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Full text of "Der Bestrafte Wollüstling eine Arabeske"

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Der bestrafte 




Franz Blei, Philip 

Provenance 

Kaplan 




Blau Memorial Collection 



V.. /• 



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4 





Frei n z . B l ö i 



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FRANZ BLEI 

DER BESTRAFTE WOLLÜSTLING 



Alle Rechte vorbehalten. 
Copjfijght 1921 bf Avalun-Verlag^ Jnlittt Brüll, Wien • Ldpiig. 



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DER BESTRAFTE WOLLÜSTLING 



EINE ARABESKE 

VON 

FRANZ BLCl 

I»» 

MIT EOm UMSCHLAG -LITHO* 
OMnOEVONPABlSOOTCnUM 




1 Q2 1 
AVALUN-VERLAO 
WIEN • LEIPZIG 



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Dieses Buch wurde als vfertes in der 

Reihe der Avalun-Tausenddrucke 

in der Offizin der Gesellsdiaft 
für graphische Industrie, Wien, 
im Auftrage des Avalun -Verlages 
gedruckl. Die ersten 50 Exem- 
plare wurden in Oanzpeigaiiient 
gebunden. 



VBRA NADIQHA 

DEM SCHWÜNGE IHRER HÖFTEN, 
DEM PLÖ7BNSPIBLB IHRES QANOES, 

DER ROTEN MAGNOLIE IHRES MUNDES, 

DEN VERSCHIMMERNDEN OPALEN 

IHRER AUGEN, 
DER ZÄRTUCHEN BESCHWORUNG 

IHRER HÄNDE, 
DEM BEBEN IHRER KLEINEN NASE, 
DER HOHEN FLAMME IHRES HERZENS 

WIDMET DIESES CAPRICCIO VOM 
BESTRAFTEN WOLLÜSTLING 

FRANZ BLEI 
IM HERBSTE DES JAHRES 1920 




541101 




om Estoha! y Poraja überrascht in seinem über- 



JL^aus spirituellen Werke »Über die Engel« in 
dessen siebzehntem KapHd den Leser dami^ dafi er je- 
nem Edelmann» den man nur mit seinem Vornamen 
kennt und nennt, so ungewöhnlich ist sein Lieben 
und Sterben unter allen seines Taufnamens ausgezeich- 
net, — daß Poraja dem Don Juan den Aufenthalt nicht 
in der HöUc^ wie man denken sollte^ anweist sondern 
im Hnnmel, wdl» wie er sagt; der WollflMling hier 
weit entsetzlichere Qualen erleide, als je der Fürst der 
unteren Welt für seine Schuld hätte aussinnen können. 
Dom Estobals theologische Autorität ist nicht gering 
zu schUzen. Dhnnation und logische Scharfe zeichnen 
ihn in so ungewöhnlichem Mafie au% dafi ich» bevor 
einer anderen Anschauung über des Don Juan Leben 
nach dem Tode Ausdruck gegeben sei, mich verpflichtet 
erachte» die des spanischen Dominikaners mitzuteilen, um- 
somehr» als jenes Werk »De Angdis« von so ffoQa 
ScMenheit is^ dafi nicht ebmud das britische Museum 
ein Exemplar besitzt 

Ich las den lateinisch geschriebenen, im Jahre 1530 
gedruckten Kodex mit Erlaubnis der Obern in einem 
Exemphtf des Jesuitenkloslers zu Cofdoba unter sehr 
ungewöhnlichen Umstflnden, mit deren Eizihlung ich 
aber meinen Bericht aus dem Buche nicht aufhalten wüL 




9 



A]% 90 führt Estobal y Ponja auai ein Engd des 
Herrn den Tod des Don Juan meldete, war niemand 

im himmlischen Paradies, der den Wüstling nicht gekannt 
oder von ihm gewußt hätte. Denn alle seine Sunden, 
Lasier und Verbrechen hatten aus jenen, die darunter 
gdttten, Erwählte des Himmels gemach^ nicht ihrer 
Reinheit wegen, denn diese war in fast keinem Falle 
makellos, aber um der großen Leiden dieser Opfer 
willen. Alle waren da, wie sie Gott der Herr bei der 
Kunde heriieirufen ließ, Frauen wie Männer, bis auf 
einen, den Leporeilo^ der im Fegefeuer bangte^ weil er 
sein Leben lang weder was Gutes noch was Böses 
getan hatte, also nichts weiter als ein Feigling war, 
der sich nicht hatte entscheiden können. 

Die vor Gottes Thron Versammelten erwarteten des 
Herrn Urtdlaspruch, der den Wüstling in die untenle 
Hölle verdiimme, und auch der Don erwartete es so^ 
doch ohne Furcht, die er ja nicht kennt, auch vor Gottes 
Angesicht nicht 

»Als ob die Hölle sein wahres Vaterland, ja sein 
ihm von Rechten zukommendes Reich sei und Luzifer 
nicht sein Herr und Herrscher, sondern sein würdiger 
Genosse und Spießgeselle, so erwartete er die Hölle 
als ein notwendig Unvermeidliches«, wie Estobal 
achrettyt Mehr noch, als dafi er an der göttlichen Er- 
barmung vcRwdfeitc; was schon, wie man weifl^ eine 

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Sünde wider den heiligen Geist is^ die einzige» die 
nicht yagjAcn werden kann — mehr noch tat er: er 
vertthtete das Mitleid, wollte es nlch^ bei^ sich 
nicht davor, so sehr reckte ihn sein verbrecherischer 
Stolz auf. Alle ergriff ein Schaudern, nur jene nicht, 
welche den Don Juan auf Erden gekannt hatten, denn 
diese e rwa rteten nur den hinschieodemden Blitz aus 
des Heim Auge Der aber kam nicht Denn es geschah 
dieses: Gott der Herr trat aus seinem tiefen Schweigen 
heraus, blickte voll Oute auf des Wüsth'ngfs frevelhaft 
aufgebäumte Seele und sprach in seiner unerforsch- 
lichen Weisheit die Worte: 
»Juan, bleibe hier.« 

Keiner glaubte recht gehört zu haben. Die sanfte 
Klara fliisttTte: >Er bei uns?« und über Priscilla lief 
ein Schauder. Der Don selber rührte sich nicht, hielt 
das Wort des Albnächtigen fOr eine Art schrecklicher 
Falle. Erst ein Licht der Hoffnung; damit dann das Feuer 
der Verdammnis um so furchtbarer über ihn zusammen- 
stürze. Und er lachte in seinem Innern über den Scherz, 
wofür er das Wort hielt, denn er hätte ihn, weiß Got^ 
ähnlich erfunden, wären die Rollen verteuscht gewesen. 

Da schon aber sprach der Herr zum andern Male: 

»Juan, du wirst hier bleibeac 

Nun lockerte schon Unsicherheit Don Juans Seele, 
so daß sie bebte zum ersten Male: er verstand nicht 

tl 



I 

t 

Für dne Seele wie seine, war nicht zu verstehen eme | 
bis nun nicht gelcannfte Erniedrigung Dafl er immer ^ 
im Himmd bleiben Mite als ein Verdamniter, dieses | 

erlcannte er, denn er wußte; daß sich die göttliche Oe- \ 
rechtigkeit nicht selber verlassen könne. Es war also 
so, daß er als Veniammter im Himmel bleiben solle. 
Er ¥volifte Oott Ingien, aber das Sdiweigen Ootles ist 
dem Wesen nach undurchdringlich. Was es verbeigen wül, 

das bleibt verborgen. 

Niemand vermochte die Gründe dieser göttlichen 
Entscheidung zu erkennen, die von einer unerkläriicben, 
ja ungeheueriichen Nachsicht schien. 

Also blieb der Don im himmlischen Paradiese und 
war da wie ein Fremder in einem Lande, dessen Sprache 
er nicht kennt, dessen Bräuche er nicht versteht, dessen 
Landschaft ihm nie deutlich wird. Und es fiel eine 
ungdieme Langeweile auf ihn. Er litt unsiglich darunter, 
allseitig von Schönheit umgeben und aufiersfamde zu 
sein, diese Schönheit zu mißbrauchen, um sie zu zer- 
stören. Als Elvira sich ihm nahte, erfüllte ihn Freude, 
denn er dachte sich nnn an ihrem wohlgekannten Haß 
zu eigfilzea Aber die Stimme Eitras sKgte lieblich 
zum Orufle »Juan, mein BriutigamI« Vergessen hatte | 
er, dafi er Donna Elviren die Ehe versprochen hatte, 
aber das Versprechen gal^ und Elvira wußte es nicht 
anders. 

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»Ihr haflt midi doch» Ehfimlc rief er. 

»Ich?« sagte sie erslaufit und versfamd in der ewigen 

Stunde nicht den Sinn dieses Wortes, den sie vielleicht 
auch auf Erden nie gekannt hatte. Sie wuüte in ihrer 
teltenloaeii, dnlachefi Seele nur diesem daß Juan ihr 
geschwoien hatten sie zum Wdbe zu nehmen und dafi 
sie nun an einem Orte mit Ihm vereinigt sei, an dem 
sich jedes irdische Gelöbnis erfüllte. 

»Aber ich habe dich beleidigt, Unglückliche, habe 
dff Schimpf angetan, dich miflhandel^ ~ erinnerst du 
didi nicht?« 

»Ich erinnere mkh nur des euwn, dafi ich dich 

liebte. Alles wird vergessen, was Schmerz machte. Du 
warst entzückend, Juan«, sagte sie und lächelte in den 
Augen. 

»Aber ich liebe dich nicht mehrl Keinem die ich 
lid^ und die hinter dir in langen Reihen stehen, 

keine, die ich je liebte, liebe ich, und liabe keine je 
geliebt!« 

Da kam von aOen, die mit Ehriren wareiv eine 
Stimme: »Wfa- lieben dich, Juan, und können es ohne 
Sfinde Hier kann niemand sflndigen.« 

Hier kann niemand sündigen, — das traf den Wüstling 
wie ein Stein mitten zwischen die Augen. Also in diesem 
Reiche konnte er kdn einziges Veriangien hervomifenl 
In diesem Reiche konnte er keinen zu liegend eher Sllnde 

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verführeni in diesem Reiche konnte er nicht sein wie 
er war, und war doch in sein Wesen gezwungen ge- 
blieben. 

Er hatte seine Verdammung verlangt, um weiter in 
seinem Wesen zu leben, Leid und Schmerz hervorzu- 
nifen, selbst um den Preis, selber Leid und Schmerz 
zu ertrsgen. Und nun war er bis ans Ende der Zeiten 
verdammt, in dieser schrecklichen Anschauung reiner 
Unschuld und sündloser Güte zu leben, 

Zermalmt schrie er au^ daß der Himmel erbebte: 

»Der du Richter bisi; von dem das Wort gesprochen 
ist, daß er ebenso zu strafen wie zu verzeihen^ wissen 
du, der du ohne Schwäche bist, ich sage es dir: ich 
habe gelogen, ich habe gestohlen. Ich habe getötet bei 
hundert Gelegenheiten und um einer Laune willen. Ich 
habe alle Frauen und alle Minner betrogen, die Kinder 
nicht verschont Ich habe meinen König verraten, bloft 
um ihm nicht zu gehorchen. Ich habe aus Trotz und 
Lust wie ein Schändlicher gelebt. Und du hast mich 
unter die Auserwähiten gesetzt! War es denn nichts, 
was ich getan habe? Wa% was muO man tun, um die 
Feuer der HöUe zu verdienen? Wss muß man tun?« 

Uber dem göttlichen Mund verschwebte ein Lächeln, 
aber er öffnete sich nicht 

Und Don Juan riß sich aus dem Beben, das ihn vor 
diesem Lichehi erfaßt hatle^ und rief: 

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»Und rGhrt es dich nidri; was ich an deinen Ge- 
schöpfen verbrach, so hör' dies: Es war, daß ich einmal 
spät in der Nacht in einen Ort kam und es lüstete mich 
nach emem Wäbe. Das junge Volk sei über Land zu 
euwr Hochzeit sagte man in der Schenice. Ich lief 
durch die dunlden Oasaen und rief laui Frauennamen 
in die leere Nacht, rannte verschlossene Türen an, 
schlug an Fenster und rief Namen und schrie laut die 
Namen aller Dinge weiblichen Leiber Schrie: Brfistel 
Schellkell O btondes Haar I und achlug mit dem Degen 
auf die Steine Aber die Stedt war alles Lebenden wie 
tot Da war auf einmal ein Licht, ein Lämpchen flackerte 
in einem Fenster und hinter dem Lichte lächelte das 
Antlitz einer Frai^ wie ich nie eine gesehen, ich stanc^ 
slaRtei dann sprach ich. Tief zog ich den Hu^ daß dte 
Federn im Steube schleiften, und bat: Öffne, Aller- 
schönste! Aber sie schwieg hinter ihrem Lichte und es 
war, als ob sie lächelte, ich rannte ans Tor. Verschlossen 
war es^ gab nicht nach» wie idi auch hämmerte Und 
wieder spfach ich» aber häfilichste Worte: Hurenkind; 
btondes, lächelnde Dirne lass* mich ein, mach' au( 
mach' . . . Aber sie rührte sich nicht und lächelte immer 
hinter ihrem Licht Schreckliche Flüche rief ich ihr ins 
Fenster» Schimpf wte dem elendesten Weibe Bis mich 
die ToOhdt fuckte und ich dte Wand erktetterle; zum 
Fenster hhtauf dasOesims» bfait(g^ Hlnde nicht achtend» 

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hing am Fenstemnd» sah die lädidnde Frau hintenn 

Licht 

Es war das Bildnis der Mutter des Heilandes^ vor 
dem die Ampel brannte I ich habe deines eingeboraien 
Sohnes Mutier euie Hure genanntl Nun? Nun?c 

Aber Oott der Herr enÜieB seinem Munde kein Wort, 
und er lächelte. 

Da konnte der Don dem Beben, das über ihn wieder 
kam» keinen Einhalt mehr tun. Und es schien ihm Oofttes 
Uchebi dies zu meinen, dafi der Mensch, dafi alle 
Menschen und so auch er, so Oeringes wären vor Ihm, 
daß nichtig wäre, was immer sie auch tatea Und von 
des Don Lippen kam eine leise Frage: 

»Dann gibt es also Sfinden, die ich nicht kenne ?€ 
Aber auch darauf ward ihm keine Antwort Und dies 
ist, schh'eßt der Dominikaner, die Strafe, welche die 
göttliche Gerechtigkeit dem Don Juan auferlegt hat: 
Bis ans Ende der Ewigkeit wird er dieses hfagen, was 
an seiner Sigsten Sflnde^ seinem Stoben frifit und nie 
Antwort tsekommen: ob der Mensch und auch er ein 
so Geringes sei, dafi er nichts vermag, nicht einmal zu 
sundigen. 



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IL 

Der sich darin gefid, diesen ehm gottesl&Michcii 
Paragraphen einem harmlosen spanischen Domi- 
nikaner ifis längst geschlossene Schuldbuch zu schreiben, 
dieser Herr unbestimmten Alters zwischen zwanzig 
nnd sechzig» der die Ideine Ecloe eines giofien, mit 
lausend Dingen» nur keinen Schfeibiilensilien 
deckten Schreibtisches benützte, um auf mit K. D. unter 
einer Freiherrnkrone monogrammierten Bogen veilchen- 
fvbnen Briefpapieces den Don Juan in den Himmel 
zu bringen, dieser Herr Klemens von Disenberg erfüllte 
mit seinem Schreiben eine drängende Pflicht seiner 
ehemaligen Freundin Antoinette gegenüber, die ihm an 
eben demselben Tage brieflich ihren Entschluß mitge- 
leiit hatte, einem wenn auch jungen, so doch abwechs- 
hingsrdchen Leben hi dieser Welt Valet zu sagen und 
h» Kloster anzutreten. Nicht ab ob Disenbefg Antoinette 
mit diesem Briefe hätte von ihrem Entschlüsse abbringen 
wollen; er dachte ihr vielmehr den Weg zu den Kar« 
mditinnen zu erieiditem, mdem er ihr zeigte^ wie wenig 
Oott sich aus einem so schweren SQnder wie dem Don 
Juan mache; worsus sie sich sagen sollte, dad es fOr sie; 
die, wenn auch nicht tugendhaft, doch im Laster es 
sicher mit dem Don nicht aufnehmen können nicht nöt^ 
wäre, ffirderhin nichts als zerknirscht zu sein. Sehl 
Liebeshandd mit Antoinette Ug drei Jshre znrikk Ohne 
. 17 



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Nachricht war er seitdem gewesen. Gerüchte, die ihm 
zu Ohren kamen, paßten zu Antoinette^ durften also 
fnt dfe Wahilieit sein, Wahriiei^ die er ohne besonderea 
Interesse vernahm, und die, auch wenn sie interessanter 
gewesen wäre, Klemens kaum bewe^ hätte. Nun sah 
er sich auf einmal durch die Mitteilung Antoinettens 
in einem Leben wichtig genommen, wo es ihm erst 
nicht ohne iMifihe gelang; sich fiberiiaupt an Einzebies 
zu erinnern, doch deutlich bis ins Einzelne auf einmal 
alles wurde, als er einen Zettel gelesen hatte, der 
Antoinettens Brief beigelegt war. Antoi nette war neben 
ihm auf dem engliach geschorenen Rasen gelegeni der 
den kleinen Paikhfigel, geformt wie eine Frauenbrus^ 
iSberzog, lag neben ihm und Duft ihres Leibes, Parfüm 
des Haares, vermengt mit dem Geruch der Erde und 
des Grases, wehte über ihn, daß er dachte,... die 
Essenzen aller Jahrhunderte.., emgdiocknefte Mumie 
emer Katze . . . Nil . . . , und leichthm huadite eine vnge 
Frömmigkeit durch seine Seele, den flüchtigen Oedanken 
heraustragend, daß sommerlichhafte Wärme zur Simpli- 
zität disponiert mache. Et strich mit dem htiken Ring- 
lingv Antoinettens Oval vom rechten Ohr zum Kinn 
und sie schmdcheite seine Wange an ihre hin. Allea 
ist es immer miteinander, dachte er, es wird ihnen 
schwer, den Frauen, ihr Verschiedenes zu trennen, 
Schwester, Geii^te^ Mutter änd sie in jedem Akt 
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»Schlafen Sie nicht ein aus Höflichkeitc, sagte da 
Antoinette, und er antwortete sofort, rasch und viel 
sprechend, um ihr seine wache Gegenwart zu ihr ein- 
dringiich zu zeigen. 

»Ich kdimte Sie mit einer sehr giofien Ehrlichkeit 
unterhalten, Ihnen zum Beispiel sagen, daß Ihr Haar in 
dem Grün noch viel goldiger ist, Ihr Ohr, in das ich 
fiöstere, eine kleine rosenfarbige Muschel, und über- 
haupt; dafi Sie sehr achAn sind; AntoinetieL Und doch 
mdcMe ich über meine Freude^ fiber meine Lust an all 
diesem aus Verachtung meiner Freude jetzt sehr gerne 
lachen. Ich sehe Ihre jungen Brüste durch den Stof^ 
ich sehe die gleitenden Hüften und sehe; was die Lust 
des Mannes ganz besondere anzieht leh vdhde davon 
nicht spr e ch en, sihe ich nicht in dieser banalen Nackt- 
heit das Symbol meiner Freiheil Als Gaston de Foix 
in den Krieg zog, in dem er fiel, biß er seine Geliebte 
ins Kinn, um ihr seine schmerzliche Furia, seine ver- 
gehende kitdligentia zu beze^^ Genau das Gleiche 
wire es, genau die gleiche Geste wire ei; schSbe meine 

Hand Ihnen Rock und Jupons hoch und fieberte über 
(lern Knie. Genau die gleiche Geste wie der Bifi ins 
IQnn. Die Indesenz drückt das Mitleid der allgemeinen 
Ideen mm, den göttlichen Schrecken der Welt« 

Antoinette wurde noch glühender von den Worten, 
die sie hörte, und ihre Glieder fanden wie aus sich selber 



den bcaondefen Pli der Z&llidikdt Der Pirk um den 
bcrasten Hugd versank, von ihm blieb nichts als der 

Fleck, auf dem sie mrt Klemens lag, und darüber war 
der Himmel, eine Kuppel aus blauem AAetall. Ganz ferne 
WO in der Wdt bellte Antoinettens Hündchen md, das 
seine Herrin vermifitc; Die spürte nun ihren Leib liegend 
nicht mehr, aber durch dessen Olteder es wie Schnurren 
einer Katze, und die Brüste hart gesparifit, daß sie an 
den Spitzen sehr angenehm schmerzten. Zwischen ihren 
Zähnen sein Haar. Beider Unbewufitheit sank auf den 
tiefmöglidisten Punk^ wo Antoinette ab erale so viel 
Bewufitsein erraffte, dafl sie rasch zwei Knöpfe auf- 
springen machte. Und es geschaii ihr zum ersten Male, 
dafi sie ihr Erröten über verliebtes Wissen nicht wie 
sonst und immer damit verschleierte^ dafi sie die Situation 
ins Deloonzertierende und damit ins Lasterhafte brachte. 
Zum ersten Male vollzog sie schönste Pflicht mit dem 
delikatesten Takt 

So deutlich wurden Klemens mi einem Male aus dem 
fast ganz Versunkenen dieses Abenteuers Landschaft^ 
Situalioo, Wort; Oest^ Unaussprechbare^ nachdem er 
den Zettel gelesen hatte, der Antoinettens Brief beilag; 
und den er ihr geschrieben hatte, er wußte nicht mehr, 
ob nach jenem panischen Mittag im Park oder nach 
einer Nacht Er hatte geschrieben: »Antoinette Du wirst 
noch oft aus ScUampigkett sflndigen. Wirst Dich dem 

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X. Y. aufe Knie bttzen und er wird Dir insOlir sehr 
schmutzige Proposittonen sagen, sehr natürliche, aber 
danun sehr tinnatärtiche. Doch Du bnt in der Onide^ 
denn einmal hast Du das SakrilegiuRi mit der eifer- 
vollsten und refzoidsten frötnmigkeit begangen. Dein Kl« 
in Antoinettens Brief stand noch folgendes: 
»Du sagtest mir einmal, daß eine Liebe, die nicht 
traurig ist, nicht glucidich sei Und dafidne Intelligenz, 
die nicht wollflstig ist; nicht traurig ad. Und dann sagtest 
Du auch noch: ,Küsse und Sophismen, Meditation und 
Flirt, Ironie und Zärtlichkeit: — der Glaube läßt es zu, 
daß unser Herz unter den köstlich schwersten Gewichten 
vernichtet wird.' Und noch ehies Satzes erinnere ich 
mich von Dn*. »Wir müssen uns bis auf die letzte Faser 
unserer Person ignorieren, das ist unsere Aufgabe.' Nun, 
ich bin so weit, der letzte Schritt geschieht morgen und 
die Aufgabe ist erfüllt« 

Über Disenbeig war dne starke nervte Spannung 
gdoonmieni die weder, wie er steh sagten mit den senth 
mentslen Souvenirs einer alten Liebesgeschichte, noch mit 
dem Entschhiß einer jungen Dame, ins Kloster zu gehen, 
in Verursachung gebracht werden Iconnte. Spurlos war 
die Qeschichle geblieben» Erinnerung» die drd Jahre her 
nie akut Idwndig gewoiden, was konnte daher das Auf- 
tauchen dnes Namens jetzt solche Bewegung in ihm 
hervorrufen? Jetzt, wo jenes Abenteuer durch den 

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Zufall dfws 8]ifbcw!idirteii| nicht voiofcncfi I^Hdi' fOf 

einen Moment wohl ganz deutlich geworden war, um 
aber doch gleich darauf ins Indifferente irgend eines 
efaimal Oeschehenen zu sinken ? Er ocdncie das ver* 
gangene Stfick des T4ge% fand nichts darin im Tagte 
vorher, das die seltsame Unruhe^ die in ihm fieberte, 
begründete. Das noch vor ihm liegende Tagstück ent- 
hielt nichts, was ihn erregen könnte, — die von ihm 
gesuchte Banalität eines Teebesuches bei Eusapia, den 
er nicht mehr m machen dachte^ da es zu splA ge- 
worden war, spSter eine Vorstellung chinesisdier TSn- 
zerinnen, die er mit Freunden besuchen wollte und von 
der er sich nichts versprach, eine durchaus befriedigende 
Nadirichtvon seinem Vermögensverwatter.dieTempefstur 
hn Hotelzimmer normal, der Winteriiimmd Uar und 
ohne Gewitterwolken, wie er sich durch dnen Blidt 
aus dem Fenster uberzeugte, die Aussicht aus dem 
Fenster in die Baume des Zoologischen Gartens, die 
Hotelbediensteten vom Ti^ sdner Ankunft an Idse 
und unaufdringlich ihren Dienst besorgend, was nur, 
was war es, das ihn mit solcher unerträglichen Hoch- 
spannung erfüllte, das ihn wunderte, aus Papier, das er 
angriff, knisterten nicht Flammen? Er hatte nach den 
mit Don Juans Himmdfahrt beschriebenen Blattern ge- 
faxt und er verstand nicht Wie war er nur darauf 
gekommen, dies niederzuschreiben als Antwort auf die 
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Mitteilung einer fast vergessenen jungen Dame? Als 
Antwort auf dne gar nicht von ihr g^steUte Frage: 
Wer war es afao^ der ihn um Don Juans Schicksal ge- 
fragt hatte? Und wem hatte er diese Antwort gegeben? 

Zwei, drei in der Tat ungfewöhnliche Zufälle hatten 
Klemens dazu gebracht, vom Glauben das beste Teil, 
wie er sagte» den Abeigiauben, bedingungslos zu be- 
halten. Und warf ihn immer dann ins Spiel, wo er sich» 
wie er sagte, ohne Atoots zu spielen gezwungen sah 
und damit meinte: wo alle rationalen Gründe für die 
Erklärung versagen, eine Erklärung aber doch, von den 
Nerven aozusagen» gefordert wiid Diaenbeig glaubte an 
Ahnungen, Vorbedeutui^nen, Veriteitungen, kosmische 
Einflüsse, die Sterne, ja an die Spinne am Morgen, 
wenn er sich in dem erbitterten Kampfe um gute 
Gründe für das Einfachste erliegen sah. Für das Ein- 
fachstei denn nur dies ist rätselhaft Das Komplizierte 
ist immer duichschaubar. Klemens liutete; Man möge 
ihm den Abendanzug herausl^en. Und ob jemand nach 
ihm gefragt habe. 

»Noch nicht« Die Antwort frappierte ihn. Er 
hatten g^nz schon im Unerwarteten lebend, ver* 
gessen, dafi er beim Eintritt ins Hotel schon die Frage 
•getan hatte, ob jemand nach ihm gefragt habe. Das 
»noch nicht« der Person, es ist das nevermore im 
Gedicht von Po^ wuflte er. Dieser sonst so kühl 

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verständige und skeptische Herr von Disenberg war in 
dnem Zustande^ daft er das Firmenschild h]geiid dnes 
afS^entinischen Importeurs oder Zahnarztes Estobal 
y Poraja am Nachharhatne seines Hotels» wäre jetzt, 

wo er daran vorbeiging, sein Blick wie am vorigen 
Tage darauf gefallen, daß er den Namen des Schildes» 
l^chzdtig ersdiredct und versidiert» für ein »Zddien« 
Inhalten hStte; 



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ül. 

Et war mitten während eines Tanzes der Lu Lung 
Ming-Tnipp^ dafl Klemens von Diaenbcig wie 
for^elridien den Pavillon Bleu verließ, auf die in 

dichten Schneefall gehüllte Straße eilte und ein vor- 
betfahrendes Auto mit Hallo stehen machte. Während 
er auf den Wagen zueUtc; merkte er» dafi von der 
anderen Seite der Stmfie her, und mit reicheren Lauf- 
schritten das etwas größere StOdc Weges zu bewSHigen 
suchend, eine Gestalt dem an^^eriifenen Wa^^en zustrebte. 
Rechts und links wurden die Türen geöffnet, zugeknallt 
und von beiden Gasten in dem lomen Moment des 
nsKigens oem ranrer zugennen: cQen*noiei» Lier 
Wagen fuhr los. 

In normaler nwöser Verfassung hätte Disenberg, 
ausgehend vom Zufall des gemeinsamen Zieles^ eine 
reundUche Unierhaltung mit dem Fremden begonnen, 
der, nachdem er um seine und seines Nebenan Knie 
eme Pdzdecke geordnet hatte; sich schwelgend in die 
Ecke drückte. In normaler nervöser Verfassung hätte 
dieses wieselbstverständhche Gehaben des Eindringlingsm 
seinen Wagen, selbst in Anerkennung der spaten Stunde 
und des gemensamen Zieles^ Disenbeig vielleicht zu 
einem herausfordernden Pardon gereizt. Aber sein Zustand 
war ungewöhnlich und so nahm er das Ungewöhnliche 
wie ein Selbstverständliches hin, ja es äberraschte ihn 

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nicht dninal, ab der Fremde das Licht tm Kupee auf- 

Icnipste und er wahrnahm, daß er sich nicht, wie ver- 
meint, in einem Mietwagen, sondern in einem Privat- 
wagen befand. Automatisch hdflich meinte er nur: 

»Ein MifivefBündnis mdneiBeitLc 

»Es ist alles ganz in Oidnung,« hörte er die Stimme 
des Fremden aus der Ecke, auf den er nun den Blick 
wandte, um das durch nichts weiter auffallende Gesicht 
eines Herrn in mittkren Jahren zu sehen, dessen Blasae 
aus einem dunUen Bart auf Lippe und Kinn und 
Wangen fast weiB schimmerte Die Augen lagen im 
Schatten. Der Seidenhut spiei^elte matte Reflexe. 

Disenberg hielt seinen Namen zu nennen jetzt für 
g^^eoen. 

»Ich weiflk« sagte der Fremde und fuhr, wie 

um gegen das Unpassende seiner Bemericung kein 
Wort möglich zu macfien, gleich rasch fort: »Ent- 
schuldigen Sie, wenn ich den Anschein, irgend ein zu- 
fiUiger Hefr zu sein, der mit Ihnen zufällig im selben 
Wagen zum gleichen Hotd ffihr^ zu erhalten mich 
nicht bemühe. Es ist nämlich von einem Zufall gar 
keine Rede. Es ist, leider, leider alles ganz, wie sage 
ich, abgekartet und in Ordnung. Ich brauche Ihnen 
meinen Namen nicht zu sageiv so wenig wie Sie mar 
den Ihren sagen mufitea Wir kennen uns!« Und ein- 
dringlich wiederholte der Fremde: »Wir kennen unsdocli.€ 
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Nicht wie eine Frage, sondern als ob es sich um 
eme im Augenblick vom andern seltsamerweise ver- 
geBsene Tatsache handelte, wurde der Satz gesprochen 
und wiedctMt and Djaenbefi^ war es^ ab ob er m der 

Tat genau wüßte, wer dieser Fremde sei, dessen Namen 
ihm nur plötzlich entfallen, da er ihn doch vor ganz 
kurzer Zeit gewußt nicht nur, sondern des öftem 
wiederholt hatte. Er fand sich wie in eine Landschaft 
gestellt, die er nicht an da und dort deutlich Werdendem, 
an Baum, Haus und Weg erkannt, sondern an den 
Nebeln, die über ihr lagea Das Unfaßbare wurde ihm 
vertraute Wirklichlceit, die Wirklichkeit völlige Fremdheit 
Das Auto hielt vor dem HoleL Man stieg aus und der 
Fremde warf dem Chauffeur ein kurzes Wort zu. 
Spanisch natürlich, empfand Discnbcrg, der nur einen 
Kiang vernahm. Das Auto glitt weg. 

»In die Bar noch, nicht?« sagte der Fremde. Nach- 
dem der Barkeeper die beiden einzigen Oiste bedient 
hatte; nahm er hinter der hohen Schenke den unter- 

brochcncn Schlaf wieder auf. 

Das irisierende, grau in grünlich schimmernde Licht 
in dem hohen aber schmalen Räume erschien Disenbeig 
bewegt als ob es atmete^ und seine Atigen suchten 
einen festen Punkte trafen aber immer nur auf spiegelnde 
Reflexe von Metall, Glas und Marmor. Irgendwo in der 
Höhe mußte wohl die Lichtquelle sein und er warf den 

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f 

I 

I 

I 

Blick etwas sclimerzhaft zur Decke, die eilends flüchtete 
als ob er sie mit seinem Blick jagte. Da fiel ihn ein 
lebhafter Angriff von unten her an. Der andere hatte 
das rotverhängle Licht einer Iddnen Stehlampe ai^ie- 
kntpat Der schwankende Raum versank und Dtsenberg 
fand sich alsbald völlig gesammelt und komfortabel in 
seinem weichen Lederstuhl 



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IV. 

Die sympathische Phantasie Ihres spanischen 
Dominikaners würde ein himmelblaues Licht 
eher erwarten lassen als das höliisdie Rot dieses 
Lampen8chinne% das übrigens den wahren Sachverhalt 
nicht einmal ^rmboliach belenchtei Denn höllisch ist 
meine etwas desperate Utisterbhchkeit höchstens in 
einem übertragenen und gar nicht im orthodoxen Sinn, 
mein Lieber» Daran ändert auch nichts^ dafi sie im Ablauf 
der Zeiten manchmal einen sozusagen diabolischen 
Akzent bekommt, den aber weniger meine Person spAri; 
als vielmehr meine Umgebung, wie Sie in diesem Augen- 
blick, oder meine andern Nachfahrer und £nkd ihn 
spürten, denen Ich mich, dne sonderbare Laune des 
gdttilchen Gerichtes» zu Zeiten immer wieder zu b^ 
kennen verdammt bin. Ja, veidammt, wie ich mehr 
persönlich als in pathetischer WiederhoUing eines hohen 
Urteils sage, denn das Vergnügen dieses Bekenntnisses 
ist gar nicht auf meiner Seite; ich gMnbc^ es ist auch 
nicht auf der andern. Aber vielleicht bei Ootl; der äber 
die Situation tadien mag. Er hat einigen Sbm für den 
Humor seiner Welt oder hat iiin im Lauf der Zeit be- 
kommen. Meinen Sie nicht?« 

Disenbeig blickte wie einer, der hört, aber nicht 
zuhör^ dem O^genfiber mitten zwischen die Augen, 
wo die Brauen einander fast berährten in einer fein 

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ausgezogenen schwarzen Linie. Auch wenn er gewollt 
hätte, wäre ihm keine Zeit zu einer Antwort, kaum zu 
einem Ja geblieben, denn das G^enüber sprach ohne 
Aufhält weiter. 

»Es macht einen wen^ angenehmen Eindruck» dafi 
nur ich spreche, ich weiß. Aber ich kenne Ihre Fragen 
alle, bevor Sie die Worte dafür bereit haben. Erstaunen Sie 
nicht über Ihre Schweigsamkeit; lieber Herr von Disen- 
befg. Was Sie von mir hdien» wird Ihnen wie ein Seihat- 
gesprich vorkommen, das Sie föhren.« 

Disenbergs Lippen machten ein kleines Lachela Aber 
daß er nicht sprach, dessen natürhche Ursache fand 
er in seiner körperlichen Müdigkeit und dessen ein- 
fachen Onind dariiv dafi es ihm als das Sdbstverslind- 
llchsle der Welt vorkam, diesem Herrn begegnet zu 
sein und ihm gegenüber in einer Bar zu sitzen. Er 
hatte eine solche Gewißheit des Vorwissens alles dessen, 
was jener ihm sagen würde, daß ihm, so kam ihm 
vor, zu fragen gar nnfats eingefallen wäre. Da er nur 
meinen Mondog zu sagen behauptet, ich aber wieder 
genau weiß, was er sagen wird, wer und was ist 
es nun, das spricht und das gesprochen wird? Disen- 
berg schloß die Augen, um es zu sehen. 

»Es ist schon recht huig her, dafi ich auf den Appant 
verzichtet habc^ den Sie vom Theater her kennen, ich 
trete gewissermaßen nicht mehr darin auf. Verführungen, 

ao 



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Ktae^ nSditfidie Fhicht heimliche Treppen, imidlöee 
Zusammenküfifte^ Entfflhningen, Maskenbälle, Banketie, 

Champagnerarien, — das war ich natürlich gar nicht 
Mein fataler Mythus ist der Wüstling wider Willen. 
Denn ich träumte als Knabe von der Liebe wie von 
einem Heiligtum^ in das ich ab JMann dntfde: Aber 
sie Icam nicht Sie bli^ ein Wort Nie ffihHe idi eine 
jener Regungen, die den Mann erblassen lassen. Nie 
den Schauder, den, wie man sagt, himmlischen, beim 
Anbliclc einer Fraa Mich besafi die Macht des Ver- 
langens, aber ich besafi nicht das Vermögen der Liebe. 
Ich konnte Frauen besitzen, konnte es erreichen, daß 
sie mich liebten, aber es war mir versagt, daß auch 
nur für eine Sekunde mein Herz zitterte, meine Seele 
sich bewegte; Anfangs, vcisuchte ich es auf alle Weisen. 
Qhmbte zu der Liebe zu kommen, indem ich so tat 
als empfände ich sie. Ich wurde dadurch nur in allen 
Künsten der Sinne geschickter. Ich redete alle Worte, 
tat alle Gesten, bildete alle Blicke^ wie ich sie bei den 
Uebenden wahrnahm, mi Ohiuben, aus Worten, Oeslen, 
Blicken wfiide mir das OefCUil kommen. Tausende Male 
wiederholte ich zu tausenden Frauen das zärtlichste 
Geständnis, den heißesten Schwur, die tollsten Worte. 
Ich küfite, seufzte, stand lange nachtliche Stunden, in 
den Mantel gehfiU^ unter Fenstern, das Ucht erwartend, 
schrieb sinnloae Briefe^ zwang mich zu Tiinen, veigofi 

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Blut der Nebenbuhler, verlobte mich Iderlidv — aber 
€8 Wir alles ganz vefigchUch. Ich bekam nur dnen selir 
schlechten Ruf. Aber nicht das OefGhl der Uebe Aus 

der leidenschaftlichsten Umarmung hätte mich jeder 
Anruf sofort lösen können, denn ich war nur — ver* 
stehen Sie^ bei der Sachen aber nie bei der Liebe. Bei 
dem ersten Dutzend Frauen Raubte ich, es Uge an 
den Frauen. Bei dem hundertsten Dutzend glaubte ich, 
es lä(^e an der Frau. Und es gab doch viele darunter, 
die meinethalben weinten, Schande ertrugen, sich das 
Leben nahmen. Ich sah in ihre Augen, bUue^ Schwaney 
grau^ Augien der wilden Leidenschaft Augen der sdigen 
Agonie, Augen liebender Anbetung, und ich sah immer 
nur den Reflex meiner empfind un^rslosen, klaren, kalten 
intdUgenz. Ich habe jede Frau in jedem mir passend 
enchdnenden Augenblidc ohne geriugates Bedauern 
verlassen können. Ich war der l^gendlr Untreue; Un- 
beständige, auf der Suche nach dem Bestftndigen der 
Liebe. Ich bin der Vielgeliebteste, und es gelang mir 
niemals, zu lieben. Wessen Gott mich strafen wollte, 
als er mich vom Teufel holen lieOk dies liegt in der Un- 
eigrfindlichkeit seiner RatecMQssc^ wie mir emer meiner 
Söhne sagte, der Mönch geworden war. Ich mufite ihn 
und alle andern treficn, wie ich Sie treffen mußte im 
Ablauf der Zeiten, Sie, Herr von Disenberg, meinen 
letztentsproisenen Sohn. Ihfe Mutter Unweit zurück ... 
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Sie^ wie <fie rndner andern Söhne, die zu treffen mir 

auferlejB^ ist, ich weiß nicht, um mich vor ihnen zu 
schämen oder sie zu warnen . • . Jener Mönch predigte 
nur Bude, ich brachte ihn, der bisher loeusch gelebt 
hatten unter Frauen. Er antcriag und tat darauf dn 
FurebttMires am eigenen Leibe. Ein anderer zerrte mich 
in das Labyrinth seines Denkens und bewies mir, daß 
ich gar nicht leibhaft existierte, sondern nichts weiter 
ad ab das Symbol für die Liebe zum Wechaeii ao 
dne Art ewiger Jude der Uebe. Et tu, fiii?c 

Disenbeig war von emer etwas öden Nüchternheit 
erfafit worden und er sagte mit einer Korrektheit des 
Tonfallea^ die ihn überhöhen sollte seinem Partner 
gegenüber: 

«JMir erwhd n e n Sie fan AugeiüifidE wie dn aehr 

junger und wenig begabter Schriftslel]^, der sicii failer- 

essant zu machen sucht mit ganz abgebrauchten Mitteln.« 
Don Juan lächelte. 

»VieOdcfat ist ea dedialbb dafl ich Sie treffen mufil^ 
um Sie daran zu erinnern. Oder sollten Sfe nfe dn 
aofeher junger Mann gewesen sein ? Idi aagle Ihnen 

ja, daß ich Ihren Monolog spreche.« 

»Dann ist er, wenn überhaupt, sehr veraltet, mein 
jMtar veiehrter Herr « • und er ta^ als suchte er den 
vergeaaenen fimien. Und als der andere loeiRe Miene 
machte^ ihn zu eigänzen, fuhr er fort: 



»Mir ist es jetzt, als hätte ich Sie schon einmal ge- 
sdiea Bei dnem Ball in Berlin W. EsadilteeinKostfini- 
fest sein. Aber nslfiilich kamen tlle Herren im Frack. 
Nur einer erschien kostümiert, — als Don Juan. Es 
machte einen etwas komischen Eindruck, denn Sie be- 
nahmen sich sehr echt, nicht zum Entzucken der Damen, 
denen Sie etwas zu deib b^jegneten. Sie blieben nicht 
lange und entfer nte n sich etwas tamuHuAs^ nkfat wahr?« 

»Ganz richtig erinnern Sie sich. In einem Neben- 
raum intonierte Ihr stadtbeliebtester Bariton ,Reich mir 
die Hand, mein Leben', und ich flüchtete in die Mägde- 
kammem. Ich weifl^ ich werde als Amant immer ridikOler 
in der fort s c h reitenden [Demolarstie. Den alten Add 
meiner Fähigkeiten schätzen nur mehr die Mädchen aus 
dem Volke und bei den Damen der Gesellschaft falle 
ich durch, immer öfter. Da ich selber nicht lieber mtifi 
ich geliebt werden» Und das bringe die Damen immer 
seltener fertig. Die guten Sitten der Oesellschaft ver- 
langen die Liebe als Schutzmantel, um die Dehors zu 
wahren. 

Ich stehe zu nackt da, mit manen krsssen Appetiten, 
kann sie selber kaum decken. Wie erst die ehtesPiaaresl 
Die Kammerzofe legt weniger Wert darauf. Noch 

weniger die Köchin. Weil sie liebt Nur Frauen, die 
lieben, können ihr Glück mit mir machen, indem sie 
unfifuddich werden. Verzeihen Sie die Abgeschmackttieit 
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der Fonntdferung, die Sie wieder an den jungen Schnfl* 
steller erinnern kann. Aber was wollen Sie, mein Lieber? 
ich bin nicht mehr so großartig wie ich war. Ich erliege, 
in den Zeiten weiterlebend, dem Auf und Ab der Zeiten» 
bin ungewdhniich wie sie^ ^ewöiinUch wie sie Aber nie 
anflerzcHiich. Idi falle nie auf. Idi hdfie lienie Anton 
Meier wie ich im spanischen Jahrhundert Don Juan y 
Vargas hieß. Wollen wir uns morgen abend hier wieder- 
treflen? ich bringe Sie in inteiessante CkaeUschalt« 
Er eHiob sidi» reiclile Diaenbeiig die Hand und war, 
bevor der ihm hätte folgen können, die auf einmal nn- 
gewöhnHch in Spiralen sich drehende Hoteltreppe hinauf 
verschwunden. 



3» 



35 



V. 

Herr von Disenberg ließ sich noch einen Cock- 
tail reichen und gab seiner etwas pedantischen 
Neigung nach, das eben Eileble auf eine vernünflige 

Formel zu bringen, denn alles müsse man so erle- 
digen, daß es brauchbar werde wie eine Leitersprosse, 
auf der man sein Leben in Gottes Namen zu Ende 
Idettne ohne unangenehme Abstflize bei fehlenden gut 
formalierten Erteenntniasen. Er fand, da0 der Don Juan 
sich für den ersten Auftritt noch etwas von seiner alten 
Verve erhalten habe, alsbald aber rasch enttäusche und 
sich als ein altmodischer Herr mit Seele ausweise, der 
am besten daran täte^ seine dicke Köchin zu hehsten 
und in eine kleine Stadt zu ziehen. Diese weinertiche 
Enträtselung seines Sinnes, als geborener Wüstling die 
Liebe zu suchen und nie zu finden, war französische 
Romantik der Dreißigerjahre und Tagebuchaufzeichnung 
des acchzehnjahrigien Konfirmanden, der enchfittert von 
dner aHm Prostitm'crten kommt Und diese Flunkerei mit 
den Söhnen ! Daß er immer der Zeit konform werde, diese 
seine wichtigste Bemerkung erklärt seine Banalität, und 
dies durfte wohl auch die himmlische Strafe des Wiist> 
lings sein, schlimmer ab Höllenqualen und als die Ver- 
mutung des spanischen JMöncheSb Der Don Juan von 1913 
heißt Anton Meier: welche Posaunen könnten dn 
schrecklicheres Urteil donnern? Welcher Mann sein 
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Leben mit den Frauen teilt, verliert es in zunehmender 
Lächerlichkeit Dtmit mir dieses mehr als blofies ein- 
sames Wissen werde, dazu war mir der Don Juan 

Meier erschienen. Zur Warnung, wie er selber sagte. 
Disenberg wuüte sich erst am Anfang seiner asketischen 
Karriere. Darum entfuhr ihm ein kJeiner Seufzer, als er 
sich nun erhob, um sdn Bett aufzusuchen. 



37 



VI 

Als Herr IQeinens andern Tiget beim eraten FFfih- 
stöck stfi und das P r ogr am m der nftcHsten zwölf 

Stunden uberdachte, entfiel ihm das Notizbüchlein, 
als er darin den Namen Helene O'Murphy unter 
dem heutigen Tage und auf halb ffinf Uhr entdeckte. 
Denn er war gar nicht in der Launen heute ao weni^ 
wie sonst Er hatte kefnerlei Zwangsgefühl, dafi er sich 
mit dieser Frau in einem gewissen Sinn beschäftigen 
müsse. Sie hatte sich lang um seinen Besuch bemuht 
und schlieftlich hatte Disenbeiig nachgegeben und eines 
nachmittags seine erste Visite bei Frau CXMuiphy ge- 
macht Sie begann damit, ihm von ihm zu erdihfen 
oder vielmehr von sich hinsichtlich seiner Funktion. 
Sprach von ihren Unkenntnissen und inwiefern er sie 
davon befreien könne. Von Aufsitzen in phikiaophischen 
Journalen, ob sie de lesen soHe und was er davon 
denke iOemens gestand, dafi er wenig lese. Er hätte 
diese Dinge zu begreifen gemeint, als er jung war. 
Heute könne er Worten wie Freiheit, Ursache, Kontinuität 
und andern adchen Ingredienzien dieser Kompositkmen 
nicht mdir t>egegneni ohne sich rasch zu fragen, was 
diese Worte sagen wollen. Von der Philosophie kam 
man auf die Philosophen. Frau Helene sagte ihre be- 
züglichen Couplets au^ sprach von der Substanz, von 
den Attributen, vom Einen und von der Ekstase An 
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der Einfachheit und verblüffenden Zusammenhänglich- 
keit, die alle diese Systeme für sie b^aßen, erkannte 
er ihre Lektüre aus zweiter Hand Er beeaite sich aber 
zu sagen, daß sie alles vortrefflich verstanden htbe und 
ging noch nflier auf die Philosophen ehi, be m e rk e n d» 
daß, was ihn geniere, der Umstand wäre, daß sie alle 
vor der Zeit alt und häßlich gewesen seien, was fragen 
lassen ob sie nicht eben deshalb Philosophen geworden 
wiren, denn eigentlich sollte der PhikMoph jung und be» 
zaubernd sein, sodafl es nur von ihm abhinge, ob er 
sich nur von den Ideen oder von schönen Frauen 
küssen lasse, Er verstünde ganz wohl die seltsame Bin- 
dung zwiSGlien der phUoaophiidiea Spekoktion und 
einer gewiiai strengien EinlKfaheit des Lebenau wovon 
so vermögende Philoaophen wie Schopenhauer und 
J. J. Mill eine Ausnahme zu machen scheinten, aber 
der eine lebte im Hotel und der andere mit Mrs, Taylor, 
was bekles den Anfang der Askese bedeute. 

Mit dncr etwas plumpen Sdunekhelei fragte Fnu 
Helene ihren Oail; warum er nicht schreibe? Oott; weil 
er nichts zu sagen habe. Aber da die Dame durchaus 
wollte, daß er was zu sagen habe, gab er so etwas wie 
dn philoaophiadies Qefühi zu^ doch das hatte mit einem 
von ihm neu zu erOffhenden Aspekt In metsphyiiadie 
und mordisehe Fragen nidite zu tun und er sd anficr* 
dem glücklich, ohne zu schreiben. Da aber wurde das 

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Wesen in dem exzentrischen Tea-üown lebhaft und be- 
wies ihm, daß er sich tausche, daß er gar nicht glück- 
lieh» sondern ehrgozig und, kurz, wie die andern sei und 
so weHov Er vostand» dafi «e ihn ihrer Hilfe hhwiciit- 
licfa seines OlOckes bedürftig finden mufiteund es fiel 
ihm der schließlichc Zweck seines Besuches, wie sie ihn 
fixiert hatte, wieder ein; um so mehr als im Augenblick 
Frau Helene O'Murphy dn Bein über das andeie schlug 
und eine stobee Wade sehen liefiu Klemens aber glaubte 
für diesen ersten Besuch hinlänglich lange geblieben zu 
sein und empfahl sich mit einer übertriebenen Ent- 
schuldigung, so ungebührlich lange geblieben zu sein. 
Helene hielt ihn, als er gegangen war, fitr schüchtern. 

Beim zweiten Besuch bieß sie ihn etwas niher sitzen 
und sprach von ihiem Bad, von ihrer Doucbe^ von ihrer 
so schlecht gekannten Seele. Vergeblich. Disenberg blieb 
in Distanz. Sie entschloß sich, ihn für einen zu halten, 
der f&r Frauen ohne Empfmduqgen ist Femer sich um 
seine Aufmeilaamkeit nicht mehr zu bemühea Aber es 
glückte ihr nicht Im Gründe fühlte sie, dafi Klemens 
an sogenannte preziöse Günste gewohnt war und für 
ihn die Entschleierung einer Frau wie sie keine ver- 
bififfende Neuheit besitzen kdnnc; Aber sie fand solche 
Antezedentien bei einem Philosophen üloyaL Auch fühlte 
sie^ dafi langer und ruhiger Besitz von Frauen bi ihm 
allen Glauben an das »Mysterium« der Frau ruiniert 

40 



I 

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habe. Und schließlich, daß Disenberg ein Mann sei, 
der sich lieben lasse und sich nicht in die Unkosten 
einer Eroberung stline: Sie liigerte «ich fiber ihn, mehr 
aber noch fiber die Frauen, die ihn so gemacht hallen. 
Und sie verachtete ihn wegen seiner passiven Rolle in 
der Liebe und weil er auf sogenannte schwierige Frauen 
von vornherein verzichtete. Bei alledem aber hatte Helene 
doch eme Art Verlnuen ai Dnenbeig; wie zu einem 
Mann^ dem man Shndl 

Es blieb verstimmend. Er wollte nicht Feuer fangen. 
Und behielt das Wesen eines Mannes» der nur mit sich 
zählt Er schien giur nicht weiter geschmeichelt, von ihr 
empfangen zu weiden» Kam immer noch dann nur, 
wenn er besonders enqpeladen war, wo man Ihm doch 
gesagt hatte, daß man für ihn jederzeit ohne besondere 
Meldung zu Hause sei. Aber Helene konnte ihn schon 
nicht mehr entbehren; er wuide ihr nötige einmal weil 
sie von ihm eme Menge lernen Iconnte und, da sie ihn 
wegen seines mriven Egoismus für unföhig hielt, sich 
an den Sorgen der andern zu unterhalten, erzcählte sie 
ihm die ihrigen. Er hörte aufmerksam zu. Er interessierte 
skh ffir ihm Fall Sie gbubte^ er inteiessierte sich für 
ihre Person. Auf diese Weise war er schon zu sehr viden 
Oelldrten geloommen; zu den meisten ; vielleicht zu allen. 

Das war Frau Helene O'Murphy, die sich für heute 
nachmittag bei Klemens von Disenberg angesagt hatte. 

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Als es die Stunde war, erwartete Klemens die Dame. 
Daß er nicht daran gedacht hatte^ seine Kleider in 
solche zu wechsein, die man anzieht, wenn man eine 
Fnni erwarte^ bewies ihm endgOttig; daft er sich nicMs 
ms Helene CyMurphy mache. Er wartete und verior 

sich in Gedanken. Seltsam ist der vage Schmerz, den 
es uns verui^cht, einer Frau zu sagen, daß wir sie 
nicht lieben, und mit welcher soiglosen, unbekümmerten 
Leichtigiceit die Firaiien es uns sagen. VieUeiciit sind wir 
nensdilicher. Bdcflnmerter, den andern nicht zu ernie- 
drigen. Wahrscheinlich ist es das. Aber was weiß man 
schließlich von einem üeschöpf, das die Schlüssel- 
löcher verstopft, wenn es sich entkleide^ und das »sich 
hiiigibt?€ Dafi sie es uns so mühelos sagen» uns nicht zu 
lieben, vielleicht ist es auch deshalb, weil sie uns snir seHen 
so vollkommen mißfallen, wie wir ihnen mißfallen können. 

Schärfer als bisher immer ätzte Klemens heute das stets 
dann besonders lebhafte Gefühl des Fremdsdns zur 
Frm», wenn er eine neue Beziehung einging» Sein Wdt- 
mafi pafite nkht auf die Frau. Don Juan Meier fiel 
ihm ein, dieses, wie er laut sagte, schmähliche Produkt 
weiblicher Ambition, Maß der Welt zu sein. Ja, der 
Don Juan ist nur em Produkt weiblicher Wünsche; Ihn 
hat kdn Mann gezeqg^ kein Wdb empfangen* Er ist 
aus der weiblichen Hjfbris geboren, von ihr genährt und 
durch sie groß geworden. 

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Wie wifd er Frau O'Murphy verlassen ? Wird er ihr 
dnes Tages sagen, daß er sie nicht liebe? Aber die 
Daraen der OcBdlschaft ahid dem Stcto nicht ver- 
pllichfet wie die Meinen MMchen, die^ wehrlos vei^ 

nichtet von solcher Absage, sich aus dem Fenster werfen 
oder Gift trinken, nicht aus unglücklicher Liebe^ sondern 
aus beleidigtem Stolz» 

Sie wild oft Icommcn. Sie hat viel Fireiheü Kdne 
Kinder. Alles das war nicht froh stimmend. 

Schlfefiltch dachte Disenberg, er würde sich schon 
herausziehen, und es sei nicht nötig, das Malheur zu 
übertreiben» 

Wenigstem die Toikitle des Salons besann er. Einer 
Frau die Honneurs zu maeben, amüsierte ihn noch. Er 

warf auf den Diwan ein Kissen. Es war das Geschenk 
einer platonischen Liebe. Die einen, dachte er, machen 
ans Kissei^ die andern kgen sich danui Teilung der 
Funktioa Die Photographie emer Fran baig er im 
Schreiblisch. 

Er sah sich im Spiegel an. Er arrangierte sein Haar. 
Mein Gott, der kleinste Kuß bringt es durcheinander. 
Die Coiffuren der Frauen hahen aich viel besser in 
der Uebe. Das ist eine Ungocchtigkeü Er konstatierte 
das Uchterwerden seiner Haare und auch das Ver- 
gnügen, daß man es nicht merke. Außer im Derangement 
£s ist eine Ungerechtigkeit Er fand keine Gründe dafür, 

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daB die Frauen nicht das gleiche Vergnügen wie er 

empfinden über das Nicht-Merken, und das verstimmte 
ihn. Es ist kurios: wir bringen unser Leben hin, die 
Frauen nach ihren Unzulänglichkeiten zu werten, und 
finden es ungerecht wenn sie das Gleiche mit uns tna 
Allerdings tun wir mit gr5flerer Sorgfalt so^ als ob 
wir das erste graue Haar der Frau nicht merkten, 
während die Frau mit größter Ruhe uns auf unser ein- 
zelnes erstes graues Haar aufmerksam macht Ist das 
Orausamkeit ihimeits? Unart achlechtetzogener tOndcr? 
Unkenntnis unserer Empfindlidikeit? Von all dem wohl 

etwas. Und dann auch ein undeutliches Gefühl, daß 
man sich mit einem Manne nicht zu benehmen brauche. 

Man lernt einen Mann nur bei ihm zu Hause richtig 
kennen, hatte Frau O'Mofphy entKhieden und ihm 
ihren Besuch angekthidigt Sie woHte zum Ziel kommen, 
wie gut er das wußte! Gab sie sich Mühe, es zu ver- 
bergen? Gerade nur soviel, als der gute Geschmack 
erkuibte. Dann war sie auch noch zu jun^^ um sich 
ab pate n tierte Bacchantin aufziitua Vielleicht hielt sie 
ihn auch f8r schOchtem und dachte die Gelegenheit 

mit in seine Wohnung zu bringen, nachdem er um keine 
Linie des korrekten Verhaltens bei den drei Tee abge- 
wichen war, die er bisher immer gebeten in dieser Sache 
erledigt hatte; Er wufite^ heute wMe es ihiendte zun 
dekollellerten Wunsche kommen. 
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Eine Phra besHzeti — wii ist dm c^ntlich? Wonos 

setzt sich diese Freude des Besitzes zusammen? Man 
installiert sich in einem andern Wesen, gewiß ein extra« 
oniiiura Faktum. Sich ird in dnem andern Wesen 
bewegen, das nidit idi H und nidit nur in dnem 
Körper — was wSre das sdiKefilich — sondern in dem 
Gefühle sich bewegen, das ein anderer Körper von sich 
selber hat, also in etwas, das als wesentlich unverletzbar 
gilt: in dner Bewufitfaeü Man installiert sich in dner 
Bewußtheitl Und das Verlangen, mehr, aUrker noch 
zu besitzen, muß dazu fuhren, dafi man das duT^i* 
dringen will, was im begehrten Leibe am intimsten 
an die Bewußtheit verknüpft ist Und Disenberg dachte^ 
dafi^ was die Mcdizhier Abirrung der Liebe nennen, 
nur deren hdchsie logische Entfaltung ist 

Hängt die Lust des Besitzes mit der Idee zusammen, 
daß man sich in der Bewußtheit eines anderen Wesens 
installiert, so muß die Lust umso stärker sein, je mehr 
»andef8€ dieses Weaen schdni Und die Frau ist absolut 
»anders« ab der Maua Eine Herzogin Ist mit Ihrer 
Zofe verwandter als mit ihrem Bruder. Klemens glaubte 
nun zu verstehen, warum er den geschmeidig sicliern 
Gang der frau, ihre elastische Schönheit besonders 
lieble: wdl diese Eigenschaften dn erhöhtes Seibat- 
be wu P tsdn ameigea Auch die Schamfaaft^lEdt der Frau 
gehört dazu. Die Lust wächst wenn das Selbstgefühl 

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der Frau groß ist, in das man eindringt und das die 
Frau voll Eifersucht verteidigt Klemens dachte dankbar an 
den Überschuß von Lust, den derA^n der Frau dadurch 
flchnlde^ daß sie ein Wesen ist, welches die Bewufitheil 
ihrer intimen Funlclionen verbirgt, und welche Beraubung 
an Lust es für die Frau bedeuten muß, daü der Mann 
sich so wenig der Gesetze seines Körpers schämt 

Es war Disenbeig nicht unangenehm, dafi Frau 
CXMuiphy auf sich warten liefi» 

Er träumte seine Gedanken mit einem Vergnügen 
weiter, das nur die Angst im i lintergrundc störte, jetzt 
könne es klingeln. 

Und die Lust des Besitzes muß sich noch erhöhen, 
wenn man das Wesen in seinem Milieu besitz^ das 
wie eine Verttngerung der Bewufitlieit ist; In der man 
seinen Platz ergreift Und Disenberg sagte sich, daß 
man eine Frau ganz nur in ihrem eigenen Raum be> 
sUk^ In ihrem e^jenen Betten was nur dem Ehc^gstlen 
zuldl wild Hier Hegt vicUdcht der tiefste Grund der 
Ehe, dachte er, und Don Juans Verzwejflui^. 

Und nicht nur, dafi man in dieser fremden andern 
Bewufitiieit Platz ergreift, sondern sich darin bewegl, 
von da aus den andern Leib dirigiert^ ihn, den scham- 
haften, schamlos macht und die Bewußtheit des andern 
Wesens» in der man herrscht, dazu, zu dleamNiedijgBten 
benfitzt: zur Lust am eigenen Leibe. 

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Diaenbeis dachte an Fnuen, die sich tdiier bedient 
hatten. Tiefer zu sinken, war dem Manne nicht möglich. 

Denn nur dem Manne kommt es zu, sich zu bedienen, 
nur er befriedigt eine, objektiv gesehen, unedle Lust, 
und befriedigt aie in einem Leib^ den man icdatüch 
nennt Jene Frauen, ältere waren es meisl^ die sich seiner 
bedient hatten, blieben ifmi in der Erinnerung durch die 
niedrigsten, und das will sagen tiefsten Bande verbunden. 

Nachdem Disenberg den Begriff vom Besitz der 
Frau aiao aerlegt zu haben glaubte^ schien ihm synthe- 
tisch dieser Besitz die vollendete Form der Beherrschung 
und die einzige, denn neben ihr sind alle andern Formen 
lächerlich. Was ist das schon, einen Sklaven unter der 
Peitsche, einen Soldaten unter dem Befehl halten, was 
ist das neben einem auf das Lager genagelten Wesen, 
das meinen Atem atmet memen Bewegungen folgt; 
und das ich, objektiv gesehen, beschmutze durch die 
lachende Ausdehnung meiner niedersten Lust? Eine 
Fnui, die solches ohne ihren freien Willen erlebt und 
gezwoqgen ertragen mufl^ erleidet sidier die furcht* 
barale HöOe. Ja, schon es aus blofier Pflicht zu er- 
dulden, heißt ein furchtbares Los ertragen. Ist es 
aber nicht das Los der meisten Frauen ? Disenberg 
d^te an den veriorenen Ausdruck auf Frauengesichtem, 
wie man ihn oft bemeikl; wenn nichts ihre Aufmeri^ 
samlnt icastH in Koozcrteni ni der Tramway, und 

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MHIeid und MÜMfauen» die QniiidhaUiiiigien adiMS Oe- 
fiUiles air Fmt, wurdoi stSiIcer in ilm 

Zurückgelegt in einem weiten Lederstuhl balanziert 
Disenberg sein langes schmales Messer aus Elfenbein im 
Akkord zu dem balanzieienden Spiel seiner Oedanken, 
denen er nachgab^ da er immerhin Fiau O^Mtuphy erwar- 
tele, wenn auch ohne Enthusiasmus^ denen er nachgab^ da 
doch alsogleich eine Bewegung zu der zu öffnenden Türe 
nötig sein würde und Ausdruck des Gesichtes, Geste der 
Hand sag^ mufite^ dafi man das Warten in Ungeduld 
und nicht in mathematischen Studien veihracfal habe. 

Wenn die Frauen sagen, dafi ihr Vergnügen der 
Genuß unseres Vergnügens sei, die Lust des Geliebten 
ihre Lust, so drücken sie sich nicht sehr präzis aus» 
denn die Lust des OeUeliten^ die eine andere Fiau 
hervorrufl; macht ihnen duidiaus keine Freude^ Man 
verursacht eine Empfindung im besessenen Objekt, um 
sich zu beweisen, daß man es besitzt, — den Mann 
ladt man leiden, die Frau vergehen. Einem etwas Böses 
zufflgen ist, sich seine eigene Existenz beweisen wollen 
durch den Effekt auf einen andera 'Dies ist eines der 
Widerspiele des Egoismus, der fa im Gründe darhi 
besteht, sich durch sich selbst zu definieren, außer- 
halb der Idee eines andern, wie der Gott der 
Stoiker. Dieses Wkleiapfel ist eine der Formen des 
AUniismuib Gerade in diesem kritischen Momente^ da 

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j 



Dnenbergs Oedutloeii mit VoOdaiiipf dne altem Er- 
warten konträre, nämlich die mathematische^ Bahn ein- 
zuschlagen drohten, ertönte die Klingel 

Herr iOemens hatte das Gefühl, dafi er lieber adne 
Bctrachtuiigeii fuflgcaelzt bitte» Er ffxtg fiffhciL Er rift 
sich zusammen. Er freiile sich, dafi sie habe hommcn 
können, ö" nahm ihr den Pelz ab. 

Er sagte »Sie«. Frau O'Muiphy war enttäuscht Sie 
hatte damit gerech n et dafi er aofcrt farailifir sein würden 
um ihn zurechtweisen zu iGönncn» 

Sie wollte sehen, wie er wohnte. Sie ging durch die 
drei mäßig großen Räume wie eine Königin durch 
Säle. Sichtbarlich zeichnete sie durch ihre Anwesenheit 
die i^laine ans. Sie machte voniache und herablasBcnde 
AnspMuqgeii auf jene FraocHi die man hier empfangen 
habe P i gc nb eyg fand Piraa Hdoie O'Murphy vom aller* 
schlechtesten Geschmack. 

Man kam in den Salon zurück. Weniger als sich 
neben sie zu aeten, glaubte er nicht machen zu kdnnen, 
weniger mcM; ab ihre Hand zu eigndf e it und bald 
darauf auch den Arm um ihre Taiüe zu legen. Langsam 
machte sie sich los davon und drohte, nie mehr wieder 
zu kommen. Aber der Liebhaber veistand, dafi er mit 
ao wenig nicht loskomme. 

Man nahm den Tee. Man sprach von dem, was in 
der Zeitung stdi^ man blätterte in einem Buch, das dalag. 



Es war etwas nach 5 Uhr, dafi Frau O'Murphy er- 
kürte^ niclit dtför gekommen zu seiiu Sie l^gte ihfen 
Hut ab. Dann zog sie eine Broedie vom 

schnitt Disenberg kam naher. Als er SIC citic Wdle 
geküßt hatte, fühlte er, daß die Küsse, die sie ihm ^b, 
ihm nicht den Effekt bewirkten, den er sonst bei jeder 
jungen und parfümierten Fnui fand. Er wurde unruhig, 
Vrahrend er sie entUeklete^ fiel ihm ein Wort^von 
Nietzsche ein und verlieB ihn nicht mehr: eine kleine 
Frau ist niemals schön. Hierauf berief er sich die Oe- 
danken, wie begehrt diese Frau sei, wie viele Männer 
gerne an seinem Platse wären. Und schliefilich gelang 
es Ihm unter dem Schutz des Dunkeis und besonders 
der Obstination, die er darein setzte, nicht das Oesicht 
seiner Partnerin anzusehen und sich berauschend an 
den allgemeinsten Charakteren der weiblichen Anatooue 
— gelang CS nun» sich in den Armen jener Fnu zu 
glauben, derea Btkl er in die Sc hr eibtischlade gesteckt 
hatte. Frau Helene O'Murphy fühlte sich geliebt 

Als eine Stunde später Frau O'Murphy, von Disenberg 
begleite^ durch die Halle zum Ausgang schritt, grüßte 
der Don, und alle Vorsicht vogessend, so wenig fühlte 
er sich Liebhaber, sidite ihn KIcniens Frsu O'Murphy 
vor, die sich nach einigen Worten mit der Versicherung 
verabschiedete, daß sie sich freuen würden Herrn de 
Vargas bei sich zu sehen. 

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VII. 



et Ihrer Anlcuiift im Palais Kormons bemerlcte 



Lider Don zu Disenberg, daß sie sich verspätet 
hätten. Die Gäste seien bereits im Theatersaal» in 
denen Dunkelheit sie von dnem Lakaien in die eiste 
Rdhe zu ihren Sitzen b^gldiet winden. ABsofort hob 
sich der Vorhang und Dtsenberg sah die Buhne als 
einen Salon. Er hatte den der Einladung beigelegten 
Personenzettei des Stückes »Die Zahl flüchtig gelesen. 
Die Damen und Herren auf der Bähne nahmen den 
sdiwarzen ICiffee» standen, safien» nnteriildten sieh in 
Gruppen und aus dem Schwirrenden KSste sich manch- 
mal ein Wort: Nijinsky . . . Hindenburg . . . 380 HP... 
Werfel • Boche. . . Oulu Mameh . . . Das Stück spielte 
un Hause eines Barons von Uissignan, wie sich Diaeih 
berg des ungewdhnlkhen Namens wegen gemerict hatten 
und der war es wohl, der, am Kamin stehend, in die 
schwirrende Unterhaltung hinein plötzlich laut das 
Folgende sagte: Die Liebe ist ein Akt ohne jede Be- 
deutung; da man Ihn beheb^ oft wiederholen kann. 

Pdniiches Schwdgea Darauf die Fnu v. Pal ad Ina: 
Ich glaube, es zieht hier. 

Frau V. Omega Alp ha: Es scheint mir eher schwüL 
Lussignanilch spreche ganz ernsthaft, meine Hennen. 
Die Liebe ist ein Akt ohne jede Bedeuhmg» da man ihn 
beKebig oft wiederholen kann. 




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Frau V. Paladtna: Ich dachte^ me ad ein OefQtil... 

Der Bankdirektor: Wenn man, was ich sonst und 
besonders geschäftlich nie tue, den Dichtern trauen kann, 
tat aie aUerdings cm QefühL 

Luaaignan: VieUdcH verehrte Baronin. Es kommt 
nur darauf an, aidi darüber m dnigen, waa ein Oe- 
fühl ist 

Der Domherr: Ein sedischer Eindruck. Motua in 
bonun ccmvenfena^ oder m bonam, voehrte Fraa 
Der Arzt: Man mu6 den engiischen AaaoKiatk»»> 

Philosophen etwas entgegenkommen und sagen, das 

Gefühl sei dne sich abschwächende oder abgeschwächte 
Sensatioa 

Luaaignan: Ein verminderter Akt slao uberhaiqit 
kdn Akt mehr* 

Der General: Also, mdn lid>er Lusdgnan, danach 
würde also der sozusagen realisierte Akt die iJebe aus- 
schliefien. 

Der Domherr beugt aidi zu der Tänicrin: Oihnen 
Sie ungeniert; TeuerstCL 

Lussignan: Ndn. Der Akt schliefit die Liebe durch- 
aus nicht aus. 

Der Bankdirektor: Ein vielleicht? 

Der Donherr zur Baronin PafaKlina: Vefstecken 
Sie aidi hinler Ihrem Picher, daß Sie nicht eirSten, 
Teuerste. 

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Frau V. Alpha: Ich glatib^ es pafil sidi nidit gam, 

Oder? 

Lussignan: Die Liebe schtfefit sich dann nicht aus, 
warn dem vollendeten, voUbrachten Akt da anderer 
Mgjt, der gienNle so viel SeiitinicHtriitit bcwahri; da6 
er sich nicht sofort vciUziditi 

Der General: Es kommt also, wie immer, auf die 
Distanz an. 

Der Bankdirektor: Und also in den Zwisdien- 
linmen der Dntanz die sogenannte Liebe« 
Der Arzt: Ich möchte bemerken, daß die Wieder* 

holung des Aktes zu einer Vergiftung der Gewebe fuhrt» 
was man im Effekt Ermüdung nennt 

Lusaiifnan: Die Wtederhohing macht gewöhnt und 
geflU; lite Dokto 

Der General: Es ist wie mit hundertmal grofie 
Kniebeuge. • 

Die Tänzerin: An die Gewehre! Einsl Zweil 

Luaaignan: Zählen Sie weüer, mein FrSideii^ weiter 

Zahlenreihe. 

Frau V. Paladina: Menschliche Kraft — 
Lussignan: Hat keine Grenzen, genau wie die ZahL 
Der Bankdirektor: Die Umsünde sind einem 

Bewda nicht gerade gfinstig. Auf den Bcwdt kirne es 

aber doch schliefilich an. 

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Der Arzt. Wollen Sie» lieber Lussigitaii, damit sagen, 

daß es Organe gibt, die fast gleichzeitig arbeiten und 
nihen und derart die lilusion geben, nie still zu stehen? 

Der Domherr: Sagen wir, das Her^ tnn in an* 
stfndigen Oefiililen ai bleiben. 

Der Arzt: Nie still zu stehen, aufier beim Tode? 

Lussignan: Es genügt, eine endlose Arbeit sich 
vorzustellen. Die Zahl der Systolen und Diastolen eines 
Menschenlebens fibeisteigl jede vontelibare ZahL 

Der Arzt: Aber das Heiz ist ein sehr einMies 
Mnsfcdsystem. 

Frau V. Alpha: Nur das? 

Der Bankdirektor: Der Motor meines Autos steht 
süU^ werni er kein Benzin- mehr hat 

Der Arzt: Man kAnnte inuneibin auf der Basis von 
Sbychnin und Alkohol ein Nihrmitld herstellen^ das 
den Menschen in Stand setzte ... 

Der General: Wie? 
. Der Arzt: J% efaien Nährstoff den man in Pillen* 
fonn^sdihickt und der die menschliche Mascfahie 

Frau V. Paladine: Wirspradien vom Herzen und 
der Liebe, Herr Doktor! * 
'.Lussignan: Wir sprechen davon, Baronin, 
r .Der Arzt: Sicher sind die menschlichen, liebes- 
kräfle unendlidi, man mufl nur wissen^ bei welchem 
Pludrie das minnfiche Geschlecht, ja, bei wdchen 

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Punkte der iitiendliclieif Zahknfdhe der Mann das 

Unendliche ansetzt 

Der Domherr: Ich erinnere mich, dafi der ältere 
Cato aidi biß znr Zahl 2wd erhobt aber das war dn* 
mal im Winler und enunal im Somnwr« 

Die Tinzerin; Liebe Eminenz; das war eben der 
ältere Cato, vergessen Sie das nicht 

Der Domherr: Er war sechzig. 

Der General sehr träumeriacii: Das ist viel 

Die TIncerin: Ich hdUe, Sie vefwechadten die 
^mern» mem neuer vicnenu» - • 

DerQeneral:Also,ichmu6 sagen, ich finde es kolossal 

Die Tänzerin: In den Traveaux d'Hercule von 
Teraaae bietet der König Lsisius dm AUdden ffir eine 
Nacht seine dKifl% Töchter an. Er siqgl das sehr hfibsdi: 
Dieiflig für einer Nacht so lange Frist 
Verzeih, daß es so wenig ist 

Der Bankdirektor: Singen singt sich das leicht» 
wfifde man in Gzemowitz sagen. 
' Der Domherr: Lohnt 'nicht die Mfihe. 

Lussignan: Getan zu werden, Eminenzl Wareii « 
wirklich nur dreißig? 

Der Domherr: Wenn mich meine klassischen 
Erinnentqgett nicht tinachcn^ ao hdflt ea bei Diodohis 
Sicnfais: Herades uha node quhiquaginta 'vBgines 
mulieres reddidisse. 

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Frau V. Alpha: D» hdfit? 

Der Bankdirektor: Fflnfzig, metne liebe Baronin. 

Der General: Fünfzig Jungfrauen, Donnerwetter. 

Lussignan: Derselbe Diodorus erwähnt noch einen 
gewissen Proculu^ Eminenz» der sich hnndeft sar- 
nu&che Juqgfiiiien gdien lieft und vienehn Tage vcr* 
langte ad consttqnandum. 

Der Domherr: Caput Tertium Tractati De Vanitate 
adsentiae. 

Der Arzt: In 1001 Nacht besitzt ein Prinz viecag- 
mal in vieizdin Nichten vicrsfg Uehie Midcben» 
Die Tinzerin: Das dnd so orientafisdie Phantasien. 

Der Domherr: Ganz recht, Teuerste. Im Koran 
rühmt sich der Heide Mohamme«^ die Stirlce von 
sechzig Männern zu besitzen. 

Die Tinzerin: Aufierdem lagt das noch gir nicht 
dafi er sechzigmal lieben konnte. 

Der Ba nkdirelctor: Es ist wie Poker. Nur nicht 
so ernsthaft 

Der Oeneral: Ah wasi Wie wv anno fünfzehn in 
acnnen emmarscniGn aino ^ 

Der Bankdirektor: Au& 

Der General: Wie? 

Der Bankdirektor: Ausmarschiert wollen Sie sagen. 
Der Oeneral: Abo war's emjahr damif« Wie wir 
da ehunarschieren mit Uh^gendem SpH iMicn die 
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wifaiiGhcii Wcflwr fciliciiwidK in den Ddffcrn iiiid 

warten nur. Was nämlich die serbischen Männer sind, 

also nicht so viel wert, sa^' ich Ihnen. 
Frau V. Alpha: Ich habe meine Tochter hier, QeneraL 
Der General: Die Unterlialiiii^ mit ilifcn Zalilen^ 

Onidige... 

Helene, Frau Alphas siebzehnjährige Tochter: Die 
Herren reden yon Geschäften? 

Frau V. Alpha: Geh ein iMSchen in den nadiileo 
Siloiii mein IGnd* 

Helene geht langsam in eine Fenleniiache 

Frau V. P al ad i na: Diese Zahlen. .. Ich weiß nicht, 
aber sie kommen mir, wie soll ich sagen — 

Der General: — eo piatonisch — 

Fra« V. Paladina: — neii^ ao tediniedi vor. Was 
meinen Sic^ Herr Doktor? 

Der Arzt: Wir hatten im Spital einen Idioten, der 
sein ganzes Leben lang — und er lebt heute noch — 
i&eriiaupt nichts anderes tat ohne Unterbfechuq^ nur 
tat er es mit sich attem. 

Die Damen: Wie achrcd^l Pfnil Absdienlieli. 

Der Arzt: Das erklärt viel Ich meine, die zerebrale 
Exzitation erklärt alles. 

Frau V. Paladina: Sie meinen» die Frauen ver- 
hindern die leittrale ExzHidion oder kAnen sie 2ii* 
mindest ab? 

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Der Arzt: ich sagte Ihnen schon, Baronin, es wir 

ein Idiot 

Die Tänzerin: Wenn Sie von seinen zerebralen 
Kapazitäten sprechen, war er doch nicht so sehr Idioi 
wen^istm nicht hi der Hinsicht 

Der Arzt: In diesem Fall, V e wh rt e s te , ist das Hint 

mehr das Rückenmark. 

Lussignan: Das Rückenmark dieses Menschen besad 
Qenic; 

Der Bankdtrektor: Aber aafen Sie, lidber Doktor, 
wie ist es denn aufierhafo der IfraMuaer und Idksten- 

anstalten ? 

D e r A r z t : Soweit man hier erf ahrungsgemäfi Kenntnis 
besitz^ hat man hierneiin oder zwdHmallnvienmdzwanzig 
Stunden beim männlichen Individmuh konstatiert 

Der Bankdirektor: Was sagen dazu Ihre lie> 

haupteten unbegrenzten Fähigkeiten, Herr von Lussignan. 

Der Oeneral: Da bin ich atier schon sehr ge- 
spannt 

Lttssignan: Ich kann die winenschafitehe An* 

schauung nicht teilen. Die Wissenschaft stOtzf sieb auf 

Aussagen der Wilden, die nur bis zehn zählen können, 
nämlich an ihren Fingern, aber damit vid mehr meinen. 
Es ist meme Obcneugm^ da6 man den höchsten 
bekannten^ Rdtkord schfaigai kana 

Frau V. Alpha: Der ist? 

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Lussignan: Siebenzigmal und öfter tn etnem Tage. 
Theophrast Plinius und Athenaios berichten von ihm. 
£s war ein Indier. 

Der Domherr, r- Scfituaginta ooitu dtmMe libi- 
dincm oootadu herbae amdim. So sielif 8 bei Theo- 
phrast, der hier den Pliniuis zitiert 

Lussignan: Im zwanzigsten Kapitel des neunten 
Buchcider Historia Plantarum. »Mit Hilfe eines Krautes'. 

Der Bankdirekior: Das Kraut sottte man kennen. 
Die Orflndmig danuif zahHe tausend vom Hundert 
Tanti^en. 

Der Domherr: Cuius nomen genusque nun posuit, 
hctfit es weiter. £$ tut mir leid för Sie, Herr Direktor, 
aber man kennt nimUch dieK «ntiigHche Pffame 
nicht 

Lussignan: Das mit der Pflanze ist natürlich Inter- 
polation eines schüchternen Kopisten, der den Geist 
der Leser vor einem zu lebhaften Stupor bewahren 
woDte. 

Die Tänzerin: Mein Gott ob mit oder ohne 

Kraut — 

Der General: Dazu braucht es nur eine flinke 
Zunge. 

Die Tänzerin: Wie hi Sertnen, Oencfai? 
Lussignan: Dieser Baron MOnchhansen hat alles 

das getan, was er erzählte. Daran glaube ich durchaus. 

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Der Arzt: Aach daft er aidi btt dem zu kunen 

Sprung mrt dem Pfeid m der Mftte des Spranges vm- 
dreht und sich an den Absprung zurückbringt, das Rod 
beim Schweif? 

Der General: Früher hielten die lEmHeristiKhen 
Ordonnanzen bei »Habt Aditl« das Pfeni inmer betn 
Schweif. 

Der Arzt: Darum handelt es sich nicht, General. 
Aber das Stuck des Barons Münchhausen atellt alle 
pliyaikaliflcben Gesetze auf den Kiopi 

Frau V. Paladine: Aber was hat das Pfenl Sdiwcü 
und der Baron mit der Liebe zu tun? 

Der Bankdirektor: Das kann man nie wissen. 

Lussignan: Oer Baron Münchhausen hatte nur in 
dem einen unrecht: daft er nachher seine Abenteuer 
erzihtt hat Wenn ich auch zugebe, sie waren er- 
staunlich. 

Der Bankdirektor: Sehr erstaunhch. 
D e r Ar zt: Aogenommeni daß sie ihm wirklich patstert 
Moa, ome* 

Lussignan; Wenn es erstaunlich ist; daft sie ihm 

passiert sind, so ist es doch viel weniger erstaunlich, 
daß man ihm nicht geglaubt hat Und das war übrigens 
ein Glück für den Baion. Er hätte inmitten der neidischen 
Wdt kein a i ig aidmws Ldben gdiab^ Mttte man ihm 
gegtanfaC Man hitte Ihn Mr des UiiciUiibaie 
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vmfitworflich gemacht, für alle unerwarteten Ereignisse^ 
für alle un entdeckten Verbrechen. 
[ Oer Arzt: Man hätte ihn wie einen Gott verehrt 

Lussignmn: Da man ihm aber nicht glatibte^ genoft 
er die aBergroAte Freiheit, aUei zu tun, wat ihm be- 
liebte, auch Verbrechen, denn der aUgemeine Unglauben 
verschaffte ihm jedes Alibi. 

Frau V. Paladina. Und Sie^ lieber Lussignan, 
waren Sie schon nah' daran, es diesem entzfidoenden 
Baron nad ttiinia c h cn? 

Lussignan: Ich habe nachher nichts zu erzählen, 
verehrteste Frau, da ich unglucWicher Weise zu jenen 
gehöre, die nur Abenteuer erleben, die zu erzählen sich 
nicfat lohnl 

Frau V. Alpha: Wann cfzttden Sie dann? 
^ Der Bankdirektor: Vorher, liebe Baronin. 

Lussignan: Erzählen? Was bitte? Und vor was? 

Die Tänzerin: Ich halte mich an das Glaubhafte. 

Frau V« Paladina: Aber es ist ganz hflbsch^ das 
andere wnm er hin in der Phantasie zu behalten. Wenn man 
es auch nicht glaubt, so ist die Vorstellung doch angenehm. 

Der Domherr: Meinen Sie? Das Vergnügen ist 
mlflig. WoOen wir eine kleine Promenade in den Park 
machen? 

Der Bankdirektor: Auch wenn es dianflen hcifi 

ist, wird es immer kühler sein. 

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1 



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Und die letzigefiafiiilen drei gehen In den PaiIe. 

Die Tänzerin: In dem Reden über diese Sache 
Kegt ein Selbstvcrrat 

Der Arzt: Das anzunehmen, liebe Teresita, liegt zu 
nah', als daft es hier sthnmie. Allgemeine Psychologien 
sind nämlich immer falsch, wenn man sie braucht Hier 
ist sie auch aus andern sicheren Orönden falsch. 

Die Frau v. Alpha: Glauben Sie? 

Und auch diese drei begeben sich nach rückwärts» 
um in den Park zu gehea Es erhebt sich, um ihnen zu 
folgen, der Oeneral und sagt; Also^ der alte Caio^ es 
ist doch kolossal« wenn man so denkt . . . 

Lu^ignan und Helene sind allein. Und Helene geht 
auf ihn langsam zu und sagt mit ihrer kindlichsten 
Stimme: Ich glaube an den Inder. 

Hierauf geht sie den andern nach in den Park» 
während sich Lussignan lächelnd eine Zigarette an- 
zündet 

Da fiel der Vorhang. 

Da fid ein Vorhang, doch nicht vor Herrn von Diaei^ 
berg, der sich, ab es plötzlich hcO wuide^ ganz nah 

vor einem großen Spiegel sitzend fand, in dem er wahr- 
genommen hatte, was hinter ihm gespielt wurde. 

Er wandte sich um und erkannte, was er als Bild 
auf der vermeinten Bühne gesehen hatte. Nur war jetzt 
der Sakm leer, bis auf den Don — war er es? Oder war 

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€s nicht Herr Lussignan?.«— der, an den Kamin gdchnti 

eine Zigarrt rauchte. 

»Sie waren nicht zu erwecken. Jetzt fsi es zu spät 
geworden, als dafi ich Sie noch zu Komions bringen 
könnte^ Hör von Diienbciig^ Es geht auf zwölt« 

Diaenbeig erkannte nun den Salon des Hotetai Aber 
geschlafen und geträumt zu haben, dessen war er nicht 
ganz sicher. 

»Auf morgen, nicht wahr?« hörte er noch des Don 
Stinune^ der im Labyrinth der Korridore verschwand 
Oeachiafen und getrSunit zu haben, war er nicht ganz 

sicher. Doch um das Gesehene und Gehörte für einen 
hölh'schen Spuk zu haften, dazu hatte Herr von Disen- 
berg zu großartige Voralellungen von der Hölle, zu 
der die HarmlosiglGttt dieses Altles nicht pafltei Er griff 
in die Tasche fand die Einladung zu Komions und 
den Theaterzettel *Die Zahl«. War man doch dort 
gewesen? Aber wie zurückgekommen? 



63 



VUL 



reu CyMurphy hatte ihren Freunden von Diwn- 



1 berg erzählt und so fand er die Karte, die ihn 
und seinen spanischen Freund zum Souper in grö- 
fierer Gesellschaft einfaid. Sie hielt Kiemena ala Oeist 
für eine Tnmvaflle und woIHe ihn zeigen; w§rt aber 
gleidiieitig nicht bte gewcaen, hitte er bei dieser Oe> 
legenheit seinen Meister gefunden. Sie hatte das Gefühl, 
in der Situation ihres Falles ihre Höhe nicht nur nicht 
behauptet, sondern an Diaenberg verloren zu haben. Sie 
wflnachtedneiddne Rache Inder DemiUigangdesMittiieak 
dessen LiebesdIenat ihr nicht unbedingt genug eiachien. 

Herr von Disenberg entschloß sich, die Einladung 
anzunehmen. Da er den Spanier nicht mehr anders 
verstindigen konnte^ sandte er ihm Frau (XMiirpliya 
Einkidung durch den Portier des Hoteh^ der sie sofort 
zu erledigen versprach. Aber Disenbeig erwartete bei 
Frau Helene den I>on Juan vergeblich. 

Es gab einwandfrei berühmte Leute unter den Ge- 
ladenen der schöngeistigen Dame; unter denen auf- 
fallen konnte; dafi sie; wenn sie fiberhanpt redeten, hn 
MemoirenslÜ sprachen. war der wienerisdie Ent^ 
decker der Frauenseele, im Arrangement seines stark 
eigrauten Haares noch immer als solcher kenntlich, im 
Ausdruck des Gesichtes eine kleine Melancholie^ die 
sich selbst genofi. Da war der Dichter der deutschen 




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NaticN^ dem eine opponierende Jugend illes wcg- 
geMdien halle Im auf die deufMhe Landschaft dem 

Dichter zu sein sie ihm konzedierte. Dt war femer 
der Dichter, der den leisen krankcnschwesterh'chen Ton 
pennanenter Rekonvaleszenz gefunden und perenniert 
hatten Ferner der i^omancier der groflen Liebe«paaiionen 
und eioliaclien Exolianien dea Sclwcibliadiesi ein 
etwas didcer, gelblicher Herr verquoOenen Oesichtea 
Da war das rustikale Ingenium der erschütternden 
Monumentalität im Ausdruck der banalen Leiden* 
schallen. Ferner — > doch es soll nicht die Net^gienie 
auf Portrita nach dem Leben erweckt und befried^ 
werden, weshalb genüge, dafi neben diesen und andern 
älteren Herren des deutschen Parnasses auch ein linker, 
jüngerer PI ü gel da war, der zumeist das Wort führte. 
Neben den Berühmten unter dieaen gab ca auch weniger 
Berühmte. Und achliefilich die fiblichen NolwandIgWien : 
höhere Militärs und Dekolletes. Die Herren waren 
etwas erstaunt über den Eindringling; waren sich mit 
einer ganz klein wenig gespielten Liebenswuixligkeit aber 
doch auch der Ehre bewufit» die sie iOemens damit 
erwiesen, dafi er bei ihnen Zutritt gefunden hatte. 
Selbstverständlich erfüllte sie gegen ihn Jene Verachtung, 
die bekannte Leute gegen unbekannte empfinden. Was 
Disenberg ganz in Ordnung fand. Doch veistaiicte es 
m mm em kleinea Übdbdinden. 

es 



Die Unterhaltung ging über das Neueste und Letzte 
in einem gewissen stenographischen Jargon, über den 
Diaenbei]gr gjcht weiter erstaunte^ da ja auch, wie er 
sich sagten die Sdiioaser iin- Vokabular haben» auf das 
sie stolz sind Was ihm bei den Reden der jüngeren 
auffiel, waren die wissenschaftlich-philosophischen Prä- 
tensionen dieser Belletristen, die von Integration der 
Phänomene^ von spezifischen Mentalitäten, von Bam vital 
und von Minimis und Maximis spradien, aDeidings mit 
einer verdächtigen Leichtigkeit des Wortes. Seftsam, dachte 
Herr Klemens, daß iieute die Dichter Denker sein wollen; 
das muß ein Effekt des obligatorischen Schulunterrichtes 
sein» Übrigens konstatierte Disenbeig; was er in ihfcn 
Schriften gefunden hatte auch in ihrem Spicdien: 
die stifinten Worte worden in ihrem Munde ganz 
schwächlich und matt Die ganz und gar berühmten 
altern Nationaldichter begnügten sich damit, bei der 
lel)hafteren Unterhaltung der jöngem nur als schönes 
Beispiei ffir das von denen Gesagte zu wiiken, indem 
sie manchmal ein Wort in das Oesprfich Irinefnnicktcn, 
welches Wort geschickt so gewählt wurde, daß es immer 
passen| konnte. [Der Gebrauch aller der vielen philo- 
sophischen Worte liefi Disenbeig erkennen» dafi sie dazu 
dienten, die wenigen Ideen der Hcfien zu vertwigen. Die 
Worte schlotterten wie zu weite Kleider. Darum haben 
diese Autoren auch einen so frühzeitigen Stillstand ihres 

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Oeistea. Sie kAnnen aufteronlenlltch leicht die Worte 
ihfer emen Idee Indem, aber «e haften diese Wort* 

änderunc^en der einen fdee für neue Ideen. So dachte er. 

Noch ein Seltsames fiel Herrn Klemens auf. Diese 
ginz deutlich zu dem Buchen dem diskuniven Denken 
und der Wahrnehmung durch Berichte verdammten 
Menacheni deren Afbeit ganz beamtenhaft geordnet deren 
Lebensführung ganz bürgerlich mit Weib und Kindern 
gefielt war, bekannten bei jeder Gelegenheit wie sie 
nkhls ao sehr verachteten als den inteUektuattimu^ 
und wie aie nichto ao aehr verehrten ala »Die Leklen- 
adiaft«, »Das Unmittelbare«, »Die Bewegung«, Aber- 
haupt alles was sich die Intelligenz noch nicht integriert 
habe. Bekannten in ausgesprochenen Worten und 
zwischen den Zeilen ihres Redens nichts mehr zu 
lidien als »Das Leben«, wie die Frauen dieser 
Minner das Wort aussprechen und dnem dabei 
fn die Augen schauen mit den Augen angewandter 
Bacchantinnen. Diese Verehrung des Lebens ging soweit 
dafi man völlig gedankenlose Sachen zu sagen riskiert^ 
Sachen, wie sie alle Wdt sqgt; und Disenbeigs vienis^ 
jBhrige Tischdame eiltlfrte mit tiedeutungsvoller Kühn- 
heit im Blick, eine gute Zirkusnummer sei mehr wert 
als alles, was man denken könne. Die Gesellschaft 
tanzte trunken m und auf dem Lebea Daraus kam 
auch ihre HäHung Ihrem Melier g^ienfiber. Man lobte 

67 



sich nicht» man tadelte sich nicht Und wohl weniger 
ans gutem Oeschmad^ ab weil man bereHs zur Wdt 
gehdrte, in der man sdiafft und nicht bewundert^ 
wofür es eine andere Welt gibt. Übrigens erlaubten sie 
sich von Zeit zu Zeit das Wesen einer bewundernden 
Kraft und schufen einen großen Mann, wobei siesoig* 
fUtig genug waieiii ihn nicht allzu oniediigend ansm- 
wiblen. Doch zog man es dann doch Ueber vor, solche 
bewundernde Kraft und solche Größe einem Denker 
zu schenken, Einstein zum Beispiel oder Husseri. 

Das Oespräch wandte sich der Politik zu, und 
jemand sprscb patriotisch vom Patriotismua Disenbe^g 
fühlte in der Oesellschaft eine OppositkM ^^egen den 
Sprecher und seine Partei und riskierte darum die Be- 
merkung, daß ein sieghafter Monarch weniger daran 
denken den Sieg seines Volkes zu pfoUamierai als die 
Würde seiner Klasse zu retten» denn er wird zu dem 
geschlagenen Monarchen ssgen; »Mein lieber Cousin, 
Sie sind mein Gast« Die Opposition griff das lebhaft 
auf und eine junge Dame erklärte^ daß sie sich einer 
Französin, die ein Badezimmer hab^ weit verwandter 
ftthte ab chMf Bu|g!urhi^ dte kdnes besitze; Und Disen- 
foergs Nachbarin ssgte ihm, dafl das ValeriandsgefQM 
als ein wenig natürliches Gefühl unausgesetzt der 
Stimulierung k)edärfe, die man doch in der Uebe zum Bei- 
spiel durchananicfat bfiuch^ — wenigrtens nicht bei den 

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Frauen. Ein älterer Romancier perorierte nun, daß, wenn 
auch das Klassengefühl unmittelbarer sei als das des 
VaMmki^ so bcstfinde eben die moralische Erhebuqg 
oder Steigerung darin, dieses anntittdlisre Gefühl atm 
Schweigen zu bringen zugunsten eines andern, kom- 
plexeren Gefühls. Worauf man ilim wieder sagte, daß 
das Fehlen dieser Steigerung die Starke der Arbeiter* 
klasse se^ und daB fibrjgem die Oionfizienmg der 
konqiiexen Oeffihle, das heiftt also der tntaUek- 
tualisierten, ein Verrat am .starken Leben* sei Die 
andern ripostierten durch den Mund eines hohem 
Militärs, der, wie man sagte, Simmel gelesen haben 
sdHe, dafi die Klasse das Bewutte sei. das Vaterland 
aber das Unbemiflte. Und der Romancier: Das kompie« 
Oefühl bedeute Gefühl eines dem Sein verwurzeiteren 
Ichs, eines fundamentaleren Ichs. Was Herrn Klemens 
zu der Bemerkung veranlafite^ dafi ein fundamentaler 
gefühltes Ich nichts mit der moralischen Elevation zu 
tun habc^ sondern diese nur mit einer b es s ern Kenntnis 
seiner selbst verbunden sei. Man versuchte nun Disen- 
berg in Verwirrung dadurch zu bringen, dafi man das 
BewuAte mit dem freien Willen vermengte und ihn 
wMtifit, er behauptender Mensch tue dss» was er wolle; 
aber Disenbetg lieft sich nicht verwirren, indem er er^ 
klärte, daß in normalen und flachen Zeiten das Be- 
wußte unsere Handlungen determiniere, während das 

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Unbewußte in Zeiten der Krise aktiv werde, so bei 
Individuen wie bd Völkern. Und da es im Leben des 
Menschen hGchstens zwei oder drei Krisen ffibt und 
im Jahrtiunderle eines Volkes auch nicht mehr, so könne 

man schließlich, auch wenn es die Romantiker nicht 
zugeben, sagen, daß das Bewußtsein die Menschen üi 
ihrem Tun leite. 

Beim Aulbruch in den Sthm sprachen nur mehr die 
Mtlitirs vom Patriolismufl^ und 2war vom milftirisclien 
Standpunkt aus; die Herren in Zivil wurden, weil 
jemand auf dem Klavier einen Schönbergschen Akkord 
angeschlagen hatt^ In ein Gespräch über die Musik 
gieworfan. Und da dmgt gldcfazeitie; vor dem Bilde 
eines deutschen Picasso stehend, von Maleret sprachen, 
entstand eine Debatte über die Hierarchie der Künste; 
die einen fanden die Malerei ausdrucksstärker, die andern 
die Musik. Am Thema wie an dessen Behandluiig 
machte sich die Wirkung der g^oasenen Ukdre leise 
bemefkllch. Eine Dame sagte, daß sie nach dem ersten 
Hören des Tristan drei Tage im Bett zubringen mußte; 
eine andere sagte, bei Matisse hätte sie das gleiche tun 
müssen. Jemand meinte^ daß dies vielleicht auf enien 
Unfall im Atelier des Makis zurikkzuführen sei; man 
verstauche sich so leicht den Fuft. Alle sprachen gleich* 
zeitig. Da sagte Disenberg, nnan würde durch Präzision 
leicht zu einer gemeinsamen Meinung konunea Diese 

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Anmaßung schuf Schweigen. Worauf Disenberg, einer 
dogmatfsierenden Neigung folgend, ausführte: Wir ver< 
wechseln und vermengen zwei durchtus venchiedene 
Sachen: das Kunstwerk und die Materien der Künste^ 
Fait)e und Ton, das heifit dnefseHsOegenslinde; weiche 
unsere sublimierteste Empf i ndung, nämh'ch die ästhetische, 
berühren wollen, und andererseits Gegenstände, die 
Pichls als unser ncrvflses System errquen wollen. Über 
den Unftersdiied unsens' Istiielisclicn Emotionen vor 
einer Symphonie oder vor emem Bilde kann man dis« 
kutit^ren; aber über die Verschiedenheit unserer nerv(3sen 
Erregungen vor einem Ton oder vor einer Farbe sind 
wir, glaube ich, alle darin einige dafi ein Ton weit er- 
rq^iender ist als eine Farben Darauf hMe man Zu- 
stnnmungen wie diese, dafi den Neuiastlienikem wohl 
die Musik aber nicht die Museen verboten seien. Daß 
man eine Prau wohl durch die Musik, aber nicht durch 
Partie zu Fall bringen könne. Daft es Menschen gftbc^ 
die einen physischen Wklerwlllen giegen den Ton hStlien, 
aber nichts ähnliches hinsichtlich der Farbe bekannt sei. 
Ich kann über einen Oeigenstrich weinen, bitte, machen 
Sie mich mit dem Indischgelb Ihrer Palette weinen. Ein 
Verteidiger der absoluten musikalischen Superiorititt 
rief: jetzt braudien Sie mir nur noch den ilund zu 
zitieren, der bei Musik heult, was er bei Bildern nie 
tut Man akzq)tierte sofort auf der Gegenseite den Hund 

7t 



als BeweiSw Also, fuhr einer auf Klemens ios, Sie er- 
klaren die Musik für die materieUste^ sinnlichste^ madngß^ 
Kanal? M^ch,8igleDi8enbeigziirgroAenEnttiii9cli^ 
seiner Anhinger. JedenfaUs ist es die Muaft, wddie 

die Dinge enthält, welche am besten unsere niedrigsten 
Instinkte befriedigen. Ihre heutige Verbreitung und Be- 
liebtheit hängen damit zusammen. Sie ist anzunähern 
der Theaterwut; der Skandahvut, dcrSchneUigkeHswot 
der Uebes- und Pranenwni Damit hängt ihre Bellebl- 
heit weit stärker zusammen, als mit irgendeinem Be- 
dürfnis nach icünstlerischer tmotioa 

Hier hatte Disenbeig alle gegen sich. Was er da für 
einen Unterschied zwischen der Sensation nnd der 
kflnsHerischen Emotion mache? Ob denn die Sensation 
nicht die Basis der künstlerischen Emotion wäre? Einer 
entwickelte ganz rasch den Ursprung des Wortes 
ästhetisch. Und ein anderer erklarte, wer seine Sen- 
sationen zu raffinieren verstünde; sei ebenso ein Kilnsller 
wie der groie Maler oder Musiker. Worauf Herr iGemens 
sagte, der Betreffende sei nur ein geschickt empfindender 
Mensch und nichts weiter, denn die Kunst der Sensation 
sei nie eine Sensation der Kunst Die Basis der kfinstieri- 
sehen Emotion sd dne Idec^ eine Idee des deid^ 
wfdits, der Konvenienz, der Vollendut^ der Wahrheit 
und welche sonst in ihnen das Kunstwerk hervorruft, 
und die bei besonderen Menschen, die sehr selten sinc^ 

72 



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etile besondere Emotion erzeiig^ welche man die 
künstlerische Emotion nennt 

Diese arMoknliMiie Doktrin rief einiges Unbch^jen 
nervoi, oss iDcr fsscn von oer aHcnernen vcnneoen 

wurde, zu diesen besonderen und seltenen Menschen zu 
gehören. Und da nun, fuhr Disenberg fort, die Musik 
durch ihre Allmacht über die Nerven sehr leicht die 
Bikhmg jeder Idee vcriiindem ksnn» so kann man von 
diesem Stuidpimkl aus sehr gut In üv dne mlle^ 
geordnete Kunst sehen. Ein Aufschrei: Also dann wäre 
Wagner, der uns mit seiner Musik jedes Urteil nimmt, 
der niedrigste Känatier? Der größte vielleicht, sagte 
Disenbeij^wdl er« die vefwirrendate Materie handhabenct 
nie die Ideen des Oteichgewiclib und der Onlnung 
aus dem Gesicht verliert Was jene betrifft, die seine 
Musik liehen, so ist das allerdings eine andere Affäre. 

Ein kurzes Schweigen, das dem Satz folgte^ unter- 
brach einer: Die Muaik ruft in rnis Ideen henror« wdche 
die anderen Kfinale nicht hervomifen, nicht? Ganz 
sicher, sagte iOemens, es fragt sich nur, ob diese Ideen 
höhere sind. Die der Musik eigentümliche Idee scheint 
mir die der metaphysischen Existenzen zu sein. Ein 
rninkaUscher Satz scheint ein metaphysisches Wesen 
ZB seht, ich meinem frei zu sein von den Hauptbedb^iuf^fen 
der materiellen Existenz; er scheint nicht im Raum zu 
sein und scheint diese ungewöhnliche Bedingung zu 

73 



erfüllen, ein Wesen zu sein, ohne ein Gegenstand zu 
sdn, genau wie die Gegenstande der Mathematik. Des- 
halb wohl lieben die sogenannten poattiveii»dte »aeridaen« 
Leute die Musik nfdit; Goethe und die groien Lieb- 
haber der sichtbaren äußeren Welt haben wenig oder 
nichts für die Musik übrig. Auch die Stolzen nicht 
was immer sie auch a^gei^ so Napoleon nicht und die 
gmfien Tenoie nicht; dne solcher inealen Sache allzu- 
lang hingegebene Neigung scheint ihnen eine Negation 
der konkreten Existenz zu sein, im Grunde nämlich 
ihrer eigenen; sie fürchten durch die Musik ihr Ver- 
gesaenwerden, den Verlust ihrer Bedeutung. Auch die 
berfihmten Uebenden» ich meine dieUebespaan; machen 
sich nichts aus der Mnsik, jene wenigslens, welche in 
der Liebe einen Gegenstand ergreifen wollen und nicht 
einen Zustand suchen, welch letzten mehr die Wollüstigen 
als die Liebenden leben. Es gibt nämlich plaatiache 
Liebhaber, welche den Akt lieben, und musHEslische 
Liebhaber, welche den Zustand lieben. Die Frauen 
finden sehr viel Geschmack an den musikalischen Lieb- 
habern. Aber sie wären untröstlich, wenn es keine 
andern gäbei Tristan hat sicher die Musik geliebt um 
es an einem Beispiel klar zu machen. Und Vahnont 
und Julien Sord liebten sidier die Musik mchi Da nun 
die Musik selber ein metaphysisches Wesen scheint, 
kann sie metaphysische Wesenheiten auch besser und 
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eher ausdrücken, ich meine Arten, welche die anderen 
Künste nur ausdrücken können durch Fixienu^ in 
dnem Objekt Musik ngjL Tmurigfcett Ruh^ Bewcgum^ 
wüwend die Malerei nur aagt Tmiriglcdt einer Figur, 
Ruhe eines Waldes, Bewegung eines Bachesi 

»Die Musik sa^ das Unbedingte«, rief ein junger 
Kenner ästhetischer liandbiichef. »Sie kann das Bedingte 
überhaupt nidit auadrfickenc» aagle ein andeKr. Ein 
Dritter: »Das ist ihre O b eriqsoiheiU Ein Vierter: »Das 
ist ihre Inferiorität c Die meisten aber: »Das ist ihre 
Super iorität« Klemens sagte: »Es ist weder das eine 
noch das andere, es ist ihre Besonderheit.« Eine junge 
D$mt si^: »fieigson hat festgestellt, dafi, sowie man 
einmal die Bewegung ergriffen habe^ man durch ein* 
fache Diminutton die fixen Punkte Andere Darauf Disen- 
berg: *Ja, er sagte es, aber er macht es nicht Sowie 
er einmal die Bewegung ergriffen hat, die Bewegung 
des »Lebemf zum Beispiel^ den ^Um vitaf, so geschieht 
CS durchaus nicht durch eme »DiminutkNi' oder sonst 
irgend eine Änderung, daß er die lebendigen Formen 
findet, sondern dadurch, daß er entschlossen aus dieser 
Wahrnehmung der Bewegung heraustritt und in jene 
der Form emtritt Das Oesetz der Formation der Zahlen 
kennen, bringt nie dazi^ die Form einer Zahl zu kennen, 
zum Beispiel 3 oder 4 mit ihren Besonderheiten, 
übrigens s^ Ihnen Bergson auch, dafi zwischen 

75 



Aufhält und Bewegung kein gemeinsames Maß besteht 
Wie soll also dm zwiKfaen Be w egung und Aufhält 
bolel»? Der Pfdl ist nicht in Bewegung; wdl er 
sicn Ri jeoeni &eiiien ant enwni onennmisncn runn 

befindet« 

Man stimmte Klemens zu. Der aber schloß: »Und 
aehen Sic^ das Gegenteil ist der Fall (er sagte nicht das 
JtaiprolE^, um Ihre Jugend zu schonen^ wonm man 
nicht denkt, was aber doch wahr ist: der Pfeif 

ist auf keinem Punkte determiniert, weil er in Bewe- 
gung ist« 

Ein^ begaben sich in den zweiten Salon. In diesen 
Augenblick waren die Mehntngen über Disenbefg fert^ 
Die ganz Berfihmten oder in fester Situation waren 

gegen ihn; er hatte zu sehr das Gespräch gefuhrt 
Die weniger Berühmten überlegten, ob sie mit ihm zu 
rechnen haben würden. Die noch unberühmten jungen 
Leute und die Frauen waren für ihn. Er seibat vermied 
sorgfältig für den Rest des Abends Jede Ideation. 
Nachdem er gegangen war, richtete man ihn. Alle 
Parteien hatten das gleiche Urteil unter verschiedenen 
formen; die einen fanden ihn pedantiachi die anderen 
lehrreich; die ersteren streitsflchtig; die letzteren ana- 
lytisch. Einem der Herren fiel gar nichts über ihn zu 
sagen ein, weshalb er entsetzt erklärte^ dafi a ihn nicht 
mehr zu sehen wünsche. 
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IX. 

Es w» spftt nachts dendben Tagjes nnd in der 
Bar, als Don Juan zu Herrn von Disenberg sagte: 
»Mit Ihrer Aufstdlang betreffend mein Verhältnis 
zur Musik hatten Sie sehr recht, mein h'eber Freund. 
Ich habe Ihnen ja auch gldch zustimmend zugenickt, 
als Sie die Bemefkung nachten, aber Sie haben weder 
das nodi midi bemerkt während des gansen Abends, 
denn ich habe diesmal wirklich ausgehalten, so schwer 
es mir auch wurde, und mich nicht gleich zu der Zofe 
geichlichen, wie dieser verkommene Zeitabschnitt meiner 
Natur m tun heifit Ich habe um Ihretwillen aufge- 
halten und mich damit besdUtftigt^ ihrem etwas tbeore- 
tischen Verhalten das nötige Rehef zu geben, damit 
Sie bei den anwesenden Damen nicht verlieren, die 
Sie so nicht mehr für einen Privatdozenten der Lieber 
aondem fOr, nun ]a, fftr ehwn Don Juan halten werden^ der 
es nicht sein möchte^ aber sein mufl. Und das Ist ^as 

beste Fliegenpapier für die Frauen dieser Zeit. Meine 
Ganzgewöhnlichkeit macht das Übern atürhche meiner 
Existenz unwahrscheinlich, ich weifi. Mephistos Künste 
In Auerisachs Keller kann ich Ihnen nlcbt vorführen, 
wenn Sie darauf Wert als Deweis meiner aufiermensch- 
liehen Natur legen. Aber ich kann dort sein, wo Sie 
sind und Sie merken mich nich^ ich kann denken, was 
Sie denken und Sie winen es nicht Das Wundcrt»aie 

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ist wie alles andere in den Encheinungsformen varfaM. 

Sie haben Eindruck bei den Damen gemacht. Ich kon- 
statierte eS| als Sie fort waren und ich Ihre Stelle 
vertrat Sie Icönnen mir glaulien,- dafi i€h Ihren Ton 
traf. Er ist mir geUiiifiger als Sie denioen. Man spnidi 
naAfirlich von der Liebe, natörlich von der heittigen, 
die sich zum sexuellen Bedürfnis verhält, wie etwa die 
Gourmandise zur Ernährung. Naturlich glauben die 
Damen, es hätte raimer das gegeben, was man heute 
Liebhaber nennt, wie andere ja meineii, daft es immer 
Banlders gab. Dann sprach man von besti m mten Linien, 
welche zur Liebe einladen. Man eini^^le sich auf die 
Kurven insofern sie die Negation des Winkels is^ der 
Trennung der Richtungen ausdruckt^ also Abneiguqgea 
Oiilg Ich im Oespiiche nicht Ihre Spur ? Aber fürchtn 
Sie nicht, dafi ich auf dem Gegenstände des Gespräches 
bestand oder auf dessen ernster Behandlung. Objektiv 
vor Frauen von der Liebe sprechen, ist unpassend. Be- 
aonders die Frauen in den Vierz^nem geniert das. Und 
die mdslen Ihrer Oesellschaft osziUleften um diese 
Quarantine. Auch Frau O'Murphy, wenn auch nicht 
dem Kalender nach.c 

»Haben Sie mit ihr gesprochen? Ich meine, da sie 
Sie für mich gehalten haben mufi^ gab es MfiglichkeÜeiib 
dafi Phui Helene CyjVlurphy Bestimmtes mit Ihnen ge* 
sprechen hat, wie?« 

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»Sie besitzt w&üg Geacfaiddidikeit oder sie wü 
bcifihint weidcit VieiielditkpiiipciiBicrt sie dss enlcfieniit 
dem andern. Unsefe kurze und von ihr etwas unvoraicfitig 

geführte Unterhaltung fand ihr Ende damit, daß Sie 
übermorgen mit Herrn O'Murphy ein Duell haben 
werdeiii ndn guter Oiaenbeig, Aber ich werde ihre Stelle 
vertreten» bdrsoen Sie abo nidil mich mit deni 
ehrenvollen Amt eines Zeugen. Wie wOnsdien Sie Ihn 
erledigt? Ein Stich durch den Arm wird der Dame 
Ihres Herzens sicher geniigen.« 

Herrn von Discnbefg fiel eine andere Eiledlsiiiig dn^ 
aber schon sfyrach Don Juan es au& 

*Sfe Wolfen für tot anf dem Kampfplatz bleiben, 
unbekümmert um die Unannehmlichkeiten, die Herrn 
O'Murphy daraus erwachsen ? Und blieben aber dennoch 
am Leben, denn der Süch wäre nur durch ein Gespenst 
gegangen.« Er verzog das Gesicht 

»Auf irgend eine Weise müssen Sie doch wieder zur 
Hölle fahren«, sagte Disenberg lächelnd, -^und ich denke, 
dies ist ein nobler Weg, der Ihnen passen müßte, 
nicht?« 

»Sie vermuten noch zu viel Spanien fai mir» lidier 

^eund, al)er wenn ich darauf eingehe, mich als Klemens 
von Disenberg von diesem armseligen Gatten totstechen 
zu lassen, so wird, was tot da liegt, als totgestochener 
Disenbeq; begraben und ans den Böchem des Lebens^ 

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Polmmeldangen, Steuerregistern, Impftmleni, P!t6- 
ämtern, Wählerlisten gestrichen, und Sie sind dann 
so tot als ob Sie tot wärea Sie kommen in eine fatale 
SümtKNi, namUch gar kdiNL« 

»Vidldclit wOnadie ich dass Mgte Diaenbos, imd 
wie zu sich selbst redend: »Wer von uns beiden der 
Spuk ist, kaum könnte es in diesem Augenblick ein Dritter 
entscheidea Wissen wir es selber? Man li^ im langen 
Tode wie dn Maulwurf unter der Erdc^ der manchmal 
einen Hflgd aufwtrfi; der dann daa Ulm heiDi Niclit 
das ewige Leiben, sondern den ewigen Tod haben wir« 
Das Leben ist ein Aufschrei in diesem Schlaf. Sfc 
werden moigen mit den Vorbereitungen ihres Duells zu 
ton haben und übermorgen früh — « 

»Werde ieb in Ihrem Namen und mit ihm ateriien.« 

Und der Don veiging, verrann in ein Nebelgespinst 



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X. 

Diaenliieig schrak aus tiefem Schlai Im blassen 
Morgen stand des Don Juan schwarze Oeslaft 

zwischen ßett und Wand. 

»Ich komme, mich von ihnen zu verabschieden, in 
einer halben Stunde werden mich meine Zeugen ab* 
holen. Leben Sie woU.« Disenberg richicAe sich auf« 

»Es ist sebon sa Wir haben es ftt gestern abgemacht 
Sie erinnern sich doch. Das Duell wird für Sie weiter 
keine Folgen haben, mein lieber Disenberg, wenn man 
mich auch für den toten Herrn von Klemens vom 
Platz sdufft Es scheint schon eiiunal so beschlossen, 
dafl der gut lifirgeriiche Tod im Bette mir nicht zu- 
kommt und ich immer einen fatalen Abgang haben 
mufi, wenn ich von einem Schauplatz abtrete^ nur davon, 
nur vom Orte^ nicht von der Zeit Denn die ewige 
Zeitlichkeit dies ist wmi Sie wollen, meine Halten« 
strafe^« 

»Wollen Sie nicht noch frühstücken«, fragte Disen- 
berg und langte nach dem elektrischen Dxikka, 

Der Don fiel ihm in den Amt 

»Lassen Sie nur. Es ist nicht mehr Zeit dafOr. Ich 
muS Ihnen {a noch den Faden Ihres Lebens wieder- 
geben, den ich mir für diese Tage angeeignet habe. 
Sie werden ihn |kaum erkennen. Er hat eine andere 
Farbe bekommea Aber der menschüche WHz hat. 

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viele Philosophien zur Verfügung^ sich das Mysterium 
des Lebens plausibel zu machen» dafi es Ihnen nicht 
schwer sem win^ weiter zu leben, auch wenn Sie einmal 
tot sind Oder nehmen Sie es mir in dem ganz banalen 
Sinn des Abtuns eines Lebens, um ein anderes zu be- 
ginnen. Oder in jenem andern» dafi^ was Sie bisher 
gidebt haben, gar nicht Sie waren, sondern eben ich 
zum Bdapid, und dafi Sie jetzt emt sozusagen zu sich 
kommen in dem Augenblicke; da ich Ihnen die Masloe 
abnehme, die Sie bisher trugen und welche eben nicht 
die Ihre, sondern die meine war. Oder begeben Sie 
äch in dne andere Vorstellung, etwa die reli^te; und 
kombinleren Sie die Sfind^ die Strafe und die Los- 
sprechung. Es fiffit Ihnen wie Schuppen von den Augca 
Sie erkennen das Licht, das in der Finsternis leuchtet 
Sie erwachen in einen neuen Tag. Und es ist Ihr 
Geburtstag, Es konnte doch seti^ dafi Sie an dem Tag^ 
da Sie steiben, ins Leben dngehea Emchdne ich Ihnen 
ddit wie der Erlter? Nehme ich nicht Ihre Schuki 
auf mich? Erleide ich nicht um ihretwillen das» was 
Sie den Tod nennen?« 

An die Tfir schlug ein leises Kkipfen, 

»Es sind die beiden Zeugen«, sagte der Don, Und 
ds ob den Wkkrditbenden und in sidi Zusammen* 
krampfenden eine erbarmungslose Faust zwänge und 
ihm die Hand führte, streckte er diese ut>er Disenbecgs 

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Stirne und machte darüber das Zeichen des Kreuzes. 
Und fuhr allsolMkl wie von Feuer gebnuint zurfick und 
hin zur Tfir, die er weit öffneleL Und da war es dem 
MifjgerisBenen Auges hinschauenden Klemens» als ob im 
Raum vor der Türe zwei hohe Gestalten stünden im 
Schatten ihrer mächtigen schwarzen Flügel. Und es war 
wie der hohe silberne Ton einer Trompete im auf- 
ffiegendeiiiznm miemiefllicheDPimiamentaich dehnenden 
Raum, der sich mit bcHubend duftenden Wolken kngr 
sam füllte. 

Klemens sank besinnungslos in die Kissen. 



83 



XL 



ie Glaubhaftigkeit dieaer ErzShIutig wfirde kh 



überschätzen, wollte ich einen danach unge- 
duldig fragenden Leser annehmen, was nun weiter 
mit und aus diesem Herrn v. D. geschehen und ge> 
worden sei, nachdem ich ihm das Bisnun seines 
Daseins in so drastischer Weise von ihm weggehoben 
habe. Hielte ich an seiner wirklichen oder erfundenen 
Personsexistenz fest, jetzt immer noch fest, wo man, 
scharfer hinsehend, läng^ gemerkt haben mufi^ dafi 
Herr v. D. nichts sonst als ein Begriff isl; der sich ad 
absurdum, nimlich zum Olauben zurQckfOhrt; woher er 
kam — ist ja doch alles streng Begriffliche dogmatisch — 
hielte ich, wie gesagt, an dem Herrn noch fest, so 
könnte ich, fabulierend, ihn in dn Kloster eintreten 
lassen. Aber eine solche Weiterführung des Lebens 
hieOe es zu Tode hetzen. Ich wiN lieber im Schlüsse 
den Schlüssel geben und darauf verzichten, so zu tun, als 
hätte ich die Geschichte eines Herrn begonnen und nun zu 
Ende zu erzählen, das naturlich das claustrum mundi ist 
Wir können anders nicht denken als christlich. Wir 
vermögen es nicht, diese Orundeinfirbung unseres 
Denkverhaltens zu ändern, so bemüht auch der und 
jener sein mag, seine Gedanken auf die Bleiche zu 
trsgen, unter die Sonne der sogenanntea reinen Ver- 
nunfi Denn diese Sonne selber ist schon gefiibt 




4 



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Unsere Ideen haben alle die Taufe empfangen; springen 
sie auch noch so faunisch, ihre Musik geht auf den 
gregorianischen Noten. Wohin anders kann eine Unter- 
siicbuiig über den Begriff der Sfinde fähren als zu 
seinen Sfammorl; den Glauben? Das beste PhUoso> 
phteren, nämh'ch das scholastische, ist diesen naturlichen 
Zirkc! gci^'an^'eiL Das Neu- Scholastische der Phänumeno- 
logie macht nur größere Urnwege, was einerseits von der 
Erweiterung des Beobaditungpfetdea^ andererseite von 
crhdhtem Reizbedfirfnis des philosophierenden Subjektes 
bedingt ist Darum: ein Philosophieren, das nicht zum 
Glauben fuhrt ist keines. Und darum: in der Ge- 
schichte wäre Herr v. D. ins Kloster gegangea Be- 
grifflich ist er nie wo anders gewesen. Denn der 
Begriff der Sfinde ist chrisilich per se; Darsn ändert 
auch die Kantische Gendarmerie des kategorischen 
Imperativs zur Pflicht als Antidoturn gegen die Sünde 
nichts, — denn Pflicht gegen was? In der Aufstellung: 
die Pflicht isl; ist es ja gerade die Pflicfa^ welche 
zu besiminien wire. Und die mi Sitttidien rational 
fiberhaupt nicht zu bestimmen ist, sondern nur im 
Religiös- Mythologischen. 

Der Mensch hat das Verlangen, daß die andern so 
denken und ffihlen wie er, oder dafi zwischen ihrem 
und sdnem Denken und Fühlen und Zielen eine Ober- 
einstimmung sei. Tiefer als dieses Verlangen geistiger 

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Oberanstiimnung mit den andern ist aber noch dieaes 

andere Begehren, mit dem »Richtigen«, einem idealen 
typischen Verstande,Oefühleund W ilien übereinzustimmen 
oder uns sich ihm anzunähern, einem Allgemeinen auf 
Kosten unseres Besonderen, das wir mehr für Irrtnin 
und ExzentrizHSt wihnen als fOr Originalitft und tiefere 
Einsichthaltung. Von da aus geht ein lächerlich leichter 
und verdächtig gerader Weg zu Kants Idee von der 
Autonomie und zu deren Rechtfertigung: das Gesetz, 
das ich verietxe^ ist ein seM auferlegtes Oeaetc Das 
gebielende und fibenchreitende Ich ist daaselbe^ aber 
das eine ist verschieden vom andern. Im Sündigen sind 
das verbietende und übertretende Ich koexistent und 
zeitlidi simultan. Ein enger begrenztes Stuck des ich 
verletzt das weiter begrenzte Ich. 

Die irdische Strafe folgt der böaen Tat nicht immer 
auf dem Fuße; oft folgt sie ihr garnicht, oft steht sie 
in keinem Verhältnis zur Schuld. Darum muß sich das 
individuelie L^en in ein supranaturales überweltlicheB 
Leben verfängeni, in dem die manifeslen Ung ered rt jg » 
keiten in Ordnung gebracht werden, Sdndd ihr voOea 
Maß von Strafe bekommt, Sünde ganz gesühnt wird. 
So die Lehre. 

Vermöchte man es aber, Oott ganz in diese irdische 
Weit 2tt ziehen, daft er darin an^ngie wie Luf^ die 
wir atmen, vermöchten die Menachen das Leben dea 



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wahrhaft frommen Mönches, — es gäbe den strafenden 
Gott nicht mehr und mit ihm verschwände alle unsere 
rdjgite Sprache fiber die Sünden die wir aus dem 
dien Testament haben, wo ein Volk und nicht der 
Einzelne das in hetracht Gezogene war, die relative 
Unsterblichkeit eines Volkes, wo die Sunden der Väter 
sich an den Kindern und Enkeln strafen und der Aus- 
gleich 2ur Oereditlgkeit mt Groben statt hat 

Sie tdlen, lieber Freund, nnsem chrisliiehen Hoch- 
mut nicht, der die buddhistische Lehre der Seelen- 
wanderung für keine seriöse HyiK)these erklärt und 
imaerm Himmd- und HöUeschema einen höheren 
lalkNiaien Wert zuschreibt Und ich bui ganz Ihrer 
Mehiung, daß das buddhistische Schema weit besser, 

trotz all seiner Pliantastik, dem unwiderstehhchen 
moralischen Postulat antwortet, dafi aus ihrer wahren 
Natur heraus eine gute Tat gute fruchte tragoi mfisse^ 
wie ehie scfalecMe Tat schlechte^ und daft es nicht 
ndt% sei, einen Kataklysmus anzurufen, ein jüngstes 
Gericht, dem ein Neuer Himmel und eine Neue Erde 
folge, damit alles Übel dieser Erde wieder zurechtge- 
richtet wcntc^ £a ist in der buddhisttschai Lehre ein 
tieintr, weil blinderer Glaube in die Vemihiftigkeit 
und Gfite des gegenwirt^<en Univcnuma und eine 
Überzeugung, daß alles so eingerichtet sei, daß die 
sündige Seele Nia& für Mafi leide und flucht ins 

87 



Nirwana es nicht gebe, so lange die Lektion von des 
Lebens Eitelkeit nicht gelernt und praktiziert wurde» 
zu dem endlosen Ende des Friedens der Indifferaiz; 
den sich ein übermenschlicher Willensakt erringt Immer 
wieder die Seele ans Kreuz, bis sie ihre Bestimmung 
erfüllt! Dagegen ist die jüdische Himmel- Hölle mit 
ihrem katholischen Zwischenstock des Fegefeuers in 
der Tat nur eine recht plumpe Devise 

Man bemfiht sich um die Versöhnung der christ- 
lichen etiropSischen Konfessbnen, — ich glaube; mehr 
aus Gründen irgendeiner Politik. Man sollte, meine ich, 
sich um die Versöhnung der arischen Konfessionen 
bemühen. DieWaUfahrtzumOangesistvielleichtwicfat^ 
ab die zum Jordan. Die chrisliidie Botschaft g^an den 
Einzelnen, nicht an Völker. Und nur der Mönch ver- 
nimmt sie in Wahrheit und er allein lebt in Gott 

Warum der ünweg des Scherzes und Übermutes 
zu solchem Ende? Man wäre ja einen andern; dasZid 
vmtenden Weg mit mir nicht gqi;angen zu diesem 
Ende; das dich ernst ansieht; aus der Schwere des Lebens 
und in dem Glauben an dessen Leichte, wie ihn 
unsere Kirche gibt und die Erlösung vmn besitzgterigen 
Griff dieser Zeit 



1 



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I 



Avalun - Tausend-Drucke 

Einmal^ Aullage jedes Druckes 1000 EuajiUi« 



Bisher erschienen: 

Arno Holz: 

Die befreite deutsche Wortkunst 

Pappband M 20. — 
Nr. 1—50 «iif Japao-Dokumentenpapier gedruckt in Oanzpeigameiit 

bmäm uad von Anlor wlguSmt M laOLr— . 

Prallt Blei: j 

Das Evangelium des Apollonios 

wf BUnpaiiteff g«Mc|, in Pa|ifta«l M 12^ 
In HalUedcr M 40.. 

Frans DIrisiny: i 

Zwischen Welten 

Pappband M a~ 

Arth ur Roessler: 

Ein Abend mit Gottfried Keller und 

B5cklitt 

Pappband M \2 — 

Nr. 1—100 auf Japan-Dokumeiitenpapier gedruckt, in Haibieder gtboiukn * 
und vom Autor signiert M 40,— ] 

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