Bakterien,
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Ueber die Pestepidemie in Formosa.
775
(Bacillen und Mikrokobken) erkennen, darunter auch dem Pest-
haci Iltis ähnliche Bacillen. Inguinal* und Achseldrüsen waren an-
geschwollen und blutig imbibiert. In der Bauch- und Pleurahöhle
fand sich reichlich blutige Flüssigkeit. Die Milz war aufs doppelte
geschwollen, die Leber war blutreich hier und da mit kleinen Hämor-
rliagien und Rissen. Die LuDge war blaß, das Herz mit Blut gefüllt.
In den Inguinaldrüsen, sowie der Milz und Leber waren reichlich,
im Herzblute mäßig reichlich Pestbacillen enthalten. Auch aus obigem
Gewebssafte und dem Blute konnte ich Reinkulturen von Pestbacillen
erhalten. Aus dem auf dem Schwänze befindlichen Geschwüre erhielt
ich außer Pestbacillen noch Staphy lococcus pyogenes aureus.
Als die zweite Ratte in sterilisiertes Wasser gebracht wurde,
konnte ich 15 Stück Flöhe auffangen, bevor die Sektion stattfand.
Der Sektionsbefund stimmt im großen und ganzen mit den bei
ersterer Ratte gemachten Erfahrungen überein; ebenso die Unter-
suchungen der übrigen vier Ratten. Eine der Ratten, welche mehrere
Stunden nach dem Tode seziert wurde, hatte keine Flöhe mehr.
Sieben Stück der im sterilen Wasser gefangenen Flöhe wurden nun
zwischen zwei sterilisierten Objektivgläsern zerrieben und damit
zwei Mäuse subkutan geimpft; eine dieser Mäuse starb nach drei
Tagen. Bei der Sektion fand ich an der Impfstelle blutiges Oedem,
ferner Schwellung der Inguinal- und Acbseldrüsen. Die Milz war
vergrößert. In den Lymphdrüsen, Milz, Leber und Blut waren
reichlich Pestbacillen enthalten, von welchen ich Reinkulturen her-
stellte, die zweite Maus blieb gesund.
Einige Meerschweinchen, welche ich von Tokio nach Taihoku
mitgebracht hatte, und die ich im Laboratorium getrennt von den
geimpften Tieren im Käfig hielt, gingen zu Grunde. Die Sektion der-
selben ergab gleichfalls Pestbacillen. Auf welche Weise (ob durch
Insekten oder durch das Futter, die Infektion stattfand, konnte ich
uicht ermitteln.
Meine bisherigen Beobachtungen über die aus Pestkranken, Pest-
leichen und Pestratten kultivierten, für Mäuse, Ratten, Meerschwein-
chen, Kaninchen und Katzen pathogenen, für Hunde, Hühner und
Tauben refraktären Bacillen stimmen im großen und ganzen betreffs
Form, Kultur und Pathogenität mit dem Pestbacillus von Yer-
sin, aber nicht mit dem Bacillus von Kitasato überein.
Meine Resultate sind, kurz zusammengefaßt, folgende:
1) In den geschwolleneu Lymphdrüsen der Pestkranken und bei
den Pestleichen (innere Organe und Blut) findet man stets bei Ver-
suchstieren (Mäuse, Meerschweinchen, Kaninchen und Katzen) einen
eine pestähnliche Krankheit hervorbringenden pathogenen Bacillus.
2) Im Blute der Pestkranken findet man nicht konstant die
Pestbacillen, selbst nicht bei schweren Fällen.
3) Im Harne eines Pestkranken, in der Galle und dem Harne
zweier Pestleichen habe ich ebenfalls den Pestbacillus gefunden.
4) Der Pestbacillus scheint meistens von den Wunden aus
durch Insekten, wie Flühe und Mosquito, verschleppt zu werden.
5) In den Lymphdrüsen, Blut und inneren Organen der an Pest
natürlich erkrankten oder künstlich infizierten Ratten findet man
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776
M. Ogata, Ueber die Pestepidemie in Formosa.
stets den bei der menschlichen Pest ebenfalls vorkommenden Pest-
bacillus.
6) Die an Pestratten befindlichen Flöhe enthalten ebenfalls viru-
lente Pestbacillen, die nach dem Tode der Ratten das Pestgift auf
Menschen übertragen können.
7) Im Blute, den Lymphdrüsen und den inneren Organen der
Pestkranken und Leichen können außer dem Pestbacillus noch
verschiedene andere Bakterien Vorkommen.
8) Der Pestbacillus ist gegen Antiseptica sehr wenig wider-
standsfähig: In 5-proz. Karbolsäure stirbt er sofort, bei 0,5-proz.
Karbolsäure bleibt er noch 5 Minuten lebensfähig, aber nach 15 Mi-
nuten ist er nicht mehr auf Nährböden zu kultivieren. In 1 °/ 00 Su-
blimat lösung stirbt der Pestbacillus sofort, in 0,l # /oo Sublimat-
lösung nach 5 Minuten. Nach 5 Minuten Einwirkung von gesättigtem
Kalkwasser oder aufs doppelte verdünntem Kalkwasser ist der Pest-
bacillus nicht mehr auf Nährböden entwickelungsf&hig. Direktes
Sonnenlicht (Mitte Februar von Mittag an) tötete eine Agarkultur
des Pestbacillus erst nach 4stündiger Einwirkung.
9) In dem Boden der Pesthäuser habe ich den Pestbacillus
(beim Impfen von Versuchstieren) nicht gefunden.
Prophylaktisch sollte man bei Bedrohung durch die Pest-
epidemie außer auf allgemeine Vorsichtsmaßregeln zunächst auf er-
krankte oder verendete Ratten, Mäuse und Schweine achten, da diese
Tiere stets vor den Menschen erkranken und sterben. Außerdem
sollte man auf Insekten, wie Flöhe, die infolge der Abkühlung der
verendeten Ratten diese Tiere verlassen und das Pestgift direkt auf
den Menschen übertragen können, achtgeben. Auch Mosquitos oder
Fliegen können von Pestkranken oder aus Sekreten derselben den
Pestbacillus auf Menschen oder auf Nahrungsmittel übertragen.
Es kann möglicherweise die Pest eigentlich (wie die Krankheitsge-
schichte in Formosa lehrt) primär eine Rattenseuche sein, und
dieses Tier die nächste Ursache zur Verbreitung dieser Krankheit bei
den Menschen sein. Man sollte daher die erkrankten Tiere oder die
Tierleichen sofort desinfizieren, resp. verbrenuen und eine Reinigung
und Desinfektion der Wohnung, Kleidung u. s. w. ausführen, wenn
man solcherweise erkrankte Tiere in seinem Hause findet, oder wenn
möglich, sollte sofort die Wohnung gewechselt werden. Die Pest
kranken sollten isoliert, und deren mit Sekreten und Exkreten oder
Blut der Kranken verunreinigte Wäsche oder Gegenstände desinfiziert
werden. Mit Pestkranken in Berührung kommende Aerzte, Wär-
terinnen u. s. w. sollten die Hände desinfizieren. In solchen Gegen-
den, in denen Fliegen, Flöhe, Mosquitos (in Taihoku das ganze Jahr
hindurch) sich reichlich finden, sollten die Pestkranken nur unter
Mosquitonetzen verweilen. Die Leichen oder mit Pestgift beschmutze
Gegenstände würde man am besten verbrennen oder gründlich des-
infizieren; desinfizierte Leichen sollten sehr tief begraben werden.
Wäsche, Lumpen, Wolle u. s. w. , welche aus einer Pest-
gegend kommen, sollte man natürlich ebenfalls grüudlichst desinfi-
zieren. Schiffe, welche aus einer Pestgegend kommen, müssen
natürlich inspiziert und der Quarantäne unterworfen werden.
Digitized by Google
Robert Behle, Ueber das Vorkommen von Scharlach bei Tieren. 777
Zum Schlüsse fahle ich mich verpflichtet, Sr. Excellenz Herrn
Qeneral von Nogi und Sr. Excellenz Herrn Mizuno, Direktor des
Civilamtes, für gütige Unterstützung unseres Unternehmens unseren
besten Dank auszusprechen; ferner möchte ich dankend des großen
Eifers des Herrn Yokote bei unseren Untersuchungen gedenken.
Tokio, 18. März 1897.
Nachdruck verboten.
Ueber das Vorkommen von Scharlach bei Tieren.
Von
Sanitätsrat Dr. Robert Belila
Id
Luckau.
Aehnlich wie bei Masern l ) führen ältere Lehrbücher über Tier-
krankheiten das Scharlachfieber auf. So wird z. B. unter anderen von
Spinola in seinem Handbuch der speziellen Pathologie und Therapie
für Tierärzte (Bd. II. 1863. p. 56) diese Krankheit in einem beson-
deren Kapitel besprochen. Er bezeichnet sie „als eine wesentlich
fieberhafte, ansteckende, von einem namhaften Ergriffensein der Rachen-
schleimhaut und den Erscheinungen der Bräune insbesondere begleitete
Ausschlagskrankheit, welche in scharlachfarbenen (himbeerfarbenen),
mehr allgemeinen, auf der Haut und Schleimhaut ausgebreiteten
großen Flecken besteht und mit Abschuppung der Oberhaut endet.
Obwohl Spinola auch die Existenz bei verschiedenen Tieren be-
zweifelt und Verwechselungen mit dem Bilde des Rotlauffiebers für
möglich hält, glaubt er doch, daß der Scharlach bei Pferden wirklich
vorkommt. „Ich sah“, sagt er, „eine ganze Abteilung junger (drei-
und vierjähriger) Pferde erkranken ; das ersterkrankte Pferd hielt ich
für bräunekrank, überzeugte mich aber bald durch das Abweichende
im Krankheitsbilde sowie durch die nachfolgenden Krankheitsfälle,
daß ich es hier mit einer Ausschlagskrankheit zu thun hatte, in
welcher ich den Scharlach anzuerkennen mich für berechtigt halten
muß“. Nach diesem Krankheitsbilde schildert er Prodromalstadium,
Symptome und Verlauf, Frösteln, frequenten Puls, Schlingbeschwerden,
Röte der Augenlidschleimhaut, Nasenschleimhaut, Maulschleimhaut,
namentlich eine Rötung der Seitenteile und Spitze der Zunge (Erd-
beerzunge). Die gleichzeitig auf der äußeren Haut vor sich gehenden
Veränderungen beim Pferd sind schwer für Auge und Gefühl erkennbar.
Nach 3— 5-tägigem Bestehen der Rötung werden Haut und Schleim-
häute blasser, es tritt Abschuppung ein, namentlich in größeren
Strecken an den Lippen und der Nase. Das Fieber pflegt nach
10—12 Tagen zu verschwinden. Als Anomalieen des Verlaufs nennt
er Abweichungen des Fiebers, Pharyngitis, Laryngitis etc. Die Pro-
1) Cf. meinen Artikel: Ueber das Vorkommen von Masern bei Tieren. (Centralbl.
f. Bakteriol. Bd. XX. 1896. p. 561.)
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778
Robert Bebla,
gnose bezeichnet er, abgesehen von hinzutretenden Komplikationen,
nicht ungünstig. Von den neueren Autoren wird die Existenz des
Scharlachs bei den Tieren beanstandet. Nach Friedberger und
Fröhner ’) handelte es sich bei den früheren Beobachtungen offenbar
um Verwechselungen mit Rotlauf, Petechialfieber und anderen roten
Hautausschlägeu. Auch das neueste Werk auf diesem Gebiete, das
Lehrbuch der vergleichenden Pathologie und Therapie des Menschen und
der Haustiere von Schneidemühl’), welches in trefflicher Weise
die Beziehungen zwischen Menschen- und Tierkrankheiten zusammen-
stellt und eine wahre Lücke ausfüllt, spricht gleichfalls von Ver-
wechselungen mit anderen Krankheiten. Sicher sind die diesbezüg-
lichen Beobachtungen an Hunden und Katzen abzuweisen; wenn un-
sere Stubenbaustiere scharlachempfänglich wären, so müßte bei diesen
entschieden die Krankheit öfters auftreten, da ja zur Ansteckung bei
scharlachkranken Kindern im Bett und in der Stube reichlich Ge-
legenheit gegeben ist.
Nichtsdestoweniger sind in den letzten Jahren wieder Ansichten
aufgetaucht, daß bei manchen Tieren Scharlach vorkäme. Schneide-
mühl sagt in dieser Hinsicht, ob die von Petro wski in den Kir-
gisensteppen bei Rindern, Schafen und Ziegen beobachtete Infektions-
krankheit mit dem Scharlach des Menschen identisch ist, bedarf noch
erst weiterer Untersuchungen. Eine Zeit lang machte sich vor einem
Jahrzehnt in England die Behauptung geltend, daß der Scharlach des
Menschen durch die Milch von Kühen erzeugt und verschleppt werde a ).
Klein wollte sogar einen Micrococcus scarlatinae sowohl
beim Scharlachfieber des Menschen, als auch in der Milch und den
Eitergeschwüren scharlachkranker Kühe und Kälber gefunden, kulti-
viert und durch die Verimpfung der Kulturen dieses Micrococcus
Scharlach erzeugt haben. Selbst in kondensierter Milch wollte er
diesen Mikroben konstatiert und mit Erfolg auf Kälber und Mäuse
verimpft haben. Diese Angaben sind jedoch von anderen Autoren
nicht bestätigt worden. Kühe sind für den menschlichen Scharlach
unempfänglich, wie dies zur Genüge erwiesen ist 1 2 * 4 * ). — Damit ist
nicht ausgeschlossen, daß die Milch, besonders die ungekochte, aus
Räumen, wo Scharlach herrscht, Trägerin der Infektion sein kann.
Das ist mehrfach beobachtet 6 ).
Die kritische Würdigung der genannten Beobachtungen zeigt,
daß einwandsfreier Scharlach bei Tieren nicht existiert. Nichtsdesto-
weniger möchte ich die Aufmerksamkeit auf ein Tier richten, das
mehrfach zu roten Ausschlägen disponiert ist, das Schwein. In der
1) Lehrbuch der speziellen Pathologie und Therapie der Haustiere. III. Auflage.
Bd. II. p. 853.
2) I. Lieferung, p. 60.
8) Laure, Lyon medic. 1886. — Ernost Hart, Transaction of the International
mddlcal Congreß. 1881. p. 391. — Benjamin, Recueil v4t. 1887. p. 408. — Pi-
cheney, Annal. de Bruxelles. 1887. p. 653.
4) Escherich, Münch, med. YVochenschr. 1889. p. 637.
6) A. ßaginsky, Zur Verbreitung von Infektionskrankheiten durch den Genuß
roher Milch. (Deutsche med. Wochenschr. Jabrg. 1886. p. 494.) — Krankheitstiber»
tragung durch Milch von Dr. Fr. Dornblfitb. (Jahrbuch f. Kinderheilkunde. Neue
Folge. Bd. XXXVI. p. 179.)
Ueber das Vorkommen von Scharlach bei Tieren.
779
vorbakteriologischen Zeit bestand bekanntlich eine große Verwirrung
unter den mit Hautrötung einhergehenden Allgemeinerkrankungen der
Schweine. Unbestimmte Sammelbegriffe, wie Rotlauf, Milzbrand, Bräune,
Typhus etc. herrschten vor. Erst durch die neueren exakten bakterio-
logischen Untersuchungen von Loeffler, Eggeling, Schütz,
Schottelius, Lydtin, Pasteur etc. wurden präzisere Krankheits-
begriffe festgestellt. Danach ist auseinander zu halten: Stäbchenrotlauf,
Schweineseuche und Schweinepest. Es entsteht die Frage, abgesehen
von den mehr lokalen Hautrötungen, ob es nicht auch noch einen
anderen roten Ausschlag bei den Schweinen giebt. Ich bin auf diese
Vermutung gekommen durch folgende Beobachtungen: Gelegentlich
einer i. d. J. 1886 grassierenden, hartnäckigen, sehr ausgedehnten,
von Dorf zu Dorf ziehenden Scharlachepidemie wurde mir in der
Familie des Bauers B. in Beesdau, wo mehrere Kinder Scharlach krank
waren, mitgeteilt, daß auch eine Sau im Stalle dieselbe Krankheit
durchgemacht hätte, sie wäre rot und sehr krank gewesen, schäle
sich jetzt aber wie die Kinder. Ich unterzog das Tier einer Okular-
inspektion, ganz deutlich sah ich die Oberhaut in großen Fetzen sich
ablösen, besonders hinter den Ohren und an dem Bauch in den
Dünnungen. Außerdem waren alle 4 Füße ödematös geschwollen.
Es sei bemerkt, daß auf demselben Gehöft und in dem Dorfe sonst
kein Rotlauf herrschte. — Während derselben Epidemie trat die
Krankheit in dem Dorfe Schlabendorf ungemein heftig auf, kompliziert
mit Gehirnerscheinungen. Die Mortalität war eine große. In der
Familie des Tagelöhners S. starben innerhalb 4 Tagen 4 Kinder.
Einige Zeit darauf erfuhr ich von dem Vater, daß auch seine beiden
Schweine hintereinander gefallen seien, — sie wären auf der ganzen
Haut rot geworden und nach 2 Tagen gestorben. Er gestand ein,
daß er das Bettstrob, worauf die Kinder gestorben seien, nicht wie
angeorduet, verbrannt, sondern in den Schweinestall zum Streuen ge-
worfen habe. Sonst war von Rotlauf im Dorfe nichts bekannt. —
Sodann fiel in dem Dorfe Zinkau in der Familie des Tagelöhners L.
ein Schwein, welches unter großer Hitze am Körper ganz rot ge-
worden war, zu derselben Zeit, als Kinder im Hause scharlachkrank
waren. — Außerdem sind mir auch noch aus späteren Epidemieen
verschiedene Einzelfälle von Schweinetod an „rotem Ausschlag“ in
Häusern, wo der Scharlach herrschte, sonst aber im Dorfe eine Rot-
laufepidemie nicht bestand, bekannt. Der Beweis, daß es sich in
diesem Falle um Schweinescharlach handelte, ist selbstverständlich
nicht erbracht; ich wollte nur das synchrone Vorkommen betonen.
Gelegenheit zur Ansteckung ist dabei reichlich gegeben, denn das
Futteranrichten, Kartoffelstampfen etc. geschieht auf dem Lande sehr
häufig in demselben Raum, wo die kranken Kinder sich befinden.
Auch Milch, die in der Stube gestanden hat, wird vielfach verab-
reicht. Besonders die sogenannte dicke Milch ist auf den Dörfern
ein beliebtes Schweinefutter.
Die Frage, ob wirklich das Scharlachfieber auf Schweine über-
tragbar ist, kann selbstverständlich nur experimentell gelöst werden.
Es fragt sich, giebt es Anhaltspunkte für solche Tierimpfungen aus
stattgefundenen Menschenimpfungen, ähnlich wie bei Masern? An
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780
Robert Behle,
welchem Körperteil sitzt vor allem der Scharlach virus? An der
Haut, an dem Mund- und Bronchialsekret? Im Blute? Die Schar-
lachlitteratur giebt einige Mitteilungen, die jedoch nicht einwandsfrei
sind. Darüber berichtet Murchison aus früherer Zeit. Was zu-
nächst Hautschuppen und Hautsekret betrifft, so soll St oll durch
Ueberimpfen von Epidermisschuppen in der Haut gesunder Kinder
Scharlach erzeugt haben, ferner Harwood mit dem Inhalt von
Bläschen, welche sich hei dem Ausbruch des Exanthems auf der
Haut finden, Inokulationen vorgenommen haben, mit und ohne Erfolg.
Bemerkt sei, daß bei geglückten Uebertragungen die Krankheit ebenso
gefährlich auftrat als bei den auf natürliche Weise angesteckten
Patienten. Miquel d’Ambroise impfte i. J. 1834 mit der Flüs-
sigkeit von Hautbläscben, es entstand nach 30 Stunden eine Rötung
um die Impfwunde, die 3 Tage lang zunahm, am 5. Tage verschwand.
Er will damit in einzelnen Fällen vollständigen Schutz gegen Schar-
lach erzielt haben. Außerdem liegen Beobachtungen vor über die
Ansteckung durch Auswurf Scharlachkranker. Copland erwähnt
einen Fall von Scharlach, der durch eine kleine Quantität vom
Sputum eines an bösartiger Scharlachangina Leidenden hervorgerufen
wurde. Eine sicher verbürgte Infektion durch Sekret aus der Mund*
höhle und den Luftröhren rührt von Rupp recht her. Gelegent-
lich einer Tracheotomie inspirierte derselbe mittels eines durch die
Kanüle eingelegten Katheters bei Lufteinblasungen etwas Schleim,
60 Stunden später erfolgte Angina, 78 Stunden später Schüttelfrost
und anschließend Scharlachexanthem. Ueberimpfungen mit dem Blute
lebender Scharlachkranker sind nicht bekannt geworden. Leube 1 )
zog sich bei der Sektion einer Scharlachleiche eine Verletzung am
Zeigefinger der linken Hand zu, dem, von der lokalen Stelle ausgehend,
ein Scharlach mit Abschuppung folgte, üeber die Frage, ob der
Fötus von einer scharlachkranken Mutter durch den Blutkreislauf an-
gesteckt werden kann, gehen die Beobachtungen und Ansichten aus-
einander. Neuerdings hat Jürgensen >) einzelne dieser Fälle einer
kritischen Besprechung unterzogen und die Schwächen der Beweis-
führung in dieser Hinsicht aufgedeckt.
Ich hatte Gelegenheit, im Sommer 1894 beim profusen Nasen-
bluten eines im Floritionsstadium befindlichen scharlachkranken
Kindes Blut zu sammeln und damit ein Ferkel zu infizieren. Ich
machte bei diesem an der vorderen Bauchwand einen 5 cm langen
Hautscbnitt und bestrich diese Wunde reichlich mit dem aufgefan-
genen Blute. Am 4. Tage bildete sich eine Röte in der Umgebung
derselben, die sich im Laufe des 5. Tages weiter ausbreitete und all-
mählich die ganze Hautfläche ergriff. Die anfangs mehr punktförmige
Röte wurde nach und nach zu einer diffuseo, besonders an den Ohren
und Dünnungen. An manchen Stellen zeigte sich Miliaria. Dabei
starkes Fieber, Diarrhöe, große Hinfälligkeit. Während bis dahin
Maul- und Rachenschleimhaut intakt war, erkannte man am Anfang
1} Leube, Spezielle Diagnose der inneren Krankheiten. Bd. II. p. 364.
2) Jürgensen, Akute Exantheme. (Spezielle Pathologie und Therapie, herausg.
von Nothnagel Bd. IV. UI. Teil. II. Abteil, p. 46.)
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Heber das Vorkommen von Scharlach bei Tieren.
781
des 6. Tages noch eine heftige Entzündung der Maul- und Rachen-
schleimhaut. Unter hoher Temperatur (40,6), profuser Diarrhöe,
immer mehr zunehmender Schwäche ging das Ferkel am 7. Tage
ein. Die Sektion ergab an einzelnen Hautstellen Petechien, Maul- und
Rachenschleimhaut waren stark gerötet, die Halsdrüsen geschwollen,
die Nieren stark hyperämisch etc. Die im Leben und nach dem
Tode beobachteten Zeichen sprechen für Scharlach; zu einem cha-
rakteristischen Abschuppungsprozeß kam es bei der heftigen Er-
krankung und dem schnellen Tod nicht. Es bedarf weiterer experimen-
teller Prüfung, ob in der That das Schwein für Scarlatina empfäng-
lich ist Aehnliche experimentelle Erzeugung des Wundscharlachs
könnte Licht werfen auf so manchen dunklen Punkt des sogenannten
Wundscharlachs; die viel umstrittene Frage des Puerperalscharlachs
ließe sich vielleicht dadurch klären. Es dürfte sich empfehlen, auch
durch direktes Einpinseln von warmem scarlatinären Nasen- und
Mundschleim in den Hals, durch Einimpfung von Epidermisschuppen
unter die Haut, durch subkutane Einspritzung von scarlatinärem
Blut aus dem Blütestadium etc. artificiell Scharlach bei diesem
Tiere hervorzurufen. Ich halte diese Methode, auf derartige, empirische
Weise durch direkte Uebertragung von Infektionsmaterial Tiere aus-
zukunden, welche für die einzelnen Exantheme empfänglich sind, für
wichtig. Es genügt nicht, nachzuweisen, ob die einzelnen Reinkulturen
für dieses oder jenes Tier virulent sind, sondern darzuthun, ob da-
durch das typische Bild der Krankheit erzeugt wird. Und das kann
nur eintreteu bei Tieren, die überhaupt dazu disponieren. Vor allem
wäre dieses Faktum wichtig für das Studium der Aetiologie des
Scharlachfiebers. Man hätte in der That ein Tier zu Gebote, an
dem sich die kultivierten Mikroben auf ihre Spezifität prüfen ließen.
Auf dem Gebiete der Hautrötungen beim Menschen herrscht bislang
eine große Verwirrung. Bei keiner Krankheit macht sich die Un-
kenntnis des Erregers so fühlbar wie beim Scharlach in differential-
diagnostischer Beziehung. Eine Reihe von Schizomyceten hat man in
den letzten Jahrzehnten beim Scharlachprozeß konstatiert, Kokken,
Bacillen etc. Besonders sind von den verschiedensten Forschern
Streptokokken gefunden und als die spezifischen Mikroorganismen
angesehen worden. Manche Autoren, wie Babes, Soerensen,
A. Berger etc. haben von einer modifizierten Streptokokkeninfektion
gesprochen, ausgehend von einer Angina etc. Diese Anschauung hat
sich jedoch nicht allgemeine Anerkennung erworben; klinische und
bakteriologische Bedenken stehen dagegen. Die Mehrzahl der Unter-
sucher vindiziert den Streptokokken zwar eine wichtige, aber nur
sekundäre Rolle, wie denn überhaupt immer klarer wird, daß der
Scharlachprozeß im menschlichen Körper einen guten Nährboden für
die Invasion und Entwickelung von eitererregenden, sepsiserzeugenden
Mikroben darbietet. C. Brunner 1 ) hat neuerdings gelegentlich
einer Besprechung des Wundscharlachs sehr eiogehend den Einfluß
der Sekundärbakterien, besonders der Streptokokken, erörtert. Ohne
allen Zweifel können Streptokokken ein täuschend ähnliches, klinisches
l) Berliner klinische Wochenschrift. 1895. No. 82. 23. 25. 29. 30.
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782
D. B. Honcali
Bild wie der Scharlach hervorbringen; ein Erythema septicum und
toxicum braucht sich in nichts zu unterscheiden von dem Scharlach-
exanthem, aber wo bleiben der typische Verlauf, die Kontagiosität,
die massenhafte Erkrankung, die immunität und andere dem Schar-
lach eigentümliche Punkte?
Brunner fragt mit Recht, warum tritt bei so manchen schweren
Streptokokken - Erkrankungen kein Exanthem auf? Der pyogene
Streptococcus ist auch bei nicht scarlatinöser Angina nachge-
wiesen. Kurz, um die Frage der Aetiologie hier nur kurz zu be-
rühren, es hat den Anschein, daß der wahre Scharlacherreger nicht
bakterieller Natur ist. Ich bin nach einer größeren Reihe von Unter-
suchungen bei verschiedenen früheren und einer 1896/97 im Luckaner
Kreise grassiereuden Scharlachepidemie durch wiederholte Beobachtung
zu der Ansicht gekommen, daß die Erreger der akuten Exantheme
protozoische Organismen sind. Danach glaube ich, daß die Scharlach-
mikroben den niederen Mycetozoen angehörige Lebewesen darstelleo,
von einem ähnlichen Entwickelungsgang, wie ich ihn bei der Klauen-
und Maulseuche der Tiere für wahrscheinlich halte, — kleine hyaline,
allmählich wachsende, sich kernende, amöboide und Ortsbewegung aus-
führende, teiiungsfähige, bei der Reifung in punktförmige, winzige
Sporenkeime zerfallende, in der Außenwelt ein Dauerstadium besitzende
Orgauismen — deren Züchtung allerdings noch ausstcht.
Luckau, im Mai 1897.
Nachdruck verboten.
Ueber die Behandlung bösartiger Tumoren durch In-
jektion der Toxine des Streptococcus erysipelatis,
zugleich mit dem des Bacillus prodigiosus, sowie der
nach den Methoden von Eichet und Hericourt und
nach den von Emmerich und Scholl zubereiteten sog.
anticancerösen Serumarten,
Experimentelle und klinische Beobachtungen.
[Aus dem Institute für klinische Chirurgie an der K. Universität Rom,
Direktor Prof. F. Durante.]
Von
Dr. D. B. lloncali,
Assistenten am Lehrstuhl der demonstrativen speziellen chirurgischen Pathologie.
Da Manche gegenwärtig mit viel Ueberzeugung von den günstigen
Wirkungen der Einspritzungen von Toxinen, nach Coley und von
Serumarten nach Richet’s und Hdricourt’s und Emmerich’s
und Scholl’s Methode zubereitet, bei der Behandlung des Krebses
sprechen, so halte ich es nicht für unzweckmäßig, das Thatsächliche,
was von den verschiedenen Autoren bis jetzt für und gegen diese
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Lieber die Behandlung bösartiger Tumoren etc.
783
Behandlungsweise vorgebracht worden ist, kurz zusammenzustellen.
Die Idee, diesen Gegenstand zu behandeln, wurde mir besonders
durch die Resultate Coley’s, zumal durch seine letzte Arbeit ein-
gegeben: „Der therapeutische Wert der Toxine des Streptococcus
erysipelatis und des Bacillus prodigiosus für die Behand-
lung nicht operierbarer bösartiger Geschwülste“, welche im September
1896 erschienen ist und worin über 160 Fälle von so behandelten
Tumoren berichtet wird.
Die Behandlung der nicht operierbaren bösartigen Neoplasmen
durch Injektionen von Reinkulturen des Mikroorganismus des Rotlaufs
oder seiner Toxine, entweder allein oder in Verbindung mit denen
eines anderen Mikroorganismus in das Parenchym des Tumors, ent-
sprang aus der Beobachtung der Heilung von Neoplasmen, welche in
der Klinik infolge zufälliger Infektion mit dem Streptococcus
erysipelatis vorgekommen waren.
Ueber Fälle von Heilung durch zufällig auftretendes Erysipel
berichten Busch 1 ) (multiples Sarkom der Gesichtshaut), Durante s )
(Sarkom des Rückens), Mosengeil 8 ) (Epitheliom des Ohres),
Biedert*) (enormes Rundzellensarkom, den Mund, die Nase und
den Pharynx umfassend), Bruns 5 ) (melanotisches Sarkom der Brust),
Gersten 6 ) (rückfälliges Sarkom des Schenkels), Bull 7 ) (rück-
fälliges Sarkom des Halses), Hutchinson 8 ) (wahrscheinliches
Sarkom der Brust), Feuney 9 ) (Epitheliom der Nase) und Klee-
blatt 10 ) (Neoplasma von unbestimmter Art).
Wir kennen nur einen durch Injektion der Reinkultur von
Streptococcus erysipelatis geheilten Fall einer Neubildung
(Sarkom des Halses), über welchen von Kleeblatt 10 ) berichtet
wird, und vier von Goley angegebene, wo das Toxin dieses Mikro-
ben in Verbindung mit dem desBacillusprodigiosus eingespritzt
wurde, und von dem seiner Zeit die Rede sein wird.
Gegenüber 15 Fällen von radikaler Heilung (wenn man die zehn
Fälle, bei zufällig hinzutretendem Rotlaufe, tür endgültig geheilt an-
nehmen will, weil die Autoren ihre Fälle nicht weiter verfolgt haben),
stehen zahlreiche andere Fälle, welche sich zwar unter dem Einfluß
zufällig hinzugetretenen oder eingeimpften Erysipels vorübergehend
einigermaßen modifiziert haben, bei denen aber doch nach mehr oder
weniger langer Zeit ein Rückfall des Krankheitsprozesses wieder
aufgetreten ist Die Fälle, welche infolge von interkurrierendem
1) Basch, Berliner klin. Wochenschr. 1866.
2) Dursnte, Indirizzo alla diagnosi chirurgica dei tumori. Koma 1876. —
Trattato di patologia e terapia chirurgica generale e speciale. Roma 1896.
3) Mo sengeil, Archiv f. klin. Chirurgie. Bd. XII.
4) Biedert, Vorläufige Heilung einer au'gobildeten Sarkomwucherung an einem
Kinderkopf durch Erysipel. (Dtsche med. Ztg. 1896.)
5) Bruns, Beiträge zur klin. Chirurgie. 1886.
6) G erster, Reports of New York surgic&l society. 1892.
7) Bull, Annals of surgery. 1891.
8) Hutchinson, Arch. of clinical surgery. 1892.
9) F e n n e y , citiert von C o 1 e y. The treatment of malignant tumours etc
(Amer. Journ. of med. sc. 1893.)
10) Kleeblatt, Münch, med. Wochenschr. 1890.
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784
D. B. Rone all,
Erysipel augenblicklich Besserung erfuhren, dann aber ihren Verlauf
weiter verfolgten, sind folgende:
Ein Lymphosarkom des Halses, welches sich infolge von hinzu-
tretendem Gesichtsrotlauf um die Hälfte verkleinert hatte. Der
Kranke starb am 11. Tage an Kollaps (Busch) 1 ).
Ein nicht operierbares Sarkom des Halses, welches nach hinzu-
tretendem Gesichtserysipel kleiner geworden war, fuhr später wieder
fort zu wachsen (Busch) 1 ).
Ein Epitheliom des Gesichts, welches nach einem interkurrieren-
den Gesichtsrotlauf verschwunden war, trat bald nachher wieder auf
(Hahn) 2 ).
Ein Epitheliom des Gesichts, welches nach einem hinzugekommenen
Anfall von Rotlauf aufhörte zuzunehmen. Der Träger dieses Tumors
wurde aus dem Gesichte verloren (Mos engeil)*).
Ein Epitheliom der Schläfengegend, welches nach dem Eintritt
eines Gesichtserysipels verschwand, Von dem Kranken hat man keine
späteren Nachrichten erhalten (Lusana) 4 ).
Ein auf die Achseldriisen verbreitetes Epitheliom der Mamma,
welches nach Eintritt eines Erysipels am Röcken fast ganz verschwand.
Weitere Nachrichten über die Kranke fehlen (Stein) 5 ).
Ein Sarkom der Unterkinnlade, das nach dem Auftreten eines
Gesichtserysipels verschwand, aber später wieder von neuem wuchs
(N, Platon) 6 ).
Ein Epitheliom der Submaxillardrüse , sekundär nach einem
Epitheliom der Zunge, welches nach Eintritt eines Erysipels ganz
verschwand, aber bald von neuem auftrat (Pamard) 7 ).
Ein Sarkom der Brustdrüse (?), welches nach einem Gesichts-
erysipel verschwand, aber daun wieder zu wachsen begann (Deleus) 8 ).
Ein Epitheliom der Temporalgegend, welches nach Eintritt eines
Gesichtserysipels um die Hälfte abnahm, aber später wieder weiter
wuchs (Dauchez)®).
Ein ungeheures Lymphosarkom des Halses, welches nach erysipe-
latöser Infektion des Gesichts bedeutend kleiner wurde, aber später
sich wieder weiter entwickelte (Ricochon) 14 ).
Ein Epitheliom der Mamma, welches sich nach Erysipelinfektion
bedeutend verkleinerte, aber später weiter wuchs (Nee Isen) 11 ).
Ein Epitheliom des Penis, bei welchem infolge eines aufgetretenen
Erysipels des Skrotums alle Krebsmassen zerstört und vollkommen
1) Busch, Berliner kliu. Wochenscbr. 1868.
2) Hahn, Inauguraldissertation. Bonn 1870.
3) Mosengeil, Arcb. f. klin. Chirurgie. Bd. XII.
41 Lusana, Schmidt ’s Jahrb. 1870.
5) Stein, Wratscb. 1882.
6) Nelaton, Bull, de la Soc. de Chirurgie. 1870.
7) Pamard, Bull, de la Soc. de Chirurgie. 1870.
8) Deleus, Bull, de la Soc. de Chirurgie. 1870.
9) Dauchez, L’Union mldicale. 1882.
10) Ricochon, Qazette hebdom. 1885.
11) Ne eisen, Rapide Wucherung und Ausbreitung eine Mammacarciooms ntcb
zwei schweren Erysipclosfftilen von 15- resp. 10>tägiger Dauer. (Centralbl. f. Chirurgie.
1884).
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Ueber die Behandlung bösartiger Tumoren etc.
785
vernichtet wurden. Der Kranke starb später an Hämorrhagie durch
die chirurgische Wunde (Weichei) 1 2 ).
Ein Sarkom des Halses, welches nach einem Anfall von Erysipel
verschwand, aber nach einem Jahre wieder erschien (Win slow)®).
Ein rückfälliges Sarkom des Halses, das sich nach einem Rot-
laufanfall verkleinerte, aber bald wieder weiter wuchs (Kleeblatt) 3 ).
Ein Sarkom des Oberkiefers, das nach dem Eintreten eines Ge-
sichtserysipels um die Hälfte kleiner wurde nnd bald darauf weiter
wuchs (Powers und Dowd)*).
Ein rückfälliges Epitheliom der Mamma, welches nach einer
zufälligen Infektion mit Erysipelas bedeutend kleiner wurde und dann
zu wachsen fortfuhr (Eliot) 4 5 6 ).
Ein rückfälliges Epitheliom der Mamma, welches nach dem Auf-
treten eines Erysipels kleiner wurde und dann zu wachsen fortfuhr
(Morris) 8 9 10 ).
Ein atrophisches Epitheliom der Mamma, dessen Ulcerationen
vernarbten und von dessen Knötchen einige verschwanden infolge
einer Infektion mit Erysipelas. Bald darauf entwickelte sich das
Neoplasma weiter (Coley) 7 ).
Ein Rundzellensarkom des Beckens, welches sich nach einem
Anfall von Erysipelas besserte uud bald nachher sich schnell weiter
entwickelte (Coley) 7 ).
Ein Epitheliom des Halses, das nach dem Auftreten eines
Erysipels um die Hälfte abnahm und dann wieder zu wachsen aufing
(Daudridge) 8 ).
Ein rückfälliges Epitheliom der Mamma, welches sich infolge
eines Rothlaufanfalls besserte, aber bald wieder zu wachsen anfiug
(Westbrook)*).
Nun komme ich zu den Fällen, welche infolge der Einspritzung
von Reinkulturen des Streptococcus erysipelatis gar keine
dauernde Besserung erfahren haben. Der erste, welcher am Menschen
diese Injektionen zur Heilung bösartiger, nicht operierbarer Neu-
bildungen an wendete, war F e h 1 e i s e n 1 °). Er injizierte Reinkulturen :
in einem Falle von multiplem Fibrosarkom der Haut, wobei er Re-
duktion kleiner Tumoren und vorübergehende Besserung erzielte; in
einem rückfälligen Epitheliom der Mamma, wobei er vollständiges
Verschwinden der Geschwulst beobachtete (der weitere Verlauf ist
unbekannt); in einem Falle von iutraokulärem Sarkom, wobei vorüber-
1) Weichei, Inauguraldissertation. Berlin 1889.
2) Winslow, London medical record. 1884.
3) Kleeblatt, Münch, med Wochenschr. 1890.
4) Powers und Dowd, New York cancer hospital records. 1880.
5) Eliot (nach Coley), The treatment of malignant tamours by repeated etc.
(Ainer. Journ. of med. sc. 1893.)
6) Mo rris (nach Coley), The treatment of malignant tumours by repeated etc.
(Amer. Journ. of med. sc. 1893.)
7) Coley, Treatment of inoperable malignant tamours with the toxins of ery-
sipelas and the Bacillus prodigiosus. (Amer. Journ. of med. sc. 1894.)
8) Daudridge, citiert von Coley, 1893
9) Westbrook, citiert von Coley, 1893.
10) Fehl eisen, Erysipelas, Monographie. Berlin 1883.
Erst« AbL XXI. Ed. 50
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786
D. B. Rnncali,
gehende Besserung erfolgte; in einem Falle von Epitheliom der Brust-
drüse, wo das Neoplasma sich um die Hälfte verkleinerte, die Heilung
aber nicht eintrat; endlich bei einem rückfälligen Epitheliom der
Mamma, wobei Erweichung des einen Knotens und vorübergehende
Besserung stattfand.
Die Versuche von Fehleisen wurden von anderen Beobachtern
weiter verfolgt. So injizierten J&nike und Neisser 1 ) Reinkultur
von Erysipelas in ein rückfälliges Epitheliom der Mamma, worauf
Erweichung der Neubildung eintrat; aber die Kranke starb am vierten
Tage an Erysipelas. Axel Holst 8 ) beobachtete nach Iujektion der
Reinkultur in ein rückfälliges Epitheliom der Mamma Abnahme der
Geschwulst, aber nach 4 Monaten wuchs diese weiter. Starr*) be-
obachtete bei einem Epitheliom der Brustdrüse, das die Achseldrüsen
ergriffen hatte, nach Inokulation von Erysipel das vollständige Ver-
schwinden der Knötchen der Achselhöhle. Aber die Besserung war
vorübergehend. Coley endlich injizierte in einem Falle von rück-
fälligem, nicht operierbarem Sarkom des Halses, in einem Falle von
rückfälligem Epitheliom der Mamma und in dem eines enormen Sarkoms
des Schenkels und Beckens Reinkulturen von Erysipelas. Es erfolgte
nach 4 Tagen der Tod des Kranken mit Sarkom am Halse, nach
6 Tagen der Tod der Frau mit Epitheliom der Mamma an akuter
Pleuritis, wahrscheinlich verursacht durch den Streptococcus
erysipelatis und nach 2 Monaten an eitriger Peritonitis der Tod
des Individuums, das an Sarkom des Schenkels und Beckens litt
Diese im Grunde so wenig tröstlichen Resultate haben nicht nur.
wie man erwarten sollte, die Kliniker von der Verfolgung dieses
ganz unlogischen und besonders gefährlichen Weges nicht zurück-
gebracht, sondern die entgegengesetzte Wirkung gehabt; so daß
Coley 4 ), ohne die vorgekommenen Unglücksfälle, noch die Litteratur,
oder die Behauptungen Kleeblatt’s und Neelsen’s zu beachten,
welche angaben, ein Anfall von Erysipelas beschleunige nicht nur
nicht die Heilung der Neubildung, sondern begünstige in den meisten
Fällen die Verbreitung der neoplastischen Elemente über den Organis-
mus mit äußerster Schnelligkeit, auch wenn es sich um sehr be-
schränkte Tumoren mit langsamem Verlaufe handele, noch die von
Jänike und Neisser, welche versichern, auf Injektion von Rein-
1) J&nike und Neisser, Exitus letalis nach Erysipelimpfung bei inoperablem
Mammscarcinoin und mikroskopischer Befund des geimpften Carcinoma. (Centralbl f.
Chirurgie. 1884.)
2) Axel Holst, Ein Fall von Carcinoma mamraae (Recidiv) mittels Erysipel-
impfung behandelt. (Annales de l’Institut Pasteur. 1888 )
8) Starr, angeführt von Coley. 1893.
4 ) Coley, The treatment of malignant tumours by repeated inoculations of
erysipelas. With a report of ton original cases (The Amer. Jouru. of med. sc. 1894.)
— Treatment of inoperable malignant tumours with the toxine of erysipelas and tbe
Bacillus prodigiosus. (The Amer. Journ. of med. sc. 1894.) — The therapeuüc valae
of the mixed toxines of the Streptococcus of erysipelas and Bacillus prodigiosus in the
treatment o( malignant inoperable tumours, with a report of one hundred and sixty
cases. (The Amer. Jouru. of med. sc. 1896.)
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Ueber die Behandlung bösartiger Tumoren etc.
787
kulturen des Streptococcus erysipelatis folge fast immer
chronische Intoxikation des Individuums, oder der Tod durch De-
generation der Organe, besonders des Herzens: so daß Coley, sage
ich, nicht nur in therapeutischer Absicht die Injektion der Toxine
des Streptococcus erysipelatis ausführte, sondern zur Ver-
mehrung ihrer Kraft, wie er sagt, noch die des Bacillus pro-
digiosus hinzufügte, wodurch er ihre toxische Kraft bedeutend
steigerte.
Welche Bestimmtheit in den Angaben von Kleeblatt und
Neelsen und in denen von Jänike und Neisser, und welche
Unsicherheit in denen von Coley zu finden ist, wird vielfach dar-
gethan durch die in unserem Institute erhaltenen Resultate, durch die
Erfahrungen aller Kliniker, die bei der Behandlung bösartiger Neo-
plasmen jene Methode versucht haben, uud durch genaue Prüfung
er eigenen Arbeiten Coley ’s.
Mit Uebergehung der Arbeiten Coley ’s, welche der letzteren
vorausgegangen sind, da diese zum größten Teil eine Wiederholung
der früheren ist und wir sie eingehender zu behandeln haben, so ist
zunächst zu bemerken, daß dem Leser darin sogleich dreierlei auf-
fällt: 1) die Unklarheit des Verf.’s bei der Exposition, 2) die Gering-
fügigkeit der erreichten Resultate, 3) die Folgerungen aus der Arbeit,
welche durch die so wenig zahlreichen und so wenig ermutigenden
Resultate nicht gerechtfertigt werden.
In dieser Arbeit sagt Coley, er berichte über 160 Fälle von
bösartigen Neubildungen, die mit den Toxinen des Streptococcus
erysipelatis in Verbindung mit denen des Bacillus pro-
digiosus behandelt worden seien, in der That aber behandelt er im
einzelnen nur einige Fälle, von denen er den größten Teil schon in
seinen früheren Arbeiten besprochen hat, und nach Aufzählung der
Arten der behandelten Neoplasmen wirft er folgende zwei Fragen auf:
1) Bei welcher Art von Neubildungen ist der wohlthätige Einfluß der
Toxine am deutlichsten ? 2) Ist dieser wohlthätige Einfluß auf die
Tumoren dauernd oder nur vorübergehend?
Die mit Injektionen der gemischten Toxine behandelten Tumoren
lassen sich ihrer Art nach folgendermaßen gruppieren: Sarkome 94,
wovon 52 rundzellige, 14 spindelzellige, 7 melanotische, 2 Chondro-
sarkome, 8 Sarkome, bei denen der Zellentypus nicht angegeben wird.
Epitheliome 63, darunter 31 der Mamma, 3 des Uterus, 4 des Os
zygomaticum, 1 des Sternums, 4 der Zunge, 3 des Halses, 3 des
Rectums, 2 der Lippe. Neoplasmen von ungewisser Natur 10. Außer-
dem hat Coley mit den gemischten Toxinen behandelt: 2 Fälle von
Tuberkulose, 1 von Keloid, 1 von Kropf, 1 Fibroangiom, 1 Fibrom
und 1 Mycosis fungoides.
Ueber die durch Injektion der gemischten Toxine in das Paren-
chym sarkomatöser Geschwülste erreichten Resultate drückt sich
Coley folgendermaßen aus:
„Von den Sarkomfällen haben 45, also mehr als die Hälfte,
größere oder geringere Besserung gezeigt; die größte Besserung zeigten
die Spindelzellensarkome, die geringste die melanotischen. Unmittel-
bar auf das Spindelzellensarkom folgt hinsichtlich der Besserung das
so*
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788
D. B. Ronca 1 i ,
gemischte (Sarcoma sphaerofuso cellulare), dann das Rundzellensarkom.
Das melanotiscbe und das Osteosarkom haben von den Toxinen sehr
wenig Wirkung verspürt. In einer Reihe von 7 Fällen von mela-
notischen trat bei 5 derselben nach der Anwendung der Toxine keine
Besserung ein, während bei 2 eine geringe Veränderung zu bemerken
war. Uebrigens ist zu bemerken, daß bei mehreren dieser Fälle vor
dem Beginn der Behandlung die Tumoren mehrfach und die Krank-
heit verallgemeinert war.“
„Beim Osteosarkom waren die Resultate etwas befriedigender.
Viele Fälle zeigten leichte Besserung. Einmal wurde ein sehr großes
Osteochondrosarkom anscheinend geheilt, und blieb so während eines
Jahres, worauf ein Rückfall eintrat. Die weitere Behandlung brachte
vorübergehende Besserung hervor, aber im ganzen trat Verschlimme-
rung ein, und das Ende wird sicher unglücklich sein. Dieser Fall ist
sehr wichtig wegen des Umfangs der ursprünglichen Geschwulst. Der
Rückfall, nachdem der Tumor zuerst scheinbar geheilt war, beweist
die volle Richtigkeit der Diagnose.
„In einem F'alle von rundzelligem Sarkom des Halses von sehr
schneller Entwickelung nahm die Geschwulst von der Größe einer
Orange bis zu der eines Hühnereies ab, und zwar in einer W T oche
und nach drei Einspritzungen von gemischten Toxinen. Eine weitere
Abnahme wurde nicht bemerkt, und trotz großen Dosen von Toxin
begann der Tumor schnell wieder zu wachsen, so daß er nach drei
Monaten den Tod herbeiführte. In vielen von den anderen Fällen
von Ruudzellensarkom war die Besserung sehr auffallend, aber nur
in zwei Fällen von Rundzellensarkom ist ein guter Heilerfolg erreicht
worden.
„In einem Falle von (gemischten) rückfälligem Sarkom mit ovalen,
runden und spindelförmigen Zellen sind die Tumoren verschwunden,
der Kranke lebt jetzt noch und ist seit drei Jahren ohne Rückfall.
„Die spindelzellige Varietät, obgleich sie nur geringen Anteil an
der Zahl der Sarkomfälle hat, weist trotzdem das stärkste Verhältnis
in der Zahl der glücklichen Fälle auf 1 ).“
Die von Coley bei der Behandlung der Epitheliome erhaltenen
Resultate sind noch unsicherer und viel weniger ermutigend, als die
bei den Sarkomen erreichten. In Bezug auf die Frage, die Coley
sich vorlegt, ob diese Wirkung der Toxine wirklich heilbringend sei,
oder nicht, drückt er sich so aus: „Offenbar können nur solche Fälle
zur Beantwortung dieser Frage dienen, welche beträchtliche Zeit lang
heil geblieben sind. Vier Fälle, die sämtlich von Chirurgen von un-
zweifelhaftem Ruf für nicht operierbar erklärt worden wareD, und bei
denen man die Diagnose durch mikroskopische Untersuchung bestätigt,
sind seit 2 x ! t bis 4 1 / 2 Jahren nach der Behandlung ohne Rückfall
geblieben. Man kann sie als sicher geheilte Fälle betrachten, den
ältesten Fall kann man, streng genommen, nicht als durch das Toxin
allein geheilt betrachten, denn bei ihm wurden lebende Kulturen an-
1) Coley, The therepeutic T.Iue of mixed toxiae of the Streptococcus etc. (Amer.
Journ. of med. sc. 1896).
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Ueber die Behandlung bösartiger Tumoren etc.
789
gewendet. . . . Schon diese vier Fälle, bei denen man keine Hoflnung
mehr hatte, sind mehr als hinreichend, um die Heilkraft des Strepto-
coccus und seines Toxins zu beweisen.
Endlich hält sich Coley auf Grund dieser vier endgiltigen
Heilungen unter 160 Fällen von Neoplasmen, bei denen die gemischten
Toxineinspritzungen angewendet wurden, für berechtigt zu dem Schlüsse,
daß die gemischten Toxine eine antagonistische, spezifische Wirkung
auf bösartige Tumoren ausüben, welche zur Heilung führen kann, und
daß diese Heilwirkung sehr auffallend ist beim Sarkom, besonders
beim Spindelzellensarkom, und daß außerdem diese Toxine in nicht
operierbaren Fällen oder nach der ersten Operation angewendet
werden, um Rückfälle zu verhüten, und daß die therapeutische
Wirkung der Toxine um so auffallender ist, je energischer sie wirken.
Es scheint mir ganz überflüssig, mich lange bei dem Beweise
aufzuhalten, daß Coley auf beide Weisen aus den aufgezählten
Resultaten zu den angeführten Folgerungen gelangen konnte. Wenn
man die Resultate Coley’s selbst (4 Heilungen auf 160 Fälle) und
die anderer Beobachter betrachtet, die zum größten Teil negativ aus-
fielen und von denen viele Coley bekannt waren, wie kann man da
von einem spezifischen Einfluß der Toxine auf bösartige Tumoren
sprechen? Wenn sich ein Tumor unter dem Einfluß eines Toxins
verkleinert hat, so bedeutet dies nicht, daß dieses Toxin eine anta-
gonistische Wirkung und noch weniger, daß es eine Heilwirkung auf
den Tumor ausübt. Höchstens kartn man sagen, dieses Toxin verur-
sache eine Degeneration eines Teiles der Elemente der Neubildung
und veranlasse dadurch ihre Verkleinerung. Wie es jedoch die
Degeneration eines Teils der Elemente verursacht, reizt es andere
zur Proliferation, und so kommt es, daß die Neoplasmen einerseits
kleiner werden und andererseits sich durch die Wirkung des Toxins
Uber die Organe verbreiten. Die Wirkung des Toxins ist also nicht
heilend, sondern einfach zerstörend für den einen Teil und reizend
für den anderen, und man kann sie mit der der Wiener Paste oder
des Zinkchlorids vergleichen.
Immer auf seine vier geheilten Fälle gestützt, zu denen der von
Zoli gehört, und über den ich einige Bedenken habe, weil es mir
nach der Erzählung des Kranken zweifelhaft scheint, ob es sich nicht
eher um eine einfache Phlegmone des Halses gehandelt habe, als um
einen wirklichen, echten Rückfall eines Sarkoms, macht Coley die
Bemerkung: Die gemischten Toxine müssen immer, nicht nur bei nicht
operierbaren Tumoren, sondern auch nach der Operation angewendet
werden, um Rückfällen zuvorzukommen. Bei nicht operierbaren
Tumoren kann jeder Versuch gerechtfertigt erscheinen, aber der Ver-
such mit den Toxinen ist niemals gerechtfertigt, wie wir zeigen
werden, denn wenn er auch eine örtliche Besserung hervorbrächte,
würde er doch den Tod des Individuums durch chronische Intoxikation
herbeiführen. Was soll man zu dem Gebrauch der Toxine als Vor-
beugungsmittel sagen, während keine experimentelle Thatsache dazu
berechtigt, während Coley selbst über einen Todesfall am 4. Tage
nach Inokulation von Erysipelas, über einen anderen am 6. Tage
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790
D. B. Bon cali.
□ach sehr wahrscheinlich erysipelatöser Pleuritis und über eineD
dritten nach 2 Monaten an Peritonitis, wahrscheinlich durch Strept.
erysipelatis erfolgten, berichtet, während wir endlich durch die
Beobachtungen Kleeblatt’s und Neelsen’s wissen, daß das
Erysipel die Ausbreitung des neoplastischen Prozesses verursacht und
durch die von J ä u i k e und N e i s s e r , daß die Toxine Degeneration
der Organe hervorbringen.
Was die letzte Behauptung betrifft, daß die Toxine desto heil-
kräftiger sind, je virulenter, also je toxischer sie sind, so beachtet
Coley hierbei nur ihre lokale Wirkung, ohne sich um die allgemeine
irgendwie zu bekümmern, welche die physiologische Widerstandskraft
der Gewebe schwächt und sie zur Verbreitung des Prozesses geeignet
macht. Aus allen diesem geht deutlich hervor, daß Coley glaubte,
in dem menschlichen Organismus finde ein wirklicher Kampf zwischen
den Toxinen des Streptococcus erysipelatis und dem Parasiten
der bösartigen Neubildung statt, auf dieselbe Weise, wie wir auf den
künstlichen Kulturböden einen Antagonismus zwischen verschiedenen
Bakterien entstehen sehen. Aber der Mensch oder das Tier sind
etwas ganz auderes, als ein Probierglas mit Agar oder Gelatine, und
wenn auf Kulturboden die antagonistische Wirkung zwischen Bakterien
nicht bezweifelt werden kann, so kommt diese Wirkung im Organismus
nur in seltenen Ausnahinefällen zustande und unter ganz anderen
Verhältnissen, als den von Coley angenommenen.
Bei Untersuchung des Antagonismus zwischen verschiedenen
Bakterien konnte ich mich überzeugen, daß der Kampf, den der
Bacillus der Tuberkulose in vitro gegen einige andere Mikroroganismen
führt, im tierisdheu Organismus nicht mehr stattfand ; bei tuberkulös
gemachten Tieren entwickelten sich verschiedene Keime und brachten
die Infektion auf dieselbe W 7 eise hervor, wie bei nicht tuberkulösen
Tieren l ).
Um sich diese Wirkung der Toxine auf Tumoren zu erklären,
nimmt Coley seine Zuflucht zu dem parasitischen Ursprung der Neu-
bildungen und sagt : Dieser Ursprung biete das rationellste Mittel zu
jeder Erklärung, und fügt hinzu, wenn diese Theorie bewiesen sein
werde, würde man verstehen, warum die Toxine nicht auf jede Art
von Sarkom dieselbe Wirkung ausüben, denn diese verschiedenen
Typen würden durch verschiedene Arten von Parasiten erzeugt. Wir
wollen die Frage über den parasitischen Ursprung der Neoplasmen
jetzt beiseite lassen, da wir bald darauf zurückkommen werden, und
nur sagen, daß die Annahme verschiedener Typen von Parasiten für
verschiedene Sarkomarten eine ganz in der Luft schwebende Hypo-
these ist.
Kann mir Coley vielleicht sagen, wie sich ein Rundzellen- von
einem Spindelzellensarkom unterscheidet, wenn wir den Unterschied
in der Gestalt der Zellen übersehen? Der klinische Verlauf des
Tumors, der Ursprung seiner Elemente aus dem Bindegewebe und
1) Kon cali, Süll’ azione reciproca dei prodotti solubili del Bacillus tubereulosis e
di altrl microorganistni patogeni o non patogeni. (Anuali dell r istituto d'igicne sperimentala
delia regia universitk di Koma. 1892.)
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Ueber die Behandlung bösartiger Tumoren etc.
791
der endliche Ausgang in den Tod durch Verpflanzung des Neoplasmas
in verschiedene Organe beweisen uns, daß zwischen beiden Typen des
Sarkoms kein Unterschied vorhanden ist. Dabei berücksichtigen wir
noch nicht, daß alle Gönner der Parasitentheorie der Neoplasmen
darin übereinstimmen, daß nicht nur jede Art von Sarkom durch
einen zu derselben Klasse von Wesen gehörenden Parasiten verur-
sacht wird, sondern daß auch zu derselben Organismengruppe ge-
hörende Parasiten bald Epitheliome, bald Sarkome hervorbriugen, je
nachdem sie das Epithel oder das Bindegewebe reizen.
Coley sagt, die wohlthätige Wirkung der Toxine sei leicht zu
erklären, wenn man den parasitischen Ursprung der bösartigen Neu-
bildungen annimmt, denn die Toxine töteten den Parasiten und
brächten dadurch die Heilung zustande. Wenn man den parasitischen
Ursprung der bösartigen Neubildungen annimmt, findet man die Er-
klärung, warum die Toxine, auch wenn sie sich nicht als schädlich
erweisen, doch unnütz sind. Die Resultate beweisen, daß unter der
Einwirkung der Toxine die Neoplasmen meistens stationär bleiben,
bisweilen kleiner werden, ausnahmsweise verschwinden; aber sowohl
im Falle der Verkleinerung, als in dem des Verschwindens tritt oft
nach wenigen Monaten und bisweilen nach einigen Jahren nicht nur
die örtliche Vergrößerung wieder auf, sondern die Neubildung ver-
breitet sich auf andere Organe und führt den Tod durch Metastasen
herbei.
Indem die Toxine den Vitalitätsindex der Gewebe herabsetzen,
machen sie diese unfähig, dem Zudrang der Parasiten Widerstand zu
leisten, und versetzen sie in einen solchen Zustand, daß die Parasiten
sich in ihnen festsetzen und den primären Vorgang sekundär wieder-
holen können. Der parasitische Ursprung des Krebses ist nach
meiner Ansicht, und im Gegensatz zu der von Coley, der deutlichste
Beweis für die Unmöglichkeit, daß dieser Prozeß durch Toxine ge-
heilt werden könne. Uebrigens geben mir die Resultate vollkommen
Recht.
* *
*
Die Methoden Coley’s sind nicht nur in unserer Klinik nachge-
prüft worden, sondern auch von Abbe *) in einem Falle von Sarkom
der Temporalgegend mit Ausgang in Besserung, von Czerny 5 ) bei
vier Sarkomen und vier Epitheliomen mit Ausgang des einen der vier
Sarkome in Heilung (einstweilige Heilung, denn es ist noch zu kurze
Zeit verflossen, als daß man eine endgiltige Heilung annehmen könnte),
von Matagne 1 * 3 ) bei neun Epitheliomen und fünf Sarkomen, mit
(einstweiliger) Heilung eines Epithelioms und eines Sarkoms, von
Friedrich 4 ) in der Klinik von Thiersch in 13 Fällen von Epi-
1) Abbe, Sarcoma of the skull, surgieally treated and by toxins. (Anaals of
aurgery. 189G.)
8) Caerny, Ueber Heilversuche bei malignen Geschwülsten mit Erysipeltoxinen.
(Münch med. Wochenscbr. 1896.)
3) Matagne, Gazette medicale de Lifegr. 1896.
4) Kiedrich, The treatment of inoperable malignant tumours by means of
bacterial product«. (Annals of aurgery. 1896.)
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792
D. B. Honcali,
theliom und vier von Sarkom, mit negativem Resultate, und von
Rep in 1 ) auch acht Sarkome, ebenfalls mit negativem Resultate.
In unserer Klinik wurden unter Leitung des Prof. Durante
mit von mir nach Coley’s Methode zubereiteten Toxinen Injektionen
gemacht von Dr. Cassini in einem Falle von rückfälligem Sarcoma
magnofuso cellulare der weiblichen Brustdrüse und von Dr. Campanini
in ein nicht operierbares Fibrosarkom der Highmorshöhle und in
noch ein anderes nicht operierbares Sarkom. Io einem dritten Falle
von nicht operierbarem Sarkom der Fossa iliaca wurden die Injektionen
von dem behandelnden Arzte ausgeführt, welchem Prof. Durante
die Toxine zugeschickt hatte. Für die Beschreibung dieser Fälle
verweise ich auf die Arbeit von Dr. Campanini*).
Ich schicke die Beschreibung der von mir bei der Zubereitung
der Toxine angewendeten Methoden voraus. Da ich mich in jeder
Hinsicht an die Angaben Coley’s halten wollte, aus denen man er-
sieht, daß die Toxine desto wirksamer sind, je stärker ihre toxische
Kraft ist, so suchte ich mir äußerst kräftige Toxine zu verschaffen.
Da ich wußte, daß ein Toxin desto wirksamer ist, von einem je
virulenteren Mikroorganismus es hervorgebracht wird, so mußte ich
mir einen möglichst virulenten Streptococcus verschaffen. Meine
erste Idee war, aus Eiter einen Streptococcus zu isolieren und
seine Virulenz durch den wiederholten Durchgang durch den Körper
dafür empfänglicher Thiere zu erhöhen. Aber ich verwarf diesen Ge-
danken bald wieder, weil ich zu lange Zeit gebraucht hätte, um zum
Ziele zu kommen.
Nun dachte ich an ein anderes Mittel. Da ich wußte, wie sehr
das Substrat, auf dem die Bakterien leben, zur Steigerung ihrer
Virulenz beiträgt, dachte ich daran, einen Streptococcus zu ge-
brauchen, der lange Zeit mit dem Tetanusbacillus zusammen-
gelebt hatte. Aus meinen Untersuchungen ist bekannt *), daß diejenigen
Mikrobien, die eine gewisse Zeit lang auf Tetanotoxin gelebt haben,
ihre Virulenz wiedergewinnen , wenn sie dieselben verloren hatten;
wenn sie vorher nicht pathogen waren (Saprophyten), so erwirbt ihr
Protoplasma die Eigenschaft, äußerst toxische Produkte abzusondern ;
wenn sie schon pathogen waren, so nimmt ihre pathogene Kraft be-
deutend zu, und wenn sie endlich für eine gewisse Tierart nicht
pathogen waren, so werden sie es, nachdem sie auf Tetanotoxin ge-
lebt haben.
Diesen Gedanken, der mich sicher das Ziel hätte erreichen
lassen, da er mir einen Streptococcus von höchster Virulenz ge-
liefert hätte, ließ ich nach reiflicher Ueberlegung fallen, aus Furcht vor
der außerordentlichen toxischen Kraft, den seine Toxine gewiß gehabt
hätten.
Aber indem ich von diesem Gedanken ausging, und da ich wußte,
1) Repin, La toxithdrapie des tumeurs malignes. (Revue d. Chirurgie. 1895.)
2) Campanini, Süll* azione curativa delle tossini nfe tumori maligni. (11 Poü-
clinico [s. ch ] 1895 )
3) Kone all, Süll’ azione del veleno del Bacillus tetanl associ&to coi prodotti di
coltura di alcuni microorganismi patogeni o non patogeni. (Annaii doll* istituto d'igien«
sperimentale della regia Universität di Roma. 1895.)
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Ueber die Behandlung bösartiger Tumoren etc.
793
daß das Diphterietoxin den Tetanigeonen sehr ähnlich, aber viel
weniger wirksam ist, als letzteres, so war es logisch, anzunehmen,
daß dieses Toxin auf die mit ihm in Berührung kommenden Mikrobien
auf dieselbe Weise wirken würde, wie das Tetanustoxin l ) auf die-
selben einwirkt. Infolge dieser Ideen benutzte ich zur Erzeugung
dieses Toxins einen Streptococcus, den mein Freund Dr. Memmo
aus Diphtheriemembranen isoliert hatte.
Mit diesem Streptococcus impfte ich 8 Ballons, von denen
jeder 400 g Flüssigkeit enthielt und hielt sie 8 Tage lang bei 37 0 C
im Thermostaten. Nach Verlauf dieser Zeit impfte ich jeden dieser
Ballons mit Bacillus prodigiosus und brachte diese Misch-
kulturen wieder in den Thermostaten, wo sie wieder 8 Tage lang bei
37 ® C blieben. Die Kraft dieses Toxins war so bedeutend, daß nach
einstündiger Sterilisation bei 80° C, und nachdem ich mich vorher
durch Injektion in Tiere von seiner Wirkung vergewissert hatte, die
Einspritzung von ungefähr 0,1 ccm in den Tumor sehr schwere Er-
scheinungen hervorbrachte, die uns einen Augenblick für das Leben
des Kranken zittern ließen.
Was die Heilung betrifft, so wurden mit diesem Toxin keine
Resultate erreicht. Ferner haben wir uns überzeugen können , daß
nicht nur örtlich die Anwendung dieser Injektionen keine Verkleinerung
der Neoplasmen hervorgebracht hat, sondern daß sie sich auch als
sehr schädlich für das Allgemeinbefinden der Kranken erwiesen haben,
und daß in dem Falle des nicht operierbaren Fibrosarkoms der
Highmorshöhle die Injektionen der Toxine nach Coley die Ursache
der Verbreitung des sarkomatösen Prozesses auf verschiedene Organe
gewesen ist.
Und so mußte es in der That sein. Abgesehen von den Fällen
von Radikalbeilung, die Kleeblatt und Coley angegeben haben,
die aber niemand kontrolliert hat, und denen die Fälle von Fe h 1 e i se n ,
Axel Holst 2 ), di Abbe, Czerny, Matagne, Friedrich,
Rep in und die aus unserer Klinik gegenüberstehen, lege ich mir
die Frage vor: Wenn man ein mit einem malignen Tumor behaftetes
Individuum vergiftet, also die anatomische und physiologische Wider-
standskraft seiner Gewebe schwächt, wie ist es da möglich, daß diese
Gewebe so kräftig reagieren können, daß sie das Verschwinden der
Neubildung zustande bringen?
Die Resultate sagen uns deutlich genug, daß wir mit diesem
Heilverfahren nicht nur dem Kranken keine Erleichterung verschaffen,
sondern ihren örtlichen und allgenieinen Zustand beständig ver-
schlimmern. Die allgemeinen Zustände werden dadurch verschlimmert,
daß wir durch die Vergiftung nicht nur eine wirkliche Zerstörung
der roten Blutkörperchen, sondern auch eine Schwächung der Lebens-
kraft der Gewebe und eine Verminderung der phagocytären Kraft der
Leukocyten verursachen. Der örtliche Zustand wird dadurch ver-
schlimmert, daß oft schnelle Vergrößerung des Neoplasmas eintritt,
1) Roncili, Sopra la terapia dell’ infezione difterica coli’ antidifterina Koax.
(II Policlinico, sesioue ehirurgica. 1895.)
2) Axel Holst, Ein Fall von Carcinoma mammae (Becidiv), mittels Erjrsipel-
impfung behandelt. (Centralbl. f. Bakt. u. s. w. 1888.)
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794
D. B. E o n c a 1 i ,
welche, wie in unserem Falle, bei dem nicht operierbaren Fibrosarkom
der Highmorshöhle mit der Uebertraguug der Neubildung auf andere
Organe endigt, wie es zuerst von Neelsen, Axel Holst, Jäneke
und Ne iss er beobachtet wurde. Bei unseren Kranken batte das
Sarkom, obgleich es groß war, kein Zeichen von Metastasen auf die
Drüsen gegeben und nach ungefähr dreimonatlicher Behandlung mit
den Co ley’schen Injektionen fanden wir bei der Sektion Ausbreitung
des Prozesses auf Milz und Leber.
Die Injektion der Toxine des Streptococcus erysipelatis
allein oder in Verbindung mit denen anderer Mikroben in Leute,
welche an Epitheliom oder Sarkom leiden, macht mir denselben Ein-
druck, als wollte man Injektionen derselben oder irgendwelcher anderen
Toxine zur Heilung der Tuberkulose, des Rotzes, der Aktinomyko«
des Milzbrandes u. s. w. ausführen. Bei solchem Verfahren würden
wir nichts anderes thun, als dem durch die sicher bestehende Krank-
heit vergifteten Organismus in der Hoffnung, ihn zu heilen, eine zweite
noch schwerere Vergiftung beibriugen, ohne zu bedenken, daß auf
diese Weise eine Heilung unbegreiflich ist, weil sie nicht in einem
Körper zustande kommen kanu, dessen Leukocyten geschwächt oder
getötet sind.
In den Iufcktionsprozessen, seien sie akut oder chronisch, tritt
Heilung jedes Mal ein, wenn es dem Organismus gelingt, die Wirkung
der Keime durch die Einwirkung der Phagocyten und der Gewebs-
säfte zu paralysieren. Wenn nun diese Wirkung, statt zuzunehmen,
vermindert wird, so muß als Endresultat sicher nicht die Heilung,
sondern das Uebergewicht der Faktoren der Infektion und somit der
Tod des Individuums als unmittelbare Folge eintreten. Dasselbe gilt
für die bösartigen Tumoren, welche Produkte der Infektion durch
organisierte Fermente sind; zu ihrer Heilung muß der Organismus
mit allen seinen Kräften gegen die ursächlichen Keime reagieren
können.
In dem Falle des nicht operierbaren Neoplasmas der Highmors-
höhle handelte es sich um ein an Bindegewebe sehr reiches Spindel-
zellensarkom, kurz um ein echtes Fibrosarkom, welches niemals
Neigung zur Weiterverbreitung gezeigt hatte. Die Injektionen des
Toxins nach Coley brachten eine Verminderung des Zuflusses von
Leukocyten nach dem Sarkom hervor, und dadurch, durch Ver-
hinderung der Umbildung der Leukocyten in Bindegewebe, eine Störung
der bindegewebigen Grenze, welche nach der Ansicht von Ruffer 1 )
und von mir*) dasjenige ist, was die Elemente der Neubildung zu-
gleich mit den Parasiten verhindert, sich über den Organismus zu
verbreiteu; denn die Greuzschieht von Bindegewebe stellt nichts
anderes dar, als die phagoeytische Reaktion des Körpers gegen den
Parasiten, den ätiologischen Faktor des malignen Tumors. So konnte
das parasitische Element mit den Sarkomzellen in andere Organe
auswandern, sich darin festsetzen und den primären Tumor, wenn
1) Bouchard, Traitd de pathologie generale. M. Armand Raffer, Sar les po-
rafites des tumeurs epitheliales malignes. Vol. II., Paris [Masson] 1886.
2) Rune all, Sopra il sarcoma del p&diglione del orecchio. (Archivio italiaoo di
otologia e laringotogia 1897).
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lieber die Behänd] ung bösartiger Tumoren etc.
795
auch sehr arm an Bindegewebe, reproduzieren. So zeigten die Schnitte
durch die Knötchen der Milz unseres Kranken, daß es sich um sarko-
matöse, aus kleinen Spindelzellen bestehende Metastasen handelte, in
den» man kein Bindegewebe sah und Leukocyten kaum andeutungs-
weise vorkamen.
Die Anwendung dieser Toxine ist aber nicht bloß aus den von
mir angegebenen Gründen schädlich, sondern auch äußerst verderblich
wegen der schweren Läsionen, die sie bei dem Individuum, dem die
Injektionen gemacht werden, verursacht. Bei unserem Kranken folgten
auf die ersten Injektionen, auch in kleinster Dosis, sehr starke Frost-
schauer, bedeutende Temperaturerhöhung, Kopfschmerz, Erbrechen,
Uebelkeit, Schwindel und allgemeine Abgeschlagenheit. Man mußte
die Dosis nach der Sterilisation bedeutend verdüunen, um eine solche
zu erhalten, die der Kranke vertragen konnte; wenn sie nur im ge-
ringsten erhöht wurde, traten die oben angegebenen Erscheinungen
wieder ein. Bei dem Gebrauch dieser Toxine habe ich die Erfahrung
gemacht, daß im allgemeinen die Tiere, selbst die kleineren, wie
Kaninchen und Meerschweinchen, den Toxinen besser widerstehen,
als der Mensch. Währeud beim Menschen die Injektion von 0,1 ccm
des so zubereiteten Toxine aber die oben angegebenen allgemeinen
Erscheinungen hervorrief, war die Injektion von 5 ccm des Toxins
nötig, um ein Meerschweinchen nach 48 Stunden zu töten, und zur
Tötung eines Kaninchens in derselben Zeit brauchte man 6 ccm. Der
wichtigste Punkt aber war, außer dem angeführten, die starke Ab-
magerung unseres Kranken infolge der Anwendung dieser Toxine. Die
Abmagerung war auffallend und fortschreitend und von bedeutender
Anämie, oder besser gesagt, beträchtlicher Zerstörung der roten Blut-
körperchen begleitet, wie es immer bei schweren Intoxikationen der
Fall zu sein pflegt. Da alles dieses den Tod des Kranken herbei-
geführt hat, waren wir imstande, die Wirkung der Toxine auch an
den Eingeweiden sowohl makro als mikroskopisch festzustellen. So
fanden wir bei der Sektion schwere Anämie aller Organe zugleich
mit diffuser, fettiger Degeneration des Herzens, der Leber und der
Nieren. Die Milz war vergrößert, zerreißbar und mit Knötchen von
verschiedener Größe, Reproduktionen der Neubildung, durchsetzt. An
den durch die Organe geführten Schnitten zeigt sich außer der starken,
weit fortgeschrittenen Fettdegeneratiou der Zellen besonders in der
Leber, und in den Muskelfaserzelleu des Herzens noch weitverbreitete
Chromatolyse in den Kernen der Leber- und Milzzellen, was uach
meinen Untersuchungen nichts anderes bedeutet, als einen der aus-
gebildetsten Intoxikationsprozesse l ). Das Vorgetragene bestätigt also
vollkommen die Beobachtungen von Nee Isen, Axel Holst, Repin
und Anderen, daß die Wirkung der Toxine an dem Neoplasma keine
Veränderung zum Besseren hervorbringe, sondern in den meisten
Fällen den Tod des Krauken durch Degeneration der Organe, be-
sonders des Herzens und durch Verbreitung des Tumors auf andere
1) Roncali, Contributo itlto Studio delle infezioni consecutive alle fracture esposte
sperimentale. Ricercbe iatologicbe e batteriologiche. 11. Voliolinic*, (8. C.) und Annales
de micrographie, 1896.
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796 B* Roncali, Ueber die Behandlung bösartiger Tumoren etc.
Organe zur Folge hat. Dies ist der sicherste Beweis für den schweren
Schaden, den die Therapie durch Bakterientoxine den Kranken ver-
ursacht.
Ich komme nun zur Anwendung der Serotherapie bei malignen
Tumoren. Die guten Resultate, welche einige Autoren bei der Be-
handlung einiger Infektionskrankheiten (Tetanus, Diphthcritis, Hunds-
wut, Pneumonie u. s. w). durch das Serum gegen die zu bekämpfende
Krankheit immunisierter Tiere erlangt haben, bewogen Rieh et und
Iföricourt 1 2 3 4 ) die Herstellung eines anticancerösen Serums zu ver-
suchen, durch welches Epitheliome und Sarkome geheilt werden
könnten.
Gewiß ist diese Idee, welche die Autoren veranlaßt hat, diese
Art von Serotherapie vorzuschlagen und auszuführen, viel logischer
und verständiger, als die, welche zur Toxitherapie geführt hatte.
Rieh et und Höricourt gingen von der übrigens sehr richtigen
Ansicht aus, die bösartigen Neubildungen würden an erster Stelle
durch einen Parasiten hervorgebracht, und glaubten, ein anticanceröses
Serum von Tieren erhalten zu können, in denen man eine Art von
Immunisierung durch Inokulation des Saftes bösartiger Tumoren er-
zeugt hätte. Sie verfuhren folgendermaßen: Ein von Röclus
operiertes Osteosarkom des Beins wurde zerrieben, mit ein wenig
Wasser gemischt, die Flüssigkeit durch Zeug filtriert und einem Esel
und zwei Hunden injiziert. Auf diese Einspritzungen folgte keine
Reaktion, und nach 15 Tagen entnahm man diesen Tieren Blut, um
Serum zu erhalten, das zur Behandlung maligner Neubildungen dienen
sollte. Dies ist das anticanceröse Serum von Richet und Höricourt.
Die Autoren hatten nicht die Mittel, um Tieren Reinkulturen der
Krebsparasiten zu inokulieren, und gingen von der im Prinzip, aber
nicht in Wirklichkeit richtigen Ansicht aus, im Safte des Neoplasmas
sei das Toxin des ätiologischen Faktors der bösartigen Tumoren ent-
halten. So hofften sie auf irgend eine Weise durch Inokulation dieses
Saftes eine Art von Immunisation der Tiere gegen Krebs zu erreichen,
wodurch ihr Serum antitoxisch und folglich geeignet wurde, au bös-
artigen Geschwülsten leidende Personen durch seine Inokulation
zu heilen.
Richet und Höricourt rühmen sich, mit ihrem auf die be-
schriebene Weise zubereiteten Serum Erfolge erreicht zu haben, während
G i b i er *) aus New York nach der Methode der französischen Autoren
zwar einige Veränderungen der Größe bei einer Krebsgeschwulst des
Halses und einem Krebs der linken Mamma beobachtet hatte, doch
daran zweifelt, daß diese serotherapeutische Methode vollkommene
Heilung hervorbringen könne. Salomoni 8 ), Ceci*), Pascale 5 )
1) Riebet et HÄriconrt, Traitement d' un cas de sarcome par la »erotherapie.
1/ Union medicale. 1895. La s4rotberapie dans le traitement da cancer. La Slinaine
m£dicale. 1895.)
2) Gibier, Deila sieroterapia nell cancro. (Supplemente al Policlinico. 1895.)
3) Salomoni, Discussione sulla aieroterapia nei tumori. (Atti del X Congresso
della Societa italiana di chirurgia. 1896.)
4) Ceci, Discuasione »ulla aieroterapia etc. (Atti del X Congr. etc. 1896 )
5) Pascale, Discussiouc sulla aieroterapia etc. (Atti del X Congr. etc. 1896.)
H. J. van’t II off, Spirillum Maase'i*
797
und De Gaetano und Salviati 1 ) haben das Serum von Hunden
benutzt, die sie gegeu bösartige Geschwülste immunisiert hatten und
in Fällen von nicht operierbaren Epitheliomen und Sarkomen durchaus
negative Resultate erhalten.
Ich sagte, Rieh et und H6ricourt seien von einer im Prinzip,
aber nicht in Wirklichkeit richtigen Idee ausgegangun. Der Gedanke,
das Serum eines Tieres durch Injektion von Krebssäften so abzuänderu,
daß es zur Heilung von Epitheliomen und Carcinomen dienen könne,
ist im Prinzip sehr richtig, entspricht aber nicht der Wirklichkeit,
denn dazu wäre es nötig, daß der Saft der Epitheliome und Carcinome
eiue so große Menge von Toxin enthielte, so intensiv toxisch wäre,
daß man hoffen könnte, seine Inokulation werde das Tier immunisieren
und sein Serum wirklich antitoxisch machen. Nun wissen wir, daß
man immunisierendes und heilendes Serum dann erhält, wenn die
dasselbe liefernden Tiere vorher mit Sekretiousprodukten stark toxischer
Mikroorganismen behandelt worden sind. Wenn das Sekretionsprodukt
eines Mikroorganismus nicht stark toxisch ist, kann es kein wirksames
heilendes und immunisierendes Serum hervorbringen. Wenn wir von
diesem Grundprinzip der Serotherapie ausgehen, können wir die
geringe, wenn nicht ganz fehlende Wirksamkeit des anticancerösen
Serums von Rieh et und Hdrieourt leicht begreifen.
(Schluß folgt.)
Nachdruck verboten.
Spirillum Maasei,
eine neue cholera-ähnliche Art.
Von
Dr. H. J. van’t Hoff
in
Rotterd am.
Im August vorigen Jahres wurde aus der Prise d’eau des Rotter-
damer Wasserwerkes wiederholt eine neue Art von Spirillen von mir
isoliert, deren Eigenschaften entschieden von denen der bisher be-
kannten Arten verschieden waren.
Die Isolierung war ziemlich schwer, da es nötig war, vom
Wasser sofort Platten anzulegen, indem die Art bei Brühung des
Wassers in Pepton verschwand. Die Kolonieen sind ganz rund und
fast durchsichtig.
Morphologisch zeigt die Art bisweilen zwei und mehr Schraubeu-
gänge und kulturell ist sie leicht von den anderen Arten differenzier-
bar durch ihre äußerst schnelle Verflüssigung der Gelatine, die eine
noch schnellere ist wie bei Finkler und Prior. Schon nach 1 Tage
ist der Stichkanal ganz verflüssigt.
1) U« Gaetano e Sal vati, Disctmione solle sieroterapia etc. ( Aui dol X Coogr.
etc. 1896.)
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798
J. W.jrUnd,
Ihre Anlagerungen sind milchweiß, Milch wird nicht koaguliert
und Bouillon nicht sauer. Auch bildet sie nur nach langer Zeit aut
flüssigen Nährböden ein Häutchen. Der Stichkanal bleibt trübe.
Gasentwickelung tritt nicht ein.
Die Indolreaktion ist fast dieselbe wie beim Koch 'sehen Typus.
Diu Spirillen sind kurz und dick, 1—1,15 /x.
Eigenbewegung und 1—2 Cilien sind wahrnehmbar.
Inwieweit sie dem Typus, den Spronck hier in Holland fand,
ähnlich ist, ist mir nicht bekannt, nur scheint mir die Verflüssigung
viel rascher und die langsame Hautbildung verschieden von diesem
zu sein.
Ihre Virulenz für Meerschweinchen wurde hier in Rotterdam
nacbgewiesen.
Obgleich durch diese die Abarten cholera- ähnlicher Spirillen
wieder um eine vermehrt wird, schien mir die Mitteilung doch er-
wünscht.
Herr Kr 41 aus Prag war so freundlich, einige meiner Unter-
suchungen über diese Art zu bestätigen, wofür ich ihm meinen besten
Dank ausspreche.
Nachdruck verboten .
Desinfektionswirkung und EiweissMung
chemischer Körper.
[Aus dem Laboratorium von C. F. Hausmann in St. Gallen.]
Von
Dr. J. Weyland.
Wenn man nach dem Vorgänge von Scheurlen und Spiro
(Münch, med. Wochenschr. 1897. No .4), von Beckmann (Ceutralbl. f.
Bakt. Bd. XX. p. 577) und von Paul und Krönig (ref. Münch,
med. Wochenschr. 1897. p. 311) den Versuch macht, für die Wirkungs-
weise der Antiseptica eine theoretische Erklärung zu geben, so er-
scheint es mir, da jede Giftwirkung als eine Reaktion des lebeuden
Protoplasmas mit den in Betracht kommenden Agenticu aufgefaßt
werden muß, von Wichtigkeit, das Verhalten der antiseptischen
Stoffe zu Eiweißkörpern, beispielsweise zu Blutserum, zu prüfeu, zumal
es nach den neuesten Untersuchungen von 11. Büchner (Münch,
med. Wochenschr. 1897. p. 299) erwiesen ist, daß die Bakterienzelle
Eiweißstoffe enthält, die in ihrem chemischen Verhalten (Gerinnbar-
keit) dem Serumalbumin sehr ähnlich sind. Man ist wohl berechtigt,
zu folgern, daß Chemikalien, die im Reagensglas Eiweißlösungen sicht-
bar verändern, auch das lebende Eiweiß der Bakterienzelle zum Ab-
sterben bringen können, vorausgesetzt, daß die betreffenden Stoffe
geeignet sind, auf osmotischem Wege in die Zellen einzudringen.
Ueberblickt mau nun die Reihe der bakterienfeiudlicben Stoffe
und berücksichtigt dabei das Verhalten derselben zu Eiweißlösungen,
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Desinfektions Wirkung und EiweißfiUlang chemischer Körper.
799
so findet man, daß unsere gebräuchlichen energischen Antiseptica,
worunter ich solche verstehe, welche Sporen abzutöten vermögen,
gleichzeitig die Eigenschaft besitzen, Eiweiß zu fällen (gesättigte
Karbollösung, Sublimat, Silbernitrat, Trikresollösung) und es läßt sich
der Nachweis führen, daß bei diesen Körpern ein direkter Zusammen-
hang besteht zwischen Desinfektionswirkung und Eiweißfällung.
Von Karbolsäure ist bekannt, daß sie nur in konzentrierter
wässeriger Lösung ein zuverlässiges Antiseptikum ist, während eine
3-proz. Karbollösung Sporeu nicht abtöten kann. Entsprechend damit
giebt 5-proz. Karbolwasser mit Eiweißlösungeu Niederschläge, 3-proz.
dagegen nicht.
Nun hat vor einiger Zeit Beckmann naebgewiesen, daß auch
schwache Karbollösungen energisch baktericid wirken, wenn dieselben
gleichzeitig Kochsalz enthalten. Zu ähnlicheu Resultaten war vor
Beckmann schon Scheurlen gekommen. Nach Beckmann
werdeu resistente Milzbrandsporen durch 1-proz. Phenollösung, wenn
dieselbe 24 Proz. Kochsalz enthält, in 24 Stunden vernichtet, während
eine kochsalzfreie Lösung auch nach 7 Tagen Sporeu kaum beein-
flußt. Wie verhalten sich nun die Beckmann’schcn Karbollösuugen
zu Eiweiß?
Hier zeigt es sich in der That, daß auch schwache Phenol-
lösungen Eiweiß fällen, sobald man einen entsprechenden Kochsalz-
zusatz macht. Eine Lösung aus 1 g Phenol, 24 g Kochsalz und
100 g Wasser ist imstande, Serumalbumin noch aus starker Verdünnung
auszufällen. Wenn man geringere Salzzusätze macht, z. B. 12,6 Proz.,
so findet Fällung nicht statt und übereinstimmend damit hat Beck-
mann mit solchen Lösungen auch keiue Sporentötung erzielt.
Beckmann hat leider nur mit 1-proz. Phenollösungen gearbeitet,
die nach meinen Beobachtungen ausschließlich bei sehr hohen Koch-
salzzusätzen eiweißfällend sind. Vielleicht hätte die Untersuchung
3-proz. Phenollösungen mit Chlornatriumzusatz den Zusammenhang
zwischen Eiweißfällung nnd Sporentötung noch mehr aufgeklärt Eine
reine 3-proz. Phenollösung wirkt nämlich, wie schon oben ausgesprochen
wurde, auf Eiweiß gar nicht fällend ein, es genügt aber der Zusatz
von nur 1 Proz. Kochsalz, um diese Lösung eiweißfällend zu machen.
Außer Phenol lassen einige Quecksilberverbindungen Beziehungen
zwischen Eiweißfällung und antiseptischer Leistung erkennen. Wenn
man vergleichende Versuche über die Desiufektious Wirkung von Subli-
mat, Quecksilbereyauid und Quecksilberoxycyauid anstellt, so kommt
man zu folgenden Resultaten.
Sublimat ist ein ausgezeichnetes, schlagfertig wirkendes Antisep-
tikum und sein Verhalten zu Eiweiß steht damit in Einklang. Blut-
serum ruft selbst in öOfaeher Verdünnung noch eine starke Trübung
hervor, wenn es in 0, 1-proz. Sublimatlösung eingetropft wird. Diese
Trübung wird verursacht durch die Bildung des schwerlöslichen
Quecksiiberalbuminats. Quecksilheralbummat kann aber durch Koch-
salz wieder in Lösung gebracht werden und es ist deshalb begreif-
lich, daß Sublimatlösungen, die eine entsprechende Menge Koch-
salz enthalten, auf Eiweiß nicht mehr fällend wirken. Daß aber
kochsalzhaltige Sublimatlösungen einen großen Teil ihrer antibak-
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800
J. Weyland,
teriellen Eigenschaft eiugeblißt haben (Versuche vou Scheuriet
und Spiro), während doch Karbollösungen umgekehrt durch Koch-
salzzusätze eine Steigerung ihrer baktericiden Wirkung erfahren,
diese auffallende Erscheinung spricht wiederum deutlich für den Zu-
sammenhang zwischen Eiweißfällung und Desinfektionswirkung.
Eine dem Quecksilberchlorid chemisch nahestehende Verbindung
ist das Quecksilbereyanid. Man war vorübergehend der Meinung,
daß es einen Ersatz des Sublimates abgeben könnte. Diese Annahme
beruhte auf einer Täuschung. Quecksilbercyanid steht thatsächlieb
dem Sublimat in der Desinfektionswirkung weit nach, wenn auch die
eutwickelungshemmende Wirkung auf Bakterien eine sehr bedeutende
ist. Ich fand, daß Staphylococcus pyog. aur. durch Queck-
silbercyauid 2:1000 nach 30 Minuteu noch nicht getötet wurde,
während eine Sublimatlösung gleicher Konzentration schon in */, Mi-
nute baktericid wirkte. Wiederum steht mit dieser relativ geringen
antibakteriellen Leistung des Quecksilbercyanids das Verhalten des-
selben zu Eiweißlösungen im Einklang. Eiweißlösungen werden näm-
lich durch beliebig starke Lösungen von Quecksilbercyanid nicht
verändert.
Was das Quecksilberoxycyanid betrifft, so scheint sein Verhalten
von besonderem Interesse. Dieses Präparat ist schon wiederholt als aus-
gezeichnetes Antiseptikum gerühmt worden. Chibret und Boer
machten Angaben, wonach es dem Sublimat gleichwertig sein müßte.
Ferner wurde Quecksilberoxycyanid in neuerer Zeit durch v. Sicherer
sehr empfohlen. Naofe selbst angestellten Beobachtungen steht die
Desinfektionswirkung des Quecksilberoxycyanids zwischen derjenigen
des Cyanids und des Chlorids. Wenn man die chemische Zusammen-
setzung des Quecksilberoxycyanids in Betracht zieht, so sollte man
von dieser Verbindung eine gleich starke oder wenigstens ganz ähn-
liche Wirkung erwarten, wie vou Quecksilbercyanid, von dem es sich
durch qualitative Reaktionen kaum unterscheiden läßt und dem es
auch im prozcntischen Quecksilbergehalt ganz nahe steht, ln diesem
Falle mußte das Verhalten des Körpers zu Eiweißlösungen von be-
sonderem Interesse sein. Bei den einschläglichen Versuchen zeigte
es sich, daß eine 0,5-proz. Quecksilberoxycyanidlösung mit einem
älteren (sterilen) Blutserum allerdings nicht oder fast nicht
reagierte. Dagegen war die Wirkung auf frisches Serum ganz auf-
fallend. Wurden 15 Tropfen frisches Serum in 10 cm 0,2-proz.
Quecksilberoxycyanidlösung eingetropft, so entstand sehr bald eine
Trübung, die sich fortwährend verstärkte, bis sich nach l / t Stunde
ein starker Niederschlag am Boden abgesetzt hatte. Diese Reaktion,
welche in einer partiellen Fällung der Eiweißkörper des Serums
besteht, gelingt auch in anderen Mischungsverhältnissen, jedoch ist
obige Vorschrift zu empfehlen.
Im Gegensatz zu Quecksilberoxycyanid verhält sich das einfache
Cyanid auch gegen frisches Serum indifferent, es entsteht keinerlei
Trübung. Aus diesen häufig und stets mit dem gleichen Resultate
angestellten Versuchen ergiebt sich, daß sich Quecksilberoxycyanid
von dem gewöhnlichen Cyanid durch das Vermögen, Eiweiß auszu-
Dioitized hy f
Desinfektionswirkung und'Eiweißfällung chemischer Körper. 301
füllen, unterscheidet, womit seine stärkere antibaktericlle Wirkung
eine Erklärung findet.
Somit glaube ich nachgewiesen zu haben, daß das Desinfektions-
Vermögen der Lösungen von Karbolsäure, von Sublimat und von den
Cyanverbindungen des Quecksilbers in Beziehung steht zu der eiweiß-
fällenden Eigenschaft dieser Lösungen. Wir dürfen daraus aber
keineswegs den voreiligen Schluß ziehen, daß alle Stoffe, die energisch
Eli weiß fällen, auch wirksame Antiscptica seien. Daß dies nicht der
E'all ist, sehen wir z. B. am Alkohol und an der Gerbsäure. Mög-
licherweise kommt hier die Eigenschaft der Chemikalien in Betracht,
in sehr verschiedenem Grade zur Osmose, ohne welche wir uns eine
Giftwirkung auf Bakterien nicht vorstellen können, befähigt zu sein
oder es mögen andere nicht erkennbare Gründe vorliegen.
Anschließend an die vorstehenden Untersuchungen über die
Eiweißfällung der Desinfektionsmittel, von denen man sich nament-
lich dann einen Nutzen für die Desinfektionslehre versprechen kann,
wenn man an Stelle beliebiger Eiweißlösungen die ausgepreßten
Inhaltsstoffe der Bakterienzellen, wie sie nach E. und H. Büchner
gewonnen werden, als Reagentien für die antiseptischen Stoffe ver-
wenden könnte, möchte ich noch kurz eine Frage streifen, die all-
gemeineres Interesse haben dürfte, ich meine das im Vorausgehenden
erwähnte verschiedene Verhalten des Quecksilberoxycyanids zu ab-
gestandenem und zu frischem Blutserum. Bei der erstmaligen Be-
obachtung dieser Reaktion wurde ich sofort än das ungleichartige
Verhalten des frischen und des abgelagerten Serums zu Bakterien
und Blutkörperchen erinnert und nachdem auch in einem Serum,
das durch halbstündiges Erhitzen auf 55° „inaktiviert“ war, die
Reaktion mit Quecksilberoxycyanid ausblieb, schien es, als ob diese
Verbindung ein Reagenz bezw. Fällungsmittel für Alexine sein könne.
Eine solche Reaktion wäre gewiß von großem Nutzen und es ist
deshalb um so mehr angezeigt, eventuelle Einwände gegen den Wert
derselben in Erwägung zu ziehen; man muß sich insbesondere die
Frage vorlegen, ob nicht doch durch das Erhitzen des Serums eine
Veränderung desselben zustande kommt derart, daß ein anderes
Verhalten gegen eiweißfällende Agentien möglich wäre. In diesem
Sinne angestellte Untersuchungen ergaben nun in der That, daß die
im Blute gelöste Kohlensäure für das Zustandekommen der Queck-
silberoxycyanidreaktion notwendig ist. Wird die durch längeres
Stehen des Serums oder durch halbstündiges Erhitzen desselben ver-
loren gegangene Kohlensäure nachträglich wieder ersetzt, so tritt
von neuem Trübung mit Quecksilberoxycyanid ein. Dieser Versuch
wird so ausgeführt, daß man vor Austellen der Quecksilberoxycyanid-
reaktion zu 3 Volumina inaktiviertes Serum 1 Volumen gesättigtes
kohlensaures Wasser setzt. Die alkalische Reaktion des Serums
bleibt dabei bestehen.
Wenn man nun berücksichtigt, daß Serum unter gleichen Um-
ständen seine baktericide Wirkung und seine Reaktionsfähigkeit
gegen Quecksilberoxycyanid verliert, daß aber letztere an die Blut--.
kohlensäure gebunden ist, so wird geradezu die Vermutung aufg^f p j.\
drängt, daß auch die Schutzwirkung des Serums wenigstens Toi " 0
Lr*ta Abt. XXL Bd.
802
K. K.shld«,
mit dem Gebalt des Blutes an Kohlensäure in Zusammenhang zu
bringen ist, sei es, daß die Kohlensäure als solche antiseptisch wirkt,
sei es, daß bestimmte Stoffe des Serums nur bei Gegenwart von
Kohlensäure ihre baktericide Wirkung entfalten. Vielleicht setzt sich
auch die Schutzkraft des Serums zusammen aus der Wirkung der
absorbierten Kohlensäure und aus der keimtötenden Eigenschaft der
von den Leukocyten gelieferten Nukleine. Ich möchte an dieser
Stelle daran erinnern, daß kürzlich Schattenfroh (Münch, tned.
Wochcnschr. 1896. No. 1) den Gedanken ausgesprochen hat, daß
vielleicht die im Blute wirksamen Substanzen und die aus den Leu-
kocyten gewonnenen Stoffe nicht ein und dasselbe seien.
Es erscheint also sehr wünschenswert, durch weitere Versuche
klar zu stellen, ob resp. inwieweit die Kohlensäure bei der Schutz-
wirkung des Serums in Betracht kommt.
Nachdruck verboten .
Differenzierung der Typhusbacillen vom Bacterium coli
commune durch die Ammoniakreaktion.
[Aus dem hygienischen Institut der Kaiserlichen Universität zu Tokio
unter der Leitung des Hrn. Prof. Dr. M. Ogata.]
Von
Dr. K. Kashida.
Petruschky hat zuerst darauf aufmerksam gemacht, daß man
den Typhusbacillus kraft der stärkeren Säure des Coli-
bacillus in der Lackmusmolke von dem letzteren unterscheiden
kann. Zu demselben Schlüsse kam auch Wurtz, der einen festen
Nährboden benutzte, der mit Laktose versetzt und durch Lackmus
blau gefärbt war. Auf diesem Nährboden soll der Coli bacillus
durch die bei der Vergärung der Laktose gebildete Milchsäure Rötung
erzeugen, während der Typhusbacillus die blaue Farbe des Nähr-
bodens nicht verändert
Beide Autoren haben die Differenzierung beider Bacillen auf die
stärkere Säurebildung der Coli arten begründet Im Folgenden gebe
ich eine Methode der Differenzierung beider Bacillen durch stärkere
Ammoniakbildung des Colibacillus nach einmal erfolgter Säure-
bildung an, und zwar auf einem festen Nährboden, der außer Laktose
noch Harnstoff enthält und durch Lackmus blau gefärbt ist.
Da mir eine schärfere Differenzierung beider Bacillen wünschens-
wert schien, suchte ich nach besseren Reagentien und verglich
Phenolphthalein, Rosolsäure und Lackmustinktur. Bouillon sowohl
als auch Nähragar wurdeu mit 2 Proz. Milchzucker versetzt, um
durch die Vergärung desselben eine vermehrte Säurebildung durch
den Colibacillus zu erzielen. Zu diesem milchzuckerhaltigen Nähr-
boden wurde dann je eines der genannten Reagentien zugesetzt, und
zwar wurde in den Nährböden, welchem Phenolphthalein oder Rosol-
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Differenzierung der Typhusbacillen vom Racterium coli commune etc. gQ3
säure zugesetzt war, durch verdünnte Alkalien eine Rötung herge-
stellt. Hierbei beobachtete ich immer, daß der Colibacillus die
gefärbte Bouillon unter Gasentwickelung entfärbte, während das bei
dem Typhusbacillus nicht der Fall war. Um nun die Beschaffen-
heit der Kolonieen genauer beurteilen zu können, goß ich auf gleiche
Weise beschaffenen Nähragar in eine Petri’sche Schale aus, wobei
der Colibacillus rote Färbung auf dem mit Lackmus gefärbten
Nährboden erzeugte, während die mit Rosolsäure oder Phenolphthalein
gefärbten Proben verblaßten. Die saure Reaktion verschwand aber
uach einigen Tagen und machte einer alkalischen Reaktion Platz,
welcher Wechsel noch nicht allgemein bekannt zu sein schien, der
mit Lackmus versetzte Nährboden wurde wieder blau, und auf dem
mit Rosolsäure anfangs rot gefärbten und dann durch Säurebildung
verblaßten Nährboden kam wiederum die rote Färbung zum Vor-
schein. Diese Färbung war aber nicht nur auf den Nährboden selbst
beschränkt, sondern viele Kolonieen zeigten auch an sich intensive
Färbung. Die blaue Färbung der Kolonieen trat auf dem Nährboden
mit Lackmus, die rote Färbung derselben auf dem Nährboden mit
Rosolsäure oder Phenolphthalein ein. Diese Veränderungen waren
aber bei der Typhuskultur auf gleich beschaffenem Nährboden nicht
zu sehen.
Die Vermutung, daß diese alkalische Reaktion bei der Coli-
kultur wohl durch Ammoniakbildung bedingt sei, veranlaßte mich,
die Reaktion des Kondensationswassers aus dem Nährboden, daß sich
an der inneren Fläche des Schalendeckels befand, zu prüfen. In
der That war dieselbe alkalisch, auch der Grund de3 Nährbodens
war deutlich ammoniakalisch. Hiermit ist nun ein Mittel an die
Hand gegeben zur Differenzierung beider Bacillen, da die Reaktion
uicbt nur Farbenveränderung des Nährbodens, sondern auch Färbung
der Kolonieen bei Colikultur herbeiführt. Bei dem folgenden Ver-
suche setzte ich zu genanntem Näbragar, welcher mit Laktose ver-
setzt und durch Lackmus blau gefärbt war, noch Harnstoff, um durch
diesen die ammoniakalische Reaktion hervorzurufen. Ich verfahre
folgendermaßen :
Der neutralen Nährbouillon wird l’/ 2 Proz. Agar zugesetzt und im
Dampftopf gekocht, bis der Agar gelöst ist. Noch einmal wird auf
die Reaktion geprüft und eventuell korrigiert, hierauf ein Stück Ei-
weiß zugesetzt, das Ganze tüchtig geschüttelt, darauf eine Stunde
lang im Dampftopf gekocht und dann filtriert. Zu diesem Filtrat
werden dann 2 Proz. Milchzucker, 1,0 Proz. Harnstoff und 30 Proz.
Lackmustinktur zugesetzt. Mittelst einer sterilisierten, 10 ccm hal-
tigen Pipette wird das noch flüssige Agar in vorher steril gemachte
Reagenzgläser verteilt und darauf 10 — 20 Min. im Darapftopf steri-
lisiert. Damit ist die Herstellung meines Nährbodens fertig.
Auf diesem Nährboden kam die gewünschte Reaktion ganz deut-
lich zum Vorschein, und zwar trat die ammoniakalische Reaktion viel
eklatanter und schneller auf als auf dem früheren Nährboden, welchem
nur Milchzucker zugesetzt war. Dieser neu beschaffene Lackmus-
agar mit Laktose und Harnstoff wurde gelöst und nach der Impfung
des Colibacillus in eine Petri’sche Schale ausgegossen. Nach
6 t*
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804 Kashida, Differenzierung der Typhusbacillen vom Bacterium coli etc.
der Erstarrung des Nährbodens wurde die Schale im Brütofen bei
37° C belassen. Nach 16 — 18 Stunden ging die blaue Farbe des
Nährbodens in die rote über, die durch Säurebildnng des Coli-
b a c i 1 1 u s bedingt ist. Der Grund des Nährbodens war dabei süßlich-
sauer. Die Reaktion des Kondensationswassers an der inneren Seite
des Schalendeckels war ebenfalls die saure, woraus auch hervorgebt,
daß die gebildete Säure zum Teil eine flüchtige sein muß. Nach
24 Stunden wurde aber der Nährboden durch ammoniakalische Zer-
setzung des Harnstoffes wieder blau gefärbt; auch die meisten tief-
liegenden und oberflächlichen Kolonieen nahmen blaue Färbung an,
die sowohl makroskopisch wie mikroskopisch deutlich zu beobachten
war. Nun wurde der Grund ammoniakaliscb und es entwickelten sieb
deutliche Salmiaknebel, wenn man einen mit Salzsäure befeuchteten
Glasstab dem Nährboden nahe brachte. Das Wachstum des Typhus-
bacillus auf gleich beschaffenem Nährboden steht aber dem des
Colibacillus nach; er zeigte dabei keine Reaktion auf Lackmus
und die blaue Farbe des Nährbodens blieb innerhalb 72 Stunden und
noch länger unverändert. Auch blieben die Kolonieen farblos.
Noch leichter konnte ich dieselbe Reaktion beobachten, als ich
auf folgende Weise verfuhr:
Verflüssigter Lackmusagar wurde gleich in eine Petri’sche
Schale ausgegossen und nach erfolgtem Erstarren des Nährbodens
der Colibacillus strichweise auf der einen Seite des Nährbodens
und auf der anderen Seite desselben der Typbusbacillus geimpft.
Diese Kultur wurde dann in den Brütofen gelegt. Nach 18 Stunden
wurde die Colikultur selbst und deren Umgebung rot gefärbt.
Nach 36 Stunden trat die rote Färbung noch deutlicher hervor und
die betreffende Hälfte des Nährbodens wurde diffus rot, während sich
auf der anderen Seite, wo die Typhuskultur angelegt wurde, keine
Färbung zeigte. Nach 54 Stunden nahm aber die gerütete Coli-
kultur wieder die blaue Farbe an, ebenso die Umgebung der Kultur.
Der Geruch wurde dann ammoniakalisch und es konnten darauf
Salmiaknebel erzeugt werden. Die Typhuskultur auf demselben Nähr-
boden wuchs zwar mit der Zeit fort, aber es läßt sich bei derselben
auch jetzt noch keinerlei Reaktion beobachten. Diese ammoniakalische
Reaktion der Colibacillen einerseits und der Ausfall derselben bei
der Typhuskultur auf der anderen Seite war nach 4—5 Tagen noch
deutlich zu sehen.
Da ich die oben erwähnten Farbenveränderungen bei wiederholten
Versuchen beobachtet habe, kann ich dieselben behufs der Differen-
zierung beider Bacillen empfehlen, um verdächtige Kolonieen zu
unterscheiden.
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Hans Ziemann» Nachtrag zur Morphologie der Malariaparasiten. 305
Nachdruck verboten .
Nachtrag zur Morphologie der Malariaparasiten.
Von
Dr. Hans Ziemann,
Marine-Stabsarzt.
Nach neueren Untersuchungen im Laboratorium des Herrn Prof.
Dr. G o 1 g i zu Pavia haben sich meine Befunde auch bei zwei Fallen
italienischer Tertiana durchaus bestätigt.
Interessant ist, daß auch bei einem Falle von
leichter Quartana, bei dem Prof. Golgi selbst die von
ihm früher beschriebenen Quartanparasiten festge-
stellt hat, sieb die Entwickelung des Chromatins,
seine Teilung und das Auftreten steriler Formen iu
ganz ähnlicher Weise vollzog wie bei den Parasiten
der Tertiana. Abgesehen davon, daß nur bis zu 12 Kernteilungs-
figuren zu entdecken waren, entsprachen die Bilder während der
Kernteilung vollkommen den auf der Tafel dargestellten. Parasiten
mit ziemlich vorgeschrittener Kernteilung waren bereits 5 Stunden
vor dem Fieberanfalle in ziemlicher Anzahl zu sehen.
Weitere Mitteilungen darüber, sowie über je bei Ra na escu-
leuta, einem Kirschkernbeißer (Coccothraustes vulgaris),
ferner bei Nachtigallen und Sperlingen gefundene verschiedene Blut-
Parasitenarteu bleiben Vorbehalten. Unter den von mir hier im
I^iboratorium demonstrierten Parasiten zeichneten sich besonders die
des Coccothraustes durch eine ungeheure Proliferationsfähigkeit
des Chromatins aus. Dieselbe war noch stärker wie bei den Para*
siten des Kamerunfiebers. Der Vorgang der Kernteilung, das Auf-
treten der sterilen Formen entsprach im allgemeinen stets dem auch
bei den Malariaparasiten beobachteten.
Pavia, im Mai 1897.
Anmerkung. Nachträglich ersehe ich aus einer Anmerkung
zu einer kurzen Mitteilung Prof. Grassi’s, Ueber die Parasiten
der Malaria (Bd. VH. No. 13 dies. Centralbl.), daß er auch direkte
Kernteilung dieser Parasiten annimmt.
Referate.
Penzo, B., Sulla influen za della temperatura nel processo
infettivo inflammatorio. (La Riforma med. 1896. No. 137.)
In einer vorläufigen Mitteilung giebt P. das Ergebnis seiner in
der Weise angestellten Versuche, daß von den beiden gleichzeitig
mit derselben Kultur von Eiterkokken infizierten Ohren eines Kanin*
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806
Entzündung. — Gelenkrheumatismus. — Diphtherie.
chcns, das eine bei niedriger (8 — 11°), das andere bei erhöhter Tem-
peratur (36 — 39°) gehalten wurde.
Dieses Ergebnis lautet kurz dahin, daß der Eintritt der ent-
zündlichen Erscheinungen bei Anwendung erhöhter Temperatur rascher
erfolgt, der Verlauf ein kürzerer und gutartigerer ist, als bei An-
wendung der Kälte, was wahrscheinlich auf die durch die letztere
erzeugte geringere Widerstandsfähigkeit der Gewebe zurückzuführen
wäre.
Die mittels Exstirpation des oberen Halsganglions hervorge-
rufene Lähmung der Vasomotoren modifizierte dieses Ergebnis in
keiner Weise. Kamen (Czernowitz).
Thirololx, Bacille du rheumatisme articulaire aign.
(La Semaine raödicale. 1897. p. 93.)
Th. beschreibt einen Mikroorganismus, den er in 2 Fällen von
akutem Gelenkrheumatismus aus dem Blute gezüchtet hat. Derselbe
erscheint als ein Bacillus mit geringer Eigenbewegung, anaerob, von
pathogenen Eigenschaften gegenüber Meerschweinchen, nicht aber
gegenüber Kaninchen, Mäusen und Hunden.
Ahlefelder (Charlottenburg).
Cobbctt, L., Contribution ä l’dtude de la Physiologie da
bacille diphtörique. (Ann. de PInst. Pasteur. T. XI. No. 3 .)
Die nachfolgenden Versuche sind bereits im Jahre 1894 begonnen
mit dem Zweck, ein starkes, konstantes Diphtheriegift für Immuni-
sierungszwecke herzustellen. Obgleich seit der Zeit die Präparation
starker Toxine bereits anderweitig mit Erfolg in Angriff genommen
ist, so glaubt Verf. doch, daß die Publikation seiner Erfahrungen
noch nützlich sein werde.
Der Diphthericbacillus kann in alkalischen und sauren
Medien wachsen. Die Grenzen der Alkalescenz bewegen sich bis zu
40 und 50 ccm Normalalkalilauge pro Liter. Die Säuregrenze spielt
bis zu 6 und 13 ccm Normalsäure pro Liter. Bei letzterer Acidität
gelingt aber bei dem großen Sauerstotfbedürfnis der Bacillen die
Kultur nur dann, wenn man die Impfung in die oberste Flüssigkeits-
schicht an der Gefäßwand vornimmt.
Die Kulturen in alkalischer Bouillon werden nicht sauer, voraus-
gesetzt, daß weder Zucker, noch andere Kohlehydrate oder Glycerin
vorhanden sind.
Der Grad der eintretenden Acidität in den Kulturen bängt von
der Menge der vorhandenen Glukose ab und auch nach Verf. von
der Integrität des sich auf der Flttssigkeitsoberfläche bildenden
Häutchens. Ist dieses zerstört, so sollen die gebildeten Alkalimengeu
geringer werden.
Wenn ursprünglich 0,2— 0,4 Proz. Glukose vorhanden ist, so kann
in einer Bouillon mit einem anfänglichen Alkaleseenzgrad von 5 — 6 N.A.
pro Liter die Acidität zwischen 5—13 N.S. schwankend betragen.
Die Kultur kann dann jedoch noch weiterwachsen und wieder alkalisch
werden, wenn man sie vollkommen in Ruhe stehen läßt. Wird sie
dagegen bewegt, so daß die Haut nicht mehr intakt ist, so soll das
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I
Diphtherie. — Tuberkulose.
807
Wachstum aufhören und die Kultur sauer bleiben. Ref. möchte sich
hier die Bemerkung gestatten, daß er bei der Herstellung von Diph-
theriegift in größerem Maßstabe in den Jahren 1895 und 1896 im
hygienischen Institute von Prof. Förster den nachteiligen Einfluß,
der durch die Zerstörung des Oberhäutchens auf die Alkalescenz
und mit ihr auf die toxische Kraft ausgeübt werden soll, nicht hat
konstatieren können. Im Gegenteil gelaug es uns gerade dadurch,
daß wir durch Anschlägen gegen die Kolben die Häutchen tagtäglich
zum Sinken brachten, ein mächtiges Wachstum und eine sehr hohe
toxische Kraft zu erreichen.
Nach Verf. ist bei Anwesenheit von 0,45 Proz. Glukose eine
permanente Acidität zu erwarten.
Die Roux’sche Durchlüftungsmethode hat sich auch nach den
Erfahrungen Cobbett’s als ohne Einfluß auf die Rildung der al-
kalischen Stoffe und der Toxine gezeigt. Die toxische Kraft hatte
nach etwa 8 Tagen ihr Maximum erreicht. Die Bildung der toxischen
und alkalischen Stoffe läuft in der ersten Zeit ungefähr parallel, als-
dann kann also die Alkalinität als Maßstab der Toxicität dienen.
Gegen die Mitte der zweiten Woche aber kann die toxische Kraft
lallen, während die alkalische Reaktion noch stärker wird; später
vermindert sich auch sie.
Die alkalischen Substanzen lassen sich durch Destillation ge-
winnen und besitzen keine schädlichen Eigenschaften für Meer-
schweinchen. Ohne die Alkalescenz zu tangieren, kann man weiter
durch Erwärmen die toxische Kraft aufheben. Alkalische und toxische
Stoffe decken sich also nicht. Fritz Basenau (Amsterdam).
Nocard, Le type abdominal de la tuberculose du cheval
est d’origine aviaire. (Bull. Soc. centr. de m6d. v6t. 1896.
p. 248.)
Bekanntlich tritt die Tuberkulose beim Pferd in 2 Formen auf,
als Lungen- oder Abdominaltuberkulose. Während bei der Lungen-
tuberkulose der Befund des Bacillus der Säugetiertuberkulose ver-
ständlich ist, ist die Angabe des Verf.’s befremdlich, daß er in einem
Fall von Abdominaltuberkulose des Pferdes einen Bacillus isoliert
hat, der, wenn auch nicht identisch, so doch dem Bacillus der Hühner-
tuberkulose ähnlicher erschienen als dem der Säugetiertuberkulose. Die
kulturellen Eigenschaften stimmten mit denen der Hühnertuberkulose
überein, auch die Tierversuche an Kaninchen und Hühnern schienen
dafür zu sprechen. Mikroskopische Organschnitte der mit diesem
Bacillus infizierten Tiere zeigten einige Abweichungen vom gewöhn-
lichen Befund, was Verf. auf die Passage des vermeintlichen Hühner-
tuberkulosebacillus durch den Organismus des Pferdes zurückführen will.
Nocard findet in obiger Beobachtung eine neue Bestätigung
des von ihm bereits öfters vertretenen Standpunktes, dem auch die
bekannten Arbeiten von Kruse und Pansini sich anschließen, daß
nämlich zwischen der Säugetier- und Hühnertuberkulose verschiedene
Uebergangsformen Vorkommen. W. Kempner (Berlin).
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Lepra.
Lardy, Lcpre atnoide. (L’acadömie de mßdecine. 18. aoüt. 1896.)
L. demonstriert das Aktinogramm einer an Lepra alnoides
erkrankten Hand und geht in seiner Besprechung in Uebereinstimmang
mit Zambaco und im Gegensatz zu de Brun (cf. Centralbl. t
Bakt. Bd. XXI. 1897. p. 285) von der Voraussetzung aus, daß
A'inhuui nur eine Modalität der Lepra sei, namentlich weil der
Nerv, cubitalis bleistiftdick zu fühlen war. Die Durchleuchtung
der Ainhumringe gab bei erhaltenen Weichteilen das völlige Ver-
schwinden der Knochen zu erkennen. W. Kempner (Berlin).
Storch, E., Ueber den anatomischen Befund bei einem
für Deutschland endogenen Fall von Lepra tuberosa.
Zugleich ein Beitrag zur Frage nach den Beziehungen
zwischen Aussatz und Tuberkulose. (Virchow’s Archiv.
Bd. CXLVIII. 1897. p. 389.)
Der in der Neiss er’ sehen Klinik zu Breslau beobachtete und
sezierte Fall von Lepra tuberosa entstammte dem Mem eie r Kreise.
Die sorgfältige Untersuchung sämtlicher Organe ergab außer der in
vivo bereits konstatierten leprösen Erkrankung des Pharynx und
Larynx lepröse Veränderungen in Leber, Milz, Hoden und Lytnph-
drüsen. Den Prozeß in der Lunge hält Verf. für tuberkulös, geringe
Anzahl und Anordnung der Bacillen, sowie der Befund von tuber-
kulösen Riesenzellen schienen Lepra auszuschließen. Verf. ist gleich
Hansen der Ansicht, eine fast absolute Immunität der inneren
Organe — mit alleiniger Ausnahme von Leber, Milz und Hoden —
gegenüber der Lepra anzunehmen (cf. den Fall von Doutrelepont
und Wolters [Centralbl. f. Bakt. Bd. XX. p. 465], bei denen Verff.
auf Grund der histologischen Untersuchung auch in Niere und Lungen
lepröse Prozesse annahmen).
Die eingehenden Betrachtungen, die Verf. an der Hand des ge-
schilderten Falles hauptsächlich über die Unterscheidung der tuber-
kulösen und leprösen histologischen Prozesse anstellt, werden in
folgenden Sätzen zusammengefaßt:
„Die Lepra und die Tuberkulose sind zwei chronische Infektions-
krankheiten, welche nicht nur genetisch, sondern auch histologisch
wohlcharakterisiert sind. Doch reichen zur Zeit weder die histo-
logischen, noch bakteriologischen Untersuchungsmethoden aus, um in
jedem einzelnen Falle Zweifel bezüglich der Diagnose zu beseitigen.
Daher läßt es sich betreffs eines Teiles der bei Leprösen vorkomraenden
visceralen Krankheitserscheinungen, welche vom rein histologischen
Standpunkte aus allerdings der Tuberkulose zuzurechnen sein würden,
noch nicht entscheiden, welchem von beiden Infektionserregern sie
ihr Dasein verdanken.
Der Bacillus leprae findet sich in den Lepromen intracellulär
in solcher Menge vor, daß gerade hierin ein schwerwiegender Unter-
schied gegenüber dem Tuberkelbacillus zu erblicken ist.
Die bacillenhaltige „Leprazelle“ V i r c h o w ’s findet sich in allen
sicher leprösen Herden und kommt niemals in den pathologischen
Produkten irgend einer anderen Krankheit vor.
Dagegen ist die Ilieseuzelle, welche Hansen ausschließlich den:
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Meningitis.
809
Tuberkel zuerkannte, nur mit großer Vorsicht zur Stellung der Dia-
gnose in der einen oder anderen Richtung zu verwerten.
In der Verkäsung besitzen wir ein für die Tuberkulose differentiell-
diagnostisch wichtiges Merkzeichen: doch ist auch ihr ein absoluter
Wert nicht beizulegen.
Die Streitfrage zwischen Unna und Neisser über die Lage
der Leprabacillen läßt sich dahin beantworten, daß zwar die Mehr-
zahl der Bacillen intracellulär liegt, daß aber auch nicht in Zellen
eingeschlossene Bacillen, sowohl einzeln, als auch in Gruppen ge-
legen, angetroffen werden.“ Kenlpner (Berlin).
Wolf, Sldney, Ein Beitrag zu r A etiologie der cirkum-
skripten Meningitis. [Aus dem Institut für Hygiene und
Bakteriologie der Universität Straßburg]. (Berliner klinische
Wochenschr. 1897. No. 10.)
In der chirurgischen Klinik zu Straßburg kam ein Fall von
Meningitis zur Operation und später Obduktion und lieferte das
Material für die vom Verf. angestellten ätiologischen Untersuchungen.
Die Krankengeschichte des Falles wird ausführlich mitgeteilt. Die
pathologisch-anatomische Diagnose lautete : Alter Thrombus im rechten
Sinus transversus und einer in denselben einmündenden Piavene mit
centraler Erweichung ; cirkumskripte eiterige Pacby- und Leptomenin-
gitis im Bereich der thrombosierten Vene; chronische Otitis media
und chronische Entzündung des Processus mastoideus dexter ; frische
katarrhalische Pneumonie; chronische käsige und schiefrige Herde.
Bei der bakteriologischen Untersuchung des Eiters zeigten sich
in den Ausstrichpräparaten, die mit Methylenblau, Karbolfucbsin
und Gentianaviolett gefärbt waren, nur lanzettförmige Kokken mit
deutlicher Kapsel. Der Färbung nach Gram waren sie zugänglich.
Auf Gelatineplatten kein Wachstum, dagegen auf Agar und Bouillon.
Die Reinkulturen waren für Mäuse und Kaniochen pathogen. Es
handelte sich nach all den Prüfungen um eine im Eiter vorhandene
Reinkultur von Fraenkel’s Pneu mococcus.
Als Eingangspforte dieser Bakterien in die Hirnhöhle wird vom
Verf. das Ohr angesehen, wo eine Otitis media entstand. Von hier
aus kam es zu einer Pachy- und Leptomeningitis.
Unter 174 Fällen ähnlicher Art, die Verf. aus der Litteratur
zusammenstellen konnte, fand sich nur ein einziger Fall mit analogem
bakteriologischem Befunde.
Verf. glaubt daran festbalten zu sollen, daß die Cerehrospinal-
meningitis nicht durch eine einheitliche Rakterienart (Meningo-
coccus intracellularis Weichselbaum-Jäger) hervorgerufen werde,
sondern daß auch die übrigen sonst beobachteten Bakterien eine
meningitis auslösende Wirkung für sich entfalten können. Unter den
174 Fällen fanden sich
PneumODicoccus Fraenkel in 44,23 Pros, der Fülle
Men ingococcus intracellularis 34,48 „ „ „
Staphy lococcus „ 3,45 ,, „
Streptokokken
Bacillus pneumoniae Friedlind er
Bacillns typbi abdominalis
Bacillus Ne u m ann -Sch If f er
„ 8,06
„ 1 , 1 «
1
810
Dysenterie. — Tumoren.
Andere Bakterien
B. coli, pyogenes foetidus, a$ro>
genes m e n in gitidis , mallei in 3,8? Pros, der Fälle
keine Bakterien t| 1,15 „ ,, „
Die Entstehung der Meningitis kommt nach Verf. sehr häufig
durch Vermittelung der Tuba Eustacbii zustande, ein Teil der
Fälle ist auch auf Blutinfektion zurilckzuführen.
0. Voges (Berlin).
Celli, A., Eziologia della Dissenteria ne’ suoi rap-
porti col ß. coli e colle sue tossine. (Annali d’igiece
sperimentale. Vol. VI. 1896. p. 204)
Eine sehr wichtige Arbeit, in der Verf. nach genauer Unter-
suchung der Arbeiten anderer Forscher über die Aetiologie der mensch-
lichen Dysenterie eine ausgedehnte Beschreibung seiner Erfahrungen
giebt. Die Schlußsätze dieser Arbeit sind folgende:
1) Mit dysenterischen Entleerungen, mit B. coli von diesen
gezüchtet mit einem Toxin dieses Bakteriums, kann man bei Fleisch-
fressern eine experimentelle Dysenterie erzeugen.
2) Bei Menschen mit Dysenterie kann mau keinen besonderen
Bacillus züchten, aber unter den verschiedenen Schizomyceten findet
man B. coli dysentericus, der die experimentelle Dysenterie bei
Tieren erzeugt.
3) Die dysenterische Infektion beim Menschen wird zuerst von
einem Toxin dieses Bakteriums erzeugt, und die Darmgeschwüre sind
von den pyogenen Bakterien des Darmes abhängig.
4) Dieses Toxin kann eine pyogene, dysenterische oder maran-
tische Wirkung haben.
5) Mit fortschreitender Dosis von diesem Toxin können die Tiere
widerstandsfähig gegen die marantische und dyseuterische Wirkung,
aber nicht gegen pyogene Wirkung werden. Diese Widerstandsfähig-
keit ist aber nur vorübergehend.
6) Dieses Toxin kann man im Blute dysenterischer Menschen
und Tiere finden.
7) Die Toxine von B. Eberth und anderen B. coli sind von
denjenigen des B. coli dysentericus nur bei dem verschiedenen
Sitz der Darmverletzungen verschieden.
B. Galli-Valerio (Mailand).
Galli-Yalerlo, B., Nota preventiva sopra alcune neo-
formazioni nodular i. (Moderno Zooiatro. 1896. Nov.)
Verf., der seit 1893 und 1894, also vor Schütz, Olt u. A.,
Knötchen helminthologischen Ursprungs der Lungen und Leber der Pferde
beschrieben hat, giebt in dieser vorläufigen Mitteilung die Beschreibung
einiger anderer Knötchen. Einige, Sarkome, Krebse, die Tuberkeln
glichen, eignen sich nicht zur Mitteilung in dieser Zeitschrift Die
anderen sind: 1) Ein Fall von Pseudotuberkulose der weißen Ratte,
der von Bacillen von 4 — 5 (i, färbbar mit Gram, verursacht ist
Sie wachsen in Gelatine, die sehr langsam verflüssigt wird, und auf
Agar-Agar bei 20°. 2) Ein Fall von Pseudotuberkulose des Schweines,
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Fischkrankheiten.
811
schon in dieser Zeitschrift referiert. 3) Kleine Knötchen von Cocci-
dium oviforme in der Leber eines Kaninchens. 4) Knötchen mit
Riesen- und epitheloiden Zellen in der Leber eines Kaninchens, von
Cysticercus pisiformis verursacht. 5) Knötchen des Darmes
der Hühner , mit Riesenzellen und dem Kopfe von D a v a i n e a
bothrioplitis. 6) Knötchen der Leber des Hundes, durch Eier
von Distoma felin eum und truncatum verursacht. 7) Knöt-
chen mit Riesen- und Epitheloidzcllen der Lungen einer Ziege mit
einem Embryo von Strongylus rufescens (?). 8) Knötchen des
Darmes von Fasanen, die Fibrosarkomen gleichen, von Larven des
Heterakis verursacht. 9) Ein Knoten der Dura cerebralis eines
Pferdes, einem Sarkom mit Riesenzellen gleichend und von Larven,
wahrscheinlich von Filaria equina, verursacht. Dieser Knoten
war schon 1890 von Prof. Adami beschrieben worden.
B. Galli-Valerio (Mailand).
Maurlzio, A., Die Pilzkrankheit der Fische und der
Fischeier. (Zeitschr. f. Fischerei u. deren Hilfswissenschaften.
Jahrg. IV. 1896. Heft 1. p. 76—80. Heft 2. p. 81-89.)
Die Saprolegnieen sind gefährliche Feinde der jungen Fische und
wohl die gefährlichsten der Fischeier. Untersuchungen auf breiter
Basis wären namentlich von den biologischen Stationen zu unter-
nehmen. Die Litteratur über diesen Gegenstand ist sehr zerstreut;
namentlich Huxlev und Murray stellten sie möglichst zusammen.
Unter der Saprolegnieenkrankheit haben nach des Verf.’s Ueber-
sicht zu leiden gehabt : Rochen, Weißfisch, Gründling, Barsch, Squa-
lius cephalus, Hecht, Gold- und Silberfische, Forellen und See-
forellen, Nasen, Schleien, Coregon us arten, Aeschen. Doch befallen
die Algen auch andere Wassertiere, wie Wassersalamander, Fluß-
krebse, Frösche.
Da die Beobachtungen zum Teil weit zurückreichen, so kann die
Speciesbestimmung keine genaue sein. Es werden folgende Sapro-
legnieen angeführt: Saprolegnia ferax und var. monoica,
Achlya prolifera, Acht. Nowickii, Ach 1. racemosa var.
atelligera, Achl. polyandra, Achl. stellata und Sapro-
legnia hypogyna.
Zur Vertilgung der Pilzvegetationen auf Fischen benutzte man
Sublimat O l om , Magnesiumsulfat °/ 00 und Alkohol. Nach mündlichen
Ueberlieferungen finden auch Kochsalz und Kupfersulfatlösungen mit
Erfolg Anwendung.
Verf. fand auf dem Fischmarkte wie in der Fischereizuchtanstalt
stets kranke junge Fische und Fischeier. Dabei war es gleichgiltig,
ob das in der betreffenden Anstalt benutzte Wasser einem natürlichen
Wasserlaufe oder einer Leitung entnommen war, selbst reines Quell-
wasser schützte nicht vor der Pilzinvasion.
An den untersuchten Fischen waren namentlich die schuppen-
losen Stellen des Kopfes, in wenigen Fällen auch die Augen befallen,
bei der übergroßen Mehrzahl aber die Rücken- und Schwanzflossen;
bei jungen Fischen schienen die Kiemen von der Infektion bevorzugt
812
ProtosoeDinfektion.
zu sein. Manche Fische trugen ganze Algenkolonieen auf ihrem
Kopfe, so daß sie grttn oder blaugrQn aussaben.
Verf. nahm auch Infektion von Fischeiern vor; kamen zu ge-
sunden Eieru nur ein oder einige befallene Eier, so war bald alles
infiziert.
Salzlösungen wirken in zweifacher Weise auf die Pilzvegetatkm
ein. Entweder töten sie dieselbe durch einfache Wasserentziehung
oder äußern sich spezifisch giftig. Giftig wirkende Stoffe darf man
nicht verwenden, um nicht die niedere Fauna, vielleicht die Fische
selbst zu schädigen.
Zinksulfat und Kupfersulfat (1 — 0,5 g auf 1 1) ließ nach */ 4 bis
1 / 2 Stunde langer Einwirkung keine neuen Kulturen mehr aufkommen.
Magnesiumsulfat wirkte rascher bei etwa 2 g auf 1 1. Borsäure und
Salicylsäure beeinträchtigten die Entwickelung des Pilzrasens nicht
in erheblichem Maße.
Chromverbiudungen und Wasserstoffsuperoxyd könnte man ver-
suchsweise anwenden.
Verf. redet eindringenden mykologischen Untersuchungen in dieser
Hinsicht das Wort, ehe eine Fischepidemie von der Ausdehnung der
englischen in den Jahren 1877—1882 mit zwingenderen Gründen
spricht. E. Roth (Halle a. 8.).
Rlxford, E. and Gilchrist, T. C., Two cases of protozoan-
(coccidioidal-) infection of the skin and other Organs.
(Johns Hopkins Hospital Reports. Vol. I.)
, A second case of protozoan-infection. (Ebenda.)
Verff. erstatten einen eingehenden Bericht über 2 Fälle einer
Hautkrankheit, als deren Erreger sie einen Protozoen anseben.
Im ersten Falle gelang es Verff., die eingehende Krankheits-
geschichte sowie eine genaue mikroskopische Untersuchung der Ge-
webe zu erhalten, auch Tierexperimente wurden im ersten Falle unter-
nommen; der zweite Fall wurde weniger eingehend untersucht —
Es ergiebt sich aus der Untersuchung, daß es eine allgemeine Proto-
zoen-Infektion war.
Die Krankheit trat bei dem 40 Jahre alten Mann erst am Halse
auf und setzte sich sehr langsam weiter fort 8 bis 9 Jahre blieben
die Knoten auf die Haut beschränkt, und erst dann wurden die be-
nachbarten Drüsen angegriffen.
Bis dahin fühlte sich Patient auch ganz gut. Die Knoten waren im
allgemeinen denen bei der Tuberkulose ähnlich. 11 Monate nach der
Infektion der Drüsen verschied Patient Die Obduktion ergab, daß
besonders die Lunge, Leber und Niere angegriffen waren. Aber auch
die anderen Organe, besonders die Geschlechtsorgane und die Lymph-
drüsen, wurden von der Infektion nicht verschont Beide Augen waren
zerstört.
Histologisch waren die die Lunge durchsetzenden Knoten bis
zum Verwechseln Tuberkulose -ähnlich. Nur enthielten die Knoten
keine Tuberkelbacillen, sondern Protozoen. Coccidioides immitis,
wie Verff. den Parasiten nennen, gehört zu den Gregariniden und
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Protozoeninfektion.
813
zwar zu den Coccidien; der Parasit ist einzellig, besitzt 16 — 30 fj.
im Durchmesser, hat ein granuliertes Protoplasma. Weder Kern
noch Vakuolen konnten nachgewiesen werden; Coccidioides im-
mitis vermehrt sich durch Schwärmsporen, das Protoplasma zer-
fällt allmählich etwa in 100 kleine Schwärmsporen, die 1 — 2 /< im
Durchmesser besitzen.
Schnitte durch die Haut ergaben, daß die Parasiten sich be-
sonders zahlreich im oberen und mittleren Teil der Lederhaut be-
fanden, bei schwacher Vergrößerung konnten deren bis 50 in einem
Gesichtsfelde gezählt werden. Die Epidermis war von zahlreichen
Abscessen durchsetzt, welche den betreffenden Parasiten enthielten. Zu-
weilen befanden sich die Coccidioides zellen zwischen den Epithelium-
zellen. Der völlig entwickelte Parasit war nicht selten von einer
doppelt konturierten Kapsel umgeben, wie es aus den zahlreichen
beigelegten Mikrophotogrammen ersichtlich ist Der Parasit wurde
in den Zellen selbst und zwischen den Zellen gesehen. Alle Ver-
suche, Coccidioides immitis auf den künstlichen Nährböden zu
züchten, erwiesen sich erfolglos.
Einige Tierexperimente ergaben positive Resultate. Bei einem
Kaninchen, das subkutan geimpft wurde, trat ein Absceß auf, der
6 Monate angehalten hat. Der Knoten zeigte eine Verkäsung und
enthielt zahlreiche Protozoen, unter welchen sich Knospenformen be-
fanden.
Der zweite Fall, über welchen Verff. berichten, schließt sich an
den ersten eng an. Während der oben berichtete Fall aber chronisch
war, verlief der zweite akut. In beiden Fällen war die Krankheit
zerstörend; der erste Patient verlor beide Augen, die Nase und die
Hälfte eines Ohres vor dem Tode. Im zweiten Falle war Patient
33 Jahre alt, die Krankheit begann mit einem Ausschlag auf der
Stirn; darauf folgten andere Knoten an der Haut; nach 2 Monaten
wurden auch die benachbarten Lymphdrüsen angegriffen und bedeutend
vergrößert. Die Kräfte des Patienten nahmen rasch ab, er litt an
Schlaflosigkeit und nächtlichem Schweiße.
Der Patient verschied 3 Monate nach dem Auftreten des ersten
Ausschlages. Leider konnte in diesem zweiten Falle keine Obduktion
ausgeführt werden und es bleibt deswegen unentschieden, in welchem
Maße die inneren Organe angegriffen waren. Der Parasit, von den Verff.
Coccidioides pyogenes genannt, unterschied sich von Cocc.
immitis dadurch, daß er ein granuliertes Protoplasma mit zahl- /
reichen Vakuolen in seinem Innern aufwies. Er hatte einen Durch-
messer von 20—35 n und bildete mehr als 100 Schwärmsporen, die
etwa einen 2 /i großen Durchmesser besaßen. Der Parasit scheint
den Malariaplasmodien ähnlich zu sein.
Pathologisch unterschied sich der zweite Fall der Protozoen-
infektion dadurch, daß keine tuberkelähnlichen Knoten, sondern mehr
akute Entzündungen auftraten, die eine schnelle Zerstörung der Ge-
webezellen hervorriefen.
In der Litteratur konnten Verff. nur einen einzigen Bericht über
einen ähnlichen Fall finden; nämlich den von Wern icke in 1892
in Buenos Ayres beobachteten Fall. Verff geben zu, daß es sich in
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814
Bothrioceph&los in Fischen.
den von ihnen untersuchten Fällen vielleicht um denselben Parasiten
handelt, den Wern icke gefunden hat.
Der Arbeit sind zahlreiche, sehr schöne Photogramme beigelegt
Lydia Rabinowitsch (Philadelphia).
v. Linstow, Bothriocephal us Ligula Mod. ein gefähr-
licher Fischparasit des Müggelsees. (Zeitschr. f. Fischerei.
Jahrg. IV. 1896. Heft 5. p. 161-165.)
Die Zahl der Fische, in deren Bauchhöhle man die großen Larven
findet, ist beträchtlich; meistens sind es Süßwasserfische. Die Größe
der Larven ist derjenigen der Fische angepaßt; bald findet man ein
oder einige Exemplare in einem Fische, bald mehrere, nach Dieu-
donnö sogar bis zu 20.
Langsam wachsen sie heran, vom Fette lebend, das die Ein-
geweide des Fisches umhüllt; am Ende des zweiten Jahres aus-
gewachsen, sterben sie bisweilen im Fische und führen aach seinen
Tod herbei; häufig aber durchbrechen sie, meist in der Nähe des
Afters, die Bauchwand, um ins Wasser zu gelangen und können etwa
eine Woche oder etwas länger im Wasser leben.
Die Uebertragung in den definitiven Wirt, einen Wasservogel,
geschieht dadurch, daß dieser einen eine Ligula beherbergenden
Fisch frißt, worauf letzterer verdaut, die Ligula aber am Leben
bleibt und im Darme des Vogels geschlechtsreif wird.
Wasservögel sollen auch die frei im Wasser lebenden Würmer
fressen, was andere Autoren bestreiten.
Die Gefährlichkeit des Parasiten zeigte sich z. B. unter den
Fischen des Etangs de la Bresse, wo in 7 — 8 Jahren hunderttausend«
von Schleien und verwandten Fischen starben.
In großen Fischen erreicht die Ligula eine Länge bis za
80 cm.
Die Entwickelungsgeschichte dieses Parasiten ist seit länger als
100 Jahren bekannt. Damals wies bereits Abilgaard nach, daß
die Ligula der Fische sich im Darme von Vögeln weiter ent-
wickelt.
Den Bo th riocephal u s Ligula fand man bisher nur bei
Fleischfressern; ein angegebener Steinadler hatte wohl nur zufällig
einen Ligula-haltigen Fisch verschlungen. Die Krähe ist wohl
fälschlich aufgeführt.
Was die Mittel anlangt, die Wurmseuche von den Fischen fern-
zuhalten, so kommt es in erster Linie darauf an, die Vögel, welche
mit ihren Exkrementen die Wurmeier in das Wasser bringen, fern-
zuhalten. Viele derselben sind Bewohner des hohen Nordens und
kommen nur als Wintergäste auf die einheimischen Gewächse. Auch
ist bei großen Seen die Gefahr nicht so groß, da die ins Wasser
gelangenden Wurmeier sich in der großen Wassermenge verteilen;
von Forellen- und Karpfenteichen müßte man es sich zur Pflicht
machen, derartige Vögel stets zu verjagen. E. Roth (Halle a. S.).
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Untersuch ungern ethodea, Instrumente etc.
815
Untersuchungsmethoden, Instrumente etc.
Ciruber, M., Beitrag zur Serodiagnostik des Typhus ab-
dominalis. (Münch, med. Wochenschr. 1897. No. 17.)
Obwohl die im Blute infizierter oder immunisierter Tiere auf-
tretenden Agglutine spezifisch verschieden sind, so ist doch ihre
Wirkung keine auf die betreffende Bakterienart streng begrenzte, so
daß sie auch verwandte Arten, je nach dem Grad ihrer Verwandt-
schaft, mehr oder weniger stark beeinflussen.
Mit Rücksicht auf diese Thatsache ist zunächst die Konzen-
tration des Serums und die Beobachtungsdauer genau zu
beachten. Denn auch das Normalserum des Erwachsenen führt in
der Regel Agglutination der Typhusbakterien herbei, wenn man es
in höherer Konzentration oder längere Zeit hindurch darauf ein-
wirken läßt. Die Agglutination wird ferner von der Temperatur
beeinflußt. Bei Brutwärme tritt sie schneller und bei größeren Serum-
verdünnungen ein, als bei Zimmertemperatur. Wichtig ist auch die
Virulenz der benutzten Bakterien sowie Alter und Art
der Kultur (vergl. unten). Da die Agglutine bei der Reaktion
verbraucht werden, so ist, bezüglich der Zahl der Bakterien im Ver-
hältnis zur angewandten Serummenge, ihre Wirkung um so schwächer,
je geringer die Menge von ihnen ist, die auf das einzelne Bakterien-
individuum trifft.
Die makroskopische und mikroskopische Untersuchungsmethode
sind beide dann gleich verläßlich, wenn man mit hochwirksamem
Immunserum auf die Bakterien reagiert. An Empfindlichkeit
ist die mikroskopische Methode der makroskopischen unendlich
überlegen.
Verf. hat Immunsera hergcstellt, bei denen er mikroskopisch
noch bei 1 : 500000 Agglutination feststellen konnte. Da das Serum
von Typhuskranken und -Rekonvalescenten verhältnismäßig arm an
Agglutinen ist und somit keine rasche Präcipitation der Bakterien
erfolgt, so muß man bei der makroskopischen Probe erst abwarten,
in welcher Weise das Wachstum der Bakterien in der mit dem
Serum versetzten Kulturflüssigkeit erfolgt Die Bouillon aber trübt
sich bald früher, bald später, je nach der Qualität des Nährbodens
und der Wachstumsgeschwindigkeit der ausgesäten Bakterien. Die
Trübung kann ferner so schnell eintreten, daß dadurch die Reaktion
ganz verdeckt wird. Verf. kommt zu dem Schlüsse, daß für die
Typhusdiagnose allein die mikroskopische Prüfung zu
empfehlen ist. Es sind indessen dabei u. a. folgende Kautelen zu
beachten: 1) Man darf nur eine junge, höchstens 20 Stunden alte
Agarkultur von Typhusbakterien verwenden. 2) Das schräg erstarrte
Agar muß vor der Besäung mit den Typhuskeimen durch 2— 3-tägigen
Aufenthalt im Brutofen getrocknet sein, weil sich sonst Bacillen*
häutcheu bilden, die sich nur sehr unvollkommen verteilen lassen.
3) Typhusbouillonkulturen sind ungeeignet, weil sich darin oft Häut-
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816
Untersuchungsmethoden, Instrumente etc.
chen und Flöckchen bilden, die zu Täuschungen fahren können.
4) Bei der Herstellung der Aufschwemmung muß die Kulturmasse
aufs sorgfältigste mit der Bouillon verrieben werden, damit keine
Klümpchen und Flöckchen Zurückbleiben. Die Dichtigkeit der Auf-
schwemmung soll so viel als möglich bei allen Versuchen gleich sein
— ca. 2 mg Vegetationsmasse: 1 ccm Bouillon. — Nach der Her-
stellung muß die Aufschwemmung mikroskopisch untersucht werden,
um sicherzustellen, daß die Bakterien isoliert und in Bewegung sind.
5) Die benutzte Typhusbacillengeneration soll kräftig sein und leb-
hafte Eigenbewegung zeigen. Indessen, damit sie wenig virulent ist
und vom Typhusserum stark beeinflußt werden kann, soll sie lange
auf totem Nährboden fortgezüchtet sein. 6) Als geeignete Serum-
verdünnung empfiehlt sich die von Grünbaum vorgeschlagene
ca. 3-proz. Lösung (==1:32). Verf. fand bei Zimmertemperatur und
einer Beobachtungszeit von 1 / s — 1 Stunde dann niemals positive
Reaktion, wenn es sich nicht um Typhus handelte.
Bezüglich des klinisch-diagnostischen Wertes der Probe
stellte Verf. Versuche darüber an, von wann das spezifische Agglutinin
im Blute nachzuweisen ist und ob dieses Auftreten regelmäßig in
einem bestimmten Stadium der Krankheit erfolgt. Er untersuchte
36 Blutproben von 33 Patienten.
Von 25 untersuchten Serumproben agglutinierten 3 in 50-proz.
Lösung nicht. 17 Proben agglutinierten in dieser Konzentration sehr
stark, 5 schwach. Unter diesen schwach wirkenden Proben rührten
3 von sicheren Typhusfällen — 23., 10 und 8. Tag — her, während
eine Probe von einem Typhusverdächtigen stammte und eine von
einem Fall, wo die Diagnose auf Typhus durch den Krankheitsverlauf
widerlegt wurde.- Von den 3 völlig negativen Proben rührten 2 von
Nichttyphösen und eine von einem sehr leichten Typhusfall — 11. Tag
— her.
Unter Verwendung der ca. 3-proz. Lösung ergab sich nach den
Krankheitstagen und dem Verlauf der Reaktion Folgendes: Die
3-proz. Lösung agglutinierte in keinem der 3 Fälle, wo das Blot
von Nichttyphösen erprobt wurde. Was die Serumprobe bei den
klinisch sicheren Fällen anlangt, so ist die große Zahl der negativen
Fälle (34,4 Proz.) bemerkenswert. Von 11 Serumproben von Kranken
bis inkl. 8. Krankheitstag, agglutinierten nur 45,5 Proz.; dabei nur
9,1 stark. Von den 9 Proben von Kranken vom 9. bis inkl.
14. Krankheitstag reagierten 66,7 Proz.; dabei 22,2 Proz. stark.
Von den 13 Proben aus der 3. und einer späteren Krankheitswoche
waren 3 — vom 20., 23. und 25. — 35. Tag — negativ, während
77 Proz. — davon 38,5 stark — agglutinierten.
Von den Fällen, wo die Diagnose „Typhus“ vom klinischen Stand-
punkte vollständig feststand, gaben unter 4 Proben vom 8. Krankheits-
tage 3, unter 4 Proben vom 10. Krankheitstage 1, unter 3 Proben
vom 11. Krankheitstage 1, und ferner die Proben vom 14, 20. und
23. Krankheitstage, sowie eine der beiden Proben von der 4.-5. Woche
— die Reaktion nicht. Bei dem Fall vom 14. und 20. Krankheits-
tage wurde am 39. bezw. 74. Krankheitstage nochmals die Probe
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UntersuchuDgsmethoden, Instrumente etc.
817
angestellt und enthielt nunmehr das Blut in beiden Fällen spezifisches
Agglutinin.
Somit kommt Verf. schließlich zu dem Ergebnis: Die Serum-
probe ist zweifellos ein wertvolles Hilfsmittel zur
Typhusdiagnose, jedoch nicht absolut verläßlich.
Deeleman (Berlin).
Spiegel, Zur Differentialdiagnose von Lepra und Tu-
berkelbacillen. (Monatshefte für praktische Dermatologie.
Bd. XXIII. 1896. p. 221.)
Ein in der Klinik von Unna behandelter Fall mit Lepromen der
Haut und später beginnender Lungenaffektion mit auf Lepra ver-
dächtigem Sputum gab dem Verf. Veranlassung, den Leprabacillus
und Tuberkelbacillus in Sputum und Organschnitten vergleichs-
weise gegenüberzustellen. Obwohl von verschiedenen Autoren (cfr.
die obige Arbeit von Storch) das Vorkommen von Lungenlepra ge-
leugnet wird, schien es sich auch im vorliegenden Fall um wirkliche
Lungenlepra, nicht etwa um eine zur Lepra hinzutretende Tuberkulose
zu handeln, für welche weder hereditäre Belastung noch sonstige
tuberkulöse Affektionen Anhaltspunkte gaben. Der Bacillenreichtum
des Sputums, sowie die Lage derselben und ihr tinktorielles Verhalten
sprachen für obige Annahme. S. betont, daß es sich auch in der
That um Lungensputum, nicht etwa um Rachensputum handelte.
(Noch überzeugender wäre der negative Ausfall von Impfversuchen
au Meerschweinchen gewesen. Ref.).
Da sich bisher außer den bekannten Unterschieden in Anordnung
und im tinktoriellen Verhalten nur eine Verschiedenheit in Form
und Größe beider Bacillenarten herausstellte, so versuchte S. dadurch
ein Unterscheidungsmerkmal zu erhalten, daß er die Bacillen in
„Cocco th rix form“ auflöste, analog den Versuchen von Lutz und
Unna. Der Coccothrix leprae zeigte mehr eckige Biegungen
gegenüber dem mehr geschwungenen Verlauf des Coccothrix
tuberculosis, die einzelnen Körner waren dicker und größer als
bei der Tuberkulose und mehr voneinander entfernt.
Bezüglich der Technik ist zu bemerken, daß gewöhnlich fixiertes
Sputum von Lepra und Tuberkulose auf den Objektträger gebracht,
auf gleiche Weise gefärbt wurde. Zur Färbung diente Anilinwasser,
dem Gentianaviolett oder Karbolfuchsin einzeln oder zusammen bei-
gemengt war, oder Unna’sche polychrome Methylenblaulösung. Es
wurde mit 30-proz. Salpetersäure entfärbt, in Spiritus abgespült und
mit einer Lösung von Jodkalium und Jod, oder Jodkalium und Wasser-
stoffsuperoxyd nachbchandelt. Einzelheiten der Färbung mögen im
Original nacbgeseben werden. Diese Sputumuntersuchungen wurden
an Organschnitten kontrolliert, und zwar an tuberkulösen Lungen
und an lepröser Haut, die Säurebehandlung fiel hierbei weg, da sie
ja nur zur Entfärbung der Saprophyten diente. Dieselben Unter-
schiede, die beim leprösen und tuberkulösen Sputum auftraten,
zeigten sich auch in den Organscbnitten. In der folgenden Tabelle
stellt Verf. die Differenzen zwischen beiden Bacillen übersichtlich
zusammen :
Cnl* Abu XXL ad. 62
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818
Untersuchungsmethadea, Instrumente etc.
1. Zahl der Bacillen:
2. Lagerung der Bacillen :
ft. Form der Bacillen:
4. Knickungsstellen :
6. Aussehen der Körner:
6. Lagerung der Körner:
Lep ra.
Aeufserst reichlich in allen
Organen u. Sekreten.
In cigarrenbundihnlichen
Haufen angeordnet,
8tü bebenförmig, gerade und
plump.
Eckig.
Grob.
Weit auseinander liegend.
Tuberkulose.
Stets weniger zahlreich.
Mehr vereinzelt; seltener in
unregelmässigen Haufen.
Fadenförmig , gebogen and
fein.
Rundlich.
Fein.
Nahe zusammenliegend.
v\. Kempner (Berlin).
Melnikow - Raswedenkow, Ueber das Aufbewahren patho-
logisch-anatomischer Präparate. [Aus dem Museum des
pathologisch - anatomischen Instituts der Kaiser!. Universität zu
Moskau]. (Centralblatt für allgemeine Pathologie und pathologische
Anatomie. Bd. VII. No. 2.)
Da auch den Bakteriologen die Konservierung anatomischer
Präparate interessiert, sei nicht verfehlt, kurz auf die Methode des
Verf.’s aufmerksam zu machen. Sie besteht in Folgendem.
1) Das zu konservierende frische Präparat wird mit reinem For-
malin (40-proz. Lösung chemisch reinen Formaldehyds) behandelt,
wodurch das Präparat zwar etwas eutfärbt wird, andererseits aber
die histologischen Bestandteile desselben fixiert werden.
2) Nach Entfernung des Formalius läßt man 25-proz. Alkohol
einwirken, wobei die früheren Farbenschattierungen teilweise wieder
zum Vorschein kommen.
3) Ein vollkommen natürliches Bild der krankhaften Veränderung
des Organes, mit allen charakteristischen Farbenbesonderheiten er-
hält man nach schließlicher Ueberführung des auf obige Weise be-
handelten Präparates in eine Lösung von Kali aceticum 30,0, Glycerin
60,0, und Aq. destillata 100,0-
Bei der Anwendung dieser Mittel und des ganzen Verfahrens
kommt es sehr viel auf die Dauer und Art der Einwirkung an, um
der jeweiligen Eigentümlichkeit des zu konservierenden Präparates
Rechnung zu tragen. Das Einlegen ganzer Organe empfiehlt Veit
weniger, mehr geeignet sind Stücke in mittlerer und kleinerer Größe.
Die Präparate können späterhin in der 3. Lösung auch kon-
serviert werden, in gewissen Fällen bevorzugt Verf. aber die Auf-
bewahrung in einem gut schließenden Gefäße mit Glycerinleim.
O. Voges (Berlin).
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Schutzimpfung, kQnstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmung etc. 819
Schutzimpfung, künstliche Infektionskrankheiten, Entwick-
lungshemmung und Vernichtung der Bakterien etc.
Auclair, J., Essais de s6roth6rapie experimentale anti-
tuberculeuse ä l’aide du sang de poules trait6es.
(Archives de m6decine experimentale et d’anatomie pathologique.
T. VIII. 1896. p. 446.)
A. sucht in seiner Arbeit, die aus dem Laboratorium von Graneber
hervorgegangen, zu beweisen, daß Hühner der menschlichen Tuber-
kulose gegenüber refraktär sind und daß das Serum von Hühnern,
die mit lebenden Kulturen oder filtrierten Bouillonkulturen mensch-
licher Tuberkulose behandelt wurden, keine Immunität bei Meer-
schweinchen , die mit menschlicher Tuberkulose infiziert wurden,
hervorzubringen imstande ist. Die Versuche des Verf.’s ergaben
folgende Resultate:
„Das Serum von mit menschlicher Tuberkulose behandelten
Hühnern scheint keine nennenswerten antitoxischen Eigenschaften zu
besitzen.
Meerschweinchen, die mit diesem Hühnerserum vorbchandelt und
mit Tuberkulose infiziert wurden, starben zu gleicher Zeit wie die
Kontrolltiere.
Hühner, die mit menschlicher Tuberkulose infiziert wurden, starben,
ohne makroskopische noch mikroskopische tuberkulöse Veränderungen
zu zeigen.
Das Serum von Hühnern, die mit Bouillonfiltraten menschlicher
Tuberkulose behandelt wurden, schien keine antitoxischen oder bak-
tericiden Eigenschaften zu entwickeln.
Meerschweinchen, die 4 — 5 ccm dieses Serums erhielten und mit
menschlicher Tuberkulose infiziert wurden, starben zu gleicher Zeit
wie die Kontrolltiere.
Hühner, die mit genannten Filtraten wiederholt geimpft wurden,
starben mit denselben Organveränderungen, wie die mit Bakterien-
kultureu behandelten.“
Daß sich Hühner durch Fütterung mit menschlicher Tuberkulose
infizieren lassen, ist eine bekannte, aber leider vom Verf. nicht be-
rücksichtigte Thatsachc, so daß seine Immunisierungsversuche jedenfalls
in dieser Hinsicht eine große Lücke aufweisen.
W. Kempner (Berlin).
Lannelongue et Achard, Sur l’immunitö des gallinacäes
contre la tuberculose humainc. (Comptes rendus de
i’acad6mie des Sciences. 1897. p. 883, söance du 26. Avril.)
Daß sich Hühner der menschlichen Tuberkulose gegenüber fast
gänzlich refraktär verhalten sollen, glauben die Verff. durch ihre
Versuche zu bestätigen, die sie vorzüglich zu dem Zweck ausführten,
ein Serum für die Behandlung der menschlichen Tuberkulose zu ge-
winnen. Es zeigte sich, daß die Veränderungen, die bei Hühnern
61 *
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820 Schutzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmung etc.
durch Verimpfung von tuberkulösem Material oder Reinkulturen
hervorgebraeht waren, stets lokaler (tuberkulöser?) Natur waren und
bis zu 26 Monaten bestanden, ohne eine Generalisierung des Prozesses
zu veranlassen. (Den Verff. scheint die bekannte Thatsache entgangen
zu sein, daß Hühner durch Fütterung mit menschlicher Tuberkulose
infiziert werden können.) Dieselben Veränderungen wurden übrigens
auch durch abgetötete Kulturen erzielt, die dann noch nach 6 Monaten
ihre tinktoriellen Eigenschaften beibehielten, so daß man daran denken
konnte, ob nicht vielleicht die lebenden Bacillen durch die Körpersäfte
abgetötet werden. Die Bacillen erhalten sich im Huhn- und Tauben-
körper nicht nur lebend, sondern auch virulent; um zu prüfen, ob
die Lebensfähigkeit der Bacillen von dem Kontakt mit den Körper-
säften abhängig ist, wurden mit tuberkulösem Material resp. Kulturen
gefüllte Kapillaren, verschlossen und teilweise offen, unter die Haut
von Hühnern und Tauben gebracht, und in verschiedenen Intervallen
auf Lebensfähigkeit und Virulenz untersucht. Sowohl in den ge-
schlossenen wie offenen Kapillaren waren die Resultate dieselben, die
Bacillen blieben nicht nur lebend, sondern zeigten sich noch nach
70—80 Tagen, in einigen Fällen sogar bis 130 Tage virulent.
Ferner prüften Verff., ob das Blut immunisierende Eigenschaften
besäße. Es wurde sowohl das Serum nicht behandelter als auch mit
menschlicher Tuberkulose infizierter Hühner untersucht. (Von einer
wirklichen Infektion der Hühner mit menschlicher Tuberkulose kann
nach obiger Anmerkung des Ref. nicht die Rede sein; es bleibt also
noch die Frage offen, ob nicht das Serum von Hühnern, die an
richtiger Fütterungstuberkulose mit menschlicher Tuberkulose er-
kranken, schützende Eigenschaften besitzt.) Meerschweinchen, die
präventiv mit diesem Serum behandelt wurden, zeigten nach der
Infektion, mit menschlicher Tuberkulose keine Abweichungen von den
Kontrollieren. Diese negativen Resultate bestätigen die ebenfalls
negativen Befunde Auclair’s, die in obigem Referat besprochen
wurden. Erwähnt mag noch werden, daß Hühnerserum das Wachs-
tum der Tuberkelbacillen auf Glycerinagar in keiner Weise beein-
trächtigte. W. Kemp ne r (Berlin).
Florentini, A. e Luraschi, €., I raggi di Röntgen applicati
alla tubercolosi sperimentale. (Atti Assoc. medica Lom-
barda. 1897. No. 1.)
Verff. haben zwei Reihen von Erfahrungen gemacht: In der
ersten Reihe wurden 6 Meerschweinchen I ccm TuberkelbouillOn-
kultur in die Bauchhöhle geimpft. Drei von diesen Meerschweinchen
wurden 8 — 7—4 Tage mit Röntgen-Strahlen behandelt; eines von
diesen starb an Tuberkulose, die zwei anderen wurden nach
68 Tagen mit den Kontrolltieren getötet. Alle waren tuberkulös,
aber eines derselben hatte nur kleine Knötchen in den Inguinal-
drüsen. In der zweiten Reihe wurden 10 Meerschweinchen mit
Tuberkulosekulturen geimpft. Meerschweinchen No. 1, mit 1 ccm
geimpft, wurde 31 Tage mit Röntgen-Strahlen und No. 2, mit
*/, ccm geimpft, 10 Tage nach der Impfung 22 Tage behandelt.
Die 8 Konfrontiere starben binnen 15—30 Tagen an Tuberkulose
r
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Schutzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungsliemmung etc. 321
No. 1, nach 53 Tagen getötet, zeigt Tuberkeln, No. 2 war 3 J / 2 Monate
nach der Impfung noch am Leben.
Verff. glauben, daß Röntgen-Strahlen die Widerstandsfähig-
keit des Organismus vergrößern. B. Galli-Valerio (Mailand).
Lemolne, Sterilisation de la pulpe vaccinale glyc6rin6e.
(La Semaine mödicale. 1897. p. 113.)
L. unterscheidet 2 Arten von Verunreinigungen, die die Glycerin-
lymphe zeigt. Einmal solche, welche bei der Prftparierung natur-
gemäß zugeführt werden, dann solche, die den Staphylococcus
albus und ci treu s, welche gewissermaßen einen integrierenden
Bestandteil der Lymphe bilden. Von diesen letzteren will L. die
Lymphe durch Sterilisation befreien. Daß die Mikroorganismen um
so eher abgetötet werden, je länger und um so höheren Wärme-
graden sie ausgesetzt werden, ist wohl nichts Neues und daß die
Lymphe bei dieser Prozedur ihre Wirksamkeit verliert, ist wohl schon
längst festgestellt. Wie durch seinen Vorschlag, die Lymphe einer
nicht höheren Temperatur als 30 — 37 0 durch 24 Stunden auszu-
setzen, eine Sterilisation erreicht werden soll, ist ohne weiteres nicht
ganz verständlich. Ahlefelder (Charlottenburg).
Morris, M., Actinomycosis involving the skin and its
treatment by iodide of potassium. (The Lancet. 1896.
June 6. With coloured illustration.)
Der Fall betraf eine 59-jährige Frau, die am 18. Nov. 1895 ins
Marienkrankenhaus kam, weil die von ihr am 10. OkL zuerst beobachtete
Geschwulst auf der linken Seite des Unterkiefers beständig zunahm
und ihr viel Schmerzen verursachte. Die Geschwulst erstreckte sich
vom Kiefer bis zum Mundwinkel und zeigte makro- und mikroskopisch
die charakteristischen Kennzeichen der Aktinomykose; doch konnte
Ober die Infektionsgelegenheit durchaus nichts ermittelt werden;
die Kranke ernährte sich seit mehr als einem Jahre mit Nähen, war
aber früher Hausmagd gewesen. Am 21. Nov. wurde die innerliche
Behandlung mit Jodkalium begonnen, von dem 3 Mal täglich 1,0 g
verabreicht wurde. In den ersten 3 Tagen nahmen die Schmerzen
noch zu und die Absonderungen waren profus; dann aber ließen die
Schmerzen nach, die Geschwulst wurde blässer und weicher und
begann zu schrumpfen. Nach 10 Tagen fanden sich nur noch Spuren
des Strahlenpilzes in dem spärlichen Ausflüsse und am 11. Dez., wo
die Kranke der Londoner dermatologischen Gesellschaft vorgeslellt
wurde, batte die Geschwulst um die Hälfte abgenommen, und die
Schmerzen waren unbedeutend. Am 16. Dez. wurde die Dosis Jodkalium
auf 1,33 und am 27. Jan. auf 2,0 dreimal täglich erhöht. Anfang
Februar blieb nur noch eine Spur der Krankheit übrig und am 28. Mai
war die Frau ganz gesund, nahm aber das Jodkalium noch weiter.
Verf. macht darauf aufmerksam, daß die Strahlenpilzknoten mit
Syphilis-Tuberkulose und Sarkoma verwechselt werden und giebt dann
eine ausführliche Beschreibung der Krankheit mit besonderer Berück-
sichtigung der Jodkaliumbehandlung. Prophylaktisch wird die Not-
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822 Schutzimpfung, kiinatl. Infektionskrankheiten, Entwicklungshemmung etc.
wendigkcit der Fieiscbscbau und gründlichen Kochens alles verdächtigen
Fleisches betont und vor dem Kauen von Grashalmen sowie dem
Benutzen von Stroh zum Reinigen der Zähne gewarnt.
Sentiüon (Barcelona).
Haberly, Dysentery and its treatment. With an account
of six years’ experience in the Transvaal and Mata-
beleland in the use of some varieties of Monsonia
as the curative agent. (The Lancet. 1897. February 6 a. 13.)
Die Ruhr wird durch ein spezifisches Gift, über dessen Natur
man noch nicht im reinen ist, verursacht; dasselbe mag wohl ge-
legentlich mit der Atemluft in den Körper gelangen, viel häufiger aber
dient das Trinkwasser als Vehikel. Davon hat Verf. zwei exquisite
Beispiele zu beobachten Gelegenheit gehabt; einmal 1891 als Arzt
einer im Bau begriffenen Eisenbahnstrecke am Keipfluß in Transvaal,
dem entlang etliche 15 Unterkontrahenten mit Kaffem arbeiteten.
Beim Eintreten der ersten starken Regengüsse im September and
Oktober fingen diese Leute sehr an Fieber und Ruhr zu leiden an;
nur eine Partie von 60 Kaffern blieb ganz verschont, weil der betreffende
Unternehmer streng darauf sah, daß seine Leute kein Wasser aus
dem schmutzigen Flusse tranken, sondern es aus einem nahen Brunnen
holten. Im vorigen Jahre, während des Matabeleaufstaudes, war Verf.
Arzt bei der Bechuanaland-Grenztruppe. Da fiel ihm die zunehmende
Zahl akuter Dysenteriefälle auf ; er ließ den Brunnen untersuchen, aus
dem die Leute ihr Trinkwasser entnahmen, und es fanden sich nebst
anderem Unrat eine gauze Anzahl toter Mäuse. Der Brunnen wurde
gründlich gereinigt und desinfiziert und sofort nahmen die Ruhrfälle ab.
— Für die Behandlung der Ruhr hat Verf. ein schnell und sicher
wirkendes Mittel durch Zufall entdeckt. Im Juni 1890 sah er, wie ein
Bekannter, den zwei Kollegen zwei Monate lang vergeblich behandelt
und aufgegeben hatten, mit einem Schnaps, der mit Cognac und einem
gewissen Kraute bereitet war, und von dem er 4mal je zwei Unzen
nahm, ganz wiederhergestellt wurde. Das Kraut wollte man niebt
verraten, stellte dem Verf. aber die fertige Tinktur zur Verfügung
und so konnte er sich in 70 Fällen von der Wirksamkeit überzeugen.
Schließlich gelang es ihm dennoch, herauszubekommen, daß es sich
um Monsonia ovata handelte und eine nach den Regeln der brit.
Pharmakopöe hergestellte Tinktur that wirklich dieselben Dienste.
Verf. berichtet dann über 100 Fälle, in denen die Durchschnittsdauer
der Behandlung bei den akuten Fällen 2,3 und bei den chronischen
8,1 Tage betrug. Sentißon (Barcelona).
Grunau, Vorläufige kurze Notiz über ein neues Schutz-
mittel gegen den seuchenbaften Durchfall bei
Kälbern. (Berliner tierärztl. Wochenscbr. 1897. No. 7,)
Verf. klagt darüber, daß seit etwa 5 Jahren ein seuchenartig
auftretender Durchfall bei Kälbern ganz außerordentlich im Zunebmen
begriffen sei.
Er wandte dagegen seit längerer Zeit als wirksamstes Mittel
Injektionen von 10 ccm einer 2-proz. Karbolsäurelösung bei den
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Schutzimpfung, kilnstl. Infektionskrankheiten, Entwickeluogsbemmung etc. 023
Muttertieren während der Trächtigkeitsperiode an. Die Impfungen
werden begonnen im 5. Schwangerschaftsmonat und in 14-tägigen
Intervallen regelmäßig ausgeführt.
Verf. geht dabei von Beobachtungen aus, auf Grund deren die
Infektion der Kälber schon im Mutterleibe erfolgt Durch die Karbol-
säure sollen die Erreger der Krankheit abgetötet werden.
Das gleiche Verfahren will Verf. mit bestem Erfolg gegen den
seucbenhaften Abort der Kühe angewandt haben.
• O. Voges (Berlin).
Oottsteln. A., Zur Kritik der Diphtherieserumbehand-
lung. (Münch, med. Wochenschr. 1897. No. 7.)
G. ist überzeugt, daß die seit der Einführung der Serumtherapie
eingetretene Herabsetzung der Diphtheriemortalität nicht in ursäch-
lichem Zusammenhang mit der neuen Therapie steht. Er siebt die
Abnahme der Sterblichkeit als den Ausdruck eines gesetzmäßigen
Verlaufes der gegenwärtigen Diphtherieepidemie an. Diese Auf-
fassung sucht er durch nicht immer glücklich gewählte Beweismittel
zu stützen.
In der vorliegenden Arbeit macht er einen recht schwachen Ver-
such, die Serumtherapie zu diskreditieren. Er unternimmt es, die
günstigen Resultate, welche Funck in Brüssel mit einem von ihm
hergestellten Serum erzielt hat, durch Hinweis auf eine Arbeit von
Martini gegen die Serumtherapie zu verwerten. Martini hatte
nachgewiesen , daß bei der Filtration des Diphtherieserums durch
Chamberlandkerzen ein großer Teil der Antitoxine auf dem
Filter zurückbleibt, daß sogar unter Umständen das Filtrat frei von
Antitoxinen sein kann. Da nun Funck zu seinen therapeutischen
Versuchen solches Serum verwendet hatte, welches das Chamber-
land älter passiert hatte, so bleibt nach Gottstein nur die An-
nahme übrig, daß die Erfolge Funck’s nicht auf das eingespritzte
Serum zu beziehen waren, da es ja keine Antitoxine mehr enthielt.
Hätte Gottstein die Angaben etwas näher geprüft, so hätte
er sich sofort von der Grundlosigkeit dieses Einwandes überzeugen
können. Er hätte nur eine Flasche Funck’sches Serum zu unter-
suchen brauchen, dann hätte er gefunden, daß dasselbe trotz der
Filtration zu den wirksamsten gehört, die in den Handel kommen.
Es kommt eben nicht darauf an, ob man filtriert, sondern wie man
filtriert, bei welchem Druck, mit welchen Kerzen etc. So hat neuer-
dings Dzierzgowski 1 ) gezeigt, daß bei der Wahl geeigneter
Cbamberlandkerzen das Serum durch die Filtration an Wirksam-
keit absolut nicht Einbuße erleidet.
Damit fällt der Gottstein 'sehe Einwand in sich zusammen.
H. Kos sei (Berlin).
D'Agnanno, A., Consid erazioni sulla sieroterapia nella
difterite a prospoito di un caso di crup primario
del laringe. (La Rif. med. 1896. No. 129.)
I) Ceutralbl. f, Hakt. n. Parasiten*. Bd. XXI. No. 8/9.
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824 Schutzimpfung, kUnstL Infektionskrankheiten, Enttrickelungshemmuog etc.
Die Erfahrungen, welche der Autor bei der Behandlung der
Diphtherie mit Heilserum gesammelt hat, machten ihn zu einem un-
bedingten Anhänger dieser Heilmethode.
Ein so behandelter Fall von Larynxkroup jedoch, welcher nur
durch rechtzeitig ausgeführte Tracheotomie am Leben erhalten wurde,
veranlaßt ihn zu der Warnung, die lokale und chirurgische Therapie
zu vernachlässigen und spricht der Verf. daher seine Meinung dahin
aus, daß die letztere gleichzeitig mit den Seruminjektionen geübt
werden solle, da sie die Wirkung des Serums mächtig unterstütze.
Kamen (Czernowitz).
Brunner, G., Resultate der Serumbehandlung bösartiger
Neubildungen. [Aus dem Laborat. f. allg. Pathol. a. d. kais.
Univ. Warschau.] (Russ. Archiv f. Pathol., klin. Med. u. Bakterio-
logie. Bd. H. 1896. Heft 5. p. 714.)
Das Serum wurde von einem Hammel und einem Hunde ge-
wonnen, die mit Filtraten von in steriler 0,7-proz. NaCl-Lösung ver-
riebenen bösartigen Geschwülsten behandelt worden waren; dabei
wird auf die Verwendung absolut keimfreier Geschwulstmasse Ge-
wicht gelegt. Zur Behandlung kamen 4 Fälle von bösartigen Ge-
schwülsten, und zwar: 1 Angioma plexiforme orbitae, 1 Scirrhns
mammae, 1 Carcinoma mammae ulceratum und 1 Epithelioma faciei
ulceratum. Der Erfolg beschränkte sich in allen Fällen auf Linderung
der subjektiven Beschwerden, während eine Rückbildung der Ge-
schwülste nicht zu konstatieren war. Die Beobachtungsdauer reichte
bis zu 76 Tagen. Es werden folgende Schlußfolgerungen gezogen :
1) Ein unter den nötigen Kautelen angefertigtes Serum zieht weder
örtliche noch allgemeine schädliche Folgen für den Organismus
des Patienten nach sich;
2) dasselbe beeinflußt augenscheinlich weder den HC-Gehalt, noch
die Zahl der geformten Elemente des Blutes;
3) alle subjektiven Beschwerden, die in unmittelbarer oder mittel-
barer Abhängigkeit vom Grundleiden stehen, schwinden unter
dem Einflüsse des Serums, welches in dieser Hinsicht alle anderen
Mittel übertrifft;
4) die Oberfläche ulcerierender Tumoren reinigt sich und Blutungen
werden geringer;
5) die Wirkung des Serums hält 2—5 Tage an;
6) das Serum wirkt unabhängig von der Stelle, wo die Injektion
gemacht wird;
7) auf das Wachstum der Tumoren ist kein Einfluß zu konstatieren.
Ucke (St Petersburg).
Abba, F., Orlandi, E., Rondell!, A., Saggio di esperienze
sul potere filtrante dei terreni. Torino 1896.
Im Monate März 1896 trat in Turin eine gemischte Kommission
zusammen, welche die Aufgabe hatte, die Verhältnisse des die Wasser-
adern, welche den Ursprung der Turiner Wasserleitung bilden, um-
gebenden Boden zu studieren. Den Autoren wurde dabei die Auf-
gabe zu teil, bakteriologische Untersuchungen auszuführen hauptsäch-
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Schutzimpfung, kfinstl. Infektionskrankheiten, Entwickclungshcmmung etc. 825
lieh zu dem Zwecke, um dis Filtrationsvermögen dieses Bodens zu
bestimmen.
Diese Untersuchungen wurden in der Weise durchgeführt, daß
zunächst auf möglichst ebenem Terrain ein 40—50 qm fassender Raum
mittels Brettern, welche von außen mit gestampfter Erde umgeben
waren, abgesteckt und die Oberfläche dieses Raumes sodann mit ca.
20 1 einer mit Wasser verdünnten verflüssigten Gelatinekultur des
Bac. prodigiosus begossen wurde.
Darauf wurde in den Raum Wasser aus einer nahen Tränke bis
zu 10 cm Höbe eingelassen und auf diesem Niveau durch mehrere
Stunden erhalten. Zu gleicher Zeit wurde einigemal auch das Wasser
mit Farbstoffen gefärbt, welche die Lebensfähigkeit des Prodigiosus,
wie vorausgegangene Versuche bestätigt hatten, nicht beeinträchtigen
(Uranin, Eosin).
Behufs Bestimmung des Zeitpunktes, wann der gewählte Mikro-
organismus im Leitungswasser erscheint, wurde dasselbe am ersten
Tage stündlich, an den folgenden 2 — 3 Tagen alle 2 — 3 Stunden
untersucht.
In allen 5 in dieser Weise angestcllten Versuchen konnte der
Uebergang des Prodigiosus in das Leitungswasser konstatiert
werden und war der Zeitpunkt, zu welchem dies geschah, abhängig
erstens von der Beschaffenheit des Bodens bezw. dessen Zusammen-
setzung. sowie von der Entfernung der Versuchsstelle von dem Wasser-
lauf. Dieser Zeitpunkt schwankte zwischen l'/< und 42 Stunden,
während die Farbstoffe ehestens in 75 Stunden wahrgenommen
werden konnten.
Um den Einfluß der meteorischen Niederschläge auf die Passage
der Mikroorganismen zu prüfen, wurden zum Schlüsse 15 qm Wiesen-
grund über einer Wasserader mit Prodigiosus unmittelbar vor
einem Regenguß infiziert. Der Regen hielt ca. 24 Stunden an, doch
erschien kein Prodigiosus im Leitungswasser. Zehn Tage darauf
ein durch 25 Tage anhaltendes Regenwetter. Am 18. Tage desselben,
also am 28. nach der Aussaat des Prodigiosus, gelingt dessen
Nachweis im Leitungswasser.
In dem infizierten Terrain war derselbe noch nach 3 Monaten
und zwar in beträchtlichen Tiefen (2,20 — 3 m) nachweisbar.
Kamen (Czernowitz).
König, J. und Reinelt 5 . C.. Ueber die Reinigung von Sehmntz-
wftssern durch Elektricitftt (Arcb. f. Hyg. Bd. XXVIII.
Heft 3. p. 185.)
Die wichtigsten der zur Reinigung von Schmutzwässern durch
Elektricität bisher vorgeschlagenen Verfahren sind die von Webster
und Hermite. Das letztere, das allerdings keine eigentliche Reinigung,
sondern vielmehr eine. Desinfektion der Abwässer bezweckt, hat sich
wegen dpr geringen Haltbarkeit der dabei in Anwendung kommenden,
durch Elektrolyse gewonnenen chlorhaltigen Lösungen, wegen der
verhältnismäßig geringen desinfizierenden Kraft derartiger Flüssig-
keiten, besonders in nicht mehr ganz frischem Zustande und wegen
der Unmöglichkeit, größere Kotballen aufzulösen und zu sterilisieren
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826
Neue Littcratnr.
bei Versuchen im großen nicht bewährt. Die Verff. besprechen die
an verschiedenen Orten mit diesem Verfahren gemachten Erfahrungen
und aeben dann eine eingehende Beschreibung von Versuchen über
die Wirkungsweise des Webster’schen Reinigungsverfahrens, für
welche durch frühere, von anderen Forschern angestelite Unter-
suchungen eine genügende Erklärung noch nicht gefunden worden
war. Zunächst konnte festgestellt werden, daß bei der Elektrolyse
von Salzlösungen ohne Zuhilfenahme von Oxydationsmitteln und
unter Anwendung von Eisenelektroden sich oxydierende Wirkungen
des elektrischen Stromes nicht äußern. Bei Anwesenheit von Chloriden
löst vielmehr das an der Anode gebildete Chlor Eisen als Eisenchlorür
auf, das am negativen Pol abgeschiedene Natrium zersetzt das Wasser
unter Bildung von Natriumhydroxyd, durch welches dann wiederum
eine Umsetzung des Eisenchiorürs in Ferrohydroxyd bewirkt wird.
Wurde nun ein mit geringen Mengen Chlornatrium (0,5 — 1,0 g
pro 1) versetztes Schmutzwasser elektrolysiert, so ergab sich im Ver-
gleiche mit einer gleichzeitig ausgeführten chemischen Klärung durch
Ferrosulfat und Kalk sowie durch Ferrosulfat und Natron, daß die
Elektrolyse die gelösten organischen Substanzen und den gelösten
Stickstoff etwas stärker vermindert hatte als die chemischen Fällungs-
methoden. Die Verff. erklären dies dadurch, daß das bei der Elektro-
lyse sich allmählich bildende und außerdem durch den entwickelten
Wasserstoff in beständiger Bewegung gehaltene Ferrohydroxyd die
Schmutzstofle des Wassers vollkommener in sich schließt, als die bei
der chemischen Fällung mit einem Male entstehenden Niederschläge,
und daß außerdem die bei diesen Methoden durch überschüssig zu-
gesetzte Alkalien bewirkte Wiederauflösung der bereits gefällten Stoffe
dort nicht in Betracht käme. In bakteriologischer Hinsicht wurden
durch die Elektrolyse nicht so günstige Resultate erzielt, wie durch
die chemische Fällung, doch weisen die Verff. ausdrücklich darauf hin,
daß nach der ziemlich rasch erfolgenden Neutralisation der über-
schüssig zugesetzten Alkalien auch hier wieder Bakterienwachstum
eintrete.
K. und R. kommen zu dem Schlüsse, daß das elektrische Reinigungs-
verfahren nur dort zu empfehlen sei, „wo andere bessere Reinigungs-
verfahren, wie die Berieselung ausgeschlossen sind, und wo eine billige
Natur- (z. B. Wasser) Kraft zur Erzeugung der Elektricität zur Ver-
fügung steht“. Vogel (Hamburg).
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Inhalt.
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durch die Ammoniakreaktion. (Orig.),
p. 802.
Ogata, M. , lieber die Pestepädemie in
Formosa. (Orig.), p. 769.
Roac&li , D. B. , lieber die Behandlung
bösartiger Tumoren durch Injektion der
Toxine des Streptococcus erysipelatls,
zugleich mit dem des Bacillus prodigio-
sus, sowie der nach den Methoden von
Richet und Hlricourt und nach den von
Emmerich und Scholl aubereiteten sog.
anticancerösen Serumarten. (Orig.), p. 782.
Weyland, J. , Desinfektionswirkung und
Eiwcittfälluog chemischer Körper. (Orig.),
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Ziemann, Hans, Nachtrag zur Morphologie
der Malariaparasiten. (Orig.), p. 805.
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alcune neoformazioni nodulari, p. 810.
Lardy. Lkpre ainoide, p. 808.
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ein gefährlicher Fischparasit des Müggel-
sees, p. 814.
Maurizio, A., Die Pilzkrankheit der Fische
und der Fiscbeier, p. 811.
Hocard, Le type abdominal de la tuber-
cuiose du cheval est d'origine aviaire,
p. 807.
Fenzo, R., Sulla induenza della tempera-
tura nel processo infettivo inflammatorio,
p. 805.
Rixford, E. and Gilchriet, T. C , Two cases
of protozoan - (coccidioidal •) infection of
the skin and otlier Organe, p. 812.
, A second case of protozoan-infec-
tion, p. 812.
Btorob, E., Ueber den anatomischen Be-
fund bei einem für Deutschland endo-
genen Fall von Lepra tuberosa. Zu-
gleich ein Beitrag zur Frage nach den
Beziehungen zwischen Aussatz und Tu-
berkulose, p. 808.
Thiroloix, Bacille du rheumatisme articu-
laire aigu, p. 806.
Wolf, 8idney, Ein Beitrag zur Aetiologie
der cirkumskripten Meningitis, p. 809.
Untersuchungsmethoden, Instrumente etc.
Gräber, IL, Beitrag zur Serodiagnostik des
Typhus abdominalis, p. 815.
Melnikow-Raswedenkow, Ueber das Auf-
bewahren pathologisch-anatomischer Prä-
parate, p. 818.
Spiegel, Zur Differentialdiagnose von Lepra
und Tuberkeibacillen, p. 817.
Schutzimpfung, künstliche Infektions-
krankheiten, Entwickelungshemmung und
Vernichtung der Bakterien et«.
Abba, F., Orlandi, E , Rondell i, A., Saggio
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terreni, p. 824.
Auclair, J., Essais de sdrothdrapie experi-
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de poules traitees, p. 819.
Brunner, G., Resultate der Serumbehand-
lung bösartiger Neubildungen, p. 824.
D’Aguanno, A., Considerazioni sulla siero-
terapia nella difterite a prospoito di un
caso di crup primario del luringe, p. 823.
Fiorentini, A. e Luraschi, C., I raggi di
Röntgen applicati all» tubercolosi speri-
mentale, p. 820.
Gottstein, A., Zur Kritik der Diphtheric-
serumbehandlung, p. 823.
Grunan, Vorläufige kurze Notiz über ein
neues Schutzmittel gegen den soucheu-
haften Durchfall bei Kälbern, p. 822.
König, J. und Remele, C., Ueber die Rei-
nigung von Schmutzwässern durch Elek-
tricität, p. 825.
Lannelongue et Achard, Sur rimmunite
des g&llinacdes contre la tuberculose hu-
maine, p. 819.
Lomoine, Sterilisation de la pulpe vaeei-
nale glyc^rinee, p. 821.
M&berly, Dysentcry and its treatment.
With an account of fix years’ ex per ie nee
in the Transvaal and Matabatotand in
the use of some varieties of Konsouia
as the curative agent, p. 822.
Morris, M., Actinomycosis involving the
skiu and its treatment by iodide of
potassium, p. 821.
Hone Litteratur, p. 826.
Frommaansche Bucbdruckerel (Hermann Fohl«) ln Jetts.
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Bakteriolo|ie, Parasilentamde i InfeklionskranklieiteD.
Erste Abteilung:
Medizinisch-hygienische Bakteriologie und
tierische Parasitenkunde.
In Verbindung mit
Gelb Rat Prof. Dr. Leuciart, Geil Med.-Rat Ptol Dr. Loeffler
ln Lclpslg und ln Gicilannld
Professor Dr. R. Pfeiffer
in Berlin
herausgegeben von
Dr. O. Uhl worin in Cassel.
Verlag von Gustav Fischer in Jena
XXI. Band. -®- Jena, den 30. Juni 1897. No. 32 / 33 .
Prell für den Band : 26 Kümmern ) 15 Hark. — Jährlich erscheinen swei Binde.
Hierzu all rtytlmä/nge Beilage die Inhaltiiiber lichten der II. Abteilung det Centralblattet.
Die Redaktion des „ Centralblatts für Bakteriologie und Parasiten-
kunde" richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte, etwaige
Wünsche um Lieferung von besonderen Abdrücken ihrer Aufsätze ent-
weder bei der Einsendung der Abhandlungen an die Redaktion auf das
Manuskript schreiben zu wollen oder spätestens nach Empfang der ersten
Korrekturabzüge direkt an den Verleger, Herrn Gustav Fischer in Jena,
gelangen zu lassen.
Original - Mittheilungen.
Nachdruck verboten.
Zwei chromogene Mikroorganismen der Mundhöhle.
(Mitteilung aus dem Laboratorium der zahnärztlichen Universitäts-
klinik (Prof. Dr. Arkövy) in Budapest.]
Von
Dr. Ärpdd R. v. Dobrzynleckl,
k. u. k. Regimentwzt.
Die große Zahl der in der Mundhöhle vorkommenden Mikro-
organismen , deren noch ziemlich erheblicher Teil unbekannt ist,
werden es rechtfertigen, wenn wir über die unten beschriebenen zwei
chromogenen Mikroorganismen eine Darstellung geben, da durch ihre
UtU US. XXI. M. 53
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334 T> Dobrzyniecki, Zwei chromogene Mikroorganismen der Mundhöhle.
Kenntnis die Arbeiten und Untersuchungen Ober die Mikroorganismen
der Mundhöhle einen bescheidenen Beitrag erhalten dürften.
Der Micrococcus lactericeus, wie unten erwähnt, wurde
von Freund zuerst gezüchtet, kam öfters bei den bakteriologischen
Untersuchungen in obigem Laboratorium zum Vorschein. Ueber diesen
Mikroorganismus findet man ein Referat bereits vom Jahre 1894 im
Centralbl. f. Bakteriol. etc. Bd. XVI. p. 640. Ich habe über eigene
Beobachtungen, sowie einige Ergänzungen über die Biologie desselben
zu berichten.
Der zweite Mikroorganismus stellt eine bisher unbekannte Art
vor. Ich dachte, ihn Bacillus luteus nennen zu dürfen.
Micrococcus lactericeus.
Diesen Mikroorganismus beschreibt Martin Freund in seiner
Inaugural-Dissertation: „Ein Beitrag zur Kenntnis chromogener Spalt-
pilze und ihres Vorkommens in der Mundhöhle“. Erlangen 1893. Er
fand ihn im menschlichen Speichel einmal. Bei den oben er-
wähnten Untersuchungen kam er zweimal in kariösem Zahnbeine und
einmal in einer Zahnpulpe, welche an Pulpitis chronica gangraenosa
erkrankt war, zum Vorschein.
Die biologischen Verhältnisse sind folgende: Der Micrococcus
bildet kleine, runde Zellen, die einen Durchmesser unter 1 fi besitzen.
Die Anordnung der Zellen ist eine zerstreute, regellose. Die Zellen
besitzen keine Beweglichkeit.
In Bouillon geht das Wachstum langsam vor sich. Das Nähr-
raedium wird etwas getrübt, nach 2 — 3 Tagen entsteht am Boden
des Kulturglases ein körniger Satz, welcher eine lichte, ziegelrote
Farbe besitzt Auf Gelatineplatten bilden sich nach 24 — 30 Stunden
makroskopisch als staubartige Pünktchen wahrnehmbare hellrosa-
farbige Kolonieen. Bei schwacher Vergrößerung zeigen die Kolonieen
scharfe Grenzen, bräunliche, körnige Struktur und sind kugelförmig.
Die Gelatine wird nicht verflüssigt. Aehnliches Wachstum ist auch
auf den Agarplatten zu beobachten.
In Stichkulturen auf Gelatine ist das Wachstum folgendes: Längs
des Stiches entwickelt sich nach 30 Stunden ein heller, schwach
gekörnter Faden, oben bildet sich nach 2 — 3 Tagen eine liebte,
ziegelrote Auflagerung, die sich bis zur Glaswand ausbreitet. Ver-
flüssigung tritt nicht ein. Auf schiefem Agar bildet sich dem Striche
entlang ein ziegelfarbiger nasser Streifen von 3 — 4 mm Breite. Der
Farbstoff dringt nicht in das Nährmedium ein. Auf Eiweiß bildet
sich eine auf die Impfstelle beschränkte, ziegelrote, nasse Auflagerung.
Aehnliches Wachstum findet auf Kartofleln statt. Die Kulturen sind
monatelang übertragbar und gedeihen bei gewöhnlicher Zimmer-
temperatur. — Bei Mäusen und Kaninchen, subkutan eingeimpft,
entsteht weder eine lokale, noch eine allgemeine Reaktion. Der
Micrococcus ist mit den gebräuchlichen Färbungsmethoden leicht
zu färben, färbt sich auch nach Gram’s Methode.
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Bh bes a. Pro ca, Beobachtungen über die Aetiologie der Maul- u. Klauenseuche. 335
Bacillus luteus.
Dieser Mikroorganismus kam einmal zum Vorschein bei Zahn-
caries. Er bildet kleine unregelmäßige Stäbchen von 1,5 /i Länge.
Die Stäbchen sind dicht nebeneinander gelagert und unbeweglich.
ln Bouillon entsteht nach 30 Stunden eine leichte Trübung, in
2 — 3 Tagen ist am Boden des Kulturglases ein gelber Satz be-
merkbar.
Auf Gelatineplatten entstehen gelbe, punktförmige Kolonieen, die
erst nach 2 Tagen deutlicher sichtbar werden. Bei schwacher Ver-
größerung erscheinen sie als runde, scharf begrenzte, körnige, gold-
gelbe Kolonieen. In Stichkulturen entwickelt sich längs des Stiches
ein blaßgelber Faden, oben eine gelbe, feuchte Auflagerung, die bis
zur Glasröhrenwand sich erstreckt. Die Gelatine bleibt fest. Auf
schiefem Agar entsteht in 43 Stunden dem Striche entlang ein gelber
nasser Streifen, auf Eiweiß eine gelbe, nasse, auf die Impfstelle be-
schränkte Auflagerung. Auf Kartoffeln findet ein ähnliches Wachs-
tum statt.
Die Kulturen sind monatelang übertragbar und gedeihen bei
Zimmertemperatur. Die Nährmedien bleiben ungefärbt. Der Bacillus
ist leicht zu färben mit den gebräuchlichen Farben, behält auch, nach
Gram’s Methode gefärbt, seine Färbung.
Bei Mäusen und Kaninchen subkutan eingeimpft, entsteht weder
eine lokale, noch eine allgemeine Reaktion.
Nachdruck verboten.
Beobachtungen über die Aetiologie der Maul- und
Klauenseuche.
Vorläufige Mitteilung.
Von
Prof. V. Babes und Dr. G. Proca
ln
Bukarest.
Mit 6 Figuren.
L
Die Maul- und Klauenseuche oder die Aphthenseuche ist eine
akute, febrile, eruptive Krankheit, welche in mancher Beziehung den
akuten exanthematischen Infektionen des Menschen an die Seite ge-
stellt werden darf. Offenbar ist die Seuche auch auf den Menschen
übertragbar, doch ist es fraglich, ob die von Siegel und Bussenius *)
beim Menschen beschriebenen Fälle auf Infektion von Tieren zurück-
geführt werden können. Es handelt sich hier wohl vielmehr um
1) Bussenius, Arch. f. Laryngologie. 1897. Heft 1 und Bussenius-Siegel,
Ptscbe med. Wochenschr. 1897. No. 4.
68 *
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836
V. Bah es and G. Proci,
eigentümliche Formen hämorrhagischer Infektion, wofür auch die
Eigenschaften der von diesen Autoren aus dem Blute der Kranken
und Gestorbenen gezüchteten Bakterien sprechen.
Ohne hier in die Einzelheiten der erwähnten Publikationen' ein-
zugehen, wollen wir nur betonen, daß wir auch im Verein mit
Hrn. Starcovici ausgebreitete bakteriologische Untersuchungen über
die Aetiologie der Seuche ausgefübrt haben, welche aber, entgegen
einer von unberufener Seite erfolgten Publikation, noch zu keinem
wissenschaftlich begründeten Resultate geführt haben, uns aber wich-
tige Fingerzeige über die möglichen Fehlerquellen derartiger Unter-
suchungen gegeben haben, welche zum Teil mit den zuletzt von
C. Fraenkel 1 ), von Nocard und Chauveau 3 ), sowie von
Kurth 3 ) betonten übereinstimmen.
Was die Befunde von Siegel betrifft, so erlauben wir uns.
Folgendes zu bemerken :
1) Siegel hat im Jahre 18P1 4 ) bei einer epidemisch auf-
getretenen hämorrhagischen Septikämie mit Stomatitis vesiculosa oder
gangraenosa, deren Zusammenhang mit der Maul- und Klauenseuche
nicht nachgewiesen werden konnte, einen kleinen oviden, unbeweglichen,
Gelatine nicht verflüssigenden Bacillus beschrieben, welcher auch bei
Kälbern, Schweinen und Tauben, sowie in einem einzigen Falle bei
einer Kuh eine fieberhafte, schnell tödliche, hämorrhagische und
eruptive Krankheit erzeugt hatte.
2) Nach den unvollkommenen Untersuchungen Siegel ’s zu
urteilen, handelt es sich um einen Repräsentanten der von uns auf-
gestellten Gruppe, der die hämorrhagische Septikämie des Menschen
verursachenden Bacillen, welche auch bei Tieren eine ähnliche Krank-
heit hervorrufen, der aber nicht jene Charaktere besitzt, welche der
Erreger der Aphthenseuche aufweisen müßte. Namentlich wollen wir
Folgendes betonen:
a) Der Bacillus Siegel tötet die erwähnten Tiere oft in 1 — 2 Tagen,
während das Virus der Aphthenseuche bei denselben Tieren ge-
wöhnlich erst nach etwa 4 — 5 Tagen Fieber und dann die ge-
wöhnlich leichte Aphthenerkrankung hervorbringt.
b) Der Bacillus Siegel wurde im Blote gefunden, während das
Virus der Aphthen im Blute gewöhnlich nicht enthalten ist. (In
zahlreichen Versuchen konnten empfängliche Tiere durch das
Blut der gefallenen Tiere nicht infiziert werden.)
c) Der Bacillus Siegel verursacht nach subkutaner Injektion
eine Septikämie, während die natürliche Seuche auf diesem Wege
gewöhnlich nicht erzeugt werden kann.
d) Der Bacillus Siegel kann aus dem Bläscheninhalt gezüchtet
werden, während aus dem Bläscheninbalt bei der natürlichen
Seuche in der Regel keinerlei Bakterien herangezüchtet werden
können.
1) Hygien. Rundschau 1897- No 4.
2) Soci4te v^terinaire Paris. 1897.
3) Dies. Central». 1897.
4) Siegel, Dtsche med. Wochenschr. 1894. No. 18, 19.
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Beobachtungen Uber die Aetiologie der Maul- und Klauenseuche.
3) Siegel schickte eine Kultur jenes Bacillus an das Breslauer
hygienische Institut, und Kruse konstatiert, daß der gesendete Bacillus
durchaus nicht der Beschreibung Siegel’s entspricht, indem derselbe
1) beweglich ist, 2) ein Stäbchen darstellt, welches dem Bacillus
coli commune sehr ähnlich ist, 3) auf Kartoffel rötliche Rasen
bildet, 4) für Mäuse pathogen ist, was weder der Beschreibung
Siegel’s noch dem Virus der natürlichen Seuche entspricht, welches
für Mäuse nicht pathogen ist*).
4) Es ist deshalb äußerst wahrscheinlich, daß Siegel anfangs
mit verschiedenen Bakterien gearbeitet hat, zum Teil mit Fäulnis-
bakterien, welche dem Coli commune nahe stehen, zum Teil
wohl auch mit einem Bacillus der hämorrhagischen Septikämie des
Menschen.
In der That finden wir in den ersten Mitteilungen Siegel’s
keinen ausführlichen, beweisenden Bericht darüber, daß derselbe bei
aphthösen Tieren seinen Bacillus gezüchtet und identifiziert hätte.
Es ist eben nicht genug, in irgend einer Krankheit einen dem Ba-
cillus coli ähnlichen Mikroorganismus zu entdecken, um denselben
ohne weiteres als den Erreger der Krankheit ansprechen und mit
einem einigermaßen ähnlichen Bacillus identifizieren zu können.
I>eider bringt uns auch die spätere, vielfach verbreitete Arbeit
von Bussenius und Siegel kein einwandfreies Material. Auch
diesmal betreten diese Forscher den ungewöhnlichen Weg, eine Krank-
heit des Menschen, deren Identität mit der Seuche durchaus nicht
bewiesen ist, zum Ausgangspunkte ihrer Untersuchungen über die
Tierseuche zu machen und ihre Resultate ohne weiteres auf die Tier-
seuche zu übertragen.
Es ist deshalb auch nicht zu verwundern, wenn die Kälber,
welche mit den Bacillen dieser Autoren geimpft werden, nicht nach
4 — 5 Tagen an Aphthenseuche erkrankten, sondern schon am 4. Tage
nach der Impfung an einer hämorrhagischen Septikämie zu Grunde
gingen.
In einein anderen Falle wurde das infolge der Impfung erkrankte
Kalb geschlachtet, und fandeu sich im Blute die Bacillen Siegel’s.
Endlich wird erwähnt, daß derselbe Bacillus auch bei der natürlichen
Krankheit gefunden wurde, doch äußern sich die Verff. eben über
diesen Bacillus äußerst lakonisch und behaupten bloß, daß derselbe
mit dem vom Menschen gewonnenen identisch sei.
Diese Behauptung ist nun entschieden zu bezweifeln, nachdem
mittels der von Menschen stammenden Kulturen nicht ein einziges
Mal an den empfänglichen Tieren eine der Aphthenseuche ähnliche
Erkrankung erzeugt wurde, während behauptet wird, daß die Kulturen,
welche von der natürlichen Aphthenseuche herstammten, die typische
Krankheit verursacht hätten , welche aber nicht beschrieben sind.
Es ist doch merkwürdig, daß die Autoren den Bacillus aus 6 ver-
schiedenen Provenienzen, aber bloß vom Menschen, genau vergleichend
l) Während der Drucklegung dieser Arbeit saudte H. Siegel auch an uns eine
Kultur, deren Charaktere mit den vou Siegel-Bussenius beschriebenen überein-
stimmen.
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838
V. Babes und G. Pro ca,
untersuchten, es aber nicht für nötig finden, wenigstens einen von der
Tierseuche stammenden Bacillus mit jenen zu vergleichen. Uebrigens
wurde weder die Indolbildung, noch die Säurebildung derselben
untersucht.
Wir müssen noch besonders hervorheben, daß der von Bussenins
und Siegel beschriebene Mikroorganismus eine einzige endständige
Geißel besitzen soll, und daß derselbe auch nach längerer Krankheit
aus Blut und den Organen gewonnen werden konnte. Der Bacillus
verliert bald seine pathogenen Eigenschaften.
Es ist demnach nicht auszuschließen, daß es sich hier um einen
dritten Organismus gehandelt habe. Jedenfalls wäre es wichtig ge
wesen, zu untersuchen, ob dieser Bacillus für Laboratoriumstiere
(Mäuse, Meerschweinchen, Kaninchen) pathogen ist
5) Ein einziger Umstand scheint auf den ersten Blick den
ätiologischen Zusammenhang der gefundenen Bacillen mit der Aphthen-
seuche zu beweisen, nämlich die gelungene Uebertragung der Krank-
heit, besonders bei Verwendung von ganz frischen Kulturen.
Aber eben dieses Beweisverfahreu ist nicht einwandsfrei, indem
1) es möglich wäre, daß an ganz frischen Kulturen etwas vom eigent-
lichen noch unbekannten Virus heften geblieben sei, 2) es nicht von
der Hand zu weisen ist, daß statt der künstlichen die natürliche
Krankheit trotz aller Vorsichtsmaßregeln bei den Versuchstieren auf-
getreten sei. Wir besitzen namentlich vielfache Erfahrungen über
diese Möglichkeit.
In drei unserer größten Versuchsreihen konnten wir konstatieren,
daß sowohl die Kontrolltiere als auch die infizierten Käiber fast zu
gleicher Zeit an Aphthenseuche erkrankten.
In einem Falle wurden 4 anscheinend gesunde Kälber angeschafft
und in 2 verschiedene, ganz neue Ställe verteilt.
Ein Kalb wurde mit Kulturen behandelt, während 3 Kälber gänz-
lich isoliert gehalten wurden. Am 5. Tage zeigten sich bei dem
infizierten Kalb ganz charakteristische Erscheinungen der Aphthen-
seuche, als wir aber die übrigen 3 Kälber untersuchten, fanden wir
an allen ähnliche Erscheinungen.
In einem anderen Falle wurden 6 Kälber in 2 isolierte, seuchen-
freie Ställe eingestellt; 4 davon wurden mit Kulturen behandelt.
Bei 2 derselben trat nach 2 und 5 Tagen die Seuche auf, ebenso
aber bei einem der 2 Kontrolltiere.
Wir sind demnach in der Folge anders vorgegangen: wir ließen
Kälber aus ganz seuchefreien Gegenden kommen, stellteu sie dann
für wenigstens 10 Tage in seuchefreie Ställe ein und arbeiteten erst
dann mit denselben, indem wir selbst dafür sorgten, daß niemand,
welcher in letzter Zeit sich mit der Seuche beschäftigt hatte, zu den
Tieren Zutritt erhalte, und indem wir immer einige isolierte Konfron-
tiere übrig ließen. Diese Bedingungen wurden nun in den Versuchen
von Bussenius und Siegel nicht erfüllt, so daß diesen Autoren
sehr leicht dasselbe widerfahren konnte, was uns selbst wiederholt
zugestoßen war.
Wir wollen hier nicht in die Beschreibung unserer langwierigen
bakteriologischen Untersuchungen eingehen und erlauben uns bloß za
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Beobachtungen Uber die Aetiologie der Maul- und Klauenseuche.
839
konstatieren, daß wir eineD Bacillus, welcher jenem von ßussenius-
Siegel entspricht, ebenso wie dem von C. Fraenkel, nur ausnahms-
weise aus dem Speichel und den Organen der kranken Tiere heran-
zilchten konnten, während wir häufig andere Bacillen, welche der
Gruppe des Typhus-Colibacillus angehören, aus diesem Material
erhalten konnten. Tiere, welche im Beginne der Krankheit geschlachtet
wurden, hatten übrigens gewöhnlich sterile Organe und auch der mit
größter Sorgfalt geprüfte Bläscheninhalt war in der Regel steril.
Unter den von H. Starcovici und uns isolierten typhusähnlichen
Bacillen waren namentlich 3 Arten häufiger, ein unbewegliches, im
übrigen dem Colibacillus ähnliches, etwa 0,6 n dickes Stäbchen,
welches bei Mäusen und Kaninchen selbst in kleinsten Dosen schnell
tödliche Septikämie erzeugte, mit welchem aber bei für die Seuche
empfänglichen Tieren bloß vorübergehendes Fieber erzeugt wurde, dann
ein Bacillus, welcher in allem dem Bacillus coli entsprach (Größe,
Färbung, Geißeln, Kulturen, Gärungsvermögen, Indolreaktion, Patho-
genität u. s. w.), mit welchem aber anscheinend die typische Aphthen-
seuche bei Kälbern erzeugt werden konnte, dann ein dritter typhus-
ähnlicher Bacillus, welcher sich vom Typhusbacillus durch
geringe Krümmung der Bacillen, durch etwas spärliche Geißeln, durch
stärkere Braunfärbung in der Tiefe der Kulturen, durch reichlichere
Kartoffelkulturen, durch energischere Vergärung von Zucker, besonders
aber durch seine sehr ausgesprochene Pathogenität für Mäuse, Meer-
schweinchen und Kaninchen unterscheidet Kleinste Dosen , selbst
alter Kulturen, rufen nämlich ausgesprochene hämorrhagische, schnell
tödliche Septikämie, öfters mit Bildung kleiner nekrotischer Knötchen
in den inneren Organen, hervor.
Besonders mit letzterem Bacillus hatten Hr. Starcovici und
wir selbst zahlreiche Versuche an Mäusen, Meerschweinchen, Kaninchen,
Tauben, Kälbern, Schweinen und Schafen augestellt, und konnten wir
uns überzeugen, daß der Verfütterung, der subkutanen Impfung, der
Einreibung in die scarifiziertc oder auch nicht verletzte Schleimhaut
in der Regel bei den erwähnten kleinen Nagern eine schnell tödliche,
hämorrhagische Septikämie, bei den größeren Tieren in vielen Fällen
nach 2—20 Tagen ein Ausbruch der ganz typischen Seuche gefolgt
war. Selbst als Starcovici mittels dieses Bacillus Kälber iu einer
ganz seuchenfreien Gegend impfte, entwickelte sich in einigen Fällen
nach ö Tagen die charakteristische Seuche.
Natürlich konnten wir uns, namentlich gegenüber diesem letzten
Versuche, nur schwer von dem Eindrücke befreien, daß wir es mit
dem wahren Erreger der Seuche zu thun hätten.
Jedenfalls aber ist unser Bacillus „Starcovici“ nicht mit
dem Bacillus Bussenius-Siegel identisch; er besitzt mehrere
Geißeln (wie der Typhusbacillus) und findet sich in frischen
Kulturen nicht in Form von ovalen, kokkenähnlichen Gebilden, sondern
als längere, dünne Stäbchen von etwa 0,3 — 0,5 fi Durchmesser, ge-
wöhnlich noch etwas schlanker als die Typhusbacillen.
In älteren Kulturen bilden sich oft längere, dickere, eigentümlich
zugespitzte Gebilde.
Der wichtigste Unterschied zwischen dem Bacillus Starcovici
J
840
V. Bibel und G, Proei,
und Bacillus Siegel ist die hohe Pathogenität des ersteren für
Meerschweinchen und Kaninchen, während der Siegel’sche Bacillus
bei Schweinen und Rindern eine tödliche hämorrhagische Septikämie
bervorbringt, was der Starcovici’sche Bacillus nicht vermag.
Wir haben noch gefunden, daß das Blutserum der infizierten
Tiere hochgradig agglutinierende Eigenschaften (1 : 10 — 1 : 60) be-
sitzt. In den so agglutinierten Gruppen werden die Bacillen kürzer,
breiter und ganz blaß, nach Bunge (Geißel- und Kapselfärbung)
nicht mehr blau, sondern rötlich gefärbt, ebenso erkennt man eine
rötlich gefärbte Masse in der Umgebung der Bacillen, welche offenbar
eben die Agglutination der Bacillen vermittelt. Die Geißeln sind an
solchen Präparaten gänzlich geschwunden.
Wir gedenken über dieses Verhalten, welches wir bei mehreren
geißeltragenden Bacillen näher studiert haben, Weiteres zu veröffent-
lichen.
Trotzdem nun der Bacillus Starcovici durch das Blut mit
demselben infizierter Tiere prompt zur Agglutination gebracht werden
kann, ist das Blut der au Aphthenseuche erkrankten Tiere nicht
imstande, in den Kulturen Agglutination herbeizuführen. Auch die
Kulturen Siegel’« werden durch dieses Blut oder Serum nicht
agglutiniert. Es ist dies unbedingt ein wichtiges Argument gegen
die ätiologische Bedeutung der beiden Bacillen.
Da wir voraussetzen müssen, daß die Aetiologie der Aphthen-
seuche eine einheitliche sei, können wir ferner nicht zugeben, daß sowohl
der Bacillus Siegel, als auch der Bacillus Starcovici die
Aphthenseuche verursache, und müssen um so mehr der Befürchtung
Ausdruck geben, daß beiderseiis nicht sorgfältig genug vorgegangen
worden sei, und daß selbst in die angeblich einwandsfreien Versuche
sich irgend ein Fehler eingeschlichen habe, da wir ja gesehen haben, daß
bei Bussen ius-Siegel der vom Menschen und vom Tiere stam-
mende Bacillus nicht sorgfältig identifiziert worden ist, daß die Ver-
suche selbst nicht einwandsfrei sind und gewöhnlich nicht die typische
Seuche, sondern eine andere, viel schwerere Krankheit hervorgebracht
wurde, ferner daß der Bacillus Starcovici für Tiere pathogen
ist, welche durch Einführung des natürlichen Virus nicht erkranken.
Ohne uns übrigens endgiltig aussprechen zu wollen, glaubten
wir uns infolge dieser Erwägungen doch berechtigt, unserem Forschen
nach der Aetiologie der Seuche eine andere Richtung zu geben.
II.
Einem Kaninchen (dasselbe ist nach Friedberger und Fröh-
n e r für die Aphthenseuche nicht unempfindlich) wurde die 3 Monate
alte Bouillonkultur eines großen Coccus, welche aus dem Blaseninhalte
eines aphthenkranken Kalbes stammte, injiziert. Das Kaninchen
erkrankte nach 1 1 Tagen an Fieber und einer eigentümlichen Bläschen-
eruption des Maules, des Zahnfleisches, der Konjunktivs, der Zitzen
und der Analgegend. Die Bläschen waren zum Teil schon eiterhaltig
und verbreiteten sich während einiger Tage auf den übrigen Körper,
worauf die Eruption allmählich verschwand.
Die betreffende Kultur wurde nun von neuem auf Tiere verimpft,
Beobachtungen über die Aetiologie der Maul- und Klauenseuche.
841
aber ohne Erfolg. Nach Färbung der Präparate aus dieser Kultur
mittels sauren Methylenblaus nach Fraenkel und dann mit Karbol-
fuchsin, fanden sich hie und da citronenähnliche oder länglich ovale,
blau-rötliche Gebilde von etwa 6—8 n Länge und 3—6 u Breite.
Id der Mitte derselben sitzen etwa 0,8 n breite, längliche, glänzende,
sporenähnliche Gebilde, so daß das Ganze den Eindruck einer ein-
gekapselten Clostridium ähnlichen Spore macht
Trotz aller unserer Bemühungen gelang es nicht, diese Gebilde
zu isolieren und zu züchten, auch war es nicht möglich, durch wieder-
holte Injektion aus der ursprünglichen Kultur einen ähnlichen Blasen-
ausschlag hervorzurufen.
Es gelang aber in der Folge ziemlich leicht, aus dem Speichel
und dem Blaseninbalte frischer Fälle von Maul- und Klauenseuche,
den Parasiten zu entdecken, welchem die erwähnten Sporen angehören,
Leider aber wuchs derselbe lange Zeit bloß in Symbiose mit ver-
verschiedenen , namentlich chromogenen Bakterien. So wurde er
zuerst in Symbiose mit einem fluorescenten dünnen Bacillus gefunden,
welcher sich vom Bacillus pyocyaneus bloß durch die mehr
gelblich-grüne Färbung unterscheidet. Derselbe erzeugt selbständig
gezüchtet mäßig eitrige Infiltration an der Infektionssteile 1 ).
Der uns interessierende Mikrophyt entwickelt sich unter der
Kolonie des fluorescierenden Bacillus in Form eines matten, fest
adhärenten Häutchens, welches sich aber bald drüsig oder körnig
erhebt und später einen ziemlich dicken, körnigen, Krystalldrusen
ähnlichen, glänzenden, durchscheinenden Ueberzug bildet, etwa einer
Kultur von Leuconostoc mesent vergleichbar. Aeltere Kulturen
färben sich goldgelb.
Alle unsere Versuche zur Isolierung des Pilzes blieben erfolglos,
während der fiuorescierende Bacillus leicht isoliert wurde. Selbst in
den kleinsten Kolonieen, in Glasschalen, findet sich im Centrum der
Pilz in Form eines durchsichtigen Kornes, welches von einer etwas
gewölbten, feinkörnigen Zone des Bacillus umgeben erscheint
Unter dem Mikroskope erkennt man die Bacillen auch in den
engen Maschen des Mycels des Pilzes, welcher Umstand wohl den
hartnäckigen Zusammenhang des letzteren mit den Bacillen bedingt.
— Die Isolierung des fluorescierenden Bacillus gelingt am leich-
testen bei höherer Temperatur (über 30°), bei welcher anfangs der
Pilz nicht wächst, oder auf nicht zuckerhaltigen Nährböden, auf
welchen derselbe sich anfangs ebenfalls nicht entwickelt. Nach
mehreren Ueberimpfungen akklimatisiert sich übrigens der Pilz auch an
diese Verhältnisse. Leider fanden wir keinen Nährboden und keinerlei
Verhältnisse, welche dem Pilze günstig, den begleitenden Bakterien
aber ungünstig waren. Auf stark sauren oder stark alkalischen
Nährböden entwickeln sich beide Mikroorganismen mehr oder minder
gut. — Kartoffeln, Rüben, besonders Zuckerrüben, bilden namentlich
1) Am besten wächst der Pils, wenn man im Beginne der Krankheit bei reich-
licher Eruption Aphtheninhalt snnächst 24 Standen aaf Brotbrei bei Zimmertemperatur
hält und hierauf auf eiue Agarserumsucker-Fläche ausbreitet, worauf schon in 2 Tagen
die körnigen, durchscheinenden Kolonieen erscheinen. Gewöhnlich entwickeln sich die-
selben sogleich mit den beschriebenen gelben Bakterien.
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842
V. Babe» und O. Proca,
einen guten Nährboden. Nachdem der höhere Pilz Sporen gebildet,
versuchten wir durch höhere Temperatur den fluorescenten Bacillus
zu töten, aber so-
bald dies gelang,
konnte auch der
zweite Pilz nicht
mehr zum Wach-
sen gebracht wer-
den. In Symbiose
hat der Pilz auf
Babes-Petri-
schen Agargelatine-
schalen ein eigen-
tümliches lappiges,
in der Mitte grob-
körniges Aussehen
und zeigt bei stär-
kerer Vergrößerung
das in Fig. 1 dar-
gestellte Gefüge.
Io einem ande-
ren Falle wurde der
Pilz in Symbiose
mit einem dicke-
ren , etwas erha-
benen , gelblichen,
nicht verflüssigen-
den Bacillus ge-
funden , auch in
diesem Falle konnte
der Pilz vorüber-
gehend auch allein
zum Wachsen ge-
brachtwerden. Na-
mentlich wieder-
holte Plattenkultu-
ren führten zum
Ziele, und erzielten
wir nun reichliche,
trockene, krystall-
drusen&hnlicbe,
weiße, später gold-
gelbe Kolonieen,
unter welchen die
Gelatine einsinkt,
ohne sich zu ver-
flüssigen. Die Ko-
lonie ist gewöhn-
lich von einer etwas
getrübten Gelatine
Fig. 1. Peripherer Anteil einer 3 -tägigen Kultur auf
Agar-Agar bei stärkerer Vergrößerung. Von oben nach unten
erkennt man zunächst isolierte gekrümmte Stäbchen, hierauf
eine Art Kapsel mit byphenartigen , strahlig angeordneten
Fäden. Hierauf folgt ein grobmaschiges Netswerk, welches
wieder gröBere, abwechselnd längere und kürsere terminale
Fäden gegen die Peripherie aussendet. Die Enden derselben
sind oft glasig gequollen. Endlich folgt eine feinkörnige
Schicht des fluorescierenden Bacillus.
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Beobachtungen über die Aetiologie der Maul- and Klauenseuche. 843
umgeben. Die kleinsten Kolonieen sind kaum mit dem Nährboden in
Verbindung und gleiten auf demselben hin und her.
In 11 anderen Fällen entwickelte sich der Pilz zusammen mit
einem gelben, verflüssigenden Kapselbakterium, wodurch makroskopisch
und mikroskopisch Bilder entstehen, welche genau dem von Babes
im Jahre 1886 und 1890 im Bakterienwerke Cornil-Babes be-
schriebenen gelben Kapselbakterium oder Ascobacterium luteum
entsprechen. In einigeu Fällen wurde das Kapselbakterium auch rein
aus den Organen der gefallenen Tiere herangezüchtet 1 ).
Unter dem Mikroskope erkennt man an den Kolonieen desselben
auf Agar-Agar ein sehr kompliziertes Gefüge. Von dem im Centrum
befindlichen Impfmaterial ausgehend, erstreckt sich ein Mycel von
etwa 2 — 3 /< Dicke und von demselben gehen ringsum strahlenförmig
Hyphen aus.
Auf die Zone derselben folgt eine neue Myceliumschicht, von
welcher in eigentümlicher Weise Hyphen ausgehen, welche durch
alternative bessere und geringere Entwickelung eine spitzenähnliche
Begrenzung zeigen. Am Ende der Hyphen, welche z. T. kolbig enden,
findet man öfters gequollene, homogene, sehr lichtbrechende Formen.
Auf Querschnitten der Kultur (Fig. 2) erkennt man in der Tiefe
große kugelige durch Färbung körnig erscheinende Gebilde von
10 — 30 fi Dicke (a). Dieselben sind wie bei manchen Blastomyceten
in Form eines Netzwerkes angeordnet. Von denselben gehen gegen die
Oberfläche zu Verzweigungen aus, welche zunächst aus immer kleiner
werdenden Kugeln bestehen (6), von welchen endlich ovale Gebilde
und dann längliche Gebilde, Fäden, ausgehen, welche zunächst
knollige Knospen bilden, weiter gegen die Oberfläche hin sich ver-
dünnen und Kapseln oder Schläuche bilden, in deren Innern eigen-
tümliche bakterienähnliche Gebilde liegen.
Ganz an der Oberfläche scheiden sich von den Endschläuchen
ovale oder citronenförmige, sporenhaltige Gebilde (Clostridien?) ab.
Die Dicke derselben entspricht jener der oben beschriebenen.
Die schlauchartigen oder kapseligen Gebilde haben etwa den-
selben Durchmesser von 3 — 5 fi.
In Kulturen von 48 Stunden erkennt man nach Färbung mittels
Beize und Karbolfuchsin die rötlich gefärbten Schläuche oder Kapsein
aus einer hyalinen celluloseähnlichen Substanz bestehend.
Im Innern derselben finden sich nun die in Fig. 3 abgebildeten
bakterienähnlichen Formen, welche jenen entsprechen, die einer von
uns (Babes) in unserem Lehrbucbe (Cornil-Babes, Les bact6ries.
1886 und 1890) als Ascobacterium luteum beschrieben und
abgebildet hat , und welches auch wahrscheinlich eine Symbiose
eines höheren Pilzes mit einem gelben, verflüssigenden Kapsel-
bacterium darstellt. Auch hier handelt es sich um eine Art Ver-
zweigung oder Geflecht, welches von aneinandergelagerten großen
1) Vielleicht gehört der von Unna und Tommuoli bei Ekzem gefundene
Ascobaciilus citr e us (Monatshefte f. prakt. Denn). trotzdem bei demselben die
höhere Pilzform nicht beschrieben ist und die Autoren demselben keinerlei pathogene
Wirkung beilegen, zu derselben Gruppe, und haben vrir (Pro ca) in der That bei
Ekzem eine hierhergehörige Pilzsymbiose gefunden.
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844
V. Babe 9 und;G. Pro ca,
Kapseln gebildet wird, in welchen sich Kokken oder bacillenähnliche
Gebilde entwickeln; neben derselben bestehen aber auch hier größere,
protoplasmatische oder stark licht-brechende, knospende Formen.
Wir finden namentlich ovale oder längliche Kapseln, nach außen
ungenau umschrieben, in welchen rundliche oder ovale 1 u dicke
Gebilde enthalten sind, welche fast ganz den Eindruck von Kokken,
Diplokokken oder Streptokokken hervorbringen. Schon zu derselben
Zeit finden sich in den Kapseln längliche, oft an den Enden intensiv
gefärbte Gebilde kettenbildend, in welcher die Stäbchen in Längs-
oder in Querreihen angeordnet sind, welche genau den Eindruck von
Bacillen von 0,8 Dicke hervorrufen. Dieselben sind oft isoliert zu
finden, mit einer breiten metachromatischen Kapsel umgeben. Wenn
a
Fig. 2. Querschnitt einer Zuckeragar-Agarkultnr des Pilses. Vergr. 400. In der
Tiefe (a) erkennt man große granulierte, sprossende oder ein Netzwerk bildende Kugeln.
Dieselben werden gegen die Oberfläche zu kleiner ( 6 ) und geben von hier gegen die
Oberfläche zu Fäden oder Schläuchen aus, welche bakterienäbniiebe Gebilde enthalten
und an der Oberfläche zu Clostridium -ähnlichen Formen zerfallen.
diese Kapsel undeutlich ist, kann der Bacillus nur durch seine etwas
g rößere Dicke und durch seine dickere Membran vom fluorescierenden
acillus unterschieden werden, während derselbe dann dem erwähnten
gelben Kapselbacillus vollkommen gleicht.
In etwas älteren Kulturen sieht man schon nach 3 — 10 Tagen
glänzende rundliche oder längliche sporenähnliche Gebilde im Innern
der Kapsel sich bilden und hierauf durch Segmentierung der Kapsel
frei werden (Fig. 4).
In diesen Kulturen, besonders aber in etwas älteren, findet man
nun im Innern des Schlauches oder der Kapsel eigentümliche größere,
granulierte, stark färbbare, gegeneinander abgeplattete Kugeln von
Beobachtungen über die Aetiologie der Heul- und Klauenseuche.
846
Fig. 6.
Fig. 8.
Fig. 8. 24-stÜndige Zuckeragar-Agarserumkultur, 800fache Vergr. Kerbolfucbsin
und Metbyienblanbeize. Inmitten der Bacillen (des fiuorescierenden Bakteriums) findet
man lange Kapseln oder Schläuche, bist! ros* gefärbt, in welchen die Streptokokken-
ähulichen oder Bacitien-ähnlichen Formen liegen.
Fig. 8 2-tägige und Fig. 4 10- tägige Kultnr. ln Fig. 6 haben eich im Innern der
Kapsel glänzende sporenartige Gebilde entwickelt, in Fig. 5 sind die Kapseln in Clo-
stridium-artigen Formen aerfallen.
Fig. 6. 4 -tägige Kultur des Pilses in Symbiose mit dem fiuorescierenden Bacillus,
letsterer in Form kleiner ovaler Bakterien. Der Pils findet sich in Form von Clostri-
dium-ähnlichen Sporen, dann von knospenden oder verzweigten, zum Teil homogenen,
stark lichtbrechendeo Zellverbänden, letztere zum Teil von einer breiten, heilen Kapsel
umgeben, in welche, von den Zellverbänden ausgehend, Fortsätze ausstrahlen.
2—10 fi Durchmesser. Dieselben wachsen in Form von Knospen
aus, in welchen man oft eine Furchung derselben in 4 oder mehr
Zellen beobachten kann. Von denselben gehen öfters feine strahlige
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846
V. Babes und Q. Pro ca,
Fortsätze in die Kapselsabstanz ein (Fig. 6). Die beigegebenen
Figuren stellen die verschiedenen in Kulturen gefundenen Formen
des Parasiten dar.
Ganz junge isolierte Kolonieen des Pilzes mit Karbolfuchsin ge-
färbt, stellen sich als ein dichtes Geflecht von stark gefärbten, perl-
schnurähnlich aneinander gereihten Kapseln von etwa 3—6 /< Durch-
messer dar. Von den terminalen Kugeln gehen öfters wellige, zu-
gespitzte, kurze Fäden aus. In ungetrockneten und ungefärbten
Präparaten können letztere Formen nicht erkannt werden.
Auf Kartoffeln entwickelt sich der Pilz ähnlich wie auf Agar-
agar, unter dem Mikroskope erkennt man aber hier neben zahlreichen
Bacillen eigentümliche, glasig glänzende Kugeln von etwa 4 — 8 u
Durchmesser, Hefezellen ähnlich, au welchen öfters eine periphere
Zone (vielleicht eine Kapsel) unterschieden werden kann. Oft hängen
mehrere solcher Kugeln zusammen und seitlich aufsitzende kleine
Kugeln machen den Eindruck von Kuospen. Die Kugeln zerfallen oft
in je 4 gleich große Segmente. Diese Gebilde färben sich mit keinerlei
Farbstoff, auch nicht durch Jod.
In älteren Kulturen wird die Kolonie feucht und zerfließend.
In Bouillon bildet sich geringe Trübung und ein dünnes Häut-
chen, welches bald zu Boden sinkt
An der Kultur kann Indolbildung konstatiert werden. — Milch
wird durch die Kultur weder gesäuert, noch koaguliert.
Tierexperimente. Weder intraperitoneale noch subkutane
Inokulation am Rumpfe, noch Einreiben der Kultur in Schleimhäute
erzeugen bemerkbare Veränderungen, während nach subkutaner In-
jektion am Ohre des Kaninchens zunächst geringes Fieber auftritt,
welches etwa nach 3 Tagen schwindet, während 5 — 6 Tage nach der
Infektion an der Impfstelle und in deren Umgebung erbsen- bis
haselnußgroße, wasserhelle, gelbliche Bläschen auf infiltriertem Grunde
auftreten. Dieselben werden gewöhnlich in einigen Tagen eiterig, und
nach Platzen derselben bildet sich ein flaches, öfters blutendes Ge-
schwür, welches nach Bildung einer Kruste vernarbt. Manchmal
wiederholen sieh aber die Eruptionen, während das tiefe Gewebe
eiterig schmilzt oder selbst nekrosiert. Dieses Resultat wurde noch
mittels Kulturen der 7. — 30. Generation erzielt, und zwar sowohl mit
Kulturen des reingezüchteten Pilzes als auch mit Mischkulturen. Im
letzteren Falle kommen dann auch die pyogenen Eigenschaften des
fluorescierenden Bacillus mehr zur Geltung, während der nicht patho-
gene gelbe Kapselbacillus die durch den Pilz erzeugten Veränderungen
nicht modifiziert.
Die pathogene Wirkung der Kulturen wurde durch Weiter-
zücbtung und durch Durchleiten derselben durch Versuchstiere eigen-
tümlich verändert.
Zunächst wurde festgestellt, daß die Injektion in die Blutbahn
nach 2—3 Tagen von Fieber und dann vom Ausbruch eines Bläschen-
ausschlages, namentlich an den sichtbaren Schleimhäuten, gefolgt war,
welcher Ausschlag bald zurückging. In anderen Fällen aber, nament-
lich bei Verwendung von frischen Reinkulturen auf Kartoffeln, erzeugte
die intravenöse Injektion sorgfältigst emulsierter Kulturen eine
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Beobachtungen über die Aetiologie der Maul- und Klauenseuche.
847
eigentümliche hämorrhagische, schnell tödliche Krankheit, namentlich
mit Hämorrhagieen der Darmschleimhaut, der Mesenterialdrusen und
der Peyer’schen Plaques, darunter 2mal mit hämorrhagischen Ge-
schwüren der Magenschleimhaut, welche Form einer bei uns be-
obachteten malignen Form der Aphthenseucbe entspricht.
Man kann aber auch mittels Kartoffelkulturen einen typischen
Bläschenausschlag erzeugen, wenn man eine sehr geringe Menge der
Kultur einimpft.
Bei Mäusen verursacht die subkutane Injektion des Pilzes nach
1 — 3 Tagen eine pnstulöse Eruption, welche nach wenigen Tagen
abheilt.
Bei Meerschweinchen erzeugt die subkutaue Injektion kleiner
Kulturmengen nach 4 Tagen einen Absceß oder ein Geschwür, welches
nach 6 — 10 Tagen heilt.
2 Kälbern wurde eine Bouillonknltur des Pilzes in die skarifizierte
Mundschleimhaut eingerieben, worauf nach 48 Stunden Fieber und
hierauf eine umschriebene Blaseneruption, ganz ähnlich jener der
natürlichen Krankheit, auftrat; leider entwickelte sich bei einem
Kontrolltiere nach einigen Tagen die natürliche Seuche.
4 Kälber wurden aus ganz unverdächtiger Gegend in ganz neue
Ställe eingestellt und nach 8- tägiger Beobachtung 2 davon wie früher
behandelt. Nach 4 Tagen trat bei denselben Fieber und charakte-
ristischer Blasenausschlag, namentlich auf der Nasenschleimhaut, auf.
Die Krankheit verlief gutartig.
Auf ähnliche Weise wurden nun Schweine injiziert. 2 Schweine,
welche zunächst 14 Tage in Beobachtung gehalten wurden und an
ganz unverdächtiger Stelle eingestellt waren, wurden an skarifizierten
Stellen des Rüssels und des Maules injiziert, bei denselben trat ohne
nennenswerte Temperatursteigerung umschriebene Bläscheneruption
auf, welche zu oberflächlicher, schnell heilender Geschwürsbildung
führte.
Von 2 anderen Schweinen, welche früher ohne Erfolg mit dem Sta r -
covici’ sehen feinen Bacillus behandelt worden waren, wurde eines
am Ohre, das andere an der Schleimhaut mit Pilzkultur infiziert.
Das erstere Tier bekam nach 4 Tagen vorübergehende Temperatur-
steigerung, während bei dem anderen Tiere nach 60 Stunden ge-
steigerte Sekretion, Hyperämie und Bläschenbildung der Lippen-
schleimbaut auftrat, welche in einigen lägen abheilte. Von diesem
Tiere konnte durch Einreiben des Bläscheninhaltes ein anderes Schwein
infiziert werden. Ebenso war die Uebertragung des reichlichen Mund-
schleimes von einem Kalbe, welches durch die Impfung des Pilzes
erkrankte, vom Ausbruch der typischen Krankheit gefolgt.
Es wurden noch Schafe, Lämmer, eine Ziege, Eselfüllen, Tauben
und Hühner, jedoch ohne Erfolg, geimpft
Weiße Mäuse zeigen an Stelle der subkutanen Impfung eine
oder mehrere Pusteln, welche sich bald mit gelber Kruste bedecken
und abheilen.
III.
Es folgt demnach aus unseren Ausführungen, daß bei der Maul-
und Klauenseuche sowohl von Siegel und Bussen ius, als auch
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§48 B&bes u. Proc», Beobachtungen über die Aetiologie der Maal« u. Klauenseuche.
von Starcovici und uns selbst mehrere Arten von Mikroorganismen
gefunden wurden, welche der B. coli gruppe angeboren, und nach
deren Impfung bei Kälbern die Seuche zum Ausbruch kam. Da es
sich aber um verschiedene Bakterien handelt, indem dieselben durch-
aus nicht in allen Fällen konstatiert wurden und da sich dieselben
nicht so verhalten, wie es vom Erreger der Seuche vorausgesetzt
werden müßte, ist es sehr wahrscheinlich, daß der Ausbruch der
Seuche nach der Impfung ein zufälliger war oder auf einen Ver-
suchsfehler zurückzuführen ist.
Andererseits haben wir einen eigentümlichen Mikroorganismus
bei dieser Seuche nachweisen können, dessen Stellung im System
schwer zu bestimmen sein dürfte. Es handelt sich also vielleicht um
einen höheren Pilz, wohl einen Ascomyceten, welcher eine sehr stabile
Symbiose mit dem beschriebenen Bacillus bildet und infolgedessen
die beschriebene eigentümliche Erscheinungsweise aufweist.
Es kann sich aber vielleicht um eine eigentümliche Pilzform
handeln, etwa dem von Babes beschriebenen Ascobacterium
luteum vergleichbar (Cor nil-Bab es, Les bact6ri6s. 1887 u. 1890),
und könnte dieselbe dann dem Ascococcus, vielleicht auch höheren
Pilzen, etwa der Familie der Gymnoasci, deren niederste Form
dieselbe darstellen würde, angereiht werden.
Dieser Pilz wächst hauptsächlich bei niederer Temperatur auf
zuckerhaltigen Nährböden, bildet eigentümliche, krystalldrüsenäbnliche
Kolonieen und hat einen sehr formenreichen Entwickelungskreis, zu-
nächst Schläuche oder Kapseln, in welchen Reihen von kokken- oder
bacillenähnlichen Gebilden liegen, dann isolierte eingekapselte Stäb-
chen, etwas größer als der Bacillus coli communis, dann
Clostridium - artige Sporen, ferner größere, rundliche, protoplasma-
tische Massen, Ketten oder massige, verzweigte Verbände bildend,
endlich namentlich auf Kartoffeln glänzende, homogene Hefezellen.
Die pathogene Wirkung des Pilzes ist höchst auffallend. Zu-
nächst ist der Pilz wenig pathogen. Derselbe erzeugt bei Kaninchen,
Schweinen und Kälbern nach Einreibung oder Verfütterung Fieber
und nach mehreren Tagen eine mehr oder weniger umschriebene
Bläscbeneruption. Durch Injektion in die Blutbahn erzeugt der Pilz
allgemeine Bläscheneruption, namentlich an jenen Stellen, welche bei
der natürlichen Aphthenseuche affiziert sind.
Namentlich Kartoffelkulturen sind viel virulenter, indem sub-
kutane Injektion am Rumpfe wohl auch unwirksam ist, Injektion in
die Blutbahn oder ins Peritoneum von Kaninchen aber eine schnell
tödliche hämorrhagische Septikämie auslöst, wobei namentlich Darm-
bämorrhagieen und hämorrhagische Infiltration der P e y e r ’ sehen
Plaques charakteristisch zu sein scheinen. Bemerkenswert ist noch,
daß die Impfung mit geringen Mengen von Kartoffelkultur die
Bläschenkrankheit, größere Mengen und an geeigneten Orten injiziert
eine hämorrhagische Septikämie erzeugt, welche der malignen Aphthen-
seuche ähnlich verläuft.
Es entsteht nun die Frage, ob dieser Pilz mit der Maul- und
Klauenseuche in irgendwelcher Beziehung steht? In Betreff dieser
Frage wollen wir zunächst betonen, daß der Pilz in ö unter 8 unter-
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L. Gussew, Eio Fall einer dreifachen Infektion des Organismus etc. 349
suchten Fällen von Aphthenseuche aus dem Blaseninhalte und dem
Speichel der erkrankten Tiere gewonnen werden konnte, während er
nur lmal unter 11 untersuchten Fällen bei gesunden Tieren gefunden
wurde. Der Umstand, daß derselbe aus dem Blaseninhalte gezüchtet
werden konnte, ferner die spezifische Eigenschaft desselben, Fieber
und eine Bläscheneruption auf entzündlicher Basis zu erreichen, be-
rechtigte uns, diesen eigentümlichen Mikroorganismus näher ins Auge
zu fassen. Es ist jedenfalls berechtigt, denselben auf seine Beziehung
zur Aphthenseuche noch weiterhin zu prüfen, obwohl mannigfache
Umstände sich dem Studium desselben entgegenstellen, so namentlich
die Schwierigkeit, tadellose Versuche an Rindern anzustellen, ferner
der Umstand, daß wir es mit einer äußerst hartnäckigen Symbiose zu
thun haben, dann die große Variabilität der Form und der patho-
genen Wirksamkeit desselben, sowie endlich die Schwierigkeit, den
Pilz im Gewebe nachzuweisen (sowie verschiedene pathogene Blasto-
myceten erscheint derselbe im veränderten Gewebe in Form hyaliner
Kugeln, Kolben, Stäbchen und Körnchen, welche namentlich durch
Anilin-Safranin-Jod dargestellt werden können, sowie verschiedener
schwer identifizierbarer protoplasmatiscber Gebilde). Wir wollen des-
halb zunächst diese vorläufige Beschreibung desselben als eines eigen-
tümlichen Krankheitserregers veröffentlichen, und behalten uns vor,
weitere Studien über den Zusammenhang desselben mit der Maul-
und Klauenseuche folgen zu lassen.
Nachdruck verboten.
Ein Fall einer dreifachen Infektion des Organismus
(mit Milzbrandbacillen, eitererregenden Streptokokken
und Fraenkel's Diplokokken).
[Aus dem pathologisch-anatomischen Institute der Universität
zu Moskau.]
Von
st. med. L. Gussew.
Mit 1 Figur.
Am 8. Nov. 1896 erhielt das pathologisch-anatomische Institut
der Universität zu Moskau aus der Kinderklinik des Prof. Filatoff
die Leiche eines 10 Monate alten Mädchens, welches an Milzbrand
gestorben war. Während der Sektion wurde eine mikroskopische
Untersuchung des dem Herzen entnommenen Blutes ausgeführt, wobei
man außer Milzbrandbacillen noch zwei Arten von Mikroorganismen
fand: kleine, in Kettchen gereihte Kokken und an den Enden zu-
gespitzte, in Kapseln eingeschlossene Diplokokken. Einige der im
Blute gefundenen Kokken befanden sich ohne Zweifel innerhalb der
Leukocyten.
In Anbetracht dessen, daß an der Leiche des Kindes keine An-
CnU AbL XXI. Bd. 54
850
L. Guisew,
Zeichen von Fäulnis wahrgenommen wurden (die Sektion wurde
36 Stunden nach dem Tode ausgeführt, außerdem war die Leiche
an einem kalten Orte aufbewahrt worden), konnte man auf Grund
der Untersuchung des Blutes die Voraussetzung machen, daß man es
in diesem Falle nicht mit einer Entwickelung der Mikroorganismen
infolge von Fäulnis nach dem Tode der Kranken zu thun hatte, sondern
mit einer gemischten Infektion, welche bei Lebzeiten des Kiudes
stattgefunden haben mußte. Das Interesse dieses Falles beruhte eben
darin, aufzuklären, welche Arten von Mikroorganismen die gemein-
schaftliche Infektion des menschlichen Organismus verursacht hatten.
Auf Anregung von Pros. Dr. Kisch ensky untersuchte ich unter
Leitung desselben diesen Fall sowohl in bakteriologischer, als auch
in pathologisch-anatomischer Hinsicht. Deswegen sei es mir gestattet,
auch au dieser Stelle Herrn Dr. Kischensky meinen aufrichtigsten
Dank auszudrücken. Ebenfalls halte ich es für meine Pflicht, Herrn
Prof. Filatoff meinen besten Dank abzustatten für die liebens-
würdige Erlaubnis, die Krankengeschichte dieses Falles aus seiner
Klinik zu benutzen. Die Krankengeschichte des verstorbenen Mäd-
chens, vom Ordinator der Klinik, Herrn Moltschanoff, notiert,
ist in Kürze folgende:
Anna G., 10 Monate alt, wurde wegen eines Geschwürs auf der
rechten Wange mit einer ödematäsen Schwellung der ganzen Wange
und der rechten Seite des Halses am 5. Nov. 1896 in die Klinik
aufgenommen. Die Kranke ist das jüngste (neunte) Kind. Sieben
sind gestorben; zwei von ihnen an irgend einer Geschwulst am
Halse (das eine vor 12 Jahren, das andere vor 1 Woche), wobei der
Tod noch vor 1 Woche eintrat. Der Vater des Kiudes, 41 Jahre
alt, Bürstenmacher, ist vollständig gesund; vor 20 Jahren hatte er
Pustulam malignam anf der linken Wange. Die Mutter, 37 Jahre
alt, ist gesund. Keine Anzeichen von Lues. Das Kind leidet seit
seiner Geburt an Erkrankungen des Darmtraktus; täglich 2—3 flüs-
sige, grünliche Stühle ohne Schleim. Andere Erkrankungen waren
nicht beobachtet worden.
Die gegenwärtige Krankheit begann am 2. Nov.: Auf
der rechten Wange erschien eine kleine rote Papel, welche sich am
folgenden Tage in ein Geschwürchen verwandelte; nachdem die
Kranke es abgekratzt hatte, erschien an der Stelle desselben eine
Pustel mit schmutzigem Boden. Zu gleicher Zeit erschien auf der
rechten Wange eine ödematöse Schwellung, welche über Nacht die
Hälfte des Halses einnahm. Eine bemerkbare Temperaturerhöhung
fehlte.
Status praesens. Die Kranke ist für ihr Alter gut ent-
wickelt. Die Haut ist blaß, rein; die Schleimhäute sind roth.
Panniculus adiposus und Muskulatur sind gut entwickelt. Das
Knochensystem ist normal. Auf der rechten Wange befindet sieb
ein kleines Bläschen mit dunklem Inhalt, ringsherum ein schmutzig-
grauer Belag, von einem roten Rande umringt ; rings um diese Stelle
fühlt man eine starke Infiltration. Die ganze Wange und die rechte
Hälfte des Halses ist stark ödematös. Bei der mikroskopischen Unter-
suchung des Inhalts des Bläschens konstatierte man Milzbrandbacillen.
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Ein Fall einer dreifachen Infektion des Organismus etc.
851
Verdauungsorgane. Die Kranke wird nur mit der Brust
gestillt und nimmt dieselbe gut. Am letzten Tage kam nach dem
Stillen einige Male Erbrechen vor. Das Kind hat 7 Zähnchen; die
Schleimhaut des Mundes und des Rachens ist normal. Der Bauch
ist ein wenig aufgetrieben. Die Untersuchung der Leber und der
Milz giebt nichts Abnormes, sie sind nicht vergrößert.
Die Brustorgane sind normal; Puls 130, genügend fühlbar.
Harn- und Geschlechtsorgane normal.
Nervensystem. Die letzte Nacht schlief das Kind schlecht,
ist eigensinnig geworden, schreit oft. Krampfanfälle, LähmuDgen,
Störungen der Sensibilität sind nicht beobachtet worden.
Verlauf der Krankheit
Am 5. Nov. wurde um 12 Uhr mittags das Geschwür durch eine
kreuzförmige, 1 */» cm tiefe Iucision aufgeschnitten und mit reiner
Karbolsäure ausgebrannt. Das bei der Incision hervorgetretene Blut
wurde mikroskopisch untersucht (35 Stunden vor dem Tode), wobei
man keine Mikroorganismen fand. Das Kind will nicht mehr gut
die Brust nehmen, nach dem Stillen kommt Erbrechen vor. Zwei
flüssige, grünliche Stühle. Temperatur um 8 Uhr abends 37,2°.
Die folgende Nacht verbrachte das Kind unruhig.
6. Nov. An der Incisionsstelle ist die Infiltration weicher ge-
worden, die ödematöse Schwellung jedoch hat nicht abgenommen.
Temperatur um 9 Uhr morgens 36,6°. Neuer Verband und Aus-
brennen der Wunde mit Karbolsäure. Zum Abend hin verschlimmerte
sich der Zustand der Kranken, sie war sehr unruhig, der Puls wurde
schwächer, die Respiration röchelnd und um 10 Uhr 30 Min. abends
erfolgte der Tod.
Die Autopsie, von Herrn Dr. Wlassoff am 8. Nov. am Morgen
ausgeführt, erwies Folgendes: Kindesleiche mit blasser Hautfärbung,
reichlichem Panniculus adiposus. Auf der Rückenfläche stark aus-
geprägte Totenflecke. Das Zellgewebe der rechten Wange und der
rechten Hälfte des Halses ist ödematös geschwollen. Auf der Haut
der rechten Wange Spuren einer Schnittwunde mit angetrockneten,
zusammengeklebten Rändern; in der Tiefe ist das Zellgewebe ödematös
mit Biutergießungen.
Thorax. Die Lungen sind lufthaltig. Die unteren Lappen
derselben sind hypostatisch; die oberen anämisch. Die Muskelsubstanz
des Herzens degeneriert. Keine Spuren von Blutergießungen.
Bauchhöhle. Die Milz ist ein wenig vergrößert, schlaff, von
roter Farbe; die Pulpa derselben hyperplasiert. Die Leber ist hyper-
ämiscb, die Nieren dagegen anämisch. Im Darmkanale, außer kleinen
begrenzten Blutergießungen an einigen Stellen der serösen Haut,
nichts Abnormes. In anderen Organen sind keine Veränderungen zu
bemerken.
Schädelgewölbe. Starke Hyperämie der Pia mater und des
Gehirns. In der Pia mater Blutergießungen.
Diagnosis anatomica. Pustula maligna mala, Haemor-
rhagia meuingum, Hyperaemia et Hyperplasia pulpae lienis, Anthrax.
54 *
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852
L. Gnssew,
Bakteriologische Untersuchung des Milzsaftes und
Blutes aus dem Herzen.
Die mikroskopische Untersuchung des auf Deckgläschen ge-
strichenen, dem Herzen entnommenen Blutes konstatierte die An-
wesenheit einer bedeutenden Anzahl von Milzbrandbacillcn und einer
noch größeren Anzahl lanzettförmiger, inkapsulierter Diplokokken
und in Kettchen gereihter Kokken. Eine geringe Anzahl der Leuko-
cyten des Blutes enthielt sowohl diese, als auch jene Kokken. In
noch geringerer Menge beobachtete man das Verschlingen der Milz-
brandbacillen durch Leukocyten. Einige außerhalb der Leukocyten
sich befindende Milzbrandbacillcn waren schlecht gefärbt, abgestorben.
Dasselbe beobachtete man bei der mikroskopischen Untersuchung des
Milzsaftes.
H Sowohl aus dem dem Herzen aseptisch entnommenen Blute, als
auch aus dem Milzsafte wurden Agarplattenkulturen auf Pet ri-
schen Schalen zubereitet und in dem Thermostaten bei 37 0 auf-
gestellt.
Bei der mikroskopischen Untersuchung mit kleiner Vergrößerung
dieser Schalen konnte man nach Verlauf von 24 und 48 Stunden
nach der Aussaat drei verschiedene Arten von Kolonieen entdecken:
Erstens, Kolonieen, die ftlr B. anthracis charakteristisch
sind, wobei die mikroskopische Untersuchung der auf Deckgläschen
gestrichenen und gefärbten Präparate aus denselben die Anwesenheit
von Milzbrandbacillen konstatierte. Die Wucherung dieser Bacillen
auf verschiedenen Nährböden ist ebenfalls für diesen Mikroorganismus
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Eid Fall einer dreifachen Infektion des Organismus etc.
853
charakteristisch. Um die Virulenz der erhaltenen Milzbrandbacillen*
kultur zu prüfen, wurde mit derselben (4. Generation) eine weiße
Maus subkutan infiziert; das Tier kam ungefähr 40 Stunden nach
der Ansteckung um ; aus dem Kadaver dieser Maus wurden Milzbrand-
kulturen gezüchtet.
Zweitens beobachtete man die Wucherung runder, kleiner,
gelblichbrauner, körniger Kolonieen. Die mikroskopische Unter-
suchung der auf Deckgläschen gestrichenen und gefärbten Präparate
aus diesen Kolonieen ergab die Anwesenheit kleiner (zu 4 — 6),
in Kettchen gereihter Kokken. Die Wucherung dieser Kokken auf
verschiedenen Nährböden war charakteristisch für Streptokokken.
Bei Zimmertemperatur erhielt man ein geringes Wachstum, und die
Entwickelung der Kultur ging sehr langsam vor sich. In Bouillon-
kulturen beobachtete man eine Entwickelung von in lange Ketten
(zu 10 — 15) gereihten Kokken. Die gezüchtete Streptokokkenkultur
(2. Generation) wurde in die Bauchhöhle einer weißen Maus und
eines Kaninchens eingeführt; die Tiere gingen nach weniger als
24 Stunden unter den Erscheinungen einer allgemeinen Infektion
(Septikämie) ein. Aus den Kadavern dieser Tiere wurden Rein-
kulturen von Streptokokken gezüchtet.
Kolonieen der dritten Art waren dunkelbraun, von läng-
licher Form, wetzsteinförmig. Solche Kolonieen befanden sich in
tieferen Schichten des Nährbodens. Die mikroskopische Unter-
suchung der auf Deckgläschen gestrichenen und gefärbten Präparate
aus diesen Kolonieen ergab die Anwesenheit von Diplokokken, die
wegen ihrer lanzettartigen Form und Färbbarkeit nach Gram den
F r a e n k e 1 'sehen Diplokokken ähnlich waren. Aus ebensolchen Diplo-
kokken bestanden auch die Kolonieen, welche sich auf der Oberfläche
des Nährbodens entwickelt hatten; diese Kolonieen hatten schwach
ausgeprägte Umrisse, eine Körnung au den Rändern und einen
gleichsam dunkeln Kern. Diese Diplokokkenkulturen, nachdem sie
auf eine schräge Agar-Agarfläche überpflanzt und bei 37 0 C gehalten
worden waren, gaben ein den Fraenkel’schen Diplokokken charak-
teristisches Wachstum; man erhielt gleichsam zarte Thautropfen.
Die Lebensfähigkeit dieser Kulturen war sehr gering: man mußte sie
jeden 2. — 3. Tag überpflanzen, sonst starben sie ab.
Die von mir aus dem Blute gezüchteten Diplokokken repräsen-
tierten scheinbar zwei verschiedene Arten der Fraenkel’schen
Diplokokken. Für eine solche Voraussetzung spricht Folgendes: Die
eine Art der gezüchteten Diplokokken entwickelte sich, wenn auch
spärlich, auf Gelatine bei einer Temperatur von 25" C, dagegen
erfolgte eine Wucherung der anderen Art nur bei 37°. Die Diplo-
kokken der ersten Art waren ein weDig größer als die der zweiten.
Uebrigens verschwindet dieser Unterschied bei den darauffolgenden
Ueberpflanzungen.
Bekanntlich sind die Pneumokokken in morphologischer und
biologischer Hinsicht großen Veränderungen unterworfen: bald er-
scheinen sie in Form von Diplokokken, bald sind sie zu Ketten ver-
eint; die Größe einzelner Kokken unterliegt ebenfalls großen Schwan-
kungen. Endlich können sie sich, nach der Meinung der meisten
Digitized by Google
854
L. Guesew,
Forscher, nur bei 37 0 C entwickeln, nach der Meinung anderer
dagegen (Monti, Kruse, Pansini) 1 ) auch bei niedrigeren Tem-
peraturen (22° und sogar 18° C).
Die 4. Generation der erhaltenen Diplokokkenkultur wurde iu
die Bauchhöhle einer weißen Maus und eines Kaninchens injiziert.
Das Kaninchen blieb am Leben, die Maus dagegen kam nach
60 Stunden um, wobei im Blute derselben lanzettförmige, in Kapseln
eingeschlossene Diplokokken aufgefunden wurden ; von letzteren wurden
ebenfalls Reinkulturen gezüchtet.
Um aufzuklären, welchen Einfluß auf die Ansteckung des tierischen
Organismus durch Milzbrand eine gleichzeitige Infektion desselben
durch Fraenkel’sche Diplokokken ausüben kann, injizierte ich
gleichzeitig Kulturen von Milzbrand und Fraen kel’schen Diplo-
kokken in das Unterhautzellgewebe einer Maus. Die Maus kam
40 Stunden nach der Impfung an Milzbrandinfektion um (folg-
lich nach ebenso langer Zeit, wie auch die in früheren Versuchen
augeführte Maus, welche nur durch Milzbrandbacillen angesteckt
worden war), Fraenkel’sche Diplokokken dagegen wurden im Blute
des gefallenen Tieres nicht aufgefunden.
Mikroskopische Untersuchung der Schnitte aus ver-
schiedenen Organen.
Ein Teil der aus den Organen excidierten Stückchen wurde in
eine Mischung von gesättigter Sublimatlösung und 5-proz. Lösung
Kali bichromici gelegt, der andere in 45-proz. Spiritus. Die weitere
Fixation der Stückchen war die gewöhnliche. Teils worden die
fixierten Stückchen in Celloidin, teils in Paraffin eingeschlossen. Die
F'ärbung wurde größtenteils nach Gram ausgeführt, in einigen Fällen
jedoch wurden die Kerne vorher mit Karmin gefärbt.
Untersuchung der aus der Karbunkelstelle excidierten
Haut.
Stellenweise sind die Zellelemente der Haut nekrotisiert, stellen-
weise fehlt die Epidermis. Um diese Stellen herum bemerkt man
eine stark ausgeprägte ödematöse Schwellung und die Erscheinungen
einer Entzündungsinfiltration. Auf der Oberfläche der erhaltenen
Epidermis bemerkt man Häufchen von Kokken, welche stellenweise
durch Haarscheiden bis zu den nächsten Lymphgefäßen dringen.
Alle diese Kokken lassen sich schlecht färben (nicht nur nach dem
Gram 'sehen Verfahren, sondern auch mit einer schwachen Karbol-
fucbsinlösung) uml sind daher schwer zu unterscheiden. Auf der
Oberfläche der Haut sind keine Milzbrandbacillen. Dieselben trifft
man in großer Anzahl in den Lymphgefäßen des Corium an.
Die in der Klinik gemachten Incisionen und das Ausbrennen
mit Karbolsäure haben augenscheinlich die histologische Struktur des
ursprünglichen Krankheitsherdes stark verändert, denn den typischen
Bau der Pustel konnte man in den Schnitten nicht beobachten.
1) Flügge, Die Mikroorganismen. II. Teil. 1896. Die Hikrokokkea von
Frosch und K o 1 1 e.
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Ein Fall einer dreifachen Infektion des Organismus etc.
855
Die mikroskopische Untersuchung einer der sub-
maxi Haren Lyraphdrüsen, die sich auf der Seite des Krank-
heitsherdes befunden hatten, konstatierte, daß der größte Teil der
Drüse nekrotisiert ist (man bemerkt einen stark ausgeprägten Zerfall
der Kerne — Kariorhexis) ; außerdem ist die ganze Drüse von einer
sehr großen Anzahl schlecht färbbarer Kokken und von einer be-
deutenden Anzahl Milzbrandbacillen überfüllt.
Die mikroskopische Untersuchung der Schnitte
aus den inneren Organen erwies nur eine stark ausgeprägte
Blutüberfüllung aller Organe (besonders der Milz) und eine trübe
Schwellung des Epithels der Harnkanälchen der Niere; irgend-
welche andere histologische Veränderungen konnten nicht aufgefunden
werden. Außerdem kann man noch bemerken, daß eine recht große
Anzahl der Zellelemente sich im Stadium der indirekten Teilung be-
findet (das Kind ist 10 Monate alt), ln allen Organen befinden sich
sowohl Milzbrandbacillen, als auch Streptokokken und Fraenkel-
sche Diplokokken (gut färbbar). Milzbrandbacillen kommen in be-
deutender Anzahl in allen Organen vor, am meisten aber in der Milz
und in der Leber, besonders in den Kapillaren, weniger in Gefäßen
größeren Kalibers.
In den Häuten des Gehirns und des Rückenmarkes, welche sehr
hyperämisch waren, beobachtet man eine bedeutende Anzahl von
Diplokokken und Streptokokken, wobei die Mehrzahl dieser Mikro-
organismen sich in Kapillaren befindet, viel weniger in Gefäßen
größeren Kalibers. In den Gehirnhäuten sind die Kokken größten-
teils gleichmäßig in den Kapillaren zerstreut, dagegen liegen in
der Milz und in der Leber diese Mikroorganismen hauptsächlich in
großen Haufen in der Milzpulpa und in den Blutgefäßen der Leber,
wobei man im letzteren Organe um die Kokkenhäufchen herum an
einigen Stellen nekrotische Leberzellen bemerkt. In den Nieren liegen
die Kokken sowohl in Häufchen, als auch zerstreut in den Kapillaren.
Das Verschlingen der Kokken durch Leukocyten des Blutes wird
sehr selten beobachtet, noch seltener bemerkt man das Verschlingen
der Milzbrandbacillen durch weiße Blutkörperchen.
Zum Schlüsse dieser meiner Arbeit will ich noch auf die patho-
logischen Eigentümlichkeiten, die in diesem Falle beobachtet werden,
hinweisen und die Litteratur, die darauf Bezug hat, anführen.
Bekanntlich erkranken Menschen an Milzbrand in den meisten
Fällen durch Ansteckung vermittelst kleiner Hautwunden. Der
menschliche Organismus ist für Milzbrand nicht besonders empfäng-
lich, und diese Krankheit hat beim Menschen meist einen lokalen
Charakter (Pustula maligna) ; dabei ist die Gefahr fürs Leben größer,
wenn die Pustel sich auf dem Kopfe oder an dem Halse befindet
(Mortalität 26,31 Proz., dagegen bei der Ansteckung durch untere
Extremitäten nur 5,12 Proz. nach Nasarow)*). An Milzbrand er-
krankte oder schon umgekommene Tiere sind der gewöhnliche In-
1) Lubarsch u. Ostertag, Ergebnisse der allgemeinen Aetiologie der mensch-
lichen und Tierkrankheiten. 1896. — Labarsch u. Frank, Der Milzbrand beim
Menschen.
856
L. Gussew,
fektionsherd für den Menschen. Daher erkranken daran gewöhnlich
die Menschen, welche mit Materialien, die von an Milzbrand um-
gekommenen Tieren stammen, zu thun haben. In unserem Falle
vollzog sich die Ansteckung durch irgend eine kleine, wahrscheinlich
wund gekratzte Stelle auf der Wange. Auch kann man mit großer
Wahrscheinlichkeit annehmen, daß als Infektionsquelle jenes Material
gedient hatte, aus welchem Bürsten gemacht wurden (der Vater der
Verstorbenen war Bürstenmacher), und das von einem an Milzbrand
umgekommenen Tiere stammte. Für diese letztere Voraussetzung
spricht auch noch der Umstand, daß von sieben gestorbenen Ge-
schwistern dieses Kindes zwei „an einer Geschwulst am Halse“ zu
Grunde gegangen sind, und daß der Vater selbst vor 20 Jahren eine
Pustula maligna auf der Wange gehabt hat.
In unserem Falle handelt es sich um eine dreifache Infektion,
nämlich mit Milzbrandbacillen, eitererregenden Streptokokken und
Fraenkel’scben Diplokokken. Dafür, daß die Kokken in den Organis-
mus des Kindes noch bei Lebzeiten desselben eingedrungen sind, und
daß wir es folglich mit einem Eindringen dieser Mikroorganismen nicht
nach dem Tode des Kindes zu thun hatten, spricht Folgendes: 1) An
der Leiche des Kindes können keine Anzeichen von Fäulnis wahr-
genommen werden; auch die mikroskopische Untersuchung bekräftigt
dieses und 2) all die genannten Kokken wurden hauptsächlich im
Blute entdeckt (größtenteils in Kapillaren), wobei auch in Leukocyten
eingeschlossene Kokken vorkamen. Natürlich kann man die Möglich-
keit nicht ausschließen, daß eine bedeutende Vermehrung der Kokken
im Blute kurz vor dem Tode des Kindes (wie es Lubarsch und
Frank bezüglich der Milzbrandbacillen beobachtet hatten) oder sogar
in der ersten Zeit nach dem Tode, als die Leiche noch warm war,
sich vollzogen hat.
Es ist noch die Frage zu erläutern, aus welcher Stelle des Or-
ganismus die Kokken ins Blut eindringen konnten?
Nach den Untersuchungen einiger Forscher, darunter auch
Baumgarten 1 ), spielen bei der Entstehung der Pustula maligna
des Menschen zugleich mit den Milzbrandbacillen auch die eiter-
erregenden Mikroorganismen (Staphylokokken, Streptokokken) eine
Itolle ; folglich hat man es dabei mit einer gemischten Infektion zu thun.
Von anderen Forschern wird die beständige Teilnahme der eiter-
erregenden Kokken bei der Bildung der Pustula maligna in Frage
gestellt. So z. B. fand K. Müller (Lubarsch und Frank) bei
der Untersuchung von 4 Fällen der Pustula maligna nur Milzbrand-
bacillen. Welchen Anteil auch die eitererregenden Mikroorganismen
an der Bildung der Pustula maligna haben mögen, so ist doch auf
jeden Fall das außer Zweifel, daß die Anwesenheit derselben in dem
Inhalt der Pustel für den kranken Organismus nicht indifferent ist,
da sie in den durch die Milzbrandinfektion schon geschwächten Or-
ganismus eindringen und eine allgemeine Infektion bervorrufen können.
Es ist höchst wahrscheinlich, daß in unserem Falle die allgemeine
Infektion von eitererregenden Streptokokken sich eben durch die
1) Baumgarten, Lehrbuch der patholog. Mykologie. II. 1890.
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Elin Fall einer dreifachen Infektion des Organismus etc.
857
Pustel vollzogen hatte. Für eine solche Voraussetzung spricht der
Umstand, daß eine bedeutende Anzahl der Kokken sowohl auf der
Oberfläche der gewesenen Pustel, als auch in den tieferen Schichten
und der nächsten Lymphdrüse gefunden worden war. Die schlechte
Färbbarkeit der hier entdeckten Kokken, welche auf ein Absterben
derselben hinweist, konnte auch durch das in der Klinik vorgenommene
Beizen mit Karbolsäure bedingt werden.
Die Besonderheit dieses Falles beruht darin, daß zugleich mit
Streptokokken sowohl im Blute des Herzens, als auch in allen Organen
F r a e n k e 1 ’sche Diplokokken aufgefunden worden waren. Daß
Pneumokokken in einigen Fällen eine echte Septikämie hervorrufen
können, darauf haben schon viele Forscher hingewiesen (Belfanti,
Marchiafava, Bignani u. A.)‘), Aus welcher Stelle des Or-
ganismus vollzog sich das Eindringen der Diplokokken in unserem
Falle?
Als der häufigste Ausgangspunkt für das Eindringen der Pneumo-
kokken in die Blutgefäße dienen die Entzündungsherde in den Lungen,
lu unserem Falle konnten aber keine entzündlichen Prozesse in den
Lungen entdeckt werden.
Andererseits findet man in der Litteratur keine Hinweise darauf,
daß man in der Pustel Fraenkel’sche Diplokokken gefunden hätte,
daher wäre es meiner Meinung nach sehr gewagt, vorauszusetzen,
daß das Eindringen derselben ins Blut auf ebensolchem Wege, wie
das Eindringen der Streptokokken sich vollzogen habe. Aus diesem
Grunde bleibt uns nur übrig, anzunehmen, daß die Pneumokokken
aus dem Munde oder aus der Nasenhöhle, wo sie zu jeder Zeit auf-
gefunden werden können, eingedrungeu sind ; unter dem Einfluß ver-
schiedener günstiger Momente, z. B. Schwächung des Organismus,
können sie, höchstwahrscheinlich, virulent werden und infolgedessen
auch eine allgemeine Infektion des Organismus hervorrufen. Das
Eindringen der Diplokokken aus der Mundhöhle konnte ohne Zweifel
der entzündliche Prozeß, der die ganze Wange eingenommen und der
aller Wahrscheinlichkeit nach auch auf der Schleimhaut der Mund-
höhle Veränderungen hervorgerufen hatte, begünstigen.
30. April 1897.
1) FlOg g e, l. c.
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858
D. B. Rone all.
Nachdruck verbot**
Ueber die Behandlung bösartiger Tumoren durch In-
jektion der Toxine des Streptococcus erysipelatis,
zugleich mit dem des Bacillus prodigiosus, sowie der
nach den Methoden von Eichet und Hericourt ernd
nach den von Emmerich und Scholl zubereiteten sog.
anticancerösen Serumarten.
Experimentelle und klinische Beobachtungen.
[Aus dem Institute für klinische Chirurgie an der K. Universität Rom,
Direktor Prof. F. Dur ante.]
Von
Dr. I». B. Koncali.
Assistenten am Lehrstuhl der demoiuiLrativen speziellen chirurgischen Pathologie.
(Schluß.)
Wenn man Krebssaft, selbst in bedeutender Menge, unter die
Haut von Tieren einspritzt, findet man, daß er durchaus keine toxische
Wirkuug hervorbringt. Und so muß es sein: der Krebssaft, obgleich
er die Sekretionsprodukte des ätiologischen Faktors des Krebses
enthält, kann nicht toxisch sein, denn die Sekretionsprodukte der
Parasiten, welche Epitheliome und Sarkome hervorbringen, nämlich
die Blastomyceten, sind durchaus nicht toxisch. Die Experimente
Sanfelice’s und die meinigen, welche mit toxischen Produkten von
pathogenen, aus bösartigen Neoplasmen des Menschen und der Tiere
isolierten Blastomyceten angestellt wurden, bewiesen mit Entschieden-
heit, daß wenigstens in vitro die Sekretionsprodukte dieser Parasiten
nicht die geringsten toxischen Eigenschaften aufweisen.
Aus diesen Gründen können wir also sagen, daß die Serotherapie
nach der Methode von Ri che t und H6ricourt für die Heilung
bösartiger Tumoren keinen Wert hat, noch jemals haben
wird, und daß es nach den ätiologischen Studien über den Krebs
wenig wahrscheinlich ist, daß man zur Herstellung anticancerösen
Serums von einiger Wirksamkeit gelangen könne. Aber ich will diese
Betrachtung mit denselben Worten schließen, die ich am Ende eines
Vortrags im Kreis der Naturforscher bei der italienischen geographischen
Gesellschaft aussprach :
„Vielleicht wird es uns niemals gelingen, den Krebs durch die
Serotherapie zu überwinden, denn die Sekretionsprodukte der Blasto-
myceten sind sehr wenig toxisch und also ungeeignet, Tiere zu im-
munisieren und ihr Serum antitoxisch zu machen. Aber wir werden
es sicher erreichen durch Vaccinationen, welche auf demselben Prinzip
beruhen, wie die jetzigen Kuhpockenimpfungen, da der spezifische
Faktor der Blattern sehr wahrscheinlich ein Blastomycet ist“ 1 ).
1) Koncali, I formend Operand a danno dell* oomo e degli animali. Confer «es»
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Ueber di« Behandlung bösartiger Tumoren etc.
859
Und nun noch einige Betrachtungen Ober die von Emmerich
und Scholl * 1 ) erdachte Methode zur Heilung maligner Tumoren.
Diese Autoren wollten die Toxicotherapie mit der Sero-
therapie verbinden. Ihre Methode besteht in der Injektion sehr
virulenter Reinkulturen des Streptococcus erysipelatis unter
die Haut, von Schafen ; diese werden getötet, wenn sie im Begriff
sind, der Streptokokkeninfektion zu erliegen. Dann entzieht man ihnen
Blut, trennt das Serum von den festen Teilen und injiziert ersteres
in das Parenchym des Neoplasmas. Dieses Serum ruft an der In-
okulationsstelle ein Pseudoerysipel mit Temperaturerhöhung hervor.
Emmerich und Scholl beobachteten, daß infolge dieser Injektionen
die Sarkome leichter geheilt werden, als die Epitheliome.
In der That aber heilt dieses Serum weder die einen, noch die
anderen.
Nachdem er festgestellt hat, daß der Krebs durch das Serum
von Emmerich und Scholl durchaus nicht geheilt wird, sagt
Petersen 1 * ), diesem Serum gebühre in keiner Weise der Name
„Krebsheilserum“.
Bruns 9 ) hat das Serum von Emmerich und Scholl an
4 Epitheliomen, 2 Sarkomen und einem malignen Lymphom versucht,
und konnte feststellen, daß diese Injektionen vom therapeutischen
Gesichtspunkte aus keine Besserung hervorbriugeu, wohl aber dem
Leben des Kranken sehr gefährlich werden können.
Freymuth 4 5 ) gelangt ungefähr zu denselben Schlüssen wie
Bruns. Außerdem hat er nach dem Gebrauch dieses Serums ein
echtes Erysipel auftreten sehen und hält es darum für sehr gefährlich.
Angerer 9 ) bat das Serum von Emmerich und Scholl an-
gewendet und sich überzeugt, daß es keine spezifische Wirkung auf
den Krebs ausübt; er fügt hinzu, die Behauptung jener Autoren, dieses
Serum habe seine Krebskranken günstig beeinflußt, sei ganz grundlos.
Reineboth 6 * ) wendete das Serum bei einem rückfälligen Epi-
theliom der Mamma ohne den geringsten Vorteil au ; die Kranke starb
4 Wochen nach Beginn der Behandlung.
tenuta uei circalo dei naturalisti presso ia societk geografica italiaoa il 7 marzo 1896.
(Annali di medicina navale. 1896.)
1) Emmerich uDd Scholl, Klinische Erfahrungen Ober die Heilung des Krebses
durch Krebsserum. (Deutsche med. Wochenscbr. 1896) — Kritik der Versuche des
Herrn Prof. Bruns über die Wirkung des Krebsserums. (Deutsche med. Wochenschr.
1895.) — Die Haltlosigkeit der kritischen Bemerkungen des Herrn Peter sen über
Krebsheilserumtherapie. (Deutsche med. Wochenschr. 1896.)
2) Petersen, Einige kritische Bemerkungen zur Krebsbeilserumtherapie etc.
(Deutsche med. Wochenschr. 1895.) — Zur thatsfichlichen Berichtigung in Sachen des
Krebsbeilserums. (Deutsche med. Wochenschr. 1895.)
8) Bruns, Zur Krebsbehandlung mit Erysipelserum. (Deutsche med. Wochenschr.
1895. 2 Aufsätze.)
4) Freymuth, Zur Behandlung des Krebses mit Erysipelserum. (Deutsche med.
Wochenschr. 1895.)
5) Angerer, Zur Heilung des Krebses mit Erysipelserum nach Emmerich und
Scholl. (Münchener med. Wochenschr. 1895.)
6) Reineboth, Injektionen in ein Endotheliom mit Emmerich'schem Krebs-
serum. (Deutsche med. Wochenschr. 1895.)
860
D. B. Roncali,
Jaksch 1 ) endlich berichtet in einer sorgfältigen Arbeit über
die Resultate, die er bei 5 Neoplasmen durch Injektion des Serums
von Emmerich und Scholl erhalten hat. Diese Neoplasmen waren
folgende :
I. Diagnose: Sarcoma maxillae inferioris.
II. Diagnose: Carcinoma mucosae oris in ichoratione. Carcinoma
secund. glandui. lymphat. cervicalium lateris sinistri, progrediens ad
basin cranii et colum nam vertebr. Compressio medullae cervicis.
III. Diagnosis necroscopia. Lymphosarcoma glandularum lympb.
multiplex. Lymphosarcoma nodulorum ventriculi et intestini multi-
plex. Lymphosarcoma secundarium glandulae tbyroideae, bronchorum,
hepatis, pancreatis et renum.
IV. Diagnosis. Sarkom der Beckenfascie, mit multipler Geschwulst
der Drüsen des Halses, Nackens und der Weiche.
V. Diagnose: Lymphosarkom.
Jaksch schildert ausführlich alle Erscheinungen, die er nach
dem Gebrauch dieses Serums wahrgenommen hat, zeigt dessen W irkung
auf die Blutmasse durch genaue Zähluug der weißen und roten
Elemente und sagt, in 4 Fällen hätten die Injektionen nach Emmerich
und Scholl keinerlei therapeutisches Resultat hervorgebracbt, und
in dem einen lebensgefährlichen Kollaps hervorgerufen, wodurch ipso
facto die Behandlung unterbrochen wurde. Endlich schließt Jaksch
mit folgenden Worten seine wichtige, gewissenhafte Arbeit:
„Ich halte es für ganz überflüssig, zu gunsten der Serotherapie
eine Lanze zu brechen, denn sie wird sicher früher oder später zum
Ziel führen, aber in Bezug auf das jetzt von Emmerich und Scholl
zubereitete Särum muß ich sagen, daß seine Anwendung schwere
Gefahren und bedeutende Beschwerden für die Kranken zur Folge
hat, so daß ich mich bei der verhältnismäßig geringen Zahl von
günstigen und der sehr großen von unglücklichen Fällen bewogen
sehe, es am Krankenbette nicht mehr anzuwenden“.
Auf Emmerich und Scholl läßt sich dieselbe Kritik anwenden,
die wir gegen die von Fe hl eisen erdachte und von Coley weiter ge-
führte Toxicotherapie ausgesprochen haben. Emmerich und Scholl
injizieren ein an Toxin des Streptococcus erysipelatis
äußerst reiches toxisches Serum, und nicht ein durch
das Toxin dieses Mikrobiums modifiziertes, d. h. ein
heilendes oder immunisierendes Serum; denn sie ent-
nehmen es nicht dem gegen diese Infektion immuni-
sierten Tiere, sondern einemTiere, welches im Begriff
ist, dieser Infektion zu erliegen. Aus diesem Grunde bringt
die Injektion des Serums von Emmerich und Scholl bei den
Kranken mehr oder weniger dieselben Allgemeinerscheinungen hervor
(entzündliche Reaktion an der Inokulationsstelle, Erhöhung der Körper-
temperatur, schwere Symptome von Kollaps, Frostschauer etc.), welche
von mir und Anderen nach der Injektion des Coley 'sehen Toxins
1) Jsksch, lieber die Behandlung maligner Tumoren mit dem ErysipeUerum von
Emmerich-Schöll. (Mitteilungen aus den Grensgebieten der Medisin und Chirurgie.
Bd. I. 1896. H. 8.)
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Ueber die Behandlung bösartiger Tumoren etc.
861
beobachtet worden sind. Der einzige Unterschied zwischen beiden
Methoden besteht darin, daß bei der Methode von Coley der
Mikroorganismus sein Toxin in der Fleischb rüh e der
Kultur und nach Emmerich und Scholl im Blutserum
des lebenden Organismus ab sondert. Welche der beiden
Flüssigkeiten toxischer, also dem Leben des Organismus schädlicher
ist, kann ich nicht sagen, denn ich habe das Serum von Emmerich
und Scholl niemals in Händen gehabt. Aber wenn ich mich auf
die Ergebnisse der Experimente, auch wenn sie von manchem ein
wenig gemißbraucht worden sind, stütze, muß ich die Ansicht aus-
sprechen, daß das Serum von Emmerich und Scholl sehr wahr-
scheinlich toxischer ist, als das von Coley, denn bekanntlich sind
die von einem Mikroorganismus im lebenden Körper abgesonderten
Toxine viel toxischer, als die, welche derselbe auf unseren gewöhn-
lichen Nährböden secerniert.
In der modernen Therapie hat die Iujektion irgend eines Serums
Dur den einen Zweck, die Leukocyten zur Sekretion der Alexiue
(Büchner) 1 ) auzuregen, um einerseits das Toxin der Keime zu
paralysieren, andererseits die Keime einzuhüllen und zu zerstören
(Metschnikoff®), Sanarelli 3 ), Gabritschewsky *), Lung-
hi n i 6 ), S a w t sc h e n k o 6 ) etc.). Diesen doppelten Zweck müßte die
Serotherapie im Epitheliom und Sarkom haben. Können wir von
einem Serum, wie das von Emmerich und Scholl, eine solche
Wirkung erwarten? Gewiß nicht, denn niemals wird eine toxische
Substanz einen Organismus zum Kampfe stärken können. Es wäre
absurd, zu glauben, die Leukocyten würden durch die Vergiftung nicht
zu Grunde gehen, sondern für den Kampf gegen den Parasiten ge-
stärkt werden.
1) Büchner, Münchener med. Wocbenschr. 1894.
2) Metachnikoff, LY tat actuel de la question de t’immuoitc (Annale» de In-
stitut Pasteur. 1894.)
3) Sanarelli, Annalea de l’institut Pasteur. 1894
4 ) Gabrit»chewsky, Du röle des leucocytes dans l'infection diplithöritique.
(Annales de l’institut Pasteur. 1894 )
5) Lunghini, 11 Polidinico. (S. M.) 1895.
6) Sawtichenko, citiert von Lunghini, II Polidinico. (S. M.) 1895.
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862
Vincenzo Diamare,
Nachdruck verholen.
Anatomie der Genitalien des Genus Amabilia (mihi).
Mitteilung
von
Dr. Vincenzo Diamare
in
Neapel.
Hit 8 Abbildungen.
In einer kurzen Notiz 1 ) habe ich das Vorkommen eines sonder-
baren Geschlechtsapparates bei einem Tänioiden (einem Parasiten des
Phoenicopterus ruber) angegeben, welchem der englische Anatom
Richard Owen*) wegen der seltsamen lamellenartigen Bildung der
Seitenränder der Proglottiden den Namen T. la m eiliger a beigelegt
hat. Owen unterschied an seinen Exemplaren den Skolex nicht, und
an den Genitalien stellte er nur die Existenz zweier Penis an jedem
Gliede fest, neben deren Basis die Eier angesammelt waren.
Rudolphi 8 ) beschrieb vor Owen summarisch einen Tänioiden
(Parasiten von Podiceps minor), dessen Körperform ganz der von
T. 1 ameilig er a Owens entspricht. Rudolphi unterschied an
ihm einen mit einem dicken Rostellum und großen Haken versehenen
Skolex und nannte ihn daher T. macrorhyncha.
W e d 1 4 ) fand später die Species Rudolphi’s wieder auf und
beschrieb das Rostellum und die Haken genauer, konnte aber nichts
von den Genitalien sehen, sondern schreibt: „Trotz mehrfach ange-
wendeter Methoden, über den Sitz der Geschlechtsöflfnungen und des
Penis Aufschluß zu erhalten, wollte es mir nicht gelingen, darüber
ganz ins klare zu kommen“. Er fügt hinzu, längs der ganzen Stro-
bila finde sich eine mediane Rhaphe, die auch von Owen bei T. 1 a -
melligera angegeben wird, und die aus in der Mitte des Randes
jedes Gliedes gelegenen Körperchen besteht, welche möglicherweise
Genitalöflnungen hätten sein können.
W e d 1 hat, wie wir sehen werden, eine der Seltsamkeiten dieses
Cestoden zum Teil erkannt.
Indem ich in meiner Note angab, daß die Anatomie der Ge-
nitalien der T. lameliigera mir bewies, daß dieser T&nioide von
allen bekannten Typen abwich, schlug ich die Bildung eines neuen
Genus vor, das ihn mitumfaßte, der Amabilia, indem ich ver-
1) V. Diamare, Note sul cestodi. (Bolletino della soc. di naturalisti in Napoli.
Ser. L VoL VII. 1893. Faac. 1. 2. p. 9—13.)
2) R. Owen, Description of a new species of tape- worin, T. lameliigera. (TransaeL
zool. so eiet j. Vol. I. 1836. p. 885. tab. 41.)
3) Rudolphi, Kntozoorum historia naturalis. Vol. II. P. II. p. 177 — 178. Fig. V.
Amsterdam 1810.
4) C. W e d 1 , Charakteristik mehrerer GröBenteile neuer Tänien. (Sitzungaber. der
matb.-naturwissensch. KI. der kaiserl. Akad. d. Wissensch. zu Wien. Bd. XVIII. 1855.
p. 5. Mit 3 Tafeln.)
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Anatomie der Genitalien des Genas Amabilia (mihi).
863
sprach, später die Einzelheiten und die Beziehungen der einzelnen
Geschlechtsteile auseinanderzusetzen. Dies thue ich hier und be-
gleite die anatomische Beschreibung mit Abbildungen, welche, wenn
auch größtenteils schematisch oder halbschematisch, die erhaltenen
Präparate treu darstellen, besonders Durchschnitte von verschiedener
Dicke in allen Richtungen.
Ich verdanke die untersuchten Exemplare der Freundlichkeit des
Prof. Monticelli, welcher mir schon im J. 1892 einige davon durch
Prof. Ficalbi von der Universität Cagliari (Sardinien) verschaffte
und andere in letzter Zeit als Nachfolger Ficalbi’s an dieser Uni-
versität selbst sammelte. Sie stammen sämtlich aus dem Darme des
Phoenicopterus roseus. Da sie kopflos sind, wie die Exemplare
von Owen 1 ), so fehlt mir der sicherste Beweis, um hier mit Ent-
schiedenheit behaupten zu können, daß die T. lam eil igera Owe n’s
mit der T. macrorhyncha Rudolphi’s identisch ist, obgleich
ich davon überzeugt bin. Trotzdem werde ich hier den Species-
namen Owen’s gebrauchen, um nicht systematische Empfindlich-
keiten zu erregen, in der Erwartung, daß ein späteres Autfinden des
Skolex den Namen Owen’s für den von Rudolphi, als den älteren,
aufgeben läßt.
Die Glieder dieses Cestoden sind sehr breit, aber sehr kurz und
zeigen an den Seiten, wie es Owen und Rudolphi gut beschrieben
haben, lamellenartige Expansionen (Fig. 1); die Form der reifen
und mit Eiern gefüllten Glieder ist in Fig. 2 dargestellt.
Fig. 1. Geschlechtsreife Glieder von Ami*
bilia lamelligera (Owen). Vergrößerung
Um mehrfache Wiederholungen zu vermeiden, werde ich hier
Seiten des Gliedes die den Lamellen entsprechenden Oberflächen
(Fig. 3 u. 4, c, d), Ränder die breiten Oberflächen nennen, und die
eine davon als Rückenfläche (welche, wie wir sehen werden, der
Rückenfläche des Ovariums entspricht [Fig. 4, o]), die andere als die
Bauchfläche bezeichnen (Fig. 4, b). Diese Benennungen werden
durch den Text deutlicher werden.
1) Owen spricht bei Beschreibung der Species nicht von dem Skolex , sondern
sagt in seiner Diagnose: „Taenia incrassata, capite subgloboso, rostello cilindrico ob-
tuso, collo nullo, articulis etc.“ Die Abbildung des ganzen Wurms, die er gegeben
hat, gleicht ganz meinen kopflosen Exemplaren; sehr wahrscheinlich hat Owen die
ersten Glieder für Köpfe gehalten, welche an der zusammengezogenen Strobila als in
die folgenden Glieder eingesenkte Warzen erscheinen.
Fig. 2. Glieder mit Eieru gefüllt, schwach
aneinander hängend, welche sich am Ende der
Strobila befinden; ihre Penes sind zum Teil aus
den Genitalpapillen ausgetreten. Vergr. 1 */»•
(Spiritusexemplar.)
Fig. 1.
Fig. 2-
864
Vincenzo Diamare,
Fig. 3. Fig. 4 .
Fig. 3. Eiu mittelst des Messer» abgetrenntes und von unteu gesehenes Glied
(gefärbtes und in KanadabaUam aufbewahrtes Präparat) Vergr. 2. o DorsaJrand.
b Ventralrand, c und d Seiten. Die Linie ab bezeichnet den Verlauf und die Lage
des medianen Gefaties, das sich nach auffan in a und b eröffnet. Die Linie cd be-
zeichnet den Verlauf der Canalee deferentes, welche sich an der Ventralfläche in geringer
Entfernung von der Kreismuskulatur untereinander und mit dem Mediangeföße (a, 3) ver-
einigen. Di« Pünktchen stellen die Gruppen von Hoden dar, welche jedoch die obere
Schicht des Gliedes einnehmen (die untere bei der Stellung, in welche hier das Glied ge-
bracht worden ist), während die C. deferentes sich zum grollen Teil in der unteren befinden.
Fig. 4. Glied wie oben, in welchem man in der mittleren Schiebt zwischen den
C. deferentes nnd den Hoden das Ovarium und den Dotterstock sieht (der dunklere, vor
dem Ovarium liegende Fleck), welche in Fig. 1 weggelassen sind. Das Mediangef&Jl ab
ist zum Teil als durchschnitten dargestellt, um diese weiblichen Drüsen besser zu zeigen.
a) Männliche Organe.
Eine erste Eigentümlichkeit der Genitalien der T. Israel iigera
besteht darin, daß sie keine gemeinschaftliche Gescblecbtshöhle be-
sitzen, worin die Ausfübrungsgänge beider Geschlechter endigen, wie
es bei den Cestodcn die Kegel ist, so daß in einer Vertiefung zu
jeder Seite des Gliedes nur die Tascbe des Penis mündet; man kann
also sagen, daß sich hier
eine bloß männliche Höhle
vorfindet. Bei der Vor-
streckung des Penis nimmt das
Antrum das Aussehen einer
Papille an (Fig. 5, p, p). Die
Penes sind kräftig, mit vielen
kleinen Haken versehen und in
einer großen, konischen, leicht
verengerten Tasche enthalten,
deren anatomische Bestandteile
ich in Fig. 5 halbschematisch
dargestellt habe.
Auf beiden Seiten findet
sich in Beziehung zu jeder
Fig. 5. Querschnitt durch eine
Proglottide in der Gegend der Penis-
tasche (halbschematiscb); pg, Genital»
papille; p*v, aus der Scheide getretener
Teil des Penis, bewaffnet; (#, Juitteres
Gewebe der Tasche, in welches Fasern
eindringen ( vielleicht von der Körper-
muskulatur ausgehend); ra c, Kreismu»-
keln; ml, Läng&muskein ; tp, eigenes
Gewebe des Penis; ip. Inneres des
Penis; es, männliche Samenblaee ; df,
C. deferens; tnrp, Zuriickziehungsmu.-
keln der Tasche des Penis.
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Anatomie der Genitalien des Genas Amabilia (mihi).
865
Tasche ein großes Gefäß, welches die ganze untere Fläche des Gliedes
durchläuft, indem es eine Zickzacklinie beschreibt (Fig. 3), und ein
wenig wieder aufsteigend, ehe e3 in die Tasche der betreffenden
Seite einmündet, eine mit Samen gefüllte, blasige Erweiterung zeigt
(Fig. 5, v, s). So durchläuft ein einziger C. deferens im
Zickzack die ganze Proglottis und verbindet die eine
Tasche mit der anderen (Fig. 3 u. 4).
Noch seltsamer ist das Verhältnis, welches dieses Gefäß an
einer Stelle mit einem anderen, medianen Gefäße von gleichem oder
kaum größerem Kaliber eingeht, welches es kreuzt, indem es die
ganze Proglottide vom dorsalen zum ventralen Rande durchläuft und
an beiden Rändern mit deutlicher Oeffnung nach außen mündet
(Fig. 3 u. 4, Fig. 8 uvd). Diese Figuren zeigen, wie innig die Be-
rührung ist. Aber, was noch auffallender ist, ich besitze zahlreiche
Präparate, in denen mau beide Gefäße sich kreuzen sieht; sie ver-
schmelzen und verbinden sich miteinander, so daß in den Frontal-
schuitten der Glieder die Fig. 6 entsteht.
Fig. 6. Verhältnis des C. deferens (d, d) mit dem C.
vaginalis (na). Ans einem Frontalschnitte des Gliedes (schein.).
Milchet */,.
Diese enge Verbindung ist, wie man sieht, schon an sich selbst
seltsam genug. Aber die Kommunikation der beiden Kanäle, indem
sie sich kreuzen und in unmittelbarer Berührung befinden, ist um so
auffallender, als, wie wir sehen werden, das dorso-ventrale Gefäß
keine andere Deutung zuläßt, als die einer Scheide. Bei diesem
Tänioiden fände sich also eine Kommunikation zwischen dem C. de-
ferens und der Scheide. Ich werde später auf diesen Gegenstand
zurückkoramen.
Die kleinen, runden, ziemlich zahlreichen Hoden sind, wie es bei
den Tänioiden der Vögel selten der Fall ist, mitten in der oberen
Fläche des Gliedes in winzige Träubchen versammelt.
Von ihnen gehen sehr feine, zusammenfließende Kanälchen aus;
leider gelang es mir nicht, so aufmerksam ich auch Reihenschnitte in
verschiedenen Richtungen untersuchte, zu entdecken, auf welche Art
dieselben mit dem C. deferens in Verbindung treten. Diese und einige
andere Lücken in der feineren Anatomie der Genitalien der Ama-
bilia, auf die ich gelegentlich aufmerksam machen werde, rühren
von der unvollkommenen Fixierung oder Erhaltung der Exemplare
her, die ich untersuchen konnte.-
b) Weibliche Organe.
Aus dem Schema (Fig. 4) sieht man, daß in jedem Glied
ein einziger medianer, weiblicher Drüsenapparat vor-
handen ist, im Gegensatz zu der Doppelzahl der Penes.
Dies bildet eine andere wichtige Charakteristik der A. lamelligera.
Aus demselben Schema und aus der beiliegenden Konstruktions-
figur (Fig. 8) ersieht man, daß das Ovarium mehr dem einen der
Knte AM. XXI. 84. 65
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866
Vincenzo Diamare,
Ränder, dem dorsalen (vergl. auch Fig. 4, o) genähert ist; beständig,
in allen Gliedern, hält es sich an diesem Rand und in dieser Lage.
Wie bei den Cestoden im allgemeinen besteht es aus zwei seitlichen
Flügeln und einem kurzen, quer liegenden Verbindungsstücke (Fig. 8 og\
welches U-förmig gebogen, und dessen Konvexität gegen den Dorsal-
rand gerichtet ist. Die Flügel bestehen aus langen, dünnen Aesten,
welche vom Dorsalrande nach dem Ventralrande verlaufen, und (be-
sonders die äußeren in Bezug auf die Achse des Gliedes) während
ihres Verlaufs kurze dichotomische Verzweigungen bilden, die selten
mit einander anastomosieren und in leichte, keulenförmige Verdickungen
endigen (Fig. 8 cto). In Bezug auf die obere Fläche des Gliedes ist
das ganze Ovarium leicht bogenförmig gekrümmt ■), und die Kon-
kavität des Bogens ist nach der unteren Fläche des Gliedes gerichtet.
Oberhalb und an den Seiten des anastomotischen Stückes (dorsal)
schwellen die Flügel zu einem cul de sac an, und zwischen den An-
schwellungen und deu Anastomosen entsteht ein Raum, über welchen,
wie ich sagen werde, der Eileiter sich hinzieht, welcher sich nach
oben richtet, um in den Uterus einzumünden.
Der ziemlich umfangreiche, in viele längliche Lappen geteilte
Dotterstock liegt vor dem Ovarium in einer etwas tieferen Schicht,
und zwar in der Art, daß ein Teil davon, so zu sagen, durch die
Endteile der Ovariumstiele verborgen wird (Fig. 4 und 8 vt).
In einer mittleren Schicht zwischen dem Dotterstocke (cf) und
dem Ovarium liegt der Schalendrüsenkomplex.
Die weiblichen Drüsen liegen also in verschiedenen Schichten,
aber sämtlich in der Richtung der Linie, welche die mittleren Punkte
beider Ränder verbindet (Fig. 4 ab) und in der unteren Schicht des
Gliedes anatomisch durch den Verlauf des großen Gefäßes bezeichnet
wird, von dem ich vor kurzem sprach (Fig. 8 ca).
Gegen das dorsale Drittel dieses Mediangefäßes löst sich ein
Kanälchen ( ds ) ab, welches seinen Verlauf nach dem Dorsalrande
nimmt, mehr oder weniger dicht an dem Gefäß anliegend, je nach
dem Kontraktionszustande des Gliedes, und in ein längliches, gewun-
denes, mit Sperma gefülltes Bläschen anschwillt (rs), welches seiner-
seits in ein feines Kanälchen (es) ausläuft 2 ), welches vor dem Ovi-
dukt ausmündet) (od). Ich werde später auf die Bedeutung dieses
Gefäßes znrückkommen.
Der Ovidukt (od) trennt sich von der Anastomose (of), weiche
die Ovariumßügel verbindet und sich von oben nach unten, von dem
dorsalen nach dem ventralen Rande wendet, nachdem er vorher die
Mündung des vorhin genannten Kanälchens ( es ) und dann die des
1) Die Krümmung ist verschieden, je nach dem Kontraktionszustande des Glied?*
2) Es handelt sich um einen Kana], welcher von dem dorsoventralen Gefäß*
ausgeht und sich mit dem Ovidukt in Verbindung setzt. Seine drei beschriebenen
Abteilungen sind sehr deutlich in deu Gliedern, in denen das Sperma den genannten
Kanal erreicht hat. ln den jüngsten Gliedern ist sein Kaliber ziemlich gleichförmig, weil
das Sperma noch nicht deu mittleren Teil desselben bläschenartig ausdehnt. In den
Gliedern, in denen der Uterus sieh stark entwickelt hat, findet man in ihm bisweilen
Eier, welche vielleicht infolge von Atrophie des Ovariums, der veränderten Besiehnugen
des Eileiters, oder der Erschlaffung seiner eigenen Endmuskulatur eingedrungcu sind (,mit
einem Samenkanälchen vergleichbarer Teil [es]).
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Anatomie der Genitalien des Genna Am&bilia (mihi).
867
langen und dünnen Dotterganges (vtd) aufgenommen hat. Nach
dieser Mündung wendet sich der Ovidukt nach oben, geht durch
den Schalendrüsenkomplex ( oot ) und legt den Weg in umgekehrter
Richtung zurück, den er vorher gemacht hatte, indem er sich mit
vielen Spiralen ( oas ) von unten nach oben wendet, vom ventralen
zum dorsalen Rande über das Ovarium weggeht und in den Uterus
ausläuft.
Der Uterus (u) zeigt hier eine charakteristische Anordnung. Er
bildet ein Netz mit großen Maschen, welches den ganzen zwischen
der Körpermuskulatur liegenden Raum einnimmt und also, wie man
sagen kann, sämtliche Geschlechtsdrüsen umfaßt. In den vollständig
geschlechtsreifen Gliedern am dorsalen und ventralen Rande zeigt
er dichtere (u*) und engere (w s ) Strecken, so daß zierliche, ge-
wundene Bogen entstehen, welche sich mit den Bogen des gegenüber-
liegenden Randes mittelst dünner, paralleler Züge in Verbindung
setzen (<rn).
Hier ist an die Stelle eines Netzes eine Bildung getreten, welche
wir mit einem abgeplatteten Käfig vergleichen können (wegen der
geringen Höhe der Proglottiden), in dem die Geschlechtsdrüsen ein-
geschlossen sind. Der Ovidukt mündet, wenn er in die Höhe steigt,
in der Mitte des dorsalen Bogens, unmittelbar unterhalb eines me-
dianen Zugs (Fig. 8 sod).
In den Gliedern, in denen der Uterus sich mit Eiern gefüllt hat
und die Genitaldrüsen sich in vorgeschrittener Atrophie befinden, treten
die Bogen nach Art von blinden Säcken hervor, vorzüglich an den
Seiten (was Owen ’s Ausdruck erklärt „die Eier sind an den Seiten
der Penis angehäuft“); die Züge, indem sie sic füllen, verbreitern, aber
verkürzen sich. Durch diese Veränderungen im Uterus entstehen die
Deformationen, welche die Endproglottiden der Strobila zeigen (Fig. 2).
Fig. 7. Ein Ei der A. lamelligera, isoliert, mit
der Kapsel aas einem Schnitte. (Nachet 5 / a .)
Die etwas länglichen Eier haben eine dünne Schale, und jedes
ist in eine feine, durchscheinende, spindelförmige Kapsel eingeschlossen
( p ig- 7).
Welches ist nun die morphologische Erklärung der Verbindung
des dorso-ventralen Gefäßes ( va ) mit dem Ovidukt (od)7
Offenbar bekleidet hier das Gefäß die Funktion der Vagina, indem
es sich mittels des langen, gewundenen Kanals (Fig. 8 ds, rs, es)
mit dem Ovidukt verbindet. Es handelt sich also um eine
Vagina, die sich dorsal und ventral öffnet
Man beachte hier, wie die seltsame Regel der männlichen Ge-
nitalien auch die weiblichen beherrscht. Die beiden Peues sind nicht
Eudorgane von zwei getrennten männlichen Geschlechtsapparaten,
wie bei anderen Tänioiden (Üipylidium, Moniezia), sondern
Endorgane eines einzigen C. deferens, welcher sich mit
ihnen an jeder der beiden Seiten des Gliedes nach
außen öffnet.
65*
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8G8
Vincen zo D lamare,
Auf ähnliche Weise finden wir hier eine einzige Scheide,
welche sich nach beiden Rändern hin öffnet 1 ).
Man sicht deutlich, daß in Bezug auf den allgemeinen anato-
mischen Typus der Cestoden die Amabilia eine Form darstellt, in
welcher sich tiefe Abänderungen finden. Unter anderem ist die enge
Verbindung zwischen Canalis deferens und Canalis vaginalis an der
Stelle, wo sie sich kreuzen ( uvd ), ein sehr seltsamer Umstand. Aber
ich sagte ferner, daß zahlreiche Präparate eine direkte Kommunikation
zwischen beiden Kanälen erkennen ließen. Dies bildet einen so neuen
Befund, auch von dem Gesichtspunkte der vergleichenden Anatomie
aus, daß ich, obgleich ich ihn, wie gesagt, an sehr vielen Gliedern
gesehen habe, wegen des nicht vollkommenen Fixationszustandes der-
selben, ihn mit einem Fragezeichen bezeichne, in der Hoffnung, besser
fixierte Glieder untersuchen und dann erst mit Sicherheit entscheiden
zu können. Dies war der Grund, der mich veranlaßte, die schon im
Jahre 1893 versprochene Veröffentlichung meiner Untersuchungen Ober
die Genitalien von Amabilia zu verzögorn. Ich hoffte, an einem
tadellosen Materiale zu arbeiten, um die Frage endgiltig erledigen
zu können.
Da wir die Penes aus den Proglottiden austreten und ziem-
lich lang gesehen haben (Fig. 1), ist es natQrlich, anzunehmen, daß
sie die Vaginalporen erreichen können, welche an den Rändern liegen,
um so das Sperma abzugeben. Wenn also durch fernere Unter-
suchungen die vagino-deferentielle Kommunikation bewiesen würde,
gewänne dann eine von der Immiss io penis unabhängige Be-
fruchtung gleiche Wahrscheinlichkeit?
So sehr ich mich endlich bemühe, mich an die nackten That-
sachen zu halten, ohne Hypothesen aufzustellen, so stoße ich doch
unwillkürlich auf die Frage, ob das seltsame Geschlechtssystem der
Amabilia, morphologisch betrachtet, nicht die Folge der Ver-
schmelzung von doppelten und typisch getrennten Apparaten ist, wie
z. B. die von D i p y 1 i d i u m und M o n i e z i a ?
Offenbar würden einige Besonderheiten dazu führen, Amabilia
zu den Formen mit doppelten Organen zu stellen, in dem Sinne,
daß sie sozusagen ein abgetrennter Ring von einer Kette ist, welche
mit den Tänioiden mit einem einzigen Genitalsystcm beginnt und
mit denen mit doppelten, getrennten Systemen endigt. Aber zwischen
diesen und den anderen besteht eine bedeutende Lücke, welche viel-
leicht durch die künftige Entdeckung mehrerer Zwischenformen aus-
1) Di« mediane Rapbe, welche Owen (op. cit.) und Wedl (op. eil,) erwähnt
haben, und welche läng» der ganzen Strobila sichtbar ist, wird offenbar durch die
VaginamQndungen hervorgebracht. Ich brauche nicht hinzuznftlgen, daß Wedl, welcher
nicht einmal die Penes sab, die Owen gesehen batte, die Raphe von Gescblechts-
öffnuugeu herleitet, aber nicht sagt, ob von männlichen oder weiblichen, ob dies an
beiden Rändern stattfindet, wie hier behauptet wird.
Nach allem, was ich sagte, haben die folgenden Worte Owen's (ln denen seine
ganze Kenntnis von den weiblichen Organen enthalten ist) „In tbese alone wer« ova
perceptiblc whicli were aggregated near the base of the clrrhns, hut not confined In an
ovary of any definite form ; the sides of the canal which tbey were about to traverw.
were evidently glandular, and the ova are probably feenndated, as they pass througfa*'
keinen Wert, denn der Kanal, welchen er erwähnt, Ist der Uterus, und er spricht
offenbar von den reifsten Proglottiden, die im Begriff sind, sich abzulösen.
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Anatomie der Genitalien des Genas Amabilia (mihi).
869
K
Fig. 8. Rekonstruktion
des weiblichen Geschlechts-
apparates der Amabilia
la me II i ge ra (O w e n), von
unten nach oben gesehen. Die
gegenwärtige Figur ist ange-
fertigt durch Reduktion und
Vereinigung der Zeichnungen
aufeinander folgender Schnitte,
die mit dem Mikroskop Na-
chet, */., und der Camera
luc. Nach et in größerer Höhe
als der Objekttisch des Mikro-
skops mit dem gans verkürzten
Kohre nusgeführt worden sind.
Alle Verhältnisse sind genau
beibehalten; nur in dem Stück,
«reiches dem Retraktorhuken
entspricht, ist die Scheide ein
wenig gedehnt worden, um das
Keceptaculum seminia
und den Oviduct sichtbar zu
machen , welche sie verbirgt
.in der natürlichen Lage, wenn
man das System von unten
betrachtet), a Dorsalrand des
(•liedes. oh Ventralrand, oa
Dorsalöffnung der Scheide, oh
Ventralöffnung. ra Vaginu.
da Samenleiter, n Becepta-
:ulum seminis. et Samen-
kanal. at Queranastomose des
Ovariums (im Durchschnitt,
im den Ursprung des Eileiters
tu seigeu). og Verdickungen
les Ovariums (cul de sac)
m Durchschnitt, cto Keulen
les Ovariums (viele wurden
ffeggelassen , um die Figur
licht undeutlich zu machen).
* Dotterstock, vtd Dotterleiter,
xf absteigender Eileiter, oot
lotypus. oas aufsteigender
Eileiter. sod Mündung des
Eileiters in den Uterus. u
Jterus (*»» Durchschnitt durch
len Uteruszug, unter welchem
Jorsalstück der Eileiter ein-
nQndet; u* stärker verdicktes
itfick des Uterusbogens; u a
ngercs Stück, tru Uteruszug.
Id Cau. deferens (rechtes
UQck). da Can. deferens
linkes Stück). nvd Verbin-
tung der Vagina mit dem Can.
leferens. mes Kreismuskeln
les Körpers.
870
Vincenzo Diamare,
gefüllt werden kann. Eine solche Entdeckung könnte uns auch eine voll-
ständigere Erklärung der angeführten anatomischen Thatsachen liefern.
Aus dem Gesagten ergiebt sich folgende anatomische Diagnose
der Amabilia: Penis doppelt, Endorgane eines einzigen
Vas deferens, welches im Zickzack das Glied von einer
Seite zur anderen durchläuft. Die Testikel nehmen
in Gestalt feiner Trauben die obere Fläche desGliedes
ein. Die nur einfach vorhandene, fast gerade Vagina
kreuzt sich (ventral) mit dem V. deferens, mit dem sie
in innige Berührung tritt; sie öffnet sich in der Mitte
der unteren Grenze jedes Randes. Ovarium einzig,
median; Eierleiter einzig. Dotterstock viellappig mit
langem Dotterleiter. Uterus ähnlich einem abge-
platteten Käfig, die weiblichen Drüsen einschließend.
Eier in einer spindelförmigen Kapsel enthalten.
Bemerkungen.
Die Morphologie des Geschlechtsapparates der Cestoden gewährt
dem Studium noch viel Raum, denn die anatomische Anordnung der
verschiedenen Teile bietet, wie schon Leuckart gesagt hat, be-
deutende Verschiedenheiten dar. Als Beispiel kann Amabilia
dienen.
Varianten vom Grundtypus habe ich schon bei Dipylidium
und Davainaea tetragona angegeben*), zu einer Zeit, wo das
Schema von Leuckart in seinen geringsten Einzelheiten allgemeine
Geltung hatte. Es ist freilich wahr, daß es zu dieser Zeit nicht an
Beschreibungen von seltsamen Apparaten fehlte, nach denen man in
einigen Tänioiden nicht einfache Variationen des Typus fand (wie es
bei meinen Untersuchungen der Fall war), sondern nach denen die
allgemeine, natürliche Mechanik ganz verändert worden war, mittels
deren das Ei des Ovariums den Dotter erwirbt und sich mit der
Schale umgiebt. Solcher Art war die Beschreibung de Filippi’s
(Dav. tetragona) 2 ) und die später zu meiner Kenntnis gekommene
von v. Linstow (Dav. struthionis) s ). Beide sind a priori zu
verwerfen.
Nachdem die Frage über den Uterus von Davainaea durch
Fuhrmann wieder angeregt worden ist 4 ), muß ich darauf zurück-
kommen, und werde es in einer späteren Mitteilung thun.
Aber hier will ich bei der Sache bleiben und mir erlauben, die
Gelegenheit zu ergreifen, um die Unrichtigkeit einiger mir gemachten
Bemerkungen oder falschen Deutungen in Bezug auf die neuen von
mir vorgeschlagenen Genera Amabilia und C o t u g n i a naebzuweisen.
1) V. Diamare, Le funzioui dcll’ovario uclla Davainaea tetragona. Molin.
(Itcndiconto della r. accad. delle scienze tisichc e inatem. Napoli. 1893. Fase. 8—12.)
2) De Filippi, Ricerclie anatomicho cd istologiche sulla T. botrioplitis. (Atti
della r. accad. dei Li nee i. Vol. VII. Roma 1892. Tav. 1 — 10.)
3) v. Linstow, Zur Anatomie und Entwicklungsgeschichte der Tanien. (Arch
i. mikrosk. Anatomie. Bd. XLH. 1893. p. 442 -459. Taf. XXVII— XXVIII.)
4 ) O. Fuhrmann, Beitrag zur Kenntnis der Vogeltänien. (Revue suisse d«
zool. T. IV. Fase. 1. p. 111—133. Tav. 4 . Geneve 1896 )
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Anatomie der Genitalien des Genus Amabilia (mihi).
871
So schreibt Stiles '), es sei ihm unmöglich, die beiden Tänioiden,
die ich in die beiden Genera Cotugnia und Amabilia gestellt
habe, von dem Genus Dipylidium zu unterscheiden; daher lasse
er die beiden Genera nur aus Achtung für mich bestehen; er be-
zeichnet sie als fraglich und verschiebt seine endgültige Meinung
darüber bis nach der Veröffentlichung meiner weiteren Einzelheiten.
Indem ich Stiles für die mir erwiesene Höflichkeit danke,
muß ich doch erklären, daß mich sein Zweifel über die Güte der
Genera überrascht, besonders wenn ich bedenke, daß ihm meine Ar-
beit Uber das Genus Dipylidium jedenfalls bekannt war*), als
deren logische Folge die Genera aufgestellt wurden. Und in der
That, in Bezug auf Amabilia frage ich, ob zu der Zeit, wo ich
das Genus vorschlug, eine besser charakterisierte Cestodengruppe,
ein besseres Genus vorhanden war? Als ich gesagt hatte, daß die
Speeies, welche es enthält, „doppel te Cir rhen, aber einen ein-
zigen, medianen weiblichen Drüsenapparat 1 2 3 4 * besitzt,
schien es mir und scheint es mir noch, daß ich einen sehr auf-
fallenden und neuen Typus unterschieden habe. Ich hätte mit Stiles
über die Notwendigkeit fernerer Einzelheiten übereingestimrat wegen
der Seltsamkeit der Thatsache selbst (darum gebe ich sie hier), aber
sicher nicht, um die Güte des Genus zu bestätigen.
Wenn es Stiles unmöglich scheint, das Genus Cotugnia von
Dipylidium zu unterscheiden, weil die zweifellos zu ihm gehörende
Speeies, T. digonopora Pasq. doppelte männliche und doppelte
weibliche Organe besitzt, so scheint er nicht bedacht zu haben, daß
die Verdoppelung beider Geschlechtsapparate ein für viele Tänioiden
gemeinschaftlicher Charakter ist, welche in allen anderen Punkten
verschieden und darum gegenwärtig unter verschiedene Genera
gestellt worden sind. Es handelt sich allerdings in dein Falle
der T. digonopora um einen bewaffneten Tänioiden', wie auch
die Di pylidi umarten bewaffnet sind, aber der Typus, die Anord-
nung des Rosteilums und der Haken, sowie die allgemeine Körper-
gestalt (abgesehen von einigen Eigentümlichkeiten der Genitalien)
entfernen sie von Dipylidium und nähern sie dagegen den
Tänioiden der Vögel im allgemeinen (besonders dem Genus Da-
vainaea) auf dieselbe Weise, wie die Dipylidien durch die
Charaktere ihres Rostellums und ihrer Haken, sowie durch die all-
gemeine Körpergestalt und Beschaffenheit der Genitalien sich auf-
fallend dem Genus Taenia (der Fleischfresser) nähern.
Und in Bezug auf das Genus Cotugnia hätte ein aufmerk-
sameres Lesen meiner angeführten Note und der Arbeit Monti-
cclli’s®), Sonsino^) nicht sagen lassen, „ich hätte mit Unrecht
zu diesem Genus die T. bifaria v. Sieb, gestellt, ohne zu beachten,
1) C. W. Stil os, Tapeworma of poultry. (U. S. Department of agriculture
Bureau of animal iuduatry. Bullet. No. XU. 1896. Jan.)
2) V. Diamare, 11 genere Dipylidium Lckt. (Aui della R. Accad. di scienze
fisicbe e matemat. Ser. II. Vol. VI. No. 7. Tav. I, II, III. Nftpoli 1893 )
3) F. S. Monticelli, Notizie di aicuue specie di Taenia. (Holtet, societk
natura listi in Napoli: 8. I. Vol. V. 1891. fase. 2. p. 151 — 174. Tab. VIII.
4) Sonsino, Di alcuni entozoi racculti in Rgilto, etc. (Monitor« zool. italinoo,
Firenze. Anno VI, fase. 6, Giugno 1896.)
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872 V. Diamare, Anatomie der Genitalien des Genus Amabilia (mihi).
daß Monticelli sie als unbewaffnet beschreibt“. In der That habe
ich bedingungsweise gesprochen „sie würde zum Genus Cotugnia
gehören“, da Monticelli iu Uezug auf die Haken sagt: „Ich
will damit nicht behaupten, daß sie ganz fehlen ; sie könnten viel-
leicht vorhanden und meiner Aufmerksamkeit entgangen sein, da das
einzige Exemplar mir keine sehr eingehende Prüfung durch Kom-
pression gestattete.“ Diese Erklärung Monticelli's ist, wie man
sieht, weit davon entfernt, um So nsino zur Ausstoßung der T. bi-
faria aus dem Genus Cotugnia zu berechtigen.
Was soll ich ferner von Morel 1 sagen 1 ), welcher schreibt „Zu
Cotugnia sind nach Diamare zu rechnen: Taenia digono-
pora, bifaria v. Sieb., lamelligera, lanceol ata Bloch, und
crateriformis“? Dagegen habe ich durch eine historisch -kri-
tische Untersuchung nachgewiesen, daß von allen diesen Species nur
T. digonoporazu dem Genus Cotugnia gehört (bedingungsweise
auch T. bifaria), und daß T. lamelligera den Typus des neuen
Genus Amabilia bildet, und daß die anderen eutweder nicht
doppelte Genitalorgane haben, oder wenn einige auch einen doppelten
Geschlechtsapparat zeigen, und auch mit großem Zweifel (T. poly-
morpha Kud.), trotzdem sie nicht zu dem Genus Cotugnia gehöreuü
Neuerlich hat A. Jacob i in einer ira „Zoologischen“ Anzeiger
abgedruckten kurzen Notiz (Diplopos the, eine neue Gattung von
Vogeltänien. Bd. XIX. No. 505), für die T. laevis das neue Genus
Diploposthe aufgestellt, welches er so charakterisiert: „Männ-
liche und weibliche Keimdrüsen, Dotterstock, Scbalen-
drüse und Uterus einfach; Leitungswege und Begat-
tuugsw erkzeuge doppelt. Typus T. laevis, Dies.“ Was
nun das Genus Amabilia betrifft, das ich, wohl gemerkt, schon iui
Jahre 1803 für einen Tänioiden aufgestellt hatte, welcher sich
genau iu demselben Zustande befindet, so schiebt es
Jacobi mit folgenden Worten bei Seite: „Die von Diamare für
Taenia lamelligera Owen aufgestellte Gattung Amabilia ist
zu unvollständig beschrieben — angekündigte weitere Angaben blieb der
Autor bisher schuldig — um T. laevis auf sie beziehen zu können.“
Offenbar hat Jacobi jene Geduld gefehlt, mit welcher mich
Stiles beehrt hat, in Erwartung der Einzelheiten, die ich ver-
sprochen hatte; aber er hat, wie man sicht, nicht bemerkt, daß die
Diploposthe nach meinen, wenn auch kurzen Worten, die aber
doch genaue anatomische Beobachtungen umfaßten, eine unnütze
Schöpfung war.
Kurz, die Diploposthe ist nichts weiter, als ein willkürliches
Synonym des Genus Amabilia, und die T. laevis St. ist ent-
weder die A. lamelligera selbst oder eine verwandte Art.
Zoologische Station in Neapel, 1896.
I) A. More II, Anatomisch • histologische Studien an Vogclt&uicti. (Areh. für
Naturgeach., Ud. LXI. 1895. p. 81 — 103. Tav. 7.)
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Arnold Jacob!, Amabilia und Diploposthe.
873
Nachdruck verboten.
Amabilia und Diploposthe.
Von
Dr. Arnold Jacob!
in
Leipzig.
Durch die Güte des Herrn Geheimen Bat Leuckart konnte ich
Einsicht in den Korrekturabzug der vorstehenden Mitteilung 1 ) von
Diamare nehmen, deren letzter Absatz mir Anlaß zu der folgenden
Erwiderung giebt
Als Diamare 1893 seine Gattung Amabilia aufstellte, kenn-
zeichnete er sie mit nur zwei Merkmalen : doppelte Penes und ein-
facher medianer Keimstock, eine Diagnose, welche Ober alle Fragen
nach den anderen Hauptpunkten in der Organisation des betreffenden
Cestoden schwieg. Solche naheliegende Fragen aber erheben sich
nach der Ein- oder Zweizahl der männlichen Keimdrüsengruppe, der
Vasa deferentia, der Vaginae und des Uterus. Was nun den Mangel
an Geduld anlangt, welchen ich durch Veröffentlichung meiner Notiz
im Jahre 1896 gezeigt haben soll, ohne weitere Kundgebungen des
Autors abzuwarten, so möchte ich mir die Bemerkung gestatten, daß
ein Zeitraum von drei vollen Jahren wohl hinreichend gewesen wäre,
nm den Fachgenossen die versprochenen weiteren Mitteilungen über
Amabilia vorzulegen.
Auch dagegen muß ich mich verwahren, daß mein Genus Diplo-
posthe „eine unnütze Schöpfung“ oder „ein willkürliches Synonym“
war, denn erstens bringt D i a m a r e ’s Diagnose schlechterdings keine
„ganze Reihe von anatomischen Beobachtungen“, sondern ist, wie
oben dargelegt, sehr kärglich damit ausgestattet, während die meinige
alles das enthält, was zur unzweideutigen Kennzeichnung des Typus
nötig ist. Zweitens aber fiel es mir nicht ein, durch die Aufstellung
von Diploposthe die Amabilia Diam. „bei Seite schieben zu
wollen“, sondern ich äußerte nur, daß es nicht angehe, die mir ana-
tomisch genau bekannte T. laevis Dies, in das unvollständig be-
schriebene Genus Amabilia einzureihen. Darum aber die Ver-
öffentlichung meiner Ergebnisse bis zu dem unbekannten Zeitpunkte
aufzuschieben, an dem Diamare vielleicht einmal weitere Mitteilungen
geben würde, dazu hatte ich weder Lust, noch glaube ich, daß eine
solche Beschränkung des freien Wettbewerbes unserer Wissenschaft
förderlich sein kann. Hinzufügen will ich, daß meine spätere For-
derung 2 ), Amabilia müsse eventuell Diploposthe weichen,
sich auf § 23 der „Regeln für die wissenschaftliche Benennung der
Tiere“, aufgestellt von der Deutschen Zoologischen Gesellschaft, stützt
— Regeln, welche wohl Diamare als Echo der auch von ihm ver-
tretenen radikalen Bestrebungen auf dem Gebiete der Nomenklatur
anerkennen dürfte.
1) Anatomie der Genitalien des Genns Amabilia (mihi) mit 8 Abbildungen.
2) Zool. Jahrb. Abt. f. Anat. Bd. X. 1897. p. 3.
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874
W. Semeoovici und E. Marsino wskjr,
Die ganze Diskussion über die Wertschätzung unserer beiden
Genera wird meines Erachtens durch den thatsächlichen Inhalt seiner *>
und meiner *) ausführlichen Mitteilungen in befriedigender Weise er-
ledigt Die neuen und höchst überraschenden Befunde Diamare’s
zeigen nämlich, daß Taenia lamelligera Owen und T. laevis
Dies, keineswegs, wie jener annimmt, identisch, sondern trotz einer
gewissen Einheitlichkeit im Bauplane und der gleichen Zusammen-
setzung einzelner Teile wie des Cirrusapparates®) jede für sich so
eigengeartet sind, daß ihre Unterbringung in zwei Genera nicht bloß
gerechtfertigt, sondern für die systematische Gliederung der Vogel-
tänien nach morphologischen Gesichtspunkten förderlich ist.
Im Anschluß hieran möchte ich die Hoffnung aussprechen, daß
Herr D i a m a r e durch Erlangung weiteren guten Materiales sich in
den Stand gesetzt sehen möge, in nicht zu ferner Zeit den Helmin-
thologen weitere Aufklärungen über die von ihm entdeckten Besonder-
heiten der Amabilia lamelligera vorzulegen.
Leipzig, Zoologisches Institut der Universität, 22. Juni 1897.
Nachdruck verboten.
lieber ein besonderes Verfahren zur Färbung der
Bakterien im Deckglaspräparate und in Schnitten.
[Aus dem pathologisch-anatomischen Institute der Universität
zu Moskau.]
Von
W. Semenowicz und E. Marzlnowsky.
Bei der Färbung von Präparaten nach der anzugebenden Methode
erhält man eine deutliche Färbung der Mikroorganismen und der
histologischen Gewebselemente. Diese Methode besteht in der vor-
hergehenden Färbung der Präparate (der Deckgläser sowohl wie der
Schnitte) mit der wässerigen Lösung des gewöhnlichen Karbolfuchins
mit nachfolgender Färbung mit Loeffler’schem Methylenblau. Die
Lösung von Karbolfuchsin besteht aus einem Teil einer gewöhnlichen
konzentrierten Lösung mit zwei Teilen Wasser.
Bei der Färbung von Deckglaspräparaten legen wir dieselben
auf 2 Minuten in die angegebene Karbolfuchsinlösung, spülen in
Wasser ab und färben in 3—4 Minuten mit Loeffler’schem Me-
thylenblau nach. Bei der Färbung von Schnitten werden dieselben
auf 4 — 5 Minuten in die Karbolfuchsinlösung gelegt und nach dem
Abspülen in Wasser auf ebenso lange Zeit in Methylenblau. Hierauf
werden die Präparate in der gewöhnlichen Weise mit absolutem Al-
kohol, Oel, Xylol bearbeitet und in Kanadabalsam eingebettet.
1) s. oben.
*) 1. c. p. 1—20, Tab. I— II.
3) So schlieft« ich wenigstens aus Di&mare's Fig. 8, da der Text keine Kimelheitea
darüber bringt.
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Ueber ein besonderes Verfahren znr Färbung der Bakterien etc.
875
Hierbei werden die Zellkerne and die Bakterien blau gefärbt, während
das Zwischengewebe und das Protoplasma der Zelielemente rot oder
rosa erscheinen.
Die Vorzüge der vorgeschlagenen Methode bestehen darin, daß
Bakterien, welche sich in Schnitten schlecht färben lassen, nach
unserer Methode gefärbt, deutlich hervortreten. Auf diese Weise färbten
wir Rotz-, Diphtherie-, Typbusbacillen, das Bacterium coli,
N e i 8 s e r ’s Gonokokken, Pseudotuberkulosebacillen u. a. Bei der
Färbung von Schnitten mit Strahlenpilz erscheinen die Kolben rot
gefärbt, die Fäden blau. Bei Deckglaspräparaten gelang es uns
sehr gut, Gonokokken, Pestbacillen (manchmal mit Kapsel), F raen -
k e 1 ’sche Diplokokken (im Auswurfe sowohl wie im Blute) mit deut-
lich hervortretender Kapsel, Rekurrensspirillen, Malariaplasmodien
(sehr deutlich) zu färben.
Eine interessante Besonderheit der von uns vorgeschlagenen
Färbungsmethode besteht darin, daß bei der Färbung sowohl von
Reinkulturen (z. B. der Typhusbacillen) wie auch von Präparaten
aus Eiter (z. B. Rotzbacillen enthaltendem Eiter) einige Bakterien
eine blaue und einige eine rote Farbe annebmen. Nach unseren
Beobachtungen färben sich degenerierte Bakterien rot.
Das Wesentliche des vorgeschlagenen Verfahrens besteht nach
unseren Beobachtungen darin, daß bei der Färbung mit Loef fl er-
schein Methylenblau nach vorhergegangener Färbung mit Karbol-
fucbsin ein Verdrängen des letzteren durch das Methylenblau statt-
findet, auch findet es in Bakterien und Kernen schneller statt, als in
dem Protoplasma der Zellelemente und in dem Zwischengewebe. Da
es bei der Färbung mit Methylenblau allein nicht gelingt, die Bak-
terien so intensiv und so deutlich zu färben, so ist es augenschein-
lich, daß das Karbolfuchsin in der Art einer Beize wirkt. Läßt man
statt des Karbolfuchsins auf das Präparat 5 Minuten lang eine 5-proz.
Karbolsäurelösung einwirken und färbt man es erst dann mit
Methylenblau, so sind die Bakterien stärker gefärbt als bei einer
Färbung mit Methylenblau allein. Aber eine deutlichere Färbung
derselben wird bei der Verwendung von Karbolfuchsin erzielt. Somit
muß man annehmen, daß auch das Fuchsin selbst als Beize wirkt
(wie in der Loef fl er 'sehen Beize zum Zwecke der Geißelfärbung)
obgleich die wichtigste Rolle der Karbolsäure zukommt.
Dnser Verfahren hat Aehnlichkeit mit dem von Pick und
Jakobsohn (Berlin, klin. Wochenschr. 1896) angegebenen. Aber
diese Autoren benutzten eine Mischung von Karbolfuchsin mit einer
alkoholischen Metbylenblaulösung und empfehlen ihr Verfahren zur
Färbung von Deckglaspräparateo, vor allem zur Färbung von Gono-
kokken. Beim Färben von Schnitten mit schwer färbbaren Bakterien
(z. B. Typhusbacillen) mit einer Mischung von Karbolfuchsin und
Methylenblau in dem von Pick und Jakobsohn angegebenen Ver-
hältnis erhielten wir keine deutliche Färbung der Bakterien, wobei
die Zellkerne entweder rot oder schwach gefärbt waren.
Nicht unerwähnt wollen wir lassen, daß R. Schaeffer im Jahre
1896 (Verhandl. der Deutsch. Dermatolog. Ges. 1896. p. 299) vor-
geschlagen hat, Deckglaspräparate, und zwar vor allem Gonokokken
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876
D. Kischensky,
io einer Karbolfuchsinlösung zu färben mit nachfolgender Färbung
einer Aethylendiaminmethylenblaulösung. Dem genannten Autor ge-
lang es nach dieser Methode außerdem noch folgende Mikroorganismen
zu färben: den Streptobacillus ulc. molli, tetragenus und
Fraenkel’s Diplokokken mit intensiv bervortretenden Kapseln.
Bekanntlich hat P. Baumgarten (Zeitsch. f. klin. Med. 1885)
in Chromsalzen fixierte Gewebe mit einer alkoholischen Fucbsinlösung
unter nachfolgender Bearbeitung mit einer wässerigen Methylenblau-
lösung gefärbt Hierbei färbten sich die Zellkerne rot, das Zwischen-
gewebe und das Plasma hingegen blau. Bei unserem Verfahren er-
hielten wir, wie oben gesagt, umgekehrte Resultate (Zwischengewebe
und Plasma roth, Bakterien und Zellkerne blau). Dieser Unterschied
in den Resultaten der Färbung hängt aller Wahrscheinlichkeit nach
von den verschiedenen Fixierungsmethoden ab, denn unsere Präpa-
rate waren mit Alkohol fixiert worden.
Nachdruck verboten.
Ein Verfahren zur schnellen mikroskopischen Unter-
suchung auf Bakterien in Deckglas- und Objektträger-
präparaten.
[Aus dem pathologisch-anatomischen Institute der Universität
zu Moskau.]
Von
Prosektor Dr. med. D. Kischensky.
Das neue Verfahren, welches ich hiermit empfehle, dient sowohl
zur Untersuchung von Mikroorganismen in Deckglaspräparaten von
Reinkulturen, wie auch in Eiter, Blut, Harnsediment und Faeces. Es
besteht in Folgendem:
Zur Färbung von Reinkulturen der verschiedenen Mikroorganis-
men in Deckglaspräparaten kann man eine schwache Karbolfuchsin-
lösung (10 Tropfen auf 10 ccm Wasser) verwenden. Ein Tropfen
dieser Farblösung wird auf die Oberfläche eines vorher sorgfältig ge-
reinigten Deckglases oder eines Objektträgers gebracht und eine
minimale Quantität der Kultur mit der Platinöse entnommen und in
diesem Tropfen zu einer dünnen Schicht auf der Oberfläche des
Glases ausgestrichen. Die folgende, und zwar letzte Manipulation be-
steht darin, daß man das nach der oben angegebenen Methode ge-
fertigte Präparat an der Flamme der Spirituslampe leicht erwärmt,
aber nicht bis zum Glühen erhitzt. Wenn das Präparat an der
Oberfläche der Deckgläser in einer dünnen Schicht ausgestrichen ist,
so erfolgt das Austrocknen und zugleich die Fixierung in einigen
Sekunden. Zugleich erscheinen die Bakterien intensiv gefärbt und
sind zur mikroskopischen Untersuchung fertig.
Zur Färbung der Bakterien im Eiter, in den Faeces, im Harn-
sediment u. s. w. kann die oben angegebene Karbolfuchsinlösung ver-
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Verfahren zur schnellen mikroskopischen Untersuchung auf Bakterien etc. 877
wandt werden, doch gelingt die Färbung besser, wenn man ein Ge-
misch von Karbolfuchsin und einer alkoholischen Lösung von Methylen-
blau in dem von Jakobsohn und Pick (Berlin, klin. Wochenschr.
1896. September) angegebenen Verhältnisse anwendet. Hierbei werden
die Kerne der Zellelemente und die Bakterien blau, das Zellproto-
plasma und der verschiedenartige Detritus rosa oder rot gefärbt, ln
derartig gefärbten Präparaten erscheinen einige, augenscheinlich
degenerierte Bakterien nicht blau, sondern rot gefärbt. Ueberhaupt
muß man bemerken, daß bei der Färbung nach der angegebenen
Methode manchmal die verschiedensten Abstufungen in der Farbe der
Bakterien beobachtet werden. Einige von ihnen sind intensiv blau,
einige schwach blau, andere wieder violett (infolge einer Verbindung
von Methylenblau mit Fuchsin) und endlich einige rosa und sogar
rot gefärbt. Bei einer gelungenen Färbung nach dieser Methode
(wenn die Bakterien intensiv blau und anscheinend vergrößert aus-
sehen) gelang es mir bei einigen beweglichen Arten (z. ß. bei den
von mir im Mundschleim des Hübner gefundenen Spirillen) deutlich
gefärbte Geißeln nachzuweisen.
Die Vorzüge der vorgeschlagenen Färbungsmethode bestehen in
Folgendem: Zur Fertigstellung der Präparate wird ein Minimum von
Zeit verbraucht (*/ 2 — 1 Minute), 2) man erhält eine sehr deutliche
Bakterienfärbung, wobei 3) der Grund des Präparates ungefärbt bleibt,
oder höchstens sehr schwach gefärbt erscheint. Verwendung kann
diese Methode vor allem finden bei der Untersuchung von Rein-
kulturen der Bakterien, da sie eine sehr geringe Zeit beansprucht.
Zweitens giebt diese Methode gute Resultate bei der Untersuchung
von Sekreten und Exkreten des tierischen Organismus, z. B. des
Speichels, Darmschleims, wobei die Bakterien sehr deutlich und klar
hervortreten. Die Möglichkeit, bei beweglichen Bakterien die Geißel-
fäden nach dieser Methode sehr einfach zu färben, sowie verschiedene
Nuancierungen in der Färbung der Bakterien zu erhalten, bietet noch
ein besonderes Interesse dieser Färbungsmethode und erfordert eine
weitere Ausarbeitung derselben.
Der Kern der beschriebenen Färbungsmethode besteht darin, daß
die Bakterien und Zellkerne eine besondere Affinität zu den basischen
Anilinfarben besitzen. Dank diesem Umstande erfolgt bei Erwärmen
des Präparats mit der auf dem Deckglas ausgestrichenen Farbstoff-
lösung und Bakterien (oder aus verschiedenem, baktcrienhaltigem
Material) bestehenden Emulsion eine Aufnahme von Farbstoff seitens
der Bakterien und der Zellen. Experimentell kann man es erreichen,
daß das zu färbende Material und das Quantum der Farbe genau in
der zur deutlichen Färbung der Bakterien nötigen Proportion ge-
nommen werden. Der Fond des Präparates bleibt völlig farblos, indem
die ganze Farbe zur Färbung der Bakterien und der Zellelemente
verbraucht wird. Bei der Färbung mit der Mischung von Fuchsin
und Methylenblau nehmen die Bakterien und die Zellkerne energischer
den letzteren Farbstoff auf, während das Zellprotoplasma, die ver-
schiedenen Arten von Detritus sowie einige Bakterienindividuen eine
größere Affinität zum Fuchsin besitzen.
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878
Bakterien und Wasser.
Referate.
Jettmar, J., Die Wasserversorgung der Stadt König-
grät z. (Zeitschr. f. Nahrungsmitteluntersuchung, Hygiene und
Warenkunde. Bd. I. 1897.)
Anläßlich des Projektes, Königgrätz mit Hochquellwasser zu ver-
sorgen, unterzog Verf. (J.) eine Anzahl Brunnen der Stadt und Um-
gebung, wie auch das Wasser der Elbe und Adler, welches als
Trink- und Nutzwasser in Königgrätz verwendet wird, genauen
chemischen und bakteriologischen Untersuchungen und erhielt dabei
folgende Resultate:
In Brunnen No. 13 3 4 6 6 7
1320 1370 1070 1610 28 200 19 700 3416 Keime
t t t t +
pro 1 ccm, wobei bemerkt wird, daß das unter der Keimzahl stehende
f zu bedeuten hat, daß zwar noch eine Anzahl Keime vorhanden
war, aber weil die verflüssigenden Keime die Gelatine bereits pepto-
nisiert haben, diese nicht mehr gezählt werden konnten.
In den ersten 5 Brunnen wurden Micrococcus candicans,
der grüngelbe Bacillus Eis enbergi, B. fluorescens lique-
faciens, B. subtilis, Streptococcus albus und der nicht
verflüssigende B. Titzianus diagnostiziert; 3 Arten wurden hin-
gegen nicht diagnostiziert, und gehörten zu den verflüssigenden. —
In einer der Gelatinekulturen des 6. Brunnens wurde Mucor mu-
cedo (wohl aus dem unreinen Pumpenschafte herrührend) gefunden.
In der mit der Probe des 7. Brunnens beschickten alkalischen Gelatine
wurde eine rote Hefe (der roten Hefe No. 73 von Lindtner ähn-
lich), dann Penicillium glaucum, B. fluorescens longus,
B. mesentericus, ein Spirillum und noch 2 andere nicht näher
bestimmte verflüssigende Bacillenarten gefunden.
Im allgemeinen war die Zahl der verflüssigenden Keime den
nicht verflüssigenden sehr überlegen und obgleich keine pathogenen
Keime vorgefunden wurden, ließen sich fäulniserregende nach der
Nencki 'sehen Methode nach weisen. Im Elbewasser waren pro
1 ccm 475, bei Hochwasser bis 598 Keime, während im Wasser der
Adler bis 1650 Keime pro ccm zu zählen waren.
Welchen Wert ein unrationelles Filtrieren von Trink- und
Nutzwasser hat, ersieht man aus dem Resum6 der Jettmar 'sehen
Arbeit.
Das Elbewasser enthielt vor der sogenannten „Filtration“ ein
Maximum von 500—600 Keimen pro 1 ccm, während es nach der
Filtration ebenfalls pro 1 ccm 21 920 Keime, also 40mal so viel auf-
wies; somit hat sich das Wasser durch die Filtration scheinbar ver-
bessert, in Wirklichkeit aber bedeutend verschlechtert.
Wittlin (Lemberg).
Wright, 8. H.. Report on the results of an examination
of the water supply of Philadelphia. (National Academy
of Sciences. Vol. VII. Third memoir.)
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Bakterien und Wasser. — Tonsillitis.
879
Die Arbeit von W right stellt einen Beitrag zur Kenntnis der
Systematik der Wasserbakterien dar. Verf. hat das W'asser des De-
laware- und des Schuylkill-Flusses je 2—4 mal monatlich einer ein-
gehenden chemischen und bakteriologischen Prüfung unterworfen.
52 verschiedene Arten und Varietäten von Bakterien wurden aus dem
Wasser isoliert; darunter befanden sich 2 Kokkenarten, 2 Clado-
thrixarten und 46 Arten und 2 Varietäten von Bakterien. Einmal
wurde ein Streptococcus isoliert, dessen Eigenschaften Verf.
übrigens nicht näher untersucht hat.
Weder Coli noch Typhusbacillus wurden im Wasser nach-
gewiesen, obschon in Philadelphia die Typhusmortalität eine sehr
hohe ist.
Die zahlreichen von Wright beschriebenen neuen Arten von
Wasserbakterien erwiesen sich für Mäuse, Kaninchen und Meer-
schweinchen als nicht pathogen.
Die Abwesenheit von Spirillen im Wasser ist gewissermaßen auf-
fallend. Uebrigens wurde unlängst von Dr. Ab bot eine interessante
Spirillenart, die viel Aebnlicbkeit mit Sp. Metschnikoff bat, aus
dem Schuylkilwasser isoliert und genau beschrieben. (Journal of ex-
perimental medicine. Vol. I. No. 3.)
Für die nähere Beschreibung der verschiedenen von Wright
isolierten Wasserbakterien müssen wir auf das Original hinweisen.
Lydia Rabinowitsch (Philadelphia).
Heddlins, A., Tonsillitis acuta durch Staphy lococcus
aureus; Pleuritis exudatira metastatica etc. (Münch,
med. Wochenschr. 1897. No. 18. p. 469.)
Verf. bespricht einen Krankheitsfall, welcher mit einer Angina
(Tonsillitis acuta) begann, woran sich sekundär eine Pleuritis an-
schloß, deren Exsudat Reinkulturen von Staphylokokken ergab. Da
die gleichzeitig vorhandene Pneumonie, die wohl schon zugleich mit
der Angina begonnen hatte, zweifellos eine Diplokokkenpneumonie
war, — es fanden sich in jedem Gesichtsfeld massenhaft und fast
ausschließlich typische Diplokokken neben ganz wenigen Staphylo-
kokken und Streptokokken — so mußte dieser Befund im Pleura-
exsudat auffallen. Von der Tonsillitis bei Lebzeiten des Patienten
Staphylokokken zu züchten, gelang nicht, da keine deutliche Absceß-
bildung in der Tonsille zu konstatieren war und naturgemäß Züch-
tung von dem in der Lacune sitzenden Sekret kein reines Resultat
liefern konnte. Allerdings ergab, fügt Verf. hinzu, die, wegen der
schnellen phlegmonösen Verbreitung auf das retropharyngeale Gewebe
und den Oesophagus, vorgenommene Incision in der Gegend über der
infiltrierten Baispartie neben vereinzelten kleinen Kokken fast aus-
schließlich Staphylokokken, was bereits den metastatischen Ursprung
der Pleuritis vermuten ließ. Den direkten Beweis für die Staphylo-
kokkeninfektion der Tonsille etc. und damit auch für den Zusammen-
hang dieser Erkrankung mit der Pleuritis lieferte erst die Sektion,
bei welcher sich aus einem Absceß der linken Tonsille Reinkulturen
von Staphylococcus py og. aur. ergaben. Deeleman (Berlin).
4
880
Diphtherie.
Mollard, J. et Kegaad, CI., Lösions du myocarde dans
l’intoxicatioo aigue par la toxi ne diphtörique.
Contributioo ü l’ötude experimentale des myo-
cardites. (Ann. de l’Inst. Pasteur. T. XL No. 2.)
Die Verff. haben es unternommen, durch experimentelle Versuche
in die Pathogenese der Herzveränderuugen, die man klinisch unter
dem Namen Myocarditis im weitesten Sinne zusammenfaßt, einzu-
dringen. Ihr Bestreben war, die Rolle festzustellen, die Bindegewebe,
Gefäße, Leukocyten und Muskelfasern beim Zustandekommen des
pathologisch-anatomischen Bildes spielen.
Obwohl Verff. es für außerordentlich wahrscheinlich halten, daß
auch die Nerven Veränderungen erleiden, so war es ihnen bisher
nicht möglich, auch auf diese ihre Untersuchungen auszudehnen.
Es wurde experimentiert an Hunden, Meerschweinchen und
Kaninchen, indem man denselben subkutan oder intravenös Diphtherie-
toxine entweder einmal in größerer Dosis oder mehrere Male in kleineren
Mengen einspritzte, um akute, subakutc oder chronische Veränderungen
im Herzmuskel zu erzielen. Um das letztere zu erreichen, wurde
auch einige Male Gebrauch von Diphtherieantitoxin gemacht. Das
verwendete Toxin hatte eine derartige Stärke, daß 0,05 ccm pro kg
einen Hund in 8 Tagen tötete. Der größeren Genauigkeit wegen
injizierten Verff. nur das Diphtheriegift in wässerigen Verdünnungen
von 1:10 bis 1:40. Es gelang nicht, die Krankheitsdauer länger als
17 Tage hinzuzieheD. Entweder starben dann die Tiere oder blieben
definitiv lebend.
Makroskopisch konstatierten Verff. am Herzen in den akuten
oder subakuten Fällen — die chronischen bleiben einer späteren
Publikation Vorbehalten — endocarditische, pericarditische und myo-
carditische Hämorrhagieen, Rötung und Verdickung der Klappen und
im Herzmuskel blasse Zonen mit roten abwechselnd; oft sieht man
gelbe Punkte, die auf Grund des mikroskopischen Befundes den
Stellen stärkster Erkrankung entsprechen.
Die feineren histologischen Untersuchungen führten zu folgenden
Ergebnissen :
Die diphtherische Intoxikation zieht stets und ständig Ver-
änderungen des Herzmuskels nach sich. Die Muskelfaser wird in
alien Fällen zuerst ergriffen und manchmal ist sie allein der leidende
Teil. In der Regel sind aber die Faserveränderungen von einer mehr
oder weniger stark ausgesprochenen, interstitiellen Leukocytose be-
gleitet. Ist diu Krankheitsdauer infolge einer intensiven Vergiftung
kurz, so sind die Abweichungen diffus. Lebt das Versuchstier aber
länger als etwa 10 Tage, so findet man unter anderem mehr oder
weniger ausgebreitete Stellen, an denen die Veränderungen der Muskel-
fasern und die interstitielle Leukocytose ihre größte Höhe erreicht
haben, Herde der stärksten Zerstörung.
Die Läsionen setzen an der kontraktilen Substanz unter Trübung
und Verwischung der Streifung zuerst ein. Später ergreifen sie den
Kern und das Cyto-(Proto-)plasma. Es bilden sich Vakuolen und die
Bindegewebspartieen werden erfüllt mit einer eigentümlichen homogenen
Masse, die Verff. als aus der Faser herauä diffundiertes Muskelplasma
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Tuberkulose.
881
auffassen und als „exsudat sarcodique“ bezeichnen will. Dieser Zu-
stand kündigt den vollen Untergang der Herzmuskelzelle an.
Gefäßveränderungen werden sehr häufig angetroffen, und die
Muskelschicht der kleinen Arterien ist besonders in Mitleidenschaft
gezogen. Die Prozesse an den glatten Muskelfasern sind denen an
den Herzfasern vergleichbar und treten gleichzeitig mit ihnen in
Erscheinung.
In den akuten und subakuten Fällen (Lebensdauer der Tiere bis
zu 17 Tagen) zeigt sich auch nicht die geringste Hyperplasie an den
Elementen des Bindegewebes. Der einzige Vorgang von Bedeutung
im Bindegewebe ist die Leukocytose. Die eintretende diffuse inter-
stitielle Leukocytose im Herzmuskel ist aber nur ein Ausdruck der
bei der Diphtherie stets vorhandenen allgemeinen Leukocytose. Die
noduläre interstitielle Leukocytose entspricht den Herden der stärksten
muskulären Zerstörung. Diese letztere ruft erst die Leukocytose
hervor. Die Leukocyten resorbieren die Trümmer der Muskelfasern
und die oben erwähnten muskelplasmatischen Exsudate. Verff. halten
übrigens die von verschiedenen Seiten beschriebenen „embryonalen
Zellen“ für nichts weiter als Leukocyten.
Fritz Basenau (Amsterdam).
Hanot et L£vy, L., Un cas de tubercule de la membrane
interne de l’aorte. (Archives de mddecine experimentale et
d’anatomie pathologique. T. VIII. 1896. p. 784.)
Die Lokalisation eines Tuberkels auf der Aortenintima ist unseres
Wissens in der Litteratur noch unbekannt, deshalb mag obiger Fall
erwähnt werden.
Bei einem Manne von 61 Jahren beobachteten Verff. im oberen
Teile der Brustaorta zwischen zwei Interkostalarterien auf der In-
tima ein stecknadelkopfgroßes Knötchen von grauer Farbe und
derber Konsistenz, das leicht in das Gefäßlumen hineinragte. Die
Schnitte zeigten, daß es sich um einen noch jungen Tuberkel im Be-
ginne der Verkäsung handelte, Riesenzellen und Tuberkelbacillen be-
stätigten den Befund. W. Kern pn er (Berlin).
Straus, J., Contribution ä I’dtude expdrim.entale de la
tuberculose par ingestion. (Nouveaux faits pour
servir ä la distinction des bacilles de la tuberculose
humaine et aviaire.) (Archives de mädecine experimentale et
d’anatomie pathologique. Bd. VIII. 1896. p. 689.)
In seiner letzten Arbeit hat der leider früh verstorbene Verf.
einen neuen Beitrag zur Unterscheidung der Säugetier- und Hühner-
tuberkulose geliefert. Es war bisher niemals versucht worden, syste-
matisch durch Verfütterung beider Tubekulosenarten an Meerschwein-
chen und Kaninchen die Unterschiede in den Krankheitserscheinungen
zu studieren.
In einer ersten Serie injizierte Verf. mittelst einer Schlundsonde
Meerschweinchen mit einer reichlichen Aufschwemmung menschlicher
Tuberkulose. Während der ersten Tage wurden die Tuberkelbacillen
reichlich in den Faeces nacbgewiesen, verminderten sich allmählich und
EnU Abt. XXI. Bd. ss
882
Tuberkulose.
verschwanden gänzlich gegen den 8. — 10. Tag und waren im L&nfe
ca. 1 Monats nicht wiederzufinden. Darauf erschienen sie von neuem,
nicht vereinzelt wie früher, sondern gewöhnlich in wahren Knäueln
bis zum Tode, der 6 — 12 Wochen nach der Infektion erfolgte; das
Tier war bedeutend abgemagert und hatte 1 /, — l L seines Gewichts
eingebüßt. Die Sektion ergab tuberkulöse Geschwüre im Coecum,
Kolon und Eude des Dünndarms, Milz, Leber, häufig auch die Lungen
zeigten Tuberkel. Es erhellt aus Gesagtem, daß in den ersten Tagen
die Bacillen entleert werden, mit denen das Tier gefüttert ist,
während die später in Haufen gefundenen den tuberkulösen Darm-
geschwüren entstammen.
Anders verhalten sich die Meerschweinchen der zweiten Serie,
die mit HUhnertuberkulose gefüttert sind. Die in den ersten Tagen
in den Faeces nachweisbaren Bacillen verschwinden bald und er-
scheinen nicht wieder, ein Beweis, daß keine Darmgeschwüre auftreten.
Die Tiere nehmen an Gewicht zu und zeigen, wenn sie nach 3 bis
4 Monaten getötet werden, nur selten kleine Tuberkel am Coecum und
Dünndarm, noch seltener findet man tuberkulöse Veränderungen an
Leber, Milz und Lungen, in denen dann zahlreiche Bacillen nach-
weisbar sind. Verimpft man derartige Organstücke an Hühner, so
werden diese trotz Passage durch den Säugetierkörper tuberkulös.
Beim Kaninchen sind die Unterschiede bei der Yerfütterung
beider Tuberkulosearteu viel weniger ausgesprochen, die Tiere, auch
mit beträchtlichen Dosen gefüttert, erkranken nicht, sondern nehmen
an Gewicht zu. Tötet man sie nach 3—4 Monaten, so findet man
im allgemeinen keine andere Veränderung, als mehr oder minder
zahlreiche, kleine Tuberkel, die ausschließlich an zwei Teilen des
Coecums, am Sacculus rotundus und am Processus vermiformis loka-
lisiert sind. Bekanntlich sind diese beiden Stellen sehr reich an
Lymphfollikeln, die unter der Schleimhaut eine beinahe fortlaufende
Schicht bilden.
Bef. vermißt eine Angabe, ob in den Faeces der mit Tuberku-
lose gefütterten Kaninchen sich Tuberkelbacillen nachweisen ließen.
Anhangsweise zählt Verf. 4 Versuche auf, in denen er Meer-
schweinchen mit Rotz fütterte, da vielfach unter den Tierärzten die
Ansicht herrscht, daß der Rotz bei Pferden durch Infektion durch den
Digestionstraktus erfolgt. Die Versuche fielen sämtlich negativ aus,
keines der Meerschweinchen erkrankte an Rotz; trotzdem hütet sich
Verf., daraus Schlüsse auf die Erkrankung beim Pferde zu ziehen.
W. Kempner (Berlin).
Galli-Yalerio, B., Sopra due casi di tuberculosi nel cane.
(Moderno Zooiatro. 1896.)
Im ersten Fall fand Verf. einen dicken Belag epitheloider Zellen
mit vielen Gefäß- und Tuberkelbacillen auf dem Brustfell bei einer
Hündin, die bei einem tuberkulösen Manne gelebt hatte. Im zweiten
Fall nntersuchte er eine Tuberkulosis des Bauchfells eines Hundes
und fand viele Koch’sche Bacillen, deren Entwickelung vielleicht
von einem Eustrongylus gigas, der ganz frei in der Bauchhöhle
war, begünstigt wurde. Ein Igel, mit 1 ccm von Tuberkeln dieses
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Tuberkulose. — Milzbrand. gg3
Hundes in die Bauchhöhle geimpft, starb nach 5 Tagen ohne Ver-
letzungen, aber mit vielen Tuberkelbacilien im Blute.
B. Galli- Valerio (Mailand).
LohofF, Ein bemerkenswerter Fall von angeborener
Tuberkulose beim Kalbe. (Zeitschr. f. Fleisch- und Milch-
hygiene. 1897. p. 163.)
Die Sektion eines 3 Wochen alten Kalbes ergab folgenden Be-
fund : Portaldrüsen vergrößert, mit stecknadelkopfgroßen grauen Ein-
lagerungen durchsetzt, in der Lebersubstanz eine größere Anzahl
erbsengroßer und kleinerer grauweißer Knötchen. Bronchialdrüsen
und Mediastinaldrüsen sind geschwollen, derb und zeigen graue, knöt-
chenförmige Einlagerungen. Im Herzmuskel ein haselnußgroßer, grau-
gelblicher Knoten. In der rechten Niere ein erbsengroßes Knötchen,
in der zugehörigen Lymphdrüse stellenweise Einlagerungen. Der
mikroskopische Befund wurde durch den Nachweis von Tuberkel-
bacillen in den pathologischen Produkten bestätigt
Bemerkenswert ist in diesem Falle, daß, obwohl unstreitig das
Tuberkel virus durch den gesamten Blutkreislauf (Herz- und Nieren-
infektion) gewandert ist, doch die Bug- und Achseldrüsen sowie auch
die Kniefaltendrüsen völlig intakt waren. Ferner zeigt der Fall, daß
die tuberkulöse Infektion des lymphatischen Apparates sich beim
Fötus erst sekundär an die Allgemeininfektion anschließt. Die tuber-
kulöse Erkrankung der Portaldrüsen erklärt sich durch die auf dem
Wege der Nabel vene erfolgte Leberinfektion, die Infektion der Mittel-
felldrüsen durch die Erkrankung der vorderen Leberpartien, die der
Bronchialdrüsen durch den tuberkulösen Infarkt des Herzens, die der
renalen Lymphdrüse durch die infolge der Allgemeininfektion er-
krankte rechte Niere.
Verf. empfiehlt angesichts dieses Falles, auch bei Kälbern speziell
die Organlymphdrüsen genau zu untersuchen.
W. Kempner (Berlin).
Gorini, C., II carbonchio nell' agro del basso milanese
in rapporto colle concerie. (Giornale della R. soc. ital. di
igiene. 1897. p. 130.)
Verf. als Referent einer Kommission zum Zwecke der Erforschung
der Beziehungen zwischen dem häufigen Vorkommen des Milzbrandes
unterhalb Mailands und den Gerbereien dieser Stadt, sagt: 1) Der
Milzbrand herrscht in der betreffenden Gegend schon seit langem
cpizootisch. 2) Als Ursache ist die Verunreinigung der Riesel Wässer
mit den Abwässern der Gerbereien anzusehen (der Milzbrand herrscht
dort am heftigsten und meisten, wo die Abwässer zuerst hingelangen,
und nimmt allmählich ab, je weiter entfernt die Orte von den
Gerbereien liegen, während die Orte, die ihr Wasser nicht aus
Gerbereien entnehmen, frei von Milzbrand sind). 3) Um eine Basis
für die Ergreifung von prophylaktischen Maßnahmen zu gewinnen,
drängte sich die Desinfektion der Häute in den Gerbereien, bevor
dieselben in die Macerationsbäder kommen, auf. Von allen Des-
infektionsmitteln das beste ist die Fluorwasserstoffsäure. Ein 48-
56 *
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884
Nieren* and Uersleiden.
ständiges Verweilen der Milzbrandsporen in 1 °/oo HF1 genügt, um
ihre Entwickelungsfähigkeit aufzubeben. Stücke eines an Milzbrand
verendeten Meerschweinchens nach 2-tägigem Verweilen in 1 0 / M HF1
töteten nicht mehr Meerschweinchen. Aus diesen Versuchen schließt
Verf., daß ein Einlegen der Häute in 1-67«. HFl-Lösung genügen
würde, um alle anhaftenden Milzbrandkeime zu zerstören.
B. Galli-Valerio (Mailand).
Flcxner, Simon, A Statistical and experimental study
of terminal infections. (The Journal of experimental medi-
cine. Vol. I. 1896. No. 3.)
Die vorliegende Arbeit führt uns die Erfahrungen vor Augen,
welche Verf. bei der bakteriologischen Untersuchung bei Obduktionen
von Fällen chronischer Erkrankungen gewonnen hat.
Von den 793 Obduktionen, die in Johns Hopkins Hospital aus-
geführt wurden, bezogen sich 255 auf chronische Nieren- und Herz-
leiden. Bei der bakteriologischen Untersuchung ergaben 213 dieser
Fälle positive, 42 negative Resultate.
In 38 Fällen chronischer Nierenerkrankung konnte eine allge-
meine Infektion nachgewiesen werden. Folgende Bakterien schienen
dieselbe zu verursachen : Streptococcus in 16 Fällen, Staphylo-
coccus aureus 4 Fälle, Micrococcus lanceolatus 6 Fälle;
Gasbacillus 3 mal allein und 2 mal mit Coli commune zu-
sammen; Gonokokken, Anthraxbacillus, Proteus mit Coli
zusammen, Coli allein. Bac. capsulatus und ein Coccus —
letztere je ein Mal.
Fälle lokaler Infektion waren viel häufiger als diejenigen allge-
meiner (127 Fälle bei Nierenerkrankungen). Die lokale Infektion
wurde auch von den oben angeführten Bakterien verursacht, nur er-
giebt sich aus der beigefügten Tabelle, daß hier häufiger mehrere
Bakterienarten zusammen aufzutreten pflegten.
In Fällen von Herzleiden konnte Verf. 48 mal eine sekundäre
Infektion konstatieren, 14 mal lag eine allgemeine Infektion vor, die
durch folgende Bakterien hervorgerufen war: Streptococcus 9-
Fälle; Micrococcus lanceolatus 2 Fälle; S tap hylococcus
aureus 1 Fall; Staphylococcus albus und Streptococcus
1 Fall; Coli commune 1 Fall.
In den übrigen 32 Fällen lag eine lokale Mischinfektion vor.
Verf. schließt aus seinen Beobachtungen, wie außerordentlich
wichtig es sei, bei menschlicher Obduktion stets eine bakteriologische
Untersuchung vorzunehmen, und stimmt Osler bei, daß bei chro-
nischen Krankheiten die Ursache des Todes oft eine sekundäre In-
fektion sei.
Verf. macht auch darauf aufmerksam, daß in vielen chronischen
Krankheiten die sekundäre Infektion durch Toxine bildende Bakterien
verursacht wird und der Erreger somit nicht leicht bei der Obduktion
nachgewiesen werden kann. Um der Frage näher zu kommen, wo-
durch eigentlich die größere Empfindlichkeit bei chronisch Kranken
bedingt wird, hat Verf. einige Versuche über die baktericide Eigen-
schaft des Blutes bei verschiedenen Kranken angestellt.
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Keratitis.
885
Einer eingehenden Prüfung wurde bis jetzt nur Staphylo-
coccus aureus unterworfen (Typhusbacillus und Bacillus
Friedländer wurden auch untersucht). Flexner’s Versuche er-
geben, daß normales menschliches Blutserum zerstörend auf Sta-
phylococcus aureus ein wirkt; die größte Zahl der zerstörten
Mikroorganismen war 29 000 in 4 Stunden und 21 000 in 6 Stunden.
9 mal wurde das Blut von chronischen Kranken untersucht, nur
in 3 dieser Fälle machte sich eine bakterienhemmende Wirkung des
Serums geltend, wobei sich auch in 2 dieser Fälle bald das Allge-
meinbefinden des Patienten besserte.
Lydia RabinowitBch (Philadelphia).
Charrin, Modifications cardiaques dues aux toxines.
(La Semaine müdicale. 1897. p. 132.)
Ch. berichtet über Untersuchungen über die Wirkung der Toxine
auf die Herzthätigkeit. Er fand, daß die Bestandteile des Toxines,
welche speziell die Störungen der Herzthätigkeit verursachen, in Al-
kohol löslich sind und auf diese Weise von anderen Bestandteilen,
so beim Pyocyaneus von denen, die die Enteritis hervorzubringen,
leicht zu trennen sind. Ahlefelder (Charlottenburg).
Greeff, Die Keratitis interstitialis (parenchy matosa)
in ihren Beziehungen zu Allgemeinerkrankungen.
(Sammlung zwangloser Abhandlungen aus dem Gebiete der Augen-
heilkunde. Bd. I. Heft 8.)
Die Keratitis interstitialis ist stets als der Ausbruch einer kon-
stitutionellen Erkrankung des Körpers zu betrachten, am häufigsten
liegt eine Syphilis hereditaria zu Grunde. Sie ist keine seltene Er-
krankung; nach größeren Zusammenstellungen leiden etwa 1 / t Proz.
aller Augenkranken an dieser Affektion. Immer ist der Uveal-
trakt beteiligt, und man neigt jetzt zu der Ansicht, daß eine Uveitis
vielleicht immer der Hornhautentzündung vorausgeht Außer der
typischen giebt es in seltenen Fällen atypische Formen : die Keratitis
punctata, die Keratitis annularis. Bei der Verteilung der Keratitis
interstitialis nach den Altersklassen zeigt sich, daß sie in den ersten
5 Lebensjahren noch selten, daß sie vom 6. — 20. Jahre beständig
anwächst und dann wieder sinkt. Der älteste Patient war 38 Jahre
alt. Besonders bemerkenswert ist ferner, daß diese Krankheit auch
angeboren oder vielmehr intrauterin vorkommt. Sie befällt häufiger
das weibliche Geschlecht als das männliche. Recidive sind nicht
selten. Der Verlauf ist ein sehr langsamer, und meist werden beide
Augen nacheinander befallen. Die Prognose ist aber schließlich eine
relativ günstige, die Hornhäute hellen sich wieder auf, die Patienten
erhalten noch eine leidliche Sehschärfe.
Ist auch meist die hereditäre Lues die Ursache, so können doch
auch andere Infektionskrankheiten und Stoffwechselanomalien eine
solche Keratitis bewirken. Ist hereditäre Lues die Ursache, so ist
meist nicht schwer, die Diagnose zu sichern, denn meist finden sich
noch andere Symptome dieser Krankheit, am häufigsten Hutchin-
son’ sehe Zahnform und Schwerhörigkeit ohne Befund. Erkrankungen
der Extremitätenknochen, Rhagaden im Gesicht, glatte Atrophie des
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886
Cholecyititis. — Tierische Parasiten.
Zangengrundes, Schwellung der Lymphdrüsen helfen die Diagnose
sichern. Auch die allgemeine Konstitution und physische Entwickelung
ist bei dieser Diagnose zu beachten.
Nächst der hereditären Lues kommt die Tuberkulose bei der
Aetiologie am häufigsten in Betracht, wenn auch die Ansichten über
die Häufigkeit dieser Affektion noch sehr auseinander gehen. Bei
den Fällen, wo weder Lu« noch Tuberkulose nachzuweisen ist, sucht
man den Rheumatismus, die Malaria, Diabetes, Influenza, Erkrankung
der Genitalien, chronische Hautkrankheiten mit der Entstehung dieses
Leidens in Beziehung zu bringen, freilich finden sich auch Fälle, wo
keines der angeführten Leiden nacbgewiesen werden kann. Auch
bei Tieren ist diese Krankheit mehrfach beobachtet, so von Pflüger
bei einer Ziegenberde, die an infektöser Agalaktie, einem mykotisch-
rheumatischen Fieber, litt, wo von 30 Tieren nur 6 verschont blieben.
Wenn es der ärztlichen Hilfe auch nicht möglich ist, die Krank-
heit abzukürzen oder den Ausbruch am 2. Auge zu verhindern, so
ist die Therapie doch imstande, die heftigsten Symptome zu mildern
und interkurrenten Gefahren vorzubeugen. Feuchtwarme Umschläge
pflegen die EntzündungserscbeinuugeD zu mildern. Solange Reizung
der Iris besteht, ist die Pupille weit zu halten. Lassen die heftigen
Entzündungserscheinungen nach, so empfiehlt sich die Salbenbehand-
lung mit Massage. Außer mancherlei Vorschlägen zu operativen
Eingriffen sind neuerdings subkonjunktivale Injektionen empfohlen
worden, die Ansichten über den Wert dieser Methoden geben aber
noch weit auseinander. Neben diesen lokalen Maßnahmen muß je
nach dem Grundleiden der Allgemeinbehandlung besondere Beachtung
geschenkt werden. F. Schanz (Dresden).
Qutfnu, Infection biliaire k colibacille. (La Semaine me-
dical«. 1897. p. 121.)
Anschließend an einen von Lejars (Semaine mödicale. 1897.
p. 103) mitgeteilten Fall von durch den Bacillus coli bedingten
Cholecystitis, berichtet Q. über zwei solche Fälle. Steine wurden
bei der Laparotomie nicht vorgefunden. Heilung trat nach Anlegung
einer Fistel ein. Ahlefelder (Charlotten bürg).
Galll-Valerlo, B., Nuove ricerche sui noduli epatici e
osservazioni su alcuni noduli polmonari del cavallo.
(II Moderno Zooiatro. Bd. V. No. 9.)
Galli-Valerio berichtete in einer früheren Arbeit über Leber-
knötchen der Pferde, welche durch die in den feinen Gallengängeu
eingekeilten Distomeueier verursacht waren. Seit dieser Zeit hatte
Verf. wieder Gelegenheit, ähnliche Leberläsionen zu untersuchen;
außerdem erforschte er die Ursache der in den Lungen der Pferde
vorkommenden ähnlichen Veränderungen und gelangte durch diese
Beobachtungen zu folgenden Schlüssen:
1) Neue Beobachtungen bestätigen es, daß in der Leber der
Pferde die Embolien, welche durch Distomeneier in den kleinen Gallen-
gängen entstehen, eine Knötchenbildung verursachen.
2) In solchen Knötchen kann man bis 20 Eier des Distomum
lanceolatum finden.
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Tierische Parasiten.
887
3) Zu gleicher Zeit kommen verkalkte Knötchen auch in der
Lunge vor, welche eine unbekannte Nematodenlarve enthalten.
4) Die Lungenknötchen können bisweilen die Ursache einer
falschen Rotzdiagnose bilden. St v. Ratz (Budapest).
Plana, €1. P., Ricerce sulla morfologia della Simondsia
paradoxa Cobb. e di alcuni altri nematodi paras-
siti dello stomaco degli animali della specie Sus
scrofa L. (Atti soc. ital. di scienze naturali. 1897. 3. Gennaio.
Mit 7 Abbildgn.)
In dieser Arbeit bestätigt Verf. einige der interessanten Unter-
suchungen von Prof. Colucci (Ref. in dies. Centralbl.) über Si-
mondsia paradoxa und giebt viel Neues über diesen Schmarotzer.
Wie Colucci schon bemerkt hat, sind die Männchen, wie kleine
Haarseile, unter der Mucosa des Magens festgestellt. Sie haben
ein kurzes, dichtes und ein beiläufiges Spiculum. An den Rän-
dern der Bauchoberfläche, angrenzend ans Spiculum, findet man
5 Papillen an jeder Seite. Der Hinterkörper zeigt an der Bauch-
oberfläche der Länge nach Erhöhungen. Männchen und Weib-
chen zeigen am Vorderkörper 4 Papillen: 1 an der Rückenober-
fiäcbe, 1 an der Bauchoberfläche und 2 an den Seiten. Vulva
3 mm vom Munde an der Bauchoberfläche gelegen. Der Körperbau
der Männchen und die Eier von Simondsia paradoxa sind
den Spiroptera sexalata Molin. ähnlich. In den Cysten, wo
die Weibchen von SimondBia paradoxa eingebettet sind, kann
man oft den Vorderkörper einer Nematode, vielleicht vom Genus
Gnathostoma Owen, finden. B. Galli- Valerio (Mailand).
Plana, G. P., Osservazioni sul Dispharagus nasutus
Rud. dei polli e sulle larve nematelmintiche delle
mosche e dei porcellioni. (Atti soc. ital. di sc. naturali.
1897. XXXVI. p. 1.)
ln dieser sehr interessanten Arbeit, die von 21 Originalzeich-
nungen begleitet ist, giebt Verf. eine gute Beschreibung von Dis-
pharagus nasutus Rud. und eine vergleichende Beschreibung der
noch nicht ganz entwickelten Exemplare von Dispharagus mit
einigen Larven, die in M u 8 c a domestica undPorcellio laevis
leben. Aus dieser Vergleichung schließt Verf., daß nur die in
Porcellio laevis lebenden Larven als eine Vorstufe des Dis-
pharagus nasutus zu betrachten sind. Verf. fand diese Larven
nur bei Porcellio laevis, die mit an Dispharagus leidenden
Hühnern lebten. Die Hühner lieben es sehr, Porcellio zu fressen
und werden so von Dispharagus infiziert.
B. Galli-Valerio (Mailand).
Bosso, G., Elmintiasi cutanea dei cane. (Moderno Zooiatro.
1897. p. 185.)
Bei einer 5-jährigen Hündin hat Verf. eine Hautkrankheit, die
durch Rötung, kleine Knötchen und Jucken charakterisiert war, unter-
sucht. Mikroskopisch konnte Verf. in den Knötchen und in dem
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888 Schutzimpfung, künstl. Infektionskrankheiten, Entwickelungshemmung etc.
Blut Nematodenlarven von 315 —353 X 7—9 n watarnehmeö, die sehr
wahrscheinlich von Filaria immitis stammten.
B. Galli- Valerio (Mailand).
Schutzimpfung, künstliche Infektionskrankheiten, Entwick-
lungshemmung und Vernichtung der Bakterien etc.
Koger et Josu^, Action de certains Serums sur la moelie
des os. (La Semaine mddicale. 1897. p. 131.)
R. und J. berichten über ihre weiteren Untersuchungen, über
deren erste Ergebnisse sie bereits früher (Semaine mödicale. 1897.
p. 13) Mitteilung gemacht batten. Es handelte sich darum , die
Frage zu entscheiden, ob die Veränderungen, welche durch die sub-
kutane Injektion von Antidiphtherieserum auf das Knochenmark her-
vorgebracht werden, von der Einführung des Antitoxins abhängen,
oder als Wirkung eines fremden Serums aufzufassen sind. Die Ver-
suche, die zu dem Zwecke mit nomalem Kaninchen- und Pferdeserum,
mit Antitetanus- und Antidiphtberieserum angestellt wurden, scheinen
indes doch nicht die Beweiskraft zu haben, die R. und J. ihnen zu-
schreiben. Auch die normalen Sera zeigen eine Wirkung ähnlich
der bei den früheren Experimenten beobachteten. Daß diese Wirkung
bei dem Antidiphtberieserum in stärkerem Maße in die Erscheinung
tritt, darin liegt nach Ansicht des Referenten noch kein strikter
Beweis. Ahlefelder (Charlottenburg).
Russell, II. L., Tuberculin inoculations for year 1896.
(Thirteenth Annual Report of the Agricultural Experiment Station
of the University of Wisconsin for 1896. p. 134—137.)
Tuberkulin von dem Bureau of Animal Industry wurde bei
162 Stück Vieh angewendet, 34 Stück wurden das zweite Mal
inokuliert.
Die Resultate sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt :
Stück Vieh in der Herde
Stück Vieh mit erfolgreicher
Reaktion
1 Jahr alt
und darüber
Unter
1 Jahr alt
Altes Vieh
Junges Vieh
Herde I Guernsey
24
10
16
0
„ 11 beinahe eile
30
11
1
0
„ III meistens
19
2
1 (!)
0
,, IV Holstein
21
1
4
0
„ V Native
4
0
0
0
„ VI Yerseys
„ I zum 2. Maie in-
0
5
0
0
okuliert
0
5
0
0
Total
98
34
"
0
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SchutiimpfuDg, kflnstl, Infektionskrankheiten, Entwickelungsbemmung etc. 389
Das Tuberkulin wurde nur als diagnostisches Mittel gebraucht.
An einer anderen Stelle desselben Berichts sagt Russell l ), daß die
Krankheit nicht weiter um sich gegriffen hat, wo das kranke Vieh
von dem gesunden getrennt gehalten ist.
In Herde I (Guernsey) wurden 34 Stück Vieh inokuliert und
die Temperatur wurde 7 mal vor der Inokulation und 8 mal nach
derselben abgelesen. Die Resultate waren folgende:
stack vi«h
Stack Vieh
Stück Vieh
in der Herde
schwindsüchtig
gesund
1 Jahr und darüber
24
16
8
unter 1 Jahr
10
0
10
Die kranken und gesunden Rinder wurden separat gehalten und
folgende Maßregeln vorgenommen: Der Stall wurde mit Lauge und
warmem Wasser gescheuert und dann mit einer Auflösung von Leim
und Wasser angestrichen. Tuberkulin wurde zuerst am 2. Januar
gebraucht, am 12. Mai das 2. Mal. Drei der erkrankten Tiere er-
hielten Aseptalin, und zwar zuerst 4— 5 g. Diese Injektion wurde
3 wöchentlich gemacht bis 14. Mai. Dabei wurden die Dosen ge-
steigert bis auf 12 g, zum Einatmen wurde Karbolsäure-Glycerin
gegeben. Diese Behandlung war dem Vieh von großem Nutzen.
Rüssel fand, daß die Rinder, welche zuerst mit Tuberkuliu ein
positives Resultat gaben, auch das 2. Mal reagierten, obgleich eine
physikalische Besserung stattgefunden hatte.
Alle Kälber, welche von tuberkulösen Eltern abstammten, wurden
bald nach der Geburt entfernt und mit pasteurisierter Milch ge-
füttert. Diese zeigten keine Reaktion mit Tuberkulin. Russell
meint, daß ein Teil der schwindsüchtigen Tiere zur Züchtung würde
gebraucht werden können.
L. H. Pammel (Jowa Agricultural College, Ames).
Ranvicr, Du röle physiologique des leucocytes, k pro-
pos des plaies de la cornöe. (Comptes rendns hebdomadaires
des s&inces de l’Acad&nie des Sciences. T. CXXIV. 1897. No. 8.)
R. polemisiert in dieser Arbeit gegen die von Metschnikoff
für die Leukocyten aufgebrachte Bezeichnung, Phagocyten. Phago-
cytose ist nichts für die Leukocyten charakteristisches, sondern die
Funktion der Leukocyten ist eine ganz andere. Die Leukocyten
dienen zur Ernährung.
In künstlichen flachen Hornhautdefekten von Kaninchen sah Verf.
nach 24 Stunden vom Rande ausgehend eine Neubildung des Epithels,
welche sich dadurch auszeichuete, daß die Zellen ungewöhnlich saftig
und groß waren. Dieselben waren so zahlreich und standen infolge-
dessen unter einem solchen Druck, daß sie polyedrische Gestalt an-
genommen hatten. Unregelmäßigkeiten der Wunde waren vollständig
ausgefüllt mit so dicht liegenden Epithelien, daß dieselben Krebs-
1} The restriction of tubercaloai* by Isolation and tbo use of affected animals for
breeding pnrposea. (Ibid, p. 127 — 1S3.)
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890 Schutzimpfung, kiinstl. Infektionskrankheiten etc. — Neue Litteratur.
ncstern ähnlich sahen. In der Mitte des Defektes, der noch nicht
völlig geschlossen war, fanden sich massenhaft Leukocyten, welche in
dem schon mit Epithel bedeckten Teile der Wunde und den benach-
barten Cornealgebieten spärlicher waren. Diese Leukocyten waren
meist ganz hell, abgerundet, durch eine doppelte Kontur begrenzt
und enthielten mehrere Kerne. Sie färbten sich denn auch schlecht
oder gar nicht. Mit einem Wort, sie zeigten das Aussehen abgestor-
bener Leukocyten. Vielfach hatten sie sich auch gänzlich aufgelöst
und es lagen zahlreiche Kerne frei im Schnitt. Einfache Hornhaut-
rißwunden ergaben dieselben Resultate. Aus diesem Befund an den
Leukocyten und dem ungewöhnlich saftigen Aussehen des Epithels,
welches als Zeichen einer äußerst reichlichen Ernährung gelten muß,
schließt R., daß die Leukocyten ihr Protoplasma zur Ernährung des
Epithels abgegeben hätten, denn sonst kann nichts die massenhafte
Nahrungszufuhr, die stattgefunden haben muß, erklären. Die Zahl
der freiliegenden Kerne scheint in Beziehung zu stehen mit dem
Grade der Entzündung. Dafür spricht, abgesehen von den eben ge-
schilderten Versuchen, der Befund an Schnitten einer Cornea, durch
deren Epithel ein Metallfaden hindurchgezogen war. Auch hier
fanden sich um den Faden herum massenhaft Leukocyten, von dem
oben beschriebenen Aussehen und freie Kerne.
Diese beschriebenen Erscheinungen sind ähnlich denen, welche
man in der embryonalen Entwickelung sieht. Offenbar kommt es in
den angeführten Beispielen zu einer ungewöhnlich energischen Lebptis-
äußerung des Gewebes, welches sich durch Auflösen der Lymphzellen
und Freiwerden der Kerne dokumentiert. Die Leukocyten, mit Nähr-
stoffen beladen, dienen also dazu, überall dort, wo der Organismus
intensiver Ernährung bedarf, und wo nicht der Blutstrom hingelangt,
durch Abgabe ihres Protoplasmas andere Zellen zu ernähren.
Dem deutschen Leser werden die hier referierten Thatsachcn
nicht neu sein, sondern nur die Deutung derselben durch R. Wenn
letztere auch recht ansprechend erscheint, so kann man sich doch
nicht verhehlen, daß dieso Theorie durch das Mitgeteilte keineswegs
bewiesen ist. Nirgends ersieht Ref. den strengen Beweis dafür er-
bracht, daß thatsächlich Protoplasma von zu Grunde gegangenen
Leukocyten in das Protoplasma der neugebildetcn Epithelzelle.n über-
gegangen ist. Marx (Berlin)
Neue Litteratur
zusammengcitellt von
San.-Rat Dr. Arthur Wcuzburg,
Bibliothekar im Kauert. Oesuu4beit«aiate io Berlin.
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Frommuuuche BachdrucXord (Hermann Pohle) ln Jena,
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Bakteriologie. Parasitenlnmde i, Mekfinnskrankhe i tRii
Erste Abteilung:
Medizinisch-hygienische Bakteriologie und
tierische Parasitenkunde.
In Verbindung mit
GbIl Bat Prot Dr. Leacfcart, Gel. Med.-Rat Frei. Dr. Loeffler
tn Lelpsig und In GrelÄwsld
ln Berlin
herausgegeben von
Dr. O. Uhlworm in Cassel.
Verlag von Gustav Fischer ln Jena
XXI. Band. Jena, den io. Juli 1897 . -o- No. 24/25.
Preis für den Band (26 Nummern) 15 Mark. — Jährlich erscheinen iwei Bände.
Hierzu alt regelmdfsige Beilage die InhalttübertichUn der II. Abteilung det CentralblatUi.
Die Redaktion des „Centralblatts für Bakteriologie und Parasiten-
kunde“ richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte , etwaige
Wünsche um Lieferung von besonderen Abdrücken ihrer Aufsätze ent-
weder bei der Einsendung der Abhandlungen an die Redaktion auf das
Manuskript schreiben zu wollen oder spätestens nach Empfang der ersten
Korrekturabzüge direkt an den Verleger , Herrn Gustav Fischer in Jena ,
gelangen zu lassen.
Original -Mittheilungen.
Nachdruck verboten.
Ein Beitrag zur Morphologie und Biologie des Bacillus
der Bubonenpest.
Von
E. Klein
in
London.
Während des abgelaufenen halben Jahres habe ich eine Reihe
von Untersuchungen über die Morphologie und Biologie des Bacillus
der Bubonenpest angestellt, deren Resultate in manchen Punkten
nicht ohne Interesse sein dürften. Der Bacillus, mit dem diese
trat« Abi. UI. M. 57
898
E. Klein,
Beobachtungen angestellt wurden, rührt von einem tödlichen typischen
Pestfalle her. Dieser Fall ereignete sich in London im Oktober 1896,
und betraf einen indischen Matrosen eines von Bombay im Port von
London eingelaufenen Dampfers.
Mehrere Tage, nachdem der Dampfer eingelaufen, erkrankte der
erste, darauf ein zweiter und dritter Matrose. Die Patienten wurdet
gleich nach dem Eintreten der Krankheit ins Spital gebracht uni
isoliert, sowie das Schifi gründlich desinfiziert. Ein weiterer Fall
von Pest konnte weder beim Schiffspersonale noch außerhalb desselben
auch bei genauester Untersuchung eruiert werden.
Der isolierte Bacillus entsprach in allen Punkten dem von
Kitasato und Yersin beschriebenen Pestbacillus, und ist es
nicht nötig, hier weiter auf dessen morphologische, biologische und
pathogene Eigenschaften einzugeben.
Die Punkte, die in den bis jetzt gemachten Publikationen nicht
gehörig gewürdigt worden, und die mir von diagnostischer Bedeutung
zu sein scheinen, so wie einzelne, dessen pathogene Eigen schäfte:
gegenüber dem Meerschweinchen betreffende Beobachtungen will ich
mir erlauben, hier zu beschreiben.
1) Der Pestbacillus gedeiht recht gut auf Nährgelatine, die
aus Rindsbouillon (nicht Infus), Gelatine 10 Proz., Pepton 1 Prtw
Kochsalz 1 Proz. besteht, so daß man bei Oberflächenkulturen (ad
der Platte oder schief erstarrten Röhrenkulturen), bei 20 — 21“ C
bebrütet, die Kolonieen schon nach 24 Stunden mit dem bloßen Auge
als kleine graue, rundlich-eckige Punkte wahrnehmen kann, Macht
man nun Abklatschpräparate, trocknet, färbt und schließt in der
üblichen Weise ab, so erkennt man bei Durchmusterung bei schon
schwacher Vergrößerung, daß die Mehrzahl der Kolonieen eckig ist
und aus kurzen ovalen Stäbchen — einzeln oder häufiger Doppei-
stäbchen — zusammengesetzt ist. Bei stärkerer Vergrößerung und
nach gutem Auswaschen sind die Stäbchen bipolar gefärbt. Hie und
da erkennt man unter den kurzen Stäbchen ein oder das andere
längere cylindrische, kurze Fädcben; im allgemeinen sind aber, wie
gesagt, die Kolonieen eckig und aus kurzen Stäbchen zusammengesetzt.
Nun finden sich aber unter der Mehrzahl solcher typischer eckiger
Kolonieen vereinzelte runde oder ovale Kolonieen, die aus längeren
oder kürzeren, geraden oder geschlängelten Fäden bestehen, und die
einer ganz jungen Kolonie des Proteus vulgaris sehr ähnlich
sind. Die Fäden sind entweder gegliedert, die Glieder ungleich laug,
oder sie sind homogen, mehrfach verschlungen. Wenn man eine
solche atypische Fadenkolonie, umgeben von zahlreichen typischen,
eckigen und aus kurzen Stäbchen bestehenden Kolonieen, zuerst aa-
trifft, wäre man ohne weiteres geneigt, die ersten als eine Veraa-
reinigung zu betrachten; ich habe mich jedoch durch zahlreiche,
wiederholt gemachte Plattenkulturen überzeugt, daß dem nicht so ist,
sondern daß in Oberflächengelatinekulturen, 24—28 Stunden bc:
20 — 21° C bebrütet, stets vereinzelte atypische Fadenkolonieec zu
finden sind, und halte ich deren Gegenwart als für den Pest-
bacilluB charakteristisch und für die Diagnose entscheidend.
Später als 48 Stunden sind diese atypischen Kolonieen nicht
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Ein Beitrag zur Morphologie uod Biologie des Bacillus der Bubooenpest. 899
eicht zu erkennen, da dieselben sehr bald wie die typischen Kolonieen
sich in kurze Stäbchen auflösen. Wie oben erwähnt, kommen auch
unter den die typischen Kolonieen zasammensetzenden Stäbchen hie
und da einzelne cylindrische und selbst fädige Bacillen als Ueber-
gangsforraen vor.
2) Von diagnostischer Wichtigkeit ist das Resultat der intraperi-
tonealen Injektion von Meerschweinchen mit kleinen Dosen der Kultur
des Pestbacillus. Die Injektion ruft Tod in 24 — 48 Stunden her-
vor : dickflüssiges trübes peritoneales Exsudat, reichlich Leukocyten
und charakteristische Ketten der Pestbacillen enthaltend; diese Ketten
sind zuweilen von ansehnlicher Länge und zu Gruppen und Knäuel
angeordnet.
3) Bouillonkulturen, 2 — 7 Tage bei 37° C gewachsen, rufen bei
subkutaner Injektion in die Leistengegend der Meerschweinchen in
kleinen Dosen (‘/»o — */s ccm) den Tod in 48—72 Stunden hervor. In
den meisten Fällen ruft eine solche Injektion keine Leistenschwellung
hervor, doch findet sieb bei der Sektion peritoneales, dickflüssiges,
trübes Exsudat von derselben Zusammensetzung wie bei der intra-
peritonealen Injektion. Wenn jedoch nach der subkutanen Injektion
der Bouillonkultur Leistentumor vorkommt — was das gewöhnliche
Resultat nach der subkutanen Injektion von Pestblut, Pesteiter, Gelatine
«der Agarkultur ist — so fehlt das peritoneale Exsudat.
4) Bei dem nach der subkutanen Injektion rasch und typisch
eintretenden letalen Ende — 48 bis 72 Stunden — der Meerschweinchen,
zeigen die Lungen io der Regel bei der Sektion kaum etwas Abnormes,
doch läßt sich durch die Kultur zeigen, daß die Pestbacillen auf der
freien Oberfläche der Schleimhaut der Trachea und des Larynx vor-
handen sind; bei solchem Kulturvorgehen muß man natürlich darauf
achten, daß die Schleimhaut unverletzt bleibt und man nicht etwa
Blut, das bekanntlich die Pestbacilleu enthält, zur Kultur mitnimmt.
Wenn wegen der kleinen Dosis oder wegen Abgeschwächtseins
der verwendeten Kultur der Tod über den 4. bis 9. Tag hinausge-
schoben ist, so findet man bei der Sektion die Lungen stets mehr
oder weniger erkrankt: von lokalisierten Hyperämieen und punktför-
migen Petechien bis zu ausgebreiteten Hepatisationen und grauen
nekrotischen Knoten. In mikroskopischen Schnitten durch die ver-
änderten Partieen findet man je nach der Intensität der Veränderung
die Bronchialverzweigungen bis in die Alveolen der Läppchen mit
den Pestbacillen mehr oder weniger erfüllt, zuweilen wie damit in-
jiziert, auch hie und da ein Blutgefäß mit Bacillen vollgepfropft.
5) Meerschweinchen, die nach subkutaner Injektion mit virulenten
Kulturen eingehen, zeigen in den meisten Fällen bei der Sektion das
Duodenum entzündet, sein Inhalt schleimige Flüssigkeit. In dieser
Flüssigkeit lassen sich die Pestbacillen nachweisen und bei der sub-
kutanen Injektion in Meerschweinchen rufen sie die typische Krank-
heit und den Tod hervor.
6) Meerschweinchen lassen sich zu wiederholten Malen mit
positiven Erfolgen infizieren. Benutzt man zur subkutanen Injektion
subletale Dosen, so läßt sich immer der charakteristische Inguinaltumor
und allgemeines Kranksein der Tiere hervorrufen, doch genesen sie
57*
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900 Klein, Ein Beitrag zur Morphologie und Biologie des Bacillus der Bubonerpesi.
wieder, während der Tumor wieder rückgängig wird und ganz ver-
schwindet, oder der Tumor vereitert, es bildet sich ein offenes Ge-
schwür, das nach wenigen Tagen ganz heilt. Ich habe in solchen
Experimenten dasselbe Meerschweinchen drei- und auch viermal mit
subletalen Dosen lebender Kultur, deren Virulenz durch Kontroll-
iere konstatiert wurde, infiziert, und habe dadurch bei jeder Injek-
tion Inguinaltumor — mit reichlichen Pcstbacillen — sowie vorüber-
gehendes Kranksein bewirkt. Solche Tiere wurden dann, 14 — 18 Tage
nach der letzten Injektion, mit etwas größeren Dosen injiziert; die
Tiere starben unter den typischen Erscheinungen und mit den
charakteristischen pathologischen Veränderungen. Die Resistenz, die
also nach wiederholter Injektion Bubletaler Dosen beim Meerschweinchen
erzielt wird, ist kaum nennenswert, und steht dies im Einklänge mit
den von Roux und Yersin gemachten Erfahrungen (Annales de
l’Institut Pasteur 1895—1897). Damit stimmt auch die Thatsache
überein, daß das Blut, resp. Blutserum von Meerschweinchen, die
durch wiederholte Injektion subletaler Dosen lebender Kultur infiziert
worden waren, kaum ein nennenswertes germicides Vermögen besitzt.
Selbst 0,5 ccm des Blutserums obiger Tiere zu einer sonst letalen
Dosis zugesetzt und einem gesunden Meerschweinchen unter die Haut
gespritzt, verursacht die typische Krankheit und Tod geradeso, wie
dieselbe Dosis von Kultur beim Kontrolltiere.
7) Auch die wiederholte Injektion sterilisierter Kultur subkutan
oder intraperitoneal dem Mtcisctlwginchen einverleibt, verleiht den
Tieren keine namhafte Resistenz. \
Es wurden Meerschweinchen subkutan, oder intraperitoneal 5- und
auch 6mal mit großen Dosen ( l / t , ■/„ selbst */, Kultur) durch Er-
hitzen auf 62 — 65° C sterilisierter Aufschwemmung von Gelatine-
und Agarkultur, auch mit großen Dosen sonst virulenter Bouillon-
kultur, die vorher durch Erhitzen auf 62— 65° C x durch 10 Minuten
sterilisiert worden waren, injiziert, und dann 14— iS Tage nach der
letzten Injcktiou auf ihre Resistenz gegen eine sonst letale Dosis
virulenter lebender Kultur geprüft. Ueber 60 Proz. der vorbereiteten
Tiere starben wie das Kontrollier, die Minderzahl zeigten ausge-
sprochenen Inguinaltumor und durch mehrere Tage allgemeines Krank-
sein, erholten sich aber langsam wieder. Auch das Blut dete so vor-
bereiteten Tiere batte kein namhaftes germicides Vermögen. '
Die intraperitoneale Injektion großer Dosen sterilisierter Kultur
(bis ‘/a «»er Agarkultur) bewirkt keine Krankheit, und verhält siet
daher der Pesthacillus in dieser Richtung verschieden von afr
deren bekannten Mikroben (Cholera, Finkler, Colon, Typhus, Prodi-
giosus etc.), die alle in bedeutend kleineren Dosen tödliche Peritonitis
hervorrufen, wie ich dies in dieser Zeitschrift. Bd. XIII. No. 13 ge-
zeigt habe.
Die Angabe von Ko Ile (Deutsche med. Wochenschr. No. 10.
1897), nach welcher die Injektion abgetöteter Kultur beim Meer-
schweinchen eine hochgradige Resistenz erzeugen soll, ist mir nach
meinen Experimenten ganz unverständlich.
8) Auch bei dem mit natürlicher Resistenz begabten Kaninchea
läßt sich durch wiederholte subkutane Injektionen großer Dosen
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▼. Wasielewski, Ueber die Form and Färbbarkeit der ZelleiDSchlüsae etc. 901
virulenten Materials kaum ein nennenswertes Immunisierungs- und
germicides Vermögen beibringen. Ich habe Kaninchen 6mal binnen
6 Wochen mit virulentem Materiale subkutan injiziert (das 6. Mal
mit je 2 ccm einer virulenten Bouillonkultur, das 6. Mal mit 1 ccm
des Saftes der Lunge und der Inguiualdrüsen eines in 3 Tagen an
der Pest verstorbenen Meerschweinchens, die Flüssigkeit war mit
Pestbacillen dicht erfüllt); 16 Tage nach der 6. Injektion wurde das
Blut eines dieser Kaninchen auf dessen germicides Vermögen geprüft :
0,5 ccm des Blutserums wurde einer letalen Dosis (*/,, ccm einer
virulenten Bouillonkultur) beigemischt und einem Meerschweinchen
unter die Haut gespritzt. Zu gleicher Zeit wurde einem Kontrolltiere
dieselbe Dosis ( •/, 0 ccm) derselben Bouillonultur subkutan injiziert;
beide Tiere starben in 60—72 Stunden an der typischen Krankheit.
London, 10. Juni 1897.
Ueber die Form und Färbbarkeit der Zelleinschlüsse
bei Vaccineimpfungen
(Cytoryctes vaccinae Guarnieri).
[Aus dem hygienischen Institut der Universität Halle-Wittenberg.]
Nachdem im Jahre 1892 Guarnieri-Pisa bei Variola und
Vaccine das regelmäßige Vorkommen von Zellschmarotzern beschrieben
batte, wurden seine experimentellen Untersuchungen wiederholt nach-
geprüft und dabei stets die von ihm als Cytoryctes variolae
und C. vaccinae beschriebenen Gebilde gefunden.
Alle Untersucher, außer Massari undFerroni, stimmen darin
überein, daß zunächst in den Zellen, welche dem Impfstiche anliegen,
neben dem Kerne kleine, von einem hellen Hofe umgebene Körpereben
auftreten, deren Gestalt anfangs kugelig ist und mit zunehmender Größe
immer wechselnder und unregelmäßiger wird. Auch die Ausbreitung
der Zellinfektionen auf die neu gebildeten Epithelzellen in der Um-
gebung des Impfstiches wird gleichmäßig beschrieben. Dagegen weichen
die Untersucher voneinander ab in der Deutung der Anfangsstadien
und des Baues der Zellschmarotzer, sowie in der Schilderung von
Vermehrungsvorgängen, welche neben der Zweiteilung Vorkommen.
Auf Anregung von Geheimrat L. Pfeiffer- Weimar habe ich
seit einiger Zeit Versuche mit Vaccinelymphe ausgeführt. Dieselben
wurden im Winter 1893 im 2. anatomischen Institute zu Berlin be-
t7 nn rinn konnten «hör erst, noch längerer Pftnse im Jahre IRQfi im
Nachdruck verboten.
Von
Dr. r. Waslelcvrskl,
Assistenzarzt 1. Kl.
Mit 1 Tafel.
902
v. W as iele waki,
Einige Beobachtungen, welche hierbei über Form und Färbbarkeit
der Zelleinschlüsse gemacht wurden und welche z. T. frühere Be-
obachtungen bestätigen, z. T. von ihnen abweichen, sollen in Kürze,
nach einem Rückblick auf die bisherigen Veröffentlichungen, mit-
geteilt werden.
Bei der grundlegenden Bedeutung der wenig bekannten Arbeit
Guarnieri’s (1892) erscheint es angezeigt, den Inhalt derselben,
soweit er sich auf die Zclleinschlüsse bezieht, ausführlich wiederzu-
geben.
Guarnieri ging von Arbeiten aus, in welchen Van der Loeff
(1886) und L. Pfeiffer (1887) unabhängig voneinander Protozoen
im Inhalte der Pockenpustel beschrieben hatten, und untersuchte
variolöse Haut und Schleimhaut, wovon ihm Leichenmaterial zur
Verfügung stand. Die pathologischen Veränderungen beginnen in
der Haut in kleinen Herden der Stachelschicht mit einer Vergröße-
rung der Epithelzellen, deren Kern anfangs unversehrt bleibt. Da-
gegen treten Veränderungen im Protoplasma auf, welche in der
Peripherie der Zellen beginnen; zugleich bildet sich in der Umgebung
des Kernes ein heller Raum, welcher bisweilen 2 /, der Zellen ein-
nimmt und durchscheinend oder mit feinem Detritus angefüllt ist.
Hierin liegen neben dem nach einer Seite gedrängten Kerne stets
kleine, mit Boraxkarmin, Häroatoxylin, Safranin, Magentarot u. dergl.
stark färbbare Körperchen. Diese besitzen eine wechselnde, mit ab-
gerundeten Vorsprüngen versehene Form und schwanken in ihrer
Größe zwischen dem Umfange eines Epithelzellkernes und eines
Micrococcus. Da die Größe der Körperchen im geraden Verhält-
nisse zur Ausbildung der Höhlung in der Zelle steht, ist es wahr-
scheinlich, daß die größten Formen dem Centrum des Herdes ent-
sprechen und mit dem Fortschreiten der Zellveräuderung an Volumen
zunehmen. Die gewöhnlich zu 1 oder 2, selten zu 3 Exemplaren
vorhandenen Körperchen bleiben gewöhnlich in einer bestimmten
Entfernung vom Kerne, können ihm jedoch in seltenen Fällen auch
anliegen und schmiegen Bich dann so vollkommen der Oberfläche des
bläschenförmigen Kernes an, daß man auf ihre weiche, nachgiebige
Beschaffenheit schließen kann ; noch seltener werden sie in einge-
stülpten Nischen der Kernmembran gefunden, nie jedoch innerhalb
der Kernhöhle. Sie scheinen aus einer homogenen, sich vom Centrum
bis zur Peripherie gleichmäßig färbenden Substanz zu bestehen.
Auch bei der Untersuchung der Schleimhautveränderungen am
Pharynx und Larynx fanden sich, wenn schon weniger deutlich, die
beschriebenen Körperchen in den Epithelien.
Zur Kontrolle dieser Befunde impfte Guarnieri mit Vaccine-
lymphe verschiedener Herkunft Schafe und Kaninchen in die Mamillen,
sowie Schafe in die Lippenschleimhaut. Es traten stets gute Impf-
pusteln auf, welche in einzelnen Epithelzellen Körperchen erkennen
ließen, welche den in Variola beschriebenen ziemlich ähnlich waren.
Die schnell auftretende Zellinfiltration in der Umgebung des Impf-
stiches war jedoch sehr störend und veranlaßte G., in die lebende
Kaninchenhurnhaut zu impfen.
Mit einer kleinen lanzettförmigen, sehr scharfen Nadel, welche
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Ueber die Form und Färbbarkeit der Zelleinschlfisae bei VaccineimpfuDgeD. 903
tu kochendem Wasser sterilisiert wurde, brachte G. in der Mitte der
Hornhaut, so oberflächlich wie möglich, die Fläche der Lanzette
tangential zur Hornhautwölbung haltend, einen Stich an, indem er
einen möglichst kleinen Epithellappen hochhob. In diese Art von
Tasche führte er von neuem die Nadel ein, nachdem sie mit Vaccine-
lymphe benetzt war.
Nach 8 — 10 Stunden war die Hornhaut noch völlig durchsichtig,
der Stich an der Oberfläche nur mühsam erkennbar.
Nach 24 — 30 Stunden erkannte man am Einstich eine Verdickung
des Epithels, welches sich ein wenig über die normale Krümmungs-
linie der normalen Hornhaut zu erheben schien. Diese Verdickung
erstreckte sich um den Impfstich bald kreisförmig, bald unregelmäßig
über 2 oder höchstens 3 mm. Nach 40—50 Stunden verstärkten
sich die erwähnten Erscheinungen, ohne daß (bei rigoroser Technik)
atn Impfstich ein opaker Fleck sichtbar wurde.
Die Epithelverdickung wuchs nach 60 — 70 Stunden und die Pro-
minenz wurde besonders im Profil deutlicher. Indessen erkannte man
oft in einiger Entfernung vom Impfstiche unregelmäßig zerstreute kleine,
sehr durchsichtige Epithelerhebungen. Diese Eruption miliarer Punkte
würde ohne besondere Aufmerksamkeit unbemerkt geblieben sein, wenn
man nicht zur Beleuchtung der Hornhaut künstliches Licht angewandt
hätte.
Schon zu dieser Zeit bildete sioh am ImpfBtiche ein kleines Ge-
schwür mit ausgezackten Bändern ; die Hornhaut trübte sich hier.
Später griff die Ulceration auf die ganze Dicke des Epithels über und
dehnte sich zuweilen auch auf die Hornhautlamellen selbst oub. Dann
bildeten sich im Geschwürsgrunde nekrotische Fetzen und ringsherum
ein opaker Hof, bisweilen auoh Hypopyon. Gewöhnlich begrenzte sioh
die Nekrose und es entstand ein centrales Leukom.
In verschiedenen Stadien untersuchte G. abgeschabte Epithel-
zellen in Thränenflüssigkeit, welche er mit einem Kapillarröhrchen
aus der unteren Augenlidtasche aufflng, im hängenden Tropfen.
Das Epithel erschien meist granuliert und opak, so daß man
nur schwer den Kern erkennen konnte. In manchen Epithelzellen
war jedoch der Kern deutlich auf eine Seite geschoben, während sich
auf der anderen Seite ein glänzendes, mit einem kleinen Stücke Bern-
stein vergleichbares Körperchen befand, welches sich durch seine
Farbe und Lichtbrechung deutlich von dem schmutzig-weißen Zell-
protoplasma abhob. Bei 38—40° C auf dem Reich er t 1 sehen ge-
heizten Objektträger bemerkte Guarnieri, daß diese Körperchen ihre
Form veränderten. Ihre amöboiden Bewegungen waren sehr langsam,
viel langsamer als diejenigen, welche man an den Malariaamöben in
den roten Blutkörperchen des Menschen beobachtet. Die Beobach-
tung dieses Phänomens war jedoch sehr schwierig, da das Proto-
plasma der Epithelzellen auch in den günstigsten Fallen immer
trübe i8t.
Fügte man zum Präparat einige Tropfen methylenblauhaltige
Thränenflüssigkeit, so färbten sich die oben beschriebenen Körperchen
und nahmen eine abgerundete Form an. Vorteilhafter war es, die
904
v . Wasielewski,
Hornhäute in Sublimatessigsäure zu fixieren und Serieuschnitte der
Hornhäute zu untersuchen.
Bei 4 — öOOfacher Vergröfserung fand er, dafs in den Epithelrändern
der Verletzung wie in den neugebildeten isolierten Epithelien jede Zelle
neben dem Kern stark gefärbte Körperchen enthielt Sie erschienen wie
eingerahmt von einem hellen Raum, welcher im gefärbten Zellprotoplasma
ausgehöhlt ist, und hatten die geringste Ausdehnung in den Zellen, welche
am exceutrischsten von der Verletzung lagen, erreichten hingegen ihr
gröfstes Volumen ( 1 / 8 — 1 / J der Epithelkerne) an den Rändern der Ulee-
ration, wo der Prozefs am ältesten war. Es schien aus diesem Ver-
teilungsgesetz deutlioh hervorzugehen, dafs die Verschiedenheit im Um-
fange der Körperchen verschiedene Entwickelungsstadien darstollt. Bei
Oelimmersion erkannte man, dafs sie einen deutlichen runden oder ovalen
Kern besitzen, weloher sich intensiv mit den gewöhnlichen Hittein färbte.
Das umgebende Protoplasma hatte recht verschiedene Formen und war
rund, eiförmig, aber unregelmäfsig wellenförmig konturiert, „eine wahre
und eigentliche Amöboidform“. In ihnen fanden sich häufig ein oder
mehrere kleine Hohlräume, welche sich wie helle Bläschen in dem ge-
färbten Protoplasma ausnahmen.
G. beschreibt ferner zwei Vermehrungsarten dieser Körperchen.
Erstens erfolgt dieselbe „unzweifelhaft durch Spaltung“ an oval ge-
formten Individuen mit deutlicher und regelmäfsiger Pro toplas ma-
begrenzuug. Hier ist auch schon der Kern eiförmig und zeigt häutig
an beiden Polen 2 stärker gefärbte Punkte. Dreimal sah G. den Kern
in 2 Hälften geteilt, welche an den Grenzen des Protoplasmas auseinander-
gerückt waren und durch feine 8treifen einer fädigen 8ubstanz in Ver-
bindung Btanden. Häufiger fand er Individuen mit 2 voneinander ent-
fernt liegenden und völlig freien Kernen. In manchen derselben war
keine 8pur von Protoplasmateilung nachweisbar, während an anderen im
medianen Teile des Zellkörpers eine Querlinie verlief, welche mehr oder
weniger deutlich die Spaltungsgrenze zwischen den beiden Tochter-
elementen bezeichnete.
Ferner sohien ein anderer Vermehrungsmodus duroh Gymnosporen
zu bestehen. Nach 8 oder 4 Tagen fand man in der Nähe der Ver-
letzung Elemente, in welchen der Kern eine unregelmäfsige Form an-
nimmt. In einigen sah G. deutlioh die Figur eines kleinen Sternes, und
dann erschien der Umfang des Protoplasmas wie gezähnt mit abgerundeten
Erhebungen, welche regelmäfsig im Kreise gelagert sind. In manchen
stiefsen die Radien des Kernes bis zur Peripherie des Zellkörpers, welcher
dann wie der Durchschnitt einer geschälten Orange aussah. Bei ver-
schiedener Einstellung schien dieser Anblick duroh ovoide, wenig färb-
bare Sporen hervorgebracht zu sein, welche, im Centrum kreisförmig an-
geordnet, sich mit ihrem kleineren Durchmesser berührten wie die
Blütenblätter einer Gänseblume. Andere Male waren diese Sporen un-
regelmäfsig angeordnet und bildeten eine Art maulbeerförmigen Körpers.
Die derartig segmentierten Körper sind nicht von einer be-
sonderen Cystenmembran eingeschlossen , sondern ihre Oberfläche
liegt frei in der charakteristischen ausgehöhlten Nische des Zell-
protoplasmas.
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Ueber die Form aod Färbbarkeit der Zelleinscblüsse bei Vaccineimpfoogen. 905
Wegen der geringen Größe und vielleicht nicht geeigneten Färbung
spricht sich G. mit Reserve darüber aus, ob es sich wirklich um
Sporulation handelt, besonders da er an frischen Präparaten, welche
doch gerade die Keimbildung des Malariaplasmodiums so deutlich
erkennen lassen, dieselben Gebilde nicht beobachten konnte.
Gegenüber diesen Ausführungen Guarnieri’s behaupteten Mas-
sari und Ferroni (1893), daß seine Deutung der Körperchen eine
irrige sei. Sie wollen durch Reizung der Hornhaut mit Krotonöl,
Osmiumdämpfen und Jodtinktur die gleichen Veränderungen hervor-
gebracht haben und erklären:
„Für uns ist es sicher, daß wir es eher mit interessanten patho-
logischen Veränderungen zu thun haben als mit Parasiten, und wir
glauben, daß die beschriebenen Körper zum größten Teil Zellkern-
derivate seien, sowie daß es sich vielleicht in wenigen Fällen um
Leukocyten handelt.“
L. Peiffer (1894) bestätigte jedoch die Beobachtungen Guar-
nieri’s. „Es kommt (nach seinen vielfachen Kontrollversucben), dur ch
rein chemisch wirkende Entzündungsreize keine Zellveränderung zu
stände, welche so gleichmäßig die Impfstelle verändert und dabei die
Kerne zunächst unversehrt läßt.“ Er deutet die von Guarnieri
beschriebenen und von ihm selbst regelmäßig angetroffenen Zellein-
schlüsse als Jugendform der Cysten, welche er 1887 als Monocy stis
epithelialis aus dem Inhalt von Variola- und Vaccinepusteln be-
schrieben hatte. Auf dem XI. internationalen Kongreß zu Rom im
Jahre 1894 berichteten Guarnieri und M o n t i Uber die Ergebnisse
weiterer Untersuchungen im Sinne der parasitären Natur der Zell-
einschlüsse.
Auch Ruffer und Plimmer (1894) sowie J. Clarke (1894)
schlossen sich der Auffassung Guarneri’s an, die beiden ersten Au-
toren unter der Reserve, daß sie keine deutliche Sporenbildung be-
obachten konnten. Dagegegen beschrieb J. C 1 a r k e (1895) aus 3 Tage
alten Impfstellen von der Meerschweinchenhornhaut, wo die Vorgänge
schneller verlaufen sollen, besonders grosse Zelleinschlüsse mit steifen
Fortsätzen an der Peripherie. Die Zelleinschlüsse sollen zum Teil
eine periphere Körnchenschicht besitzen, manche von ihnen schließen
Granula ein vom Charakter der Corps albuminoides der Coccidien.
Bei stärkerer Vergrößerung sollen einzelne eine Struktur haben wie
die (von CI. beschriebenen) Parasiten der cystischen Ureteritis. In
einigen stark lichtbrechenden Zelleinschlüssen will CI. feine Mitosen
gesehen haben. Die gleichzeitige Teilung in kleinere Partikel soll
evident sein ; dies zeigen in vielen Fällen Kerne mit kleinsten Chromo-
somen, vergleichbar denjenigen der Sporogonien der Sporozoen. An
anderer Stelle beschreibt CI. Zelleinschlüsse mit einer centralen reti-
kulären Zone, weichein stark lichtbrechende Segmente zerfallen können.
v. Sicherer (1895) erzielte bei Verimpfung von frischer Kinder-
lymphe dieselben Zelleinschlüsse in den Homhautepithelien und be-
stätigte im wesentlichen die Angaben von Guarnieri und L. Pfeiffer.
Eine wesentliche Erweiterung der Versuche nahm E. Pfeiffer (1895)
vor, weicher neben Kaninchen- und Meerschweinchen- auch Ziegen-
und Kälberaugen beobachtete und ferner eine größere Reihe von
906
v. Wasielewsk),
Kaninchenhornhäuten der Einwirkung von Glycerin, Krotonöl, Osmium-
säure und Höllenstein unterzog. An den Zelleinschlüssen bestätigt er
die Anwesenheit der von Clarke beschriebenen peripheren Fortsätze,
welche sich in den hellen Hof hinein erstrecken, ja nach seinen Ab-
bildungen denselben durchziehen. Da er die Gänseblümchenformeo
Guarnieri’s und die Cystenformen L. Pfeiffer nicht auffinden
konnte, ist er der Ansicht, daß die Körperchen sich ausschließlich
durch stetige direkte Weiterteilung vermehren. Die Reizungen mit
anorganischen Stoffen verursachten nie das Auftreten ähnlicher Ge-
bilde neben dem Zellkern.
Wir sehen aus diesem Rückblick, daß seit Guarnieri’s Arbeit
wesentliche Fortschritte in der Kenntnis der intracellulären Körperchen
nicht gemacht worden sind. Die von L. Pfeiffer (1894) abgebildeten
Cysten (Fig. 5 k— p) werden jetzt von ihm selbst nicht mehr zum
Entwickelungsgang des Cytoryctes gerechnet 1 ). Ob die von Clarke
beschriebenen Segmentierungsvorgänge innerhalb der Wirtszellen nor-
male Vermehrungserscheinungen sind, scheint nicht völlig erwiesen.
Mit noch größerer Vorsicht muß an die Deutung der im Stichkanal,
zwischen den Epithelzellen und im Hornhautgewebe liegenden Zellen
gegangen werden. Unsere geringen Kenntnisse der Degenerations-
vorgänge schützen hier noch nicht genügend vor Irrtümern. Deshalb
erschien es zunächst von Wichtigkeit, nach Methoden zu suchen,
welche die Darstellung und das Studium der intracellulären
Körper erleichtern. Erst nach genauerer Kenntnis derselben darf man
hoffen, mit Aussicht auf Erfolg den weiteren Entwickelungsgang der-
selben verfolgen zu können. Unter Benutzung der Erfahrungen, welche
von den früheren Untersucheru, besonders von Guarnieri, mitgeteilt
sind, bewährte sich bei den Versuchen folgende Technik, durch deren
ausführliche Darstellung Nachuntersuchern Mißerfolge möglichst er-
spart werden sollen.
Geimpft wurde das Hornbautepithel bei Kaninchen und Meer-
schweinchen, indem mit einem feinen, fast tangential zur Hornhaut-
oberfläche, an dessen Spitze ein Tropfen des Impfmaterials haftete,
eine taschenförmige Verletzung in der Mitte der Hornhaut angelegt
wurde. Wenn man dann beim Zurückziehen das Messer anhebt, so
wird dadurch das Eindringen der Lymphe in die Tiefe des ent-
stehenden Spaltes erleichtert. Die Zerstörung der Epitbeloberfläche
und der Hornhautlamellen wurde nach Möglichkeit eingeschränkt,
weil hierdurch das Eindringen von Infektionserregern und Leukocyten
vermieden wird. Bei den auf diese Weise erfolgten Impfungen an
50 Kaninchen und 10 Meerschweinchen kam es nie zu Hypopyonbildung
und nur einmal zu stärkerer Leukocytenanbäufung in der Umgebung
des Impfstiches. Es ließen sich infolgedessen die Vorgänge am Impf-
stich bis zum 21. Tage verfolgen, ohne die Störungen einer Leuko-
cytenüberschwemmung, welche bisher die Untersucher hinderte, ältere
Impfsticbe als vom 4. Tag zu benutzen. Ob dieser günstige Erfolg
1) Der Verf., von welchem die betreffenden Zeichnungen herrQhrten, teilte »einer
Zeit die Auffassung L. Pfeiffer’» (s. Pensoidt u. Stintaing, L Aud. Bd. L
p. 223. Fig. 6).
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Ueber die Form und Färbbarkeit der Zelleinschlüsse bei Vaccineimpfungen. 907
der oben beschriebenen Ausführung des Impfstiches, dem Material
(es wurden Glycerinvaccine der Impfinstitute zu Weimar und Halle,
sowie frische Kinderlymphe benutzt) oder Zufälligkeiten zuzuschreiben
ist, möchte ich nicht mit Sicherheit entscheiden.
Besonders auffallend war, daß Impfung mit dem wasserhellen
Inhalt eines Variolablftschen ‘), in welchem mikroskopisch und kulturell
die Anwesenheit zahlreicher Streptokokken nachgewiesen werden konnte,
nur in einem Fall nach 48 Stunden eine Trübung der Hornhaut im
Umfang von mehreren Millimetern erzeugte, im übrigen aber bis zum
9. Tag keine Entzündungserscheinungen hervorrief. — Weil der Impf-
stich sich bei einiger Uebung am Kaninebenauge, welches stärker aus
der Augenhöhle hervortritt und leichter fixierbar ist, mit größerer
Genauigkeit ausführen läßt als beispielsweise am Auge des Meer-
schweinchens, sind in der Mehrzahl Kaninchen zu diesen Versuchen
benutzt worden. Die enukleirten Augen, bei denen eine Verunreinigung
der Hornhautoberfläche mit Blut möglichst vermieden wurde, sind in
toto fixiert worden, um Faltungen der Hornhaut zu vermeiden. Als
Fixierungsflüssigkeiten sind Sublimatchromsäure (Sublimat, konzen-
trierte wässrige Lösung 200,0 + Aq. dest. 250,0 + Acid. chrom. 0,5),
Pikrinsublimat (konzentrierte wässrige Pikrinsäurelösung 1000,0 -f-
konzentrierte wässrige Sublimatlösung 1000,0 -+- Acid. acet. glac.
50,0 -4- Ag. dest. 2000,0) Pikrinessigsäure, Flemming’sche Lösung,
Sublimat, Sublimatsalpetersäure (in heißer physiologischer Kochsalz-
lösung gesättigte Sublimatlösung Salpetersäure 3 Proz. ää) angewandt
worden. Das in Paraffin eingebettete Material wurde in Serienschnitte
von 5 — 10 fi Dicke zerlegt. Zur Färbung dienten die gebräuchlichen
Karmin-, Hämatoxylin- und Anilinfarben. Um die Cytory ctesformen
von der Umgebung abzuheben, empfiehlt sich, wie schon E. Pfeiffer
angab, die Anwendung der Hei d e nha i n 'sehen Färbung; zur Nach-
färbung wurden Bordeauxrot, Säurefuchsin oder Orange benutzt. Noch
bessere Bilder giebt die Färbung mit Alaunfuchsin, Entfärbung mit
Kal. chromic., Nachfärbung mit Ehrl ich ’schem Hämatoxylin.
Aufkleben der Paraffinschnitte auf dem Objektträger mit Eiweiß-
glycerin. Entfernung des Paraffins mit Xylol ; Abspülen der Schnitte
mit Ale. abs., Alk. 96-proz., Alk. 70-proz., Wasser. Färbung in
Alaunfuchsin (Fuchsin 1, Alumen crudum 3,0, Aq. dest. 100,) 24 Stunden
lang. Entfärben mit Kal. bichromic. (von einer */,-proz. Lösung
wird unmittelbar vor dem Gebrauch eine Mischung mit gleichen Teilen
70-proz. Alk. hergestellt, da sich nach längerem Stehen, besonders
im Sonnenlicht, Niederschläge bilden, welche am Präparat leicht haften
bleiben) unter dem Mikroskop, bis das Präparat mit Ausnahme der
leuchtendroten Zelleinschlüsse blaßrosa erscheint; Abspülen mit Aq.
dest.; Nachfärben mit Eh r lieh ’schem Hämatoxylin.
Diese Färbung, welche besonders nach der Fixierung in Pikrin-
sublimat sehr gut gelang, bietet den Vorteil, daß sich die Cytoryctes-
formen leuchtend rot färben, während Zellkern und Protoplasma der
Epithelien die Hämatoxylinfärbung annehmen : Die starke Rotfärbung
1) Geb. San. -Rat Iii sei -Halle hatte die große Güte, mir diesen Inhalt noch am
Tage der Entnahme zur Verfügung zu stellen.
908
f v. Wasielewski,
der Cy tory ctes mit Alaunfuchsin darf nicht als eine spezifische Re-
aktion betrachtet werden; die Methode, welche in einer früheren
Arbeit 1 ) auf Veranlassung von Prof. O. Hertwig angewandt wurde,
dient auch zur Darstellung von chromatischen Elementen in Karyoki-
nesen und von Kerndegenerationsprodukten; ebenso widerstehen rote
Blutkörperchen lange Zeit der Entfärbung, wennschon nicht in dem
Grade wie die Vaccinekörperchen. Hieraus könnten Einwände gegen
die Natur der Zelleinschlüsse erhoben und grade die starke Affinität
zu Alaunfuchsin als Beweis für Ferroni’s und Massari’s Ansicht
betrachtet werden, wonach dieselben als Zellkernderivate aufzufassen
seien. Da aber häufig Cytoryctesformen in Zellen auftreten, dereD
Kerne gar kein Anzeichen von Entartung zeigen, sich vielmehr ganz
wie die gesunden Epithelkerne mit Hämatoxylin färben, wobei ihr
unversehrtes Chromatinnetz deutlich hervortritt, so scheint dieser
naheliegende Einwand nicht stichhaltig zu sein. Zur Unterscheidung
von roten Blutkörperchen genügt die Nachfärbung mit wässriger
Orangelösung, wodurch die Färbung der Cytoryctesformen nicht be-
einträchtigt wird, während die roten Blutkörperchen einen gelben
Farbenton annehmen. Auch bildet die intensive Schwarzfärbung der
Zelleinscblüsse bei Heiden hain’scher Färbung ein leichtes Unter-
scheidungsmerkmal von den roten Blutkörperchen, an welchem die
Heidenhain’sche Färbung nicht haftet.
Die Entwickelung des Cy toryctes vaccinae scheint im Horn-
bautepithel des Kaninchens am 2. und 3. Tage nach der Impfung
ihren Höhepunkt zu erreichen ; es gelang wenigstens weder früher noch
später intracelluläre Formen — und nur diese sollen im Folgenden
berücksichtigt werden — in der Umgebung des Impfstiches nachzu-
weisen, welche nicht auch nach 48 Stunden schon vorhanden wären.
Die Abbildungen sind sämtlich der Umgebung eines 60 Stunden
alten Impfstiches entnommen. Hier schließen die sehr reichlich ver-
mehrten und meist vergrößerten Epithelzellen in einem Umfang von
1 — 2 qmm fast sämtlich einen Fremdkörper ein, während Leukocyten
sowohl im Impfstich wie im Hornhautepithel vollständig fehlen.
Die Größe der Zelleinschlüsse zeigt erhebliche Unterschiede und
zwar liegen dicht am Impfstich die größten, am äußeren Rande der
infizierten Zone die kleinsten Körperchen.
Letztere haben die Gestalt einer Kugel mit einem Durchmesser
von etwa 0,5 fi. Sie liegen entweder im Zellprotoplasma (Fig. 1, 2),
können aber an den Zellkern heranrücken (Fig. 3), so daß sie schließ-
lich die Kernhülle einstülpen (Fig. 4). Häufig, aber nicht immer,
liegen die Kerne der infizierten Zellen in einer helleren Zone, welche
sich in dem centralen, dem Kern anliegenden Protoplasma gebildet
hat. Es wird wohl vorläufig unentschieden bleiben müssen, ob dieser
Raum, der in fast allen Abbildungen wiedergegeben ist, durch Ver-
flüssigung einer centralen Plasmaschicht oder durch Schrumpfung des
Kernes bei der Herstellung des Präparats entsteht. Ist sie ausge-
bildet, so liegen die Cytoryctesformen fast stets innerhalb derselben
1) Die Keimsone in den OenitalschlKachen von Ascaris megtlocephtla.
(Arcb. f. mlkr. Anat. Bd. XLI.)
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Ueber die Form and Färbbarkeit der Zelleinschlüsse bei Vaccineimpfungen. 909
VS
neben dem Kern. Es kommt jedoch auch häufig vor, daß dieser Hof
fehlt und dann liegen sie direkt zwischen Kernhülle und Protoplasma.
Je mehr man sich dem Impfstich nähert, um so größer werden die
Kugeln, welche einen Durchmesser von 3 « erreichen können (Fig. 7).
Die Zahl so großer Kugeln ist jedoch beschränkt, da von der regel-
mäßigen Kugelform sehr zahlreiche Abweichungen Vorkommen, sobald
der Durchmesser des Vaccinekörperchen 1 fi überschreitet; dann kann
ihre Gestalt eiförmig (Fig. 8), bisquitförmig (Fig. 9), unregelmäßig
polygonal (Fig. 10 d) oder langgestreckt (Fig. 11) werden. Mit zu-
nehmendem Wachstum wird die Form immer unregelmäßiger (Fig. 20
a, b, c) und paßt sich offenbar ganz den Raumverhältnissen zwischen
Kern und Protoplasma an (Fig. 14, 15), ja es wird schwierig, die Ge-
stalt an dünnen Schnitten überhaupt festzustellen, da die Körperchen
im Schnitt z. T. neben , z. T. auf oder unter dem Zellkern liegen
und sich um denselben herumwinden (Fig. 16). Die größten Formen
erreichen den Umfang der Epithelzellkerne; eine Länge von 5 — 8 u
■wurde nicht selten festgestellt. Häufig kommt es vor, daß 2, 3 und
mehr Körperchen in eine Zelle eindringen, wodurch dann weitgehende
Form Veränderungen der Kerne hervorgebracht werden (Fig. 10 a, b, c, d);
gelegentlich wird die Kernmembran so weit eingestülpt, daß der
Fremdling mitten im Kern zu liegen scheint (Fig. 13).
Im ungefärbten Zustande besitzen die Körperchen ein viel stär-
keres Lichtbrechungsvermögen als Kern und Protoplasma. Sie fallen
deshalb bei der Beobachtung ungefärbter Schnitte in Wasser durch
ihren starken Glanz innerhalb der Epithelzellen auf. Im gefärbten
Präparat beobachtet man zunächst einen ungefärbten und einen von
diesem gleichmäßig eingeschlossenen, mit fast allen gebräuchlichen
Mitteln färbbaren Teil. Die Frage ob der helle ungefärbte Hof dem
■Cytoryctes angehört, oder von der Wirtszelle abgeschieden wird,
ist schwer mit Bestimmtheit zu entscheiden, da sich häufig keine
scharfe Grenze zwischen ihrem Außenrande und dem Zellprotoplasma
erkennen läßt. Es ist jedoch nicht wahrscheinlich, daß es sich um
eine Bildung der Wirtszelle handelt, einmal weil sie stets in gleich-
mäßig dicker Schicht den inneren Teil Uberkleidet, zweitens weil in
manchen Präparaten, besonders in Zupfpräparaten, nach Fixierung in
Flemming’scher Lösung und Konservierung in Glycerin, eine sehr
dünne aber sich scharf abhebende Membran mit glatter Oberfläche
sichtbar wird. Die im übrigen völlig homogen und strukturlos er-
scheinende Randzone ') besitzt je nach der Größe des ganzen Körper-
chens ungefähr l /« — V« des Gesamtdurchmessers, so zwar, daß sie
bei größeren Formen verhältnismäßig dicker ist als bei kleinen.
Während die Oberfläche dieser nicht färbbaren Schicht auch bei un-
regelmäßigen Formen stets glatt und abgerundet erscheint, kann die
gefärbte Partie viel unregelmäßiger geformt (Fig. 14, 16) sein, ja
eine ganz höckerige Oberfläche zeigen (Fig. 17, 19). Mit den ge-
bräuchlichen Karmin-, Hämatoxylin- und Anilinfarben färbt sich
dieser Teil im allgemeinen etwas stärker als das Zellprotoplasma der
1) Die Wiedergabe derselben ist auf der Tafel leider nicht in dem gewünschten
Maße erreichbar.
910
v. Wasielewski,
Wirtszelle, oft sogar, besonders mit Thionin, SafraniD, Methylgrün
ebenso kräftig wie die Kernsubstanz; bei Biondi’scber Färbung
nehmen die Körperchen ebenso wie Epithelkerne eine griine Färbung
an. In einer Reihe von Präparaten gelang es bei Hämatoxylin-Eosin-
färbung einen schmalen rosaschimmernden Saum an dem mit Hama-
toxylin gefärbten Körperchen zu erkennen. Viel deutlicher heben
sich die Körperchen bei Färbung nach der Hei den hain 'sehen Me-
thode von ihrer Umgebung ab. Wenn die Schnitte, welche gerade
bei dieser und der nächsten Methode nicht stärker als 5 /i sein
sollten, 15 Minuten mit l 1 / J -proz. Lösung von Ferrid. Ammun. suff.
gebeizt sind, Werden sie 24 St. in der feuchten Kammer mit l /s"P roz -
Hämatoxylinlösung gefärbt und dann die Entfärbung mit der Beize
am besten unter dem Mikroskop kontrolliert. Paßt man den Augen-
blick ab, in welchem die ruhenden Epithelkerne eben entfärbt sind,
so erhält man ein Präparat, in welchem die innere Zone der Cyto-
ry des formen gleichmäßig schwarz gefärbt ist, während die äußere
Zone farblos bleibt. Auf diese Weise läßt sich, besonders bei Nach-
färbung mit einer Protoplasmafarbe (Orange, Bordeauxrot oder Fuchsin),
ein gutes Uebersichtsbild über die Ausdehnung der Infektion in den
Epithelzellen gewinnen. Geht man aber mit der Entfärbung noch
weiter, so lassen sich an einem Teil der Zelleinschlüsse noch feinere
Strukturverhältnisse auffinden. Während nämlich die kleineren
Exemplare sich gleichmäßig entfärben und nur selten ein centrales,
dunkler gefärbtes Korn, den angeblichen Kern Guar nie ri’s, ein-
schließen, wie ausnahmsweise auch bei Hämatoxylinfärbung beobachtet
wird, haftet der Farbstoff in den größeren unregelmäßig geformten
Exemplaren an Körnchen verschiedener Größe in derselben Weise
wie dies bei der Alaunfuchsinlösung hervortritt. Auch bei dieser
gelingt es, bei weitgehender Entfärbung mit Fuchsin stark gefärbte
Körnchen in den unregelmäßigen Cytoryctesformen nachzuweisen,
welche sich bei Hämatoxylinfärbung besonders schön von dem blaß-
blau gefärbten Teile des Körperchens abheben (Fig. 17 — 19). Bei
genauerer Betrachtung kann man in diesem Stadium zwei Gruppen
von Einschlüssen unterscheiden. In der ersten Gruppe (Fig. 17, 18, 19)
treten Körnchen von ziemlich gleicher Größe in geringer Zahl (7—15)
auf und verteilen sich auf der Oberfläche des Körperchens. Es hat
sogar den Auschein, als ob sie in Vorsprüngen desselben liegen
(Fig. 17, 19). In der zweiten Gruppe sind die Körnchen sehr zahl-
reich und von ganz ungleicher Größe unregelmäßig über die ganze
Oberfläche verteilt (Fig. 14, 15, 20 a, b, c).
Es ist schwer, diesen Bildungen eine bestimmte Deutung zu geben.
Nach ihrer Färbbarkeit und Größe könnten sie aus Chromatin bestehen
oder Plasmaeinschlüsse darstellen, wie sie bei einer Reihe von Proto-
zoen , besonders bei Sporozoen häufig Vorkommen (s. Sporozoen-
kunde) '). Noch schwerer ist die Frage zu beantworten, ob es sich
um normale Entwickelungsformen oder um pathologische Veränderungen
des Cytoryctes handelt. Zwar darf der von Copeman (1894) er-
1) v. Wasielewski, Sporozoenkunde.
Zoologen. Jena (Gustav Fischer) 1896.
Ein Leitfaden für Aerzte, Tierärzte nod
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lieber die Form and Färbbarkeit der Zelleioschldase bei Vacciaeimpfungen. 911
hobene Einwand, daß beim Kaninchen, einem für Vaccine nicht
empfänglichen Tiere, die Parasiten unter anormalen Lebensbedingungen
stehen, nicht zu hoch angeschlagen werden. Denn wenn es auch
wirklich uicht zu einer Allgemeininfektion kommen sollte, so beweist
der mikroskopische Nachweis, daß 6 Stunden nach der Impfung nur.
wenige Zellen infiziert, nach 48 Stunden aber viele Hunderte von
Zellen in der Dmgebung des Impfstiches mit den Fremdlingen besetzt
sind, daß sie auch beim Kaninchen eine Zeit lang vermehrungsfähig
bleiben. Dies wird ferner durch den Umstand bewiesen, daß, wenn
man am 10. Tage nach der Impfung mit dem infizierten Hornhaut-
epithel eine neue Impfung vornimmt, auch hier diese Zellinfektion
erzeugt wird; ein Experiment, das nach kürzerer Zeit (48 St.) schon
von E. Pfeiffer ausgeführt wurde. Nun liegt es nahe, die oben
beschriebenen Veränderungen als Vermehrungsvorgänge zu deuten.
Denn wenn auch auf eine Vermehrung durch Zweiteilung aus der
beobachteten Bisquitform und Abschnürung geschlossen werden kann,
so waren solche Bilder doch zu selten, um die vorhandene rasche
Multiplikation der Parasiten zu erklären. Da ferner die Grüße der
roten Körner der jüngsten Infektion ungefähr entspricht, wie ein
Vergleich zwischen Fig. 1 und 17 zeigt, so läßt sich die Möglichkeit,
daß wir es hier mit Vermehrungsvorgängen zu thun haben, nicht ganz
von der Hand weisen. Vielleicht stellen leichte Differenzierungen,
welche man auch an den größeren massiv gefärbten Körperchen bis-
weilen bemerkt, Uebergangsformen dar. Es kommen Dämlich An-
häufungen der stark färbbaren Substanz an der Oberfläche des
Körperchen und dementsprechend eine fleckige Aufhellung im Inneren
zur Beobachtung (Fig. 8). Falls die Ausbildung von Vorsprüngen
wirklich etwas mit der Keimbildung zu thun hat, so könnte man
darin ein Analogon zu der von Labbö beschriebenen Vermehrung
von Halteridium einer Acystosporidie (s. Leitf., Fig. 60) er-
blicken. Diese Deutung als Stadien der Keimbildung darf aber wohl
nur für die erste Gruppe der Körnchenbildungen (Fig. 17—19) als
zulässig bezeichnet werden, während für die zweite Gruppe (Fig. 14,
15, 20 a — c) die Erklärung näher zu liegen scheint, daß es sich um
Entartungsvorgänge handelt. Dafür spricht vor allem die ganz un-
gleichmäßige Form und Verteilung der gefärbten Körnchen; immer-
hin wird man sich auch hierüber nur vermutungsweise aussprechen
dürfen.
So lange es nicht gelungen ist, den völligen Entwickelungsgang
der von Guarnieri als Cytoryctes vaccinae beschriebenen Ge-
bilde innerhalb und außerhalb der Impftiere sicher zu stellen , wird
man gut thun, die Fragen nach der Bedeutung und der Stellung
dieser Schmarotzer offen zu lassen. Daß es sich in der That um
Zellschmarotzer handelt, scheint durch die bisherigen Untersuchungen
erwiesen zu sein und durch die vorliegenden Schilderungen über
Veränderungen in der Struktur der Körperchen, mögen dieselben pro-
duktiver oder degenerativer Art sein, eine neue Stütze zu erhalten.
Vielleicht trägt diese Mitteilung dazu bei, daß auch von anderer
Seite mit den beschriebenen Methoden das Studium der Variola
und Vaccine, dieser zwar praktisch erledigten, theoretisch aber
912 T - W&sielewski, Ueber die Form und Färbbarkeit der Zelleinschliiise etc.
immer noch im Vordergründe des wissenschaftlichen Interesses
stehenden Infektionskrankheiten wieder aufgenommen wird.
Litteratnrveneichnia .
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1888 * — — , Weitere Untersuchungen etc. (Correspondenzblfttter d. allg. ärxtl. Ver-
eins von Thüringen. 1888. No. 11.)
1891 , Die Protoaoen als Krankheitserreger. II. Aufl. Jena (Gustav Fischer)
1892 Guis. Guarnieri, Ricercbe sulla patogenesi ed etiologia dell’ infexione vac-
cinica e vaiolosa. (Archivio per le scienze mediche Torino e Palermo. Vol. XVI.
1892.)
1893 * J. Clarke, Med. Press and Circ. Vol. II. 1893. p. 233.
E. Ferroni e G. Massari, Sulla pretesa scoperta del Guarnieri riguardo
la infexioni vaccinica e vaiolosa. -Nota preliminare. (Riforma medica. No. 126.)
1894 * J. Clarke, Brit. med. Journ. Vol. II. 1894. p. 869.
* Copeman, Brit. med. Journ. Vol. II. 1894. p. 157.
* G. Guarnieri, 8ui parasiti del valolo e del vaccino. (Atti dell’ XI con-
cresso medico internationale Roma. Vol. II. 1894. p. 125.)
* A. Monti, Süll* etiologia del vaiolo e solle localitaxione del virus vaiotoso.
(Atti dell’ XI congresso medico internationale Roma. 1894. p. 128.)
L. Pfeiffer, Behandlung und Prophylaxe der Blattern. Handbuch der speziellen
Therapie innerer Krankheiten, herausgeg. von Penxoldt und Stint ting. Jena
(G. Fischer) 1894.
* Ruff er and Plimmer, Brit. med. Journ. Vol. I. 1894. p. 1412.
1895 J. Clarke, A note on variola and vaccinia. (Transactions of the pathological
society of London. Vol. XLVI, 1895 )
, The sporozoa of variola and vaccinia. (The Lancet. Vol. I. p. 139.)
, Centralbl. f. Bakt. Bd. XVII. 1895. p. 800.
E. Pfeiffer, Ueber die Züchtung des Vaccineerregers in dem Corneaepithel
des Kaninchens, Meerschweinchens und Kalbes. (Centralbl. f. Bakt. Bd. XY1II.
1895. No. 25.)
v. Sicherer, Beitrag zur Kenntnis des Variolaparasiten. (Münchener medii.
Wochenschr. 1895. p. 793 )
1896 * Vedelen, Vakcineprotozoen. Kristiania (Dot Steenske Bogtrykkeri) 1896.
Die mit einem * bezeichneten Veröffentlichungen waren dem Verfasser nicht iu den
Originalen zugänglich.
Erklärung der Abbildungen.
Sämtliche Abbildungen stammen aus der Umgebung eines 50 Stunden alten Impf-
stiches. Die Hornhaut ist mit Pikrinsublimat fixiert worden; Fig. 1 — 19 sind einem
Präparat entnommen, welches mit Alaunfncbsin-Hämatoxyliu, Fig 20 a, b, c einem
2. Präparat, welches nur mit Alaunfucbsin gefärbt ist. Vergrößerung 1000; die Um-
risse sind mit dem Abbe’ sehen Zeichenapparat gezeichnet.
Fig. 1. Jüngste Zellinfektion durch 3 Parasiten, von denen der mittelste noch im
normalen Zellprotoplasma liegt, während die beiden anderen im Begriff in die hellere
Zone zu dringen, welche den Kern umgiebt.
Fig. 2. Größerer Parasit, welcher noch zum größten Teil im Protoplasma der
Wirtszelle liegt.
Fig. 3. Junge Parasiten, welche nabe an den Kern gerückt sind und dessen Hülle
einzubuchten beginnen.
Fig. 4 — 7. Kuglige Parasiten von znnebmender Große, welche größere Nischen
der KernhOlle hervorgebracht haben.
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JA. Looss, Notizen zur Helminthologie Egyptens. II.
913
Pig. 8. Ovaler ParAsit mit großem hyalinen Hof; im Centrum beginnt die ge-
färbte Substanz sich netzförmig anzuordnen.
Fig. 9. Bantelförmiger Parasit (Vorbereitungsstadium zur direkten Teilung?).
Fig. 10 a — d. Mehrlingsinfektionen verschieden großer und geformter Parasiten t
welche den Kern der Wirtsseile deformieren.
Fig. 11. Gestreckter unregelmäßig konturierter Parasit.
Fig. 12. Großer Schmarotzer welcher den Kern der Wirtszelle breit drückt.
Fig. 13. t , „ „ „ „ „ „ stark eingebuchtet
hat, so daß er fast auf allen Selten vom Kern umgeben wird.
Fig. 14 — 16. Große, unregelmäßig geformte Parasiten mit sehr zahlreichen Körn-
eben verschiedener Größe (Degenerationsformen?).
Fig. 17 — 19. Schmarotzer, deren rot gefärbte Substanz sich in Kügelchen auf der
Oberfläche verteilt hat (Vermehrungserscheinungen?).
Fig. 20 a — c. Große unregelmäßig geformte Parasiten mit ungleichmäßiger Körnung
(Degenerationsformen ?).
Nachdruck verboten.
Notizen zur Helminthologie Egyptens. II.
[Aus der medizinischen Schule Cairo.]
Von
Dr. A. Looss.
Mit 10 Figuren.
Durch meine anfangs Dezember erfolgte Uebersiedelung von
Alexandrien nach Cairo sind die Versuche über die Lebensgeschichte
des Anchylostomum duodenale derart unterbrochen worden,
daß ich erst jetzt dazu komme, die Fortsetzung meiner früheren Mit-
teilung *) zu publizieren.
3. Die Lebensgeschichte des Anchylostomum duo-
denale (Dub.).
8. Die Uebertragung der Larven.
Um die reifen Larven in ein Versuchstier zu überführen, galt
es zunächst, sie aus ihrer bisherigen Umgebung möglichst rein
auszuscheiden. Wie schon in der ersten Mitteilung erwähnt, hat
eine Vermischung des eierhaltigen Kotes mit ungefähr dem gleichen
Volumen pulverisierter, reiner Tierkohle den Vorteil, die Larven
in nicht unbeträchtlich größerem Prozentsatz zur Entwickelung
und zur Reife zu bringen, namentlich dann, wenn man die mehr
oder weniger dicke und zähe Masse öfter umrührt, um so auch
die in der Tiefe gelegenen Eier von Zeit zu Zeit dem Zutritte der
Luft auszusetzen. Um nun die reifen Larven aus dieser Masse zu
isolieren, hat sich mir folgendes Verfahren nach mannigfachen ver-
geblichen Versuchen als das beste erwiesen. Man läßt, nachdem die
Larven zu völliger Reife gelangt sind, die Kotkohlen masse (ich ver-
wendete zur Zucht die bei den Bakteriologen gebräuchlichen Petri-
schalen) an der Luft soweit trocknen, daß sich auf derselben eben
eine dünne, aber feste Kruste bildet; dann füllt man die Schale bis
1) cf. diese# Ceotralbl. Bd. XX. 1898. No. 24 . p. 863.
c»u Abt. XXI. 84. 38
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914
A. Looss,
zum Rande mit reinem Wasser und läßt dieses 10 — 20 Minuten ruhig
stehen. Gießt man es dann unter leichter Bewegung der Schale in
ein anderes Gefäß ab, so bemerkt man in ihm bei der Untersuchung
mit der Lupe, außer feinsten Teilchen der Kotmasse, zahllose A nchylo-
stomumlaryen, die sich lebhaft schlängelnd bewegen: sie sind
aus der festen Masse in das darüber stehende Wasser
ausgewandert. Dasselbe Verfahren läßt sich, wenn das Nähr-
substrat erst wieder trocken geworden und seine feste Rinde erhalten
hat, 6, 7 und 8 mal mit demselben Erfolg wiederholen, so lange noch
lebendige und kräftige Larven vorhanden sind; eine auf die oben
beschriebene Weise angesetzte Kultur liefert mir noch heute, nach
2 Monaten, bei jedesmaligem Begießen, massenhafte, kräftige Larven ').
Es gelingt auf diese Weise, wenn nicht alle, so doch den bei weitem
größten Teil der vorhandenen Larven zu gewinnen.
Die anfangs im Wasser suspendierten Tiere sinken nun allmählich
zu Boden und nach 24 Stunden habet) sie sich alle daselbst auge-
sammelt — mit ihnen aber auch die Mehrzahl der feinen Teilchen,
die vom Wasser aus dem Kote aufgenommen wurden. Um eine noch
weitergehende Reinigung zu erzielen, goß ich dann das trübe Wasser
ab und ersetzte es durch neues, filtriertes; indessen ließen sich auf
diese Weise, selbst bei 5 und mehrmal wiederholtem Waschen, die
Larven doch nicht ganz von den noch anhaftenden Kotpartikeicben
befreien, und gleichzeitig lieferten Versuche, die so präparierten
Larven zu übertragen, ein sehr auffälliges, aber ungünstiges Resultat.
Alle Versuchstiere zeigten, nachdem sie auch nur 1 oder 2 ccm der
Flüssigkeit in Milch oder Wasser oder mit Brot und Früchten ge-
nossen, unmittelbar darauf, höchstens aber 3 — 5 Minuten später leb-
hafte Vomitusbewegungen, und in weitaus den meisten Fällen wurde
dann auch der Magen völlig wieder entleert, die ganze Infektion
somit illusorisch gemacht
Es lag nahe, den Grund dieser Erscheinung in den nicht ent-
fernten und mit übertragenen feinen Kotpartikeicben zu suchen, die
möglicherweise eine ekelerregende oder direkt giftige Wirkung auf
die Tiere ausübten; es galt also auch noch diese möglichst zu
entfernen. Dies gelang vollkommen auf folgende Weise: Filtriert man
die larven- und fremdkörperhaltige Flüssigkeit durch gewöhnliches,
am besten etwas festes Fließpapier, so läuft zunächst nur eine an-
fangs meist etwas trübe, später ganz klare Flüssigkeit durch; all-
mählich aber stellen sich in dem Filtrat auch vereinzelte Larven ein.
die sich aktiv durch das Papier hindurchgebohrt haben.
Die Zahl dieser passierten Larven wird mit der Zeit immer größer,
sie wird aber ganz enorm, wenn man das Filter, nachdem alte
Wasser abgelaufen ist, längere Zeit (z. B. die Nacht hindurch) stehen
läßt und es dabei nur durch Bedecken vor dem Austrocknen schützt.
Gießt man jetzt aufs neue reines Wasser auf, so laufen mit diesem
zahllose Larven ab, die sich während der Nacht durch das Papier
1) Hieran anschließend will ich noch bemerken, daß es mir neuerdings Rellingen
ist, die reifen Larven in Wasser viel Ifinger am Leben za erhalten, als ich früher (cf.
dieses Centralbl. Bd. XX. 1896. p. 869) angab. Mit Hilfe des weiter unten su beschrei-
benden Verfahrens in reines Wasser übertragene Larven sind zum weitaus größten
Teile jetzt, nach beinabe 3 Monaten, noch vollkommen lebendig und krtftig.
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Notizen zur Helminthologie Egyptens. II.
915
hindurcbgcbohrt haben und nun von dem Wasser abgeschwemmt
werden. Läßt man dasselbe jetzt wieder einige Stunden stehen, so
kann man das Verfahren wiederholen, bis alle Larven, soweit sie noch
lebendig sind, passiert sind. Durch allmähliches Zubodensetzenlassen,
Dekantieren und Zugießen frischen, filtrierten Wassers kann man dann
den Reinigungsprozeß fortsetzen, bis allem Ermessen nach auch die
aus dem Kot etwa gelösten chemischen Bestandteile entfernt und
die Larven ohne Beimischung von Fremdkörpern in reinem Wasser
enthalten sind.
Seltsamerweise treten nun auch bei Anwendung dieses gereinigten
Infektionsmateriales ganz ähnliche Erscheinungen an den Versuchs-
tieren auf, wie ich sie oben geschildert. Allerdings kam es nicht
so häufig mehr zu wirklichem Erbrechen, dagegen zeigten sich meistens
die Vomitusbewegungen, und immer waren die Tiere direkt nach der
Fütterung augenscheinlich unwohl, und es erfolgten sehr oft plötz-
liche, diarrhoische Entleerungen. Es bleibt nach diesen Beobachtungen
kaum etwas anderes übrig, als den Grund zu den geschilderten Er-
scheinungen in den Parasiten selbst zu suchen und anzunehmeu, daß
diese in irgend einer Weise reizend auf den Organismus des Wirtes
wirken, und das namentlich dann, wenn sie in größerer Zahl vereint
auftreten. Zunächst ist hierbei an die Möglichkeit zu denken, daß
die jungen Würmer durch ihre lebhaften Bewegungen mechanisch auf
die Magenschleimhaut wirken und den Brechreiz hervorrufen. Dann
müßte derselbe aber umsomehr abnehmen, je größer das Quantum
Nahrung ist, mit welchem eine gewisse Zahl von Larven aufgenommen
wird, da die in diesem enthaltenen Tiere vielmehr verteilt werden
und bei weitem nicht alle mit der Schleimhaut in Berührung kommen.
Ich habe in dieser Hinsicht aber nicht den geringsten Unterschied
in Bezug auf das Resultat bemerkt, gleichviel ob die Larven in ganz
wenig oder in so viel Milch verabreicht wurden, als die Hunde nur
immer in ihren Magen aufzunchmeo vermochten. Eine andere Mög-
lichkeit zur Erklärung des auffälligen Erbrechens ist weiterhin die,
daß die jungen Anchylostomalarven selbst oder die Flüssigkeit,
in der sie enthalten sind, eine förmliche Giftwirkung auf die Versuchs-
tiere ausüben. Daß es die Flüssigkeit nicht ist, beweisen wiederholte
Versuche. Sehr viele Larven waren 6 und mehr Tage lang in wenig
Wasser gehalten worden; dieses wurde dann vorsichtig abgegossen und
den Hunden mit Milch vermischt gegeben : nie erfolgte eine Spur einer
Reaktion. So bleibt nichts übrig, als den Parasiten selbst einen giftigen
Einfluß auf den Organismus ihres Wirtes zuzuschreiben. Zu ganz ähn-
lichen Folgerungen führen nun auch die Beobachtungen, die wir oft genug
an Anchylostomakranken machen können. In manchen Fällen
schwerer Anämie lassen sich trotz wiederholter Kuren nicht mehr als
einige Dutzend Würmer abtreiben oder nach dem Tode im Darm auf-
finden. Es ist hier kaum verständlich, daß allein der Blutverlust und die
Verletzungen der Darmwand, welche die Parasiten ihrem Wirte zufügen,
genügen sollen, eine so schwere Erkrankung hervorzurufen. Sicher ist
es von vornherein nicht ohne Bedeutung, ob der in Frage kommende
Kranke eine kräftige, oder eine kränkliche, schwächliche Persönlichkeit
ist, welche den schädlichen Einflüssen der Parasiten nur geringeren
916
A. Looss,
Widerstand zu leisten vermag. Selbst unter Berücksichtigung dieses
Umstandes bleibt in vielen Fallen aber ein augenfälliges Mißverhältnis
zwischen der Zahl der Würmer und der von ihnen verursachten Er-
krankung bestehen, ein Mißverhältnis, welches darauf hinweist, daß
bei der Entstehung der Anchylostomenanämie möglicherweise noch ein
weiterer, bisher nicht genügend beachteter Faktor mitwirkt. Ich
halte es für durchaus nicht unwahrscheinlich, ja beinahe für sicher,
daß die Anchylostomen neben der Entziehung von Blut und neben
der Verletzung der Darmwand noch eine Art Giftwirkung auf ihren
Träger ausüben ; es liegt weiter die Vermutung nahe, daß hierbei das
Sekret der großen, am Mundrande nach außen mündenden Kopfdrüsen
eine Rolle spielt. Mit der Annahme einer solchen Giftwirkung von
seiten der Würmer würde dann auch die von mehreren Beobachtern
mitgeteilte Tbatsache eine gewisse Erklärung finden, daß Anchylo-
stom u manämieen, selbst wenn die Parasiten radikal abgetrieben sind,
und keine Neuinfektion möglich ist, nur schwer und langsam ausheilen.
Ich denke in nächster Zeit nochmals auf diese Frage zurückzukommen.
Als Versuchstiere benutzte ich zunächst Affen, da diese jedoch
ein immerhin kostbares Material darstellten, sah ich mich bald nach
eventuellem Ersatz um. Gleich der erste Versuch mit jungen, eben
der Mutter entwöhnten Hunden gelang, und daraufhin verwendete ich
von da ab als Versuchstiere in der Hauptsache Hunde. Auch junge
Katzen sind imstande, die Parasiten eine Zeit lang zu beherbergen,
ungewiß zur Zeit noch Meerschweinchen und Kaniucben, graue Ratten
gaben in allen Fällen ein vollkommen negatives Resultat. Versuche
an jungen Füchsen waren deshalb von vornherein aussichtslos, weil
alle die, welche ich erhielt, eich bereits mit einem Anchylostomum
behaftet erwiesen, das im erwachsenen Zustande nur sehr wenig, aber
charakteristisch von dem des Menschen sich unterscheidet *), dessen
Jugendformen dagegen von denen des Anch. duodenale absolut
untrennbar sind. Besitzt so An chy los to m u m duodenale eine
immerhin bemerkenswerte Anpassungsfähigkeit an andere als den
1) Es hat diese Form dieselbe Große, wie Anchylostomum duodenale,
auch genau den gleichen inneren Bau; vielleicht, daß es im ganzen nm ein geringes
schlanker ist, als das letztere. Die Bursa dea Männchens ist etwas größer und breiter
und besitzt einen ziemlich tief ausgeschnittenen Mittellappen. Die Rippen verhalten sieb
genau wie bei Anchylost. duodenale, mit dem einzigen Unterschiede, daß die
Hinterrippe jederseits in 2, statt wie bei diesem, in S Aeste ausläuft. Der auffälligste
Unterschied liegt in der Bildung des Zahnapparates; während bei A. duodenale,
die ventralen Zähne in 2 scharfe Spitzen auslaufen, zu denen sich der Mittelebene zu-
gekehrt eine kleine buckelartige Auftreibung au der Basis der inneren Spitze gesellr,
hat das Anchylostoma des egyptischeD Fuchses auf der Bauchseite jederseits S scharfe,
fast gleich große Spitzen; außerdem ist hei ihm die Mundkapsel im ganzen etwas lang-
lieber, als bei der menschlichen Form. Oh dieser Wurm mit einer der bereit» be-
kannten Anchyloslo maarten zusammenfällt, kann ich aus Mangel ander einschlägigen
Litteratur zur Zeit nicht sagen; gegen eine Identifizierung mit Anch. trigono-
cephalum des europäischeu Fuchses und Hundes spricht die Beschreibung, welche
Schneider (Monogr. d. Nematoden, p. 128, 137 u. 138) von dessen Mundkapsel
giebt. Dieselbe soll wie bei Strong. cernuus gebildet sein; Beschreibung nnd Ab-
bildung dieser letzteren passen aber absolut nicht auf das hier in Rede stehende Tier.
Ich habe übrigens auch mit den Larven dieser Form Infektionsversuche an Hunden
»»gestellt, und dabei trotz sorgfältigster Reinigung des Infektionsmateriaies dieselben
Erfahrungen gemacht, wie bei A. duodenale. Sowie die Larven in größerer Zahl
auf einmal aufgenommen waren, stellte sieb bei den Versuchstieren nach kürzester
Frist Brechreiz uod meist auch thatsächliches Erbrechen ein.
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Notizen zur Helminthologie Egyptens. II.
917
normalen Träger, so ist diese Anpassungsfähigkeit doch nicht unbe-
schränkt. Die Infektion von Hunden und Katzen gelingt z. B. mit
einiger Aussicht auf ausgiebigen Erfolg nur bei ganz jungen Tieren,
die eben der Mutter entwöhnt sind, und selbst hier gebt noch ein
ansehnlicher Prozentsatz der jungen Parasiten durch den Darm hin-
durch, ohne sich in diesem festzusetzen. Dieses letztere Verhalten
wird immer mehr zur Regel, je älter die Versuchstiere werden, und
nach vielleicht 3 Monaten gelingt es kaum noch, eine oder die andere
Larve zur Ansiedelung zu bringen. Ganz Entsprechendes geschieht
während des Wachstums der Versuchstiere mit den durch die ersten
Versuche übertragenen Parasiten. Sie werden allmählich wieder
aus dem Darme entleert, ohne ihre vollkommene Entwickelung erreicht
zu haben, und während man von den zuletzt überführten Würmern
noch viele Exemplare an trifft, werden die älteren immer seltener, und
es ist mir bis jetzt überhaupt noch nicht gelungen, die Tiere im
Hunde bis zur Produktion von reifen Eiern zu bringen. Die größten
Würmer, die ich bis jetzt erzielt, maßen ca. 8 mm, waren im übrigen
aber durchaus normal gebildet. Auf Grund dieser Beobachtungen
erscheint es mir etwas zweifelhaft, ob v. Rathonyi *), der die in
den Bergwerken von Brennberg bei Oedenburg in Ungarn zur Arbeit
verwendeten Pferde massenhaft mit Anchylostomen infiziert fand,
thatsächlich das Anchylostomum des Menschen vor sich gehabt hat
Der strikte Nachweis von der Identität beider Formen ist jedenfalls
Dicht erbracht. Da aber auch die Belegschaft der Gruben in außer-
ordentlich hohem Maße an Anchylostomiasis litt, mithin die In-
fektionsgelegenheit für die Pferde in den Gruben eine sehr günstige war,
so liegt andererseits auch eine gewisse Wahrscheinlichkeit vor, daß es
sich bei den Pferden doch um Anch. duodenale handelte. Selbst
in diesem Falle aber würden die Beobachtungen von Rathonyi’s
doch nur das Resultat ergeben, so interessant dieses an sich zweifel-
los ist, daß das Anchylostomum duodenale unter gewissen
Bedingungen auch im Pferde sich ansiedeln und zur vollen Reife ge-
langen kann. In einer notwendigen Beziehung zur Entwicke-
lung des Parasiten, worauf v. Rathonyi vermutungsweise hin-
deutet, steht das Pferd jedenfalls nicht
C. Umbildung der freilebenden Larven zu den
Geaohlechtstieren.
Durch Leuckart’s Versuche mit Anchylostomum trigono-
cephalum ist bereits genügend festgestellt worden, daß die jungen
Larven der Anchylostomen in einem neuen Träger direkt zu den
Geschlechtstieren auswachsen, daß also in dem Lebenscyklus des
Wurmes weder ein Zwischen wir t, noch aber gar eine freilebende
Zwischen gen eration auftritt, durch welche letztere die Entwicke-
lungsgeschichte zu einer Heterogonie werden würde. Bekanntlich
haben Lcichtenstern*) und neuerdings in Assam Giles*) ge-
i) ▼. Rathonyi, Anchylostomiasis des Pferdes. (Deutsche medizin. Wochen*
•ehr. 1896 No. 41. p. 655.)
2) Leichte n stern, Weitere Beiträge xur Anchylostomenfrage. (Dtsch. medix
Wochen sehr. 1886. No. 11, 12, 13 tt. 14.)
3) Oiles, A report of an iuvestigation into the cause« of the diseases known
in Assam as KiMa-AzAr and Beri*beri. 8hillong 1890. p. 67 ff.
Google
918
A. Loon,
glaubt, durch ihre Zuchtversuche einen derartigen Entwickelungsmodus
festgestellt zu haben. In beiden Fällen muß jedoch irgend eine
Verunreinigung der Kulturen mit anderen Nematudenarten vorge-
kommen sein: auf welche Weise, wird mit Sicherheit kaum festzu-
festellen sein und ist füglich auch nicht von Bedeutung. Die frei-
bleibenden Larven des Anchylostoma duodenale ver-
wandeln sich, genau wie das Leuckart bereits für Anch.
trigonocephalum festgestellt hat, in einen passenden
Träger Uberführt, direkt, ohne Zwischenwirt und
ohne Zwiscbengeneration, in neue Geschlechtstiere.
Im Laufe dieser Umwandlung lassen sich 3 deutlich voneinander
unterschiedene Stadien erkennen, die wir nach ihrem hauptsächlich-
sten Charakter am besten als Stadium ohne Mundkapsel (I),
Stadium mit provisorischer Mundkapsel (Mundbecher, II)
und Stadium mit definitiver Mundkapsel (Gescblechtstier,
III) bezeichnen können.
I. Stadium ohne Mundkapsel. Die Larven des Anchy-
lostoma erreichen während ihres freien Lebens bekanntlich eine Länge
von 0,66 — 0,7 mm; ihre größte Dicke beträgt (ungefähr auf der Höbe
des Oesophagusendes) 0,025—0,027 mm, das Kopfende hat 0,012 —
0,013 mm Durchmesser. Der Oesophagus ist 0,16 mm lang und
läßt noch deutlich die ursprüngliche Dreiteilung des Rhabditiden-
ösophagus erkennen , wenn die einzelnen Abschnitte auch in ihrer
Dicke weniger voneinander differieren und ganz allmählich ineinander
übergehen. Der Zahuapparat des Bulbus ist vollkommen geschwunden,
die vordersten Zellen des üarmrohres heben sich deutlich von den
folgenden ab, dadurch, daß sie kürzer bleiben und in ihrem Inneren
keine Körnchen abscheiden, auch sich so dicht an den Bulbus anlegen,
daß sie eher zu diesem als zu dem Darme zu gehören scheinen. Sie
repräsentieren die Anlage des späteren zeitigen Verschlußapparates
am Ende des Oesophagus. Im ganzen setzt sich der Darm aus
ca. 15 Reihen von Zellen zusammen; jede Reihe besteht aus 2 Zellen
von ungefähr 0,028 mm Länge. Der After liegt 0,09 mm vor dem
noch scharf zugespitzten Schwanzende *). Die Seitenlinie markiert
sich äußerlich als ein in den Seiten des Körpers hinziehender, 0,003 mm
breiter und streng parullelwandiger Streifen, der ein klein wenig
über das Niveau der Haut hervorragt, hinter dem Kopfe unmerklich
verschwindet und im Schwänze spitz zulaufend endigt. In seinem
Inneren scheint ein außerordentlich feines Gefäß zu verlaufen , an
dem aus ich einmal auch eine Verbindung mit dem Exkretionsporus
beobachtet zu haben glaube. Unter diesem Streifen zieht im Inneren
des Körpers ein 0,004 mm breites Band mit unregelmäßigen Rändern
hin, in welchem kleine, körnige Kerne in unregelmäßiger Reibe un-
geordnet sich erkennen lassen ; vielfach gesellen sich zu diesen Kernen
mehr oder minder zahlreiche, fettartige Kügelchen, welche sich später
so anhäufen, daß sie die feinen Kerne ganz verdecken. Der Exkretions-
porus liegt 0,09 mm hinter der Kopfspitze; von ihm aus geht deut-
lich ein sehr feines Gefäß erst senkrecht zur Körperwand nach innen ;
1) In meiner ersten Mitteilung (dieses Centralbl. Bd. XX. 1896. p. 868) steht, als
bei der Korrektur übersehener Druckfehler, 0,06 mm.
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Notizen zur Helminthologie Egyptens. II.]
919
an dem Oesophagus angekommen, biegt es nach hinten um und zeigt
dabei meist eine kleine, spindelförmige Erweiterung. ImJJUmkreise
dieser Erweiterung erkennt man jetzt bereits eine grobkörnige Masse,
welche eine kurze Strecke weit nach hinten sich fortsetzt, dann aber
stets der Beobachtung sich entzieht. Es kann aber kaum einem
Zweifel unterliegen, daß diese Körnermasse mit den weiter hinten,
vor der Genitalanlage, gelegenen und daselbst bereits vonLeuckart
bei den Larven des A. trigonocephalum aufgefundenen spindel-
förmigen Zellen, den späteren HalBdrüsen, in Verbindung steht. Die
Genitalanlage endlich liegt ein wenig hinter der Körpermitte und
repräsentiert ein 0,015 mm langes, ovales Körperchen , das bereits
aus mehreren (3 oder 4) Zellen zu-
sammengesetzt zu sein scheint.
Was nun die Weiterentwicke-
lung dieser Larven anlangt, so dürfte
zunächst zu erwähnen sein, daß sie,
beim Hunde wenigstens, den Magen
ziemlich schnell passieren und in
den Dünndarm übertreten. Schon
15 Stunden nach einer ausgiebigen
Fütterung traf ich im Magen keine
Würmer mehr an. Das Wachstum
der jungen Parasiten geht in den
ersten Tagen nach der Uebertragung
nur sehr langsam vor sich, ja,
eine Längen Zunahme findet im
Anfänge überhaupt nicht, oder nur
in sehr untergeordnetem Maße statt.
Noch nach 4 — 5 Tagen (cf. Fig. 1)
haben sie eine Gesamtlänge von
0,65—0,7 mm, hingegen ist während
dieser Zeit die Dicke auf der Höhe
des Oesophagusbulbus auf 0,033—
0,035 mm, am Kopfende von 0,012
auf 0,02 mm gestiegen. Das Schwanz-
ende ist durch Einschrumpfen nicht
unbeträchtlich stumpfer geworden
und hat nur noch eine Länge von
0,045—0,05 mm. Der innere Bau
hat sich während dieser Zeit nur
unwesentlich geändert, dabei aber
trotzdem ein anderes Gepräge er-
halten. Am Kopfe ragen noch deut-
lich als kleine Knötchen die früheren
Papillen hervor, nur sind sie infolge
der Verbreiterung des Kopfendes mehr an die Seiten getreten. Der Mund
bat noch dieselbe Bildung, wie ehemals, die Mundhöhle tritt durch ihre
lichtbrechenden Wandungen sehr scharf hervor. Der Oesophagus be-
ginnt jetzt vollkommen deutlich erst am Ende der Mundhöhle (0,019 mm
hinter dem Mundrande). Er hat wesentlich an Dicke zugenommen,
vor allem aber ist die letzte Andeutung der ehemaligen Dreigliederung
Fig. 1. Junges Anchylostoma am
4 . Tage nach der Uebertragung.
P Papillen des Kopfes, MH Mund-
höhle, PÄPorus excretorius, NS Nerven-
system, HDr HalsdrUsen, VZ Verschluß-
zellen des Oesophagus gegen den Darm,
OO Genitalorgane, A After, (ca. 190mal
vergrößert.)
920
A. Looss,
geschwunden. Er hat jetzt 0,01 mm, sein verdicktes Hinterende
0,02 mm im Durchmesser, hat also durchschnittlich das Doppelte
seiner anfänglichen Dicke erreicht. Seine Textur ist deutlich quer-
streifig geworden. Die Zellen des Verschlußapparates am Ende des
Oesophagus haben sich von diesem etwas isoliert, liegen aber noch
vollkommen in der Flucht der Darmwand. Der Darm selbst ist
weiter geworden infolge aufgenommener Nahrung; seine einzelnen
Zellen heben Bich nicht mehr so deutlich voneinander ab, außerdem
beginnt sich in ihrem Inneren bereits ein feines, bräunliches Pigment
zu zeigen. Die Seitenlinie ist noch unverändert, hingegen sind die
Halsdrüsen in ihrem dem Porus anliegenden Teile nicht unbeträcht-
lich angeschwollen und fallen durch ihren stark
körnigen Inhalt leicht in die äugen. Die Zellen
selbst haben sich gegen früher wenig geändert.
Anch an der Genitalanlage ist noch keine Ver-
änderung zu konstatieren.
An dem eben geschilderten Stadium machen
sich nun ungefähr um den 5. Tag herum die
Anzeichen einer bevorstehenden Häutung be-
merkbar: unter der bisherigen, schwach ge-
ringelten Haut zeigt sich eine neue mit tiefer
und scharfer Hingelang. Gleichzeitig stellen
sich aber am Kopfe wichtige Veränderungen ein,
die zur Bildung der ersten, provisorischen
Mundkapsel (Mundbecher Leuckart) hin-
führen (Fig. 2). In der Umgebung der Mund-
höhle, und zwar zuerst auf der Rücken-
und Bauchseite, tritt je ein helles Bläs-
chen auf, von denen namentlich das ventrale
augenscheinlich ziemlich schnell wächst und in
den Seiten des Körpers sich nach dem Rücken
hinauf ausdehot. Schließlich vereinigen sich
beide Blasen und es entsteht so im Umkreise
der Mundhöhle ein hohler Ring, dessen Außen-
fläche ziemlich regelmäßige Konturen, ungefähr
in Form eines nach oben sich wieder verengern-
den Bechers (Römers), besitzt. Durch die Achse
dieses Hohlringes zieht die Mundhöhle mit der
sie umgebenden faserigen Gewebsmasse hin-
durch. Aeußerlich auf dieser Masse, und zwar auf der Rücken- und
auf der Bauchseite, bemerkt man je eine kleine, spitzenartige Er-
hebung, die erste Anlage der späteren Zähne des Mundbechers.
Während sich dann die Mundkapsel zu ihrer definitiven Form
ausgestaltet und eine erst ganz zarte, später dicker uod deutlicher
werdende cbitinige Auskleidung erhält, zieht sich das die Mundhöhle
bislang umgebende Gewebe immer mehr aus der Kapsel zurück, wo-
durch zugleich die nunmehr deutlich gewordenen Zähne in den Grund
des Mundbechers gelagert werden. Um den 7. Tag herum sind die
Larven zur Häutung reif; die neue Haut ist unter der alten überall
fertig ausgebildet; sie ragt durch den After bis an das Ende des
zelligeu Darmes heran ; von der bisherigen Mundöffnung aus zieht die
Fig. 2. Stadium aus
dar Bildung des Mund-
bacbers, ungefähr 5 Tage
nach der Uebertragung.
AM alter Mund, NM
neuer Mund, DD dorsale,
VD ventrale Oesophagus-
driise. Die übrigen Bach*
staben wie in Fig. 1.
(5?8tnal vergrößert.)
Digitized by Google
Notizan zur Helminthologie Egyptens. II,
921
ehemalige Mundhöhle in Gestalt eines gestreckten, scharf konturierten
und kaum noch von Gewebe umgebenen Stranges durch die Höhlung
der neuen Mundkapsel hindurch in den Oesophagus hinein (Fig. 3).
Auch in diesem erkennt man eine neue chitinige Auskleidung unter
der bisherigen. Wird dann die alte Haut mitsamt Auskleidung des
Mund- und Afterdarmes abgeworfen, dann erhalten wir das
II. Stadium, mit provisorischer Mundkapsel (Mund-
becher). Die Tiere haben, wenn sie dieses Stadium erreichen, be-
merkenswerterweise immer noch fast dieselbe Länge wie am Ende
ihres freien Lebens, meistens sogar noch eine etwas geringere; mit
Fig. 3. Kopf der
Larva vor der in das
Stadium II überfübren-
dcn iliäatUDg; 5 bis
6 Tage nach der lieber*
tragung.
Z die Zähne des
Mundbechers. Die alte
Mundhöhle geht durch
da» Lumen des Mund-
bechers hindurch iu die
Auskleidung des Oeso-
phagus über, mit der
sie bei der Häutung
zusammen abgeworfen
wird (5 7 8 mal vergr )
Fig. 4.
Fig. 5. Mundbecher im
Stadium II, von einer unge-
fähr 9 Tage alten Larve.
KDr eine feine Fasermasse,
welche nach der Mündung der
späteren Kopfdrüse hinzieht,
BC Blasen, die ersten Anfänge
der Bildung der definitiven
Mundkapsel (Vergrößerung
ca. 420.)
Fig 4. Junges Anchylo-
stoma im Anfänge des Sta-
diums II.
Buchstaben wie in den
früheren Figuren. Die Genital-
anlage weist auf ein entste-
hendes Weibchen hin. (105-
mal vergrößert.)
anderen Worten: Das ganze erste Stadium ist nicht dem Wachstum,
der Größenzunahme gewidmet, sondern allein den inneren Umformungen,
besonders der Umbildung des Mundes. Die Larven haben am An-
fänge des Stadiums II (Fig. 4) noch eine Länge von gewöhnlich
0,66 mm und eine größte Dicke von 0,025 mm. Diese Dicke bleibt
gleichmäßig durch den gesamten Vorderkörper, die Verschm&chtigung
des Kopfendes ist also total verloren gegangen; erst von der Höhe
der Genitalanlage an verjüngt sich der Körper ein wenig, der
Schwanz läuft noch ziemlich spitz zu. Die bemerkenswerteste Eigen-
tümlichkeit dieses Stadiums ist der chitinige Mundbecher (Fig. 5).
Derselbe hat nach seiner vollen Ausbildung 0,04 mm im Qaerdurch-
messer, ist also in der ersten Zeit nach der Häutung noch ziemlich
ansehnlich gewachsen. Er hat im allgemeinen die Form der unter dem
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922
A. Loos»,
Namen Römer bekannten Weingläser, jedoch ist seine ventrale
Seite im fertigen Zustande etwas flacher, die dorsale etwas stärker
gekrümmt, so daß seine Oeffnung bereits deutlich nach der
Rückenseite emporgewandt ist. Im Verein hiermit zeigt
auch der Vorderkörper bereits deut-
lich die für die erwachsenen Würmer
so charakteristische Krümmung nach
dem Rücken zu. Die Wandungen des
Mundbechers haben 0,0025 mm im
Durchmesser und verdicken sich ge-
gen den Grund desselben bin auf das
Doppelte. Im optischen Querschnitte
zeigen sie eine feine radiäre Strei-
fung. Im Grunde des Mundbechers
sitzen die zwei Paare kleiner schar-
fer Zäbnchen, eines der Bauchseite,
das andere der Rückenseite ange-
hörig; die Zäbnchen eines Paares
stehen mit ihren Basen ziemlich
nahe bei einander , während ihre
Spitzen nach außen divergieren.
Ihre Gesamtlänge beträgt 0,015 mm.
Aeußerlich am Rande dieser Mund-
kapsel liegen eine Anzahl von Nerven-
endigungen in Gestalt sehr flacher
Papillen; ihre Zahl ist schwer mit
i5 Sicherheit festzustellen, beträgt aber
allem Anscheine nach mindestens 4.
In der Fortsetzung der Seitenlinien
sieht man am Mundrande weiter ein
papillenäh nlicbes Gebilde, das nach
hinten zu mit einer undeutlich be-
grenzten körnigen Masse in Verbin-
dung steht und ohne Zweifel die
Mündung der „Kopfdrüsen“ darstellt.
Ein genaueres Eingehen auf den Bau
des übrigen Körpers würde mich hier
zu weit führen; ich will nur erwäh-
nen, daß man im Inneren des Oeso-
dium^if ' »’t/VSl 8ta " phagus jetzt deutlich die 3 Drüsen
lum jä)? Ani»ge dfir Spiceift, a.b «eilige erkennt 1 ), die beiden subvenlralen
muh, >u weicher »p«ter die Kippen bis eine kurze Strecke vor das Ner-
der Bars» »ich heraasbiiden, (Vergrö- venb&nd, die dorsale bis ins Vorder-
Heran)! e*. tos.) ende des Oesophagus reichend. Ihre
Mündung ist jetzt noch nicht genau
zu erkennen, liegt aber aller Wahrscheinlichkeit nach im Grunde des
Mundbechers. Die Verschlußzeiien des Oesophagus haben sich deut-
1) cf. hierzu die Arbeit von J ä g e rs k i öl d , Beiträge zur Kenntnis der Nematoden.
(Zool. Jahrb. Abt. f. Anat. u. Ontog. d. Tiere. Bd. VII. 1894. p. 449) und meine Mit-
teilung, Ueber den Bau des Oesophagus einiger Ascariden. (Dies. Cen treib!. Bd. XIX.
1896. No. 1. p. 5 )
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Notizen zur Helminthologie Egypten». II.
923
lieh von diesem isoliert und ragen wulstförmig in das Lumen des
Darmes hinein, das sie bereits gegen den Oesophagus abzuschließen
vermögen. Die Zellen des Darmes haben sich beträchtlich vergrößert
und zeigen auf ihrer Innenfläche einen deutlichen Cuticularbelag.
Exkretionsporus, Seitenlinie mit Gefäß und Halsdrüsen sind sehr deut-
lich, letztere mit ihrem stark körnigen Inhalt jetzt beinahe durch
zwei Drittel der Körperlänge zu verfolgen.
Mit dem Erreichen des Stadiums II beginnt nun vor allem die
Entwickelung der Genitalorgane und Hand in Hand damit die Um-
formung des Hinterendes bei den zukünftigen Männchen (Fig. 6).
Während bei den Weibchen die Genitalanlage nach beiden Seiten
gleichmäßig auswächst, wobei die freien Enden sehr frühzeitig schon
nach dem Ausgangspunkte zurückgebogen werdeD, und während das
Fig. 7. Anlage der defini-
tiven Mundkapzel, ungefähr am
12. Tage nach der Uebertra-
gnng.
ZA Anlage der großen ven-
tralen Zähne, DB dorsale,
VB ventrale Blase der Mund-
kapselanlage. (ca. 190mal ver-
größert.)
Fig. 8. Mundkapselanlage
um den 18. und 14. Tag herum.
Die beiden Blasen haben
sich zu einer einzigen großen
Hoble (J/A') vereinigt und den
Mundbecher mit vom Oeso-
phagus weggedrängt. Auf der
Bauchseite Anlage der Zähne
( Z ). KR späterer Kopfrand.
Die neue Haut ist auch bereits
angelegt. [(Vergrößerung 190.)
Hinterende seine bisherige Form beibebält, ist es in beiderlei Hin-
sicht bei den Männchen gerade umgekehrt. Die Genitalanlage ver-
längert sich in der Hauptsache Dach hinten und erreicht sehr bald
den After. Gleichzeitig tritt dieser immer mehr winkelartig aus dem
Profile des Schwänzendes heraus; während die Weibchen ungefähr
von der Genitalanlage an nach hinten ganz allmählich sich ver-
jüngen, behalten die Männchen ihre Dicke bis zum After ziemlich
gleichmäßig bei, und erst hinter diesem fällt der Schwanz scharf ab.
Nie ist übrigens dieser Teil dicker als der übrige Körper. Id ihm
bildet sich nach und nach die spätere Bursa mit ihren Bippen aus;
die Vorgänge, welche sich dabei abspielen, sind am lebenden Objekte
schwer zu verfolgen und ohne Zuhilfenahme von Querschnitten kaum
genau zu eruieren. Leider ist zur Zeit unter der egyptischen Sonne
die Anfertigung von Schnitten nach unseren europäischen Methoden
gänzlich unausführbar; es wird deshalb besser sein, die Schilderung
924
A. L 0 O 9 5
der betreffenden Vorgänge bis auf eine spätere eingehendere Dar-
stellung zu verschieben.
Während die hier flüchtig skizzierten Vorgänge sieb abspielen,
treten auch am Kopfe wieder Veränderungen auf, welche zur Bildung
Flg. 9. Männchen Tor der letzten Blutung, 14 — 16 Tage alt.
Der Tierkörper hat sieh völlig von der alten Haut (AH) losgelöst und etwas au-
sammengezogen MB Mundbecher, AOe alte Oesophagusauskleidaug, dem Nundbecber
anbingend. 8p Spiculum, MRSp lietractormuskeln des Splculums, die hier noch einen
fast queren Verlauf haben, OZ großer Ganglienzellen komplex, von dem aus Nerven «
den Rippen der Bursa gehen. (Vergrößerung 42.)
Fig. 10. Weibchen auf demselben Stadium und eben so alt. Das Tier hat sich
nicht zusamroengezogen und füllt die alte Haut fast ganz aus. Die alte Oesophagtw-
auskleidung ist auch bereits gelöst und stark zusammeagefaltet.
KHDr Kern der großen Halsdrüsen, AM Muskeln de* Afters. (Vergrößerung 41.)
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Notizen zur Helminthologie Egyptens. II. 925
der definitiven Mundkapsel hinführen (Fig. 7 und 8). Diese Ver-
änderungen sind im Prinzip genau die gleichen, die wir bereits beim
Uebergang in das Stadium II kennen lernten. Wiederum treten,
diesmal zwischen Mundbecher und vorderem Oesophagusende , zwei
Blasen auf, eine dorsale und eine ventrale. Die erstere, welche in
Anbetracht der RUckwärtsbiegung der Mundöffnung kürzer ist, als die
letztere, breitet sich allmählich nach den Seiten aus, greift daselbst
um den Mundbecher herum und trifft schließlich mit der vorderen
zusammen , wodurch wiederum ein ringförmiger Hohlraum entsteht
Die Konturen desselben sind freilich nicht so regelmäßig, als die des
früheren, vielmehr sieht man an den Stellen, wo später die verschiedenen
Zähne stehen, erst kleine Hervorwölbungen, später Buckel oder Zacken
erscheinen, welche sich Schritt für Schritt in die Zähne umbilden. Gleich-
zeitig löst sich ganz allmählich die bisherige Haut vom Körper ab
und zwischen ihr und diesem entsteht eine neue, welche vorn auf
den Rand der sich bildenden definitiven Mundkapsel übergreift und
daselbst den neuen Mundrand bildet. Auf diesem legen sich neue
Papillen und neue Mündungen der Kopfdrüsen an dadurch, daß die
zu den ursprünglichen Organen hinführenden Leitungen an Stelle der
neu entstehenden einfach ihre Kontinuität aufgeben. Währenddessen
gewinnt die neue Mundkapsel immer mehr an Ausdehnung und schiebt
sich dabei zwischen Mundbecher und Oesophagus hinein, so daß diese
immer mehr auseinanderrücken. Durch die Höhlung der neuen Mund-
kapsel zieht, wie früher, die chitinige Auskleidung des Oesophagus, von
einer immer dünner werdenden Plasmamasse umgeben, hindurch und
vermittelt die Kommunikation des Mundes mit dem Verdauungsapparat.
So bildet sich im Inneren der alten Hülle allmählich das Anchy-
lostomuni in seiner definitiven Gestalt heraus (Fig. 9 und 10), und
im gleichen Schritte löst sich auch sein Körper mit der neuen Haut
immer mehr von der alten Umhüllung ab. Die Genitalorgane sind
in der Zwischenzeit nicht unbeträchtlich gewachsen und zeigen in
der Hauptsache bereits ihre zukünftige Anordnung. In der neuen
Haut bemerkt man auch die Genitalöffnungen, beim Männchen unter
der Haut des Schwanzendes die nunmehr fertig gebildete und zu-
sammengefaltete Bursa mit ihren Rippen. Schließlich löst sich der
Wurm ganz von seiner alten Umhüllung los und steckt nunmehr in
derselben, wie in einer Scheide; an der alten, provisorischen Mund- -
kapsel hängt als stark glänzender, unregelmäßig gebrochener Faden
die alte Oesophagusauskleidung. Wird endlich die alte Hülle abge-
worfen, dann hat das junge Anchylostoma seine definitive Gestalt
erlangt und seine weiteren Veränderungen bestehen nur noch in einer
durch die Ausbildung der Genitalorgane bedingten Größenzunahme.
Diese letzte, im ganzen Leben also vierte Häutung, tritt um den
14. oder 15. Tag nach der Uebertragung herum ein; die Tiere haben
dann eine Länge von 1,9 mm (Männchen) bis 2 mm (Weibchen) und
einen größten Querdurchmesser von 0,12 mm, bezüglich 0,13—0,14.
Sie sind also im Verhältnis zu ihrer definitiven Größe von 13 bis
L4 mm (?) und 10 mm (£) noch sehr klein und es erklärt dieser
Umstand wohl zur Genüge die Thatsache, daß man den Jugendformen
>is jetzt weder bei Autopsieen noch bei Abtreibungen begegnet ist,
ganz abgesehen davon, daß sie auch wohl nur sehr selten und nur
926
P. F r o s c h.*,
unter ganz besonders für eine Infektion günstigen Bedingungen in
größerer Zahl nebeneinander auftreten werden. Gleichzeitig erhellt
aus dem Geschilderten auch, daß die Entwickelung der Parasiten im
Verhältnis außerordentlich schnell von statten geht. Wie schon oben
erwähnt, sind die größten Individuen, die ich bis jetzt erzogen, ca.
8 mm lang und sie hatten diese Größe in ca. 3 Wochen erreicht
Da die Männchen zu dieser Zeit bereits fertiges Sperma in ihrer
Samenblase enthielten (bei den Weibchen waren reife Eikeime noch
nicht vorhanden), so dürfte die Annahme nicht ungerechtfertigt er-
scheinen, daß die Würmer von der Uebcrtragung an 4 — 5 Wochen
zur Erlangung ihrer Reife brauchen. Vorausgesetzt ist dabei , daß
die Entwickelung im Menscben ebenso schnell von statten geht, wie
im Hunde; da indes der Mensch der normale, der Hund nur ein
künstlicher Träger des Wunnes ist so dürfte die Entwickelung in
ereterem aller Wahrscheinlichkeit nach eher rascher als langsamer
vor sich gehen. In dem egyptischen Sommerklima würden demnach
unter günstigen Bedingungen innerhalb von 5 — 6 Wochen aus den
abgelegten Eiern wieder neue, zur Produktion von Nachkommen fähige
Würmer hervorgehen können.
Zum besseren Verständnis der hier geschilderten Entwickelungs-
vorgänge füge ich einige skizzenhafte Abbildungen der wichtigeren
Phasen bei. Mit einer ausführlicheren Darstellung der Einzelheiten
werde ich warten müssen, bis mir die Anfertigung von Schnitten
möglich ist.
Cairo, 10. Juni 1897.
Nachdruck verboten.
Zur Frage der Reinzüchtung der Amöben.
Vorläufige Mitteilung l ).
Von
Prof. Dr. P. Frosch,
Aesistenten am Institut für Infektionskrankheiten za Berlin.
Obwohl in den letzten Jahren eine Anzahl von Arbeiten über
die Züchtung von Amöben veröffentlicht sind, läßt sich doch nicht
behaupten, daß die bei diesen Untersuchungen entstandenen strit-
tigen Fragen bis jetzt als gelöst betrachtet werden können. Um
welche Fragen es sich dabei handelt, wird jedem klar sein, der die
Litteratur dieses Gegenstandes aufmerksam verfolgt hat. Es mag
daher genügen, wenn ich, entsprechend dem Charakter dieser vor-
läufigen Mitteilung, die springenden Punkte nur kurz skizziere, zumal
eine genauere Inhaltsangabe der vorhandenen Litteratur sich in dieser
Zeitschrift wiederholt vorfindet.
Daß sich Amöben in den verschiedenartigsten pflanzlichen In-
fusen vorfinden und darin vermehren, sowie daß man sie künstlich
1) Die ausführliche, mit Photograinmen versehene Veröffentlichung erfolgt in der
Keitachr. für Hjrg. u. Infektkr.
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Zur Frage der Reinzticbtung der Amöben.
927
in solchen, z. B. Strohabkochung nach K a r t u 1 i s , züchten kann, ist
schon lange bekannt. Es hätte daher der Benutzung fester Näbr-
substrate nicht bedurft, wenn sich nicht damit die Aussicht verknüpfte,
daß die Amöben auf den festen Nährböden vielleicht Kolonieen nach
Art der Bakterienkolonieen bilden würden. Damit aber wäre in der
Tbat ein Mittel gegeben worden, Reinkulturen der Amöben zu erhalten.
Allerdings setzte diese Spekulation voraus, daß der feste Nährboden
selbst den Amöben die Nährstoffe liefere, deren sie zu ihrer Er-
haltung und Vermehrung benötigen. Dementsprechend sind denn
auch Nährböden angegeben, von denen ich hier nur auf den alkali-
schen Fucus von Celli und Fiocca hin weise, welche einen solchen
spezifischen Nährwert für die Amöben besitzen sollten.
Die Hoffnung, daß die Amöben Kolonieen bilden würden, hat sich
nun nicht erfüllt, und selbst da, wo Andeutungen davon vorhanden
sind, wie namentlich in der schönen Veröffentlichung von Beye-
rinck 1 ), waren diese Amöbenkolonieen auf das innigste mit Bak-
terien vermengt; jal durch die aufmerksame Beobachtung dieses
Autors ist es sogar in hohem Maße wahrscheinlich geworden, daß
grade die Bakterien in irgend einer Weise mit der Vegetation der
Amöben innig verknüpft sind. Auch hat sich immer mehr heraus-
gestellt, daß man von eigentlich spezifischen Nährböden nicht gut
sprechen kann, da bald der eine, bald der andere dieser Nährböden
versagte, während umgekehrt wiederum Beyerin ck 2 ) darauf aufmerk-
sam machte, daß beispielsweise auf gewöhnlicher Gelatine Amöben-
kulturen erhalten werden können. Während man also auf der einen
Seite den Nährboden selbst als das Spezifische ansah, suchte die
andere Richtung das ausschlagebende Moment in den Bakterien. Eine
dritte, noch mögliche vermittelnde Richtung, die ebenfalls in der
Litteratur vertreten ist, daß die Amöben sowohl von deu festen Nähr-
böden als solchen, wie auch von den Bakterien mittelbar oder un-
mittelbar leben können.
Exakt bewiesen aber ist bisher keine dieser Anschauungen, eben-
sowenig wie aufgeklärt ist, weshalb die erwähnten Nährböden in dem
einen Falle versagten , im anderen vorzügliche Resultate ergaben.
Der Grund hierfür ist leicht ersichtlich. Noch Niemand ist es ge-
lungen 3 ), Aussaaten von Amöben auf die betreffenden Nährböden zu
machen, ohne gleichzeitig lebende und entwickelungsfähige Bakterien
mit zu überimplen. Darin aber liegt eine Fehlerquelle von prinzipieller
Bedeutung. Denn sobald die Bakterien ausschließliches oder bevor-
zugtes Nährmaterial für die Amöben bilden, bringt man ja gerade
dieses Nährmaterial auf den zu prüfenden festen oder flüssigen Nähr-
boden mit, und umgekehrt, sind die Bakterien indifferent, so hat man
wiederum nicht die Möglichkeit durch ihre Ausschaltung dies zu be-
weisen. Es kommt also alles darauf an, entweder einen Nährboden
für die Amöben zu finden, auf dem sich Bakterien überhaupt nicht
lebend erhalten können, oder aber die Amöbenaussaat von lebenden
Bakterien zu befreien. Der erste Weg ist nicht exakt genug, der
1) Dies. Zeitschr. Bd. XIX. 8.
2) 1- c.
3) Abgesehen von Ogata, dessen Angaben indesen Infusorien betreffen and bis-
her noch nicht bestätigt worden sind.
928
P. Frosch,
zweite wenig aussichtsvoll. Jenen Weg haben Celli und Fiocca
betreten, wenn sie versuchten, durch starke Alkalescenz die Bakterien-
vermehrung möglichst zu beschränken, ohne sie indes ganz aufheben
zu können und die darin liegenden Fehlerquellen zu beseitigen; aber
selbst wenn ihnen dies gelungen wäre, so hätten sie doch immerhin
schon mit der Aussaat Bakterien auf ihre Platten gebracht und damit
eine zwar geringe, aber doch immerhin vorhandene Quantität des
eventuellen Nährmaterials den Amöben geboten. Deshalb ist der
zweite Weg der bessere und beweisendere ; doch liegen nicht Mit-
teilungen vor, aus denen sich erkennen ließe, daß jemand dies mit
Erfolg versucht hätte. Trotz der Aussichtslosigkeit dieser letzteren
Methode habe ich mich in meinen Versuchen gerade mit diesem
Punkte befaßt und zwar mit Erfolg.
Die Amöbenart, an der ich meine Versuche anstellte, stammt
aus der Gartenerde und ist daraus sehr leicht erhältlich. Es ist eine
schöne, große Amöbe; deren Größenverhältnisse gestatten, sie bereits
mit schwacher Vergrößerung (Zeis s, Obj. AA) deutlich zu erkennen,
so daß einzelne, geeignet liegende Exemplare leicht mit der Kapillare
zur Herstellung von Kulturen nur einer Amöbenart gefischt werden
können. Ich wilrde sie für identisch mit der Amoeba nitro-
phila von Beijerinck halten, mit dessen Abbildung sie überein-
stimmt, wenn sie sich nicht von derselben in gewissen Puukten unter-
schiede, auf die ich in meiner beabsichtigten ausführlichen Veröffent-
lichung zurückkommen werde.
Als Maßstab für ihre Größe gebe ich den Durchmesser der Cysten
= 12 /u, da diese ziemlich konstant sind, gegenüber der nach allen
Richtungen sich stetig verändernden Amöbe. Die Amöbe selbst besitzt
einen, von einem blassen Hofe umgebenen Kern, eine große, deutlich
koDtraktile Vakuole, vermehrt sich durch Teilung, unter gewissen
Umständen auch durch Sprossung und ist nach der Art ihrer Fort-
satzbildung eine A. lobosa. Sie wächst nicht bei Körpertemperatur,
wird aber nicht durch diese getötet. Dagegen vermag sie sich bei
Abschluß von Sauerstoff zu vermehren, wenngleich sie unter diesen
Verhältnissen eigentümliche, wie verkümmerte Formen aufweist. In
einem gewissen Stadium ihrer Entwickelung kapselt sie sich ein und
bildet Cysten mit deutlich doppelt konturierter, stark lichtbrechender
Schale, in deren Innerem, stets ein wenig excentrisch gelegen, ein
kernäbnliches Gebilde wahrgenommen wird umgeben von einem Kranz
radiär gestellter Striche. Die Schale dieser Cysten besitzt, an drei in
gleich weitem Abstande befindlichen Stellen kegelstumpfähnliche Ver-
dünnungen von der inneren Wand ausgehend, welche mit der schmalen
Basis an der äußeren Wand endigen, ohne dieselbe zu durchbrechen,
so daß die Cystenkapsel an eine dreiteilige Fruchtkapsel erinnert.
Ich habe diese Cysten zum Ausgangspunkt meiner Versuche ge-
macht, nachdem mich namentlich gewisse färberische Eigentümlich-
keiten zu der Anschauung gebracht hatten, daß sich diese Cysten in
manchen Beziehungen analog den Bakteriensporen verhalten. Diese
Idee ist fruchtbar gewesen; denn wenn auch den Cysten dieser
Amöben keine so große Widerstandskraft gegen chemische Agentien
innewohnt wie den Bakterien- oder Schimmelpilzsporen, so giebt es
doch bestimmte Mittel, mit denen man gewisse nicht sporenbildende
Digitlzed by Google
Zur Frage der Reinzttchtuog der Amöbeo.
929
Bakterien völlig abtöten kann, gegen die aber die Cysten viel wider-
standsfähiger sind. Um mir daher diese Mittel za Nutze zu machen,
mußte ich die Amöben so züchten, daß sie nur mit diesen nicht
sporenbildenden Bakterien vergesellschaftet waren, und dann die
Cystenbildung abwarten. Dies macht keine Schwierigkeiten, wie später
beschrieben werden wird und, nachdem es gelungen, habe ich die
Cysten zusammen mit den ihnen anhaftenden sporenfreien Bakterien
den verschiedensten Desinfektionsmitteln ausgesetzt, um nach vielen
vergeblichen Versuchen endlich eine Gruppe von Körpern zu finden,
mit denen sich die begleitenden Bakterien abtöten lassen innerhalb
einer Zeit, in der die Cysten entwickelungsfäbig bleiben. Die Aus-
führung der Versuche gestaltete sich so, daß die Cysten nebst Bakterien
von der Platte aus in einer gewissen Menge des zu untersuchenden
Mittels aufgeschwemmt wurden und dann nach bestimmten Zeiten
von der Aufschwemmung Aussaaten gemacht wurden :
1) in einer Anzahl Gelatinerollröhren, um die Bakterien Vernich-
tung zu konstatieren;
2) auf mehreren Agarschalen, zusammen mit einer kleinen Menge
einer bestimmten, amöbenfreien Bakterien-Reinkultur.
Es war also die Probe ad 1) die Kontrolle auf Bakterienver-
nichtung, die Probe ad 2) die auf die Cystenbeeinflussung.
Mit Hilfe dieses Verfahrens habe ich nun in der 20-proz. Lösung
der wasserfreien Soda das gesuchte Mittel gefunden, welches bei
durchschnittlich 72 — 74stündiger Einwirkung bei Zimmertemperatur
den geschilderten Zweck erfüllt. Es sei hier darauf hingewiesen, daß
die Versuche nur gelingen , wenn nicht sporenhaltige Bacillen oder
Schimmelpilze resp. Hefezeilen zugegen sind, da diese eine größere
Widerstandskraft besitzen als die Amöbencysten. Jedoch macht die
Ausschaltung dieser bei der Anlage der Amöbenkultur keine Schwierig-
keit. Ferner ist auf die Innehaltung einer bestimmten Temperatur
Gewicht zu legen, da die Desinfektionskraft der Lösung sich mit
der Temperatur ändert, wie ja bekannt sein sollte. Ein dritter
Punkt ist das Alter der Cysten; ich habe geunden, daß ganz frische
Cysten weniger widerstandsfähig sind, als ältere und habe daher zu
diesen Versuchen stets Cysten von mindestens 14 tägigem Alter be-
nutzt.
Es bleibt hier noch nachzuholen, weshalb ich zur Kontrolle auf
das Cystenwachstum in den geschilderten Versuchen, also zu Probe 2,
stets eine bestimmte Bakterienkultur auf Agar benutzt habe. Vor-
versuche hatten mir gezeigt, daß sich die betreffende Amöbenart in
erstaunlich üppiger Weise unter gewissen Bedingungen auf unserem
gewöhnlichen Laboratoriumsagar züchten ließ. Eine dieser Be-
dingungen war, daß der Agar möglichst frisch, d. h. oberflächen-
ieucht sein, eine andere, daß eine bestimmte Bakterienart in den
Kulturen überwiegen mußte. Wurden z. B. feste Agarplatten ober-
flächlich mit Amöben beimpft aus wäßrigen Lösungen , in denen sie
sich namentlich an der Oberfläche sehr reichlich entwickelt hatten,
so ließ sich leicht erkennen, daß die Amöben von allen den ver-
schiedenartigen Bakterienkolonieen , die auf dem Agar entstanden,
diejenigen einer bestimmten Bakterienart deutlich bevorzugten, indem
Ent« Abt. XXI. IM. 59
Google
930
P. Frosch ,
sie sich in ihnen zuerst einnisteten und darin am schnellsten ver-
mehrten. Bei dieser Vermehrung der Amöben innerhalb der llakterieu-
kolonieen wurden die Kolonieen selbst immer unansehnlicher und ver-
schwanden schließlich vollständig. Es blieb nur eine Trübung des
Agars im Bereich der ehemaligen Kolonie zurück, die bei mikroskopi-
scher Betrachtung fast ausschließlich aus Haufen dichtgedrängter
Cysten bestand, während nur am Rande einzelne Amöben noch vor-
banden waren. Mit bloßem Auge betrachtet ließ die Platte nach
einigen Tagen deutlich erkennen, welche Kolonieen von den Amöben
infiziert waren und welche nicht. Ich habe diesen Versuch vielfach
wiederholt und sowohl Herrn Geheimrat Loeffler wie meinen In-
stitutskollegen demonstrieren können; oft auch in der Form abge-
ändert, daß ich über eine Agarplatte einen Bakterienimpfstrich mit
Bakterien aus dieser Kultur zog und denselben nach seiner Entwickelung
an einem Ende mit wenigen Amöbeu beimpfte. Hierbei ließ sich sehr
schön das allmähliche, von den beimpften Enden aus erfolgende Ver-
blassen und allmähliche Verschwinden des Impfstriches verfolgen,
während die mikroskopische Kontrolle ergab, daß diese Auflösung
des Impfstriches durchaus mit der Amöbenentwickelung korrespon-
dierte. Die bei allen diesen Versuchen sich aufdrängende Vermutung,
daß die Amöben sich von Bakterien ernährten und bestimmte Arten
bevorzugten, hat sich nie bei der Nachprüfung mittels der oben ge-
schilderten Methode bestätigt. Ich habe die von lebenden Bakterien
befreiten Cysten auf eine ganze Anzahl von Bakterien ausgesät, die
ich aus der Gartenerde neben den Amöben in üblicher Weise rein
kultiviert hatte und habe dabei Arten gefunden , auf welchen die
Amöben sich überhaupt nicht zu entwickeln vermögen, andere wieder-
um , bei denen zwar eine Entwickelung stattfand , jedoch nicht sehr
reichlich und nur langsam, und eine Art endlich, auf welcher sie
ganz besonders schnell und üppig gediehen. Es ist dies dieselbe
Art, deren Kolonieen mir in dem oben beschriebenen Versuche auf-
gefallen waren und die ich später als Kontrolle auf das Cystenwachs-
tum benutzte, wie oben angegeben. Die betreffende Bakterienart ist
ein plumpes, an den Enden abgerundetes unbewegliches Kurzstäbchen,
welches keine Sporen bildet, Gelatine nicht verflüssigt, bei Brut-
temperatur sowie bei Sauerstoffabschluß nicht zu gedeihen vermag.
Seine Vegetation auf Gelatine und Agarröhrchen erfolgt in Gestalt
eines saftigen, weißlichen Rasens, der stark an das Wachstum von
Kapselbacillen erinnert. Außer diesen und den erwähnten Erdbakterien
habe ich noch einige pathogene Arten sowie verschiedentlich Hefen
versucht, über deren Verhalten ich später berichten werde.
Nach Auffindung der oben geschilderten Methode habe ich nun
zunächst zu entscheiden versucht, ob alle die bisher für die Amöben-
kultur als besonders geeignet empfohlenen Nährböden dies Prädikat
verdienen. Ich verfuhr dabei genau so, wie oben angegeben, nur daß
sich zu den beiden Proben noch als dritte die Aussaat auf den zu
prüfenden festen oder flüssigen Nährboden gesellte. Ueber das Er-
gebnis kann ich mich kurz fassen. Während in den mit meiner
Bacillenart vorgeimpften Agarschalen die Cysten zu Amöben aus-
keimten und eine reichliche Amöbenkultur in der Folge entstand,
Digitized by Google
Zur Frage der ReiazQcbtuog der Amöben.
931
war dies auf keinem einzigen der vielen von mir in Versuch gezogenen
bakterienfreien Nährböden der Fall. Hierher gehörte der Fucus von
Celli und Fiocca, der Beijerinck’scbe Agar für Nitritbildner,
Würzegelatine, Heuinfusagar nach Schardinger, Kartoffeln, Kohl-
rüben, Runkelrübenscheiben, pflanzliche Abkochungen und Lösungen
aller Art, von denen ich nur Asparagin- und Glykogenlösungen her-
vorbeben will, alles Nährböden, auf denen mit den Bakterien zusammen
die Amöben stets üppig gediehen waren. Vor allem gehört der Agar
dazu, den ich auf Grund gewisser Vorversuche als sehr geeignet für
gewöhnlich immer benutzte und der sich zusammensetzt aus
>/j g Agar,
90 „ Leitungswasser,
10 „ gew. alkal. Bouillon.
Auf diesem hatte ich stets üppige Kulturen der Amöben er-
halten, oft so üppige, daß sie sich polyedrisch gegeneinander ab-
platteten und anscheinend nichts zwischen ihnen mehr Platz hatte.
Immer aber waren, auch bei üppigster Amöbenvegetation, Bakterien
nachweisbar.
Mit diesen Versuchen war bewiesen, daß alle diese Nährsubstrate
an sich gänzlich ungeeignet für die Kultur dieser Amöbe sind, und
wenn ich auch nicht aus den Versuchen mit dieser einen Amöbenart
den allgemeinen Schluß ziehen kann, so glaube ich doch, daß sich die
Frage nach dem Nährwerte solcher festen oder flüssigen Substrate
dahin verschiebt, ob dieselben den betreffenden Bakterien geeignete
Existenzbedingung bieten, vorausgesetzt, daß diese Bakterien über-
haupt mit ausgesät worden sind.
Das Wachstum der Amöben erschien somit ausschließlich an das
Vorhandensein der Bakterien gebunden, indes war die Möglichkeit
noch vorhanden, daß auch die Stoffwechselprodukte der Bakterien
oder die durch sie bewirkte chemische Veränderung des festen bezw.
flüssigen Nährbodens das ausschlaggebende Moment bei der Ent-
wickelung der Amöben sein könne. Ich habe diese Frage so zu
lösen versucht, daß ich eine Anzahl verschiedener flüssiger Nähr-
substrate mit meiner Bakterienart beimpfte, nach stattgefundener
Entwickelung in verschiedenen Zeitabständen Proben entnahm und
durch Filtration bakterienfrei machte. Auch auf diesen Filtraten
trat keine Amöbenvegetation ein, so oft ich auch diese Versuche
wiederholte.
Bei dieser Sachlage bleibt nichts übrig, als aus den Bakterien
selbst unter Vernichtung ihrer Körper auf irgend eine Weise geeig-
nete Nährstoffe zu gewinnen, um bakterienfreie Reinkulturen der
Amöben zu erhalten. Eine Reihe von Versuchen, meine Amöben auf
abgetödteten Bakterien zu züchten, oder durch künstliche Verdauung
oder Extraktion aus meiner Bakterienart solche Nährböden herzu-
stellen, sind mir bisher völlig fehlgeschlagen, doch immerhin noch
nicht aufgegeben. Hier mag genügen, mitzuteilen, auf welche Weise
mir der Beweis geluugen ist, daß meine Amöbenart ausschließlich auf
lebenden Bakterien sich zu vermehren vermag. Daß hierbei nicht
alle Bakterienarten gleichwertig sind, weist ebenfalls darauf hin, daß
diese Amöbe durchaus nicht ein Sapropbyt ist, der von jedem Ab-
59 «
f
I
Google
932
Fried r. Hesse,
fall zu leben vermag, sondern ein Lebewesen, das zu seiner Ernährung
bestimmter lebender Elemente benötigt, die anscheinend nur im leben-
den Organismus vorhanden sind.
Cairo, 13. Juni 1897.
Nachdruck verboten.
Ueber die Verwendung von Nähragar-Agar zu
Wasseruntersuchungen.
Von
cand. med. Frledr. Hesse
in
Heidelberg.
In dem berechtigten Bestreben, zu bakteriologischen Wasser-
untersuchungen die dem Auswachsen der Wasserkeime zu Koloniecn
günstigsten Vorbedingungen zu wählen, wird gegenwärtig wohl all-
gemein Nährgelatine und Züchtung bei Zimmertemperatur bevorzugt ')•
Leider aber ist der Vorteil der Nährgelatine, daß sie uns über
die Anwesenheit verflüssigender Keime Aufschluß giebt, zugleich
ihr größter Nachteil insofern, als in dem Umfange der Verflüssigungen
Keime nicht zu isoliertem Auswachsen kommen, und bereits ausge-
bildete Kolonieen wieder verschwinden (selbst das Absaugen der
Flüssigkeit ändert daran kaum etwas). Daher tritt bei Anwendung
der Nährgelatine das unerwünschte Ereignis ein, daß bei Vorhanden-
sein verflüssigender Kolonieen — und dies bildet in Wasserplatten
die Regel — nach wenigen Tagen infolge der an Zahl und Umfang
zunehmenden Verflüssigungen die Zahl der Kolonieen in den Platten
anstatt zuzunehmen oder sich konstant zu erhalten, rapid abnimmt.
Der Nähragar-Agar besitzt nun als Nährboden neben anderen Vor-
zügen den, daß er nicht verflüssigt wird; daher lag es nahe, anstatt
Gelatine zu Wasseruntersuchungen Agar-Agar zu benutzen. Letzteres
ist sicher auch schon von vielen Seiten versucht, aber, wie es scheint,
immer wieder aufgegeben worden, weil in Agar-Agar die Zahl der
Kolonieen eine kleinere war als in Gelatine. Es mag ein Zufall sein,
daß Versuche, die ich anstellte, dies dem Agar-Agar ungünstige
Resultat selten oder nie, höchstens ein langsameres Auswachsen der
Keime zu Kolonieen ergaben. Jedenfalls gewährt der Agar-Agar den
großen Vorteil, die Platten wochen- und monatelang, bis zum Aus-
wachsen des letzten in ibm keimfähigen Kleinlebewesens zu erhalten
und am Schluß einer Uber einen langen Zeitraum ausgedehnten Unter-
suchung die gesamten Versuchsergebnisse Überblicken und demon-
strieren zu können.
1) Vergl. A. Gär tu er, Die Dresdner Wasserfrage. (Qvgieu. Kundschau. 1897.
No. 8 u. S)
Digitized by Google
Ueber die Verwendung von Nähragar-Agar su Wasseruntersuchungen. 933
Da die von anderer Seite mit Agar-Agar erzielten ungünstigen
Ergebnisse vielleicht z. T. sich aus abweichender Technik erklären,
so gebe ich im Folgenden eine kurze Beschreibung des von mir und
meinem Vater angewandten Verfahrens:
Benutzt wurde nur 1 Proz. Nähragar-Agar, dessen Menge natür-
lich in einem günstigen Verhältnis zur Menge des ihm zuzufügenden
Wassers stehen muH, so daß die Konzentration nicht unter 0,9 Proz.
berabsinkt. Ferner ist es bei Zusatz größerer Mengen (z. B. 1 ccm)
Wassers nötig, das Wasser in dem Wasserbade, in dem die Agar-
Agarröhrchen gehalten werden, auf 38—40° C vorzuwärmen. Anstatt
keimreiches Wasser mit keimfrei gemachtem Wasser derselben Her-
kunft zu verdünnen, ziehe ich es vor, dem Nähragar-Agar nur so
kleine Mengen Wassers zuzufügen, daß ich womöglich nicht
über ein paar Hundert Kolonieen in der Platte erhalte. Um von der
Verwendung so kleiner Mengen etwa abhängigen Fehlern zu be-
gegnen, werden stets mindestens 2 sich gegenseitig kontrollierende
Platten angelegt. — Kalte Glasschalen — verwendet wurden 1,5 — 2 cm
hohe Petri’sche Doppelschalen — sind im Brütofen vorzuwärmen.
Um den Kulturplatten lange Zeit die Eigenschaften des Nähr-
bodens zu erhalten, erscheint noch Folgendes nötig: Die Schalen
werden nach dem Erstarren des Agars umgekehrt, so daß der Nähr-
boden nach oben zu liegen kommt, und in dieser Lage aufbewahrt.
Dadurch wird die Austrocknung des Agar-Agars verlangsamt, das
Zutreten von Luftkeimen beim Oeffnen der Schalen verhindert, dem
Ueberwuchertwerden der Nähroberfläche mit schnell wachsenden
Keimen begegnet und die direkte Untersuchung der geschlossenen
Platten unter dem Mikroskope ermöglicht. Um das schließlich doch
unausbleibliche Austrocknen des Nährbodens weiter hinauszuschieben,
stellt man nach 1 — 2 Wochen in das Innere der Doppelschalen kleine
mit Wasser gefüllte Glasscbälchen, deren Inhalt man nach Bedarf
erneuert.
Bei Anwendung dieser Maßregeln ist der Agar-Agar der Gelatine
entschieden überlegen, so daß man Gelatine nur zu benutzen braucht,
wenn man das Verhalten beider Nährböden vergleichen oder erfahren
will, ob, wieviel und welcher Art verflüssigende Keime im Wasser
enthalten sind.
Zwei von mir angestellte Versuche mögen das zu gunsten des
Agar-Agars Gesagte illustrieren:
In ein sterilisiertes Reagenzglas wurde eine Menge Dresdner
Wasserleitungswassers aufgenommen und aus diesem in der Reihen-
folge, wie die Platten bezeichnet sind, Wasser mittels steriler Pipette
tropfenweise den Nährböden (10 Proz. Nährgelatine und 1 Proz.
Nähragar-Agar) ‘) zugefügt. Die Zahlen in Klammern bedeuten An-
zahl und Umfang der verflüssigenden Kolonieen.
1) Beide Nährböden enthielten 1 Proz. Pepton; für Agar-Agar ist Zusatz von
2 Proz. Pepton vorzuzieben.
»f
934
Fried r. Besse,
Tabelle I a.
10 Pros. NÄhrgelatine bei Zimmertemperatur (15 — 20° C). Ausguß am 1L III. 1897.
o
Zahl
der Kolonieen am
5
ss
1 ? =
a.
4*
fi.
a.
L
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fi.
HL
12.
14.
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Tage
Tage
Tage
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Tage
Tage
Tage
Tage
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22. III
2
1 Tropf.
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Platte)
Plaue)
Platte)
ganze
Platte)
also
auf
lfi Tropfen
0
21
aa
122
122
122
135
126
ai
60
d. L 1 Tropfen
unter Weglas-
sung der völlig
0
4j3
7j6
8j8
8j0
M
LI
6^0
3J
verflüssigten
Platten
—
—
1A
Diese 4 Tabellen lehren Folgendes:
1) Sämtliche Trinkwasserproben enthielten Gelatine verflüssigende
Keime.
2) Die Keime waren im Wasser ziemlich gleichmäßig verteilt.
3) In den Gelatineplatten wnrde im Durchschnitte das Maximum
der zählbaren Kolonieen nach 6—10 Tagen erreicht, in den Agar-
Agarplatten unter denselben Umständen (Zimmertemperatur) nach II
bis 15 Tagen, also erbeblich später.
Digitized by Google
Ueber di« Verwendung von Nfthragar-Agar au Wasseruntersuchungen. 935
Tabelle Ib.
1 Pros. N&hragar-Agar. Ausguß am 9. 111. 1897.
Zöge fügte
■Ü 3
3. 1 4 ,
5.
fi.
Z.
a.
9.
UL | 12. | 14*
1 lt
° E
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Tage 1 Tage
Tage
Tage
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Taue
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Taue Tutte Tage
Tage
ll mji*. m
L3 III.
LA. III.
15. 111 .
LS, III.
UL UI.
13 HI, 20. III. [22. III.
2 A. m.
1} bei Zimmertemperatur (15 — 90° C)
i
1 Tropfen
= 0*07
ccm
0
2
4
ö
8
8
9
10
10
10
11
i
y
0
1
5
ß
2
2
8
8
8
9
9
13
„
0
2
4
9
8
9
9
10
12
12
12
22
2 Tropfen
0
4
12
n
21
23
23
22
21
29
29
24
6 Tropfen
0
9
23
aü
13
12
33
39
03
31
33
»Iso auf lfi Tropfen
0
13
60
80
90
94
108
114
1 22
124
123
d. L auf 1 Tropfen
0
1*8
8*0
9,0
10,1
114
12,2
12,4
12,8
2] über dem Brütofen (28 — 25° C)
5
1 Tropfen
0
1
3
4
4
4
4
4
4
4
4
U
•»
2 Tropfen
0
1
ß
3
6
fi
7
7
7
7
7
13
1
8
19
21
23
23
23
23
23
23
23
23
1 Tropfen
1
9
23
32
33
33
31
33
33
38
33
also auf 8 Tropfen
2
22
31
33
33
33
13
ZA
ZI
ZI
u
dai. auf 1 Tropfen
0*8
2*8
SjO
8*6
9*1
9*3
9*3
8J!
9*0
8} bei Brüttemperatur (37® C)
3
1 Tropfen
1
1
2
2
2
3
3
3
S
3
3
9
„
0
0
1
4
4
4
4
4
4
4
4
16
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
13
2 Tropfen
0
0
3
3
3
3
3
3
3
3
3
20
1
1
Nährboden
überwuchert
also auf 5 Tropfen
2
2
ß
10
10
11
11
11
11
11
11
d. L auf 1 Tropfen
<u
0»4
ii*
2*0
2x0
2*2
2x2
2*2
2*2
2*2
2*2
4) In den Gelatineplatten ging die Zahl der Kolonieen nach Er-
reichung des Maximums ausnahmslos infolge der Verflüssigungen der
Gelatine zurück, und häufig war auch das Bild des erreichten Maxi-
mums wegen der störenden Verflüssigungen unsicher und getrübt,
während in Agar-Agar bei Zimmertemperatur derartiges nicht eintrat.
5) Eine Verminderung der Zahl der Kolonieen in Agar-Agar trat
— infolge Austrocknens des Nährbodens — nur in bei 25° C und
37° C gehaltenen Schalen, z. T. erst nach 15 Tagen und um nur
sehr wenige Kolonieen ein.
6) Bei Brüttemperatur entwickelten sich in Agar-Agar sehr viel
weniger Kolonieen als bei Zimmertemperatur, während für das Aus-
wachsen der Keime Temperaturunterschiede von 18° C bis 24° C
ohne wesentlichen Finfluß waren.
7) Im Durchschnitte betrug die Höchstzabl der bei Zimmer-
temperatur ausgewachsenen Kolonieen in den Platten bei Gelatine
8,4 (bezw. 20), bei Agar 12,5 (bezw. 31,5).
936
Fried r. Heese,
Tabelle Ha.
iß Proz. Nährgelatine ; bei Zimmertemperatur. Ausguß am 2. IV. 1897.
ZugefQgte Wassermenge = 0^5 ccm.
Endlich wäre zu erwähnen, daß sich Brüttemperatur wohl zur
Orientierung und in gewisser Einschränkung zu vergleichenden Unter-
suchungen, bei denen selbstverständlich die Brüttemperatur dauernd
in Anwendung zu kommen hat, eignet, nicht aber zu Versuchen,
deren Zweck es ist, eine möglichst große Zahl der im Wasser ent-
haltenen Keime zum Auswachsen zu bringen. Letzterem ist einer-
seits offenbar die hohe Temperatur an sich, andererseits das hier-
durch bedingte schnelle Austrocknen des Nährbodens entschieden
ungünstig, und zwar wohl in dem Sinne, daß einzelne Individuen
oder kleinere Individuenhäufchen im Wachstume zurückgehalten
werden, während sämtliche Kolonieen, die aus demselben Wasser in
Gelatineplatten ausgewachsen sind und von diesen in Agar-Agar-
Digitized by Google
(Jeher die Verwendung von Nähragar-Agar zu Wasseruntersuchungen. 937
Tabelle Ub.
10 Pros. Nühragar-Agar. Ausguß am 2. IV. 1897.
ZugefQgte Wassermenge == 0,5 ccm.
Zahl der
Kolonieen
am
No. der
4.
5.
6 .
7.
1 8 ’
9.
11.
16.
Platte
Tage
Tage
Tug«
Tage
Tage
Tage
Tage
Tage
5. IV.
6. IV.
7. IV.
8. IV
| 9. IV.
10. IV
12. IV.
17. IV.
1) bei Zimmertemperatur
1
2
4
5
9
13
21
23
24
3
3
5
9
13
16
22
29
35
5
7
11
11
15
22
26
31
31
7
0
2
5
12
17
21
24
25
9
2
5
6
9
13
13
15
22
11
1
9
9
13
20
26
33
38
13
4
7
10
16
19
19
25
31
15
5
6
8
13
18
18
24
25
17
4
9
»
18
24
27
41
48
19
4
6
9
13
19
28
81
32
21
2
6
7
11
18
21
24
37
auf 5,5 ccm
34
70
88
142
199
242
300
348
also auf
0,5 ccm
3,1
6,4
8,0
12,9
18,1
22,0
27,3
31,6
2) über dem Brütofen (23 — 25° C)
26 (1 ccm
16
33
40
42
50
52
56
Waeser)
27 (0,5 ccm)
14
25
32
82
89
34
84
28 „
13
20
21
25
28
30
82
auf 2,0 ccm
43
78
93
99
117
116
122
also auf
0,6 ccm
10,8
19,5
23,3
24,8
29,3
29,0
80,5
8) bei BrUttemperatur (37° C)
23 (0,6 ccm)
2«
26 „
5
6
1
9
11
2
10
11
2
10
11
2
9
11
2
9
11
2
9
11
2
auf 1,5 ccm
also auf
12
22
23
23
22
22
22
0,5 ccm
4,0
7,3
7,7
7,7
7,3
7,3
7,8
platten übertragen werden, in letzteren bei Brüttemperatur vortrefflich
gedeihen.
Dresden, 13. Juni 1897.
938
Eiterung. — Appendiciti». — Lepra- und Tuberkelbacillen.
Referate.
Phisalix, Sur quelques condition» favorisant l’infection
pyocyanique. (La Semaine medicale. 1897. p. 75.)
Ph. weist darauf hin, daß die durch den Bacillus pyocyaneus
bedingte Allgemeinerkrankung, wie sie bereits von C harr in be-
schrieben wurde, nicht immer mit genügender Sicherheit erkannt
würde, da als einziges diagnostisches Merkmal des in Rede stehenden
Bacillus dessen chromonomatiscbe Eigenschaft angesehen würde.
Dieses diagnostische Hilfsmittel könne aber in vielen Fällen im Stiche
lassen und man ist dann gezwungen, die Anwesenheit des Bacillus
und damit dessen Beziehung zur Erkrankung aus anderen Merkmalen
zu schließen.
Gelegentlich einer Pyocyaneus- Epidemie bei Meerschweinchen
fand Ph. besonders zwei die Aubreitung des Bacillus begünstigende
Momente, indem einmal gewisse Aenderungen in der Fütterung, dann
die Anwesenheit von Staphylococcus aureus die Ausbreitung
des Pyocyaneus begünstigten. Ahlefelder (Charlottenburg).
Achard etBroca, Bactäriologie de vingt cas d’appendicite
suppuree. (La Semaine mödicale. 1897. p. 112.)
A. und B. haben 20 Fälle von Appendicitis mit eitrigem peri-
tonitischen Exsudat bakteriologisch untersucht. In 5 Fällen fanden
sie den Bacillus coli in Reinkultur, 10 mal diesen Mikrorganismus
mit anderen vereint, unter denen wieder der Streptococcus
6 mal dominierend war. A. und B. kommen zu dem Schlüsse, daß
der Bacillus coli von den anderen Mikroorganismen, mit denen
er vergesellschaftet gefunden wird, in seiner Wirkung unterstützt
wird. Ahlefelder (Charlottenburg).
Unna, Der Fettgehalt derLepra- und Tuberkelbacillen.
(Deutsche Medizinal-Zeitung. 1896. No. 99 und 100.)
Nach Feststellung der Thatsache, daß der Leprabacillus eine
nicht unbeträchtliche Menge Fettsubstanz enthält, war es eine natür-
liche Folge, auch beim Tuberkelbacillus nach einer solchen zu
suchen. Der nun auch von anderen Autoren erbrachte Nachweis ge-
lang Verf. auf folgende Weise. Frische Glycerinagarkulturen des
Tuberkelbacillus werden eine Nacht lang mit Fl emmin g’scher
Lösung begossen gehalten, mit Wasser ausgewaschen und zeigeu sodann
den Bacillenbelag tiefschwarz auf weißem Grunde. Bei Blutserum-
kulturen hebt sich die schwarze Kultur nicht so deutlich auf dem
gebräunten fetthaltigen Serum ab. Wiederholt man den Versuch mit
einer Kultur, die 12 — 24 Stunden in kaltem Alkohol oder kaltem
Aether aufbewahrt war, so schwärzt sich dieselbe fast ebenso stark,
wie die frische, zum Zeichen, daß auch das Fett des Tuberkelbacillus
durch kalten Alkohol und Aether nicht vollkommen extrahierbar ist
Wird die Kultur jedoch vor der Osmierung in Alkohol oder Aether
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Darmwnnd und Bakterien.
939
oder in einer Mischung von beiden gekocht, so erscheint die nach-
träglich osmierte Kultur nicht schwarz, sondern bräunlich-gelb, lehm-
farben. Die Gleichheit der bräunlichen Farbe bei allen genannten
Extraktionsmitteln spricht nach Ansicht des Verf.’s für eine bloße
Protoplasmafärbung; möglicherweise wäre sie auch auf einen nicht
extrahierten geringen Rest von Fett zurückzuführen.
W. Kempner (Berlin).
Maklezow, J. J., Zur Frage der Durchgängigkeit der
Darm wan d f ü r Bak terien bei Darmverscbluß. (Vorl.
Mitteilung.) [Aus dem Kabinet der chir. Path. v. Prof. L. W.
Orlow.] (Wratsch. 1897. No. 10. p. 277.)
Verf. sucht auf experimentellem Wege die Frage zu entscheiden,
welcher Grad von Alteration der Darmwandungen erforderlich ist,
ilamit eine Auswanderung von Bakterien durch dieselben stattfinden
kann. Zu dem Zwecke werden an Kaninchen eine Reihe von Ver-
suchen angestellt: 1) ein 8 — 10 cm langes Stück des unteren Dünn-
darmabschnittes wird mit dem Mesenterium in einen Gummikondom
geschoben und mittels eines Gummiringes abgeklemmt; 2) die Un-
wegsamkeit des Darmes wird durch Anlegen zweier Ligaturen um
das Darmrohr 6 — 7 cm voneinander entfernt hervorgebracht, wobei
das Mesenterium nicht leidet; Verletzungen von Gefäßen werden ver-
mieden, die Ligaturen werden nicht stark angezogen, um nur Un-
wegsamkeit und keine Nekrose herbeizuführen ; 3) es wird der After
zugenäht, um Unwegsamkeit des Darmrohrs ohne Verletzung des
Bauchfells zu erzielen; 4) der Einfluß der venösen Hyperämie wird
durch Anlegen von Ligaturen an die Mesenterialgefäße geprüft, wo-
bei nur eine Stauung in den Venen ohne Abschluß des arteriellen
Zuflusses erstrebt wird.
Nach einiger Zeit wird die Laparotomie ausgeführt und mit
sterilen Wattetampons die Peritonealflüssigkeit resp. die Kondom-
flüssigkeit aufgesammelt und in Gelatine- und Bouillonröhrchen auf
Anwesenheit von Mikroben geprüft, darauf wird das Kaninchen mit
Cbloroformdämpfen getötet und das Herzblut auf Gelatine und
Bouillon verimpft. Außerdem werden Versuche mit gleichzeitiger An-
wendung von Opium und Ricinusöl ausgeführt.
Verf. kommt zu dem Schlüsse: 1) daß die Dannwand für Mikroben
durchgängig wird, wenn sie makroskopisch nur die Zeichen einer
venösen Hyperämie aufweist ; 2) daß im Mittel eine 22 stündige Kot-
stauung für das Durchwandern der Bakterien durch die Darmwand
genügt; 3) Opium verlangsamt bei künstlichem Darmverschluß das
Durchdringen der Bakterien durch die Darmwand um das 2— 3 fache,
01 ricini beschleunigt dasselbe um das Doppelte und mehr; 4) auch
Störung in der Ernährung der Darmwand, wie sie durch Unterbindung
der Mesenterialgefäße herbeigeführt wird, genügt, um Durchlässig-
keit der Darmwand für Bakterien zu schatfen, doch tritt dieselbe
langsamer ein als bei Darraocclusion. Auch hier wirken Opium und
Ricinusöl in der oben erwähnten Weise. Ucke (St. Petersburg).
940 Schutzimpfung, klinstl. Infektionskrankheiten etc. — Neue Litteratur.
Schutzimpfung, künstliche Infektionskrankheiten, Entwick-
lungshemmung und Vernichtung der Bakterien etc.
Bach, Antisepsis und Asepsis in ihrer Bedeutung für
das Auge. (Sammlung zwangloser Abhandlungen aus dem Geb.
der Augenheilkunde. Bd. I. Heft 7.)
Die Versuche, den Bindehautsaek durch Spülungen mit antisep-
tischen Flüssigkeiten keimfrei zu bekommen, haben zu dem überein-
stimmenden Resultat geführt, daß derselbe mit Sicherheit nicht keim-
frei zu machen ist, und daß durch sanfte mechanische Reinigung der
Bindehaut und etwas brüskere des Lidrandes bei gleichzeitiger Irri-
gation auch mit indifferenten Flüssigkeiten mehr erreicht wird, als
durch bloße Spülungen mit antiseptischen Lösungen. Verf. beschreibt
die Vorbereitung des Auges zur Staroperation, wie sie jetzt an der
Würzburger Augenklinik geübt wird, wo man nach diesen Prinzipien
den Bindehautsack reinigt und als Spülflüssigkeit lauwarme physio-
logische Kochsalzlösung benutzt. Bei 112 Extraktionen hatte man
keinen Verlust durch Eiterung, und die durchschnittliche Heilungs-
dauer betrug 10 Tage. Außer auf die Reinigung des Bindehautsackes
wird vor allem darauf gesehen, daß die Instrumente peinlichst steri-
lisiert sind, und daß keines in die Wunde gebracht wird, das mit
dem Lidrand oder mit der etwa im Bindehautsack suspendierten
Flüssigkeit in Berührung gekommen war. Die Gefahr einer nach-
träglichen Infektion hält Verf. nach seinen Untersuchungen für gering.
Auch bei infizierten Wunden ist von antiseptischen Verbänden
und Umschlägen wenig zu erwarten, auch die subkonjunktivalen und
intraokularen Injektionen von Sublimat hält er für wertlos. Nur von
einigen Augensalben, Sublimatvaselin und Argentumnitricumvaselin,
hat er eine sehr starke desinfizierende Wirkung beobachtet.
F. Schanz (Dresden).
Neue Litteratur
xu»im menge» teilt von
San.-Rat Dr. Arthur Würzburg,
Bibliothekar im KjlIictI. Gesundheitsamt« ln Berlin.
Allgemeines über Bakterien und Parasiten.
Arbeiten auf dem Gebiete der pathologischen Anatomie und Bakteriologie aus dem
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Inhalt.
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Neue Litteratur, p. 940.
Frouuoaaatche Bachdruckerei (Hermaoa Pohle) io Jeus.
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Bakteriologie, Parasitenkunde l MektionskranklieiteiL
Erste Abteilung:
Medizinisch-hygienische Bakteriologie und
tierische Parasitenkunde.
In Verbindung mit
Ml Rat Prot Dr. Lenctart, Oft Hel-Rat Prof. Dr. Loeffler
I» L*lp*g und In Oratownld
Professor Dr. R, Pfeiffer
ln Berlin
herausgegeben von
Dr. O. TThlworm in Cassel.
Verlag von Gustav Fischer ln Jena.
XXI. Band. Jena, den jr Juli 1897. No. 26 .
Preis für den Band (86 Hämmern) 15 Mark. — Jährlich erscheinen swei Binde.
Systematisches Inhaltsverzeichnis.
L Originalmitteilungen.
Abel, Zur Kenntnis des Pestbacillus.
■m
Askanaxy , Berichtigung der Bemer-
kungen P. CerfontaineV 405
Axenfeld, Ueber die chronische Diplo-
bacillenconjunctivitis. Mit 1 Tafel. 1
Babes u. Proca , Beobachtungen über
die Aetiologie der Maul- una Klauen-
seuche. 835
Behla , Ueber das Vorkommen von
Scharlach bei Tieren. 222
Beijerinck , Amöbenkultur auf festen
Substraten. lül
Bensley , Two forms of Distomum
cygnoides. Mit 1 Tafel. 328
Berichte des Herrn Prot Dr. Koch
über seine in Kimberlev gemachten
Versuche bezüglich Bekämpfung der
Rinderpest. 52Ö.
Briischettini , Erwiderung auf den Ar-
tikel von Dr. Marx, betreffend meine
Untersuchungen über die Aetiologie
der Hundswut. 203
Ente Abu XXI. Bd.
Buiicid, Diphtheriebacillen in einem
Harnsedimente. 394
Casagrandi u. Barbagallo, Ueber die
Kultur von Amöben. 529
Celli u. Santori . Die Inkubationsdauer
des MalariafieDers nach der Behand-
lung mit Blutserum von immunen
Tieren. 49
, Die Rinder malaria in der Cam-
pagna von Rom. (Synonyme : Texas-
fieber, Hämoglobinurie in Rumänien
und Finland, Hämatinurie in Sar-
dinien und im Agro Romano.) Mit
1 Tafel. 5fil
Cerfontaine, A propos d’une note de
M. Askanazy sur Ia Trichinose. 402
Cicchanoicski , Krystallbildung in den
Nährmedien. 733
Diamare , Anatomie der Genitalien
des Genus Amabilia (mihi). 8(22
— , Ueber entozoische tuberkulöse Neu-
bildungen. 459
o. Dobrxyniecki, Ueber Leptothrix. 225
6 Q.
946
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r. Dobrxyniecki, Zwei chromogene Mi-
kroorganismen der Mundhöhle. 833
Dorset , Crystal formation in culture
medio. 113
Drossbach , lieber den Einfluß der
Elemente der Cer- und Zircongruppc
auf das Wachstum von Bakterien.
5 1
Dxierxgotcski , Zur Frage „Ueber das
Verhalten des Diphtherieheilserums
bei der Filtration durch das Cham-
berland’sche Filter“. 333
Engels, Ueber die Verwendbarkeit des
Chrvsoidins bei der Choleradiagnose.
• 81
Fodor u. Eigier , Neuere Untersuch-
ungen über die Alkalizität des Blutes.
134. lfiü
Frantxius , Einige Beobachtungen über
die Wirkung der Röntgcn’schen
Strahlen auf das Gift der Tollwut.
2ßl
Frosch, Zur Frage der Reinzüchtung
der Amöben. 026
Gussew. Ein Fall einer dreifachen Infek-
tion des Organismus (mit Milzbrand-
bacillen , eitererregenden Strepto-
kokken und Fraenkel’s Diplokokken).
819
Hesse, Ueber die Verwendung von Nähr-
agar- Agar zu Wasscruntersuchungen.
932
Heydenreich , Emphysem der Leber. 305
van’t Hoff , Eine sonnellere und quan-
titativ bessere Methode der bakterio-
logischen Plattenzählung. 231
— , Spirillum Maasei. 292
Huber, Zur Geschichte «1er Trichinose.
684
Jacobi, Amabilia und Diploposthe. 823
Janowshi, Zur Aetiologic der Dysenterie.
KL 151/194. 231
Johnston , Ueber den Gebrauch von
im Wasser aufgelösten trockenen
Blute für die Serumdiagnose «los
Typhus. 523
Jona, Die Schutzmittel des Organis-
mus gegen die Blastomyceten. 112
Kamen, Ein weiterer Fall von typhöser
Meningitis. HD
Kashida , Differenzierung der Typhus-
bacillen vom Bacterium coli commune
durch die Ammoniakreaktion. 802
Keferstein , Ein neuer farbstoffbildender
Micrococcus aus roter Milch. 122
Kischensky, Ein Verfahren zur schnellen
mikroskopischen Untersuchung auf
Bakterien in Deckglas- und Objekt-
trägerpräparaten. 820
Klein, Ein Beitrag zur Morphologie und
Biologie des Bacillus der Bubonenpest.
897
Kraus , Ueber Antikörper in der Milch.
m
Korn , Bakteriologischer Befund bei
einem Leberabsceß. 433
Ijetckowicx, Uelier den Entwickelungs-
gang und die Einteilung der Malaria
parasiten. 122
Jjondon, Schnelle und leichte Methode
zur Bereitung des Nähragars. OSO
Lönnberg, Beiträge zur Phylogenie der
parasitischen Fiathelminthen. 674.
22a
Loos s . Notizen zur Helminthologie
Egyptens. II. 812
Luxxalto , Mischinfektionen bei Lungen-
tuberkulose des höheren Alters. 58
Maksutow, Ueber Immunisierung gegen
Tuberkulose mittels Tuberkeltoxins.
311
— , Zur Frage über das Verhältnis der
natürlichen Immunität zur künst-
lichen. 331
Marenghi, lieber die Beziehung zwischen
der Ausscheidung des Stickstoffes
im Stoffwechsel des Pferde» und
der Erzeugung des Diphtherieserum.«.
250
Markus feld, Ueber die Aetiologic der
Trichorrhexis nodosa (Kaposi). 23»)
Marpmann, Mitteilungen aus Marp-
mann's bakteriologischem Labora-
torium in I^eipzig. 221
de Martini , Zur Differenzierung der
Diphtherie- von den Pseudodiphtnerie-
badllen. 37
Marx, Zur Kritik des „Wutbacillus“
Bruschettini’s.
— , Experimentelle Untersuchungen über
allgemeine Körperdesinfektion durch
Actol (nach Credö). 523
Memtno , Beitrag zur Kenntnis der
Aetiologic der Tollwut. Mit 1 Tafel.
657
Ogata , lieber die Peatepidemie in
Formosa. 2121
Patte, Ueber die Heilkraft des aus
verschiedenen immunisierten Tiere»
gewonnenen antipneumonischen Se-
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Pfuhl, Eine Vereinfachung des Ver-
fahrens zur Serodiagnostik des
Typhus. 52
r. liätx , Ein neuer Bandwurm der
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Ilichardson, Die Diagnose von TTph Un-
kulturen vermittelst getrockneten
Typhusserums. 115
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Deckglashalter. >_
Roncalt , Mikrobiologische Untersuch-
ungen über einen Tumor de* Ab-
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Register.
947
Roncali , Ueber die Behandlung bös-
artiger Tumoren durch Injektion der
Toxine des Streptococcus erysipelatis,
zugleich mit dem des Bacillus prodigio-
sus, sowie der nach den Methoden
von Richet und Höricourt und nach
den von Emmerich und Scholl zube-
reiteten sog. anticancerösen Serum-
arten. 782. 8BB
— , Ueber den gegenwärtigen Stand
unserer Kenntnisse über die Aetio-
logie des Krebses. 318. 304
Sacharoff , Ueber die Rolle des Eisens
bei den Bewegungs- und Degene-
rationserscheinungen der Zellen und
bei der baktericiden Wirkung des
Immunserums. 285
p. Schab . Beitrag zur Desinfektion von
Leihbibliotheksbüchern. 141
Schürmayer , Eine Abänderung des
automatischen Gasabschlusses beim
Verlöschen der Flammen an Brüt-
schränken. 400
Semenotcicx u. Marxiruncsky , Ueber
ein besonderes Verfahren zur Fär-
bung der Bakterien im Deckglasprä-
parate und in Schnitten. 874
Swnmonds , Zur Konservierung von
Kartoffeln zu Kulturzwecken. 100
Steiner , Beiträge zur Pathogenese des
Soorpilze«. Mit 1 Tafel. 385
Tictin, Zur Lehre vom Rückfalltyphus.
129
Ucke, Ein Beitrag zur Epidemiologie
de« Erysipels. 311. 389
Uschinsky , lieber Diphtheriekulturen
auf eiweißfreier Nährlösung. 148
Voqes , Weitere Untersuchungen über
Schweineseuchen. 504
Wasieleicski , Ueber die Form und
Färbbarkeit der Zelleinschlüsse bei
Vaceincimpfungcn (Cytoryctes vac-
cinae Guarniern. Mit 1 Tafel. 901
Weyland, Desinfektions Wirkung und Ei-
weißfällung chemischer Körper. 708
Wieting , Ueber Flagellaten (Tricho-
monas) in der Lunge eines Schweines
bei lobulärer Pneumonie. 221
Zenonx, Ueber die Frage der Homologie
der Streptokokken. IQ
Ziemann, Zur Morphologie der Malaria-
parasiten. Mit 1 TafeL 641
— , Nachtrag zur Morphologie der Ma-
. lariaparasiten. SQ5
Zupnik , Ueber die praktische Verwend-
barkeit der Mäusebacillen, insbeson-
dere des Loeffler’schen Bac. typhi
murram. 446
U. Original-Referate aus bakteriologischen Instituten und den
Sitzungen gelehrter Gesellschaften.
Kondratieff, Zur Frage über den Selbst-
schutz des tierischen Organismus gegen
bakterielle Infektionen. 407
Miquel, Laboratoire de diagnostic des
affections contagieuses de la rille de
Paris. 537
Voqes , Weitere Untersuchungen über
Schweineseuchen. 594
HI. Zusammenfassende Uebersiohten.
Roncali , Ueber den gegenwärtigen Stand unserer Kenntnisse über die Aetiologie
des Krebees. (Orig.) 318. 394
IV. Pflanzliche Mikroorganismen.
Allgemeines über Bakterien und
andere pflanzliche Mikroorganismen.
Flügge , Die Mikroorganismen. Mit
besonderer Berücksichtigung der
Aetiologie der Infektionskrankheiten.
2* Aufl. 47 1
Rosenbach , Inwieweit hat die Bakterio-
logie die Diagnostik gefördert und
die Aetiologie geklärt?
Wittlin , Ueber die Einwirkung der
Sonnenstrahlen auf den Keimgehalt
des Straßenstaubes. 486
Schriften zur Systematik und
Biologie der Bakterien und anderer
pflanzlicher Mikroorganismen.
Abel , Zur Kenntnis des Pestbacillus.
(Orig.) 492
Axenfcld, Ueber die chronische Diplo-
bacillenconjunctiritis. (Orig.) 1
Bernabeo, Sulla conservazione deila
vitaütä e rirulenza dello pneumococco
di Fraenkel e dello streptococco di
Fehleisen. 606
60 »
948
Register.
Büchner, Die Bedeutung der aktiven
löslichen Zellprodukte für den Che-
mismus der Zelle. 700
Bunge u. Trantenroth , Smegma- und
Tuberkelbacillen. 353
Bussen i us u. Siegel , Der gemeinsame
Krankheitserreger der Mundseuche
der Menschen und der Maul- und
Klauenseuche der Tiere. 478
— — , Zur Frage de« Bacillus der
Maul- und Klauenseuche. 478
Capaldi u. Proskauer , Beitrage zur
Kenntnis der Säurebildung bei Typhus-
badlien und Bactcrium coli. ’ 234
Casciani, Die Ausscheidung des
Schwefeläther» durch den Harn bei
der Stypsis, bei verschiedener Er-
nährung und beim Gebrauch von
chlorür- und natronhaltigcn, als Ab-
führmittel angewandten Mineralquel-
len. 238
Giechanotcski , Krvstallbildung in den
Nährmcdicn. (Orig.) 233
Gramer , Die Aschcbcstandteile der
Cholerabacillen. 1Ü3
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(Orig.) 225
— , Zwei chromogcne Mikroorganismen
der Mundhöhle. ( Oriq .) 833
Dorset, Crystal formation in culture
media. (Orig.) 423
Frankel , Der Sicgel’sche Bacillus der
Maul- und Klauenseuche. 428
Frantxius , Einige Beobachtungen über
die Wirkung der Röntgen 'sehen
Strahlen auf das Gift der Tollwut.
(Orig.) 2fil
Oelpke, Der akute epidemische Schwel-
lungskatarrh und sein Erreger (Ba-
dllus septatus). 213
HicrocUs , Studien zur Frage der Be-
einflussung der Färbbarkeit von
Bakterienmaterial durch vorher-
gehende Einwirkung bakterienschä-
digender Momente. 418
can’t Hoff, Spirillum Maasei. (Orig.)
707
Kashida, Differenzierung der Typhus-
baci llom vom Bactcrium coli commune
durch die Ammoniakreaktion. (Orig.)
802
Keferstein, Ein neuer farbstoffbilden-
der Micrococcus aus roter Milch.
(Origd 1 71
Klein. Ein Beitrag zur Morphologie und
Biologie des Bacillus der Bubonenpest.
(Orig.) m 892
L&mbJce , Bacterium coli anindolicum
und Bactcrium coli anaerogenes. 281
de Martini, Zur Differenzierung der
Diphtherie- von den Pseudodiphtherie-
badllen. (Orig.)
82
Massone, Studio sui vibrioni delle acque
del porto di Genova. 734
Rahe , Bacterium coli commune aU
Krankheitsursache bei Tieren. 282
Sacharoff, Ueber die Rolle des Eisen«
bei den Bewegung» - und Degene-
rationserscheinungen der Zellen und
bei der baktericiden Wirkung des
Immunserum«. (Orig.) 265
Sanfelice , Süll’ azione patogena dei
blastomiceti. 158
Schierbeck, Ueber den Einfluß der
Kohlensäure auf das Wachstum und
die Toxinbildung der Diphtherieba-
cillen. 1Ö5
Spiegel, Zur Differentialdiagnose von
Lepra und Tuberkelbacillen. 817
Unna, Der Fettgehalt der Lepra- und
Tuberkelbacillen. 938
Zenoni, Ueber die Frage der Homo-
logie der Streptokokken. (Orig.) lü
Boden.
Abba, Orlandi, Rondelli, Saggio di
esperienze sul potere fil tränte dei
terreni. 824
Gibert, Les causee de la fifevre typhoide
au Havre. 21
Wittlin , Ueber die Einwirkung der
Sonnenstrahlen auf den Keimgehalt
de« Straßenstaube«. 4Sh
Gebrauchgegenstände.
Beyer , Silbergaze als Verbandsstoff.
211
Orede, Itrol (Arg. citric.) al« Antisepti-
cum. 211
Grasset, De la transmission de la scar-
latine par l’interm&liaire d’unc lettre.
22
Marpmann , Mitteilungen au« Marp-
raann’s bakteriologischem Labora-
torium in Leipzig. (Orig.) 224
Meyer, Zur antiseptischen Kraft der
Orod^’schen Sübersalze. 211
Opplcr , Zur Sterilisation elastischer
Katheter mittels Fora uüdehvddÄ tu-
pfen. 42
Pilger, Ueber die Silbersalze Itrol und
Actol (Cred£) und ihre Anwendung
in der ärztlichen Ihivatpraxis. 212
Poppert , Ueber Eiterung durch krim-
freie« Gatgut. 9fiß
r. Schab . Beitrag zur Desinfektion von
LeihbibliothekBbüchern. (Orig.) Ul
Schaeffer , Ueber Katgntsteriliaation.
632
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nach Dr. B. CredA 211
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Register.
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Loft.
Maberly, Dysentery and its treatment.
With an account of six years’ ex-
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Aakanaxy , Berichtigung der Bemer-
kungen P. Oerfontaine’s. (Orig.) 405
Bay. Tubcrcular infectiousness of milk.üS
Burat, üeber die Untersuchung der
Milch auf Tuberkelbacillen. 70
Cerfontaine , A propos d’une note de
AL Askanazv sur la Trichinose. (Orig.)
402
Colbcrg , Ueber die unschädliche Be-
seitigung und gewerbliche Ausnutzung
von Tierkadavern und beanstandetem
Fleisch in Schlachthöfcn durch den
R. A. Hartman n 'sehen Extraktions-
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Kdrlmann , Fleischbeschau. 113
ran Ermengem, Recherche« sur des cas
d’aeeidents alimentaires produits par
des saucissons. 13
fiuUUbc.au, Die Verwendung des
Fleisches tuberkulöser Tiere und die
Gesundheitspflege. Ü2
Uünther, Bakteriologische Untersuch-
ungen in einem Falle von Fleisch-
vergiftung. 427
Kabit x , Ein leicht herstellbarer Thermo-
stat für Finnenuntersuchungen. 41S
Ke fer stein , Ein neuer farbstoffbilden-
der Micrococcus aus roter Milch.
(Orig.) 177
Kraus, Ueber Antikörper in der Milch.
(Orig.) 532
Marjnnarm, Mitteilungen aus Marp-
inann’s bakteriologischem Labora-
torium in I .einzig. (Orig.) 274
Monte fusco, Del modo di comportarsi
dcl bacillo delle diftcritc sulle sostanze
alimentarie. 352
Ostertag, Ueber uas Vorkommen der
Rinderfinnen und die Verwertung
des Fleisches der finnigen Rinder in
den größeren norddeutschen Schlacht-
höfen. 710
Reissmann, Der jetzige Stand unserer
Kenntnisse und Anschauungen von
der Gesundheitsschädlichkeit des
Fleisches tuberkulöser Tiere. 543,
Riesling, Ein einfacher Thermostat für
FinnenuntersuchnngeD und Mittei-
lung eines Versuches über die Lebens-
dauer der Schweinefinnen in frischem
und gepökeltem Fleische. 417
Ronneberyer , Einiges über die durch
die Tuberkulose der Rinder verur-
sachten Schäden. 543
Sehuchardi, Einige Untersuchungen
über das Vorkommen von Tuberkel-
bacillen in der Butter. 354
Wasser.
Abba, Orlandi, Handeln. Saggio di
esperienze sul potero filtrante dei
terreni. 824
Äthins , Oase of mcasles complicated
with pneumonia followed by scarlet
fever and diphtheria. 353
Bonhoff, Untersuchungen über Vibrio-
nen und Spirillen. 238
Coronado, Laverdneas en las aquas del
Cerro. 33
Oibtrl, Los causes de la fit* vre typhoide
au Havre. 21
Oorini , 11 carbonchio nell’ agro del
basso milanese in rapporto colle con-
cerie. 883
Hesse, Ueber die Verwendung von Nähr-
agar-Agar zu Wasseruntersuchungen.
(Orig.) 932
ran't Hoff, Eine schnellere und quan-
titativ bessere Methode der bakterio-
logischen Plattenzählung. (Orig.) 731
— , Spirillum Maasei. (Orig.) 797
Holi, Das Trinkwasser von Metz und
Umgebung. 539
Jettmar, Die Wasserversorgung der
Stadt Königgrätz. 878
König u. RemeU, Ueber die Reinigung
von Schmutzwässern durch Elektri-
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Maberly, Dysentery and its treatment.
With an account of six years’ ex-
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tabeleland in the use of some varieties
of Monsonia as the curative agent. 822
Massone, Studio sui vibrioni delle acque
del porto di Genova. 734
Nicolle et Hebert, Note sur un echan-
tillon de bacille de Friedländer, isold
de la vase de la Seine. 607
Mutschler , Das Arewasser bei Bern.
Ein Beitrag zur Kenntnis der Selbst-
reinigung der Flüsse. 344
Wright , Report on the results of an
examination of the water supply of
Philadelphia. 818
Zurakoicshi, Einiges über den Haupt-
kanal bei Bielany. 345
Wohnung etc.
Ruini , Contributo sperimeutale allo
studio del contenuto battenologico di
un teatro chirurgico. 410
Niemann, Zur Desinfektion von Wohn-
räumen mittels Formaldehyds. 376
UcJce, Ein Beitrag zur Epidemiologie
des Erysipels. (Orig.) 38!)
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950
Register.
V. Tierische Parasiten.
Adensamer, Ueber Ascodipteron phyl-
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tümliche Pupiparenform. 35
Ariola, Note rntorno agli Elminti del
Museo Zoologico di Torino. 3ül
— , Sopra alcuni Dibotrii e sulla classi-
ficazione del genere Bothriocephalus.
3fi2
Askanaxy , Berichtigung der Bemer-
kungen P. Cerfontaine' s. (Orig.) 4D5
Behla, Künstliche Ueliertrugungen der
Maul- und Klauenseuche auf Schafe.
31
Beijcrmck, Amöbenkultur auf festen
Substraten. (Orig.) 101
Bensley , Two forms of Dietomum cyg-
noide8. ( Orig.) 320
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rienbis a la Guyane. llfi
Braun, Trematoden. 100
Casagrandi u. Barbagallo , Ueber die
Kultur von Amöben. (Orig.) 579
Celli u. Santori , Die Inkubationsdauer
des Malariafiebere nach der Behand-
lung mit Blutserum von immunen
Tieren. (Orig.) 40
, Die Rindermalaria in der Cam-
pagna von Rom. (Synonyme: Texas-
tieber, Hämoglobinurie in Rumänien
und Finland, H&matinurie in Sar-
dinien und im Agro Komano). (Orig.)
5ül
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amebe. 290
Cerfontaine , A propoe d’une note de
M. Askanazv sur la Trichinose. (Orig.)
402
Colucci c Antone t Di un rarissimo
parassita nematoideo ncllo stomaco
ai cinghiale. 215
Coronado, Laveräneas en las aquas del
Cerro. 33
Daniels, Taenia demerariensis (?}. 224
Diamare, Anatomie der Genitalien des
Genus Ainabilia (mihi). (Orig.) 802
— . Ueber entozoische tuberKulöse Neu-
bildungen. (Orig.) 452
Frosch , Zur Frage der Beinzüchtung
der Amöben. (Orig.) 920
Oalli- Valerie , Nota preventiva sopra
alcune neoformazioni nodulari. 810
— , Note porassitologiche. 022
— , Nuove ricerche sui noduli epatici
e oseervazioni su alcuni noduli polmo-
nari del cavailo. SSO.
Huber, Zur Geschichte der Trichinose.
(Orip.) 084
Jaeobt , Amabilia und Diploposthe.
(Orig.) 823
Jacobi, Diploposthe laevis, eine merk-
würdige Vogeltänie. 300
Janowski , Zur Aetiologio der Dysen-
terie. / Orig .) 194. 231
Kabitx, Ein leicht herstellbarer Ther-
mostat für Finuenuntcreuchungen. 4 18
Knoll, Ueber Demodex phylloides suis
(Csokor) beim Schweine. ’ 412
Kratter u. Böhmig, Ein freier Gehirn-
cysticercus als Ursache plötzlichen
Todes. 015
Lateran , Comment prend-on le palu-
disme ? —
Lautrie, A case of malarious fever. 212
Ijeickowicx, Ueber den Entwickelung-
gang und die Einteilung der Malaria-
paraaiten. (Orig.) 122
v. Linstote , Bothriocephalus Iigula
Mon. ein gefährlicher Fischpannsit
de« Müggelsees. 814
— , Helminthologische Mitteilungen.
m
— , Ncmathelminthen. 102
Lönnberg , Gestaden. liö
— , Beiträge zur Phylogenie der para-
sitischen Plathelminthen. (Orig.) OLL
281
Looss , Notizen zur Helminthologie
Egyptens. IL (Orig.) 211
Neumann , Sur la Filairc de Toeil du
chevaL 481
Nuyens, De Echinococcus tusachen Ums
en rectum. 212
Ogüvie, Further note on the treatmcni
of tapeworm. 291
Ostertag, lieber das Vorkommen *ler
Rinderfinnen und die Verwertung
des Fleisches der finnigen Kinder in
den größeren norddeutschen Schlacht-
höfeu. ^ 240
Parona , Note intorno agli elminti del
museo zoologico di Torino. £Ü
Piatui, Ricerce sulla morfologia della
Sünondsia paradoxa Cobb. e di al-
cuni altri nematodi parassiti dello
stomaco degli animali della specie
Sus scrofa L. 887
— , Osservazioni sul DispliAragus nasn-
tus Rud. dei |>olli e sulle larve neinat-
elmintiche delle mosche e dei porcei-
lioni. 881
Pintner , Studien über Tetrarhynohen
nebst Beobachtungen an anderen Band-
würmern. II. Mitteilung.
de Queren in, Ueber Fremdkörpertuber-
kulose des Peritoneums bei uniloku-
lärem Echinococcus. Ü15
Ramsarda , Contributo alla casistica
dclT anchilostom-anemia. 015
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Bcgistaf.
961
t. Ralhtmyi, Anchylostomiasis de»
Pferdes. 292
Rdtx, Ein neuer Bandwurm der Katze.
(Orig.) 4455
Rissting, Ein einfacher Thermostat für
Finnenuntersuchungen und Mittei-
lung eines Versuches über die Lebens-
dauer der Schweinefinnen in frischem
und gepökeltem Fleische. 417
RLcford and Oilchriat , Two cases of
protozoan - (coccidioidal-) infection of
the skin and other Organs. 812
— — , A second casc of protozoan-
infection. 812
Roncali, Ueber den gegenwärtigen
Stand unserer Kenntmssc über die
Aetiologie des Krebses. (Orig.) 318. 394
Rouget, Contribution ä l’ötude du try-
panosome des maminiföres. 414
Rosso, Elmintiasi cutanea del canc. 887
Hamburger Magalhaensische Sammel-
reise. 1 00
Sragliosi, Ueber einen seltenen Aus-
gang der von der Taenia botrioplitis
ira Huhndarm herbeigeführten Ver-
letzungen. 35
Stiles and HassaU, Tapeworms of poul-
tiy. 345 ;
Wasicletcski, Ueber die Form und
Färbbarkeit der Zelleinschlüsse bei
Vaccineimpfungen (Cytoryctes vac-
cinae Guarniertk (Ortg ) 901
Wieling , Ueber Flagellaten (Tricho-
monas) in der Lunge eines Sen weines
bei lobulärer Pneumonie. (Orig.) 721
Willach , Eine Ursache der multiplen
embolischen Nephritis (weißen Fleck-
niere) der Kälber. 352
— , Zur Aetiologie der eiterig käsigen
Knötchen des Kinderdarmes. 737
’/Äemann , Zur Morphologie der Malaria-
parasiten. (Orig.) (ül
— , Nachtrag zur Morphologie der Ma-
lariaparaaitcn. (Ortg.) 805
Zinn u. Jacoby, Ueber das regelmäßige
Vorkommen von Anchyloetomum
duodenale ohne sekundäre Anämie
bei Negern, nebst weiteren Beiträgen
zur Fauna des Negerdaruies. 215
ZschokJce, Die Tänien der aplaccntalen
Säugetiere. 223
VI. Bakterien und andere Parasiten als Krankheitserreger
bei Menschen und Tieren.
a. Infektiöse Krankheiten im Allgemeinen.
Briihmer, Eisenbahnhygiene. 114
Flexner, A Statistical and experimental
study of terminal infections. 884
Gerlarul, Die Bekämpfung und Ver-
hütung der Seuchen in Hildesheim.
419
Goldsehmidt, Organische Betriebe. 1 15
Heinxerling, Anorganische Betriebe. 114
Helbig, Hygiene der Phosphor- und
Zündwarenindustrie. 115
Kirchner, Grundriß der Militärgcsund-
heita pflege. 280
Koiulratieg, Zur Frage über den Selbst-
schutz des tierischen Organismus
gegen bakterielle Infektionen. (Orig.)
407
Martin, La prophylaxie sanitairc &
Paris. 44)
Piecinino e Orimaldi, Contributo allo
Studio dell' influenza del sistema ner-
voso nelle infezioni. 538
Rotenbach, Inwieweit hat die Bakterio-
logie die Diagnostik gefördert und
die Aetiologie geklärt? ICC
Roth, Medizinalstatistische Einleitung.
114
Scagliosi, Die Bolle des Alkohols und
der akuten Infektionskrankheiten in
der Entstehung der interstitiellen
Hepatitis. 20
Schaltenfroh, Ueber das Vorhandensein
von baktericiden Stoffen in den Leuko-
cyten und deren Extraktion. 420
Schoen, Ergebnisse einer Fragebogen-
forschung auf tropenhygienischem
Gebiet. 410
Tcisier et Otiinard, Influence de la
difcte et de l’inanition sur les effets
de certaines toxines microbiennes. 702.
Weyl, Handbuch der Hygiene. 111
— , Ueber Rhodan- und Cyanverbin-
dungen. 115
Zettont. Ueber die Frage der Homologie
der Streptokokken. (Orig.) 10
Digitized by Google
952
Register.
b. Einzelne durch Bakterien und andere Parasiten hervorgerufene
Krankheiten.
Adenocarcinom.
Aphthenseuche.
Roncali, Mikrobiologische Untereuchun-
gen über einen Tumor den Abdomens.
(Orig.) 512
A’inhwn.
de Brun, L’Ainhum des auteurs con-
stitue-t-il une entit6 morbide dißtincte,
ou bien n’est-il qu’une modalite de
la leprose? 285
Lardy , Lfepre ainoide. 808
Zambaco-Pacha , L’Amhum de« auteurs
constitue-t-il une entite morbide
distincte, ou bien n’cst-il qu’une mo-
dalit/l de la leprose ? 285
Babes u. Prora, Beobachtungen über
die Actiologie der Maul- und Klauen-
seuche. (Orig)
Bussenius u. Siegel, Der gemeinsame
Krankheitserreger der Mundseuche
der Menschen und der Maul- und
Klauenseuche der Tiere. 4ZM
, Zur Frage des Bacillus der Maul-
und Klauenseuche. 418
Frünkel, Der Siegel 'sehe Bacillus der
Maul- und Klauenseuche. 47»
Appendicitis.
Achard et Broea, Bactdriolo;
cas d’appendicite suppurc
pe de vingt
i. <ös
Aktinomykose.
Fairieeatter, The progress and treatment
of a case of actinomycosis commencing
in the vermiform appendix. 614.
Qalli- Vater in . Actinomicoai e pseudo-
actinomicosi. A proposito di un caso
osservato nelT uomo. 54h
— , Note parassitologiche. 697
Morris, Actinomycosis involving the
skin and its treatment by iodide of
potaasium. 821
Ransom, A case of actinomycosis of the
orbit, with a summary of seven other
cases of actinomycosis. 614
Anämie.
Rapisarda, Contributo alla casisticadell’
anchilostom-anemia. Ü15
Zinn u. Jacoby , Ueber das regelmäßige
Vorkommen von Anchylostomum
duodenale ohne sekundäre Anämie
bei Negern, nebst weiteren Beiträgen
zur Fauna des Negerdarmes. 215
Angina.
Ajtolant, Ueber das gleichzeitige Vor-
kommen von Angina und Perityphlitis.
689
Nieolle et Hebert , Note sur un echan -
tillon de bacille de Friedländer, isold
de la vase de la Seine. 607
, Les angines ä bacille Friedländer.
«08
Barb on ekrankhei t.
v. Rdtx , Ueber die Barbon ekr&n khei t
(Büffelseuche). 2Üä
Botryomj r kose.
Fröhner, Generalisierte Botryomykose
beim Pferde mit Lungeninetastasen.
Jodbehandlung.
Bronchopneumonie.
Meunier, Bronchopneumonie« infantile-
ducs au bacille de Pfeiffer. fiSÖ
Büffelseuche.
v. Rdtx, Ueber die Barbonekrankhcit
(Büffelseuche). 2Ü52
Carcinom.
Brunner. Resultate «1er Seruinbehand-
lung liöaartiger Neubildungen. 824
Nieden, Ueber die Anwendung des
Emmerich -Scholl 'sehen Krebsserum-
imd des Fonnols bei inoperablen
Augengeechwülsten.
Wilhams, Die zunehmenden Erkran-
kungen an Krebt. 548
Roncali, Ueber die Behandlung bös-
artiger Tumoren durch Injektiou der
Toxine des Streptococcus erysipelatk
zugleich mit dem des Bacillus pn>
digiosus. sowie der nach den Methoden
von Riebet und Hcricourt und nach
den von Emmerich und Scholl m*
bereiteten sog. anticancerüeen ßerutn-
arten. (Orig.) 182. S5&
Digitized by Google
Register.
953
honrali , Mikrobiologische Untersuchun-
gen über einen Tumor des Abdomens.
(Orig.) 51Z.
— , lieber den gegenwärtigen Stand
unserer Kenntnisse über die Aetiologie
des Krebs«. (Orig.) 318. 324
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Cholerabacillen. 103
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Sacharo/f, Ueber die Rolle des Eisens
bei den Bewegungs- und Degene-
rationserscheinungen der Zellen und
bei der baktericiden Wirkung des
Immunserums. (Orig.) 265
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Pottien, Drei Fälle von Cholera nostras.
200
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Axcnfeld, Beitrag zur Aetiologie der
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cillus septatus). 213
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verschiedenen Arten von akuter Con-
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Peters, Ueber das Verhältnis der Xerose-
bacillen zu den Diphtheriebacillen,
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Diagnose der Diphtherie. 540
Digitized by Google
954
Register.
Klein, Report on certAin experimental
proceduree in preparation of blood-
serum with a view to protective in-
oculation againat diphtheria. liiil
Kimdratieff, Zur Frage über den Selbst-
schutz des tierischen Organismus
gegen bakterielle Infektionen. ( Orig.)
407
Krumbein, Der Einfluß des Heilserums
auf die Diphtherie. £21
Kiiknau , lieber Mischinfektionen mit
Proteus bei Diphtherie der Hals-
organe. 688
Lökr , lieber Immunisierungsversuche
gegen Diphtherie. 166
Lncddeckens, Ueber Hvdrargyrum cya-
natum bei Diphtherie. 120
Makeutcnc, Zur Frage über das Ver-
hältnis der natürlichen Immunität
zur künstlichen. (Orig.) 331
Marenghi, lieber die Beziehung zwischen
der Ausscheidung des Stickstoffes im
Stoffwechsel des Pferdes und der Er-
zeugung des Diphtherieserums. (Orig.)
25fi
Mariotti-Iiianchi , Contributo allo Studio
delP azione del siero di sangue di
animali non tratti contro i micro-
organisrai i loro prodotti toxici. 550
Martin. La prophylaxio sanitaire ä Paris.
40
de Martini, Zur Differenzierung der
Diphtherie- von den Pscudodiphthe-
rienacillen. (Orig.) 8Z
Mollard et Regaud, I/wions du myo-
carde dann I’intoxication aigue par
1 a toxine diphthlrique. Contribution
h l’tftude experimentale des myocar-
dites. 880
Monte fusco, Del modo di comportarsi
del bacillo delle difterite sulle sos tanze
alimentarie. .352
Müller , Untersuchungen über das Vor-
kommen von Diphtheriebacillen in
der Mundhöhle von nicht diphtheri-
schen Kindern innerhalb eines großen
Krankensaales. L59
Nicolas, Apparition du pouvoir aggluti-
nant dans les s^rum de sujets trait&
par le atfrum antidipht&ique. 488
Nicolle et Hebert, Note sur un <*chan-
tillon de bacille de Friedländer, isolö
de la vase de la Seine. 602
, Les angincs ä bacille Friedländer.
608
Niemann , Zur Desinfektion von Wohn-
räumen mittels Formaldehyds. 376
Peters, Ueber das Verhältnis der Xerose-
bacillen zu den Diphtheriebacillen,
nebst Bemerkungen über die Con-
junctivitis crouposa. 096
Pichler, Zur Frage der diphtherischen
Bindehautentzündung. 24
Pluder, Ueber Rhinitis fibrinosa diph-
therica. 101
v. Ranke, Zur Scharlachdiphtherie. 22
Report of the medical Su perin tendents
upon the uee of antitoxic acnwi in
tue treatment of diphtheria in the
hospitala of the boarci during the vear
1895 . 2*72
Roger et Jogut, Action de certains s&mms
sur la moelle des os.
Rosenberg, A case of antitoxin poiso-
ning. 10Ü
Passini, Versuche über die Dauer der
antidiphthcritiBchen Schutzimpfung.
Sehanx, Zur Aetiologie der Conjuncti-
vitis peeudomembranosa. 22
Schierbeck, Ueber den Einfluß der
Kohlensäure auf das Wachstum und
die Toxinbildung der Diphtherieba-
cillen. 105
Smimow , D’une antitoxine artificielle
de la dipht^rie. Ü21
Soerensen , Versuche mit Scnimtherapi«
bei Diphtherie im Blegdamsspitale m
Kopennagen. Mitteilung II. Versuche
mit französischem und dänischem
Serum. 362
Strsheminsky , Ein Fall von pseudo-
membranöser Augenbindehaut - Ent-
zündung, hervorgerufen durch den
Loeffler sehen Bacillus und geheilt
mit Behring’» Heilserum.
Timaschew, Resultate der Serumthera-
pie der Diphtherie in der Kinder
kiinik der Universität Tomsk. t23
Vschinsky, Ueber Diphtheriekulturcn
auf eiweißfreier Nährlösung. «• «,• >•• <
Wiehert , The local treatment of diph-
theria with aodium hyposulphite. <06
Vierhuff, Ueber die im Stadtkranken
hause zu Riga gemachten Erfahrungen
mit dem Bchring’schen Diphtherie
heilserum. 101
Druse.
Gröxinger , Vermutliche Uebertrmgung
der Druse durch die Begattung. iIj
Seuchenhafter Durchfall bei
Kälbern.
Ortmau, Vorläufige kurze Notiz üb«»
ein neues Schutzmittel gegen den
seuchenhaftcn Durchfall bei Kalben .
S2
I
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Register
955
Dysenterie.
Celli , Eziologia dclla Disenteria ne’ suoi
rapporti col B. coli e colle sue tossine.
SH)
Janowski , Zur Aetiologie der Dysen-
terie. (Orig.) 88. lfiL 104. 234
Maberly, Dysentery and its treatment.
With an account of 8 ix yeare’ ex-
perience in the Transvaal and Mata-
beleland in the use of some varieties
of Monsonia aa the curative agent. 822
Eiterung.
Achard et Bensaude, Sur la prösonce
de la propriäte agglutinante dans le
r lasma sangum et divers liquides de
organisme. 32
— et Broca t Bacteriologie de vingt cas
d’appendicite suppuree. 938
Axenfeld, Ueber mildere und gutartige
rnetastatische Augenentzündung, so-
wie über doppelseitige Thrombose bei
allgemeiner Sepsis. 343
Bach, Bakteriologische Untersuchungen
über den Einfluß antiscptischerUeber-
Hchläge auf den Keimgehalt des Lid-
randes und ßindehautsackes. 553
Bernabeo , Sulla conservazione della vita-
litä e virulenza dello pneuraococco di
Fraenkel e dello streptococco di Fehl-
eisen. G06
Bose et Delcxenne, De l'immunitö con-
f«$ree par quelques substances anti-
coagulantcs. 32
Charrin, Modifications cardiaques dues
aux toxines. 885
Courmont , Le sörum de Marraorek
n’iminunise pas le lapin contre le
streptocoque de l’drysipfcle ZÜ2
Drossoach , Ueber den Einfluß der Ele-
mente der Cer- und Zircongruppe
auf das Wachstum von Baktenen.
(Orig.) 52
von Düngern. Freiherr, Die Bedeutung
der Mischinfektion bei Diptherie. 34G
Ferrand, Röaction agglutinante dans un
cas de septic&nie grave sans bacille
typhique. 482
Flcxner , A Statistical and experimental
study of terminal infections. 884
Ganaitano, Stafilococcoemia da furun-
colosi. 540
de Giaxa u. Pane, Beiträge zur Kennt-
nis der Immunisierung von Kaninchen
gegen Streptokokken. 1G4
Goh, Beiträge zur Kenntnis der Augen-
veränderungen bei septischen Allge-
meinleiden : sog. Retinitis sentica,
gutartige nietastatische Entzündung,
doppelseitige marantische Thrombose.
Gröxinaer, Vermutliche Uebertragung
der Druse durch die Begattung. 413
Gusaeic . Ein Fall einer dreifachen In-
fektion des Organismus (mit Milz-
brandbacillen, eitererregenden Strepto-
kokken und Fraenkel’s Diplokokken).
(Orig.) # 849
Heddöus, Tonsillitis acuta durch Sta-
phylococcus aureus ; Pleuritis exsu-
dativa metastatica etc. 829
Korn , Bakteriologischer Befund bei
einem Leberabsceß. (Oria.) -433
Ixinnelongue et Achard, Associations
microbiennes et suppurations tuber-
culeusee. GS
Lemoine , Sterilisation de la pulpe vacci-
nale glyc^rinfo. 821
Levij Ueber Stomatitis aphthosa. 232
Lexer, Experimente über Osteomyelitis.
G94
Mircoli, Osteomieliti piogenetiche speri-
mentali. 411
Niemann, Zur Desinfektion von Wohn-
räumen mittelst Formaldehyds. 376
Povpert, Ueber Eiterung durch keim-
freies Catgut. 358
Penxo, Sulla influenza della temperatura
nel processo infettivo inflammatorio.
805
Phi8alix, Sur quelques conditions favo-
risant l’infecuon pyocyanique. 938
Ruini , Contributo s perimentale allo
studio del contenuto batteriologico di
un teatro chirurgico. 410
von Schab, Beitrag zur Desinfektion von
Leihbibliotheksbüchern. (Orig.) 141
Schattenfroh , Ueber das Vorhandensein
von baktericiden Stoffen in den Leu-
kocyten und deren Extraktion. 420
Silber, Salubrol, ein neues antiseptisches
Streupulver. 32G
Strsheminsky , Ein Fall von pseudo-
membranöser Augenbindehaut - Ent-
durch den
imd geheilt
mit Behring*« Heilserum. 552
Ucke, Ein Beitrag zur Epidemiologie
des Erysipels. (Orig.) 311, 389
ron de Velde , Contribution ä l’immuni-
sation des lapins contre le staphylo-
coque et le streptocoque pyogönes 118
Williams, The value of antistropto-
coccic senim in the treatment of se-
vere puerperal septicaemia. 121
Vincent , Sur l’ötiologie et sur les 16s io ns
anatomo-pathologiques de la pourri-
ture d’höpital. 102
Wassermann, Experimentelle Beiträge
zur Serumtherapie vermittelst anti-
toxisch und baktericid wirkender Se-
rumarten. 750
zündung, hervorgerufen
Loefflerschen Bacillus
956
Register.
Heudenreich ,
(Orig.)
Emphysem.
Emphysem der Leber.
3QT»
Epithelioma.
Salxer, Ein Fall von Molluscum con-
tagiosum an den Augenlidern. 162
Erysipel.
Courmont , Le s<5rum de Marmorek
n’imraunise pas le Iapin contre le
streptocoque de Törysipfcle. 202
Merieux u. Niemann , Ueber Antistrep-
tokokkeneerum. 421
Roncali, Ueber die Behandlung bös-
artiger Tumoren durch Injektion der
Toxine des Streptococcus erysipclatis,
zugleich mit dem des Bacillus prodi -
giosus, sowie der nach den Methoden
von Eichet und Höricourt und nach
den von Emmerich und Scholl zube-
reiteten sog. anticancerösen Serum-
arten. (Orig.) 782* S5S
Sterne, Beport of a case of malignant
uterine tumor treated by the toxins
of erysipelaS and Bacillus prodigioeus.
707
Ucke, Ein Beitrag zur Epidemiologie
des Erysipels. (Orig.) 311, 389
Hämoglobinurie.
Celli u. Santori , Die Rindermalaria
in der Campagna von Rom. (Syno-
nyme: Texasfieber, Hämaglobinurie
in Rumänien und Finland, Hämati-
nurie in Sardinien und im Agro Ro-
mano). (Orig.) ifil
Hepatitis.
Scagliosi, Die Rolle des Alkohols und
der akuten Infektionskrankheiten in
der Entstehung der interstitiellen
Hepatitis. 2Q
Hospitalbrand.
Vincent, Sur l’&iologie et sur les 16sions
anatomo-pathologiques de la pourri-
ture d’höpital 1ÜI
Influenza.
Meunier . Bronchopneumonien infantiles
dues au bacille de Pfeiffer. tfifl
Iridochorioiditis.
Darier, De l’importanoe de la thera-
peutique locale dans les irido-chorioi-
aites infectieuses, syinpathiques et
autres. 313
Fleischvergiftung.
van Ennengem, Recherche« sur des cas
d’accidents alimentaires produits par
des saucissons. 19
Oiinther , Bakteriologische Untersuch-
ungen in einem Falle von Fleisch-
vergiftung. 422
Furunkulose.
Qaw/itano, Stafilococcoemia da furun-
colofii. 540
Gastroenteritis.
ran Ermengem . Recherchos sur des cas
d’accidents alimentaires produits par
des saucissons. 19
Gonorrhöe.
Heinum , A further study of the biology
of the gonococcus (Neisser) with con-
tributions to the technicjue: a paper
based on the morphological and hio-
logical examination of exudates in
cases of chronic urethritis 230
Iritis.
SchuÜxe, Tuberkulöse Iritis mit Kera-
titis parenchymatosa.
Keratitis.
Oreeff , Die Keratitis interstitiali» (pa-
renchymatosa) in ihren Beziehungen
zu Allgemeinerkrankungen.
ron Hippel, Ueber Keratitis parenchy-
matosa. Klin. Untersuchungen. 22
Pflüger, Ueber Keratitis parenchyma-
tosa. 343
Schultxc, Tuberkulöse Iritis mit Kera-
titis parenchymatosa. &
Keratomalacie.
Sch immelpfennig , Ueber einen Fall von
infantiler Gonjunctivalxerose mit Ke-
ratomalacic. f£*£
Keuchhusten.
Ritter , Ueber den Keuchhusten. l£4
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Register.
957
Kroup.
Ricci, Sugli ottimi risultati dell’ intu-
bazionc nel crup, dopo l’uso del siero
antidifterico. 622
Leistikotc, Versuche zur Gewinnung
von Lungenseuchenlymphe durch Im-
pfung von Kälbern. 36
Malaria.
Kuhpocken.
Kämpffer, Kurze Mitteilung über eine
Kuhpockenepidemie mit Uebertragung
auf den Menschen. 287
Lepra.
de Brun, L’AVnhum des auteurs con-
stitue-t-il une cntiUi morbide distincto,
ou bien n’est-il qu’une modalit/* de
la leprose ? 285
Crocker, A promising treatraent for le-
prosy. 292
Glück, Kommt Lepra in Dalmatien
vor? 26
Hovorka ron Ztleras, lieber einen bis-
her unbekannten endemischen I^epra-
herd in Dalmatien. 26
Impey, Handbook on Leprosy. 283
Klingmüller u. Weber, Untersuchungen
über Lepra. 695
Koppel, Ueber die Verbreitung der
Lepra und den Kampf mit ihr in
den Haitischen Provinzen. 285
Lae.hr, Lepra und Syringomyelie. 282
Lordy, Lhpre ainoide. 808
Sack, Was ist Zaroath (Lepra) der
hebräischen Bibel? 6! >4
Spiegel, Zur Differentialdiagnose von
l^epra und Tuberkelbacillen. 817
Storch, Ueber den anatomischen Befund
bei einem für Deutschland endogenen
Fall von Lepra tuberosa. Zugleich
ein Beitrag zur Frage nach den Be-
ziehungen zwischen Aussatz und Tu-
lierkulose 8üß
Unna, Der Fettgehalt der Lepra- und
Tuberkelbacillen. 938
Zambaco-Pacha, L’A'fnhum des auteurs
constitue-t-il une entit** morbide di-
stincte, ou bien n’est-il qu’une moda-
lite de la leprose? 285
Leukämie.
Bonvicini, Riccrche batteriologiche e
»perimentali sulla cziologia della leu-
cemia nel cane e nel bue. 211
Lungenseuche.
Arloing, Bericht über das Pneumo-
bacillin und seine Verwendung bei
der Lungenseuche. 208
Celli u. Santori, Die Inkubationsdauer
des Malariafiebers nach der Behand-
lung mit Blutserum von immunen
Tieren. (Orig.) 49
, Die Rinderraalaria in der Cam-
pagne von Rom. (Synonyme: Texas-
fieber, Hämoglobinurie in Rumänien
und Finland, Hämatinurie in Sar-
dinien und im Agro Romano). (Orig.)
561
Coronado, Laveräneaa en las aquas del
Cerro. 33
Lateran, Comment prend-on le palu-
disme? 289
Laune. A case of malarious fever. 212
Ijttekowicx, Ueber den Entwickelungs-
gang und die Einteilung der Malana-
parasiten. (Orig.) 129
Zieinann, Zur Morphologie der Malaria-
parasiten. (Orig.) 641
— , Nachtrag zur Morphologie des Ma-
lariaparasiteu. (Orig.) 805
Masern.
Atkins , Case of measles complicated
with pueumoniu followed by scarlet
fever and diphtheria. 353
Barbier, Bact^riologic de la rougeole. 545
Ijiihr, Ueber Immunisierungsversuche
gegen Diphtherie. IM
Maul- und Klauenseuche.
Babes u. Proca, Beobachtungen über
die Aetiologie der Maul- und Klauen-
seuche. (Orig.) 835
Bussen ins u. Siegel, Der gemeinsame
Krankheitserreger der Mundseuche
des Menschen und der Maul- und
Klauenseuche der Tiere. 418
, Zur Frage des Bacillus der Maul-
und Klauenseuche. 428
, Zur Frage der Uebertragung von
Maul- und Klauenseuche auf den
Menschen. 289
Behla, Künstliche Uebertragungen der
Maul- u. Klauenseuche auf Schafe. 31
Frankel, Der Öiegel’sche Bacillus der
Maul- und Klauenseuche. 478
Jüngers , Nochmals die Maul - und
Klauenseuche. 74Q
ran Stessen, Das Contagium der Maul-
u. Klauenseuche (Aphthenseuche). Z32
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958
Register.
Mäusetyphus.
Zujmik , Ueber die praktische Verwend-
barkeit der Mäusebad 1 len, insbeson-
dere des Loeffler’schen Bac. typhi
inurium. (Orig.) 44h
Meningitis.
Haast , Beobaehtu ngen über die Uehim-
rückenmarksseucne der Pferde, Me-
ningitis cerebrospinalis epidemica. 112
Johne , Zur Kenntnis der seuchenartigen
Cerebrospinalmeningitis der Herde.
Kamen, Ein weiterer Fall von typhöser
Meningitis. (Orig.) 44Ü
Sigg u. Hanau , Beiträge zur Lehre von
der akuten Miliartuberkulose mit an-
hangsweisen Bemerkungen über Me-
ningitis tuberculosa und die Ver-
breitungsart einiger anderer krank-
hafter Prozesse im Körper. 39
Wolf, Ein Beitrag zur Aetiologie der
rirkumskripten Meningitis. 809
Milzbrand.
Sympathische Ophthalmie.
Abelsdorff , Zur Prophylaxe der sym-
pathischen Ophthalmie.
Osteomyelitis.
Lexer , Experimente über OsteomvelitL.
Mircoli, Osteomieliti piogenetiche speri-
mentali. 111
Ozaena.
Vulpius, l 7 eber primäre Ozaena larvngo
tracheulis. 112
Parotitis.
Marcuse, Parutitisepidemie.
Aleeray et Walsh , Some notes on the
bacteriology of mump*. ßü
Pemphigus.
Kuhnl, Eine Endemie von Pemphigus
neonatorum.
Vogel , Pemphigus neonatorum. 288
Fodor u. Riyler, Neuere Untersuch-
ungen über* die Alkalizität des Blutes.
(OrigJ 13h m
Uarth , lieber Milzbrand bei Schweinen.
2 Dö
Gorini , II carbonchio nelT aero del
basso milaneae in rapporto colle con-
cerie. Sö
Gussmr, Ein Fall einer dreifachen In-
fektion di* Organismus (mit Milz-
brandbacillen , eitererregenden Strepto-
kokken und FraenkePs Diplokokken).
(Orig.) 849
Niemann , Zur Desinfektion von Wohn-
riiumen mittels Formaldehyds. 3Ifi
r. Sr hob, Beitrag zur Desinfektion von
l^eilibibliotheksbüehern. (Orig.) 111
Silber , Salubrol, ein neues ontisepti-
sches Streupulver. 37t*
Willach, Milzbrand oiler nicht Milz-
brand ? IM
Molluscum contagiosum.
Alueixe , Beitrag zur Kenntnis des
Molluscum contagiosum der Lider. 22
Salier, Ein Fall von Molluscum con-
tagiosum an den Augenlidern. 1(12
Nephritis.
Willach , Eine Ursache der multiplen
ein bol Lehen Nephritis (weißen Fleck-
niere) der Kälber. 33Ü
Peritonitis.
Zenoni , Ueber die Frage der Homo-
logie der Streptokokken. (Orig.) 10
Perityphlitis.
Apolant, lieber das gleichzeitige Vor-
kommen von Angina und Perityph-
litis. Ü82
Pest.
Abel, Zur Kenutnis des Pestbarillu*.
(OrigJ 491
Klein, Ein Beitrag zur Morphologie und
Biologie des Bacillus der Bubonen pc*t.
(Orig.)
iMirson, The epidemic of bultonic plague
in 1894. 609
Ogala, Ueber die Pt*tepidemie in For-
mosa. (Orig.) IfiÖ
lioux, Sur la jjestc buboniqui et eon
traitement par le *£rum antipesteiix.
3ßl
Yersin , Sur la poste bubonique (s£ro-
tberupie). 3tx>
Pleuritis.
Hediläus, Tonsillitis acuta durch Stt-
phylococcus aureus; Pleuritis exu-
clativa metastatica etc. S7V
Siredey, Pleur&ie purulente due au
Bacflle de Friedländcr. tiU)
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Register.
959
Pleuropneumonie.
Storch , Die Pleuro - Pneumonie der
Ziegen im Steinbacher Grunde. 105
Pneumonie.
Atkins , Oase of measles complicated
with pneumonia followed by scarlet
fever and diphtheria. 353
Babcock , A contribution to the study
of acute delirium with especial re-
ference to its bacteriology. Report
of a case. 20
Bemabeo, Sulla conservazioue della
vitalitÄ e virulenza dello pneumo-
cocco di Fraenkel e ddlo strepto-
coceo di Fehleisen. 606
Oiffort, Der Fracnkel’sche Diplococcua
als häufiger Erreger des akuten
ßindehautkatarrhs. liüö
Ousseic, Ein Fall einer dreifachen In-
fektion des Organismus (mit Milz-
brandbacillen, eitererregenden Strep-
tokokken und Fraenkel’s Diplokok-
ken). (Orig.) SU)
Haiban, Beitrag zur Pathogenität des
Friedlaender'schen Bae. pneumoniae.
1D5
Kobu, Bakteriologische Blutuutersuch-
ungen , insbesondere bei Pneumonie.
087
Mariantonio , Oontributo alle lesioni
extrapolmonali dello pneumococco.
69Ü
Meunier, Brouchopneumonies infantiles
dues au bacille de Pfeiffer. 689
Hicolle et Hebert, Note sur un £chan-
tillon de bacille de Friedländer, isole
de la vase de la Heine. 602
, Ees angines i\ bacille Friedländer.
608
Patte , lieber die Heilkraft des aus
verschiedenen immunisierten Tieren
gewonnenen antipneumonischen »Se-
rums. (Orig.) 604
Sireäey, Plcuräsie purulente due au
Bacille de Friedländer. <3)0
Storch , Die Pleuro - Pneumonie der
Ziegen im Steinbacher Grunde. 105
Wieling , lieber Flagellaten (Tricho-
monas) in der Lunge eines Schweines
bei lobulärer Pneumonie. (Orig.) 221
Wolf, Ein Beitrag zur Aetiologie der
eirkumskripten Meningitis. 809
Pocken.
r. Düring , Blatternmortalität in Kou-
stantiuopel. 545
Kümpffer, Kurze Mitteilung über eine
Kuhpockenepidemie mit Ueoertragung
auf den Menschen. 287
Lemoine, Sterilisation de la pulpe vacci-
nale glycärinäe. 821
Martin , La prophylaxie sanitaire ä
Paris. 40
Wasieletrski , Ueber die Form und
Färbbarkeit der Zelleinschlüsse bei
Vaccineimpfungen (Cytorvctes vac-
cinae Guamient (Orig.) 9111
Weber , Badania nad etyologia ospv.
[Zur Aetiologie der Variola!] * 286
, Nieprawidlowy rozwöj krosty
przy szczepieniu ochronnem. [Ueber
atypische Impfpustel.] ‘286
Pseudoactinomykose.
(Jalli- Valerio, Actinomicosi e pseudo-
actinomicosL A proposito di un caso
osservato nell’ uomo. 546
Pseudo-Lupus.
Qilehrist und Stokes , The presence
of an Oidium in the tissues of a case
of pseudo lupus vulgaris. 1192
Pseudotuberkulose.
dalli- Valerio , Nota preveutiva sopra
alcune neoformaziom nodulari. 810
Puerperalfieber.
Ilossi - Doria , Ueber die lokalen und
allgemeinen Intoxikationen als prä-
disponierende Ursache'der Puerperal-
iufektionen. Beitrag zum Studium
des pathologischen Wochenbettes. 411
Williams, The value of antistrepto-
coccic serum in the treatment of
severe puerperal septicaemia. 121.
Rauschbrand.
Böhm, Zur Technik der Massenimpf-
ungen. 116
Hauch, Kauschbrand bei Schafen. 695
Strebei , Die Schutzimpfungen gegen
den Kauschbrand. Statistik ül>er die
Schutzimpfungen und deren Resul-
tate. 39
Retinitis septica.
Ooh, Beiträge zur Kenntnis der Augen-
veränderungen bei septischen Afige-
raeinleiden : sog. Retinitis septica,
gutartige metastatische Entzündung,
doppelseitige marantische Thrombose.
540
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960
Register.
Rheumatismus.
Thiroloix, Barille du rheumatiame arti-
culaire aigu. 8ÜÜ
Rhinitis,
Müder , lieber Rhinitis fibrinosa diph-
theriea. ltil
Rinderpest.
Berichte des Herrn Prof. I>r. Koch über
seine in Kimberley gemachten Ver-
suche bezüglich Bekämpfung der
Rinderpest (Orig.) 52li
Williams , Hinderseuche auf J amaica.
3fi0
Rotz.
Buschke. Heber chronischen Rotz der
menschlichen Haut nebst Bemerk-
ungen über die Anwendung des M allein
beim Menschen. bl3
Preusse , Die Ergebnisse der in den
Jahren 1895 und 189b im Regierungs-
bezirk Danzig ausgeführten Mallein-
impfungen. 487
Straus, Contribution ü l’ötude experi-
mentale de la tubcrculose par in-
gestion. (Nouveaux faits pour servir
a la distinction des bacillcs de la
tuberculose hmnaine et aviaire.) 881
Rückfalltyphus.
Tic t in. Zur Lehre vom Rückfalltyphus.
(Orig.) • llli
Sarkom,
Boncali, Ueber die Behandlung bös-
artiger Tumoren durch Injektion der
Toxine des Streptococcus erysipclatis,
zugleich mit dem des Bacillus pro-
digiosus, sowie der nach den Me-
thoden von Eichet und H6ricourt
und nach den von Emmerich und
Scholl zubereiteten sog. antdcancerösen
Serum arten. (Orig.) 782
Scharlach.
Äthins, Case of measlcs complicatcd
with pneumonia followed by scarlet
fever and diphtheria. 353
Behla . Ueber das Vorkommen von
Scharlach bei Tieren. (Orig.) 211
Grasset, De la transmisaon de ln scar-
latine par l’interm&liaire d’unc lettre.
22
v. Hanke, Zur Scharlachdiphtherie. 22
Schlangenbiß.
Cahnette, Sur le venin des serpents
et sur l’emploi du alrum antiveuimeux
dans la tnärapeutique des morsures
venimeuses chez l’homine et chezje*
ammaux. 153.
Richet , Du ra&auisme de l’action anti-
toxique du sörum de chien immuui«»'
au moyeu de s6rum d’anguille. 75h
Schweinerotlauf und Schweine-
seuche.
Brmstcn , Praktische Erfahrungen mit
der Schutzimpfung gegen Schwein»
rotlauf. 315
Fodor u. Riyler , Neuere* Untersuch-
ungen über die Alkalizitut des Blut**.
( Ortg .) 13h läfi
Johne, Zur Porcosanfrage. ü31
Marks , Noch einmal die Schweine-
sencheu. 359
Voges , Weitere Untersuchungen über
Schweineseuchen. ( Orig.) 594
Wittlinger, Experimentelle Beit räge zur
Lösung der rorcosanfrage. UM
Schwellungskatarrh.
( Jelpke , Der akute epidemische Schwel-
lungskatarrh und sein Erreger (Ba-
cillus septatus). 213
Septikämie.
Bailance and Abbott, A case of haemor-
rhagic septicaemia treated by anti-
streptococcus-serum. 12Ü
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Soorpilzes. (Orig.)
Stomatitis.
Leci , Ueber Stomatitis aphthosa. 737
Syphilis.
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matös». Klinische U n tersnch uiigen . 21
Syringomyelie.
Laehr, Lepra und Syringomyelie. 2Sl
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Bacon , Note» of u case of tetanu- ;
recovery. 29*>
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Register.
961
Behring, Antitoxintherapeutisehe Pro
bleme. tili!
— u. Knorr, Tetanusantitoxin für die
Anwendung in der Praxi». Uli
Biennald, Kin Tetann»fall, mit Behring’»
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Brieger u. Boer, lieber die Toxine der
Diphtherie und de» Tetanus. ltiO
Harbushire, A ca»e of tetanu» treated
with Tizzoni’s antitoxin, recovery. 702
Üirckerhoff u. Peter, Zur Behandlung
des Starrkrämpfe« beim Pferde mit
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Oreemoord, Ca»c of traumatic tetanu«
irented by antitoxin; recovery in threc
weeks. 205
Jacob, Ein in Heilung übergegangener,
mit Antitoxin behandelter Fall von
Tetanus. 487
Ibra na, Contributo alla cura dcl tetano
traumatico con 1c injezioni ipoder-
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486
Kondraticff, Zur Frage über den Selbst-
schutz des tierischen Organismus ge-
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by antitoxin. 29S
Mariotti-Uianchi, Contributo allo studio
dell’ azione del siero di sangue di
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organismi loro prodotti toxici. 550
Melde , Ein durch da« Behring’sche
Tetanusantitoxin geheilter Fall von
Starrkrampf beim Pferde. 206
Pike, A casc of tetanus from iieripheral
irrigation ; recovery ; remarks. 205
Rex, Behandlung von Pferden mit
Tetanusantitoxin. 487
Vogel , Zur Behandlung des Starr-
krampfes beim Pferde mit Tetanus-
Antitoxin (Behring). 200
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toxin behandelter Tctanusfnll. 1 16
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in der Campagna von Rom. (Syno-
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über die Älkalizität des Blutes. (Orig.)
1.84. 186
Erste AbU XXI. Bd.
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die Wirkung der Röntgen 'sehen Strah-
len auf da« Gift der Tollwut. (Orig.)
2 hl
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rabuiues ä 8L Pütersbourg. Rapport
annuel du Service de traitement i>rö-
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de mödecine ex pöri mentale. 552
Marx, Zur Kritik des „Wutbacillus“
Bruschettini's. (Orig.) 205
Metnmo, Beitrag zur Kenntnis der Aetio-
logie der Tollwut. (Orig.) 657
Pouriale, Die Impfung zu Schutz- und
Heilzwecken gegen die Wut. 4Ü
Tonsillitis.
Heddäut , Tonsillitis acuta durch Sta-
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tiva metastatica etc. 870
Trachom.
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Askanaxy. Berichtigung der Bemerkun-
gen P. Cerfontaine’s. (Orig.) 400
Cerfontainc, A pro[»j» d’une noto de
M. Askanazv «ur la Trichinose. (Orig.)
402
Huber, Zur Geschichte der Trichinose.
(Orig.) (M
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Rotenbach, Metier die tiefen und eitern-
den Trichophytonerkrankungen und
deren Krankheitserreger. 33
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hebräischen Bibel ? 604
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Markutfeld, lieber die Aetiologie der
Trichorrhexis nodosa (Kaposi). (Orig.)
230
Tuberkulose.
Ascher. Die Volksheilstätten für Lungen-
kranke. 74
Auelair, Essais de sdrothürapie experi-
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Bay, Tuliercular infectiousness of milk.
63
Bueqc, Ueber die Untersuchung der
Milch auf Tuberkelbacillen. 70
£1
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«52
Register.
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Cadiot , Contribution ii l’ctudc de la
tubcrculüfse des jictil.* uniimiux. bl
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551
Deligiannis, aiuta Trj; xpov(a; 9-toioj;
TW* TtVSUJACVWV. 22
Dcnison, The microscopical proof of a
curative process in tuberculosis; or
the reaction to tuberculin evidcuccd
by blood changea hitherto unrecog-
nized. 72
Diamare , lieber cntozoischc tuberkulöse
Neubildungen. (Orig.) 150
Dottris et Iiaurges , Tu bereu lose miliairc
aigue de la mbre; infcction tuber-
cuieuse intra-uterine du foetus verifide
pur l’inoculation. 35b
Dunteody, Iloree serum in consumption.
Report of recoveries and improve-
raents. 74
Fiorentini e Luraschi, I raggi di Rönt-
gen applicati alla tuberculosi speri-
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Goldschmidt u. Luxenburger \ Zur Tuber-
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München. ül
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Grunert. Beiträge zur Tuberkulose der
Bindehaut. 542
G uillebeau, Die Verwendung des Flei-
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de la merabrane interne de l’aorte. SSI
Henke, Beitrag zur Frage der intra-
uterinen Infektion der Frucht mit
Tuberkclbacillen. tilLL
Hohnes, The diawiosis of tuberculosi«
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of eases. 21
Hänselt, Uebcr Differentialfarbung zwi-
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Houck, Tuberculosis in a dog. Ü2
Ing> aham, A criticism on the „guinea-pig
test‘‘ for tu bereu loeis. 22
Jcnsen, Vieheinfuhr und dio Tuberkulin-
probe. 374
Kle.pp. Feber angeborene Tuberkulose
bei Kälbern. Hl
, Noch einige Betrachtungen über
angeborene Tuberkulose. 355
Koch, Ueber neue Tu bork ul inprä parate.
1 i-5
Lannelonyue et Achanl, Association»
microbicnnes et suppurations tul>er-
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, Sur I'iimminite des galliuactV*
contre la tu bereu lose humaiue. S1U
Laser, Ueber die Häufigkeit des Vor-
kommens von tuberkulösen Hab-
drüsen bei Kindern. iiä
Ijeichtenstern, Akute Miliartuberkel der
Haut bei allgemeiner akuter Miliar-
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Liebmann, Studien über das Koch »ehr
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Lohoff, Ein bemerkenswerter Fall von
angeborener Tuberkulose beim Kalbe.
Loesch , Contribution au diagnostic de
la tuberculose par la tuberculine. 543
Lothes, Ist bei den heutigen Erfahrung n
über Nutzen und Wirkung des Tuber-
kulins eine zwangsweise Impfung mit
Tuberkulin vorab für die den Kör-
kommissionen vorzuführenden Zucht-
stiere anzustreben ? 554
iAizxatto, Mischinfektionen bei Lungen-
tuberkulose des höheren Alters. (Orig.}
Lungwitx , Einiges über Tuberkulose. 354
Maksutoir, Ueber Immunisierung gegen
Tuberkulose mittels Tuberkdtoxin^.
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May, ZurTuberkulosestatistik in Bayern.
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Niemann, Ueber Tuberkuloseheilserum.
321
Nocard, Ja: type alKlominal de la tub*r-
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M»7
IHccinino v Orimaldo . Contributo alle
studio delP influenza del sistema ner-
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Fluder u. Fischer, Ueber primäre la-
tente Tuberkulose der Racnenmand« I-
hvperplasie. 541
de Quervain , Ueber Fremdkörpertuber-
kuloec des Peritoueumg bei uniloku-
lärein Echinococcus. 615
Reissmann, Der jetzige Stand unserer
Kenntnisse und Anschauungen von
der Gesundheitsschädlichkcit de» Flei-
sches tuberkulöser Tiere. 513
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Register.
963
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Rondelli und Buscalioni, l’ebcr eine
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die Tuberkulose der Rinder verur-
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Iseihbibliotheksbdchem. /Orig.) 111
Schieck, Ueber die ersten Stadien der
experimentellen Tuberkulose der Ka-
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Schlesinger, Die Tuberkulose der Ton-
sillen bei Kindern. *11
Schmidt, Hodcntuberkulose. 542
Schuchardt, Einige Untersuchungen
über das Vorkommen von Tuberkel-
bacillen in der Butter. 354
Schultxe, Tulierkulösc Iritis mit Kera-
titis parenchymatosa !iä
Scmmer, Feber die Tuberkulose in Ruß-
land und die Anwendung des Tuber-
kulins als diagnostisches Mittel. 15
Sico/Ia et Palmieri , Hcr&litd de la
tiilierculose. 350
Sigg u. Hanau. Beiträge zur Lehre von
der akuten Miliartulierkulose mit an-
hangsweisen Bemerkungen über Me-
ningitis tuberculosa und die Ver-
breitungsart einiger anderer krank-
hafter Prozesse im Körper. 50
Sinclair Coghill, Sequel of a case treated
by Koch’s tuberculin with the nc-
crosy. ti2S
Spiegel, Zur Differentialdiagnoso von
Lepra und Tulierkelbacillen. 817
Spormann, Bemerkungen zur Behand-
lung der Lungentuberkulose. 75
Surmont ct Pridhomnu, La phtisie pul-
irtonaire h Lille. £2
Storch, lieber den anatomischen Befund
I K-i einem für Deutschland endogenen
Fall von Lepra tuberosa. Zugleich
ein Beitrag zur Frage nach den Be-
ziehungen zwischen Aussatz und
Tuberkulose. 8Q8
Strauss, Contribution ä l’etudo experi-
mentale de la tuberculose par in-
gestion. (Nouveaux faits j>our servir
il la distinction des bacilles de la
tuberculose humaine et aviaire.) 881
Unna , Der Fettgehalt der Tuberkel-
bacillen. 03H
Vogts , Der Kampf gegen die Tuber-
kulose de« Rindviehs. 703
Werneck de Aquilar, Ucber Fibrin-
bildung bei den verschiedenen ana-
tomischen Produkten der Tuberkulose.
Hilft
Winter, Muskeltubcrkulose beim
Schwein. 5-15
Wolf), Zur Hereditätalehre der Tuber-
kulose. 03
— , Uebcr die Tuberkulose de« Eier-
stocks. 357
Tumoren.
Brunner, Resultate der Serumbehand-
lung bösartiger Neubildungen. KM
Diamare, Ucber entozoische tuberkulöse
Neubildungen. (Orig.) 45ft
Courmont, Le söruin de Marmorek
n’immunise pas le lapin contre le
streptocoque de l’drysipöle. 707
Galli-Valerio, Nota ’preventiva sopra
alcune neoformaziom nodulari. 810
Jona, Die Schutzmittel des Organismus
gegen die Blastomyceten. (Orig.) 14Z
Roncali, Ueber die Behandlung bös-
artiger Tumoren durch Injektion der
Toxine des Streptococcus erysipclatis,
zugleich mit dem des Bacillus pro-
digiosus. sowie der nach den Methoden
von Richet und Hericourt und nach
den von Emmerich und Scholl zube-
reiteten sog. anticanceröscn Serum-
arten. (Orig.) Z82
— , Mikrobiologische Untersuchungen
filier einen Tumor des Abdomens.
(Orig.) 51Z
Sanfelice, Süll’ azione patogenn dei
blastomiceti. 158
Stonc, Report of a case of malignant
uterine tumor treated by the toxins
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707
Typhus.
Achard, Passage de la proprietö aggluti-
nantc ä travers la placcnta. 148
Capaldi und Proskauer, Beiträge zur
Ken nt ni« der Säurebildung bei Typhus-
bacillcn und Bacterium coli. Z34
Conrmont , Repartition , formation ct
destruction de la substance aggluti-
nante chez les typhiques. ttJLIi
— , Rdpartition de la substance aggluti-
nantc dans l’organisme des typhiques.
484
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61 *
964
Register.
Ferrand, R&ction agglntinante dttl
un caa de scpticdmie grave sang ba-
cille trphlque. 182
Fraenkei , Ueber den Wert der Widal-
schen Probe zur Erkennung des»
Typhus abdominalis. 3ß2
— , Weitere Erfahrungen überden Wert
der WidaTschen Probe. Uli
Gibcrt, Les cbums de la fifcvre typhoide
au Havre. 21
ftruber, Beitrag zur Serodiagnostik de«
Typhus abdominalis. 815
Griinbaum , Ueber den Gebrauch der
agglutinierenden Wirkung von mensch-
lichem Serum für die Diagnose des
Abdominaltyphus. 745
Ilaedke, Die Diagnose des Abdominal-
typhus und WidaPs serumdiagnosti-
sches Verfahren, 352
Ueydenreich , Emphysem der Lelx*r.
(Orig.) 305
Horton- Smith, On the occurrcncc of
typhoid bacilli in the urine of patients
suffering from typhoid fever. 135
Jet, Ueber die Bedeutung der Widal-
schen Serodiagnostik. Ü12
Job m ton. Ueber den Gebrauch von im
Wasser aufgelösten trockenen Blute
für die Serumdiagnose des Typhus.
(Orig.) 523
Kamen , Ein weiterer Fall von typhöser
Meningitis. (Orig.) 44Q
Kashvla , Differenzierung der Typhus-
bacillen von Bacterium coli comnuiue
durch die Ammoniakreaktion. (Orig.)
SB
Kolle, Zur Serodiagnostik des Typhus
abdominalis. 4SI
Lembke , Bacterium coli anindolicum
und Bacterium coli anaerogenes. 2S1
Meunier, Du s^rodiagnostic dans un
cas de tubcrculose aigue et de fievre
typhoide assoeiöes. 719
Niemann , Zur Desinfekt ion von Wohn-
räuraen mittels Formaldehyds. 3Iü
Van Oordt , Zur Serodiagnostik des
Typhus abdominalis. 744
Pfeiffer u. Kolle, Experimentelle Unter-
suchungen zur Frage der Schutz-
impfung des Menschen gegen Typhus
abdominalis. Uh
Pfuhl, Eine Vereinfachung des Ver-
fahrens zurSerodiagnostik des Typhus.
(Orig.) 52
Renon , Ndceamte d’examiner les eulture*
avant l’addition du s£rum dans la
recherchc de la reaction de Widal.
4K1
Richarden, Die Diagnose von Typhus-
kulturen vermittelst getrockneten
Tvphusaerums. ( Orig J 445
Rierke, Uel)er die keim widrigen Eigen-
schaften des Ferrisnlfatx. 7 öd
Sehe ff er, Uebo* die Widal’scbe Serurn-
diagnose des Typhus abdominalis. 744
Siegcrt , Ueber die Bedeutung der Widal-
schen Serumdiagnose für die Lehre
vom Typhus abdominalis de« Kindes-
altere.' faltL
Stern, Ueber Fehlerquellen der Sero-
diagnostik. 242
— , Diagnostische Blutuntersuchnngon
beim Abdominaltyphus. 47S
Uhlenhuth , Beitrag zur Scromdiagnose
bei Typhus alxlominalis.
Widal et Sicard, La reaction agglmi-
nante sur les bacilles morts.
, La mensuration du pouvoiragglu-
tinatif chcz les typhiquee. 4S4
Wundinfektion.
Apolant, Ueber Infektion einer Zahn-
operationswunde. 695
Xerose.
Peters. Ueber das Verhältnis derXerose-
bacillen zu den Diphtheriebacillen,
nebst Bemerkungen über die Con-
junctivitis crouposa. Göü.
Schanz, Zur Aetiologie der Conjunc-
tivitis pseudoraembranosa. 22
Sehimmelpfcnnuj, Ueber einen Fall von
infantiler Conjunctivalxerose mit Ke-
ratomalacie. 0Q6
Zaraath.
Sark, Was ist Zaraath (Lepra) der
hebräischen Bil)el ? SU
c. Durch Bakterien und andere Parasiten hervorgerufene
Krankheiten einzelner Organe etc.
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Abelsdorff, Zur Prophylaxe der sym-
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Axenfrld , Ueber die chronische Diplo-
bacillen oonjutictivitis. (Orig.) l
AxenfeH , Beitrag zur Aetiologie der
Bindehautentzündungen. 34ü
— , Uel>er mildere und gutartige meta-
statische Augenentziindung , sowie
über doppelseitige Thrombose bei all-
gemeiner Sepsis. 343
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Register.
965
Bach , Antisepsis oder Asepsis bei Bul-
busoperationen. 170
— , Bakteriologische Untersuchungen
über den Einfluß antiseptischer Ueber-
schläge auf den Keimgehalt des Lid-
randes und Bindchautsackes. 553
Bach, Antisepsis und Asepsis in ihrer
Bedeutung für das Auge. 910
Darier , De l'importance de la th<?ra-
peutique locale dans les irido-chorioi-
dites infectieuses , sympathiques et
autres. 343
Diamare, Ueber entozoische tuberku-
löse Neubildungen. (Orig.) 459
Franke, Weitere Untersuchungen über
Asepsis und Antisepsis in der Augen-
chirurgie. 554
Fuchs, Ueber Pilzrasen auf der Binde-
haut. 342
Heipke, Der akute epidemische Schwel-
lungskatarrh und sein Erreger (Ba-
cillus septatus). 213
Gifford , Der Fraenkel’sche Diplococcus
als häufiger Erreger des akuten Bin-
dehautkatarrhs. üQ£
Goh, Beitrage zur Kenntnis der Augen -
Veränderungen bei septischen Allge-
mein leiden . sog. Retinitis septica,
gutartige metastatische Entzündung,
doppelseitige marantische Thrombose.
540
Greeff, Die Keratitis interstitialis (paren-
chymatöse) in ihren Beziehungen zu
Allgemeinerkrank ungen. 885
Grünere, Beitrage zur Tuberkulose der
Bindehaut. 542
r. Hippel , Ueber Keratitis parenchy-
matöse. Klin. Untersuchungen 22
lieber, Ueber die Pathologie des Tra-
choms. 341
Morax u. Blach, Die Bakteriologie der
verschiedenen Arten von akuter Con-
junctivitis im allgemeinen und der
akuten kontagiösen Conjunctivitis im
besonderen. 1112
Muctxe, Beitrag zur Kenntnis des Mollus-
cum contagiosum der Lader. 22
Neumann, Sur la Filaire de Poeil du
cheval. 481
Nieden , Ueber die Anwendung des
Emmerich-Hcholl 'sehen Krebsserums
und des Formols bei inoperablen
Augengeschwülsten. 550
Peters, Ueber das Verhältnis der Xe-
rosebacillen zu den Diphtheriebacillen,
nebst Bemerkungen über die Con-
junctivitis crouposa. liÖli
Pflüger , Ueber Keratitis parenchyma-
töse. 343
Pichler, Zur Frage der diphtheritischen
Bindehautentzündung. 24
Ranvier, Du röle physiologioue des leu-
cocytes, ä propos des plaies de la
cornöe. 889
Salxer, Ein Fall von Molluscum con-
tagiosum an den Augenlidern. 192
Schanz, Zur Aetiologie der Conjuncti-
vitis pseudomembranosa. 23
Schimmelpfennig , Ueber einen Fall von
infantiler Conjunctivalxerose mit Ke-
ratomalacie. <i9(i
Schultxe, Tuberkulöse Iritis mit Kera-
titis parenchymatosa. üä
Strsheminsky , Ein Fall von pseudo-
membranöser Augenbindehaut - Ent-
zündung, hervorgerufen durch den
Loeff ler 'sehen Bacillus und geheilt
mit ßehring’s Heilserum. 552
Blase.
Finckelstein, Ueber Cystitis im Säug-
lingsalter. 3Q
Blut.
Arloing, Distribution de la matitVe ag-
glutinante des microbes dans le sang
et quelques autres humeurs de l'or-
gamsme. 484
Courmont, Reparation de la substance
agglutimuite dans l’organisme des ty-
phiques. 484
Fodor u. Rigler, Neuere Untersuchungen
über die Alkalizitat des Blutes. (Orig.)
134, Ski
Holmes, The diagnosis of tuberculosis
from the morphology of the blood
— an original research with report
of cases. 21
Johnston, Ueber den Gebrauch von im
Wasser aufgelösten trockenen Blute
für die Berumdiagnose des Typhus.
(Orig.) 523
Knoll, lieber Demodex phylloides suis
(Csokor) beim Schweine. 413
Rohn, Bakteriologische Blutuntersuch-
ungen , insbesondere bei Pneumonie. Ü82
Rolle , Zur Serodiagnostik des Typhus
abdominalis. 4SI
Lateran, Comment prend-on le palu-
disme ? 289
Letckowicz, Ueber den Entwickelungs-
gang und die Einteilung der Mala-
riaparasiten. ( Orig.) 12ii
v. Sicherer, Chemotaxis der Warm-
blüter - Leukocyten außerhalb des
Körpers. 3&
Stern, Diagnostische Blutuntersuchun-
gen beim Abdominal typhus. 478
liapisarda, Contributo alla casistica dell’
anchilostom-anemia. (»15
Rougei, Contribution il l’ötude du try-
panosorae des mammiferes. 414
966
Register.
Widal et Sicard , La niensuration du
pouvoir agglutinatif chez lee typhi-
ques. 184
Darm.
Casciani . Die Ausscheidung des Schwe-
feläthers durch den Harn bei der
Stypeis, bei verschiedener Ernährung
und beim Gebrauch von Chlorör und
natronhaltigen, als Abführmittel an-
gewandten Mineralquellen. 1118
Celli , Eziologia della Dissen teria ne’
suoi rapporti col B. coli e colle aue
tossine. 810
Heydenreich , Emphysem der Leber.
(Orig.) 3üä
Lernbke , Bacterium coli anindolicum
und Bacterium coli anaerogencs. 281
Maklexou, Zur Frage der Durchgängig-
keit der Darmwand für Bakterien bei
Darm Verschluß. Ö3Ü
Rabe , Bacterium coli commune als
Krankheitsursache bei Tieren. 282
Willach , Zur Aetiologie der eiterig kä-
sigen Knötchen des Kinderdarmes 732
Zinn u. Jiuoby, Ueber das regelmäßige
Vorkommen von Anchylostomum duo-
denale ohne sekundäre Anämie l>ei
Negern, nel>st weiteren Beiträgen zur
Fauna des Negerdarmes. 215
Harn.
Bujwid , Diphtheriebacillen in einem
Harnsedimente. (Orig.) 391
Casciani. Die Ausscheidung des Schwe-
fehithers durch den Harn bei der
Stypeis, bei verschiedener Ernährung
und l>eim Gebrauch von Chloriir und
natronhaltigen, als Abführmittel an-
gewandten Mineralquellen. 238
Horton- Smith , On the occurrence of
typhoid bacilli in the urine of patients
suffering from typhoid fever. 735
Haut.
Buschke, Ueber chronischen Kotz der
menschlichen Haut nebst Bemerkun-
gen über die Anwendung des Mallein
beim Menschen. 613
Gilchrist and Stoker, The pr»«ence of
an Oidium in the tissues of a casc
of pseudo limus vulgaris. £92
Ktihnl, Eine Endemie von Pemphigus
neonatorum. 288
1 sich lenstem, Akute Miliartuberkel der
Haut liei allgemeiner akuter Miliar-
tuberkulose. 357
Rosenbach, Ueber die tiefen und eiternden
Trichophytonerkrankungeu und deren
Krankheitserreger. 33
Vogel , Pemphigus neonatorum. 288
Galle.
Quenu, Infection biliaire ä colibacille. 886
Gefäße.
Quenu, Infection biliaire ä colibacille. 886
Gehirn.
Kratter u. Böhtnig, Ein freier Gehirn-
cysticercuß als Ursache plötzlichen
Todes. 616
Geschlechtsorgane.
Hei man , A further study of the biolog)'
of the gonoeoccua (Neisser) with con-
tributions to the technique: a naper
based on the morphologicul and bio-
logical examination of exudates in
caaes of chronic Urethritis. 136
Schmidt , Hodentuberkulose. 512
Herz.
Charrin, Modifications cardiaques dues
aux toxinea. 885
Floxner, A Statistical and experimental
study of terminal infectious. 88t
Mollard et Raja ml, Ia*sions du uiyo-
carde dann l’intoxication aigue ^»ar la
toxine diptherique, Gontribution ä
l’^tude experimentale des inyocardittw.
Kehlkopf.
Orcscimanno, Tubercolosi laringo-pol-
monale curata col siero Muragliano. 551
Vulpius, Ueber primäre Ozaena laryn-
go-trachealia. 112
Knochen.
Mir coli, Osteomicliti piogenetiche speri-
mentali. All
Hoger et Jonic, Action de certains serum*
sur la moelie des os. SS8
Haare.
Markusfeld , Ueber die Aetiologie der
Trichorrhexis nodosa (Kaposi). (Orig.)
230
Leber.
Galli- Valerie, Nuove ricerche sui nodul!
epatici e osservazioni SU alcuni noduli
polmonari del cavallo. 88Ü
Digitized by Google
Register.
967
Heydenrtich , Emphysem der Is-ls-r.
(Orig.) 305
Korn , Bakteriologischer Befund bei
einem Leberabseeß. (Orig.) 433
Scagliosi, Die Rolle des Alkohols und
der akuten Infektionskrankheiten in
der Entstehung der interstitiellen
Hepatitis. 20
Lunge.
Crescimanno, Tubercolosi laringo-pol-
nionale curata col siero Maragliano. 551
Frökner, Generalisierte Botryomykose
beim Pferde mit Lungenmetastasen.
Jodbehandlung. liÜÜ
Gaili - Valerio, Nuove riecrche sui noduli
epatici e osservazioni su uli-uni noduli
polmonari del cavallo. tSü
L lieting, Ueber Flagellaten (Tricho-
monas) in der Lunge eine« Schweine»
bei lobulärer Pneumonie. (Orig.) 721
Nieren.
Ftexner, A Statistical and experimental
study of terminal infection». 381
Willach. Eine Ursache der multiplen
emlwlisehen Nephritis (weißen Fleck-
niere) der Kälber. 359
Ovarien.
Woiff. Ueber die Tuberkulose des Eier-
stocks. 357
Peritoneum.
de Querrain, lieber Fremdkörpertuber-
kulose de« Peritoneum« bei uniloku-
lärem Echinococcus. 615
Pharynx.
Gottstein, Pharynx und Guumentousille,
rimäre Eingangspforten der Tuber-
ulose. 65
Mund.
Bruschrltini. Erwiderung auf den Ar-
tikel von Dr. Marx, betreffend meine
Untersuchungen über die Aetiologie
der Hundswut. (Orig.) 203
Dobrxgniecki, Ueber Leptothrix. (Orig.)
225
— , Zwei chromogene Mikroorganismen
der Mundhöhle. (Orig.) K33
Muskeln.
Winter , Muskeltuberkulose beim
Schwein. 5-15
Nase.
Plnder, Ueber Rhinitis fibrinosa diph-
tberica. 161
Nerven.
Pieeiuinn e Orimaldi, Contribnto allo
studio dell' iufluenza del sistema ner-
voso nelle infezioni. 538
Smegma.
Bunge und Trantenroth, Smegma- und
Tuberkolbacillen. 353
Himsell , Ueber Differentialfärbung
zwischen Tuberkelbacillen und den
Bacillen des Smegma«. 7t iO
Tonsillen.
Gottstein, Pharynx und Ganmentonsille,
primäre Eingangspforten der Tuber-
kulose. 65
Pluder u. Fischer. Ueber primäre latente
Tuberkulose der Rachenmandelhyper-
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Schlesinger, Die Tuberkulose der Ton-
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Uterus.
Stirne, Report of a case of malignaiit
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ZQZ
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Ariola, Note intomo agli Elminti del
Museo Zoologico di Torino. 361
Arloing, Bericht über das Pneumo-
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der Limgenseucbe. 208
Auelair, Essais de serothörapie experi-
mentale autituberculeuse a l’aide du
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die Aetiologie der Maul- und Klauen-
seuche. (Orig.) 835
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Maul- und Klauenseuche au f Schafe. 31
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968
Register.
Behla, Ueber dag Vorkommen von »Schar-
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Bensley, Two fornig of Distoraum cyg-
noides. (Orig.) 320
Berichte des Herrn Prof. Pr. Koch
über seine in Kimberlcy gemachten
Versuche bezüglich Bekämpfung der
Rinderpest. (Orig.) 526
Be nisten , Praktische Erfahrungen mit
der Schutzimpfung gegen Schweine-
rotlauf. 375
Böhm, Zur Technik der Masaenimpf-
ungen. Ilii
Bonvicini, Ricerche batteriologiche e
sperimentali sulla eziologia della lence-
mia nel cane e nel bue. 211
Braun, Trematoden. lßü
Brusehettini , Erwiderung auf den Ar-
tikel von Pr. Marx, betreffend meine
Untersuchungen über die Aetiologie
der Hundswut. (Orig.) 203
Bussen tus u. Siegel, Per gemeinsame
Krankheitserreger der Hundseuche
der Menschen und der Maul- und
Klauenseuche der Tiere. 478
, Zur Frage des Bacillus der Maul-
und Klauenseuche. 418
, Zur Frage der Uebertragung von
Maul- und Klauenseuche auf den
Menschen. 282
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der C'ampagna von Rom. (Synonyme:
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mänien und Finlana, Hämatin urie in
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(Orig.) üül
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cinghiale. 215
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Genus Amabilia (mihi). (Orig.) 802
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des Starrkrampfes beim Pferde mit
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Fodor u. Rigler, Neuere Untersuchungen
über die Alkalizitat des Blutes. (Orig.)
134. 180
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Friedberger u. Fröhner, Lehrbuch der
speziellen Pathologie und Therapie
der Haustiere. MI
Fröhner, Generalisierte Botryomykose
beim Pferde mit Lungenmetastasen.
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Galli- Valeria , Note parassitologiche-
— , Nota preventiva sopra alcune neo-
formazioni nodnlari. 810
— , Sopra due casi di tufereukwi nel
cane. 882
— , Nuove ricerche sui noduli epatici
e OHservazioni su alcuni noduli polmo-
nari del cavallo. 886
Qarth, Ueber Milzbrand bei Schweinen.
2Üß
Oröxinger, Vermutliche Uebertragung
der Druse durch die Begattung. 413
Grunau , Vorläufige kurze Notiz über
ein neu»* Schutzmittel gegen den
seuchenhaften Durchfall bei Kälbern.
&>2
Guillebeau, Die Verwendung des Flei-
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sundheitspflege. S2
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rückenmarksseuche der Pferde. Me-
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Hauch, Rauschbraud bei Schafen. 695
Houck, Tuberculosis in a dog. 02
Jaeobi , Amabilia und Diploposthe.
(Orig.) 813
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Johne, Zur Kenntnis der scuchen artigen
Ucrebrospinalmeningitis der Pferde.
207
— , Zur Porcosan frage. 031
Jüngers , Nochmals die Maul - und
Klauenseuche. 740
Kabitx , Ein leicht herstellbarer Ther-
mostat für Finnenuntersuchungen. 418
Kämpffer, Kurze Mitteilung über eine
Kuhpockenepidemie mit Uebertragung
auf den Menschen. 28 j
Klepp , Ueber angeborene Tuberkulose
fei Kälbern. fil
Knall, Uefer Peinodex phylloides suis
(Csokor) beim Schweine. 413
Kräiouchkine . Lee vaccinations antirabi-
quee ä St. Pöterobourr. Rapport
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de in6decine experimentale. 552
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disme ? 289
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von Lungenseuchcnlymphe durch
Impfung von Kälbern. 30
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Tuberkulin. 251
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Register.
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ein gefährlicher Fisch parasit dt*
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Egyptens. II. (Orig.) in 9
Luthes. Ist bei den heutigen Erfahrungen
über Nutzen und Wirkung des Tuber-
kulins eine zwangsweise Impfungmit
Tuberkulin vorab für die den Kör-
kommissioncn vorzuführenden Zucht-
stiere anzustreben? 551
Lungteitx, Einiges über Tuberkulose. 554
Mariotti-Bianchi, Contributo allo Studio
dell’ azione del siero di sangue di
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organismi i loro prodotti toxici. 55Q
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und der Fischeier. 811
Xeumann, Sur la Filaire de l’oeil du
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und Klauenseuche (Aphthenseuche).
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Rinderfinnen und die Verwertung des
Fleisches der finnigen Rinder in den
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Piano, Ricerche sulla morfologiea della
Siinondsia paradoxa Cobb. e di alcuni
altri nematodi parassiti dello stomaco
degli animali della specie Bus scrofa L.
887
— , Osservazioni sul Dispharagus nasu-
tus Rud. dei polli e sulle larve nemat-
elraintiche delle mosche e dei porccl-
lioni. 887
PourtaU, Die Impfung zu Schutz- und
Heilzwecken gegen die Wut. 4Q
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Jahren 1895 und 1896 im Regierungs-
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impfungen. 487
Habe, Bacterium coli commune als
Krankheitsursache bei Tieren. 282
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( Orig.) 465
Heissmann, Der jetzige Stand unserer
Kenntnisse und Anschauungen von
der Gcsiuidheitsschädlichkeit des Flei-
sches tuberkulöser Tiere. 543
Rex, Behandlung von Pferden mit Te-
tanusantitoxin. 482
Rißling, Ein einfacher Thermostat für
Finnenuntersuchungen und Mitteilung
eines Versuches über die Lebensdauer
der Schweinefinnen in frischem und
gepökeltem Fleische. 412
Ronneberger , Einiges über die durch
die Tuberkulose der Rinder verur-
sachten Schäden. 543
Rosso, Elmintiasi cutanea dd cane. 887
Rouget, Contribution 4 l’ätude du try-
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1896. 8KS
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der von der Taenia botrioplitis im
Huhndarm herbeigeführten Ver-
letzungen. 35
Simon, Seltene Tricliinosis. 548
Stiles and llassall , Tapeworms of
poultry. 3fi
Storch, Die Pleuropneumonie der Ziegen
im Steinbacher Grunde. 105
Strauss, Contribution 4 l’ätude experi-
mentale de la tuberculose par in-
gestion. (Nouvcaux faits pour servir
4 la distmetion des bacillcs de la
tuberculose humaine et aviaire.) 881
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den Rauschbrand. Statistik über die
Schutzimpfungen und deren Resul-
tate. 39
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(Orig.) 112
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Voges, Der Kampf gegen die Tuber-
kulose des Rindviehs. 203
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Schweineseuchen. (Orig.) 594
Wieting , Ueber Flagellaten (Tricho-
monas) in der Lunge eines Schweines
bei lobulärer Pneumonie. ( Orig.) 721
Willach, Eine Ursache der multiplen
embolischen Nephritis (weißen Flcck-
niere) der Kälber. 359
— , Milzbrand oder nicht Milzbrand?
lDti
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970
Register.
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käsigen Knötchen de« Rinderdarmes.
132
Williams , Rinderseuehe auf Jamaica.
m
Winter , Muskeltuberkulose beim
Schwein. 315
Wüllinger , Experimentelle Beiträge zur
Lösung der Porcosan frage. 201
Zsc holde , Die Tänien der aplaccntalcn
. Säugetiere. 29;;
Zupnxk, Ucber die praktische Verwend-
Ixarkeit der Mäusebacillen . insbeson-
dere des Loefflerischen Bac. typhi
muri um. (Orig.) Uh
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nante ä travers la placenta. 248
Arloing , Distribution de la matifcre
agglutinantc des microbcs dans le sang
et quelques aut res humeurs de l’or-
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— , Bericht über das Pnetunobacillin und
seine Verwendung bei der Lungcn-
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£3
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Substraten. (Orig.) 101
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gen. llß
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löslichen Zellprodukte für den Chemis-
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Milch auf Tuberkelbacillen. 70
Bunge und Trantenroth, Smegma- und
Tuberkelbacillen. 353
Capaldi und Proskauer , Beitrage z.ur
Kenntnis der Säurebildung bei Typhus-
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Kultur von Amöben. (Orig.) 570
Ciechanmcski , Krystallbildung in den
Nährmedien. (örig). 233
Colhcrg , Ueber die unschädliche Be-
seitigung und gewerbliche Ausnutzung
von Tierkadavern und beanstandetem
Fleisch in Schlachthöfen durch den
R. A. Hartmann 'sehen Extraktions-
apparat. 11
Courmont , Röpartition de la substance
ngglutinnnte dans Torganisme des
tvphiques. 181
— , Iu'partition, formation et destruction
de la substance agglutinante chez les
tvphiques. (ilö
Demson , The microecopial proof of a
eurative process in tuberculosis ; or
the reaction to tuberculin evidenced
by blood changes hitherto unrocog-
mzed. z2
Oorsct, Crvstal formation in culture
media. (Orig.) 123
Engels, Ueber die Verwendbarkeit des
Chrysoidins t ei der Choleradiagnose.
( Orig.) 81
Ferrand, R&iction agglutinante dans un
cas de septic&nie grave sans bacille
tvphiquc. 4SI*
Fraenkel, Ueber den Wert der Widal-
schen Probe zur Erkennung des
Tvphus abdominalis. 362
— , Weitere Erfahrungen über den Wert
der Widal’schen Probe. 21h
Frosch, Zur Frage der Reinzücht unc
der Amöben. (Orig.) 820
Gärtner, Verbesserung an Injektion-
spritzen. 218
G ruber, Beitrag zur Serodiagnostik des
Typhus abdominalis. 815
Grünbaum , Ueber den Gebrauch der
aggli 1 1 i n i erenden W irkung von mensch-
lichem Serum für die Diagnose de*
Abdominaltyphus. 245
Guthmann, Üebcr die bakteriologische
Diagnose der Diphtherie. 518
Haedke, Die Diagnose des Abdominal -
tvphus und wJdal’s serumdiagnosti-
senes Verfahren. M?
Hanau, Ueber einen bequemen Behälter
für einzelne Mäuse oder Ratten. 418
Heinum, A further study of the biology
of the gonococcus (Neisser) with con-
tributions to the technique: a paper
based on the morphological ana bio-
logical examination of exudates in
cas es of chronic urethritis. 736
Hesse, Ueber die Verwendung von Nähr-
agar-Agar zu Wasscnintcrsuchungen.
Hierocles, Studien zur Frage der Be-
einflussung der Färbbarkeit von Bak-
terienmaterial durch vorhergehend*
Einwirkung bakterienschädigender
Momente. 416
ran’t Hoff, Eine schnellere und quan-
titativ bessere Methode der bakterio-
logischen Plattenzahlung. (Orig.) 231
Holmes, The diagnoeis of tuberculost-
from the morphology of the blood
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Register
971
— an original research with report of
casos. ZI
Honsel! , Ueber Differentialfärbung zwi-
schen Tuberkelbacillen und den Ba-
cillen de« Smegmas. 700
Horton-Smith , On the occurrence of
typhoid bacilli in tho urine of patienta
sulfering from typhoid fever. 7 Ti
Ingraham. A criticism on the „guinea-pig
test“ for tuberculosis. 72
Jen, Ueber die Bedeutung der Widal-
«chen Serodiagnostik, 017
Johnston, lieber den Gebrauch von im
Wasser aufgelösten trockenen Blute
für die Serumdiagnose des Typhus.
(Orig) ' 523
Kairih., Ein leicht herstellbarer Thermo-
stat für Finnenuntersuchungen. 418
Kaskida, Differenzierung der Typhus-
bacillen vom Bacterium coli commune
durch die Ammoniakreaktion. (Orig.)
802
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mikroskopischen Untersuchung auf
Bakterien in Deckglas- und Objekt-
trägerpräparaten. (Orig.) MZh
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procedures in preparation of blood-
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oculation against diphtheria. 103
Kölle, Zur Serodiagnostik des Typhus
abdominalis. ’ 484
Kondratieff, Zur Frage über den Selbst-
schutz des tierischen Organismus
gegen bakterielle Infektionen. (Orig.)
M
König u. Remelc, lieber die Reinigung
von Schmutzwässern durch Elektri-
eität. 825
Krause, Zur Kenntnis des Formaldehyds
und der Barthel '«chen Lampe zur Er-
zeugung desselben. 701
Leistikow, Versuche zur Gewinnung
von Lungenscuchenlymphe durch
Impfung von Kälbern. 36
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la tubcrculose par la tuberculine. 51!)
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zur Bereitung des Nähragars. (Orig.)
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Mclnikoie-Rasieedenkoir, Ueber das Auf-
bewahren pathologisch -anatomischer
Präparate. 818
Heun%er, Du sörodiagnostie dans un
ca« de tubereulose aigue et de fifevre
typhoide assoeiäes. 74!)
Nieolas, Apparition du pouvoir aggluti-
nant dans le särum de sujets trait/-s
par le sörum antidiphtärique. -183
Van Oordt , Zur Serodiagnostik de«
Typhim abdominalis. 744
Oppler, Zur Sterilisation elastischer Ka-
theter mittels Formaldehyddampfen.
42
Renon. Nöcessitö d’examiner les cultures
avant l’additdon du särum dans la
recherche de la röaetion de Widal. 483
Rißling, Ein einfacher Thermostat für
Finnen Untersuchungen und Mitteilung
eines Versuches ülier die Lebensdauer
der Schweinefinnen in frischem und
gepökeltem Fleische. 417
Robertson , Ueber Objektträger und
Deckglashalter. (Orig.) 58!)
Roloff, Kombination der Weigert'schen
Fibrinfärbung mit der Färbung auf
Tuberkelbacillen. 249
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neue Färbungsmethode des Tuberkel-
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kulturen vermittelst getrockneten
Typhusserums. (Orig.) 445
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Srheffer, Ueber die Widalsche Serum -
diagnose des Typhus abdominalis. 744
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automatischen Gaaabschlusses beim
Verlöschen der Flammen an Brüt-
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besonderes Verfahren zur Färbung
der Bakterien im Deckglaspräparate
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schen Serumdiagnose für die I «ihre
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Kartoffeln zu Knlturzwecken. (Orig.)
100
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I>epra und Tuborkclbacillen. 817
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— , Ueber Fehlerquellen der Serodia-
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mentale de la tubereulose par in-
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tubcrculose humaine et aviairc). 881
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t m
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— et liensande, Sur la präsence de la
proprietc agglutinante «ans le nl«M
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nisme. 32
D’Aguanno, Considerazioni sulla siero-
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m.
Ahlfeld. Die Heißwasseralkoholdcsinfek-
tion und ihre Einführung in die all-
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der Lungenseuche. 208
— , Distribution de la mattere aggluti-
nante des microbes dans le sang et
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nisme. 48-1
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kranke. 24.
Auelair, Essais de sürothärapic experi-
mentale antituberculeuse a l’aide du
sang de jmjuIcs traiOSea. 819
Bach , Antisepsis oder Asepsis bei Bul-
busoperationen. 120
— , Bakteriologische Untersuch ungen
über den Einfluß an ti septischer Ueber-
schläge auf den Keimgehalt de« Lid-
randes und Bindehautsackes. 553
— , Antisepsis und Asepsis in ihrer Be-
deutung für das Auge. 010
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covery. 29h
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der Schutzimpfung gegen Schweine-
rotlauf. 32h
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neuem Antitoxin behandelt. L1I
Böhm, Zur Technik der Massenimpfun-
gen. 116
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kokkenserum (Marmorek). 422
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Brähmer, Eisenbahnhygiene. L14
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Diphtherie und des Tetanus. 160
Brunner , Resultate der Serumbehand-
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Bruschettini, , Erwiderung auf den Ar-
tikel von Dr. Marx, betreffend meine
Untersuchungen über die Aetiologie
der Hundswut. (Orig.)
Büchner , Die Bedeutung der aktiven
löslichen Zellprodukte für den Che-
mismus der Zelle.
Buschke , Ueber chronischen Rotz der
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gen über die Anwendung des Mallein
beim Menschen. 613.
Calmette, Sur le venin des sorpents et
sur l’eraploi du sdrum antivenimeox
dans la tberapeutique des morsure*
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Gambier, Resistance des gennes bacte-
riens ä la ehaleur sieche. 211
Celli, Eziologia della Dissen teria ne:
suoi rapporti col B. coli e colle soe
tossine. 81 0
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Register.
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Celli u. Santorini, Die Inkubations-
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handlung mit Blutserum von immunen
Tieren. ( Orig.) 42
Cobbett, Contribution ä l’dtude de la
Physiologie du bacille diphtörique. 8Qö
Colberg, lieber die unschädliche Besei-
tigung und gewerbliche Ausnutzung
von Tierkadavern und beanstandetem
Fleisch in Schlachthöfen durch den
R. A. Hartmann’schen Extraktions-
apparat. 41
Courmont , Le sörum de Marmorek
n’immunise pas le lapin contre le
streptocoque de l’örysipöle. |ß7
— , Röpartition, formation et destruction
de la substance agglutinante chcz Ich
typhiques. filfl
— , Köpartition de la substance agglu-
tinantc dana l’organisme des typhi-
ques. 484
Orede, Itrol (Arg. citricj als Antisepti-
cum. 711
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curative process in tuberculosis ; or
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des Starrkrampfes beim Pferde mit
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Verhalten des Diphtherieheilserums
bei der Filtration durch das Chainber-
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den Körperflüssigkeiten und den ein-
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munisierter Pferde. 620
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un cas de scptic&nie grave sans ba-
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die Wirkung der Röntgen 'scheu Strah-
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Grunau, Vorläufige kurze Notiz über
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seuchenhaften Durchfall bei Kälbern.
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Digitiz
by Google
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Register.
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von Lungenseuchenlymphe durch
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mit Tuberkulin vorab für die den Kör-
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Digitized by Google
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de chien inject^ avec du s4rum d’an-
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bereiteten sog. anücancerösen Serum-
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Schweineseuchen. (Orig.) 594
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Autorenverxeichni*.
an
XI. Heue Litteratur.
XII. Autorenveraeichniß.
Abba 622. 824
Abel, Rudolf 4SI
Abelßdorff, G. 298
AchMd'l?. 66. 148. BIS. 938
Aden Rainer, Th. 36
D’Aguanno 823
Ahlfeld 711 _ ^
Apolant, Eduard 6 89. 696
Anola. V. 36L 362
Arloing, S. 208, 484
Arnone, L. 216
Ascher 14
Askanazy, M. 406
Atkins, E. B. M. 363
Aiäfewf Theodor 1 , 34Ü, 343
Babcock. W. L. 20
Babee V. 835
Bach 170 , 553, 940
Bacon, R. A. E. 296
Ballauce 120
Barbagallo, P. 679
Barbier 546
Bav, J. Christian 63
Behla, Robert 3L 777
Behring 116. 619
Beyer 711
Beijerinck, M. W. 101
Bensande 37
Bensley R. R- 326
Bernabeo, G. 606
B ernsten, M. 376
Beos 487
Bienwald 112
Blach, G. W. 162
Blanchard, R 416
Boer 160
Böhm 116
Böhmig. L. 616
Bonvicmi, A. 211
Bornemann, B. 43«
Bose 37
Boacheron 120
Boarges 366
Braebmer 114
Braon, M. 109
Brieger 16Ö
Broca 238
de Brno 286
Brunner, G. 824
Brußchettini, N. 203
ür.u AbU XXI. Bd.
Buchdrucker 487
Büchner 700
Buege 70
Bujwid, 0. 394
Bunge, R. 363
BnscaUoni, L. 70
Buschke 613
Bus8enius 289, 478
Cadiot 61
Calmette, A. 763
Cambier 21 1
Capaldi 734
Casagrandi, O. 679
Casciani 738
Celli, A. 49. 290 661. 810
Cerfontaine, Paul 402
Charrin 886
Ciecbanow8ki 733
Cobbett, L. 806
Colberg 41
Colucci, V. 216
Coronado, El V. 33
Courmont 484. 707
Courmont Paul 619
Cramer, E. 103
Ciedö 711
Crescimanno, o. oöi
Crim&ldi, A. 538
Crocker, H. R. 297
Cuno 168
Daniels 294
Darbyshire 702
Darier, A. 343
Delezenne 37
Deligiannis, K. P. 72
Denison, Cb. 72
Diamare, Vincenzo 469. »od
Dieckerhoff 107. 118
DieudonmS A. 369. 370
Dobrzyniecki, Arpäd R. von
Dobczynski 702
Dolöris 366
Dorset, Charles 473
Drossbach. G. P. 67
Düngern, Freiheir von 340
Dunwody, J. A. 74
Düring, von545 ^
Dzierzgowski, J. 333
Dziengowski, S. 620
Edelmann 113
Ehrlich 420
978
Autorenverzeichnis.
Engele, Walter 81
van Ermengem 13
Fairweatter 614
Forrand 482
Finckelßtein, EL 30
Fiocca, R 280
Fiorentini, A. 820
Fischer, W. 641
Flexner, S. 884
Flügge, C. 424
Fodor 184, 186
Fraenkel, C. 862. 478. 746
Franke, E. 554
Frantzius, E. 261
Freyhan 708
Friedberger, Franz 547
Fröhner 542. 696
Frosch, P. 020
Fachs, E. 342
Fürbringer 708
Gärtner, Ed. 240
Galli-Valerio, B. 546. 607. 810. 882.
Gangitano, F. 540
Garth 20fi
Gelpke, Th. 213, 342
Gerland 119
Giaxa, de 164
Gibert 21
GifFord, H. ßü8
Gilchrist, T. C. 692. 812
Glück 26
Goh, K. 540
Goldachmidt 62. 115
Gorini, C. 883
Gottstein, A. 823
Gottstein, Georg 65
Grasset 22
Greeff 885
Greemoord, T. P. 295
Grüzinger 413
Gruber, G. 815
Grünbaum 245
Gronau 822
Grunert, G. 542
Günther, Carl 472
Guillebeau 62
Guinard 202
Gussew, L. 849
Guthmann, H, 549
Haase, C. 412
Haedke 362
Haffner, Eugen 23
Halban, J. 105
Hanau 50. 418
Hanot 881
Hassall, A. 36
Hauch 695
Hubert, A. 602. 608
Heddäus, A. 829
Heiroan 736
Heinzerling 114
Helbig 115
Henke, F. 691
Heese, Friedrich 932
Heydenreich, L. 305
Heyraans, J. F. 258
Hieroclös, Const. X. 416
Hippel, E von 22
Holmes, A. M. 21
Holz 539
Honsell 700
Horton-Smith 735
Houck, Ulysses, G. 62
Hövorka von Zderas 26
Huber, J. Cb. 684
Jacob 487
Jacobi, A. 360. 873
Jacoby, Martin 215
Janowski, W. 88. 151. 194. 234
Ibrana, T. 486
Jensen, C. O. 374
Jettmar, J. 878
Jez, V. 612
Impey, S. P. 283
Ingraham, Ch. W. 22
Johne 207. 631
Johnston, Wyatt 523
Jona, Giuseppe 142
Jobu6 888
Jüngers 240
Kabitz 418
Kamen, Ludwig 440
Kaempffer 282
Kashida, K. 802
Keferstein, G. 122
Kirchner, Martin 280
Kischensky, D. 876.
Klein 163, 892
Klepp ÖL 355
Klingmflller 695
KnoU 413
Knorr 116
Koch, R 526. 625
König, J. 825
Kohn 682
Kolle 115. 423. 484
Kondratieff, A. J. 402
Koppel 285
Korn, Otto 433
Krafouchkine 552
Kratter, J. 616
Kraus, Rudolf 592
Krause 261
Krünig, R 711
Krumbein, R. 621
Kflhnau, W. 688
Kuhnt 288
Laehr 282
Lannelongue 66. 819
Lardy 8Ü8
Dtgitized by Google
Autoren Verzeichnis.
979
Laser 6a
Laveran. A. 289
Leber, Th. 341
Lawrie, E. 212
Leichtenstern 357
Leistikow 36
Lembke, W. 281
Lemoine 821
Levi, Amadeo 232
L4vy, L 881
Lewkowicz, Xaver 129
Leier, E. 694
Liebroann 251
Linstow, 0. von 199. 814
Löhr 166
Lönnberg, E. 199. 624. 225
Loesch, M. A. 549
Lohoff 883
London, E. S. 686
Loos, A. 913
Lothes 551
Lowson, J. A. 699
Laeddeckens. F. 129
Langwitz 354
Luraschi, C. 829
Luxenburger, A. 62
Lozzatto, A. M. 58
Maberly 822
Mac Ewan, D. 295
Maklezow, J. J. 939
Maksntow, A. 317. 331
Maragliano, E. 425
Marcantonio 699
Marcuse 545
Marenghi, Giovanni 256
Mariotti-Bianchi, G. B. 559
Mark, E. 523
Marks, P. 359
Markosfeld, Stanislaus 239
Marpmann 274
Martin, A. J. 49
Martini, L. de 82
Man, E. 295 573
Mandnowsky, E. 824
Masoin, P. 258
Massone 234
Matthias 481
Maurizio 811
May, Ferdinand 699
Mecray, P. M 68
Melde 296
Melnikow-Raswedenkow 818
Memmo, Giovanni 657
Merieai 421
Meanier 689. 249
Meyer, Carl 211
Miquel 532
Mircoli, S. 411
Mollard, J. 889
Montefasco, A. 352
Morax, V. 162
Morris, M. 821
Müller, E. 159
Maetze 22
Matschier, L. 344
Nakagawa 559
Neumann, G. 481
Nicolas 483
Nicolle, C. 692. 698
Nieden, A. 339
Niemann 323. 326. 421
Niessen, van 239
Nocard 892
Nnyens, B. W. Th. 215
Ogata, M. 269
Ogilvie, L. 292
Oordt, van 244
Oppler. 0. 42
Orlandi, E. 824
Ostertag 249
Palmieri 356
Pane, Nicola 164. 664
Parona, C. 68
Passini, F. 368
Paul, Th. 219
Penzo, R. 895
Peter 192
Peter, B. US
Peters 696
Pfeiffer 115
Pööger, E 343
Pfuhl, E. 52
Phisalix 938
Piana, G. P. 882
Piccinino, F. 538
Pichler 24
Pike, G. B. 295
Pilger 212
Pintner, TL 692
Pluder 18L 541
Poppert 358
Pottien 296
Pourtalö, 49
Powell, A. 39
Prädhomme 62
Preusse 482
Proca, G. 835
Proskauer 734
Qu^nu 886
Quervain, de 615
Rabe 282
Ranke, H. von 22
Ransom, W. B. 614
Ranvier 889
RapLarda, 0. 615
v. Rathonyi 292
Ratz, St v. 209. 465
Repaud, CI. 889
Reissmann 543
62 *
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980
Autorenverseichnis.
Reithoffer, Richard 298
Siegert 616
Remels, C. 82h
Sieg 59
R4non 483
Silber 376
Renzi, E. de 4M
Sirnmonds, Hl 100
Reuter 217
Simon 548
Rex 487
Sinclair, Coghill J. G. 628
Ricci, A. 622
Siredey 690
Richardson, Mark W. 44h
Smirnow, M. G. A. 621
Riehe 732
Spiegel 817
Richet 42L TM
Soerensen 369
Riecke, E. TM
Spormann 75
Rigler 134, 186
Steiner, Max 385
Rissling 417
Stern, Rieh. 478. 742
Ritter, Julias 164
Stiles, W. 3ß
Rixford, E. 812
Stockes, William Royal 692
Robertson. Siegismund 589
Stone 707
Roger 888
Storch 105. 808
Roloff m
Straus, J. Ml
Roncali, D. B. 318. 394. 517. 782. 858
Strebei, M. 39
Rondelli, A. 70. 824
Strsheminsky, J. J. 552
Sachannek 217
Ronneberger 543
Rosenbach 33. 102
Surmont 67
Rosenberg, L. 160
Rossi- Doria, T. 411
Teisier 702
Ros 80 , G. 887
Thiroloix 806
Roth 114
Tictin, J. 129
Ronget, J. 414
Timaschew, S. M. 623
Roux 367
Trantenroth, A. 353
Rnini, G. 410
Rappel ULI
ücke, A. 31L 389
Russell, J_L L. 888
Uhlenhuth 698
Ratkowski 74
Unna 938
S&ch&roff, N. 265
Sack, Arnold 694
Uschinsky, N. 146
van de Velde 118
Salzer 162
van't Hof£ EL J. 73L 792
Sanfelice, F. 158
Vierhuff 167
Santori, F. S. 49. 561
Vincent 107
Sawyer 71
Vogel m 296
Scagliosi, G. 20. 35
Voges, O. 594. 203
Schab, von 141
Valpins 412
Schaeffer, R. 632
Schanz, F. 23
Walsch, J. J. 68
Schattenfroh 420
Wasielewski, von 901
Scheffer 744
Wassermann, A. 750
Schieck, Franz 60
Weber 286. 695
Schierbeck, N. P. 165
Weraeck de Aquilar 699
Schimmelpiennig 696
Schlaefke, W. 339
Woyl 11L 115
Weyland, J. 798
Schlesinger, E. 64
Wickors, H. A. 703
Schmidt 542
Widal 482. 484
Schoen, E. 410
Wieber 425
Schuchardt 354
Wieting, J. 221
Schflrmayer, B. 400
Willach 106. 359. 737
Schultze, S. 65
Willemer 116
Semmer, E. 75
Williams 360
Semonowicz, W. 874
Williams, John D. 121
Sicard 482. 484
Williams, Roger 546
Sicherer, O. von 38
Winter 545
Sicolla 3M
Wittlin 486
Siedamgrotzky 487
Siegel 289. 478
Wittlinger 704
Wolf, Sidney 809
i
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Autoren Verzeichnis.
981
Wolff, Bruno 352
Wol£ F. (i3
Wright, S. H. 328
Yersin, A. 365
Zagontschkonski, von 211
Zainbaco-Pacha 235
Zononi, Constanze U)
Ziemann, Haas 041. 805
Zinn, W. 215
Zapnik, Leo 446
Zarakowski 345
Zschokke, F. 293
Corrlgendum.
In diesem Centralblatt No. 84/28. p. 930 Zeile 22 von oben ist statt „nie“
„mir“ und p. 932. Zeile 1 von oben statt „Kairo“ „Berlin“ au lesen.
Berichtigung.
Die Verschiedenheit zwischen dem Passus: „ganze Reihe von
anatomischen Beobachtungen“ auf Zeile 21 meines Artikels Ama-
bilia und Diploposthe und dem Wortlaute Diamare’s: „ge-
naue anatomische Beobachtungen“ (p. 872. Z. 39) erklärt sich daraus,
daß mir nur der Probeabzug von D.’s Arbeit vorlag, nachträglich
aber von mir unbekannter Seite jene Veränderung vorgenommen
worden ist An den Thatsacheu ändert sich damit nichts.
A. J a c o b i.
Frommannschc Ituchdrarkcrei (Hermann Pohl«) In Jona
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1. 5 2 5 0
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NOT TO BE TAK.EN FROM THE ROOM
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