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DIE ELEMENTE
BER
ENTWICKLUNG SLEHKE
DES S
4
ME.N8CHEN UND DER WIRBELTIERE.
AMLEiTDNG UND &EPET1T0RIDM
PÜR
STÜDIERENUE UND ÄRZTE
VON
OSCAE HEllTWIG,
0; ft, nKHTHHNM, MJUBROK DM AXATOMWOB'MOUMISCim nfmOfll DIR ONlVMITiT BBUir.
ZWEITE AUt^AGfi.
MIT 878 ABBILDUNGEN IM TEXT.
• » • '
JENA.
VERLAG VON GUSTAV FI8CHEB.
I1MI4.
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ÜberseUongsrecilt rorbeluilieii.
• • •
• •
* •••
* A *
• • •
• • • • •
••••••
PftMMBlw BofbvdidnMktrai Stophaa OübtA * 0«. In AUmilmtf .
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H 57
Vorwort
JHc Entwickliuiici^gesdiiebte ist der wahre Licht-
tri&gvr für Uot^rMisbauwii Uber ori;ani0ch« KArasr."
C. B. V. Bawi t Obar jlDt«ricklung«gesch. dw fkn,
Beobaebteiv und Beffexi«« (Bd. I, 8. 231).
Wie in keinem Zoitrauin zuvor, bat der (iedanke der KntwickliiOß
die Wissenst'liaft im 19. Jahrhundort beherrscht, nni ficfstf^n und
nachhaltigsten aber die Biologie. Wie sind die Lehewe^n eatstaDden V
Wie hat sieh ein bo hoch zusammengesetzter Organismus wie der
Mensch, in welchem sehr zahlreiche Organe wie luich bestimmtem
Pinn harmonisch zusammenwirken, auf nitiirlirlieni Wege gebildet V
Solche und ähnliche Fragen sind das Losungswort in der biologischen
WisitenRchaft der letzten 50 Jahre gewesen. Seit den Tagen, in welchen
C. E. TOir Babr sein Meisterwerk, welchem ich das Motto zu meinem
Vorwort entnommen habe, pesrbrielien hat, ist die Entwirklimp-lr lire
ein Hauptfeld anatomischer Forschungen geworden ; durch die emsige
nod auf sicheren Wegen nach bestimmten Zielen gerichtete Tätigkeit
zahlreicher. vorzQglicher Forscher ist in einer kurzen Spanne Zeit ein
WissensgebÄude entstanden, d.is einen Pliysinlngen des IH. .lahrhunderts,
einen Kaller oder Caspar Fkiedkich WuLtr, wenn sie jetzt wieder
unter den Lel>enden erschienen, mit Bewunderung erfüllen wtirde.
Der dem Studium der Entwicklungsi>iozesse zu<,'ewandte Kifer
der Forsrber hat mehr und mehr auch im Kreist Iri "studierenden
und Ärzte ein lebhafteres Interesse für die Tatsachen und Theorien
der Entwicklungslehre wachgerufen. Diesem Umstand glaube ich es
nicht zum wenigsten zu verdanken, dafs im Laufe von 12 Jahren
mein Lehrbuch der Kntwicklungsfrescbirlite des Mensrhen und der
Wirbeltiere sechs Auf lagen erlebt hat (seitdem ist 1902 die siebente
Auflage erschienen), und dafs es in die französische, englische,
italienische und russische Sprache Qbert ratzen worden ist und in den
beiden ersteren auch schon eine zweite Auflijie erlrl t liat
Das Studium der Kntwickiungsgesehichtt' den Studierenden der
Medizin und Naturwissenschaften noch mehr zu erleichtern und es
soweit als möglich zu einem allgemeinen Bildungsmittel zu machen,
ist die Aufgabe des vorliegendeo Buches, welcliem ich den Titel:
„Eleniente der Fintwirklunjilehre" gegeben ]\n\n\ Hei der Neu-
bcarb< itung der letzten Auihigen meines Lehrbuchs int mir innuer mehr
zum BewulVtsein gekommen, dafs ich in ihm zwei nicht leicht zu
vereinende Aufgaben zu verbinden ppsucht h:i1'i\ Einmal sollte es
ein Hilfsmittel bei der Kricriiunfz der eutwicklungsgeschichtlicheu
Disziplin für den Aufüuger, zugleich aber auch ein wissenschaftliches
Buch sein, in welchem der Forscher sich einen tJberblick Ober den
Stand der wissenschaftlichen Fragen und einen Einblick in neue Er-
rungenschaften verschaffen konnte. Es wurde daher auch mit aus-
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IV
Vorwort.
fohrliehen Literaturttbernchten verseben. Daraus sind fttr mich zirei
Schwierigkeiten erwachsen. Die eine bestand darin, l>ei der raschen
Aufeiuauderfolgo der Aufla^ren don in der kurzen Zwischenzeit ein-
getreteneu Krrungenschalten nach 2i,lleD Seiten gerecht zu werden»
worüber ich mich schon in der 5. und G. Aufhige, in letzterer mit
folgenden Worten ausgesprochen hahe:
„Wie in den Natiirwis>on«chatten überhaupt, so inshesondero auch
auf dem Gebiete der Entwicklungslehre wird so viel wissenschattlich
gearbeitet, dars die Literatuir fortwährend im raschen ^'achsen be-
griffen ist, und dafs in wenigen Jahren fast jedes Kapitel geringere
oder einnri'ifcndere Veränderungen aufzuweisen hat. Daher sieht sich
der Hi'iausgeber, weu« er deu Fort.^chritteu seiner Wissenschaft
Rechnung tragen will^ fast Sehritt fttr Schritt in die Lage gebracht,
bald eingreifendere, bald gt rinucre Verbesserungen an dieser oder
jeupr Stelle ;i?i/nliringen , und lialiei wird er angesichts der grnfsen.
in den verschitiieueu Kulturländern jährlich ersciicinendeu Literatur
doch die unangenehme Empfindung nicht los, dafs es ohne einen
unverhältnismftfsigen Aufwand von Zeit und Mühe nicht mOglich ist,
allen auf einzelnen Gebieten erfolgten Fortscbritten in gleichem Mafse
gerecht zu werden."
Die zweite Schwierigkeit fand ich darin, l«ei dem Bestreben, die
erste Aufgabe zu erfüllen, zugleich auch den Charakter eines Lehr-
buchs für Studierende zu wahren. In dieser Hinsicht ;i1)er liatte ich
den Eindruck, dals bei den im Laufe der Jahre notwendig gewordenen
Veränderungen und Zusätzen auch manches Nebensächliche in das
Lehrbuch mit aufgenommen, und dafs besonders sein Umfang Ober
das für den Anfänger erwünschte Mals hinausgewachsen war. So
reifte allmählich im Eiuveruehnu u mit dem Herrn Verleger der Eut-
seblul^, den angefahrten Schwierigkeiten zu begegnen, indem ich die
nicht gut zu verbindenden zwei Aufgaben voneinamh r loste durch
getrennte Darstellung in zwei Lelirbücliern. vnn flcMvn das eine niclir
aut die Interessen der Studierenden und Arzte, das andere mehr für die
Anforderungen eines schon tiefer in den Gegenstand eingedrungenen
Leperkreises l)erecbnet ist.
Von d!es^'n Motiven geleitet, werde ich von jetzt ali neliin dem
älteren, zurzeit in sechster (1902 in siebenter) Auflage vorliegenden
Lehrbuch noch die »Elemente* herausgeben, welche zur Einfflhrung in
das Gebiet der Entwicklungslehre dienen und nur ihre Hau)»ttatäacheD
in kürzerer Fnrni zur Darstellung bringen sollen. Dank dem Entgegen-
konjmen des Herrn Verlegers ist es mir trotz des von ihm festgesetzten
niedrigen Preises für das Lehrbuch mi»glich gewesen, es mit einer
reichen Auswahl von 3tt2 Figuren (den n Zahl in der zweiten Auflage
auf :?7:! LrestieL'en i>f ) nus/ust;itten. welche das Verständniv der Ent-
wicklungsprozesse sehr wesentlich erleichtern werden, .ledern Kapitel
ist eine knapp zusanimengefalste Übersicht des Inhalts gewissermafsenln
Form einzelner Thesen beigefügt worden, so «lafs sie als eine Art Repeti-
torium dem Studiereniien fiu ilerlich und dalier willkommen sein werden.
Und so gebe ich in «las neue .lahrhuuderl deu au seiner Schwelle
.letzt erscheinenden „Elementen" den Wunsch mit auf den Weg, dafs
sie das Licht entwicklungsgeschichtlicher Erkenntnis in immer weitere
Kreise hineintragen mögen.
Berlin, Oktober 189S».
Oskar Hertwig.
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Inhalt
Erster Hnupttoil.
Die AnfangsproKesse der Eiitwicklunif und dl«» ombryonalen EthUlloii.
Krstes Kapitel. Si-Uf
Die Natu r V o n E i - u D d Sa III >■ n /. !■ 1 1 c 1
1. Die Ei/elle «
a) Altcitlialp oder dotterarnip Kifr 7
h) l oliilpcitliali' (tiU-r ilotterrci< In', itular lUnVrt'iizicrtc Eier .... 7
t) ( <'iitri»l('titli!ilt' u(icr fi-iitral difffrciixit-rtc Kirr 12
2. Die S;imcnla(li-ii \2
l'cpetitoriuin 16
Zweites Kapitel.
Die Reifeerjtcheinungen von Ei- und Samenzelle und der Be-
' f r II i-ji t u 11 p r II / >' Ts IS
I. Die l{i-iti->'rsth> iriiingen. ... TS
^ Der Bctiucbtiingspro/efa 24
TT7i>etitorium 2^
Drittes K u ]) i t el.
Der F» r !• h u n gspro xefs his zur Bildung der Keimhlaae 'M
Kepetituriutn 44
Viertes Kapitel.
Ent w i r k 1 n n g sp h V s i olog ische The 0 ri en u n d Ex p e ri m en te . . . . 4()
1. Idioiila>iii;>theorie 46
'J. (i>'s( hici htlichc /fujnnu' mul raitlnMuymMiesi' 50
■i. Broliacliriinijf II iinti Hyperiiin-ntc uIti ilie Hczifliiiiigen der .ynlage -
snlistan/ zur ( ir^Mni^atinii des aiist;<'l>ilil>'tcii ( ifs(hi>|ifcs . . . . .". 51
a) Die 'riifdiit' ilci- iirfianliiklfiKleii Keimlie/ii ke '. '. '. '. '. '. '. 7i\
h) Die Mosuiktbeurie ö4
c) Die Theorie der Biogenesiw 5(?
Fünftes Kapitel.
I)ie i.ehrp von den K o i ni M a 1 1 e r n ■ . . : . . . - , . ül
1 l>ie K eiinl)lattl)ililiiiin lieiiii .Aiiii'liioxui^ . - >'>\
2 nie Keiiiililattliililiiii^' l<ei den .v ni |iliitiien . >i',<
.H. Die Ki'iinldattliilduii^^ hei den l'i'-clH'ii hl
^ Die KeiniMatttiililiing liej Hepulien, \ ngeln und Saugetieren .... 86
a) I>ie eisten Siadn ii l'ei Üeptilieii und X'uLM'ln >^>)
Im Die /weite l'liase iler (iastnilatinn '.)4
f> Weiiire liim aiidliingen der l'riniitivorgauc hei Reptilien, Vögeln
Saugetieren 100
Uepetitoriuni lOS
Sechstes Kapitel.
Die E n t y i r k 1 11 nir d er ür s cgme n te , die Entstehung von Binde -
HU Ii s t a n 7 II n d l'. I u t . . 11.'^
a) l>ie I isi-gmente . . . ■ li:{
Ti) Die Kiitsteliimg dor Biixlesiihstanzeu 117
c) Die Kiitsteliiiiig der (ietaNendnllielien niiil di's l!liile> IIS)
TTepetUorium . 12M
Inhalt
Siebentes Kapitel. aalt»
Bildung der äuTscren Körperform und des Dottersacks der
Wirbeltiere, sowie der Kiliiillett der Ueiitilicn utid Vottd ■ |26
1. l>ie HildiiiiB tlos Kiiiiiples durch Kiiilaltung der Keinihlatier zu Hohren 129
2. l)ie VerweiiduTiff des aiir>ereml>rvi>nakn Hf/irks der Keinildätter /iinV
Itnlti-rsark der l'i>cLe und y.ii den Kihaiiteii der Keptilieii iiml Vci'^ 1^2
a) Der Dotlersack der Fisdie. . l'<2
h) Die Eibüilen der Keptilien und Vögel 138
Repetituiium . . . m
Achtes Kapitel.
1 ) i e K i h Ii II e n d e r S ii u ;r e t i e r c u 11 d d e s M e n s c h e n • HO
l.. Die Saugetiere . ■ l4ü
2. Die meiisi hiii lieii Kihulien IftO
Repetitorium 170
Zweiter Hauptteil.
Neuntes Kapitel.
Die Organe des inneren K e i ni Ii ! a 1 1 e s 175
Das Darnirnlir mit seinen Anhallp^()l^gnIlen . . . . . . . . ■ . . . . . . 17.5
I. Die lUldun^H'n der Offnungen des Darmkanals. — After, Mund,
Sehlundspalten ■ ■ ■ . . ~ 175
II. bonderunV des Dannrohrs in einzelne Absihuittc und Bildung der
Gekröse ( Nlesentericn) 184
III. Kntwieklnii^T der eiiizrlnen t^ri^^ane des Kinpcweiderohrs ... . 191
A. /ahne, /unßp Titnsille und S^teieheldi ii-en 191
B. Tliynius. Scliilddruse, Kehlkopf und Lunge ÜOO
Ün.eber, l'ankreas etc. ■ 'J(H
Repetitoriuni. 211
Zehntes Kapitel.
Die Organe des mittleren K e i rn Ii 1 a 1 1 e s . 216
Muskulatur. Harn- und Hes( hiec htsorgane 216
I. Die Kntwiekluny der w illkurli( hen Muskulatur. . . . ■ • • • . . 216
II. Die Kntwirkiurip der Harn- und (ieschlcchtsorgane, der .Nebenniere 224
lIT. Die Kntwickluns der Nebennieren 2')^
liepetitoriuin 26(.>
Elftes Kapitel.
Die Organe des aufi^eren Keimblattes 265
I. A. Die Knlwicklun^ des Central .Nervensystem» 2t>a
1. Die Knmi(klung des KiH kenniarks '<iti5
2. Die Kiitwit kluii^; des (»ehirns 268
B. Die Knm i< klnii|.' des peripiieren Xervcnsystems 28^
ÖT~Die Kntwifkluii^ des Syiiipatbi<U8 . . • '• • •
II. Die Kiitw K klung tler .Siniiehorgune. Ange, Oehftr- und Ueruchsorgan 2v2
A- Die P'nt wiiklunp des Auges . 2^-<
B. Die hjitwuklum; des tiehörorgany ii^it
Ü7 Die Kntwii kliuiij des (ieruclisorgans 1^18
III. Die KlU^vi^■klullp der Haut und ihrer Nebenorgane
Uepetitoriuni 'Hil
Zwölftes Kapitel.
Die Organe des Zwisrhenhlattcx oder Mesenchyms 836
1. l)ie Kntwiekitinu des Blutgelarssystems i^i^
A. Die Kniw it kluiig des Herzens, des Herzbeutels und Zwerebtells. . iüi'^
' B. Die ersti n Kiitwi( khingf^zust.inile der grolsen Uetalse. Dotterkreis -
lauf. Allantni^- und rUixeiil.trkie.shuit 354
('. I>ie r»iw aiidliiii'jrti im Ht rehhtf des .Arteriensystems 857
D. l niwandluiiu' im iJereiche des Veiiensvstems . '. i '. '. '. ~ '. '. .'^fil
II. Die Kiitm. klmiL' des .Skeletts " ütV)
A \. h., ,1^1 rlett
1. Kntwii kliuiL' der Wirbelsaule neb.st Rippen und Brustbein . . . 369
2. Das K,,),l.-k.>lett . ■ ■ 375
B. Die l-liitvN i. klun^r des Kxtreniitatenskeletts :jü8
Hepetitorimti • 406
h'eiri'-ter .414
Erster HauptteiL
Die Anfangsprozesse der Entwicklung und
die embryonalen Eihfillen.
Erstes KapiteL
Die Natui* von £i- und Samenzelle.
Im 17. und 18. Jahrhundert herrschten noch die iinklarsten Vor»
Stellunnen WhvY dns Wesen des tierisclien KutwicklungsprozrS!«e? Von
den relifjiösen Do^iiueii ilirer Zeit luiwillkllrlich heeinrinfst, waren die
bedeutend&teu Auatomen und rhy>iol<>gen mit wenigen Ausnahmeu
der Ansicht, da(^ der Keim oder der erste Jugendzustand eines
Orpanisinus nichts anderes als ein nnfserordentlich verkleinertes
Miniatiirhild vom späteren ausgebildete?! Zustand darstelle. Im Ki
sollten scliuu am Anfang seiner Entwicidung alle Organe wie im er-
wachsenen Ge£cliö))i in derselben Zahl. Lage und Verbindung, nur in
einem aiirsernnlentlicli viel kleineren Zustand vorbanden sein. Da es
nun aber mit den \"ergrörsernn>isgläsern , welche Mdiun damals mIs
Instrumente der Forschung in üebrauch gekommen waren, nicht mög-
lich war, die zahlreichen vorausgesetzten Organe im Ei am Anfang
seiner Entwicklnnp: 7.u «^ehen und nachzuweisen, uabni man zu der
Hypothese seine Zutiucht. dais die einzelnen Teile, wie Nervpüvystem,
Knochen, Drüsen etc., in den ersten Stadien der Entwicklung nicht
nur aufserordentlieh klein, sondern dabei auch vollkommen durchsichtig
seien. Demnach wlirdo der Fntwi(klnnprs])rozefs nichts anderes sein,
als ein Auswachsen des schon vorhandenen Miniaturgeschftpfes zu
seinem unendlich vergiölserten Ebenbilde, etwa in ilhnlicher Weise,
wie das neugeborene Kind, bei dem ja schon alle Organe vorhanden
sind, durch ihre Vergröfserung heranwäclT-t Dabei sollten die gröfser
werdt'ntbn Teile auch allmählich ihre Durrli -i 'liti^'keit verlieren.
Im sich den Vorgang verständlicher /.u. machen, wies man als
erlftttterndes Beispiel auf die Entstehung einer PflanzenblQte aus ihrer
Knospe bin. Wie in einer kleineu Knospe von den grünen, noch fest
zusammeugeschloss<'nen Hüllblättern doch Ijereits alle Hlütenteile wie
die Staubfäden und die gefärbten Kelchblätter eingehüllt werden, wie
O. H*rt«f c, JH* ElmeBto d«r Eatwieklunnl*!"«. 2. Aull. 1
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2
Erstes Kapitel.
diese Teile im Verborgenen wachsen und sich dann plötzlich znr
Blüt*' ('ntfaltrn. !;n]ltPTi. ni( inte man, auch in der Tien^ntwickhin«;
die (»ereits vorhandenen, aber unendlich kleinen und durchsichtigen
Organe wachsen, sich allmählich enthalten und unserem Auge er-
kennbar we rden. Auch die Entstehung eines Schmetterlings ans der
Puppe pflegt'^ man zum Beweis heranzuziehen.
In der Oeschichte der Wissenschaften wurde die eben skizzierte
Auffassung vom Wesen des Entwicklungsprozesses als die Theorie der
Evolution oder der Entfaltung bezeichnet. In den letzten Dezennien
hierffVr der Name r "i f o r m a t i o n s t h e o r i e" mehr in Aufnahme
gekommen. Denn im Gegensatz zu dem, was wir jetzt vom Eut-
wickluugsprozefs kennen gelernt haben, ist ja das EigentOndiche der
alten Lehre die Annahme, dafs im Keim schon allr späteren Organe
und Bestandteile von Anfang an in ilutin siiiiteron Zustand vor-
gebildet oder präformiert sind. Das Neuentstehen oder Werden ur-
sprünglich nicht vorhandener Organe, was wir jetzt mit dem Begriff
der Entwicklung eines Organismus als etwas Selbstverständliches ver-
binden, wiirde vou dtMi AiihHnfxern dt-r Praforniation>t]ieurie fj^eleugnef.
„Es gil)t kein Wenlen", heilst es in den Elementen der Thysiologie
von Haller, „Kein Teil im Tierkftrper ist vor dem anderen gemacht
worden, und alle sind zugleich erschaffen." Die alten Naturforscher
wollt» ri liei ihrer Auffassmifj ' 1 ii'wii klungslehre gerade das nicht
anerkennen, was uns bei diesem Mudium am meisten anzieht und
interessiert, das Entstehen einer komplizierteren Organisation aus
einer einfacheren, die Umwandlungen oder Metamorphosen, denen die
Organe, indnm sie sich komplizieren, nach bestimmten, feststehenden
Entwicklungsgesetzen unterliegen.
Das Dogmatische und Irrige in der Präformationstheorie zuerst
scharf angegriffen und den Grund für den grofsartigen Aufschwung,
welchen die Entwicklungslehre in unserem Jahrhundert genommen hat,
gelegt zu haben, ist das unsterbliche Verdienst von Caspar Eriedrich
WoLFF. Noch ein jugendlicher Forscher, stellte er in seiner Doktor-
dis.sert^ition 1759 der Theorie der Präformation die Theorie der
Epigenrsi> entgegen, welche, rinc Zeitlanp von den ersten Autori-
täten heftig befehdet, sich in unserem Jahrhundert die allgemeine
Anerkennung durch die Wucht der Tatsachen errungen hat. Nach
der Theorie der Epigenesis ist der Keim eine einfache, noch nicht
aus fJriranen zu^^annnengesetzte '^tih-tnnz. welche sich erst im Laufe
des Eulwickluiigsprozesses vermöge der ihr eigentümlichen Kräfte (Nisus
formativus) nach und nach organisiert und vom Einfacheren zum
Komplizierteren umwandelt.
Ihre Hauptstütze hat die Theorie der Epigenesis in unserem Jahr-
hundert durch die Zellenlehre erhalten, welche, ebenso wie für die
Anatomie und Physi(dogie, auch für die Entwicklungslehre ein festes
Fundament der Forschung geliefert hat. Durch sie wi>seu wir, dafe,
wie die höheren Organismen Ven iniuungen zahlreicher Zellen, ebenso
auch die Kein>e neuer Organi.smen nichts anderes als Zellen sind,
welche sich zu gewissen Zeiten aus dem Verbände mit den übrigen
loslösen, selbständig werden und unter geeigneten Bedingungen wieder
zum Au>i:nngspunkt für einen neigen vielzellifren Organismus ihrer
Art werden. Daher können Ei und Samenfaden selbstverständlicher-
weise nicht den Bau des Organismus haben, von welchem sie sich als
selbständig werdende Elementarteile ablösen, weil dieser ja aus vielen
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Die Katar Von Ei> and Samenselle.
3
Zellen zusammengesetzt ist, die in dirscr und jener Weise diftereuziert
und zu besonderen Organen verknüpft sind.
Mit der ZeDennatur von Ei und Samenfaden und mit ihren be-
sonderen Eigenschaften haben wir uns daher zunächst bekannt zu
machen.
1. Dir Kizolle.
¥ig. 1. Unreifes Ei aus
dem Eierstook eines Eohi-
noderms (etwa JWOinal ver-
priirscit). I)as ^rnf^e Keim-
bia^^cheu zeißt in eiiu iii Netz-
werk von Kaden, dem Kernneti,
eio«n Keimfleck oderNudeolos.
Das noch nicht in die Kutwici<lung eingetretene Ki (Fig. 1 ) ist
die weitaus grölste Zelle des tieiischen Küipers, welche bei manchen
Tierarten ganz gewaltige Dimensionen er-
reicht und die andnoii Zellen dos Körpers
um das Millionenlachc an (iewiclit und
Umfang tibertritft. Al)er auch in letzterem
Falle sind an ihm im wesentlichen nur
dieselben Bestandteile wie an einer ge-
wöhnlichen anderen Zelle zu unterscheiden:
der Zelleniuhalt, der Zellenkern oder Nu-
eleus und die Zellenmembran. Diese Be-
standteile hat man zu einer Zrit, wo man
die Zellennatur des ?aes nocli nicht er-
kannt hatte, mit besoudereu, auch jetzt
gebräuchlichen Namen belegt Den Zellen-
inhalt bezeiclinetc man als Eid ott er oder
Vitellus, den Kern als das Keim-
bläschen (Vesicula germiuativa, Puk-
uicib), die in ihm eingeschlossenen Kern-
körperchen odt^ Nucleolen als Keim-
flecke (Maculae gcnninativae. Waonkh).
die Zellenmembrau endlich als Dotterhaut oder Membrana vitelliua.
Der Dotter oder Vitellus Iftftt, gleich wie der Inhalt vieler
Zellen, wieder zwei verschiedene Substanzen unterscheiden, 1) das
eigentliche Protoplasma, jene oigen-
tündiche, aus Proteiukorperu autge-
baute Substanz, in welcher sich die
Lebensjirozesse in erster Reihe ab-
si)ielen . und 2) das Deuto])lasma
(Van Benkde.n) oder Taraplasma
(Kupfper). Mit diesem Namen werden
chemische Stoffe zusammengefafst,
welche vom l*rotoi)lasma meist deutlich
optisch unterschieden und in Form
kleinerer oder grörserer KOmer, Sehol-
len, Plattchen, Kugeln, Kristalle etc.
in die protoplasmatische (irundsub-
stanz eingelagert sind (Fig. 2 u. 3).
Sie können aus Fetten, aus Albu-
minaten oder aus fiemischon von lei-
den bestehen und stellen in i)hysio-
logischer Hinsicht Reservestotic dar,
welche als Nährmaterial beim Ent-
wicklungsprozefs allmählich aufge-
braucht werden.
V.P
Fi^. Schema eines Eies mit
polständiKem Nahrungsdotter.
Der Hildiiij^-il ' Mit bildet am ani-
malen Pole AJ' eine Iveimscheibe
k.9ch, in welcher das Keimblä^rhen
A-./<einpt"srliI<)s>fn ist. Der Naliruiifis-
dotter n.(i lüilt üea Übrigen Eirauiu
nach den TegetatiTen Pol (VJP)
zu aus.
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4 Entet Kspild.
Wenn die einzelnen Deutoplasmakorner eine beirächllicheie Gröfse
erreichen und sehr reieUieli in das Ei abgelagert sind, so kann sehr
häufig das Protoplasma d^rch sie ganz verdeckt werden. Es füllt
dann die klein« n Lüc ken zwischen den dicht zusammengedrängten
Dotterkugelu, Dotterplättcheu, Fetttropfen etc. wie der Mörtel zwischen
den Steinen eines Mauerwerks aus und erscheint auf dem Durch-
schnitt nur als ein zartes Netswerk, in dessen kleineren und gröfseren
Masrhen die Einschlüsse liegen Nur an der Oberfläche des Eies ist
stets das i'rotoplasnia als eine mehr oder weniger dicke, zusammen-
hängende Rindenschicht vorhanden. *
Das Deutoplasma ist es besonders, welches durch seine massen-
hafte Al)lagerung die oben erwähnte, zuweilen so riesige Gröfse der
Eizelle hervorruft und ihr im Unterschied zu allen übrigen Zelleu
des Körpers ein charakteristisches Gepräge verleiht Denn die Ei-
zelle, welche bei ihrer Entstehung im
Kiei^^itock klein und vtm anderen Zellen
kaum zu unterscheiden ist, bereitet
sich gewissennalton auf ihre zukQnf tige
Aul^he frühzeitig dadurch vor. dafs
sie aus dem Blutkreislauf nährende
Substanzen überihrenaugeublicklichen
Bedarf an sieh zieht und als Reserve-
stoffe in Iii rem Protoplasma auf-
sjK'ichert. In den einzelnen Tierklassen
geschieht es in sehr ungleichem Malse,
bei Vögeln und Reptilien z. B. viel
nii'hr als bei <lt n Säugetieren. Wenn
dann später nach der Befruchtung die
Eizelle ihre Entwicklung beginnt, wer-
den die in fester Form al^elagerten
Br • r\L-stofle allmfthlich \m den Stoff-
wechselprozessen, die im Protoplasma
vor sich gehen, in lösliche Modihka-
tionen übergeführt und zur Ernährung und zum Wachstum der aktiven
Zellenhestandteile. des Protojdasma und des Kerns verwandt. So kann
(h r <]<■]] cTitw ickt liiilr Kmhrvo zu einer Zeit, wo er noch nicht von
auiVcn te>ie 6ul»stanzeu als Sahruug aulnehmen kann, sich von den
als mütterliche Mitgift im Dotter aufgespeicherten Reservestoffen er-
nähren und sie für seinen Stoff- und Kraftwechsel verwerten.
K e i ni M ä sch eu (Fig. 1 — i A- ^'i zeiizt gewöhnlich eine dem
Umlaug «ie> Eies entsprechende Grölse, i.>t daher das grölste Kern-
gebilde des tierischen Körpers und kann zuweilen, wie in den Eiern
der Fische. Amphibien und Beptilien, solche Dimensionen erreichen»
dar> e> x'hon niii uiibewurtm-teiii Auge erkannt und beim Zerzupfen
dt s Ei» s mit Nadeln für sich i>oliert werden kann. Mau unterscheidet
an ihm Ii eine flüssige Gnindsuhstanz als Kernsaft, 2) die Kem-
meuihran. durch welche die mit Saft erfüllte Höhle gegen den Dotter
ab<_'t'|.'n'i)/r wirrl. ;>) ein d- ii Kcinsaft durchsetzendes Netzwerk von
feineu Fäden, die aus einer dem Protoplasma ähnlichen Substanz, dem
Linin. bestehen. 4) das Chroniattn, eine der wichtigsten und charakte-
ristischsten Sub.>tanzen des Kerns, welche sich duK h ihre Kiurenschaft,
jT^i^i^v«' Fai ! -totb- wie Karmin. Iläniatoxylin. basisciie Anilinfarben, an
sich zu ziehen, auszeichnet und in Form feiner Körnchen und Fäden
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Fig. 3. Schema eines Sie« mit
mittelständigem n'ab'rangsdot-
ter. I'a- K'cii.iI I.im In n l.f, iiiimnt
<li<- Mut»' iK - Nahi uiigsdottcr.s (u.d]
da, wf Ii Imt v(hi einem Mantel von
BilduDgsüotter(6^> eingehüllt wird.
Die Natur von Ei- und Samenzelle.
5
meist auf dem Lininnetz abgelagert ist, 5) die Nucleoli oder Keini-
rteckc, gröfsere ku^'Iige oder lappige Körpor einer Protelnsuhstanz,
welche sich Ähnlich wie das Chroiuatin mit Farbstoffen verbindet.
Ihre Anzahl ist je nach der (Iröfse des Keimbläschens und je nach
drr Tierart eine sehr verschiedene. Wahrend kU^inore Keimbläschen
kleiner Eier, z. B. der Säugetiere, gewöhnlicii nur einen einzigen
Keimtleck besitzen, kann ihre Anzahl sich in anderen Fällen auf loo
und mehr belaufen (Fig. 4), z. B. in den sehr grofsen Keimbläi«chen
der PMsche. Amphibien und Reptilien.
Bei vielen Tieren wird das Ei nur von einer feinen Hülle, der
oben erwähnten Dotterhaut (Membrana viteliina) umgeben, welche
einer Zellenmembran entspricht und vom rrotoplasnia des Eies zum
Schutz nach aulVeu abgeschieden wird. In anderen Fällen gesellen sich
jedoch zur Membrana viteliina noch andere Hüllen, zuweilen in grolserer
Anzahl, hinzu. Sie , ,
werden am zweck- •* .
niäfsigston nach ihrer
Entstehungsweise in
zwei Gruppen ein-
geteilt, 1) in die
primären Hüllen,
welche von der Ei- - •
Zelle selbst oder den ' )
sie umgebenden Fol- f 4, '
likelzellen gebildet W, " /*
werden, und Ii) in die \« *
sekundären Hüllen, * •
welche häutig noch * . • ^ ;
um das Ei, nachdem • ^
es aus dem Eier-
stock ausgetreten ist,
von der Wandung
der Ausftthrwege des
Geschlechtsaj^para-
tes ausgeschieden
• ••
Kif;. 4. Kcimbläsohen eines 0,8 mm RrofBen
£ioB von TiiiTKN nadi ( abnov und I^kuhu.n. I>ft> Ki
zeigt die Kernniemliran, viele KeimHei-.ke, aus Linin tind
('hroniatin gebildete KadtMi, die vielfach geschlanßolt und
weiren ihres Aussehens mit einer KiaschenWürste ver-
glichen worden sind. Hin StQck eines Fadens ist links
ol)en stärker vererof^ert.
werden.
Im Tierreich bieten die Eier der zahllosen Tierarten bald ge-
ringere, bald sehr auffällige Unterschiede voneinander dar, so dafs
ein guter Kenner von einer ihm vorgelegten Eiart imstande sein
würde, anzugeben, welcher Spezies sie angehört. Aulserordentlich
verschieden ist in den einzelnen Klassen und Ordnungen ihre (iridse.
Während die Eier bei den Säugetieren mit unbewaffnetem Auge kaum
noch als kleine Pünktchen wahrgenommen werden können, erreichen
sie l)ei den Vögeln im Vergleich hierzu ganz gewaltige Dimensionen,
wie im P'idotter des Huhnes oder gar eines Straufsen. Auch ihre
Form zeigt Verschiedenheiten; am häutigsten ist sie vollkommen
kuglig (Fig. 1 u. T)), zuweilen aber auch oval oder zylindrisch. —
Viele Verschiedenheiten können ferner die Hüllen darbieten in ihrer
Zahl, in chennscher Beschaffenheit, in Konsistenz und Färbung: des-
gleichen die Keimbläschen nach ihrer Grölse und Lage im Dotter
und nach der charakteristischen Anordnung ihrer oben unterschiedenen
Bestandteile. Besonders wichtig aber sind für den Embryologen die
Verschiedenheiten, welche in den einzelnen Tierklassen der Dotter
6
Erstes Kapitel.
darbietet nach der Menge, der Beschaffenheit und der Verteilung der
in ihm abgelagerten Reservestoffe. Denn wie sich später zeigen wird,
üben sie einen tiefgreifenden KinHufs auf den Verlauf der an die Be-
fruchtung sich anschliefsenden Entwicklungsprozesse aus und bedingen
nach den einzelnen Tierklassen verschiedene Arten des Furchungs-
prozesses, der Keinibliltterbildung und der Gestaltung der Enibryonal-
Fip. 5. Nahezu reifes Ei vom Menachen, fVisch dem noch lebens-
warmen Eierstock entnommen. Aii^eu das Follikele|iithel, darunter die helle
Zoiia pellucida, daim lolpt eine Riiulenschicht von Trotoplasnia, die nach innen
in reicher mit I)eiiti»pia>ma aiis^restattetes l*roto]>labn]a üherj^eht. Links oben
Keimbluscbcn mit Keimtleck. Nach Waldkykb. öÜO : 1.
hüllen. Daher sei die folgende Auseinandersetzung gleich von vorn-
herein der Beachtung und dem sorgsamen Studium des Lesers ganz
besonders empfohlen.
Je nach der Art und Weise, wie Protoplasma und Deutoplasnia
(Reservestoffe) im Eirauui verteilt sind, ergeben sich drei sehr
wichtige Modifikationen, auf Grund deren sich die Eier iu
drei Gruppen einteilen und als alecithale, telolecithale und
centrolecithale unterscheiden lassen.
Google
Die Natur Ton Ei« und Sftmenzelle.
7
a) Alocithaie oder dotteranne Eier (Fig. b).
Die Kier dieser Gruppe enthalten nur wenipo Ro*<ervestoffe , die
mehr oder miuder gleichmälsig im Eüaum verteilt i»iud ; intulgedeääeo
sind sie auch entsprecheiMt klein und zuweilen mit nnhewaffnetem
Auge aberhanpt nicht mehr wahrzunehmen. Unter den Wirbeltieren
kommen aufser beim Aiiiithinxus nur Ihm den Sruijretirren und dem
Meuschen derartige dotterarme Eier vor, deren Durchmesser hier im
Durchschnitt nur 0.2 mm, beim Menschen sogar nur 0,17 mm betr>.
Infolge ihrer Kleinheit sind sie verhAltnismai'sig spAt« erat im Jahre
1827, durch Caki, Kknst v. Bakr entdeckt worden, nachdem man vor-
her iu einem tibrigens leicht begreiflicheo Irrtum die viel gröl'serea
Graaf sehen Blftschen des Eierstoclcs, in welchen die viel kleineren
wahren Eier erst eingeschlossen sind, für die letzteren seihst gehalten
hatte. (Man vergleiche das spätere Kapitel üher die Entwicklung
des Kier.stockö.) Das kleine Keimbläscheu (Fig. ö) l)e8itzt einen ein-
zigen giofsen Keimfleck. Um den Dotter, der bei manchen Säuge-
tieren trotz der Kleinheit des Eies infolge stark glänzender, fett-
haltii"'!' Hrservestoffe sehr trtllip, l>ei audtTeii dn^'cficn. vsie beim
Meuschen, ganz durchsichtig ist, liegt eine ziemlich dicke UUlle, die
Zona pellucida herum ; da sie noch innerhalb des Eierstocks von den
Follikelzellen des Gka.\f sehen Bläschens ausgeschieden wird, muis sie
zu den oben unterschiedenen primären EihüUen gf^eclmet werden.
Bei starker Vergröfserung erscheint sie fein radiär gestreift; sie wird
nämlich von zahlreichen Porenkanfllchen durchsetzt, in welche, solange
das Ei im Ghaak sehen Bläschen verweilt, feinste Fortsätze der Kollikel-
zelhnt. wnhisclieinlicli zum Zwerk der Kriiähning und des Wachstums
des Dotters, eindringen und mit dem Kiplasma verschmelzen. Daher
bleiben auch nach der Entleerung des P'jes aus dem geplatzten Gkaaf-
schen Bläschen an der Ohei fläche >einer Zona pellucida noch iilngere
Zeit 2- o Ln.tron von Follikel/elltu haften und werden, da sie mit
ihren Längsdurciimessern in radiärer Richtung um das Ei herum an-
geordnet sind, als seine Corona radiata liezeichnet.
b) Telolaolthale od«r dettemlolio, polar dUterMiilerCe Btor (Fig. 2).
In der zweiten Gruppe haben wir es mit gröfseren. zuweilen so-
gar mit gewaltig grofsen Eiern zu tun, deren Umfang durch massen-
hafte Aufspeit herung von Reservestoffen hervorjrernfen ist. Dabei
ist ihre Aldageruug im Eiraum eine ungleichmälsige der Art, dais in
der einen Hälfte der Eikugel sich mehr Deutoplasnm. in der anderen
dagegen mehr Protoplasma vorfindet. Da nun dieses im allgemeinen
wasserreicher ist un f ein geringeres spezitisches Gewicht besitzt als
die in ihm eingelagerten, aus festerer Substanz bestehenden Reserve-
stoffe, suchen derartig organisierte Eier stets eine ganz bestimmte
Btthelage im Räume einzunehmen. Die schwerere Kugelhälfte, welche
man gewöhnlich wegen ihres gröfseren Gehaltes an Dottereinschlfissen
die vegetative nennt, wird nach abwärts, die leichtere Iliiltte, weiche
auch die animale heifst , nach oben gekehrt. Eine Linie, welche
die Mittelpunkte der vegetativen und der animalen Kugelhälften ver-
bindet und sicli immer lotrecht tMnstellt, wird als E ia ch se. ihre beiden
Endpunkte werden als aui maier und vegetativer Pol des Eies
voneimiüder unterschieden. Der Schwerpunkt eines solchen Eies
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8
Eriiles Kapitel.
liegt nicht mehr zentral, sondern ist naeh dem vegetativen Pol zu ver-
schohen. Daher ist die Bezeichnunjr polar differenzierte oder
telolecithale Eier, d. h. Eier, bei denen die Dottereiubchlüsse
nach den beiden ?o\ea m in iingleicher Weise verteilt sind , ganz
passend p^ewählt.
Es ist zwepkniafsifx . unter ihnen noch einmal eine Einteilung
in zwei Untergruppen vorzunehmen, je nachdem der Unterschied
zwischen animalem und vegetativem Eipol weniger oder sehirfer aus-
geprä.L't ist.
Zu der trstcii Abteilung gehören die Eier der Amphihipn . der
CykloBtomen, der Gauoiden. Das Froschei z. B. läfst die polare Ditieren-
zierang seines Inhaltes nur daran erkennen, dafe in der vegetativen
Hälfte die fettglänzenden Dotterplättchen gröfser und sehr dicht zu-
sammengcprefst sind, wi^hrcnd sie nach dem fnimnlen Pol zu kleiner
werden, weiter auseinanderliegen und daher von reichlicherem Protu>
plasma eingebaut sind. Infolgedessen biet^ aiieh beide H&lften
in ihrem spezifischen Gewicht geringe Unterschiede dar, was sich
geltend macht, wenn dir Frosrheirr in das Wasser gebracht werden.
Denn dann kehrt sich regelmäl'sig — besonders rasch einige Zeit nach
der Befruchtung — die animale Hälfte, als die leichtere, nach oben.
Ül>ri^'<'ns sind animale und vegetative Hälfte heim Frosche! auch
schon durch ein äufserliches ^Icrkmal lei<'lit voneinander zu unter-
scheiden, da die erstere durch Pi^nuontkörnchen . die in der ober-
flächlichsten Protoplasniarinde reichlich abgelagert sind , braun bis
tiefschwarz gefärbt ist, während die letzt irc infolge fehlender (Raua
esculenta) oder schwachor ausgeprägter Pii^iiuMitierung (Rana fusca)
hfllgelb oder ;:rau aussieht. Aufser der bereits im Follikel gebildoteu.
ziemlich brcitcu Zona radiata erhält das Froschei wahrend seiner
Wanderung durch den Eileiter noch eine sekundäre Hülle, eine dicke,
von DrUspii/ellcii dos Eileifers ausgeschiedene, klebrige, im Wasser
aufserordeutlicli quellende ( lallertschicht.
Die Eier der Amphibien etc. bilden gewissermalseu einen Über-
gang von den dotterarmen (alecithalen) Eiern mit gleichmäßig ver>
teiltiMi Keservr>t(iften zu der zweiten T'ntera1)teilun;z unserer zweiten
(iruppe, zu den l'",iern der Selachier und Teli'ostier. der Keptilieu uml
\ ogel. Die polare Differenzierung (Fig. 2) i^t hier dadurch noch eine
schärfere geworden, dafs die Umgebung des animalen Poles Oberhaupt
keine gröberen Dotterkörner als Einschlüsse mehr enthält und somit
fast mir aus reinein Prutoiilasma besteht, in weiclies auch das Keim-
l)liischeii (/. /*) zu liegen kommt. Nach dem Vorgang von iiKicHfcki
hat man den protoplasmatischen, meist sehr kleinen Bezirk des Eies
f/, sv7/i als den Bildungsdotter (Vitellus forma tivus) und
den nbii'j't!. aulserordentlich viel voluminöseren Teil als den
I\ u h 1 u u s d 0 1 1 e r (Vitellus ü u t r i t i v u s , n.d) bezeichnet. Die
Naniengebung ist eine recht zutreffende, wie namentlich der weitere
Vi-rlauf der Kntwickluntr b hren wird. Es bleiben uiUidich, wie hier
im voraus ^Meicli an.i:edeutet werden mag, die Veränderungen, welche
wir >päter als Furchungsprozefs kennen lernen werden, nur auf
den Bildungsdotter beschränkt; er allein wird in Zellen zerlegt und
liefert das ^Iaterial zum .\ufbau des Embryo, während der Nahrungs-
dotter an diesen Entwicklungsprozessen selbst nicht teil nimmt,
sondern nur allmählich verflüssigt und zur Ernälirung des Embryo
aufgebraucht wird.
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Die Matur von £i> and SamenseUe.
9
Der vom BildunoBdotter erfüllte Bezirk helfet wegen seiner Form
gew5hnlieh auch die Keimscheibe (Fig. 2 k.sch u. Fig. Gj. Sie ist wegen
ihres geringoreii spezifischrii Gowichts in jeder Lage des £ie8 stets
nach oheu gekehrt; sie hreitet sich auf
dem Nahrungsdotter gleichsam wie ein
Oltropfeu auf dem Wasser aus.
Als Heispiel eines polar differen-
zierten Kies mit Keimsciieihe sei auf
das Hühnerei, welches von jeher zu
embryologisehen Untersuchungen mit Vor-
liehe ))(Miiit/t worden ist, noch etwas ge-
nauer eingegangen.
Man niufs die Eizelle des Huhnes
oder irgend eines anderen Vogels, um
ein richti^ros Bild von ihrer Beschaffen-
heit zu ^'ewinuen, noch im P'.ierstock
aulsuchen in dem Augenblicke, wo sie
ihr Wachstum vollendet hat und im Be-
griff steht, sich aus dem Follikol abzu-
lösen. Man lernt dann, dal's sich in dtMii
traubentorungeu Eierstock nur der kuglige Eidotter, das sogenannte
Oelbei, entwickelt, welches für sieh eine aufserordentlich grofee Zelle
darstellt (Fig.»)), Das „Gelhei" wird von einem dünnen, aber ziemlich
festen Ililutchcn, der Dotterhaut ((Ih). eingeschlossen, deren Verletzung
ein Austlielseu des weichen, breiigeu Inhalts zur Folge hat. An letz-
terem wird man bei genauerer Untersuchung einen kleinen, weifsliehen
Fleck, die Keimscheihe (ksrli) (Discus proligerus, auch Hahnentritt od« r
Narbe. Cicatricula. genannt), entdecken. Die Keinischeibe ist an der
Eikugel stets nach oheu gekehrt, da sie aus der leichteren Substanz,
Fig. 6. BiMll» (Bidotter)
des Huhns aus dem Eierstock.
k.sch Keiinsi ht'il»e, k\li Koiinlilus-
«hen, ir.d \\t'ir-.t'r Dtttter, g.d
gelber Dotter, dM Dotterhaut.
Yi\S. 7. Durchsohnitt der Keimscheibe eines noch in der Kapsel ein-
SMOhloBsenen reifen BierstookBeies, iia< h lUuroun. a BiiuI<-}:r\M'l»>ka])^oI des
Eies; b Epithel der Kapsel, Mi dessen Innenseite auf dem Ei die Dotterliaut liegt;
e kOmiire Substanz der Keimscheibe; nr.y weifeer Dotter, der unmerklich in die
feink<iriii;:i' Snl)3tanz ilor Keiinsi licilif iilifiL'i'hf : x das von piiuT dnitlii liun Mem*
bran umgebene, aber geschrumpfte ivvimbläscben; y ursprünglich vom Keim-
blischen eingenommener, durch seine Schrumpfiing leer gewordener Raum.
aus r.ildungsdotter besteht, einem feinkornigen Protoplasma mit kleinen
Dotter kügelchen , an welchem sich der Furchungsprozel's allein voll-
neht Sie liegt also immer am animalen Pol unmittelbar unter der
Dotterhaut und hat etwa einen Durchmesser von 3 bis 4 mm. In
der abgeplatteten Keimscheibe tindet sich auch das Keimbläschen
(Fig. 0 k.h und Fig. 7 x)^ welches gleichfalls etwas abgeplattet und
linsenförmig ist
Die übrige Hauptmasse der Eizelle ist der Nahrungsdotter; er
?ietzt sich aus zahlloseu Dotterkttgelchen zusammen, die durch geringe
Spuren von Protoplasma, wie durch einen Kitt, verbunden werden.
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10
Erstes Kapitel.
Über seine feinere Struktur erhält man Aufschlufs durch dünne
Durchschnitte, welche senkrecht zur Keinischeibe durch die gehärtete
Dotterkugel anzufertigen sind. Man kann dann nach Verschieden-
heiten der Färbung und der elementaren Zusammensetzung den
weifsen und den gelben Nahrungsdotter unterscheiden
(Fig. 0). Der weifse Dotter (tcd) ist nur in spärlicher Menge
in der Eizelle vorhanden und stellt einen dünnen Überzug auf der
ganzen ObeiHäche, die weifse Dotterrinde, her; zweitens sammelt er
sich unter der Keimscheil)e , für welche er gleichsam ein Bett oder
Polster bildet (pAM)EKScher Kern), in etwas gröfserer Menge an und
Fig. 8. Dotterelemente aus dem Ei des Huhns, nach Balfocs. .-1 Gelber
Dotter. Ii Weifscr Dotter.
dringt drittens von hier aus in Form eines Zapfens in den gell»eu
Dotter bis zum Zentrum der Kugel vor. wo er kolbenartig anschwillt
(Latebra, I'uhkinjk). Beim Kochen des Eies gerinnt er weniger und
bleibt weicher als der gelbe Dotter (gd). Dieser läfst in ge-
ronnenem Zustand auf dem Durchschnitt eine Schichtung erkennen,
indem er sich aus zahlreichen Kupelschalcn zusammensetzt, die um
die Latebra herumgelegt sind. Auch in der Beschatfenheit ihrer
Fig. 9. Schematischer liängsschnitt eines unbebrüteten Hühnereies.
(Nach -Allks TMuMäu.N, etwas verändert.) h.l. Keinischeibe, ir.y. weifscr Dotter;
derselbe besteht aus einer zentrak'ii, tlaschenfumiigcn .Masse und einer .Anzahl
konzentrisch den gelben Dotter yy. umgebender Schichten; v.t. Dotterhaut; x.
etwas tlüssige Kiweif>schicht. welche den Dotter unmittelbar umgibt; tc. Kiweifs,
aus abwechselnd dichteren und flüssigeren Lagen zusammengesetzt; ch.l. Cbalazen
(Hagelschnüre): a.ch. Luttkanimer am stumpfen Ende des Eies; sie ist einfach
ein Zwischenraum zwischen den beiden Schichten der Schalenhaut; i.8.m. innere,
a.m. äu&ere Schicht der Schalenhaut; s. .Schale.
Google
Die Natur ron EU und Samenaell«.
11
elementareo Teilchen sind beide ijotierartvu voneiuauder verschieden.
Der gelbe Dotter besteht ans weicheo, dehnbaren RQgelchen (Fig. 8 Ä)
von 25 bis Inn u Gröfse, die durch zahlreiche, feinste Körnchen ein
punktiertes Aussehen erhalten. Die Kiemente des weifsen Dotters
sind meist kleiner (Fig. 8jB), ebeufalU kuglig, schliefsen aber ein
oder mehrere gröfbere, stark licbtbrecbende Kdmer ein. An der
Grenze., zwiseheD beiden Dotterarten kommen Ktigelehen vor, die
einen t'hcr^anj: vermitteln.
Von dem so bebclialieuen Eierstocksei unterscheidet sich das
nach anfsen abgelegte Hohnerei (Fig. 9) in seinem Aussehen.
Dies rührt daher, dafs um dvn Eidotter, wenn er sich aus dem
Ovarium ablöst und von dem Ausfüllt weg des w» iMichen Gescblcclits-
apparates oder dem Eileiter aufgenommen wird, von den Wandungen
des letzteren mehrere sekundäre UmhOlIungen, das Eiweil^ oder
Albuinen, die Schalenhaut und die Kulkschale, abgelagert werden. Jeder
der drei Teile wird in einem lusoiideren Abschnitt des Eileiters der
Uenne gebildet. Der Eileiter zerlallt nämlich in vier Abschnitte: 1) in
einen engen, flimmernden Anfangsteil, in welchen die aus dem Eier-
stock ausgetretene Eizelle aiit;4<'notnniea wird, um von den daselbst
angesammelten Samenfaden belruclittl z« werden: *2) in einen mit
Längsfalten bedeckten, drüsigen Abschnitt, von welchem das Eiweils
sezerniert und in dicker Schicht um den Dotter ausgebreitet wird;
3) in einen etwas ausgeweiteten . mit kleiuen Zotten bedeckten Teil,
dessen Zellen Kalk salze ausscheiden und so die Bildung der Kalk-
schale veranlassen, 4) in einen engereu und kurzen Abschnitt, durch
welchen das Ei bei der Ablage, ohne weiter verftndert zu werden,
rasch hindurchtritt.
Die vom Eileiter nacheinander gelieferten Umhüllungen haben
folgende Beschatleuheit:
Das Eiweifs oder Albumen (w.) stellt ein Gemisch mehrerer
StotTe dar; es enthält uach chemischen Analysen 12 " o Eiweilsstoffe,
l.."»" o Fett Ulli! inidere Extraktivstoffe, o,;, » o Salze (Chlorkalium,
Cblornatrium , 6ulpliate und Phosphate), 8ü Wasser. Es umgibt
in mehreren Schichten von wechselnder Konsistenz den Dotter. Eine
ihm ziemlich dicht auflagernde Schicht ist fester und noch deswegen
besonders bemerkenswert, weil sie sieh in zwei ei^jentümliche und aus
^ehr dichter Eiweifssubstanz bestehende, spiralisch aufgerollte Stränge
{chJ), die HagelschnQre oder Chalazen, fortsetzt, welche sich durch
das Albumen hindurch zu dem stumpfen und zu dem spitzen Pole
des Eies begeben.
Das Eiweifs wird uach aulsen von der dünnen, aber festen, aus
verfilzten Fasern zusammengesetzten Schalenhaut (sjh) (Mem-
brana testae) eingeschlossen. Diese ist in zwei Lamellen zerlegbar,
in <'ine ilursrre. dickere und festere und in eine df^nnere, glatte, innere
Lamelle. Beide weichen am stumpfen Pole des Eies bald nach seiner
Ablage auseinander und Schliefisen zwischen sich einen mit Luft ge-
t Hilten Hohlraum ein (axh)f die L u f t k a m m e r . welche SNSh während
der Bebrütunj? immer mehr vergröfsert und für die Atmung des sich
entwickelnden Hühnchens von Bedeutung ist.
Die Schale endlich oder Testa (.«.) legt sich an die Schalen-
hant dicht an und besteht aus 2 *^/o einer organischen Grundlage,
in welche OH V> Kn]ks;th'(> ;\bp:ela|.;ert sind. Sie ist porös, von kleinen
Kanftlchen durchsetzt, durch welche die atmosphärische Luft in das
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12
£rste8 Kapitel.
Innere des Eies eindringen kann. Die Porosität der Kalkschale
ist fttr die normale Entwicklung des Eies ein unbedingtes Eifordemis,
da mir bri innner crnfntfr Sauorstoffzufiihr die Lel>enspro7PS!j?e im
Protoplasma sich abspieieu können. Man wird in kurzer Zeit den
Tod des bebrfiteten Eies her? ormfen , wenn man die Porosität der
Kalkschale daduirli vernichtet, dafe man ne mit Öl durchtränkt
oder mit Firnis die Poren verschlielkt.
c) Centrolecithale oder zentral dififerenziorte Eier (i'^ig. 3).
Beispiele für die dritte Gruppe kommen im Stamme der Wirbel-
tiere nirgends vor, lassen sich aber in vielen Klassen der Arthropoden,
80 bei den Insekten, in reicher Auswahl finden. Auch hier ist eine
schärfere Sonderung in einen Bildungsdotter (Fig. 3 h.d) (Vitellus
formativus) und einen Naliriiniisdottei (n.d) (V. nntritivus) eingetreten,
was sich namentlich wieder auf den weiteren Stadien der Entwicklung,
wie schon beim Furchungsprozefs, in bedeutsamer Weise geltend macht.
Im (legensatz zu den oben besprochenen polar differenzierten Eiern der
Wirlieltiore mit Keimschcilie ist alior hier (Fig. 3) der BiMiHips<lotter
gleiehmafsig au der ganzen Oberliäcbe des Eies angesiinimelt und
umgibt als eine ringsum geschlossene, gleichmäfsig dicke, feinkörnige
Rindenschicht den zentral gelegenen Nahrungsdotter. Das Ei ist also
zentriil differenziert orlrr. wie man auch sagen kann, es besitzt
anstatt eines pol ständigen einen mittels täodigenlsahr uugs-
dotter*
S« Die SamenfMen (Spennatosoeii),
Wahrend die Eier die weitaus gröfsten Zellen des tierischen
Körpers sind, die zuweilen ganz riesige Dimensionen erreichen, stellen
die iiianiilii'hon (rpsclileclitsprodukte im Gegensat/ ifmi^n die aller-
kleinsten Eienientarteile dar, die im Tierreich überhaupt beuhaditet
werden. Infolge ihrer Kleinheit sind sie nur mit stärkeren Ver-
gröfserungen in der Samentlüssigkeit aufzufinden und konnten daher
auch erst zu einer Zeit entdeckt werden, in welcher mau die Kunst,
VergröfserungsgUlser anzufertigen und zu mikroskopischen Unter-
suchungen zu verwenden, erlernt hatte, Ihre Geschichte beginnt mit
dem Jahre 1677. in welchem ein Schüler des berühmten Leeuwenhoek,
der Student Hamm in Leiden, bei mikroslcopisi her Untersuchung der
Samenflüssigkeit in ihr die sich lebhaft bewegenden Fäden siih und diese
Beobachtung seinem auf dem Gebiete der Mikroskopie vielbewanderten
Lehrer mitteilte, der sie weiter \erfolgte und in mehreren Aufsehen
erregenden Schriften verött'entlirhte. Da die Entdeckung in eine Zeit
fiel . in welciier das Dogma der Prilformationstlieorie (vgl. S. 1 ) all-
gemein herrschte, hat sie alsbald zu einer interessanten, wissenschatt-
lichi II 1 (dide \ eraidassung gegeben. Denn mit Rücksicht darauf, dafs
bei allen holicren Tieren ein neues Gesrhöjjf nur durch die Ver-
einigung der Zeugungsstoffe eines männlichen und eines weiblichen
Individuums entsteht, konnte jetzt die Frage aufgeworfen werden, ob
die Eier, wie man früher glaubte, oder die neuentdeckten Samen-
fadPTi die präformierten Miniatnranlajrcn der Tie^f sind. Lkkuwex-
HOKK selbst regte sofort diese Streitfrage an, ludeui er das letztere
behauptete und in dem £i nichts anderes als ein von der Mutter
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Die Natur Ton £i- und SaneiiseUe,
13
geliefertes Nährmaterial erblicken wollte, iu welches er bei der Be-
fruchtiing einen Samenfaden hineindrin^en und den geeigneten Boden
fftr sein weiteres Wachstum finden hefs. So eiitstanclen die sich
lange Zeit heftig befehdeten Schulen der Animalculisten unti der
Ovisteu. Hierbei verstieg sich die durch Dogmen voreiugeuoniuieue
Phantasie so weit, dafs einzelne Forscher mit starker VergrOrserung
an dem Samenfaden die Körperform des späteren Geschöpfes zu
erkennen und K()i)f, Kunipf, Schwanz und Extremitäten an ihm zu
unterscheiden glaubten, ja sogar in wissenschaftlichen Werken die
Samenftden als solche Pbantasiegeschöpfe ah>
bildeten. So hat der HoUilnder Hahtsof.keh ( l(iO J)
ein Schema eines menschliciien Samenfadens
entworfen, iu dessen vorderen verdickten Teil er
einen kleinen menschlichen Embryo mit grofsem
Kopf, mit zusammengeschlagenen Armen und Bei-
Den, umhüllt von einer Kihaut. eingezeichnet hat.
Als später die durcli Lkeüwenhoek hervor-
gerufene Streitfrage durch die Entdeckung von
Eiern, die sich auch ohne Befruchtung auf dem
Wege der Parthenogenese entwickeln, zu Gunsten
des Kies entschieden schien, blieb mau lange
Zeit iin unklaren darüber, was die fkdigen Ge-
bilde im Samen eigentlich sind und was für eine
Bolle sie bei der Befruchtung spielen. Noch
in den ersten vier Jahrzehuten des 19. Jahr-
hunderts hielt man sie Allgemein fOr seltotftndige
parasitische Geschöpfe (Sperniatozoa) . den In-
fusorien vergleichbar. Noch in .Ion. Mci.ii:rs
Physiologie heifst es: „Ob die Samentierchen
parasitische Tiere oder belebte Urteilchen des
Tieres, in welchem sie vorkommen, sind, Iftfst
sich für jetzt noch nicht mit Sicherheit beant-
worten.**
Die Entscheidung wurde durch das physio-
logische Experiment und besonders durch ver-
gleichende, histologische Untersncluingen des
Samens und der Samenentwicklung (Spermato-
genese) im Tierreich herbeigeführt. In ersterer
Beziehung wurde durch Filtration des Samens
(Si'ALLANZAM) festgestellt, dafs nicht die durch das Filter hin-
durchgegangene Flüssigkeit, sondern der aus den Samenfäden be-
stehende FiJterrOckstand das befruchtende Prinzip enthält. Die In-
fusoriennatur der Samenfäden aber war widerlegt, als Kölliker
zeigte, wie die Samenfäden aus besonderen Zellen des Hodens (der
S})ermatoc>ten) durch eigentümliche Umwandlung entstehen. Wie
die Eier, besitzen also auch die Samenfäden den Formwert von
Zellen; jene sind die weiblichen, diese sind die männlichen Geschlechts-
zellen. Daher mufs sich auch in der Organisation der Samenfäden
ein Teil, welcher dem Zellenkern, und ein Teil, welcher dem Proto-
plasmakOrper entspricht, nachweisen lassen.
Für gewöhnlich sind an den tierischen Samenfäden, welche
übrigens für jede Tierart geringe syipzinsche rnterscbiede in ihrer
Gröl'se und Form darbieten, drei Abschnitte als Kopf, Mittelstück
Fig. 10. Schema
eines mensohliohen
8amexifad0iia» nach
HAVnOBKKB.
u
Ente« Kapitel
I (
Cd.
und Schwanz zu unterscheiden (Fig. 11). Es wird genügen, wenn
wir uns iiierliei auf die Beschreibung der menschlichen Sauienfädeu
allein beschränken. — Ihre Länge beträgt « twa 0,05 mm. Der
vorderste Abschnitt, dor Kopf (Cp.). hat die Form eines ovalen
Plättchens, das nach di in Vordeiende zu (P/.) etwa? dünner ist. V(»n
dor Seite (.4) gesehen, gewinnt er eine gewisse Alnilichkeit mit einer
plattgcNlrflckten Birne. In chemischer Hinsicht besteht er, wie mikro-
chemische Reaktionen lehren, aus Chrnmatin. Der Kopf des Sainen-
fadeus entspricht also dem Kern einer
Zeile. Bewiesen wird dies durch Unter-
suchungen, die bei anderen Tieren, na-
mentlich 1)oi Salamandra maculata etc.,
über die .Spermatogenese angestellt wor-
den sind und gelehrt haben, dafs der
Kopf des Samenfadens direkt durch all-
mählithe rni\vandlun<x aus dem Kern
der Sanieubilduugszelle (Spenuatide)
hervorgeht.
Mit dem Kopf verbindet sieh durch
einen kurzen als Mittel- mier Ver-
bindungsstück ( Pr.) bezeichneten Teil
der lange, iadenartige Anhang (Cd.), der
protoplasmatischer Natnr ist und am
besten einer Geilsel verfjlichen werden
kann, da er kontraktile Eigenschaften
besitzt und eigentümlich schlängelnde
Bewegungen ausfuhrt« Terrnttge deren sich
der Samenfaden mit ziemlicher Geschwin-
digkeit in der Flüssiirkeit vorwärts l»e-
wegt. Wenn der Kopf dem Kern, so
entsprechen MittelstQck und Schwanz
dem K6ri)er einer Ztlle; sie entwickeln
sich beide aus dem Protoplasma der
Spermatidc. \on verschiedenen Seiten
hat man daher mit Recht die Samen-
fäden als Flimmer- oder noch besser als
Geifselzellen bezeichnet.
Koch einige ph}>iologische Bemer-
kungen mögen hier Platz finden. Im Ver-
•jleicli zu anderen Zellen des tierischen
Kötpers und namentlich im Vergleich zu
den Eiern zeichueu sich die Sameafädea
durch gröfsere Lebensdauer und Widerstandsfähigkeit ans, was für das
Gelingen des Pefruchtungsprozesses in vielen Fällen von Wichtigkeit
ist. Nach ihrer Lösung aus rleni Zellenverbande verweilen die reifen
Samenfäden monatelang im Hoden und Samenleiter, ohne ihre be-
frachtende Kraft einzubOfsen. Auch in die weiblichen Gesehlechtswege
eingeführt, scheinen sie noch längere Zeit, beim Menschen vielleicht
einige Wochen lang, lehensfähiir zu bleiben. Für mehrere Tiere ist
dies mit Bestimmtheit nachweisbar. So ist von den Fledermäusen
bekannt, dafs sich der Samen in der Gebärmutter des Weibchens
während des ganzen Winters hindurch lebendig erhält, und vom Huhn
L.Bpn
B
Fig. 11. Samenfäden vom
Menschen. nai:h Ii. KtrziL».
A l'rotilaiisicht. B Fliklieu-
anacht Cp. Kopf, Pf- vorderer,
dünner Teil dessellM-n (iVrl'ora-
toriuiii). (V/. Scliwan/, iV. Ver-
bindun|;sstüc-k dos Schwanzes
(.Mittel stück). Am Schvaiiz (^rf.)
kann man norli unterscheiden
ein ilauptstück P.j>r. und ein
Endstück (J'.<.X die sich an der
Stt ll. LJ'.fir. i^gcneiaander ab-
beizen.
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Die Natur tos £i- und SameazeU«. 15
weifs man, dafs es noch bis zum 18. Tage nach Entfernung des Hahns
befruchtete Kier legen kann.
Äufseren Eingriffen gegenüber erweist sieh der Samen sehr viel
widerstandskrÄftiger als die Kizelle, die leicht geschädigt und ab-
getötet wird. Wenn mau z. B. Samen gefrieren Uü'st und wieder
auftaut, kehlt die Bewegung der Samenftden wieder. Viele Salze, wenn
sie nicht in zu starker Konzentration angewandt werden, wirken nirht
schndigend. Narkotika in starker Konzentration und bei liln.iierer
Einwirkung maciieu die Fäden bewegungslos, ohne sie aber zunächst
abzutöten; denn dureh Entfernung des schädigenden Mittels kann man
12
10 1
Fig. 12. MenBclüiohe« lUakulat, halbachematiscli nach Waldbtu. Ver<
grObenuig etw« 800. Die ErkUrang siebe im Text
sie wiederbeleben. Alkalische Lösungen regen in starker Verdünnung
dio Deweijnnf? der Samenfäden an, Säuren dagegen, auch wenn sie
sehr Ycniiiniit sind, führen den Tod bcriiei. DcmjieiTi.^rs wächst auch
in allen tierisciien Flüssigkeiten von allcalischer Keaktiou die Leb-
haftigkeit der Bewegung, wfthrend sie in sauren Lasungen sehr bald
erlischt.
Der im Hoden bereitete Samen wird beim Menschen and den Säuge-
tieren bei seinem Durchtritt diirrh die sehr langen Ableitnngswepe noch
mit den Ausscheidungen des Nebenhodens, der Samenblasen, der I'rostata,
der GowPBBSchen Drttsen und der Urethraldrfisen vermiBcht. Er stellt
daher bei der ^akulation eine aus den verschiedenartigsten Bestandteilen
zasammengesetzte Flfissi.;keit dar, die auf etwa HO Proz. Wasser 10 Proz.
feste Substanz, £iweilsköri)er und Salze enthält. Bei mikroskopischer
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16
Erstes Kapitel.
Untersachniig Iftfist er zaiilreiehef ▼«rschiedene morphologische Element»
erkennen, die für den im tipr hlichcn Samen in medizinischer Hinsicht von
Bedeutung sind. Man tindct im menschlichen Ejakulat (Fig. 12) aurser
den Samenfäden (4 u. 5) sehr beständig auftretende, runde, grofse Zellen
mit Kernen und kleineren, rundlichen Einschlttssen nnd ähnliche Elemente
ohne Kerne (1,1), die als Hodonzellen bezeichnet werden, dann Lympho-
cyten (2,2) und zylindrische Zellen (6) mit und ohne l'igmentkomchen,
ferner hyaline, kuglige Körper (8,8^, aus der Prostata stammende Lecithin-
kdrper (7,7)« mitunter Amyloidkörper derselben Herkunft (14), Spcrroa-
kristalle verschiedener Form f. 10. 11, 12, 13) und endlich eine Menpe
kleiner Granula verdcbiedcner Art: FottkUgelcheu, Eiweifsgnmola , freie
Pigmentköruchen.
Die sogenannten Hodenzellen hält Waldeyer far abgestolsene Ept-
thelien der Ilamröhrenschleimhaut. Die Spermakristalle, die von Böttcher
entdeckt, auch oft als B«>TTCHEBSche Kristalle aufgeführt werden, treten
erst im Samen bei seiner Abkühlung und Eintrocknung auf; sie sind das
phosphorsMire Salz einer organischen Base, des Spennins, das in der
Prostata gebildet wird nnd ragleicb ancli Ursache des eigeDtttmlichcn
Spermageracbs hU
Die wichtigsten Ergebuiä:»^ des ersten Kapitels fassen wir kurz
dahin zusamuieu:
1) Weibliche und mAnnliehe GeBchlechtsprodukte sind einfaehe
Zellen.
2) Die Samrnfi\(lcn sind Geifsclzellen vpr<?leirhl)ar. Sic scrzeu
sieh meist, aus drei Abschnitten zusammen, aus dem Kopf, dem iMittel-
stQck und dem kontraktilen Faden.
■V) Der Samenfaden entwickelt sich aus einer Samenbilduugszelle
(der h^peruHitide), und zwar rler Kopf aus dem Chroniatin (Nucleln)
des Kernes; das Mittelstück und der kontraktile Faden legen sich in
dem Protoplasma an.
4) Die Eizelle lu stt lit aus dem Protoplasma und eingelagerten
ReservestofFen oder Deutoidasma.
ü) Menge und Verteilung der Keservestoffe in der Eizelle sind
sehr verschiedenartig und üben den gröfsten EinflufB auf den Verlauf
der ersten Entwickhinfisprnzesse aus.
a) Die ReservestoHe (Deutoplasma) sind in geringerer Menge und
gleichmilfsig im Protojilasma verteilt.
b) Die Reservestoffe sind in grOfserer Masse vorhanden und in-
folge UDgleicliiiiiirsiger Verteilung entweder an einem Pole
des Kies oder in seiner Mitte dichter angelläuft. (Polständiges
und mittel ständiges Deutoplasma.)
c) An den polar differenzierten Eiern unterscheidet man den Pol
mit reicherem Gehalt au i;r>ei v> Stoffen als vegetativen, den
entjrefrengesetzten Pol als aiiinialeii.
d) ]»ei polar differenzierten Kieru kann sich das am animalen Pole
reichlicher vorhandene Protoplasma als Keimscheihe (Bil dungs*
dntter) Schürfer von dt^m an I)eutoplasnia reicheren Abschnitt
(N a h r u n g s d 0 1 1 er) absetzen. Am BiklunL'sdotter spielen
sich allein die Entwicklungsprozesse ab, während sich der
Nahrungsdotter im ganzen passiv verhält.
Repetitorium zu Kapitel I.
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Die 2fatar von Ei- and Suneni«!!«.
17
6) Die Eier kann man nach der Verteilung der Reservestoffe in
ihrem Protoplasma in drei Haaptgnippen einteilen, wie folgendes
Schema lehrt :
I. Alecithale oder dotterarme Eier mit geringer Meuge vou gleich-
mftfsig im Protoplasma verteilten Reservestoffen. (Amphioxus,
Säugetiere. Mensch.)
II. Telolecithalf oder dotterreiclie. polar differenzierte Eier.
1) Polar differenzierte (telolecithale) Eier, bei denen animale
und vegetative Eili&lfte allmählich ineinander übergehen.
(Cyklostomen, Amphibien.)
2) Polar differenzierte Eier, die sicli von der vorausgehenden
Untergruppe dadurch untersclieiden, dals es bei ihnen noch
zu einer schärferen Sonderung in Bildungsdotter (Keim-
scheibe) und in Nahrungsdotter, in einen bei der Entwick-
lung aktiven lind in einen passiven Teil fzeknnimen ist.
(Polar differenzierte Eier mit Keimscheibe; Fische, Rep-
tilien, Vögel.)
III. Gentroledthale oder zentral differenzierte Eier mit mittel-
stniuÜL'om NilTnni j^ lntti r fcentrolecithal) und ol)€rrtilchlich
ausgebreitetem Biiduugsdotter (Keimhaut). (Arthropoden.)
O. Hartwig, Um El*iiwBte d«r EntwleklungsUhra. 2. Aufl.
2
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Zweites Kapitel.
Die Reifeerscheinungeii von Ei- und Samenzelle
und der Befraehtnngsprozefs.
1. Die Reifeerscheiuuiigeu.
Eier, welche noch ein Keimbläsclien besitzen, müssen, ehe sie in
den mit der Befruchtung beginnenden Entwickhingsprozefs eintreten
können, zuvor noch eine Reihe von Veränderungen durchmachen,
welche als die Reifeerscheinungen zusamniengefafst werden.
Die Reifeerscheinuugen spielen sich an dem Keimbläschen ab, führen
seinen Untergang herbei und enden mit der Bildung der sogenannten
Polzellen. Sie beginnen , wie man an geeigneten lebenden Objekten,
an kleinen durchsichtigen Eiern wirbelloser Tiere im Zusammenhang
verfolgen kann, damit, dals das grofse Keimbläschen aus der Mitte
des Eies weiter an die Ol)ertläche heranrückt und ein wenig ein-
schrumpft, indem aus seinem Inhalt Kernsaft in den umgebenden
Dotter austritt (Fig. 13 .^4). Die infolgedessen faltig gewordene
Kernmemliran beginnt sich jetzt aufzulösen ; auch der Keimtleck —
oder, wo ihrer zahlreichere vorhanden sind, die Keimtiecke — zerfallen
in kleine Fragmente, die sich nach einiger Zeit ganz der weiteren
Beobachtung entziehen. Das Ei ist indessen durch die vollständige
A B
-. X
nti] '
sp
Fig. 13. Ausschnitte aus Eiern von ÄBterias glacialis.
Sie zeigen die Uückbildun^ des Keimbläschens {kh). In V'\%\\x A beginnt das-
selbe zu schrumpfen, indem ein Protoplasmahocker (;r) mit einer Strahlung in seiu
Inneres eindringt und die Membran daselbst auflöst. Der Keimtleck {kf) ist noch
deutlich, aber in zwei Substanzen, Nuclein (>ju) und Paranudein (jmX gesondert.
In 1- igur B ist das Keimbläschen [kh) ganz geschrumpft, seine Membran ist
aufgelost, der Keimtleck (A/'l nur noch in kleinen Kesten vorbanden, in der
Gegend des Protoplasmahiickers der Figur A ist eine Kemspindel («p) in Aus-
bildung begrififen.
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Die EeifeencheiBunfeii von £i> n. Sunenselle u. d. Betaichtiiiigsprozelk. 19
BückbilduDg des Keimbläschens keineswegs, wie es den Anschein hat,
kernlos geworden; es hat nur eine Umwandlung des Kerns in der
"Weise, welche überall im Pflanzen- und Tierreich als Vorbereitung
zur Zellteilung eintritt, stattgefunden; denn wie man bei geeigneter
Behandlung mit Reagentien leicht feststellen kann, ist aus einzelnen
Bestandteilen des Keimbläschens (Fig. 13 B) wiliirend seiner Auf-
lösung eine Kernspindel (sp) entstanden, über deren eij^enf ümliclie
Zusammensetzung das Nähere in Lehrbüchern der Histologie nach-
zusehen ist
Die Kemspindel verfolgt hierauf den vom Keimbläschen schon
vorher eingeschlagenen Weg noch weiter, bis sie mit ihrer Spitze an
di»' Oberfläche des Dotters anstöfst, wo sie sich mit ihrer Längsachse
in die Richtung eines Eiradius einstellt (Fig. 14 Jsp), Bald kann
man an dieser Stelle bei kontinuierlieher Beobaelitung des lebenden
Fig. 14. BUdnog der Folidlmi (BltditaagikSffpaNlMD) b«l Aat«riaa
glacialis.
In I- ig. / ist die Kernspindel »p an die Oberfläche des Kies gerückt. In
Fig. II hat sich ein kleiner HOgel (rk^) gebiltftet. der die Hälfte der Spindel auf-
nimmt. In Fif. III iet der Rüget zn einer Poltelle (rk^) ab^eschnfirt. Ans der
Hälfte der früheren Spindel ist wieder eine zweite vollständige Spindel (tJlA ent-
standen. In Fig. /r wölbt sich unter der ersten Polzelle ein zweiter Uttgel her*
vor, der sich in Fig. V v.nr zweiten rolzelle (rJt') abgeschnQrt hat. Ans demSest
der Spindel entwickelt sich der Eikern iek) in Fig. VL
Eies wahrnehmen, dafs sich au der Dotterrinde ein kleiner Hügel
emporwMbI, in welchen die Kemspindel selbst znr Hftlfte hineinrQekt.
Der Hügel schnürt sich darauf (Fig. 14 IT rl-^) an seiner Basis ein
und löst sich mit der Hälfte der Spindel vom Dotter als ein sehr
kleines Kügelcheu ab, welches den Formwert einer Zelle besitzt, da
68 ans Protoplasma und Kern besteht und nntor den charakteristischen
Erscheinungen der Zell- und Kernteilung (Karyokinese) entstanden
ist (Fig. 14 Illrk^ ). Allerdings unterscheidet sich der hier vorliegende
Prozefs von einer gewöhnlichen Zellteilung dadurch, dafs die beiden
Teilprodnkte von so außerordentlich ungleicher Grorse sind. Ge-
nauer gesagt , haben wir es also mit jener Modifikation der Teilung
zu tun, die als Zel lenknospung unterschieden und namentlich
im Kreis der niederen Organismen ziemlich häutig beobaclitet wird.
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20
Zweites Kapitel.
Bei der Reife des Eies wiederholt sich nun genau derselbe Vor-
gaog noch einmal. An die erste schliefst sich an derselben Stelle
eine zwcitp Zellenknospung an , nachdem sich die im Ei zurück-
gebliebene Hälfte der Spindel wieder zu einer ganzen Spindel (Fig. 14
III u. IV sj)) ergänzt oder umgewandelt hat, ohne zuvor wieder in
das bläschenförmige Ruhestadium des Kerns eingetreten zu sein.
Somit liegen jetzt auf der OberHäche des Eies zwei wiiiziu'e Ktlgelchen
(Fig. 14 Vrk\ r/r), zuweilen auch ihrer drei, wenn, was häutig geschieht,
die zuerst gebildete Zelleuknospe sich noch einmal in zwei Tochterzellen
teilt; sie sind hier oft noeh zu einer Zeit, wo das befruchtete Ei
l)ereits in einen Haufen von Zellen zerlegt ist , unverändert nach-
zuweisen. Schon in der Mitte unseres .laln hundert s sind sie von
Anatomen und Zoologen bei einigen Tierarten entdeckt und als
Richtungskörper oder Po Iz eilen (corpuscules polaires) beschrieben
worden. Den letzteren Xanien haben sie deswegen erhalten, weil sie
bei Kiern , an denen ein animaler Toi zu unterscheiden ist, stets an
diesem ihren Ursprung nehmen.
Bei der Bildung der zweiten Polzelle ist die eine H&lfte der
zweiten Kemspindel in sie mit Qbergegangen, die andere HftUte
dl
Fi(?. 15. Kig. 16.
¥ig. 16. BeifoB Ei eines Eohinoderms. Es schlie&t im^Dotter den sehr
kleinen boraogenen Eiken (db) ein. 800 mal veigrdftert
Fig. 19. inmlitaBiRiaadmmBUratottkelaMltoldBodflnBS. SOOmalTergr.
( V ( Je) ist in der Dotterrinde zurtic kgeblieben und wandelt sich hier
iVIek) in einen sehr kleineu, leicht zu Ubersehenden, bläschenförmigen
Kern um (Fig. 15 ek)^ welchen wir zum Unterschied Tom groCsen
Keimbläschen als Eikern oder mit einem von VaM Bbuden her-
rührenden Namen als weiblichen Vorkern (Pronucleus fenielle)
bezeichnen wollen. Von seiner Bildungssteile in der Eirinde wandert
er in der Regel bald wieder mehr in die Tiefe des Dotters, zuweilen
sogar bis in die Mitte des Eies zurück.
Der Eikern oder weibliche Vorkern darf mit dem Keimbläschen
des unreifen Eies nicht verwechselt werden. Man vergleiche die bei
derselben Vergröfserung gezeichneten Figuren, das unreife (Fig. 16)
und das reife Ei (Fig. 15) eines Ecbinoderms. Das Keimbläschen ist
von sehr ansehnlicher (irölse, der Eikern verschwindend klein. Am
Keimbläschen unterscheidet mau einedeutlich entwickelte Kernmembran,
ein Kemnetz und einen Keimfleck; der Eikern dagegen sieht im
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Di« R«feench«iniiiifra von ISA- «. SMnetuellc n. d. Befrachtangsprowb. 21
lebenden Zustand nahezu homogen aus, ist uhue KeiiuHecke und gegen
das Protoplasma durch keine feete Membran abgegrenxt. Ahnliehe
Unterschiede kt hren fiberall im Tierreich in der Beschaffenheit beider
Kerngebilde wieder.
Polzellen werden während der Reife des Eies bei allen Tier-
arten ohne Ausnahme gebildet. Bei den ausgedehnten vergleichenden
T^'ntersuchungen. die wir darüher besitzen, hat man die wichtige Be-
obachtung gemacht, dai's part he no genetische Eier nur eine
einzige Poizelle ausstofsen, während bei bef ruchtungs-
bedfirftigen Eiern deren zwei oder drei nachgewiesen
werd en . eine Tatsaclie, deren Krklänmg erst spater gegeben werden soll.
In bezug auf (iie Zeit, welche zwischen Eireife und Befruchtung
liegt, finden sich lluterscbiede zwischen einzelnen Abteilungen des
Tierreichs. Wfthrend bei einigen die Reifung schon ganz abge-
schlossen ist, ehe die Befruchtung erfolgt, fallen bei anderen beide
Prozesse mehr oder minder zeitlich zusammen . wie bei den später
noch zu besprechenden Nematoden. Bei den Säugetieren und wohl
ebenso auch beim Mensehen rfickt das Keimblftschen , wie Unter*
suchungen am Kaninchen und an der Maus ergeben haben, schon
mehrere Wochen vor dem Platzen des Gkaaf sehen Bläschens an die
Oberfläche des Eies empor ; zur Zeit des Follikelsprungs verschwindet
es hier, und es bilden sich an der Stelle, wo es geschwunden ist,
bald nach dem Austritt aus dem Ovarium der Eikern und ein oder
2wei unter der Zona pellucida gelegene Polzellen aus.
Was haben nun die mit so grofser Konstanz im Tierreich auf-
tretenden Gebilde zu bedeuten? Dafe es wirkliche Zellen sind, wurde
schon durch die Art ihrer Entstehung bewiesen. Wir haben jetzt
noch weiter hinzuzufügen, dafs sie rudimentär gewordene oder Abortiv-
eier vorstellen. Zu Gunsten solcher Ansicht lassen sich einmal ver-
einzelte Beobachtungen anfohren, dafs bei einzelnen Wfirmem (Prosthe-
ceraeus, Ascaris megalocephala) unter besonderen Umständen die
erste Polzelle eine erhehliche Gröfse. fast wie der andere Teil des
Eies, erreicht, wie dieser befruchtet wird und sich zu einem wirk-
lichen Embryo entwickelt Auf diese Weise können in derselben
Eisehaie Zwillinge entstehen. Einen zweiten Beweis liefert ein ge-
nauerer Vergleich der hei der Ei- und Samenbildung sich abspielenden
Prozesse. Dieselben lassen sich besonders leicht bei den Nematoden,
zumal bei Ascaris megalocephala, vergleichend Oberschauen (Fig. 17
und 18).
Wenn wir das unreife Ei mit Keimbl;i?«rhpn. um es besonders zu
charakterisieren, als Eimutterzelle (Uvocyte erster Ordnung) be-
zeichnen, so können wir ein ihm entsprechendes Gebilde auch in der
Spermatogenese als S a m e n m u 1 1 e r z e 1 le ( Siiermatocyte elfter Ord-
nung) nachweisen. Die weitere Vergleicbung lehrt dann, dafs von
der Ei- wie von der .Samenmutterzelle unter gleich eigentümlichen
Veränderungen des Kerns zuerst zwei Tochterzellen und von diesen
wieder vier Enkelzellen abstammen. Bei der Eibildung sind letztere in
Orftfse verschieden, sie stellen das reife Ei und die zwei resp. drei
winzigen Polzellen dar (Fig. 17 IV) \ bei der Spermatogenese sind alle
▼ier Teilprodukte gleich grofs (Fig. 18 HIB, C), sie heirsen Sperma-
tiden und wandeln sieh in vier befruchtungsf&hige Samenkörper um.
Im Gegensatz zur Samenbildung, durch welche zahlreiche sehr
kleine, bewegliche Zellen geliefert werden (siehe die auf S. 49 ge-
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22 Zweites Kapitel.
gebene Erklärung des Gegensatzes in der Gröfse zwischen Samen-
faden und Ki), kommt es bei der Eibildung darauf an, dafs bei dem
die Eireifc ausmachenden Teilungsprozefs sich eine Zelle des ge-
samten Vorrats an Reservestoffen, welche die Mutterzelle ange-
/ // ///
Fig. 17. Schema für die Bildung der Polaellen und die Befruchtung
des Eies von Ascaria megalooephala bivalens.
1 Ei mit Ki'imbläsrhon (()(»cytc erster Ordnimgl und einem seiner Oberfläche
aufsitzenden Sanienkörper. // Ei, bei welchem sich au.s dem Keimbläschen die
erste l'olspindel gebiiu«'t hat und der Samenkörper in die Oberflache des Dotters
eingedrungen ist. JJI Ei, bei welchem sich die erste l'olzelle gebildet hat. IV Ei,
bei welchem sich die zweite Polzelle abgeschnürt und der Samenk()rper bis in die
Mitte des Dotters gewandert ist. F Ei mit zwei Polzellen, mit Eikern und Samen-
kem, in welrhem sich das Chromatin in je zwei Kernsegnienten angeordnet hat.
VI Ei, in welchem sich die Kernspindel mit vier Kernsegmenten ausgebildet hat,
von welchen zwei vom Eikern, zwei vom Samenkern abstammen.
/ // ///
Fig. 18. Schema für die Entstehung der Samenzellen aus einer Samen-
mutterzelle von Ascaris megalooephala bivalens.
I Teilung der Samenmtitter/.elle (Spermiitocyten ersterOrdnung) in zwei Samen-
tochterzellen (Spermatocyten zweiter Ordnung). II Die beiden Samentochterz^llen
(-1 u. H) bereiten sich gleich nach der ersten Teilung zu einer zweiten Teilung
vor. III Die Samentochterzelle A teilt sich in zwei Samenenkelzellen (Spermatiden).
H u. C zwei Samenenkelzellen (Spermatiden). Diese werden zu Samenkörpern
oder Spenuatozoen.
Google
Die Reil!wnclieiniiii|eii von Ei- u. SmenMlle n. d. Befruchtimgsprosefr. 23
gamroelt hat, bemächtigt, auf Kosten der anderen Teilprodukte,
welche zu rodiment&reii Gebilden, su den Polzellen, werden. [Wer
sich fttr diese wichtigen Prozesse näher interessiert . fiiulet eine
eingehendere Darstellung in meinem Lehrbuch der Kntwicklungs-
geschichte, VII. Aufl., S. 38. Auch vergleiche man die Erklärungen
za Fig. 17 u. 18.]
Der Vorgang, welcher uns durch die gegebene Deutung mor-
phologisch verständlich geworden ist, hat aul'serdem noch eine hohe
physiologische Bedeutung; er stellt nämlich eine besondere
Vorbereitung für den sich anschliefsenden Akt der Be-
fruchtung dar. Man ist hierauf zuerst durch das genaue Studiuni
der Ei- und Samenreife und des Befruchtuugsprozesses beim Pferde-
spulwurm, Ascaris megalocephala, aufmerksam geworden.
Wie bekannt, besteht eine der wichtigsten Veränderungen des
Zellenkerns, wenn er aus dem ruhenden Zustand in die Teilung tiber-
geht, darin, dafs sich aus seiner chromatischen Substanz eine für jede
Tierart geuau bestimmte Zahl vou Chromosomen oder Kerusegmenten
hervorbildet Das geschieht nun auch
bei der Ei- und Samenrcife im Kern
der Ei- und der Sanienmutterzelle,
aher iu eiuer überaus eigentümlichen
Weise (Fig. 17 I u. Fig. 19 /). Nicht
nur werden die Kernsegmente schon
überaus frühzeitig angelegt, sondern
sie treten dabei, was mau bei audereu
Zellen nie gefunden hat, in Gruppen
von je vier vereinigt auf, und zwar wie-
der in einer für jede Tierart genau
festgesetzten Zahl. Die sehr charak-
teristische Anordnung, welche schon
in den verschiedensten Abteihingen
des Tierreichs nachgewiesen worden
ist, hat den pttsseudeu ^ameu der
«Vierergruppe* erhalten. Sie
findet ihre Erklärung in den weiteren Vorgangen, durch welche
sich die Teilungen bei den) I\eifej)rozef8 der Geschlechtspnxlukte
von den gewöhnlichen KernteiiuDgeu unterscheiden. Denn bei einer
gewöhnliehen Kernteilung wird die Gesamtzahl der Kemsegmente,
nachdem eine Lftngsspaltung in Tochtersegmente vorausgegangen
ist, in zwei gleiche Gruppen geteilt, die auseinanderweichen, sich
bei der Zerlegung der Zelle auf die beiden Tochterzellen ver-
teilen und die Grundlage für den jetzt folgenden blAsehenfömigen
Ruhezustand des Kerns bilden. Beim Reifeprozefs dagegen werden
die in einer Vierergrupi>e vereinigten Kernse'^mente gleich auf vier
Zellen verteilt, vou denen jede nur ein Segment erhalt. (Vergl.
Fig. 17, 18 u. 19 und die dazu gehörigen Figurenerklärungen.) Ks
geschieht dies durch zwei Zellteilungen, die sich unmittelbar auf-
einander folgen, ohne dafs zwischen zwei Teilungen der Kern in den
bläschenförmigen Zustand der Kuhe übergeht, und ohne dais dabei
eine erneute Spaltung der schon im Keimbläschen vorbereiteten
Segmente eintritt. Anstatt halbiert, wie bei der gewöhnlichen Zellen-
teilung, wird die Zahl der Kernsegmente und die Masse der Kern-
subatanz, welche im Buhekern vou £i- und Samenmutterzelle vor-
o o
Htm
m
ct.
»o'o Oo'*8
oO o O o O
o
O
0
Fig. 19. Zwei Kerne von
Samenmutterzellen von Asoaris
m«0üoo«pli*U bivalass in Vor-
benitdngtarTaiioiig. NachHcarwio.
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24
Zweites EapiteL
bereitet ist, infolge der zwei zusammengehörigen Teilungen ge-
viertelt. E i K' 0 T- n u n (1 S a m e n k e r n besitzen d a h e r n u r d i e
halbe Masse des Cbromatins (Nuclelns) und die halbe Zahl
der Kernsegmente eines Normalkerns, wie er aus einer
gewöhnlichen Teilung hervorgeht. Der bei der Reife der
Gf^^chleclit-jirddukte ^tntrtiiidcndp , in seiner Art einzig dastehende
Teilungspruzeis kann seinem Wesen nach mit einem von Weismann
vorgeschlagenen Worte als Reduktionsteilung bezeichnet werden.
Die Reduktion der Cbromatinmasse ist, wie wir im folgenden
Abschnitt gleich sehen werden f^itie "^' n r be di n gung ftlr denBe-
f rucbtuu gsprozel's; sie unterbleibt daher auch bei den partheuo-
geuetisch sich entwickelnden Eiern, die nur einen Richtungskörper
bilden (siehe S. 21).
Genaueres Uber den fandamentalen Vorgang und andere sieb an«
knüpfende Prolilcme findet sich: Lebrbaoli der Entwicklnnp?5p:eschichte.
7. AuH., S. 38—44, femer: Die Zelle und die Gewebe, Bd. I, S. 202 bis
25G, 280.
2. Der Befimehtaiigqiraefb.
Naclideni festgestellt worden war (siehe S. 12, 13), dafs die Samen-
fTiden. wie die Eier, wirkliche Eleraentarbestandtrilo des tierisrhen
Kör|)ers sind, konnte man doch lange Zeit nicht über die Rolle, welche
sie beim Befruchtungsprozefs spielen, ins klare kommen. Dafs sie
sich an die Oberfl&cbe der Bier, mit welchen sie zusammentraten, in
gröfserer Anzahl ansetzen, war Irirht zu beobacliten; dagefi:en Idicb
dunkel, was weiter geschiebt. Einige Forscher nahmen an, dalt* die
Samenfkden schon durch den blofsen Kontakt das Ei befruchten sollen,
indem sie Träger eines Stoffes seien, der durch die Dotterhaut hin-
durchdringe und wie ein Ferment auf den Kiinhalt einwirke. Andere
Forscher gaben an, in einigen Fällen iSanienfitden im Dotter selbst
gesehen zu bal)en, und glaubten, dafs sie hier zerfielen und durch
ihre Vermischung mit dem Ei seine Entwicklung anregten. Klarheit
kam in die Befruchtungsielire indessen erst mit dem Jahre IST'), in
welc''em es mir glückte, durch das Studium eines Oberaus geeigneten
Objektes, nämlich der kleinen durchsichtigen Eier von Echiuodermen,
den Befruchtungsprozefs sowohl während des Lebens von Anfang bis
zu Ende in seinen Einzelheiten zu verfolgen als auch ;tn Icmiserviertem
und gefärbtem Material das einzelne dann noch genauer lestzustelleu.
Später ist eine weitere Vertiefung unseres Wissens besonders von
El'. ^ AN Beneden durch <Ias Studium von Ascaris megalocephala,
einem für den Binnenländer besonders • itipfehlenswerten , ebenfalls
sehr geeigneten IJntersuchungsoiijekt, herbeigeführt worden.
Als Befruchtuugsvorgang bezeichnet man die Vereinigung von
Ei- und SamenzeUe. Dieselbe kann entweder in den Ausführwegen
des weiblichen Geschlecht >apparntcs, im Eileiter, oder in der Gebär-
mutter stattfinden, oder sie geht bei vielen Tierarten, die im Wasser
leben, aulserhalb des Organismus vor sich, indem Eier vom Weibchen
und gleichzeitig Samenfäden vom Männchen ins Wasser entleert
werden, fiti ersteren F:tl] sjtricht man von einer inneren^ im letzteren
Fall von einer äulseren Befruchtung.
Eine innere Befruchtung kommt bei fast allen Wirbeltieren
vor mit Ausnahme der meisten Fische und vieler Amphibien. Bei
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Die Reifeerscbeinungen von Ei- u. Samenzelle u. d. Befrachtnngsprozefs. 25-
dem Menschen and den Säugetieren treffen die beiderlei Geschlecht«-
prodiikto in der Regel wohl im Aiifanjjsteil der Kiloitcr. in der soge-
nannten Ampulle, zusammen, desgleichen hei den Vögeln im ersten
der vier aui S. 11 unterschiedenen Abschnitte zu einer Zeit, wo der
Dotter noch nicht von der EiweifthOlle und der Kalkschele nmschlossen
worden ist.
Die Äufsere Befruchtung ist die einfachere und ursprüng-
lichere; sie tiuüet sich bei vielen im Wasser lebenden wirl>elioseu
Tieren sowie gewöhnlich bei Fischen nnd Amphibien. I>er ganze
Vitipanpf ist hier der Beobachtung viel mehr zugänglich. Denn der
f^xperimentator hat es ja in seiner Hand, die Befruchtung künstlich
auszuführen, was schon im 18. Jahrhundert durch ÖI'allanzam ge-
schah; er kann so genau den Zeitpnnict bestimmen, in welchem Ei
und Samen zusammentreffen sollen. Kr braucht nur von einem Weib-
chen reife Eier in einem Uhrschillchen mit Wasser zu sammeln, des-
gleichen in einem zweiten Uhrschillchen reifen Samen von einem
Fig. 20. AtBfC lOMnw Abaeluiitte ywn WUaen von AateriM glaalalia.
Nach Fol.
Die Samenfildeii sind bereits in die Sehleimhfille, welche die Eier Überzieht,
cinffpilninsrfn. In A beginnt sich eine Vorrasnnfr Rf'rlt'n den am weifcstr-n vor-
gedrungenen Samenfaden zu erheben. In Ii sind Vurraiiiinp und Sanieuladeu zu-
sammengetroffen. In C ist der Samenfaden in da» Ki «.ingt'dninKen. Es hat iicb
jetst eme Dottermembran mit einer Jcraterförmigen üffiaung gebildet.
Mftnnehen und dann beide in geeigneter Weise za mischen. .In dieser
Al t wird die konstliche Befmcntung in der Fischzueht ftlr praktische
Zwecke ausgeführt.
Für eine wissenschaftliche Untersuchung ist die Auswahl eiuer
geeigneten Tierart von grorser Bedeutung. Wie sich fast von selbst
versteht, sind l^ere mit ^'rofsen. undurchsichtigen Eiern nicht zu
empfehlen; dagegen sind soldie Arten fjeeignet. deren Eier so klein
und durchsichtig sind, dals mau sie unter dem Mikroskop mit den
stärksten Yergrtkfeernngen beobachten und jedes Fleckchen dabei
durchmustern kann. Solche ganz vorzüglichen Untersuchungsobjekte
t*ind nun pernde die oben erwähnt ( ii Eier von den meisten der im
Meere lebenden Echinodermen , daher wir sie auch zum Ausgangs-
pniÄt bei der Besehreibung des Befmchtungsproz^sses wählen wollen.
Das reife Ei der Echinodermen ist schon früher (S. :V) beschrieben
worden. Die sehr kleinen Samenl^lden (Fifj. '20 u. Jl A) bestehen,
wie l)ei den meisten Tieren, 1) aus einem, einer Spitzkugel ähnlich
aussehenden Kopf, der das Chromatin enthält, 2) aus einem kleinen,
26
Zweites KapiteL
darauf folgenden Kügelchen, dem Mittelstück oder Halfi, und 8) ans
eiueni feinen, kontraktilen Faden.
Wenn in einem Tropfen Meerwasser auf dem Objektträger beiderlei
Geschleehtsprodiikte susammengeliraeht werden, so setien sieh sofort
viele Samenfäden an die Gallerthülle eines Eies an; von diesen be-
fruchtet aber normalerweise nur ein einziger, und zwar der-
jenige, welcher sich zuerst durch
die pendelnden Bewegungen sei-
nes Fadens der Eioberfli^clie ge-
nähert hat. Wo er mit der
Spitze seines Kopfes an diese
anstOdit, erheM sieh das hyaline
rrotoplasma, welches die Eirinde
bildet, zu einem kleinen Hücker,
dem Empfangnishügel (Fig. 20
A n,S, Fig. 21 B u. (7). Hier
bohrt sich der Kopf, getrieben
von den pendelnden Bewegung« a
des Fadens, in das £i hinein.
Oleiehzeitig lOst sich während
des Einbohrens des Samenfadens
eine feine Membran (Fig. 20 (')
von der ganzen Obertiäche des
Dotters, vom EmpfUngnishQgel
beginnend, ringsum ali und wird
durch einen immer grölscr wer-
denden Zwischenraum getrennt.
Der Zwischenraum entsteht wahr^
scheinlich dadurch, dafs sieh in*
folge der Befruchtung das Ei-
plasma zusammenzieht und Flüs-
sigkeit (wohl den nach dem
Schwund des Keimbläschens ver-
teilten Kernsaft) nach aufsen
preist. Für den Befruchtungs-
akt hat die Entstehung einer
Dotterbaut insofern eine grofse
B«Mleutuiig , als sie ein Ein-
dringen anderer männlicher Ele*
mente unmöglich macht. Von
den anderen in der Gallerthülle
hin und her schwingenden Samen-
fäden gelangt jetzt kein einziger
mehr in das befruchtete Ei hinein.
Der fiufseren Kopulation
der beiden Zellen schlielsen sich
Fig. 21. Befrachtung des Xies -von
BtrongylooentrotiM UvidiM (nach Wit-
•om). A-E Vcrgr. 1200^ F, G Vorpr. COO.
A Spermatozoon, n Kopf, vi Mittcl-
stOck, Srhwanzfaden nur zum Teil abge-
bildet. B /■■ Oberfliifhlicht' Eirinde mit
einRedriiii;.'i Ht m Spermatozotm , weli hos
tiiR' Drt'lnin^c tnn ISO" erl'illirt und um
dessen Mittelstück sich Strahlung ent-
wickelt F, G Allmlhliche Annftberung
und Vereinipiing von Sjiermakern und Ei-
kern, Zunahme der Strahlung.
Vorgänge im Innern des Dotters
an, welche als innerer Befmchtnngsakt zusammengefaM werden
kftnnen. Pt r Faden hört zu schlagen auf und entzieht sich bald der
Wahrnehmung, der Kopf aber dringt langsam weiter in den Dotter
hinein (Fig. 21 B — F) und schwillt dabei durch Autnuhme vou Flüssig-
keit allm&blich ZU einem kleinen Bläschen an (Fig. 21 G, Fig. 22, 23 sib),
das man, da sein wesentlicher Bestandteil das Chromatin dee Samen*
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Die Reifemcheionngen tos Ei- u. Samenzelle a. d. Befruchtangsprozeb. 27
fadenkopfes ist, kurzweg als Sanicnkeni bezeichnen kann, wie er
sich denn aucli in Kannin etc. sehr intensiv filrben läfst. Unmittel-
bar vor ihm, an seiner nach der £imitte zu gerichteteu Seite (Fig. 21
E n. F\ ist noch ein viel kleineres KOrperehen, welches sieh anOser-
ordentlich schwer sicht])ar iiiarhen lilfst, nachgewiesen worden. Auf
die Stelle, wo es im Ei liegt, wird die Aufmerksamkeit dos Beobachters
am meisten dadurch gelenkt, dal's sich der Dotter iu radiären Bahnen
anmordnen beginnt (Fig. 21— 2S) nnd eine aUm&hlich immer sch&rfBr
ausgeprägte wid auf gröfsere Entfernung hin ausgedehnte Strahlenfigur
(einen Stern) bildet. Das Körperchen leitet sich von dem Mittelstück
des Samenfadens ab und hat, wie von Boveki zuerst klargestellt
worden ist, beim Belrnehtungsprosefe die Aufgabe zu erfüllen , die
beiden Centrosomen für die erste Teilspindel des Eies zu liefern. Es
Fig. 22. Fig. 28.
Fig. 22. BefVuohteteB Ei eines Seeigels. Nach Ukrtwiu.
Der Kopf des eingedrungenen Samenfadens hat üch in den von einer I'roto-
plMmastrahluDg eingesclilossenen Samenkera («ib) umgewandelt und igt dem Eikern
(eh) entgcgcngerflekt
Fig. 23. Beft-uohtetee Ei eines Seeigels. Nach Hkrtwio.
Der Samenkem sk und der Eilcern ek sind nahe zusammengerackt nnd sind
beide Ton ehier ProtoplMmutrablnng umgeben.
kann daher als Controsoma des Samenkerns oder Spermacentrum (Fol)
bezeichnet werden. Dal's es bald nach der Befruchtung von der Ober-
flftche des Eies weiter entfernt ist als der Samenkem , erklärt sich
daraus, dafs unmittelbar, nachdem der Samenfaden sich mit seiner
Spitze in die Eirinde eingebohrt hat (Fig. 21 B — F). sich sein Kopf
und Mittelstück zu drehen beginnen; infolgedessen kommt das Mittel-
stOck oder das Spermacentrosom mehr naeh dem Mittelpunkt des
Eies zu liegen.
Jetzt beginnt ein interessantes I'hänomen das Auge des Beobach-
ters zu fesseln (Fig. 22 u. 23 u. 21 jP, G). Ei- und Samenkern ziehen
sich gleiehsam gegenseitig an nnd wandern mit wachsender Geschwin-
digkeit durch den Dotter einander entgegen; der Samenkern (xh),
dem seine Strahlung und dns in ihm eingeschlossene Zentralknrper-
chen stets voranschreiten, verändert rascher seinen Ort, langsamer
der Eikern (ek). Bald treffen sieh beide in der Mitte des Eies und
werden hier zonftehst von einem körnchenfreien Protoplasmahof und
nach aufsen von diesem von einer gemeinsamen Strahlung einge-
schlossen (Sonnenstadium und Aureola von Fol). Im Laufe von
20 Minuten verschmelzen darauf Ei- nnd Samenkem untereinander
zum einfachen Keim- oder Furehungskern; erst legen sie sieh
Dlgitlzed by Googk
28
Zweites Kapitel.
dieht aneinander, platten sieh an der Bertthrungsfläche gegt^nscitig ab
und verlieren dann ihre Abgrenzung gegeneinander unter Bildung
eines gemeinsamen Kemraumes. In diesem ist die vom Samenfaden
abstammende Suitstanz noch längere Zeit als eine abgesonderte, m
Farbstoifen sich dunkler iinbibierende Chromatinmasse zu erkennen.
Gleich nach der \ ereiuigung dr r l)eiden Kerne beginnt sieb das in
ihrer unmittelbaren Nillie liegende Spermazentrum in die Länge zu
strecken und sich iu zwei kleinste Körperchen zu teilen, welche aua-
einanderrOdcen und, eingehüllt in je eine Protoplasmastrahlung, zu den
Centrosomen der sich jetzt ausbildenden Kemteilungsfigur werden.
Unsere Kenntnis der Befruchtung ist durch eine sehr wichtige
Beolmchtung van Benedens am Pferdespulwurui noch wesentlich ge-
fordert woiden, daher ein paar Worte darüber wohl am Platze sind.
Die Eier von Ascaris megaloccpbala gehören zu den Objekten,
welche nach einer voraus-zegangencn Begattung im Inneren des
Uterus befruchtet werden (S. 24). und bei denen
ferner der Prozefs der Eireife mit der Befruch-
tung zeitlich zusammcnftUt (Fig. 17) Die reifen
Samenkftrper (Fig. 24) weiclien in hohem Grade
von der Gestalt ab, wclclie sie gewöhuiich im
Tierreich hal)en; denn sie gleichen einem Kegel,
Fi» 24 BameiikSr- ^^^^^ Spitzkugel , oder einem Fingerhute und
per von AacariBme- liestehen F nus einem ki^rnigcn Prot0])la8ma.
gaiocephaia nach das hier sogar einige Dottcrkonkremeute (/')
Yak Henkukn. einschliefet, und 2) aus einem kleinen, kugeligen
V* ^•'«J.LFiSljf Körper von Kerusubstanz welclier an der
Anheftung am Ei er- t^sim (h) des Kegels in diis ProtopUisma em-
folgt. f Fettglanzende gebettet ist. Durch Ausstrecken kurzer breiter
Sabstam. FortBftbse an ihrer Basis können sie amöboide
Bewegungen ausftlhren und sich an die Ober-
fläche der anfangs menihranlosen Eier ansetzen (Fig. 17 I). Wo die
Bertlhruug mil dem Ki zuerst stattfindet, bildet sich auch hier wieder
wie bei den Kchinodermen ein besonderer Empfängnishagel aus. An
diesem schiebt sich der Samenkörper, ohne dabei seine Gestalt aufr
fallig zu verändern, langsam tiefer in den Dotter hinein (Fig. 17 //).
bis er von ihm allseitig eingeschlossen ist. Gleichzeitig wird von der
Eirinde eine feine Membran ausgeschieden. Jetzt erst spielen sieh
am Keimbläschen die Reifeprozesse ab und werden die Polzellen ge-
bildet (Fig. 17 III ~ IV). Die Veränderungen scbliefsen auch hier
wieder damit ab, dafs aus der im Ei zurtlckbleibenden Hälfte der
zweiten Kernspindel ein weiblicher Vorkem und aus der Chromatin-
ku^'id des eingedrungeneu Samenkdrpers, walirend sein Protoplasma
allmülilifh zerfällt und mit dem Dotter des Eies vermischt wird, der
Saineukeru gebildet wird (Fig. 17 /F u. F). Beide Kerne ti-effen
sich in der Mitte des Eies, ohne indessen miteinander zu verschmelzen.
Eine liingere Buliepause folgt jetzt. Wenn hierauf die Vorbereitung
zur 'T'^tpii Teilung des Eies beginnt, so wandelt sich das CiironuUiri
im i'.i- wie IUI i>amenkeni, während beide noch voneinander getrennt
sind , in einen feinen , vielfach gewundenen Faden um. Dann wird
der Kernfaden in zwei gleich grol.se Schleifen, in die Kernsegmente
(Chromosomen), abgeteilt (Fig. 17 TO- beiden Seiten dns Kem-
I»aares treten zwei Centrosomen auf, welche wahrscheinlich durch Teilung
vom Gentrosom des Samenkorns abstammen. Nach einiger Zeit ver-
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Die ReifeencheinongeB von £t- a. SftmenseU« o. d. B«friicb(aii|tproseft. 29
lieitii Li- und Samenkero ihre Abgieuzuiig gegeu den Dutter, in
welchen die so frei gewordenen zwei Paar Kemsegmente unmittelbar zu
liegen kommen und sich in der bekannten Weise auf der Obertiiiche
und in der Mitte der sich jetzt gleichfalls deutlicher sonderudeu
Spiudelfasem anordnen (Fig. 17 VI).
Aus diesen Vorgängen sowie mehreren, schon frnher heschriebenen
Tatsaclieu kennen wir vier wichtige Ergebnisse ziehen.
l ) Ei- und Samcnkern besitzen die gleiche Masse von Chromafin,
welche in jedem auf eine gleiche Zahl von Kemsegmenten verteilt ist.
2) Beide Kerne ergänzen sich infolge ihrer Vereinigung bei der
Befruchtung wieder zu einem Voll kerne, nachdem zuvor bei der
BHfp von Ei- und Samenzelle die Masse des Chroraatins und die Zahl
der Kerusegmcnte in jeder auf die Hälfte eines Ni)rmai- oder Voll-
kems reduziert worden ist Oder in anderen Worten ausgedrOekt:
Durch die Bildung zweier Polzellen beim unreifen Ki und durch die
zweimalige, ohne dazwischentietende Ruhepause erfolgende Teilung
der Samenmutterzellen wird in einfachster Weise verhindert, dafs
dureh die im Befruehtungsakt erfolgende Verschmelzung zweier Kerne
eine Snmmierung der Cliromatinmassc und der Kernsegmente auf das
Doppelte des fttr die betreffende Tierart geltenden ^i'ormalmafses
herbeigeführt wird.
8) Parthenogenetische Eier erfahren keine Reduktion der Kern-
Substanz, da !»ei ihnen die Bildunp^ der zweiten Polzelle unterbleibt
(S. -1). j^ie bedürfen daher der Befruchtung nicht.
4) Die Keruseguiente der ersten Teilspindel eines befruchteten
Eies stammen zur einen H&lfte vom Eikern, zur anderen Hftlfte vom
Sumenkeni ab, sie können daher als männliche und als weibliche
unterschieden werden. Da nun im weiteren \ erlaufe hier wie auch
sonst bei der Kernteilung die vier Segmeute sich der Länge nach
spalten und dann nach den zwei Centrosomen zu auseinanderweiehenj
bilden sich zwei Gruppen von vier Tochterschleifen . von denen zwei
niftnnlicher und zwei weiblicher Herkunft sind. Je«ie (iruppe wandelt sich
dann in den ruhenden Kern der Tochterzelle um. Damit ist der un-
umstöMiche Beweis geführt, dafs jedem Toehterkem in jeder Eifaälfte,
die durch den ersten Furchungsprozefs entsteht (s. Kapitel 3), genau
die gleiche Menge Chromatin vom Eikern wie vom Samenkern zu-
geführt wird.
Bepetitorlam an B^pltal n.
1) Das Keimbläschen rückt allmählich bei der Reifung an den
animalen Pol des Eies empor und geht hierbei eine rackaehmtende
Metamorphose ein (Rückbildung der Kernmembran und des Faden-
netzes, Vermischung des Kernsaftes mit dem Protoplasma).
2) Aus Bestandteilen des Keimbläschens (Kernsegmenten etc.)
entwickelt sich eine Kemspindel (Polspindel oder Riehtungsspindel).
3) Bei der Bildung der Polspindel ordnen sich die Chromo-
someu de^ Keimblftschens in charakteristischer Weise in «Vierer-
gruppe n** an.
4) An der Stelle« wo die Spindel mit ihrem einen Ende an die
Oberfläche des Dotters anstöfst, bilden sich durch einen sich zwei-
mal wiederholenden Knospungsprozefs zwei Polzellen (Richtungs-
körper j aus.
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30 Zweites lUpitel. Die Beifeeneheioongen tou Ei- und Suneiuelle etc.
5) Beim zweiten KnospungBprozelk bleibt die Hftlfle der Kera-
Bpindel in der Dotterrinde Eiirftek nnd wandelt sich in den Eikern
nm. Das Ei ist reif.
Ü) Während der Bildung der Polzelleo werden die ner Chromo-
somen jeder Yierergruppe so verteilt, dafs jede der drei Pdlzellen and
das reife Ei ein Chromosom einer Vierergruppe erhält.
7) Beim Reifcprozefs w'ud die chromatische Substanz des Keim-
bläschens geviertelt (Heduktionsteilung), anstatt wie bei einer ge-
wöbnlichen Zellteilung halbiert zu werden.
8) Das reife Ei besitzt nur die Hälfte der ( hronuitischen Sub-
stanz eines NormalV-erns zur Zeit dos blft^cbenfoi mi-i n Kuhezustandes.
9) Bei Eiern, die sich parthenogcuetisch eutwickeiu (Arthropoden),
wird gewöhnlich nur eine Polzelle gebildet.
10) Entsprechende Veränderungen, wie an der Eizelle, gehen an
der Samenzelle bei der Sj)ennatogenr8e vor sich, wie besonders
deutlich bei Ascaris megalocephala nachzuweisen ist.
11) Der Eireife Iftfst sich eine Samenreife gegenaberstellen.
12) Bei der Befruchtung dringt in ein gesundes Ei nur ein einziger
Samenfaden ein (Bildung eines Empfftngnishttgels, Abhebung der
Dotterhaut).
13) Der Kopf des Samenfadens verändert sich zu dem Samen-
kern. Das s(^enannte Mittelstück wird zum Ccntrosom (Sperma-
Zentrum), um welches sich die benachbarten Protoplasmateilenen in
radiärer Richtung anordnen.
14) Ei- nnd Samenkem wandern aufeinander zu und verschmelzen
in der Kegel unmittelbar zu dem Furchungskem; l)el vielen Objekten
erhalten sie sich längere Zeil cr'-trennt nebeneinander, um Sich erst
später zusammen in die Furch ungsspiudel umzuwandeln.
15) Ei- und Samenkem besitzen die gleiche Menge chromatifleher
Substanz, welehe auf eine bei jeder Tierart genau bestimmte Anzahl
von Chromosomen verteilt ist (Zahlengesetz der Chromosomen).
Icij Die infolge des Keifeprozesses in ihrer chromatischen Sub-
stanz reduzierten Kerne oder Halbkerne werden durch ihre Vereinigung
bei der Befruchtung wieder zu Vollkerneu.
17) Der Reifejirozefs Iflfst sieh daher als eine Vorbereitung für
die nachfolgende Befruchtung bezeichnen.
18) Die Belhichtung des Eies findet bei einem Teil der Tiere
erst nach vollständigem Ablauf der Eireife statt, bei einem anderen
Teil dagegen wird sie schon bei dem ersten Kintritf der Eireife ein-
geleitet, so dai's beide Erscheinungsreihen ineinandergreifen.
19) Befruehtungstheorie. Die Befruchtuog beruht auf der
Kopulation zweier Zellkerne,* die von einer männlichen und einer
weiblichen Zelle abstammen.
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Drittes Kapitel.
Der Furch luigsprozel's hin zur Bildung der Keimblase.
Sofort nach der Befruclituiig hpfjiniit i:c\vöhnlich die Eizelle, wenn
sie sich sonst unter jieeifineten Bedingungen befindet, in die Entwick-
lung einzutreten (Fig. sie vermehrt sich durch Teilung iu 2, 4,
8, 16, S2, 64 Tochterzellen und so fort in geometrischer Progression,
bis ein kugliger Haufen vieler, immer kleiner werdender Teilstücke ent-
standen ist. Die auf die Befruchtung folgende Vermehrung des Eies
iu Embryoualzelleu nennt mau gewöhnlich anstatt Teilungsprozels,
Fig. 25. Venohiedeoe Stadien des FurohungaprosesseB nach Gkobhbaub.
was die richtigere Bezeichnmig wAre, mit einem Namen, der von den
ersten Entdeckern des Vorganges, Pki^vost und Dumas, herrührt,
den Furehungsprozefs, Die beiden französischen Forscher, welche
die Entwicklung des Froscheies bei Lupenvergröfseruug untersuchten,
glanbten nämlich, dafs infolge der Einwirkung der Samentlfissigkeit
seine Oberfläche durch immer zahlreicher werdende Furchen in gröfsere
und kleinere Bezirke zerlegt werde. Dafs die Furchen sich iu die
Tiefe fortsetzen und die ganze Eisubstauz in Stücke trennen, dals
diese Stücke Zellen sind, und dafs daher die ganze Anfangsperiode
der Entwicklung in einer Vermehrung der einfachen Eizelle in iinnier
zahlreicher werdende Torhterzellen besteht, wurde erst sehr allni.Uilieh
infolge umfangreicherer Beubachtungeu und unter dem Eintiul's der
sieh spAter Bahn brechenden Zellentbeorie erkannt Doch der von
Dumas und Pk^vcst gebrauchte Name ist trotzdem geblieben, wie es
in der biologischen Wissenschaft noch in vielen ähnlichen Fällen,
z. B. auch mit dem Kamen „Zelle", geschehen ist.
An dem Furehungs- oder richtiger Teilnngsprozeds des Eies
kann man zwei Gruppen von Veränderungen untersclieiden, solche, die
an dem Kern, und solche, die sich an dem Protoplasmakörper ab-
spielen. Was die erstere betriiTt, so sei nur kurz erwähnt, dafs vor
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82
Drittes Kapitel.
der Teilung der bläscheoförmige Keru, wie es hei jeder ZellvermehruDg
geschieht, in Karyokinese eintritt (s. hierüber die Lehrbücher der
Histologie), dafs er sich in eine Spindel (Fig. 2ti) umwandelt un<l dafs
hierl)ei in komplizierter Weise seine verschiedenen Substanzen |in
zwei Hälften zerlegt werden, welche sich trennen, auseinanderrücken
und zuletzt die Grundlage für zwei bläschenförmige
Tochterkeme abgeben (Fig. 28).
Ki?. 26. Fig. 27. Fig. 28
Fig. 26. Kernflgur eines Sies von Stron^ylocentrotuB, 1 Stunde 20 Min.
nath der Uefnuhtung. Kl mit liciigentipii lii-bandelt. Nach IIertwio.
Fig. 27. Ei eines Seeigels im Moment der Teilung. 30mal vergr. Kine
Ringl'urcho schneidet in den Dotter ein und haliiieit ihn in einer Ebene, welche
rechtwinklig die Mitte der Kernachse und die Längsachse der Hanteltigur schneidet.
Fig. 28. El eines Seeigels nach der Zweiteilung. In Jedem Teilprodukt ist
ein bläschenförmiger Tochterkern entstanden. Die t^trahlige Anordnung des Proto-
plasma beginnt undeutlich zu werden. Die Fig. 27 u. 28 sind nach dem lebenden
Objekt gezeichnet. Nach Hkbtwio.
An die komplizierte Zerlegung der Kernsubstanz schliefst sich
alsdann die einfachere Teilung (les Protoplasmakörpers oder des
Eidotters an. Zur Zeit, wo im Innern des Dotters sich die Kernspindel
ausgebildet hat , und wo sich die Chromosomen in die zwei Tochter-
gruppen getrennt halben, wird an der Oberfläche des Eies eine Riug-
furche sichtbar (Fig. 27) entsprechend einer Ebene, welche man mitten
durch die Kernspindel senkrecht zu ihrer Längsachse hindurchlegen
kann. Die Ringfurche schneidet rasch tiefer in die Eisubstajiz ein
und trennt sie in kurzer Zeit in zwei gleiche Hälften, von denen eine
jede die Hälfte der Sjjindel mit einer Gruppe der Tochtersegraente
enthält.
(legen Ende der Durchschnürung grenzen die sich trennenden
Eihälften nur noch an einer kleinen Stelle aneinander in der Gegend
der Mitte der Kemspindel, welche zu allerletzt durchgeschnürt wird.
Nach Be<'ndigung der Teilung al>er legen sie sich bald wieder mit
ihren Teilungsflächen in ganzer Ausdehnung dicht aneinander und
platten sich hier gegenseitig so ab, dai's eine jede nahezu einer Halb-
kugel gleicht (Fig. 28).
Bei kleineren, dotterarmen Eiern läfst sich während des zweiten
und dritten Furchungsstadiums ein streng gesetzmäfsiges Ver-
bal t e n in der Richtung, welche die sich bildenden
Teilungs ebenen zueinander einhalten, leicht erkennen. Es
1
Google
Der Fttrcbnngsproseft Us siir Mdoiig der KeimUMe.
SS
halbiert nftmlich stets die zweite Ebene die erste und schneidet sie
rechtwinklig , die dritte Ebene aber steht wieder senkrecht auf deo
beiden ersten und geht durch die Mitte der Achse hindurch, in welcher
sie sich schneiden. "Wenn man nnn die Entkn dieser Achse als Pole
des Eies betrachtet, so kann man die beiden ersteu Teilungsebeueo
als meridionale, die dritte als eine äquatoriale bezeichnen. £s
empfiehlt sich ferner, nach dem Vorschlag von GrOnroos und Sobotta
auch noch andere Bezeichnungen der mathematischen Geographie zu
entnehmen und Furchen, welche dem Äquator parallel verhiufeu und
daher den Breitengraden der Erdkugel in ihrer Richtung entsprechen,
Latitudinalf urchen zu nennen. Teilebenen endlich, welche der
Oberfläche des Eies parallel L'rrichtet sind und demnach ein oU-v-
fiftchlidi gelegenes von einem mehr zentral befindlichen Teilstück
trennen, können tangentiale heiften.
Die streng gesetzmftfaige und regelniäfsige Stellung', welche
die drei ersten Teilebenen zueinander einhalten, wird dnrrls ein
Wechselverhältnis bedingt, in weichem Kern und rrotoplusma zu-
einander 'stehen. Hierbei sind folgende zwei Hegeln zu beachten:
I) Die Teilungsebene halbiert stets rechtwinklig' die
Achse der Spindel. 2) Die Achse der Kern Spindel steht
wieder in einem Abhängigkeitsverhältnis zur Form
und Differenzierung des sie umhüllenden, protoplas-
matischen Körpers, und zwar so, dafs die beiden Pole
des Kerns sich in der Richtung der gröfsten Proto-
plasmamassen einstellen. So kann z. B. in einer Kugel, in
welcher das Protoplasma gleichmftrsig verteilt ist, die zentral ge-
legene Spindel in der Richtung eines jeden Radius zu liegen kommen,
in < ineni eiförmigen Protoplasmakörper rinfrepeTi mir in dtMii lAngsten
Durchmesser. In einer kreisrunden Protoplasmascheilnj liegt die
Kernachse parallel zur Oberfläche in einem beliebigen Durchmesser
des Kreises, in einer ovalen Scheibe dagegen wieder nur im Iftngsten
Durchrnes^pr.
Um uuu nach diesen allgemeinen Bemerkungen auf unseren zu
erklärenden Fall zurtlckzukommen, so bildet jede Tochterzelle, wenn
die erste Teilung abgelaufen ist, eine Halbkugel. Nach unserer
Regel kann die Tochterspindel sich nicht vertikal zur Grundfläche
der Halbkugel stellen, sondern muls parallel zu ihr gerichtet sein,
so dafs ein Zerfall in zwei Quadranten erfolgen mu(^. Hierauf mufs
die Spindelachse wieder mit der Längsachse des Quadranten zusammen-
fallen, wodurch dieser in zwei Oktanten zerlegt wird.
Von dem eben geschilderten Teilungsvorgang gibt es einige
wichtige Abweichungen, die zwar die feineren, auf den Kern sich
beziehenden Vorgänge unbertlhrt lassen, aber die Form der Teil-
Stficke betreffen , in wrkhe das Ei zerlegt wird. Die Ahweirhungen
werden hervoigeruleu , wie jetzt im einzelneu noch genauer durch-
geführt werden soll , durch den verschiedenen Gehalt der Eier an
Keservestoffen und durch ihre frtlher beschriebene, verschiedenartige
Verteilung. Man kann die hierdurch bediiiL'tf n Formen des Furchungs-
prozesses, obwohl sie durch Übergänge verbunden sind, zweckmälsiger-
weise in zwei Abteilungen und jede Abteilung in zwei Unterabteilungen
sondern
Zu fler ersten AbteiUinfr rechnet man solche Eier, welche dureh
den Teiluugsprozefs vollständig zerlegt werden. Man be-
U. Uertwtg, Di« Elemente der Entwicklun^^lohru. 2. Aull. 8
Digitizc )OgIe
Drittes Kapitel
seiebnet daher die Teilung als eine totale und unterscheidet, je
na ( Ii dem die Sttteke von gleicher oder von ungleicher GrGAe werden,
als Unterarten eine äquale oder ^1 e i chmftfsige und*^e in-
äquale oder ungleichmärsige Teilung.
Der totalen stellt man die partielle Teilung gegenüber.
Sie findet sich bei Eiern, welche mit sehr reichlichem Dottermaterial
▼ersehen und daher von l)eträchtlicher Gröfse sind, iin(( l>ei welchen
gleichzeitig die schon f ruber beschriebene Sonder ung in einen aus
Bildungsdotter und in einen aus Nabrungsdotter bestehenden Teil
deutlich eingetreten ist. Hier erfährt nun blofs der Bildungsdotter
einen Zerkltiftungsprozefs . wahrend die Hauptmasse des Eies, der
Nahrungsdotter, ungeteilt und von den embryonalen Eutwickluugs-
Vorgängen im ganzen unberübrt bleibt; daher der Käme teilweise
oder partielle Teilung. Sie zerfällt wieder in die beiden Unter*
t y i> e n der d i s k o i d a 1 e n und der superficialen Teilung,
je nachdem der Bildungsdotter als Scheibe dem ^ahrungsdotter auf-
liegt oder den letzteren als dicke Rindenschicht unihQllt Rbvak
hat die Eier, die sich total teilen, als holoblastische, dagegen
die Eier mit partieller Teilung als meroblastische bezeichnet.
Wir können daher folgendes Tei
I. Typus. Totale Teilung ^
a) äquale „
b) inäquale „
II. Typus. Partielle „ )
a) diskoidale „ | meroblastische Eier
b) superficiale « )
ungsschema aufstellen:
holoblastische Eier
Erster Typus.
a) Die totale äquale Teilung.
Der Tyi)ns der äqualen Teihuii,^ mit dcven Merkmalen wir schon
in deji einleiteudeu Betrachtungen zu diesem Kapitel bekannt geworden
sind (Fig. 25). ist am häufigsten bei den Wirbellosen anzutreffen.
Unter den Wirbeltieren wird er nur beim Ami>hioxus und bei den
Säugetieren beobaclitet. Da iiides^^en bei ilmen schon frOlizeiti'^
geringe Verschiedenheiten in der ürölse der Kmbryonalzellen hervor-
treten, sind mehrere Forscher veranlafst worden, auch die Teilung
des Eies von Amphioxus und den Säugetieren als inäquale zu bezeichnen.
Wenn ich diesem Vorschlag nicht gefolgt bin. so geschah es aus dem
Grunde, weil die Unterschiede zwüscheu den Zellen nur geringfügiger
Art sind, weil der Kern in der Eizelle und ebenso in ihren Teil-
stOcken noch zentral liegt, und weil die einzelnen Teilungsarten
überhaupt nicht scharf abzugrenzen, sondern durch Übergänge Ter*
bundeu sind.
GewAhnlich bildet sich schon nach den ersten Teilungen im
Innern des Keimes eine kleine Höhle aus dadurch , dafs die Zellen
sich abrunden, ein weniir an'^einanderweichen niid Flüssifikeit nach
innen absondern. Im weiteren Verlauf der Teilung beginnt die
Keimhohle oder, wie sie frQber genannt wurde, die Furch ungshöhle
sich mehr und mehr auszuweiten und bei Ainphioxus (Fig. 29)
und den Sa n'jf^t leren «^o'jar von sehr ansehnlichen Dimensionen zu
werden, wodurcii die Ubertiäche der ganzen Keimform natürlich in
entsprechendem Mafse vergrößert wird.
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Der Farchungapromlk bis snx BUdunf 4«r KeimbUw.
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Man bat den aus dem £i durch Teilung enUtehenden Zellen-
faaufen. Je nachdem ee sieb um die ersten oder spftteren Stadien
handelt, als Maulbeerkugel (Morula) (Fig. 25, letztes Stadium) und
als KeimMasf fBlastula) (Fig. 27) unterschieden. Von einer Morula
(Fig. 2ö> .spricht man, solange die
KeimhOhle noch nicht oder nur
wenig ausgebildet ist, und solange
die Embryonalzellen noch wenig
zahlreich und daher ziemlich grol's
sind, locker aneinandersebliefsen
mu\ an der Oberfläche als kleine
Htk ker, wie die Körnor einer Maul-
beerfrucht, hervortreten. Dagegen
nennt man die Keimform eine
Blastula, sowie im weiteren Ver-
lauf des Teilungsprozessps Her
Hohlraum im Innern erheblich
gröfser geworden ist und die Ober-
fiftche wieder eine glattere 15e-
5f1i!iffenhfiit erhalten lirtt. Sowie Fig.20. Keimbiasedes Amphioxus,
nämlich die Zeilen zahheiclier und uach IUtschkk. kh Keimblasenhöhle,
kleiner geworden sind, onlnen sie » animale, w vegetative Zellen,
sich zu einer Schicht, wie neben-
stehende Figur von der Keimblase des Amphioxus lehrt (Fig. 20), an
der Oberflilclie an, schliefsen, wo sie seitlich aneinandergrenzen, fest
zusammen und schneiden nach aul^n mit einer glatteo Oberfläche
ab. Sie haben jetzt, wenn wir uns eines Ausdruckes bedienen wollen,
welcher in der Histologie für eine derartige Zellenanordnung ge*
braucht wird, ein Epithel gebildet.
b) Die totale, i n il q u a 1 e T e 1 1 u n g.
Die zweite Vorm der totalen Kiteilung wird unter den Wirbel-
tieren bei den Cyklostomen, bei einzelnen Ganoiden (Stör) und bei
den Amphibien angetroffen, deren Eier schon liotterreicher und grOfoer,
€twa vom Umfang eines Hirsekorns eint^r Krbse. sind.
Als Grundlage der Beschreibung möge das Ei des Frosches dienen,
dessen Bau schon früher besprochen wurde. Bald nach der Ablage
in das Wasser und nach eingetretener Befruchtung richtet sich seine
pigmentierte oder aninialt' llnlfte unter Awf(iiieUung der Gallerthülle
nach nhen, ^veil sie nielir Protoi)lasma und kleinere Dotterkügelcheu
enthält und leichter als die vegetative Hälfte ist. Die Ungleichmäfsig-
keit in der Verteilung der verschiedenen Dotterbestan(lteile bedingt
auch rine veränderte Lafie des Furchungskerns. Während flieser in
allen Füllen, in denen flie Reservestnffe prleichmälsig verteilt sind,
eine zentrale Lage einnimmt, rückt er überall, wo sich das Ei aus
einer an Dottermaterial reicheren und aus einer an Protoplasma
reicheren Hälfti- zusammensetzt, in das Dereidi der letzteren hinein.
Beim Froschei tindet man ihn daher in der pigmentierten, nach oben
gelegenen Hemisphäre,
Wenn sich hier der Kern zur Teilung anschickt, kann sieh seine
Achse nicht mehr in jedem beliebigen Radius des Eies einstellen;
infolge der ungleichmärsigen Verteilung des Protoplasma im Eiraum
3*
0
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36
Drittes Kapitel.
Steht er unter dem Einflufs des protoplasmareicheren, pigmentierteo
Teils des Eies, welcher wegen seiner geringeren spezifischen Schwere
wie eine Kalotte dem an Dotterplilttchen reicheren Teil aufliegt und
auf ihm horizontal ausgebreitet ist. In einer horizontalen Protoplasuia-
scheibe aber kommt die Kernspindel nach den früher (S. 33) ange-
f ebenen Regeln horizontal zu liegen {Vig. 30 sp)\ mithin mufs die
eilungscljene sich in vertikaler Richtung bilden. Zuerst beginnt
sich eine kleine Furche am aninialen Pole zu zeigen, weil dieser mehr
unter dem Eintlufs der ihm genäherten Kernspindel steht und mehr
Protoplasma enthillt, von welchem die Bewegungserscheinungen bei
Vig. 80 u. 31. Schema der Teilung des Froacheies.
Via. Erstes Teilunitsstadimn. Kig. 31 Drittes Teilungsütailium. Die vier
Teilstücke des zwt-iten Teilnnps.jtu(liiims lu-ginnen durch eine Aquatorialfiirche in
acht Stücke zu vorfallen. P Figmcntiertt' ObeiHache des Eies am aninialen l'ol:
jtr protopluämatihcber, d dottcrreicber Teil dcü Eie»; Kemspindei.
•
der Teilung ausgehen. Die Furche vertieft sich langsam nach ab-
wärts und schneidet nach dem vegetativen Pole zu durch.
Durch den ersten Teilungsakt erhalten wir zwei Halbkugeln
(Fig. 32, 2), von denen eine jede aus einem protoplasmareicheren,
nach oben gerichteten und einem nach abwärts gekehrten, protoplasma-
ärmeren Quadranten zusammeng«'setzt ist. Dadurch wird die Lage
des Kerns, wenn er sich zur zweiten Teilung anschickt, wieder fest
bestimmt. Den Kern haben wir nach der von uns oben aufgestellten
Regel im protoplasmareicheren Quadranten aufzusuchen; zu seiner
Längsachse mufs sich die Achse der Spindel parallel einstellen, sie
mufs also horizontal zu liegen kommen. Die zweite Teilungsebene
ist daher, wie die erste, lotrecht und schneidet sie rechtwinklig.
Nach Ablauf der zweiten Teilung besteht das Amphibienei aus
vier Quadranten (Fig. 32, 4), die durch vertikale Teilungsebenen von-
einander getrennt sind und zwei ungleichwertige Pole besitzen, einen
protoplasmareicheren, leichteren, nach oben gerichteten und einen dotter-
reicheren, schwerereu. nach abwärts gekehrten. Beim äqual sich teilen-
den Ei sahen wir, dafs auf dem dritten Teilungsstadium die Achse
der Kemspindel sich parallel zur Längsachse des Quadranten einstellt.
Das ist auch hier in einer etwas moditizierten Weise der Fall. Wegen
des gröfseren Protoplasmareichtunis der oberen Hälfte des Quadranten
kann die Spindel nicht wie bei dem äqual sich furchenden Ei in die
Mitte zu liegen kommen, sondern mufs dem aninialen Pole des Eies
mehr genähert sein (Fig. 31 .«7)). Ferner steht sie genau vertikal, da
die vier Quadranten des Amphibieneies wegen der ungleichen Schwere
Fig. ao.
Fig. 31.
Googl
Der Farchaapproaefii bii snr Bildung der Keimblase. 37
ihrer boideu Hälften im Kuume fest orientiert sind, iufolgedesseu
nrofs jetzt die dritte Teilungsebeue eine horizontale
werden, ferner niufs sie ob er Ii all» des Äquators der
Eikut^el mehr oder minder nach ihrem animalen Pole zu geh'^eu
seiu (Fig.32,»j. Die Teilproti ukte sind von sehr uu gle idier
GrOfse und Beschaffenheit und sind der Grund, warum man
diese Form der Furchung als eine inüqnale bezeichnet hat. Die vier
nach oben gelegenen Segmente sind kleiner und dotterärmer, die
vier unteren viel gröfser und dotterreicher; nach den Polen, denen
sie zugekehrt sind, werden sie als animale und vegetative
Zellen unterschieden.
Im weiteren Verlaufe der Entwicklung wird der Unterschied
zwischen den aoimaleu und den vegetativen Zellen immer gröfser, da
die Zellen um so rascher und häufiger sich teilen, je protoplasma-
reicher sie sind. Auf dem vierten Stadium werden zuerst die vier oberen
1 t 4 s
Spffniente durch meridionale, vertikale Furchen in acht zerlegt, erst
nach einiger Zeit zerlallen in derselben Weise auch die vier unteren,
80 dafe jetzt das Ei aus acht kleineren und acht grOfseren Zellen zu-
8ammen;^esetzt ist (Fig. 32, i«). Nach einer kurzen Rubei>ause teilen
sieii al)erinals zuerst die acht oberen Sej^raente, und zwar jetzt durch
eine latitudinale Furche, und etwas später zerlegt eine ähnliche
Furche auch die acht unteren Segmente (Fig. 32,83). In gleicherweise
zerfallen die 32 Segmente in 04 (Fig. 32, 64). Auf den nun folgenden
Stadien werden die Teilungen in der animalen llälftr df i- Kikugel
noch mehr als in der vegetativen beschleunigt. Wahrend die 32
animalen Zellen durch zwei rasch aufeinanderfolgende Teilungen
schon in 128 Sttlcke zerlegt sind, findet man in der unteren Hälfte
noch ^^2 Zellen, die iu Vorbereitunfj zur Teilung begriffen sind. So
kommt es, dals als Endresultat des ieilungspro/esses eine Morula
mit ganz ungleichwertigen Hälften entsteht, mit einer nadi
oben pelegenen, animalen Hälfte aus kleinen, pigmentierten Zellen und
mit einer ve^ret iriven Hälfte aus grJ^rseren. dotterreichen, hellen Zellen.
Im Hinblick auf den Verlauf der inäqualen Furchung und auf
eine Reihe anderer Erscheinungen läfst sich ein zuerst von Bauour
fonnnliertes Gesetz aufstellen, dafs die Schnelligkeit der Tei-
lungen proportional ist der Konzentration des im '!'f>i-
lungsstUck befindlichen Protoplasma. Protoplasmareiclie
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38
Drittes Kapitel.
Zellen teilen sich rascher als Bolehe, die mit viel Dottermateral
beladen sind.
8chnii auf dem Stadium der Achtteiliinp ist eine ganz kleine
Keimhöhle durch Auseiuauderweicheu der acht Stückt- entsUiudeu. Sie
vergrdfBert sich von da an in
gleichem Schritt mit der Ver-
mehrung der ZelU'u. Infolge der
ungleichen ürolüe der letzteren
kommt sie aber hier im Unter-
schied zu den i'uiual sich teilenden
Eiern exzentrisch näher an den
animalen Toi der Murula zu liegen.
Dementsprechend ist dann spAter
auch die Keimblase abgeändert
(Fig. -i'-i). Ihre Wand , die ge-
wöhnlich aus mehrereu Lagen von
Zellen aufgebaut wird, zeigt wegen
der sehr verschiedenen Gröfse der
animalen und der vegetativen
Zelleu eine sehr ungleiche Dicke.
Am animalen Pole ist sie dflnn,
am vegetativen dagegen so stark,
dafs von hier <'in HiM-ker. der aus
grossen Dotterzelleu zusammengesetzt ist, in die Keimblasenhuhle
weit vorspringt, sie nicht unerheblich einengt und ihre exzentrische
Lage bedingt. Auch die Keimblase ist polar differenziert und iniUiual
entwickelt. Den dtlnnen Wandteil können wir als ihre Decke, den
dicken Teil als ihren Boden bezeichnen.
Zweiter T^pns.
a) Die partielle diskoidale Teilung.
Unter den Wirbeltieren kommt der jetzt zu besprechende , sehr
abweichende Teilungstypus bei den Teleostiem, Selachiern. Reptilien
und Vögeln vor. deren Eier, zum Teil wenigstens, die gröl'sten Dimen-
sionen erreichen und den höchsten Liehalt au Deutoplasma aufweisen.
FOr die Darstellung der diskoidalen Furchung bietet uns das
Hühnerei ein klassisches Beispiel. An ihm läuft der gesamte
Furchungsprozefs noch innerhalb der Eileiter in dem Zeitraum ab.
in welchem der Dotter mit einer Eiweii'shUllc und einer Kalkschale
umgeben wird; er ist ganz und gar auf die aus Bildungsdotter
bestehende Keimscheibe beschränkt, 80 dafs der grölste Teil des Eies,
welcher den Nahrungsdotter enthalt . ungeteilt bleibt und spi\ter in
ein Anhängsel des Embryo, den sogeuauuteu Dottersack, eingeschlossen
und allmählich als Nahrungsmaterial aufgebraudit wird. Wie beim
Froschei die pigmentierte animale Hälfte, so schwimmt auch beim
Hühnerei, man mag es wenden wie man uill. die Keimsclieibe oben-
auf, da sie der leichtere Teil ist. W ie beiiu I roscbei die zwei ersten
Teilungsebenen vertikale sind und am animalen Pole beginnen , so
treten auch beim Hfihnerei (Fig. M) in der Mitte der Scheibe eine
erste und eine zweite meridionale Furche auf. welche sich unter
rechtem Winkel schneiden, und dringen von oben her in vertikaler
Richtung in die Tiefe. Während aber beim Froschei die erste Tei-
Fig. 83. KelmblaM von Triton
tMniatoa.
KeimblMenhöhle, dotterreichere
ZeUen, n Randsone.
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Der Furchungsprozcfs bis znr Bildung der Keimblase.
39
lungsebene bis zum eotgegengesetzteu Pole durchschneidet, teilt sie
beim Hühnerei nur die Keimscheibe iu zwei gleiche Segmente, welche
mit breiter Basis der ungeteilten Dottermasse aufsitzen und dadurch
noch untereinander in SubsUinzverbindung stehen. Hierauf wird jedes
der vier Segmente noch einmal von einer mehr in meridionaler Rich-
tung verlaufenden Furche halbiert. Die so entstandenen Teilstücke
entsprechen Kreisausschnitten, die im Zentrun» der Keimscheibe mit
spitzen Enden zusammenstofsen und mit ihren breiten Kuden nach
der Peripherie gewandt sind. Von jedem der Segmente wird dann
Fig. S4.
Fig. 35.
Fig. 34.
Segmenten.
Fig.
menten. Nach Köllikkr.
Keimsoheibe eines Hühnereies aus dem Uterus mit vier
Nllt'h KüLLIKKH.
Keimsoheibe eines Hühnereies aus dem Uterus mit elf Seg-
die Spitze durch eine dem Äquator der Eikugel i)arallel gerichtete,
also latitudinale Furche abgetrennt , wodurch zentral gelegene,
kleinere und gröfsere , periphere Teilstücke entstehen (Fig. :{')).
Indem von nun an meridionale und latitudinale Furchen gewöhnlich
alternierend auftreten, zerfilllt die Keimscheibe in immer zahlreichere
Stücke, welche so angeordnet sind,
dafs die kleineren im Zentrum
der Scheibe, also unmittelbar am
animalen Pole, die gröiseren nach
der Peripherie zu liegen ( Fig. 30).
Die letzteren werden als Uand-
segmente bezeichnet; sie sind in
der Peripherie von der ungeteilten
Dottermasse nicht abgegrenzt.
Voneinander werden sie durch frei
auslaufende meridionale Furchen
getrennt. Hire Anzahl im Um-
kreis der Keimscheibe nimmt mit
der fortschreitenden Furcliung
kontinuierlich zu, indem die auf
früheren Stadien greisen und
wenigen Randsegmente durch t:<- oa i w • w^-».
" Ca. Ä. 1 • 1- 1 rig.36. Keimsoheibe eines Huhner-
immer neu auftretende meridionale eies aus demUterus mit vielen Rand-
Furchen fortwährend ihrer Länge «egmenten. >ach Köllikkr.
40
Drittes Kn^Hel.
nach halbiert werden (vergl. Fig. 35 u. 36). Dabei werdcu gloit h-
zeiti? von ihren pohvärts gerichteten, spitzen Enden diircli latitudiiiale
Furchen kleine Stücke abgetreuut, durch welche der von den liaud-
Segmenten wie von einem Strahlenkranz eingeBchlossene kleinzellige
Bezirk der Keimscheibe fortwährend an seinrai Rande einen neuen
Zttwadis erhält und sich in der FlAche weiter ans])reitet.
Eine eingehendere Besprechung verlangt jetzt noch das Ver-
hältnis, in welchem die bisher nur nach der Oberüftcbenansieht be-
schriebenen Furchungsstücke zu der darunter liegenden Dottermasse
stehen. — Eine Zeitlang hängen die ersten 10 Segmente nach innen
zu mit der tieferen, ungeteilten bchicht der Keimscheibe kontinuierlich
zusammen; sie sind nur seitlich durch die an der Oberfl&che sicht-
baren Furchen voneinander abgegrenzt Dies ändert sich erst vom
fünften Teilstadinin an. In den kleineren zentralen Segmenten der
Scheibe stellen sich jetzt die Kerne, bei ihrer Umwandlung in Spin-
deln, in der Richtung des Eiradius ein , so dafs die Teilebenen sieh
tangential zur OberllAche des Eies ausbilden und zwei Teil stücke
voneinander sondern müssen, von welchen das eine nach auliien,
Fig. 87. Di« Abfürohung der Kaimtolwib« eine« meroblmtlichm Bisa
la 9inma SidMiaa dwrgMtoUt.
d» Dottenynqrtium} «j» tn radialer Riehtimg eingeatdlte Spindel.
das andere nach innen gelegen ist. Das erstere ist allein allseitig
als Enibryonalzelle isoliert, das letztere dag^en hängt wieder an
seiner Basis, wie vorher das ganze Segment, mit der ungeteilten
Dotternuisse zusammen. Mit dem Auftreten tangentialer Teilebeuen
beginnt die Keimscheibe zuerst in einem kleinen Bezirk des animalen
Poles, dann \on hier in gröfserer Ausdehnung nach der Peripherie
ZU zweischichtig und später mehrschichtig zu werden (Fig. 'M).
Der ganze Vorgang, welcher für den Furchungsprozefs der Eier
der Selachier, Reptilien und Vögel charakteristisch ist, läfst sich
durch das ol)enstehende Schema, welches nach einem von Sobotta
gegel>enen Beispiel von mir entworfen ist. recht ansriiaulich machen.
Das Schema (Fig. 'M) gii)t einen Durchschnitt durch eine schon
ziemlich weit altgefurchte Vogel -Keimscheibe. Links sieht man ein
noch relativ greises Randsegment ia). welches mit der darunter
liegenden Dotterschicht an seiner Basis zusammenhängt. Auf einem
vorausgegangenen Stadium hat sich von dem Kandsegment, welches
damals noch gröfser war und weiter zentral wärts begann, das Segment
(d) durch eine latitudinale Furche abgetrennt, aber dal)ei den Zu-
sammenhang mit (lern Dotter ebenfalls noch bewahrt. Durch
meridionale latitudinale Furchen, die miteinander abwechseln, zerfällt
es weiterhin in kleinere Stücke, etwa von der Form, wie es das mehr
zentralw&rts gelegene und daher schon etwas ftltere Segment («)
5ft d5
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I>er Furehnnf^roMlfl bU xar Bildung der Keimblaie.
41
zeigt In diesem hat sich die Kernspindel in der Richtung des Ei-
radius eingestellt, m dafs sie bald durch eine tangentiale Teilebeue
in eine allseitig abgegrenzte obertlachliclie und eine darunter gele-jene
Hälfte zerfallen wird, was in den mehr zentral gelegenen Zellen-
reihen (d, e, I) sclum eingetreten ist. Durch Teilebeueu, die sich in
den drei Richtungen des Raumes bald meridional, bald latitudinal,
bald tangential voll/iclu ii. sind in den Bezirken fj—h noch kleinere
Furchungszellen entstanden, welche jetzt in vier Schichten über-
einander liegen. Dabei
haben die untersten
Stücke (von d—ff) immer
mich , wie die Hand-
segmeute, ihren Zusam-
menbang mit dem Dotter
bewahrt.
Den l'rozefs. welcher
dariu besteht, dafs sich
bei der Teilung von Seg-
menten, diean der unteren
FlAche und am Rand ih r
Keimscheibe liegen, Zei-
len allmftblieh vom Dotter
ganz abschnüren und zur
Ver^inirserun^' dtM- Keim-
Scheibe au ihrem Kunde
und in ihrer Dicke bei-
tragen, bat man als
Kachfurchung oder
verspätete Furchuug
bezeichnet Sie dauert
eine gewisse Zeit an und ,eg/™S^«SSSSr';S: uS^rJS^
hört wahrscheinlich erst Hu^fmanx. Vergr. :i5:l. 2f Bin BtOok dM Om-
daun auf, wenn der Bil- cytium, starker virgröfsert.
dungsdotter ganz in Aufsei- den grof>on Merotyten sieht man «wei
7pllon '/Pilnirt iinrl flip n«*^^'' ^er oicht mit abgebildeten Keiniscbeibe vor-
ige! lui /eilest unu aie springende Zellen, von denen es strittig ist, ob sie
(.renze des i.rotoi)lasma- vom Dottersvncytiim. al.L-efnrcht werden oder se-
aruien Nahrungsdotters kuudar mit ihm verbchmelzen.
erreicht ist Jetzt kommt
OS zu einer schftrferen Sonderung zwischen Keimsclicibo und Dotter-
inaterial. Ferner bleilien l)oi den letzten in tangentialer Hichtuii;;
erfolgenden Zellabschnüruugeu Kerue in gröfserer Anzahl in der
Grenzschicht des unter der Keimseheibe ausgebreiteten Nahmngs-
dotters zurück (Fig. 37 aS). Eingebettet in einen Hof von Proto-
plasma (Fijz. •iH) sind sie von UrrKF.RT unter dem Namen der Mero-
cyteu beschrieben worden. — \ ou ii. Vikcuow wird die unter dem
zelligen Keim ausgebnsitete, mit Kernen versehene, oberfl&chliche
Schicht des Kahrungsdotters als D ot t e r sy nc y t i u m bezeichnet und
an ihm der zentrale Teil, weil er sich früher aburen/.t und gewöhnlich
ärmer an Kernen ist, als zentrales Syncytium vou eiuem kernreicheren,
an der Peripherie der Keimscheibe ausgebreiteten Rand syn cytium
(Periblast, Agassiz und Whitman) unterschieden (Fig. 38 A u. B).
Die im Syncytium eingeschlossenen Kerne vermehren sich noch
eine Zeitlang durch direkte Teilung; dann erleiden sie im Dotter
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42
Drittes Kapitel.
eigentümliche VerAndernngen in ihrer Struktur, erreiehen oft, be*
sonders in dem Ei der Teleostier fFip. *18 B) eine nicht unbeträchtliche
Oröise, werden stark gelappt und sclicineii nur noch einer amitotischen
Vermehrung (Zikulek) fähig zu sein. An der Bildung der Keim-
blatter, mithin auch an der Bildung des embryonalen Körpers, nehmen
sie weiter keinen Anteil und haben wohl nur noch bei der Ver-
arbeitung und Resorption des Dotters (H. Virckow) eine Rolle zu
spielen. In dieser Weise stellt die Schicht, in welcher die Dotter-
kerae liegen, das sogenannte Dottersyncytium, ein wichtiges Binde-
glied zwischen dem g^urcbten Keim und dem ungefurchten Nahrungs-
dotter her.
Die oben eingehender beschriebene Nachfurchun^ und das sich
später im Anschluß an sie ausbildende I)ottersyncytium (Periblast,
Merocyten) sind Ersclieinungen , die in den meroblastischen Eiern
durch die Übermächtige Ausbildung des Dottermaterials hervor-
gerufen sind.
Wenn wir am SehluHs des Absehnittes einen Vergleich zwischen
der partiellen und der inäqualen Furchung anstellen , zu deren Be-
srhreilniTig wir uns der Eier des Hühnchens und des Frosches bedient
liabeu, so ist es nicht schwer, die erstere von der letzteren abzuleiten
und eine Ursache für ihre Entstehung aufzufinden. Die Ursache ist
dieselbe, welche auch die Entstehung der inäqualen aus der äqualen
Furchung veranlafst hat; es ist die stärkere AnFanimliing von Deuto-
plasma, die hiermit Hand in Hand gehende Ungleicliniäi'sigkeit in der
Verteilung der Eisubstanzen und die Veränderung., in der Lage des
Furchungskerns. Der beim Froschei noch in einem Ülx»rgangsstadium
befindliche Differenzieriinfisprozefs ist beim Hühnerei (Fig. 0) zu
Ende geführt. Die dort sclion am animalen Pole reichlicher ange-
sammelte protoplasmatische Substanz bat sidi hier in noch höherem
Grade konzentriert und hat sich damit zugleich als eine den Furchungs-
kern einschliefsende Scheibe von dem Nahrungsdotter abgesetzt. Dieser,
in ungeheurer Menge am entgegengesetzten i'ole angehäuft, ist
infolge der Sonderung relativ arm an protoplasmatischer Substanz^
welche die LOcken zwischen den groften Dotterkugeln nur spärlich
ausfüllt.
Da nun beim Teilungsprozefs die Dewegungserscheinungen vom
Protojdasma und vom Kern ausgehen, das Deutoplasma sich aber
passiv verhält, so kann bei den meroblastischen Eiern die
a k t i V e S u b s t a n z die passive nicht mehr b e w ä 1 1 i p e n und
mit in Stücke zerlegen. Schon beim Froschei (Fig. u.
macht sich ein Übergewicht des animalen Poles beim Furchungs-
prozefs bemerkbar; in seinem Bereich liegt der Kern, treten die
Strahlenfiguren des Profo]dnsTiin auf, fängt die erste und zweite Tei-
luDgsebcue sich zu bilden an, während sie am vegetativen Pole zulet/t
durchschneidet; femer laufen dort während der s])äteren Stadien die
Teilungsprozesse rascher ab, sodafs ein Gegensatz zwischen kleineren,
anininlen und grofseren, vegetativen Zellen entsteht (Fig. 32). Beim
Hülmerei hat das Übergewicht des animalen Poles das Extrem er-
reicht; die Sonderung in zwei Substanzen, die an dem Entwicklungs-
prozeis in sehr ungleirheui Mafse beteiligt sind, in Bildungsdotter
und Nalirungsdotter, ist aufdns schärfste diirebpeftthrt. Die Teilungs-
furchen beginnen nicht nur am animalen Pole, sondern bleiben auch
auf den an ihn angrenzenden Bezirk beschränkt (Fig. 34—37). Auf
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Der FurchungsproieA bit «ir Bildnog der KeimblMe.
43
der einen Seite erlialten wir so eine Scheibe aus kleinen aniuialen
Zellen (Fig. 87 n. dSJ), auf der anderen Seite eine mAchtige, ungeteilte
Dotterniass(\ welche den vegetativen Zellen des Froschcies entspricht.
Die in der l'eriplierie und unter der Keimscheibe zcr>treuten Dotter-
kerue (Fig. U7 c/s u. •iSAu.ß) sind den Kernen der vegeta-
tiven Zellen des
Froscheies gleich- ^
wert i {?.
Auch bei den mero-
blastischen Eiern mit Keim-
scheibe lllfst sich eine Art
von Keiniblasenstadium
UDterscheideu (Fig.
Denn bald treten zwischen
der untersten La<ze der
Embrvonalzellen und dem
zentralen Dottersyucy tium
kleine, mit gelösten Albu-
niinaten erfüllte Spalt-
räume auf, tliefsen unter-
einander zusammen und
bilden je nach der Tierart eine bald kleinere, bald grOfsere Keim-
höhle (7?). Die Blastula hat hier das Eigentümliche, dafs nur ein
sehr kleiner Teil ihrer Wand, die Keimscheihe, aus Zellen besteht,
w&hrend der übrige aul'serürdentiich verdickte Teil der Blasenwaod
Kahrungsdotter ist Jener ist der Decke, dieser dem Boden der
Froschkeimblase zu vergleichen.
b) Die partielle, superficiale Teilung.
Die zweite Unterart der partiellen Furchung wird im Stamm der
Arthroj»oden hilutig beobachtet; sie tritt namentlich bei Eiern auf. bei
denen eine zentral gelegene Masse von Nahrungsdutter von einer
Rindenschieht von Bildungsdotter eingeschlossen ist. Mannigfache
Variationen sind hier möglich, so wie sich auch ÜbergÄnge zur .l(^ualen
und in&qualen Furchung finden. Wenn der Verlauf ein recht typiadier
h'ig. 3.). MedlaaMhiiitt durch ein« K»liil>
blase von Priatliinu. Nach ROcxbbt.
B KeimblMenhOhle, dk Dotterkenie, kM Kehn-
zeUen.
Fig. 40. 8np«rfloial« Varohans dM Xnaaktsaeleft j|(Pi«rie omtMffiX
Xarh BomiRTziiT.
t Tcilunir des FurcLunKskr-rtiH. Ii Ileraufrürken der KeriM nir Bildong
der Keituliai^t (Blastoderm). C Bildung der KeimhauL
44
Drittes K&piteL
iBt, 80 liegt der Furchungskern, Ton «iner Protoplasmahfllle umgeben,
in der Mitte des Eies im Nahrungsdotter; hier teilt er sich in zwei
Tochterkerne. oliiie daT? « ine Teilung der Kizeiie auf dem Fufse folgt
(Fig. 40). Die Tochterkerue teileu äich wieder in vier, diese in 8, lU,
32 Kerne und so iveiter, w&hrend das Ei als Ganzes imm^ noch
ungeteilt bleibt (Fig. 4u A). Später rücken die Kerne auseinander,
wandern zum gröfsten Toil alliiiillilirii an die Oberflilche emiror und
dringen in die protoplasmatiscbe Kiudenschicbt ein, wo sie sich in
Sleichmäfsigen Abstftnden voneinander anordnen. Erst von diesem
[oment an beginnt die Rindenschicht in so vieleZellen zu
zerfallen, als Kerne in ihr liegen, während der Tiontrale
Potter ungeteilt bleibt (Fig. 40 u. C). Letzterer ist dalier
Slötzlich von einer aus kleinen Zellen gebildeten Blase oder einer
[eimhaut eingeschlossen. Anstatt eines polständigen (telolecithalen)
haben wir einen raittelstilndigeii f ' fMitrolr-rMthaleu) Dotter. In diesem
bleiben, wie bei den meroblasti.^ciieu hieru der Wirbeltiere, einzelne
Dotterkerne, in Protoplasma eingehtillt (Merocyten), zurück.
Repetitorium zu Kapitel III.
1) Die nächste Folge der Befruchtung ist der Teilungs- oder
i- urciiuugsprozefs, durch welchen das Ei in eine in geometrischer
Progression wachsende Zahl von Embryonalzellen zerlegt wird.
2) Die Zerlegung des Eiinhalts in Teilsttkcke erfolgt ])ei den
einzelnen Tierarten in einer verschiedenen Weise, was von der ur-
sprünglichen Organisation der Eizelle, besonders von der Aiiorduuug
und Verteilung des Protoplasma und des Deutoplasraa, abh&ngt
S) Schema der verschiedenen Arten der Eiteilung:
I. Totale Teilung. (Holoblastische Eier.) Die meist kleinen
Eier enthalten eine geringe oder mäfsige Menge von Beservestoffen
und zerfallen vollst iindig in Tochterzellen.
Äquale Teilung. Sie findet sich bei Eiern mit geringem und
gleichmäfsig verteiltem Deutoplasma (alecithal) ; durch den Teilungs-
pro zefs entstehen im ganzen gleich grofse Teilstttcke (Amphioxus,
Säugetiere).
Inftquale Teilung. Sie tritt bei Eiern ein, bei denen Deuto-
plasma reichlicher entwickelt und nach dem vegetativen Eipole zu
konzentriert, der Furchungskern aber dem animalen . protoplasma-
reicheren Pole genähert ist. Meist vom dritten Teilungsakte an werden
die Segmente von ungleicher GrOÜBe (Gyklostomen, Amphibien).
n. Partielle Teilung. (Meroblastische Eier.) Die oft selirgrofsen
Eier enthalten betr t t tliche Mengen von Deutoplasma. Infolge seiner
ungleichen Verteilung sondert sich der Eiinbalt in einen Bildungs-
dotter, an dem sich der Teilungsprozefs allein vollzieht, und in eiueu
Nah) ungsdotter, der ungeteilt bleibt und zum Wachstum der Organe
aufgebraucht wird.
Diskoida le Teilung. Sie tritt bei Eiern auf, die polar
differenziert und dabei in eiueu am vegetativen Pol angesammelten
(pol ständigen) Kahrungsdotter und in einen den animalen Pol ein-
nehmenden Bildungsdotter gesondert sind. Der Teilungsprozefs bleibt
allein auf den Hiltlungsdotter, die Keituf^cheibe, )>eschränkt nnd liefert
eine Zellenscheibe (belachier, Teleustier, lieptiiieu, Vügel).
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Der Furcbungsprozels bis zur Bildung der KeimbUse.
45
Superficiale Teilung. Sie findet sich bei Eiern mit mittel-
st Andigem NahruDgsdotter. In typischen Fällen teilt sich allein der
in der Mitte des Eies gelegene Kern zu wie<lerholten Malen. Die so
eutstebendeu , zahlreichen Tochterkerne rUckeu in die den zentralen
Nalirungsdotter einhQllende Protoplaamarinde, die darauf in so viele
Stacke zerfallt, als Kerne in ihr liegen. Es entsteht eine Keimhaut
(viele Arthropoden).
4) Kier mit totaler Teilung werden als holoblastische , Eier mit
partieller Teilung als meroblastische bezeichnet.
5) Die Richtung und Stellung der ersten Teilungsebenen ist eine
streng (resetzninfsige, in der Organisation der Zelle b^rflndete; sie
wini durch folgende drei Momente bestimmt:
Erstes Moment Die Teiiungsebene halbiert stets rechtwinklig
die Achse des sich zur Teilung anschickenden Kerns.
Zweites Moment. Die Lafie der Kernachse während der
Teilung steht in einem Abhängigkeitsverhältnis zur Form und Ditferen-
zierung des umhüllenden Protoplasma.
In einer Protoplasmakugel kann die Achse der zentral gelagerten
Kernspindel in der Rielitung eines jeden Radius liegen, in einem ei-
förmigen rrotoplasmaköruer dagegen nur in dem längsten Durchmesser.
In einer kreisrunden Scheibe li^ die Kemachse parallel zur Obei^
tiiu lie in einem beliebigen Durclmiesser des Kreises, in einer ovalen
Scheibe dagegen nur wieder im liliigsten Durchmesser.
Drittes M u m e u t. Bei inäqual sich furchenden Eiern, die wegen
Ihres ungleichmftiVig verteilten und polstftndigen Dottermaterials geo-
zentrisch sind und daher eine bestimmte Gleichgewichtslage einnehmen,
mn?«(Mi die l)ejden ersten Teilungsehenen vertikale und die dritte
Teiiungsebene eine horizontale, oberhalb des Äquators der Eikugel
gelegene sein.
6) Während des Teilungsprozesses bildet sich zwischen den
Embrvmtilzellen eine kleine, allmählich gröfser werdende Höhle (die
Keimiiuiile oder Furchungshöble) aus.
7) Die aus dem Teilungsprozeß der Eier zunAdist hervorgehenden
Embryonal formen werden als Morula (Maulbeerkugel) und als Keim-
blase (Blastula) bezeichnet.
8) Die Morula geht der Blastula in der Entwicklung voraus, be-
steht daher aus weniger zahlreichen und gröberen EmbryonalzelleUt
die noch locker ancinandcrschliefsen , an der 01)erfläche als kleine
Höcl<er wie di^ Körner einer Maulbeerfrucht, hervortreten und nach
innen eine kleine Keim- oder Furchungshöble umschliefsen.
9) Die Blastula enthalt einen grOfseren, durch Ausdehnung der
Keimhöhle der Morula entstandenen Hohlraum und sc^t sidi aus
zahlreicheren, sehr klein gewordenen Kndiryonalzellen zusammen, die
zu einer Epithelmemban mit glatter Oberdäche verbunden sind.
10) Entsprechend der verschiedenen ursprünglichen Organisation
der Eier, des dadurch bedingten verschiedenen Verlaufs des Teilungs-
prozesses (siehe Schema), bietet aucli (\:\'< Stadium der Morula und
Blastula bei den einzelnen Eiarten charakteristische Modiiikationen dar.
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Viertes Kapitel.
Eutwicklungsphysiologisclie Tiieorieii und
Experimente.
1. IM« Idioplatmathemrie.
An die in den ersten drei Kapiteln mitgeteilten Ergebnisse aus«
gedehnter uod mühsamer Beohachtungen lassen sieh Betraehtungen und
Experimente anreihen, durch welche man auf den vtt'BCfaiedensten
Wegen in das Geheimnis der freschlechtlichen Zeugung und Ent-
wicklung noch tiefer einzudringen versucht hat.
Durch die Erkenntnis, dafs Ei und Samenfaden einfache Zellen
der Tierarten f^ind, in deren Qeachlechtsorganen sie erzeugt werden,
ist zwar die rrafoiiiiatioustheorie in ihrer alten Fassuiifr Piid^,'ültig
beseitigt, nicht aber die wissenschaftliche Frage, deren Lösung sie
geben sollte, selbst erklärt worden. Denn wenn auch das £i nieht
der sfAtere Organismus en miniature ist, wie es die Präformistcn
lehrten, so mufs es doch die wesentlielien I^rsncheii für seine Ent-
stehung oder, wie mau sich gewöhnlich ausdrückt, die Anlagen für die
Henrorbringung einer gans bestimmten Organismenart besitzen. Mit
Ewingender Naturnotwendigkeit geht aus jeder Art von Eizelle immer
nur ein Orjjanismns (Wr ^^leichen Art liervor. In dem Stoff der Kizelle
Übertragt oder verer))t der Mutterorgauismus seine Eigenschalten
dem Kind. Das gleiche gilt aber aueh von der Substanz des Samen-
fadens. Denn das Kind erbt, ebenso wie von der Mutter, auch in-
dividuelle, spe7if^^' )ie Ki^-onscliaften vom Vater. Am deutlichstni tritt
dies bei der liasiardzeugung hervor, bei der Verbindung der Ge-
sehlechtsprodukte von Individuen, die wegen Unterschieden in ihrer
Oi^anisation vom Systematiker zu verschiedenen Varietiiten und Rassen
einer Art oder m versolii« i 'nen Arten und Gattungen jrerechnet
werden. Wenn ein Bastardpruclukt neben den Eigenschatten der Tier-
art, welcher das Ei angehört, auch die diesem ganz fremden Eigen-
schaften der zweiten Tierart, die als ^riiniichen bei der Zeugung
mitgewirl<t liat. oft in sf'ltsnmer Konibinatioii zrvjt und liäufi;,' sogar
die letzteren uocii scbärler als die ersteren hervortreten liti'st, so kann
die Übertragung oder die Vererbung nur durch die so unendlich
kleine Stoffmasse des Samenfadens geschehen sein. Ei- und Samen-
zelle repräsentieren also in gleicher Weise die Anlagen für ein neues
Individuum, welches zwischen seinen beiden Erzeugern in seinen
Eigenschaften die Mitte hält, also ein Mischprodukt von beiden ist.
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£iitwicklaiig8pliyaioloc(isGlie Theorien und Experimente.
47
Andere Überlegungen ergeben, dafs die Aulagesubstanz etwas
anftorordentlicbKompHzici tcs seinmufo. So viele Millionen Terscbieden
gestalteter Pflanzen- und Tierarten unsere Krde bevölkern, so viele
Arten von Keimzellen gibt es. deren jede von der anderen in dem
Ctiarakter ihrer Anlagesubstanz etwas verschieden sein mufs, da jede
den Grund für die besonderen Eigenschaften ihrer Spezies in sich ein-
schlieisen nnifs. auch wenn wir von diesen Dingen niclits wahrnehmen
können. Ferner erwj\<:e man, um sich einen Be»rritt von den wunder-
baren Eigenschalten der Anlageaubstanz zu machen, wie ein Säuge-
tier in vielen 100000 Merkmalen von einem Vogel oder einer Eidechse
verschieden ist; man erwi\ge. dafs auch innerhalb einer Tierart die
einzelnen Individuen wieder durcli gcrin^'ttlgigere T'^ntersehiede von-
einander abweichen , und dals alle diese gröfseren und geringeren
zahllosen Merkmale, durch welche sich Individuen unterscheiden,
durch die Keimzellen auf die nachfolgenden Geschlechter vererbt
werden !
Durch solche (^berleguugeu werden wir zu der Annahme ge-
drängt, dais jede Keimzelle ein hohes Mafo von Organisation besitzen
mufs. welche für jede Orfzanismcnart eine verschiedene ist, ferner zu
der Annr^hine. «lafs diese ( )rgamsation auf molekularem oder, um mit
K.iG£u ZU reden, auf niizellarem Gebiete, daher jenseits der (i reuzen
des fQr uns zur Zeit Wahrnehmbaren, liegen mufs; denn auch mit
den stärksten Vergröfserunpen sind wir gepenwilrti;:; aufserstande,
in ilen Anlai/esuhstanzen Verschiedenheiten aufzuhnden, welche uns
als Erklarunji>gi und für die sich später entwickelnden Artunterschiede
dienen könnten.
Zu der Annahme, dafs beiderlei Geschlechtszellen in
gleicher Weise durch eine hoch organisierte Anlage-
^» übst au z die Eigenschaften beider Eltern auf das neu sich bildende
Oesehöpf vererben, scheint die Tatsache in einem gewissen Wider-
spruch zu stehen, dafs Eier und Sanienfliden an rJrnfse und Gewicht
80 ungeheuer voneinander ahweiclieu und so ungleiche Ik'iträ^'e zur
Substanzmassc liefern, aus der sich das kindliche Geschöpf entwickelt.
8o betrftgt nach einer Sebfttzung von THum das Ei von Fucns an
Masse so viel, wie 30—60000 Samenfilden derselben Art. Zwischen
tierischen Geschlechtsprodukten aber sind die Unterschiede gewöhn-
lich tausend- und millioneumal gröi'sere, z. B. zwischen dem Volum
und Gewicht eines Eidotters vom Hnhn und des dazu gehörigen
Samenelements. Die Wirkung der vom Vater gelieferten minimalen
Suhstanzmenf^e mt^fste sich — so sollte man meinen -- gegenüber der
Wirkung, die vun der uneudlichmal grölseren Stoffmasse des Eies
ausgeht, gar keine Geltung verschaffen kOnnen.
Der hier liegende Widerspruch verlangt eine nähere Erklihunp:;
sie ergibt sich aus der Annahme, dafs die beiderlei Geschlechts-
produkte aus Substanzen bestehen, die für die Vererbung elterlicher
Eigenschaften von sehr ungleichem Wert sind, ans einer Substanz,
welche Träger der erblichen Eigenschaften und in Ei- und Samenzelle
in etwa äquivalenten Mengen vorhanden ist. und aus einer zweiten
Substanz, welche für die Vererbung von Eigenschaften entweder von
nur geringer oder gar keiner Bedeutung ist, und welche im Samen«
faden fast ganz fehlt, dagegen im Ei in ungeheurer Menge angehäuft
den oben hervorgehobenen Gröfsenunterschied bedingt. Die erstere
bat ^'IGEU als Idioplasma, die letztere als Ernähruugs-
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48
Viertes Kapitel.
plasma bezdelmet, olme indeflsen nfther anzugeben, in welchen Be-
standteilen Ton £i> und Samenzellen wir sie m audien haben.
Der ans theoretischen Erwitgungen entsprungenen, hei Na«.eli in
der Luft schwebenden Hypothese läi'st sich indessen eine auf Tat-
flachen beruhendd, festa jmsis verleihen (Oscar Hkrtwig, E. Stbas-
bubgeb). Es gibt in der Tat in der reifen Ei- und Samenzelle eine
minimale Menge von Substanz , welche den von der Hypntlievf ge-
forderten Bedingungen entspricht und zugleich die wichtigste und
aufiftlligste Rolle beim Befnichtungsprozefs spielt. Sie ist in den sich
znm Keimkern verbindenden Kernen von Ei- und Samenzelle enthalten,
Kernen, die etwa von gleichem Volum und Gewiclit siihI, Ix^sondei-s
aber in ihrem Chromatin. Denn die früher (S. 29) mitgetejlten Be-
obachtungen an Ascaris megalocephala (Van Benedkn) haben klar
gelehrt, dafs sowohl der Samenkem als der Eikern aus zwei Kern-
Segmenten (ChromosnnifMi) besteht, und dafs jeder von ihnen somit
zum Aufbau des Keimkenis mit genau äquivalenten Stofiiuengen, der
eine mit zwei männlichen, der andere mit zwei weiblichen Kern-
Segmenten, beiträgt.
Dafs die J^ellkcrne das Idioplasma oder — wie wir mit einem
deutschen Namen auch sagen können — die Anlagesubstanz
oder die Erbmasse bergen, dafür sprechen aufserdem noch zwei
andere sehr wichtige Beobachtungen. Wie schon früher mitgeteilt,
spalten sieli die zwei männlichen und die zwei weiM: l en Chromosomen
des Keinikerns der Länge nach in zwei Tochtersegmeute , die nach
den beiden Polen der Kernspindel auseinanderweichen und, wenn das
Ki sich in zwei Tochterzellen teilt, die Grundlage für ihre Kerne
))ilden. Den beiden ersten Teil])rodukten des Eies wird
daher durch den komplizierten Proze Ts der Kary o k inese
genau die gleiche Menge Chromatin vom Eikern wie
vom Samen kern zugeftthrt. Es läfst sich annehmen, dafli •
durch die weitereu Kernteilungen die vütf rliche und die mütterliche
Erbmasse, welche sich durch Waclistum vermehrt, auch si)äter auf
die nacheinander entstelieutieu Zellgenerationen in äquivalenten
Mengen verteilt werden. Die zweite^ Beobachtung betrifft die so
eigentümlichen Reifungsvorgänge der Ei- und Samenzelle, durch
welche, wie wir uns früher nusdrtickten. eine Reduktion der Chro-
matinmasse auf die IliUftc eines Normalkerns herbeigeführt wird.
Wir sahen hierin eine Vorbereitung für den Befruch-
tungspro zefs, duieli welchen verhindert werden soll,
dafs nicht hei jeder neuen Zeugung eine fortgesetzte
Summicru]ig zweier Erbmassen stattfindet. „Wenn bei
joder Fortpflanzung durch Befruchtung", bemerkt NiOELi. „das Vo-
lumen des irgendwie litschaffeneu Idioplasma sich verdoppelte, so
wOnfen nach nicht sehr zahlreichen Generationen die Idioplasnia-
korper so sehr anwachsen, dafs sie selbst eiuzeln nicht mehr in einem
Spermatozoon Platz fänden."
In d i e s e r We i s e erhalten e i u e R e i h e sehr a u f f a 11 i g e r
Tatsachen, welche heim Studium des Zeugunt.'spro-
zesses gewonnen worden sind, durch die Hypothese,
dafs die Erbmasse in den Kernen der Geschlechtszellen
eingeschlossen sei, ihre einheitliche Krklflrung.
Wenn Ei- und Samenzellen äquivalente Menden von Idioplasma
besitzen, so muls die gewaltige Gröfse der erstereu auf einer Au-
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Entwteklmigsiibyftiologitdie Tlieori«ii und Experiment«. 49
Sammlung nicht idioplasmatisL'her Suhstaüzeii luTuhea. Dafs zu
diesen in erster lleihe die im Ei aufgespeiclierteu Ileservestoffe ge-
hören, die später als Ndhrmaterialien allmfthlieh aufgebraucht werden,
dflrfte wohl von keiner Seite anjzeforhtrn werden.
Indessen lälst sich noch die Frage aufwerfen, wie es kommt, dafs
sich zwischen (ieu im Refruchtuugsakt zuhauimeutreteuden zwei Zellen
so auffilllige Unterschiede in ihrer Gröfse und Form ausgehildet
haben V Hier dürfte folgendes zur Orientierung dienen. Bei der
Bildung eines entwicklungsfähigen Keimes, der durch Vereinigung
zweier Zellen entsteht, kommen zwei iMomente iu Betracht, die mit-
einander konkurrieren und in einem Gegensatz zueinander stehen.
Erstens müssen die Zellen, deftn Erbmassen sich zu einer gemiscliten
Anlagpsubstanz vereinigen, selber in der Lage sein, sich aufzusuchen
und zu verbiüden. Zweitens aber i&t es auch von Wichtigkeit, dafs,
wenn sieh der Entwicklungsprozers eines Organismus in einem kurx
bemessenen Zeitraum abspielen soll, gleich von Anfang an viel ent-
wicklungsfähige Substanz vorlianden ist und nicht erst auf dem zeit-
raubenden Umweg der Ltualu uug von den sich bildenden und differon-
sierenden Embryonalzellen selbst herbeigeschaflt zu werden hrauebt
Um dem ersten Zweck zu genügen. mCisH'n die Geschlechtszellen be-
weglich und daher aktiv sein; für deTi zweiten Zweck dagegen müssen
sie entwicklungsfähig© Sui)staiiz ansammeln, sie müssen daher an
GrOfse zunehmen, was naturgemftrs eine Beeintrftehtigung ihrer Be-
weglichkeit zur Folge hat. Die Natur hat beide Zwecke erreicht,
indem sie Eigenschaften, die in einem Körper unvereinbar, weil
gegensätzlich zueinander sind, nach dem Trinzip der Arbeitsteilung
auf die beiden aum IBtefruchtungsakt sich verbindenden Zellen verteilt
hat. Sie hat die eine Zelle beweglich, aktiv, befruchtend, d. h. männ-
lich, die andere Zelle dagegen passiv und enipfangeivl, d. h. weiblich
gemacht. Die weibliche Zelle hat die Aufgabe übernuamien, ft\r die
Substanzen zu sor^^en, welehe zur Erafthrung und Vermehrung des
Zellprotoplasma bei einem raschen Ablauf der Entwicklungsprozesse
erforderlich sind. Sie hat daher im Eierstock Dottermaterial, Reserve-
stoffe für die Zukunft, in sich aufgespeichert und ist dementsprechend
grof^ und unbeweglich geworden. Da nun aber zum Zustandekommen
eines Entwicklungsprozesses noch die Vereinigung mit einer zweiten
Zelle eines anderen Individuums erforderlich ist, ruhende Kftrper
sich aber nicht vereinigen ki^unen, so hat sich zur Losung dieser
zweiten Aufgabe der milnnliche Elementarteil entsprechend verftndert
Er bat sich zum Zweck der Fortbewegung und um die Vereinigung
mit der ruhenden Eizelle ermöglichen, in einen kontraktilen Faden
umgebildet und, je voUkouimener er seiner Aufga)>e augepafst ist,
um so mehr aller Substanzen voUstftndig entledigt, welche, wie z. B.
das Dottermaterial oder selbst das Protoplasma, diesem Hauptzweck
hinderlich sind. Dabei hat er zugleich auch eine Form angenommen,
weiche für den Durchtritt durch die Hüllen, mit welchen sich das
Ei zum Schutz umgibt, und fQr das Einbohren in den Dotter die
zweck niäfsigste ist.
Für die Richtigkeit unserer Auffassung sprechen vor allen Dingen
die Verhältnisse im Pflanzenreiche. Man tindet niederste PHanzen,
bei denen die beiden kopulierenden Geschlechtszellen ganz gleich-
artig, nämlich klein und l>eweglich, sind, und andere verwandte Arten,
bei welchen sich eine allmählich erfolgende Differenzierung in der
O. Hartwig, Die Element« der EntwicklungsUhn. i, Aull. 4
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50
Viertes Kapitel.
Weise beobachten Iftfet, dafs die eine Zelle grOfser, dotterreicher und
unbeweglich, die andere dagegen kleiner und beweglicher wird. Hier-
mit hängt dann in selbstverständlicher Weise zusammen, dafs jetzt das
ruhende Ei von der scbwärmendeu Zelle aufgesucht werden mufs. Von
den so gesclilechtltch differenxierten Zellelementen IcOnnen wir die
Ausdrücke „männlich und weiblich** auf die in ihnen enthaltenen
Kerne tibertragen, auch wenn sie an Masse ihrer Substanz eiii;ui'1pr
äquivalent sind. Kur dürfen wir unter der Bezeichnung inäuuiicüer
und weiblicher Kern nichts anderes verstellen als einen Kern, der
von einer n&nnlichen oder von einer weibliehen Zelle abstammt.
2. tieselüeclitliclie Zeiisii]ig''iiiid Parthenogenefle.
Dafs die geschlechtliche Zeugung bei der Erlialtuug des organi-
sehen Lebens eine sehr grofse Rolle spielt, läfst sich schon aus ihrer
auf&erordentlich weiten Verbreitung im ganzen Organibmenreicb
sebliersen. Denn selbst im Lebenscyklns niederster einzelliger Orga-
nismen, bei Infusorien, Rhizopoden,Greganiien. Coccidien, bei niedersten
Algen und I^ilzen wird s'w flnroh gründliche üntersuchunjren immer
Mutiger nachgewiesen. Worin indessen ihre wesentliche ikdeutung
besteht, welche Vorteile sie vor der nngesehlechtlichmi Zeugung dar-
bietet, bleibt nach wie vor in tiefes Dunkel gehttllt Ans gewissen
Erscheinungen der Inzucht und der Bastardhefruchtung, verglichen
mit der Normalbefruchtung, scheint hervorzugehen, dafs das Zeuguugs-
produkt am besten gedeiht, wenn die zeugenden Individuen und in-
folgedessen auch ihre Geschleehtssellen unbedeutend in ihrer KonsU-
tntion oder Organisation voneinander verschieden sind. Mit Darwin
konute man dann den Nutzen der Befruchtung in der «Vermischung
der unbedeutend verschiedenen physiologischen Elemente unbedeutend
verschiedener Individuen** erblicken oder mit Spencer den «Haupt-
zweck der geschlechtlichen Zeugung: darin suchen, eine neue Ent-
wicklung durch Zerstörung des annähernden Gleichgewichts herbei-
zufahren, auf welchem die Molekflle der elterlichen Organismen an>
gekommen sind". Doch solche Erklärungen sind so unbwtimmter und
allgemeiner Art. da Ts sie keine besondere Befriedigung gewähren.
Ebenso müssen wir die Antwort auf eine Frage schuldig bleii;eu,
warum in manchen TierBtammen die geschlechtliche Zeugung für die
Erhaltung des Lebens zu einer absoluten Notwendigkeit geworden
ist. wahrend in anderen wieder geschlechtliche und iH)<i(»sf')i]f'rhrlirhe
Zeugungsweise nebeneinander oder miteinander altennereud auftreten
und in manchen Fallen sogar ungeschlechtliche Zeugung allein aus-
reicht. Besonders r.^t.selhaft aber ist das Vorkommen dar Jungfern-
zeugung oder Parthenogenese im Stamm so hochorganisierter
Tiere wie der Arthropoden. Unter Parthenogenese versteht man die
Erscheinung, da(^ Eizellen, auch ohne befruchtet worden zu sein,
sich zu neuen Geschöpfen zu entwickeln imstande sind, wie es bei
Aphiden. hei Bienen, hei niiuiclien Krebsarten etc. beobachtet worden
ist. Von groiscm Interesse ist ein Unterschied, welcher sich zwischen
parthenogenetischen und befruchtungsbedürftigen Eiern wahrnehmen
läfst, wenn auch durch ihn nicht erklärt wird, wodurch in manchen
Tierahteilnngen die Eier die Fähigkeit zu parthcnogenetischcr Ktit-
wicklung erworben habeu und auf welcher Organisation sie beruht.
Gewöhnlieh uAmlich wird bei ihnen nur eine Polzelle gebildet. Die
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Entwickluagvikhjrsiologiiche Theorien and Experinenle.
51
Bildung der zweiten Polzelle, durch welche bei befruehtungsbedttrftigeo
Eiern die Reduktion der Anlagesubstanz auf die Hfttfte bewirkt «ürd«
unterbleibt. Bei der rartlieiiogenese hat ja eine Reduktion, die eine
nachfolgende Befruchtung gewissermafsen voraussetzt, keinen Zweck
mehr, und sie unterbleibt, weil das Ki nach seiner Organisation oder
nach der Besebaffenheit seiner Anlagesubstanz niefat mehr befmehtungs-
bedürftig ist.
Als nicht spruchreif ist endlich noch die Frage nach den T^rsachen
zu bezeichnen, durch welche bei den getrennt geschlechtlichen Tieren
die Anlagesubstanz bestinmit wird, hier zur weiblichen, dort zur
männlichen Form zu werden. Bei vielen Arten geschieht dies nach
einem nur in sehr engen Grenzen schwankenden ZahlenverliUltnis,
beim Menschen z. B. in der Weise, dafs nach statistischen Berech-
nungen auf 100 Mädchen 106,3 Knaben geboren werden. Viele haltlose
Hypothesen sind bis in jtlngste Zeit auf diesem Gebiete, zumal in
bezug auf den Menschen, aufgestellt worden.
Beobachtungen und Experimente iiticr die Beziehungen
der Anlagesubstanz zur Orgauisatioii des ausgebildeten
OeNchopfeM.
Wenn die Prftforniationstheorie in ihrer alten Fassung auch als
beseitigt anzusehen ist, so hat es doch zu keiner Zeit an Versuchen
gefehlt, festzustellen, ob es möglich sei, gesetzmäfsige Beziehungen
zwischiMi der Organisation des Heinums am Anfang der Entwicklung
und der Organisation des ausgebildeten Geschöpfes ausfindig zu
machen. Dafs nmu bei solchen Bestrebungen sein Augenmerk fast
ausschtiefklich der Eizelle zuwandte, läfst sich insofern begreifen, weil
diese vorwiegend das Baumaterial für den enihnonalen Körper liefert,
mufs aber, vou einem höheren Erkenntnisstaudpunkt aus, schon von
vornherein zum mindesten als ein einseitiger Versuch bezeichnet
werden; denn wie in der Eizelle ist aueh im Samenfaden die Anlage-
Substanz (Idioi)lasnia) enthalten, so dafs dieselben Fragen, wie an die
Eizelle, auch an den Samenfaden zu richten wAren. Drei verschiedene
Theorien sind in den letzten drei Jahrzehnten Uber die Beziehungen
der Anlagesubstanz zur Organisation des ausgebildeten Geschöpfes
aufgestellt worden: 1) die .Tlieorie der organbildenden Keimbezirke,
2) die Mosaik- und Keimplasmatheorie und 3) die Theorie der
Biogenesis.
a) Die Theorie der organbüdenden Keimbeslrke.
Schon nielireren Beobachtern ist e/6 aufgefallen, dafs die ersten
Teilehencn., durch weldip das Ei in zwei, vier und acht Zellen zer-
fällt, bei einzelneu Tierarten mehr oder minder genau mit den drei
Hftuptebenen Qbereinstimmen , welche man durch den Körper der
bilateralsymmetrischen Tiere hindurchlegt (Nematoden-, Ascidien-,
Amphibieneier). In manchen Fullen stimmt die ei-ste. in .Mi h ri-n
Fällen wieder die zweite Teilebene mit der Medianebene des werdenden
Embryo annähernd ikberdn. Bei manchen Tierarten ist es sogar
mdglieh, noch vor der ersten Teilung dem Ei anzusehen,
wie spute r der F, nihryn in ihm orientiert sein wird. So
wird die Längsachse von ovalen oder längsgestreckteu Eiern auch
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Yieites KapiteL
Biets zur Läugi>ac)iHe des Embryo, und zuweilen läfst sich bei ihnen
auB kleineren Unterschieden in der Suhstanzverteilnng, in der Pigmen>
tieruDg und aus andereu Merkmalen bestiDinu n. an welclie Seite der
Längsachse das Kopf- und das Schwanzende zu liegen konimen werden,
und femer, welche Flächen des Eies sich zur embryonalen RUcken-
uiid Bauchfl&ehe gestalten werden.
Für das Hühnerei kann man sop;ar, ohne die Kalkschale zu
öffnen, narh einer aus vielen Erfahrungen gezogenen Eegel mit
grofser Wahrscheinlichkeit angeben, was für eine Lage der sich ent-
wickelnde Embryo einnehmen wird. Wenn man ein Ei so vor sieh
hinlegt, dafs der stuni)ife Pol nach links, der spitze nach rechts sieht,
80 zerlegt eine die beiden Eipole verbindende Linie die Keimscheibe
in eine dem Beobachter zugekehrte Hälfte, welche zum hinteren Ende
des Embryo wird, nnd in eine vordere, nun Kopfende sich ent-
wickelnde Hälfte. Schon während des Furchungsprozesses zeigen
beide Hälften unterscheidende Merkmale. Denn vorn verläuft die
Furchung an der Keimscheibe etwas langsamer als hinten. Dort findet
man daher gröfsere, hier kleinere und zahlreichere Embryonalzellen.
Aus derartigen Wahrnehmungen und an sie geknüpften Betracht
tungen ist die Auffassung ents])rungen, dafs „es auf dem Wege rück-
läutiger Verfolgung gelingen müsse, am befruchteten oder seihst am
unbefmchteten Ei, also in einer Periode maogelnder, morphologischer
Gliederung, den Ort für die Anlage eines jeden Organs räumlieh zu
bestimmen", dafs es organbildeude Keimbezirke gehen mt^sse.
Es läfst sich indessen leicht zeigen, dafs die Erscheinungen,
welche zum Prinzip der organbildenden Keimbezirke die Veranlassung
gegeben haben, sich in anderer Weise erklären lassen.
Wie sehon auf S. Ti ii. dargelegt wurde, setzt sich die reife
Eizelle, besonders wenn sie eine beträchtliche Gröfse erreicht, aus
verschiedenartigen Substanzen von ungleichem spezifischen Gewicht
und von sehr verschiedenem Wert für die Lebensprozesse, aus Proto-
plasma und aus Dottereinschlüssen, zusammen. Srlinn während ihres
Wachstums im Eierstock, hauptsächlich aber während der letzten
Stadien der Reife und der Befruchtung werden die verschiedenen
Substanzen ihrer Schwere nach im Eiraume ungleich verteilt Die
Eizellen erhalten dadurch eine für die einzelnen Tierklassen eigen-
tümliche Organisation, die mau als polare Diflereuzierung bezeichnet
hat. Da infolgedessen ihr Schwerpunkt exzentrisch zu liegen kommt,
müssen die Eier, sofern nicht andere Momente der Schwerkraft eot»
gegeuwirken, eine feste Ruhelage im Räume einzunehmen suchen,
derart, dafs sie ihre aus leichterer Substanz bestehende Fläche (die
animale Polseite) nach oben, die entgegengesetzte, schwerere (vege-
tative) Flache nach unten richten.
Aufser dieser polaren Differenziening bildet sich bei manchen
Eizellen zugleich noch eine bilateral-symmetrische Organisation aus,
indem die Substanzen von ungleicher Schwere und verschiedenem
physiologischen Wert sich zu beiden Seiten einer Symmetrieebene
gleichmfU'sig verteilen. Da die Symmetrieebene sich stets der Schwere
nach senkrecht einstellen wird, kommt ihr auch noch die Bedeutung
einer Gleicbgewichtsebene zu. Alles das sind Eigenschaften, wie sie
ebensogut an jeder anderen Zelle, die sich mit NAhrmaterialien reich
versorgt, eintreten können.
Die in der Form des Eies und in der Differenzierung
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Entwicklaagspliysiolofitche Theorien and Expevimente. 53
seines Inhalti) j^egebenen V'e rh äl t u is se Ubeu nun auf
eine ganze Reihe von Entwicklungsprozessen, am meistea
aber auf die ersten SfaditMi. einen scnr eingreifenden, ge-
wiss er ma fsen ric Ilten den Einfluls aus.
Krstens bestimmen sie die mit einem hohen Grad von Gesetz-
miilsi^'keit auftretenden Richtungen der ersten Teilebenen der Eiselle.
So Itildet sich z. B. in einem ovalen Ei die erste Ti ilebene nach
Kegeln, die auf S. entwickelt wurden, fast ausnahmslos senkrecht
und rechtwinklig zur Liingsachse aus und entspricht so einer Quer-
ebene des spfttoren embryonalen Körpers; die zweite Teilebene aber,
weicht' die erste wieder reehwiiiklig schneiden innfs, filllt mit der
Medianeheiie annähernd zusammen. Bei einer kugelij?en. aber
bilateral - symmetrisch organisierten Eizelle wird bei der Teilung die
Kemspindel gewöhnlieh so eingestellt, dafö die erste Teilebene mit
der Symmetrieebene zusamnienfilllt.
In ähnlicher Weise ist zweitens die Form der Eizelle und
die verschiedenartige Differenzierung ihres Inhaltes
auch bestimmend fOr besondere Merkmale späterer Embryonalstadien:
der Keiinblase rfr. Denn während des Furchungsprozesses sind die
einzigen StolTteilchen, welche eine Zunahme und zugleich eine Ver-
lagerung im Kiraum erfahren, die Kernsubstanzen. Sie ändern die
Lage, well nach jeder Teilung die Toehterkeme in entgegengesetzter
Richtung auseiiinnderrttcken, als ob sie sich wie die gleichnaniip:en
Pole zweier "Magnete gegenseitig abstielsen. Hiervon abgesehen, wird
durch die Zerlegung der grol'sen Eizelle in immer kleiner werdende
Tocbterzellen die von vornherein gegebene r¨iche Verteilung der
Stoffteile von verschiedener Schwere und von verschiedenem Wert im
ganzen wenig geändert I^nher sind die nach unten gelaf^erten Zellen
auch auf späteren Eutwickiungsstadien reicher an Dottermaterial,
die nach oben gelegenen dagegen reicher an Protoplasma. Damit
hangt gleichzeitig noch ein linterschied in ihrer Gröfse zusammen, da
protoplasmareiche Zellen sich rascher teilen als protoplasmaärmere;
infolgedessen mttssen sich verschiedene Bezirke ungleich grol'ser und
mit verschiedener Geschwindigkeit sich vennehrender Zellen ausbilden.
Wenn nun durch die ersten Entwicklungsprozesse weder die
Form des Eies nocli nuh durch die Zerlegung in immer zahlreichere
Zellen die ursprUugiicii gegebene, ungleiche Verteilung ihrer ver-
schiedenen Substanzen verftndert wird, so mu(^ das ungefurchte Ri
und die aus ihr hervorgehende Keimblase in beiden Beziehungen
Übereinstimmungen aufweisen. Ein ovales Ei liefert eine ovale Kcim-
blase, ein kugelig polar differenziertes und eventuell bilateral-synmte-
trisches Ei seht in eine Keimblase mit denselben Eigenschaften aber.
Un gefurchtes Ei undKeirablase müssen daher annähernd
auch dieselbe Symmetrie- und Gleichgewichtsebene
besitzen, da es für dieses Verhältnis gleichgQltig ist, ob die durch
ihre Schwere unterschiedenen Substanzen den Raum einer einzigen
grofsen Zelle erfüllen oder auf den Inhalt vieler Zellen verteilt sind.
Die Form der Keimblase und die ihr vom Ei überkommene, ungleiche
Massen Verteilung ihrer Substanzen muls naturgemäfs auch wieder
auf die nftchstanschlieftenden Entwicklungsstadien von Einflufb sein,
so dafs es nicht wundernehmen kann, wenn auch diese sich in
ein^ ni gewissen Grade gemäfs der ersten Organisation der Eizelle im
Eiraum orientiert zeigen.
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54
Vieziet Kapitel.
In diesem Sinne läfst sich das eben befruchtete £i ge-
wissermarBen als eine Form bezeiehneiL, weleher sieh der
■wer de 11 de Embryo, liesonders auf den Anfangsstadien
der Entwicklung, in vielfacher Beziehung n ti ]i a s s e n
UiuTs. Hierdurch erklären sich aui die cmfacliste und naturgemärseste
Wcdse die ErseheinuDgen, welche zu der Aufstellung des Prinzips der
organhildenden Keiniliezirke die Veranlassung gegeben ha1)en. Sie
lassen sich somit nicht mehr als Beweis für die Anschauung ver-
werten, dafs schon im ungeteilten £i die Organisation des Embryo
in „organbildenden Keimbesirken* angelegt m. Übrigens Iftfot sich
die Richtigkeit dieses Standpunktes nodi auf manchen anderen Wegen
erweisen. Man kann mit fein zugeschärfter Nadel die befruchtete
Eizelle mancher Tiere anstechen, so dafs ein Teil ihres Inhaltes aus-
lauft; man kann bei grorsen Eiern (Frosch, Axolotl) auch den Inhalt
(lurcheinanderrfiliren ; es entwickelt sicli doch in vielen Fällen ein
normaler Embryo; was nicht mc^giich wäre, wenn das Ei in organ*
bildende Bezirke ditierenziert würe.
Aus alledem ergibt sieh die Gültigkeit des Lehrsatzes: Des un-
entwickelte Ei hat keine andere Organisation als die
einer Zelle; es ist von der Organisation des aus ihm
entstehenden vielzelligen Tierkörpers ebenso verschie-
den, wie jede andere Zelle des fertigen Tieres. Zellen»
Organisation und Organisation des vielzelligen Tieres
sind keine vergleichbaren Bildungen.
Während das „Prinzip der orcanbildenden Keimbezirke" die An-
lagen in dem Frotoplasmakörper der i*^izelle räumlich verteilt, geht
die Mosaik- und Keimplasmatheorie von der auf S. 48 erörterten
Annahme aus, dafs die Kerne der Ei- und Samenzelle die Träger der
Anlagesuhstanz seien, und dafs diese im Laufe des Entwicklungs-
prozesses qualitativ ungleich auf die späteren Zellen verteilt
werde und bierdureh ibreVerscbiedenheiten hervorrufe. DieAuseinander-
legung des Idioplasma in ungleicbwertige Anlagekomplexe soll schon
mit den ersten Teilungen der Eizelle ihren Anfang nehmen, Dem-
gemäfs wird die Übereinstimmung, welche die drei ersten Furchungs-
ebenen mancher Eier und die drei Hauptebenen des Körpers der
bilateral - symmetrischen Tiere in ihrer Richtung mehr oder minder
zeigen, dahin interpr»>titTt. dafs durch die ersten Kernteilungen sowohl
die verschiedenen liiUiuugsmaterialien, als auch die diflerenzierendeu
und gestaltenden Krftfte für die einzelnen KOrperregionen vonein-
ander gesondert worden seien. Wenn man nach der ersten oder
zweiten Teilung eine Zelle zerstört, so können nach der Mosaik-
theorie die tLbrig bleibenden sich nur zu einem bestimmten ^tUck
des Embryo entwickeln, da sie nur mit Stoff und Kraft zur Er-
zeugung eines Teilstttcks infolge qualitativ ungleicher Kern-
teilung ausgestattet und so von vornherein nur für eine ganz be-
stimmte Aufgabe im Entwicklungsplan spezifiziert sind. Bei Zerstörung
einer der beiden ersten Furchunp kugeln mufe aus dem Oberlebenden
Rest eine linke oder rechte Körperh&lfte (Hemiembryo lateralis),
bei Zerstönm? der zwei vorderen oder der zwei hinteren Teilstücke
des Vierzelleusladiums mufs sich eine Schwanzhälfte oder eine Kopf-
b) Die Mosaiictheorie.
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Entvicklungaphysiolc^tebe Theorien und Experimente.
55
hftlfte entwickeln (Hemienibryo posterior und anterior) etc. So
wird denn der Entwicklungsprozeis der einzelnen Regionen und Organe
drs Körpers, 'vie der Name der Theorie besagt, zu oiner Mosaik-
arbeit, da jede Furchungszelle sich unabhängig von der anderen ver-
möge besonderer, nur ihr zukommender Eigenschaften und KrAfte zu
dem, was sie wird, entwickelt.
HitM-'jMLM'Ti Va\H sich schon von rein theoretischen Gesichtspunkten
aus cm schwerwic^^ender Einwand erheben. Teilung einer Zelle
ist Fortpflanzung eines Organismus. Auf dem Wege
der Fortpflanzung aber werden, wie das ganze Orga-
nismenreich lehrt, liieEifrensc haften der Art von einer
Generation auf die andere mit groiser Zähigkeit über-
liefert. Eine heterogene Zeugung, wie man einmal glaubte, d. h.
eine Zeugung, bei welcher eine Art unvermittelt plotzlieh eine von
ihr ganz verschiedene Art hervnrln jitjt. kommt in der ganzen Natur
nicht vor. Also kann he» der Teilung einer Zelle ihre
Anlagesubstanz und, wenn diese im Kern enthalten ist,
die Kernsubstanz nur erbgleich geteilt werden. Eine
( ilnnitileiche Teilung, wie sie von der Mosaik- und Keimplasma-
thecine angenommen wird, ist eine den Tatsachen der Zeugung zu-
widerlaufende Annahme.
Die Mosaiktbeorie wird al>er auch noch direkt durch zwei Reihen
von Experimenten widerlegt. Einmal kann man durch äufscre Ein-
frifTe, durch Kompression des Kies in versrhiedenen Riclitungen seine
orm und hierdurcli auch den Furchuiigsprozels derart al)Ändern,
dafs die Teilebenen ganz andere Richtungen als beim normalen Ent-
wicklungsverlauf einschlagen. Infolgedessen werden auch bei jeder
Teilung die neu entstandenen Tochterkeme mit uaiiz verschiedenen
liaumteileii von Dottersubstanz in Verbindung ^eiaacht. Trotzdem
entstehen auch aus solchen Eiern normale Embiyonen mit regelrecht
gelagerten Organen, was nicht möglich sein würde, wenn die Mosaik-
theorie recht hftttp. dafs durch den Furrhungsjirozefs die einzelnen
Embryoualzelleu mit qualitativ verseliiedeneu Kernsubstinzen inluigo
erbnngleicher Teilung ausgerastet und dadurch zu bestimmten Aiä-
gabeii ?(']ion im voraus bestimmt oder spezifiziert wtlnlen. Denn aus
einem „ilureheinander gewürfelten Material von Kernen" müfsteu nach
jener Theorie die absonderlichsten Mifsbildungen hervorgehen.
Noch Überzeugender sind die Ergebnisse einer zweiten Reihe von
Experimenten. Durch ver^(■llie(lene Eingriffe sind die ersten Teil-
stücke Kiern geei!.:net( r Tierartui : tichinodernien. Ascidien, Me-
dusen. Aiii^iiioxus, Amphibien) entweder j^anz oder wenigstens teil-
weise voneinander getrennt und nach der Trennung für sich weiter
gezüchtet worden. T'nd siehe da, jedes TeilstOck entwickelt sieh in
derselben "Weise weiter . wie das ganze Ei sich entwickelt haben
würde: nach Ablauf des Furchungsprozesses entsteht eine normale
Keimblase, aus dieser eine Gastnila, und aus dieser gehen wieder die
folgenden Kmbryonalformen hervor, die, abgesehen von ihrer ge-
ringeren Gröfse, vollkommen den einzelnen Entwicklungsstadien des
ganzen Eies gleichen. So zeigt uns Fig. 41 vier nur durch ihre
GrOfse unterschiedene Gastrulae von Amphioxus. Von ihnen hat Ä
aus einem ganzen Ei, B aus einer durcli Schütteln getrennten Hälfte
des Zweizellenstadinm*^. C aus einem Viertelstück und D souar aus
einem AcbtelstQck das ganzen Eies seinen Ursprung genommen.
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5G Viertes Kapitel. EntwicklungsphysioL Theorien und Experimeote.
Zuweilen kommt es auch vor, dafs durch den Eingriflf die Teil-
stücke nicht vollkommen voneiuauder isoliert werden. Aus solchen
Eiern entstehen dann Doppel- und Mehrfachmilsbüdungen, d. h. zwei
oder drei Embryonen« welche
an dieser oder jener Stelle
ihrer Körper bald in gröfserer,
bald in geringerer Ausdehnung
wie die bekannten siameBischeD
Zwillinge zusammenhängen.
Aus alledem geht hervor,
dafs weder „die Theorie der
organbildenden Keimbezirice*
noch die Mosaik- und Keim-
plasmatheorie sich aufrecht
erhalten lassen, die letzteren
nicht, weil durch die suecessiT
sich folgenden erbgleichen
Teilungen der hefnichteten Eizelle alle Embryonalzellen die Erbmasse
oder die Anlage zum Ganzen überliefert erhalten. Jede Embryonal-
zelle kann 8i<ä unter geeigneten Bedingungen, wenn nicht andere
Verhaltnisse hindernd im Wege stehen , wieder zu einem zusammen-
gesetzten Organismus ihrer Art entwickeln.
Hier setzt mit ihrer Erklärung
o) die Xbeoiie der Biogeneais
ein. Ob sieh eine Embryonalzelle nur zu einem Teil
eines Embryo oder für sich allein zu einem ganzen
Embryo oder zu einem Stt)ck einer Meh rfachbil duiip:
entwickelt, hängt von gewissen äulseren Bedingungen,
n&mlich davon ab, ob sie sieh unter dem Einflul^ von
anderen Embryonalzellen befindet, mit denen sie zu
einem zusammengesetzten Ganzen, einem Aggregat,
vereint ist, oder ob sie sich, vom Ganzen abgelöst, far
sich allein entwickelt.
Wer sich für diese schwierigen und fundamentalen Fragen tiefer
interessiert, findet sie im zweiten Burh meiner allpemeinen Anatomie
und Physiologie der Zelle und der Gewebe ausführlicher dargestellt
und kritisch erörtert
Fig. 41. Normftle und TstlgmstrulM
Ton Amphloxus. Nach Wilson-.
A Au- dem ganzen Ei; B aus eiuer ein-
zigen, künstlii'}) isolierten Zelle des zwei-
geteilten, C des viergeteiitei) , D des acht-
geteilten Eies gecfichtete Oaetnila.
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Füiiiteb Kapitel.
IHe Lehre von den Keimblättern.
Im dritten Kapitel wurde der Verlauf des Teiluugsprozesaes des
Eies bis zur Entstehung der Keimblase verfolgt. Die Embryonal-
zellen, die auf den Anfungsstadieu der Teilung meist locker neben-
einanderliegen , haben sich mit ihren OberHächeu fester und inniger
zusammengefügt und so ein Epithel gebildet, wenn wir uns der
Einteilung der Gewebe in der Histologie bedienen wollen. In der
Entwicklungslehre nennt man die im Anschlufs an den
Furchungsprozefs entstehende Epithelmembran ein
Keimblatt und fafst das Studium der Veränderungen, die sich an
ihm in der nächsten Periode abspielen nnd den Gegenstand unseres
fünften Kapitels ausmacheni unter dem Namen der wichtigen »Keim-
blätter lehre" zusammen.
£in neues Prinzip tritt von jetzt in der Entwicklung formbildend
in Wirksamkeit« das Prinzip des ungleichen Wachstums« wie wir es
mit W. His kurzweg bezeichnen wollen. Während in der abgelaufenen
Periode die in raschem Rhythmus sich wiederholende, mehr oder
minder gleichmäfsige Vermehrung der Embryonalzelien der
henrortretende Charakterzug war, bilden sieh jetzt nach ihrem festeren
Zusammeoscblufs zu einer Epithelmembran oder zu einem Keimblatt
in diesem nach einem bestimmten Gesetz verteilte und in l)estimiiitor
Weise abgegrenzte Bezirke ungleichen Wachstums aus und weiden
die Ursache, daft in dem bis j/^ast, mehr gleichförmigen Zellenmaterial
gröfsere und kleinere Zellenkompleze voneinander deutlicher unter-
scheidbar werden, eine besondere, ihnen eigenttimliche Form nnd
Lage erhalten und die Anlage besonderer Organe darstellen. Fassen
wir daher das wichtige Prinzip des ungleichen Wachstums
gleich noch nfther in das Auge.
Wenn in einer Zellenmembran die einzelnen Elementarteile sich
gleichmäfsig zu teilen fortfahren, so wird entweder eine Ver-
dickung oder eine Gröflsenzunahme der Ifembran in der FIftche die
Folge davon sein. Das erstere ^tt ein, wenn die Teilungsebenen
(}pv Zollon .(er OberHilclie der Membran gleich gerirlit«»f sind, rln«
letztere, wenn sie vertikal zu ihr stehen. Bei der (irölsenzumihiae
in der FIftche werden die ursprünglich vorhandenen Zellen durch das
Einschieben neuer Tochterzellen gleichmärsig und allmählich ausein-
andergedrfingt , da sie ja weich und dehnbar und nur durch eine
weiche Kittsubstanz verbunden sind. Nehmen wir nun an, dals ein
solches Wadistnm bei der Keimblase während ihrer weiteren Ent-
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58
Ffknftes KapiteL
wieklilog allein stattfinde, so könnte nichts anderes aus ihr entstehen,
als eine nur immer gröfser und (liVlcor wfM flende Hohlkugel von Zellen.
Anders gestaltet sich die Wirkung eiues ungleichen Flächen-
wachBtnms« Wenn in der Mitte einer Membran eine Zellengruppe
allein sich zu wiederholten Malen in kurzer Zeit durch vertikale
Ebenen teilt, so wird sie plötzlich eine viel gröfsoro oiioiHiklie fttr
sich in Anspruch nehmen müssen und wird iiilolgedessen einen
energischen wachstamsdruek anf (Ke Zellen der Umgelning ausüben
und sie auseinanderzudrAngeu versuchen. In diesem Falle aber wird
ein Auseinanderweichen der benachbarten Zellen, wie beim langsamen
und gleichmärsig verteilten, interstitiellen Wachstum, nicht möglich
sein; denn es wird die sich passiv verhaltende Umgehung gleichsam
einen festen Rahmen , wie His sicli ausgedrückt hat , um den sich
(IrhTiendt'u Teil bilden, der infolge beschleunigten Wachstums eine
groisere Obertläcbe für sich beansprucht. Er mufs sicli mithin in
anderer Weise Platz schaffen und seine Oberfläche dadurch vergröfsem,
dafs er aus dem Niveau des passiven Teils nach der einen oder
anderen PJ-^htuu^^ heraustritt und eine Falte hervorruft. I.(>t/tPre
wird bicii noch weiter vergrursurii und über das ursprüngliche isiveau
weiter erheben, wenn die lebhafteren Zellteilungsprozesse in ihr an-
dauern. So ist jetzt durch ungleiches Wachstum aus der ursprünglich
L'lriciiartigen ZelU inntMiihran ein neuer, fttr sich untersdieidbarer
Xeil oder ein hesoiuleres Organ entstanden.
An dem die Keiniblasenwand bildenden Keimblatt, sowie an allen
späteren, von ihm sich ableitenden Epithelmembranen sind zwei ver»
schiedene Fl&chen zu unterscheiden, eine inn ro. der Keimhöhle zu-
gekehrte Oberriäche oder die Basis
« * dcsEpithels und eine nach aufsea
gerichtete, freie ( ) b e r f 1 a c h e. Na-
türlich können die durch beschleunigtes
Wachstum in Wucherung geratenen
Zellgruppen sich entweder in dieser
oder in jener Richtung Platz schaffen.
Fir Bchema dMrBQdnng Treten sie an der Basalseite des
des HörbiäsehenB. Epithels aus dem Niveau der übrigen
. "^"^l^fJ^'TA Hörbläscheii, heraus, so bezeichnet man den Yor-
ist und mitdemftuftetMiKrfaiblatt K^''^-' der Entwicklungsgeschichte
iiorli (Im ch i liuMi soliden Epithel- als eine E i ti s t ü 1 p n n u oder In-
Btiel z«sanimenliängt. v a g i n a t i o n ; ^esciiieiii das Wachs-
tum dagegen Uber die freie Oberfläche
hinaus, so haben wir es mit einer Ausstülpung zu tun. Die Ein-
und Ausstül]»iiTipen l<r)nrien die verschiedensten Formen und Dimen-
sionen annehmen und eine Fülle vf)n Gestalten erzeugen, zumal an
jedem hervorwachsenden , besonderen Teil infolge ungleichen Wachs-
tums immer wieder neue Strecken, die lebhafter als ihre Umgebung
wuchern, entstehen können.
Durch Kinstülpung bilden sich im Laufe der Entwicklun«! aus
den Keimhlftttern Siicke (Fig. 42) oder, wenn das Wachstum in der
Längsrichtung immer weiter vor sich geht, Schläuche, Röhren und
Kanüle (Fig. 4:S). Indem letztere wiedrr ])al(l liier, bald da seitliche
Röhren treiben, können sfhliefslich auf das reichste baumfrinni^ ver-
zweigte Kanalsysteme zustande kommen. Wenn ferner die Einstülpung
an der Epithelmembran Iftngs einer Linie auftritt, sehen wir eine
Rinne sich bilden. ^
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Die Lehre von den Keimblättern.
59
Nicht minder wichtig für die tierische Fonnenbildung sind die
von der freien Fhlche aus erfolgenden Ausstülpungsprozesse, die
ebenfalls sehr mannigfacher Art werden können (Fig. 44). Bei
"Wucherung eines kleinen, kreisförmigen Bezirks einer Zellenmembran
entstehen zapfenförmige Erhebungen, verschieden gestaltete Papillen
oder Zotten ; und wie Röhren zu einem verzweigten Röhrensystem
werden, so können auch wieder die Zotten, indem lokale Wuche-
rungen an ihnen das Hervorsprossen von Seitenästen zweiter, dritter
und vierter Ordnung veranlassen, sich in die kompliziertesten Zotten-
Fig. 4Ü. Fig. 44.
Fig. 48. Schema der Drüsenbildung.
1 Kinfacbe tuhulöse Druse, 2 verzweigte tubulöse DrQse, 3 verzweigte tubu-
löse Drüse mit netzförmigen Verbindungen; 4 u. 5 einfache alveoläre Drüse,
a Ausführgang, db Drüsenbläschen ; 0 verzweigte alveoläre Drüse.
Fig. 44. Bohema der Papillen- und ZottenbUdung.
a Einfache Papille, b verästelte Papille oder Zottenbüschel, c einfache Papille,
deren Bindegewebsgi undstock in drei Spitzen ausläiifL
büschel umwandeln. Wenn die Ausstülpung längs einer Linie erfolgt,
bilden sich mit dem freien Rande nach aufsen gerichtete Kämme
oder Faltenblatter.
Fast alle embryonalen Vorgänge, mit denen wir uns auf den
folgenden Blättern bekannt zu machen haben, beruhen auf solchen,
in der verschiedensten Weise erfolgenden Aus- und Einstülpungen.
Dadurch erhält das embryonale Zellenmaterial auf kleinem Raum eine
sehr beträchtliche OberHächenentwicklung und eine Sonderung in zahl-
reiche Bezirke. Aus einfachen Keimblasen gehen so schlielslich die
kompliziertesten Formgebilde hervor, die zahllosen verschiedenen
Arten der wirbellosen Tiere und Wirbeltiere. Vom Standpunkt des
Enibryologen aus lassen sich dieselben definieren als Körper, auf-
gebaut aus Epithellamellen, die durch häutig wiederholte und nach
einem bestimmten Plan und in bestimmter Folge ausgeführte Ein-
und Ausstülpungen und Faltenbilduugen der verschiedensten Art eine
verwickelte äulsere Fläche und ein noch komjdizierteres inneres
Höhleusystem gewonnen haben.
Zu dem eben kurz erläuterten Hauptmittel tierischer Form-
bildung gesellen sich noch einige andere Hilfsmittel von mehr unter-
geordneter Bedeutung: 1) Verschmelzung und Trennung von Epithel-
60
Fünftes Kapitel.
lamellen und 2) Bildung eines Zwischengewebes oder Mesenchyms
zwischen den epithelialen Grenzblättern.
Verschmelzungs- und Trennungsprozesse greifen in die Entwick-
lung der verschiedensten Organe mit ein; dadurch werden rinnen-
förmige Einsenkungen zu Röhren, Grübchen und Schläuche werden
zu Bläschen und abgeschlossenen Säcken. Immer bietet sich dabei
dem Beobachter ein ähnlicher Hergang dar (Fig. 45— 48). Die Falten-
ränder (Fig. 45/), welche eine rinnenförmige Einstülpung (ii») be-
grenzen, wachsen einander so lange entgegen, bis sie sich längs einer
Linie treffen, sich fest aneinanderlegen und an der Berührungs-
stelle — der Nahtlinie, wie man sie genannt hat (Fig. 46«) —
untereinander verschmelzen. Jede Falte setzt sich aus zwei Blättern
zusammen, die am Faltenrand ineinander umbiegen, aus einem inneren
Blatt (Fig. 45 i). das die Wand der Rinne bildet, und aus einem
Fig. 47. Fig. 48.
Fig. 45 — 48, Vier Schemata, um die Umwandlung einer rinnenformi-
gen Anlage su einem Rohr, die dabei stattfindende Nahtblldang und
Abschnürung zu erläutern.
Bi lUnnc im Querschnitt, lio Rohr im (Querschnitt, a äufseres, i inneres Blatt
der Falte des äufseren K('imi)latte8, /" Firste der Falte, an welcher äufseres in
inneres Faltenblatt umbiegt, n Naht der linken mit der rechten Firste, • Rest
der Nahtstelle am äufseren Keimblatt.
äufseren Blatt (a), das auf die Körperoberfläche sich fortsetzt und
am Faltenrand in das erstere umbiegt. Längs der Nahtlinie (Fig. 40 n)
geht nun die Verwachsung der Faltenränder in der Weise vor sich,
dafs sich die gleichnamigen Blätter der linken und der rechten Seite —
also äufseres mit äufserem und inneres mit innerem Blatt — ver-
binden. So kommt ein breiter intermediärer Substanzstreifen («) zu-
stande, in dessen Länge das durch Verwachsung der Rinnenränder
entstandene Rohr noch fest mit der äufseren epithelialen Begrenzungs-
schicht des Körpers zusammenhängt. Im weiteren Verlauf findet
dann noch eine vollständige Trennung statt dadurch, dafs der anfangs
breite intermediäre Substanzstreifen (Fig. 47 ») schmäler wird und
schliefslich durchreifst (Fig. 48), wobei ein Teil von ihm sich dem
äufseren Blatt (*), der andere Teil der Wand des Rohres anschliefst.
So greifen bei der Nahtbilduug Verschmelzungs- und Trennungs-
prozesse fast gleichzeitig ineinander, ein Vorgang, der sich auch bei
anderen Einstülpungen vielfach wiederholt. Wenn z. B. ein Grübchen
Google
Die Lehn von den Keimbl&ttMik
61
(Fig. 42) {liuch Vorwachsen und Verschmelzen der EinstülpunL'srilnder
sich zu einem Bläschen schliefst, so bleibt dies an der Yerwaclisunffs-
stelle TorflbergeheDd mit dem ättfeeren Epithelblatt ebenfallB dundi
♦'ineti internicdiaren Substanzstreifen — einen Stiel — in Zusammen-
hang. Auch hier tritt dann im weiteren Verlauf eine Abtrennung oder,
wie der Terminus teebnicus gewöhnlich heifst, eine Abscbuttrung ein,
indem der Stiel des BlAsehens sich versehmälert und zuletzt durchrelTflt.
In dieser Weise werden zu verschiedenen Zeiten der Entwicklung aus
den epithelialen Grenzlamellen, wenn sich noch _ Ahschnttning* zur
Einstülpung hinzugesellt, allseitig geschlossene und in die Tiefe unter
die Oberfläche Tenenkte, röhrenförmige und blftsehenfftrmige Organe
gebildet, wie Nervenrohr, Ohrlabyrinth, Auge, Schilddrüse etc.
Der Verschmeizungsprozefs zwischen den Berührungspunkten
epithelialer Gebilde gestattet indessen noch mehrere weitere Varia«
tionen. Von EpithelrOhren, die in reichem Mafee baumförmig ver-
ästelt sind, können Seitenzweige, wo sie sich treffen, sich aneinander-
legen und an den Berührungspunkten ver-^clHiielzen, was bei manchen
Arten von zusammengesetzten tubuluseu ijrüi>eu geschieht (Fig. 43 s).
Indem an der VerlOtungsstelle die zentral gelegenen Zellen auz-
einanderweichen, treten die Röhrchen in offene Verbindung miteinander.
Aus einem baumförniig veräf^telten kann so allmdhlich ein netzförmiges
Köhrensystem hervorgehen (Fig. 43 b). Die Verwachsung kann endlich
noch in grftfserer Ausdehnung stattfinden, wenn die einander zöge-
wandten Flächen einer eingestülpten Membran sich mehr oder minder
vollständig fest aneinanderlegen und sich so verbinden, dafs sie eine
einzige Zellenmembran herstellen. Solches geschieht z. ß. beim Ver-
schluOi der embryonalen Kiemenspalten, bei der Bildung der drei
halbzirkelförmigen KnniUe des Gehörorgans oder bei der Verlötung
der sich berührenden FliUhen seröser Höhlen.
Ein weiterer, für die embryonale Gestaltung sehr wichtiger
Prozefs. welcher wegen seiner Eigenart von den Faltungen epitheHuer
Lamellen für sich als etwas Besonderes unterschieden weraen muft,
ist die Bildung eines Zwischengewebes oder Mesenchyms.
Mesenchym entsteht dadurch, dals von der Basaltiäche der Epithel-
lamellen in die zwischen ihnen gelegenen Räume und Spalten, welche
von der KeimblasenhOhle abstammen, eine sehr wasserreiche, gallertige
Griindsubstanz abgeschieden wird, und dals dann aus bestimmten
Bezirken der Keimblätter einzelne Zellen einwandern, welche aus
dem epithelialen Verbände sich frei und selbetäodig machen. Bei
den einzelnen Tierstämmen wird das Mesenchym zu sehr verschiedenem
Zeiten der embryonalen Entwicklung gebildet, bei den Echinodermen
z. B. schon auf dem Keimblasenstadium (Fig. 49 A). Es wird bei
ihnen zuerst in den Hohlraum der Keimblase (A) eine homogene,
weiche Substanz, der Gallertkem von den Epithelzellen aus-
geschieden. In ihn wandern dann aus einem kleinen Bezirk des
Epithels mehrere Zellen (Fig. 49 Bm) ein , indem sie ihren epithe-
lialen Charakter Torlieren und nach Art von Lymphkörperchen Fort-
sätze ausstrecken. Sie verbreiten sich bald als Wanderzellen überall
in f]rv Gallerte. Bei den Wirbeltieren geschieht die Mesenciiym-
biliiung erst auf späteren Stadien, wenn schon die Zahl der Keim-
bl&tter sich durch Faltenbildung auf zwei und vier erhöht hat.
Da wir unter einem Keimblatt nach unserer oben gegebenen
Definition eine Lage von epithelial angeordneten, eine Obertlache be-
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02
Fünftes Kapitel.
gienzenden Embiyonalzellen verstehen, mufs das in histologischer
Hinsicht so grundverschiedene Gallertgewebe von den Keimblättern
als etwas Besonderes unterschieden werden.
f Einmal gebildet, wächst das Mesenchym als selbständiges Gewebe
weiter, indem die auf einem bestimmten Entwicklungsstadium zuerst
in die Gallerte eingewanderten Zellen, die man auch die Mesen-
chym keime nennen kann, sich durch Teilung ununterbrochen ver-
vielfÄltigen. Bei seinem Wachstum dringt es in alle Ltlcken hinein,
welche entstehen, wenn die beiden Grenzblätter durch Faltenbildung
und Ausstülpung die kompliziertesten Formen annehmen; es gibt
überall eine Unterlage und Stütze für die aufliegenden Epithelzellen
Fig. 49. Zwei Entwicklungsstadien von Holothuria tubuloaa, im
optischen Querschnitt. (Narh Sklbmka.)
A Keimhlasc am Ende der Furchung. B Gastrulastadium.
mr Mikropyle, (I Chorion, s.c P'urchungshohle, in welche frühzeitig Gallerte
als Gallertkern abgeschieden wird, hl Keimblatt (Hlastoderm); rp äufseres, hy inneres
Keimblatt, ms vom inneren Keimblatt abstammende, amöboide Zellen, ae Urdarm.
ab. Hierbei können einzelne Mesenchymzellen auch ihren ursprüng-
lichen histologischen Charakter als einfache Ernährungszellen der
Zwischensubstanz verändern. Indem sie hier und da auf ihrer Olier-
fläche kontraktile Substanz abscheiden, werden sie, wie bei manchen
Tierstämmen gut zu beobachten ist, zu glatten Muskelzellen.
In unserer allgemeinen Übersicht über die jetzt folgenden Stadien
der Entwicklung ist neben dem Prinzip des ungleichen Wachstums
als ein zweites Eutwicklungspriuzip von fundamentaler Bedeutung
noch die physiologische Arbeitsteilung und die mit ihr zu-
sammenhängende histologische Di ff e r e n z i e r u n g zu besprechen.
In demselben Mafse, als die immer zahlreicher werdenden Embryonal-
zellen räumlich in einzelne Gruppen und Bezirke verteilt werden,
nehmen sie allmählich auch ein verschiedenes Aussehen an; sie gehen,
wie man sich ausdrückt, eine histologische Differenzierung ein; dort
werden sie zu Drüsenzellen, hier zu Muskclzelleu unigewandelt, andere
differenzieren sich zu Nerven- und Sinneszellen, andere zu Geschlechts-
zellen etc.; die in gleicher Art differenzierten Zellen liegen meist
gruppenweise zusammen und stellen ein besonderes Gewebe dar.
In der histologischen Differenzierung, die sich während der Ent-
wicklung allmählich vollzieht, findet eine im Aggregat der ursprünglich
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Die Lelm von den Keimblittem.
63
gleichen Embryonalzellen eintretende pb>siologiäclie Arbeitsteilung
einen für xaa sichtbaren Ausdruck. Um dies zu verstehen , mOssen
mr im Auge behalten, dafs sich das Leben aller organischen Körper
in einer Summe verschiedener Verrichtungen oder Funktionen Hufsert.
Die Organismen nehmen Stoffe von aufsen in sich auf, wobei sie das
Brauchbare ihrem Körper einverleiben und das Unbrauchbare ent-
fernen (Funktion der Ernfthrung und des StotTweebsels); sie kötmen
die Form ihres Körpers durcli Zu*^;MniMon/iptmTi'j und Ausdehnung
verändern (Funktion der Bewegung) ; sie sind in der Lage, auf Äufsere
Reize zu reagieren (Funktion der Erregbarkeit); sie l^sitzeu endlich
die l iiliigkeit, neue Ciebilde ihresgleichen zu erzeugen (Fonktion
der Fortpflanzung). i ilon Tiicflrrs!teii vielzeniirrn Organismen ver-
richten noch alle einzelnen Teiie lu gleicher Weise die aufgeführten«
fflr das organische Leben notwendigen Funktionen; je höher ausgebildet
aber ein Organismus wird, um so mehr seheo wir, dafs seine eiuEelnen
Zellen sich in die Aufgaben des Lebens teilen, dafs einige vorzup:8-
weise da.s Geschäft der Ernährung, andere der iJewegung, andere der
Reizbarkeit und wieder andere das Geschäft der Fortpflanzung über-
nehmen, und dafs mit dieser Arbeitsteilung zugleich ein höherer
Grad der VoUkommenlieit. mit welcher die einzelnen Funktidn^n nus-
geftthrt werden, verbunden ist. Zur Verrichtung einer besünderen
Arbeitsleistung bildet sich jede Zelle, gleichsam wie ein selbsttätiger
Werkmeister, auch ihre twaoodereB Arbeitsinstrumente aus, Inter«
cellularsu])Stanzcn, W(f e^ /n stützen und Ot träne miteinander zu ver-
binden gilt, kontraktile !• ibrillen zu energischer Bewegung, Leitungs-
bahnen zur Reizfortpflanzung etc. So werden die Embryonalzellen
zu den mannigfachen Arten von Gewebszellen.
Das weitere Studium der Entwicklungsgeschichte umfafst also,
wie die einleiteuden Betrachtungen gelehrt haben, zwei Seiten: die
eine Seite ist das Studium der Formbildung, die zweite
das Studium der histologischen Differenzierung. Bei
den höheren Organismen vollzieht sich die Formbildung
hauptsächlich in den Anfangsstadien, die histologische
Differenzierung in den Eudstadien der Entwicklung.
Da die Lehre von den Keimblätteni eines der schwierigsten
Kapitel der Entwicklungslehre und zur Zeit noch reich an wider-
«pieehenden Beobachtungen und Deutungen ist, so mufs hier be-
sonders daran erinnert werden, dafs in den „Elementen" es nur darauf
ankommen kann, die Punkte, in denen unserer Ansicht nach das Wesen
der Keimblattbildung bei den Wirbeltieren beruht, in das rechte Licht
zu setzen.
Zur besseren Orientierung über die wt itf reu Geschehnisse sei gleich
vorausgeschickt, dafs der Prozefs der Keiiiihlattbildunp: sich in zwei
I'basen zerlegen lüist. lu der ersten Phase yeht aus der Keimblase
«ine sehr charakteristische Embryonalform hervor, die Gnstrula oder
Darmlarve, deren Leibeswand aus zwei Keimhlf^ttern nnfgebaut ist.
Ilire Kntstehung wird ;ils G as t r u 1 a t i nn liezei(dinet. Noch ehe
diese ganz zu Ende gelahrt ist, begiuut schou die zweite Phase, in
manchen Fällen früher, in anderen später einzutreten; zwischen die
beiden ersten Keimblätter schieben sieh noch zwei weitere, die sngp-
oannteu mittleren hinein« In der ersten Phase wird also der Keim
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64
Fflaftea KapiteL
zwei-, in der nächsten dann v i e r blätterig. Die Art und Weise,
vie sich beide Prozesse abspielen, zeigt in den einzelnen Wirbeltier-
klassen je nach der ersten Organisation des Eies, von welcher ja
wieder die iicsoiKlere Art des Furchungsprozesses und die besondere
Bescliaffeuheit der Keimblase bedingt wird, gleichfalls sehr tief-
greifende Modifikationen. Wir beginnen mit den einfacheren Ver-
bältoisBen, die beim Aniphioxus uud bei den Amphibien beobachtet
werden, und gehen dann zu den schwerer zu verstehenden Befunden
Über, welche Fische, Reptilien, Vögel und Säugetiere darbieten.
1. Die Keiniblattbilduug beim Aniphioxus.
Wie schon früher gezeigt wurde, wird beim Amphioxus die Keim-
blase Ton CylinderzeUen begrenzt, die zu einem einsehicbtigen Epithel
fest Zusammensehl iefsen (Fig. 50). An einer Stelle, welche als vege-
tativer Pol ( VF) bezeichnet werden kann, sind die Zellen {^ä) etwas
AP
VF
Fig. 80. Fig. 51.
Fig. 50. Keimblase des Amphioxna lanoeolatus. Nach }lAT»cBn.
KeimblaseiUiöhle, <u «nimala, er Tegetative Zelleo. AJ* aninuder, FP vege-
tativer Pol.
Vlff. •''>I. Qaatrula des Amphioxus lanceolatus. Nach IIatschick.
ak uufseres Keimblatt, ik inneres Keimblatt, u Lrmund, uil Lrdarm.
gröfser und durch eingelagerte Dotterkömehen trüber. An dieser
Stelle nimmt der Prozefs der Gastrulabildung seinen Anfang. Die
vegetative FlAche beginnt sich zunächst abzudachen und nach der
Mitte der Kugel einzubuchten. Dann wird die Grube tiefer und tiefer,
wiUirend die KeimblasenhOhle in demselben Mafse sich verkleinert.
Schliel'slieh legt sich der einpesttllpte Teil (Fig. 51 >k) unter voU-
stilndi^er Verdrängung der Biuuenhuhle an die Innentiäche des ent-
gegengesetzten, nicht eingestülpten Teiles ak der Keimblase an. Ala
Fuilresultat ist aus der Kugel mit einfacher Wand ein becherförmiger
Keim mit doppelten Wandungen, die Gastrula, entstanden.
Die neu gebildete Höhle, welche sich von der Einsttllpung her-
leitet und nicht mit der KeimblasenhOhle, welche durch sie verdrängt
worden ist. verwechselt werden darf, ist der Urd arm («</), ihre
ÖlTuuug nach aufsen der Urmund (§»). Urdarm und Urmund sind
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Die Lehre toh den Keimblftttcni.
05
nicht dem Darmrohr und dem Munde des ausj^ewachsenen Tieres
gleichwertig. Zwar liefert der erstere die Grundlage zum Darmrohr,
l&fBt aber aufser ihm noch eine Anzahl anderer Organe, wie (iie spiltcTO
P.rust- uihI I.eibeshöhle . aus sich hervorgeheu. Üie zukUiiftiuic Be-
stimmung des Hohlraumes wird daher besser durch die liezeii linuiüx
„Darmleibeshöhle oder Coelenteron" ausgedrückt. Der l' r-
mund endlich ist bei den Wirbeltieren nur eiu vergängliches Ge-
bilde; er schliefst sich s|iilti'r und versehwindet mit Ausnahme eines
Restes, der zum After wird, wähi-end der bleibende oder sekun-
däre Mund ganz neu gebildet wird.
Die beiden Zellenschichten des Bechers, welche am Rande des
Urmundes ineinander umbiegen, lieifsen die beiden i)ri mären
Keimblätter und werden nach ihrer Lage als das äufsere {(ik) und
&ls das innere {ik) unterschieden. Während bei der Kuimblasö die
einzelnen Zellen voneinander noch wenig verschieden sind, beginnt
mit dem Prozefs der Gastrulabildnng sich eine Arheitsteilinif,' zwischen
den beiden Keimblättern geltend zu macheu, was bei den liei herum-
schwimmenden Larven wirbelloser Tiere zu erkennen ist. Das
Äufsere Keimblatt (rtA) (auch Ektoblast oder Ek toderm
genannt) dient als Körperbedeckung, ist zufileiih Orpan der Empfin-
dung und vermittelt in «lern Falle, wo sich Flimmern auf den Zellen
entwickeln, wie beim Amphioxus, die Fortbewegung. Das innere
Keimblatt {ik) (Entoblast o lc r Entodetn)) kleidet die Darmleibes-
höhle aus und besorgt die Nahrungsaufnahme. Beide Zellschichten
stehen somit in einem GeL'ensatz zueinander in Hiuidick sowohl auf
ihre Lage, als auch auf ihre Funktion, da eine jede eine besondere
Aufgabe fibernommen hat. In dieser Hinsieht sind sie von C. E. v. Baer
als die beiden T^r- und Primiti vor^^ ui c des tierischen Körpers
bezeichnet worden. Auf jedes von ihnen ist eine ganz bestimmte
Summe der definitiven Organe des Körpers zurückzuführen: Das
ftufsere Keimblatt liefert den epithelialen Überzug des KOrpers, die
Ki)iilermis mit Drtlsen und Haaren, die Anlage des Nervensystems
und die funktionell wichtigsten Teile der Sinnesorgane; deswegen
legten ihm die alteren Embryologen den Namen des Hautsinnesblattes
bei. Das innere Keimblatt dagegen wandelt sieh in die ttbrigen Organe
des Körpers um, in den Darm mit den Drosen, in die T>eibcshöhle,
in die Muskeln etc.; es sondert sieli (iemnach in die weitaus ftber-
wiegende Masse des Körpers und hat wahrend der Entwicklung die
meisten und einschneidendsten Metamorphosen durehsumachen.
Am Anfang hat die Gastrula vom Amphio.xus die Form einer
dachen, ovalen Schüssel, welche man aus Fifr. 51 leicht herstellen
kann, wenn mau sich die zwischen A und H gelegene Sti'ecke der
Becherwand entfernt denkt. Ebenso ist der Urmund oval und an-
sehnlich weit, wird aber iiald enger und enger und stellt schliefslich
ein ganz kleines, unscheinbares Loch dar. Als solches erhält er sich
längere Zeit und wird, während der Embryo stark in die Länge zu
wachsen beginnt, immer an seinem hinteren Ende vorgefunden, wo
er an der Rttckenfläche frei ausmündet.
Wie der Verschlufs des Urmundes zustande kommt, ist eine seit
mehreren Jahren lebhaft diskutierte Frage. Namentlich handelt es sich
darum, su entscheiden, ob er konzentrisch oder exzentrisch erfolgt.
Konzentrisch ist der Verschlufs, wenn sich der Urmundrand in
seinem ganzen Umfang gleichninfsig zusammenzieht, so dafs die
(>. Hortwig, Die Elenieute der Kiitwicklntigslvliru. 2. Aufl. 5
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6t>
Fanftes Kapitel.
fcpäteie kleine Öftuung etwa der Mitte der ur!>i»rüugliclieii Ausdehnung
eotspricht. Mit der BezeichDung eines exzcntriscli erfolgenden Urmund-
Schlussi's dagegen verliindet man di»' folgende Voistelliii)?:
THf VorkliMiioniiii: des weiten L riiniiifles ^eht von einer üauz l>e-
ötininiien .Stelle aus, welche dem Koyteude des späteren Knihryo
entspricht. Die links und rechts hiervon gelegenen Zellen des Randes,
an welchem sich das üufsere in das iniuMo Kciinhlatt umschlägt,
wachsen einander entgegen und vereinigen sicli allmählich in einer
Linie, welche mit der Mediaueheue des Emhryo zusamuienfiUlt. Es
schliefst sich also der Urmimd von vorn nach hinten bis auf einen
kleiiit n liest, welcher sein hinterster oder kaudaler Abschnitt ist. In
Fig. öl z, B. ist nach dieser Theorie die Verkleinerung dos rrmundes
dadurch zustande gekommen, dafs sich die zwischen A und i> ge-
leg«tee Strecke der Becherwand in der angegebenen Weise nen gebildet
hat. Dnrch Verwachsung (Konkrescenz) des Urmundramles ontstfht
die Kückengegend des Emhryo. aus welcher sich Chorda. Nervciiruhr
und Ursegmeute entwickeln. Ks liegt auf der Hand, dals, je nachdem
man einen konzentrischen oder einen exzentrischen Verschlnfs des
T'rnmndes aiminimt, die Achsen der Onstrula zu den spateren Haupt-
achsen des wunulörniig gewordenen Embryo eine sehr verschiedene
Orientierung erhalten.
Eine Entscheidung Ober die aufgeworfene Frage ist beim Amphioxns
sehr schwer zu treffen, doch liegt hei den ttbrigen Wirbeltieren »'ine
Reihe von Tatsachen vor, welche sich zu Gunsten eines exzentrisch
erfolgenden Urmundschlusses verwerten lassen.
Nach Beendigung der Gastrulation treten beim Amphioxus wie
bei allen übrigen Wirbeltieren gleichzeitig Veränderun^ren an mehroron
{Stellen des Körpers ein, deren l^trachtinifr. da die Prozesse auf das
unmittelbarste ineinandergreifen, nicht getrennt für sich vorgenommen
werden kann. Vier neue Hauptorgane des WirbeltierkOrpers werden
jetzt ancrelegt: 1) die beiden mittleren KeiiiiMättei . welche die Leibes-
höhle zwisclien sich einschlielVn . '2) das Darmdrüsenblatt, welches
den sekundsireu Darm der Wirbeltiere auskleidet, 3) die Grundlage
des Achsenskeletts, die Chorda dorsalis oder die Rockensaite, 4) das
centrale Nervensystem. WiUirend das letztere aus dem HnutsinnesMatt
stanunt, nelimen die drei übrigen aus dem primären inneren Keimblatt
ihren Ursprung?.
Die Anlage des Gentralnervensysteros entsteht in der Weise, dafe
die Zollendes äufseren Keiiiiblattes in der Kürkengegend (Fig. 52 wj>)
entspreclu^nd einem :St reifen, welcher meiner Ansicht nach durch Ver-
schmelzung deä Urmundrandes gebildet ist, au Höhe zunehmen, zu
langen Cylindern werden und sich als Medullär- oder Nervenplatte (mp)
abgrenzen lassen. Durch Einfaltung geht hierauf aus ihr eine Rinne
liei vrir, welche die Decke des Urdarms als Leiste ich) nach abwärts
driiugt.
Dann findet an den Stellen, wo die Rander der Rinne in den
kleinzelligen Teil tle< .nnt'seren Keimblattes oder in das Hornblatt (hh)
übergehen, eine Kontiiiuität^trennung statt, und es wächst nun das
Hornblatt von beiden Seiten über die gekrümmte Nervenplatte her-
über, bis seine beiden Hälften sich in der Mittellinie treffen und ver«
srlniM !/, II. So entsteht am Rücken des FiUdtryo (Fig. u. 54) ein
Kanal, dessen untere Wand von der gekrümmten Medullarplatte (m;>).
dessen obere Wand von der darüber gewacliseneu Epidermis (ak)
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Die Lehre von dtm Keimblltteni.
67
hergestellt wird. Krst auf einem späten n Stadium wandelt sicli beim
Alttpbiuxus die unter der Epidermis gelegene Medullarplatte. indem
ihre Rftnder sich zusammeDneigen und verwachsen, zu einem Nerven-
rohr um (Fig. •*»*> u). Die sich differenzirrende Anla-if des Nerven-
systems erstreckt sich so weit auf das hintere Ende des Kniliryo, dal's
der hier gelegene liest des Lrmundes nuch in ihr Bereich füllt und
bei dem Verschlurs des Nervenrohres in sein hinteres Ende mit auf*
genommen wird. Auf diese Weise geschieht es. dals jetzt Nervenrohr
und Darmrohr am hinteren Ende lies Embryo kontinuierlich durch
Vermittlung des Urmuudes ineinander Ubergehen (Fig. ÖG cn) und zu-
sammen einen aus zwei Schenkeln bestehenden Kanal bilden, dessen
Form sich einem Ht Ik i \ri uleichen Iftfst. Der obere, das Nervenrohr
darstell»Mi(le Sclimkel mundet am vorderen Ende eine Zi'itlanjr nach
aulseu. Die Luibiegungsstelle der beiden Schenkel des Hebers oder
der Urmundteil, welcher die Verbindung zwischen Nervenrohr und
Fig. 52. Querschnitt von einem Amphioxus-Embryo , bei welchem
■loh das eri<te Urseß^inont bildet. Nach Hatüciikk.
ak, ik, mk uui^vre», inneres, mittleres Keimblatt, kb Uorublatt, mp Medullär-
platte, ch Chorda, * Ausstülpung der Urdarmhöble.
Fig. 53. Qaenohnltt von einem Amptaioztte-Bmlnpyo, an wrtehem
daa fünfte Ursegment In Bildunf; begriffen ist. X u Ii H vts. hkk
ak, ik, mk Ankeras, iuneres, mittleres Keimblatt, »qi Medullarplatte, dt Chorda,
dk Damhfthle, Ih Leibeshdble.
Darmrohr vermittelt, heifst Canalis neurentericus ( Fig. 50 m)«
eine Bildung, weldie uns auch in der Entwicklung der Übrigen
Wirbeltiere wieder begegnen wird.
Mit dem Nervenrohr entwickeln sich gleichzeitig die beiden
mittleren Keimblätter und die Chorda der salis (Fii:. .'.2 u :,:\).
Am vorderen Ende des Knihrvo entstehen au der Decke (b > I rdarins
dicht beieinander zwei kleine .Ausstülpungen, die Leibessacke (mk).
we\dw zu beiden Seiten der gekrümmten Medullarrinne nach oben
und seitwärts wachsen. Sie vergröfsem sich langsam dadurch, dafs
sich der Aussttll|>nn'-r<iM o/i |V vom vorderen auf das hintere Ende der
Larve fortsetzt und schlielslich den Urmund erreicht. Die zwischen
ihnen befindliche schmale, sie trennende, von den zwei Sternen • be-
grenzte Strecke der Urdarmwandung , welche unter der Mitte der
Medullarrinne gelegen ist, stellt die Anlage der Chorda (ch) dar.
Fig. 52.
Fig. 58.
5*
68
Fünftes Kapitel.
Das primilre iunere Keimblatt hat sich also jetzt in
drei versehiedene Teile gesondert: 1) in die Cbordaanlage
(ch), 2) in die Zellen (»nft), welche die beiden Leibessiu ko
(Ih) ausl<leiflen und das mittl cre K oi ni 1)1 a 1 1 darstellen,
und 3) in den übrig bleibenden Teil, welcher, zur Um-
grenzung des späteren Darmes (dh) bestimmt, nunmehr
als Darmdr Usenblatt («A) zu bezeichnen ist.
Die sich anschliefsendcn Entwicklungsprozesse hal)en den Zweck,
die noch zusummeuhängendeu Teile durch AbschuUruug und Ver-
wachsung voneinander zu isolieren und gesonderte Hohlrftume zu
bilden. Die Abschnflrungsprozesse beginnen am vorderen Ende des
Embryo und setzen sich von hier nacli dem oilenen Rest des Urmundes
fort. Zuerst vertieleu sich die Leibessücke (Fig. 53 Ih) und verlieren
den Zusammenhang mit dem ttbrigen Hohlraum (dh), indem sich die
ihren Eingang begrenzenden Zellen dicht aneinanderlegen (Fig. Ö4).
Dadurch grenzt der Rand des Darmdrfisenblattes (ik) unmittelbar an
Fig. 54. Querschnitt durch oinon Amphlozu-Xmliryo mit fünf wohl
ausgebildeten Ursegmenten. Nuch IIatschkk.
iik, il; ink äiirneres, inneres, mittleres Keimblatt, iHp MednllarpUtte, <ft Chorda,
rf/i Darmhohle, Ih Leihesh<ihle.
Fig. 55. Querschnitt durch die Mitte des Körpers eines .Amphioxus-
Bmbryo mit elf Ursegmentoa. N<i< h IIats« hkk.
tüi, ik, mk äulseres, inneres, mittleres Keimblatt, dh Darmböhle, n Nenren-
rohr, u$ Ursegment, Chorda, Ä Leibeshöble.
den Rand der Chordaanlage (ch). Letztere ist mittlerweile auch
Verjlnderunt:en eiiigeL'nngen ; die i)lattenf()rmige .Nnlape hat >\vh dureli
Erhebung ihrer 8eitenrander so gekrümmt, dafs eine tiele. nach ab-
wärts geöffnete Chorda rinne entstanden ist. SpIVter legen sich die
Seitenwinde der Rinne dicht aneinander und ^'clien in einen soliden
Zelleiistab über, der vorül)ergehend die Decke des sekundären Darines
verschliersen hilft und an ihr als eine leistenartige Verdickung er-
scheint. Dann trennt sich (Fig. öö) der Zellenstab (ch) von der Darm-
anlage ab; diese schliefst sich jetzt erst vollständig zu einem Rohr,
indem ihre in Fiji. ö:? mit einciii Stern * bezeichneten Ränder unter
der C1)or<la einander eutgegeuwachseu und in einer medianen ü&ht
verschmelzen.
Das Endresultat aller dieser \'(>ri^.inge zeigt uns der Querschnitt
Fig. .'».'). Der ursprünglich vorlKnidcne ri flariii hat sich in drei I'iiunie
gesondert, in den ventral gelegenen, bleibenden Darm {tih) und in die
Fig. M.
Fig. 55.
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Die Lehre von den Keimblättern.
69
donal- und lateralwftrts von ihm befindlichen, sich mehr und mehr
TergrOrsernden beiden Leibesaäeke Oh). Dazwischen hat sich noch
die Chorda (ch) einpcschoben. an weklio unten (Wv Darm, ohvw clas
Nervenrohr (») augreiizt. Die durch AlischnUruug vuui Unlariu sich
fiondemden Zellen, die in den Figuren 52—55 dunkler schattiert sind
und flie Leibeshöhle (th) einachliersoii, bilden das mittlere Keimblatt
(;;//.). Sein dem ihifseren Keimblatt anliejiender Toll (Fi;:. :>.">) ÜliVt
sich als das parietiile Mittelblatt (//'A '), sein an Merveuruiir, Churda
and Darm angrenzender Teil als das viscerale Mittelblatt (mik*) unter-
scheiden.
Da der eVien dargestellte Sonderungsprnzefs , wie schon erwähnt
wurde, am vordereu Ende des Embryo beginnt und vuu hier sich
Schritt fÜrSehrittnaeh
dem hinteren Ende dh «fi » «tft mk en
langsam ausbreitet,
kann man bei Durch-
musterung einer Serie
von Schnitten die \ t r
schiedenen TTnil)il-
dungsstadieu an ein
und demselben Ob-
jekte verfolgen.
Bei der Heschrei-
bung habe ich die
Verhältnisse so dar-
gestellt . als ob zwei
einfache Leibessacke
zu l^eiden Seiten des
Darmrohres beim Am-
phioxus entstanden
seien. Indessen sind
die Vorgänge komplizierter, da beim Embryo (Fig. 50) die Leibes-
säcke, während sie sieh nach hinten vergrödsem, in ihrem vorderen
Alischnitt bereits weitere Veränderungen erleiden und durch aber-
malige Einfaltungen in einzelne, hintereinander gelegene Abteilungen,
in die Ursegmeute (u«), zerfallen. Ich begnüge mich mit diesem
Hinweise, da ich aus didaktisehmi ßrflnden auf die Entwicklung der
Ursegmente erst in einem folgenden Kapitel eingehen werde.
V
H
Fip. 'i;. Optischer Längssohnitt durch einen
Amphioxu8-£mbryo mit fünf Uraegmenten. Isach
IIatscukk.
V vorderog, //'hinteres Ende. >/.•, mk innerfiS» mitt«
leres Keimblatt, dh DarmhuLle, n Xervenruhr,ei»Caiiali8
neurentericiu,««* erstes UriegmeDtttMAUnegnientböhle.
2. Die Keimblattbildmig bei den Amphibien.
•
An der inäqualen Keimblase der Amphibien (Fig. 33i wird der
ring^rmige Bezirk, an weUliem ihre dünne Decke in den dicken Boden
fibergeht, als die Kandzuue bezeichnet. Au einer kleineu Stelle
derselben, welche bei normaler Lage des Eies immer nach abwärts
gekehrt ist. beginnt sicli eine Einstülpung auszubilden. Bei F^etrach-
tnng des Kies ven der Ohertlclche macht sich eine kleine, scharf be-
grenzte, i^ichelformige , später sich vergrör^ernde und dann wie eiu
Hufeisen gekrtimmte Rinne bemerkbar (Fig. 59 C n. A u), welche auf
ihrer einen Seite durch kleine, beim Frosch schwarz pigmentierte
Zellen, auf der anderen Seite durch grofse. Iielle F.leinente begrenzt
wird. Die Rinne entspricht dem Urmund; denn wie eiu Durchschnitt
lehrt (Fig. 57), stülpen sich an ihrem kleinzelligen, pigmentierten Rand,
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70
Fünftes Kapitel.
11
welchen wir die vordere oder dorsale Urmundlippe (dl) nennen wollen^
klciiu'. <1<M K(Miiil)l;isend('cke angehörige Zellen, dagegen an (U'm
anderen uupiguientierteu Rand, der hinteren oder ventralen Urmund-
lippe (r/), die dotterreiehen Ele-
f.liif^-'3f'^>V'^ '"^'^^^ ^^^^ vegetativen Hälfte in
ivxvJV., '.,':''^..^. -1. jjj^j, KoiniMase hinein.
Der so entstehende Lrdarm {ud}
ist erst eng und spaltfttrmig und
tritt ncboii der noch ansehnlichen
Kciniblasenhöhlo (Ih in den
Hintergrund. Später ändert sich
das GröfsenverhAltnis immer
mehr zu seinen Gunsten, indem
er sifh (MitsprecluMul (irm innner
reichlicher eingestülpt werden-
den Zellenmaterial nach vorn
zu einem weiten Sack ausdehnt
und dalici die KciTiiM.ist'nhiihle
schlielslich v<dlstju)dig verdrängt
(Fig. 58). Die an der vorderen
Urmundlippe einwandernden
kleinen Z» Den bilden die Decke
des Urdarnis, während an seinen
Boden die grofsen Zellen der
Fip. 57. Län|3:8durchBohnitt duroh
eine Kuimi luse von Triton mit be-
ginnender QastruiaeiDstülpuDg.
ffXr, %k tn&eres, inneres Keimblatt;
/7i Koiinlilasenhithle : «'/ rrdarni; u Ur-
muud; dz Dotterzelleu; c//, t\ dorsale,
ventrale Lippe des Urdarms.
vegetativen Keiroblasenhftlfte zu
liegen komnirn. Lotzt( re oder die ganze r>fitterniassr ist am Schlufs
des EiustUlpungsprozesses in das Innere der Gastrula aufgenommen
und nach aul'sen von den kleinen Zellen der animalen Hftlfte der
Keimblase vollständig umwachsen
worden. Daher sieht jetzt beim
Frosch die gesamte Obertiäche
des Keimes, da hier die kleinen
Zellen stark pigmentiert sind,
dunkelschwarz aus, mit Aus-
nahme einer etwa stecknadelko]»f-
grofsen Stelle, die dem Urmund
entspricht. Hier nämlich ragt
ein Teil der hellen Dottermasse
aus dem Urdarm nach aufsen
hervor und verschliefst den Ein-
gang zu ihm gleichsam Kie ein
rfroj)f ((/); daher er auch den
Namen des RiiscoNischen Dotter-
pfropfes führt.
Von den beiden KeimblAttem
derOastrula verdünnt sich spntor
das äulsere beim Wassersala-
mander zu einer einfachen Lage rcgelniäl'sig angeordneter, cylin-
drischer Zellen, beim Frosch dagegen wird es von zwei bis drei Lagen
kleiner, zum Teil kultischer, stark pigmentierter Elemente geliildet.
Das innere Keimblatt besteht an (b'r Decke des Urdarms gleichfalls
aus kleinen (beim Frosch pigmeuthaltigeu) Zellen, au der anderen
Seite aus den gro(Ven Dotterzellen, die, in vielen Lagen zusammen-
Mb
I'ivr. ''>'^. Län^Bschnitt durch eine
G8 8ti*ula von Triton.
«A\ dz, dl, rl, ud wie in I'ig. 57,
d Dotterpfropf, ntk mittleres Keimblatt.
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Die Lehre von den Keimbl&ttern.
71
gehäuft, einen weit in den Urdarm hineinsprinprenrlon und ihn zura
Teil ausfulleudeu Httgel bediogeiu Hierdurch niuis die üastrula der
Amphibien wieder im Waswr eine bestimmte Ruhelage eionehmen,
da die Dotterniasse als der schwerere Teil sich immer am tiefsten
einstellt (Fijr. 58).
Der Keim der Amphibien ist jetzt schon ein vollständig bilateral
symmetrischer Körper. Die durch den Dotter yerdickte Wand der
Gastrola wird zur Bauchseite des späteren Tieres, die ent^ie gengesetzte,
nach oben gerichtete Wand oder die Decke des Urdanns wird zum
Kacken. Der Urmund bezeichnet uns, wie sich weiterhin ergeben
wird, das hintere Ende« und der entgegengesetzte Teil den Kopf.
Es lassen »ich also durch die Gastrula eiin' Längsachse, eine dorso-
ventralo und eine 'inorc Arlise hindurchlegen, die den späteren
Achüeu des Tieres ent&preclien.
In den Gastrulationsprocefs und namentlicb in die dabei am Ur-
mund eintretenden Verftndeningen lassen sieh noch weitere wichtige
Kiiihlicke gewinnen, wenn man die «renaiipro Booluiclitun«: der V.T\t-
wickluug mit einem Experiment verbindet, welches uns zugleich ein
wertvolles Beweismaterial fttr die Lehre vom exzentrl^eh erfolgenden
Urmundverschlufe liefert.
P>oschpier wordrn sogleich nach der Befruchtung auf eine hori-
zontale Glasplatte gebracht, auf welcher sie bald eine normale Stellung
einnehmen und das schwerere weifse Dutterfeld nach abwftrtft kehren.
Sie werden hierauf in geeigneter Weise durch Auflc^^on rlner zweiten
Glaspbtte ein klein wenip: platt rrpdrttckt und zugleich in ilncr T.aee
lestgebaiten , Eiugrille, durch welche die weitere Entwicklung nicht
gehemmt wird, sofern man nur mit einiger Vorsicht verfilhrt.
An einem derartig fixierten Ei kann man die Entwicklung des
Urmundos von seinem ersten Auftreten an kontinuierlich verfolgen,
indem man von Zeit zu Zeit die nach unten gelegene Fläche, an der
sich die fraglichen Entwicklungsprozesse abspielen, nach oben kehrt
und unter dem Mikroskop untersucht. Auch kann man seine ursprüng-
lii he und seine spätere Lage genau bezeichnen, indem man mit Tusche
Marken auf der Glasplatte anbringt.
Mit Hilfe der angegebenen Versuchsanordnung innst sich fest-
atellen, dafs sich die kleine Urmundrinne vom Ort ihres ersten Ur-
sjirnnL'-^ nach links und rechts weiter ausdehnt, im BoLjen der Hand-
zone Gönts folgend und das Dotterfeld umfassend (Fig. 59 C u. A).
Bald gewinnt sie die charakteristische Form eines Hufeisens. Während
nun die freien Fanden desselben fortfahren, sich durch weitere Aus-
dehnung' der Einstülpnnjr iiiu h hinten zu vergrcilsern , !i:it inn h der
zuerst entstandene mittlere Teil der Rinne seine Lage verändert.
Der durch eine pigmentierte Linie sich absetzende l»mschlagsrand
des äufseren in das innere Keimblatt oder die vordere l'rmundlippe
MMclist alhni'ihlich von vorn nach hinten üher das weifse Di'>tterfeld
hinüber. Dabei dehnen sich die Enden der liul* isentörmigen Rinne
gleichfalls immer mehr nach hinten aus, vereinigen sich schliefslich
an dem hinteren Rande des Dotterfeldes vis-A-vis der Stelle, wo die
erste Urmundrinne entstanden war. und schlielVii das Hufeisen zu
einem Ring. Anfangs ist der letztere noch weit, so dai's ein ansehn-
licher Teil des Dotterfeldes als Rüscom scher Pfropf von anl'sen zu
sehen ist. Später wird er immer enger, indem die von vorn nach
hinten sich vollziehende Überwachsung des Dotterfeldes ihren Fort-
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72
Fünftes Kapitel.
gang nimmt (Fig. 50 D); noch später wandelt er sich in einen kaum
wahriu'hnihanMi Spalt um (Fig. .V.»^), der mit der Liingsachse des
Kmhryo zusammenfilllt.
Aus diesen Beobachtungen folgt, dafs der sichelförmige Urmund
vom ersten Orte seiner Entstehung aus sich entlang dem Kande des
Dotterfeldes vergröfsert und über die ganze untere FlSchi' des Eies
allmilhlicli herllberwandert. Der eiste Ort entspricht dem Kopf-, der
letztere dem Schwanzende des Embryo, wie el)enfalls die Beobachtung
am fixierten lebenden F.i lehrt. Man vergleiche das jüngere Stadium A
mit dem Alteren Stadium B (Fig. .'>0). Denn nur in geringer Ent-
fernung vor der zuerst gebildeten Urmundrinne {A u) legt sich der
vordere (juere Hirnwulst (ß) im
weiteren Verlauf der Entwicklung
an, der zum Hing geschlossene und
schliel'slich in eine feine Längsspalte
umgewandelte Urmund {B u) da-
gegen läfst in seiner Umgebung als-
bald die Schwauzknospe entstehen
und wird mit seinem hintersten
Abschnitt schliefslich zur Bildung
des Afters verwandt. (Näheres hier-
über in Kapitel IX.) Zwischen den
so als Kopf- und Schwänzende ge-
nauer bestimmten Punkten ist an
der unteren Fläche des fixierten Eies
der Teil der Gastrulawand gebildet
worden, welcher zum Rücken des
Embryo wird (Fig. .')!> B)\ denn es
legen sich hier nach kurzer Zeit als
Verlängerung des queren Hirn-
wulstes nach hinten die MeduUar-
wülste an. auf welche nachher noch
genauer eingegangen werden wird.
Wenn die schon früher für den
Amphioxus entwickelte Ansicht das
Rechte getrotten hat, ist der Rücken
durch eine von vorn nach hinten
exzentrisch erfolgende Verwachsung der Urmundränder entstanden.
Die Linie, wo die Verwachsung stattgefunden hat, läfst sich, wie mir
scheint, auch später noch an einer feinen, von vorn nach hinten
zum Urnmndrest verlaufenden Furche, der sofienannten Rückenrinne
(Fig. öf B), erkennen, zu deren Seiten dann etwas sjiäter die Medullar-
wülste hervortreten.
In der Umgebung der Urmundränder bald nach ihrer ersten An-
lage sowie später in der Umgebung der Rückeurinne spielen sich
die wichtigsten Entwicklungsprozesse ab, nehmen die mittleren Keim-
blätter, die Chorda und das Nervenrolir ihren Ursi)rung, wobei sich
wieder zwischen den Amphibien und dem Amphioxus die wichtigsten
Vergleichsi)unkte und Homologien ergeben.
Ehe noch die riastrulati(m zum Abschlufs gelangt ist. gewisser-
malsen in ein«M- zweiten Phase derselben, wie auf S. gesagt wurde,
schiebt sicii in der l ingebung des zum Ring geschlossenen Unnundes
eine Masse kleiner i)olygonaler Zellen in den Spalt zwischen äufsereni
Google
Fig. 59. Zwei Proacheier auf
zwei verschiedenen Bntwicklungrs-
stadien. 1.4 iinil C am lti-<.Miin der
(iastrulation, Ii und J) am Aitschliifs
dfrsellx*!!.) Sie wiirdt'ii liakl iiarh der
]ii*fruchtiing 7.\vi.schen hori/.untalen
<ihi8|)latten koiniiriiniert und dadiircli
in ihrer Lage fixiert.
B älrercs Stadiuni von A, D ältcreB
Stadium von C, u l'rniund, * Kopfende,
-f- spateres hintere.s Knde des Eies.
l>ic Lehre von den Keimblättern.
78
KeimMatt und DarmdrOsenblatt hinein und erzeugt zwischon beiden
eine neue trennende Mittelschicht, den MesoMast. Den Bej,Mnn dieses
Vorgangs zeigt uns Fig. 00, ein Frontalscluiitt durch eine dastruhi
vom Axolotl, ein sclion illteres Stadium die ?'ig. <'>1. ein Durchschnitt
durch einen Tritonenibryo mit schwach ausgeprJigter Rückenrinne,
dessen Urmund sich schon in einen kleinen l.ftngsspalt uinge-
waudelt hat.
Seiner Entstehung gemäls geht das mittlere Keimblatt in der
Umgebung des Urmundes nach aulsen in das äulsere KeimMatt, nach
innen in das Darmdrllsenldatt über. Wir wollen diese Übergangs-
stellen als rrmundlippen und ürdarmlippen bezeichnen. Zwischen
beide Lippenbildungen dringt bald mehr, bald minder deutlich, bald
mehr, babl minder weit ein schmaler Spalt (Fig. 61) vom Urdarm in
das mittlere Keimblatt
hinein und zerlegt es in
ein viscerales (mA-)
und ein parietales Blatt
(/oA 'i. Wenn wir uns die
Spalte noch tiefer in den
Me.^oblast verliingert
denken, so erhalten wir
eine in Fig. «»3 darge-
stellte Grundform, von
welcher sich die Ent-
wicklung des mittleren
Keimblattes der Wirbel-
tiere ableiten und an
welcher sie sich leicht ver-
ständlich machen lAfst.
Die mittleren Keimbliltter
sind, wie beim Amphioxus, als die Wandungen von Taschen, die durch
Ausstülpung entstanden sind, aufzufassen. Dir Hohlraum {Ui) ist die
Leil>eshfthle , die mit dem Urdarm in der Umgebung des Urmundes
zusammenhängt. Dire W^andung lilsst sich einteilen in ein parietales
DIatt m/i') uud in ein die Dottermasse überziehendes viscerales
Blatt {ni/c-}. Ersteres schhlgt sich am Urmund in das äulsere Keim-
blatt um, letzteres geht in die Dottermasse oder in das sekundäre
innere Keimblatt über. Es ist eine in der Entwicklung häutig zu
beobachtende Erscheinung, dafs Falteubildungen eines Keimblattes
längere Zeit keine Höhle erkennen lassen, die erst später hervortritt.
Man spricht in solchen Fällen von geschlossenen Falten, das
heifst Falten, deren beide Blätter dicht aufeinanderliegen.
Wenn diese Ansicht richtig ist. dann sind auch bei den Am|)hil)ien
die mittleren Keimblätter, wie beim Amphioxus, auf Urdarni-
divertikel zurückzuführen. Ein Unterschied zwischen Amphioxus
und den Amphibi»^n besteht vornehmlich in der Zeit, in welcher sich
die Urdarmdivertikel anlegen. Bei Amjihioxus ist die (lastrulation
beendet, bevor die Coelomtaschen auftreten, die sich demgemäfs hier
deutlich durch Faltenbildung der Urdarmwand entwickeln Bei den
Amphibien, wie überhaupt bei allen übrigen Wirbeltieren, ist infolge
des langsameren, durch den Dottergehalt des Eies bedingten Al)-
laufes (1er Gastrulation diese noch in vollem Gange zur Zeit, wo sich
schon die Leibessäcke aus einem Zellenmaterial bilden, das auch v<m
Vifi. TiO. Frontalschnitt durch eine Oaatrula
vom Axolotl vom Stadium VHI, nach liKACHKT.
Urmund (bhistopo -is,. .-1 l rdarm. A'aufseres,
// inneres, 31 mittleres, Keimblatt.
74
Fünfkea Kapitel.
außen nach innen pinwandert. So erscheint jetzt die Entwicklung
der mittleren KeinihliUter gewisserniafsen als eine zweite Phase der
Gaftrulation. In der ersten Phase werden hauptsächlich die Dotter-
zellen, welche zur Begrenzung des sekundAren Darms dienen, in der
zweiten Phase kleinere Zellen, die aus der Gegend der aninialen
HiUfte der Keinihlase stammen, eingestülpt derart, dafs sie sich vom
seitlichen und hinteren Rand des Urmundes aus, also in einen« liall)-
bogen, der kopfwärts offen ist, in den Spalt zwischen dem zuerst ein-
gestülpten Dottermaterial und dem äufseren Keimblatt hinf inschit^ben.
Bei dem Tritonenibryo, dem der Durchschnitt (Fig. Gl; ent-
nommen ist, sowie überhaupt bei älteren Amphibieuemhryonen, deren
Urniund sicli schon zu einem kleinen Ring oder Spalt verengert hat,
ist das mittlere KoiiiiMatt auch noch in einer vor dem rrmund ge-
legenen Strecke ausgebreitet [und bietet hier Befunde (Fig. ü2) dar
Fig. 61. Qaeraohnltt dnroh den Urmand etnee Ihnbryo 7011 Triton
mit Bchwach ausgeprägter Rückonrinne.
Fig. (}2. Querschnitt durch dio Qegend etwas vor dem Urmund von
daiDMlben Embryo wie in Flg. 61.
fi^-, ik iiiifstTcs, inneres Keimblatt, »»lA', mk* parietnle und viscerale Lamelle
des mittleren Keimblattes, Unnund, ds Dotlericelleo, dp Dotterpfropf, dh Dann-
höhle, dt Chordaanlage, !>, F doraal, ventr^
die dem vom Amphioxus beschriebenen in vieler Beziehung gleichen.
Eb ist in zwei Hftlften zerlegt durch einen sclimalen, vor dem Ur-
mund gelegenen Streifen der Rückenwand , der nur aus zwei Keim-
blättern besteht, aus (lern ilufscren Keimblatt (nl-), das sich hier zur
Nervenpiatte venlickt. und aus einer unter ihr ausgebreiteten ein-
fachen Lage von Gylinderzellen (eh), welche der Gbordaanlage von
Amphioxus entspricht. Beiderseits von der Chordaanlage ist das
mittb're Keimblatt {nik^, anzntretien , indem es die beiden pri-
mären Keimblatter trennt. Ks besteht aus zwei Lagen kleiner,
rundlicher Elemente, von denen die ftuCsere (mit>) eich in die
Chi)r(ia:inlage {rh) fortsetzt, die innere Lage ml-) Anschlufs an das
Darniilnisenblatt (// ) tiiulet. welches mit freiem Rand liiürs und rechts
von der Chordaanlage aufhört.
Wenn wir uns vorstellen, dafs in der Figur 62 die beiden Zellen-
lagen, aus denen die mittleren Keimblätter links und rechts von der
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Die Lehre von den KeimblHttern»
75
Chordaanlage bestehen, durch einen Spalt, wie in dem Umkreis des
Urnuindes (Kig. (i.'i). getrennt seien, so erhalten wir das in Figur (»4
dargestellte Schema. Mit dem l'rdarm sind links und rechts von
der Chorda an den mit zwei Sternchen (*) l>ezeichneten Stellen zwei
Aussackungen verbunden, die Coelomsftcke (//»), welche sich nach
hinten in die den Urmund ringförmig umgehende Tasche fortsetzen.
Das viscerale, mittlere Keimblatt mit dem anliegenden Danndrüsen-
blatt , in welche es sich zu beiden Seiten der Cliordaanlage (*) um-
schlägt, bildet eine Art Seheidewand, welche als Urdarmfalte be-
zeichnet werden kann und den Urdarm in drei RiUime zerlegt , in
den bleibenden oder sekundären Darm mIIi ^ und in die beiden Leibes-
höhlen (/A). Das Schema ist leicht auf den Querschnitt durch einen
Amphioxus-Embryo (Fig. h^) zurttckzuführen, wenn wir uns bei ihm
au der ventralen Seite das einfache Epithel durch Dotteransammlung
Fig. Kig. CA.
Zwei Schemata für die Entwicklung der mittleren Keimblätter und
der Leibeshöhle bei den Wirbeltieren.
Fig. Querschnitt durch den Urmund eines Embryo; Fig. 64 etwas
vor dem Urmund.
M rriiiiind, u(l Fnlarni, Ih Leiheshtthlr, tUi Harinhohle, */ Dotter, nk äiifseres
Keimblatt, wA', mk^ parietale und viscerale Lamelle des mittleren Keimblattes,
mp Medullarplatte, ch Cliordaanlage.
verdickt und die beiden kleinen Leibessäcke {Ih) eine gröfsere Strecke
weit nach abwärts zwischen Dottermasse und äufseres Keimblatt
hineingewachsen denken.
Bei den Am|>hibien läfst sich also das mittlere Keimblatt mit
den Gegenden, in welchen es mit dem Darmdrüsenblatt längere Zeit
zusammenhängt, wie uns die (ieschichte seiner Entstehung gelehrt
hat, in zwei Abschnitte zerlegen: in einen Abschnitt, der sich zu
beiden Seiten der Chorda ausbreitet, und in einen zweiten, der den
Urmund umgibt. Der eine kann als parachordaler oder gast raier,
der andere als peristomaler Mesoblast bezeichnet werden. Doch
kon)mt dieser Unterscheidung nur eine topographische, keine tiefere
genetische Bedeutung zu. Denn da nach unserer, schon früher (S.
u. 72) besprochenen Ansicht sich der Urmund von vorn nach hinten
schliefst, und da sich die Chorda im Bereich der Nahtlinie bildet, so
ist klar, dafs ursprünglich der parachordale Mesoblast ebenfalls durch
Einfaltung an den Urmundrändern entstanden ist, zur Zeit, als sie
76
i- unftes Kapitei.
sich noch nicht in der Nahtlinie verbunden hatten. Oder in anderen
Worten: ein mittleres Keimblatt, welches auf jniiperen Entwiclchinprs-
stadien peristomal liegt, wird auf vorgerückteren Stadien parachordal
oder gastraL Bei den Wirbeltieren entsteht das mittlere Keimblatt
Oberhaupt nur dnreh Einfaltung in der Umgebung der Urmundrftnder.
Der Leser wird die Umwandlung des peristomalen in den
paracliordalen Mesublast sich leicht verständlich macheu könneu«
wenn er in den Figuren 61 und 63 sich die Rftnder der beiden Ur*
mundlippen zusammenlegen, verschmelzen und in der auf S. 00 he-
schriel)enen Weise noch weiter umwandeln Iflfst. Es wird so das
eine (Fig. <>3) iu das andere Schema (Fig. 64; übergeführt.
Im Laufe der weiteren Entwicklung wird an den Stellen, wo
jetzt noch ein Zusammenhang zwischen Mesoderm-, Chorda- und
Darmanlnfie besteht, später eine jollstnndip^e Sonderung derselben
herbeigeführt. Hierbei tritt die Übereinstimmung mit. den beim
Amphiozus erhaltenen Befunden noch schftrfer hervor.
Der Sonderuiifisprozers wird hei Triton zunächst dadurch ein-
fjeloitet. dufs sich die Chordaplatte einkrümmt und znrChordn-
rinne wird (Fig. tiö ch). ludern sie sich hierbei au ihren Rändern
kontinttierlicb in die parietale Lage des mittleren Keimblattes (mk*)
fortsetzt, entstehen an der Decke des Urdarms die beiden kleinen
Chordafalten, welche die Rinne zwischen sich fassen. Mit ihren freien
Rändern stofsen sie dicht an den Umschlagsrand, an welchem die
viscerale Lamelle des mittleren Keimblattes (mk*) in das Darm-
drfisenblatt (ih) umbiegt und die Darmfalte bildet. Man vergleiche
hiermit das entspre» lifvid- Stadium vom Amphioxus (Fig. 53).
Auf einem uäeb:»U(jlgendeu Stadium (Fig. (iti), in welchem sich
die verdickte, aus langen Cyltnderzellen bestehende Medullarplatte
deutlich von den kleiner gewordenen, kubischen Elementen des Horn-
blattes absetzt, beginnt sich das mittlere Keimblatt an der Ein-
stülpungsstelle von seiner Umgebung abzuschnüren; die parietale
Lftmelle löst sich von der Chordaanlage, desgleichen die viscerale
Lamelle vom Darmdrüsenblatt ab, uiul beide verschmelzen hierauf
mit ihre!» abpjelösten Rändern untereinander. Durch diesen Vorjrnng
ist die Anlage des Leibessackes oder des mittleren Keimblattes nach
allen Seiten eine in sich abgeschlossene und von der Umgebung ge-
trennte. Gleichzeitig haben sich Cliordaanlage (ch) und Darmdrüsen-
blatt (ik) ebenfiills wieder wie auf dem Durchschnitt durch einen
Amphioxus -Kmbryo (Fig. 54) mit ihren freien Rändern aneinander-
gelegt, so daf^ erstere wie eine Verdickung des Darmdrfiseublattes
erseheint und noch eine Zeitlang an der oberen Begrenzung des
Darms teilnimmt.
Auch dieses Stadium verändert sich rasch durch einen zweiten
Sondernngsprozefs. Die zu einem soliden Stab umgebildete Chorda-
anlage wird nach und nach von der Begrenzung de& Darms aus-
geschlossen fFig. HT). dadurcli. dals unter ihr die aus irrofsen Dotter-
zellen zusammengesetzten Hälften des DarmdrUsenblattes (ik) einander
entgegenwachsen und in einer medianen Naht verschmelzen (siehe
Amphioxus, Fig. 55).
S c h 1 VI fs des bleibenden Darms au der R c k e n s- e i te ,
Abschnüruug der beiden Leibessäcke vom inneren Keim-
blatt und Entstehung der Chorda dorsalis sind somit
bei den Amphibien, wie beim Amphioxus Prozesse, die
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Die Lehre von den Keinibliittcrn.
77
a uf (las innigte ineinandergreifen. Auch iiier beginnt
die Abschnürung der genannten Teile am Kopfende des
Embryo und schreitet langsam nach hinten fort. Am
hinteren Ende aller Wirbeltier-Embryonen aber bleibt
noch lange Zeit eine Neubildungszone bestehen, durch
deren Vermittlung das Längenwachstum des Körpers
bewirkt wird.
ch
Vif. H5 — f)7. Drei Queraohnitte aus einer Sohnittaerie durch einen
Triton-Embryo, an welchem die Medullarwülste hervorautreten beginnen.
Die ^chiiitto illustrieren die Kiitwirklung der Chorda aus der Chordaanlage und
die Abschnürung der beiden Hältten des mittleren Keimblattes.
ak, ik, mk\ wiA'* wie oben, mp Medullar])latte, mf Medullarfalten, ch Chorda,
Ih Leibeshuhle.
Jetzt tritt auch bald der Zeitpunkt ein , auf welchem bei den
Embryonen der Tritonen die Leibeshöhle sichtbar wird. Denn nachdem
die Abschnürung der oben namhaft gemachten Orgaue vollendet ist,
weichen die beiden mittleren Keimblätter am Kopfende des Embryo und
zu beiden Seiten der Chorda (Fig. 08) auseinander und lassen eine linke
und eine rechte Leibeshöhle (Enterocoel) hervortreten, welche auf den
78
Fünftes Kapitcl.j
vorhergehenden Stadien nach meiner Auffassung nur wegen <ler innigen
gegenseitigen Berührung ihrer Wandungen nicht zu erkennen war.
Noch ein Wort über die erste Anlage des Centrainervensystems
bei den Amphibien. Wie gastral von <ler Nahtlinie der Urmundnlnder
die Chorda, so entsteht nach aulsen von ihr die Nervenplatte. Links
und rechts von der Kückenrinne, welche die ursprüngliche Lage der
Nahtlinie auch noch sjulter andeutet (Fig. 59 B), verdickt sich das
Äufsere Keimblatt längs zweier schmaler Streifen , indem die Zellen
sich in die Länge strecken und cylindrisch werden (Fig. 05—07); es
Vif^. C>8. Querschnitt durch ein Ei von Triton, dessen Medullarfurche
dem Verschlurs nahe ist.
ViK. ''>9. Querschnitt durch ein Ei von Triton mit geschlossenem
Nervenrohr und wohlentwickelten Ursegmenten.
»n/" Medullailalten , mp Mediillarplattf , n Xerveiirohr, ch Chorda, ej) Kpi-
deniiis oder lloniblutt , mk mittleres Keimblatt, rwA' parietales, mk* visierales
Mittelblatt, iuuen's Keimblatt, ush I rsegmeiithohle.
grenzt sich scharf am Hornblatt ab, in dessen Bereich die Zellen
kubisch bleiben oder sich mehr abplatten. Die aus zwei Hälften deut-
lich zusammengesetzte MeduUarplatte wftchst rascher als ihre Um-
gebung und krümmt sich hiüri)ei zu einer tlaciien Rinne, der Medullar-
furche, ein. Diese wird allmählich tiefer. Die Ränder der MeduUar-
platte, an welchen sie sich an das dünne Hornblatt fortsetzt, hel)eK
sich allmälilit'li deutlicher über die Oberfläche des Kies empor und
bilden die für diese Periode charakteristischen Medullarfalten oder
Medullarwülste (Fig. 08 mf). Später wachsen diese einander entgegen
und legen sich so zusammen, dals die Furche zu einer Röhre wird,
<lie durch einen engen Längsspalt vorübergehend noch nach aufsen
Die Lehre von den Keimblitteni.
79
fieöffnet ist. Schlierslich schwindet auch der Spalt (Fig. (ü' . tlic
Kandel- der Falten verwachsen ganz; das geschlossene Medullarrohr
<n) löst sich hierbei in der auf S. «5<> besprochenen Weise längs der
Verwaclisiuigsstclle odtM" Naht von der ZelhMinieinliran . von ilor es
ursjirünglit'li ein liest andteil gewesen ist, Vüüstüudig ab und wird zu
einem ganz selbstiUidi^en Organ {u}.
Hierbei kommt es auch bei den Amphibien ebenso wie beim
Anipbioxus zur Bildung eines Canjilis neurentericus. Die beiden
Hälften der Medullar-
Slatte und später die
tedttUarwOlste um-
wachsen. \v( iin sie sich
v«m vorn nach hinten
vergröfsern , den Uest
des Urmiindes; da nun
zuletzt auch in dieser
Gegend die Mediillar-
rinue sich zum Kohr
schliefst, mufo sieb der
T^'rniund in letzteres
ötTnen und zu der als
Caualis ueureutericus
bekannten, schon beim
Ami)hioxus (Fig. riii) ]>e-
schriebeuen Verbindung
zwischen Darm und
Centraikanal des RQckenmarks werden, welche auf dem nebenstehen-
deu Lilugs durchschnitt durch einen älteren Embryo von Bombinator
(Fig. 70 nv) auf das deutlichste zu sehen ist. (Genaueres hierüber in
dem Kapitel IX.)
Für die Lehre vom exzentrisch erfolgenden rrmundversclilufs
liefern Mifsbildungen , die sich liei den Amphibien leicht gewinnen
lassen, eiu schwer ins Gewicht lullendes lieweismaterial ; daher sei
hier auf dasselbe in aller Karze noch etwas nfther eingegangen.
Durch künstliche Eingriffe kann man es erreichen, dafs bei Frosch-
eiern zwar der eine Teil der Gastrulation, das Einwandern (Invagina-
tiüu) von Zelleumaterial, vor sich ^eht, dagegen infolge eiuer gewissen
SchAdigung des Eies der exzentrische Verschlufs des Urmundes ent-
yreder ganz oder teihvei>e unterbleibt. Unter diesen Umständen
bilden die rrmundriuider i'inen grol'seii Bing, der das ganze Dotter-
feld einschliefst und gleichsam als einen enorm entwickelten Husconi-
8chen Dotterpfropf von aufeen sichtbar bleiben läfst. Trotz der Hem-
mung des Urmundschlusses. durch welche die ganze Bückengegend
des Embryo nicht ziistande gekommen ist. gehen die Difterenzierunijs-
prozesse in dem Zellenmaterial der Urmumlniuder, welche den Kucken
durch ihre Verwachsung hfttten bilden sollen, weiter vor sich; nur
entsteht jetzt auf der rechten und linken Seite des Unnuudringes
eine halbe Medullarplatte, eine halbe Chordaanlage, nur eine Beihe
von Ursegmeuteu, über deren Bildung erst das sechste Kapitel
handelt.
Eine derartige, für die Biclitigkeit der Urmundtheorie überaus be-
weiskräftige Hemmungsmü'sbildung, welche übrigens zuweilen auch
Fitr. 70. liänffBclurchschnitt durch einen
älteren Embryo vom Boaibinator. Nach Gottl.
m Mund, an After, / LeJuir, nv Caiialis neuren-
tericuSf MC MedttlUrrolir, d» Chorda, pn Zirbeldrase.
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80
Fünftes Kapitel.
im Freien j;esaiiinielte Froscheier zeigen, ist in den Fig. 71 u. 72 ab-
gebildet. Fip. 71 gibt eine Ansicht des ganzen uiilsgebihleten Frosch-
Knibryo. Man kann an dem ovalen, eine tiach«' Schüssel darstellenden
Gebilde Kopf- und Schwanzende (k u. nr) deutlich unterscheiden. Au
erstereni ist der vorderste Teil der von dicken Medullarwülsteu um-
gebenen Ilirnplatte entstanden, an deren hinterem Rand eine VAu-
senkung in die Kopfdarmhöhle führt (M). Hinter ihr ist die ganze
Ilückengegend durch einen Schlitz geöftnet. durch welchen der Nah-
ruugsdotter nach aufsen hervorsieht. Rings umschlossen wird der
grofse, den olTen gebliebenen Urmund ausfüllende Dotterpfrojif vom
Urmundrand u/r), der die Hirnwülste nach hinten weiter fortsetzt
und selbst stark verdickt ist, weil er sich schon in verschiedene
Organe differenziert hat. Denn wie der Querschnitt (Fig. 72) lehrt,
welcher etwa durch die Mitte des in Fig. 71 abgebildeten Embryo
hindurchgelegt ist, betindet sich der Urmundrand schon auf einem
weit vorgeschrittenen Embryonalstadium; er hat sich in eine halbe
Kig. 71. Fig. 72.
Fig. 71. Mifsgebildeter Prosch-Embryo mit hocbgradiger Urmund-
spalte. vom Rücken aus gesehen.
k Kopf, kil Eiiifjang in die Kopfdarmhöhle, «r l'rmuudrand. ar Afterrinne,
d Kingang in den Knddarm.
Fig. 72. Querschnitt durch das hintere Drittel des Rumpfes der in
Fig. 71 abgebildeten Mifsbildung.
»i;* .Medtillar])latte, r Verbindungsstelle der Mcdullarplattc mit dem Dotter,
ch Chorda, mk mittleres Keimlilatt.
.MeduUarplatte (tnp), in Chorda {ch), mittleres Keimblatt (ml) und
Ui-segmente gesondert.
Zu Gunsten unserer Urmundtheorie spricht ferner noch in hohem
Malse die Beobachtung, dafs Hemmungsmifsbildungen des Frosches,
welche die in den Fig. 71 u. 72 abgebildete, hochgradige Urmund-
spalte zeigen, sich nachträglich noch in nahezu normale Embryonen
umbilden können. F.s wachsen ihre getrennten Organhillften nach-
träglich noch in der Weise, wie es bei normalem Verlauf die Urmund-
rilnder tun , ül)er das Dotterfeld von links und rechts nach der
Medianebene hinüber und beginnen allmilhlich von vorn nach hinten
zu verschmelzen, linke mit rechter RückenmarksiWllfte , linke mit
rechter Chordaliälfte.
Solche zur Norm zurückkehrende ftltere Miisbildungen sind in
den Figuren 7:i und 74 in einer Totalansicht und auf einem Quer-
schnitt abgebildet. In Figur 73 ist das Kopfende und der der Brust-
region etwa entsjirechende Abschnitt des Rumpfes im ganzen normal
gebildet, dagegen zeigt sich noch in der liegend der Lenden- und
Google
Die Lehre von den Keimblättern.
81
Sacralregion eine Spaltung der dorsalen Achsenor^rane und eine
Öffnung, die einen runden Dotterpfropf einschliefst und sich schon
dadurch deutlich als erhalten gebliebener Rest des Urmundes (Blasto-
porus) zu erkennen gibt. Ein Querschnitt etwas vor dem I rmund-
rest (Fig. 74) zeigt, dafs die Anlagen von Chorda- und Nervenrohr
noch doppelte sind, aber im Vergleich zum Querschnitt durch ein
früheres Stadium (Fig. 72) schon näher nach der Medianelx^ne des
Rückens zusammengetreten sind. Hierbei hat sich jede der in Fig. 72
zusammengekrümmten halben Mcdullarplatten für sich zu einem Rohr
geschlossen. Wenn man die Schnittserie, welcher die Fig. 74 ent-
Fig. 73. Ältere Mifs-
bildung von Rana fusca
mit Urmundapalte vor
dem Schwanzende, nach
Hkriwio.
k' Kopf, d Dotterpfropf,
ur Lrmundrand, ar After-
rinne, n Naht.
Kifr. 74. Querschnitt
durch eine ältere MLTs-
bildunfc von Rana fuaca
mit Urmundapalte et-
was vor dem Dotter-
pfropf, nach Hektwic.
rh Chorda, d Dann,
mr
Fig. 73.
Fig. 74.
zwischen beiden RUckenmarkshälften (mr).
US Ursi'gnient, icf) Wolff scher Gang, v Verbindung
nommen ist, weiter kopfwärts verfolgt, so sieht man die doppelten
Anlagen von Chorda und Rückenmark immer nslher aneinanderrücken,
bis sie sich berühren und schliefslich zu einem einfachen Chordastrang
und einem einfachen Nervenrohr verschmelzen.
Ähnliche Mifsbildangen . wie sie bei Froscheiem beobachtet sind,
kommen auch bei Fischen (Forellen) und bei höheren Wirbeltieren
(Hühnchen), zuweilen selbst beim Menschen, vor und sind hier unter
dem Namen Spina bifida bekannt. Sie sind von um .so gnifserem Interesse,
als sie, wie oben gezeigt wurde, auf der gehemmten Entwicklung eines der
ältesten und primitivsten Organe des Wirbeltierkörpers , des Urmundes,
beruhen, numlich auf dem Ausbleiben seines normalen Verschlusses.
3. Die Keimblattbildung bei deu Fischen.
Die eigentümliche, für die meroblastischen Eier beschriebene
Zusammensetzung der Keiniblase (S. 4-3, Fig. 39) 1) aus einem zelligen
Abschnitt der Wand, welcher der Decke der Amphibienblastula ver-
gleichbar ist, und 2) aus einem nicht in Zellen zerlegten, zuweilen
aufserordentlich mächtig entwickelten Nahrungsdotter ruft natur-
gemilfs auch in der Art und W^eise, wie sich die Keimblätter anlegen,
erhebliche Modifikationen hervor. Der Nahrungsdotter verhält sich
in der weiteren Entwicklung rein ])a8siv; er wird allniiililich flüssig
gemacht und zur Ernährung der Zellen des Keims bei seinem raschen
Wachstum verwandt. Einzig und allein an dem in Zellen zerlegten
Abschnitt der Keimblasenwand spielen sich die weiteren Bildungs-
prozesse ab. Dieselben sind bei den Fischen, besonders aber bei den
Selachiern, noch am leichtesten zu verstehen und von den für
U. U«rtwig, Die Eluineute der EntwicklungHleliro. i. Aull. 6
82
Fünftes Kapitel.
die Amphibien beschriebeuen Verhältnissen al)zuleiten. Sie führen
nach drei Dichtungen zu folgenden Veränderungen:
1) Der zellige Keim beginnt sich Schritt für Schritt weiter in
der Fläche auszubreiten, dal)ei wird er in zwei, später in vier Keim-
blätter gesondert. In den Anfangsstadien dieser Umbildung liegt er
als Scheibe mit scharf abgesetzten Rändern
dem Nahruugsdotter auf (Fig. 7')). Während
in einem kleineu Bezirk der Scheil)e die
Primitivorgane des Embryo, Nervenrohr,
Chorda, Ursegmente u. s. w., angelegt
werden, wachsen die am Rande stark ver-
dünnten Keimblätter immer mehr über deu
Nahrungsdotter herüber und hüllen ihn
schliefslich allseitig ein. 2) Die Entwick-
lung der Keimblätter vollzieht sich in der
Weise, dafs es am hinteren Rande des
zelligen Keims zu einer Einstülpung kommt,
die zur Anlage des inneren Keimblattes
führt. Somit wandelt sich auch hier die
Blastula zu einer Gastrula um. Hieran
schliefst sich in kurzer Zeit die Einstülpung
der mittleren Keimblätter an. 3) Wie bei
den Amphibieneiern findet auch hier, von
dem zuerst entstandenen Teil des Urmundes
ausgehend, eine exzentrisch von vorn nach
hinten fortschreitende Verwachsung der
linken mit der rechten Hälfte seines Randes
statt und bildet sich in dieser Weise der
dorsale Embryonalbezirk aus, in welchem
weiterhin Chorda, Nervenrohr und Ur-
segmente angelegt werden.
Zu dieser kurzen Übersicht sind noch
einige erläuternde Bemerkungen hinzu-
zufügen. Schon bei Betrachtung der Ober-
tläche sowie an Durchschnitten (Fig. 7i»)
kann man an dem sich vergröfsernden
Keim, der gleichsam wie ein l'hrglas über
der Keinil)lasenh(ihle (B) mit seinen Rändern
dem Nabrungsdotter aufliegt, bald zwei
Fig. 75. Ei von Scyllium
oanicula mit einem zelli-
gen Keim , der schon in
zwei Keimblätter geson-
dert ist und am hinteren
Randbezirk die erste An-
läge der Medullarplatte
zeig^. Photugrumin des ana-
tomisch-biologischen Instituts
nach einem I'ruparat des
Herrn Jablunowbki.
Kit;. Medianschnitt durch eine Keimblase von Fristiurus, an
welcher die QustruiaeinBtülpung beginnt. Nach Huokert.
ud Erste Anlage des Urdarnis, B Kcimblasenhnhlo, dk Dotterkeme, /// fein-
körniger l>otter, gd grubkorniger Dotter, F vorderer, //hinterer Rand der Keinihlase.
Google
Die Lehre von den Keimblättern.
83
Bezirke unterscheiden, einen vorderen Bezirk ( V). der dünner und dalier
durchsichtiger ist, und einen hinteren Bezirk (H), der zellenreicher
ist, dunkler erscheint und einen dickeren Rand hesitzt. der sich bald
durch eine tiefere Rinne vom Nahruugsdotter schilrfer abgrenzt.
Vom hinteren verdickten Rande geht die Entwicklung des inneren
Keimblattes aus; es bildet sich an ihm, wie der Durchschnitt zeigt,
zuerst eine kleine Einstülpung (ud) aus, die sich allmilhlich weiter
vertieft (Fig. 77). Der hintere Teil des Keims ist infolgedessen eine
Strecke weit zweiblätterig geworden. Zwischen dem eingestülpten
oder unteren Keimblatt und dem Nahrungsdotter ist ein enger ürdarm
tk ms en ek dl
d9 d9
Fig. 77. Mediansohnitt durch die in Fig. 79 abgebildete Keimhaut.
Nach ZiKOLKR.
ek Aufseres Keimblatt, en inneres Keimblatt, ud Urdarm, ds Dottersyncytium,
dl dorsale L'rmundlippe, ms Mesenchym.
entstanden, der mehr und mehr die Keimblasenhöhle verdrängt (Fig. 77
ud). Der hintere Rand der Scheibe, an welchem sich die Einstülpung
von dem Punkt, wo sie begonnen hat. zu beiden Seiten Schritt für
Schritt weiter ausdehnt, und an welchem sich das äufsere (ek) in
das innere Keimblatt {en) umschlägt (Fig. 77 dl), entspricht demnach
Fig. 78. Querschnitt durch den in Fig. 70 abgebildeten Selachier-
keim entsprechend der Linie sch. Nach Zikolbr.
ak Aufseres, ik^ inneres Keimblatt (('hordaentoblastX ik* innere» Keimblatt,
mk mittleres Keimblatt, •* Mesodennbildiingsrinne, von welcher das mittlere Keim-
blatt einwächst.
der vorderen Urmundlippe der Amphibiengastrula (Fig. .57 dl). Die
l'rmundrinne bildet einen mit der Konkavität nach vorn gerichteten
Halbbogen.
Auch in der .Entstehung des mittleren Keimblattes läfst sich ein
hoher Grad der Übereinstimmung mit dem Verlauf der (iastrulation
bei den Amphibien feststellen. Denn ])ald nach der ersten Anlage
des kopfwärts gerichteten Urdarnisäckchens beginnt auch schon das
mittlere Keimblatt aufzutreten, an welchem wir im weiteren Verlauf
ebenfalls einen peristomalen un<i einen gastraleu Abschnitt unter-
scheiden können. An dem verdickten Urniundrand (Fig. 78) wächst
eine kompakte kleinzellige Masse (wjA) in den Raum zwischen den
6*
84
Fünftes Kapitel.
beiden priniüren Keimblättern hinein längs einer tiefen Rinne (*),
welcher man den Kamen Coelonibucht oder Mesodermbildungsrinne
gegeben hat. Sie entspricht dem Spalt, welcher bei den Amphibien
in der Umgebung des Blastoporus in dns mittlere Keimblatt eindringt
und die früher unterschiedene Urmundlippe von der Darmlippe trennt
(Fig. Gl und Text auf S. 73). Denken wir uns auf dem Durchschnitt
die kompakte Zellenmasse, welche das mittlere Keimblatt vorstellt,
in zwei Blätter gespalten, so erhalten wir zwei nach dem Umiund-
rand sich öffnende Taschen, welche den beiden Leibessäcken (Fig. 03
Ih) in dem für die Amphibien entworfenen Schema gleichen. Wir
können uns das letztere so abändern, dafs es für die Verhältnisse bei
den Selachieru ungefähr dienen kann , wenn wir uns den Dotter
kolossal vermehrt, den Urmund zum höchsten (Irade ausgedehnt und
den nicht aus Dotterzellen bestehenden Teil des Keimes flach über
dem Dotter ausgebreitet denken.
Auch bei den Selachiern läfst sich eine Reihe von Befunden zu
. Gunsten der Ansicht verwerten, dafs am hinteren Rande des scheiben-
förmigen Keimes bei seiner Ausbreitung in
Fig. 79. Fig. >*0.
Fig. 79. Oberflächenbild der vom Dotter abgehobenen Keimhaut
eines Selachiers (Torpedo ocellata). Nach Zieuler.
kh Keimblascnholile, mk Stelle, bis zu welcher am hinteren Ilande sich mitt-
leres Keimblatt bildet, rk Kandkerbe, k Kopfende, querer Hirnwulst.
Fig. 80. A, B, C Schemata, um die Verschmelzung der linken mit
der rechten Hälfte des Urmundrandes in einer Itängsnaht bu zeigen, wo-
durch die Rücken gegend des £!mbryo entsteht, in der sich die Aohsen-
organe anlegen.
Mit punktierten Kreislinien ist die zunehmende Gröfse der Keim.scheibe im
Laufe der Entwicklung angedeutet. Die dunkelschwnrzen Linien bezeichnen den
Urniundrand und den aus Verschmelzung seiner linken und rechten Hälfte ent-
stehenden Zellenstreifen, aus dem sich dann Chorda, Nervenrohr, Ursegmentc sondern.
der rechten Hälfte des Urmundrandes vor sich geht, von der Stelle be-
ginnend, wo die erste Einstülpung aufgetreten ist. Schon bei Betrach-
tung des Selachierkeimes von der Fläche ist eine charakteristische Ein-
ziehung seines Randes zu erkennen, die unter dem Nauien der Rand-
kerbe bekannt ist (Fig. 70 rÄ). In geringer Entfernung von ihr wird
frühzeitig schon der vorderste Abschnitt der Nervenplatte als querer
Himwulst (Fig. 70 u. Fig. 7.j) angelegt, entsiirechend den früher l»e-
schriebenen Verhältnissen l)ei den Amphibien ( S. 72, Fig. r)0). Nach-
dem so eine bestimmte Stelle des Keims als Kojifende zu erkennen
ist, geht das weitere Wachstum des pjnbryo in der Weise weiter vor
sich, dafs an den zuerst diflerenzierten Kopfabschnitt des Rumpfes
Hand in Hand mit der Flächeuausbreilung der Keimscheibe sich die
Google
Die Lehre von den Keimblättern.
85
nächstfolgenden Abschnitte suceessive angliedern, zuerst die Hals-,
dann die Brust-, die Lenden- und zuletzt die Schwanzregion, wobei
der Abstand zwischen dem zuerst entstandenen queren Hirnwulst
und der Randkerbe ein immer grölserer wird. Um zu veranschaulichen,
wie bei diesem Wachstum eine von vorn nach hinten fortschreitende
Verwachsung der links und der rechts von der Randkerbe gelegenen
Hälfte des Urmundrandes vor sich geht, diene das vorstehende
Schema (I'ig. 80), dessen beigedruckte Erklärung nachzulesen ist. In
der so entstandenen, vorn vom Hiruwulst, hinten von der Randkerbe
begrenzten Rttckengegen<l des Embryo sondern sich allmählich die
einzelnen Achsenorgane, Nervenrohr, Chorda und zur Seite der letz-
teren der gastrale oder parachordale Mesoblast, und zwar finden sich
nach vorn immer die älteren, nach liinten die jüngeren Entwicklungs-
i-tadien der betreffenden Organe, da, wie schon früher gesagt, die
hinteren Teile sich erst später angliedern.
Da vom Rande des scheibenförmigen Keims nur der hintere Ab-
schnitt zur Bildung der Achsenorgane des Embryo in Beziehung
»M/' wir
Fig. 81. Querschnitt durch eine Embryonalanlage von Pristiurus
melanostomuB (Stadiuni B von Balfol-b) aus der vorderen Hälfte. Nach Kabl.
ak, ik, mk Aufsercs, inneres, mittleres Keimblatt, mk, »hA' peristomaler und
caistraler Mesoblast, m/'Medullarfalte, tur Medullarrinne, ul L'rmumflipne, ** Coeloni-
bucht oder Mesodermursprungsrinne, tl Dotter, dk Ootterkerue, ch Uhordaanlage.
steht, habe ich ihn als den emhryobildenden und als Urmundrand
bezeichnet und von ihm den vorderen A])schnitt, welcher bei seiner
Ausbreitung in der Fläche nur den Nahrungsdotter mit dünneu Zell-
schichten überzieht, als den Umwachsungsrand unterschieden.
Eine Reihe von Querschnitten durch die Rückengegend liefert
genau dieselben Bilder, welche wir schon bei der Entwicklung des
Amphioxus und der Amphibien kennen gelernt haben. (Man ver-
gleiche die Figuren 81 und 82 mit den Figuren «)2. tio — (10 vom
Triton und den Figuren 52 — 55 vom Amphioxus.) Links und rechts
von der Medianebene, wo auf einem früheren Stadium die Verwachsung
der Urmundränder stattgefunden hat, besteht die Rückeugegend
(Fig. 81) nur aus zwei Keimblättern, von denen jetzt das äuisere
die zur Rinne umgewandelte Nervenplatte (>"r), das innere die Chorda-
anlage (ch) geliefert hat. Zu beiden Seiten von diesen Anlagen Im^-
ginnt der Keim dreiblätterig zu werden, indem an der mit einem
86
F&Bftes KapiteL
Doppelstern bezeichneten Stelle mittleres Keimblatt cgastraler oder
parachordaler Mesoblast) zwischen die beiden primären KeimblAtter
hineinwächst. Die Stelle ist wieder mit einer tiefen Rinne verseluMi,
welche der Coelonihuclit am Urmundrand entspricht, von welcher sich
der peristomule Mesoblast entwickelt (Fig. 81 ** niÄ). Parachordale
und peristomale Coelombucht gehen wie die von ihnen entspringenden
Abfidinitte des mittlere Keimblattes beiderseits von der Randkerhe
ineinander tiber. Auch dies Verhältnis
spricht, abgesehen davon, dals man im
Gronde der Randkerbe tatälehlieh eine
Nahtstelle nachweisen kann, fttr die Rich-
tigkeit der Lehre, dafs die Urmundränder
von vom nach hinten verschmelzen. (Ur-
mtmdtheorie.)
Auf spateren Stadien wandelt sich die
Nervenrinne in der bekannten Weise (siehe
S. 78) zum Kohr um; die Chordaanlage
wird zur stabfftnnigen Chorda (Fig. 82 cA)
und wird vom Darmdrfisenblatt (ik) unter-
wachsen; das mittlere Keimblatt (mk) löst
sich aus dem Zusammenhang, der in Fig. 81
an der mit einem Doppelsten bezdehneten Stelle mit der Chordaanlage
und dem DarmdrOsenblatt bestanden hatte.
4. Die Kelmblatibildmig M BeptUlen, Yftgelii lud SingetleM«
a) Die ersten Stadien bei BeptUien tmd Vögeln.
Bei den grol'sen, dotterreichen £iem der Reptilien und Vögel ist
gerade iu den ersten Stadien die Untersuchung des Keimes mit be-
ponderen teehnischen Schwierigkeiten verknüpft. Immerhin weisen
auch hier manche Befunde darauf hin, dafs die Entwickluuj? des
imu ren Keimblattes im wesentlichen nach demselben Prinzip wie bei
den Amphibien und Selachiem vor sich geht, was bei dem jetzigen
Stand der gesamten Keimblattfrage auch kaum anders zu er-
warten ist.
Wenn sich der zellige Keim beim weiteren Fortgang der Kiit-
wicklung auf dem Nahrungsdotter in der Flüche mehr auszubreiten
beginnt, wird seine Mitte dünner und durchsichtiger; unter ihr ent-
steht durch VertlOssifiung des Dotters eine kleine Höhlung. Man
kann jetzt bei Betrachtung von der Fläche (Fig. wie am scheiben-
förmigen Keim l)ei den Fischen ein mittleres, kreisförmiges, etwas
helleres Feld, iie Area pellucida oder den hellen FVuchthof der älteren
Autoren (/»/ ), und einen tr{il)ereii. ringförmigen Rand, die Area opaca
oder den dunkeln Fruchthof ((// ), unterscheiden. Die Unterschiede
werden noch deutlicher, wenn man die Keimscheibe vom Dotter ab-
präpariert und in physiologischer Kochsalzlösung betrachtet. Die
weiteren Vorgänge sind bei den Reptilien leichter als bei den Vögeln
und Säugetieren zu verfolgen und zu deuten. Man sieht bei ihnen
in der Mitte der Keimliuul und des hellen Fruchthofs eine etwas
weniger durchsichtige Stelle auftreten, welche bei Untersuchung des
vom Dotter abgelösten Keimes auf schwarzem Grund weifslich erscheint
(Fig. 84) und als das Embryonalschild {sch) unterschieden wird.
Fi'_' Querschnitt daroh
dieEmbryonalanlageeines
Belaohiers. Nach Balpouk.
ak, tA-, mk Aurseres, inneres,
mittleresKeimblattiCÄChord«,
wjf MedollMTplatte.
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Die Lehre von den KeimbhUtern.
87
Es ist dadurch entstanden , dafs in seinem Bereich die zum Epithel
zusammengefügten Zellen der Keimhaut höher geworden sind, erst
kubisch, später cylindrisch, während umgekehrt in der Peripherie die
Zellen sich immer mehr ahgetlacht haben und dementsprechend durch-
sichtiger erscheinen. Bald ist an dem ovalen Schild auch ein
vorderer und ein hinterer Rand zu erkennen, indem an letzterem
sich eine kleine, weifs erscheinende Stelle als ein nach hinten ge-
richteter Vorsprung absetzt, der sogenannte Primitivknoten (Mkhnert)
oder die Primitivplatte (Will), der Ausgangsjjunkt und das Zentrum
für alle weiteren Bildungsvorgänge (Fig. S4pr).
Schon in dieser Lage des Primitivknotens als des zukünftigen
Bildungscentrums ist ein sehr wichtiger Unterschied in der Keim-
blattbildung der Reptilien, an welche sich die Vögel und Säugetiere
anknüpfen lassen, gegenüber der Keimblattbildung in den meroblasti-
schen Eiern der Elasmobranchier und Teleostier gegeben. Denn
während bei diesen die Prozesse,
die zur Ausbildung des embryonalen
Körjters führen, vom Rand der Keim-
haut aus ihren Ursprung nehmen,
Fig. 83. Fig. 84.
Fip. 83. Keimhaut eines WasBervogels, Haliplana, mit dunklem und
hellem Fruohthof (<// ii. hf) und mit der ersten Andeutung des Frimitiv-
Btreifens (/>r). Nach SciiAinN8t.Ai«D.
Fig. 84. Embryonalsohild mit Primitivplatte vom Embryo von
Ltaoerta mur. Nach Wii.t..
seh EmbryonalBchiUl, ;>r Primitivplatte.
spielen sie sich in den jetzt zu untersuchenden Klassen der Wirbel-
tiere mehr oder minder annähernd iji ihrer Mitte ab. Infolge-
dessen ist in ersterem Fall das hintere Ende des Embryos bis zur
Zeit, wo die Schwanzknospe auftritt, immer mit dem Rande der
Keimhaut verbunden: der Embryo entwickelt sich, wie man das Ver-
hältnis kurz ausdrücken kann, randständig, und zwar, wie wir
gesehen haben, unter Beteiligung des Zellenmaterials des Randes,
welcher zugleich die Unnundlippe darstellt. Im zweiten Fall spielt
bei der Entwicklung des Embryo der Rand der Keimhaut gar keine
Rolle und besitzt überhaupt andere Eigenschaften als bei den Elasmo-
branchiern und den Teleostiern, bei denen er in grofser Ausdehnung
zum Urmundrand wird. Der Embryo bildet sich, um das Verhältnis
wieder durch ein Schlagwort zu bezeichnen, mittelständig.
Von der Primitivplatte geht die Entwicklung des inneren Keim-
blattes aus. In ihrem Bereich ist, im Unterschied zum Embryonal -
Schild mit seinen hohen Cylinderzellen, die Trübung durch eine erheb-
liche Wucherung der Zellen hervorgerufen worden, wodurch ein dicker
88
Fftaftes KaplteL
Knoten teils fester, teils locker verbuudeuci Elemente zustande
kommt. Im Anschluls hieran haben sich die in der Keimhöhle zer-
streuten Botteneellen zu einer zweiten Sebieht unter der Decke der
Keimblase, unter den Cylinderzellen des Schildes, zusammengefügt;
sie sind meist abgeplattet, von verschiedener Form und Gröfse und
hängen meist nur locker untereinander zusammen. Sie stellen das
neugebildete innere Keimblatt dar, velcbes von Kcpma als Paradenn
oder Dotterblatt, von van Beneden als Lecithophor beschrieben worden
ist (Fi?, sr,).
Ahnlich vrie bei den Keptilien liegen die Verhältnisse bei deu
YOgeln, obwohl bei ibnen eine Primitivplatte nicbt zu erkennen ist.
Gleich nach der Ablage besteht die Keimhaut vom Huhn, auf dem
Durchschnitt untersucht, aus mehreren Zellenlagen, die sich in ihrer
Beschaffenheit vooeinauder unterscheiden. Die oberflächlichen
Zellen sind zu einer festen Epithelmembran untereinander verbunden,
sie sind kubisch oder cylindriseh und im Bereich des bellen Frucbt-
Fig. 85. Mediansohnitt durch eine Keimhaut mit Frimitivplatte von
Laoerta maimli*. Nach Wkloun.
pf PrimitiTplatte, di dorsale Urmundlippe.
hofes durch einen feineu 8i>alt von den tieferen Zellenlagen getreunt,
dagegen im Randbezirk des dunkeln Fniehthofes von ihnen nicht
abzugrenzen. Die darunter gelegenen Zellen zeigen ein minder be-
ständiges Verhalten und liegen, je mehr das Ei in seiner Entwick-
lung zurück ist, um so lockerer und unregelmäfsiger in kleinen Gruppen
und Strängen zusammen, die eine Art Netzwerk bilden. In der Mitte
der Area pellucida ist die untere Schicht dünner und breitet sich über
einer kleinen Höhle aus, die sie vom weilten Dotter des l^vNDERSchen
Kerns trennt und Keimhöhle oder subgermiuale ilühle heifst. Auch
in ihr finden sieh vereinzelte runde Furchuugskugeln, zum Teil un-
mittelbar auf dem weifsen Dotterboden, der selbst eine Anzahl Kerne
einschliefst und das centrale Dottersyncytium Vincnows darstellt. Nach
dem Raudbezirk (Area opaca) zu wird die untere Schicht, besonders
entsprechend dem späteren hinteren Band, dicker und liegt unmittel-
bar dem weifsen Dotter auf, welcher mit seinen eingestreuten Kernen
ein peripheres Dottersyneytiuin ausmacht. Man hat den gesamten,
etwas verdickten, zelligen Rand der Keimhaut Raudwulst (Göttjj)
oder Eeimwulst (KGlueer), bourellet blastodennique (Duval) genannt
Der so beschalTene Keim ist meiner Ansicht nach noch nicht
'/weihlrittrifT. wie vielfach ang''n'nemen wird, er befindet sirh erst am
Ende des blastulastadiumi»; es entspricht die obertlächliche festgefügte
Schicht kubischer Zellen der Decke der Keimblase , der enge Spalt
unter ihr der Furchungs- resp. Keimblasenhöhle, und die locker
auf i\<^w\ weif ' i: wlrn verstreuten vegetativen Zellen lassen sich
dem Roden der Kenuhiase vergleichen. Ein inneres Keimblatt ist
erst von dem Zeitpunkt an vorhanden, wenn sich die zuvor locker
verteilten und meist kugeligen Zellen unter starker Abplattung su
pr
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Die Lehre von den Keimblättern.
8P
einer wirklichen Membran fester zusaiinnenjieordnct haben. Zuweilen
nimmt diese IJniwandlunK schon vor der Bebrütung iliren Anfang, in
den meisten Filllen ist sie ihre erste Folge.
An Längsschnitten (Fig. 80 u. 87) findet man dann im hinteren
Bereich des hellen Fruchthofes unter der obertläclilichen Schicht
cylindrischer Zellen, der ursprünglichen Decke der Keimblase, die jetzt
zum iUifseren Keimblatt geworden ist, durch einen scharfen Spalt
von ihm getrennt, ein di^nnes Häutchen abgeidatteter Zellen, das
Entoderm. Es hängt nach hinten mit dem liier dicker gewordenen
Randwulst zusammen, in einer Gegend, welche sich etwa der Primitiv-
platte der Reptilien würde vergleichen lassen, während es nach vom
zu und etwas seitwärts mit freiem unregelmälsigem Rand aufhört.
Im vorderen Bereich des hellen Fruchtliofes breitet sich daher das
a** ak ik
Kig. ÖT.
Vig. 86. Sagittaler Durchschnitt durch die Keimhaut des Hühnchens,
einige Stunden nach Boginn der Bebrütung. Nach Heutwig.
Fig. 87. Ein Stück der Keimhaut von Fig. 86, aus dem Bezirk, wo
das innere Blatt mit freiem Rand aufhört; stürker vergrorsert. Nach IIkrtwio.
«Ä". tA- Aufseres und inneres Keiniltlatt, r: isuberte vegetative Zellen, ak^ Be-
zirk des uufseren Keimblattes, unter welchem da» innere noch fehlt.
äufsere Keimblatt bis zum vorderen Randwulst unmittelbar über einer
Höhle aus, welche man als Keimblasenhöhle bezeichnen und nach
hinten in die Urdarmhöhle verfolgen kann. Wie auf früheren Stadien
sind in den Höhlen und auf dem Dotterboden noch einzelne runde
Embr}'onalzellen zerstreut, die allmählich an Zahl abnehmen und zum
Wachstum des unteren Keimblattes aufgebraucht werden, l'nter
ihnen befinden sich auch einzelne, nur aus Dotter be.stehende, gröfsere
und kleinere Kugeln, die Megasphären von His, die nichts anderes
als vom Dotter abgelöste Ballen sind und zur Ernährung der Zellen
der Keimblätter dienen. Nach längerer Dauer der Bebrütuiig dehnt
sich das innere Keimblatt mit seinem freien Rand weiter nach vom
und seitlich aus und verschmilzt dann zuletzt auch hier mit dem
Randwulst, wodurch seine Bildung ihren Abschlul's tindct (Fig. 88).
Wie aus dieser Darstellung hervorgeht, gleicht die Art und Weise,
wie sich hei Reptilien und Vögeln das innere Keimblatt anlegt, sehr
wenig den bisher beschriebenen Formen der Gastrulation beim Ani-
phioxus, l)ei den Amphibien und Fischen. Von einer wirklichen Ein-
stülpung i.st keine Spur mehr nachzuwei>en. Es läfst sich am besten
90
Fünftes Kapitel.
der Vorgang als eine Unter wachsung der Decke der Keimblase
durch die zerstreuten vegetativen Zellen und feste Vereinigung der-
selben zu einem inneren Keimblatt dehuieren. Auf die Frage, inwieweit
dieser Vorgang von den unprnnglichen Verhältnissen durch Nachweis
von Übergangsformen ableitbar ist und als eine stark abgeänderte
Moditikation der (lastrulation gedeutet werden kann, hier eine Ant-
wort zu geben, würde uns zu weit fuhren. Genaueres tiudet sich
hierüber in der 7. Auflage des Lehiimehs und im Handbuch der
vergleichenden und experimentellen Entwicklungslehre (S. 824 u. 859).
Ebenso schwierig als bei den Vögeln ist die Entwicklung
des inneren Keimblattes bei den Säugetieren auf die
Gastrulation der übrigen Wirbeltiere zurückzuführen. Das bei den
Untersuchungen am meisten benutste Objekt, welches wir auch
unserer Darstellung zugrunde legen wollen , ist gewöhnlich das
Kaninchen gewesen; aulserdem sind noch Fledermaus, Maulwurf,
Schwein, Schaf, Igel, Beuteltiere etc. untersucht worden. Wahrend
das Ei der Säugetiere im
Eileiter durch <\\e Flimmer-
bewegung des Epithels lang-
sam nach der Gebärmutter
hingetrieben wird, ist es durch
den Furchungsprozefs in einen
kugeligen Haufen kleiner
Zellen zerfallen 25).
Darauf entsteht in seinem
Innern durch Abscheid ung
von Flüssigkeit eine kleine
spaltförmige Höhle (Fig. 8d kb).
Der Keim ist somit in das
Blasen- oder Blastulastidiuni
eingetreten. Die Wand der
Keimblasü oder Vesicuia blastoderniica wird, wie schon seit Bischoffs
Arbeiten bekannt ist, aus einer einzigen Lage mosaikartig angeord-
neter, polygonaler Zellen gebildet, einen kleinen Bezirk ausgenommen.
Hier ist die Wand wie bei der Keimblase der Amphibien durch einen
Haufen etwas körnchenreicherer und dunklerer Zellen * verdickt,
welche einen in die Keimblasenhdhle vorspringenden Höcker bedingen.
Für die weitere Entwicklung der Silugetiere ist nun vor allem
der Umstand besonders charakteristisch, dals sich die Keimblase bei
ihnen, wie bei keinem anderen Wirbeltier, durch Zunahme von
Flüssigkeit, die viel Eiweirs enthült und bei Zusatz von Alkohol
körnig gerinnt, aul^rordentlich vergröfsert (Fig. 9(0 und bald einen
Durchmesser von 1 mm gewinnt. Natürlich ist bei diesen Wachstums-
vorgängen auch die Zona pellucida verändert und zu einem
dünnen Hüutchen ausgedehnt worden. Ihr liegt eine schon von den
Wandungen des Eileiters ausgeschiedene Gallerte auf. Die Wand
der Keimblase ist an den 1 nim grofsen Eiern vom Kaninchen sehr
dünn geworden. Die in einlacher Schicht angeordneten, mosaikartigen
Zellen haben sieh stark abgeplattet Auch der in die Keimblasen-
hühle vorspringende Zellenhöcker hat sich umgewandelt und Sich
mehr und mehr in die Fläche zu einer scheibenfiirniigen Platte aus-
gebreitet, welche sich mit zugeschärftem Rande allmählich in den
verdünnten Wandteil der Keimblase fortsetzt. An der Platte spielen
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F]>. 88. DaroliaeltatttdiirehdraBMDid
der Keimhaut eines sechs Stunden !)•-
brütaten Hühnereies. Nach Dwau
ofe Aoftent Keimblatt, dg DoCtermlle,
dk DotCerkerne, du DotterwalL
Die Lehre von den KoimMattcra. 91
sich, wie au der Keinischeibe der Reptilien und Vögel, die weiteren
Entwicklungsprozesse in erster Linie ab. Ihre oberHilchlichsten Zellen
sind zu dünnen Schtippchen abgeplattet, wie sie auch sonst die Wand
der Blase bilden; ihre anderen, zwei- bis dreifach übereinanderge-
lagerten Elemente dagegen sind gröfser und protoplasmareicher.
Bis hierher befindet sich das Ei der Säugetiere noch auf dem
Keimblasenstadium; es besteht überall aus einem einzigen Keimblatt.
Zwei Keimblätter treten erst an Eiern auf, die schon mehr als 1 mm
Durchmesser besitzen und etwa fünf Tage alt sind. An der Stelle, wo
früher die Zellenplatte lag, ist jetzt bei Betrachtung von der Fläche
(Fig. 91) ein weifslicher Fleck zu sehen, der anfangs rund, später
oval und birnenförmig wird. Er entspricht dem Embryonalschild
der Reptilien (Area embryoualis, E mbry onalf leck Köllikers) und
Fig. 89. Keim-
blase eines Ka-
ninoheneies. Nach
£. VAH Bkxkukn.
f Eiweifshülle, zp
Zona pellucida, tc
auseinfacherZellen-
lage aufgebaute
Wand der Keim-
liIaseJrftFurchungs-
hohle, die sich all-
mählich zur Keim-
blasenhöhle erwei-
tert. * Haufen von
Embryonalzellen.
ist daher mit demselben Namen belegt worden. Er besteht aus zwei
durch einen deutlichen Spalt getrennten und voneinander ablösbaren
Keimblättern (Fig. 92). Von diesen ist das innere Keimblatt (// ) eine
einzige Lage stark abgeplatteter Zellen. Das äufsere Keimblatt (ak)
dagegen ist erheblich dicker und verursacht dadurch «las dunklere
Aussehen des Teils der Blasenwand, welcher den Schild bildet; es
ist aus zwei Zellenlagen zusammengesetzt : 1 ) aus einer tieferen Lage
kubischer oder rundlicher, grofserer B]lemente und 2) aus einer ober-
flächlichen Lage vereinzelter , platter Zellen , die von Räuber zuerst
genauer beschrieben worden sind und nach ihm als R.\i'BERsche
Schicht bezeichnet werden. Nach den Rändern des Schildes zu
verdünnt sich das äufsere Blatt, wird einschichtig und setzt sich in
die abgeplatteten, grofsen Elemente fort, die wir schon auf dem Keim-
blasenstadium den gröfsten Teil der Blasenwand haben allein aus-
machen sehen. Das innere Keimblatt ist anfänglich nur an einem
kleinen Teil der Blasenwand, am Schild und in seiner nächsten Um-
gebung, entwickelt; es hört mit einem gezackten Rande frei auf; hier
tinden sich locker aneinandergrenzende, amöboide Zellen.
92
Fünftes Kapitel.
die durch ihre \ erinehrung und Ortsveräuderung wohl das Weiter-
wachstum des Blattes hediugen. Dieses breitet sich nämlich an den
Älteren Eiern von dem Schild nach dem entgegengesetzten Eipol lang-
sam aus, wodurch nach und nach die ganze Keimblase zweibliUterig
wird. Während dies geschieht, gehen auch Veränderungen an dem
oval gewordenen und etwas vergröiserten Schild vor sich. Die
Fig. 90. Altere Keimblase eines Kaninchens. Nach E. van Pexkuk.n.
tp Zona pelluoida, »/• einfache, noch mehr als in Fig. 89 verdünnte. Wand
der Keimblase. * Haufen der Knibryonalzeilen von Fig. 89, abgeplattet zu einer
Scheibe, die den abgeplatteten Zellen der HIasenwand anliegt.
Fig. 91. Ein Btüok Keimhaut mit Embryonalsohiid von einem Hundeei
16 Tage nach der letzten Begattung von der Fläche gesehen. Naih Bo.nnkt.
k Handkerbe.
RAUBEKsche Schicht verschwindet, die unter ihr gelegenen, kubischen
oder kugeligen Zellen sind cyliudrisch geworden und schliefsen noch
dichter zusammen. Beide primären Keimblätter sind jetzt nur ein-
schichtig.
Zur Illustration dieser Verhältnisse dienen auch die l)eiden fol-
genden Figuren . welche ein sieben Tage altes Kaninchenei in zwei
Fig. 92. Schnitt durch den Embryonalschild eines Kaninohenkeims,
fünf Tage nach der Empfängnis. Naeh Koi.likkr.
ak, ik .^ufseres und inneres Keimblatt, rz lUcuKnüche Deckschicht.
verschiedenen Ansichten darstellen. Bei Betrachtung von oben
(Fig. W) ist der jetzt oval gewordene Schild loq) zu sehen. Bei
seitlicher Ansicht (Fig.*.>4) kann nmn drei Bezirke an der Keim-
blase unterscheiden: 1) den Schild (ng). 2) einen die obere Hälfte
der Blase einnehmenden und bis zur Linie gc reichenden Bezirk, in
weU hen« die Wand noch zweiiilätterig ist, aber die Zellen des äufseren
Fig. 90.
Fig. 91.
, Google
Die Lehre von den Keimblättern.
und inneren Keimblattes stark abgeplattet sind, und 3) einen nach
abwärts von der Linie ge gelegenen Abschnitt, wo (iie Blasenwand
nur von dem äufseren Keimblatt gebildet wird.
Es erhebt sich jetzt die wichtige Frage, in welcher Weise sich
bei den Säugetieren die zweiblätterige aus der einblätterigen Anlage
entwickelt. Nach der Kleinheit des Eies, nach dem Verlauf des
Furchungsprozesses und nach der Beschaffenheit der Keimblase, die
eine grofse, mit Flüssigkeit erfüllte Höhle einschliefst und nur von
einer dünnen Zellenlage umgrenzt wird, liefse sich erwarten, dals die
Gastrulabildung in ähnlicher Weise wie beim Amphioxus vor sich
gehen und die eine Hälfte der Blasenwand gegen die andere zum
Becher eingestülpt werden mttfste. Das ist nun aber keineswegs der
Fall. Vielmehr deuten alle bekannt gewordenen Erscheinungen darauf
hin, dafs die Eier der Säugetiere hinsichtlich ihrer Keimblattbildung
sich mehr an die grofsen, dotterreichen Eier der Reptilien und Vögel
unmittelbar anschliefsen.
P'ig. 93 u. 94. Keime des Kaninchens von sieben Tagen ohne äuTsere
Eihaut, Länge 4,4 mm. Nach Köllikkr. 10 mal vergrofsert.
Fig. 93 von oben. Fig. 94 von der Seite gesehen.
ag Embryonalschild (Area embryonalis); ge die Stelle, bis zu welcher die
Blasenwand doppclblütterig ist
Dieser Umstand sowie auch noch manche anderen Verhältnisse,
die im achten Kapitel ausführlicher besprochen werden sollen, lassen
die .Annahme als notwendig erscheinen, dals die Säuger von Tieren
abstammen, welche grofse, dotterreiche Eier besessen haben und ovipar
gewesen sind. Ihre Eier haben demnach aus später (Kap. VIII) noch
genauer zu erörternden Gründen ihren Dottergehalt zum grölsten Teil
wieder eingebüfst; sie sind nicht ursprünglich dotterann, sondern sind
erst nachträglich wieder dotterann geworden; ihre (iastrulatiou kann
daher auch nicht mehr nach dem ursprünglichen und einfachen Typus
eines Amphioxuseies verlaufen. Sie ist ebenso wie bei den Reptilien
und Vögeln aufserordentlich modifiziert. Auch hierüber ist das Nähere
in meinem Lehrbuch der Entwicklungsgeschichte und im Handbuch
Bd. I S. 0()7 nachzulesen.
Als Eigentündichkeit für mehrere Ordnungen der Säugetiere
(z. B. für Wiederkäuer, Schweine u. dgl.) ist noch zu erwähnen, dals
Fig. 93.
Fig. 94.
94
Fanftes Kapitel.
ihre Vesicula hlastoderraica frühzeitig zu einem aufserordentlich langen
und feinen Schlauch auswächst, der sieb in den Hörnern des Uterus
hicnrnis einhettot. Kin solcher ist vom Schaf in Fig. 95 auf zwei
Drittel verkleinert dargestellt, nach einem Präparat von Bonket,
Fi^. 95. T.anger Eisc hlauch des Schafes, 12 Tage 2 Stunden nach dMT
Bagattung herauspräpariert i auf zwei Drittel Terkleinert. Mach Bokmkt.
E Embryonalsdiildt N bUseiiKrtige Enreitenmg dea Sehlaachea an aeinen
luaden.
welches 12 Tage nach der Begattung aus dem Uterushom isoliert
wurde. Der sehr kleine Smbryonalschild iE) ist in der Mitte des
Schlauches zu sehen.
b) die zweite Phase der Gastrulation.
Die zweite Phase der Keimblattbilduug ist bei den Amnioten
ausgezeichnet durch eine lebhafte Wucherung des ftufteren Keim-
blattes , welche das Material zur Anlage der Chorda und des mitt-
leren Keimblattes liefert. Hierbei kommt es hei den Reptilien zu
einer Einstülpung, die seit ihrer Entdeckung durch Kupffeb lange
Zeit fOr die Gastrulatasche gehalten und der Gastralböhle des
Amphioxus und der Amphibien verglichen worden ist. Obgleich die
Ähnlichkeit eine «^ehr grofse ist, mufs der Vergleich doch als ein
irriger bezeichnet werden, da die Zellen, welche einwachsen und die
Einstülpungshöhle begrenzen, nicht zur Auskleidung des Dannraumes
dienen , also nicht das DarmdrQsenblatt liefern , welches ja auf der
ersten Phase der Gastrulation schon < ntstanden ist (Paraderm von
Kupffek). Vielmehr läfst sich die eingestülpte Zellmasse allein der
Wucherung vergleichen, welche bei den Amphibien auf der zweiten
Phase der Keimblattbildung in der Umgebung des Blasto]>orus und
bei den Elasmobranchiern vom Urmundrand mi<- ischen die prininnMi
Keimblätter hineinwächst und als eine geschlossene Falte, als eme
Coelomtasche, gedeutet worden ist. Die Einstülpungshöhle der Rep-
tilien entspricht mithin nur dem unter der Ghordaanlage gelegeneu
Hohlraum und den Spalten, die sich von hier und vom Urmundrand
zwischen beide BiiUter des Mesoblasts hineinsenken. Daher habe ich
mit Rücksicht auf die spätere Verwendung des Zellenmaterials die
Einstülpung bei den Reptilien als Mesodermsftckchen bezeichnet.
Wir lernen liier einen interessanten Untersrhied in der Bildung
der Keimbliitter zwischen niederen und liolieren Wirbeltieren kennen.
Während bei dem Amphioxus, den Cyklostomen, Ganoiden und Amphi-
bien, den Elasmobranchiern und Teleostiem der Charakter der Ein*
stulpnn^' dfutlicli bei der Entwirklnng des inneren Keimblattes,
weiii-ei und stärker modifiziert beim mittleren Keimblatt hervortritt,
isl das Umgekehrte bei den Reptilien der Fall.
Der Tatbestand selbst ist folgender: An der Primitivplatte, die
sdioii (il>eii (S. 87) als das Centruni für alle weiteren Bildungs-
vorgäuge bezeichnet wurde, entsteht später in der gewucherten Zellen-
Dlgltized by Google
Die Lehre von den Keimhiättern.
95
masse. mit welcher das schon vorhandene Danndrüseublatt zusanmien-
hilngt, eine kleine Grube, die sich mehr und mehr zu einem Blind-
sack vertieft (Fig. OO). Das Mesodermsäckchen (Fig. 97) wächst in
den Spaltraum zwischen die beiden schon vorhandenen primären
Keimblätter, sie auseinander drängend, hinein, wobei sein ge-
schlossenes Ende nach vorn gerichtet ist. Seine Öffnung auf der
Priniitivplatte (Fig. 9<)) stellt längere Zeit einen queren Spalt dar,
der von einer vorderen und hinteren Lippe begrenzt wird. Die
vordere Lippe (F'ig. 07) ist schärfer
ausgeprägt und springt nach aufsen
stärker als die hintere Lippe vor, welche
sich ohne schärfere Abgrenzung in der
Primitivplatte verliert. Später krümmt
sich die vordere Lippe halbmondförmig
mit nach hinten gerichteter Konkavität,
sie wird hufeisenförmig und umfafst
einen kleinen nach aufsen vorspringen-
den Höcker, welcher sich dem Rusconi-
schen Dotterpfropf vergleichen läfst.
Die üflfnung des Säckchens entspricht
dem Urmund der Amphibien zur Zeit,
wo sich in seinem Umkreis das mitt-
lere Keimblatt anlegt, also auf der
zweiten Phase der Gastrulation ; sie
kann daher in dieser Beschränkung
als der Urmund der Reptilien in
späterer Zeit bezeichnet werden.
Am Mesodermsäckchen der Repti-
lien, für welche die Natter als Vertreter
gewählt ist, sind noch folgende Einzel-
heiten und Veränderungen festzustellen, worüber uns Längs- und Quer-
schnitte unterrichten (Fig. 97 u. 98). Ein medianer Streifen seiner Decke
(Fig. 97), welcher durch einen schmalen Spalt vom Cylinderepithel des
Embryonalschildes getrennt wird, ist sehr dick und aus länglichen cylin-
drischen Zellen zusammengesetzt, er entspricht der Chordaanlage der
bisher besi»rochenen Wirbeltiere (Fig. 53,()'2, 81 ch). Der Boden ist nach
vom verdünnt und besteht aus platten Zollen, während er sich nach
hinten verdickt und in die Priniitivplatte übergeht. Aus den seitlichen
Wandungen des Mesodermsäckchens sind, wie man am besten an
Kig. 96. Oberfiäohenbild der
Keimhaut der Natter mit brei-
ter Urmundspalte. Nach
Hkrtwiu.
Fig. 97. Längsschnitt durch eine Keimhaut der Natter mit grofBem
Mesodermsäckchen kurz vor dem Durchbruch seines Bodens. Nadi IIektwio.
96
Kilnftes Kapitel.
Querschnitten sieht (Fig. 98). solide Zellniassen, die mittleren Keim-
blätter in den Spaltraum zwischen innerem und iUifserem Keimblatt
links und rechts von der Chordaanlage hinein^'cwachsen und sitzen
ihm wie zwei Flügel an. die sich nach ihrem Hand hin allmilhlich ver-
dünnen. Von den Grenzblatteni überall durch einen Spalt getrennt,
können sie nur aus der Wand <li's Mesodermsiickchens ihren Ursprung
genommen haben. Sic entsprechen dem parachordalen oder gastralen
Mesoblast der Amphibien und Fische. Aber auch der jicristomale
Teil fehlt nicht, wie ein Durchschnitt etwas hinter der vorderen
Urmundlippe zeigt (Fig. 09).
Auch an den seitlichen Urmundlipj»en, die das vordere Knde der
Primitivjilatte zwischen sich fassen, sieht man ebenfalls zwei Mesoderm-
riügel. die noch etwas weniger stark entwickelt sind, sich zwischen
die Grenzblätter hineinschiel»en.
Zwei Querachnittü durch das Mesodormsäckohen einer Natter, deren
Keim sich etwa auf dem in Fig. 96 abgebildeten Stadium befindet. Nai'h
i Iertwio.
Fifj. 98. Querschnitt in gerineer Entfernung vor der vorderen Ur-
mundlippe. — l'i^'. 9!». Querschnitt hinter der vorderen Urmundlippe.
r/i ("liMrilaaiiluge, d OuttiT, */., tnl: iiinncs und mittleres iveimblatt. ms Muhle
des Mesodertnsjirkchens , m/ «zeitliche l'rinuiidli]i|io. um Hoden des Mesoderm-
srtckchens, mp Mednllarplatte.
Ehe wir die weiteren Schicksale des Mesodermsäckchens l)ei den
Reptilien verfolgen, sei vorher noch auf die entsprechenden Bildungen
bei Vi^geln und Säugetieren eingegangen. .\uch bei diesen entstehen
in einem beschränkten medianen Bezirk . welcher der Primitivplatte
der Reptilien en t. «spricht , aber schmäler und dafür viel länger ist,
Wucherungen des äulseren Keimblattes und liefern eine seiner unteren
Fläche ansitzende leistenförmige Verdickung;. Die Leiste ist in der
Embryologie der V(><rel und Saugetiere schon seit langer Zeit unter
dem Namen des IMimitivstreitens bekannt und viel besprochen worden.
Sowohl bei den Vögeln (P'ig. l<»o) als bei den Säugetieren
(Fig. 1<»I) entsteht der I'rimitivstreifen im hinteren Bereich des hellen
Fruchthofes, er fällt in seiner lüchtung mit der späteren Median-
ebene des Embryo zu^amme^. ist etwa 1 mm hing und M,2 mm breit.
Fig. 99.
um
, Google
Die Lehre von den Keimblättern.
97
hfl Flächenbetrachtung der abgelösten und auf hellem Grund aus-
gebreiteten Keimhaut (Fig. lUO u. 101) erscheint er als ein trüberer,
weil zellenreicherer Streifen, auf dessen Oberfläche, besonders in der
vorderen Hälfte, bald mehr bald minder deutlich die Primitivrinne
eingegniben ist. Das vordere Ende des Streifens ist l)esonders bei
den Säugetieren zum Primitiv-
oder IIensen sehen Knoten ver-
dickt, in welchem die Primitiv-
rinne sich häutig tiefer einsenkt
und die Priuiitivgrube bildet.
Auch das hintere Ende zeigt
Fig. 100. Fig. 101.
Fig. 100. Keimhaut vom Wasservogel Haliplana mit weiter ent-
wiokeltem Primitivstrelfen {pr). Nach ScuAfiNSLAND.
s >icbelfuriiuge Vorljrcitt'rung oder Eiidwulst, hf. df hellpr und 'dunkler
Frufhthof.
Fig. 101. Embryonalsohild mit Primitivstreifen vom Hundeei. Nach
Ho.NJIItT.
Primitiv-dlKusKxscberjKnoten, ck Caudalknoten oder Kndwulst, ach Grenze
'^nibryonalscbild.
sich in vielen Fällen zu einer sichelförmigen Figur, dem End- oder
Caudahvulst (cÄ) verbreitert.
Der Primitivstreifen ist, wie Querdurchschnitte durch Keime von
Vögeln (Fig. 102) und Säugetieren (Fig. 103) lehren, einzig und allein
»(/■ ir pr
Fig. 102. Querschnitt durch den Primitivstreifen einer Keimhaut des
Hühnchens nach sehn Stunden Bebrütung. Narb Hkrtwiu.
ak, ik AuTserfs und iniuTes Keimblatt, pr rrimitivrinne, m- /ellenwucberung,
mf MesodermHügfl, d Dotter.
durch eine lebhafte Wucherung im äulseron Keimblatt, die längs der
axialen Mittellinie stattfindet und sehr zahlreiche Kernteilungstiguren
zeigt, hervorgerufen worden. Die neugebildeten Elemente scheiden
aus dem Niveau des äufseren Keimblattes an seiner unteren Fläche
aus und treten, wie sich aus der Form d<'r Zellen schliel'sen läfst,
durch amöboide Bewegungen in den Spaltrainn zwischen den beiden
Grenzblättern hinein, eine Leiste bildend, dem W'ucherungs-
O. Hertwig, Di» Kleniente <ler F^ntwicklnng^lehre. J. Aull. 7
98
Fünftes Kapitel.
prozefs ist das innere Keimblatt {II) niclit in der geringsten Weise
beteiligt, da es. eine einfache Lage aulscrordentlich abgeiilatteter
Zellen ]>il(icnd. überall durch einen Spalt vom Primitivstreifen deut-
lich getrennt ist.
^♦Wie bei den Keptilien die rriniitivplatte und das Mesoderm-
silckchen, ist der Primitivstreifen der Vögel und Säugetiere, sowie
Fig. 10-1 Querschnitt durch den Primitivstreifen eines Kaninchens
6 Tage 18 Stunden nach der Begattung. Nitch Kollikkii.
liezeichnuniri'n wio in Fig. 102.
eine gleich noch /u beschreibende als Kopffortsatz bekannte Ver-
längerung dessell)en nach vorn, der Ursj)rungsort des mittleren Keim-
blattes. \Vie dort, dringen auch hier die durch Wucherung sich noch
weiter vermehrenden Zellen in den Spalt zwischen den beiden Grenz-
ak pr tr
mf
1 ig. 1U4. Querschnitt durch einen Primitivstreifen eines Hühner-
ketmes, der weiter entwickelt ist als in Fig. 102, gleichfalls nach 10 Stun-
den Bebrütung. Na< h IIkhtwi«».
He/.t>ichiiung wie in l'ig. 1Ü2.
blättern hinein und liefern zwei tlügelförmige Anhänge zu beiden
Seiten des Priniitivstreifens (Fig. 1<>1). Von ihrem centralen Ursprung
aus dehnen sich die beiden Mes(»(U'rniHügid . je ältere Stadien mau
untersucht, immer weiter in der Peripherie aus (Fig. 105); sie er-
Fig. lOö. Querschnitt
durch den Primitivknoton
eines 7 Tage 3 Stunden
alten Kaninchenkoimes.
Nadi lUuL.
reichen bald die Grenze zwischen hellem und dunklem Fruchthof
und driuiziii von da in den pj'reich des letzteren hinein, wo sie in
eiiu'U dünnen IJand auslaufen. Das so entstandene mittlere Keim-
blatt winl später kompakter und zellenreicht-r. und da es. abgesehen
vom Primitivstreifen. rlurcli einen Spalt von den ( i renzblättern in
dieser Periode seiner F.nt wickluiig scliarf gi'tnMiiit ist, kann es von
ihnen auch kein Zellenniaterial zu seintMii Wachstum l)eziehen.
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Die Lehre von den Keimblättern.
Bald nach seiner Entstehung entwickelt sich am Priniitivstreifen,
wie schon erwähnt, der Kopffortsatz desselben, ein Gebilde, von dem
sich nachweisen lilfst, dals es dem Mesodermsückchen der Reptilien
Fig. KXS. Frimitivstreifen mit kurzem Kopffortsatz einer 26 Stunden
bebrüteten Keimhaut vom Hühnchen. Nach Uertwiu.
Fig. 107. Keimhaut vom Sperling mit weit entwickeltem Frimitiv-
streifen und Kopffortsatz. Nach ScuAuiNäLA.ND.
df, hf Dunkler und heller Fruchthof, pr Priniitivrinne des I'rimitivstreifens,
Icf sein Kopffortsatz, hk lIicNSEsscher Knoten''mit rriinitivgrube, « Sichel.
homolog ist. Bei Betrachtung der ausjiebreiteten Keimhaut von der
Oberfläche fällt auf etwas späteren Stadien sowohl bei Keimen von
Vögeln (Fig. lu»i u. lo7) wie von Säuge-
tieren (Fig. 108) ein dunklerer Streifen
auf. der vom Hensen sehen Knoten aus
eine Strecke weit nach vorn in das
Embryonalschild hineinreicht. Auf
Querschnitten bei einem Säugetier, dem
Kaninchen, untersucht, liefert er den
in Fig. lOU abgebildeten Befufid. Ein
dickerer Zellstraug geht zu beiden
Seiten in zwei dünnere Zellplatten
über, welche die Fortsetzung der vom
Primitivstreifen entspringenden Meso-
dermtlügel nach vorn sind. Vom Quer-
schnitt durch den Priniitivstreifen selbst
Fig. 108. Embryonalanlaf^e vom Kanin-
chen. Nach E. VA.N Be.NicubN.
pr Priniitivstreifen, kf Kopffortsatz, hk
IIenhkh scher Knoten, pg l'ritnitirgrube.
A— kf
hk
1^
pr
100
Fünftes Kapitel.
ist das Bild nur dadurch verschieden, dafs der Kopffortsatz durch eine
glatte Kontur vom iiulseren Keimblatt scharf abgetrennt ist und daher
vom HKNSKNschen Knoten aus frei in den Spaltraum zwischen den
Grenzblättern vorragt. Vom Mesodernisnckchen der Reptilien unter-
scheidet sich der Querschnitt durch den Kopffortsatz des Kaninchens
auf den ersten Blick sehr wesentlich datlurch . dafs ihm jede Spur
einer Höhlung fehlt. Dort liegt ein hohler, hier ein kompakter Zell-
strang vor. Wie wenig aber derartige Unterschiede ins Gewicht
denen auch bei Säugetieren rler Koi)ffortsatz eine freilich sehr enge
Höhle besitzt, die an der Grube des Primitivknotens nach aufsen
mündet und gewöhnlich als Chordakanal beschrieben wird. Ein
solcher ist z. B. beim Meerschweinchen und Schaf, noch deutlicher
aber bei der Fledermaus vorhanden. Von einem Längsschnitt durch
ilenselben hat uns vax Bknkdkn «lie nebenstehende .Abbildung gegeben,
welciie mit dem Längsschnitt durch das .Mesodermsäckchen der Natter
in hohem Grade üi>ereinstinnnt.
V"i^. 110. Medianschnitt durch den Chordakanal eines Keimes von
Vespertilio murinus vor seiner Eröffnung. Na<li K. van Keni^dk.n.
WS. Viinlerc ofliump in einer (^lUTsjjalti.' Iit'stohonti , J).F. rriinitivstreifen,
il.O. hintere Oftniniu an »ItT IVimitivv'rubf, <'h (.'hordapiatte.
Den besten Beweis aber fiU* die Hichtigkeit der Ansicht, dafs
die I'rimitivplatte und das Mc^rxlernisäckchen der Beptilien einerseits,
der l'rimitivstreifen und der KoptTortsatz der V()jiel und Säugetiere
andererseits homologe (iebilde sind, liffert «las Studium ilirer weiteren
Kntwickhing, die in auffälligen I-'.inzelheiten ganz frappante Über-
einstimmungen aufweist.
ci Weitere Umwandlungen der Primitivorgane bei Reptilien, Vögeln
und Säugetieren.
Bei den Beptilien tritt Itald nai'li der Anlage des Mesoderm-
säckchens ein Stadium ein. ant weklieni seine Bodenplatte längs
eines Streifens in der Me<lianeben<' mit dem <lllnnen inneren Keim-
blatt verwächst. Hierauf entsttOu-n an der Verwachsungsstelle in
gröl'serer Auzalil spaliarti^e Durrbbrecbungen . die sich allmählich
Fig. 109. Querschnitt durch den Kopffort-
satz eines 7 Tage 3 Stunden alten Kaninchen-
koimes. welchem auch die Fig. 106 angehört.
.Naih 11 ABl.
fallen und wie leicht in
der Entwicklung Höh-
lungen in Taschen und
Ausstülpungen verloren
gehen , das zeigt sich
auch hier wieder. Denn
die vergleichende Ent-
wicklungsgeschichte hat
uns ujit mehreren Fällen
bekannt gemacht , in
V
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Die Lehre von den Keimblättern.
101
erweitern, bis eine einzige grofse DurchbruchsöflFuung unter Resorption
der Zellbrücken zustande gekommen ist. Das Mesodermsäckchen hat
sich demnach jetzt in den unter dem DarmdrUsenl)latt gelegenen
Kaum, in die Urdarmhöhle, geöffnet. Fig. III stellt eine vom
Dotter abpräparierte Keimhaut vom Gecko dar, an welcher man bei
Betrachtung von der unteren Fläche die zahlreichen Durchbruch-
stellen am Boden des Mesodermsäckchens
und die noch stehengebliebenen, zum
Netz verbundenen Zellstränge erblickt,
die aber später auch noch schwinden.
In die durch den Durchbruch hervor-
gerufenen Veränderungen geben uns
auch die Fig. 112 und 11:3, ein Median-
schnitt und ein Querschnitt durch das
eröffnete Mesodermsäckchen der Natter,
einen guten Einblick. Durch den Schwund
der Bodenplatte ist jetzt die Chorda-
anlage an die Decke des Urdarms zu
liegen gekommen, und hinten geht sie
in die vordere Urmundlippe über, unter
welcher die Primitivplatte liegt, durch
einen Kanal getrennt, der von aulsen
in den Urdarm führt. Er entspricht
dem Canalis neurentericus, wenn s|)äter
sich die Nervenplatte zum Rohr schliefst
und daliei, wie beim Amphioxus (Fig. 56)
etc., den Rest des Urmundes in sich
aufnimmt. Der Querschnitt liefert nach
der Eröffnung ebenfalls ein ähnliches
Bild, wie wir es von den niederen Wirbeltieren schon kennen. Bei«ler-
seits von der unter der Nervenplatte und an der Decke des Urdarms
gelegenen Chordaanlage entspringt das mittlere Keimblatt und geht
pr um ul
Kig. III. Vom Dotter ab-
gehobene Keimhaut vom
Qecko, in der Ansicht von
unten. Nach Will,
oe Diinh Durchbruch ent-
standene Utfnungen im Boden
des Mesodermsäckchens, st
stehengebliebene Zellstränse,
cn untere Wand des Canalis
neurentericus.
cn
Fig. 112. liängSBchnitt duroh daa Mesodermsäckchen der Natter,
an deren Boden der Durohbruch erfolgt ist. Nach Hertwio.
pr Primitivi>latte, die nach vorn in den Boden des Mesodermsäckchens über-
geht, rb strangft^rniige Reste des Bodens, udf l'rdaruifalte, rh Chordaanlage,
ul vordere Urmundlippe, mp Medullarplatte , ms H*ihle des Mesodermsäckchens,
um Urmund, ik inneres Keimblatt.
an seinem Ursprung links und rechts von drr Durchbruchstelle des
Säckchens durch die beiden Urdarmfalten (udf) in das Darnidrüsen-
blatt über. Das Verhältnis der Primitivanlagen zu einander ist
genau dasselbe, wie wir es in den Fig. 53, 02, 81 kenneu ge-
lernt haben.
102
Fünftes Kapitel.
Was die entsprechenden Vorgänge bei .den Vögeln und Säuge-
tieren l)etrifft, so ist als erster Punkt der Übereinstimmung hervor-
zuheben, dals auch bei ihnen sich eine Verwachsung mit dem inneren
Keimblatt ausbildet. Dieselbe erfolgt zuerst im Bereich des Hensen-
schen Knotens und dehnt sich nach vom über den ganzen Kopf-
fortsatz und nach hinten auf eine bald gröfsere, bald kleinere Fläche
des Primitivstreifens aus. So ergeben sich die Durchschnittsbilder,
tulf ch ik mk
Fig. 113. QuerBchnitt durch das Mesodermsäckohen der Natter an
der Stelle, wo der Durohbruoh in den Urdarm erfolget ist. Nach Hertwio.
lA-, mk Inneres tinil mittleres Keimblatt, ch Chordaanlage, udf Urdanufaltcn.
wie sie in den Fig. 114 und 115 vom Utlhnchen, in Fig. 116
vom Kaninchen dargestellt sind. Fig. 114 und 116 zeigen die Ver-
schmelzung am Knoten , in dessen Bereich , ebenso wie am vorderen
Ende des Primitivstreifens, alle drei Keimblätter fest untereinander
zusammenhängen. Fig. 115 dagegen lehrt, wie am Kopffortsatz
nur eine Verwachsung mit dem Darmdrttsenblatt besteht, dagegen
pn Pf
Fig. 114. Querschnitt durch den HensenBchen Knoten eines Hühner-
keimes nach 21 Stunden Bebrütung. Nach IIkktwio.
Fig. 11'). Querschnitt durch den Kopffortsatz desselben Keimes wie
in Fig. 114.
iik, ik, vik Anfsere». inneres und mittleres Keimblatt, j)f \ pf linke nnd rechte,
die I'rimitivriune liegrenzende Primitivfalte, kf Koptfi.rtsatz, inj> Mediillarplalte,
rf Dotter, <}h Darmhohle, i/i Mega>i)hareu.
Digitized bv di.
Die Lehre von deo Keimblatteiu.
103
das ftuAere Keimblatt jetzt durch einen Spalt abgetrennt ist, wie in
der entsprechenden Gf^Tiul (Fig...ll:i) h»^i den IN-ptilien.
Eine /weite sehr wichtige Übereinstinuiiunj: mit den Vurgiingeu
\iei den Keptiiien ist das so charakteristische Auftreten von einer
oder mehreren ÖiTnungen an bestimmten Stellen der Keimblätter.
Am gröfsten ist die Übereiiistiiimmng in den FillbMi. wo sich ein
Chordakanal im Kopffortsatz, wie beim Meerscliweinchen. dem Schaf
und der Fledermaus, entwickelt hat Ein Pendant zu Fig. III vom
Gecko liefert Fig. 117, die untere Ansieht eines glatt ausgebreiteten £m-
brvonalschildes vom Meerschweinchen
mit Priinitivstreifen (;>/ ) und Kopffort-
satz. Dieser läl'st eine Anzahl hinter-
einander gelegener, grOfterer und klei-
nerer, heller Flecken (o'— o') erkennen,
welche nichts anderes als Öffnungen
sind, die durch Durchbruch am Boden
des Chordakanals entstanden sind.
Ebenso entspricht dem Median-
schnitt durch das eröffnete Mesoderm-
Fig. 116. Fig. 117.
Fig. IIG. Querschnitt durch den PrinÜttTkllOtm «iliea KAninohen-
keime« mit fünf Ursegmenten. Mach Rabl.
Fif. 117. SrnbiToiuklsobild vom Metrtoliweinohcin mit FrimltlT-
Btreifen (pr) und Kopffortsatz, in welchem eine Reihe von E!v6flhlUlg01l
o\ o", o* dea Cbordakanals entstanden sind. Mach Libbkrküh».
dt Csttdalknoten.
säckcheu der Natter (Fig. 112) der Medianschuitt durch einen er-
öffneten Chordakanal, irie ihn tax Beneden von einem älteren Keim
der Fledermaus abgebildet bat (Fig. 118). Der Durchbruch des Bodens,
Fig. 118. MedianBohnitt durch den in grofser Ausdehnung eröffneten
CShordalcannl emos Koimes von Vespertilio murinus. Naih van Uknkdex.
CA'. Ntureutt'iischer Kanal, C. vorderer persistierender Teil des (Jhorda-
kanals, Pr. Primitivi^treifen, V.8. vordere Öfltoung, H.O, hintere Öffnung des
ursprfinglichen Chordakanal».
der auf einem jüngeren Stadium (Fig. HO) noch ganz erhalten ist,
hat sich fast in der gesamten Lilnge vollzogen und nur noch zwei
Brtlcken stehen gelassen, ein Stück des I5od»'n< am vonlfroii F.iide,
wo er uoch geraume Zeit bestehen bleibt, und ein hinteres btUck,
104
Fünftes Kapitel.
welches wie beim Gecko einen Fortsatz des Priuiitivstreifens nach
vorn bildet. Die Ausmüudung des Chordakanals nach aufsen, die am
HENSENSchen Knoten schon an jüngeren Keimen besteht, stellt nach
erfolgtem Durchbruch (Fig. 118) eine Verbindung zwischen Urdarm
und der Oberfläche der Medullarplatte , später der MeduUarrinne,
schliefslich der Höhle am hinterm Ende des Nervenrohrs her und
kann daher jetzt als Canalis neurcntericus bezeichnet werden.
In den Fällen, in denen ein Chordakanal fehlt, kommt es wenigstens
stets an einer Stelle in einem frtlheren oder späteren Entwicklungs-
stadium zu einer Durchbruchsöffnung und zwar am ÜENSENschen
Knoten, von dem schon erwähnt wurde, dafs sich in ihm gewöhnlich
die Priuiitivriuue zu einer Grube vertieft (Fig. 119). Indem ihr Boden
einreifst, entsteht ein Kanal (cn), der ebenfalls als Canalis neurentericus
bezeichnet werden mufs, da er später, wenn die Primitivrinne {pr)
von den Medullarfalten umwachsen wird, die charakteristische Ver-
bindung zwischen Nerven- und Darmrohr herstellt (Fig. 119). Ein
solcher ist auch von einem sehr jungen menschlichen Embryo be-
obachtet worden (GrafSPEK). Die schuhsohlenartige Embryonalanlage
(Fig. 120) zeigt eine offene MeduUarrinne und an ihrem hintei-en
Ende einen kurzen Primitivstreifen (pr) mit HENSENschen Knoten, der
von einem Kanal durchbohrt ist. Derselbe ist sogar auffallend weit,
wie der nebenstehende Querschnitt (Fig. 121) lehrt.
Wenn wir zum Schlufs nocli in einigen Sützen das Verhältnis
der Keimblattbildung zwischen den Amnioten und amnionlosen Wirbel-
tieren erörtern, so hat die vergleichende Entwicklungsgeschichte zu
dem Ergebnis geführt, dals die Primitivplatte der Reptilien und die
an ihren vorderem Ende gelegene Öffnung, sowie der Primitivstreifeu •
der V(>gel und Säugetiere dem Urmund der niederen Wirbeltiere
entsprechen. Allerdings sind starke Modihkationen namentlich dadurch
i"' nicht überzogener Teil
des Dotterentoderms,
wir Medullarvülste, mkh
Mesodermhömer, nü:f
mesodermfreier Bezirk
der Keimhaut, aus dem
das I'roamnion entsteht.
cn Canalis neurenteri-
cus (Primitivgrube), pr
Primitivrinne, g Gefäfs-
anlagen, ein vom mitt-
leren Keimblatt noch
Fig. 119. Keimhaut
von Diamedea mit
sieben Paar TJneg-
menten , Qefäfahof,
Medullarrinne and
Google
Die Lehre von den Keimbiuttern.
105
eingetreten, dafs dfir Urmund bis auf unbedeutende Öffnungen durch
Verwachsung geschlossen ist.
Infolgedessen ist die Priniitivrinne von einem gewissen Zeitjmnkt
ihrer Ausbildung an die einzige Stelle in der Keimhaut der Amnioten,
in deren Bereich alle drei Keimblätter, wenn auch
nur in geringerer Ausdehnung, längs eines schmalen
Streifens untereinander verschmolzen sind und sich
als gesonderte Lagen
nicht unterscheiden las-
sen, während sie seitwärts
davon durch einen Spalt
deutlich getrennt sind.
Zur Veranschaulichung dieses
wichtigen Verhältnisses sollen
drei lehrreiche Querschnitte durch
die Primitivrinne von Embryonen
der Säugetiere und des Menschen
dienen. An der tief einschneiden-
<len Priniitivrinne einer Em-
bryonalanlage des Kaninchens
(Fig. 122 pr) hängen alle drei
Keimblätter eine Strecke weit
untereinamler durch eine gemein-
same Zellenmasse zusammen.
Dabei kann man mit ziemlicher
Deutlichkeit bemerken, wie das
Äufsere Keimblatt (ak) an der
Primitivfalte (u/) in das parietale
Mittelblatt (mAr') umbiegt, wäh-
rend das viscerale Mittelblatt
{mk^) in das einschichtige Darm-
drüsenblatt (/7.) übergeht.
Zwischen den Primitivfalten oder
Urmundlippen (ul) ist sogar bei
Embrj'onen von Kaninchen und
Fledermäusen eine dem Dotter-
pfropf der Amphibien ent-
sprechende Bildung (Fig. 12:3 <0
beobachtet worden.
Fig. 120. Dorsalansicht einer
menBchlichen schuhsohlenartigen
Embryonalanlage mitDottersack. Das
Amnion geöffnet, l.üngc - min. Nach
Graf Spkb.
a Amnion, hat Bauchstiel, cn äufsere
Mündung des Caiialis iieurentericus , d--
I>ottersack, mr Medullarrinnc, pr Primitiv-
streifen.
Wik --- ' ' ij-j
Fig. 121. Querschnitt durch den Canalis neurentericus des in Fig. 120
abgebildeten menschlichen Embryos. Nach (iraf Spkk.
ak, ik, nik Auräcres, innere» und mittleres Keimblatt.
106
Kiiiiltes Kapitel,
Es ist nun gewils von lu»heiii. allgenieiuem Interesse, dafs auch
die Untersuchung eines aulVerordentlich jungen menschlichen Keims
durcli (inif Si'KE ein Querschnitts})il(l (Fig. 124» geliefert hat. welches
der vom Kaninchen mitgeteilten Abhilduug zum Verwechseln ähnlich
ist. Man sieht dort eine tief einschneidende Primitivrinne und an der
leicht kenntlichen Urmundliinie iul) den Umschlag des Uul'seren Keim-
i>r itl
■X'
l'ig. 122. Quer-
schnitt durch die
Primitivrinne
(Urmund) eines
Kanin chenkeima.
N ach E. V. büNEiiKN.
ak,ik\mk A unseres,
inneres, mittleres
KeiiiiMatt. mjA', mk'
{larietalo. viscerale
Lamelle des mitt-
leren Keimblattes,
h/ seitliche Urmiind-
lippe, j>r Frimitiv-
rinne.
Fig. 123. Querschnitt durch die Primitivrinne des Kaninchens mit
Dotterpfropf zwischen den beiden seitlichen Urmundlippen («/). Xarh
( ARILS.
<ik .\iifsere>, //. inneres, mk niittliTf-» Ki-iniblatt.
mk^ ul j>r
Kig. 124. Quer-
schnitt durch die
Primitivrinne
eines mensch-
lichen Keims in
der Gef^end des
Canalis neurenteri-
cus i}>r\. Nach
(iraf SpKK.
liczeirlnmng wie
in Kiü. 122.
Mattes iiil) in das jiarietale Mittellilatt mtP). Von diesem ist das
viscerale Mitttdidatt eine Strecke wi'it gut ^.'esondert ; es geht unter
der l'riiiiiti\ rinne in das iimi'n' Keimldatt iihei'. woliei die Umschlags-
riinih'r Iteidi r Seiten utit«'H'inan<l«'r zu dt-r d«'n B<»den der Primitiv-
rinne hildeiiden Zelleiimasse verwachsen sind.
Wenn wir in dem lie^'onnenen Vergleich weiter fortfahren, so
entsjjrei lien Mesodermsäek* lim der li'ejttilien und Ko])ffortsat/ der
Vogel und Siiugetiore dem F.mitryonalgeldet der aniiiionlosen Wirbel-
Google
Die Lehre von deu Keimblättern.
107
tiere, das vor dein Urinund an der Decke des Urdarms gelegen die
Chordaaiilage etc. lii^fort.
Schnitte durch die Gegend vor der Primitiv rinne, auf ver-
schiedenen Stadien der Entwicklung untersucht, liefern daher ent-
sprechende Befunde, wie Schnitte vor dem Urmunde beim Am-
phioxus (Fig. r>ii_53), den Amphibien (Fig. 62—66), Selactaiern
(Fig. 78, 79) etc.
Längs einessch malen, inderMediauebenegelegenen
Streifens, dort vor demUrmund, hier Tor derPrimitiv-
rinne, wird die Embryonal an läge nur von zwei Keini-
blflttern gebildet, von welchen das untere zur Chorda
zu werden bestimmt ist. Zu beiden Seiten dieses Be-
zirks geht bei allen Wirbeltieren die zweibl&tterige
in eine d rei bl ä tt e r i l' o Anlage tlber. indem auf das obere
Keimblatt das mittlere und auf dieses das Darnidrüsenblatt folgt.
So gleicht z. B. Fig. 12Ö vom Kaninchen in ganz uuffiilliger Weise
der Fig» 62 vom Triton. Sie zeigt uns die Cnordaanlage (ch) als
Fig. 125. Querschnitt durch die Embryonalanlage eines Kaninchens.
Nach E. VAS Bkneukn.
ak^ ikf nüi Äulseres, inneres und mittleres Keimblatt, mk^t mk* parietale und
▼iacerale Lamelle des mittleren Keimblatteit ^ Chorda.
eine einfiiche Schicht von c\ iindrischen Zellen , links und rechts be-
grenzt vom mittleren und vom inneren Keimblatt. Das mittlere
Keimblatt besteht aus einer parietalen («//.') und einer visceralen
(mk*) Lage platter Zellen, von denen die erstere in die Chordaanlage
übergeht, die letztere an {lern mit einem Stern bezeichneten Rand
der Urdarmfalte in das ai)gei)Iattete. einschichtige Kjjitjiel des Darm-
drtisenblattes {ik) umbiegt. Die Undnegungsstelle springt sogar, wie
bei den Amphibien, deutlich als Lippe in den Urdarm vor. Von
diesen Verbindungen zur Seite der Chordaanlage abgesehen, ist das
mittlere Keini))latt von den Grenzbl&ttem fiberall durch einen Spalt-
raum scharf abgesondert.
Wie bei den Amnionlosen können wir auch hei den Amnioten
zwei Abschnitte am mittleren Keimblatt bald nach seiner ersten
Anlage unterscheiden, einen jitMistonialen Abschnitt, der in der T'm-
gebung von rriniitivplatte und l'riniitivstreifen entsteht, und einen
parachordalen Abschnitt, der sich zu beiden Seiten vom Mesoderm-
Bftckchen der Reptilien und dem Ko]iffort8atz der Vögel und Säuge-
tiere ausbreitet.
Aus Tatsachen endlich, deren Beschreibung und aus Gründen,
deren Erörterung uns hier zu weit fuhren würde, ergibt sich noch
Oigitized by
108
Fünftes Kapitel.
zwischen Aiunionlosen und Amnioten die dritte wichtige Cber-
einstimniung, dafs die vordere Körperregion hei jenen durch Ver-
wachsung der Urniundränder, hei diesen durch die Umwandlung von
Primitivplatte und Priuiitivstreifen in die Länge wächst. Dabei wird
längere Zeit durch das Eigenwachstum von Primitivplatte und
Primitivstreifen der an seinem vorderen Ende in der Gegend des
HENSKNschen Knotens durch Umwandlung eintretende Verlust immer
wieder ersetzt. Daher findet man hei Embryonen auf den verschiedensten
Stadien, auf dem Stadium der Medullarplatte, der Medullarrinne
und des schon zum Teil ge-
schlossenen Nervenrohrs
(Fig. 120, 127, 128) hinter
der verschieden weit diffe-
renzierten Anlage des Cen-
tral nervensystems immer
noch einen ansehnlichen
Primitivstreifen (resp. Pri-
mitivplatte) vor. Erst von
einem bestimmten Stadium
an nimmt der Primitiv-
streifen an Länge rapid ah,
zur Zeit, wo erindas Nerven-
rohr durchUniwachsungein-
geschlossen wird ; schliefs-
lich wird er beim Längen-
wachstume des Rumpfes
und Schwanzes aufgebraucht
bis auf einen geringen End-
abschnitt, der zum After
wird. Bei diesen Vorgängen
wird peristomaler in para-
chordalen Mesoblast um-
gewandelt.
Wie auf noch weiter vorgerückten Stadien der Entwicklung hei
Reptilien. Vögeln und Säugetieren sich die Nervenplatte zum Nerven-
rohr, die Chordaanlage zur Chorda umwandelt und wie das mittlere
Keimblatt sich aus seinen median gelegenen Verbindungen löst, braucht
hier im einzelnen nicht genauer beschrieben zu werden, da alle diese
Vorgänge sich im wesentlichen in der schon früher dargestellten
Weise (S. 76) vollziehen.
Fig. 126.
Fig. 126— 12>^. Drei verBchieden alte
Hühnerembryonen zur Illustrierung; des
Verhältnisses zwischen Frimitivrinne und
der vor ihr gelegenen Körperregion, in
welcher die Anlage des Centralnerven-
systems an Länge immer mehr zunimmt.
Nach Kkiuel uiul Abraham.
Bepetitorium zu Kapitel V.
A. Die Keimblase.
1) Aus dem Haufen der Furchungszellen (Maulbeerkugel, Morula)
entwickelt sich bei allen Wirbeltieren eine Keimblase (Blastula) mit
einer Keimblasenhöhle (Blastocoel).
2) Es gibt bei den Wirbeltieren vier verschiedene Arten von
Keimblascn. je nach dem Gehalt an Dotter und nach der Verteilung
desselben.
a) Reim Amphioxus ist die Keimblasenhöhle sehr grofs,
und ihre Wand besteht aus einer einzigen Lage annähernd gleich
grofser cvlindrischer Zellen.
, Google
Die Lehre von den Keimblättern.
109
b) Bei Cyk)ostomen und Amphibien ist die Keimblasenhöhle
HTiir, (lif oino Ilälfte der Blasenwand ist <\i\un und aus nnor oder
mehreren Lageu kleiner Zellen zusammengesetzt, die andere Hillffp
ist erheblich verdickt und aus grofsen, vielfach übereinander ge-
schichteten Dotterzellen gebildet.
c) Bei Fischen, Reptilien und Vögeln (meroblastische Eier)
ist die Keimhlasenliöhle verschwindend klein und spaltförmig,
Nur ihre Decke oder ihre dorsale Wand besteht aus epithelartig
zusammengefügten Zellen, ihr Boden oder ihre ventrale Wand
dagegen besteht teils au" In'ker zusammenhängenden Zellen,
teils au'j der nicht in Zellni z rffillfnicn Dottennasse, die sowohl
ceutrui ais in der Nühe Uei> keiniüuaUundes Dutterkerne ein-
sehliefet (centrales und peripheres Dottersyneytium).
d) Bei SiUigetieren ist die Keimblasenhöhle sehr pcräumig,
mit eiweifshaltiger Flüssigkeit erfüllt: ihre Wand setzt sich aus
einer einzigen Lage stark abge]>latteter, hexa^onaler Zellen zu-
sammen, mit Ausnahme einer kleinen, verdickten Stelle, wo
gröfsere Zellen, mehrfach tlbereinander geschichtet, ein^i nach
innen vorspringenden UOgel bedingen.
B. Die erste Phase der Keimblattbild uug, die Gastrula
mit zwei Keimblftttern.
1) Aus der Keimblase entwickelt sich durch Einstülpung eines
Teiles ihrer Oberflftche eine zweiblfttterige Form, die Becherlarve
oder CUutmia.
2) Die beiden Laiiii llpn des Dop])elbechcrs sind das ilnfsere und
das innnere Keimblatt (Ektohh\st. Eutoblast, Ektoderm, Entotlerni) ;
der die beiden Blätter trennende Spaltraum ist die obliterierte Keim-
blasenhöhle; der durch die Einstalpung entstandene Hohlraum ist
die Urdarmhöhle, seine Öffnung nacli aufsen der Drmund. (filasto-
porus, Prostoma. Sichelrinnc, rriniitivrinne.)
:l) Den vier Arten von Keimblaseu entsprechen vier Arten von
Becherlarveu.
a) Beim Amphiozus ist der Urdarm weit und jedes Keimblatt
aus einer einfachen Lage cylindrischer Zellen aufgebaut
b) Bei Cyklostomen und Amphibien sammelt sich an der
ventralen Wand des Trdarms im inneren Keimblatt die Masse
der Dotterzellen an und bedingt einen Vorsprung, durch welchen
der TIrdarm zu einem Spalt eingeengt wird.
c) Bei Fischen, Reptilien nntl Vögeln bleibt anfangs die
Bildung zweier Blatter auf die Keimhaut beschrünkt , da der
ungeteilte Dotter sich we^en seines betrj^ cht liehen Volumens nicht
einstülpen läfst. Die Keimhaut wird zweibliltterig, indem bei
den Fischen von einer Stelle ihres Randes aus eine Einfaltung
und ein Einwachsen von Zellen erfolgt; bei T{ei)lilien und Vögfln
erfolgt die Bildung des inneren Blattes unabhäTii/iL' vom Rand
der Keimhaut und in einiger Entfernung von iinu, ohne nach-
weisbare Einstülpung, durch Unterwacnsung der Keimblasen«
decke durch Dotterzellen. Der Dotter erhillt erst sehr langsam
und spät ringsum eine zellige Begrenzung, indem er vom Hände
der Keiiuhaut umwachseu wird.
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110
FüDttes Kapitel.
d) Bei den Säugetieren entwickelt sieb das innere Keimblatt
von der verdickten Stelle der Keimhiase, dein Furchuiigskugelrest.
aus. Am Anfang seiner Kntwickhing hört das innere Keimblatt
nach unten mit einem freien Rande auf, so dafs der Urdarm
ventralwärts eine Zeitlang nur vom ftufsereD Keimblatt abge-
s^chlossen wird, eine Eigentümlichkeit, die sich auf die Verhält-
nisse bei Reptilien und X'ögeln zurückführen lälst, wenn wir uns
bei ihnen das Dottermaterial , ehe es vom inneren Keimblatt
vollständig umwachsen ist, geschwuttden denken.
4) Bei den Wirbeltieren zeigt die Becberlarve eine scharf aus-
geprägte, bilaterale Symmetrie, so dafs man späteres Kojjf- und
Schwanzende, spiltere Rücken- und Bauchseite des Körpers leicht
unterscheiden kann. Der Urmund (Sichel- und Primitivrinne) be-
zeichnet das Sehwanzende. Die Bauchseite ist gekennzeichnet als der
Oit. nn welchen das gefurchte oder nicht gefurchte Dottermaterial
zu liegen kommt.
Q). Die zweite Phase der K e i ni h 1 ii 1 1 Ii il d u ng, mittleres
Keimblatt und Leibeshohle.
1) Beim Amphioxus entwickeln sich die mittleren Keimblätter,
welche die Leib^höhle einsebliefsen, als sackartige Ausstfilpungen
(Coelomtaschen) an der Decke des rrdarms zu beiden Seiten von
der Chordaanlage. Dadurch wird das primäre innere Keimblatt
beim Amphioxus gesondert in drei Bezirke:
a> in die epitheliale Auskleidung des bleibenden Darm-
rohrs (sekundftres inneres Keimblatt oder DarmdrQsenblatt);
b) in die epitheliale Auskleidung der LeibeshOhle oder das
mittlere Keimblatt, an weMiem ein parietales und ein viscerales
Blatt zu unterscheiden sind;
c) in die Anlage der Chorda.
2) liei den Cyklostomeu, Amphibien, P^lasmobranchiern wachsen
solide Zellmassen als Anlage des mittleren Keimblattes zwischen
äufseres und inneres Keimblatt hinrin. und zwar:
a) in der Umgebung der offenen Urmundstrecke als peristo-
maier Mcsoblast;
b) von hier nacli vorn an der Decke des Urdarms in ge-
ringer Entfernung von der Medianebene zu beiden Seiten der
Chordaanlage als gastraler oder parachordaler Mesoblast
• 5) Die soliden Mesoblastan lagen sind als geschlossene Epithel-
faltt-n zu beurteilen, die. wenn man sie sich geöffnet denkt. Cnelnm-
taschcu bilden, vergleichbar den Coelomtaschen des Amphioxus. Die
mittleren Keimblfttter sind daher als die Epithelwandungen der Leibes»
höhle aufzufassen.
1) Der itai a( liordale ist aus dem peristomalen Mesoblast hervor-
gegangen, wenn die Theorie richtig ist, dais von seiner ersten Anlage
an der Urmund sich durch Verwachsung seiner Rftnder von vom
nach hinten schlieist und dafo die Chordaanlage aus der inneren
EpithelHäche der Verwachsungsnaht der Urmundlippen abstammt.
•'1 \on der peristomalen und parachordalen Ursprungslinie breiten
sich die mittleren Keimblätter nach vorn und ventralwärts aus.
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Die Lehre von deu Keim blättern.
III
6) Bei den Reptilien entsteht das mittlere Keimblatt au8 der
Primitividiitte. die sich zu oinor (^rube vertieft und nacli vorn zu als
Mesodeniisiickchen zwischen Kuibryonalscliild und Darmdiüsenbhitt
hineinwächst; es läfst einen peristouialen und einen paracbordaleu
Abschnitt QDterseheiden, von denen der entere in der Umgebung der
prulienfönnipr vertieften rriniitivplatte , der letztere aus den Seiten
des Mesodeinisäckchens horvorwilchst.
7) Bei den Vögeln und bHugetieren entsteht das mittlere Keim-
blatt: 1) aus dem Priniitivstreifen, der durch Wucherung des äufseren
Keimblattes entsteht llKNSKsscher Knoten . Primitivrinne, Caudal-
knoten). 2) aus dem Kopff 1 1 ;itx. der dur(h rnnvaiidlung aus dem
vorderen Ende des Primitivstreifens hervorgeht. — (Peristomaler und
parachordaler Mesoblast.)
8) Primitivstreifen und Kopffortsatz sind homolog der Primitiv-
platte und dem Mesodermsäckchen der Reptilien, wie denn hier
und da im Kopffortsatz noch ein Hohlraum als Chordakanal vor-
gefunden wird.
9) Das Mesodennsäckcheu der Reptilien und der Primitivstreifeu
der Vögel verwachsen mit ihrer unteren Flftche Iftngs eines Streifens
mit dem Darmdrüscnblatt, worauf sich an der Nahtstelle Durch-
Ttrechungen bilden (Eröffnung des Mesodermsäckchens und des Chorda-
kanals).
lu) Primitivplatte der lieptilien und i riniitivstreifen der Vögel
und Säugetiere mit ihrer Primitivgrube und Priraitivrinne entsprechen
dem rrmund der aninionldsen Wirbeltiere und sind als geschlossener
Urraund zu denteu. Die in ihrem Bereich sp.lter eintretenden Durch-
brechungen sind daher als Wiedererö£fuung der geschiosseneu Urmund-
spalte zu deuten (besonders auch der Canalis neurentericus).
11) Während bei ihrer ersten Anlair*} mittleres Keimblatt, Chorda-
anlage, Danndrfisenblatt bei allen Wirlielt leren sowohl ]>enstomal als
parachordal kontinuierlich zusammenhäogeu, trennen sie sich später
voneinander durch Abschuürung.
Erstens, die Leibessäcke lOsen sich von der Chordaanlage
und dem Darmdrüsenblatt ab, wobei die frei werdenden Ränder
des i>arietalen und des visceralen Mittelblattes verwachsen.
Zweitens, die Chordaanlage krl\mmt sich zur Chordarinue
ein, und diese geht in einen soliden Stab über, der sich vom
Darmdmsenblatt vollständig isoliert
Drittens, das Darmdrflsenblatt schliefet sich mit einer dorsalen
Naht zu einem Rohr.
12) Die Kntwicklnnp der drei Anlagen, wie überhaupt ver-
schiedener anderer Organe, beginnt am Kopfende der Kmbryonal-
anlage und schreitet von hier nach dem Urmund zu fort, an Wehdem
noch längere Zeit eine fortgesetzte Neubildung der Teile und eine
Zunahme im Längenwachstum des Körpers stattfindet.
Der Urmund nimmt anfangs die pnnze Rückenfläche der
Embryonalanlage ein ; er iieginut sich aber sehr früh schon von vorn
nach hinten in einer Längsnaht zu scbliefsen, während er sieh gleich-
zeitig noch nach hinten durch Zuwachs vergröfsert. Der Abstand des
offen bleibenden Urmund restes vom Kojifende wird daher allmählich,
je älter der Kmbryo wird, um so gröfser.
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112
FOnftes KapiteL Die Lehre von den KeimblAtteni.
14) Der Urmund (Primitivrlone) bildet sich auf späteren Ötadien
der Entwicklung durch VerseUufä seiner R&nder ganz zurttck und
geht mit Ausnahme des Afters in kein Organ des Erwachsenen Uber.
(Genaueres hierüber sielie im II. Teil des Lehrbuchs.)
15) Vor (lein Schwund wird der Unnuud (Primitivrinne) von den
Medullarwülsteu um wachsen und in den Endabschnitt des Nerven-
rohrs mit aufgenommen, wodurch eine direkte Verbindung zwischen
Nerven- und Darmrohr hergestellt wird, der Canalis neurentericus.
Durch Verschlufs desselben erfol^^t spilter die Trennung der beiden
längere Zeit untereinander konununizierenden Organe.
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Sechstes Kapitel.
Die Entvieklang der Ursegmente« die Entstehiug
von Bindesnbstanz und Blut.
^ach der Bildung der mittleren Keimblätter spielen sich an der
Kinbryonalanlage der Wirbeltiere zwei wichtige Prozesse ab. Der
eine Prozel's führt zu einer Gliederung der mittleren Keimblätter in
die beiden Seitenplatten und in zwei links und rechts von der Chorda
gelegene Keihen würfelförmiger Körper, der Ursegmente, welche
man frOher auch weniger passend die Urwirbel genannt hat. Der
andere Prozefs, der »ich etwa zur selben Zeit, wenigstens bei den
höheren Wirbeltieren, voll/ielit, führt zur Entstchuug von Anlagen,
aus welchen sich die Stutzsubstanzen und das Blut der Wirbeltiere
ableiten lassen.
a) Die Uniegmeiite.
Was zuerst die Ursegmentbildung betrifft, so fällt sie beim
Amphioxus mit der ersten Anlage des mittleren Keimblattes, mehr
als bei den übrigen Wirbeltieren, zeitlich zusammen und läfst deut-
lich erkennen, dafs sie auf einem Faltungsprozefs beruht, der sich
vielfach in der gleichen Weise wiederholt. Sowie nämlich links und
rechts von der Cliordaanlajre sidi die Coelonitaschen aus dem Uriliu ni
anlegen (Fig. beginnt auch schon in geringer Entfeniuog vom
Kopfende ihre Wand eine zur Längsachse des Embryo quergestellte
Falte zu bilden, welche von oben und von der Seite her in die
Leibeshöhle nach abwärts w.nchst : in derselben Weise (Fig. ')(;) ent-
steht alsbald jederseits in geringer Entfernung hinter der ersten eine
zweite, hinter der zweiten eine dritte, vierte Querfalte und so fort
in demselben Mafse, als sich der embryonale Körper in die Lftnge
streckt und sich die Anlage des mittleren Keimblattes durch Fort-
schreiten der Aussackun|4 nach dem Urmund zu verprörsfrt. So
wird gleich bei ihrer ersten Anlage jede Leibestasche beim Aiupliioxus
in eine Reihe kleiner, hintereinander gelegener Sftckchen zerlegt.
Bei dem in Fi^'. öt; darpestellten Embryo las«;en sicli jedrrseits
fünf Ursegmente zählen, denen sieli bei weiterem Wachstum von
hinten her immer neue anschliei'sen. Denn der Ausstülpungsprozel's
geht an d«r mit mk bezeichneten Stelle nach dem Urmund zu noch
weiter und lilfst durch (^uerfaltung eine anselmliche Menge von
IJrsegmenten aus sirh hervorgehen . deren Zahl hei einer nur
24 Stunden alten Larve schon auf 17 Paar gestiegen ist. Die Ur-
O. Hartwig, Ow BlamtBte der EntwleUangilehi«. i. Aull. 8
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114
Sechstes Kapitel.
I
Segmente sind symmetrisch zu beiden Seiten von Nervenrohr und
Chorda angeordnet (Fig. 129); am Anfanf; zcigon sie noch eine
Öffnung, durch welche ihr Hohlraum {tish) mit dem Darmraum in
Verbindung stellt. Ahbald aber beginnen sieh diese Öffnungen nach'
einander zu schliersen, indem ihre Ränder einander entgegen- und
zusammenwachsen, und zwar in derselben Reihenfolge, in der die
Abgliederung der Teile von vorn nach hinten erfolgt ist. Dabei
dehnen sich die Uraegmente (Fig. 55) allmfthlich unter Vermehrung
und Gestaltsverftnderung ihrer Zellen sowohl dorsal- als ventralwftrts
aus. Nach oben wachsen sie mehr und mehr zur Seit»' tlos Nerven-
rohrs empor, das sich mittlerweile vou seinem Mutterbodeu, dem
Hufseren Keimblatt, ganz abgelöst hat. Nach abwärts schieben sie
sich zwischen sekundären Darm und äufseres
Keimblatt hinein. Schliefslicli wäre gleich
hier auch zu erwähnen, dals auf einem noch
späteren Stadium, wie auf der rechten Seite
der Fig. 55 zu sehen ist, die dorsalen Ab-
schnitte der Ursegmente sidi von den ven-
tralen abschnüren. Die erstereu liefern unter
dem Verlust ihrer Höhlung die quergestreifte
Muskulatur des Körpers, aus den Hohl-
rftumen der letzteren alx i leitet sich die
eigentliche ungegliederte Leibeshöhle her.
indem die trennenden Scheidewände sich
verdünnen, einreifsen und schwinden.
Ähnliche Vorgänge vollziehen sich in
etwas veränderter Weise bei den Übrigen
Wirbeltieren.
Bei den Amphibien (Tritonen) (Fig. 68
u. CO) verdickt sich das mittlere Keimblatt,
dessen Zellen zu langen Cylindern aus-
waehsen, zu beiden Seiten von der Chorda (cA)
und von der Anlage des Centrainervensystems
{ii>p\ welche sieh zu dieser Zeit zu einer
Rinne zusamineiijxt'krünmit hat; hierbei
tritt in dem verdickten Teil durch Aus-
einanderweichen der visceralen und parietalen Lamelle ein Hohl-
raum (ush) hervor, um welchen die Cylinderzellen als Epithel an-
geordnet sind. Man unterscheidet die median gelegenen, verdickten
Teile der mittleren Keimblätter als die Ur segmentplatten von
den seitlichen Teilen oder den Seitenplatten, in deren Bereich
die Zellen niedriger sind. Während nun beim .\iiii)liinxus der Prozefs
<ler Segmentierung sich auf da? <je*^amte mittlere Keimblatt ausdehnt,
ergreift er bei den Amphibien und ebenso bei allen übrigen Wirbel-
tieren nur die Hrsegmentplatten , Iftfst dagegen die Seitenplatten
unberührt. Hif s» _]nentierung beginnt am Ko])fende und sdireitet
langsam nacli bluten fort: ?ie vollzieht sich in der Weise dsifs die
an Nervenrohr und Chorda angrenzende Epithellamelle sieh in kleine
Querfalten erhebt, die, durch gleich grofse Abstände voneinander ge-
trennt, in die Höhlung der Ursegmentplatte hineinwachsen und die
Entstehung kleiner, hintereinander gelegener Sitrkchen veranlassen
tFig. li-iM). Bald darauf schnürt sich noch jedes Säckchen vou den
Seiteuplatten ab (Fig. GS u. W). Man trifft daher jetzt sowohl an
Fig. 129. Firmtateohnitt
eines Amphioxus -Em-
bryo mit neun Paar ür-
segmenten beiderseits
der Chord» {Vh). lisch
Hatccbsk.
Dt Kntodiriiisiickchen.
MF ungegliederte Meso-
dermfsUe» Unk Ursegment*
höhl«.
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EntirickluDg der Uraegmente, Entstehung Ton Üinde$ub»tanz u. Blut. 115
Qaer- als Frontalselmitten links nnd rechts von Chorda und Nerven*
robr kubische, von Cylinderzellen ausgekleidete Blftschen. welche von
ihrer Umgebung überall durch einen Sfialtraum abgegrenzt sind und
in ihrem luuern eine kleine Ursegmeuthühle, ein Derivat der Leibes-
höhle, einsehliersen.
Unter den Wirbeltieren, die sich aus meroblastischen Eiern ent-
wickeln . zeigen die Selachier den ursprünglichen Modus der Ur-
segmeutbilduDg am deutlichsten, ludern
die parietalen und die visceralen Lamellen
des mittleren Keimblattes auseinander-
weichen, bildet sich jederseits eine deut-
liche Leibeshöhle aus (Fig. 133). Ihr dor-
saler, an das Nervenrohr angrenzender Ab-
schnitt (mp) erhalt verdickte Wandungen
und ents|)richt der oben unterschiedenen
Ursegmentplatte, die sich gleichzeitig mit
dem Deutlichwerden der Leibeshöhle in die
Ursegmeute zu gliedern beginnt. Im vor-
deren Abschnitt des Kmhrvo wird eine
Reihe von queren Teilungslinien bemerk-
bar, deren Zahl nach rückwärts kontinuier-
lich zunimmt. Längere Zeit hängen die
Höhlungen der durch die Querfurchen von-
einander getrennten IJrsegmente noch mit
der gemeinsaineu Leibeshuhle ventralwärts
durch enge Öffnungen zusammen. Mao kann daher die vorliegenden
Befunde auch so darstellen, dafs die Leibeshöhle nach dem Rücken des
Embryo zu mit einer Keihe hintereinander gelegener, sackartiger
Äff.
Yiff. VM. Querschnitt durch die Büttkttiigttcaiid eiaM Bflluurambfjo
TOn 46 Stunden. Nach üalkouk.
Der Schnitt zeigt das mittlere Kciinlilatt ttilwoibo gesondert üi das l'r-
segmeni (Pe) aod die Seitenplatte, welche die Leibeshohlu (pp) zwischen sich falkt.
Me Medullarrobr, Pv t^rse^ment, So Rumpf platte. Sp Darinplatte, pp Leibes-
höhlo, >/> ( linrda, .1 iiursen s Keimblatt, C inneres Keimblatt, oo Aorta, v Blat-
gefafs, H'd WuLk-rscher üuug.
Ausstttlpnngen besetst ist. Spftter schnüren sieh die Ursegmente
(Fig. LM inp) von der Leiboshöhle ab. wobei sich ihre verdickten
Wandungen aneioauderlegeu und die Ursegmenthöhle zum Schwund
bringen.
Wahrend bei den Selachiem noch deutlich hervortritt, dalh die
Bildung der Ursepniente auf Faltuni? und Abschntlrung beruht, ist
dieser Prozefs bei den Reptilien, Vögeln und Säugetieren bis zur
8*
Fig. 180. Frontslsohnitt
durch den Rücken eine«
Tritonembryo mit ausge-
bildeten Ursefcmenten.
Man sieht zu beiden Seiten
der Chorda (ch) die Urseg-
mente iii.o) mit ihren Urseg*
meutliuhleu (us/i).
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Sechstes Kapitel.
Unkenntlichkeit verwischt; es läfst sich dies einfach darauf zurück-
führen, dafs die beiden Lamellen des mittleren Keimblattes längere
Zeit fest aufeinandergeprefst bleiben und erst spät auseinander-
zuweichen beginnen, und dals sie aus mehreren Lagen kleiner Zellen
zusammengesetzt sind. Der Faltungs- und Abschnürungs-
prozefs erscheint hier als Spaltung einer soliden Zel-
lenplatte in kleine kubische
Stücke.
Der au Chorda und Nerven-
rohr angrenzende Teil des mittleren
Keinddattes bildet an dem Durch-
schnitt durch einen Hühnerembryo
(Fig. 131) eine aus vielen kleinen
Zellen bestehende kompakte Masse
(Pr), die, solange sie nicht in
einzelne Stücke gegliedert ist, als
Ursegmentplatte bezeichnet wird.
In unserer Figur hängt sie seitwärts
noch durch eine dünne Zellen-
brücke mit d<*n Seitenplatten zu-
sammen, in deren Bereich die mitt-
leren Keimblätter dünner und durch
einen Spalt, die Leibeshöhle, von-
einander getrennt sind. Bei Be-
trachtung der Keimhaut von der
Fläche erscheint die Gegend der
Ursegmentplatten, wie im hinteren
Abschnitte des neun Tage alten
Kaninchenembryo (Fig. I:t2) zu
sehen ist, dunkler als die Gegend
der Seitenplatten, so dafs man beide
voneinander als Stammzone (atz}
und als Parietalzone (pz) unter-
schieden hat.
Die Entwicklung der Urseg-
niente macht sich beim Hühnchen
am Anfang des zweiten T;iges der
Bebrütung, beim Kaninchen etwa
am achten Tage bemerkbar. In der
Stammzone, in einiger Entfernung
vor der Primitivrinue, etwa in der
Mitte der Embryonalanlage und
links und rechts von der Chorda
und dem Nervenrohr, treten helle,
quere Streifen auf (Fig. Hfl, 127.
128, 132). Querspalten, durch welche
die ITrscgmentplatten in die kleinen
Fig. 182. Kaninohenembryo
des neunten Tages, von der Rücken-
seite gesehen. Nach KOi.i.iKKn.
21 fach vergr.
Mun untiTschcidet die Stamnizonc
(üU) und die l'arictni/one (i>^). In der
ersteren huhen sich acht l'nar Ur-
segmente zur Seite der Chorda und
des Nerven roh rs angelegt.
ap Heller Fruchthof, rf Klicken-
furche, rh Vorderhirn, ab Augenhlasen,
inh Mittelhirn, hh Hinterhirn, mr Vr-
i>egment, «/• Stanimzoiie, Parietal-
zone, /» Herz, ph Pericardialteil der
l.eibeshöhle, vd durchschimmernder
Kand der vorderen Darmpforte, nf Am-
nionfalte, ro Vena oinphaloiiiesenterica.
und soliden, kubischen Ursegmente
(vir oder uft) abgeteilt werden. Später entwickelt sich in jedem Ur-
segmeiit. wahrscheinlich unter Ausscheidung von Flüssigkeit, wie hei
den .\mphibien und Selachiern. ein kleiner Hohlraum, um welchen
sich die Zellen in radiärer IJichtung herum gruppieren (Fig. 137 /ms).
Auch hier steht er anfänglich wie bei den Selachiern mit der Leibes-
, Google
Entwicklang der Uraegmente, Entitehnng von Binderabstant u. Blut 117
hßhle seitwärts iu Zusuniiuenliaug, bis sich das Ursegment vullHtündig
ahgeschnOrt hat.
Von dem bisher lirtraehteten Gliederungsprozefs wird l>ei den
Wirbeltieren aufser der Huinpfiogion noch ein Teil der Koptre^iinn
der Kiubryoualaulage betrotteu. ^lan mufs daher einerseits von Kopf-
und aDdererseils von Rumiifsegmenten sprechen. Zahl und Be-
schaffenheit der ersteren ist noch Gegenstand von Gontroversen.
b) Die Entstehnng der Bindesabstanxeo.
Wie schon in der Einleitung zum fünften Kapitel iiervorgehoben
wurde, entwickelt -irb frühzeitig zwisrlien den vier Keimblättern, die
ihren histologischen Eiiieoschaftennach als Epilhelgewebe zul»ezeichnen
sind, ein Zwischengewebe oder Mesenchym, das einen vom
Epithel sehr abweichenden histologischen Charakter trilgt und sich
später in die zahlreichen und verschiedenen Arten der Stüt /Substanzen,
in taseri^'es liinde^'ewebe (iu Sehnen, Bänder, Fascien, faserige Häute),
in Knorpel, Knochen, Lymphgewel« usw. differenziert. Unter den
Wirbeltieren sind wohl die geeignetsten Objekte, um seine erste
Entstehung zu beobachten, die Selachiereuiltrynnen . bei denen Mes-
enchym sowohl sehr frühzeitig als auch sehr reichlich gebildet wird.
6t;m Ursprung geht von verschiedenen Steilen aus, besonders aber ist
das mittlere Keimblatt der unstreitig wichtigste Mutterboden, und
kommen hier wieder in erster Reihe die Ursegmente in Betracht.
Zur Zeit, wo diese not h mit den Seitenplatten nach abwärts zusaranien-
häugeu und iu ihnen die Leibeshöhle sichtbar wird, tritt eine Zellen-
wucherung an ihrem der Ghorda zugekehrten Abschnitt auf, der ge-
wöhnlich als Skierotom bezeichnet wird, im Gegensatz zum anderen
Teil, dem Myotom. Von hier aus scheiden dann Zellen in greiser
Anzahl (Fig. VSi sk) einzeln aus dem epithelialen Verbände aus, ent-
fernen sieh durch aktive Bewegungen von ihrem Ursprungsorte, wie
die Mesenchymzellen bei wirbellosen Tieren, und breiten sich in dem
Zwischenraum aus, der auf fler einen Seite von der inneren Wand (mp)
des Ursegraents, auf der anderen Seite von Chonia ich) und Nerveu-
rohr (nr) begrenzt wird. — Bei ihrem Auftreten werden die amö-
boiden Zellen nur durch geringe Mengen von ZwiNfhensnbstan/ geti ennt;
sie nehmen an Zahl rasch zu und drängen dadurch Chorda, Nerven-
rohr und Ursegmente bald weiter auseinander (Fig. 134). Hierl>ei
Mihwindet sehr frOh die segmentale Anordnung, welche die Wucherungen
bei ihrem allerersten Auftreten erkennen lassen, indem sie bei ihrer
Ausbreitung 7a\ einer /u<:nnmenhangenden Schicht zusamnientliefsen.
Das zu beiden Seiten von der Chorda aus dem mittleren Keim-
blatt hervorwuchernde Mesenchym gibt die Grundlage für das
gesamte Achsenskelett ab; es liefert das .skelettbildende (skeleto-
gene) Gewebe, indem die linker- und rechterseits entstandenen Massen
sich entgegenwaehsen untl verschmelzen. "Wie die Fig. \'M zeigt,
schiebt sich das Mesenchym (<?/ ) dorsal und ventral um die Chorda (ch)
herum und umhüllt sie allerseits mit einer immer dicker werdenden
bindepewebi^'en Scheide. In «lerselben Weise hliefst es riiiL-uni das
Nervt nrohr (wr) ein und bildet die Membrana reuniens superiur der
alteren Embryologen, die Grundlage, aus der sich späterhin die binde-
gewebigen Hollen des Nervenrohrs und die Wirbelbogen mit ihrem
Bandapparat diflferenxieren.
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118 Sedistet Kipitol.
Äliiiliclie Verhültuisse wie bei den Selacbiern lasseu sich auch
bei den Reptilien, Vögeln und Säugetieren beobachten. Die Ur-
segniente, welche unprOnglich solid sind, bekommen bald eine kleine
Hfthle (Kifj. 1:^7), um welche herum die Zellen zu einem geschlossenen
Epithel angeordnet sind. Dann beginnt ein nach unten und medial
gelegener Teil der Ursegmentwandung aufserordeotlich lebhaft zu
wucliern und embryonale Bindesu])Stanz zu liefern, die sich in der
oben bescbriebeiHMi Weise um Chorda und Nervenrohr ausbreitet.
Aus dem nicht mit iu Wucherung gerateoeu, dorsal und lateral ge-
I'i«. l"-^. Fi?. 1:^4.
l'ig. l'V-i u. l'.ii. Schemata von Querschnitten durch jüngere and ältex«
Selachierembryonen zur Veranachauliohunc der Entwi aklnwy dftr haopt-
Bäohliohsten Produkte des mittleren Keimblatt«!. Mit einigen Abindemngen
mich WiJHK.
11- !:'' Querschnitt durch die Qogond der Vomiere von einem
£mbryo , bei welchem die Muakelsegmente (mp) im Begriff etehen, eieli
absuBchnüren.
l ij ]'M. Querschnitt durch einen etwas älteren Anbiyo, bei Wdldieai
Bich die Muakelsegmente eben abgeachniirt haben.
/'» XervcDrohr, eh Cliorda, ao Aorta, teh subrhordaler Stranf» "»J» Mogkel-
jilatt»' d«'s I rseffnients, tr \\ »chstumszone. an wflrhcr die Muskelplattp in die
Cuti>plntt«> ii/i) iiniliit'frt. «/< ('iitis])latte. vh Verllilu^llngs^t^ick dos rrsepnu'nts niil
der l.<'il»«'>linlilf. Ulis wcirlifiii >icli n. a. dir rrniiTciikanaliliPii (1H4 id) piitwiikeln,
.<:/• skrlc'tnpi'nos (irvM-lto. da> durrli Wucht-runfi aus der medianen Wand des Ver^
bindiin<^sstruk(>s ri, fiitstcht , rn Vomiere, wt' parietales, «tl!* viseeraiee Mittel»
Matt, ans dt-rcn Waiidiinjfoii sich Mtsrntli\ ni entwickelt, 1h Lcibeshöhlf, ftfc Bann-
drüspnhlalt, h II«. Iii. • de> l ix-irments, itk l rniLTcnkanalthen. ans dem Verbindung«*
>\.\Hk rli des Sdienia i:*:'. t iitstandiii. k/.' Stelle, wo sich das ('rnierenkii milchen
vom l IM LMni nt ahgelo.st hat, ug tmiereosane, mit dem sich links das Umieren*
kanalclH'H xerlnindcn hat. tr Verbindung des Umiereakanilchen« mit der Leibes-
linhir . Ni.'n ntri« litei K </" v>. u„s^ Hesenchym, das ans dem parietalen and vis-
ccralcn Mitiellilalt cnt>taiidon ist.
legenen Teil des Ursegmentes (Fig. 137 m\ das sp&terhin seine
Höhlung nrieder einbttfst, geht vorzugsweise die Anlage der Rumpf-
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Entwicktuflf der Unegnentef Entstcbniig von BindesubsUnz u. Blut. 119
muskulatur hervor. Dieser Teil wird daher jeUt als M uskelplatte
{ins) «nlerscliiedeii.
Eine Entstohung vod Mesenchym findet aufser an den Ursegmenten
jinch an drei anderen Stellen dfs mittleren Keimblattes statt, am
Darnifaserblatt , am Hautfaserblatt und endlich noch an derjenigen
Wand der Ursegmente, welche der Epidermis zugekehrt ist und den
Namen der Cutisplatte von Raul empfangen hat. Die Verbaltnisse
sind auch hier wieder am besten bei den Selachicrn zu verfolsxen.
Vom Dai-mfaserblatt , das auf frühen Stadien teils aus kubischen,
teils aus cylindrischen Zellen «osammengesetet ist (Fig. i:^3 mk ),
wandern einzelne Zellen aus und verbreiten sich auf der Ol»ertlj\che
des Darnidrüsenblattes; sie finden si<h an Stellen, wo weit und breit
kein Üetäfs zu bemerken ist. Sie liefern das immer reichlicher
werdende Darmmesenchvm. welches sich später teils in Bindegewebe,
teils in die glatten Muskelzellen der Tunicu nuiscularis umwandelt
(Fig. 134 wr.<?2). Ähnliches wiederholt sioli am Hautfa5^er!>hitt. Aus-
wandernde Zellen erzeugen zwischen Epithel der Leibeshuhle und der
Epidermis eine Zwischenschicht von Mescnchymzellen (Fig. 133 mls ,
Fig. 134 «e«»). Ein wichtiger Ort für die Erzeugung von Bmde-
gewebe ist eiullidi mich die Cutisplatte, H, h <]\r :ni die Epidermis
angrenzende Kpithelschi« ht des ursprünglichen l i segmcut«s(Fig.l33rp).
Der i'rozels erfolgt hier spater, als an den anderen namhaft gemachten
Orten, und beginnt mit einer lebhaften Zellenwuchening, die allmählich
zu einer vollständigen Aufli^sun^j der Kpithellamelle f{\hrt. „Die Auf-
lösung geht," wie Kabl bemerkt, „in der Weise vor sich, dals die
Zellen, die bisher einen epithelialen Charakter zeigten, sich von-
einander trennen und dadurch ihren epithelialen Charakter verlieren/
Von diesem Teil des Mesenchyms ist wahrscheinlich die Lederiiaut
abzuleiten.
c) Die EutKtehmig der GefarHeiidothelien und des Itlutes.
Die Frage nach dem Ursprung d»M in d»'r Überschrift aufgeführten
Gewebe ist eine der uuklarsteu auf dem Gebiete der vergleichenden
Entwicklungsgeschichte. Gerade die Forscher, welche in jüngster Zeit
mit den zuverlässigsten Methoden den Gegenstand auf/uklnren ver-
sucht haben, stehen nicht an, die l'nsicherheit in der Deutung der
sich ihnen darbietenden Befunde herzorzuhebcn. Selbst das nietierste
Wirbeltier, das sich durch die gröfsere Einfachheit seines Baues und
durch leichtere Verständlichkeit aller Entwicklungsprnzes>^^o ans/( i( Imef.
der Amphioxus Innceolatus, hat uns Viei dieser Frage im Sticlie gelas.seu.
Auf die einantler widersprechenden strittigen Deobachtungen einzu-
gehen, liegt aufterhnlb der Aufgabe der „Elemente der Entwicklungs-
lehre". Wir beschränken uns daher auf folgende Angaben:
Eine grofse Rolle in der Frnge nach dem Ursprung des Blutes
spielt der dunkle Fruchthof der meroblastischen Eier.
In ihm treten schon am Ende des ersten Tages der Bebrotung die
Anlagen von Blutgefälsen unmitten>ar auf dem Darmdri^senblatt auf
und vereinigen sirh nlsl»ald in einem den hellen Fruchthof zunächst
uiugebendeu Bezirk zu einem besonderen (jefilfshof, der Area
vasculosa.
Die ersten Anlagen sind einzelne Zellenhaufeu , deren Herkunft
noch strittig ist iFig. 119 sie ordnen sich bald zu cylindrisciien
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120
Sechstes Kapitel.
oder unrepelmäfsig begrenzten Strängen an, die sich untereinander
zu einem engmaschigen Netzwerk verbinden (Fig. 13.">). In den Lücken
des Netzes finden siel» andere (iruppen von Zellen, welche später zu
embryouahMn Bindegewebe werden und die Substanz in sein (Fig.
135 m) der Autoren darstellen.
m
Fig. I:t5. Ein Stück des Oefära-
hofes eines Hühnerembryo, bei wel-
chem 12 Urwirbel entwickelt sind.
Nacli DiasK.
Man sieht das Xotz der dunkler
schattierten Hlutbahnen (/;), in denen die
Hlutinseln (i) liegen. Die hellen liUckcii
(»0 iir. Gefafsnetz, dessen Wand von Kn-
dothi'l/cllcn (vM gfhildet wird, sind die
aus (iaIlertgewL'hc bestehenden Suiistanz-
inseln.
Am Anfang des zweiten Tages der
Bebrütung werden die soliden
Gefälsanlagen um so deutlicher,
je mehr sie sich nach aufsen
durch eine besondere Wandung
abgrenzen (Fig. 135 g^, Fig. 13(i
(fw) und je mehr sie in ihrem
Innern einen Hohlraum erhalteu.
Die Gefäfswand entwickelt sich
aus den ol)erHilchlichsten Zellen
der Stränge und ist in den ersten
Tagen der Bebrütung aus einer
einzigen Schicht ganz abgeplatte-
ter, polygonaler Elemente zu-
sammengesetzt, daher man die
ersten (iefäfse des Embryo aurh
vielfach als Endothel roh reu
bezeichnet hat.
Der Hohlraum der Gefäfse
bildet sich wahrscheinlich in der
Weise, dafs aus der Umgebung
Flüssigkeit in die ursprünglich
soliden Stränge eindringt und
das Blutplasma liefert, und dals
dadurch die Zellen auseinander-
und zur Seite gedrängt werden.
Letztere stellen dann hie und da
Verdickungen der Wand dar; es
ragen Hügel locker verbundener,
kugeliger Zellen in die Flüssig-
keitsräume hinein (Fig. 135/). Die
eben wegsam werdenden Gefäfse
sind infolgedessen sehr unregel-
mälsig iKJschaffen, indem enge
und weitere, oft mit Aus-
sackungen versehene Stellen al>-
wecliscln (Fig. 135). und indem
bald die (iefäfse ganz ausgehöhlte
und mit Flüssigkeit gefüllte En-
dothelröiiren darstellen, bald
durch die verschieden gestalteten,
von der Wand vorspringenden
Zellenaggregate noch mehr oder
minder unwegsam sind. Die
Zellenaggregate selbst sind nichts
anden'S als die Bil dungs herde
der geformten Best an «1-
teile des Blutes. Es werden die kugeligen, kleinen, kernhaltigen
Zellen, welche noch dunkle Dotterkörnchen einschlielsen. zuerst durch
, Google
Entvieklmig der Unegmente, Entstehung ron Bindesabstnnz u. Blat 121
Auflösung der letzteren liumogeuer, danu nehmen sie, indem sich in
ihnen Blutfarbstoff bildet, eine schwach gelbliehe Farbe an, die all*
mihlieh intensiver wird.
Wenn man zu diosor Zeit eine vom Dotter nli^'elöstc Keimhaut
Ijetrachtet, so zeigt sich die Z<»ne. in welcher die Bluthilduug statt-
findet, mit mehr oder minder intensiv blutrot fjefärbteu Flecken be-
deckt, welche teils rundlich, teils länglich, teils verästelt sind und
als die Blutpunkte oder Bin tinsein der Keinihaut bekannt sind
(Fig. 119 q. l'i') /). Von diesen Bilduugsherden lösen sich nun die
oberHitclilichen Zi llen ab und geraten als isolierte, rote Blutkör|iercheu
in die Blutflüssigkeit hinein. Hier vermehren sie sich, ebenso wie in
den Blutinseln, durch Teilung, wobei ihr Kern sich in die bekannten
Spiiidelti^'ureu umwandelt. T e i 1 u n g t' n von B I ii t z e 1 1 e n sind beim
Hühnchen bis zum sechsten Tage der Bebrütuug in grolser Anzahl
ZU beobachten, während sie späterhin seltener werden und dann ganz
verschwinden, .Vuch bei den Silugetieren und beim Menschen
(Fol) besitzen die ersten embryonaleu Blutkörperchen,
welche, wie bei den anderen Wirbeltieren, zu dieser
Fig. 1:^6. Querschnitt durch ein Stück des Oefäfshofes. Nach I>iä8K.
ak Äufeeres, ik inneres Keimblatt, mk^ parietale, mk* viscerale Lamelle des
mittleren Keimblattes, Ih au&erembryonale Leibeshöhle, gtc GefUswand, aus
EndothelieUen gebildet, M Biutaellen, g Gefftfte.
Zeit mit einem echten Z e 1 1 e n k e r n versehen sind, das
Vermögen der Teilung: — In demselben Mafse, als sich noch
weiter Blutkörperchen von ihnen ablösen, werden die Blutpunkte immer
kleiner un<l srbwiiiden endlich '_'anz; dit' ('lefalse aber enthalten dann
ohne Ausnahme anstatt einer hejU>n Flüssigkeit rotes, an geformten
Bestandteilen reiches Blut (Fij^. VM hJ).
Weiterhin gehen in den sogenannten Subst anzinseln (Fig. 135 mi)
Veränderungen vor sich, welche zur Entstehung embryonaler
Bindesubstanz führen. Die zuerst kujreli^ien Zellen rücken unter
Ausscheidung einer homogenen Zwischensubstanz weiter auseinander,
sie werden sternförmig (Fig. 137 sp) und strecken Fortsatze aus. mit
welchen sie sich zu einem in der Gallerte überall verbreiteten Netz-
werk verbinden : andere legen sich den Kndotbelröhren der Gefälse an.
In iUiulicher Weise wie bei den Ueptilieu und Vögeln entwickelt
sich auch bei den Säugetieren in einem Bezirk des mittleren Keim«
Mattes, welches an den hellen Fruchthof angrenzt, ein besonderer Ge-
fiU'shof. in dessen Bezirk sich ähnliche Ver&uderuugen, wie die eben
beschriebenen, verfolgen lassen.
Nach . Yollendeter Gefftfs- und Blutbildung ist der Bezirk des
dunkeln Fruchthofes, in welchem die eben geschilderten Prozesse
Sechstes Kapitel.
stattgefunden haben, bei allen meroblastischen Eiern , sowie bei den
Eiern der Säugetiere nach aufsen scharf abgegrenzt (Fig. 110). Es
hört nämlich das dichte Netz der Blutgefill'se nach aulsen mit einem
breiten, einen Kreis beschreil>enden Randsinus (V'ena oder Sinus
terminalis) plötzlich auf. Nach aufsen von dem Sinus terminalis
bildet sich auf dem Dotter kein Blut mehr und kein Blutgefäfs. Wohl
aber breiten sich hier die beiden priniilren Keimblätter lateralwärts
noch weiter über den Dotter aus, bis sie ihn ganz umwachsen haben.
Wir müssen daher jetzt am dunkeln Fruchthof (Fig. 142, 143) zwei
ringförmige Bezirke unterscheiden, den Gefäfshof (gh) und den
Dotter huf {dJt), die Area vasculosa und die Area vitellina.
sp^. spe
Fig. l'H. Querschnitt durch den Rumpf eines Bntenembryo mit un-
gefähr 24 ürsegmenten. Na( h B alkol u.
Man sieht die vier ursprünglichen Keimblätter und die aus ihnen entstandenen
Organe durch geringe Mengen ernbryonnler, sternförmige Zellen enthaltender Hinde-
Kubstan/, in welcher /ugleirli die (iefafsanlagen eingeschlossen sind, voneinander
getrennt.
Olli Amnion, «o Ilautfaserblatt . sp Darmfaserblatt, ird WoLFFScher Gang,
st IJrnierenkantklchen, cav Kardinal vene, m.s .Muskelpiatte, fp.g SpinalgaDglion,
ttp.c Rückenmark, rh Chorda, no Aorta, Inj innen-s Keimblatt.
Da aufserdem der helle Fruchthof nach wie vor zu erkennen ist, da
er nur von wenigen, zum Emhryo führenden Hauptgefäfsstäinnien
durchsetzt wird, so wird der embryonale Körper im ganzen von drei
Zonen ()d«'r Höfen des aufserembryoiialeu Teiles der Keimblätter
umschlossen.
Wir haben bisher die Blutbildung im dunkeln Fruchthof verfolgt.
Wie entstehen nun aber die (iefilfse im embryonalen Körper seihst?
Auch hier ist die Unsicherheit unseres augenblicklichen Wissens
hervorzulieben. sowie die Verschiedenartigkeit der darüber gemachten
Angaben. Nach Tlntersuchungen an Selachierembryonen, die wohl
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Entwicklong der Unegmente, Entttehaag von Bindesttbsttns a. Nnt. 12S
mit liie (ieoipnetsten Objekte fi^r die Krfnrschiinp der Genese von Blut
und Blutgefälseu sind, euUstehen die letzteieu eUjüso wie das llciz-
säckchen im Bereich des Mesenehyms aus Reihen von Zellen, die teils
liifkeior, teils dichter zusammenliegen (Uückert, Mayer). Die Zellen-
ketten höhlen sich im Innern aus und wandeln sich dabei zur endo-
thelialen Gefilfswand um. Dagegen i:»t die Abstammung der geials-
bildenden Zellen von den KeiniblAttern noch nicht mit voller Sicherheit
zu beantworten. Die ersten Gefilfse waclisen, nachdem sie einmal an-
gelegt sind, selbstÄndii? weiter und geben durch eine Art von Sprossung
immer neuen Seitenästeu den Ursprung. Man beobachtet, dals von
der Wand der bereits ausgehöhlten Geflllfee solide« dOnne Sprosse aus-
gehen, die von spindelförmigen Zellen gebildet werden und mit anderen
sich durch Queräste zu einem Netzwerk verbinden. Die jtingsten und
feinsten dieser Sprosse bestehen nur aus wenigen aneinandergereihten
Zellen oder selbst nur aus einer einzigen Zelle, die als Höcker dem
Endothelrohr aufsitzt und sich in einen langen Protoplasmafaden aus-
zieht. In die soliden Sprosse erstreckt sich hierauf von den bereits
fertig gestellten Gefäfsen aus eiue kleine Aussackung hinein, die sich
allinfthlich verlängert und dabei zu einem Rohr ausweitet, dessen
Wand von den auseinandergedrilngten Zellen der Anlage herjxestellt
wird. Kine Pildnnjr von Blutkörperchen findet hierbei nicht mehr
Statt Alle Zellen der bprosse werden lUr die Gefäfswaud aufgebraucht.
Indem aus den so entstandenen Gefiirsen wieder neue Sprosse hervor-
wachsen und so fort, breiten sich die Gefnfsanlagen Oberall in den
Lücken zwischen den Keimblättern und den aus ihnen durch Ab-
ächnQruug hervorgegangenen Organen aus.
Bepetitorium zu Kapitel VI.
1. Segmentierung der mittleren Keimblätter.
1) Bei den Wirbeltieren sondern sich die mittleren Keimblätter
durch Faltuugs- und Ab.selmüruugsprozesse in nieinerc Anla^^en.
2) Der Souderungsprozefs im mittleren Keimblatt zeigt zwei
Modifikationen. -
a) Beim Amphioxus gliedern sich die mittleren Keimblätter gleich
bei ihrem ersten Auftreten voll st And ig in hintereinander-
gelegene Ursegmente.
Später erst zerfällt jedes Ursegment in einen doräaieu
Abschnitt und einen ventralen Abschnitt.
Die dorsalen A1>schnitte (eigentliche Ursegmente) liefern
die quergestreifte Muskulatur des Rumpfes.
Die ventralen Segnieute bilden die Leibeshöhle . welche
anfangs segmentiert ist, später unter Schwuud der Scheide-
wände ein einheitlicher Uohlrauui wird.
b) Bei allen flbrigen Wirbeltieren sondern sich die Anlagen der
mittleren Keimblätter zuerst in einen dorsalen und in einen
ventralen Abschnitt, in Ursegmentplatten und Seiteiii)latten
Die Seitenplatten bleiben unsegmentiert. Die in ihnen
durch Auseinanderweichen des parietalen und des visceralen
Mittelblattes sichtbar werdende Leibeshöhle ist in jeder Körper-
hftlfte von Anfang an ein einheitlicher Raum.
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SeebsteB Kapitel.
Die Ursegueutplatten werden allein seguieutiert
und aterfallen in dJe bintoreinaiider gelegenen Ursegmente,
8) Die Segmentieniog der mittleren KeimblAtter erstreekt sidi
4kuch auf die Kopfregion des Embiyo. Man unterscheidet daher:
a) K 0 p f s e g u) e u t e , dereTi Anzahl in den einzelnen Wirbeltier»
klaüseo eine strittige ist.
b) Rumpfsegmente, deren Zahl während der Entwicklung am
hinteren Rumpfende eine bestandige Vermehrung erfthrt.
2. Entwicklung von Bindesubatanz und Blut.
1) Aufser den vier Keimblättern, welche epitheliale Lamellen
darstellen, entwickeln sich bei den Wirbeltieren noch besondere Keime
für die Stützsubstanze!? nmt das Blut, die Mesenchymkeime , die in
ihrer Gesamtheit das Zwisclienblatt liefern.
2) Die Mesenchymkeime entstehen dadurch, dafs Zellen aus dem
epithelialen Verbände der KeimblAtter ausscheiden und als Wander-
zellen in den Spaltraum zwischen den vier Keimblättern (den Rest
der Keimblasenhöhle) eindringen und in ihm sieh ausbreiten.
3) Keimblätter und Mesenchymkeime ( Zwisciieublatt) zeigen in
der Art ihrer Entstehung einen Gegensatz; erstere entwickeln sich
durch Faltungen der KeimUasenwand, letztere durch Auswanderung
isolierter Zellen aus bestimmten Bezirken der Keimblätter.
1) Mesencliyiiil^eime entstehen aus der Wand der T'rspgmente.
aus der Cuti8|)latte, aus einzelnen Stellen der visceralen und der
parietalen Lamelle des mittleren Keimblattes, wahrscheinlich auch noch
an anderen Stellen, wie z. B. vom vorderen Keimrand aus.
5) Bluiliei^fse entwickeln sich sowohl im embryonalen Körper
selbst in einer noch näher festzustellenden Weise, als auch im Bereich
des dunkeln Fruchthofs der meroblastischen Eier.
(5) Die Herkunft der Zellen, aus denen im dunkeln Fruchthof
Oeftfse und Blut entstehen, ist zur Zeit eine strittige.
7) Bei der Gefafsbildung im dunkeln Fruchthef sind folgende
Erscheinungen zu beachten.
a) Die Embryonalzellen des Zwischenhlattes ordnen sich
1) zu einem Netzwerk von Strängen und
2) zu den Substanzinseln an.
b) Aus (len Zellsträngen entwickelt sich unter Absonderung von
Blutflüssigkeit die Knd(»thelw;nid der jniiniti vcn Blutgei^fae
und ihr zelliger Inhalt, die Blutkörperchen (BUitinseln).
c) Die Rubstanzinseln werden zu embryonaler Bindesuhstanz.
d) Der Öl t. du welchem zuerst im dunkeln Fruchthof Blutgefäfse
und Bindesuhstanz entstehen, grenzt sich nach aufseu durch
ein Kiuggefäls, Siiiu.s teiniinalis. scharf ab.
e) Da nach Entwicklung des Zwischenhlattes das äufsere und das
innere Keimhlatt sich Uber den Dotter weiter ausbreiten, wird
der embryonale K<)rper von drei Höfen umgeben:
1) von dem hellen Fruehthof,
2) von dem durch den Ringsinus begrenzten (iefäfshof.
'3) von dem mit dem Umwachsungsrand aufhörenden
Dotterhof.
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Eotwicklung üer Irsegmente. Entstehung von biadesubiitanz u. BluU 12^
8) Die roteil Blutkörperchen aller Wirbeltiere besitzen in den
frühestf'Ti Stadien der Entwicklung das Vcnnöfjpn, sich dun Ii Teilung
zu veriiieiiien. Die roten Blutkötpercbeu der Säugetiere babeu zu
dieser Zeit einen Kern.
9) Die beifolgende Tabelle gibt einen Überblick Aber die Ab-
stammung der einzelnen Organe und Gewebe von den Keimblftttern.
I. Aurseres K('iint>latt.
Kpiderrais, Haare. Nügel . Kpithel der Hautdrüsen, centrales und
peripheres Nervensystem, Epithel der Sinnesorgane, die Linse.
II. Primireg innere« Keimblatt.
1) D a rill (1 r n sc 11 bla tt oder sckundiircs inneres Keim-
blatt. Epithel des Darmkanals und seiner Drüsen, £pithel
der Harnblase.
2) Chordaanlage.
3) Die mittleren Keimbtfttter.
a) Ursegmente. rgestreifte, willkttriiche Muskulatur dea
KOrjiers. Teile des Mosenebyms.
b) Öeitenplatteu. Epithel der rieuroperitonealhöhle, die Ge-
sehleebtasellen und epithelialen Bestandteile derGeschlechts-
<irüsen und ihrer Ausführwege. Epithel der Niere und der
Harnleiter. Teile des Mesencbyms.
c) Mesenchymkeime. Gruppe der Bindesubstauzen, GefÜlfse
und Blut, lymphoide Orgaue, glatte, nicht willkQrliehe
Muskulatur.
Siebeutes Kapitel,
Bildung der änfsereii Körperform und des Dotter-
8aek8 der Wirbeltiere, sowie der EiliüUeii der Reptilien
und \'Ögel.
Nachdem wir in den vornusjnfefjanponcii Kapit^^ln rlic Keimblätter
der Wirbeltiere und ihre ersten wicljtigen Sonderuugen in Nerven-
rohr. Chorda, Ursegmente, sowie die Entstehung von Blut und Binde-
gewebe untersucht haben, wird unBcre nftchste Aufgabe Bein, uns mit
(ler Entwicklung der Rufseren Körperformen und, was
damit in unmittelbarem ZusomTiirnhang steht, mit der Entwick-
lung embryonaler Ä n h a n g s g e b i 1 d e bekannt zu macheu.
Zwischen niederen und höheren Wirbeltieren herrscht in dieser
Beziehung eine ganz aufserordentliche Versrliiodenlieit. Wenn der
Embryo eines Amphioxus die ersten Entwjr khmgsjirozesse durch-
gemacht hat, so streckt er sich in die Lange und zeigt schon im
grofsen und ganzen die wurm- oder tischartige Gestalt des er-
wachsenen Tieres .T < niehr wir aber in der Wirbeltierreihe empor-
steigen, um 80 uuähuliclicr werden die Embryonen dem ausgebildeten
Tiere, wenn sie sich auf dem entsprccheudcu Ausbikluugsstadiuui
des Amphiozus-Embryo befinden; sie nehmen jetzt sehr sonderbare
und fremdartige Oesf alten an, indem sie von eigentümlichen Hüllen
umschlossen und mit verschiedenen, später wieder schwindenden An-
hängen versehen werden.
In erster Linie läHst sich diese Verschiedenheit auf die mehr
oder minder g r o Ts e Ansammlung von X a h r u n g s d o 1 1 e r
zurückftlhren , welclien wir schon in den vorausgegangenen Kapiteln
einen so grolseu EinHufs auf alle Entwicklungsprozesse haben aus-
üben sehen. Der Nahrungsdotter hat fQr den werdenden Organismus
eine zweifache Bedeutung. In physiologischer Hinsicht ist
er eine reiche Kraftquelle, welche es allein ermöglicht . dafs sirli die
Entwicklung in ununterbrochener Folge abspielt, ohne dai's der schon
hoch organisierte Embryo von auÜBen Nahrung aufzunehmen braucht
In morphologischer Hinsicht dagegen >pielt der Dotter die
Holle eines Tiallasfes. welcher in di'' fi'ri'1:te und freie Entwicklung
derjenigen Organe, welche mit semer Autnabme und Verarbeitung
betraut sind, hemmend und umgestaltend eingreift. Sehon gleich am
Anfang der Entwicklung konnten wir sehen . wie durch seine Ad-
wesenheit der Furchung«proze fs und die Bildung der Keimblätter
verlangsamt, abgeändert uu«l in gewisser Beziehung geradezu gestört
werden. Desgleichen werden wir auch wieder im folgenden zu zeigen
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Bildung der äusseren Körperforin, des Dottersacks der Wirbeitiere etc. 127
haben, wie die normale Gestaltung des Darmkanals und des Leibes
infolge der Anwe^' nhrit des Dotters nur nach uncl nach auf Um"
wegen erzielt werdou kann.
In zweiter Linie wird bei den Wirbeltieren die grofse Ter-
scbiedenheit, welche uns die Embryonen darbieten, durch das Medium,
in welchem sich die Eier entwickeln, hervorgerufen. Eier, wolcho in
das Wasser entleert werden, wie es bei den wasserliewohuenden Wirbel-
tieren meist geschieht, entwickeln sich in einer einfacheren und
direkteren Weise als Eier, die. mit festen Schalen versehen, an das
I ahf^ele^^t werden, oder als Eier, die in der Geb&rmutter bis zur
Gehurt tles Embryo eingeschlossen üiud.
In den beiden letzteren Fallen wird der sich bildende Organismus
erst auf Ix'deutenden Umwegen zu seinem Ziele geführt. Denn neben
i\en bleibenden Organen entwickeln sich gleiclizeitif;; auch solche,
welche für das uacbembryonale Leben keine Bedeutung haben, welche
aber während des Eilebens teils dem zarten und weichen, leicht zu
beschädigenden Körper als HfiUen zum Schutz, teils zur Atmung
«nd teils zur N ah run p sau f nähme dionen. I)iese werden am
Ende des embryonalen Lebens entweder rückgel)!Met odt r bei der
Geburt als nutzlose und bedeutungslose Gebilde aiigeworleu. Du sie
sieh aber aus den KeimblatterD entwiciceln, inttssen sie auch fOglieh
als zu dem werdenden Orjianismus unmittelbar hinzugehörig und als
seine E ml) r \ o n a lo rgaue aufgefafst und in dieser Weise auch bei
der Fürml>ei>cbreibung behandelt werden.
Das umfangreiche Material, welches hier wieder zu bewftitigen
ist, will ich in zwei Teile gruppiert vorführen.
Im ersten Teil wollen wir untersuchen, wie der Embryo das
Hindernis, welches ihm durch die Anwesenheit des Dotters gesetzt
Ist, Qberwindet und eine dem definitiven Zustand entsprechende Form
gewinnt.
Im zweiten und zugleich umfanfrreicheren Teil haben wir uns
dann noch mit den embryonalen HuUbilduugen und Anhangsorganen,
die verscbiedenen Zwecken dienen, eingehender zu beschäftigen.
Die Ansammlung von Dottermaterial greift in den Gang der Ent-
wicklung am wenigsten störend bei den Amphibien ein. Sie stehen
daher zwischen dem Amphioxus mit direkter Entwicklung und den
übrigen "Wirbeltieren gleicbsam in der Mitte und vermitteln /wischen
ihnen einen Übergang. Der Dotter nimmt bei den Amphibien an
dem Furchungsprozefs mit teil; nach seinem Abschlufs findet er
sich der Hauptmasse nach in den grofsen Dotterzellen angehäuft,
welche den Boden der Keiniblase bilden (Fi-,'. ."'.:!); bei der Gastrulation
wird er in die Urdarmhöhle mit aufgenomuieu , welche er fast ganz
ausfüllt (Fig. 57 u. 58): nach Abschnünmg der Leibessflcke liegen
die grofsen Dotterzellen in ähnlicher Weise in der Tcntralen Wand
des eigentlichen Darmes (Fig. LiH i/k). Hier werden sie teils auf-
geb>st und zum Wachstum der übrigen Körperteile verwandt, teil?
nehmeu sie direkt au der Bildung des Epithels der ventralen Darin-
wand teil.
Infolge der Anwesenheit des grnfsen Ilaufi ns der Dotterzellen
gewinnt der Amphibienembryo zu einer Zeit, wo die Aniphioxuslarve
schon langgestreckt und tischartig geworden ist, eine uuiormliche Be-
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128
.Siebentes Kapitel.
schaffenheit. Der auf dem Gastrulastadium kugelige Körper wird
später durch Streckung eiförmig. Darauf beginnen sich an den beiden
Knden seiner Längsachse Kopf- und Schwanzende als kleine Höcker
abzusetzen (Fig. 13B u. 70). Der zwischen ihnen gelegene mittlere
oder Rumpfteil wird an seiner
dorsalen Partie, in welcher Ner-
venrohr, Chorda und Ursegmente
entwickelt sind, etwas einge-
krümmt, so dafs Kopf- und
Srhwanzhöcker durch eine kon-
kave Linie verbunden werden.
Die ventrale Hälfte des Kumpfes
ist dagegen in hohem Mafse auf-
getrieben und bruchsackartig
nach unten und seitlich hervor-
gewölbt, da sie mit Dotterzellen
angeftlllt ist. Man nennt die
Auftreibung daher auch den
Dottersack.
Im weiteren Fortgang der
Entwicklung nimmt der Embryo
immer mehr eine fischähnliche
(nstalt HU. Das vordere und
namentlich das hintere Ende des
Körpers wächst stärker in die
Fig. l-'K Sohematiaoher Längs-
Bohnitt durch einen Embryo des
Frosches. Nach Göttk, aus Üalfuur.
«f Nervenrolir, x Konimiinikation des-
selben mit rrmund und Darmkanal a/, yk
Dotterzrllen, m niittlcrcH Keimblatt. Der
Einfachheit wegen ist das äußere Keimblatt
nur als «'inreibige Zellenschicbt dargestellt.
Länge. Die Mitte des Rumpfes
wird dünner; denn der Dottersack wird nnt dem Verbrauch des
Dotterniaterials kleiner und schwindet sehliefslich ganz, wobei seine
Wandungen in die ventrale Darm- und Bauch wand aufgenonnnen werden.
Die Stör un gen im normalen Verlauf der Entwicklung
werden in demselbem Mafse gröfser. als der Dotter an
Menge zunimmt, was bei den me-
roblastischen Eiern der Fische»
Reptilien und Vögel der Fall ist.
Der Dotter zerfällt nicht mehr in einen
Haufen von Dotterzellen , wie bei den
Amphibien, er ist am Furchungsprozefs
nur in einem geringen Malse beteiligt,
insofern Kerne in die dem Keim anliegende
Dotterschicht hineingeraten und . von
Protoplasma umgeben, sich durch Teilung
weiter vermehren. Die Gastrulaform ist
bis zur l'nkenntlichkeit abgeändert; nur
ein kleiner Teil ihrer Rückentläche besteht
aus Zellen , die zu den zwei primäre»
Keimblättern angeordnet sind (Fig. 75. 77):
die liauchseite dagegen , an welcher sich
bei den Amphibien die Dotterzellen vor-
finden, ist ungefurchte Dottermasse. So
erhalten wir den eigentümlichen Befund,
dafs sich bei den genannten Wirbeltieren
der Embryo . wenn wir den Dotter als
nicht zum Köriter gehörig iHjtrachten
Fii;;. 139. Schomatischer
Durchschnitt durch ein
Hühnerei am Anfang des
zweiten Brüttages.
Die drei Keimbhitter. das
auf>ere ak , das niittlcrc mk,
das innere ik, sind libt-r
dem Nahruncsdotter auspr-
breitet. Das mittlere Blatt endet
an der punktierten Linie st mit
dem Sinns terminalis. welcher
den (iefafshof abgrenzt, «r l'm-
wachsun^Nrand.
, Googl
1
Bildung der äuikereu Korperfonu, des Dottersacks der Wirbeltiere etc. X29
wollen, aus flaeh auBgebreiteten Blftttern anstatt ans einer Beeher-
form zu entwickeln scheint (Fig. 75 und 139). Ferner sehen wir
noch mehr, als es schon bei den Amphibien der Fall ist, einen
scharfen Gegensatz zwischen Kücken- und Bauchflache des Eies
wfthrend der Entwicklung durchgeführt. An erBteier bilden sieh
zunilchst allein alle wichtigen Organanlagen, das Nervensystem, die
Chorda, die Ursegmente (Fig. VM), während an der Bauchseite nur
wenige und geringfügige Veränderungen zu bemerken sind. Die Ver-
ftnderangen besteben hanptsftehlicb darin, dalb die Keimbl&tter sich
venti alwärts ausbreiten, aber die Dottenaas^e berftberwacbsen (Fig. 142
bis 145) und um sie einen geschlossenen, ans mehreren Schichten be-
stehenden Sack bersteUeo. Die Umwachsung des ungeteilten Dotters
durch die Keimblltter vollaieht sieb im ganzen sehr langsam: sie
beansprucht um so mehr Zeit^ je massenhaft i las angesammelte
DntTrrmaterial ist; so ^ird sie /. B. hn t]en Vögeln er^t auf einer
sehr späten Kiitwicklungsstufe beendet, wo der Embryo schon eine
hohe Ausbildung erreicht hat (Fig. 145).
Man hat bei den merobUurtisehen Eiern den Teil der Keimblätter,
an welchem die ersten Organanlagen (Nervenrohr, Chorda, Ur-
segmeute etc.) auftreten, als embryouaien Bezirk von dem
Qbri gen oder dem aufserembryonalen Bezirk unterschieden. Die
Unterscheidung ist eine zweckmäfsige und notwendige; die Namen
, embryonal und aufserembryonar aber hätten passendere sein können,
da ja seihst verstilndlicherweise alles, was aus der Eizelle hervorgeht,
also auch das, was der aur^sereuibiyiiuale Bezirk liefert, zum Embryo
hinzugerechnet werden mufs.
Somit entsteht jetzt für uns eine do|)pelte Aufgal e erstens zu
untersuchen, wie sich im Phubryonalhezirk aus den Hach ausge-
breiteten Keimblättern der Wirbeltierkörper mit Kopf- und Schwanz-
ende entwickelt, und zweitens die Verftnderungen zu beschreiben,
welehe der aufserembryonafe Bezirk eingeht
1. Die Bildung des fioinpfeH durch £iiifaltung der Keimbl&tter
zu R4)hreii.
Um uns die Beschreibung zu erleichtern, wollen wir das aufsere
Keimblatt und das ihm anliegende Hautfaserblatt mit eiuem tarnen,
als Rumpfplatte. und ebenso das Darmdrflsenblatt und das Darm«
faserblatt zusammen als Darm platte bezeichnen. Aus der Rumpf-
platte bildet sich durch Einfaltung das Rumpfrohr oder die Rumpf-
wand des Körpers, aus der Darmplatte eut&teht in gleicherweise das
Darmrohr. Beim Hähnchen läfst sich der FrozeTs der Einfaltung
in den ersten Tagen der Bebrfltung in allen Einzelheiten leicht
verfolgen.
Am frühesten beginnt sich — beim Hühnchen am Anfang des
zweiten Brottages -~ der Kopf anzulegen, indem in geringer Ent-
femang vom vorderen Ende der Nervenrinne die Rumpfplatte eine
quer verlaufende, kleine Falte schlriL't . deren Firste nach abwärts
gekehrt ist (Fig. 140 kf). An der Obtrtiäche der Keimhaut ruft die
Kupf falte, wie sie in den LehrbQchern bezei^net wird, eine die
Embryonalanlage von vom her abgrenzende halbmondförmige Furche
(V\ii. ll^) — die Grenzrinne von His — hervor. Der abgefrrenzte
Bezirk heilst der Kopfhöcker. In derselben Weise faltet sich die
O. Ucrtwig, Die Eloment« der Entwicklungslehre. -2. Anit. 9
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130
Siebentes Kapitel.
Rumpfplatte (Fig. 187 so) bald darauf links und rechts Ton der Anlage
des Rückenmarks in {xeringer Entfernung von fler Medianebene zu
den Seitenfalteu ein, die an der Oherriäche sich ebenfalls wieder
in den seitUchen Grenzrinnen luarkiereu i^Fig. 119). Am spätesteu
endlieh lieginnt dae bintere Ende des Embryo sieb als Schwanz-
h (Ick er (Fig. 140) abzusetzen dadurch, dafs die Seitenfalten am
bintcrr II Ende des Primirivitreifens umbiegen und sich in der hall>-
niuuülurmigen , mit der Konkavität nach vorn gerichteten Schwanz-
falte vereinigen, welcher an der Oberfl&che die bintere Grenzrinne
entspricht. Infolge dieser Einfaltungen der Rumpf platte ist ein
kleiner Teil der Keiniblfttter, der allein für die Bildung des bleiben-
den Korj[)ers beansprucht wird, durch einen rings geschlossenen
Grenzgraben vom aufserembryonalen, viel umfangreicberen Bezirk
getrennt, der zur Bildung von Dottersack und Eihftuten dient.
Zur Vermeidung von Mifsverstrinduissen sei noch darauf auf-
merksam gemacht, dafs wie vordere, seitliche und hintere Grenz-
rinnen zusammen
einen einzigen Ring-
graben bilden , so
auch Kopf-,
Schwans- und Sei-
te nfalten, wenn sie
sich deutlicher aus-
prägen, alle inein-
ander fibergehen
und so nur Teile
einer einzigen
Falte sind, welche
die Embryonal-
anlage ringsum ein-
schliefst. Indem die
Falten sich ver-
giüläeru, legen sich
ihre zuerst nach a1)wrirts gerichteten Firsten derart um, dafs sie sieh
alle der Mitte des Kinbryonalbezirks zuwenden, wachsen hier von vom
und hinten, von links und rechts einander entgegen und nähern sich
schliefslich in einem kleinen Bezirk, welcher etwa der Mitte der
embryonalen Bauchflaehe entsi)richt und an dem Medianschnitt dnrch
diese Gegend (V'ig. 143) durch eine ringförmige Linie (hn) bezeichnet
ist. Es kommt so ein kleiner, wurmartiger Körper zustande, welcher
(lern aufserembryonalen Bezirk der Keimhaut von oben auliiegt und
mit ihm durch einen hohlen Stiel (hn) verbunden ist Der Stiel be-
zeichnet die Stelle, an welcher die von allen Seiten aufeinander zu
wachsenden Kaltonräuder zusammengetroffen sind, alier eine voll-
ständige Abschnüruug des embryonalen Bezirks vom auiserembryo-
nalen unterblieben ist.
Wer sich den Vorgang, der fttr das Verständnis d('r tierischen
Fornibilduti'i überaus wichtig ist. noch klarer und verständlicher
machen will, tue dies mit Hüte eines leicht herzustellenden Modelles.
Er breite ttber den Bocken seiner auf einem Tisch ausgestreckten
linken Hand ein Tuch, welches die Keinihaut darstellen soll, flach
aus. dann falte er mit der rechten Hand das Tuch ein, indem er es
um die bpitzen der linken Finger ein wenig nach unten herumschlägt.
kh Hl vaf
Fig. 140. 8oh«inatl8oher Uedlansohnitt durch
•Inm VoKeiembtgro mr Srl&ateruig der Kopf- und
Amaio nb ild ung.
(d, ik- Aiirst-rf 'u:,l iiincrt's Kciiiililait, ch t'horda,
h Herzaaltwc, hb Hirnblascn, kd Kopfdarmhöble, A/ Kopf-
nr Kervenrohr, «.dtpf vordere Darmpforte, 9j»f vordere
Amiüon£alte.
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Bilduag der äu(seren Körperform, des Dottersacks der Wirbeltiere etc. 131
Die künstlich gebildete Falte entspricht der oben beschriekmen Kopf-
falte. T)if Fingerspitzen, welclie Hnrrh den riiischlafi des Tuches eine
untere Bedeckung empfangen liahen und nach anfsen über das sonst
glatt ausgebreitete Tuch hervorateheu., siud dem Kopihöcker zu ver-
gleieheD. Ferner können wir uns das Rfickwärtswachsen der Kopf-
falle dadurch veranschaulichen, dafs wir das Tucli n(»ch weiter Uber
die untere Fläche der Finger nach der Handwurzel zu einstülpen.
In derselben Weise schlage man das Tucli auch noch um die Seiten-
rftnder der Hand herum und schiebe die so kfinstlich hervorgerufene
halbringfönuige Falte, die an der Handwurzel eine Unterbrechung
aeigt, bis zur Mitte des Handtellers vor. Dann stellt das Tuch rings
um die tiaud eine ruhreiifuraiige Scheide dar, die au einer Stelle
durch einen Verbindungsstrang mit dem glatt ausgebreiteten Reste
des Tuches zusammenhi\ngt.
Ein fllmlicher Vorgang, wie der äufscrlich sichtbare, eben be-
schriebene t altuugsprozei's, durch welchen die Seiten- und die Bauch-
wand des Körpers aus der blattförmigen Anlage gebildet wird, spielt
sich gleichzeitig im Innern des Embryo an der Darmplatte ab. An
ihr entwickeln sich, wie an der Rumpfplatte, eine vordere, eine hintere
und zwei seitliche Darmfalten. Zuerst faltet sich zur Zeit, wo der
Kopf sich sondert (Fig. 140), auch die diesem Abschnitt entsprechende
Darmplatte 2U einer Röhre, der sogenannten Kopfdarm höhle
(Jcfl), zusammen. Derselbe Vorgang wiederholt sich am dritten Tage
der BebrUtung am hinteren Ende der Embryonalanlage, an welchem
der Schwanzteil (Fig. 146) sichtbar wird und durch Einfaltuog der
Darmplatte die Becken- und Schwanzdarmhöhle angelegt
wird. Beide Darniteile sind ursprünglich nach aufsen oder nach der
KörperoliertiÄche zu blind geschlossen. Am Kopf fehlt noch eine
Mundöffnung, am hinteren Leibesende ein After. Wenn man dagegen
den Fruchthof mit dem in Ausbildung begriffenen Embryo vom DN>tt^
abhebt und von der unteren Seite her betraclitet, so zeigen der
vordere und der hintere Abschnitt des Darmkauais eine ÖiTnung
<Fig. 140 v.dpf und 14(5), durch welche man von der Dotter-
seite her in die nach aufsen abgeschlossenen Höhlen hineinsehen
kann. Die eine Öffnung wird als die vordere, die andere als
die hintere Darmpforte oder der hintere Darmeiugaug
bezeichnet.
Zwischen beiden Pforten bleibt noch längere Zeit der mittlere
Abschnitt des Darmkanals als blattförmige Anlage bestehen. Indem
sich diese dann etwas nach abwi^rts einhie-jt (Vi'j. }'M u, 142), ent-
steht unter der Chorda dorsalis eiue Dänin iiuie U'ic- H2 rfr), die
swisehen Kopf- und Beckeudarmhöhle liegt. Durch stärkeres Hervor-
treten der seitlichen Darmfalten ((ff) wird die Hinne immer tiefer und
wird endlich dadurch, dafs die Faltenriltider sich von vorn, von hinten
und von beiden Seiten nähern, in derselben Weise wie die ilumpt-
wand zum Rohr geschlossen. Nur an einer kleineb Stelle, welche in
Fig. 14:?— 14.') durch die ringförmige I/uiie <bi bezeichnet ist. wird der
Faltungs- und Abschnürungsprozefs nicht zu Ende geführt; es bleibt
hier das Darmrohr wieder mit dem aufserembryonalen Teil der
Darmplatte, welcher den Dotter einsehliefstf durch einen hohlen Stiel
in Yerbiudang.
9»
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132
Siebentes Kapitel.
2. Die Verwendung deK aafNerembryonalen Bezirks der Keim-
blätter zum Bottersacli der FiKche und zu den Eihäuten der
Reptilien und Vögel.
Der aufserenibryonale Bezirk der Eihäute liefert bei den Fischen
nur einen Sack, der zur Aufnahme des Dotters dient. So zeigt uns
Fig. 141 den Embryo eines Selachiers, der durch Einfaltung der Keira-
bliltter aus dem in Fig. 75 dargestellten scheibenförmigen Stadium in
der für das Hühnchen beschriebenen Weise entstanden ist, während
der gröfsere Teil des Eies zu einem grofsen Dottersack geworden ist,
der mit der Mitte des Bauches durch einen längeren Stiel verbunden
ist. Von hier bieten uns die Teleostier Übergänge zu einem Zustand,
in welchem der' Dottersack wie bei den Amphibien sich vom Mittel-
darm nicht durch einen Stiel absetzt, sondern nur eine weite Aus-
buchtung desselben und der Bauchwand darstellt.
Sehen wir uns den Bau des Dottersacks jetzt noch genauer
an. Wie schon oben bemerkt, breiten sich alle vier Keiniblätter nach-
• ringsum ein enger Spalt-
Fig. 141. Älterer Embryo eines Hai- >"aum aus, für welchen der
flacheB (PristiuruB) Nach Baufour. Nanje „aufserembryonale
A'wKiiibrvo.f/s Dottersack, Stiel des Dotter- Leibeshöhle" oder Keim-
sacks. Ol- Alteria viteliina, it Vena vitellina. b 1 a se n c oe 1 om (Höhle dcs
besten jmssen würde; er trennt die Umhüllung des Dotters in zwei
Platten, von welchen die innere die unmittelbare F<»rtsetzung des
Darmrohrs, die äulVere dagegen die Fortsetzung der Rumpfwand ist.
(ienau genommen, haben wir daher um den Dotter eine doppelte Sack-
bildung vor uns, die wir als Da rmdottersack und Haut dotter-
sack unterscheiden können. Jener ist nichts anderes als eine bruch-
sackartige Ausstülpung des Darmrohrs, dieser der Rumpfwand.
Es wurde schon erwähnt, dal's die Abschnürung des Dottersacks
vom embryonalen Körper eine sehr verschiedenartige sein und so weit
gehen kann, dafs der Zusammenhang zwischen beiden nur noch durch
einen dünneu Stiel (Fig. 141 .<?/) unterhalten wird. Eine genauere
rntersucliung zeigt im letzteren Fall den Stiel wieder aus zwei engen,
ineinander gesteckten Röhren zusammengesetzt, von denen die äufsere
den Hautdottersack mit (h>r Bauchwand und die innere den Darra-
dottersack mit dem Dannrolir verbindet. Die erstere nennt man den
Hautstiel, die letztere den Dannstiel oder Dottergang, Ductus vitello-
a) Der Dottersaok der Fische.
ar
einander um die ungeteilte
Dottermasse der meroblasti-
schen Eier aus. Wie nun
im embryonalen Körper die
beiden mittleren Keim-
blätter auseinanderweichen
unddieLeiheshöhle zwischen
sich hervortreten lassen, so
geschieht es später auch im
aufserembryonalen Bezirk.
Im Bereich des mittleren
Keimblattes bildet sich
Blastoderms Köllikkr) am
, Google
Bildung der inlsereii Ki^rperfotiii, dM DottarsAck» der Wirbeltiere eie. 133
intestinalis. Die Ansatzstelle des Hautstiels in der Mitte der eiiibryo-
ualcD Bauchtiäche heifst der Hautnabel; die entsprechende Ansatz-
Stelle des Darmstiels am Darm der Darmnabel.
Selilierslicli hat der Dottersack bei den Fischen dasselbe Schicksal
wie bei den Amjjhibien. Er wird selbst in dem extremen Fall wie bei
den Selachieru noch zur Bildung der Darm- und Leibeswand benutzt.
Er scbrunipft. je mehr sein Inhalt TerflOssigt und aufgesaugt wird.
Der Darmdottersack wird dann^ wenn er ganz klein geworden ist, in
die l eibeshöhle eingezogen und dient endlich zum Versclilufs de«
l)armual>els, ebenso wie der Hautdottersack bei seinem Schwund den
Hautnabel zuschlieftt
b) Sie Blhfillea der BeptfUea und VSg^
Zu dem Dottersack, der schon bei den Amphibien und Fischen
auftritt^ gesellen sich bei den Reptilien und Vögeln noch drei weitere
embryonale Anhangsgebilde hinzu: 1) <ias Schaf liautehen oder Amnion,
2; die seröse Halle und 3) der Harnsack oder die AUautois. Unserer
Darstellung sollen besonders wieder die Verhältnisse beim Hahnchen
zur Grundlage dienen.
Amnion und seröse Hülle sind ihrem Ursprung nach auf den
aufserembryoualen Bezirk der Keimbhitter und zwar auf den Teil
zurQckzufOhren , welcher bei den Fischen zum Hautdottersack ver-
wandt wini. Sie entstehen abermals aus Falten, welche, um den
noch kleinen Kmbryo herumwachsend, eine dopjjelte Umhüllung für
ihn lieÜM U. Schon zur Zeit, wo man ani vordereu Ende der Erabryonal-
aulage (Fig. 14(l) die halbkreisförmige Kopffalte wahrnimmt, durch
deren Wachstum der Kopf des Embryo sich sondert, tritt bereits in
geringer Kutfernung vor ihr die vordere Amn ionfalte (rdf) auf
in einem Bezirk, in welchem das mittlere Keimblatt am Anfang der
Entwicklung fehlt, so dafs äufseres und inneres Grenzhlait hier
direkt zusammenstoßen. Beide sind daher auch gleichmftf^ig an der
Bildung der vorderen AmnionfaUe oder de> Proamniou beteiligt
(Fig. 140). Wahrend nun die Kojjffulte (/./ ) mit ihrem T'msrhlajisrand
nach dem Dotter vordringt, erhebt sich, durch die Grou/riune vou
ihr getrennt, die vordere Amnionfalte (vaf) in entgegengesetzter
■Richtung nach aufsen tU>er das Kiveau der Keimhnnt. Sich ziemlich
rasch verf-M(>(srrnd, wächst sie, indem sie sich mit ihrer Firste nach
rückwärts umlegt, kapuzeuartig über den Kopf herüber und bedeckt
schon am Ende des zweiten Brfittages seinen vordersten Teil wie
ein dünner, durchsichtiger Schleier und wird die Kopfscheide genannt
(Fig. 14:3 vaf).
Auf einem etwas späteren Madium entwickeln sich am Schwanz-
ende und zu beiden Seiten des Embryo die hintere und die seit»
liehen Amnion falten und hier zwar an Stellen, wo flberall
mittleres Keimblatt angelegt und in Haut- und Darmfaserblatt ge-
trennt ist Sie nehmen daher auch hier aliein durch Einfaltuug des
äufseren Keimblattes und des ihm dicht anliegenden Hautfaserblattes
ihren Ursprung.
Die hintere Falte ist zur Zeit, wo der Kopf schon von dem
schleierartigen Hauiciien überzogen ist, noch sehr unscheinbar, sie ver-
größert silä laugsam und legt sich hierbei Uber das hintere KOrper-
ende als Sehwanzscbeide herOher (Flg, 14G ant und Fig. 143 haf).
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134 Siebentel KftpiteL
Die seitlichen Amnionfalten erbebeu sich nach aul'seu vou
den seitlichen Grenzrinnen (Fig. 137 mn und Fig. 142 af) in entgegen-
gesetzter Richtung als die Seitenfalten, durch deren Umschlag die
Seiten- und I^auchwand des Knihryo ihren T"^rsprung nimmt. Sie ent-
ferueu sich dadurch mit ihrer Firste mehr uml mehr von der Darm-
platte (Fig. 137 sp), die auf dem Dotter ausgebreitet liegen bleibt. Hiei^
durch nimmt der aufserembryonale Teil der Leibeshöhle (Fig. 142 Ih*)
oder das Keimblasencoelom in der T^nifzeluing des Embryo an Aus-
dehnung zu. Wenn die seitlichen Anmiunfalten bis zur Rückeutiäche
des Embryo emporgewachsen sind (Fig. 142 af), beginnen sie sieh nüt
ihren Rftndern medianwiirts umzuschlagen und um den Rnmftf die
sogenannten Seitenscheiden zu bilden.
Da die mit besonderen Nameo belegten Falten des Amnion, wenn
sie sich in voller £DtwickIuDg befinden, ineinander Obergehen und
Fig. 142-145. Sohematisofae Quer- und liSngsdoralieoluiitfee dnroli
das Hminerei auf ▼enehiedenen Stadien der Bebrütun?.
Der Embryo ist im Verhältnis zum Nahrungsdotter der Deutlichkeit wegen
viel sa grofe dargestellt.
Fig. 142 u. 143. Quer- und Iiängsdurohsohnitt durch ein Hühnerei
mit weit entwickelten Amnionfalten am dritten Taffe der Babrfttoac.
Fig. 144. Längsdurchsehnitt dorob ein Hühnerei mit geschlosaanem
Amnionaaok Uih), serSspr Hülle (S), Allantois [al) und Dottersaok (dfi) am
Anfknt; dea fünften Brüttages.
Flg. 145. Liängadurohschnitt doroh ein Hülmeret am siebenten Brüttaa.
In allen Figuren ist der Rackeii des Embiro daakeluhiran, der Dann hdl;
der Nahriiiifrsdottor durch vertikale Linien achrafflert; in allen Figuren gelten
diesellien Bo/eic hniiiitfen :
ak AnrMTi s Ivt-iiiihlatt, af Amnionfalte, raf, hat', saf vordere, hintere, teil*
liebe Aninionlultu, A Amnion, oft Amnionböhle, al Allantois. dr Darmrinnei
dg Dottergang, df Darmfalten, dn Dannnabel, dh Dotterhof (Area vitellina) swischen
den punktierten Linien st und Mr; d-t I)ntfer>;iik , '//i (;enir>liof, hn Hautnahel.
ik inneres Keimblatt, //* Leibesböhle, embi yonaler, //*- aurserembryonaler Teil
derselben (K«imblaseuc(»eloni), tnk mittleres Keimidatt, ink^ .seine parietale, mk*
seine viscerale Lamelle, y Nervenrohr, S seröse Uulle, sl Sinus tarmlttalis, Auftere
Begrenzung de« Ocf&bhofes gh (Aren ▼ascnlosa), ur Umwadwongimnd, Qrenie
er den Nanrungsdotter umwachsenden Keimblitter.
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BUdung der Aaberen Kdrperfomi, des Dott^rsMks der Wirbelttore etc. 135
nur Abschuitte einer einlieitiiciieu Kiugfalte sind, wird schlielslich
der Embryo ringBom wie von einem hoben Wall umseblosaen. Bei
weiterer Ver^Tfifsorung neigen dann die AmuionsrheideTi von vom
und hinten, von links und rechts über dem Rücken des Embryo zu-
sammen (Fig. 142 — 144 a/, vaf^ haf)^ treffen sich mit ihren Rändern
in der Medianebene und Terwaehsen dort untereinander lAngs einer
Linie, der Amnionnaht, die sich von vorn nncli rückwärts schliefst.
Nur an einer kleint^n Stelle, nahe dem Schwänzende, unterbleibt l&ngere
Zeit der Verschiuls und erhält sich eine kleine ÖlTnung.
Die Yerwaehanng der Amnionfalten erfolgt genau in dersetben
Weise, wie es auf Seite 60 (Fijr. 45 — 4S) im allgemeinen beschrieben
worden ist. Jede Falte (Fig. 142 u. 14:{) besteht aus zwei Blättern,
einem inneren und einem äiH'sereD, die am Umschlagsrand ineinander
fibergeben und durch einen 8]>alt getrennt werden, welcher ein Teil
der aufserembryonalen Leibeshöhle ist. In der Amnionnaht ver-
schmelzen die entsprechenden Faltenhlftttf'v beider Seiten: gleichzeitig
gebt damit Hand in Hand eine Lostreunung der inneren von den
ftuilseren Bllttem (Fig. 144). Über dem Rücken des Embryo sind
infolgedessen jezt zwei Hüllen, eine innere und eine äufsere,
das Amnion (>4)und die seröse Hülle (S). entstand e n. Das
Amnion ist ein Produkt der inneren Faltenblätter (Fig. 144 cUt), Ks
bildet um den Embryo in der ersten Zeit nach seiner Entstehung
einen dicht anliegenden Sack, der nur eine sehr kleine, mit Flüssigkeit
erfüllte AnmionhöhU' rinschliefst. Die seröse Hülle, die sich von
den äufseren Faltenblatteru herleitet, liegt dem Amnionsack als ein
sehr zartes und durchsichtiges Häutchen dicht an und schliefst ihn
von aufsen ein (Fig. 144 u. 145 S).
Was das weitere Verhalten der lieiden Hüllen betrilTt, so bleibt
der Amnionsack bis zum Ende der embryonalen Entwicklung mit
einer kleineu Stelle am Bauch des Embryo, die der Hautnabel heifst,
in Verbindung. In den Fig. 143—14.5 ist diese Stelle durch eine
ringfönrii?:o Linie ihn) kt nntlich gemacht. Iiier setzen sich die pri-
mitiven Schichten der liumpfwand in entsprechende Schichten <les
Amnion fort, so z. B. die Epidermis des Korpers in eine Epithellagc,
welche die Amnionhöhle auskleidet. Der Hautnabel der Reptilien
und Vögel entspricht daher dem gleichnamigen Gebilde der Fisch-
embryonen (Fig. 141 .<fO, an welchem ja auch <icr Hautdottersack mit
seiner stielförmigeu Verlängerung in die Bauchwand übergeht. Wie
bei den Fischen umschliel^t er (Fig. 143 A») eine ÖflTnung, welehe
den im Embryo gelegenen Teil der Leilieshöhle (Jh ') mit dem aufser-
embryonalen, zwischen den Eibüllen hetindlichcn Teil (Ih^) verbindet.
Ferner tritt durch die Öffnung der am embryonalen Darm befestigte
Stiel des Dottersacka oder der Dottergang hindureh, der in den oben
genannten Figuren durch den kleinen Ring (dn) bezeichnet ist.
Durch Ausscheiden einer eiweilshaltiirfMi. salzigen Flüssigkeit, des
Liquor amnii« vergrölsert sich der Amnionsack mit jedem Tage der
Bebrfitung. Gleichseitig wird seine Wandung kontraktil. In seinem
Hautfaserblatt bilden sich einzelne Zellen zu kontraktilen Fasern aus,
die beim Hühnchen vom fünften Tatip der Bebrütung an rhythmische
Bewegungen veranlassen. Man kann die Kontraktionen, etwa lo in
der Minute, bei unverletzter Eischale beobachten, wenn man die Eier
gegen eine helle Lichtquelle hftlt und sieh dabei des von Pbstbr
konatruierten Ooekops bedient.
136 SMbeates KapiteL
Die seröse U ii 1 1 e (6') eine ▼oUkommen durchsichtige, leicht
/erreifshare Membran, welche der Dotterhaut oder Membrana vitellina
tVst anliegt. Sie besteht aus zwei dünnen Zellblättem, welche ihren
Ursprunj!; von dem ilufseren Keimblatt und dem parietalen Mittelblatt
herleiten. AI» eine gesonderte Bildung ist die seröse Hülle auiänglich
(Fig. 144) nur im Bereich des Amnion und des Embryo vorhanden,
soweit als sich die Leibeshöhle im mittleren Keimblatt gebildet hat.
Sie vergröfsert sich dann in demselben Mafse, als der Dotter um-
wachsen wird und der Gefäl'shof sich nach abwArts ausdehnt (Fig. 14ö).
Parietales und viscerales Mitlelblatt weichen mehr und mehr aus-
einander, bis schliefslich (beim Hühnchen gegen Ende der Bebrtttung)
eine Trennung im ganzen Umfang der Dotterkugel erfolgt ist.
lu Zusammenhang damit verändert sich auch die Wand des Dotter-
sacks. Während sie am Anfang der Umwachsung 'eine Strecke weit
von allen Keimblättern gebildet wird, setzt sie sich nach Ablösung
der serösen Hülle nur noch aus dem DarmdrQsenblatt und dem vis-
ceralen Mittelblatt zusammen.
Während die Entwicklung des Amnion noch vor sieh geht, bildet
sich bei den Reptilien und VOgeln ein nicht minder wichtiges embryo-
nales Organ, die Al-
lautois oder der
Harnsack. Er hat
zwei verschiedene
Funktionen gleich-
zeitig zu erfüllen.
Einmal dient er, wie
schon sein Name sagt,
zur Aufnahme der
Ausscheidungspro-
dukte, welche während
des Embryonallebens
von Niere und Urnierc
geliefert werden, und
zweitens ist er noch
vermöge seines Blut-
gefÄfsreicbtums und
der oberHächlichen
Lage, welche er erhält,
das wichtigste embryo-
nale Atmungsorgan.
Der Harnsack nimmt
aus dem letzten Teil
des Eiiddarms, der später als Kloake bezeichnet wird, seinen Ursprung
und ist liior in seiner (<rsten Anlage beim Hühnchen schon am Ende
des zweiten Tages nacb/uweiscn , zu einer Zeit, wo die Wandungen
des Enddarnis noch in Entwicklung begrideu sind. Er erscheint hier
als eine kleine, blindsackartige Ausbuchtung (ol) an der vorderen
Wand der Darmplatte (hy). (Fig. 14:i u. Fig. 140 al)
Die Ausstülpung ist nach innen vom Darmdrüsenblatt ausgekleidet,
nach aussen von einer Wucherung des Darmfaserblattes überzogen.
Sie vergröftort sieh rasch zu einer Blase, die in die Leibeshöhle hinein-
wiU'bst (Fig. 143 al). Hierbei erweitert sich das blinde Ende, während
der Auf angsteil, der in den Enddarm abergeht, sich verengt und zu
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V\g. 146. Schematiaoher IiiiigBSOlillltt durch
das Jffinterende eines Hühnerambtyo sur Salt
dar BUdong der Allantois. Nach Balfodr.
Der Schnitt zeigt, dak das Nennenrohr sp.c an
seinen Ende mit dem Enddarm jmi.^ durch einen
CantKs neurentericus n.e zusammenEftnKL Der letztere
geht (lurtli den Rest des I'riiiiiti\ sticifens /^r, welcher
nach der Ventralseite umgeschlagen ist. ep Aufseres
Keimblatt, ch Chorda, iby Darmdrüsenblatt, aJ Allantois,
me mittleres Keimblatt, an die Stelle, wo der After
entstehen wird,am Amnion, «oHautplatte, sp Dui mplatte.
BUdnng der Ao&eren Körpeifonn, des Dottentdi« der Wirbeltiere etc. 137
eiDem hohlen Stiel, dem Harngang oder ITncbus , verlängei*t. Am
Tieiten Tage ist der Hanisack so vorgröfsert, dafs er in der embryo-
nalen Leibeshöhlo keinen Platz mehr findet und sich tlah r in ihren
aurserembryooaleu Teil zwisclieu Diiriiii>tiei und Uautstiel hmeiudrAngt
(Fig. 144 al). Er gelangt so in den Raum zwischen Dottersack (ckj
QOil Amnion (A\ trifft dann auf die Innenfläche der serösen Hülle (8)
und breitet sich unter ihr auf eine weite Strecke, und zwar Ober die
rechte Seite des embryonalen Körpers aus (Fig. 145).
Hin i( btlich der weiteren Schicksale der Eihüllen beim
U Ii I) n c h e u mögen sich hier noch einige kurze Bemerkungen an*
sdiliei'sen.
In dem Zeitraum vom fünften bis zum elften Tage, also etwa bis
zur "Mitte der liehrtitunp, treten an dem Dottersack, dem Amnion,
der Allantois etc. folfzende Veräuderung<*n ein:
In der Wand des Duttersacks, der noch eine ansehnliche Gröfse
beibehftlt, breitet sieb in der frQber geschilderten Weise der Gefltrshof
über gröfserc Strecken aus. Am siebenten Tage bedeckt er etwa zwei
Drittel (Fig. 145), am zehnten Tage drei Viertel desselben, wobei die
Grenzvene undeutlich wird und die scharfe Abgrenzung gegen den
gef&felosen Abschnitt aufhOrt. Der Inhalt des Dotteraaeks ist durch
chemische Veränderung des Dotters verflüssigt worden. Von seiner
Oberfläche hat sich die seröse Hülle (5^), soweit sich der Gefälshof
ausgedehnt hat, durch Vergröfserung der aufserembryonalen Leibes-
hOhle abgehoben. In den Zwischenraum ist gleichzeitig der Harnsack
(Fig. 145 al) hineingewachsen. Dieser hat sich bis zum zehnten Tage
60 sehr vergröfsert, dafs er nur einen kleinen Teil vom Dnttersack
und Amnion unbedeckt läi'st. ^eine sackartige Beschatfeuhett hat er
jetzt mehr verloren. Denn zwischen seinem äufteren Blatt, welches
fast ftberall der inneren FlAche der s^ttaen Hülle dicht anliegt, und
seinem inneren Blatt, welches an Amnion und Dottersack angrenzt,
findet sich nur ein unbedeutender, mitüarnwassererfüUterZwischenraum.
Der Hamsaek ist ferner zu dieser Zeit ein sehr blutgeftftreiehes
Oi|^D geworden und wird von den Nabelgefitfsen gespeist, die uns in
einem spateren Artikel tlber das Blutgefilfssystem noch einmal be-
schäftigen werden. Am dichtesten ist das Blutgefäfsnetz in seinem
äufseren Blatte, welches sich an der Oberfläche des Eies ausbreitet;
ea dient hier zur Unterhaltung des embryonalen Atmungsprozesses,
penn von dem oberflächlich zirkulierenden Blute wird Kohlensaure
abgegeben und Sauerstoff aufgenommen, teils direkt durch die Ei-
schale, teils aus der am stumpfen Pole des Eies befindlichen Luft-
kamniOT (Fig. 0 a ch), welcher ein grofser Teil des Harnsacks anliegt.
Aufser zur Respiration dient endlich der Harnsack auch noch zur
Kesorption des Eiweifses, welches während der Bebrütung
immer mehr eingedickt und am spitzen Pole des Eies zu einem Klumpen
zusammengedrängt wird. Er umwftchst und httUt es in einen Sack
ein, dfs « n epitheliale Oberfläche von der serösen Hülle abstammt,
die vou dem wuchernden Harnsack mit ausgestülpt worden ist. An
der Innenfläche des Eiweifssackes (H. Vircuow) entwickeln sich blut-
geffefsreiche Zotten, welche sich in das Eiweifs hineinseDken und von
DuvAL, der zuerst auf diese VcrhiUtnisse aufmerksam gemacht hat,
als Placenta beschriebeu worden sind.
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138
Sieben««» KapiteL
Auch die Luftkammer hat während der Bebrututig Verfinde-
rungeo erlitten und sich durch Auseinanderweichen der beiden Btfttter
der Scbalcnhaut, in welclie sie eiugeschlossen ist (Fig. 9), iiiiti r Luft-
aufnahme ausgedehnt. Das Amnion endlich, welches am Anfang
Feiner Kntstt-hung dem Embryo dicht anliegt, bat sich vergröfsert
und ist EU einem mit AmnionwaMer stark gefüllten Saeke gewoiden
(Fig. 14.' Seine schon ohen beschriebenen rhythmischen Zusammen-
ziehuugen werden am ach ton Tage am lebhaftesten und kräftigsten
und nehmen von da bib zum Kmie der BebrütuDg an Häufigkeit und
Stftrke ab.
Infolge aller dieser Wachstunisvorgänge beansprucht der Enibnio
mit Anhängen jetzt einen viel gröfseren Kftiini als am Anfang dt r
Bcbrtltung. Kr gewinnt ihn dadurch, dafs das den Dotter uingei)t'nde
Eiweifs oder Alhumeu sich erheblich vermindert, iudem namentlich
seine flossigen Bestandteile teils durch Verdunstung nach aufsen, teils
auch durch Kesor|ition von Seiten des Embryo schwinden. Die Dotter-
haut ist bei der \'ergrorserung zerrissen worden.
In einem zweiten Zeitraum, der vom 11. bis zum 21. Tage oder
bis zum Ausschlüpfen des Hühnchens reicht, wird der Dottersack
infolge der stärkeren Aufsaugung seines Inhaltes mehr und mehr
schlaff, so dafs sich seine Wand in Falten zu b"jen beginnt. Von der
serösen Hülle wird er jetzt, da sich die aulsercmbryonale Leibeshfthle
rings um ihn ausgedehnt hat, vollständig abgelöst und hierauf durch
Verkürzung des Darrastiels näher an die Bauch wand herangezogen.
Am 19. Tage der Be1)rntung beginnt er durch den sehr eng gewordenen
Hautnal)el in die Bauchhöhle selbst hineinzuschlüpfen. wobei er während
des Durchtritts durch die Bauchwaud Sanduhrform annimmt. Hier
wird er zum Verscblofe der Darmwand mit verbraucht.
Eine Rfickbiklung erlllhrt das Amnion , insofern die Flüssigkeit
abnimmt und fast ganz schwindet, bis die Membran wieder dicht dem
embryonalen Körper anliegt. Auch das Eiweifs wird fast vollständig
aufgebraucht mr der Hamsack fAhrt zu wuchern fort und wächst
schliefdich an der ganzen Innenfläche der serösen Hülle so vollständig
herum, dafs seine Ränder sich treffen und untereinander zu einem
den Embryo und das Amnion vollständig eiuschliefsenden Sack ver-
scbmelzen. Mit der serösen HOlle verklebt er so fest, dafs seine Los-
trennung nicht mehr gelingen will*
Das Harn wasser nimmt gi^en Ende der Bebrütung gleichfalls
ab und ist zuletzt, wie das Amnionwasser, ganz geschwunden. In-
foigedesseu gibt es in der AUantois Niederschläge von Harnsalzen, die
immer massenhafter werden.
Amnion und Hamsack bilden sich schlief^lich vollständig zurück.
Indem das Hühnchen kurze Zeit vor dem Ausschlüpfen die es be-
deckenden Hüllen mit dem Schnabel durchstöfst, fängt es an, die in
der grölser gewordenen Luftkammer enthaltene Luft direkt einzu-
atmen. Eine Folge davon ist, dafs im Harnsack der Blutkreislauf
sich verlangsamt und endlidi ganz aufhört. Die zuführenden Nabel-
pefäfse ol)liferier('n. Amnion und AUantois sterten ab, trocknen ein,
lösen sich dann vom Hautnabel ab, der sich am letzten Tage vor dem
Ausschlüpfen schliefst, und werden,, wenn das Kfichelchen die Eischale
verlällst, mit dieser als dürftige Überreste abgestreift.
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Bildttnf der Anfeeren Kaiperfonni des Dottenaeka der Wiriieltiere etc. 139
Bepetitorium bu Kapitel VII.
1) B^i Wirbeltieren, deren Eier wenig Dotter enthalten, nimmt
der Embryo nach Ausbildung der Keimblätter eine gestreckte, fisch-
Dmliche Gestalt an.
2) In (lotterreichen Eiern liefert nur ein kleiner Bezirk der Keini-
hliitter, die Erabryonalanlage, den Wirheltiorkörper; der weitaus
gröfsere, aufserembryonale Bezirk wird zur Bildung von einem Dotter-
saelc und von EihatlenOetstereB nur bei Reptilien und Vögeln) irenrandt.
3) Die einzelnen Blätter der Embryonalanlage schnüren sich vom
aufserembryonalen Bezirk ab und falten sich hierbei zu Röhren ein,
die Rumpfplatte zur Rumpfwand, die Darmplatte zum Darmrohr
(Kopffalte, Schwanzfalte, Seitenfalten, Darmrinne, Darmfalte).
4) Mit den beiden Röhren bleibt der anfserembryonale Bezirk der
Keimblätter durch stidnrti^'e Verbindunirfii in Zusammenhang.
5) Bei Fischen entsteht aus dem auiserembryonaleu Bezirk der
Keimblätter der Dottersack. Er ist aus zwei durch eine Fortsetzung
der ( lubryonalen LeibeshCble getrennten Sficken« dem Darm- und dem
Haut-Dottersack, zusammengesetzt.
^) Die Stelle, an welcher sich der Haut dottersack mit einer stiel-
artigtn Verlängerung an die embryonale Baucbwand ansetzt, heifstder
Hautnabel, die entsprechende Ansatzstelle des Darmdottersacks in der
Mitte des Darmrohrs der Darranabel.
7) Bei Fischen wird der Dottersack nach Resorption des Dotter-
materials unter Schrumpfuugserst^heinuugeu zum Verschluls des Darm-
und des Haut-Nabels aufgebraucht.
8) Bei Reptilien und Vögeln sinkt der Embryo während seiner
Entwicklung in den unter ihm liegenden, flüssiger gewordenen Dotter
eiu und wfrd von Faltungen des auiserembryonaleu Bezirks der Rum|>l-
platte, von den vorderen, hinteren und seitliehen Amnionfalten, ein-
gehfillt (Kopfscheide, Schwanzscheide, Seitenscheiden).
9) Infolge des Faltungsprozesses entstehen zwei Säcke um den
embryonalen Körper, das Amnion und die seröse Hülle.
10) Das Amnion ist am Hautnabel mit dem Bauch des Embryo
verbunden.
11) Der Hautnabel umschliefst eine üflfnunp. durch welche der
embryonale und der aulserembryonale Teil der Leibeshöhle in Ver-
bindung stehen.
12) Durch den Hautnabel tritt der Stiel des Dottersacks durch,
um sich am Darmnalxd an den Darm anzusetzen.
13) Aus der ventralen Wand der letzten Strecke des Enddarms
(Kloake) stQlpt sich der Hamsack hervor, wftchst als eine gestielte
Blase 1) in die Lei])eshöhle und 2) durch den Hautnabel in ihren
a^^se^eTn^rv()nalen Teil )>nMtet sich hier zwischen Amnion und seröser
Hülle ringsum aus uud tuugiert vermöge seines Blutgefiii'sreichtums
als Atmungsorgan.
14) Am Ende der embryonalen Entwicklung schlüpft der immer
kleiner werdende Dottersack nach Verbrauch des Dotters durch den
uUenen Hautnabel in die Leibeshöhle uud wird zum Verschlufs des
Darmnabels verwandt.
15) Amnion, seröse Hülle und der aus dem embryonalen Körper
herausgewucherte Teil des Harnsacks werden am Hautnabel, der sich
schiie&t, als nutzlose Gebilde abgestofseo.
Achtes Kapitel.
Die EihfiUen der Sängetiere und des Menschen.
1. Die Säiifiretiere.
In ilircu frühesten Eutwicklungsstadieii zeigen die Eihäute der
Säugetiere mit depjeoigeu der Reptilien und Yügel eine aufserordeot-
liche ÜbereiDstimmung (Fig. 147). Wir finden einen Dottersack mit
reiehem GeAfenetz iUV)^ ein Amnion (am), eine seröse HuUe (ss)
und eine Allantois
{ALC)\ wir hndcu,
dafe sich der Embryo
in derselben Weise wie
dort niis einem kldnen
Üezirk der Keimblase
entwickelt nnd in der-
selben Weise von dem
anfseremhryonalen
Bezirk abschnürt, mit
dein er nur durch einen
Darm- und einen Haut-
stiel in Verbindung
bleibt.
Die Übereinstim-
mung ist eine auf*
fällige und rojzt zu
weiterem Nafliiltnkt'n
au, wenn wir iu Be-
tracht ziehen, dafb die
namhaft gemachten
Entwicklungsprozesse
in erster Linie durch
die Ansammlung von
Dottorniaterial in den
Eiern der Reptilien
und Vögel hervor-
gerufen werden, und
dal's die Eier der niei>trii SjUij:etiere des Dotters so f^ni wie ganz
ontlu'hn'ii, von sehr geringer Grftfse .sind, eine totale Furchung durch-
uiachoii und in allen diesen Beziehungen mehr deu Eiern des
Amphioxus gleichen.
Warum erleidet nun der SUugetierkeim trotzdem Metamorphosen,
die iu anderen Fällen nur Folge der Dotteransainuilung sind V Warum
Fig. 147. Schema der «hiutd «ÜIM 8&llg»>
tierea. Nach Tl'h.nj^u.
pc Zona pelluciila mit Zotten (Prochorion), sz seröse
UQII«, E ftuiseres KeimbUtt des Embryo, am Amnion,
AC AmnionliOhle, M mittlereB Keimblatt desEabno,
/7 inneres Keimblatt di --i llicn, UV Dottersack (Vesic*
umbilicalis), ALC Alluntois^hühle, al Allautois.
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Die EihUllen der Säugetiere uuU des« Menschen.
141
eotwielEelt sich ein Dottenaek, der keinen Dotter enthält, mit aineni
Blutjrcfrtrs^v^tera, das zur Dotterresorption bpstimmt ist ^ Zur Er
klJlrung ilifser Verhaltnisse müssen wir zu einer Hypothese unsere
ZuHucht nehmen, auf welche schon bei Besprechung der Keimblatt-
bildniig der SAugetiere hingewiesen wnrde und welche sich etwa so
formulieren und begründen läfst:
DieÖäufier müssen von Tieren abstammen, welche
grofse, dotterreiche Eier besessen haben, ovipar ge-
weaen sind, und bei denen sich infolgedessen die em-
bryonalen Hollen in gleicher Weise wie hei Reptilien
und Vögeln entwiclcelt haben. Bei ihnen müssen die
Kier erst nachträglich ihren Dottergehult wieder ein-
gebfifst haben, und zwar von dem Zeitpunkt an, als sie niebt
mehr nach aufsen abgelegt. Rondern in der Gebärmutter entwickelt
wurden. Denn hiermit war für den werdenden Keim eine neue und
ergiebigere, weil unbeschränkte (Quelle der Ernährung gefunden in
Snbstanxei, die von den Wandungen der Gebftrmutter ausgeschieden
wurden. Es bedurfte daher nicht mehr der Mitgift des Dotters. Die
Hüllbildungen aber, die durch den Dottergehalt der Eier ursprünglich
ins Dasein gerufen worden waren, haben sich erhalten, weil sie auch
noch in mancher anderen Beziehung von Nutzen waren, und weil sie
unter Wechsel ihrer Funktion in den Dienst der Ernährung durch
die Gebärmutter traten und dementsprechende Abänderungen er-
fuhren.
Zu Gunsten dieser Hypothese können drei Tatsachen angefohrt
werden. Erstens sind bei den niedersten Säugetierklassen, wie bei
ficn ^Monotrenien und Beuteltieren, die Eier noch gröfser als bei den
Piacentaltieren ; sie zeichneu sich durch einen stärkereu Gehalt an
Dotter ans und bilden in dieser Beziehung zu denjenigen der Reptilien
und Vögel einen Übergang. Zweitens ist beobachtet worden, dafs
die Mft?ietreme?i fEcliidna und Ornithorhynchns) , die niedrigste Ab-
teilung der Säugetiere, wie die Reptilien und die Vögel eieriegend
sind. Drittens verharren die Eihäute bei den Beuteltieren, welche
nächst den Monotremen als die am tiefsten stehenden Säugetiere auf-
zufassen sind, (»IrAohl flir Kritwickhin? in der ( leltiuiinitter vor sich
geht, dauernd in emem Zustande, der deoigenigen der Vögel und
Reptilien ähnlich ist. Der in ein weites Amnion eingehüllte Embryo
besitzt einen sehr grofsen und gefäfsreichen Dottersack. der bis an
di(> seröse Membran heranreicht, ferner eine kleine Allantoisund eine
seröse Membran. Letztere liegt der Uteruswand dicht an. ohne aber
mit ihr enger verbunden zu sein. Nach Resorption des Dotters werden
daher wahrscheinlich Substanzen, welche von der Gebärmutter ab-
gesondert werden, durch das Rintgefäfsnetz des Dottersacks auf-
genommen. So beginnt zwar eine Art intra-uteriner Eniftltnin«,' sich
bei den Beuteltieren auszubilden, sonst aber liegt der Kmiji}u mit
seinen Hullen in der Höhle der Gebärmutter, wie der Vogel- oder
Rcptilienembryo mit seinen Hüllen in der festen Eischale.
Bei der Pcscliipihuag der Eihüllen werden wir die Verhältnisse
beim Kaninchen zugrunde legen, weil seine Entwicklungsgeschichte
am besten untersucht ist, und werden dann, um uns das Verständni»
für den Bau der menschlichen Placenta zu erleichtern, in einer
kurzen Skizze /eigen . wie sich in der Klasse <ler Säugetiere engere
anatomisch-physiologische Beziehungen zwischen der Schleimhaut der
Dlgitized Google
142
Achtes Kapitel.
Gebärmutter und den embryonalen Hüllen in verschiedener Weise
herausbilden.
Wenn beim Kaninchen das in die Gebärmutter gelangte Ei sich
hierselbst zu der schon früher beschriebenen Keimblase umgewandelt
hat, ist es noch von der Zona pellucida eingehüllt. Diese ist mittler-
weile zu einem dünnen Häutchen (Prochorion), welches später zerstört
wird, ausgedehnt worden. Die Keimblase nimmt an Ausdehnung
rasch zu und wächst vom fünften bis siel)enten Tage etwa von 1,5 mm
auf 5 mm Gröfse heran. Infolge ihrer Grofsen-
*;»^^^^ zunähme legt sich das Prochorion der Innen-
'''^^^^^^^ fläche der Gebärmutter am siebenten und
^Q^^B^^ achten Tage so innig an, dafs es immer
JWmKKtlKmW schwieriger und zuletzt unmöglich wird, die
f^W^^^^^W' YAer ohne Verletzung abzulösen. Denn beim
Zerreifsen des mit den Uteruswandungen ver-
klebten Prochorion wird gewöhlich die ihm
dicht anliegende, dünne Keimbinse beschädigt
und eröffnet, worauf sie unter AusHiefsen ihres
Inhalts zusammenfällt. Auch ihr Inhalt hat
Veränderungen erlitten, welche die Unter-
suchung erschweren; er hat an Konsistenz so
WJfi« w zugenommen, dafs er der Dicke des Hühner-
mwL fi eiweilses fast gleichkommt.
1 IWÄ— Während des Festsetzens vergröfsert sich
die Embryonalanlage und nimmt , während
sie ursprünglich rund war. eine immer mehr
gestreckte Form an. Sie wird am siebenten
Tage oval (Fig. 108), dann birnförmig und
gewinnt am achten Tage eine sohlenartige
Gestalt, wobei sie bis zu einer Länge von
S.-j mm heranwächst (Fig. 148).
Wie schon in den vorausgegangenen Ka-
piteln beschrieben wurde, breitet sich in dieser
Zeit das mittlere Keimblatt in der F^mbryonal-
anlage aus, bildet sich die Medullarfurchc
(Fig. 148 r/), die Chorda, eine Anzahl von
t'rsegmenten , erscheint am achten Tage die
erste Anlage von Gefälsen und Blut im Gefäfs-
hof. An> neunten und zehnten Tage faltet sich
die Enibryonalanlage zum embryonalen Körper
zusammen und schnürt sich vom übrigen Teil
der Keimblase ab , aus welcher sich gleich-
zeitig verschiedene Eihäute zu entwickeln l>e-
ginnen. Alle diese Vorgänge sind bei den Säugetieren in ihren Anfangs-
stadien dieselben wie bei den Reptilien und Vögeln, so dafs wir uns bei
ihrer Beschreibung kurz fassen können. Zur Veranschaulichung mögen
die schematischen Zeichnungen dienen, welche von Köllikfr entworfen,
in vielen Lehrbüchern Aufnahme gefunden haben (Fig. 149, 1 — 5).
Schema 1 zeigt uns eine Keimblase, die beim Kaninchen etwa dem
siebenten bis achten Tage entsprechen würde. Nach aulsen ist sie noch
von <ler sehr verdünnten Dotterhaut (r/) eingeschlossen, die jetzt auch
Prochorion genannt wird, da sich auf ihrer Aufsentlftche bei manchen
Säugetieren EiweifsHocken und -zottchen aus der von der Uterus-
Fig. 148. Embryonal-
anlage vom Kaninchen
von neun Tagen mit
einem Teil des hellen
Pruchthofes. Nach Köl-
LIKKK.
ap, ao Heller, dunkler
Fnu hthof, /•', h", h'" Me-
dullarjjlatte in der (legend
der ersten, zweiten, dritten
Mirnblase, »tz Stanimzone.
f)rParietalzone.r/'Hücken-
furche, pr rriniitivstreil'en.
Google
Die £ilittU«n der Säugetiei^e und des Measchen.
143
Bcbleimliaut ausgesehiedenen FlOssigkeit Diedergesehlagen haben. Das
iDDere Keimblatt (/), das an riner nur wenig jüngeren Keiinblase. wie
sie in Fig. 94 dargestellt ist, uur bis zur Linie ge reicht und noch
ein Drittel ihrer Innentläche unbedeckt läfst, ist jetzt ganz bis zum
vegetativen Pole heramgewachsen. Das mittlere Keimblatt (m) ist in
voller Entwicklung begriffen und nimmt etwa den vierten Teil der
Fig. 149. Fünf aohe-
matlsoha Pigar«a aar
DaMtoltanff der Ihit-
wtoklung der fötalen
Xihüllea eines Säuge-
tieres Nach KöLLIKKR.
In den Figuren 1—4
ist der Embrjo im
Lüii^'sdardiecliiutt dar»
Bestellt
T) Ei mit Zone pello-
rifla, Keitnblase,
Fniehthof und Eni-
brvonalanlage.
2) £i, an dem sich der
Dottersack und da»
A TT)<iion m bilden be-
uiunen.
8) Ei, in welchem dun h
Verwachsung der
Amnionfalten der
Amnionsack und die
seröse Hülle gebildet
werden und die Al-
Inntoie eich anlegt.
4) Ei mit serOser HQUe,
die Zotten entwickelt
bat. mit gröfsercr
Allantois und mit
einem lämbryOi an
welchem Mund- «ad
Afteröflfnung ent'
Standen sind,
fi) Sehematiecbe Dar«
stcilang eines noch
jungen menschlichen
Eies, bei dem sich
die UefarsM-hieht der
Allantois^ i iii»;s an die
seröse Hülle ange-
legt hat und in ihre
Zfittcn hinein trewaeh-
sen i?>t. Die seröse
Halle tührt von da
an den Namen Clin-
rion. Der Hohlraum
diT Allantois ist \ er-
kümmert, der Dottersack ist sehr klein geworden, die Amnionhöhle io Zu-
nahme begriffen.
d Dotteniaut fZona pellut idi» iV Zftttchen derselben, «A seröse Hülle, ch Cho-
rion, dtz Chüiionzotten, um Amnion, As, j*a Kopf- und Schwanzfalte des Amnion.
<i Aulseres Keimblatt, a' dasselbe vom aufserembryonalen Bezirk der Keimblase,
M mittleres Keimblatt, m' dasselbe vom an&ereoDbrronalen Besirk, dd inneres
Keimblatt, • dasselbe im auberembryonalen Beeirlc, af GeflUbbof, sf Sinus termi«
nalis. kh Hfihle der Keimblasr. die später zur Höhle de? Dnttcrsacks ds wird,
<it/ Stiel des» Dotter«<acks (nntterizant;), al Allantois. e Kmbrvo, r Kaum zwischen
Cborion und Amnion; aii^crembryonaler Teil der Leilie>h<dile, mit eiweilsrei^er
Flossiglteit erfikllt, vi ventrale Leibeswand, A/i PericardiaUioble.
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144
Aelites Kapitel.
Blasenwand ein. Ein kleiner Abschnitt dieser dreiblätterigen Region
enthfllt die Embryonabmlage, die sich etwa auf dem Eotwicklungs-
statlium befinden würde, welches wir bei der Ansiebt von der Fläche
in der Fig. 108 vor uns haben.
Bei (loni in Schema 2 abgebildeten, schon viel weiter ent-
wir'kpUon Kiiihrvo (f»eim Kaninrhen etwa am neunten Tage) hat sich
das uiiUiere Keimblatt über den dritten Teil der Keimblase aus-
gebreitet und schliefet jetzt eine deutlich sichtbare LeibeshöUe ein,
indem parietales und viscerales Mittelblatt sowohl im embryonalen
als auch im äiif^erembryonalen Bezirk auseinandergewichen sind.
Es reicht bis zu lier mit st bezeichneten Stelle, an welcher sich als
ftufsere Grenze des nnn deutlich ansgeprägten Geftfehofes der Sinns
terminalis befindet. Die Embryonalanla^'e ist in Abschnürung von der
Keimblase begriffen. Kopf- und Schwanzende des Embryo haben sich
durch Faltung der einzelnen Blätter in derselben Weise wie beim
HQhnchen vom hellen Fruehthof abgehoben. Wie dort ist eine Kopf-
und eine Beckend armhöhle entstanden mit einer vorderen und einer
hinteren Darmpforte, von welchen jede nach der H5hle des Dotter-
sacks geöffnet ist Zu derselben Zeit erfolgt die Kut Wicklung des
Amnion. An dem schematischen Durehsehnitt sieht man, dal^ die
aoAerembryonale Leibeshöhle sehr weit geworden ist, mlvm sich tias
äufsere Keimblatt mit dem fest anliegenden parietalen Mittelt)latt in
der Umgebung des Embryo in die Höbe gehoben und sich in Falten
(jb u. ss) gelegt hat. Über den Kopf hat sieh die vordere (ks\ aber
den Schwanz die hintere Amnionfalte (ss) herQbergeschlagen.
Auf dem dritten Schema haben sich die Amnionfalten stjirk ver-
gröfsert und sind einander über dem Kücken des Embryo bis zur
gegenseitigen Berührung ihrer Bänder eutgegengewachflen. Das ftufsere
Blatt der Amnionfalten, das in der Fig. 3 an der Nahtstelle noch mit
dem Amnionsack zusammenhängt, später aber sich von diesem ganz
ablöst, stellt wie beim Hühnchen die seröse liülie dar. Diese tritt
als selbständige Bildung zuerst in der Umgebung des Embryo auf,
wahrend sie weiter nach abwftrts nodi mit dem Darmdrfisenblatt fest
verbunden ist und mit ihm zns.unTnen die hier nur zweiblätterige
Wand der nrsprt^nglichen Keiinldase ausmacht. Aul'serdem läft uns
das dritte iSchema noch die erste Anlage des Ilamsacks (al) erkenueu,
der in der schon früher l)eschriebenen Weise (S. 13()) aus der vor-
deren Wand des llinterdarms hervorwächst und beim Kaninchen schon
am neunten Tage als eine kleine, gestielte, sehr gefäfsreicbe Blase
bemerkt wird.
Das vierte Schema zeigt uns die Entwicklung der EihOllen viel
weiter gediehen. Das Prochorion ist durch AiT^fhMmnnfr der [jatizon
Keiinhlase gesprengt worden und als besondere Hülle nicht mehr nach-
weisbar. Was wir nach aufsen erblicken, ist die seröse Hülle, die
sieh in auffallender Weise verändert hat Sie hat sich erstens vom
Amnion vollständig abgelöst; doch ist hierbei zu bemerken, dafs sich
bei einigen Saugetieren und namentlich auch beim ATt tischen ein
Verbindungsstiel zwischen beiden Hüllen au der Amuiuunaht lange
Zeit erhftlt. Zweitens ist die ser&se Hülle fiberall vom Dottersad^
getrennt und umgibt als eine dünne Blase lose den Embryo mit
seinen übrigen Hüllen. Es ist dieser Zustand dadurch herbeigeführt
worden, dals das mittlere Keimblatt, das in Fig. 3 nur die eine Hälfte
der ursprünglichen Keimblase umwachsen hatte, sich nunmehr auch
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Die Eiliflllen d«r Singetiere und des Menseben.
145
noch Uber die andere ilaUto ausgebreitet hat uud iu seiue beiden
Bl&tter auseinandergewiehen ist Dadurch hat sich die Wand des
aufserenibryonalen Teils (ier Keimblase nun vollständig wie beim
Hühnchen in einen i\ufsereu Sack, die serftse Hülle, und in den durch
die Leil^eshöhle von ihr getrennten Dottersack gespalten. Der
letstere (<fo), anf dessen ganzer Oberfläche sich jetzt die DottergeAfee
ausbreiten , ist erheblich kleiner geworden und geht durch einen
längeren, dünneren Stiel, den Dottergang (<//;), in den embryonalen
Darm über. Der Amuiunsack (am) hat sich vergröi'sert und mit
Flttssigkeit, dem Liquor amnii, erfallt Seine Wandungen setzen sich
am Baudinabel in die Bauchwand des Embryo fort Die Allantois
(ol) ist zu einer blutgef&fsreichen, birnförmigen Blase geworden, die
zwischen Darmstiel
und Bauchnabel
hindurch in die Lei-
l)eshühle der Keini-
blase (Keimblasen-
coelom) und bis zur
serösen H ü I le heran-
gewuchert ist.
Besser als das
Schema (Fig. 149,4)
gewahrt uns die Ab-
l)ildungeinesHunde-
enibryo von ^öTagen
(Fig. lüO) einen
Einblick in den Zu-
samnienbang der
beiden blutgefäls-
führendeu Silcke,
der Allantois und
des Dottersacks,
mit dem Darmkanal.
Der Embryo ist aus
dem Chorion und
dem A mnion heraus*
genommen. Die vor-
dere Bauch wand ist
zum Teil entfernt
und dadurch der
Haiitnabel zerstört
wurden , der um
diese Zeit schon
aemlich eng gewor-
den ist. Der jetzt in ganzer Länge zu erblickende Darmkanal hat
sich schon überall zu einem Kohr {d) geschlossen; etwa in seiner
Mitte geht er vermittelst eines kurzen Dottergangs in den Dotter«
sack (<&) Ober, der bei der Pr-iparation aufgeschnitten worden ist.
Ganz am Ende des Daniikanals setzt sich die Allantois {al) mit
einer stielartigen Verengerung an.
Bis zu diesem Stadium liegt die Übereinstimmung in der Ent-
wicklung der Eihüllen bei Siiu^( tit it-n. Vögeln und Reptilien klar
zutage. Von jetzt ab aber wird der Entwicklungsgang bei den Säuge-
U. Uertwig, Die Elemitnte der Entwioklungalebn. i. AuA. 10
Fig. 150. Smbryo eise« Höndes von 86 T»mii.
Smil vergrölsert, gestreckt und von Torn gesehen. Nach
Bischoff.
d Darmruhr, ds Dottersack, al Allantui», Harnsack,
tm Umiere, I die beiden Leberlappen mit dem Lumen der
Venaomphaloraesentericadaswisciien, re,A« vordere, hintere
Extremität, h Hert, m Mund, a« Auge, g GeruchsgrQbchen.
146
Achte» Kapitel.
tieren immer mehr ein abweichender, indem ein Teil der Eih&ute
in nähere Bezieh uiifzen zu der Schleimhaut der Gebär-
mutter tritt und sich zum Ersatz ftlr den Ausfall des
Dotters zu einem Ernähruugsorgan für den £mbryo
umwandelt.
Die interessanten Einrichtungen, welche zur intra-uterinen Er-
nährung dienen, lassen drei verschiedene o d i f ikat ionen
unterscheiden, nach denen man die Säugetiere in drei
Gruyipen einteilen kann.
In der ersten Gr up pe , zu der nur die Monotrenien und die
Beuteltiere ir« hören, sind die EihttUen im allgemeinen ähnlich wie
bei den Keptiln-n und Vögeln beschaffen. Die äufserste seröse Ei-
hülle 1:5t glaLL, dadurch, duis sie sich hei den Beuteltieren der blut-
geftfereiehen Uteruaschleimhant fest anlegt , nimmt sie aus ihr ver-
mittelst grofser. blasenartig gewordener Kpithelzellen (Selbmia) Er-
nährungsstotie auf und gibt sie an den Kmbryo ab.
lu der zweiten Gruppe wird eine YervuHkommuuug in der
intra-uterinen Ernährung dadurch herbeigeführt, dafli die eeiOse Hfitle
sieh zu einer Zottenhaut oder einem Chorion umwandelt. Sie wird
mit Biutgefäi^en versorgt, indem die Aliantois au sie herantritt und
mit ihrer Bindegewebsschicbt, welche die Ausbreitung der Nabelgefäfse
enthält, an ihrer Innenfläche rings herum wuchert. Zweitens beginnt
sie in Falten und Zotten (Fig. 149* u. auszuwachsen, in welche
alsbald auch biutgefäisführende Fortsätze der Bindegewebsschicht ein-
dringen. Drittens verbinden sich die Schleimhaut der Gebärmutter
und das Chorion inniger und fester untereinander; auch die Schleim-
haut vergröfsert ihre Oberflache und erhält Gruben und Vertiefungen,
in welche die Zotten hineingreifen. Alle diese Veränderungen haben
keinen anderen Zweck, als den Stoffwechsel zwischen mütterlichen
und kindlichen Geweben tu erleichtern und m einem recht ausgiebigen
zu machen.
Derartig beschaffene Kihäute treffen wir }m den Schweinearten,
den Perissodaktylen, Hippoputamidae, T^iopoiieu, Traguliden, Sirenen
und Getaceen. Beim Sienwein, das uns als Beispiel dienen soll, ist
die Eiblase in Anpassung an die Form der Gebärmutter, wie schon
auf Seite 04 erwähnt wurde, in einen spindelförmigen Srhljiiich um-
gewandelt. Dementsprechend sind auch die inneren embryonalen An-
hänge, wie Dottersack und Aliantois, in zwei lange Zipfel ausgezogen.
Auf der ganzen Oberfläche des Chorion haben sich, mit Ausnahme
der beiden Zipfel des Scblauchs, Rcih'Mi vftn sehr gefafsreichen Wülsten
gebildet, die strahlenförmig von einzelneu glatten, runden Flecken der
Membran ausgehen und auf ihrem Rande noch mit kleineren, ein-
fachen Papillen bedeckt sind. Den Erhabenheiten und ^'ertiefungen
des Chorion entsprechend, finden sich auch auf der Schleimhaut der
Gebärmutter ilhnliche kreisförmige, glatte Stellen, die noch insofern
bemerkenwert sind, als auf ihnen allein die schlauchförmigen Uterin-
drtksen zur Ausmflndung gelangen. Bei der Geburt lösen sich die in-
einandergepafston Rerührungstliulicn voneinander ab. ohne dafs in
der SchUiniliaut der ( ii l>:n niutter Substanzverluste entstehen.
lu der dritten Gruppe hat sich zum Zweck der intra-uterinen
Ernährung aus einem oder mehreren Abschnitten des Ghorion ein
besonderes Organ, die Placenta oder der Mutterkuchen, entwickelt.
Während auf einem Teil der Chorionobertläche die Zotten verkümmern
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Die Eihüllen der Säugetiere und des Menschen.
147
und nur spärliche Blutgeföfse vorhandoD sind, wuchern an anderen
Teilen die Zotten mit ihren Blutgefäfsen um so mächtiger und ])cdecken
sich mit zahlreichen, verzweigten SeitenHsten; gleichzeitig gehen sie
innigere Beziehungen mit der Schleimhaut der Gebärmutter ein. Diese
ist überall, wo sie an die Zottenbüschel anstöfst, stark verdickt, sehr
blutgefäfsreich und in lebhafter Wucherung begriffen. Sie schliefet
zahlreiche, verzweigte, gröfsere und kleinere Hohlräume ein, in welche
die Chorionzotten genau hineinpassen.
Fig. 151. Frucbtsack vom Schaf. Nacli O. Schultzk.
Der Embryo ist 1) in den ihm dirht anlifgenden Amnionsack . 2) in den
Chorionsaclt einge.schlossen, in dessen Wand viele Blutgefafse verlaufen und sieh
zu den zahlreichen im C'horion ent'^tandenen. ftUalen Kotyledonen begeben.
Das Ganze nennt man eine Placenta. und man unterscheidet
an ihr den mit Zotten bedeckten Teil des Chorion als
Placenta foetalis und den mit ihr verbundenen und ihr
angepafsten Teil der Uterusschleimhaut als Placenta
uterina. Beide zusammen bilden ein Organ zur Ernährung des
Embryo. Im einzelnen zeigt die Placentabildung nicht unerhebliche
Modiiikationen.
Einen besonderen Typus stellen die Wiederkäuer (Fig. l.M)
dar, deren Eiblase wie beim Schwein in zwei Zipfel ausgezogen ist.
10»
148
Achtes Kapitel.
An ihrem Chorion haben sich sehr viele kleine, fötale Placenten, die
man hier Kotyledonen nennt, entwickelt. Ihre Zahl ist hei den ein-
zelnen Arten eine sehr schwankende, ü(> bis 100 bei dem Schaf und
der Kuh , nur 5 bis b Itei dem Reh. Sie sind mit entsprechenden
Verdickungen der Gebilrmutterschleimhaut (Fig. 152), den Placentae
uterinae oder Karunkeln (C). verbunden, doch nur in lockerer Weise,
so dals schon ein leichter Zug genügt, um eine Trennung herbei-
zuführen und die Chorionzotten (C*) aus den zu ihrer Aufnahme
dienenden Gruben, wie die Finger aus dem Handschuh, herauszuziehen.
Einen solchen Befund zeigt uns Fig. 152, ein au« der Gebürmutter-
wand (u) herausgeschnittenes Stück mit einer Karuukel (C) und dem
ihr anhaftenden fötalen Teil des Kotyledon (C^) und einem Stück
Chorion (Ch). Kindliche und mütterliche Teile sind durch den Zug
teilweise voneinander getrennt. An der Placenta uterina ge-
wahrt man zahlreiche kleine Grübchen, an der Plac«nta foet^ilis (C'-)
die dicht zusammen-
gedrilngten, baumartig
verzweigten Chorion-
zotten, die aus den
Grübchen herausgelöst
sind. Kindliche und
mütterliche Gewebe
grenzen in dem Mutter-
kuchen unmittelbar an-
einander. Sowohl die
Zotten wie die Grüb-
chen der Schleimhaut
sind von Epithel über-
zogen. Die Epithelzellen
der Uterusschleimhaut
entwickeln in ihrem
Innern Fett- und Ei-
weifskörnchen; sie zer-
fallen zum Teil und
tragen dadurch zur Ent-
stehung einer milchigen
Flüssigkeit l>ei. der so-
genannten Uterinmilch,
welche sich aus der
Placenta uterina ausi)ressen lafst und zur Ernährung des Fötus
(Embryotrophe nach Bonnkt) dient. Zu beachten ist auch, dafs bei
den W iederkäuern die Uterindrüsen nur in der Schleimhaut zwischen
den Kotyledonen zur Ausmündung gelangen.
Bei allen übrigen Saugetieren, denen eine Placenta zukommt,
wird die Durchwachsung kindlicher und mütterlicher Gewebe eine noch
innigere. Gleichzeitig entwickelt sich hierbei ein so fester Zusammen-
hang, dafs jetzt eine Ablösung des Chorion ohne Verletzung
der Schleimhaut der Gebärmutter nicht möglich ist.
Bei der Geburt wird daher eine mehr oder ni inder be-
trächtliche, oberflächliche Schicht von der Schleim-
haut der Gebärmutter mit abgestofsen. Den abgestofseneu
Teil bezeichnet man als d ie hinfällige Haut oder die Decidua.
Man fafst nun nach dem Vorschlag von Hlxley alle Säugetiere, bei
V\k- 152. Einaelner, aus der Uterus wand
herauBgeschnittener Kotyledon einer Kuh, die
fötalen (^") und mütterlichen Teile (('•) halb
voneinander abgelöst. Nach Colin, aus Hai.fulr.
tt Gebärmutter, mütttTÜcher Teil des Koty-
ledon oder Karunkel (Placenta uterina). Ch Chorion
des Kmbryo, C fötaler Teil des Kotyledon (L'borion
frondosurn oder IMarenta foetulis).
, Google
Die EihQllcn der Säugetiere und des Mensrhen.
14«»
denen sich infolge der besonderen Entwicklung des Mutterkuchens
eine solche Haut bildet, als Maninialia deciduata oder kurzweg als
Deciduata zusammen und stellt ihnen die übrigen Säugetiere, mit
deren Placentabildung wir uns soeben beschilftigt haben, als die In-
deciduata gegentlber.
Nach dem Vorschlag von Strahl empfiehlt es sich, auch die ver-
schiedenen Placentarformen, je nachdem nur ein lockerer, leicht lös-
barer, oder ein festerer Zusammenhang zwischen den kindlichen und
mtltterlichen Bestandteilen besteht, in Halb- und Vollplacenten ein-
zuteilen (Semiplacenta und Tlacenta vera). Bei der Semiplacenta
werden „inter oder post partum mütterliche Gefäfse nicht erötinet
oder ausgeschaltet"; bei der Placenta vera dagegen treten infolge
der innigeren Durchwachsung und der dadurch herbeigeführten Ver-
änderung der embryonalen und mütterlichen Gewebe Gefilfszerreifsungen
und Blutungen während der Geburt ein, und erfährt die Schleimhaut
der Gebärmutter teilweise Zerstörungen.
Bei den Säugetieren mit einer Decidua und einer VoUplacenta
haben wir an dieser wieder zwei Untertypen zu unterscheiden,
einen ringförmigen und einen scheibenförmigen Typus
oder eine Placenta zouaria und eine Placenta discoidea.
Fig. 153. Chorionsack einer Füchsin mit Placenta zonaria von aufaen.
Nat. Gri>fse. Nach Strahl.
Die Placenta zonaria findet sich bei den Raubtieren. Die
Eiblase besitzt hier gewöhnlich eine tonnenförmige Gestalt (Fig. 153).
Mit Ausnahme der beiden Pole , die eine glatte Obertläche Ix'halten.
ist das Chorion in einer gürtelförmigen Zone mit zahlreichen ver-
ästelten Zotten bedeckt. Dadurch , dals sie sich in die verdickte
Schleimhaut der Gebärmutter in verschiedenen Richtungen hineinsenken,
entsteht auf Durchschnitten das Bild einer unre gelmä l'sigen
D u r c h f 1 e c h t u n g.
Die Epithelzellen des Uterus werden, wo sie an die Zotten an-
grenzen, verändert und zu einem kernreichen Syncytium um-
gewandelt, welches eine Grenze zwischen den Zotten und den
mütterlichen Blutgefäfsen bildet, die sich zu Hohl-
räumen drei- bis viermal so weit als die fötalen Ka-
pillaren ausgedehnt haben. Die Ausweitung der mütterlichen
Blutbahn ist für die Placentabildung l)ei den Deciduaten im Gegensatz
zu derjenigen der Indeciduaten bedeutungsvoll.
Die zweite Form, die scheibenförmige Placenta. ist den
Nagetieren, <leu lu.sectivoren, den Fledermäusen und HalbatTen, den
Affen und dem Menschen eigentümlich. Hier ist der zur Placenta-
150
Achtes Kapitel.
bildung verwandte Teil der ChoriuuuberHäche kleiu; zum Ausgleich
hierftkr aber sind die Zottenbäume am krftftigsten entwickelt; die
Verbindung zwisehen Placenta uterina und Placenta foetalis ist die
innigste; die mütterlichen Bluträume sind, beim Affen und beim
Menschen wenigstens, so kolossal wie sonst nirgends ausgeweitet, so
dafo dieChorionzotten in siedirekt kineingeBenktza sein und unmittelbar
von mütterlichem Blut umspült zu werden scheinen.
Da wir uns gleich mit der menschlichen Placenta. welche diesem
Typus angehört, ausfulu lieber beschäftigen werden, mOgen einstweilen
die wenigen Bemerkungen genügen.
Ich schliefse den Abschnitt mit einem Hinweis auf die hohe
systematische Bedcutunf? der embryonalen Anhanffsorpane, deren Ver-
schiedenheiten MiLNE-EnwAHDä, Owen und Uuxley zu einer Einteilung
der Wirbeltiere benutzt haben, wie sie in § 6 des Repetitorium zu
Kapitel VIII aufgestellt sind.
2. Die menschlichen Eihflllen.
Die Erforschung der ersten Entwicklungsstadien des Menschen,
die sich in den vier Anfangswocheu der Schwangerschaft vollziehen,
ist mit aufiMrordentlichen Schwierigkeiten verbunden. Nur sehr aus-
nahmsweise gelangt der Embryologe in den Besitz junger menschlicher
Eier, sei es. dafs sie l)ei einer Sektion oder Operation in der Gebär-
mutter gefunden wurden, oder dafs sie als Fehlgeburten in die Hände
eines Arztes gerieten. In letzterem Falle sind die Eier oftmals schon
lAngere Zeit abgestorben gewesen und infolgedessen in Zersetzung
begriffen. Endlich verlangt die gute Konservierung und genaue Unter-
suchung der kleineu und zarten Objekte einen nicht geringen Grad
von Geschieklieh»
keit. So erklärt es
sich, dafs wir über
den Befruchtungs-
und FnrchungsprO"
zefs . die Keim-
blfttterbildnng. die
erste Anlage der
Körperform , der
Eihttllen und einer
grofsen Anzahl von
Organen nur we-
nige, den Mensehen
betreffende Be-
obachtungen bf sit-
zen. Hier sind wir
auf SehlQsse ange*
wiesen, die sich aus
der Entwicklung
anderer Säugetiere
ergeben. So neh-
men wir an, dafii
dit' Bofruchtung
normalerweise in
dem erweiterten
Anfangsteil der Ei-
Fig. 154. Uterus ftravidus des Mensohen, auf
Aoht Tage OravidltStsBelt gesohatst. Von vorn
eröffnet. Na<h Lkopuik.
Die Stelle, an welcher die Ftucbtblase sit/.t, ist als
kleines, rundes Feld kenntlich.
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Die Eiht'iUen der Säugetiere und des Menschen.
151
leiter stattfindet, dafs hier Sameofäden, die sich vielleicht tage- und
wochenlang in den weiblichen Geschlechtsorganen lebend erhalten,
das aus dem Eierstock austretende Ei erwarten , dafs letzteres be-
reits gefurcht in die Höhle der Gebärmutter eintritt, sich in der
Schleimhaut festsetzt und in den ersten Wochen der Schwangerschaft
Keimblätter, die äufsere Körperform und die Eihüllen nach den ftlr
die Säugetiere bekannten Regeln bildet.
Einige Anhaltspunkte gewinnen wir erst vom Ende der zweiten
Woche an. In der Literatur findet sich eine von Jahr zu Jahr sich
mehrende Anzahl von Keimblasen beschrieben, die meist von Fehl-
geburten herrühren, 5— (> mm im Durchmesser haben und deren Alter
man auf 10 — 15 Tage geschätzt hat. Auf sie gestützt, können wir
zwei Tatsachen als sicherstehend betrachten.
Erstens. Am Ende der zweiten Woche liegt \die Keimblase
nicht mehr frei in der Höhle der Gebärmutter, sondern ist in eine
Fig. 155. Schwangerer Uterus einer Mehrgebärenden, welche sich
am 40. Tage der Schwangerschaft getötet hat. Nach Costk. Durch Kr-
öiTnung der vorderen Wand ist die Fruchtkapsel freigelegt. Das zur Kntwicklung
Selangte Ei entstammt einem GiuAPschen Bliiscbcn des linken Eierstocks. Denn
ieser ist infolge der Entwicklung eines wahren gelben Körpers (Corpus luteum
verum) im Vergleich zum rechten Eierstock stark vergröfsert.
besondere, durch Wucherung der Schleimhaut entstandene Kapsel
eingeschlossen. Über ihre Entstehung haben im Laufe der letzten
Jahre sich die Ansichten wesentlich geändert. Früher nahm man
allgemein an, dafs das Ei bei seinem Eintritt in die Gebärmutter sich
in eine Vertiefung der gewulsteten und in der Umbildung zur Decidua
begriffenen Schleimhaut einbettet, dafs die Räuder der Grube hierauf
um die Keimblase rings herum wachsen und untereinander zu einer
geschlossenen Fruchtkai)sel verschmelzen. Als Ort der Verschmelzung
deutete man eine der Anheftung gegenüberliegende Stelle , die als
Narbe bezeichnet worden ist und der Gefilise entbehrt, während solche
ebenso wie die Uterindrüsen im übrigen Teil der herumgewucherten
Schleimhaut vorkommen.
Zu einem anderen Ergebnis haben die neueren Untersuchungen
von Peters geführt, welcher Gelegenheit hatte, ein nur wenige Tage
152
Achtes Kapitel.
altes menschliches Ei in dem gut konservierten Uterus einer Selhst-
niörderin hald nach dem Tode zu heobachten. Nach seiner Ansicht
zerstört das Ei an der Stelle, wo es der Uterusschleinihaut anliegt,
ihr Epithel und dringt dadurch in das unterliegende Bindegewebe
etwas hinein. Dabei soll sich der an der Einbettungsstelle l)efindliche
Rand der Schleimhaut, welcher nach der Gebänuutterhöhle zu noch
von Epithel überzogen ist, sich verdicken und über das Ei herüber-
schieben. Somit ist Peters im grofsen und ganzen zu derselben Auf-
fassung wie Graf Spee durch seine sorgfältige Untersuchung der
Implantation des Eies vom Meerschweinchen gelangt. Nach Graf
Spee geschieht die Einbettung in der Weise, „dals das Epithel zwischen
Ei und Biudegcwel)€ des Uterus vergeht, und dafs das Ei in das
subepitheliale Bindegewebe hineingelangt," also in eine Bindegewebs-
höhle zu liegen kommt.
Fig. 156. Das in Fig. 156 abgebildete Präparat nach ErSffliung der
Fruchtkapsel. Nach Costk. Man sieht jetzt den eingeschlossenen Enihr}'o mit
seinen Ilülicn, von welchen das Chorion durch einen Kreuzschnitt geöffnet und
in vier Zipfeln zur Seite geschlagen ist. Der linke Eierstock mit seinem gelben
Körper ist durch einen Liingsschnitt halbiert und in seine beiden Hälften uu>-
cinandergeklappt worden. Man sieht den Hohlraum des GsAArschen Bläschens
durch Wucherungen seiner Wand wieder ausgefüllt.
Eine gute Vorstellung von dem Aussehen der Fruchtkapsel auf
einem etwas weiter vorgerückten Stadium gibt uns eine lehrreiche
Abbildung des französischen Embryologen Coste (Fig. 155). Sie zeigt
uns den von vorn her weit geöflneteu Uterus einer .Mehrgebärenden,
welche etwa am 40. Tage ihrer Schwangerschaft Selbstmord begangen
hatte. An seiner hinteren Wand und in der Gegend des Fundus springt
ein starker Höcker hervor, die Fruchtkapsel . auf deren einer Seite
die Eiiiniüiidungsstelle des linken Eileiters in die (iebärmutterböhle
zu sehen ist. Die Schleimhaut der Gebärmutter ist reichlich von
weiten Blutgefäfsen durchzogen , welche sich auf die Fruchtkapsel
fortsetzen und nur an ihrer vorderen Wand einen kleinen Bezirk frei-
lassen, welcher der oben erwähnten Narbe entspricht. In der Kap.sel
Die £iliaiieii der Sftugetiere und des Menscheo.
153
liegt der 40 Tage alte Embryo mit seinen Hollen lose eingeschlossen,
wie Fig. 150 lehrt, welche nach demselben Präparat gezeichnet ist,
nachden) durch eineu zirkulären Schnitt die vonlere Wand geöffnet und
<ler so gebildete Lappen nach dem Cervicalkanal zurückgeschlagen war.
Wahrend bei den Säugetieren nur der Teil der Gebftrmutter-
«chleinihaut, \s elcher zur PlaeentebildnDg beiträgt, abgestofsen wird,
findet beim Mt nsclien eine viel ausjrebreitetere Abstofsiinjj der ober-
flächlichf^ten Schicht, uünilich an der ganzen Innenfläche der Uterus-
böble statt. Mau bezeichnet audi hier dea sich ablösenden Teil als
hinfällige Haut oder Decidua und nnterseheidet an ihr drei Be-
zirke (Fig. 157), den um die EiblaFe herumgeschlagenen Teil als
Decidua reflexa (rfr), den Teil, welcher den Grund dor Grube
bildet, in der sich das Ei festgesetzt hat, als Decidua bcrotina
und den fibrigen Teil als Decidua vera (du). In der
D. reflexa lernen wir eine Bildung kennen, welche in dieser voll-
ständigen Weise nur dem Menschen und den Affen zukommt,
während Autuügeeiner
solchen sieh auch in
anderen Abteilungen,
wie z. B. bei den
Carnivoren, finden. Da
die Fruchtkapsel an-
fangs die Höhle der
Gebärmutter nicht
vollständig ausfüllt,
bleibt zwischen der
D. refle? u un 1 D. vera
ein mit Schleim er*
füUter Raum ttbhg.
Ein zweites und
in mancher Hinsicht
auffälliges Ergebnis
ist, dafs schon bei
sehr jungen und klei-
nen Keimblaseu, wie
n]\p fiiTifie in Über- schwangere men»chliche Qebarmutter mit darin
emstiiiiuiender Weise li«geiidaia Embryo. Nach Lokokt (aus Balkour).
lehren, ein wohl- ol Allantoisstiel, ii& Nabelbläschen, am Amnion,
entwickeltes und '''' f'^^rion, th Dtiidua scrntina, <Iu Decidua vera,
rottenrPipboR '^r Decidua reHexa, / Eileiter, c Cervix uteri, u Uteni»,
zoTTenreicnts ^ PUcont« foetalii, ^ Zotten des Charion
Chorion angeietrt ist. Ueve.
Die fast über (iie ganze
Oberfläche des Eies verbreiteten 'Zotten erreichen eine Länge von
1 mm und stellen teils einfach cylindri rlie Erhebungen dar, teils
sind sie schon mit seitlichen Ästen besetzt. Mit der Decidua sind
sie an keiner Stelle Verwachaungen eingegangen. Wie das Chorion
selbet, bestehen sie aus swei Schichten, aus einer oberflächlichen, von
der serösen Hülle abstammenden Epithellage, und ma einer Schii ht
von embryonalem Gallertgewebe, welches sich in die Aclisc der Zotten
hinein erstreckt und schon hie und da auch Blutgetalse zu fuhren scheint.
Leider haben wir durch Untersuchung dieser jüngsten aller mensch-
li« hen Keimblasen über die im Innern des Chorion gelegenen Gebilde,
aber die abrigen Eihäute und die Embryonalanlage selbst nichts oder
Fig. 157. Sohematischer Schnitt durch die
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154
Achtes KapiteL
nur wenig erffthren. Denn ihr Inhalt ist meist pathologisch verftndert
oder zernillpn und zur Untersuchung ungeeignet. Erst von etwas
älteren Keimblasen haben wir auch hierüber genaueren Aufschiui's
erhalten. Zu unserer Darstellung im Lehrbuch wollen wir den von
C08IB nach Tortrefflichen Abbüdnngen l)e8chriebenen berOhmt ge-
wordenen menschlichen Embryo von 15—18 Tagen wflhlen (Fig. 158).
obwohl seitdem noch etwas jüngere, gut erhaltene Embryonen, wie
2. B. der von Graf Spek beschriebene (vergl. Fig. 120), aufgefunden und
genau untersucht worden sind.
In Fig. l'S ist (Ut Embryo mit seinen EihtUlen aus der Frucht-
kapsel nach tSpaltuug der Decidua retlexa ganz herausgenommen. Die
HUiHorste, an die D. reflexa angrenzende, aber mit ihr zu dieser Zeit
nur lose verbundene totale Eihaut, das Chorion, ist durch einen Kreuz-
schnitt geöffnet . und
seine vier Lappen ^ind
nach allen Seiten weit
auseinandergeschlagen.
Seine Aufsenfläche ist
Uberall mit kleinen,
dicht gedrängt neben-
einanderstehenden
Zöttchen bedeckt, wel-
che schon nielirfach
Seiteuilstcheu gebildet
haben.
Das Chorion um-
schliel'st zu dieser Zeit
noch einen relativ an-
sehnlichen Hohlraum,
das Keimblasencoelom
(siehe S. 1:^2, 145), wel-
ches vom Embryo mit
seinem Amnion und
Dottersack nur zum
Teil ausgefüllt wird.
Fig. 1.5«. Menschlicher jBmbsyD ron 1» bis Besonders zu beachten
18 Tagen in seinen Hüllen. CoiTS. Die aber 18t an unserem
äur^i i i ihiiie. das (Jhorion, ist geöffnet and aus» Präparat eine eigentüm-
cinandci geschlagen. üche Verhindunp. wel-
che bei menschhcheu
Embryonen zwischen ihrem hinteren Ende und dem Ghorion durch
einen kurzen, dicken Strang, den Bauchstiel (His), in gana
charakterist isclicr Weise Ii eierest eilt wird.
Eine stärkere \ ergiul^erung des Kuibryo mit seinem Bauchstiel,
der am Ansatz am Chorion abg;etrennt ist, gibt Fig. 159. Das Nerven-
rohr ist geschlossen; der Leib ist deutlich segmentiert (t*s); der Kopf
lilfst die Visceralhögen (rh) erkennen ; hinter ihnen liegt in der Hals-
gegend das Herz als ein <S'-fÖrmig gewundener Schlauch; die Darm-
anlage ist zum allergrölsten Teil noch nicht zum Rohr geschlossen,
sondern hängt noch in weiter Ausdehnung mit dem grofsen Dottersack
{(Js) zusammen, in dessen Wand sich mehrere Vasa omphalo-mesenterica
ausbreiten.
Was endlich den Bauch stiel {bst) betrifft, so nimmt er ein
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Die Eihullen der Säugetiere und des Menschen.
155
am'
bst
Sch
UM
'Ig
da
rb
h
am
wenig vor dem Schwanzende (sch) von der Bauchseite seinen Ursprung,
Er besteht einmal aus einem Strang von Gallertgewebe, welches von
der Beckendarmhöhle ausgeht, zweitens aus einem kleinen Epithel-
kanal, der durch Ausstülpung des Darmdrüsenblattes entstanden ist
und der allerdings viel gröl'seren, blasenförmigen Allantois der Säuge-
tiere entspricht, sowie drittens aus den AllantoisgeHlfsen , die vom
Embryo zum Chorion ihren Weg nehmen und sich an ihm mit vielen
Ästchen ausbreiten. Endlich setzt sich auf den Bauchstiel auch noch
das Amnion fort, welches sich nach hinten in einen feinen Zipfel {am ')
verlängert und so unmittelbar bis an die Innenfläche des Chorion
heranreicht.
Der Bauch st iel ist eine für den menschlichen Embryo eigen-
tümliche Bildung, deren Entstehung, wie der CosTEsche Embryo zu
lehren scheint, in erster Reihe mit einer etwas abweichen-
den Bildung des
Amnion zusam-
menhängt. Aus dem
Umstand, dafs es nach
hinten zipfelförmig
(Fig. 159 rtm*) ausge-
zogen ist und mit der
Spitze bis an das Cho-
rion heranreicht, geht
hervor, dafs sein Ver-
schlufs beim mensch-
lichen Embryo ganz
am hinteren Ende des
Körpers stattfindet
und dafs dabei gleich-
zeitig an der Ver-
schlufsstelle sich eine
Verbindung mit dem
Chorion dauernd er-
hält.
In zweiter Reihe
beteiligt sich an der
Bildung des Bauch-
stiels die Allantois,
deren etwas abwei-
chende Entwicklung
beim Menschen viel-
leicht mit der eben
erwähnten Eigentüm-
lichkeit in der Bildung
des Amnion zusammenhängt. Während bei den Säugetieren die
Allantois (Fig. 147 «/) eine grofse, gestielte Blase darstellt , die aus
dem Bauchnabel hervorwuchert, bis sie sich an die seröse Hülle (sz)
anlegt und ihr nebst Bindegewebe die Nabelgefälse zuführt, kommt
es beim Menschen zu keinerZeit zur Entwicklung einer
frei aus der Leibes höhle heraushängenden Allantois-
blase; sie ist von Anfang au und später ein unscheinbares Gebilde»
das in den Baucbstiel eingeschlossen ist. Denn der letztere besteht,
wie Querdurchschnitte lehren: 1) aus der zipfelförmigen Verlängerung
Fig. 159. Menschlicher Embryo der Fig. 168
von 16—18 Tagen, mit Dottersaok, Amnion und
Baucbstiel, vom Chorion abgetri-nnt und etwas
stäriier vergrofsert. Nach C'ostk, au« Hi8 (Mensch-
liche Kinhiyonen).
His hat das untere K<)n)erendo gegen das Original
etwas gedreht, um das in Costkb Fig. 4 von links her
dargestellte Korperende zur Anschauung zu bringen.
Das Chorion iHt abgetrennt bei am', am Amnion,
am' die in einen Zipfel verlängerte An.xatzstelle des
Amnion an das Chorion. bst Baurhstiel, Seh Schwanz-
ende, US l'rsegmente, d/j Dottergefäfse. ds Dottersack.
h Herz, rb Visceralbogen.
156
Achtes Kapitel
des Amnion , 2) unterhalb derselben aus reichlich entwickeltem,
embryonalem Bindegewebe, 3) aus der Allsntoisanlage, die nur einen
sehr enjjpn . von Kpitli«^! uusj^ekleidcten Gang darstellt . 4) aus den
Nabelgetäfsen , von welchen die Arterien dem AUantoisgang dicJlt
anliegen, während die Venen näher dem Aniuiou verlaufen.
Die Frage, wie diese Teile entstanden Bind, können wir im Hin-
blick auf die bei anderen Sau^'etieren bekannt gewordenen Verhält-
nisse wohl dahin beantworten; Sehr frühzeitig, wenn der Enddann
sich eben anzulegen beginnt, entsteht an seiner ventralen Seite als
Anlage der Allantois ein sellenreicher Hi>drer, der nur eine kleine
Ausstülpung des DarmdrUsenblattes einschliefst. Der Allantoishöcker
wächst aber nicht frei, wie bei den ftbrigen Säugetieren (Fig. 1 17 nl),
in die Leibeshöhle hinein, sondern wuchert an der ventralen Bauch-
wand und von ihrer Umschlagsstelle in das Amnion an der ventralen
Wand des letzteren (Fig. 159 am^) bis zur Anheftungsstelle am Chorion
hin. Die Au^'^tnlpung des Darmdrüsenblattes verlriTiirert sich hierbei
zum engen AUantoisgang; eine mächtige iiiudegewe 1)8 Wucherung führt
die Mabelge!&fi»e mit sieh zum Chorion heran, brdtet sieb dann in der
bekannten Weise an seiner lunenilftebe aus und dringt in die Zotten
der serOsen Hülle hinein.
Es benutzt also die Allantois bei ihrer Entwicklung, anstatt frei
an die seröse Holle heranzuwachsen, die schon vorhandene VerUndung,
welche zwischen ihr und dem Embryo durch das zipfelfOrraig ver-
längerte Amnion {ain'^) hergestellt wird. Dieser Entwicklungsmodus
aber läfst sich vielleicht daraus herleilen, dafs das hintere Ende des
Embryo beim Menschen, wie die Fig. 158 und 159 zeigen, durch die
Nahtstelle des Amnion dicht an der serösen Hülle fixiert ist, wodurch
die Allantois bis zu dieser nur eine kurze Strecke zu wuchern hat.
Während die ersten Anfänge der menschlichen Entwicklung viel-
fach noch iu Dunkel gehüllt sind, besitzen wir befriedigendere Ein-
blicke in die Veränderungen, welche die embryonalen Hüllbildungen
beim Menschen von der dritten Woche an erleiden. Wir betracliten
der Reilie nach: 1) das Chorion, 2) das Amnion, ;V) den Dottersack,
alsdaua 4) die von der Schleimhaut der Gebärmutter gelieferten
Deciduae, endlich 5) den Mutterkuchen und 6) die Nabelschnur.
1. Bas Chorion ist in den ersten Wochen der Schwsui gerschaft
fast auf seiner ganzen Oberfläche mit Zotten bedeckt (Fig. i4i>*cAi',
S. 143 und Fig. 158) und mit Endftsten der Nabelgefäfse versehen.
Nachdem sein Wachstum eine Zeitlang gleichmäfsig fortgeschritten
ist, beginnen vom Anfang des dritten Monats an sich T^uterschietlc
auszubilden zwischen dem Teil, welcher der Uteruswaud. die zur
Decidua serotina wird, direkt anliegt, und zwischen dem flbrigen
gröfseren Toll , welcher von der Decidua retlcxa umwachsen worden
ist (Fig. 1">7) Während an diesem die Zotten (z) in ihrem W'achs-
tum einen Stillstand erfahren, nehmen sie an jenem aufserordentlich
an GröHse zu und gestalten sich 2U langen und an ihrer Basis dicken,
haumartig verzweigten Gebilden (z), die weit Ober die Oberfläche der
sie tragenden Mcmliran, zu Büseb»'lu vereint, hervoi-springen nnd in
Gruben der mütterlichen Schleimhaut (ds) hineinwachsen. Man unter-
scheidet daher diesen Teil, mit dem wir uns bei Untersuchung der
reifen Placenta noch genauer beschäftigen wi idon. als Chorion
frondosum von dem übrigen Abschnitt, dem Chorion laeve
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Die Eihiitlen der äftugeticre und des Menschen.
157
oder dem glatten Chorion. Der Ausdruck „^liUtes Chorion" ist.
streng genommen, nicht p;anz zutreflfend. Von den iiiifan^s lil i r ill
entwickelten Zöttchen bleiben auch später einige auf dem Clionou .
laeve erhalten, namentlich in der Umgebung des Mutterkuchens. Sie
wuchern in die Decidua retlexA hinein, eine feste Verbindung mit ihr
bewerkstelligend (Fig. l.">7).
Gleichzeitig hat sich noch ein zweiter (iegensatz zwischen Chorion
frondosum und Chorion laeve ausgchildct. Im Bereich des ietztereu
beginnen die von den Arteriae umbilicales abstammenden Blutgefilfse
mehr und mehr zu verkümmern, während ersteres immer reicher mit
Blut ^'efä Isen versorgt wird und schlielslich allein die Endausbreitung
der Arteriae umbilicales trägt. So wird der eine Abschnitt gefäfs-
leer, der andere aulterordentlieh g«f&ft»reieh und Ernährungsorgan
des Embryo.
In histologischer Hinsicht besteht das Chorion laeve, das bei
Betrachtung von der Fläche dünn und durchscheinend ist, 1) aus
einer Membran von Gallertgewebe, das sich spftter in fötales Binde«
geweite umwandelt, und 2) aus einer Epitheldeeke , welche mit der
ursprünglichen serösen Halle identisch ist.
2* Das Amnion (am) liegt gleich nach seiner Entstehung der
Oberfläche des Embryo (Fi-!;. loS, ir.f>) dicht auf; der von ihm ge-
bildete Sack dehnt sich aber bald, indem sich Liquor amnii in seiner
Höhle ansainmeit (Fig. 149*^), in weit stärkerem Mal'se aus als bei
anderen Säugetieren und fflllt schlierslich die ganze Ei-
blase aus, sich Oberall der Innenwand des Chorion (ch)
dicht anschmiegend (Fig. 1 07). Seine Wand ist ziemlich fltinu
und durchscheinend und besteht wieder, wie das Chorion, aus einer
Epithel- und einer Bindegewebsschicht. Bas Epithel, aus dem äufteren
Keimblatt hervorgegangen, kleidet die Amnionhöhle von innen aus
und geht am Hautnabel in die Epidermis des Kiithrvo nlier: an der
Übergangsstelle ist es geschichtet, sonst eine einfache Lage von
PMasterzellen. Die Bindegewebsschicht ist dOnn und hängt am Nabel
mit der Lederhaut zusammen.
Das Amnion- oder Fruchtwasser ist shwach alkalisch und
enthält etwa 1 feste Bestandteile, unter weklien Eiweifs, Harn-
stoflF und Traubenzucker gefunden werden. Seine Menge ist im^
sechsten Monat der Schwangerschaft am bedeutendsten und beträgt
oft nicht wenijrer als 1 kfi. liierauf nimmt es bis zur Geburt
etwa um die Hälfte in demselhcn Mal'se ab, als der Embryo durch
ein stärkeres Wachstum mehr Kaum für sich beansprucht. Unter
abnormen Verhältnissen kann die Ausscheidung des Fruchtwassers
eine noch bedeutendere werden und zu einer Art Wassersucht des
Amnion oder zum Hydramnion fuhren.
S. Der Dotteraack (das Nabelblä sehen. Vestcula umbilicalis)
schlägt beim Mensrhen eine entj^e^rengesetzte Kntwicklunfzsriehtunq;
als das Amnion ein; während die^(^^ sieh innner mehr vergrölsert,,
schrumpft er zu einem der Beobachluu^ sich ieictit entziehenden Ge-
bilde zusammen. Bei den menschlichen Früchten der zweiten und
dritten Woche (Fig. 158, 159) füllt er (ds) die Keimblase etwas mehr
als zur Ilillfte aus und ist von dem noch als Kinne vorhandenen Darm
nicht abgegrenzt. An etwas älteren Embryonen (Fig. 1(30) ist er ein
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158
Achtes Kapitel.
ziemlich ansehnliches, ovales Blilschen, das durch einen kurzen, dicken
Stiel oder Dottergang mit der Mitte der jetzt zum Rohr umge-
wandelten Darmanlage verbunden ist. Durch die Vasa omphalo-
mesenterica wird er mit Blut versorgt. In der sechsten Woche
(Fig. 15(3) ist der Dottergang oder Ductus omphaloentericus zu einem
langen, dünnen Rohr ausgewachsen, welches früher oder später seinen
Hohlraum verliert und sich zu einem soliden Epithelstrang umgestaltet.
Ihm sitzt das kleine Nabelbläschen , welches von jetzt ab, zumal im
Vergleich zu dem stark wachsenden Embryo, immer unscheinbarer
wird, als eiförmiges Gebilde an (Fig. 157 nh). Da jetzt das Amnion
infolge stärkerer Ansammlung von Flüssigkeit die ganze Keimblase
ausfüllt (Fig. 157), hat es den Dottergang und den Allantoisstrang (al)
gemeinsam eingehüllt und gleichsam mit einer Scheide (Amnion-
scheide) umgeben. Das so entstandene Gebilde, der Nabelstrang,
Funiculus umbilicalis, stellt jetzt die einzige Verbindung dar zwischen
Fig. 160. Menachlicher Embryo aus der vierten Woche. Geschenk
des Herrn Prof. Vkit.
dem in der Amnionflüssigkeit frei schwimmenden Embryo und der
Wand der Keimblase. Seine Anheftung an letzterer fällt stets zu-
sammen mit der Stelle, an welcher sich der Mutterkuchen entwickelt.
Das Nabelbläschen ist durch die Vergröfserung des Amnion ganz
an die Oberfläche der Keimblase gedrängt, wo es zwischen Amnion {am)
und Choriou (ch) in einiger Entfernung von der Ansatzstelle des
Nabelstranges eingeschlossen ist. Hier erhält es sich bis zur Zeit
der Geburt, wenn auch in einem ganz rudimentären Zustand und ist
nur bei sorgsamer Untersuchung gewöhnlich mehrere Centimeter vom
Rande der IMacenta entfernt aufzufinden. Im längsten Durchmesser
mifst es nur 8—10 mm.
4. Die Deciduae oder hinfälligen Eihäute nehmen ihre
Entstehung aus der Schleimhaut der Gebärmutter, die
ihre Struktur während der Schwangerschaft in einem sehr hohen
(trade verändert.
Die normale, unveränderte Schleimhaut stellt eine etwa 1 mm
dicke, weiche Schicht dar, welche der Muskulatur (M) der Gebär-
, Google
Die EihUllen der Säugetiere und des Menschen.
159
Vera nimmt mit dem Beginn der
an Dicke zu, bis sie 1 cm und
Ght
mutter, da hier eine Subniucosa fehlt, unmittelbar und un ver-
schiebbar aufsitzt (Fig. 161). Sie wird von zahlreichen tubulösen
Uterindrüsen (Glandulae utriculares, GLu) durchsetzt, die mit
kleinen ÖlTnungen an der OberHilche beginnen und dicht beieinander
in geschlängeltem Verlaufe bis zur Muskulatur (3/) gerade herabziehen,
um daselbst häufig dichotom geteilt zu enden. Schleimhaut und
Drtisen werden von flimmernden Cylinderzellen ausgekleidet. Das die
Drüsen trennende Bindegewebe ist aufserordentlich reich an Zellen,
die teils spindelförmig, teils rundlich sind.
Vom Beginn der Schwangerschaft an erleidet die Schleimhaut
sehr tief eingreifende Verilnderungen, die jedes einzelne Gewebe be-
treffen und nach den Regionen, die schon früher als Decidua vera.
D. reflexa und D. serotina unterschieden wurden, etwas verschieden
ausfallen.
In dem Bereich der Decidua
Schwangerschaft die Schleimhaut
darüber mifst, und zwar bis zu
der Zeit, wo das wachsende Ei
sich den Wandungen der Gebar-
mutter vollständig anlegt , also
ungefähr bis zum Ende des fünften
Monats. Von da an beginnt ge-
wissermafsen ein zweites Sta-
dium, in welchem sie sich wie-
der unter dem Druck der wach-
senden Frucht verdünnt und
schliefslich nur noch 1 -2 mm
dick ist. Hierbei verändern sich
sowohl die Drüsen als auch das
Drüsenzwischengewebe.
Im e r s t e n S t a d i u m v e r -
gröfsern sich die Uterin-
drüsen, die anfangs gleich-
mäfsig dicke Röhren sind, und
weiten sich namentlich in ihrer
mittleren und unteren Partie aus
(Fig. 1<>2); während sie nach ihrer
Ausmündung zu geradgestreckt und mehr in die Länge gezogen sind,
legen sie sich mehr nach abwärts in spirale Windungen , die mit
Buchten und Aussackungen bedeckt werden. Auf einem Durchschnitt
kann man daher jetzt zwei Schichten an der Decidua vera unter-
scheiden: 1) eine äufsere, kompaktere und zellenreichere Schicht ( C),
und 2) eine tiefere, ampulläre und spongiöse Schicht (-S)>). In der
kompakten Schicht sieht man die Drüsen als geradgestreckte, parallel
verlaufende Kanäle. Infolge einer stärkeren Wucherung des Zwisclien-
gewebes sind sie weiter auseinandergerückt; an der Oberfläche l>e-
ginnen sie mit erweiterten, trichterförmigen (i r ü b c Ii e n (tr),
daher die Oberfläche einer von der Muskulatur abgezogenen Schleim-
haut wie siebförroig durchbrochen aussieht.
In der spongiöson Schicht (.S')<) stöfst man auf zahlreiche,
übereinander gelagerte, uuregelmälsige , buchtige Hohlräume (<///),
deren Weite bis zur Mitte der Schwangerschaft beständig zunimmt
und die schliefslich nur noch durch dünne Sejiten und Balken des
M
Fig. 161. Querschnitt durch die
Bohleimhaut der Qebärmutter. Nach
KtTKDHAT und KMiKLMANN.
(il.u Uterindrüsen, M Muskelschicht
der (icltarmutter.
100
Achtes Kapitel.
tr
Sp
.1/
Gruodgewebes getrennt sind. Daa
Bild erklilrt sich aus dem Umstände,
dafs die Drüsen sich in ihren mitt-
leren Teilen stark geschlängelt und
huchtig erweitert haben. Das
fliuimerndeCylinderepithel
von der Schleimhaut der Gebar-
mutter schwindet nach und nach an
der Oberfläche vollständig; auch in
den Drüsen erleidet es tiefgreifende
Veränderungen. In den ersten Mo-
naten werden noch alle Hohlräume
von ihm überzogen, was bei ihrer
Vergröfserung eine lebhafte Zell-
vermehrung voraussetzt. Dabei
gehen die ursprünglich langen Cy-
linderzellen teils in kleine, würfel-
förmige, teils in breite, platte Ge-
bilde über; eine Ausnahme machen
die an die Muskelhaut angrenzen-
den Drüsenabschnitte, in welchen
die Zellen mehr oder minder bis
zum Ende der Schwangerschaft ihre
normale Gestalt bewahren und
später zur Regeneration der Epitbel-
decke der Uterusschleimhaut dienen.
Im vierten und fünften Monat findet
man noch alle Hohlräume bis zu
den Drüsenraündungen von einem
schmalen Saume würfliger bis
platter Epithelzellen ausgekleidet.
In» Zwischendrüsengewebe gehen
gleichfalls im ersten Stadium leb-
hafte Wucherungsprozesse, nament-
lich in der oberen kompakten Schicht,
vor sich. Es bilden sich in dieser
30—40 n grofse, kugelige Gebilde»
die von FriedlXnder Decidua-
zellen genannt worden sind (Fig.
108). Sie liegen an manchen Stellen
so dicht beieinander, dafs sie in-
folgedessen und wegen ihrer Form
einem Epithel sehr ähnlich aus-
sehen. In der spongiösen Schicht
finden sie sich gleichfalls, werden
aber in den Balken und Septen
mehr längsgestreckt und spiudelig.
Fig. 162. Querschnitt durch die Schleimhaut einer (Jebärmutter am
Beginn der Sohwangersohaft. Xacli Klnukat und Enoelmank.
r Kompakte Schicht. Sp spongiöse Schicht, 3/ Muskulatur der Gi'bar-
mutter. tr trichterförmige Ausmlindung der Uterindriisen, e erweiterte Stelle,
<lh durch Schlängelung und .\u.«ibuchtung der wuchernden Drüsen entstandene
Ampulle.
Die Eibftllen der Siugetiere nnd des Meuchen.
161
Im zweiten Stadium, in welchem dio Decidiia vera
vom sechsten Monat ab erheblich dünner wird und
durch den Druck der wachsenden Frucht von 1 em bis
£tt 2 mm Durchmesser allmählich abnimmt, gehen in
den einzelnen oben angeführten Teilen mancherlei
Kückbilduugsprozesse vor sich. Die Drüseumündungen,
welche die siebfftrmige Beschaffenheit der Innenfläche der Decidua
bedingten, worden immer schwerer zu erkennen und verstreichen
scliliefslich vollständig. Die innere kompakte Schicht niinnit
eine gleichmäl'sige. dichte, lamellöse Beschailfenheit an, da durch den
Druck die in ihr gelegenen Drüsenhohlräume vollständig zusammen-
gepresst werden und dann unter Schwund ihres Epithels verlüthen.
In der spnngiöson Schicht ideiben die Drüsenhohlräume erhalten,
werden aber infolge des Druckes in Spalträume umgewandelt, die zur
Wand der Gebärmutter parallel gestellt und durch Scheidewände ge-
trennt sind, die im Verh<nis zu frühe-
ren Monaten der Schwangerschaft sich
noch sehr verschniächtigt haben. Die
an die kompakte Schicht angrenzenden
DrOseorftume haben ihr Epithel Ter-
loren oder zeigen Zellentrüiiinier und
eine von feinen Körnchen durchsetzte,
schleimige Masse; nach der Muskulatur
der Gebärmutter zu besitzen sie dagegen
noch ein gut erhaltenes, kurz^lindrisches
bis würfelförmiges Ejjithel.
Die Decidua reflexa bietet
in ihrem Bau groTse Überein-
stimmung mit der Decidua vera
dar.
Mach Untersuchungen von Seduwick
MwoT beginnt sie schon vom zweiten
Monat an infolge einer hyalinen De-
generation zu zerfallen. Der Zerfall ist
im dritten Munat beträchtlich fortge-
schritten und fQhrt im sechsten und sie-
benten Monat zu einem vollstilndigen
Schwund durch ]U'S(m ption.
Der dritte Abschnitt der L'terusschleimhaut oder die Deciduu
serotina «rfthrt mit ihren Drttsen in den ersten Monaten der
Schwangerschaft Ibniiche Veränderungen wie die D. vera. Durch
innige Vereinigung mit dem Chorion trondosum wandelt sie sicli zu
einem Emährungsorgan für den Embryo, zu dem Mutterkuchen oder
der Placenta, um. —
In das Verhalten der FruchtMaM' zu der Wandung der Gebär-
mutter gibt einen lehrreichen Einblick Fig. l'il. ein Durchschnitt
«lurch die menschliche Gebilrniutter im fünften Monat der Schwanger-
schaft nach Strahl. Die Figur zeigt, wie jetzt schon der Amnion-
sack sich so stark ausgedehnt hat, dafs er das Keimblasencoelom
ganz verdrüngt hat. überall dem Cliorion dicht anliegt und auch die
schon länger gewordene Nnbclschnur einscheidet, wie ferner Chorion.
Decidua retiexa und vera überall ohne trennenden Spalt aneinander-
grenzen und so gewissermaßen eine Membran bilden, wie endlieh
O« H«rtwir. Di* BlMiwnta d«r EBtwieklttJi(«l*hiw. 2. And. 11
I'ig. 168. DooldaM«llni
aus der Decidua vera des
MesBOhen im s weiten Monat.
Sehnittprikparat nach H. Stbabl.
Oigitized
162
Achtes Kapitel.
ein Abschnitt der Oebftrinuttersohleinihaut mit dem angrenzenden
ChorioD zum IMaceiitarbezirk umgewandelt ist.
5. Die Placeiita ist ein sehr blutgefälsreiches , sich schwammig
oder teigig anfühlenjles. scheibeuförnnges (iebilde, das auf dem Höhe-
punkt seiner Entwicklung 15—20 cm im Durchmesser mifst, 3—4 cm
dick ist und etwas mehr als ')(>«) g wiegt. Ihre, dem Kmbryo zuge-
kehrte Fläche ist konkav (Fig. 157) und, da sie einen Überzug vom
Amnion (am) besitzt, vollkommen glatt; dagegen ist die der üterus-
wand konvex aufsitzende Flftche nach ihrer Ablösung bei der Geburt
uneben und wird durch tiefe Furchen in einzelne Lappen oder
Kotyledonen zerlegt (Fig. 105).
Fig. 164. Sa-
gittalsohnitt
durch einen
Uterus gT&-
vidus vom
Menschen
aus dem fünf-
ten Monat.
Verkleinert.
Nach Strahl.
P Placenta.
Der normale Sitz der Placenta ist in der Mehrzahl der Falle am
Grunde der (iebiirmutter (am Fundus uteri), wo sie bald mehr nach
iler linken, bald mehr nach der rechten Seite zu entwickelt ist. In-
folgedessen kann durch sie entweder die eine oder die andere Aus-
imindung des Fileiters zuj;<'deckt uud verschlossen werden. (Vergl.
Fig. 155.) In selteneren Fallen ist die IMacentu, anstatt am Grunde,
weiter nach al)wärt> nach dem inneren Mutterniund zu mit der Wand
der GebiUniutter verbunden. Fs rtihrt dies daher, da fs das befruchtete
Fi, wenn es aus dem Eileiter in die (leharmutterhöhle gelangt,
infolge al»ni>rmer Verhüll nisse weiter nach abwärts herabsinkt, anstatt
sich ^ileich an der Schb'iniliaut festzusetzen. Zuweilen tindet die
.\nheftung erst ganz unten in unmittelbarer Nähe des inneren Mutter-
mundes statt, den sjiftter die IMacenta teilweise oder ganz verschliefst.
Diese Anomalie ist als Placenta praevia (lateralis oder centralis)
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Die EihUllen der Säugetiere und des Menschen.
bekannt und stellt ein gefährliches Vorkommnis dar, weil der regel-
rechte Verlauf der Geburt gestört wird.
Bei der Untersuchung der feineren Struktur der Placenta, die auf
gröfsere Schwierigkeiten stöfst, da sie ein sehr weiches und von zahl-
reichen, weiten Blutrilunien durchsetztes Organ ist, gehen wir am
besten von ihrer Zusammensetzung aus zwei Teilen aus, aus einem
Teil (Placenta foetalis), der von Seiten des Embryo, und einem anderen
Teil (PI. uterina), der von selten der Mutter geliefert wird.
Die Placenta foetalis ist der mit verzweigten Zotten reich
bedeckte Teil des Chorion (Chorion frondosum) (Fig. KJO Ch). Die
Zotten {z) erheben sich, zu grölseren Büscheln oder Kotyledonen ver-
eint, von der derben iMembraua cborii (m); sie besteben 1) aus
Fig. 165.
Ablösangs-
fläohe einer
reifen
mensoh-
liohen Pla-
centa. Nach
Sthahl.
VergröCsert
etwa Vt.
gröfseren Hauptstftmmen (Z), die in gerader Richtung von der Mem-
brana chorii ausgehen und sich mit ihren Enden (AM in die gegenüber-
liegende Placenta uterina einsenken und fest verbinden, und 2) aus
zahlreichen, unter rechtem oder spitzem Winkel nach allen Seiten
entspringenden Nebenftsten (/*), die ihrerseits wieder mit feinen
Zweigen bedeckt sind. Auch von diesen ist ein kleiner Teil (//-) mit
seinen Entlen mit dem (iewehe der Placenta uterina verwachsen
(Lanohäns), so dafs eine Trennung des kindlichen und des mütter-
lichen Anteils nur durch gewaltsame Zerreilsung bewerkstelligt werden
kann. Daher hat Köllikek in passender Weise die Verzweigungen
der Chorionzotten in Haft wurzeln (/< h') und in freie Aus-
läufer (/') untcrschiedtMi.
Zu jedem Chorionbüumchen begii)t sich von den in der Membrana
chorii verlaufenden Teilästen der Nabelarterie (Art. umbilicalis) ein
Gefäfs, das sich, der Verzweigung des Bäumchens entsprechend, in
feinere Äste auflöst; die aus diesen hervorgehenden Kapillarnetze
11*
Achtes Kapitel.
sind ganz oberflächlich unter dem Zottenepithel gelegen. Aus ihnen
sammelt sich das Blut in abführende GefiUse. die sich zu einem aus
dem Chorionböumcheu wieder austretenden, einfachen Ilauptstamm
verbinden. Somit ist das üefftfssystem der Placenta foetalis
ein vollkommen abgeschlossenes. Eine direkte Vermischung
von kindlichem und mütterlichem Blut kann in keiner Weise statt-
finden; dagegen ist die Vorbedingung zu einem leichten Austausch
flüssiger und gasförmiger Blutbestaudteile durch die ganz ober-
flachliche Lage der dünnwandigen und sehr weiten Kapillaren gegeben.
Über das Epithel der Membrana chorii und der Zot-
ten stinunen alle neueren Beobachter darin überein. dafs man an
ihm zwei Schichten mit Deutlichkeit unterscheiden kann (Fig. 107):
1) eine der Zottengallerte und der bindegewebigen Membrana chorii
Fip. 166. Sohematisoher Querschnitt durch die mensobliche Plaoenta
aus der Mitte des fünften Monats. Nach Lkopuld.
Auf die Muskulatur der (K-baniiutter (Mi folgt die spoiigiöse Schicht der
l>ecidua serotina {xjA in welcher hei der üeburt die Abtrennung der l'lacenta an
der mit zwei Strichen bezeichneten Trennungslinie vor sich geht; daran schlief>t
sich die kompakte Schicht, welche ab l'lacenta uterina bei der Geburt abgestoßen
wird. Sie besteht aus der liasalpintte (Winkleh) Bp, * Schlufsplatte, i inler-
villösen blutr&umen, Id den zufahrenden Arterien, r dem Randsiuus. In die
Placenta uterina ist die Placenta foetalis bineingewachben , bestehend aus der
Mt-mbrnna chorii (>n) und den von ihr ausgehenden Zotten (Z), an denen man die
llaftwurzeln [h\ h^) und die freien .\u.slaufer if) unterscheidet. Das Chorion ist
nach innen nocli vom Amnion {A) überzogen.
unmittelbar aufliegende Zellenschicht (Lanohans), in welcher sich ein-
zelne Zellindividuen abgrenzen lassen, und welche wir kurzweg und
ausschlielslich als das Chorion- und Zottenepithel (cht) be-
zeichnen wollen, und 2) eine vielkernige, protoplasmatische Schicht
(.<»/). In (lieser sind getrennte Zellen auf keine Weise zur Anschauung
zu bringen. Es kann daher als das Cborion- und Zotten-
syncytium (sy) vom Zottenepithel unterschieden werden. Es hat
die Neigung, sich in Osmiumsilure und FMrbstofl"i'n intensiver als das
Epithel zu färben. In ihm linden sich kleinere und stärker granulierte
Kerne als im Epithel, ferner aber auch Vakuolen. In allen diesen
Googl
Die EOtOllen der SingetUre aad des Heatdieii.
165
,An den Zotten wird die Epithel-
Eigenschaften fjleiclit Has Zottensyncytiuni aufsrronlontlich der viel-
kernigen Protoplasmaschicht, in welche l>ei manchen Säugetieren sich
das Epithel der Gebännutterschleiuibaut umwaudelt, weuD sich ihm
die Keimblase anlagert und dabei das Chorion fest und dauernd mit
ihm verlöthet (Sifjahl, Lpsebrink. Selenka etc.). Beide Kjiithelschichten
setzen sich beim Menschen wie bei S&ugetieren ziemlich scharf gegen-
einauilcr ab.
Schon bei vier Wochen alten menschlichen Eiern ist der doppel*
schichtige Überzug des Chorion und seiner Zotten deutlich vorhanden.
In späteren Monaten erfillirt er henierkenswerte Veründerun^en, die
iu den einzelnen Bezirken, an der Basalplatte des Choriou irondosum,
am Chorion laeve und an den Zotten verschieden ausfallen. Was zu-
erst die tiefere Schicht oder das Chorionepithel betriflFt, so ver-
dickt es sich im Bereich der Basalplatte des Chorion frondosum zu
einzelnen, uuregelmärsigen ilerdeu, während es dazwischen zu einer
einfachen Zellenlage verdünnt ist.
schiebt nach dem ersten Monat
immer unansehnlicher und ist naeh
dem vierten Monat nur uuch au
wenigen isolierten Herden, den von
Lancuans und Kastschknko sorg-
filitiu besclirienenen Zellknoten, vor-
handen'' (MiNUT). Am Choriou laeve
endlieh bleibt es in ganzer Aus-
dehnung und in einer Dicke von
2 — 3 Zellenlagen erhalten. Die
äuf^ere Schicht oder das C h o r i o u-
syncytium steht in seiner Aus-
breitung xum Epithel meist in einem
Gegensatz. "NVo dieses am besten
entwickelt ist. wird es rückgebildet,
und umgekehrt. So fehlt im Bereich
des Chorion laeve vom siebenten
Monat an jede Spur von einem Syn-
cytiuni. an den Zotten da^e^eii
bildet es eiuen kontinuierlichen
Überzug, in welchem sich hier und
da besondere Verdickungen, die so-
genannten Prolifeniti()iisni>eln, aus-
bilden. An vielen Stelleu ist es einer merkwürdigen Metamorphose
unterworfen; es wandelt sich in eine hyaline. eigentQmlich glänzende
Substanz um, die von zahlreichen Spalten und LQcken durchsetzt wird
und daher von Lanühans den Namen „kanalisiertes Fibrin* erhalten
hat. :Seine Menge nimmt mit dem Alter der Placenta zu.
Lagen kanalisierten Fibrins, dessen Entstehung übrigens von
manchen Autoren auf einen Niederschlag von Fibrin aus der Blutbahn
der infervillö^en Uilume zurückgeführt wird, timlen sich sowohl an der
Obertlache der Zotten als auch au der Basalplatte des Chorion frondosum.
Eine Vorstellung von der eigentfimlichen Bildung gibt die Fig. 168,
welche der Entwicklungsgeschichte von Sedu. Mikot entnommen ist. —
Der zweite Hauptbestandteil des Mutterkuciiens, die IMacenta
uterina, entwickelt sich aus dem als Üecidua serotina unterschiedenen
Teil der Uterusschleinihaut. Sie löst sich bei der Geburt, wie der ent-
1 ig. 1()7. Querschnitt duroh
eine Chorionaotte des in Fig. 100
abgobildeten meii»ohlio2i«ii JBm-
7 (Jnllrrtfrewebr. r/^r ('Iioridin'iiithpl.
sy Syncytiuiu, s Zackclien an der Ober-
fläche des Syncytinnit M Blutgeafo-
kapillaren.
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Achtes Kapitel.
sprechende Teil der Decidua vera, von der Innenfläche der Gebärmutter
iin der in Fi?. 1«)<> anjfegebeneu Trennungslinie ab, indem die dünnen
Bindegewebssepten der unter ihr gelegenen, spongiösen Schicht ein-
leifsen. Sie bildet alsdann eine dünne Membran von nur 0,5—1 mm
Dicke, die Basalplatte Winki.kks (Fig. lOü BF), und stellt einen voll-
ständigen i lierzug über <ler IMacenta foetalis her, welche durch sie
unseren Blicken bei der Lösung der Eihäute entzogen wird. Am Bande
geht sie unmittelbar in die Dec. vera und reflexa Ober.
Ihre der Gebärmutter zugewandte Fläche wird durch tiefe
Furchen (Fig. B»5) in einzelne Abteilungen zerlegt. Den Furchen ent-
Kig. 16<S. Placentales Chorion von einem siebenmonatliohen Fötus.
QuerKchnitt durch das Ektodcrm und den angrenzenden Teil des Stroma. Vergr.
44-'>mal. Naih Skdu. Minot.
mra Mesodermales Stroma, c Zellcnscbicht, fb Fibrinscbicbt, ep Reste des
Epithels.
Sprechend nehmen von der entgegengesetzten Fläche der Membran
stärkere und schwächere bindegewebige Scheidewände, die Septa
placentae (Fig. l^T, S. \'):\\, ihren Ihsprung und dringen zwischen
die Chorionliäumchen (Fig. l.'>7 ^) iiinein; sie vereinigen innner eine
kleine Anzahl derselben zu einem Büschel oder einem Kotyledon.
Denken wir uns die Kotyledonen vollständig herausgelöst, so würde
an der Placenta uterina eine ihnen entsprechende Anzahl von unregel-
niälVigen Fächern entstehen. Dieselben sind noch durch feinere, von
der .Membran und »len Sopten ausgehende Biudegewebswucherungen
Google
Die iahlillen der Sftagetiere und des Mentcheo.
107
in kl»MTiPT r und weniger tiefe Abteiluupen zerlegt. Die Septen reichen
in der Mute der Placenta mit ihrem Kiinde nicht bis zum Ursprung
der Zotteuhäumchen heran, wohl aber ist dies in einem schmalen,
peripheren Besirtt der Fall, wo sie unmittelbar an die Membrana
rhorii (Fig. in«! m) austofsen und sich unter ihr zu einer dünnen und
fest anliegenden, von den Ursprtlngen der Zotten durchbohrten
Membran verbinden, der Schlu Isplatte * (Winklkr), [Decidua
plaeentalis Bubchoria1i8(K0LLiKBB), suhehorialer SeblufBringl Waudeter)].
Das bindegewebige Gertist der Placenta uterina besitzt im all-
gemeinen die Eigen?rhaften der kompakten, zellenreichen Schicht der
Decidua vera und retiexa, zeigt aber eine Verschiedenheit in dem
Auftreten einer ganx besonderen Zellenform« der sogenannten
Riesen Zellen. Es sind dies grofse, graugelb ersdieinende Proto-
plasmaschollen mit 10 — 40 Kernen . die im ftlnften Monat sich zu
entwickeln beginnen und in der Nachgeburt in grofsen Mengen ge-
funden werden; teils liegen sie hier in der Basalplatte, teils in den
Septen , gewöhnlich in unmittelbarer Nachbarschaft der grofseti Ge-
fäfse; sie kommen aber auch vereinzelt in der sponpiösen Schicht
der Decidua serotina und selbst zwischen den angrenzenden Muskel-
bOndeln der Gebärmutter vor.
Die gröfsten Schwierigkeiten bei der Untersuchung der Placenta
uterina bereiten ihre Bliithahnen. Zahlreiche Arterienstämme (Fig.
160 hl) treten durch die Muskelhaut der Gebärmutter hindurch und
gelangen durch die spongiöse Schicht in die Basalplatte der Placenta
uterina, wo sie ihre Muskelschicht verlieren und. nur noch von
Endothel .-uisgekleidete, weite Röhren darstellen Au^ Hör T^asalplatte
dringen sie. si)irale Windungen beschreibend, in die Septa placentae
eiu. Von hier lastien sie sich als geschlossene Gefäfse nicht weiter
verfolgen; ein Übergang in Capillaren findet an keiner
stelle statt. Dagegen läfst sicli der "Nachweis fdliren, dafs sie
durch Öffnungen in den Septen ihr Blut in ein Lückensystem zwischen
den Choriuubäuuicheu oder in die intervillösen oder intra-
placentalen Rftnme (t) ergiersen. Letztere werden begrenzt auf der
einen Seite von der Membrana chorii (w) mit ihren Zotten f~). auf der
iuidereu Seite von der Basaliilatte mit ihren Septen. Die intervillösen
Räume werden zusammen auch als der Placentarraum bezeichnet.
Aus dem Placentarraum wird das Blut in weite Venenstftmme
aufgenommen , die ebenfalls nichts anderes als nur von Endothel
ausgekleidete Röhren sind. Dieselben sind zu einem Netzwerk in
der Basalplatte der Placenta uterina, besonders in der Mitte eines
Kotyledon, ausgebreitet und besitzen hier ebenfalls direkt in die
intervillösen Räume führende Öffnungen. Am Rande der Placenta
Illingen si^ untereinander zusammen und erzeugen dadurch den
Kandsiuus (Fig. 10<i *) oder den ringförmigen Sinus der
Placenta. Derselbe darf jedoch nicht als ein gleichförmig weites
Gefäfs. sondern mul^ als ein System verbundener, unregelmftfsiger
Hohlräume aufgefafst werden.
Vermöge der beschriebenen Einrichtung werden die Choriunzotlen
direkt vom mfltterliehen Bbit umspolt. Dabei ist die Btutbewegung,
wie sich aus dem Vorgetragenen schon ersehen läfst , infolge der
l>eträchtlichen Er\Y('iterung der Blutbahn eine verlangsamte und eine
unregelmftrsige, entsprechend der Gestaltung der intervillösen Räume
Im allgemeinen stellt, wie Buhn hervorhebt, jeder Kotyledon ein be-
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168
AelitM Kapitel,
sondprps Sti ömungsgebiet des mütterlichen Blutes dar. So viele
KotyieiluiKü die geborene Placenta zeigt, so viele Strömungsgebiete
sind vorhanden. Nur nach unten ^egen die Membran des Chorion
zu liaugen die StrOmungsgebiete der einzelnen Kotyledonen miteinander
zusammen.
In der feineren Anafoiiiie und Entwickiun*j;sgcscliiclile der Placenta
sind CS besonders zwei Kraj^'eii , über welche seit .Tahrzelinfen bis in die
neueste Zeit die Auüichteu der Forscher weit auseiuttudergeheu. Die eine
Frage betriiFt die Entatefanng des Ghorion- und Zottentyncytiams , ob «s
kindlichen oder mütterlichen Ursprungs, d. h. ein Umwandlongsprodakt
des ('horion- und Zottenepithels oder des Kpitlicls der Uternsschleimhaut,
ist. Die andere Frage betrifft die Herkunft der intervillösen Räume, die
von manchen Forsebem als die sehr stark sn Kavemen aasgeweiteten
Kapillaren der mütterlichen Schleimhaut , von anderen als ein Spaltraum
aafgefafst werden . welcher bei der Aneinanderlagerung von Chorion und
Decidoa serotina gleich anfangs entsteht und später durch Blat von er-
öffneten Geftben erfttllt wird. Nftberes Aber diese Streitfragen findet der
Leser in Hertwigs Lehrbuch der Entwicklungsgeschichte, VIL Aufl. 1902,
S. 815 — 321, und in dem Artikel Strahls, Die EmbryonalhtlUen der Sänper
and die Placenta, im Handbuch der vergleichenden und experimentelieu
Entwicklungslehre, Bd. I, 1902.
r». Die NabelHchnor (F u n i c u I u s ii m h i Ii c a Ii s) stellt die Ver-
hiuttiing zwischen dem Mutterkuchen und dem embryonalen Körper
her (Fig. 157). Sie ist ein Strang, etwa so dick wie der kleine Finger
(11—13 mm), und erreicht die beträchtliche Länge von 50 — (50 cm.
Fast immer zeigt sie eine sehr ausgeprägte Spirale Drehung, die,
vom £mbr>u aus gerechnet, in der Begel von links nach rechts ver-
Iftuft Häufig sind knotenartige Verdickungen der Nabelschnur, die
eiiit' doppelte Ursache haben können. Meist beruhen sie auf einer hier
iniii stärker erfolf-'tPTi Kiitwirkltnit!; der gallertigen Grundsubstanz
(falsthe Knoten), fceitener t>ind sie durch eine Verschlingung der
Schnur in der Weise entstanden , dafs der Embryo bei seinen Be-
wegungen, die er im Fruchtwasser ausführt, durch Zufall durch eine
Schlinge der Schnur liindurchsclilupft und sie zu einem Knoten all-
mählich zuzieht (wahre Knoten).
Die Anheftung der Nabelschnur am Mutterkuchen erfolgt gew5hn-
sich in seiner Mitte oder in der Nähe der Mitte (Insertio centralis).
Doch sind Ausnahmen von der Kegel nichts Seltenes. So unter-
scheidet mau noch eine Insertio marginalis und eine Insertio
velamentosa Iiu ersten Falle verbindet sich die Naljelschnur mit
dem Rande des Mutterkuchens; im zweiten Falle heftet sie sich in
geringerer oder grnfserer Entfenmnf: von seinem Kande an die Eihäute
selbst an und sendet von da die sich ausbieiteiiden starken Ver-
zweigungen ihrer Gefäfse nach der Placeutarsielle Inn.
Eine genauere Beschreibung ihres feineren Baues will ich nur
vom Ende der Schwangerschaft gthen und hierbei folgende Teile
näher in das Auge fassen: Ii die ^VHAnTMVv^.(le Sülze, 2) dif X.ihel-
gefiUVe. H) die Reste der AUantois, des Dotteigauges, der Vasa omphalo-
mesenterica, 4) die Amnionscheide.
1) Die WHAKTONSche Sülze ist ein Gallert- oder Scbleimgewebe,
in welches die übrigen Teile eingebettet sind. Ihre histologischen
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Die EihQUeo der Säugetiere uod des MeoBchen.
169
J'igenscliiiften verändern sich mit dem Alter des Emhryo, indem später
reichliche Fasern in der gallertigen Grundsubstauz auftreten.
2) Die Nabelgefäfse ^steheD aus zwei starken Arterien (Art. um*
bilicales), welche das Blut vom Knibryo in den Mutterkuchen führen,
und aus einer weiten Vena umbilicali'^ . in w^lrlun- das h]nt wieder
zum Embryo, nachdem es den Placeniarlxreislauf durchj^emacht iiat,
lurOekflieftt. Die beides AiterieB sind in Spiraltouren, wie die Nabel*
schnür selbst, aufgewunden und untereinander durch eine Qucr-
anastomose nahe an ihrem Eintritt in den Mutterkuchen verbunden.
Sie sind sehr kontraktil und zeigen eine dicke, aus Quer- und Längs-
fasern zusammengesetzte MaBkelnaut (Tunica muacularis).
Per Allaiitoiskanal und der Dottergang, welche in den ersten
Monaten dvr S( hwangerschaft wesentliche Bestandteile der Nabel-
schnur bind, bilden sich später zurUck und sind am Ende des embryo-
nalen Lebens nnr noch in unbedeutenden Resten vorhanden. Die
Kanäle verlieren ihr Lumen; es entstehen in der WflARTONSchen
Sülze solide Stränge von Epithelzellen; schliefslich schwinden die-
selben auch noch zum Teil, so dafs nur hier und da sich Züge und
Nester von Epithelzellen erhalten haben. Die Dottergefäfse (Vasa
omphalo-mesenterica), welche am Anfang der Entwicklung eine I^olle
spielen, werden h ild unansehnlich und treten hinter den mehr und mehr
sieb vergröfseruden ^'abelge^^U'sen zurück. In der reifen >abelschnur
«ind sie sehr selten naeBZUweisen (Ahlfeld); gewöhnlich sind sie
vollständig rückgebildet.
i) Am Anfnn? der Entwicklung bildet das Amnion um den
Aliantoiskanal und Dottergang eine Scheide, die sich abtrennen läfst.
Später ist die Scheide mit der WEARromehen Sülze fest verschmolzen,
die Ansatzstelle am Nabel ausgenommen, an welcher sie sich eine
kurze Strecke weit als besonderes Häufchen abzielien la£st.
Verhalten der Eihäute während und nach der Geburt.
Zum Schlufs der Besprechung der Eihäute mögen schlielslich noch
«inige Bemerkungen über ihr weiteres Schicksal bei der Geburt einen
Platz finden.
Am Ende der Schwangerschaft, mit Be^;iuii der Wehen, erhalten
die Eihullen. welche um den Embryo eine mit Fruchtwasser gefüllte
Blase herstellen, einen Rifs, sowie die Zusaninicnziehnn^en der Musku-
latur der Gebärmutter eine gewisse Stärke erreicht hal)en. Der Rifs
entsteht gewöhnlich an der Stelle, wo die Blasenwand durch den
Muttermund nach aufsen hervorgeiirefst wird (Blasensprung). Infolge-
dessen dielst jetzt das l'rnchtwasst r ab.
Unter weiterem und verstärktem Fortgang der Wehen wird hierauf
das Kind durch den Rifs der EihOllen hindurch aus der Gebärmutter
ausgetrieben: es wird geboren, während Mutterkuchen und EiliOllen
meist noch kurze Zeit in der Uterushtihle zurückbleiben, (ileich nach
der Geburt mufs die Verbindung zwischen Kind und Eihüllen künst-
lich getrennt werden, indem die Nabelschnur in einiger Entfernung
vom Nabel unterbunden und abgeschnitten wird.
Schliefslich lösen sich auch noch die Eihüllen mit der i'lacenta
von der InnenÜäche der Gebärmutter ab und werden durch etneute
'Wehen als Nachgeburt nach aufsen entleert. Die Ablösung findet
in der spongiOsen Schicht der Decidua vera und Deddua serotina statt.
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170
Achtes Kapitel.
Die Nacli^^elnirt setzt "^icli sowohl aus den kiTidlichen als auch aus
den mütterlichen Eihäuten zusaromen, die uutf i^inauder ziemlich fest
verwachsen sind: 1) aus dem Amnion, 2) dem Ghorion, 3) der Decidoa
reflexa. 4) der Decidua veia. 5) dem Mutterkuchen (Placenta uterina
und Placenta foetalis). Trotz der Verwachsuiiir i^t oine teilweise
Loslösung der einzelnen Häute voneinander noch uiüglich.
Nach der Geburt stellt die Innenfläche der Gebärmutter eine
einzige ^n oise Wundfläche dar, da zahlreiche Blutgefäfse bei der Ab-
lösung iler Placenta tind der Deciduae zerrissen worden sind. Auch
in den ersten Tagen des Wochenbettes stolseu sich noch von ihr
Fetzen der bei der Geburt zurückgebliebenen, spongiösen Schicht der
Decidua vera tind D. serotina ab. Nur die tiefste Lage der Schleim-
haut erhält sich unniittelhar auf der Muskulatur der fiebärmutter. Sie
besitzt noch Reste des cviindrischen Epithels der Uterindrüsen, wie
schon früher hcrvorgelioben wurde. Im Laufe mehrerer Wochen
wandelt sie sich unter lebhaften Wucherungsprozessen in eine normale
Schleimhaut wieder um, wobei wahrscheinlich das Epithel ihrer Olier-
fläche aus den erhalten gebliebeneu Kesten des Drüseuepithels seinen
Ursprung nimmt.
B«petltortam na X*pltel vm.
1. Die Eihäute der Saugetiere.
1) Bei den Säugetieren entwickelt sich in ähnlicher Weise wie
bei den Reptilien und Vögeln ein Dottersack, ein Amnion, eine seröse
Holle, eine Allantois.
2) Mit Ausnahme der Monotremen und Beuteltiere bildet sich
die seröse Hülle zu einem Chorion um, indem sie Zotten nach aufsen
bervortreibt , und indem die mit den Kabelgefälben versorgte Binde-
gewebsschicht der Allantois sich an ihrer Innenflftdie ausbreitet und
in die Zotten eindringt.
3; Bei einem Teil der Säugetiere wandeln sich ein^lne btellen
der serösen HOUe, an welchen die Zotten mächtiger wuchern, Seiten-
äste treiben und. sich in entsprechende Gruben der Schleimhaut der
Gebilrnnittcr einsenken, zu einer IMacenta oder einem Mutterkuchen
um (Kotyledonen genannt, wenn ihrer viele au einem Ghorion ent-
standen sind).
4) Am Mutterkuchen unterscheidet mau:
a) eine Placenta foetalis, d. h. den Teil des Chorion, der die
Zotten büschel entwickelt hat;
b) eine Placenta uterina, d. h. den Teil der SchleimiiuuL der
Gebärmutter, der gewuchert und mit Vertiefungen zur Auf-
nahme der Placenta foetalis versehen ist.
5) Fötaler und mütterlicher Teil des Mutterkuchens können sich
untereinander fester verbinden, was zur Folge hat, dafs bei der Ge-
burt auch eine gröl^ere oder kleinere Strecke von der Schleimhaut
der Gebärmutter mit abgestoßen und als hinfl&llige Haut oder Decidna
bezeichnet wird.
'>) Aiit (>rund der Beschaffenheit der EihUllen Iftfst sich folgende
Kinteiluiig iler Wirbeltiere aufstellen:
I. Auaninia, Amuionlose,
(Amphioxus, Gyklostomeu, Fische, Amphibien.)
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Die Eilittllen d«r Singetiere und de» Menseben.
171
II. Ajiiniotcii, Amniontiere (mit Dottereack, AmnioQ, Gerdser
Hülle. Allantois).
A. Sauropsideii. Eierlegende AiimioDticre.
Reptilien und TOgel.
B. S&ugetiere. Die Eier entwickeln sich bei allen mit
Ausnahme der Monotremen in der Gebärmutter.
a) Aclioria. Die seröse Httlle entwickelt keine oder nur
wenige Zotten.
Monotremen. Beuteltiere.
b) Choriata. Die seröse Httlle wird zur Zottenhattt(CbOiion).
1) Mit gleichmflfsit' /Histreufon Zotten.
Perissodactyla, äuidue, liippopotamidae, Tylopoda, Tra-
gulidae, Getacea etc.
1^-2) Placentnlia. Die serus-e Httlle ist Streckenweise zu
« ~ einem Mutterkuchen umgebildet.
^ ^ a) Zahlreiche Kotyledonen. — Semiplacenta (Strahl).
Ruminantia (Wiederk&uer).
ß) Placenta zonaria. — Placenta vera.
Carnivorcn.
^ y) Placenta discoidea. — Placenta vera.
[ Affen, Nagetiere, Insektivoron, Fledermftuse.
3 3
2. Menschliche Eihäute.
1) Diis menschliche Ei setzt sieh gewöhnlich am Grund der
Gebärmutter (Fundus uteri) zwischen den beiden Einmündungen der
Eileiter fest und wird in die Schleimhaut eingebettet, welche um
dasselbe eine Kapsel bildet.
2) Die Schleimhaut der Gebärmutter bildet sich zu den mtttter-
licheu Hullen für das Ei. den Deciduae, aus, die als Decidua serotina,
D. retlexa und D. vera unterschieden werden.
a) Die Decidua serotina ist der Teil der Sehleimbant, welchem
das Ei nach seinem Eintritt in die Gebärmutter direkt auf-
liegt, und an welchem sich später der Mutterkuchen entwickelt.
b) Die Decidua retlexa ist der um das Ei iieruuigewucherte Teil,
e) Die Decidua vera entsteht aus der übrigen, die Gebftrmutter-
höhle auskleidenden Schleimhaut.
S) Bei der Bildung der Deciduae oder hinfälligen Eihäute erleidet
die Uterusschleimheit tiefgreifende Veränderungen ihrer struktur und
sondert sich unter starker Wucherung der uterindrflsen und unter
teilweisem Schwund ihres Epithels in eine innere, kompakte und in
eine äufsere, spon^riose Schicht.
4) Aus der Wand der Keimblase, soweit sie nicht zur Bildung
des Embryo selbst verwandt wird, entwickeln sich die kindlichen
EihQllen, die im ganzen mit den Eihüllen der übrigen Säu<:t tiere an
Zahl und in der Art ihrer Entstehung übereinstiniinfMi, im einzelnen
aber nicht unwichtige Modifikationen darbieten, die im wesentlichen
folgende sind:
a) Das Amnion schliefst sich von vorn nach hinti'n, bleibt am
hinteren Knff(^ des Embryo durch einen kurzen Zipfel mit der
serösen Hülle (dem späteren Chorion) verbunden und trägt so
zur Entstehung des sogenannten Bauchsticls nieusehliclier
Embryonen bei.
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172 Achtes KapitttL
b) Die AUantois wächst nicht als freie Blase in den aufser-
embryonalen Teil der Leibesbühle hinein, souderu schiebt
sich als enger Kanal an der unteren Fläche des in einen
Zipfel aiisgezorrenen Amnion bis zum Choiion hin und liefoit
so den Hauptteil des Bauchstiels.
c) Der Dottdrsack wird zu einem aufserordentlich kleinen Bläschen
und Bteht dureh einen langen, fadenförmigen Stiel (den Dotter-
gang) mit dem embiyonaten Darm in Verbindung.
d) Durch Vergröfserung des Amnion , welches schliefslich die
trunze Eibluse ausfüllt (Zunahme des Fruchtwassers), werden
Ailantoiskaual und Dottergang mit den Nabel- und Dotter-
gefUlsen vollst&ndig umwachsen und mit der Amnionscheide
umgeben, wodurch die Nabelschnur (Funiculus umbilicalis)
entsteht, eine strangförmige Verbindung zwischen der innen*
tlftche der Eihaut und dem Bauchnabel des Embryo.
e) Die seröse Hülle entwickelt aul'serordentlich frühzeitig (zweite
Woche) Zotten auf ihrer ganzen Oberfljlche und wird, indem
das Bind^lrr'^vebe der AUantois in sie hineinwftchst, zur Zotten*
haut (Chorion).
f) Die Zotteuhaut sondert sich in ein Choriou laeve und eiu
Chorion frondosum:
a) Zum Chorion laeve wird deijenige Teil , welcher der
Decidua reflexa imlie^^t miH üiit ilir sirh durch die im
Wachstum zurückbleibenden Zöttcheu lest verbindet
ß) Zum Ghorion frondosum gestaltet sich der an die Decidua
serotina angrenzende Abschnitt , in welchem die ZOttehen
zu mächtigen, vielfach verzweigten Büscheln auswachsen.
5) Dadurch, dafs die Zottenbüschel des Chorion frondosum in die
Decidua serotina hiueindnngen und sich mit ihr fest verbinden, ent-
steht ein besonderes Emährungsorgan für den Embryo, der Mutter-
kuchen oder die Placenta.
6) An der Placenta unterscheidet man den kindlichen und den
mütterlichen Anteil: 1) die Placenta foetalis oder das Chorion fron-
dosum und 2.) die Placenta uterina oder die ursprüngliche Decidua
serotina.
a) Die Placenta foetalis besteht
erstens aus der Membrana chorii, in welcher sich die
Hauptilste der Umbilicalgefäfse ausbreiten, und an welcher
sich die Nabelschnur gewöhnlich in der Mitte (Insertio cen-
tralis), seltener am Rand (Insertio marginalis), noch seltener
vom Rand entfernt (Insertio velamentosa) ansetzt
Zweitens besteht sie aus Bttsclieln von Choriouzotten. von
denen die llaftwurzeln mittels ihrer Knden mit der Uterus-
schleiuihaut fest verwachsen sind, während die ireien Aus-
läufer in die intervillösen Bluträume der Placenta uterina,
den Placentarrauni, hineinhiUifien.
b) Die Placenta uterina setzt .sich wie die Decidua vera aus einer
kompakten, bei der ( »elnirtsich ablösenden Schicht (Pars caduca)
und aus einer spongiösen Schicht zusammen, in welcher die
Ablösung erfolgt, und von der ein Teil auf der Muskulatur
zurückbleibt (Pars lixa).
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Die EiklkllAD der Sftngetiere und des Mentehen.
17S
Die komjmkte Schicht (Rasalplattf» Winklehs) sendet Scheide-
wände (Septa placentae) zwischen die Chorionzotteu hinein und
teilt Bie daduTch in einzelne Bttndel, die Kotyledonen« ab.
Zwischen Arterien und Venen, die in der Basalplatte nnd
den Septen ihren We^ nehmon, sind aufserordentlicli weite Blut-
peftlsräuine eingeschaltet, in welche die Zotten frei hinein-
zuliHugeu scheinen. (Intervillüse Räume, i iacentarrauni.)
7) Bei der Geburt lOsen sich die Deciduae oder hinfälligen
Eih&nte innerhalb der spongiösen Schicht von der Gehärinutter ab
und bilden nebet den kindlichen Eifaallen und dem Mutterkuchen die
Nachgeburt.
8) Eine uüraiale Schleimhaut entwickelt sich in den ersten Wochen
nach der Geburt aus den auf der Muskulatur surQckgebliebenen
Resten der spongiösen Schicht und ;iu> len TI< teu der L'terindrtisen,
aus deren Epithel sich wahrscheinlich das Schleimhautepithel wieder
regeneriert.
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Zweiter Hauptteil.
DasStuditim der Organentwicklung bildet das Thema
für den zweiten Teil tles Lehrbuchs. Eine Einteilung des
hier vorzutragentlen, umfangreichen >fatpnals wird am l)estpn vor-
äenommeu im Hinblick auf die einzelnen Keimblatter, von denen sich
ie Terschiedenen Organe ableiten lassen; doch mnfls hierbei von
vornherein darauf aufmerksam gemacht werden, dafs dies Ein-
teilungsprinzip nur mit einer gewissen Finerhrftnkung durch-
führbar ist. Denn die fertigen Organe des Erwachsenen sind gewöhnlich
zusammengesetzte Bildungen , oie sieh aus zwei oder sogar aus drei
embryonalen Schichten aufbauen. So entwickelt sich z. B. der Muskel
aus Zellen des mittleren Keimblattes und des Mesenchyms. der Darm-
kanal mit seinen Drüsen enthält Elemente aus drei Schichten, aus
dem inneren und dem mittleren Keimblatt sowie aus dem Meseneh^^m-
Wenn man trotzdem diese Organe als Abkömmlinge eines Keim-
blattes auffuhrt, so geschieht es aus dem Grunde, weil die verschiedenen
Gewebe für den Aufbau und die Funktion eines Organs von ungleicher
Bedeutung sind. Die Struktur und die Funktion der Leber oder des
Pankreas wird in erster Linie von den DrQsenzellen bestimmt, welche
vom inneren Keimblatt abstammen . während Bindegewebe, Blutge-
fäise, JServen, seröser Überzug zwar auch zum Ganzen der genannten
Drüse hinzugehören, aber ihr nieht ihre charakteristischen Eigen-
schaften verkdhen und insofern von geringerer Bedeutung sind. In
der Anatomie und Physiolo;^ie des Muskels ist das Muskelgewebe, bei
den Sinnesorganen das Sinnesepithel das funktionell Wichtige. Von
derartigen Gesichtspunkten geleitet, hat man ein gutes Recht, die
Drüsen des Danns als Organe des inneren Keimblattes, die Muskeln,
Geschlechts- und Harnorgane als dem mittleren Keimblatt anp:ehörig,
und das Nervensystem mit den Sinnesorganen als Produkte des
ftufseren Keimblatts zu bezeichnen.
Somit gliedei-t sidi die Lehre von der Entwicklungsgeschichte der
Organe des tierischen Körpers in vier Hauptabschnitte:
1) in die Lehre von den Bilduugsprodukten des inneren Keim-
blattes,
2) des mittleren Keimblattes,
:^>) des ilufseren Keimblattes,
i) des Zwischenblattes oder Mesenchyms.
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Neuntes Kapitel.
Die Orgaue des inneren Keimblattes.
Das Darmrohr mit seinen Anlums^sorfanen*
Nach Abscblufö der Keimblattbildong und der im siebenten Kapitel
dargestellten ersten GliederuDgsprozesse besteht der Körper der
WirbeltifMT rtiis zwei einfachen, ineinandergesteckten Rölnon, niis
dem inuereu, kleineren Darmrohr und aus dem durch die Leibeshöhle
von ihm getrennten Rumpfrohr, von deneu ein jedes aus mehreren
der primitiven Zellschichten des Keimes gebildet wird.
Das Darmro hr, dessen weitere Fiitwicklung uns /uTuichst be-
schäftigen wird, setzt sich aus zwei KpithelblJlttern zusaiuiueu, aus
dem Darmdrttsenblatt und dem die epitheliale Auskleidung der Leibes-
bohle lieferoden, viseeralen Mitteli)latt, beide voneinander geschieden
durch das um dirse Zeit noch wenijj; entwickelte Mesenchyni. Von
den drei Schichten ist uhue FnVfiv das Darindrttscnblatt das wichtigste,
da von ihm in erster Linie alle jetzt weiter zu besprecheadeo
Sondemngsprozesse ausgeben, welche sich am besten in drei Gruppen
einteilen la'^^son. Erstens tritt das Darmrohr mit der Körperober-
tiilche durcii eine pröfseie Anzahl von ( )tTnungen. durch Schlundspalten,
durch Mund und After, in Vetbiuiluüg. Zweitens wächst es aulser-
erdentlieh in die Lange nnd sondert sich hierbei in Speiseröhre,
Mafien, Dünn- und Dickdarm mit ihren eip;enthmlich unii^eilndcrten
Aufhängebändern (Mesenterien nnd Net/.eii), Drittens nehmen aus
und in den Wandungen des Darnirohrs zahlreiche, meist zu dem Ver-
dauungugescbaft in Besiehung stehende Organe ihren Ursprung.
I. Die Rildnng der t»tt'nnneren des Darmkauais.
1. Die EntwiekluHjU^ von After nnd Schwanz. Am Anfanp: der
Entwicklung besteht als einzige Otiuung des Darms an der Ui>ertlacbe
des Keimes der U r m u n d (Primitivrinne), welcher den Ort beseichnet,
an welchem sich auf dem Stadium der Keimblase das innere und das
mittlere Keimblatt eingesttklpt haben (Kap. V. Fig. 51. 57. tn. 77, 1U>).
Bei den Wirbeltieren ist er der Hauptsache nach nur
eiue Ter^ii ngl iche Bildung. Denn wie sehou frttber gezeigt
wurde (S. 71), beginnen am Unnund gleich nach seiner ersten Ent<
stehung seine R.Inder von vorn nach hinten zu verwachsen, und es
mulste auf diese Weise bald ein vollständiger Schwund eintreten,
wenn er sich nicht nach rOckwärts durch Wachstum in demselben
Maise vergröfserte, als er nach vorn durch den Verschlnfs verliert.
So erklärt es sich, daf^ man auf den verschiedensten Embryonalstadien,
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176
^'euntes Kapitel.
hei Embryonen von 2, 10. 20, 25 Ursegmenten etc. immer am jeweilig
hinteren Ende ein Stück Urmund (Primitivrinne) vorfindet, an welchem
der Verschlufs noch nicht erfolgt ist (Fig. 120 — 128). Aus dem
lirmundrest gehen schlielslich auf einem gewissen Stadium zwei ver-
schiedene Bildungen hervor, der oft erwähnte Canalis neurentericus,
welcher selbst nur vergänglicher Art ist, und der After, der einzige
Teil vom Erwachsenen, welcher vom weit ausgedehnten Urmuudgebiet
des Embryo seine Herkunft ableitet.
Am besten läfst sich die Entstehung des Afters bei den Am-
phibien verfolgen, wobei wir von dem Stadium ausgehen, wo der
offene Teil des Urmunds am Froschei einen kleinen Hing bildet, aus
■ welchem der Dotterpfropf als helle Masse nach aufsen hervorschaut
(Fig. 160). Wie sich an ein und demselben Ei bei kontinuierlicher
Beobachtung leicht verfolgen läfst, geht nach kurzer Zeit die ring-
förmige in eine spaltförmige Öffnung ( Primitivrinne ) über, indem
linker und rechter tJrmundrand einander entgegenwachsen. In der
Mitte der Rinne verdicken sich die beiden Urmundränder, verwachsen
miteinander und zerlegen die Rinne dadurch in eine vordere und in
Kig. 169. Fig. 170. Fig. 171. Fig. 172. Fig. 173.
Fig. 169— 17vl. Oberflächenbilder von Rana temp. Nach Zikolkh.
eine hintere kleine Öffnung (Fig. 170 u. 171), Die vordere wird zum
Canalis neurentericut^, die hintere dagegen zum After, Die sie tren-
nende, durch Verwachsung gebildete Brücke liefert die Anlage des
Schwanzes, an dessen Wurzel der After zu liegen kommt; sie kann
daher als Schwanzknospe bezeichnet werden. Da das in der
Schwanzknospe enthaltene Zellenmaterial seiner Entstehung nach
ursprünglich auf zwei durch den Urmund getrennte Hälften verteilt
gewesen ist, erklären sich hieraus interessante Milsbildungen von.
Lachs- und Froschembryonen, bei denen zuweilen eine Verdoppelung
des Schwanzes mit einer ausgedehnten Urmundspalte (siehe S. 8o;
verbunden ist.
Indem im weiteren Verlauf der Entwicklung sich die Medullar-
wülste weiter nach hinten ausdehnen , kommt die vordere der
zwei Offnungen bald in ihr Bereich zu liegen und wird, wenn die
Wülste zum Nervenrohr verwachsen, in dieses selbst mit eingeschlossen.
(Fig. 172 u. 173). Es tritt jetzt der von Kowalevsky und Götte
zuerst beschriebene Zustfind ein. wo Nervenrohr und Darnikanal zu-
sammen ein U-förmig beschaffenes Rohr bilden, an dessen Umbiegungs-
stclle der Canalis neurentericus gelegen ist (Fig. 70). Somit
ist jetzt an der Oberfläche des Embryo als letzter auf den Urmund
zurückzuführender Rest nur noch der After alsein kleines Grübchen
zu sehen (Fig. 17:i).
Die Schwanzknospe wächst bald nach ihrer ersten Anlage rasch
in die Länge und beginnt von oben her die Aftergrube zuzudecken.
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Di« Organe des iiweren KeimUattM.
177
Ihr Längen Wachstum geschieht in derselben Weise, wie der gauze
Körper in die Lange gewachsen ist. Da am UrmuDdrand ftuCaerea,
mittleres und inneres Keimblatt zusammentreffen und die median
pr'lt'i^enen Organe. Nervenrohr, Chorda und Ursejimente przeupen,
wtirdeu aucii der ächwanzknospe die Anlagen von allen diesen Or-
ganen zuerteilt. Von der WaebstumBZone aus, die auf die Sehwanz-
spitze gerückt ist, setzt sich, wie bei der Verlängerung des Rumpfes,
Ursegment an Ursegment an. Femer dringt auch vom inneron Keim-
blatt ein kleiner Strang in den bchwanz hinein, der, wie die Abbildung
von Bombinator zeigt (Fig. 70), Iftngere Zeit eine kleine Höhle ein-
schliefst. Er wird in der Literatur meist als Schwanzdarm
oder postanaler Darm bezeichnet. SpiUor schwindet dor Zellon-
strang, nachdem er seine Höhlung verloren hat, und löst sich in
anderes Gewebe auf.
In der weiteren Entwicklung des Afters sind mehrere Stadien
zu unttTsclieiden. Zunächst zeigt die AfterÖlTnnrig die Beschaffenheit
des XJrmuuds, aus dem sie sich ja herleitet in ihrer Umgebung
stehen daher (Fig. 174 A) eine Zeitlang alle drei Keimblätter in
Zusammenhang untereinander. An der Afterlippe schlägt sich das
ftufsere Keimblatt in das parietale >fittelbhitt um, und einwärts davon
geht wieder an der Darmlippe das viscerale .Mittelblatt in das Danu-
drfisenblatt über. Es besteht also auf diesem Stadium, genau ge-
nommen, noch keine direkte Verbindung desäufseren mit dem inneren
Keimblatt, sondern nur durch Veiniitthinf! des Mittelblattes.
Dieser Zustand ändert sich auf dem nächsten Stadium dadurch,
dafs sich in der Aftergegend das mittlere Keimblatt ans dem oben
beschriebenen Zu-
sanimenhanjr löst,
einmal an der After-
lippe von dem ftufse-
ren Keimblatt, an
der Darmlippe vom
Darmdrtiseublatt
(Fig. 174 If). Die
Lei1>essäcke haben
sich dadurch all^iMti-j
abgeschnürt und ge-
schlossen. Infolge-
dessen geben erst
jetzt äufseres und
inneres Keimblatt an
der Afteröfluuug di-
rekt ineinander ttber.
Hierbei scheinen bei den Amphibien zwei Moditikatinnen vorzukommen,
je naclideni der zum After werdende Urmundrest eine durcli^'atigige
Öffnung besais oder durch Verlötung seiner Ränder geschlossen war. Im
ersten Talle ist auch die Afleröffhung (Fig. 174 B) jeder Zeit durch-
gängig und stellt ein Kpithelrohr dar, wt-lches von au Isen dir» kt und
unmittelbar, indem es das Mittelblatt durchbohrt, in den Kuddann
führt. Im zweiten Falle (lig. 174 C u. D) stofseu zwar in der
Aftergegend äufseres und inneres Keimblatt infolge der Ablösung des
Mittelblattes unmittelbar zusammen, bilden a])ernoch einen epithelialen
Verschlufs, die Aftermembran, eine meist dttnne Epithellamelle,
U. Uertwig, Die EUinente der Kntwicklung'slebr«. i. Aufl. 12
A C
Fig. 174 JJ. Vier Schemata, um die tJm-
WMuUang du leisten Teils des Urnmsde In den
After SU vewuisöhsullchen.
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178
Keuntes Kapitel.
die aus je einer einfachen La<:t von Ektodermiellen und von Ento-
dermzellen besteht und sich zwischen Aftergrube und Höhle des End-
daims ndph trennend dazwischen schielit. Hier wird der After erst
dadurch durchgäugig, dais in der Mitte der epithelialen Verschlui'ä-
memhran die ^llen auseinanderweichen.
IM den ttbrigen Wirl>eltieren geht die Eotwicklung von After
-und Schwanz in wesentlidi (h^rselhen Weise wie bei den Anipliilnen
vor sich, und scheint hierbei überall ein Schwanzdarm i)der, besser
gesagt, ein kaudaler Entodermstrang angelegt zu werden. Frtiher
oder später bildet er sich bei allen "Wirbeltieren zurlick; er verliert
seine Hühlunjj; in den Fallen . wo er überhaupt eine solche besafs,
geht in einen soliden Kpilhelstrang über, lost sich darauf vom After-
darni und vom Nervenrohr ab und schwindet dann vollständig. Damit
bat auch der Canalis neurentericus ala letzter Rest des Urmunds zu be-
stehen aufgehört.
Über die Afterbildung bei den Säugetieren mögen hier
noch einige genauere Angaben Platz tinden. Schon bei Embryoneu
al afin am pr
Fig. 17o. Medianschnitt durch das hintere Ende eines 16 Tage alten
Bohafembryo mit t ünf Paar Ursegmenten. Nach Bommbt.
al AUaotois, o/'in Aftermembran, am Amnion, ah Amnionhöble, ak iuTseres
Keimblatt und mk* mittleres Keimblatt, weiches an der Amnionbildnng beteilifrt
ist, np ri»t'rganp der Norvcnplatte in den rrimitivstn-ifcn, pr Priinifivriiin'' in ilor
Gegend des Caimiis neurentericus, lA* Darmdriisenblatt, mk^ Darmlaserlilatt,
d Darmrolir.
mit wenigen l'rsegnienten ist die erste Anlage des Afters nachzu-
weisen. Während am vorderen Kude des Primitivstreifens sich der
Canalis neurentericus findet, bildet sich an seinem hinteren Ende die
Afterniembran aus, indem an einer kleinen Stelle das mittlere Keim-
bliitt schwindet und Darnidrüsenblatt und Ejtidermis sich dicht ;ui-
einanderlegen, diu h so, dals sie immer durch einen scharfen Kontur
gegeneinander abgegrenzt bleiben (Fig. 175 afm). Die Afteranlage
findet sich niitliin ursprünglich ganz dorsalwärts am hinteren Ende
des F.nibryo. Der zwischen ihr und dem Panalis neurentericus gelegene
Teil des l'rimitivstreitens bildet sich wie bei den Amphibien zur
Schwanzlcnospe um. Er tritt auf einem etwas späteren Stadium, als
in Fig. 175 dargestellt ist, nach auiVen als ein kleiner Höcker hervor,
welcher sirli allmählich zum Säugetier-Schwanz verlängert (Fig. 17»».<?rA).
Der im Hocker gelegene Canalis neurentericus wird von den Medullär»
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Die Organe des inneren Keimblnttee.
179
wfllsteo umwachsen uud bei ihrem vollsUludigeii Verscliluls in das
Nervenrohr mit aufgenommeo. Hierbei kommt es auch bei den Siluge-
tieren zur Entwicklung eines kleinen, sich spitter rüekhildenden
Kntodormstranges. Je mehr die Schwanzknospc nach aufsen h«'ivor-
tritt (l'ig. 176 scIi) uud sich über die Aftormenihrau {a(m) vuu obeu
herOberlegt, um so mehr rflektdie ursprünglich ganz dorsal entstandene
Aftergrube an die ventrale Seite des embryonalen Körpers; in
Fig. 17<» ist sie zwisclien der Schwanzknos|)e (st//) und der Anlage der
AUautuis (ul) aulzutiudeu. Die Zerreiisung der Aftermeml)ran erfolgt
relativ spat, bei Wiederkftuem z. B. erst bei Embryonen, die ftlter
alz 24 Tage sind.
Ki^. ITit. Fi;^. 177.
Fig. 176. Mediansohnitt durch das Sohwansende eines 18 Tage alten
BolMfeinbryo mit S8 ürse armen tpaaren. Nach Bommkt.
»ch Schwanzknnspc mlor Kndwulst, nm Amnion, w/.' Haiitfascrbliitt tlcsscll»en,
ofm Afterroenibran veutralwurts und aacli vorn vom Kndwulst gelagert, al Allaotois.
Fig. 177. Medlannolmftt dureli den Kopf etaM 6 mm langvii fl[Milii<dMfi-
embryo. Nach Mihalcotic».
rh Rachenhaut, hp Stelle, von der aus sich die Ilyiiopliyst' entwickelt, h Herz,
Jl'/ K<>|ilti;irniliulili'. <7( Chorda, r Vciitrikol des (Trof>hii i:-, r 'drittiT \ riitrikfl des
Zwiscbtinhirns, v* vierter Ventrikel des Hinter- und >tachiiira&, ck teatralkanal
des Rttckenmarks.
2. Die Entwicklung des Mundes. Bei allen Wirbeltieren l)ihlet
das iiufsere Keimblatt au der unteren Seile der Kopfaulage, die an-
fftnglich wie ein abgerundeter Höcker aussieht , eine kleine flache
Grulie (Fit:. 177). die mit dem blinden Fnde der Kopfdarnihölile
zusaninientritit. Im Hereich der lirube stol'sen äulseies und inneres
Keimblatt zu einer dünnen Membran zusammen, welche seit Kkmak
alz Rachenhaut (Fig. 177 rk) besehrieben wird. Durch ihr Einreirseu
und unter Rückbildung der Fetzen, die unter dem Namen der ]>ri-
mitiven (Gaumensegel Itekannt sind, wird die Kommunikation
zwischen Mundbucht uud Kuptdarmhühle hergestellt.
Bei allen amnioten Wirbeltieren zeigt der Eingang zur Mund-
bucht (Fig. 178 mft) eine sehr Ähnliche Form und erscheint als ein
weites fünfeckiges Loch, das von fünf Wülsten umgeben wird,
deren Kenntnis für die Bildungsgeschichte des Gesichts von grofser
Wichtigkeit ist. Von ihnen ist einer un|iaar, der Stirnfortsatz,
ein breiter Höcker, der die Mundbucht von oben her begrenzt. Seine
Entstehung hängt mit der Entwicklung des Centraluervensystems
12*
180
Neuntes Kapitel.
zusammen, das bis an das vorderste Ende der Embrvonalanlage reicht
und sich hiersei bst zu den Hirnblasen ausgebildet hat (Fig. 177 r).
Auf einem Längsdurchschnitt untersucht, schliefst daher der Stim-
fortsatz auf diesem Stadium eine weite, zum Nervenrohr gehörige
Höhle ein und stellt eine Blase
dar, die aus drei Schichten, aus
der Epidermis, einer Mesenchym-
lage und aus der verdickten,
epithelialen Wand des Nerven-
rohrs zusammengesetzt wird.
Priniftre Mundhöhle und Gehirn-
anlage (Fig. 177) grenzen am
Anfang der Entwicklung dicht
aneinander, durch eine dünne
Gewebsschicht getrennt, in deren
Bereich sich später unter
anderem auch die Schädel-
basis anlegt.
Die vier tibrigcn Wülste
(Fig. 178) sind paarige Bildungen,
welche die Mundhucht von der
Seite und von unten her um-
geben. Sie werden hervorgerufen
durch Wucherungen des em-
bryonalen Bindegewebes, in wel-
chem stärkere Blutgefälse ihren
Weg nehmen. Nach ihrer Lage
werden sie als Oberkiefer-
(ok) und als Unterkiefer-
Fortsätze (mA) unterschieden.
Die ersteren setzen sich jeder-
seits unmittelbar an den Stirn-
fortsatz (s/) an; sie sind von ihm
getrennt durch eine Rinne, durch
die in einem späteren Kapitel zu
besprechende Augennasenfurche,
welche in schräger Richtung nach
olven und aufsen zu der Gegend
des Gesichts zieht, in welcher
sich das Auge anlegt. Ober-
kiefer- und Unterkiefer-Fortsätze
grenzen sich voneinander durch
einen Einschnitt ab. welcher dem Ort der späteren Mundwinkel ent-
spricht. Beide Fortsätze jeder Seite bilden zusammen den häutigen
Kieferbogen.
3. Die Entwicklung der Schlundspalten. Während sich in der
Umgebung der Mundbucht die beschriebenen Veränderungen vollziehen,
treten unmittelbar hinter dem Kieferbogen mehrere Sehl und -
spa 1 ten auf jeder Seite des Rumpfes auf. Sie entwickeln sich bei den
Selarhieni, Teleostiern, Ganoiden und Amphibien, sowie bei allen Am-
nioten in einer /iendich übereinstinnneuden Weise (Fig. 17S, 171»). Vom
Epithel der Kopfdarmhohle aus bilden sich tiefe Aussackungen {sch
Kifj. 17s. Menschlicher Embryo der
dritten Woche. Nach einem Modell
von Hi8. Die voi-dere Bauchwand und
der iJottersack sind entfernt.
M Scheitelhi»ikcr. «/' Stirnfortsatz, tnb
Mundbucht, ok Oherkieferfortsatz, uk
l'ntcrkieferfortsatz, zl> /ungenbeinbogen,
Äc/i' erste Schiundfurche, us Ursegmente,
ta Truncus arti-riosus, h Herz, / Leber,
«l Dar»! am I betKanf; in den Ductus
vitello-intestinalis aliKe>chnitten,//« Bauch-
stiel mit Yasa umbilicalia i-h.
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Di» Organe des inneran Keimblattes.
181
die dem Kieleibugeu parallel an der seitliclieu ächluudwaiid von
oben Dach unten verlaufen. Sie drängen die mittleren Keimblätter,
die bis in diese Gegend reichen, zur Seite und wachsen so bis au die
OberHftche hervor, wo sie mit der Epidermis in Verbindung treten.
Diese senkt sich nun gleichfalls, der BerUhruugsstelle entsprechend,
zu einer Furche ein (Fig. 178, 179X so daflB man innere, tiefere
Schlundtaschen und äufBere, mehr oberflächliche
Schlund- oder Kiemenfurchen unterscheiden kann,
beide werden eine Zeitlang durch eine sehr dünne Verschlufs-
membran voneinander getrennt, die aus zwei EpithelblätterDy ans
der Epidermis und dem Epithel der Kopfdarmnöhle, zusammen-
gesetzt ist.
Die b>ubstanzstreifeu . welche zwischen den einzelueu Schlund-
taschen liegen (Fig. 178, 179 u. 159), sind die häutigen Kiemen-,
Schlund- oder Visceral bogen.
Sie besteht-n aus einer Arlise. die
dem mittlere u Keimblatt und dem
MeReneh3rm entstammt, und einem
cpitlielialen Überzug, der nach der
Kachenböhle zu vom inneren Keim-
blatt, nach auisen vom äui'sereu
Keimblatt geliefert wird. Ihrer
Reihenfolge nach werden sie, da der
dl»' Miindliöble uiiischliefsende Wulst
den ersten Schluudbogen bildet, als
zweiter, dritter, vierter Schlundhogen
etc. unterschieden.
Bei allen wasserbewolinendcn,
durch Kiemen atmenden Wirbel-
tieren reifst bald nach der Anlage
der Furchen die dOnne. epitheliale
Verschlufsplatte zwisclien den
Schlundbogen und zwar in der Reihen-
folge ein, wie diese entstanden sind.
Der Wasserstrom kann daher jetzt
von aufsen durch die durcligängig
gewordenen Spalten in di«' Kopidaruj-
hohle eiudriugeu und, iudem er an
den Sehleimhautflächen vorbeiströmt,
zur Atmung verwandt werden. Es
entwickelt sich jetzt zu beiden Seiten
der Schluudspulleu in der Schleim-
haut ein oberflächliches, dich- «e™'«'-
t es. kajdllares GefsHsnetz, dessen In-
halt mit dem vorbeistromenden Wasser in (lasaustaiix li tritt,
dem faltet sich die
torischen Oberfläche
gestellte Kiemenblattchen, die aofe reichste mit Blutgefäfimetzen ver-
sorgt sind. Hiermit liat sich der vorderste, unmittelbar hinter dem
Kopf gelegene Abschnitt des Darmkauais in ein für das Wasserleben
berechnetes Atmungsorgan umgewandelt
Bei den höheren, amnioten Wirbeltieren werden ftufsere und
innere Schlundfurchen nebst den sie trennenden Schlundbogen, wie
Fig. 179. i^ntalkonstruktion
de« Mmidimelkeiaamiu» einet
mensohliohen Embryo (Iii. Iiis)
von 4,6 mm Naokenlänge. Aus lit«,
Mentehl. Embryonen. Vergr. 80fRcli.
Das Bild zeigt vier änfspre und
vier innere Si lilinulturt lien mit den
an ihrem ( i runde gelegenen Verschlufs-
platten. in den durch die Furchen
getrennten Schinndbogen sieht man
(iie Qnorsclitiitte des zweiten bis
fünften S« liliindbogengefafees. in-
folge der Starkeren Entwicklung der
vorderen Schlundbogen sind die hin«
teren schon etwas nach einwirts
Aufser-
ISchleimhaut zur Vergrölseruug ihrer respira-
in zahlreiche, dicht und parallel sueinander
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182
Neuntes Kapitel.
schon hervorgehoben wurde, zwar ebenfalls angelegt, doch entwickeln
sie sich bei ihnen niemals zu einem wirklich funktionierenden
Atmungsapparat; sie gehören daher in die Kategorie der rudimen-
tären Organe; auf der Schleimhaut entstehen keine Ki«MuenbIättchen
mehr, ja es scheint nicht einmal stets und überall zur Bildung durch-
gängiger Spalten zu kommen, indem sich zwischen den einzelnen
Schlundbogen die dünne, epitheliale Verschlulsplatte in der Tiefe der
äulserlich sichtbaren Furchen erhält. In diesen Verhältnissen, sowie
auch in den gleich zu erwähnenden Verschiedenheiten in der Zahl
der Schlundbogen sprechen sich die einzelnen Stadien eines Rück-
bildungsprozesses aus, welchem der ganze Visceralapparat in der Reihe
der Wirbeltiere unterworfen ist.
Die Anzahl der zur Anlage kommenden Schlund-
spalten ist in den einzelnen Klassen der Wirbeltiere eine wechselnde.
Die höchste Zahl treffen wir bei
den Selachiern, bei denen sie
sich auf sechs, bei wenigen Arten
sogar auf sieben und acht be-
läuft. Bei Knochenfischen, Ani-
])hibien und Reptilien sinkt die
Zahl auf fünf. Bei den Vögeln,
den Säugetieren und beim Men-
schen (Fig. 178, 17'» u. 15*0 wer-
den nur vier angelegt. W' i r
können daher im allge-
meinen sagen, dafs von
den niederen zu den höhe-
re n W i r b e 1 1 i e r e n eine Re-
duktion der zur Anlage
gelangenden Schlundspal-
ton stattgefunden hat.
Bei menschlichen Embryonen
sind die Schlundfurchen am deut-
lichsten zu sehen, wenn sie eine
Länge von 3 — 4 mm erreicht
haben (His). (Fig. 17s. 17l>.)
Äulsere und innere Furchen sind
hier tief eingegraben und von-
einander nur durch eine dünne,
epitheliale Vei-schlufsplatte ge-
trennt ; sie nehmen von vorn
nach hinten au Länge ab. Von
den sie trennenden Schlundbogen
ist der erste der stärkste . der
letzte der schwächste ; sie bilden,
im Frontalschnitt gesehen, zwei nach aliwärts konvergierende Reihen,
so dafs der Miindrachenraum sich in das Darmrohr trichterförmig
verjüngt.
\' o II der vierten n t w i c k 1 u n g s w o c h e ab beginne n
die S c Ii 1 u n d bogen dadurch, dafs die beiden ersten
stärker wachsen als die folgenden, sich gegeneinander
zu verschieben (Fig. ISO). „Ähnlich den Zügen eines Fernrohrs
rücken sie," wie His bemerkt, „in der Weise übereinander, dals, von
Fig. 180. Frontalkonstruktion dos
Mundrachenraums eines mensch-
lichen Embryo ^lif^, Um) von 11,6 mm
Nackenlänge. Aus His, Menschliche
Kuiltryoncn. Vergr. 12 fach.
Der Oberkiefer ist perspektivisch, der
Unterkiefer im Durchschnitt zu sehen.
Die letzten Schhiiulbouen sind äufserlich
nicht mehr zu sehen, da sie in die Tiefe
der Ilaisbiicht gerückt sind.
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Die Organe des inneren Keimblattes.
183
aulsen peseheu, der vierte Bogen zuerst vom dritten und dieser
weiterhin vom zweiten umgriffen und zugedeckt wird, wogegen an der
inneren, dem Rachen zugewendeten Flüche der vierte Bogen sich
tlher den dritten, der dritte über den zweiten lagert." Demgemfifs
wird die relative Länge des Mundrachenraums hei den illleren
Kinhryonen geringer als hei den jüngeren. Infolge dieses ungleichen
Wachstums, welches sich tlhrigens in ganz lllinlicher Weise auch hei
Vogel- und J^augetier-Emhryonen abspielt, bildet sich eine tiefe (Irube
an der Ühortlilche und am hinteren Bande der Kopf-Halsgegc>nd. die
Halsbucht [Sinus cervicalis (Kabl), Sinus praecervicalis
(His). (Fig. ISO u. m hb.)
In der Tiefe und an der vorderen Wand der Halshucht lagern
der dritte und der vierte Schlundbogen, die nun von aulsen her nicht
mehr zu sehen sind.
Den Eingang zu ihr
begrenzt von vorn
her der zweite
Schlund- oder Zun-
genbeiubogen {zh).
Derselbe entwickelt
allmählich nach hin-
ten einen kleinen
Fortsatz, welcher sich
über die Halsbucht
von aufsen herüber-
legt und von Rathke
und Babl mit Recht
dem Kiemendeckel
der Fische und Am-
phibien verglichen
worden ist. Der
K i e m e n (1 e c k e 1 -
fortsatz ver-
schmilzt schliefs-
I ich mit der seit-
liehen Leibes-
warid. Dadurch
wird die H a 1 s -
bucht, welche
dem unter de m
K i e m e n d e c k e 1 der Fische und A m j) h i b i e n g e 1 g e n e n
und die Kiemenbogen bergenden Raum entspricht, zum
hb
zb
0€
au
ok
»9
Fig. 181. Menschlicher Embryo aus der Mitte
der ffinften Woche von 9 mm Nackensteifslänge.
Nafh Kabl.
» SrheitellHu'ker, an Auge, ok OluMkiefer. uk Unter-
kiefer, zh ZiuiKenbeinhogen, hh Hahltiuht (Sinus corvi-
calis). »I// Nast-n^rubp, ne obere, ur untere Kxtreuiitut,
mp Muskel platrtM) (Kumpfst'gnicnte).
Verschlufs
und Fig. H»<>
gebracht,
mit Fig. isi
Man vergleiche Fig. 171» mit Fig. iso
Die Entwicklung der Schlundspalten und der Ilulsbucht hat auch
ein praktisches Interesse. Es kommen beim Menschen zuweilen in der
Halsgegend Fisteln vor. die von aufsen verschirdcn weit nach innen dringen
und sogar in die Hachenhöhle einmünden können. Sie sind von embryo-
nalen Verhältnissen in der Weise abzuleiten, dals die Halshucht teilweise
offen geblieben ist. Von hier kann heim Erwachsenen ein Weg noch in
die Rachenhohle führen , wenn sich abnormerweise die zweite Schlund-
spalte nicht geschlossen bat.
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184
KeuDtea Kapitel.
IL Itonderang den Dariiirohr«i in cinxelne AbHchnitle und BUdniig
der UekrÖse (Mesenterien).
Anfänglich grenzt das Darmrohr in Ineiter Ausdehnunp (Fig. VM)
i\u die dorsale Kunipfwand, mit der Chorda ich) und den ürsegmenteu
(mä) durch einen breiten Streifen embryonalen Bindegewebes ver-
bunden, in welchem die Anlagen der beiden primitiven Aorten (ao)
einpcsrlilosson sind. l.inl<t' und icchte Leiboslirdile sind daher nach
obrn iKtcli durch einen weiten Abstand voneinander getrennt. Dieser
verringert sich, je älter der Embryo winl. unter Entwicklung eines
Gekröses oder Mesenteriums, einer Bildung, welche sich in
der ganzen Länge des Darmrohrs mit Ausnahme des vordersten Ab-
schnitts in folgender Weise anlegt: Das Darmrohr entfernt sich weiter
vou der Chorda ; hierbei wird der oben erwähnte, breite Streileu von
Bindegewebe von links und rechts sehmftler, dagegen dorso-ventral-
wärts verlängert: die in ihm eingeschlossenen biiden Aorten rüeken
näher zusammen und verschmelzen schliefslich zu einem in der
Mediaoebcne zwischen Chorda und Darm gelegenen, unpaaren Stamm.
Bei weiterem Verlauf des Prozesses bleiben schliefslich Darmrohr und
Chorda nur durch ein feines Band in Zusammenhang, das vom vorderen
zum hint"r»^fi Ende des Embryo reieht.
Die Sonderling des Darnirohrs in einzelne, hiuter-
einandergelegeue, u n g 1 e ic Ii w er t ige Abschnitte beginnt
mit der Entwicklung des Magens. In einiger Entfernung hinter dem
mit den Schlundspp.tten versehenen, respiratorisclien Alv-^i Iniitt legt
sich der Magen als eine kleine, spindelförmige l«]rweiterunji an, deren
Längsachse mit der Längsachse des Korpers zusammeufiiUt (Fig. Iö2
und 183 Mff), Solche Befunde erh< man bei menschlichen Embryonen
der vierttMi Wuelie. Das ganze embryonale Eingeweiderohr läfst jetzt
fünf hintereinander gelegene Abschnitte unterscheiden, die Mundliölile.
die Schluudhöhle mit den Kienienspalten , die sich trichterföraag in
die Speiseröhre verengt. Auf diese folgt der spindelig erweiterte
Magen, auf diesen das übrige Darmrohr, das noch mit dem Dotter-
sack in mehr oder minder weitem Zusammenhang steht (D'^) Mit
Ausnahme der drei vordersten Abschnitte tiudet sich in der ganzen
Lftnge des Darms ein Gekröse (Mesenterium); sein zum Magen
gehender Teil wird noch besonders als Mesogastriuin unterschieden.
Ein solcher Znstand erhält sieh bei manchen Fischen und Amphibien
dauernd. Aucii beim erwachsenen Tier durchsetzt der Darm die
Leibeshöhle in schwach gekrttmmtem Verlauf. Der Magen erscheint
an ihm als eine s|)indelförmige Erweiterung.
Eine Änderung wird hei allen höheren Wirbeltieren herbeigeführt
durch ein mehr oder minder liet liichtliches Längenwachstum des
Darms, hinter welchem die (irölseuzunahme des Rumpfes weit zurück-
bleibt. Die Folge davon ist. dafs der Darm, um Platz in der Leibes-
hühle 711 linden, sich in Windunuen le^en mufs. Hierbei bhiben
ein/eine Strecken der Wirbelsäule ienäliert. während andere sich von
ilir ent lernen. Erstere sind mit einem kurzen Mesenterium befestigt
und daher minder beweglich, letztere haben ihr Aufhangeband toi
der Laf^everänderuni^ /u einer zuweilen ganz ansehnlichen, dünnen
Lamelle au>ge/ogen und iu demselben Mafse eine gröfsere Beweg-
lichkeit gewonnen.
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1
Die Organe des inneren Keimblattes.
185
Da die zum Teil recht komplizierten Entwicklungsprozesse durch
vortrefflic he Arbeiten auch für menschliche Embryonen zur Genüge
anfpjeklärt Wüiilen sind, können diese der Beschreibung zur Grund-
lage dienen. In der fünften und sechsten Woche ist bei ihnen die
hintere, der Wirbelsäule zugekehrte Fläche des Magens (l'^ig. gc)
stark ausge1)uchtet, die vordere Wand {hc) dagegen, welche bei Er-
öffnung der liiiiuhhöhle durch die sclion ansehnliche Lrh<M* bedeckt
wird, ist etwa» eingedrückt. Eine Linie, welche Mageneiu^aug und
-Ausgang (Cardia und Fylorus) an der hinteren Fläche verbindet, ist
daher viel länger als die entsprechende Verbindungslinie an der
BT RATiiKKsdH' Tasche, Uk Unterkiefer, Sri Schilddrüse, Ch ( htmLi ilnrsalis,
Kk Kchikopfeingang. hunge, My Maaen.i' Pankreas, Lbg Lebergang, Ds Dotter-
gang (DarmBtiei), AU Allantoisgang, W WotrrBcher Gang mit bervortretendem
Nierengang (Ureter). Ii Bursn pelvis.
Fig. 18;{. Eingeweiderohr eines menacliliclien Embryo (Iii, Uia) von
4,86 mm Naokenlänge. Aus Iiis, Menschliche Kmhr.v<in< n. Yergr. 80fach.
Lg LuDge, ilg Magen, P Pankrea», Lbg Lebetgäaget 'JJs Uutteigang(Darm8ti6l>
vorderen Fläche. Letztere wird zur kleinen Gurvatur (Ac), die erstere,
an welcher sich zugleich das Magengekrflse ansetzt, ist die spätere
grofse Gurvatur (ge).
Der auf den Magen folj^ende Abschnitt hat sich infolge stärkeren
Längenwachstums in einzelne Windungen gelegt. Von dem Pylorus
wendet sich das Darmrohr (du) erst eine kleine Strecke nach rflck-
wiuts bis nahe an die Wirhrlsäule heran, biegt hier scharf um und
bt-sch reiht eint» grofse Schleife, deren Koiivoxität nach vorn und ab-
wärts nach dem Nabel zu gerichtet ist. Die Schleife besteht aus
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18G
MeuDtes Kapitel.
zwei ziemlich parallel und nahe beisammen verlaufenden Schenkeln
(f/' und d '), zwischen welchen sich das mit in die Lilnge ausgezogene
Mesenterium (m.s) ausspannt. Der eine Schenkel (</') liegt vorn und
steigt nach abwärts, der andere (d^) liegt hinter ihm und wendet
sich nach aufwärts, um nahe der Wirbelsitule noch einmal umzu-
biegen und. durch ein kurzes Mesenterium l>efestigt, in geradem Ver-
lauf (/•) nach abwärts zum After zu ziehen. Die Übergangsstelle des
ab- und aufsteigenden Schenkels oder der Scheitel der Schleife ist in
den mit einer Aushöhlung versehenen Anfangsteil der Nabelschnur
eingebettet . wo er durch den in Rtlckbildung begriffenen Dotter-
gang (f/^) mit dem Nabelbläschen zusammenhängt. In einiger Ent-
fernung vom Ursprung des Dotterganges bemerkt man am auf-
steigenden Schenkel eine kleine Er-
weiterung
entwickelt
darm und
Stelle an,
Dickdarm
ge
no
Ultf
m
d
P
ms
mci
ac
und Ausbuchtung {(P). Sie
sich weiterhin zum Blind-
deutet somit die wichtige
an welcher sich Dünn- und
gegeneinander abgrenzen.
Infolge der ersten Faltungen lassen
sich jetzt schon vier, sj)äter noch
deutlicher gesonderte Darmteile unter-
scheiden. Das kurze, vom Magen zur
Wirl)elsäule laufende, zu dieser Zeit
noch mit einem kleinen Mesenterium
versehene Stück wird zum Zwölftinf:er-
darni (du), der vordere, absteigende
Schenkel (d^) nebst dem Scheitel der
Schleife liefert den Dünndarm, der
hintere aufsteigende Schenkel ent-
wickelt sich zum Dickdarm (d^) und
das zum letztennial wieder umbiegende
Endstück zum S-Romanum und Mast-
darm (r).
Bei Embryonen des dritten und
der folgenden Monate linden wichtige
Lageveränderungen am Magen und
an der Darmschleife in Zusammen-
hang mit einem weiter vor sich gehen-
den Längenwachstum statt.
Di'r iSlagen erfährt eine zweifache
Drehung um zwei verschiedene Achsen
und nimmt dadurch frühzeitig eine
Form und Lage an. welche an-
nähernd dem bleibenden Zustand entspricht (Fig. iH'i u. 18«»). Ein-
mal geht seine Längsachse, welche den Magenmund (Cardia) mit dem
Pförtner (Pylorus) verliindet und anfangs der Wirbelsäule parallel
gerichtet ist , infolge einer Drehung um die Sagittalachse in eine
schräge und schliefslich in eine fast quere Stellung über. Dadurch
rückt jetzt der Magenniund auf die linke Krtrperhälfte und nach al>-
wärts, der Pförtner alwr mehr auf die rechte Körperhälfte und weiter
nach oben. Zweitens erfährt der Magen gleichzeitig noch eine
Drehung um seine Längsachse, durch welche die ursjjrttnglich linke
zur vorderen und die rechte zur hinteren Seite wird. Infolge-
du
ff
Kig. 184. Schematische Dar-
stellung des Darmknnals eines
sechswöchentlichen Embryo
des Menschen. Nach Tolut.
sp Speiserohre, kc kleine (Kur-
vatur, (fc fffofse Curvatur, du Duo-
denum . f/' Teil der Srhleife, der
/um Dünndarm wird, (P Teil der
Schleife, der zum Dickdarm wird
und mit dem Coccum bef^innt, '/*
Altpangs.stolle des Dotterüangs. mg
Mesogastrium , ms Mesenterium,
M» Milz. ;) Pankreas, r Mastdarm,
ao Aorta, rl Coeliaca, mei .Mes-
euterica inferior, ac Aorta eaudalis.
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Die Organe des inneren Keimblattes.
187
dessen kommt die grofee Cumtur nach abwärts, die kleine nach oben
zu liegen. Von den Lageveränderungen wird auch das Endstück der
Speiseröhre initbetroffen. welches ebenfalls eine spirale Dreluinf; er-
leidet, so diils die ursprUuglich linke zur vorderen Seite wird. Des-
gleichen erklärt sieh hieraus die asymmetrische Lage der beiden
Nervi vagi, von w( Irhen der linke an der vorderen, der rechte an der
hinteren Seite der .Speiseröhre durch das Zwerchfell durchtritt und
der erstere sich an der VorderHüche des Mageus, der letztere au der
entgegengesetzten Wand ausbreitet.
£inen tiefgreifenden Eintiul's übt die Drehung des Magens natür-
lich auch auf sein Gekröse, das Mesogastriuni, aus und gibt den An-
stois zur Entwicklung des grolseu l«ietzbeutels (des Omentum
maius). Solange der Magen noch senkrecht steht, bildet sein Gekröse
Fig. 185. Fig. 186.
Fig. 185 u. Itfe. Sohemata der Bntwioklaxic dM menaohliolieai Dann-
kanalfl und teines OekrftoeB. Fig. 18S firfiheres, Fig. 186 späteres Stadiam.
;in firor>fr Nftzlintci der sich au!^ dem Me>o!ia>triiim (Fi^. 184 niti) ent-
vickelu Der l'fuil betleutet 'l< n KingaDg in den Nctzhciitel (Hursa nnieutalis),
^grofse Curvatnrdes Magen8, ii'i Gnllonirang (Ductus choledochui»). il» nnoilt nuiu,
me» Mesenteriam, mc Mesocoloo, dd Dünndarm, di Dickdarm, md Mastdarm, dg
Dotter^aog, bld Blinddarm, u-f Wurmfortsatz, k Kreuzuogsstelle der Darmschleife.
Der Dickdann mit aeinem Mesocolon kreuzt das Duodenam.
eine senkrechte Lamelle, welche sich von der "Wirbelsäule direkt zu
der jt'tzt noch nach hinten gerichteten grolseu Curvatur ausspannt
(Fig. l^O' Infolge der Drehung aber ist es stark ausgedehnt und
vergröl'sei i I i sein Ansatz am Magen allen Verlagerungen (h sselben
folgen mui>. Vom Trsjirung an der Wirbdsilule wendet es sich daher
jetzt nach liuks uud nach unten, um sich au der grolseu Curvatur
anzusetzen; es nimmt eine Form und Lage an, von welcher sieh der
Leser leicht eine richtige Vorstellung bilden wird, wt nn er das
Schema is.') mit dem Querschnittshild Fig. l^^T kombiniert. Auf diese
Weise kommt ein von der übrigen Leibeshohle abgesonderter Raum,
der grofse Netzbeutel (Bursa omentalis, Fig. 187 **) zustande,
der seine Öffiiung nach der rechten Körix-rsclte zugekehrt hat und
dessen vordere Wand vom Magen, ibssin liintere und untere Wand
vom Mageugekröse {gn^^ gn^) gebildet wird. In den schematischeu
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188
Neuntes Kapitel.
Fig. 185 u. 18«) wird der Eingang in den Netzheutel durch die Rich-
tung des Pfeiles angedeutet.
. Kine nicht minder eingreifende Drehung wie der
Magen hat die Darnischleife mit ihrem Mesenterium um
ihre Anheftungsstelle an der Lendenwirbelsäule durchzumachen. Der
absteigende und der aufsteigende Schenkel kommen zuerst neben-
einander zu liegen. Dann schlägt sich der letztere, welcher zum
Dickdarm wird (Fig. 1S5), über den erstereu in schräger Hichtuug
herüber und kreuzt den Aufangsteil des I) ünnd arms (Ar)
in querer Richtung. Beide Teile, namentlich aber der Dünndarm,
fahren am Ende des zweiten Monats fort, stark in die Länge zu
wachsen und sich in Windungen zu legen. Hierbei gerät der Anfangs-
teil des Dickdarms oder das Coecum, das im dritten Monat bereits
einen sichelförmig gebogenen Wurmfortsatz erkennen läfst (Fig. IH-'i
bl(1\ ganz auf die rechte Seite des Körpers nach oben unter die
Leber; von hier läuft sein Anfaugsstück in querer Richtung über das
Duodenum unter dem Magen zur Milzgegend herüber, biegt dann
un ao nn m
Fig. 187. Sohematischer Quer-
schnitt durch den Rumpf eines
menschlichen Embryo in der Qegond
des Magens mit seinem Meso-
gastrium, um die Bildung des Neta-
beutels am Anfang des dritten Mo-
nats zu zeigen. Nach Tuldt.
nn Nebenniere, ao Aorta, / Leber,
m Milz, p Pankreas, //m' Ursprung des
grofeen N'etzes (Mesogastrium) an der
Wirbelsäule, ffti'^ der au die grofse Magen-
curvatur (//c) sich ansetzende Teil des
grofsen Netzes, kn ifleines Netz, gc grofse
Curvatur des Magens, • Vorraum und
Höhle des grorsen Netzbeutcis.
scharf um (Flexura coli Renalis) und steigt nach der linken Becken-
gegend herab, um in das S-Romanum und Rectum überzugehen.
Somit sind schon im dritten Monat am Dickdarm das Coecum, das
Colon transversum und C. descendens unterscheidbar. Ein Colon
ascendens fehlt noch. Dasselbe bildet sich erst in den folgenden
Monaten (Fig. 180) dadurch aus, dal's der anfangs unter der Leber
befindliche Blinddarm allmählich eine tiefere Lage einnimmt, sich im
siebenten M<mat unteriialb der rechten Niere findet und vom achten
Monat an über den Darmbein kamui herabsteigt.
In dieser Zeit hat der Blinddarm (Coecum) an Länge zuge-
nommen und stellt gegen Ende der Schwangerschaft einen ziemlich
beträchtlichen Anliang an der Übergangsstelle des Dünn- und Dick-
darms dar. Frühzeitig zeigt er eine ungleichmäfsige Entwicklung
(Fig. I8ti hld). Das oft mehr als die Hälfte der Länge umfassende
Endstück bh-ibt im Wachstum hinter dem sich stärker ausweitenden
Anfangsstück zurück; ersteres wird als Wurmfortsatz («/ ).
letzteres als Coecum unterschieden. Beim Neugeborenen ist der
Wurmfortsatz vom Coecum nocli weniger scharf abgesetzt als einige
Jahre später, wo er sich zu einem nur gänsekielstarken, (i — 8 cm
langen Anhang umgestaltet hat.
Innerhalb des von den Dickdarmwindungen umgrenzten Bezirks
breitet sich der Dünndarm aus, der vom absteigenden Sckenkel der
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Die OrsaM dM inaeran KeimbUttes.
189
Schleife abstammt, und legt sich miaige seines beträchtlichen Längen-
wachstums in immer zahlreichere Sehlingen (Fig. 186).
T'^rsi)rünglich sind alle Darniabsrhnittp vom Magen an durch ein
gemeinsames Gekröse {Mesenterium commune) mit der Lenden-
wirbelsäule frei beweglich verbunden (Fig. 185 u. 18Ü). Das Gekröse
ist natorlieherweise durch das Lftngenwachstum der Darmschleife
auch heeinfluIVt worden, indem seine Ansat/linie am Darm die Ur-
•^ymingslinie an der Wirbelsäule (Radix meseuterii) um ein Vielfaches
au Länge übertrifft und sich dabei nach Art einer Ilemdkrause in
Falten legt. Eine derartige Anordnung der Gekrftse findet sich als
bleil)ende Bildung bei vielen Snugetiereii, wie bei Hund, Katze etc.
Beim Menschen aber wird vom vierten Monat an die Anordnung des
(j^ekröses eine viel kuuiidi/Jertere, dadurch dals Verklebungs-
und Ver waehsun gsprozesse einzelner Abschnitte der
(i ek r öslamelle mit angrenzenden Partien des Bauch-
fells, sei es von der hinteren Bauchwand, sei es von benachbarten
Organen, stattäudcu. Sie betreffen das Auf hängeband des Duodeuum
und des Dickdarms, welches in der ersten Hälfte der Embryonal*
entwieklung stets vorhanden ist.
Des Duod»Mium legt sich, die bekannte hufeisenförmige Krtlm-
muug beschreii>eu(i, mit seinem Gekröse, in welches der Anfang der
Baucbspeicheldrflse eingeschlossen ist, breit an die hintere Rumpf-
wand an^und versehmilzt mit ihrem Bauchfell in ganzer Ausdehnung;
aus einem beweglirhen ist es zu einem unbeweglichen Darmteil ge-
wurden (Fig. 18« du).
Der Dickdarm (Fig. ISO, 188 u. 189 besitzt noch im dritten
Monat ein sehr langes . von der Wirbelsäule ausgehendes Auf h&nge-
band welches nichts anderes als ein Teil des gemeinsamen Darm-
gekrot^es ist, aber als Mesocolon {fnsc) besonders unterschieden
wird. Infolge der oben beschriebenen Drehung der primitiven Darm-
schleife ist nun nicht allein das Colon transvereum, sondern auch das
zu ihm gehörige, ansehnliche Mesocolon (juer Qher das Knde des
Duodeuum herü hergezogen worden; es versehmilzt hier eine btrecke
weit mit letzterem und der hinteren Rumpfwand, gewinnt dadurch
eine neue, von links nach rechts verlaufende, sekundäre Ansatzlinie
(Fig. 189 m.sc) und erseheint so als ein vom gemeinsamen Darm-
gekröse abgelöster Teil. Das Colon transversum {et) mit seinem
Mesocolon {ntsc) trennt jetzt die Leibeshöhle in einen oberen Teil,
welcher Magen, Leber, Duodenum und Pankreas einschliefst, und in
einen unteren.. <]]■• Dünndärme begrenzenden Abschnitt. So erklärt
sich aus der Entwicklungsgeschichte der auffällige Befund, dals sich
das Duodenum, um aus dem oberen in den unteren Ilaumzugelangen
und sich in das Jejunum fortzusetzen, unter dem quer ausgespannten
Mesocolon hindurchtritt (Fig. 18<) u. 188 du).
Auch am Auf hangehand vom Coecum und vom auf- und ah-
steigenden Schenkel des Dickdarms tritt eine Verwachsung mit dem
Bauchfell der Rumpf wand bald in mehr, bald in minder ausgedehnter
Weise ein. Es sitzen daher die genannten Darmteile beim Kr-
wachsenen bald mit ihrer hinteren Wand breit der Kumpfwand an,
bald sind sie durch eiji mehr oder minder kurzes Mesenterium be-
festigt.
Ks Meiht jetzt noch übrig, auf die wichtigen Veränderungen des
gr Olsen Netzbeutels einzugehen, mit dessen Entwicklung während
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190
Neuntes Kapitel.
der ersten Kmhiyooalnionate wir auf S. 1H7 bekannt geworden sind.
Der Notzl)eut<'l zeichnet sich einmal durch ein sehr beträchtliches
"Wachstum und zw«Mtens dadurch aus, dafs er an verschiedeneu
Stellen mit Nachl)arorganen verschmilzt. Anfangs reicht er nur bis
zur grofsen Magencurvatur (Fig. 180 u. 187), an welche er sich an-
setzt; aber schon vom dritten Slonat an vergröfsert er sich und legt
sich über die unterhalb des Magens betindlichen Eingeweide herüber,
zuerst über das Colon transversuui (Fig. 188 /7«', (fu^). dann über die
gesamten Dünndärme (Fig, l8i» Der Beutel bi>steht , soweit
er sich nach abwilrts ausgedehnt hat , aus zwei dicht übereinander
befindlichen, durch einen sehr geringen Zwischenraum getrennten
Lamellen , die an seinem unteren Rand ineinander umbiegen. Von
diesen ist die oberflächliche, der vorderen Bauchwand zugekehrte
Fig. 188. Fig. 189.
Fig. 188 u. 1H9. Zwei Schemata zur Entwicklung des gn^ofsen ITetz-
beutels Fig. IHH früheres, Fi<j. 189 f.i)ateres Stadium.
sf Zwerchfell, / Leber, p Pankreas, mg Magen, {fc grofse Curvatur desselben,
du Duodenum, lid Dünndarm, et Colon transversum, * Netzbeutel, kn kleines Netz,
gn^ hintere, an der Wirbelsäule entsj)ringendc Lamelle des grofsen Nitzes, gn*
vordere, an der grofsen Magen«iirvatur i^fj befestigte Lamelle des grofsen Netz-
beutels, f/n" der über den Dünndarm gewueherte Teil des Netzes, gu* der das
Pankreas einschlief^ende Teil des Netzes, mes Mesenterium des Dünndarms, mnc
Mesocolon des Colon transver>utn.
Lamelle an der Magencurvatur ((/c) liefestigt, die hintere, den Dilrmen
aufliegende Lamelle findet an der Wirbelsilule ihren ursprünglichen
Ansatz und schliefst hier den Hauptteil des Pankreas ein (Fig. 188 j)
u. Fig. 187). In diesem Zustand erhillt sich der grofse Netzl>eutel
bei manchen Säugetieren (Hund). Beim Menschen l)eginnt er schon
vom vierten Embryonalnionat an Verwachsungen einzugehen (Fig. is«»).
Die hintere Netzlamelle legt sich in grofser Ausdehnung auf der
linken Körperseite der hinteren Bauchwand an und verschmilzt mit
ihr (////'). s(» dafs ihre .\nheftungslinie an der Wirbelsäule seitlich
auf den Ursprung des Zwerchfells rückt (Lig. phrenico-lienale). Nach
abwärts gleitet sie über die obere Fläche des Mesocolon (tustc) und
über das Colon transversum (et) herüber und geht mit l)eiden Ver-
lötungen ein, mit dem ersteren schon im vierten Embi^onalmonat.
Zur Zeit der (Jeburt sind die beiden Platten des über ' die Därme
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Die Organe des inneren Keimblattes.
191
herübergewucherten Abschnittes des grolseii NeUUeutels, wie bei vielen
Saugetieren, durch einen engen Spaltraum getrennt (Fig. 189 jm*);
im ersten und zweiten Lebensjahr verschmelzen sie gewöhnlich zu
einer einfachen Platte, in welcher sich Fetttrj&ubchen ablagern,
LLL Eutwickluug der einzelnen On:HiH des Eingeweiderohr«.
r>:i< finfat lit' LilnfjenwarhstiniK :iuf wt-lclirs (iic clion hespiix-lieuen
^^cliliugeiihilduugen zurückzuluhren sind, ist nur ein und zwar keines-
wegs das hauptsächlichste Mittel , durch welches die OherHUche des
Darms vergröfsert wird. Einen viel betrftcbtUcheren Zuwachs erfährt
seine OberHslche dadurch, dafs die ursprünglich glatte Kjiithclschicht
Ausstfllpnnpen und Einstülpungeu bildet, nach dem liohliaum des
Darms zu zahlreiche Falten, kleine Papillen und Zotten, iu der ent-
gegengesetzten Richtung aber versehiedene Arten von kleineren oder
gröfsercn Drüsen.
Die zahlreichen Organe , die durch den Faltuniisnurbanismus
gebildet werden, bespreche ich nach den Abschuitteu, lu welche das
Eingeweiderohr eingeteilt wird, und beginne mit den Organen der
Mundhöhle.
A. Die Organe der Mundhohle: Z&hne, Zunge, Tonsille
und Speieheldrflsen.
I) Die Zahne sind iu morphologischer liiusicht jedenfalls die
interessantesten Bildungen der Mundhöhle. Ihre Entwicklung, welche
sich beim Menschen und bei den Säugetieren in einer keineswegs
einfachen Weise vollzieht, wird verstäiKÜir!] r , wenn wir von den
niederen Wirbeltieren ausgehen. Dean bei liineu kommea die Zfthne,
welche sich bei den Sftugetieren nur auf den Kieferrftudem finden,
noch an manchen anderen Stellen der Körperoberfläche vor; sie !h»-
dock'-n l)oi vielen Arten nicht allein das Dach und den Boden der
Mundhöhle und die luoeuHäche der Kiemenbogen in grofser Anzahl
als Gaumen-, Zungen- und SchlundiAhue, sondern verbreiten sich auch
ntti'h , dicht aneinandergereiht, über die ganze Haut und verwaudeln
sie dadurch, wie bei den Selachiern, in einen krftftigen und zugleich
biegsamen l'auzer.
Die ZAhne sind, wie ihre Entwicklung bei niederen
Wirbel t ieren in Oberzeugender Weise lehrt, ursprüng-
lich n i (• h t > a ii d e res als verknöcherte Papillen der TT ;ni r
und der .Schleimhaut, auf deren Oberfläche sie gelnldet wcrtkn.
So entstehen z. B. bei jungen Selachier- Embryonen zuerst auf der
Bonst glatten Oberfläche der Lederhaut, die vom emi)ryonalen Mesenchyin
abstammt, kleine, zellenreiche Papillen und (li iii;,'en in dif tili k<' Kpi-
<lermis hinein (Fig. ÜK) welche hierauf eiieuiails eine auf die
Zahnbildung hinzielende \ eränderung erfährt; denn ihre die Papille
nBmittelbar überziehenden Zellen waclisen zu sehr langen ("yliiulem
aus und stellen ein Ortian dar, weit heni die Aliseheidun;: des Schmelzes
obliegt, die sogenannte S c h ni e 1 z ni e m h r a n i l if^. I*.»<> .s-m). Durch
weiteres Wachstum nimujt hierauf die ganze Anlage eine Form an,
weiche dem späteren Hartgebilde entspricht (Fig. P»l).
Nun beginnt der VerkniK herunpsprnzelV. Von den am ober-
flächlichsten gelegenen Zelleu der Papille, der Odon toblasten-
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192
Neuntes Kapitel.
Schicht (o) (Membrana eboris), wird eine dünne Lage von Zahn-
bein (zb), das wie eine Kappe der Papille aufsitzt, ausgeschieden,
(ileichzeitig beginnt auch die Schmelzmembran (.wj) ihre abscheidende
Tätigkeit und über-
'P zieht die Aulsenfläche
der Zahul)einkappe
(zb) mit einer festen,
dünnen Schicht von
Schmelz (.f). Auf
die zuerst entstande-
nen Schichten wenlen
weiterhin immer neue
aufgelagert, auf die
Zahnbeinkapi>e von
innen her durch die
Tätigkeit der Odonto-
blasten neues Zahn-
bein, auf den Schmelz-
flberzug von aulseu
her durch die Schmelz-
membran neuer
Schmelz. So entwickelt
sich ein immer fester
und stärker werdender
Zahnkörper, der sich
mehr und mehr über
die Oberfläche der Haut erhebt und mit seiner Spitze schliefslich den
Epidermisüberzug durchbricht. Der Zahn gewinnt zuletzt noch eine
bessere Befestigung in der Lederhaut dadurch , dal's sich Kalksjilze
an der Fläche . wo das Zahnbein nach unten aufhört , in den olx^r-
flächlicheu Bindegewebsschichten (Hi-) ablagern und eine Art von
Bindegewebsknochen, das Zahnzement, hervorrufen.
Fig. 190. Jüngste Anlage eines Hautzahn
(einer Placoidschuppe) eines Selaohier-Embryo.
:p /ahnpapille, sm Schnielznietnbran.
Im
Fig. 191. Liängsdurchschnitt durch eine ältere Anlage eines Haut-
sahns eines Selaohier-Embryo.
e Kpiilermis, unterste ."^l•hit•ht kubischer Kpidcrmiszellen, ifch Schleim-
zcUen, /A' aus Hin»legcwel>slainellen /usainnicniiii'setztcr Teil der Lederhaut,
Ih* oberfliii lilit ho Srhiclit der Lederhaut. z}i Zalin|tapille. o Odontoblasten, th Zahn-
bein, s Schmelz, um Schiuelzmenibran, tiin Husalraenibran.
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Die Organe des inneren Keimblattes.
193
Somit baut sich der fertige Zahn aus drei verkalkten Geweben
auf, die aus drei besonderen Anlagen hervorgehen. Das Zahnbein
nimmt aus der Odontoblastenschicht der Zahnpai>il]e (Mesenchyni),
der Schmelz nimmt aus der epithelialen Schmelzmembran (Äufseres
Keimblatt) und das Cement nimmt aus dem Bindegewebe der Um-
gebung durch direkte Verknöcherung seinen Ursprung. Aufserdeni
enthalt der fertige Zahn in seinem Innern eine Höhle, die von einem
blutgefäfsreichen Bindegewebe (Pulpa), dem Rest der Papille, aus-
gefüllt wird. Die Schmelzmembran geht, wenn sie ihre Aufgabe er-
füllt hat, zugrunde, indem bei der Abscheidung ihre Cylinderzellen
immer niedriger und schlielslich zu platten Schüppchen werden, die
später abgestol'sen werden.
Von dem eben beschriebenen, einfachen Bildungsmodus weichen
l)ei den Selachiern die Zähne, welche, an den Kieferrändern gelegen,
zur Nahrungszerkleinerung dienen, in einem wichtigen Punkte ab;
sie uehuieD anstatt auf der freien Fläche der Schleimhaut mehr in der
um zp Ä
Fig. 192. Quer-
schnitt durch
den Unterkiefer
eines Selachier-
Embryo mit
Zahnanlaeen.
k Unt»Tkiefer-
knorpel, zl /abn-
Iciste, zp Zahn-
papille, zb Zahn-
bein, * Srhnielz,
sm Schmelzmem-
bran, b binde-
gewei>ißerTeiI der
Schleimbaut.
Tiefe ihren Ursprung (Kig. 192). Die zahnbildende Strecke des Epi-
thels der Mundschleimhaut hat sich als eine Leiste an der Innenfläche
der Kieferbogen in das unterliegende Bindegewebe weit hineingesenkt
u/ und stellt jetzt ein besonderes, von seiner Umgehung unterscheid-
bares Organ, die Zahnleiste, vor. Der wichtige Unterschied wird
dadurch bedingt, dafs bei der Entwicklung der Kieferzähne lebhaftere
VViicheruugsprozesse stattfinden . einmal weil die Kieferzähne viel
gröl'ser als die Hautzähne sind . dann weil sie rascher abgenutzt
werden und daher auch durch Ersatzzähne rascher ergänzt werden
müssen. Wie wir nun beim Studium der tierischen Eormbildung
schon oft zu beobachten Gelegenheit hatten, treten Teile von Epithel-
menibranen, wenn sie lebhafter wuchern, aus ihrer Umgebung lieraus
und falten sich entweder nach aufsen oder nach innen ein.
An derZahnleiste selbst ist derBildungsprozefsder
Zahne de r se 1 be w i e a u f d er f re i en Hautoberfläche. An
ihrer dem Kieferknorpel {k) zugewandten, äufseren Seite entwickeln
sich zahlreiche, neben- und hintereinandergelegenc Papillen (-r/>), die
wie die Hautpapillen in die Epidermis, so in das eingestülpte Epithel
hineinwachsen. Dadurdi entstehen in der Tiefe der Schleimhaut
mehrere Zahnreihen; vcm ihnen eilen die vordersten in der Entwicklung
den tiefer gelegenen voraus und brechen zuerst aus der Schleimhaut
O. Hertwig, Die Eloinonte »ler Entwickluinfslohro. i Aufl. 13
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194
Neuntes Kapitel.
hervor, um in Funktion zu treten; nach erfolgter Ahnutzung werden
sie ahgestolsen und durch die hinter ilinen gelegenen , etwas später
entwickelten und daher jüngeren Ersatzzähne verdrängt. Ein Zahn-
wechsel findet hei den Selachiern. sowie Uberhaupt bei den niederen
Wirbeltieren während ihrer ganzen Lebensdauer statt; er ist ein
unbeschränkter, indem in der Tiefe der Zahnleiste sich immer
wieder neue Papillen anlegen (polyphyodont). Im Gegensatz hierzu
ist der Zahnwechsel bei den höheren Wirbeltieren ein beschränkter
und findet bei den meisten Säugetieren überhaupt nur einmal
statt. Es werden an der Leiste hintereinander zwei An-
lagen gebildet (diphyodont). eine für die Milchzähne und
eine für die bleibenden Zähne.
Beim Menschen beginnt dieZahnentwicklung schon im
zweiten Monat des Embryonallebens. Vom Epithel der Mund-
höhle senkt sich am Ober- und Unterkieferbogen, wie auch bei anderen
Säugetierembryonen (Fig. UKt), eine Leiste (zl) (der Schraelz-
keim älterer Autoren) in das zelleureiche , embryonale Bindegewebe
hinein. Der Ort, von dem aus sie in die Tiefe geht (Fig. 193 u. 194).
Fig. 19Ü n. 194. Zwei Stadien in der Bntwioklung der Zähne der
Saugetiere. Schematisihe DurehHchnittc.
zf Zahnfurclit?, zl Zahnlciste, unterster Teil der Zahnleibte, an welchem
sich die Anlagen der Krsutzzaihne bilden, zp Zahnpapille, sm Scbmelzmembraa,
sp Scbnielzpulpa, fie äufseres Kpithel des Scbnielzorgans , zs Zahnsikckcben,
k knöcherne Zabnalveole.
wird äufserlich durch eine Rinne, welche dem Kieferbogen parallel
verläuft, durch die Zahnfurche (zf), gekennzeichnet.
Anfangs ist die Zahnleiste Uberall gleichmäfsig dünn und mit
glatter Oberfläche gegen ihre Umgebung abgesetzt. Von einzelnen
Zahnanlagen ist auf Durchschnitten noch nichts zu sehen. Dann l>e-
ginnen an der nach aufsen gewandten Seite der Leiste an einzelnen
Stellen die Epithelzellen zu wuchern und in regeluiäfsigen Abständen
voneinander so viele Verdickungen zu erzeugen, als Zähne entstehen
sollen (Fig. 193 u. 195). Beim Menschen, dem 20 Milchzähne zu-
kommen, beträgt ihre Anzahl je 10 im Ober- und Unterkiefer. Die
Verdickungen nehmen nun die Form einer Kappe an (Fig. 194 u. 19<))
und lösen sich (beim Menschen von der 14. Woche an) nach und nach von
«1(^1 AulsenHäche der Epithelleiste {zl) ab, mit Ausnahme eines Stranges,
wclclu r mit ihr in einiger Entfernung von ihrer Kante in Zusammen-
hang bleibt. Da die Epitliel Wucherungen mit der Abscheidung des
Sclinirlzes in Beziehung stehen, haben sie den Namen der Schmelz-
organe erhalten. Während der Veränderungen am Epithel ist auch
das benachbarte Bindegewebe nicht untätig gebliel)en (Fig. U>3 u.
Fig. 193.
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Die Organe des inneren Keimblattes.
195
194). An der Basis jedes Schnielzorgans geraten die Bindegewebszellen
in lebhafte Wucherung und erzeugen eine dem späteren Zahn ent-
sprechend geformte Papille (zp). Diese wächst, wie die Papillen der
Hautzähne in die Epidermis, in das Schmelzorgan hinein, welches
eben dadurch die Form einer Kappe erhält. Darauf ditferenzieren
sich in beiden Anlagen, soweit sie aneinander grenzen, die besonderen
Schichten, von welchen die Bildung des Zahnbeins und des Schmelzes
ausgeht: auf der Oberfläche der Papille (Fig. 194 zp) nehmen die
Zellen Spindelform an und legen sich zu einer Art Epithelschicht,
der Schicht der Zahnbildungszellen (Membrana eboris oder Elfenbein-
haut), zusammen. Von selten des kappenartigen Schmelzorgans
¥if(. 195. Ab-
bildung eine«
Waohsmodells
▼om Epithelüber-
sug und der Zahn-
leiste des Ober-
kierers eines 4 cm
langen mensch-
lichen Embryo.
Ansicht von der dem
Bindogewt'be zuge-
kehrten Fläche Jes
Kpitbels. DasBinde-
§ewfbe ist nicht mit
ar(;estellt. Vergr.
12' «fach. Nach
KOsi:.
Z.L. Zahnleiste, L.F.L. Lippenfurchenleiste, L. Lippe, JI.I. u. //. Milch-
incisiven, Cl. Milchcanin, Mm.I. u. //. Milchmolaren.
wandelt sich die unterste Lage der Zellen, welche an die Papille
unmittelbar angrenzt, zu sehr langen Cylindern um und wird zur
Schmelzmembran (.fw) (Membrana adamantina). Letztere wird an
der Basis der Papille allmählich niedriger und geht hierauf in eine
Lage mehr kubischer Elemente (ar) tlber, welche die Oberfläche der
Kappe gegen das Bindegewebe der Umgebung abgrenzt. Zwischen
beiden Zellenlagen (dem äufseren und dem inneren Epithel Köllikers)
machen die übrigen Epithelzelleu eine eigentümliche Metamor]ihose
durch und liefern eine Art Gallertgewebe, die Schmelzpulpa (nj));
sie scheiden nämlich eine schleim- und eiweifsreiche Flüssigkeit
zwischen sich aus und werden selbst zu sternförmigen Zellen , die
durch Ausläufer zu einem feinen Netz untereinander verbunden sind.
Die Schmelzpulpa ist im fünften bis sechsten Monat am reichlichsten
entwickelt und nimmt dann bis zur Geburt in demselben Mafse wieder
ab, als sich die Zähne vergröfsern.
Das die ganze Anlage umhüllende Bindegewebe enthält reichliche
Blutgefälse. von denen auch Sprosse in die l'apilh» hineindringen : es
grenzt sich von der l'mgebung etwas ab und wird als Zahn-
säckchen unterschieden (Fig. \\)A zu).
Die weichen Zahnanlagen vergröfsern sich bis zum fünften Monat
der F^mbryonalentwicklung und nelnnen hierbei die besondere Form der
Zähne an, die aus ihnen hervorgehen sollen, der Schneide-, der Eck-,
13*
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196
Neuntes Kapitel.
J.L.}
der Backzähne. Dann erst beginnt die Verknöcherung in derselben
Weise wie bei den Hautzähnen (Fig. 197). Es wird von den Odonto-
blasten (o) oder Elfenbeinzellen ein Zahnbeinkäppchen (rfe) aus-
geschieden, welches gleichzeitig von seilen der Schnielzmenibran {sn\)
einen dünnen Überzug von Schmelz (.«) erhält; hierauf lagern sich
auf die ersten Schichten immer neue ab, bis die Zahnkrone fertig ist.
T^nter dem Druck der letzteren atrophiert die Schmelzpulpa die
beim Neugeborenen nur noch einen dünnen Überzug bildet. Die
Painlle (r?/) wandelt sich in ein gallertiges, Blutgefäfse ig) und Nerven
enthaltendes Bindegewebe um und füllt als sogenannte Pulpa die
Fig. 196. Ab-
bildang eine«
Modells der
durch Epithel-
wucherung ent-
standenen Teile
der Zahnanla-
gen aus der lln-
kenUnterkiefer-
halfte eines
18 cm langen
menschlichen
Embryo. Nach
KösK. Vergr.
12 '/«fach.
M.I. Anlage des
ersten bleibenden
Molaren, .\ndere
Bezeichnungen
vie in Fig. 195.
Zahnhöhle aus. Je gröfser die ganze .\nlage wird, um so mehr hebt
sie das die Kieferränder überziehende Zahntieisch in die Höhe und
verdünnt es allmählich. Schliefslich bricht der junge Zahn beim Neu-
geborenen durch und streift dabei den atrophisch gewordenen Rest
des Schmelzorgans von seiner Oberfläche ab.
.letzt ist auch die Zeit gekommen, in welcher die dritte feste Zahn-
substauz, das die Wurzel einhüllende Cement, entsteht. Soweit näm-
lich das Elfenbein keinen Überzug von Schmelz empfangen hat, be-
ginnt (las angrenzende Bindegewebe des Zahnsäckchens (^.s), nachdem
der Durclibruch der Zähne erfolgt ist, zu verknöchern und ein echtes,
an SnAKrKYschen Fasern reiches Knochengewebe zu liefern , welches
zur festeren Verbindung der Zahnwurzel mit ihrer bindegewebigen
Umgebung beiträgt.
Der D u r c h b r u c h der Zähne erfolgt gewöhnlich in der zweiten
Hälfte des ersten Lel)eusjahres mit einer gewissen Regelmäfsigkeit.
Die Organe des inneren Keimblattes.
197
Zuerst brechen die inneren Schneidezähne des Unterkiefers im sechsten
bis achten Monat durch; hierauf UAfieu nach eini{?eu Wochen die-
jenigen des Oberkiefers nach. Die äurseren Schneideziihne erscheinen
im siebenten bis neunten Monat, und zwar im Unterkiefer auch
wieder etwas früher als im Oberkiefer. Meist zu Anfang des zweiten
Lel)en8jahres kommen die vorderen Backzähne liervor, zuerst die des
Unterkiefers; hierauf werden die Lücken in den beiden Zahnreihen
ausgefüllt, indem in der Mitte des zweiten Jahres die Eck- oder Hunds-
zähne das Zahntleisch durchbrechen. Zuletzt erfolgt im 2(». — 24. Monat
der Durchbruch der hin-
teren Backzähne, der sich
aber auch bis ins dritte
Lebensjahr verzögern
kann.
Aufserordentlich früh-
zeitig, von der 17. Woche
an. nehmen die Anla-
gen der Ersatzzähne
neben denen der
Milchzähne gleich-
falls von der Epithelleiste
ihren Ursprung. Letz-
tere nämlich ist von der
Stelle an, wo sich die
Schmelzorgane derMilch-
zAhne von ihr abgelöst
haben und nur durch
einen Epithelstrang, den
Hals, in Verbindung ge-
blieben sind, noch weiter
in die Tiefe gewachsen
(Fig. 103 u.l94z/'). Hier
treten alsbald nahe der
Kante der Leiste (Fig.
108 .wi*. z/j") abermals
kolbenförmige Epithel-
wueherungen und Zahn-
papillen auf. die nach
ionen von den Säckchen
der Milchzähne gelegen
sind. Aufserdem entwickeln sich die Schmelzorgane der hinteren
Backzähne (der Molarzähne), welche keinem Wechsel unterworfen
sind, sondern überhau])! nur einmal angelegt werden, am rechton und
linken Ende der beiden Epithelleisten, die sich seitlich immer weiter
ausdehnen. In der 17. W^oche legt sich der erste Molarzahn, im
sechsten Monat nach der Geburt der zweite an. Der Weisheitszahn
endlich entsteht durch Einstülpung einer Papille in das verdickte
Leistenende durchschnittlieh erst im fünften Lebensjahre (R«»se).
Die Epithelh'iste . an welcher somit alle Milch- und bleibenden
Zähne nacheinander ihren Ursprung genommen haben, wird von der
17, Woche an durch Wucherungen des Bindegewebes, zunächst im
Bereich der Schneidezähne, hie und da durchbrochen und allmählich
in eine siebartig durchlöcherte Platte umgewandelt (Rö.se).
Fi);. 197. Durchschnitt durch die Zahn-
anlage eines jungen Hundes.
k Knöcherne Zabnulveole, .7> /ahn|)ai)ille,
!l blut^eiu^^, o Odontoblastfnscliicht (KMrnuein-
iiieinbran). zh Zahnbein, s Schmelz, sm Schmelz-
iiieinbran, .r« ZahnHüci<chen, ap Scbniel/pnlpa.
198
Neuntes Kapitel.
Die Verknöcheruug der zweiten Zahngeneration nimmt etwas vor
der Geburt ihren Anfang. Es verknöchern die ersten grofsen Backzähne,
worauf im ersten und zweiten Lebensjahre die Schneideziihne, Eck-
zähne etc. nachfolgen. Im seclisten Lebensjahre sind daher gleich-
zeitig 48 verknöcherte Zähne, und zwar 2() Milchzähne und 28 bleibende
Zahnkronen . sowie vier noch zellige Anlagen der Weisheitszähne im
Ober- und Unterkiefer enthalten.
Im siebenten Lebensjahre beginnt gewöhnlich der Zahn Wechsel.
Er wird dadurch eingeleitet, dafs unter dem Druck der heranwachsenden,
neuen Generation die Wurzeln der Milchzähne einer Zerstörung und
Aufsaugung auheimfallen. Man erhält hier genau dieselben Bilder
wie beim Schwund des Knochengewebes, worüber die eingehenden
Untersuchungen Köllikeks vorliegen. Es entstehen an den Zahn-
wurzeln die bekannten HowsHiPSchen Grübchen, in welche grofse,
vielkernige Zellen, die Ostoklasten oder Knochenzerstörer,
eingebettet sind. Die Zahnkronen werden gelockert, indem sie den
Zusammenhang mit den tieferen Bindegewebsschichten verlieren.
Schlieislich werden sie dadurch , dafs die bleibenden Zähne unter
Fig. 198. Schematisoher Durchschnitt
zur Entwicklung der Milchzähne und
der bleibenden Zähne der Säugetiere.
Drittes an Fig. 193 u. 194 sich anscblieCseu-
des Stadium.
^/ Zabnfurche, gl Zabnleiste, A- knöcherne
Zahnalveole, h Hals, durch welthen das
Schmelzorgan des Milchzahns mit der Zahn-
leiste zu^iimmetihHngt, z/* Zahn])a|)ille, ej»^
Zahnpapille des bleiltenden Zahns, :b Zahn-
bein, K Schmelz, sm Schmelzmembran, $ut-
Schmelzmembran des bleibenden Zahns, «;>
Schmelzpulpa, seäuTheres Epithel des Schtiielz-
organs, Zahnsackchen.
Ausbildung ihrer Wurzeln aus den Kieferhöhlen hervorbrechen, in
die Höhe gehoben und zum Ausfall gebracht.
Die bleibenden Zähne treten gewöhnlich in folgender
Ordnung auf. Zuerst erscheinen im siebenten Jahre die ersten Molares,
ein Jahr später die unteren mittleren Schneidezähne, welchen die
oberen ein wenig später nachfolgen: im neunten Jahre brechen die seit-
lichen Schneidezähne durch, im zehnten Jahre die ersten I'rämolares.
im elften die zweiten Präniolares. Dann erst kommen im zwölften
und dreizehnten Jahre die Eckzähne und die zweiten Molares zum
Vorschein. Der Durchbruch der dritten Molares oder der Weisheits-
zähne unterliegt vielen Schwankungen; er kann im 17. Lebensjahre
erfolgen, sich aber auch bis zum :?(>. verzögern. Zuweilen erhalten
die Weisheitszähne überhaupt keine vollständige Ausbildung, so dafs
auch «las Hervorbrechen ganz unterbleibt.
l2) Die Zunge entsteht nach den Untersuchungen von His bei
menschlichrii Enibry»»nen aus einer vorderen und einer hinteren
Anlage (Fig. IW). Die vordere Anlage (7\ /;//;).) erscheint sehr
frühzeitig als ein kleiner un paarer Höcker (Tuberculum impar, His)
an dem l'.oden der Mundhöhle in dem von den Unterkieferwülsten
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Die Organe des inneren Keimblattes.
199
nrnfaf^ten Ramn. Sie wird zum Körper ond zur Spitze der Zunge,
indem sie hald beträchtlich in die Breite wächst und sich mit ihrem
▼orderen Hand frei tlber den Unterkiefer hervorschiebt (Fig. 2(>o).
Auf ihr erheben sich am Anfang des dritten Muuats (Uis, KOllikek,
Hintzb) bereits schon einzelne Papillen. Die hintere Anlage
(Fig. 199 P.Z) geht in die von Paiullen freie, (ia^^t gon mit BalgdrQsen
reithlich versehene Zungenwurzel (Iber. Sie entwickelt sich aus zwei
Wülsten in der Gegend, wu der zweite und dritte Schlundbogeu in
der Medianehene zusammentreffen. Vordere und hintere Anlage
(Fig. 2(»0) vereinigen sich in einer nach vorn offenen, V-förmigen
Furche, die sich lange Zeit erhält. An dersellxMi entlang legen sich
die umwallteu Tapillen auf dem Körper der Zuu^e an. Wo die beiden
Schenkel des Y zusammenstof^, itndet sich eme tiefe Grube, das
Foramen eoecum, welches von His mit der Entstehung der gleich
zu bespredienden Schilddrase in Beziehung gesetzt wird.
^ r.tinfiL
Fig. 199. Fig. 900.
Fi;;. 199. Mamdbod«! tinn in«iiielilioli«ii Bmbvyo. Naeh W. H».
T.imp. Taberculum impar (vordere Zungenanlage), P.2b hintere Zungenanlage.
P ig. 200. Zunge eines menschlichen Snabryo von ca. 80 mm Naokon-
länge. Nach II», Menschliche Kmbrj'onen.
Die BalgdrflseB der Zunge entwiclteln sich hei m« um lilichen
Kmbryonen d» s achten Monats. In der Umgebung der Ausfall rgftnge
einzelner Schleimdrüsen wandern aus den Venen Leukocvten in all-
mählich steigender Menge iu das hbniiare Bindegewebe ein und ver-
wandeln es in retikiüäre Bindesubstanz (StOhr).
3) Die Anlage der Tonsille läfst sich schon bei sehr jungen
menschlichen Embryonen in einer kleinen Vertiefung erkennen, die,
zwischen zweitem und drittem Schlundhogen gelegen und von einer Fort-
setzung der Muuilhöhleuschleimhaut ausgekleidet, der zweiten inneren
Schlundtasche entspricht. Vom vierten Monat an treibt das Epithel
zueilt hohle, später auch solide Sprossen, die sich erst nachträglich
aushöhlen, in das unterliegende tibrilliire Bindegewt-be hinein. Gleich-
zeitig dringen in dieses Leukocyteu aus den Blutgefäisen und be-
ginnen PS in der Umgebung der epithelialen Hohirftnme diffus zu
infiltrieren. Erst nach der Geburt, im Verlauf des ersten Lebens-
jahres, kommt es dann zu einzelnen dichteren Ansammlungen von
Leukoc) teu und zur iSonderung wahrer Follikel (Ötöhk). '
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200
Neuntes Kapitel.
4) Die SpeicheldrÜHeii sind bereits schon im zweiten Monat nach-
weisbar. Zuerst erscheint die Anlage der Submaxillaris bei sechs
Wochen alten menschlichen Embryonen (Chikvitz), später die Parotis
in der achten Woche und zuletzt die Subungualis.
B. Die ans dorn Sehl und darni entstehenden Orirane:
Thymus, Schilddrüse, Kehlkopf und Lunge.
Wfihrend bei den kiemenatmenden Wirl)eltieren die Scliluud-
spalten zeitlebens sich erhalten und zur Atmung dienen, schlieiseu
Sie sich bei allen Amnioten, sowie teilweise auch bei den Amphibien
vollständig. Eine Ausnahme macht nur die erste, zwischen Kiefer*
und Zungenbeinbogen gelegene Sjjalte. die, zur Paukenhöhle und
Ohrtrom]>ete umgebildet, in den Dienst des Gehör-
organs tritt, wo sie uns spftter noch beschäftigen
wird. Ganz spurlos verschwinden indessen aiirh
die tlbrigen Schlundsi»alten niciit. Aus Eiiithel-
streckeu derselben entstehen mehrere drüsige,
in ihrer Funktion noch rätselhafte Organe der
Halsgegend, die Thymus, die SchilddrOse und
die postbranchialen Körperchen,
1) Die Thymus leitet sich heim Menschen
und bei den Säugetieren von einer ventraleu
Ausbuchtung des Epithels der dritten Schlund-
spalte her und ist in ihrer ersten Anlage schon
bei mensclilichen Embrjonen von o mm Liinge
zu beobachten. Beim Verschlui's der Spalte
bildet sich ein Iftnglicher Epithelstreifen mit
einem sehr engen Hohlraum und einer ziemlich
dicken, aus vielen lilnglichen Epithelzellen zu-
sammengesetzten Wandung; er wächst nach ab-
wärts dem Herzbeutel entgegen und beginnt an
diesem Ende nach Art einer traubenförniigen
Drüse zahlreiche rundliche Seitenftste zu treiben
^Fig. 201 c) (KOllik£k). Diese sind von Anfang
ihrer Entstehung an solid, während der am
Hals gelegene, schlauchartige Teil (o) immer
noch einen engen Hohlraum erkennen läfst. Die
Sprossung dauert noch längere Zeit fort und
greift dabei auf das entgegengesetzte Ende des
ursprünglich einfachen Drttsenschlauchs über, bis
das ganze Organ den ihm eigentümlichen, lappigen
Bau angenommen hat. Gleichzeitig geht auch eme
histologische Metamorphose vor sieh : lymphoides
Bind^ewebe und Blutgefsirse wachsm in die dicken
Epithelwandungen hinein und vernichten allmilhlich das einer acinösen
Drüse gleichende Aussehen. Mehr und mehr gewinnen die lymphoiden,
aus der Umgebung abstammenden Elemente beim GrOl^erweraen des
Organs die Oberhand; die Epithelreste sind schliefslich nur noch in
den IlAssALi.sclien konzentrischen Körpern aufzntiiiden. Die ursprüng-
lich vuriiandene. von der Einstülpung herrührende Höhlung seht ver-
loren, und dafür erscheinen spftter neue, wohl durch Erwddhnng des
Gewebes entstehende, unregelmttfeige Hohlraumbildungen.
Fig. 201. Thymus
eine« Kaainohen-
Embryo von 16 Tm-
gen. Vergröbert. Nach
KöLUUB.
a Thjrtnuskanal , <>
oberes, c unteres Ende
des Organs.
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Die Organe des iniMren Keimblattes.
201
Das weitere Schicksal der Thymus beim Menschen läfst zwei
Perioden, eine der fortschreitenden und eine der rQckschi t iteuden Ent*
Wicklung, erkennen. Die erste IVriode reicht etwa Itis in das zweite
Lrhensjahr hinein. Die Thymus der linken und rechten Seite rücken
bei ihrer Vergrölserung in der Medianebene dicht zusamnien und ver-
schmelzeD hier zu einem unpaaren, lappigen Organ, dessen doppelter
Ursprung sich mir noch (liuliircli kundgibt . dafs es gewöhnlich aus
zwei, durch Bindegi'wehe getrennten Seiteniiiilften zusammengesetzt
ist. Es liegt vor dem Herzbeutel und vor den grol'sen üefäl'seu hinter
dem Bmstbein und verlängert Bich oft nach oben in zwei Hörner, die
bis zur Schilddrüse reicben. Die zweite Periode zeigt uns das Organ
in rückschreitender Metamorphose, die meist zu einem vollständigen
Sjichwund führt, worüber das Nähere in den Lehrbüchern der Gewei>e-
lehre nachzulesen ist.
2) Die Schilddrflse findet sich an der vorderen Fläche des Halses
und entwickelt sich in allen Klassen der Wirbeltiere in einer ziem-
lich übereinstimmenden, typischen Weise aus einer uui>aareu, kleinen
Ansbacbtung im Epithel der vorderen Schlundwand in der Median-
ebene und in der Gegend des zweiten Schlundbogens, in welcher au( Ii
die oben rrwähnte (S. l!<!i) hintere Anlage der Zunge gebildet wird.
Sie löst sieb darauf vollständig von ihrer Ursprungsstätte ab und
verwandelt sich bei dem Mensehen und den SAugetieren in ein mit
enger Höhle versehenes Bläschen, das später seinen Hohlraum einbüfst.
An der Abschnnrungsstelle in der Gegend des sj):lteren Zuugen-
grundes bleibt beim Menschen eine kleine Grube, das Foramen coecum,
bestehen und setzt sich zuweilen sogar noch beim Erwachsenen in
ein bis 2V3 cm langes, nach der Schilddrüse hinführendes Epithel-
rohr, den Ductus lingualis oder thyreoglossus fort (His).
In der weiteren Entwicklung der Schilddrüse sind zwei Stadien
£u unterscheiden. Auf dem ersten Stadium wächst das Bläschen in
zahlreiche ^lindri-
sche Stränge aus. die
wieder seitliche Knos-
pen treiben (Fig. 202).
indem sich diese unter-
einander verbinden,
entsteht ein Metzwerk,
in dessen liOcken sich
Gefäfhsprossen mit em-
bryonalem Binde-
gewel)e ausbreiten.
Beim Hahnchen findet
man die Schilddrüse
auf diesem Stadium
am neunten Tage der
Bebrütung, bei Kanin-
chen-Embryonen, wenn
sie etwa 16 Tage alt
sind , l)eim Menschen
im zweiten Monat. Auf
dem zweiten Stadium
zerfällt das Netzwerk der Epithelbalken dun li einwachsendes em-
bryonales Bindegewebe (Fig. 203) in die für die Schilddrüse charak-
Kip. 20-, Rechte Halfto der Schilddrüse eiBes
Schweine-Embryo von 22,5 mm Soheitel-Steifs-
lange. Nach Bohs. Voifjr. BUfach.
LS Laterale, postbranchial« Körperchco, MS Schild-
drfise, g Blutgeialse, (r Trachea.
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202
Neuntes KapiteL
teristischen Follikel. Diese Ter^rseni sich spAter, nameDtlieh beim
Menschen dadurch, d&k von den Epithelzellen kolloide Substanz in
beträchtlicher Menge in don Hohlraum ausgeschieden wird.
3) Die postbrauciiialen Körperchen tinden sich, wie iu vielen
Wirbeltierklassen , so auch bei den Säugetieren und beim Menschen.
Sie entstehen hier durch Ausstttipnngen aus der Wand der letzte n
Schlundspalte (Boi;n). wt'lche sich
zu Bläschen abschuUreu. Da sie
sich weiterhin der SchilddrQse an-
lagern, wurden sie von WöLFLRR,
Stieda und Bokn als paarige
Anlagen derselben, Nebenschild-
drüsen, die sich zur unpaaren
hinzugesellen, gedeutet. Verddn
und Maithku traten dieser Ansicht
neuerdings entgegen, da die uost-
branchialen Körper kein Scnild-
drfisengewelK} liefern und sich
meist rürkl)il(len sollen. Ganz
geklärt ist diebachlage noch nicht.
Hierüber sowie über das Vor-
kommen noch weiterer Epithel-
körprrchon . die vom Kienien-
spaltengehiet abstammen, sowie
über die Karotidendrüse vergleiche man den Artikel von Mai rer in
Hektwigs Handbuch der vergl. und exp. Entwicklungslehre.
4) Die Lunge mit ihren AusfUhrwcgcn (Kelilkopf und Luftröhre)
entwickelt sich aus dem Schlunddarm, einer ge]api)teu Drüse ver-
gleichbar, in einer, wie es scheint, für alle amnioten Wirbeltiere
ziemlich übereinstimmenden Weise. Unmittelbar hinter der unpaaren
Schilddrtisenanlaj^e (Fig. 1SJÄ7) cutstolit an der ventralen Seite des
Schluuddurms als Anlage der Luftrolire eine Rinne {Kk), welche an
ihrem proximalen Ende ein wenig ausgeweitet ist. Beim Hühnchen
wird sie schon am Anfang des dritten Tages, beim Kaninchen am
zehnten Tage nach der Befruchtung und beim menschlichen Embryo
von .'3,2 mm Lituge bemerkliar. Hierauf wachsen aus ihrem erweiterten
hinteren Ende (Fig. 182 u. 183) zwei kleine Schläuche (Lg), die An-
lagen der beiden Lungenflügel, nach beiden Seiten hervor (beim
Hühnchen in der Mitte des dritten Tages) ; zugleich schnürt sich die
ventrale Kinne vom oberen Teil des Schluiiddarms, welcher zum An-
fang der Speiseröhre wird, von hinten nach vorn melir und mehr ah,
bis auf eine kleine Stelle, welche zum Eingang des Kehlkopf!» wird.
Letzterer lilfst sich beim Menschen am Ende der fünften Woche als
eine Anschwellung am .\nfang der Luftrölirenanlage unterscheiden;
seine Knorpel erhält er schon iu der achten bis neunten Woche.
In der Umwandlung der primitiven Lungenschläuche, die, in eine
dicke Schicht embryonalen Bindegewebes eingehüllt, in die vordere
spallforniige Verlängerung der Leibeshöhle Iiineinreichen, sind zwei
Stadien beim Menschen und hei den Säugetieren zu unterscheiden.
Das erste Stadium beginnt damit, dafs sich der Sehlauch verlftngert
und am Ursprung aus der Luftröhre verdünnt, am anderen Ende
dagegen erweitert. Dabei treibt er nach Art einer alveolären Drüse
[beim Menschen vom Ende des ersten Monats au (His)] hohle Aus-
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r
Fig. 203. Schnitt durch die Schild-
drÜBO eines Schaf-Embryo von 6 cm.
Narli W. Mlii.ku.
8ch Scblauchtoniiige Drüseiianlaigcn, / in
Bildung begriffene DrüseDfoliikel, 2« inter-
stitielleB Bindegewebe mit BlatgefiUBen(9)^
I>ie Organe des inneren Keimblattes.
203
stülpungen, welche in die dicke Bindegewebshülle hineinwachsen und
sich an ihrem blinden Ende wieder zu Bläschen erweitern. Die erste
Sprossenbildung ist auf beiden Seiten eine unsymmetrische
(Fig. 204). indem der linke Lungenschlauch zwei, der
rechte drei knospen artige Auftreibungen liefert. Hier-
mit ist von Anfang au ein wichtiges Verhältnis in der Architektur
der Lunge festgestellt, nämlich die Sonderung des rechten Flügels
in drei, des linken in zwei Hauptlappon.
Die weitere Sprossung ist eine ausgeprägt dichotome (Fig. 180
u. 2u5). Sie geschieht in der Weise, dals jedes Endbläschen (primi-
tives Lungenbläschen), welches anfangs kuglig ist, sich an seiner
der Anheftung gegenüber liegenden Wand abplattet und einschnürt (1b).
So sjmltet es sich gleichsam
in zwei neue Lungenbläschen,
die sich dann weiter in einen
längeren Stiel(Seitenbronchus)
und eine kuglige Erweiterung
sondern. Indem sich ein der-
artiger Sprossungsprozefs noch
längere Zeit, beim Menschen
bis in den sechsten Monat,
fortsetzt, entsteht ein kom-
pliziertes Kanalsystem , der
Bronchialbaum, der links und
rechts mit einem Hauptbron-
i'hus in die Luftröhre ein-
mündet und an seinen immer
feiner werdenden Endzweigen
mit koll)en förmigen Erweite-
rungen, den primitivenLungen-
bläschen. besetzt ist. Letztere sind zuerst nur an der Obertläche des
Lungenflügels gelegen, während das Kanalwerk die Mitte einnimmt.
Während der Sprossung rücken die an Volum sich vergröfsernden Lungen
weiter nach abwärts in die Brusthöhlen hinein, treil)en die seröse Aus-
kleidung derselben vor sich her (Fig. 204 bf) und erhalten auf diese
Weise ihren Brustfellüberzug (die Pleura pulmonalis oder das viscerale
Blatt der Pleura); sie kommen dabei mehr und mehr links und rechts
vom Herzen zu liegen.
Fig. 204. Konstruktionsbild der Lun-
genanlage von einem menBchliohen
Embryo [Pr Um) von 10 mm Nacken-
länge. Nach Iiis.
ir Luftrcihre, br rechter Bronchus,
Sj)eiseröhre, bf bindcgi-webige Hülle und
Serosa (Brustfell), in welche die ej>itheliale
Liingenanlago hineinwächst, O, M, U .\nlage
des rechten oberen, des mittleren, des unteren
Lungenlappens, O*, (7' Anlage des oberen
und di's unteren Lappens von der linken Lunge.
Fig. 205. Konstruktiona-
bild der Lungenanlaia^e von
einem älteren menschlichen
Embryo (N Iiis). Nach His.
Vergr. 50 fach.
A]t .Xrteriii pulmonalis, Ir
Luftrohre, /«/* Speiserohre, Ib
Lungenbläschen in Teilung, O
rechter oberer Lungenlap]ifn
mit zuführendem, cparteriellcm
Broiii hiis, M, V rechter mitt-
lerer und unterer Lungcii-
lappen,0' linker oberer Lunuen-
lappen mit zuführendem, hyp-
arteriellem Bronchus, W linker
unterer Lungenlappen.
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204
Neuntel Kapitel
Auf dem zweiten Stadium nimmt das bis jetzt nach dem Typus
einer traubenidmigen Drüse gebaute O^fw die charakteristische
Lungenstruktur an, beim Mensi lien vom sechsten Monat an. Es ent-
stehen an den feinen Endröhrcheu des Bronchialbaumes, den Alveolar-
gangen, sowie an ihren endständigen, blasenartigen Erweiterungen
dicht beieinander sehr zahlreiche, kleine Aussackungen, welche sieh
im Unterschied zu früher von fier Ursprunfrsstelle nicht abschnüren;
sie stellen die Luftzeilen oder Lun ge n a 1 vfM>l en dar, deren
Gröfse l>eim Embryo eine drei- bis viermal geiuigere als beim Er-
wachsenen ist
Die epitheliale Auskleidung der T.un^^e bildet sich in den
einzelnen Abschnitten wahrend der Entwicklung in verschiedener
Weise um. Im gesamten Üronchialbauiu nehmen die Epithelüelieu
an Hühe zu, gewinnen teils eine eylindrisehe , teils eine kubiaehe
Form und bedecken sich vom vierten Monat an (Köluker) auf ihrer
freien Oltertiaclie mit Flininiern. In den Luftbläschen dagetren ))latten
Bich die nur in einer Schicht angeordneten Zellen mehr und mehr ab
und werden heim Erwachsenen so dOnn, dafs man froher das Vor-
handensein eines Epitlielüberzugs ganz in Abrede stellte. Sic nehmen
dann eine ähnliche Beschattenheit wie Endotheizellen in: wir )»ei
diesen sind ihre gegenseitigen Grenzen nur nach Behandlung mit
dfinnen SilberlOsungai nachauweisen.
C. Die aus der Wand von Magen und Darm
entstehenden Organe. Leber und Pankreas. Kleinere
Drttsen. Follikel und Zotten.
1) Die Leber. In dem Abschnitt, der über die Leber handelt,
ist nicht nur auf die Entwicklung des Drtlseuparencbyms, sondern
auch der verschiedenen Leberb&nder einzugehen; mit diesen ist sogar
zu beginnen, da sie sich von einem Gebilde herleiten, welches ent-
wicklungsgeschichtlich älter als die Leber ist, nämlich von einem ven-
tralen Mesenterium oder Darmgekröse. Ein solches sollte
man im Hinblick auf die paarige Entstehung der Leibeshohle in der
ganzen Lllnge des Darmkanals an seiner ventralen Seite in derselben
Weise wie an seiner Rnckenseite entwickelt finden. An tatt dessen
trifft man es nur an einer Strecke, welche vom Schlund l>is zum
Ende des Zwölffingerdarms reicht, und gewinnt es hier eine besondere
Bedeutung noch dadurch, dafs in sein Gewebe mehrere ansehnliche
Organe eingebettet werden: nach vorn das Herz mit den das Blut
zu ihm zuri^ckfuhreuden Gefäi'sen, mit dem Endstück der Venae
omphalomesentericae und der Vena umbilicalis, unmittelbar dahinter
die Leber mit ihrem AusftlhrgaDg und ihren Gefäflsen.
Der Teil, welcher auf einem frühen Entwicklungsstnfiinni (Iis
Herz einschliefst, heifst Mesocardium autcrius und posterius utter
Herzgekröse (siehe Herzentwicklung); der nach hinten sich an-
schliefsende Abschnitt (Fig. 200) mag, da er von der kleinen Kurvatur
des Magens und von dem DuodiMium (du) zur vorderen llumpfwaiid aus-
geht, als vorderes Magen- und Duodenal gek röse {Ihd-i-h)
besonders unterschieden werden. Zu ihm verlaufen in der vorderen
Bauchwand und von der Seite her die weiten Venae omphalomes-
entericae, um in den Venensinus des Herzens einzumünden. Sie er-
zeugen dabei eine in die Leibeshühle weit vorspringende Falte, die
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Die OrguM de« inneren KeimbUttes.
205
senkrecht zum ventralen DarmgekrOee stebt, das wichtige Septnm
transversum, mit welchem wir uns im XII. Kapitel bei der Ent-
wirklniig des Zwerchfells noch eingehiMider beschäftigen werden. Auf
diese Weise kommt eine zellenreiche Gt>wel)suias&e zustande, welche
sich zwischen Bauchwand und die genannten Darmabschnitte hinein-
schiebt und die Lv i s höhle in dieser Gegend auch später
als eine paarige Bildung erscheinen Iftfst.
Im vorderen Darmgekröse beginnt sich die Leber schon sehr
frühzeitig nach einem Schema zu entwickeln, welches in der Reihe
der Wirbeltiere nur einige unwesentliche
Modifikationen zeigt. Überall bildet sich
zuerst an der ventialm Wand des Duo-
denum eine longitudiiiale, rinnenförmige
Ausbuchtung, weiche in das ventrale Mes-
enterium eindringt und nach vorn fast bis
an den 8inus venosus des Herzens heran-
reicht (Fig. 70 1). In dieser einfachsten Form
erhftlt sich die Leber dauernd beim Amphi-
oxus laiicoolatus, bei welchem sie unmittel-
bar hinter der Kit inenregion als Anhang
des I)armkanalf> aufzufinden ist.
An der primitiven Leberanlage kann
man bald, wie die sdiönen Untersuchungen
von Bkachkt erfieben haben, einen vorderen
und einen hinteren Abschnitt als Pars
hepatica nnd Pars cystica voneinander
unterscheiden. Der erstere liefert durch
Wucherungen seiner W^and das Parcnchym
der Leberzelleu, der letztere dagegen wird
m der Gallenblase und ihrem Ausführnnss-
gang. Beide beginnen sich voneinander
dadurch deutlicher zu sondern , dafs sie
als Schlauche aus der rinnenförmigen Ausbuchtung hervorwachsen.
Im weiteren Fortgang der Entwicklung sehnQrt sich die als
primitive Leberanlage oben beschriebene Rinne von vorn und hinten
von der Darmwand ab und wandelt sich in einen breiten . kurzen
Stiel, den Ductus choledochus, um. Mit ihm bleibt die vordere An-
lage, welche zur eigentlichen Leber wird (der craniale Lebergang),
durch den Ductus hepaticus, die hintere Anlage, welche die Gallen-
blase liefert, durch den Ductus cy^ticus in Verbindung. Indem der
Ductus choledochus sjmter stark in die Länge wachst, entfernt sich
die Leber weiter von ihrer Ursprungsstatte. — Das Leberparenehym
entwickelt sich allein aus dem cranialen Lebergang nach Art einer
verzweigten, tubuliisen Drüse, welche dadurch, dals die Drtiseiischliiuche
sich frühzeitig zu einem engen Netz verbinden, einen besonderen
Charakter aufgeprägt erhalt. Aus der Wand des Leberganges treiben
zahlreiche Knosj>en hervor, die bei einigen W'irbellieren (Amphibien,
Selachiern) gleich von Anfinig an hohl, bei anderen (Vögel. Sauge-
tiere, Mensch) solid sind. Eingebettet in die embryonale Biodesubstanz
des vorderen DarmgekrOses , wachsen sie hier zu hohlen Röhren,
dort zu soliden Cylindeni aus. Dieselben bedecken sich auch ihrer-
seits alsbald mit entsprechenden seitlichen Fortsätzen und so fort.
Indem diese einander entgegeuwachsen und, wo sie sich trelien
t'ig. 206. Schema (Qaer-
80hnitt8bild) snr ▼«mm-
sohauliobong der ur-
sprüngliohenLageverhält-
nlBse des Duodenum, des
Pankreas und der Leber
und des bu Ihnen seliSri-
gen Bandapparates.
HU Hintere Hiiin|)f\van(i,
du I)iuuirniini. ;> l'aiikrca.s,
/ Leber, dms dorsales Mes-
enterium , Ihd Ligamentam
hepato-duodenalti, Is Liga-
mentum suspeusoriutn ne-
patis.
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206
Neuntes Kapitel.
(Fig. 207 /f). verschmelzen, entsteht ein dichtes Netzwerk hohler
Drüsenkanälchen oder solider Lebercylinder in der gemeinsamen
bindegewebigen Grundlage.
1*3 (ileichzeitig mit dem epithelialen Netzwerk bildet sich in seinen
Lücken ein Netzwerk von lilutgefftfsen {g). Aus der Vena omphalo-
niesenterica, die. wie schon bemerkt wurde, dem Leberschlauch anliegt,
wachsen zahlreiche Sprossen hervor und verbinden sich untereinander,
indem sie Seitenftste treiben, in entsprechender Weise wie die Leber-
cylinder. In diesem Zustand findet man die Leber beim HOhnchcn
am sechsten Tage. Sie ist jetzt schon zu einem ziemlich voluminösen
Organ geworden, welches ebenso wie bei den Säugetieren und dem
Menschen am ven-
tralen Mesenterium
einen in die linke und
einen in die rechte
Leibeshöhle vorsprin-
genden Wulst erzeugt
(Fig. 206).
Eine weitere Massen-
zunahme der Leber er-
folgt in der Weise, dafs
von den netzförmig
verbundenen Lel)er-
cyl indem neue Seiten-
ä.ste bervorsprossen
und Anastomosen ein-
gehen, wodurch fort^
während neue Maschen
gebildet werden. Hier-
mit sind die wesent-
lichen Teile der Leber
in der Anlage vor-
handen: 1) die sekre-
torischen Leberzellen
und die Gallengänge,
2) der Bauchfell Über-
zug und der Band-
apparat, welche beide
vom ventralen Darm-
gekröse herrühren.
Die zum definitiven
bf
9
gvs
bl
Fi«. 207. Durchschnitt durch die Leber-
anlai^e eines Hühnchens am sechsten Tage der
Bebrütung. Schwarh vergrüfsert.
Ic Netzwerk der Lebercylinder, /f' Lebercylinder
miergeschnitten,.f/Blutgefafse.f/u'(iefarswand(F)n(lothcl),
Ol Blutkörperchen, bf tiauchfelliibcrzug der Leber.
Zustand führenden Venlnderuugen dieser Teile sind jetzt noch in das
Auge zu fassen.
Das Netzwerk der bald hohlen, bald soliden Lebercylinder wandelt
sich in einer doppelten Weise um. Ein Teil wird zu den Ausführunps-
gängen (den Ductus biliferi). In den Fällen, in denen anfangs die
Lebercylinder solid erscheinen, beginnen sie sich auszuhöhlen und
ihre Zellen sich zu einem kubischen oder cylindrischen Ei>itbel um
das Lumen herum anzuordnen. Hierbei müssen einzelne Zweige des
Netzwerks sich zurüekbilden. Denn wälirend ursprünglich alle Lel)er-
cylinder untereinander durch Anastomosen zusammenhängen, ist dies
bei den (lallen^iin^en des Erwachsenen, wie Köllikkk bemerkt,
nicht mehr der Fall, mit Ausnahme der Leberpforte, wo sich die be-
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Die Organe des inneren Keimblattes.
207
kaBDten Gallcngaogsgeflechte tiudeu. — Der übrige Teil des Netzwerks
liefert das sekretorische Parenchym der Leberzellen. Der w&hrend
der Eiitwicklunn so deutlich hervortretende Charakter einer netz-
förmigen, tultuloscn Drüse ist auch am ansuehildeten Orj^an bei
Diedereu Wirbeltieren, wie bei Amphibien und iieptilieu, noch zu er-
kennen. Die Drt8enr6hrehen , die gleich bei ihrer Entstehung hohl
angelegt werden, zeifien auch spitter ein anfserordcntlich enfjcs, nur
durch künstliclie Injektion nachweisbares Lumen, welches auf Quer-
schuitteu von etwa 3 — 5 Leberzelleu umgebeu wird. Durch ihre
vielftltigen Anastomosen erzeugen sie ein außerordentlich dichtes
Netzwerk, dessen enge Zwischenräume von einem Netzwerk von Blut-
gefäfskapillaren mit sehr fierinjjftifjigen Menj^en von Hindesubstanz
ausgefüllt werden. Bei deu höheren Wirbeltiereu (Vügel, Säuge-
tiere, Mensch) tritt spfttor der tnbulOse DrOsenbau sehr in den
Hintergrund ; es gewinnt die Leber eine komplizierte Struktur, über
welche in Lehrbüchern der Histologie das
Nähere nachzulesen ist.
Was endlich noch den Bandappanit
und die Form- und Gröfsenvrrhaltnisse
der Leber bis zur Geburt anbetrifft, so ist
der Bandapparat, wie schon im Eingang
bemerkt wurde, in dem ventralen Darm-
gekröse vorgebildet Dadurch, iafs in
letzteres der craniale Leberschlauch vom
Duodenum aus biueiuwächst und durch
fortgesetzte Sprossung den rechton und
den linken Leberlappen erzeugt (Fig. 206
U.208), wird es in drei Abschnitte zerlegt:
1) in einen mittleren Teil, der für beide
Leberlappen den Bauchfellfiberzug liefert,
2) in ein Band, das von der vorderen
konvexen Lebertiäche in sagittaler Rich-
tung zur Bauchwand bis zum Nabel geht
und in seinem freien Band die spRter
obliterierende Nabelvene einschlierst (Li-
gamentum susi)en8orium und L. teres he-
Satis) (Fig. 20Ü u. 2ü8 Is), 6) in ein Band,
as von der entgegengesetzten konkaven
Leberfläche, von der Pforte, sich zum
Duodenum und der kleinen Magenkurvatur
begibt und den Ductus choledochus und
die zur Leber führenden Gefäfse enthält
(Omentum minus, das in das Ligamentum
hepato- gastricum und hepato- duodenale
zerfällt) (Fig. 200 Uid u. Fig. 2«i8Äw).
Das kleine Netz oder Omentum minus verliert bald seine
ursprünglich sagittale Stellung und dehnt sich zu einer dünnen, von
links nach rechts ausgespannten Membran (Fig. 1H7 ht) dadurch aus.
dal's der Magen die früher beschriebene Drehung erleidet und in die
linke Bauchhälfte rückt, wilhrend sich die Leber mehr in die rechte
Bauchhöhle hinein entwickelt. Infolge der Bildung der Leber und
des kleinen Netzes erfährt der durch die Drehung des Mauens ent-
standene grofse Netzbeutel noch einen Zuwachs, der als t>ein Vor-
Fig.20C!i. Sohema sur Ver-
anMmaaliohanff der or-
Bprüogliohen LAgeverhalt-
niBse von Leber, ItAgen,
Duodenum. Pankreas und
MUb und von dem d&au ge-
bSrigen Bandapparat. Die
Ortraiie sind auf einem LSogt-
iliirchschnitt zu sehen.
/ Leber, m Milz, »Pankreas,
dd DüDodarm, dg Dottereang,
Md Blinddann, md MMtoann,
h- kleine Kurvatur, (jc urofse
Kurvatur des Magens, Mes-
enterium» kn kleines Netz (l.ig.
hepato^nstricum uod hepato-
duodenale^, b Lijgamentnin
raspeasonuin hepatis.
208 Ndontes Kapitel.
räum (Atrium bnnae omentalis) bezeiehnet wiTd. DeDn es gesellt
sich zu ihm noch der Teil der Leibeshöble, welcher hinter Leber und
kleinem Netz gelegen ist und hpkanntlirh heim Erwachsenen nur
noch einen engeUf unter dem Ligamentum hepato-duodenale geiegeneD
Zugang (da8 WiNSL0w9«]ie Loch) beutst (Über die Entwiclclung des
Kreuzbandes der Leiter siehe einen späteren Abschnitt, der Tom Zwerch-
fell, Kapitel XIT, handelt.)
Was die Form- und GröfsenverliäUnisfe, welche die Leber bis zur
Geburt darbietet, betrilTt, so sind hier zwei Punkte beachtenswert.
Erstens gewinnt frohzeitig die Leber eine ^anz aurseroidentliche
Gröfse; zweitens entwickelt sie sich mit ihron beiden Lap]>en anfnntrs
ganz symmetrisch. Im dritten Monat nimmt »ie fast die ganze Leibes-
höhle ein. reicht mit ihrem freien, scharfen Rande, an welchem sich
zwischen l^eiden Lappen ein tittfer Einschnitt bemerkbar macht, bis
nahe zur Leistengegend berab und läfst hier imr eine kleine f^trecke
frei, in welcher bei Eröflnung der Leibeshohle DünndarinKchlingen
zu sehen sind. Sie ist ein sehr hlutgefäfsreiches Organ, da ein grofser
Teil des vom Mutterkuchen zum Herzen zurttckstrOraenden Blutes
durch sie hindurrhfielit. Zu dieser Zeit beginnt, wenn aucli in einem
gerin«?en Grade, die Abscheidung von Galle, welche in der zweiten
Hälfte der Schwangerschaft zunimmt. Infolgedessen ftlllt sich der
Darm mich und nach mit einer bräunlich -schwarzen Masse, dem
Kindsp(Th oder Mcronium. nn, einem Geniisch von Galle mit Schleim
und abgelüstt'ii Kpitbelzellen des Darms, zu denen sich noch ver-
scliluckles Amnionwasser mit Epidermisschüppclien und Haulhaareu
hinzugesellt.
In der zweiten Hälfte der Seliwanp:ersfhaft wird das Wachstum
der lieiden Leherlappen ein unpleicliniiUsiges und bleibt der linke an
Giülse iiiiiter dem rechten mehr und melir zurück. Vor der (ieburt
ragt die Leber mit ihrem unteren Bande noch eine Strecke weit Ober
die Rippenknori)el fast bis zum Nabel nach abwärts. Nach der Ge-
hurt verliert sie rasch an Gr<»l"se und Gewicht infol^'e des durch den
Atmuugsprozcfs veränderten Blutkreislaufs. Denn es fällt jetzt der
Blutstrom weg, der sich während des embryonalen Lebens von der
Nahelvene in die Leber ahpezweiut bat. Zur Zeit des postembryonalen
Wachstums verjzrö Isert sicii aucb die Leber noch weiter, alier weniger
als der Körper im ganzen genommen, so dafs ihr relatives Gewicht
eine stetige Ahnahme erfthrt.
2) Die Bauchspeicheldrüse (Pankreas) ist in der letzten Zeit
der Gegenstand sehr zahlreicher entwicklungsgeschichtlicher linter-
suchungeu gewesen, welche für alle Wirbeltierklassen ein im ganzen
fibereinstimmendes Ergebnis geliefert haben. Sie entsteht mit ihren
AusfOhrgÄngen aus drei Ausstülpungen des Darmdrüsenblattes, von
denen eine aus der dorsalen Wand, die zwei anderen aus der ventralen
Wand des Duodenum hervorwachseu. Die drei Schläuche dringen in
das dorsale Mesenterium hinein, wo sie hohle, sich verftstelnde Seiten-
sprossen abgeben (Fig. 200, 208 p).
Im ein/e1n<Mi ist noch folgendes für die SSugetiere zubenierkeir
Die Ausstülpung aus der dorsalen Wand des primitiven Duoiienum
entsteht bei 4 mm langen Schaf-Embryonen; sie bleibt mit ihrem
UrsprungRort heim weiteren Wachstum in Verbindung durch einen
AusfJUirirang, der dem Ductus Santorini entspricht. Etwas spftter (bei
4,5 mm langen Embryoneu; treten auch noch an der ventralen Seit«
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Die Ürgaae des innereii Keimblattes*
209
des Dvodennm nabe der primitiTeD Lebemnlage «ad links und reehts
von ihr zwei AusstQlpungen auf, die ventralen Pankieasanlagen. Sie
lösen sich vom Darm ab bis auf einen Gaug. der zum Ductus Wir-
songiauus wird. Durch eine Drehung des Duodenum um seine Längst
achse kommeD ▼entrale und dorsale Pankreasanlagen alher aneinander
zu liegen und versdunelzen zu einem einzigen Drosenkörper. Dabei
kommen auch Verbindungen zwischen ihrein ventralen und dorsalen
Aasführungsgang, dem Ductus Wirsungiauus und Ductus Öantorinit
EUtande. Aus diesem primitiTen Zustande erkUren sich drei ver^
sehiedene Kombinationen in der definitiven Anordnung der Aosf&hr^
ginge des Pankreas.
1) £s erhalten sich die doppelten Ausführgänge der dorsalen und
der ventralen Anlage (Pferd und Hnnd). 2) Der dorsale Ausführgang
kUdet sieh zurück, und das Sekret des dorsal entstandenen Drüsen-
Sjwebes wird durch die oben erwähnten Anastomosen in den ventralen
ang geführt Dieser Zustand findet sich beim Schaf und gewöhn-
lich auch beim Menschen. Nnr ausnahmsweise erhilt sieh bei diesem
nel>en dem Ductus Wirsungianus noch rin Nebenausfohrgang , der
Ductus Santorini. 3) Der ventrale Ausführgang ist zurtickgebildet
(Rind und Schwein). Das Pankreas mündet getrennt und entfernt
▼om Ductus eboledochus in das Duodenum ein.
Aus den mitgeteilten, eutwickkingsgeschichtlichen Tatsachen
wird es auch verstfliiidlich, dafs das Pankreas, obwohl es sum grOlliten
Fig. 209. Fig. 210.
Fig. 200 u. 210. Zwei BAkoastniktloneii dm Daodtiuim mit FankreM»
Anlagen. Naeb HAMBOBom.
Fig. 209 eines fünfwdolwiiilialimk, flg. 810 «Inm Molitw5flli«iitU«lion
menachliolien Smbryo.
DxM, Dactut choladochiia, Pjm. kleine Pankreataolage,P.iiv. gro0w Pankreas»
anläge, D.8mU. Dnetui Santorini, m Tenehmelinng beider Pankreasanlagen.
Teil aus <ler dorb^aleii Wand des Duodenum entstanden ist, trotztU'm
ventralwärts und gemeinsam mit dem Ductus choledochus vermittelst
des Ductus Wirsungianus auf der VATERschen Papille ausmOndet.
Mit diesen Angabon stimmen auch die I^iitiTsurliungser^'fl'nisse
bei menschlichen Kinhrvoucn ttberein. Bei einem lünfwöclientliclieu
Embryo findet sicli aulser eiuer grofsen, dorsalen Pankreasanlage
noch ein kl^nes, ventrales Pankreas, das mit dem Ductus choledochus
SOSammen in den Zwölffingerdarm einmündet (Fig. JoD). Bei einem
Embryo von sechs Wochen haben sich beide Anlagen miteinander ver-
einigt (Fig. 210). (Siehe auch Fig. Ib2 u. 183.) Es wird dadurch ein
O. B»rlw{f , IM* Blamrato d«r RntwIcklnngaUbra. i. Aufl. |4
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210
KeuDtes KftpiteL
kleiner, länglicher Drüseiikoriier piohilrlet fFij;. 210 u. 184 ;>), welcher
mit seinem dem Ursprung' ab-iewaiidteu Kudc nach oben in das Meso-
iurvator und der Wirbelsäule frei beweglich gelagert ist Infölge-
desscn mufs das Pankreas die Lageveränderungen mit durchmachen,
welche der Magen mit SMnem (Jekröse erfährt. Bei sechswöcheut-
lichen Embryonen fällt seine Längsachse noch nahezu mit der Längs-
achse des Körpers zuaammen. Dano erfährt es allmählich eine
Drehung (Fig. 187 />), durch welche sein Endteil in die linke Körper-
hälfle rftrkt. bis schüpfslifh die Langsachse des Orgaus in die Quer-
achse des Körpers wie beim Erwachseuea zu lijgeo kommt. liier
bettet sich der Kopf in die hufeisenförmige Windimg des Duodenum
Wiy während das Schwanzende bis zur Milz und linken Niere reicht.
IKi die BauchspeicheldrO^^' sich in das Mesogastrium hinein ent-
wickelt hat (Fig. 18^ 187, 208), besitzt sie in der ersten Hälfte des
Embryonallebens ein Gekröse, an welchem sie die oben beschriebene
Drehung durchmaeht. Das Gekröse geht aber schon yom fflnften
Monat an verloren. (Vgl. Schema 188 u. 18ü p.) Denn sowie «lie
Drttse ihre Querstellung eiogeoommea hat, legt sie sich der hiuteren
Rumpfwand fest an und verliert alsbald ihre freie Beweglichkeit,
indem ihr Bauclifellüberzug und ihr Gekröse mit dem anliegoiden
Teil des Bauchfells fest verlftten fFi^. 189 f/n*). Auf diese Weise
ist beim Meuscheu das Pankreas, welches sich als ein intraperitoneales
Organ, gleich der Leher, entwidcelt hat, durch einen Versehmelzungs-
prozefs der sieh faerQhrenden serösen Flächen zu einem sogenannten
extraperitoneal pelcjienen Organ geworden. Auch ist hier<lurch der
Ansatz des Mesogastrium von der Wirbelsäule weiter uach links ver-
legt worden.
3) Die Hagensaftdrfisen beginnen bei menschlichen Embryonen
in der zehnten Woche aufzutreten. Durch charakrori^tisflio An-
ordnung der Zelleu bilden sich innerhalb des Epitiiels kleine Grub-
chen aus, von welchen etwas später mehrere kleine Schläuche (Tubuli)
in das darunter li<^nde Bindegewebe hineinwachsen. Erstere stellen
den Ausfulirgang. der von liohen Cylinderzellen ausgekleifint ist,
letztere die eigentlichen sezeraierenden , mit kubischen Zellen ver-
sehenen Drüsenschläuche dar. Belegzellen werden im Drüsenepithel
erst gegen das Ende des vierten Monats unterscheidbar. Die Zahl
der Drüspn<^ehl;utf !n\ dii^ in !>ineni Magengröbchen einmünden, ist im
embryonalen Lebcu eine grülsere als nach der Geburt. Im siebenten
fötalen Monat beläuft sie sich auf etwa sieben, nach der Geburt
nimmt sie allmählich bis zur Zi it der Pubertät ab, bis beim Er-
wachsenen scliliefslich nur drei Tubuli in ein Grübchen einmünden.
II LlEBERKi HNsche Drflsen und Zotten beginnen sich bei
menschlichen Embryonen nach den Angaben von Sedowick Minot
gegen Ende des zweiten Monats zu entwickeln. Die Zötteben werden
schon im dritten Monat von einem hohen Cylindeiepithel überzogen.
Die jetzt auch in "U r T'ni^elamg ihrer Basis auftretenden Drt)sen
sind kurze, hohle Ausstülpungen des Darmdrüsenblattes, „deren Länge
im Vergleich zu der der Zotten lange Zeit unbedeutend ist*. In
ihnen, und zwar in späteren Zeiten d(>r Entwicklung nur am Drosen^
grund . trifft mau niis^chlicrslii h Keniteilungsfiguren an, fo dafs in
ihnen die hauptsächlichen Wachstuiusceutreu für das Drüsen- und
überhaupt für das Darmepithel gegeben sind (Flemmins, Bozosbro).
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Die Orguie des inneren Keimblattes.
211
Während des embryosalen Lebens werden anch auf der Dickdann-
schleinihaut einzelne Zöttchen entwiekelt« beginnen sich aber vor der
Geburt wieder zurückzubildcn.
r>) Die DHrnifoUikel lassen sich bei ineDseiiiichen Embryonen
aus dem fuulLea Mouat schon sehr deutlich erkennen. Nach den
Untersuchungen von StObr bilden sieh im bindegewebigen Teil der
ScliU'iinhaut scbilrfer abgegrenzte Ansaniralungen von Lpiikocyten
zwischen den bindegewebigen Elementen aus. Mit ihrer Kuppe be-
rühren sie das Epithel der Darmoberfläche, ohne dal's jedoch hierbei
engere Beeiehungen zwischen Knötchen und Darmdrasen zustande
kommen.
Betreffs der Entwicklung der Milz wird auf*Kapitel XII verwiesen.
Repetitorium su Kapitel IX,
A. Öffnungen des Darmkanals.
1) Die ursprünglich vom Einstülp ungsprozel^ des inneren Keim-
blattes herrühreuile Öffnung des T)armk:ni;(ls, der ürmund, schliefst
sich vollständig bis auf zwei iStelieu, deu Canalis neureutericus und
den After.
2 ) Der Canalis neurenterieus stellt am hinteren Ende des Embryo
eine Zeitlang eine Verbindung zwischen Nerveurohr und Urdarm
her: er schwindet sjtäter gleichfalls durch Verwachsung seiner
Wandungen.
3) Der After ist ein Rest des Urmunds. Er leitet sich her aus
einer kleinen Strecke desselben, die noch etwas weiter nach hititon
vom Canalis neurenterieus gelegen ist. (Aftergrube, Afteriiienibran.)
4) Das Darmruhr erhält neue üffiuingeii nach iiul'seu (Öchlund-
spalten) dadurch, dafs seine Wandungen an einzelnen Stellen mit der
Bunipfwand verschmelzen, daÜs darau die Verschmelzungsstellen sich
verdünnen und einreilseu.
5) Die Schlundspalteu entstehen zu beiden Seiten der späteren
Baisgegend des Rumpfes, meist fünf bis sechs Paar bei niederen
Wirbeltieren, vier Paar bei Voj^rln, Säugetieren und beim Menschen.
(Bildung äufserer und innerer Öchluudfurcheu ; Einreifsen der Ver-
schlufsplatte.)
6) Bei wasserbewohnenden Wirheitieren dienen die Schlund-
spalten zur Kiemenatraung (Entwicklung von Kiemenblättchen durch
Faltenhildunji des Schleimhautnherzugs); bei Re])tilien, Vögeln, Säuge-
tieren schliel'seu sie sich wieder und verschwinden mit Ausnahme des
oberen Teils der ersten Spalte^ welche bei der Entwicklung des Ge*
hörorgans eine Verwendung findet (äufseres Ohr, Paukenhöhle,
Eustachische Höhre).
7) Der Mund entwickelt sich am embryonalen Kopfende aus einer
unpaaren Einstülpung der Epidermis, welche der blind geschlossenen
Kopfdarmhöhle als Mundbucht entgegen wächst, und durch Einreifsen
der beide Höhlen trennenden primitiven Kachenhaut (Primitives
Gaumensegel.)
8) Der sich vom After bis zum hinteren KOrperende (Schwanz-
teil des Rumpfes) fortsetzende, postanale Darm oder der Schwanzdarm
verkümnuMt später und verschwindet vollständig, so dals dann der
After das Ende, wie der Mund den Anfang des Darms bezeichnet.
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212
Neuntes Kapitel.
B. Soüderung des Darmrohrs und seines Gekröses
in einzelne Abschnitte.
1) Der Darm ist urspTfinglicli ein vom Mund zom After gerade
verlaufeudes Rohr, an welchem etwa in seiner Mitte der Dottenack
(Nabelbläsclien) durch den Dottergang (Darmstiel) befestigt ist.
2) Der Dami ist erstens durch ein dünnes, dorsales Gekröse
(Mesenterium) mit der Wirbelsäule seiner ganzen Länge nach ver-
bunden und hAngt zweitens auch noch mit der vorderen Rumpfwand
bis zur Kabelgegend durch ein vorderes Darmgekröse zusammen (Meso-
cardium anterins und posterius, vorderes Magen- und Duodenal-
gekröse, Vorleber).
8) In einiger Entfernung hinter den Sehlundspalten entsteht
durch eine spindelförmige Erweiterung des Darmrohrs der Magen,
dessen dorsales Gekröse alf? Mesogastrium bezeichnet wird.
i) Der auf den Magen folgende Abschnitt wilchst stilrker als der
Rumpf in die Länge und bildet daher in der Leibeshöhle eine Schleife
mit einem oberen absteigenden, engeren Sehenkel, der zum Dfinndarm
wird, und einem unteren aufsteigenden, weiteren Sehenkel, der den
Dickdarm liefert.
5) Der Magen nimmt Sackform an und dreht sich so, dafs seine
LftngMchse mit der Querachse des Rumpfes zusammenfallt, und dafls
die ursprünglich nach hinten {gelegen*' Ansatzlinie des Mesogastrium
oder seine grofse Kurvatur nach unteu oder caudalwftrts zu liegen
kommt.
6) Die Darraschleife erffthrt eine Drehung in der Weise, dafe
sich ihr unterer, aufsteigender Schenkel (Dickdarmteil) über den
oberen, absteigenden Schenkel fDünndarmteil) quer herQberlegt und
ihn nahe an seinem T^^rsprung aus dem Magen kreuzt.
7) Aus der Drehung der Darmschleife erklärt sich, warum beim
Erwachsenen das Duodenum beim Übergang in das Jejunum unter
dem Colon transversum und seinem Mesocolon hindurchtritt (Kreuzen-
der und gekreuzter Darmteil.)
8) Der untere Schenkel der Schleife nimmt während und nach
der Drehung und Kreuzung mit dem oberen Schenkel die Form
eines Hufeisens an und lälst dann Blinddarm, Colon ascendenSt
C. transversum und C. descendcns unterscheiden.
9) In dem vom Hufeii>en begrenzten Raum faltet sich der obere
Schleifenschenkel zu den Dflnndarraschlingen ein.
10) Das ursprünglich dem ganzen Darmrohr gemeinsame und
gloji liiirtige Gekröse sondert sich in verschiedene Abschnitte, indem
es sich den Faltenhildungen und Verlagerungen des Darmrohrs an-
pafst, in die Lauge ausgezogen wird , hie und da mit dem Bauchfell
der Leibeshfthle Verwachsungen eingeht, durch welche es teils neue
Frsimingspuukte gewinnt, teils streckenweise vollstilndig schwindet,
wodurch einzelne Darmstückt* ihivs Gekröses heijuiht werdeü.
11) Mit der Bauchwand verwächst das Gekröse vom I Uumm imni,
zum Teil auch vom Colon ascendens und descendens (extraj'tiiuiueal
gelegene Darmteile).
Kine neue, von linl<s nach letlits verlaufendo rrsprungslinie
gewinnt das dekruse des Colon transversum und sondert sich als
Mesocolon von dem gemeinsamen Darmgekröse ab.
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Die Organe des imMfen Keinblettee.
213
13) Das Mesogastrium des Magens folgt dcu Dreliuii|j:eii desselben
und wird zum grofsen Netzbeutel umgestaltet, der von der grolseu
Magenknnratttr aber alle Eiogeweide berttberwftehst.
14) Am Netsbeutel finden Verwachsungen mit angrenzenden serösen
Membranen statt: 1) an der hinteren Rumpfwand, wodurch die
Ursprungslinie von der WirbelsÄule auf die linke Körpeihällle ver-
legt wird, 2) mit dem Mesocolon und Colon transversum. ^^) an dem
Ober die GedArme gewucherten Teil des Beutels, dessen vordere und
hintere Wand sich fest zusammenlegen und zu einer Netzplatte ver-
schmelzen.
C. Entwicklung besonderer Orgaue aus den Wauduugeu
des Darmrohrs.
1) Die Obertiäche des Darmrohrs vergrölsert sich durch Falten
und Zotten nach innen und durch drüsige Ausstülpungen nach aufsen.
2) Als Organe der Mundhöhle entwickeln sich die Zunge, die
Speicheldrttsen und die Zilhnc.
3) Die Zähne, welche bei den höheren Wirbeltieren nur den
Eingang in die Mundöifhnng begrenzen, finden sich bei niederen
Wirbeltieren (Selachiern etc.) über die ganze Mund- und Schlund-
liöhle und sogar als Uautz&hae Uber die gesamte Oberllilche des
Köri)ers verbreitet.
4) Die Hautz&hne sind in eigenartiger Weise verknöcherte Haut^
Papillen, an deren Kntwicklnng sich sowohl die obertlftchlichste Schicht
der Lerlerliaut, als auch die sie aberziehende tiefste Zellenlage der
Oberhaut beteiligt.
a) Die Lederhaut liefert die zellenreiche Zahnpapille, welche auf
ihrer 0!)ert1i\che , an der sich eine Lage TOD Odontoblasten
bildet, das Zahnhein abscheidet.
b) Die Oberhaut liefert eine Schicht hoher Cylinderzellen , die
Sehmelzmembran, welche die Zabnbeinkappe mit einer dttnnen
Schmelzlage Oberzieht.
c) Die Basis d-T Zahnbeinkappe erhält eine bessere Befestigung
in der Leiierliuut, indem diese in der Umgot>ung verknöchert
und das Cement liefert
5) An den Kieferrftndem senkt sich die zahnbildende Schleim»
hautstrecke in die Tiefe; es entwickelt sich zuerst durch Wucherung
des Epithels eine Zahuleiste . an der die Kieferzähne in derselben
Weise eulsteheu wie die Hautzähue an der Obertläche des Körpers.
6) Die Entwicklung eines Zahnes erfolgt an der Leiste in der
Weise, dafs das E])ith> i au einer Stelle stärker wuchert, und dafs in
den pewuclierten 'ieil oder iti dns Schnielzorjran eine Papille vom
bindegewebigen Teil der Schleimliaut hineinwachst. Die Zahnpapille
scheidet das Zahnbein ah, das Schmelzorgan aber scheidet unter Ent-
wicklung einer S( hnielzniembran den Schmelz ab; zuletzt verknöchert
das bindegewebige Zahnsflckehen und liefert das Cement.
7) Hinter den Milchzähnen bihien sich bei den Sflufietteien und
teirn Menschen frühzeitig die Aulageu von Ersatzzähuen am O runde
der Zahnleiste aus.
8) Aus dem Epithel des Schlunddarius entwickeln sich Thymus,
Schilddrtlse, NebenschilddrQsen (postbranchiale Körperchen) und Lunge.
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2U
Nennte« Kapitel.
9) Die Thymus eutstebt bei den Säugetieren und beim Meoschen
ans zwei ventralen Auratfilpungen des Epithels des dritten Scblnnd-
spaltenpaares. Beim Menschen veil)liiden sich die beiden Thymus-
schlilnche, welche seitürlip Knospen treiben und sich in eigentümlicher
Weise histologisch umwandeln, in der Mediauebene zu einem uupaareu
Körper, der in den ersten Jahren nach der Geburt sich zurOckzubilden
b^innt.
I>ir' Schilddrüse ist ein unpaares Organ, entstanden in der
Gegeuü des Zungenheinkörpers durch eine entweder hohle oder solide
Ausstülpung des Epithels am Boden der Rachenhohle. — Der Gpithel-
zapfen löst sich von seinem Mutterboden ah und treibt seitliche
Zapfen. — Die Ki)ithelstr:HiL'e werden auf einem späteren Stadium
in hohle £pithelkugeln oder Follikel zerlegt, die in ihrem Innern
CoUoidmasse ausscheiden.
11) Die postbrancbialeu Körperchen (Nebenschilddrüsen) sind
paarig und stammen von Ausstülpungen des Epithels der letzten
Schlundspalte ui>, welche ähnliche Umwandlungen wie die uupaare
Schilddrüse eingehen und sich bftufig ganz rflckbilden.
12) Die Lunge entwickelt sich hinter der unpaaren Sehilddrfisen-
antage aus dem Pn im des Sclilunddarms.
a) Eine rinneuiürniigc Ausbuchtung, die sich bis auf ihr vorderes
Ende, den Kehlkopfeingang, vom Schlunddarm abschnürt, wird
zu Kehlkopf und Luftröhre.
b) Vom hinten II Kii li der Rinne wachsen zwei Schlflucli* licrvor,
die sich an ihrem Kude blasenförmig ausweiten und die An-
lagen des linken und des rechten Bronchus mit dem linken
und dem rechten LungenflOigel sind.
c) Frühz itifz bildet sich zwischen rechter und linker I-uiil^c die
Asymmetrie ihrer Lappen aus, indem der reclite Schlau i h
sich mit drei blaäcbeuartigen Seitenknospeu, den Anlagen der
drei Lappen, bededct, w&brend der linke Schlauch nur zwei
Knospen treibt.
d) Die weitere Entwicklung der Lungen läfst zwei Stadien unter-
scheiden, von denen das erste eine grofse Übereinstimmung
mit der Entwicklung einer acinösen Drüse zeigt. Im ersten
Stadium vermehren sich die primitiven Luugenbliischen durcli
Einschnürung und sondern sich dabei in einen engeren, zu-
führenden Teil, die Bronchialröhre, und in einen weitereu,
blasenartigen Endabsehnitt. Im zweiten Stadium bilden sich
die Luftzellen oder Lunfrenalveolen.
13) r>ie Leber entwickelt sich als eine netzförmig verzweigte,
tubulöse Drüse.
a) Aus der ventralen Wand des Duodenum stttipt sich in das
veiilrale Darmgekröse (Vorleber) eine Längsrinne hinein: sie
ist die primitive Leberanlape , an welcher der vordere Ab-
schnitt als Pars hepalica, ein kleiner hinterer Teil als Pars
cystica zu unterscheiden ist.
b) Pars bepatica und Pars cystica wachsen zu hohlen Schläuchen
aus, während später die Längsrinne sich vom Darm röhr von
vorn und hinten teilweise abschnürt und zum Ductus cbole-
docbus wird.
c) Der vordere Schlauch (cranialer Lebergang) liefert das Drüsen-
parenchym. Seine Wand treibt hohle oder solide Seitenäste,
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Die Organe des inneren Keimblattes.
215
die Lebcrcylinder die sich zu einem Netzwerk verbinden und
teils zu Gallengaugen, teils zu dem sekretorischen Lebcr-
parenebym mit den Gallenkapillaren werden,
d) Der hintere oder eaudale Sehlaneh (Pars eystica) wird zur
(lallenblase.
14) Von dem ventralen Da rnigekrose, in welches die LeberschlRuche
hineinwachsen, leitet sich der seröse Überzug und ein Teil des Band-
apparates der Leber her, nänilich das kleine Netz (Ligamentum
hepato-gastricum und hepato-duodenale) und das Ligamentum suapen-
sorium hepatis.
15) Die Bauchspeicheldrüse wächst vom Duodenum in das dorsale
Darmgekrüse und in das Mesogastrium hinein.
!<>) Das Mesenterium, welches ursprünglich die Bauchspeichel-
drüse besitzt, geht später verloren, indem es mit der hinteren Humpf-
wand verschmilzt, wobei infolge der Drehung «ies Magens die Längs-
achse der Drüse in die Querachse des Körpers zu liegen kommt
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Zehntes KapiteL
Die Orgaue des mittleren Keimblattes*
Muskulatur, Harn- und Geschlechtsorsrane.
Aus dem mittleren Keimblatt oder, anders ausgedrückt, aus der
epithelialen Wand der embryonalen Leibessäeke, entwickeln sich, ab-
gesehen vom Mesenchyni, fil)er dessen Herkunft bereits im sechsten
Kapitel berichtet wurde, drei sehr verschiedenartige Produkte: erstens
die willkürliche Muskulatur, zweitens die üarn- und Geschlechts-
organe« drittens die EpithelfiberzOge der serOsen Höhlen des Körpers.
I. Die Entwlddinig der willkfirlieheii MnaknlAtiir.
Wer die HiBtogenese des Uoskelgewebes verstehen will, mnfB sich mit
einigen Tatsachen bekannt machen, za welchen die vergleichende Anatomie
und Kntwic-klnngsppsfhichtc der wirbellosen Tiere geführt hat. — In dem
Stamm der Coelenteraten , welcher fUr die KniBtehang der Gewebsformen
Fig. 212. A Muskelepithel
dem Entoderm einer Aotinie, die j.-- 212
ZülltM» durch Maceralion isoliert. Jfde *'*
Zelle mit einer Fibrille vergehen. B Muskelepitliel einer Meduse. I>ie FibhUen
tind gemeioMmes Produkt der Epithelxellen. Schematiseh. Nach 0. und R. Haarwm.
so aulscrordcntlitli Ichrrcicli ist, sind die Muskclclementc nicht allein
während ihrer Entwicklung, sondern auch beim aasgebildeten Tiere fast
durchgängig Bestandteile des Epithels. Sie werden daher anch in zu-
treffender AVci-c „Epi th e 1 ni u s k !• 1 ze 11 en" genannt. Das Charak-
teristische an ihnen liesteht elien darin, dafs sie einfache, bald kubische,
bald cylindrische, bald fadenförmige Epithelzellen (Fig. 211) sind, welche
mit ihrem einen Ende gewöhnlich die Oberfläche des Epithels erreichen
und hier häufig mit Fliinmerhaaren verschon sind, während sie mit ihrem
anderen, basalen Ende der StQtzlamelle des Körpers aufliegen and an ihm
B
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Die Organe dea mittlereii KeimbUttet.
217
eine oder nirhrt re. ent\ve(ier glatte oder quercestreifte Muskoltihrillen aus-
geschiedeo liabeiu Unter dem Epithel liegen in der Kegel uUe Muskel-
fibrülen parallel und dicht nebeneinander (Fig. 218) and Terbinden sicli
PO zu einer M n s k e 1 1 a m p 1 1 o . durch deren Tätigkeit die Verkürzong
oder VerlänRerunj!: des Korpers in einer Richtung hervor^'cnifen wird.
Von der Muskellanielle leiten sich, wie das Studiuni der Coelen-
teraten und die Entstehaiu^geechichte der Tiere lehrt, drei weitere Formen
ab: 1) das Muskelblatt , 2) das Mn sk clkästehen and 3) das
Muskelpriniiti vbündel. Bei ihrer Entstehung spielt wieder der
Prozefs der Faltenbildong eine Rolle, welche wir schon hei den ver-
sehiedensten Gelegenheiten als die Ursache Ar die Bildung der meisten
Organe kennen gelernt haben.
Wenn einzelne Strecken einer Muskellamelle eine erhöhte Arbeits-
leistung ausführen sollen, so kann dies nur durch Yennehrung der parallel
nebeneinander gelagert«! Fibrillen geschehen. Eine grftfsere Fibrillenzahl
kann aber in einem um-
grenzten Hezirk in einer
zweifachen Weise unter-
gebracht werden, ent-
weder so, dafs sie in
mehreren Schichten
übereinander zu liegen
konmoi, oder so, dafs,
wenn die einfachere
Lagening nebeneinander
beibehalten wird , die
Haskellanelle sich bald
in mehr unregelmäfsiger,
bald in sehr regel-
mäfsiger Weise einfaltet.
Im ersteren Falle ent-
stehen niedere und
höhere Falten , welche
ihrerseits wieder mit
kleineren Nebenfalten bedeckt sein kftnnen, so dafs man anf dem Qner-
schnitt das Bild eines sich verzweigenden Baumes erhält (Fig. 813). Jede
Falte besitzt in ihrer Mitte eine gerinire Mmire Siiit/'-ub'^tanz , auf deren
Obertiäche die parallel angeordneten Muükeltibrillen aufliegen. Die Täler
swisehen den Falten fBllt das Epithel ans, welches die ünregelm&fsigkeiten
ausgleicht und nach aufsen mit einer glatten Oberfläche abschliefst. Im
aweiten Falle (Fig. 214 ii. 215) entstehen regelmafsige und zuweilen ziem-
lich hohe Falten, die sich von der Grundlamelle, von der sie durch Ab>
Caltung ihren Ursprang genommen haben, senlörecht erheben und den
Blittern eines Boches vergleichbar dicht insammengejirefst sind. Die
engen 7wis( henräume zwischen ilmen werden von den zugehörigen Zellen
mit ihren Kernen, den Muskelkörperchen, eingenommen. Über den freien
Rand der KAtter breitet sich noch eine Schicht von Deckepithel ans.
In den bisher beschriebenen F'ällen bewahrt die willkarliche Musknlatnr
ihren Zusammenhang mit der Kpitbelschicht. von welcher sie abgeschieden
worden ist, was sich bei den Coelentcrateu als der gewöhnliche Befund
darbietet. Bei anderen Wirbellosen löst sich dieser Zusammenhang, indem
die nach der freien Epithelobertläche engekehrten Bftnder der Falten unter-
dnaader verwachsen. Dadurch kommen iwei verschiedene Formen des
Fig. 213. Kiu 214. Fig. 215.
Fig. 213. JPaitung de« Moakelepithels vom
Sntodenn einer Aettaie. Nach Hbmwio aus Hat-
SOBBK-
Fig. 214. MuBkelepithel einer Medusa im
Querachnltt mit 1. Declcschicht und S, gefislteter
Moskelschicht.
Fig. 215. Qnen<diiiitt dnrOh die Liaga-
muBkulatur von Sagitta. Nach Hkrtwio aus Hat-
BcuKK. 1. Deckschicht, Epithel der Leibeshöhle, H. in
filätter gefaltete Muskellamellet unterhalb derselben
die Epidermis.
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218
Zehntes KapiteL
Hnekelgewebet rastande: das Mnskelkästchen und das Muskel-
primitivbttndel. Maskelkästchen oder -B&nder entstehen, wenn
zwei nebeiioinaiulergelagerte hohe MnskclMiitter mit ihren frfMrn Rändern
verwachsen, wie der folgende Querschnitt (Fig. 216) durch die Längs-
muskulatnr eines Kegenwurms zeigt. Muskelprimitivbüudel oder
quergestreifte Mnskelfasem dagegen werden gebildet, wenn die FAltimgen
der Lamelle mehr unreijeliiiafsitr und niedrig bleiben (Fig. 217 ^4), die
Faltenteile sich frühzeitig abschnüren und ihr aus Muskelkörperchen und
Fibrillen bestehender Inhalt sich in die unter dem Epithel befindliche
Sttttzsnbetanz als ein mnder Strang oder als Bttndel einlagert (Flg. 217 B),
Durch Wiedfrliohuig desselben Vorgaii^'s. durch mehrfach sich erneuernde
Faltcnliilduim und Abschnürung kann von einer Muskel erzeugenden E|»ithel-
streckc aus ein immer dicker werdendes Lager Übereinander geschichteter
Fig. 216. Fig. 217.
Fig. 21A. Tiingamnakelaöbidht eliies
Begenwurms im Qaersohnltt.
1. Dcikschicht (Feritonealepithel , ?.
Muskelkastchen mit rundlichen Zeilkemen
(Muskelkdrperehen) zwischen den Mnskel-
fibrillon, 3. Bindegewebshülle der Muskel-
küstilien mit platten Zellkeriieii.
¥ig. 217. Durobsohnitt durch daa
KuakeleptOiel vom ■ntoderai einer
Aetlnie.
A Gering und unregelmäfsig ausgebildete
Faltung. £ Faltenteile haben sich zu
Stringen oder BQndeln von Maskeübrillen
abgeschaArt und in die Stfttssabstans aU-
seitig eingelagert.
Muskelprimitivbündel zustande kummen. Auch können die Muskelkustchen
und PrtanitiYblkndd noch dadurch an Zahl Termebit werden, dab ae durch
Zunahme der Fibrillenmasse wachsen und sich dann der LiDge nach durch
Einschnürung in zwei Teile und so fort trennen.
Bei den W i r b e 1 1 i e r e n stammt die gesamte . quergestreift^
willkürliche Muskulatur, abgesehen von einem Teil der Muskeln des
Kopfes, von einem kleinen Bezirk des mittleren Keimblattes ab, vod
den Ursegmenten. Diese sondern sich, irie sebon frtther erwibnt
wurde (S. 117). in zwei fmiktionell verschiedenartige Abschnitte, in
einen Teil, der das Mescm hym des Achsenskcletts liefert (Skierotom i,
und in einen zweiten Teil, der sich iu Muskelgewebe umwandelt
(Myotom). Bei manchen Wirbeltieren zeigt das Myotom, hei anderen
das Skierotom eine frühzeitigere und stärkere Entwicklung. So gehen
bei Amiiliioxus luid den ("yklostomen die TTrsegmente der Hauptsache
nach iu der Muskelbilduug auf. Auch sind dies die einzigen \Virl>el-
tiere, bei denen, anstatt MuskelprimitivbQndel, Mnskelkftstchen an>
getroffen werd' ii.
Beim Am|>liio,\us sind die I'rsegmente (Fig. '><> u. TJ!» «>7»)
mit einem grolseren Hohlraum versehene öückchen, deren Wand aus
einer einfachen Lnge von K])ithelze11en besteht, während sie bei
Cyklostomen der Höhlung entbehren. Hier wie dort entwickeln
sich die Zellen des Ursegments in einer doppelten Weise weiter. JNar
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Die Or^e dei aittleren Krimblattei.
219
die an Chorda (eh) und Nerveurohr (ii) angrensenden Zellen (Fig. 55
u. 218) dind beetimmt, Mvslcelüiseni eu bildeii; rie vergröfaeni sieli
bedeutend und nehmen die Form von Platten an, die parallel neben-
einanderliegen wu\ mit einer Kante, die ich als ihre Basis be-
zeichnen will, benkrecht auf die Oberfläche der Chorda und parallel
zur Lftngsachse des KOrpers gestellt sind. Sehr frtthzeitig (beim
Amphioxus auf dem Stadium mit zehn Ursegmenten) beginnen die
Zellplatten an ihrer Basis feine, quergestreifte Muskolfibrillon auszu-
scheiden, mit welchen die Kmbryoneu schon schwache Zuckungen
ausfahren können. Indem nun immer neue Fibrillen zu den an der
C hordaohertläche gebildeten hinzugefügt werden und indem die AIh
sclu'idurig jrt/t auch an beiden 1'lflchon der sich Icrnlirendcii Zcll-
piatten geschieht, entstehen charakteristische, quergestreifte Muskel-
blätter. Diese sind wie die Blätter eines Buches links und rechts
an der Chorda angeheftet. Je mehr Fibrillen ausgeschieden werden,
um so inelir nimmt zwischen ibnor das Protoplasma dor Bildungs^
Zellen au Menge ab; es wird dir Kern nnt einem Kest von Proto-
plasma nach dem der Ursegmenthöhle zugekehrten Zellenende hin-
gedrängt. Die Obrit^tMi Zellen der Ursegmente werden zu einem
Hachen Plattenepithel (Fig. 21 s umgewandelt, welches jetzt und
auch später an der Muskelbil(iung rieht teil nuiiiut. fCiitisbJatt von
Hatschek.) Es geht dorsal- und veutialwftrts durch t bergangszellcn
(Fig. 218TrZ) in die Lage, irelche Muf^kelblätter bildet, über in
ähnlicher Weise wie im LinsensAckehen das Linsenepithel in die
Linsenfasern.
Bei älteren Larven dehnen sich die Ursegmente nach oben und
nach unten aus, wobei fortwährend eine Neubildung von Muskel-
blättern von den olien erwähnten Zellen ( WZ) aus stattfindet. Dio
oberen und unteren Ränder der T^rsegnieiite bilden denmacb eine
W ucheruugszone, durch deren Vermittlung die Kumpfmuskulatur
immer weiter dorsal- und ventralwftrts wächst. Auch wandeln sich
jetzt bei sechs Woelieii alten Larven von Petrnniyzon (Fig. 2P.') die
Muskelblätter in Muskelk:lst( heii {k) um, wie ScHNEroER die eigen-
tümlichen, dehnitiveu Strukturelemente des Amphioxus und der
CykloBtomen benannt hat. Die einander zugekehrten Fibrillenlagen
zweier Blätter, welche von einer Zellplatte an ihren zwei Seiten aus-
geschieden worden sind, verbinden sich mit ihren Kündern, so dafs
jetzt je<ie Bilduugszelle von den ihr zugehörigen Fibrillen wie von
einem Mantel rings umschlossen wird. £s ist so ein Ahnliches Form-
eieinent entstanden, wie 08 die Lftngsmuskulatur des Regenwurms
(F'ig. 216) zeigt.
Schliefslich greifen noch drei Veränderungen an den Muskel-
kftstchen der Gyklostomen Platz. Die homogene Sttttzsubstanz, welche
auf dem ersten Stadium nur als feine Linie zwischen den zwei Fibrillen-
lagen eines Muskelblattes angedeutet war, nimmt zu und liefert die
Scheidewände, durch welche die einzelneu Muskelkästchen voneinander
getrennt werden, und in welchen später auch einzelne Bindesubstanz-
aellen und Blutgcfälse anzutreffen sind. Zweitens wird die proto-
plasmatisrlie < ivundsnbstanz der Bildnngszellen fast vollstiiiniig auf-
gebraucht durch fortgesetzte Abscheidung zahlreicher feiner Fibrillen,
welche sehliei^lieh das ganze Innere des Kästchens ausfollen. Unter
den Fibrillen kann man jetzt zwei verschiedene Arten unterscheiden,
central gelegene und solche, welche den Scheidewänden fest anhaften.
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220
Zehntes Kapitel.
Drittens sind zwischen den Fibrillen zerstreute, zahlreiche, kleine
Kerne aufzutinden. welche von dem ursprünglich einfachen Kern der
Bildunpszelle durch häutif; wiederholte Teilung abstammen.
In einer etwas anderen Weise als bei dem Amphioxus und den
Cyklostonien erfoljit bei den übrigen Wirbeltieren die Entwicklung
der Muskelsegmente, zu deren Studium wohl die geschwänzten Am-
phibien die lelirreichsten Objekte liefern. Bei Triton (Fig. (Ji> u. 130 msä)
enthalten die UrsegniiMite einen ansehnlichen Hohlraum, der ringsum
von grofsen, cylindrisclien F.i)ithelzellen umgrenzt wird. An etwas
älteren Eml)rvonen gehen in dem Teil des Epithels, welcher dem
Nervenrohr und der Chorda anliegt und somit der oben besprochenen
muskolbildenden Schicht des Amphioxus und der Cyklostonien ent-
spricht, lebhafte Zellverniehrungen vor sich, durch welche der Hohl-
raum eines Ursegments ganz ausgefüllt wird. Hierbei verlieren die
WZ
ae
n-
I 1
Fift. 219.
mf mk k
(Ik mk mf
Kiff. 218.
Kig. 21M II. 219. Zwei Querschnitte durch die Rumpfmuskulatur einer
14 Tage alten Larve I 21.'<) und einer sechs Wochen alten Larve (Kig. 219)
von Petromyzon Pianeri. .^Ol)ro{il vcrgrnf>frt.
JN' iiiul Ch der an das Hm koiiiiiai k inul die Chorda angrenzende Teil des
Querschnitt*., rhs skelettbildende ( hordascheide, rp Epidermis, ne uiifsere Epithel-
schitht des I rsegnienth, mk Mn^kel/elleMkenie, mf Muskeltibrillen im (Querschnitt,
WZ Warlistuinäzone, l'bergang der äufseren /ellüUM'hicht in die muskclbildende
.S<hi('ht des rrsegnient^, Slu^kelkasteheu.
Kig. 220. Querschnitt durch die Rumpfmuskulatur einer fünf Tage
alten Larve von Triton taeniatuB. r)0(»iaal vergrofscrt.
Uli ,Mii.>-kelkenie. r;i/' <pu'r dur« hs» hnittene .MuskeHibrilleu, dk Dotterkörner.
Zellen ihre ursprüngliche Anordnung und Form; sie verwandeln sich
in buigitudiiial verlaufende Cylinder. weicht' die Länge eines Urseg-
mentcs eiiinebiiini und /u beidtMi Seiten des Rückenmarks und der
Chorda uinl paialb'l /ii ihnen iiclirn- und übereinander gelagert sind
(Fif?. Jeder Cyliinier. <ler anfangs nur einen einzigen Kern
(/«/•) aufweist, umgibt sich mit fiiieni Mantel feinster, tjuergestreifter
Fibrillen ('"/); er ist jetzt einem Muskelkastchen (1er Cyklostonien
(Fig. 21'.') zu veryjeiclien Auch spielt sich hier wie dort eine Reihe
ähnlicher \ eriimlerungen weittM' ab. An älteren Larven werden
immer mehr Fibrillen ausgeschieden, wt^lche allmählich den Binnen-
rauni des Cvlinders ausfüllen. Nur in seiner Achse bleiben Stellen
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Die Organe des mittleren Keimblattes.
221
frei, in welche die kleiDen Kerne zu liegen kommen, die, durch
TciliiiiL' df'< ciiifiuhen Miitterkems entstanden, an Zahl bedeutend
zuiR Innen. Ferner driögt jetzt zwischen die Muskelfasern oder die
Pnuiitivbündel , wie später die fertigen Elemente heifsen, Binde-
snbetanz mit Blutgefäfsen bioein.
wahrend bei Aniphioxus, den Cyklostoiuen und Aini)hibien dio
I'rsegnH'nte als ihre wichtigste Leistung die Anla^'e der (luergcstreiften
und willkürlichen Körpermuskulatur erkennen lassen, »ouderu sie sich
bei den Selaebiem und den drei hAberen WirbeitierklaBsen von vorn-
heroin in zwei ^leicli auffiillige und «iBehnliehe Anlagen, in Skierotom
und Muskelplatte (Mvotom).
Bei den Selachiern wächst die skelettbildende Schicht, deren Ur-
sprung schon froher (S. 117) besehrieben wurde, zur Seite der Oborda
in die Höhe (Fig. VA'^ u. 22" Nach aufsen von ihr findet man
den zur Muskelbildung dienenden Teil des Ursegnients. Dieser be-
steht aus einer inneren und einer äufseren Schicht, welche durch
den Rest der Ursegmenthöhle (Fig. 133 h) voneinander getrennt sind.
Die innere Schicht (Fig. 138 mp) jrrenzt an das skelettbildende Gewebe
(fil') an und setzt sich aus mehrfach nhert'inanderliegcndt»n. spindelipen,
längsgerichteten Zellen zusammen, die quergestreifte iMuskelhbrillen
abscheiden ; sie entspricht der bei Amphioxoslarven (Fig. 55) und
Cyklostomenlarven (Fig. 218 mf) noch direkt an die Chorda an-
stofsenden inneren Wand des Ursegments. Die ftufsere Schicht liegt
der Epidermis an und behält noch längere Zeit ihre Zusammensetzung
aus kubischen Epithelzelleo bei. Dorsal und ventral biegt sie in die
innere, muskelbildende Schicht um und trägt hier wie beim Amphioxus
und bei den Cyklostomen zur Verfrröfserung der letzteren bei, indem
ihre Zellen länger werden und sieb in Muskelfasern umwandeln. Die
Moskelplatte breitet sich dann nach oben und unten in der Rumpf-
wand weiter aus (Fig. 134). Die Höhle in ihriMyf 1) schwindet
dabei allmählich. Die muskelbildende Schicht nimmt an Dirke immer
mehr zu, indem die Zalü der Muskelfasern eine grulsere wird; die
äniVere Schicht verliert, allerdin^ erst ziemlich spät, auch ihren
epithelialen Charakter und beteiligt sich an der Entwicklung der
Lederhaut (Fig. 184 cp).
Bei den Reptilien, Vögeln und Säugetieren ist die Wucherung
der Ursegmente. welche das skelettbildende (Gewebe liefert, noch
mächtiger als Im den Selachiern. Der gr^foere, median und ventral
gelegene Teil löst sich allniithlich in Gallertgewebe auf. welches um
Chorda und Nervenrohr herumwächst; der kleinere, dorsal und lateral
davon befindliche Abschnitt, welcher von der Chorda durch die skelett-
bildende Schicht des I rsegments weit abgedrängt ist, wird zur Muskel-
platte ( I ii; l'^7 i'lwr die entsprechenden ^ erh Utnisso bei mensch-
lichen Knibryonen geben die Fig. 221 u. 222 Aufschlufs. Auf dem
Querschnitt sieht man das Nervenrohr mit den ihm anliegenden
Spinalknoten und die unter ihm befindliche Chorda durch skelettogenes
Bindegewebe, v-flrlies vom Skierotom des rrsetrmpiits abstammt,
ringsum eingehüllt und links und rechts vun ihm je ein ziemlich
scharf abgegrenztes Myotom. Auf dem in frontaler Richtung ge-
ftkhrt«! Längsdurchschnitt durch die hintere Rumpfhälfte desselben
Embryo tritt die durch die Myotome (nis) li('r\ r<i jKMnfrno Segmen-
tiening des Kör|)er8 deutlich hervor, indem mau linker liand fünf,
rechter Hand vier vom Schnitt getroffene Muskelsegmente zählt. In
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222
Zehnte» Kapitel.
einzelnen von ihnen ist noch ein feiner Längsspalt sichtbar, der letzte
Rest der auf früherem Stadium etwas gröfseren Ursepment höhle (tüt).
Dagegen läfst die von den Sklerotomeu abstammende Bindegewebs-
hülle um Chorda und Nervenrohr keine Spur einer Segmentierung
mehr erkennen. Auch ftir die höh(Ten Wirbeltiere läfst sich bei ge-
nauerer Untersuchung der Nachweis ftlhren, dafs die Muskelfasern aus
der epithelialen Anlage durch eine Art Faltungsprozefs entstehen, in
Ähnlicher Weise, wie es in der Einleitung für die wirbellosen Tiere
geschildert wurde. So zeigt der Querschnitt durch das Myotom eines
Kaninchens wie das muskelbildende Epithel (Fig. 223 m) durch
Faltung in klein«» Bezirke zerlegt wird , zwischen welche sich feine
Scheidewände vom angrenzenden Bindegewebe (sc) hineinschieben.
Durch weitere Abschntlrung werden Muskelpriinitivbündel gebildet.
Fig. 221. Fig. 222.
Fig. 221 u. 222. Querschnitt (Fig. 221) durch den Rumpf in der Gegend
der vorderen Extremitätenanlage, Frontalschnitt (Fig. 222) durch die
hintere Rumpfhälfte des in Fig. 160 abgebildeten mensohlichen Embryo.
In Fig. 221 sieht man Nervenrohr nr, .\orta ao, Muskelsegmente ms, die
Anlage der Vorderextremität ve, die Anlage der Urniere un, Daruirobr mit dur-
Balem und ventralem Mesenterium rm, Ansatzstelle des Xahelstrangs nst. Ferner
svg Spinalganglion, Ii Ligamentum iutermusculare, sk skelettogenes Gewebe, uh
Ürsegmenthdhle.
Für die Entstehung der Rumpfmuskulatur der Wirbeltiere erhält
man somit folgende zwei Sätze: 1) Die Muskelelemente ent-
wickeln sich aus Epithelz eilen, die von einem be-
grenzten, zu den Ursegmenten sich abschnürenden Be-
zirk des Epithels der Leibes höhle abstammen. 2) Die
epithelialen Pro<lukte werden in ähnlicher Weise wie
die aus dem E])ithel hervorsprossenden Drüsengänge
und Drüse nbläschen von Bindegewebe umwachsen und
allseitig e i ngeh ü 1 lt.
Betrachten wir jetzt noch etwas genauer die ursprüngliche
Anordnung der von den L'rsegmenten gelieferten Muskel-
iiiassen. In allen Wirbeltierklassen bieten sich uns hierin ganz
gleirliartige Verhältnisse dar. Ül)erall erscheint als Gnindlage ein
sehr einfaches System läng.sverlaufender. kontraktiler Fasern, die zu-
erst neben Chorda und Nervenrohr auftreten und sich von hier dorsal-
wäits nach dem Bücken zu und ventralwärts in die Bauchdecken hinein
ausbreiten. Die Muskelmasse wird überall (Fig. 224 //) durch schräg
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Die Organe des mittleren Keimblnttet. 223
zur Wirbelsllule verlaufende, bindegewebige Seheidewftnde (Ligamenta
illterrauscularia) in einzelne Se^^lnente oder Myomcreu abgeteilt. Bei
niederen Wirbeltit>ren erhillt sich dieser Zuätandf bei höheren macht
er eiuer koiuplizierterea Auordnung IMatz.
In welcher Weise aus dem ursprünglichen System sieb die nach
La}ze und Form so verschiedenartigen Mui^kelgruppen der höheren
Tiere ableiten, kann im einzelnen nicht nilher untersucht werden,
zumal auch dieses Gebiet der Entwicklungsgeschichte noch wenig be-
arbeitet worden ist; nur auf zwei Punkte, welche bei der Differen-
sierung der Muskelgruppen in Frage kommen, sei hier aufmerksam
gemacht. Erstens ist ein sehr wichtiger Faktor in der Ausl)ildung
des Ökeletls gegeben, das mit seinen Fortsätzen Ausatzpunkte für
Muskelfasern bietet. I>ie8e finden hierdurch
/^!^^> Gelegenheit, sich von der übrigen Masse
P^^%%i^\, abzusondern. Zweifens wirkt auf eine gröfsere
-'^v*§. Differenzierung der Muskulatur die Entwick-
Kig. m Fi(?. 224.
Fig. 223. Querschnitt durch das aiebente Ursegment eines Kaninchen-
£mbryo von 6,6 mm NackensteirslSiica. Besirke des MuskelMattei, durch
Bindegewebe gesondert Nach MmsHu
e Cutisbwtt, m Hnskelblstt des Ursegments, «e Sklerotom.
Fig. 224. Frontalschnitt durch die Mitte des Rumpfes einer schon
längere Salt aaa|(e«olilapft«n Tritonlarve, um die Anordnung der Muskel-
segmente ms sn zei^.
ch Chorda, ep Kpiderniis, cp Cutisplatte, embryonales flallrrtRcwehc, m» Muskel*
«egmente, U Ligamenta intermusculsria, bl Ülutgetälse, sk siieleitugene O'hordascheide.
Ihre Muskulatur, welche bei höheren Wirbeltieren sehr kompliziert an-
geordnet ist, erhalteu die GHedmaf^n gleichfalls von den IJrsegiuenteu.
Bei den Selachiern . bei welchen die Vorgänge am klarsten zu über-
schauen sind, sprossen je zwei Knospen, eine vordere und
eine hintere, aus einer gröfseren Anzahl von Urseg-
menten herTOrund wachsen in die Anlagen der paarigen
Flossen hinein, in welchen sie sie hin Muskeif asern um-
bilden. Sie lösen sich bald ganz von den Ursegnienten al) und
atellen kleine SSckehen dar, die von einem einschichtigen, niedrigen
Cylinderepithel au^igekleidet werden und eine kleine Höhle einschliefsen.
Im weiteren Verlauf teilen sie sich in eine dorsale und eine ventrale
Uällte, aus denen sieb die Muskeln für die entgegengesetzten Flossen-
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224
ZcbnlM KftpiteL
«^eiton herleiten. Auf dorn Querschnitt durch einen mensoblicheB
Embryo iViti. -21) sieht man ebenfalls das untere Ende der Muskel-
platte (nts) au das kleiuzellige Gewebe der flosseuartigeo Anlage der
Vorderextreniitftt (ve) dicht herantreteo, wodurch ihr miukelhOaendee
Zellmaterial zngefttbrt wird.
IL Die Entwieklimg der Harn- and GeseUeehtsorsoe,
der Nebenniere.
Die Entwicklung der Harn- und Geschlechtsorgane kann nicht ge-
tMMint in zwei Kapiteln besprochen werden, da hipide Orjran^ysteme
anatomisch und genetisch auf das innigste miteinander zusammen-
hängen.
Einmal nehmen beide ihren Ursprung au einer nod derselben
Stelle der epithrliiilen Auskleidung der Leibesh» : zweiten« tret^'n
Teile des Harusystems späterhin in den Dieui>t des Ge^ihiechis-
apparates; dean sie liefern die Wege oder Kanäle, die mit der Aob-
fbhruDg der Eier und des Samens betraut werden. Mit Recht faHst
man daher auch in der Anatomie die I ( id^n {»cnetisrh verbundenen
Organsysteme unter dem gemeiusameu Namen des Urogenitalsystenis
oder des Ham^Geschleehtsappafates zusammen.
Wir wenden uns hiermit wieder zu einem der interessantesten
Abschnitte der Entwjrklun«j«gest>hirhtr InterfP^p hennsprnrht gerade
in morphologischer Hinsicht das Lrogeuitalsystem, weil sich an ihm
eine grofee Anzahl von wichtigen Umwandlungen während des embryo-
nalen Lebens vollzieht. Bei den höheren Wirbeltieren werden zuerst
die Vomiere und die Turniere angelegt, Organe, die von verganglirber
Natur sind, die zum Teil wieder verschwinden und durch die bleibende
Niere ersetzt werden, zum Teil sich nur in ihren Ansführwegen er-
halten. Die vergänglichen Bildungen aber entsprechen Organen, die
bei niederen Wirbeltieren dauernd in Funktion sind.
a* Die Vujuiere und der Vornieren pa ng.
Das erste, wodurch sich die Entstehung des Harn-Geschlechts-
apparates bemerkbar macht, ist die Anlage der Vorniere. Es ist dies
eine Bildung, welche jetzt bei den Embryonen aller Wirbeltiere nach-
gewiesen ist. aber bei einigt ii eine grölVcrt'. \h'\ ;itu!i rt'n eine geringere
llolle spielt. Bei einigen (Myxiue, Bdellostonia. knochtntischen» bleibt
sie dauernd erhalten : hei anderen , wie den Amphibien , wächst sie
während des Larveolebens zu einem ansehnlichen Organ heran, da^^
nach (U'v Metamor|di(JSe wit^der verktlmmert; iipj den Selachiern und
Amniot»:n endlich bleibt ilire Anlage von vorhcreiu Hjhr rudimentär.
Für die Entwicklung der Vorniere mögen die Selachier, Amphibien
und Vögel als Beispiele dienen.
Bei St'lai hiem von etwa 27 Segmenten legt sich die Vorniere, in
der Gegend des dritten und vierten Runipfsegments beginnend, nach
rückwärts an. Dort, wo der segmentierte in den unseguientierten
Teil des mittleren Keimblattes Ubergeht, wachsen ans seinem parietalen
Blatt eine Anzahl segniental hintereinander angeordneter Zellstrftnge
hervor (Fig. 2'2Ö vn). die navh rückwärts unibiegt u und •^ii h zu einem
Längs.strang verbinden. Bald darauf erlialteu die Anlagen durch
Auseioanderweicheu der Zellen kleine Höhlungen in ihrem Innern.
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Die Organe des niltleren KeinbUttes.
225
Auf diese Weise ist jetzt zwischen Epidermis und ])arietaleiii Mittel-
blatt ein LäDgskanal, der Vorniereugaug (Fig. 226 vg), entstanden,
der sieh aber mehrere Rumpfsegmente erstreckt and durch mehrere
hiiitereinander gelegene Öffnungen, die Vornierentriehter, mit
der Loiheshöhle verbunden ist (Fig. 229 ni).
Kurze Zeit nach ihrer Entstehung erleidet die Anlage in ihrer
vorderen Hälfte eine vollstftndige Rttckbildung; die hintere Hälfte da-
gegen entwidEelt sich weiter, weitet sich aus, bleibt aber mit der
Leibeshöhle nur durch einen einzifzen Nierentrichfer in Zusammenhang
{¥ig. 229 vn)^ sei es nun, dais, wie Wijüj:: angibt, die mehrfachen
Trichter m einem einzigen verschmolzen sind, sei es, dafe nach der
Fig. 225 u. 226. Zwei Querschnitte durch einen Embryo von Pristiurua.
Nach Kabl. QuefBcbnitt Fig. 226 liegt ein wenig «citt r nach hinten al> (^uer-
schnitt Fig. 225.
ch f'horda. «/>'/ Spinalknnten, mp Mnskelplatle de^ l'rsegmenfs, H' skeletto-
genes (iewelie, das aus der medialen Wand des Ursegnients liervorgewiichert ist,
arh snbchordaler Strang, no Aorta, lA* inneres Keimblatt, jritü) , vrnh parietales,
▼iacerale* Mittelblett, m Vorniere, vg Vorniereogang , x Spalte im ürsegment,
welches noch mit der LeibeshAhle in Zusammenhang steht
eiu/eliie solide, segraental anjreordnete Wucheninfien entstehen, sich
aushöhlen (Fi;;. 227 u) und an ihren dem äufseren Keimblatt zu-
gewandten Enden zu einem LAngskanal verbinden. Der so entstandene
vomierengang (Fig. 227ti) hängt bei Rana iiiul Bombinator durch drei
Nierentrichter, bei Triton und Salamander durch zwei mit der Leibrs-
höhle zusammen, die hier etwas erweitert ist und als „Vornieren-
kammer'* bezeichnet wird. Die ganze Anlage gewinnt bald darauf
während des Larrenlebens eine stattliche Ausbildung dadurch, daßi
die Nierentrichter zu langen, sich vielfach schlängelnden Röhren
(Vomierenkanälen ) auswachsen.
In ähnlicher Weise legt sich auch bei den Vögeln, an welche sich
die Verhältnisse bei den Reptilien und Säugetieren (Rabl) wieder
ansehliefsen lassen, ein Vornierenkanal in verkOmmerter Form an
U. B*rtwig, Di« Elemente der Entwicklungelehre. 2. Aull. 15
Darstellung von Rt^CKBRT alle
Trichter bis auf einen ein-
zigen sich scbliefsen und
jmrfldcbilden.
Auch bei den Amphibien
legt sich die Vorniere an der
Stelle, wo Ursegmente und
Seitenplatte aneinandergren-
zen, dadurch an, dafs an dem
parietalen Blatt der letzteren
Fig. m.
Flg. 2SS.
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226
Z«hatet Kapitel.
(Fig. 131 W(l) und bleibt durch einzelne Trichter mit der Leibeshöble
in Verbindung stehen. Er macht sich zuerst bemerkbar bei Hohner-
embryoneo von acht l rseizmenten in der Gegend des fünften bis
siebenten Scmnents uinl entwirkolt sich von liit r Ihm Altpren Kmbryonen
nach rückwärts bis in die liegend des 15. Segments (Fklix).
Eine eigenartige Beschaffenheit gewinnt endlich die Vorniere, wie
es scht'int. bei allen \Virl)eltieren noch dadurch, dafs sich in der
Nah»' ihrer Tricliter einzelne itilzfornii^'n Wucherunizon aus der Wand
der Leibeshöhle, und zwar links und rechts von der Ansiitzstelle des
Darmgekröses, entwickeln. In jede Wucherung dringt vou der Aorta
ein Blutgefafs und löst sich hier ähnlich
wie iu den MALPionischen Korpen hen der
Niere in ein Büschel von Kapillaren auf,
die sich gleich darauf wieder zu einem
abfahrenden Gefäfs vereinigen. Später
pellt meist aus den sepmental angelegten
Wucherungen des Bauchfells mit ihrer
charakteristischeu Gefäfsanorduung eiu
Fijr. 227.
Fljf. 228.
Flg. 227. Querschnitt doroh eine sehr junge Bl&ulqnappe von Born-
Msator in der Qegend des vorderen Endes des Dottersacka. Xaiii (iiyrra.
a Falte des aui^eren Keiiublatte.s, die bich iu die KückentlosBC fortseuu ü*
Bfkckeninark , m Seitennnskel , ag* äußrere Zellscbicbt der Muskelplatte, $ Mea-
«nth.vni/<'Ik>o, [»Übergang des parietalen in das viscerale Mittelblatt, u Vomiere.
/ Dai iiilinlile, e Dannhlatt, in die I)otterzelitMinia''se d fiberjrehend . f ventraler
Bliod->ii(k <ifs Darms, der zur Ia'Iipt wird.
Fig. 2216. Qaersolmitt durob die Vomiere von Triton taeniatua (6 mm).
Nach Sioioa.
p Peritonealtriehter, gl Glomeraloi, I Leibeihfthle.
einheitliches Gebilde henror, der Vornierenknanel
rVornierenglonierulus). Der schematisch ^^ehaltene Querschnitt
(Fit;. 22^) (lurfli die Vorniere einer ♦> mni langen Tritonlarve gibt eine
klare V<irst* llun<<; Uber die Lagebeziehuugeu des Glouierulus {gl) zum
DarnifiekrüM' und zu den Nierentrichtem (p).
Nur bei denjeniu'' ii Wirbeltieren, bei denen die Vorniere vorüber-
gehend wirklieb in l'unktii»n tritt, wie bei den Larven der Amphibien,
bei C)klost»»nien und Teb'ostiern. erreicht ihr Glonierulus eine ansehn-
liche Entwicklung, während er bei den Selachiern und den Amnioten
rudimentär bleibt und später g:»nz /unn kgebildet wird. Im ersterea
Fall wird wahrscheinlich durch diese Einrichtung Flflssigkeit oder Harn»
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Die Organe dei mitderen Keinblattes. 227
Wasser ausgeschieden, das dano durch die Öffnungen der Vornieren-
kanUlcben aufgenommen und durch den gleich weiter zu besprechenden
Vornierengang nach aufsen entleert wird. Bemerkenswert und für die
Struktur (It r Vorniere rliaraktpristiscli ist dabei der eine Punkt, dals
der (jffalsknätuel sich nicht in (U r Wand der Vornierenkanälchen solhst,
wie es bei den Kanakheu der Urniere der Fall ist, sondern in der
Wand der Leibeshöhle entwickelt bat, so daft nur dureh Vermittlung
des letzteren das Ilaiiiwasscr ahtreführt worden kann. Zu diesem
Zweck hat sich bei vielen Wii heltievt i) noch der vordöre Abschnitt
der Leibeshöhle, der den Gcfäisknäuei und die Voruiereutrichter eot-
bftlt, gegen den ttbrigen Abschnitt mebr oder minder vollständig ab-
geschlossen, indem zwisrhen parietalem und visceralem Blatt des Bauch-
fells Verwachsungen nachtrilglich zustande gekommen sind und eine
Art Vorn ie renk am lue r hervorgerufen ha^n. Bei den Teleostiern
iat die Vomierenkammer voHstftndig abgescblossen, teilweise dagegen
nur bei Lrpidosteus, Ichthyophis, Krokodilen und Cheloniern.
In welclier Weise mündet nun aber die Vorniere nach aufsen ?
Eü geschieht dies durch den Vornierengang, der sich in der oben
beschriebenen Welse unmittelbar im Ansehlufs an die Vomiere ent-
wickelt. Vorn entstanden, wächst er allmählich so weit nach hinten,
bis er den Enddarm erreicht und sich in die Kloake öHnet. Man
findet ihn bei allen Wirbeltieren (Fig. 131 Wd) in der Gegend, wo die
Ursegmente {Po) an die Seitenplatte (pj)) dureh die sogenannte inter-
mediäre Zellmasse angrenzen. Zur Zeit seiner Entstehung ist er
immer dicht unter dem äulseren Keimblatt celogen (Fig. VM Wd);
später entfernt er sich weiter von ihm und rückt in gröfsere Tiefe,
indem sieh embryonales Bindegewebe dazwischenschiebt (Fig. 137 W
u. Fig. 2'60ug). Der Kanal hat eine Anzahl verediiedener Namen
erhalten und wird in der Literatur als Vorn ierengang, U rn ieren-
gang, WoLFFScher Gang oder öegmentaigang aufgeführt.
Die Terschiedene Benennung erklärt sieh daraus, dal^ der Kanal im
Laufe der Entwicklung des Nierensystems seine Funktion wechselt und
ursprünglich nur für die Vomiere', später für die Umiere als Aus-
fübrungsgang dieuL
Über die Entstehung des Kanals baben lange Zeit die Ansichten
hin und her geschwankt. Aus den viele«, «jft widersprechenden Unter-
suchungen scheint sich mir jetzt folgender Tatbestand zu ergeben,
zu welchem auch Rückfkt in seiner zusamuienfasseudeu Darstellung
der Haraorgane gekommen ist.
Bei allen Wirbelt iert-n, mit Ausnahme des Amphioxus, entwickelt
"-i'h der vordere Abschnitt des V()rni<M''>nL';tnL'< iI'mh niittb'ren
Ktiiuiblatt in der Weise, dals die früher beschnebeneu , iu geringer
Anzahl segmental entstandenen Vornierenkanälchen mit ihren freien
Enden nach hinten umbiegen und sich untereinander verbinden. Der
mittlere und hintere Ahsclinitt dagegen zeigt nach den einzelnen
Wirbeltierklassen eine zweifach verschiedene Bildungsweise.
Bei Knochenfischen, Amphibien, Reptilien und Vögeln endet der
Vornierengang, wenn sich sein vorderer Abschnitt aus dem mittleren
K''imlilatt eben angelegt hat. Tunh liinten als Hncker. welcher in
den Zw i>«chenrauni zwischen aulV< rem und mittlen ni Kt iiuhlatt frei
vorspringt. Der Höcker wächst dann durch Vermehrung .sfiuer eigenen
Zellen allmählich in die Länge, bis er den Enddarm erreicht und mit
seiner Wand verschmilzt. Der mittlere und der hintere Abschnitt
15*
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228
Zehntes Kapitel
des Vornierenganges schnürt sich also weder yom äui'seren noch vom
mittlereil KeiraUatt ab, wie vod dieser oder jener Seite bebaaptet
worden ist, noch besiebt er Oberbanpt von ihnen Zellenmateriai zu
seiner Vergröfserung.
Die zweite Bildungsweise trifft man bei den Selachiern (Wijb£,
Babl, Bbard, ROcisrt) und bei den Säugetieren an (Hbmsek,
Flemming, Graf Sp£B, Kubbl). Wenn hei ihnen die Vorniere ebeo
aus den Wuchernnfjen des mittl^rfii Koinihlattes entstanden ist. setzt
sich das hintere Ende des Voruierengunges , anstatt ais Höcker nach
hinten frei aufzuhftren, alsbald mit dem äufseren Keimblatt in feste
Verbindung. An den Befund, der von einem Selachier-Embrjo in
Fi'j. 225 dargestellt ist. schliefst sich in einer Querschnittserie bald
ein Befund (Fig. 22(3) an, in welchem der Vornierengang jetzt als
leistenartige Verdickung des äufseren Keimblattes erscheint. Durch
das Studium verschieden alter Embryonen läfst sich dann weiter be>
obachten, dafs sich die leistenartige Verdickung des ftufseren Keim-
blattes immer weiter nach rückwärts verlagert, während nach vorn
von dieser Stelle der Gang sich abgelöst hat und sell)ständig geworden
ist Man findet also immer nnr das hinterste Ende des in die Länge
wachsenden Vomiereoganges mit dem Äufseren Keimblatt innig ver-
bunden.
Hypothesen über Outogenie und i'livlogenie des Vomierenganges tiaden
sieh in der 7. Auflage meine« Lehfbncbs der EntwieUnngsgescbichte
(S. 401 — 403) besprochen.
b) Die Urniere (WoLFFscher Körper). Dur Urnieren- oder
VVoLFKSche Gang.
Nach Entstobunp: des VomierensysttMiis entwickelt sich bei alleu
Wirbeltieren nach Ablauf eines bald kürzeren, bald längereu Zeit-
intervalls eine noch umfangreichere, zur Hamsekretion dienende Drüse,
die Urniere oder der WoLFFsche Körper. Frühzeitiger entwickelt
sie sich dort , wo die Anlage der Vorniere von Anfang an nur eine
rudimentäre ist, wie bei den Selachiern und Arouioten, relativ spät
dagegen bei denjenigen Wirbeltieren, bei denen die Vomiere vorOber-
gehend zur Funktion gelangt, wie Wi den Amphibien und Teleostiern.
Die rrnierc legt sich unmittelbar nach hinten von den Vornieren-
kauaiciieu an dem folgenden Abschnitt des Vomierenganges an, den
man daher von jetzt ab aueh als Urnleren- oder WoLnscben Gang
bezeichnet.
Wenn es heilst, eine Drüse entwickelt sich am rrnierenirang.
wird man zunächst daran denken, dal's aus seiner Wand seuiiche
Sprossen hervorwachsen und sieb verzweigen, wie es bei der Anlage
von Drüsen aus dem äufseren oder dem inneren Keimblatt geschieht.
Nichts Perjutiges findet hier statt. Wie fast alle Beobachter ülier-
einstimuicnd augeben, entwickeln sich die Drüsenkauaicheu der Li-
niere unabhängig vom Umierengang direkt oder indirekt aus dem
Epithel der Leibeshohle . und zwar steht ihre Entwicklung mit den
Ursegmenten in enirer Beziehung. Wenn diese sich von der Seiten-
platte scharfer abzutrennen beginnen, entsteht an der Abschnttrungs-
stolle ein dttnner Stiel, der noch eine Zeitlang einen Zusammenhang
zwischen beiden Teilen vermittelt iFig. 22iU'b) und daher Ursegment-
kommunikation genannt worden isL Denn er besitzt bei den Selachiern
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Die Organe de« mittleren Keimblattes.
229
eine kleine Höhle, welche die Ursegmenthuhle mit der Leibe»höhle
▼erbiiiddt. Bei den Amniotoo ist er solid (Fig. 231). Da hier aufoer-
dem die hintereinander gelegenen Stnlnge dicht zusanimengedrilngt
sind, erscheinen sie wie eine zusammenhangende, zwischen Ursegmente
und Seitenplatte iiineingeschubeue Zellenniasse, die man früher auch
Mitteiplatte, iotermediftre ZellmasBe oder Umierenblastem genannt
hat. Den schon früher beschriebenen ürnierengang sieht man dicht
an den Verbindungsstielen der Ursegmente lateral von ihnen seinen
Weg nehmen. Jeder Ver)>iuduugsstiel nun, welchen Rügkert geradezu
ein Nephrotom nennt im Gegensatz zum abrigen Teil des Ursegments,
welcher die Muskelplatte (Myotom) und das Zellenmaterial für das
skelettogene Gewohr (Skierotom) liefert, wandelt sich späterhin zu
einem Uruiercukaualchen um. Während sein eines Ende mit der
Leibeshöhle verbunden bleibt, trennt sich das andere vom Ursegment
Fig. 829. Fig. 280.
V'v:. 229 u '2:^0 Schemata von Querschnitten durch jün^re nnd
ältere Selaohier-£inbryonen. Nach Wuhk. biehe Erklärung Seite IIS.
ab (Fig. ^.^Omä-'), legt sich dann dicht an den Tmierengang an. ver-
schmilzt mit seiner Wand und otlnet sich in ihn. Auf dem Schema
(Fig. 230) iüt rechts die Ablösung des Yerbindungsstiels von dem
Ursegment, linlcs die Verschmelzung des abgelösten Endes mit dem
Ürnierengang dargestellt. Dieser ganzen Entstehungsweise nach ist
die l'rniere ein von vornherein segmental angelegtes Organ. Denn
wie bei den Selachieru am besten zu verfüigeu ist, entwickelt sich je
ein Umierenkanftlchen in je einem Segment — Bei den Reptilien,
Vi^eln nnd Saugetieren sind die Vcrbindung^tiele der Ursegmente
mit der Seitenplatte solide Zellenstränge ( Nephrotome, Urnierenstränge).
die sich erst nach ihrer Veri'chmelzuni^ mit dem UmiereDgang aus-
höhlen (Fig. 137 sO; i^neh werden sie jetzt deutlicher als gesonderte
Kanäle erkennbar, indem sie weiter auseinandergerückt und durch
schärfere Konturen gegen das umgebende Gewebe abgesetzt sind.
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Zehntes Kapitel.
Die Urniere vergröfsert sich allmählich von vorn nach hinten und
erreicht dabei zu beiden Seiten des Darmgekröses eine grolse Aus-
dehnung, indem sie von der Lel)ergegend bis nahe zum hinteren Ende
der Leibeshöhle horabreicht ; sie gewinnt eine sehr regelmälVige. zier-
liche BeschatTeuheit . wie die Abbildung eines 25 Tage allen Hunde-
embryo zeigt (Fig. loOtin); sie kann als eine kammförmige Drtise
bezeichnet werden, zusammengesetzt aus einem lateral in einiger
Entfernung vom Mesenterium gelegenen, längs verlaufenden Sammel-
rohr und njedianwärts ansitzenden, kurzen Querästchen. den Urnieren-
kanälchen.
Bald nach ihrer Verbindung mit dem Urnierengang beginnen die
einzelnen Urnierenkanülchen etwas in die Länge zu wachsen , sich
dabei S-förmig aufzuwinden und in drei Abschnitte zu sondern. Der
mittlere Abschnitt weitet sich aus und gestaltet sich zu einer Bowman-
schen Kapsel um. An diese treten von den in der Nähe der l'rniere
vorbeiziehenden, primitiven Aorten einzelne «Querästchen heran und
lösen sich in ein Büschel von Kapillaren auf, aus denen sich ein ab-
fahrendes Gefäfs sammelt und zu den Kardinalvenen (siehe Kap. XIU
begibt. Der Blutgefäfsknäuel iGlomeruIus) wächst nun in das
Epithelbläschen hinein . dessen mediale Wand er vor sich hertreibt
und in das Innere einstülpt. Hierbei werden am eingestülpten Wand-
teil die J^pithelzellen stark abgeplattet, während sie auf der entgegen-
gesetzten Seite hoch und kubi.sch bleiben. Ein derartiges Gebilde,
das aus einem G«'fäfsknäuel und der umhüllenden BowMANschen
Kapsel l»esteht, nennen wir ein MALPiGHisches Körperchen, ein
Organ, das für die l'rniere und die bleibende Niere der Wirbeltiere
Uberaus bezeichnend ist. Aufser dem erweiterten, mittleren Teil ist
an jedem l'rnierenkanälchen noch zu unterscheiden erstens ein engeres
Verbindungsstück mit dem Urnierengang, welches mehr und mehr
in die Länge wächst, und zweitens ein kürzeres Verbindungsstück
mit der Leibeshöhle. Letzteres bildet sich in den einzelnen Wirbel-
tierklassen in verschiedener Weise um. Bei einigen , wie l)ei Se-
lachiern. behält es seinen Zusammenhang mit der Leibeshöhle auch
beim ausgewachsenen Tiere bei und beginnt am Bauchfell mit einer
von Flimmerzellen umgebenen Öffnung, die, von Semper entdeckt, als
N ie r en t r i ch t e r (Nephrostom) bezeichnet worden ist. Die Ein-
richtung erinnert an ähnliche Gebilde, welche die Kxkretionsorgane
der gegliederten Würmer besitzen. Bei den Amnioten indessen lö^en
sich die Urnierenkanälchen v(m dem Epithel der Leibeshöhle ebenso
wie von den Trsegnienten frühzeitig und vollständig ab und verlieren
dadurch jede Beziehung zur Leibeshöhle.
Bei den meisten Wirbeltieren entwickelt sich die Urniere zu
einem voluminösen Organ. Es beginnen nämlich die zuerst kurzen
Urnierenkanälchen stärker in die Länge zu wachsen und sich dal>ei
in zahlreiche Windungen aufzuschlängeln (Fig. .<,/). Aufserdem
Kommt es zur Entstehung neuer Kanälchen zweiter und dritter
Ordnunj:. Auch diese bilden sich wieder unabhängig vom Urnieren-
gang dorsal von den zuerst entstandenen Querkanälchen : sie nähern sich
mit ihrem blinden Ende dem primären Ilarnkanälchen und vereinigen
sich mit seinem Endabschnitt, welcher sich so zu einem Sammelrohr
umwandelt, Gleichzeiti;: legt sich an einem jeden vim ihnen auch ein
MALi'it.msches KörjRMchen an. Gewöhnlich findet sich l>ei den meisten
Wirlieltieren das Xerliältnis durchgeführt, dafs der vorderste Teil.
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Die Orgaue des initüerea Keimblattes.
231
der später zu den GesctalechtsdrOsen in Beziehung tritt, einfache
Kaiiiilrl rn Ijehillt, und dafi? mir der liinttM-e Teil durch Bildung
sekundärer und tertiärer Anlagen in eine zusammengesetztere Form
übergeht. — Je mehr die Urniere mit der Schlängelung ihrer
Kanftlchen und ihrer weiteren Differeuziemng an Volum zunimmt,
um sn niohr prenzt sie sich von ihrer Umgebung ab und tritt aus
der Ruiiipfwiuid als deutlich gesondertes Organ in die Leiheshfthle
hervor, wo sie zu beiden Seiten des Darmgekruses ein vorspringendes
Band bildet (Flg. 234 WK}.
Das feinere Scliii ksal der üruiere ist in den einzelnen Wirbel-
lierklassen ein vt rsehiedeues. lU'i den Anamnia (Fischen und Am-
phibien) wird die Urniere zum bleibenden Harnorgan und gewinnt
aufterdem noch Beziehungen zum Oeaehlechtsapparat, aufweiche spftter
1 ig. 2in. SohaiDa des urBpräiisliolien SnstandM der Hivre beim
H 0 ittc hiar-Bmbryo.
rmicTenK:<nf;, iUt sich bei o in die LL'ibesli"hI«' uiul am anderoii Hildo
in die Kluake ufliift , x Linie, längs welcher sich vom Urniercngan]; der am
Schema nach unten gelegene MüLLKRscbe Gang abteilt, 9Jt tJrnierenkaii&lchen, die
eimeneits in die Leibeiböble, «nderiettt in d«a Umierengnng mttnden.
eingegangen werden wird. Bei Vögeln und Säugetieren dagegen
fungiert die Urniere nur kurze Zeit wahrend des embryonalen Lehens;
bald naeh ihrer Anlage erfahrt sie schon Ilnckbildungen und bleibt
schlielblich nur teilweise erhalten, soweit sie in den Dienst des Ge-
schlechtsapparates tritt und zur AusfObrung der Geschlechtsprodukte
mit verwendet wird.
c) D i c X i e r e.
Die Ausscheidung des Harns übernimmt bei den höheren Wirbel-
tieren eine dritte, am hinteren Endstück des Urnieren ganges sich
anlegende Drüse: die bleibende Kiere. Ihre Bildungsgescliichte,
welche von dci ii> i Turniere sehr abzuweichen scheint, bereitet der Unter-
suchung gröl'sere Schwierigkeiten. Nach den übereinsitimmenden An-
gal>en aller Forscher bildet sich zuerst in der von Kupffer ent-
deckten Weise am Ende des Urnicrenganges aus seiner dorsalen
Wandung eine Ausstülpung, der Harnl fiter oder T'reter: dann
wachst er narb vorn in die Ljinge. fiiigehl^llt in ein zellenreiches
Gewebe. „Nieroumesenchynr, wtlehes die bindegewebigen Be-
standteile der Niere liefert. Der Harnleiter weitet sich hierauf an
seinem blinden Kiitie etwas aus und liefert den liei den Säugetieren
als NieronlMH'ken tiezeiclmctcn Abschnitt. Aus ihm gehen durch
Sprobsung die Nierenktlche un»l aus diesen durch weiter fortgesetzte
Sprofisnng und Teilung die Austiufsröhren (Ductus papilläres) und
Sammel röhren hervor.
Während so weit die Verhältnisse klar liegen, stehen sich tiber
den weiteren Verlauf der Niereneutwicklung zwei Ansichten gegen-
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232
Zehntes Kapitel.
über. Nach der älteren Ansicht, die neuerdings wieder in GoLor
und SEixiwiCK MiNOT (siehe dessen Lehrbuch der Entwicklungs-
geschichte, S. 52(3) ihre Verteidiger gefunden hat, bildet sich aus
dem Harnleiter das ganze Kanalsystem der Niere nach Art des ge-
wöhnlichen Drüsenwachstums. Es sprossen also aus den Sammel-
röhren auch die HESLEschen Schleifen, die gewundenen Hamkanälchen
etc. hervor.
Nach der zweiten Ansicht dagegen (Semper, Braun, Ft^RBRiNuKK,
KuPFFER, Sedgwick uud Balfour) entwickelt sich die bleibende
Niere aus zwei getrennten Anlagen, die erst sekundär
in Beziehung zueinander treten: die Marksubstanz mit ihren
Sammelröhren aus dem Harnleiter, die Rindensubstanz dagegen mit
den gewundenen KanRlchen und den HENLESchen Schleifen aus einer
besonderen Anlage, dem „Xierenblastem". Nach dieser Ansicht würde
demnach eine Ül)ereinstimmung stattfinden zwischen der Entwicklung
der Niere und der Urniere. insofern \m
letzterer der Urnierengang und die Ur-
nierenkanälchen ja auch getrennt entstehen,
um erst später sekundär durch Verwachsung
zueinander in Beziehung zu treten. Forscher,
die der zweiten Ansicht huldigen, haben
daher auch die bleibende Niere als eine
jüngere, reicher entwickelte Generation von
Umierenkanälchen gedeutet.
Um die Streitfrage zu lösen, bei welcher
Behauptung gegen Behauptung steht, sind
jedenfalls noch weitere Untersuchungen von
mehreren Vertretern der Klasse der Säuge-
tiere sehr erwünscht.
Die voluminöser gewordene Niere,
welche bald die Urniere an Gröfse über-
tlügelt hat, ist anfangs aus einzelnen, durch
tiefe Furchen getrennten Lappen zusammen-
gesetzt (Fig 2:^2). Die Lappung bleibt bei
den Rei)tilien, Vögeln und einzelnen Säuge-
tieren (Cetaceen) dauernd erhalten. Bei
den meisten Säugetieren jedoch verschwindet sie, ebenso wie beim
Menschen (bei dem letzteren nach der Geburt). Die Oberfläche der
Niere gewinnt eine vollständig glatte Beschaffenheit; nur noch die
innere Struktur (MALPiomsche Pyramiden) weist auf die Zusammen-
setzung aus einzelnen, ursprünglich auch äufserlich gesonderten Alv
schnitten hin.
Der Übersichtlichkeit halber wurde die Entwicklung der drei
Abschnitte: der Vorniere. Urniere und bleibenden Niere, bisher im
Zusammenhang besprochen. Dabei wurden andere Vorgänge einst-
weilen aufser acht gelassen, welche sich gleichzeitig in der Umgebung
der Uruierenanlage abspielen, Sie betreffen die Ausbildung des
MrLLERschen Ganges, der Geschlechtsorgane und der Nebenniere.
- hl
Kif?. 232. Niere und
Nebenniere eines mensch-
lichen Embryo am Ende
der Schwangerschaft.
«« Ncbcuniere, n Niere,
l Lappen der Niere, hl Harn-
leiter.
d) Der Mt'LLERsche Gang.
Der MtLLEKSche tiang ist ein Kanal, der bei Embryonen der
meisten Wirbeltiere (Selachier, Amphibien, Reptilien, Vögel und
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Die Organe des mittleren Keimblattes.
2aa
ff (t
S&ugetiere) ursprünglich parallel und dicht neben dem Umierengang
vorgefundrii wird . ein Kanal , der sich in gleicher Weise bei beiden
Ge^^chleclirern anlegt, alier spater in jedem eine verschiedene Ver-
wendung nndet. Er nimmt bei niederen Wirbeltieren seine Ent-
stehung aus dem Uroierengang, was am leichtesten bei den Selactaiern
(Semt'FJ;, Balfoür, HoFF^fAN^^ Rabl) zu verfolgen ist. Hier weitet
sich der ürnierengang aus, erhält auf dem Querschnitt (Fig. 28;i4)
eine ovale Furm und gewinnt an seiner dorsalen {sd) und ventralen
Hftlfte (o^, welche letztere an das Peritonealepithel unmittelbar an-
grenzt, eine verschiedene Beschaffenheit. An der dorsalen Hälfte
münden die l'rnierenkanillchen ein, während
ventral war ts sich die Wand bedeutend verdickt.
Hieranf erfolgt eine Trennung der beiden Teile,
die in geringer Kntfernurjr vom vorderen Ende
beginnt m Mierschnitt 3—1) und nach hinten bis
zur EiuuiUudungsstelle in den Enddarm fort-
schreitet. Das dorsal gelegene Spaltungsprodukt
ist der bleibende Ürnierengang (trrf); er zeigt
ursprünglich ein weiteres Lumen und nimmt
die Harnkanälchen auf (Fig. 231 si). Ventral
zwischen ihm und dem Epithel der Leibeshöhle
liegt der MüLLSBSche Gang (Fig. 233 od u. 231),
der zuerst nur wenig durchgjftngig ist, später
sich aber viel bedeutender ausweitet Beim
Spaltungsprozers wifd ihm das vordere Anfangs-
stttck des primären Kanals (Fig. 231 pd) zugeteilt,
welches auf S. 224 als Vorniere beschriehen
wurde und durch einen Flimmertrichter
(Fig. 231 0) in die Leibeehöble ansmOndet. Der
Flimmertrichter wird zum Ostiam abdominale
tubae.
Die Spaltung des einfachen Urniereugaages
in zwei dicht nebeneinandergelegene Kanäle
ist ein eigentümlicher Vorgang, der nur ver-
ständlicli wird unter der Voraussetzung, dafs
der Ürnierengang eine doppelte Funktion be-
sessen hat. Wahrscheinlich diente er ursprüng-
lich sowohl zur Ausführung des von den Ur-
nierenkanillchen gelieferten Sekretes, als auch
nahm er durch seine Vornierentrichter aus der
Leil>e8hÖhle die bei der Reife in sie entleerten
Geschlechtsprodukte, Eier oder Samenfäden, auf und leitete sie nach
aufsen. Ähnliches beobachtet man häutig bei wirbellosen Tieren, z. B. in
verschiedenen Abteilungen der Würmer, bei denen auch die Segmental-
kanäle, welche die Leibeswand durchbohren, sowohl Exkrete des
Körpers als auch die Geschlechtsprodukte nach aufsen befördern. Bei
den Wirbeltieren ist dann eine jede der zwei Funktionen auf einen
besonderen Kanal übertragen worden, von denen der eine die Verbindung
mit der Leibeshöhle verliert, dagegen mit den queren Urnieren-
kanälchen in Zusammenhang bleibt, der andere die Flimmertriehter
der Vorniere zugeteilt erhiilt und 80 zur Ausführung der Geschlechts-
produkte (Eier) geeignet wird.
Bei den Reptilien, Vögeln und Suugetiereu ist die Kntwickluugs-
Fig.m Vier Quer-
■ehnitle durob den
vorderen Abschnitt
des UmierengangeB
eines weiblichen Em-
bcsro von SoirUiam
oaiiieiil&. NachBALvoiTR.
Die AM)i!(lunK /eiprt,
wie sich vom Ürnieren-
gang und «kI der
Müi.Lsatcbe Gaog od
abspaltet.
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ZebatM KftpiteL
weise dfh M( LLtHhcheu Ganges besonders im Vergleich zu den bei
Selachiern und Amphibien beobachteten Verhftltnissen noch Gegen-
stand wiflHeosehaftlicbcr Kontroverse, ül)er welche mein Lehrbuch der
EDtwieklnngsgeschiehte (Vll. Aufl. S. 413) nähere Auskunft ^Mht.
W ir lieschränkeu uns hier
auf folgende Angaben: Zur
Zeit, wo die Urniere schon
weiter ausgebildet ist und
einen in die Leibeshöhie vor-
springenden , bandartigen
Körper (die Tlrnierenfaite)
darstellt, ist in ihrem vor-
deren Bereiche und an ihrer
lateralen Fläche das kraniale
Ende des MOuBRBchen Ganges
als I'iiine angelejzt, die von
Cylinderzelien ausgekleidet
wird. Sie liegt ganz in der
Nähe des Umierenganges und
wird S])iUer zum Ostium ab-
dominale tubae. Etwas mehr
distalwärts geht die liiuue
in einen Epithelstrang Ober
(Fig. 2'Vt -) . welcher sich
bald vom Peritonealepithel
ganz ublOst, sich mit seiueiu
blinden Ende der ventralen
Wand des ITmiereoganges
dicht anschmiegt und von
seinem Epithel kaum mehr
SU unterseneiden ist Schnitte
durch entsprechend alte Em-
bryonen von Vögeln. Säuge-
tieren und vom Menschen
(Fig. 235) liefern gleiche Be-
funde. Die Anlage wächst
dann mit ihrem hinteren
Ende immer dem L'ruieren-
Kig. 2H4. Querschnitt durch die Vr-
nlmr«, di« Aalmg» des Müllenohen Qaagoa
und dla XManfla» b«im Hlihiwliw Tom
▼itvten Tag«. Narb Waloktsii. Vergr.
leofach.
m Mesent^rittni, L Rmnpftilatte, o' die
(H'ni'nd (h's Kriiiionitlu'N, \on wehhor sich
datt vordere Küde uvs Mlllkh^cIu'ii (;anp«'S(j)
elng«*BtQlpt bat, a verdickte Tartu- des Keim-
enitneUi in welcher die primükren Keimzellen
(■ und o liefjien. K modifitierlet Mesenrbviu,
>«oraus das Stromn drr KeimdrÜM gebifdet
wird. H A' I rniere. y l ruicrengang.
] ■ : Qiierdohnitt durch den WoUA«1mii wid MttUanakai
Bweier meuechlioher Embryonen. Nach Naukl.
A fiiios fn<«n«ebli«>hra Kmhryo von 21 mm Lftnfre. B eines minnlirlien Em-
bryo ^oM 'Jl* iiKU 1 nicf.
)\ .,1. W.'L» r>> l.ei liaiiji. M -i. Ki;de des in Knt>» u kluiif» be^ffenen Mciam-
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Die ürgftue des mittleren Keimblattes.
295
gang dicht angeschmiegt und ihm folgend, weiter nach hinten, bis
sie die Kloake erreicht und in sie einmündet. Gleichzeitig trennt
sie sich etwau vor ihrem jeweiligen hinterem Ende schärfer vom Ur-
nierengang ab und liefert so einen ftolideu Zellenstrang, der zwischen
Peritonealepithel und Urniereogang gelegen ist und allmählich durch
Auaeinanderweichen seiner Zellen eine Höhlung < rli ilt.
Es ist eine Streitfrage, ob das hintere Eudt^ des MüLLRRscben
Ganges selbstAndig nach hinten auswichst, oder ob die innige Ver-
bindung mit dem Urnierengang in der Weise zu deuten ist, dafs hier
von letzterem eine Art Abspaltung stattfindet. Im zweiten Falle
würde die Entwicklung des MCLL£RSchen Ganges bei den höheren
Wirbeltieren sich von dem bei Selachiem und Amphibien beobachteten
Vorgang ableiten lassen.
e) Das Keimepithel.
Zur Zeit, wo sich der MOiXBRSche Gang anlegt, sind bei den
Wirbeltieren auch die ersten Spim 'i der Geschlechtsdrüsen nachzu-
weisen. Ihr Mutterboden ist ^'leiclitalls das Epithel der Leibeshöhle.
Dieses gewinut z. B. beim Hühnchen, welches der Beschreibung zur
Grundlage dienen soll, in den verschiedenen Bezirken der Leibeshöhle
ein verschiedenes Aussehen (Fig. 2:i4) : an den meisten Stellen platten
sich die Ejnthelien aufserordentlich ah und nehmen die Beschaffen-
heit des spateren „Eudotliels" au. Auch auf den Urnieren, die als
dicke, blutreiche Falten in die Leibeshöhle vorspringen, ist im
gröfsten Bereich das Epithel stark abgeplattet, erhillt sich dafjegen
in seiner ursprünglichen BeschatTenheit 1) an ihrer lateralen Fläche
längs eines Streifens (a) , an welciiem sich , wie wir obeu gesehen
haben, der MOLLBüSche Gang entwickelt, und 2) längs eines
St rei fens der an der medialen Seite der Urniere von
vorn nach liintcu hinzieht und als Keimepithel (Wälükier)
bezeichnet wird. Von ihm leiten sich die Keimzellen her:
im weiblichen Geschlecht dieUreier, im männlichen die
Ursamenzellen.
f) Der Eierstock.
Die Entwicklung des Eierstocks ist bis auf einige strittige Punkte
ziemlich genau l)ekannt , sowohl hei niederen als auch bei höheren
Wirbeltieren, daher ich mich einfach auf die Darstellung der Befunde
beschränken kann, welche man von dem Hohnchen und deh Säuge-
tieren erhalten hat.
Am fünften Bebrüt\ingstafr etwa nimmt das KeiraepitheJ beim
Hühnchen au Dicke bedeutend zu und wird 2— 'S Zellenlageu stark.
In ihm treten einige Elemente hervor, die sich durch Protoplasma-
reichtum und durch grofse und rundliche Kerne auszeichnen (Fig. 234
C u. o). die sogenannten l'reier ( VV vm.fykk). Unter dem Keimepithel
findet sich zu jener Zeit sciiou euihrvouales Bindegewebe vor, mit
sternförmigen Zellen (/;>, welche in lebhafter Wucherung begriffen
sind. Auf diese Weise entsteht an der medialen ^eite der I rniere
die Gesclileclitsleiste . welche von den Harnkanillchen durch eine
dazwischen betindliche geringe Quantität von embryonaler Binde-
sttbstani getrennt ist
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23iH
Zehate* KmgiML
Äholicbe Veränderungen wie beim Hfihochen treten bei Siagem
aaf. mit d^-m riiter-' hlH. 'i . 'la* K^ imepithel eine viel l>erieutendere
Dicke zu f*rrei< h»-n '«rhf^int. Auf älteren £ntwii>klaDgsstafiien verlieren
die Grenzen zwischen dem Keimtpithel, welches in starker Wucherung
begriffen in nod daher zahlreiche Keniteilangstiguren aufweist, und
ZwiiK-hen d* m unt^'^ ihm li- L'enden Gewehe mehr und mehr an Deutlich-
keit. E> rührt - » infä' h daher. daiV jetzt ein D u r c h w a c hsun gs-
prozei's de» LpitheL> und des embryonalen Binde-
gewebes sUttÜDdet (Fig. 2:^).
Slit AV»>i' ht <age ich: ein Durch-
wa< h>ungsprozefs . ind^ m i« h
unentschieden lasse, ob mehr das
Keimepithel infolge seiner Ent-
wicklungindasembryonale Binde-
gewebe in Form von Stränsen
und einzelnen Zellgruppen hinein-
waehert, oder ob das Bnide-
gewehe mit Fortsätzen in das
Epithel dringt. Wahrscheinlich
sind beide Gewebe au dem Vor-
gang aktiv beteiligt
Infolge des Durchwachsungs-
prozesses. welcher lanjie Zeit
bt
Fif. 23^. Qaenchnitt durch den
BImtoek eines fünf Tage alten. Kft-
«t a gfae na. Stark veKrCifeert. NachBALvoim.
kje IMiupitlier, ujti Ureter, HJb Ei-
balka, 6i Bindegewebe.
w&hrend der Entwicklung fortdauert, gehen aus dem Keimepithei
dflnnere und stlrkere ZelleDStrfliige und Ballen (Fig. 236 n. 237)
hervor, welche nach ihrem Entdecker den Namen der PFLüGERschen
Schlauche erhalten
haben. Zuweilen treten
sie hier und da durch
seitliche Äste in Ver-
bindung miteinander.
Zusammen mit dem sie
trennenden Binde*
gewebe bilden sie die
Grundlage für die H inde
des Eierstocks. lu den
PFLOoBRsehen Schlln-
chen werden allm&hlich
zweierlei Arten \(\x\
Zellen bes^r uuter-
seheidbar: FolHkel-
lellen und Freier,
wie man an der Al'-
bildung eines iUtereu
Stadinms (Fig. 2:i8)
deutlich sieht. Während
nun die Follikelzelh^n
durch fortwährende
Teilungsprozesse zahl-
reicher und kleiner wer-
den, nehmen die Ureier
an Grölse immer mehr
zu und erhalten sehr
Flg. 287. Bohaitt dank den Slaratook eiaae
menschlichen Xiubrios ▼on 11 mn Rumpfliiiga.
NiK Ii NAiiKc.
/. Außere Schicht der Eierstockanlage (dag
spatere Eicrstockepithel), U. Kiftcher, 3. Stroma-
Gefilfte.
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Die Organe des mittler«! KeimbUttes.
237
anBehnliche, bUlscheuförinige Kerne mit einem deutlich entwickelten
Fadennetz. Sie liegen selten vereinzelt in den Strängen und Balken
der Follikelzellen , sondern gewöhnlich in Gruppen, in fftrmliehen
«Eines lern", zusammen (Fig. 238 ei.b).
Während der Vergrölserung der Eizellen leitet sich ein zweites
Stadium des Durchwachsungsprozesses von Epithel und Bindegewebe
ein: das Stadium der Fol 1 i ke 1 b i 1 d u n g (Fi^'. An der
Grenze zwischen der Mark- und Rindenzone des Kierstocks wuchert
das blutgefärsfQbrende Bindegewebe der Umgebung in die i'FLüGKK-
schen Schl&uche (eMh) und Nester (ei,b) hinein und teilt sie in lauter
kuglige Körper, in die einzelnen Follikel (f), ab. Ein solcher enthält
ein einziges Ei . das
eingehüllt ist. Von
ringsum von einer Öchicbl. von FolUkelzellen
k.e
99
f
99
der Marksubstans aus
schreitet dl e A u fl ö s u n
in Follikel immer mehr
nach dem Keimepithel
vor, doch erhalten sieh
unter ihm lilngere Zeit
PPLüGERSche Schläu-
che, die mit ihm durch
dOnne Epithelstrftnge
(euch) in Zusammen-
hang bleiben und in
Entwicklung be-
griffene Eier ein-
scblielhen.
Die Neubildung
von pFLüGEKSchen
SeUfluchen und von
jungen Eiern ist ein
Prozefs, der bei nie-
deren Wirbeltieren
wahrend des ganieo
Lebens vor sich geht,
hei höheren dagegen
nur auf die Periode
der embryonalen Ent-
wicklung oder die
ersten Lebensjahre
beschränkt zu sein
scheint. Im enteren
Falle, bei ehier uneingeschränkten Neubildung, kann man auch am
ausgewachsenen Tiere Kikeinie bald an den verschiedensten Stellen
des Eierstocks autreäen, bald liudet man sie nur aul bestimmte Ciegcnden
der Drfise beschränkt. Im zweiten Falle erlischt die Ureierbfldung im
Keiniepithel wohl um so frühzeitiger, je geringer das gesamte, w&hrend
des Lebens nach aul'sen entleerte Eiquantum ist. So gil)t Waldeyer vom
Menschen an, dafs im zweiten Lebensjahre eine Entstehung neuer
Eier nicht mehr nachzuweisen sei. Trotzdem ist auch beim Menschen
die Anzahl der in einem einzigen Eierstock enthaltenen Eianlagen
schon eine aufseronlciitlich grofse. Man hat sie bei einem ge-
sell lechtsreifen Mädchen auf UüOOO geschätzt. Bei anderen Säuge-
Fig. 2H8. Teil eines sagittalen Durchsohnitts
vom Sieratook eine« neugeborenen Kindes. Stark
vergrö Isert. Nach WAiDBrea.
k.e Keimepitliel , i.sdi ruLOKKsrlic Schläuche,
ujt im Keimepithel gelegene üreier, tMh' langer, in
FoIUkelbildniif befrilBsaer PnOonscher Scnlaiieli,
ei.h Eiballen, ebentalls in der Zerlegung in Follikel
begrifl'en, / jüngste, bereits isolierte Follikel, gg (icfäfse.
In den Schläuchen und Eiballen sind die Primor-
diaieier und die Ueineren EpitheljMllen, das spätere
Felllkelepithel, su imterseheideii.
238
Zehntes Kapitel.
tieren (Hund, Kanincheo. Fledermaus) scheint die Neubildung länger
anzudauern.
Im Anschlufs an die ei-ste Entstehung der Follikel will ich hier
gleich noch einige Angaben über ihre weitere Umbildung folgen
lassen. Dieselbe ist bei den verschiedenen Wirlieltieren . mit Aus-
nahme der Säugetiere, eine sehr ähnliche. Bei den meisten Wirbel-
tieren besteht der Follikel zuerst aus einer kleinen, zentral gelegenen
Eizelle und einer einfachen Lage einhüllender, kleiner Follikelzellen.
Beide grenzen sich bald schärfer durch eine Dotterhaut oder Mem-
brana vitellina gegeneinander ab. An älteren Follikeln haben beide
Teile an Gröl'se zugenommen. Die Follikelzellen wachsen gewöhnlich
zu längeren Cylindern aus und scheinen bei der Ernährung des Eies
eine nicht unwesentliche Rolle zu spielen. Bei vielen Tieren, z. B.
bei Haien und Dipneusten, hat man in ihnen Dotterkörnchen, wie in
der Eizelle selbst, vorgefunden und hieraus, wie aus anderen Er-
scheinungen, geschlossen, dals die Follikelzellen aus der gefäfshaltigen
Fig. -m Fig. 240. Fig. 241.
Fig. 239—241. Drei Entwicklun^sstadien der £ifoIlikel eines Säuge-
tieres aus Schnitten durch den Eierstock der Katse. Nach Hkktwio.
Fig. 2^9. Ki. Ton finer einfachen L»cv cylindrischer Follikelzellen umgeben.
Flg. 240. von einer doppolten Lage. Fig. 241, von einer mehrM-hichtigen Lage
umgeben. Im Follikelepithel der Fig. 241 sind mehrere mit Liquor folliculi er-
füllte >palteD entstanden.
Follikelkapsel Nahrungssubstanz aufnehmen und sie weiter zum Ei
transportieren. Eine derartige Ernährung wird dadurch erleichtert,
dafs die Dotterhaut von Kanälchen durchbohrt ist. durch welche die
Follikelzellen Protoplasmafadeu nach dem Ei hindurchsenden. Wenn
das Ei seine vollständige Grr»fse erreicht hat . verliert das Follikel-
epithel seine Bedeutung &U Ernährungsorgan und plattet sich mehr
und mehr ab.
Bei niederen WirK'ltieren werden die reifen Eizellen gewöhnlich
in grofser Masse auf einmal, häutig im Verlauf wenicer Tage, ja
selbst Stunden, entleert. Es geschieht in der Weise, dafs die Binde-
gewebshülle plat/t und ein .\ustreten der Eier in die Leibeshöhle
veranlaist. wie Km Fischen und den meisten Amjthibien. Nach der
Entleerung ist der Eierstock, welcher vorher aufserordentlich grofs
war. auf einen ganz kleinen Strang zusammengeschrumpft und schliefst
jetzt nur noch juni:e Eikeime ein. die zum Teil bis zum nächsten
Jahre heranzureifen be.'^tiiunit sind.
In etwas anderer Weise verläuft 1>ei den Säugetieren und dem
Menschen die Bildunj der Follikel. Diese enthalten ursprünglich,
wie l.ei den übrigen Wirbeltieren, auch nur ein kleines Ei und eine
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Die Organe des mittleren Keimblattes.
239
einfache Lage von Follikelzellcn. die zuerst platt sind, darauf kubische,
dann cyliudrische Foriu auuehuieu (Fig. 2'6Sf u. 239). Eine Zeitlang
umhUllen die Follikelsellen das Ei in einfacher Lage, dann aber
wuchern sie, teilen sich und wandoin sich in eine dicke, zuerst zwei-
schichtige (Fig. 240). dann vielschichtige (Fig JH) liülie um. Noch
gröfser aber wird der Unterschied von dem oben beschriebenen Ent-
wicklungsgang dadurch, dafls von den gewueherten FoUiketzellen eine
Flüssigkeit, der Liquor folliculi, abgeschieden wird, welche rieb
neben dem Fi in einer kleinen Hrdilung ansammelt (Fig. 241).
Infolge beträchtlicher Zunahme der Flüssigkeit wird der ur-
sprünglich solide Follikel sehliefslieb in ein mehr oder minder grorses
Bläschen (Fig. 242 u. 243) umgewandelt, welches von dem Hollander
Reonifk PK Ghaaf vor zwei Jahrhunderten entdeckt und für das Ei
des Menschen erklärt worden ist. Die Bildung hat auch nach ihm
den Namen des GRAAPsehen Bläschens erhalten. Ein solches be-
steht nunmehr (Fig. 243): 1) aus einer ftufteren bindegewebigen,
Fig. 242 u. 243. Zwei üntwieklungsstadien von Qraafaohen Bläschen.
Fig. 242 mit beginnender Entwicklung tob FolUkelflOssiglceitt Fig. 243 mit gröEserer
Ansammlung derselben.
ei Ei, /'- I'ollikrlzrlleii, />' Fnllikelzolk-n. welrlx' das Ei einhüllfn uiul den
Discus proligerus bilden, ff FoUikelÜüssigkeit (Liquor folliculi), fk FoUikulkapsel
(Thecn »»lUeoliX Zoo» peUudda.
Blutgefslfse führenden Hülle (ß) . der Theca folliculi. 2) aus
einem ihrer InnenHilche auflagernden, mehrschichtigen Epithel von
kleinen Follikelzelleu der Membrana granulosa, '3) aus dem
Liquor folliculi (ft) und 4) aus dem Ei (et), das ursprünglich im
Zentrum des Follikels lag, jetzt aber an die Peripherie gedrftngt
worden ist. Hier hedingt es. in eine grofsc Menge von Follikel-
xellen (fz^) eingehüllt, an der Wand einen nach innen gerichteten
Yorsprung, den Eihfigel oder Discus proligerus.
Wenn das Ei seine vollstündige Reife erlangt hat, geschieht seine
Entleerung durch ein Platzf'n des GRAAFScIien Follikels, welcher
dann beim Menschen etwa einen Durchmesser von ö mm erreicht hat
und eine hagelartige Hervorwdlbung an der Oberflftche des Eier-
stocks hei vorruft. Durch den Rifs strömt die Follikclflüssigkeit aus
und reifst dabei das Ei aus dem Keimhttgel (Discus proligerus) mit
heraus. Das £i gerät zunächst in die Bauchhöhle, umgeben von einer
geringen Menge von FoUikelzellen, welche noch der Zona pellucida
anhaften (Fig. 5); dann wird es von dem Eileiter aufgenommen.
240
Zehntfls Kapitel.
In deu Hohlraum des Bläschens, der durch den Ausflufs der
Flüssigkeit entstandeo ist, findet ein Blutergul^ aus den in der Um-
geliiuifj geborstenen Gefflfsen statt. Das Blut gerinnt und wandelt
sich unter Wucherung der angrenzenden Gewehe in den gelben
Körper (das Corpus luteum) um, welcher eine charakteristische
Bildung fttr den Eierstock der S&ngetiere ist. An der Wnehening
beteiligen sich sowohl die zurückgebliebenen Follikelzellen (Membrana
granulosa) als auch die bindegewebige Follikflkapsel. Die Follikel-
zellen vermehren sich noch, dringen in das innere des Blutj^erinusels
hinein und beginnen nach einiger Zeit zn serfallen nnd sich in eine
körnige Masse aufzulösen. Von der Kapsel wuchern blutgefftfs-
fOhrende Sprossen in dofi gel heu Körper hinein, wobei gleichzeitig ein
massenhaftes Auswanüern von weil'sen Blutkörperchen erfolgt, welche
spfiter ebenfalls verfetten und körnig zerfallen (Fig. 155, 150).
Für die weitere FiUtwicklung des gel! Körpers ist es nun von
grofsem KinfUifs, ob das entleerte Ei befruchtet wird oder unbefruchtet
bleibt. Denn je nachdem das eine oder das andere eintritt, wird der
gelbe Körper als wahrer oder als falscher unterschieden. Im ersteren
Falle erhält er eine viel bedeutendere Gröfse, deren Maximum im
vierten Monat der Schwangerschaft erreicht wird. Er stellt dann
eine tleiscbige, rotliche Masse dar. Vom vierten Monat an beginnt
der Rückbildungsprozefs. Es werden die Zerfallprodukte, die aus
der kiuni^en Metamorphose der Follikelzellen und Leukocyten sowie
ans (lern liliitgerinnsel hervorgegangen sind, von den Blut^'ptn fsen auf-
gesaugt. Aus dem zersetzten Blutfarbstoff sind Hämatoidmkristalle
entstanden, welche dem Körper jetzt eine orangerote Fftrbung ver-
leihen. Das ursprftnglich zellenreiche Bindegewebe beginnt wie bei
der Narbenbildung zu schniTni»fen; als Folge dieser verschiedenen
Rückbildungsprozesse beginnt der gelbe Körper, der über die Ober-
flftche des Eierstocks hervorragte, erheblich kleiner zu werden nnd
sieh schliefslich in eine derbe, bindegewebige Schwiele umzuwandeln,
welche eine Einziehung an der Oberflache des Organs bedin'jt. Wenn
keine Befruchtung erfolgt ist, so treten zwar dieselben Metamorphosen
und Wucherungsprozesse ein, nur bleibt der falsche gelbe Körper
aufserordeutlich viel kleiner. Wahrscheinlich hangt dies damit zu-
snmmen, dafs der Blutzudrang zu den f '.r<r1ilecht?organen, wenn die
Hefruehtung ausbleibt, ein viel geringerer ist als bei Eintritt der
.Schwangerschaft.
Ahgt^ehen von den PFLOcEBSchen Schläuchen, welche aus dem
Keiniepithel ihre Entstehung nehmen und die Ureier liefern, gehen
hei den meisten Wirbeltierklassen noch Epithelstrange anderer
Art und anderen Ursprungs in die Zusammensetzung
des Eierstocks ein. Wie bei Amphibien, Reptilien, VOgeln und
S.'lugetieren von verschiedenen Seiten beobachtet worden i t wachsen
aus dem ganz in der Nähe geh»geneii W'OLFFschen Korper, uud zwar
aus den» Epithel seiner MAia'iuHischeu Korpercheu, Epithelsprossen,
die „Geschlechtsstrünge der Urniere^ hervor und dringen
nach dem sirli intwickelnden Eierstock hin. schon zu einer Zeit, in
welcher der Durcliwachsungsprozels zwischen Keiniepithel und Binde-
substanz el)eu begiuüt. Au der Basis der ab Leiste iu die Leibes-
höfale vorspringenden Anlage des Eierstocks treten sie darauf bei den
Säugetieren, bei denen ihr weiteres Schicksal bisher am genauesten
verfolgt ist, miteinander zu einem Netzwerk in Verbindung, schlilngeln
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Die Organe des mittleren Keimblattes.
241
sich und wacliscn den PflügerscIicu Schläuchen entgegen. WiUuend
nun aus den letzteren bei den Säugetieren die Rinde des Eierstocks
sich entwickelt, nehmen erstere an der Zusammensetzung der Pi)äteren
Marksuhstanz teil und werden insofern auch als Mark stränge
liezeiehnet. Sie bleiben in der Nähe der Follikel solid, während sie
nach der l'rniere zu eine Höhlung bekommen, welche von cyündrischen
Zellen umgeben wird.
Es sei gleich hervorgehol)en, dafs unsere Kenntnisse von der Ent-
wicklung des Hodens weniger vollständige sind als diejenigen von der
Entwicklung des ?'ierstocks. Immerhin kann man als ein feststehendes
Resultat den Satz betrachten, dafs die männlichen Geschlechtsi)rodukte,
ebenso wie die weiblichen, von dem Keimepithel der Leibeshohle ihren
Ursprung nehmen. Auch im männlichen Geschlecht ist in der Gegend
Fig. 244. Vorkeimketten der Vorkeimfalte eines 17 cm langen Aoan-
thias-Embryo. 300fa< li versrr<tr>ert. Nach .Skmpkr.
Man sieht schinalkoruige Zellen und l'rsanicn/elleu, welche Ureiern ähn-
lich sind.
Vi^. 2A^. Samenampulle aus der Vorkeimfalte eines 26 cm langen
Acanthias-Embryo. 3<.K)tach verpritfsert. Nach Sümpkb.
tM Ursanienzelle, sc Saninielkanalchen, welches sich der Samonanipiille blind
geschlossen angelegt hat.
der Urniere ein besonderer, verdickter Streifen höherer Epithelzelleu
nachzuweisen, in welchem gröfsere Zellen mit bläschenförmigen Kernen,
die Ursamenzellen, eingel>ettet sind. Auch hier wachsen diese,
mit anderen Epithelzellen vermischt . in das unterliegende Binde-
pewelK» hinein und bilden unregelmälsige Zellstränge. Im weiteren
Verlauf der Entwicklung machen sich bei den einzelnen Klassen der
Wirbeltiere zwei verschiedene Rildungsweisen geltend. Bei Selachiern.
geschwänzten Amphibien etc. zerfallen die Zellstränge oder die Vor-
keimzellen Sempers (Fig. 244), indem Bindegewebe aus der Umgebung
in sie hineinwächst und sie zerlegt, gleich den Eisträngen in kleine,
kuglige, follikelartige Körper (Fig. 215). Während nun aber beim
Eierstock in jedem F«dlikel eine Zelle an Gröfse gewinnt und
sich zum Ei umwandelt, unterbleibt dies beim männlichen Geschlecht;
hier höhlen sich die follikelartigen Bildungen im Innern aus und
gestalten sich so zu Samenampullen um, deren Epithelzellen
U. Hertwig, Dio Eleiiiiüitu <ler Kntwickliing->l«.-lirt>. .'. Aull. 16
g) Der Hoden.
l- ig. 244.
Kig. 245.
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242
ZeJutet KapiteL
zum kleineren Teil zu Follikelzellen , zum gröfseren Teil zu Sper-
matogODieD (UrsaiuenzellcD) werden, die dann aufeinanderfolgende
(ipnonitionen von Sj)erm;itücyt(Mi fSamenmutterzellen) und Spermatidon
(baineuzelleii) erzeugen. JJer zweite Bildungsmodus , welcher der
häufigere ist, findet sich aucli bei den Säugetieren und beim Menscbeu.
Aus den unregelinälsigen Zellstrftngen mit eingebetteten groAen Ur-
sjjmenzollen bildon sich die Tuhuli snniiiiifeii horvnr. Tk^lroffs der
Uistogeuese der iSameufädeu wird aul die Lebrbüciier der Uistologie
verwiesen.
WAlirend der Hoden, gleich dem Eierstock, seine
spezifischen Gewebsbestandteile direkt vom Keim-
epithel bezitlir. er-
hält er seine uuslu h-
renden Wege von der
U r II i r r * > g e 1 i c f e r t. Wie
im vuiblirhen, so wachsen
auch im männlichen Ge*
schlecht Epithelsprossen,
die Geschlechtsstränge (Ge-
w V 1 nitalkanäle Hoffmanns), von
der Urniere dem Hoden
entgegen. An der Basis
der Hodenleiste ange-
kommen, vereinigen sie sich
untereinander zu einem
Lilngskanal, von welchem
feine R«ihrcheu noch weiter
in diell()densul)staiiz hiaeiu-
gesandt werden, um sich
mit den aus dem Reim-
epithel entstehenden Bil-
dungen zu vereinigen. Wie
die Fig. 245 lehrt« legen
sich die AusfahrrOhrcleii
{sc) bei den Selachiern zu-
erst hlind geschlo^en nn
die SSamenampulleo an und
treten mit ihnen in offene
Verbindung jerst dann, wenn
die Reifung der Samen-
fäden beginnt Bei den
Säugetieren etc. erfolgt die
Vereinigung der Tubuli
seminiferi mit den Aus-
fUhrröhrchen schon sehr
frohzeitig. Letztere werden
zu den Tubuli recti und
dem Rete trstis
Über einige iStreitfrageo
der Oogenese und Spermato-
genes.' hndet man Näheres in Hfjitwigs Lehrbuch der EntwiekluDss-
geschichte, 7. Aull., S. 424 u. 426.
hl'
a
Y\)i. -Mf' Schema dor indifferenten An-
lage des Urogeoitalsystems eines Säuge-
tton auf frühem Stadium.
n Niere, Av/ Koimdrflsp, yin IVmVrp, un Ur-
nierengiing, mg MOllkhscIui liaag, mg' voider-
stfS Knde desselben, gh (iubernaculuni Hunt«ri
(rriiicrenlei.stctibjind), hl Harnleiter, hl' Eia-
münduDg desselben in die Blase, »7", mrf» Ein-
mündungen der lJrniert'nir;inpp und d* i Mri.i.Kn-
sclien (junge in den Sinu.s urogenitalis mg\ md
Mastdirm, d Kloake, f}hö Gesthlecbtshöckor,
<tir OeschlecbuwuUle» d' Ausniündung der
Kbiake, hbl Harnblase, fcW Verlängerung der
Ilarnbla^r^ in den Urachtts (spAter Lig. vesico-
unibilicaie mediuni).
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Die Organe des mittlerai Keimblattes.
243
h) Umwaudlung der verschiedeueu Anlageo des
Urogenitftlsystems in den fertigen Zustand.
Auf deu vorhergebendeu Blättern siud wir mit der ersten Eut-
wicUnng der verRchiedenen Teile, welehe die Grundlage fftr das
Urogenitalsystem bilden , bekannt geworden. Diese sind (Fi^. 24<5)
drei Paar Kanille: die Urnicron^zilniiP (tifj) . die MüLLKKschen Gänp:e
{ntg)^ die Ureteren oder Uaruleiter {,hl)\ ferner eine gröl'sere Anzahl
von drüsigen Bildungen: Voniiere, Umiere (im), bleibende Niere («i)
und die GeschlechtsdrQsen (Jfcii), Eierstock und Hoden. Es wird nun
die weitere Aufgabe sein, zu zeigen, wie sieb von diesen embryonalen
Aulagen die fertigen Zustände herleiten. Hierbei können wir uns
auf den Menscben Deschrftnken, da m sich jetst um leichter zu unter-
suchende und im allgemeinen wohl bekannte Yerbitltnisse handelt.
Bei einem acht Wochen alten menschlichen Kuibiyo (Fig. 247)
sind die Anlagen, wenn wir von den nur mikroskopisch wahrnehm-
baren Verschiedenheiten absehen, im männlichen und weiblichen Ge-
schlecht noch sehr ähnlich. Alle
Drüsen liegen zu beiden Seiten der
Lendenwirbelsäulc; am weitesten nach
vorn die Niere fn), die ein kleines,
bohnenförmiges Körperchen ist, wel-
chem die um diese Zeit unverhilltnis-
mitfsig grofse, nur in der linken
Hälfte der Figur zu sehende Neben-
niere (um) auflagert Etwas seit-
wärts von ihr siebt man die Urniere
(tm) als einen liingliclien , schmalen
Gewebsst reifen. Sie ist an der Rumpf-
wand durch eine Bindegewebslamelle,
eine F'alte des Bauchfells, das so-
genannte Gekröse der Urniere, be-
festigt. Das Gekröse ist in der Mitte
der Drfise ziemlich breit, verlängert
sich dagegen nach dem Zwerchfell
zu in ein dünnes Bandchen, welches
KöLLiKEK als Zwerchfells band
der Umiere besehrieben hat. Femer
bemerkt man noch bei sorgsamer
Untersuchung am unteren Ende der
Urniere eine zweite Bauchfellfalte, welche von ihr zur Leistengegend
verläuft (Fig. 246 u. 247 gh). Sie schliefet einen derberen Binde-
gewebSRtreifen , eine Art von Band, ein , das in der Entwicklung der
weiblichen und männlichen Geschlechtsorgane eine Rolle zu spielen
bestimmt ist: das Leistenband der Urniere. Ks wird später
beim Mann zum HuinsHschen Leitband (Gubernaculum Hun-
teri), beim Weib zam runden Mutterband (Ligamentum
teres uteri).
Medianwärts von den Uruiereu hnden sich je nach dem Ge-
schlecht des Embryo die Hoden oder die Eierstöcke (Id), zu dieser
Zeit noch kleine, ovale Körperchen. Auch sie besitzen ein eigenes
Gekröse, durch das sie mit der Wurzel der Urniere zusammenhangen,
ein Mesorchium oder ein Mesovarium. Solange die Ge-
le»
Fig. 247. Harn- UDd Qesohleohts-
organe eines acht Wochen alten
menBohliohen Embryo. Nach KöL-
LiKKR. Etwa' drcimiil vergröfsert.
»(» Hi'( hti' Nebeuniere, un Urniere,
n Nitfre, uiuj L rniercngang, t^ftUoKTiui»
s( hes Leitband oder Leistenbftnd der
l riiitTf ((Mihernacnlum HmitPii oder
Ligaiii. uteri rotunduni), hi .Ma»tdanii,
b Blase, kd Gesclüechtsdrase.
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244
Zehntes Kapitel.
achlechtsorgane DOch ihre Lage zu beiden Seiten der Lendenwirbel-
sAule einnehnicn, verlaufen die sie emlhrmden Gcfarsc ^'enau quer:
von (Ipf Aorta die Artoria spcrmatica zum Eierstui'k udor Hoden
uml die Veua spermatica von der Drüse quer herüber zur Veua
Cava inferior.
Die verschiedenen Ausführungsgänge li^en zu dieser Zeit an
dem nniidr der rniierenfalte dicht zusammen (Fig. 24(5), und zwar
am meisten nach vorn der MüLLEBscbe Gang {ntg). Weiter nach ab-
warte nach dem Becken zu nftbem sie sich von beiden Seiten der
Medianebene (Fig. 24«»), wobei der Mt^LLERsche Gang (ing) eine Strecke
weit Tiif dial vom Urnierengang (ug) iiiid dann nacli hinten von ihm
zu liegen kommt, so dafs er um ihn im ganzen eine Art von Spiral-
tour beschreibt. Im kleinen Becken angelangt, legen sieli die vier
G&nge hinter der Blase {hbl) zu einem Bflndel , dem G e n i t a I s t r a n g,
zusammen, indem sie von den um diese Zeit schon anselinlicli ge-
wordenen Kabelarterien, die von der Aorta zu beidc'n Seiten der Blase
nach ol)en zum Kabel ziehen, umfafst und gleichsam zu einem Paket
zusammengeschnürt werden. Auf einem Dnrehschnitt durch den
Ccnitalstrang (Fig. 250) Hnden ^vir ct^as mehr nach vorn und zu-
gleich am weitesten auseinander gelegen die UrnierengÄnge (m^^; und
etwas hinter ihnen und in der Medianebene ganz dicht zusammeu-
gerflckt die MtM.KKschen Gänge (w///).
Bei Älteren Embryonen eiit-^toluMi in der Ausbildung des Urogenital-
systems schon äufserlich waliruehmbaie Verschiedenheiten zwischen
l>eiden (ieschlechtern. die von Monat zu Monat deutlicher werden.
Sie gehen aus tiefgreifenden Metamorphosen hervor, welche der ganze
Ajtitarat in seinen einzelnen Teilen fort und fort erfährt. Hierbei
bilden sich einige ursprünglich sehr ähnliche Anlagen fast vollständii;
zurück, andere Huden nur im weiblichen, wieder andere nur im manu-
lichen Geschlecht eine Verwendung und gehen im entgegengesetzten
Falle zugrunde. Aufserdeni werden die Befunde, welche uns zum
Ausgang der Darstellung geilitut lialu n. dadurch erheblich verändert,
dal's die Geschlechtsorgaue ihre ursprüngliche Lage zu beiden Seiten
der Lendenwirbels&ule aufgehen« indem sie weiter nach abwärts in
die Beekenhöhle rQeken.
A. Die Umwandlung im männlichen Geschlecht.
Während der Hoden (Fig. 218 u. 21M) durch Anfknäueluii;: der
Sanjenkanälchen zu einem ansehnlichen Organ f/ i wird, bleibt die
Urniere {tih + pa) in ihrem Wachstum mehr uiui mehr zurück und
bildet sich dabei in ihrem vorderen und in ihrem hinteren Abschnitt
in verschiedener Weise um. Der vordere oder Geschlechtsteil
der Urniere (w//), der sich in der schon früher beschriebenen W^eise
durch einzelne Kanälchen mit deu Sanienrohrchen in Verbindung
gesetzt und dadurch das Rete testis und die Tubuli recti geliefert
hat, wandelt sich zu dem Kopf des Kebenhodens (der Epididymis)
um. Er zeigt in der Id.— 12. Wnrhe 1»)— 2(> kurze, quer verlaufende
Kauälchen, welche jetzt als Vasa eticreutia testis zu bezeichnen sird.
Die einzelnen Kanftlchen vereinigen sich in dem gleichfalls noch gerade
verlaufenden Urnierengang (Fig. 241»), der jetzt zum Samenleiter
(Vas deferens) wird. Im \ leiten bis fünften M<mat beginnen sie in
ilie Lange zu wachsen und sich dal>ei aufzuknäuelu ; die Vasa
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Die OrgMu des mittleren Keiiiiblattes.
245
«fferentia erzeugen auf diese Weise die Goni vasculosi, das Anfangs-
stück des Samenleiters a1)er liefert den Schwanz des Nebenhodens.
Der liintere Abschnitt der Truii-re (jxi) bildet sich bis auf ganz
unhedenteude iieste zurUck. Bei älteren Knibryouen tindet man noch
zwischen Samenleiter und Hoden eine Zeitlang kleine, gewundene,
meist beiderseits blind endende Kanillchen, zwischen welchen auch
verödete MAM'Hiiiische K(')ri)erchen vorkommen. Das danze bildet
einen kleineu , gelblich gefärbten Körper. Beim Krwachsenen sind
»y -
h
jw
a
mg
9h
M
8»
fih*
hf
Kig. 24ö.
Fif . 248. Die Inneren Qe-
sohleohtateile eines männ-
lichen menaohllohen Embryo
von 0 om IiSnge. Nach
Waldktkb. Verffr. 8 fach.
h linden, Nebenhoden
(Kpi Jid\ Ulis, Geschleclitstoil der
I rniere), pa Paradidytni» (Kest
der Umiere), tl Samenleiter
(Vrnierengang), tj gefursfahren-
des Bindegewebsbündel.
Fig. 249. flebema rar Bnt-
wicklunff der männlichen Oe-
«chlechtsorgane eines Sauge-
tiers aus der indifferenten
Anlage des Urogenital-
•yatems, welche in Fig. 246
eohematisch dar(2;cBtellt ist.
Die beätchenhlt'ilu'uden Teile der ur&prunKH« Ik'h Anla^o sind durch scliwarse
Linien, die sich rückbildenden Teile durch Punkte an^iegeben. Die La^e, welche
sp&ter nach vollzogenem Dcscensns die mtonlichen Geschlechtsteile einneliinen«
ist mit punktierten Linien ancedeutet.
v Niere, h Ilodcn, nlt Nt lu iihnilrn //« Paradidymis. Hydatidc Neben-
hodens, 1*1 Samenleiter, m«/ rlickgchUdcte MüLLsasche Gän^c, um Uterus muscu-
Hnus, Rest der MüLLKRScIien (iänge, gh HcKTRSsches Leitband, hl Harnleiter,
liV Einmündung desselben in die HIase. .«W Samenblasen, hbl Ilamblasc hhl'
oberer Zipfel der Harnblase, der in das Ligamentum vesico -umbilicale medium
t( radnis) (übergeht, Ar Harnröhre, fir Prostata, <io Ausniandung der Ouctut
ejaculatorii.
Die Buchstaben aV, fif, «P beieidinen die Lage der einselaen Organe nach er«
folgtem Deacensns.
diese Reste noch mehr verkümmert; sie liefern einerseits die Vasa
aberrantia des Nebenliodens, anderseits das von GncALofes
entdeckte Or^jan. die Paradidymis.
Die Mt'LLKHsclif n (iänjie (Fig. l24t> ntff) gewinnen im milnidichen
Geschlecht keine Funktion und gehen daher als bedeutungslose Ge-
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246
Zehntes Kapitel.
hinteren Endstücke der Ijeideu
den Genitalstrang eingeschlossen,
hilde zugrunde, und zwar verschwinden sie in ihrem mittleren Ah-
schnitt nieist spurlos, nachdem sie wahrend des embryonalen Lebens
eine Zeitlang als Epithelstränge nachweisbar gewesen sind; von den
beiden Endabschnitten dagegen erhalten sich auch beim erwachsenen
Menschen einige Rudimente, die in der deskriptiven Anatomie als
Uterus masculinus (»m) und ungestielte Hydatide des
Nebenhodens (//»/) beschrieben werden. Zum I'terus mas-
culinus Jutn) wandeln sich die
MCLLEKschen Gänge um, die, in
dicht nebeneinander liegen. Durch Schwund der sie trennenden
Scheidewand vereinigen sie sich zu einem unpaaren, kleinen Sehlauch,
welcher zwischen der Ausmtlndung der beiden Samenleiter an der
Prostata gelegen ist und daher auch noch den Namen des Sinus
prostaticus führt. Beim Menschen aufserordentlich unscheinbar, ge-
winnt er bei manchen Säugetieren, bei Carnivoren und Wiederkäuern
(Weber) eine bedeutende Gröfse und sondert sich in ähnlicher
Weise wie l>eim Weibe in
einen Scheiden- und einen
Gebärmutterteil. Beim Men-
schen entspricht er hauptsäch-
lich der Scheide (Tourneux). —
Die ungestielte Hyda-
tide {hiß entwickelt sich aus
dem anderen ¥Au\e des MCLLEK-
schen Ganges; sie ist ein klei-
nes Bläschen, das dem Neben-
hoden ansitzt, im Innern von
flimmerndem Cylinderepithel
ausgekleidet wird und sich
in einen kleinen, gleichfalls
flimmernden Kanal fortsetzt.
An einer Stelle besitzt sie
eine trichterförmige üfTnung.
welche von Waldeykr mit einem
Tubenpavillon en miniature
nh
W(l
sl
- w
Fip;. 25(J. Männlicher menschlicher
£mbryo aus dem fünften Monat. Natürl.
(inifse. Na<-b Hramann.
md Mastdarm, h Hoden, nh Nebenboden,
*/ Samenleiter, ijh lluMTBRscbes Leitband
(Gubernaculiim Hunteri) mit Processus vagi-
nalis peritonci , Blase mit Lig. vesico-
unibilicale medium.
verglichen worden ist.
Bild der Entwicklung der Geschlechtsorgane zu ver-
ist jetzt noch des Descensus testiculorum , der
welche der Hoden
Um das
vollständigen.
erheblichen Lage Veränderungen zu gedenken,
nebst den ihm angefügten Rudimenten eingeht. Ursprünglich liegen
die Hoden (Fig. 249 h u. Fig. 247 kd), wie schon oben gesagt, neben
der LendenwirlMjlsäule in der Bauchhöhle. Im dritten Monat finden
wir sie schon im grofsen Becken, im fünften und sechsten Monat an
der Innenseite der vorderen Bauchwand dicht am Leistenring (Fig. 2.V>).
Infolge dieser Lageveränderungen haben auch die ernährenden Ge-
fiifse, die erst quer verliefen, ihre Richtung verändert und steigen
nun, da ihr ursprünglicher Ansatz an der Baucliaorta und an der
unteren Hohlvene derselbe bleibt, in schräger Richtung von unten
nach oben empor. Wie erklärt sich dieser Ortswechsel
Ich erwähnte bereits das Leistenband oder das (inbernacuUnu
Hunteri (Fig. 241> u. 2'»<» (///). welches die Urniere oder, wenn diese
geschwunden ist , den Hoden mit der Leistengegend in Verbindung
setzt. Das Band ist mittlerweile zu einem kräftigen Bindegewebs-
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Die Organe des mittlerea Keimblattes.
247
Strang geworden, in welchem auch glatte Muskelzellen liegen. Mit
seinem oberen Knde sitzt es am Kopf des N«4ioi)l)od( iis (fili) an, mit
seinem unteren Ende durchbohrt es die BaucUwand, um sich in der
Lederbaut der Leistengegend zu befesttgen. Offenbar spielt nun
dieses Band eine Rolle bei der Lageveränderung der Geschlechts-
organe. Früher glaubte man, dafs es auf den Hoden einen Zug
austobe, wobei man auf die in ihm enthaltenen, glatten Muskelfasern
hinwies oder eine VerkflnEung des Bindegeweb^tranges durch a11-
nuUiliche Schrumpfung annahm. Auf diese Weise aber kann der sehr
be(l(nitendt' Ortswechsel unniüf^licli zustande gekoiiimen sein. Mit Kerbt
sucht mau daher die Wirksamkeit des Bandes in einer anderen
Weise, olme Annahme einer aktiven VerkQrznnK oder eines durch
Muskelkraft ausgeübten Zuges, zu erklären. Ks handelt meh hierbei
einfach um ungleiche Wachstunisvorgäiiue. Wenn von mehreren in
einer und derselben Korperregion ursprünglich nebeneinander ge-
legenen Organen einige in sp&teren Monaten des embryonalen Lebens
weniger an GrOfto zunehmen, andere dagegen außieroraentlieh in die
Fig. 251.
Fig. 251 a. 252. Zw«i Soliexnata aar Vwniehanlichnag des DeMonaiu
und der BlMnx« d«F Hfillaa det HodMia.
Fig. 251. Dt-r linden ließt in der Ni^he d«B umemi Leistenrings. Fig. 252.
Der Hoden ist in den Uodensaclc eingetreten.
1 Baucbhaut, 1' Scrotutn mit Tunica dartos, 2 oberflächliche Bauchfascie,
CoopKRSche Kftscio, ,7 Miiskrlschicht und Fascia transversa alxlntnisii-;, 7' Tunii a
vaginalis rommtinis mit Creinuster, 4 Hauehl'ell. 4' parietales iiiati der Tuiiica
vaginalis iiropria, 4" Bauchfellüberzug deH Hodens oder viscerales Blatt der
Tonic« vaginalis propria, Ir Leistenring, h Hoden, Samenleiter.
I.äuge wachseu, so wird die natürliche Folge davon sein, dals die
rascher wachsenden sich an den langsamer wachsenden Teilen vorhei-
schieben. Wenn nun in unserem Falle die in der Lenden- und
lieckengegend ijeletjenen Skelettteile mit ihrer Muskulatur sich
strecken, während das liuNTEitöche Leitband nicht mitwächst und
daher klein bleibt, so muHs es, da sein eines Ende in der Hnut der
Leistengegend, das andere an (lern Hoden festgeheftet ist. den Hoden
als den verscliiebbarcn Teil notwendigerweise nach unten herab-
ziehen; es zieht ihn zuerst in die Beckeuhöhle und schliel'slich, wenn
die anderen Teile noch gröfser geworden sind, wenn aueh die Bauch«
wand um einVielfoches dicker geworden ist, in die N&he des inneren
Leistenringes (Fig. 'i",«»).
Noch bedeutender wird der Ortswechsel des Hodens infolge eines
zweiten' Vorganges, welcher sehen im dritten Monat beginnt. Es
hildet sich nämlich an der Stelle, wo das HuNTKitsche Rand die Bauch-
wand durchsetzt, eine Ausstülpung des Bauchfells, der Scheide n-
furtsatz oder Processus vaginalis peritonei (Fig. 2öl).
Dieser durehbohrt anmfthlieh die Bauchwand und dringt in eine Haut*
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24«
Zehntes Kapitel.
falto hinein, welche sii li in der Schamgegend entwickelt, wie in einem
spätereu Abschnitt gezeigt werden wird (siehe Fig. 2ü3 gu ). ine ütf-
niiDg der binchsackartigen AusBlfilpung, welche In die Leibeshöhle
fQhrt. nennt man den inneren Leistenring (2r), den die Bauch-
muskulatur durelibohrenden Abschnitt den Leiste iikaiial uni Ins
in der Hautfaltc sich ausweitende, blinde Ende die Hohle des
Hoden sack s. Bei seiner Wanderung senkt sich der Hodeo (t^ig. 2'>->)
auch noch in diese Baucbfelltasche hinein, wobei es dahingestellt sein
mag. ob das HrsTF.Rsrhe Band hierauf einen KinHufs ausübt oder
Dicht Im achten Monat erfolgt gewöhnlich der Eintritt in den
Leistenkanal . im neunten in den nodensack , so dafs am Ende des
embryonalen Lebens der Descensus in der Regel vollendet ist. Es
schliefst sich dann der Leistenkanal durch Verwachsung seiner
Wandungen ; dadurch kommt der Hoden iu einen von der Bauchhöhle
abgeschnürten, allseitig geschlossenen Beutel zu liegen.
Durch die eben gegebene KutwickluiigsskizEe werden anch die
verschiedenen Hüllbildungen d< s Hodens verständlich. Da die
Höhle, welche ihn birgt, nichts anderes ist als ein abgetrennter Teil
der Leibeshöhle, so versteht es sich von selbst, dafs sie vom Bauch-
feit ausgekleidet wird (Fi^. 252 i^. Die dem Bauchfell entsprechende
Membnin heifst hier Tunica vaginalis proprin: ;\n ihr haben
wir, wie an all^n serösen Hinten, ein die Wand des .Säckchens be-
deckendes paneialeh Blatt {4') und ein den Hoden überziehendes
vtsoerales Blatt (^) zu unterscheiden. Nach aufsen davon folgt die
gemeinsame Scheidenhaut, die Tuuica vaginalis communis
(.?'); sie ist die ausgestülpte und dabei aulserordentlich verdünnte
Muskel- und FaBcienschicht (3) der Bauchwand. Sie enthält infolge-
dessen auch einssehie Muskelfasern mit eingeschlossen, die von dem
Musculus obliquus abdominis internus abstammen und den Auf hftnge-
muskel des Hodens oder den Cremaster bilden.
in dem Descensus testiculorum , der sich uurmalerweise beim
Menschen bis zum Ende des embryonalen Lebens vollzogen haben
soll, können unter Umständen Störungen eintreten und eine abnorme
Lagerung des Hodens hervorrufen . welche unter dem Namen des
Kryptorcbismus bekannt ist. Der Descensus bleibt ein unvoll-
ständiger. Dann finden sich bei neugeborenen Kindern die Hoden
entweder in der Leibeshöhle gelagert, oder sie stecken noch in der
Bauchwand, im Leistenkanal. Infolgedessen tülilt sich der Hodensack
klein, welk und schlaff au. Man bezeichnet derartige Auomalieen als
Hemmnngsmifsbildungen, da sie ihre Erkl&rung darin finden,
dafs Entwicklungsvorg&nge nicht zu ihrem regelrechten Absehlaf^
gelangt sind.
B. Die Umwan(ilung im weiblichen Geschlecht.
Die Umbildung der primitiven embryonalen Anlage beim weih-
lichen Geschlecht ist in vielen Beziehungen eine entgegengesetzte
wie beim Manne, insofern Teile, die hier Verwendung finden, dort
rudimentär werden, und umgekehrt (vergleiche Schema 246, 249 und
253 untereinander!). W;\hn nd lieim Manne der Urnierengang zum
Samenleiter wird, übernimmt lieim Weibe der MOLLKKSche Gang
(Fig. 253 t, Ht, sch) die Funktion, die Eier nach aufeen zu fahren; der
Urnierengang {ug) aber und die Uniiere {tp^pa) verkQmmeni.
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Die OifUM des mitUerea Keimblattes.
249
Der üruiereugaug ist bei älteren meuschlichen Euibryoneu
weiblichen Geiehleclits noch als ein mueheiiibares Gebilde im breiten
Matterbande und zur Seite der GebArmutter nachzuweisen ; beim Kr>
wacbsenen ist pv in drr Rejiel }ianz fiesrh wunden bis uHf den Kiid-
abschnitt. der als aulserurdentlich euges kanälcheu am Hals der Ge-
bflimutter in ihre Substanz eingeschlossen und nur auf Querschnitten
nacliweisbar ist (Bbioel. Dohrn). Bei manchen Saugetieren, wie \m
den Wiederkäuern und Scliwt'iiK'n . blpil)OU die l 'rui('r(Mi;,';iiiL'e aucli
später noch in verkümmertem Zustande bestehen und sind hier uuter
dem Namen der GARTNERschen Kanftle bekannt
Fig. 25S.
Fig. 253. Behmn» aur Btttwlokltins dar waiMIfllMn Ooaehlaohtaorgane
eines Säugetieree aus der indifferenten Anlaga daa Urogaixit*lajatema,
welche in l-'ig. 246 s» lii'iiiati>rh dui erstellt ist.
Die bestehen bleibenden Teile der ursprünglichen Anlage sind durch ■chwarse
Linien, die sich rUcItbUdcnden Teile durch Puaicte angegebeo. Die Lage, welche
8i>iter nach ToUendetem Bescensus die weiblichen Geschlechtsteile elDtiehmen. ist
nit inuiktierten Linien angedeutet.
H Niere, Kier>tü( k. ep Kpoophornii. pa Paroophoron, H> »latide, t Tube
(Eileiter), ug I mierengan«, Uteni>, >i'7, Scheide, hl Harnleiter, Ab/ Harnblase.
hbl' oberer Zipfel derselben, der in das Ligamentum vesico • umbilicale medium
übergebt, hr HamrOhre, rr Scheidenvorhof, rm rundes Mutterband (I^istenband
der rniit-rei Li<raiiieniiiiii ovarii. Die Buchstaben C, «gK, 0^, fo' beseichnen die
Lage der Organe nach erfolgtem Descensus.
Fig. 254. Innere Oeaobleetatatelle «inen wefbliethen menschlichen
Bmbryo von 9 cm Län^e. 10 mal vcr^rrD^ert. Narh Waldkykr.
ei Eierstock, t AlCLLEHSchei (iang oder Eileiter (1 übe), t Uäliuni abdominale
tnbae, ep Bpoophornn (« Nabenhoden des Manne»: (ieschlcchtsteil der L'rniere),
Ug Cmierengang (Samenleiter des Mannes), pa Paroophoron (Paradidymis dea
Mannes; Rnonent der UmtereX mir MaLnoniscber Körper.
An der verkümmerten Turniere ist. wie beim Manne,
ein vorderer und ein hinterer Abschuitt zu unter-
scheiden.
Der vordere A bscbnitt (Fig. 2.V{ fj>, Fiji. 2Hqa) oder der
Geschlechsteil der Urniere, der beim Manne zum Neben-
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250
Zehntes Kapitel.
hoden wird, erhält sich auch beim Weihe als ein Orgao ohne Funktion
und wird hier zu <lera Nebeneierstock (rp) (Parovariuni oder
Epoophoron Waldeyeks). Er liegt im breiten Mutterbande (Fig. 254 >
zwischen Eierstock (ci) und dem MrLLEBschen Gang (7) und l)esteht
aus einem Lslngskanal (m^), dem Rest vom oberen Ende des Urnieren-
ganges, und aus 1<> — 15 quer verlaufenden Kanälchen iep). Diese
sind anfangs gerade gestreckt, knäueln sich später (Fig. 255 ep) in
ähnlicher Weise auf wie die Kanäle beim Manne, welche sich zu den
Coni vasculosi umgestalttn. Der Vergleich zwischen Nebeneierstock
und Nebenhoden läfst sich noch weiter durchführen. Wie aus letzterem
iKMm Manne Kanälchen in die Hodensubstanz gewuchert sind, die sich
in das Kete testis und die Tubuli recti sondern, so Huden sich auch
im weiblichen (leschlecht Kanäle, die vom Parovariuni ausgehen, in
Fig. 256. Breites Matterband mit Sierstook und Eileiter im aus-
gebildeten Zustand, von hinten gesehen.
ei PJierstül k. t Kileiter, V Ostiiiin abduininalc tubae mit Fimbrien, f.o P'imbrta
ovarii, /.o Ligamentum ovarii, x ein Stück des Bauchfellüberzuges ist wegpräpariert,
um das Epoophoron ep (Nebeneierstock) zu sehen.
die Marksubstanz des Eierstocks selbst eintreten und hier die früher
beschriebenen, bei manchen Säugetieren stark entwickelten Mark-
stränge bilden. (Siehe S. 240.)
Der hintere Abschnitt der Urniere, der beim Manne (Fig. 248 u.
24!»/)«) die Paradidymis und die Vasa aberrantia liefert, verkümmert
beim Weibe (Fig. 'lW.\pn) in ganz ähnlicher Weise zum Paroophoron
und ist beim menschlichen Embryo längere Zeit noch als ein gelblicher
Körper (Fig. 2.'»4 y<fl) zu erkennen; er ist medianwärts vom Neben-
eierstock (r;>) im breiten Mutterband gelegen und aus kleinen, ge-
wundenen, Himniernden Kanälchen [pa) und einzelnen, in Rückbildung
begriflfenen (lefillsknäueln {mk) zusammengesetzt. Beim Erwachsenen
sind auf ihn einzelne Kanäle und cystenartige Bildungen zurückzuführrn,
die in dem breiten Mutterband oft dicht an der Gebärmutter auf-
gefunden werden.
Sehr einschneidende rnibildungen erfahren die beiden MTllek-
schen Gänge (Fig. 24(5 m//7), di«- von Anfang an im Rande der
Bauchfellfalte liegen, welche zur Aufnahme des Eierstocks dient und
<lann später zu dem breiten Mutterband wird. Schon früher wurde
von ihnen erwähnt . dafs sie beim Eintritt in das kleine Becken sich
der MedijinelKMie nähern und zum Genitalstrang vereinigen. Wir
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Die Orgsae des mittleren Keimblettm.
251
kuouen daher an ihnen zwei verschiedene Abschnitte unterscheiden,
den im Genitalstrang eingeschlossenen und den im Rand des Ivreiten
Mutterbandes gelegenen. Der letztere wird zum Eileiter mit dem
Tubentrichter (der Tuba Fallopiae) (Fig. 25.'i Fig. 2:.:) /'). Hierbei
scheint das vordere Ende des MüLi.EKschen Ganges, das beim Embryo
weit nach vom reicht und hier in das Zwerchfellsband der Urniere
eingeschlossen ist . rückgebildet zu werden , wahrend die bleibende
Offlum«]; (Fig. 2't:<, ( u. Kijz. -' l /') WMlirsclicinlirli ganz neu entsteht.
Auf den vorderen, rückgebildeteii Teil ist vielleicht — es handelt sich
hier um noch nicht ganz klar gelegte Verhältnisse — die Moroag Ni-
sche Hydatidf zur tick zuführen (Fi«. 253 Ay). Sie ist ein kleines
Bläschen, das durch oinm Hingeren oder kürzeren Stil Ulit einer Franse
vom Trichter des Eileiters verbunden ist.
Aus dem im Genitalstrang eingeschlossenen Teil (Fig. 24t) mg)
der Mt^LLERschen Gänge bilden sich die Gebärmutter und die
Seheide (Fig. 2^utVL,seh)^ und zwar dureh einen VerschmelsungB-
Fif. 250. Fig. 857.
Fig. 8S6. Qnemohjiltt doreli dan Ctanttalsfeniis. Nach Tommiox and
Lboat.
Der Qtterschnitt leigt di« Verachmelzung der Müctrascben Ginge mfi. ug
Urnicrengänge.
?'ig. 257. Die Beckenorgane eines weiblichen menschlichen Embryo
yon 4 cm in situ. Ansicht von oben. Nach Naokl.
1 Urachus mit den beiden Art. umbilicales, S Ligamentum teres uteri (Ou>
bemaraliUD HonteriX 3 Ovaritim, 4 Tuba Fallopiae.
prozefs, der sich beim Menschen im zweiten Monat vollzieht. Wenn
die Mt^LLKRschen Gänge iVi'j. 2'y*\ nnp dicht zupammengerückt sind,
verdünnt sich zwischen iiinen die Scheidewand und reil'st zuerst in der
Mitte des Genitalstranges ein. So entwickelt sieh aus ihnen dureh
Weitergreifen des ProKesses ein einfacher Schlauch (der Sinus genitalis),
welcher auch im männlichen Geschlecht als rudimentäres Organ an-
gelegt wird und der bereits erwähnte Sinus prostaticus oder Uterus
masculinns ist (Fig. 249 «.m). Beim Weibe sind am Sinus genitalis
sehr frühzeitig ein proximaler gröfserer und distaler kleinerer Ab-
schnitt zu unterscheiden, wie von nachgewiesen word<'n ist.
Der erstere zeigt auf dem Querschnitt eine querovale Höhlung und
wird von einem Epithel aus hohen, schmalen Gylinderzellen aus-
gefüllt. Der eine wird «ur Gebärmutter, der andere zur Scheide.
Im sechsten Monat l>eginnen sich Gebärmutter und Scheide schärfer
voneinander zu sondern. Der obere, die Eileiter aufnehmende Ab-
schnitt erhält sehr dicke und musku15se Wandungen und eine enge
Höhlung und grenzt sich nach abwärts durch einen einspringenden,
ringf&rmigen Wulst, der zur Vaginalportion wird, gegen den unteren
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252
ZOmiM Kftpitel.
Abschnitt, die Scheide, ab, die geräumiger bleibt uud eine dünuere
Wandung besitzt.
Gleich dem Hoden haben auch die Eierstöcke einen nicht un-
beträchtlichen Ortswerhi^cl (luiclizumachen : den Descen^jus nvario-
runi (Fi§. 2b'd ef.t ). Zur Zeit, wo die Urniere zu schwinden beginnt,
rücken die Eierstöcke schon im dritten Monat des embryonalen Lebens
von der Gegend der Lendenwirbelsftule in das <.n()rse Becken hinab,
wo man sie median vom Musculus psoas fmdet. Wälirond des ganzen
embryonalen Lebens, besonders aber unmittelbar nach ibreni Herab-
treten in das grofse Becken, sind sie verhiUtnismÄfsig weit gröfser
als später (Fig. 2ö7) und fttllen den gröfsten Teil des Beckens aus.
Ni ( Ii beim Neugeborenen liefen ''if^ auf dem Bande des Beckeii-
eiiigaugs. W'ahrscbeinlich wirkt auch auf diese Lageveriinderung das
schon oben beschriebene, dem weiblichen Geschlecht gleichfalls nicht
fehlende Leistenband der Urniere hin (Fig. 253 rm). Es sondert
sich hierbei iii drei verschiedene Abschnitte dadurch, dafs es eine
feste Verbindung: mit den Mülleks( hen (iangen an der Stelle gewinnt,
wo sie sich zum Geschlechtsistiaiig aueinanderlegen. Der oberste
Abschnitt wird zu einem Zug glatter Muskelfasern, der, vooi Paro-
varium ausgehend, im Hilus des Eierstocks eingel^ettet ist; er setzt
sich in den zweiten .Abschnitt oder das Ligamentum ovarii {lo) und
dieses in das runde Mutterband (rm) fort (Ligamentum teres uteri).
Letzteres, aus dem dritten, am mftehtigsten entwickelten Abschnitt
des Leisteubandes hervorge^Mn^ron . reicht vom oberen Knde des
Genitalstrangs bis zur Leistengegend. Hier tindet sich, wie im milnn-
lichen Geschlecht, eine kleine Ausstülpung des Bauchfells, der Proceäi»us
vaginalis peritonei, welcher sich zuweilen noch als Divertieulum Nuckii
beim Erwachsenen erhält und dann I'rsache für die Bildung von
Leistenbrüchen nurh im weibliL'ben Geschlecht werden kniti Hier
tritt das runde Mutterband durch die Bauchwaud hindurch uud endet
in der ftufaeren Haut der groAen Sebamlippe.
In seinen letzten Stadien vollzieht sich der Descensus beim Weibe
in einer anderen Weise als beim männlichen nesrhlecbt. Denn ;nHtatt
wie die Hoden nach der Leistengegend vorzurücken, senken sich
vielmehr die Eierstöcke, wenn die Entwicklung eine normale ist, im
neunten Mi iiaf in das kleine Becken hinein. Hier sind sie zwischen
Blase und .Mastdai m in das breite Mutterband eingeschlossen, welches
sich aus den Bauchfelllalten entwickelt, in welche ursprünglich Urniere,
Eierstöcke und MüLLBRSche Glinge eingebettet sind. Auf das letzte
Stadium des Descensus beim Weibe kann natürlich nicht das runde
Mutterband von FiiiHufs sein, da es nur einen Zug mrh der Leisten-
gegend hin, wo sein Ausatzpunkt ist, ausüben kann. Das Herabsteigen
in das kleine Becken scheint vielmehr dadurch, dafs der untere Ab-
schnitt der MOLLRRschen Gänge sich zur Gebärmutter umwandelt,
bedingt zu sein. Sind doch die Eierstöcke auch mit der Gebärmutter
durch einen derben Bindegewebsstraug, das Ligamentum ovarii, ver-
bunden.
In seltenen Ausnahriefnllen können im weiblichen Geschlecht die
Eierstöcke fortfahren, ihre Lage in einer dem Manne entsprechenden
Weise zu verändern. Sie wandern dann nach der Leisteng^end hin
bis zum Eingang in den Scheidenfortsatz (Divertieulum Nuckii). Zu-
weilen machen sie hier in ihrer Vorwärtsbewegung Stillstand: ab und
SU aber treten sie noch weiter in die Bauchwand durch den Leisten-
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Die Organe dee mittleren KeimUattei.
253
kanal ein; ja sie köDueu, wie in mebrereD Fallen beobachtet worden
ist, ganz dnrch die Banchwand hinduTchdringen und Meh Behlieftlich
in die grofsen Schamlippen einbetten. Diese gewinnen dann eine sehr
grofte ÄliDlidilceit mit dem Uodensack des Mannes.
i) Die Entwicklung der äul'seren (i esc hl echtsteile.
Das Kai)itol. welches über Harn- und Geschlechtsorgane handelt,
ist wohl der geeignetste Ort, um gleich auf die Entwicklung der
ftufseren GeschlechtsteUe mit einzugehen, obwohl sie nieht aus dem
mittleren, sondern teils aus dem ftufseren, teils aus dem inneren Keim-
blatt ihren Ursprung nehnion. Um eine erschöpfende Darstellung
von ihnen zu geben, müssen wir auf ziemlich frühe Entwicklungs-
stufen zurflckgraifen, nämlich auf die Zeit, wo sieh beim Embryo die
WoLFFsclicn und MtlLLBBschen Gänge anlegen. In dem vordersten
Bereich des l-jtihryo zuerst entstanden, wachsen die Gänge nach hinten
und münden schliefslich in der Nähe
der Aftermembran und der AUantois
in die Kloake ein . welche zu dieser
Zeit noch durch die schon früher
(S. 177) besprochene Afternienibran
gegen die Aufsenwelt abgeschlossen
ist (Fig. 258).
Unter Kloake verstehen wir den
hinter der After- oder der Kloaken-
membran, wie man auch sagen
kann, gelegenen einheitlichen Raum,
in welchen Enddanii, Schwan/dann
und Ilarnsack zusammen einmünden.
Wenn nach einiger Zeit die Membran,
welche auf ihrer äufseren Fläche
eine kleine Grube (Aftergrube) zeigt,
einreifst. entsteht unter der Wurzel
des Schwanzes eine Oflimng. welche sich als solche bei niederen
Wirbeltieren, wie bei den Amphibien, Reptilien und ViVgeln, dauernd
erh.llt. Durch sie werden dann die verschiedenartigsten Abscheidiinfzs-
prodnkte des Körjjers nach aufsen entleert, aus dem Kiiddanii die
l-'äkal mästen , aus den ^sieren der Harn und aus den Geschlechts-
drOsen die männlichen und die weiblichen Geschlechtsprodukte. Auch
bei den niedersten Säugetieren, den Monotremen. bleibt die Kloaken-
ftffnung wahrend des ^;aiizen Lebens erhalten; bei den übrijren Säufze-
tieren hudet sie sich nur am Anfang der Entwicklung; dann schwindet
das »Monotremenstadium*, indem die Kloake in gleich näher zu be-
schrenbender Weise in zwei hintereinander gelegene Räume mit ge-
sonderten Öffnungen zerlegt wird.
Die Zerlegung der Kloake in einen dorsalen und einen ventralen
Raum geht während der Entwicklung allmählich vor sieh und wird
dadurch herbeigeführt, dafs die Substanzbrücke, welche den Harnsack
und das Darnirohr bei ihrer Kininündung in die Kloake gegeneinander
abgrenzt, tiefer nach abwärts wächst. Auch sind bei der Zerlegung
noch zwei Längsfalten (Keibel) beteiligt, welche im Anschlufh an die
eben erwähnte Substanzbi in kc an der linken und recliten Seitenwand
der Kloake von oben nach unten herablaufen und, indem sie immer
Fig. 258. Profllkonstruktion
nach einem Plattenmodell eines
menschlichen £mbryo von 4mm
Länge. Narli Kbihkl.
* * * zeigt die kaudalc (irenze
des Coeloms, — zeigt die kaadale
Grenw der unteren Extremititen an.
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254
Zehntes lUpiteL
weiter nach innen vorwachsen und einspringen, die frontale Scheide-
wand venrollBtandigen helfen (Fig. 259). Der sich aus der Kloake
immer mehr absondernde vordere Itauni wird zur Ver^rofserung des
Harnsacks, der hintere Kaum zur Vergrölseruiig des Mastdarms ver-
wandt. Beide Abschnitte unterscheiden sich übrigens, worauf Kliüel
aufmerksam macht, schon vor ihrer Trennung durch die verschieden-
artige Ho>rliafTenh(Mt ihres Epithels, welches im ventralen Abschnitt
niedrig, im dorsalen dagegen hoch ist.
Der so eingeleitete Trennuugsprozefs hat auch noch wichtige Ver-
ftodeningen in den Einmflndungen der Umierengftnge zur Folge. Dt
diese sich von Anfang an in der Nähe des Hamsacks in dem ven-
tralfii Ahsihnitt der Kloake finden, so müssen sie S])äter mit dem
Vorrücken der Öcheidewaudbilduiig bald iu den durch Zuwachs aus
der Kloake entstandenen untersten Abschnitt des Hamsacks mit auf-
genommen werden.
Noch eine zweite wiclitige Lageveränderung spielt sich bald darauf
au den Umiereugiingen ab. Wie schon auf S. 231 beschrieben wurde,
wftcbst aus ihrem Endstück dicht an der Einmündung in die Allantois
der Harnleiter (Nierenknospe) hervor (Fig. 250). Vorübergehend
münden daher beide Kanäle mit einem kurzen gemeinsamen End-
stück in den Harnsack ein. Dann erhalten sie getrennte Ein-
mflndungen an der Blasenwand, indem das ihnen gemeinsame End*
stück schwindet, sei es, dafs es durch Vorwadisen einer Scheidewand
iu zwei Kanüle getrennt wird, oder dals es beim Wachstum in die
Blasenwaud mit einbezogen wird. Weiterhin rücken die beiden so
getrennten Einmflndungen auf eine weite Entfernung auseinander,
was wohl dadurch zu erklären ist. dafs durch eigentümliche Wachs-
tumsvorgilnge die zwischen ihnen gelegene Wandstrecke sich un-
verhaltuismarsig rasch vergrölsert (Fig. 2üu). Auf diese Weise
kommen die Harnleiter an der hinteren Wand des Hamsacks viel
höher zur Einmündung als die Umierengftnge. Den letzteren entlang
sind jetzt auch die .M( LLKHschen Gänge bis nach hinten gewachsen
und münden zwischen ihnen in die Allantois ein. Alle vier Kanäle
zusammen bilden, in Bindegewebe eingehüllt, den Genitalstrang (S. 244).
Wenn die Umwandlungen so weit gediehen sind, kann man an
der Allantois. soweit sie, in der vorderen Bauchwand gelegen, bis
zum üakbel reicht, drei verschiedene Abschnitte deutlich unterscheiden
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Die Orgaoe des miUtemi Keimblattas.
255
(Fig. 2<J0): 1) den Sinus urogenitalis (uff), 2) die eigentliche Harn-
blase im engeren Sinne (4), den Uraclius (5).
Als Sinus urogeuilalis {ug) wird der uutere, etwas eugere
Ahflchnitt bezeichnet, der die Umierengftiige und die MOLLERSchen
Gftnge aufnimmt, und welcher sich durch das oben beschriebene Vor-
«achsen einer Scheidewand von dem anfänglich p:rörseren Kloakeriraiim
abgetrennt hat £r mündet vor dem Euddarm in den Rest der Kloake
(Fig. 260 el) ein, die sich nach
Schwund der After membran nach
aufsen geöffnet hat.
Zur Uarublase im engereu
Sinne wird der Teil, welcher an
seiner hintern Wand die beiden
Harnleiter aufnimmt. Reim Men-
schen, bei welchem die AUantoih
anfangs ein enges Rohr darstellt,
das vom Nabel noch in den Nabel-
stran? eine Strecke weit hineinreicht
(Fig. 250), weitet er sich im zweiten
Monat ein wenig aus nnd stellt einen
Spindligen Körper dar, der sich
nach oben verii\iiL't und in eine
engere Köhre Ubergeht. Letztere
ist der U rachus, der sich bis znm
Kabel erstreckt und sich dort in
den anfserembryonaleu Teil des
Allantoisrohrs fortsetzt, das früh-
zeitig beim Menschen rückgebildet
wird. (Siehe S. 155, IG9). Beim
AT Tischen beginnt der Urachus
fecbun gegen das Ende des em-
bryonalen Lebens zu verkümmern;
er liefert nebst dem ihn einhüllen«
<ieii Rindegewebe einen Stranpr. das
Ligamentum vesico-uniliiiieale me-
dium, welches von dem Scheitel der
Blase (Fig. 24(> hbf} bis zum Nabel
fnhrt und im ersten Lehensjahre
hauhg noch einen Kpithelstrang,
einen Uest der ursprünglichen
Epithelröhre, einschliefst.
Die Entwicklung der äufse-
ren ( i e s c Ii 1 e c h t h> t e i 1 e beginnt
sich in der Umgebung der Kloake
schon sehr frQhzeitig bemerkbar zu
machen. Rei menschlichen Em-
bryonen, weh^lie 1 1 — 13 mm lang sind
(Naokl), entsteht am vorderen liande der Kloake, die zu dieser Zeit
noch durch die sn einer Rinne vertiefte Kloakenmembran verschlossen
ist, durch Wucherung des Bindegewebes ein kleiner, nai h aufsen vor-
springender Hügel, der Geschlechtshöcker (Fig. li'i- '//'). Au seiner
unteren Fläche befindet sich eine seichte Kinne (ar), die sich nach ab-
wärts bis zur Kloakenmembran erstreckt Von der Rinne dringt eine
Fig. 260. Sohema derUroganital-
organe einesSäugetiers aua frühem
Stadium. Ntcb Aun TaoMM, aui
Balvour.
Dil' Teile sind vonogBweise im
Profil, der McLitnsiho und der Ur-
nierengan? rilit r von \(>ni gesehen dar-
gestellt.
3 Ireter, 4 Harnblase, 5 Urachus.
ut Keimdrüse fEierstock oder Hoden),
ir linke Urniere, x Zwerchfellsband
der l rniere, ir UrnierenKang,mMCLi.ER-
schcr Gang, gc Gonitalätrang aus den
voD ^meinttamer Scheide umschioss«-
nen woLmchen und MOLL«ucb«D
Gängen bestehend, » -Mastdarm, "7
('rogenitalsinus, ep Geschlechtsh^x kt^'i ,
der zur Klitoris oder zum reiii,> wird,
l9 GescblechUwalste, aus deuen die
groben SchamlippeD oder der Hoden-
sack herrorgehen.
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Zehntes Kapitel.
Vig. 2()1 — 2Hn. Entwicklung der äufseren Qeschlechtsorg^ane im mann-
lichen und weiblichen Qeacblecht. Nach EtKKH-ZiEüL»iRSfhen WacbMiiodelleii.
Obwohl in neueren Ahhandliintreu Abbildungen gegeben sind, welche die frag-
lichen Verhaltnisse genauer darstellen, sind die vorliegenden F'iguren doch bei-
behalten worden, da die EcKKR-ZiEOLKitsrhen Wachsniodelle als l'nterrichtsniittel
nllgenieiii eingeführt sind und zur VeranBchanlichung der Fintwicklung der
iiiifseren (ieschlechtsfirgane dienen, welcher Zweck ja auch durch sie in be-
friedigender Weise erreicht wird.
Fig. 2«il u. 262 sind zwei Stadien, in denen eine Geschlechtsverschiedenheit
nnrh nicht zu erkennen ist. Fig. 262 von einem 8 Wochen alten Knibryo. Die
beiden Figuren 2M n. 'J64 vim 2' s und H Monate alten Embryonen zeigen die
I'mbildung der urs])runglichen Anlage im männlichen (ieschlecht. Die Figuren
26.'i u. 266 stellen die I niliildung im weiblichen (ieschlecht dar (2' « und 4''a Monat).
Für alle Figuren gelten dieselben Hezeichniingen.
hf hintere (ilieilniaf'<e. </« Kloake, fjli (feschlechtahöcker. '// (»eschlechtsfalte,
f/r <ieftchle» btsrinne. i/ir (ie>-chlechtswüiste, 7// (ilans penis (Eichel), <l Klitoris,
'/ Dumm, n After, "// Eingang zum i^iuus urogenitalis oder Vestibuluni vaginae.
rv Vestibuluni vaginae (Scheidenvorhof), rli Vorhaut, hs Hodensack, <l u. r I{aphe
rterinei und scroti, i/srh grofse Schamlippen d-abia majora), ^«cä kleine Scham-
i])peii (Labia minora).
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Die Organe des mittleren Keimblattes.
257
Epithelleiste (ektodermale Urogeuitalplatte) ziemlich tief in den Ge-
achlechtshöcker von seiner Basis bis zu seiner Spitze hinein.
In don njlclistt'ii Wochen der KnTwicklung springt der Ilockor noch
mehr nach aulVcn hervor und ^iestaltet sich dabei zu dem (ieschlechts-
glied um, welches ursprünglich iu beiden Geschlechtern gleich be-
schaffen ist. Dabei weicht die oben erwfthnte Epithelleiste ihrer ganzen
Lange nach in zwei Epithellamellen auseinander; infol^rdesseii wird
die urs])rünglich seichte Rinne an der untereu Flache des Geschlechts-
glicdcs zu einer tiefen ^Spalte umgewandelt, die liuks und rechts
von scharfen, vorspringenden Rflndern der Geschleelitsfalten (gf) ein-
geschlossen wird.
ITni die Kloake und den an ihrem vorderen Rande sicli frliebenden
Geschlcchtshücker ist zu dieser Zeit auch eine ringförmige i uke, der
Geschlechtswulst, immer deutlicher erkennbar geworden (Fig. 202 gw).
Endlicli sind auch Verrinderunpren zu er^vähnen, durch welche die
schon früher eingeleitete und auf JS. 2Ö3 beschriebene Sonderung der
Kloake iu zwei getrennte Kanäle zu ihrem Abschlui's gebracht wird.
Die frontale Scheidewand nämlich und die von der SeitenflAche der
Kloake vorspringenden Falten wachsen so weit nach abwärts und ein-
amlpr entgegen, dafs sie die Kloakenmenibran erreicheu und sich mit
ihr und uutereinauder. verbinden. Die Kloake hat sich somit jetzt
vollständig in den ventral gelegenen Sinus urogenitalis und in den
Mastdarm getrennt. Beide Kanäle öffnen sich dann bald nach aufsen,
indem in der Vprschlulsplatte die Epithelzellen au.seiuanderweichen.
Man bemerkt (iaher jetzt in der Geschlechtsgegend (Fig. 2Ü3 u. 2iiö)
eine hintere Öfftaung, den After (a), und getrennt von ihr durch eine
schmale Scheidewand (d) einen gesonderten Eingang in den Sinus
urogenitaiis (ug), welcher sich an der unteren Fläche des Geschle<'hts-
glieds in die tiefe Geschiechtsrinne fortsetzt. Die ursprünglich schmale
Scheidewand zwischen After und 6eschlechts5f!hung verdickt sich
iinmer mehr bis zum Ende des embryonalen Lebens, drängt die beiden
Öffnungen schliefslich weit auseinander und bildet zwischen iiineu
den sogenannten Damm (Fig. 204 u. 2(jür/). Hierbei rückt der After
(a) ganz aus dem Bereich des ohen erwähnten Geschlechtswulstes
(Fig. 262 gw) heraus.
Vom vierten Monat an treten in der Entwicklung
der äufseren Geschlechtsteile bei männlichen und bei
weihlichen Embryonen gröfsere Verschiedenheiten
hervor.
Beim Weibe (Fig. 2*)." u. 2ti0) sind im ganzen die rnibildungen
der ursprünglich gemeinsamen, embryonalen Anlage nur gering-
flkgiger Art; der GeseUechtahÖcker wächst nur noch langsam weiter
und wird zum weibliehen Glied: der Klitoris (cQ. Sein vorderes
Ende beginnt sich zu verdicken und von dem tlbrigen Körper als
Eichel abzusetzen. Um dieselbe schlägt sich durch einen Faltuu^p
prozefs der Haut eine Art von Vorhaut (das Praeputium clitoridis)
(Fig. 2ßt)vh) herum. Die beiden Geschlechtsfalten (Fig. 26o gf),
welche die Rinne ni d^r unteren Flache des < leschlechtshöckers be-
grenzt haben, nehmen beim Weibe eine stärkere Entwicklung als beim
Manne und gestalten sich zu den kleinen Schamlippen (Labia
minora) um (Fig. 200 Isch). Der Zwischenraum zwischen ihnen
(Fig. 205 MO) und seine I'ortsetzung nach innen, der Sinus urogeni-
taiis, welcner den Ausführgang der Ilariibhise und die durch Ver-
<>. II er tw ig. Die Kleinente der Kntwic'klungslehr». 2. Aufl. 17
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258
ZehDtes Kapitel.
sehmelzuiig der MOLLBBSchen G&nge gebildet« Seheide anfniniint,
heifst nun Scheide iivorhof oder Vestihulum vaginae (Fig. l' ^ ' ' ).
Die (ieschlechtswQlste (Fig. 2(>r> gir) werden beim Weihe durch 1 in-
lagerung von Fettgewebe sehr voluminös und gehen auf diese Weise
in die groTsen Schamlippen (Latna majora) ober (Fig. 2ij6g9eh),
Viel tiefgreifendere Umwandlungen haben die entsprechenden An-
lagen beim miiiiii liehen Geschlecht durchzumachen (Fig. 2t\'i
u. 2(54 j. Durch ein aul'serordentlich starkes Längenwachstum ge-
staltet sich der Geschlechtshdclcer zum mftnnlichen Glied oder
den Penis um, welcher der Klitoris des Weibes entspricht. Wie diese
l)esitzt er eine vordere, knopfartige Anschwellung: die Eichel (Fig. 2» W^j)).
welche von einer üautialte, dem Praeputium (Fig. 2ü4i-A), umfafst
wird. Der Sinus urogenitalis, der beim Weibe afs ScheidenTorfaof
kurz und weit bleibt, verlängert sich beim Manne in einen langen,
engen Kanal : die II ann o Ii re. Es gescliirl t üps dadurch, dafs die
Furche an der unteren Fläche des Geschlechtsitockers (Fig. 2ü3yr>
sich bei der Entwicklung desselben mit in die Linge auszieht und
gleicbzeitig vertieft, und dafs die sie umfassenden Gesehlechtsfalten
sich schon im vierten Monat mit ihren lifuidern eng aneinanderlegen
(Fig. 2U4) und nach und nach verschmelzen , bis auf eine kleine au
der Spitze der Eichel tibrig bleibende Öffnung.
Der Anfang der IIarnr()lire erfährt vom dritten Monat an Verilnde-
rungen, durch welche die Vorsteherdrüse oder Prostata ge-
bildet wird (Fig. 24i» //r). Die Wandungen namhch verdicken sich
beträchtlich, erhalten glattes Muskelgewebe und stellen einen ring-
Idrmigen Wulst dar, in welchen vom Epithel des Rohrs mehrere Aus>
StQlpungen hineindiingen und durch ihre Verästelungen die drüsigen
Partien des Organes liefern. An seiner hinteren Wand finden sich,
wie bekannt, die Ausmüudungeu der Samenleiter {drj) und zwischen
ihnen der Sinus prostaticus oder Uterus masculinus (um), der aus
den MrLLERschen Gängen entstiindcn ist. (Siehe S. 24(3.)
Eine zweite Verwaclisung gehen l>eim Manne die Geschlechts-
wiilöte (B'ig. 2(»:3 //ir) ciu, welche beim Weibe zu den grofsen Scham-
lippen weisen. Sie legen sich um die Wurzel des Penis herum und
verwachsen dabei in der Medianebene , an welcher die Vereinigungs-
stelle auch spiUer noch durch die sogenannte Raphe scroti (Fig. 2>i4r)
angedeutet wirtl. lu den so gebildeten Ho den sack {h^) wandern
dann, wie schon oben (S. 247) erwähnt, die Hoden gegen Ende des
embryonalen Leitens liinein.
Aus der Tatsache, dal's ursprünglich die äul'sereu (ieschlechts-
teile iu beiden Geschlechtern ganz gleichartig beschafleu sind, erklärt
sich auch die Erscheinung, da(b bei Störung des normalen Entwich*
lungsganges Formen zustande kommen, bei welchen unter Uniständeu
anfserordentlich schwer zu entscheiden ist. ob man es mit männli' fi. n
oder weiblichen äul'seren Geschlechtsteilen zu tun hat. Es sin(i dict^
Fälle in frttheren Zeiten fälschlicherweise als Zwitterbildung
oder Herniaphroditisinus bezeichnet worden, Sie können eine
doppelte Art der Kntst' liiiiit» haben. Entweder sind sie darauf zu-
rückzutuhreu, dafs im vvcidlichen Geschlecht der F^ntwicklungsprozefs
in ähnlicher Weise wie beim Manne weiter als normal fortschreitet,
oder darauf, dafs beim Manne die Entwicklungsprozesse frühzeitig
einen Stillstand erfahren und rladiirrh zu Bildungen führen, die den
weiblichen Geschlechtsteilen ähnlich sind.
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Die Org»iie dei mittleren Keimblattes.
259
Was die erstere Art der Milsbilduugcu betrifft, so nimmt im
weiblichen Geschlecht zuweilen der Geschlechtshöcker eine solche
Fonn und GrOfise an, dafs er dem mftnnlichen Gliede gieidit. Die
Übereinstimmung kann noch jiröfser wortion, wenn die Kieistikke
anstatt ins kleine Becken nach der Leistengegend hinwandern (ver-
gleiche S. 24'i), durch die Bauchwaud hindurchdringen und sich in
die groÜBen Schnmlippen einbetten. Infolgedessen legen sich die
1et7toren über die Wurzel der mächtigen Klitoris herQber und täuschen
eine Art von Ilodensack vor.
Häufiger sind die Mifsbildungeu im männlichen Geschlecht, welche
rar Annahme des Hermaphroditismus Veranlassung gegeben haben.
Sie sind darauf zurückzuführen, dafs die Verwachsungsprozesse, die
normalerweise sich abspielen, unterblieben «in 1. Wir erhalten dann
ein Geschlechtsglicd, das gewöhnlich verkümmert ist, und an dessen
unterer Flftehe anstatt der HamrOhre nnr eine Farelie verläuft, eine
Mifsbildung, welche als Hypospadie bezeichnet wird. Mit diesen
Bildungsfehlern kann sich zweitens eine Hemmung des normalen
Descensus testiculorum verbinden. Die Hoden bleiben in der Leibes-
höhle liegen, und die Geschlechtswülste gewinnen so eine Ähnlichkeit
mit den grofsen Schamlippen des Weibes.
in. Die Entwieklnoir «ler Nebennieren.
Die Besprechung der Entwicklung der Nebennieren geschieht am
besten im Anschlufs an das Urogeuitalsystem. Denn abgesehen davon,
dafe die Nebennieren und die Harngeschlechtsorgaue bei allen Wirbel-
tieren räumlich sehr nalu^ /nsaminengelagert sind, stehen sie auch in
ihrer Eutwicklungsgesthn lit*' in sehr naher Beziehung zueinander.
Indessen ist nicht zu leu^aeu, dafs zur Zeit noch alle entwicklungs-
gescliichtlichen Arbeiten Ober die Nebenniere, um uns eines Ausdrucks
von Bami. zu bedienen, „etwas Unbefriedigendes an sich tragen". Irh
beschränke mich daher hier auf einige wenige Angaben und verweise
im übrigen auf den demnächst erscheinenden, ausführlichen Artikel
im Handbuch der vergleichenden und experimentellen Entwicklungslehre.
Bekanntlich unters( hei(iet man bei den Nebennieren zwei ver-
schiedene Substanzen, die bei den Siiuf^etieren nach ihrer gegen-
seitigen Lage als Mark und Riude bescliriel>en werden. Die meisten
Forscher nehmen fDr sie einen doppelten Ursprung an. Das Mark
lassen sie von den GangUenanlagen des sympathischen (irenzstranges
abstammen, daher denn in manchen Lelirbüchern die ^'eb<■Tlni(■!(■I^
auch beim bym^athicus abgehandelt werden. Dagegen herrscheu
Uber die Entwicklung der Rindensubstanz, welche bei den
Selachiern als eine besondere Drttse, die Zwischenniere (Inter-
renalkorper). auftritt, sehr verschiedene Auffassungen. Einige Forscher
leiten sie von Anhäufungen von bindegewebszellen ab. welche sich
am vorderen Abschnitt der Urniere im Verlauf der unteren Hohl-
und Kardinalvene bilden, andere dagegen schreiben ihr einen
epithelialen Ursprung zu. ^intl aber liierbri auch wieder verschiedener
Meinung, ob das Coelomepithel oder Epithelstrünge der Urniere
durch besondere Wucherungen das Baumaterial für die Ilinden-
substanz der Nebenniere liefern. Die ganze Frage ist daher zur Zeit
nichts weniger als spruchreif.
17»
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260
Zehntes KapiteL
Wfthrand ihrer Entwicklung ist die Nebenniei^e eine Zeit laug
von recht Miaehnlieher GrOflie. Bei den Säugetieren verdedtt sie
vorübergehend die viel kleinere Niere, so bei dem in Fig. 247 abge-
bildeten menscblichen Embryo der achten Woche, bei welchem links
die Nebenniere («n) in normaler Lage zu sehen ist, während sie
rechts entfernt ist, um die Niere (n) blofszulegen : dann bleibt sie
hinter der Niere im Waclistuni zurück, ist aber beim Neugeboieneu
(Fig. 2',V2)s wo sie schon iils liaibniondförniiger Körper (nn) der Niere
in) aufsitzt, im Verhältnis zu ihr immer noch gröf&er als beim
Erwachsenen.
Während der Entwicklung scheine zuweilen kleine Partien sich
von der Nel)ennieieTiTiTui(^ nb/ntnMinen und in (h^v \achbarschaft iler
Geschlechtsorgane zu bleiben, deren Lageverändeiuugeu sie mit durch-
machen. So erklären sieb wohl die von Makcuamd beobachteten
aceesBorischen Nebennieren im breiten Matterband.
Repetitorium zu Kapitel X.
Als Bildungsprodukte des mittleren Keimblattes sind aufzutühreu:
das Epithel der LeibeshöWe (des Herzbeutels, der Brust- und Bauch-
höhle, der Höhle des Hodensackes), die willkürliche, quergestreifte
Muskulatur, die Samen- und Ki/.ellen. das Epithel der ries('l)U'clii>-
drüsen, der Nieren und ilirer Ausiührwege, die Rinde der Nel»enniere.
I. Die Kntwifkinng der Muskulatur, l) Am Kiniipf entwickelt
sieh die Muskulatur aus der an Chorda und Nerveiirohi uugrenzendeu
Schicht der IJrsegmente, welche durch Abscheidnng von Mnsketfibrillen
sich zu einer Muskelplatte (Myotom) unigestjiltet.
Die Mnskel])latre vergröfseit sich dorsal nnd ventral, wo sie
in die aufsere (laterale) Kpithelschicht der ürsegmente übergeht
(Wachstumszone), und breitet sich nach oben über das Nervcnrohi\
nach abwärts in die Bauchwandungen hinein aus.
:!i Die Muskulatur besteht anfangs aus *^eirnienten längs-
verlaulender Fasern (Myoiuereu). welche durch bindegewebige Scheide-
wände (Ligamenta intermuscularia) voneinander getrennt sind, uod
ruft SO die erste Gliederung des Körpers der Wirbeltiere in Metameren
hervor.
4) Von den Muskelplatteu wachsen Knospen in die Anlagen der
Gliedmafseu und liefern so die ganze Extreniitätenmuskulatur.
II. Die Entwicklung des Urogenitalsystems. 1) Die erste An-
lage ist in beiden Geschleehtem ein und dieselbe; sie besteht a) aus
drei Paar Kanälen, dem Vor- oder T^rnicronganp, dem Mt*LLBKschen
Gang und dem Harnleiter; b) aus vier Paar Drüsen, der Vorniere,
der Urniere, der Niere, der zuei-st indifferenten Geschlechtsdrüse.
2) Vorniere und Vornierengang entstehen aus mehreren, segmental
auftretenden Auswüchsen des [taiietalen Mittelblattes^ die sieh zu einem
Lttngsstrang verbinden, der sich später aushöhlt.
.'{) Die segmentnl (iitsfandenen. in querer Richtung verlaufenden
Zellstränge werden, indem sie eine Höhlung erhalten, zu den Voruiereu-
kandlchen und bleiben durch Flimmertrichter (Nephrostome) mit der
Leiln shöhle in Verbindung. In unmittelbarer Nähe der Flimmertrichter
entwickelt sich zur Seite des Mesenteriums ein MALFiGBiseher Gef&fS'
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Die Organe de» mittleren KeimblatteB. 261
kuäuel (Glümei ulus, Glomus), der bei Teleostiern in einen abgekapselten
Teil der Leibeshöhle (Vornierenkammer) zu liegen kommt.
4) Der im Zusammenhang mit den VornioivnkaniUcJuMi j^ebilrlcte
Lftngsstrang wird zum vordersten Teil des VornitMon- oder ürmereu-
gHUgs. Kr vurläugert sich alimahlich nach hinten, bis er die Kloake
(letztes Stock des Enddarms) erreicht, mit ihrer Wand verschmilzt und
dadurch seine hintere Ausniündung erhalt. Das Auswachsen nach
hinten geschieht in einer zweifach verschiedenen Weise:
a) Bei Selachiern und Säugetieren verbindet sich das hintere Ende
■des vom entstandenen, kurzen LAngskanals mit dem iufiseren Keim-
blatt und wachst ihm entlan^i; nach hinten, bis es die Kloake erreicht.
hl Bei den übrigen Wirbeltieren springt das hintere Ende des
vom entstandenen Vorniereogang$ als ein abgerundeter Höcker frei
in den Zwischenraum zwischen mittlerem und ftufserem Keimblatt
hinein und wächst frei nach hinten aus, bis es sich mit der Kloaken-
wand v»'r bindet.
5) Hniter der Vomiere entsteht die Urniere dadurch, dals hei der
Absclmüruug der Ui*8egmente von den Seitenplatten segmental an-
geordnete Zellenschl&uche (Ursegment>Kommunikationen, Rabl) oder
Zellstränge jichildet werden (Nci)hrotome). weh he an ilirein einen P^nde
mit der Leiheshohle zusammenhangen und mit ihrem anderen Ende
sich mit dem seitlich gelegeueu Urnierengang in Verbindung setzen
und zu den Urnierenkanälchen werden. (Entwicklung von Malphjhi-
sehen Körperchen, von sekundären und tertiären Urnierenkanälchen).
i)) Bei den höheren Wirbeltieren ist rüp Kntwicklunp der Tmiere
eine gewissermai'sen abgekürzte, insoleru die bei der Abschuürung der
Ursegmente entstehenden getrennten Zellenstränge ganz dicht zu-
sammen liegen und eine scheinbar ungesonderte Zellenmaf<se, die Mittel-
platte oder das Urnierenhlastein. bilden, aus welchem sieh die Un^ieren-
kanälchen späterhin^ wenn sie deutlich unterscheidbar werden, gleich-
sam herausdifferenziert zu haben scheinen.
7) Bei einigen Selachiern, Amphibien etc. bleibt die Urniere mit
der Leibeshöble durch Flimmertricnter (Nephrostome) in offener Ver-
bindung, während bei allen Amnioten die Urnierenkanälchen ihren
Zusammenhang mit der Leibeshöhle durch Schwund der Flimmmer-
trichter frühzeitig aufgeben.
8) Die bleibende Niere entsteht zuletzt am hintersten Abschnitt
des Uraierengangs. worüber noch zwei verseliiedene Ansichten lierrschcn.
a) Nach der einen Ansicht geht die Niere aus zwei verscliiedeuen
Anlagen hervor: 1) aus einer Ausstülpung vom Ende des Urniereu-
gangs, welche den Harnleiter, das Nierenbecken und die geraden
Harnkanälchen (also den Ausführungsapparat) liefert; 2) aus einem
Nierenhlasteni, welches eine Verlflngerung des Urnierenblastems nach
rückwärts darstellt, mit diesem den gleichen Ursprung hat und sich
in die gewundenen Hamkanftlchen mit den MALPioHisehen Körperchen
(also in den sekretorischen Nierenteil) umwandelt
b) Nach der anderen Ansicht gehen die Drüsenkanälchen der
Mark- wie der Rindensubstanz aus Sprossen hervor, die aus dem
Harnleiter nach dem Schema der gewöhnlichen Drltsenentwicklung
auswachsen.
9) Die hinten entstandenen Anlagen der Nieren vergröfsern sich
rasch und verändern ihre Lage, indem sie neben den Urniereu mehr
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262
Zehntes KspiteL
aaeh vorn rttcken, wobei sich auch der Haniteiter vom Urmerengaog
ablöst und auf die liintere Flüche der Harnblase wandert.
10) Hei niederen Wirbeitieren entsteht durch Abspaltung vom
Urnierengang der ihm parallel laufende MüLLEKSche Gang.
11) Bei den Amnioten ist die Beziehung des Motuntsehen Gaofes
zum Urnierengang noch unklar, da das vordere Ende des ersteren sich
durch eine rinnenförmige Einbuchtung des Kpithelüberzugs an der
lateralen Fläche der Urniere anlegt, vom übrigen Teile aber noch
unentschieden ist, ob er selbständig nach hinten auswächst oder sich
vom Urnierengang abschnürt.
12) Die Oesehb'f lit-^drüsen gehen aus zwei Anlagen hervor: 1) aus
dem an der medialen l läche der Urniere gelegenen Keiniepithel der
Leibeshöhle ; 2) aus den Geschlechtssträugen, die von dem angrenzenden
Teil der Urniere dem Keimepithel eutgegenwachsen.
1:1» Vom Keimepitbel (niit seinen Ureiern und Ursanien/.elletü
stammen die spezihscben Bestandteile der Geschlechtsdrüsen : die Eier
und die Samenzellen, ab.
14) Im weiblichen Geschlecht entstehen infolge eines Durcb-
wacbsungsprozesses des Keimepithels und des unterliegenden Stronia
pFLüGEHSche Schläuche und Eiballen und aus diesen schliei'slich junge,
eine einzige Eizelle enthaltende Eifollihel; im männlichen Geschlecht
bilden sich infolge eines entsprechenden Vorgangs Samenampulleii
(Sclacbier. einige Amphibien) oder Samenkan&lchen (Tubuii seminiferi)
mit iiireu SauienwutterzelleD.
15) Die Gescblechtsstränge der Urniere beteiligen sich au der
Zusammensetzung der Marksubstanz des Eierstocks als Markstränge;
am Hoden setzen hih sich mit den Samenanipiinpn oder den Sameti-
kanälchen in Verbindung und liefern die Tubuli recti und da$ Kete
testis, also den Anfangsteil der Ausftkhrwege des Samens.
l(j) Die Eifollikcl setzen sich aus einem zentral gelegenen Ei, aus
einer Hülle von Follikelzellen und aus einer blutgefäfsfOhrenden Binde-
gewebskapsel (Theca folliculi) zusammen.
17) Bei den Saugetieren wandeln sich die Follikel dadurch, dals
die Follikelzellen an Menge zunehmen und Follikelflflssigkeit aus-
scheiden, in GKAAFsche BiAschen um. (EihügeK Membrana granulosa.)
18) Die f'iKAAFSihen Bläschen werden nach Entleerung der reifen
Eizellen in die Bauchhöhle zu den gelben Körpern dadurch, dafs sich
aus den zerrissenen Geßifsen Blut in die HOhle ergiefst, und dafs die
Follikelzellen und die Bindegewe!)skap8el unter Auswanderung weil^r
Blutkörperchen wuchern. (VVahre und falsche Corpora lutea.)
10) Die gelben Korper bedingen später durch Schrumpfung die
Narben und iSchwielen au der Obertläche älterer Eierstöcke.
20) Die in beiden Geschlechtem gleichartigen Anlagen des Uro»
genitalsystenis Hnden später im männlichen und weiblichen Geschlecht
eine verschiedene Verwendung unter teilweiser Rückbildung.
21) Im inänDliclien Uescblerbt wird der Uruierenprnng zum Samen-
leiter, beim Weil)e \ erkfnnnuMt er CtiARTNKRRche (üinge).
22) Der MCtLKKscbe Gang überiiiniiut Iteiui Manne keine Funktion
und bleibt nur in unscheinbaren Resten an beiden Enden erhalten
(Hydatide des Nebenhodens, Sinus prostaticus oder Uterus masculinus):
Iteini Weibe wird er zum Ausftihrai)parat des Eierstocks, der vordere
Abschnitt zum Eileiter, der hintere Abschnitt zur Gebärmutter und
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I>ie Organa des miuloren Keimblattes.
263
Scheide, indem er mit dem gleichnamigen Kanal der anderen Seite,
soweit er in den Genital sträng eingeBchlossen ist» TerBchmilEt.
2:^) Die T'niiere bleibt beim Manne in ihrem vorderen Abschnitt,
welclier sich durch die GeschlechtsstrAnge mit den Snmenkanälchea
verbunden hat, als Epididymis bestehen, der Rest verkOmmert zur
Paradidymis; beim Weibe verkümmern beide Teile zum Epoophoron
ond Paroopboron , die der Epididymis und Paradidyrais entsprechen.
21) Die Geschlechtsdrüsen, vrelche sich in der Lendenregion an-
legen, rücken allmählich nach dem Becken herab. (Descensus testi-
cnlorum et ovariorum. Schrilger Verlauf der Va«a sp('rinatiea\
25) Deini Ortswechsel der Geschlechtsdrüsen sjiielt (bis Leisten-
baud eine Holle, welches von der Frniere unter (leiii Bauchfell zur
Leistengegend zieht, durch die liaucliwaud tritt und in der Haut der die
Kloake umgebenden Gesehleehtswalste endet. (Gubernaculum Hunteri
beim Mann. Ligamentum leres und Lifj. ovarii beim Weibe.)
20) Der Hoden wird einifre Zeit vor der (leliurt in dm I loden-
sack aufgenommen, <ler dadurch eutsteht, dais das ÜHUcitfell eine Aus-
stülpung (iVocessuB vaginalis peritonei) durch die Bauch wand hindurch
in den Geschlechtswulst bildet, und dafs sich die Ausstülpung durch
VerschhUs de^ Leistenkanals von der Bauchhöhle abschliefst.
27) Die Schichten des Hodensacks oder die Hüllen des Hodens
entsprechen gemäfs ihrer Entwicklung den einzelnen Schichten der
Leibeswand, wie die nachfolgende vergleichende Übersicht lehrt:
Hüllen des Hodens. Banchwftnd.
Scrotum mit Tunica dartos. Bauchbaut.
CooPERäche Fascie. Obertlachliche Bauchtascie,
Tunica vaginalis communis mit Muskelschicht und Fascia trans-
Cremaster. versa ahdominis.
Tunica vaginalis propria (parietales Bauchfell.
und viscerales Bhitt).
28) Die äulseren Geschlechtsteile eutwickelu »icii beim Maiiue und
beim Weibe aus einer gleichartigen Anlage in der Umgebung der Kloake.
29) Als Kloake wird » ine (»ruhe am hinteren Ende des Embryo
bezeichnet, in welche der Euddarm und tlie Allnntniv einmtVnden.
nachdem die letztere noch an der hiutereu l liiche ihres verjOngteu
Endabschnittes , des Sinus urogenitalis , dicht nebeneinander die
MOLUEBsehen Glinge und die Umierengftnge aufgenommen hat.
30) Die Kloake wird durch vorwachsende Falten , welche sich
zum Damm verbinden, in eine vordere und eine hintere Abteilung
zerlegt, von denen die vordere die Verlängerung des Sinus urogenitalis,
die hintere Abteilung die Verlängerung des Darms ist (After).
31) Am vorderen Rande dei Kloake, später des Sinus urogenitalis,
findet sich in beiden Geschlechtern der rieschlechtshöcker . welcher
an seiner unteren Fläche eine von den zwei Geschlechtsfalteu begren/.te
Rinne trägt; er wird nebst der unter ihm gelegenen Kloake (resp.
Sinus urogenitalis) von den Geschlechtswülsten unifafst.
32) Im Mcüilii lien rjeschlecht bleibt der Geschlechtshi^rker klein und
wird zur Klitoris, die Geschlechtsialten werden zu den kleinen Scham-
lippen, die GeschlechtswQlste zu den grofsen Schamlippen, der Sinus
urogenitalis bleibt kurz und weit und stellt den Vorhof dar, welcher die
Scheide fdas Ende der ^frrr KK'^fben Gänge) und die An-mnndung
der AUautois oder Harnblase, die weibliche Harnröhre, autuimmt.
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2Ü4
Zehntes Kapitel. Die Orguie des mitUereu Keimblattes.
83) Im niftiiDliclieii Geschlecht wftcbst der Qeseblecbtshöcker zum
männlichen Glie<le aus; die Geschlechtsfalten an seiner unteren Flftehe
sclilif ( ' n <if!t zu einem Kanal, welcher als Verl&ngenmg des ong
bieiheudc'u Smus urogenitalis erscheint, mit ihm zusammen als männ-
liche HarnrAhre bezeichnet wird und an seinem Anfang die Samen-
letter und ikii Uterus masculinus aufninunt: lie (^eschlechtswQlste
legen sich nach Aufnahmp der Hoden üin Ii- Wurzel des rnftODlichen
Gliedes herum und verwachsen zum Ilodeiisack.
M) Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht über die vergleich-
baren Teile der ftuf^ren und der inneres Geschlechtsorgane in beiden
GeBchlechtern und über ihre Ableitung von der ursprünglich indiffe-
renteu Anlage des UrogenitalsystemB bei den Säugetieren.
Männliche
(f «' s eh lec Ii t s te ile.
^AQienampuUeu uad Sameu-
kuiftlcheiu
a) Nebenhoden. Epididymis
mit Rete testis n. Tubuli
recti.
b) Paradidyiiii8.
8sinen1eit«r mit Samen-
lüerc und Ureter.
Hjrdatid« des Nebenhodens.
Sinus proKtaticttB. (Uterus
xnasculinus.)
Gabenwenlun Hunten.
Mtnnlicbe Hamrftbre (Pars
prostatica and membra-
nacea).
Miiimlii lii's filied.
l'ars cavernoüa uretbrae.
Hodensack.
(i ein eins c Ii ii t"t I i c he
A usgang&form.
Keimepitliel.
Umiere.
a) Vorderer Teil mit den
(i('<(hl<'(htssträngen
((ie^chlechtsteil).
b) Hinterer Teil (eigent-
licher UrnierenteilX
Umierengang.
Niere und Ureter.
I MOLLKascber Gang. |
Leittenband der Umiere.
Sinns urogenitalis.
GeschleclitslKx kt'i.
falten.
« wttlste.
W»^ i 1) 1 i ( ■ h V
(i e sc )i 1 p ( Ii t - t f i I e.
Eifoliikel, OuAAFäciie BlAs>
dien.
a) Epoophoron mit Hark«
stringen des Eierstocks.
b) Parooi»horon.
GABTNKRscbe Kanäle einiger
Säugetiere.
Niere und Uret^^r.
Eileiter und Fimbrien.
Oebännutter und Scheide.
Rundes Mutterband und
Ligamentum ovarii.
Yorbof der Scheide.
Klitmis.
Kleine iSchamlippen.
Grobe Scbamlippen.
III. Die Entwicklnne: der Ni'benniere. 1) Nach der Ansicht
mehrerer Forscher sprossen aus dem vnidcrst* !! \h<rhuilt der Urniere
Kebennierenstränge hervor und erzeugen die limdeusubstanz, (?)
2) Die Marksubetanz der Nebenniere der Säugetiere leitet zieh
wahrscheiulicl» von Zellen des sympathischen Grenzstranprs ab.
;i) Die Nebenniere ist eine Zeitlang gröfser als die Niere.
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Elftes Kapitel.
Die Orgaue des äuTsei'eu Keimblattes.
Das äufsere Keimblatt fOhrt seit langer Zeit auch den Namen
des Hautsinnesblattes. Hiermit sind gleich seine beiden wichtigsten
Leistungen gekennzeichnet. Denn einmal liefert es die Oberbaut mit
ihren numnigfachen Produkten, als: Haare, NAgel, Sehuppen, Hörner,
Federn; ferner Drüsen verschiedener Art: die Talg-, Schweifs- und
!^^ilH)(lrüsen. Zweitens ist es zupleicli der Mutterboden, aus welchem
sich das Nervensystem und die wichtigsten funktionellen Bestandteile
der Sinnesorgane: die Seh-, H5r- und Bieehzellen, herleiten.
L A. Die Bntwicklung des Central-Nervensystcms.
Da das Centralnervens^'Steni der Wirbeltiere zu den Orgauen
gehört, welche sich nach Sondemng des Keimes in die vier primflren
KeimhlUttcr iuii frQbzeiti^'ston anlegen, nuifste auf die ersten Stadien
seiner Entwicklung schon früher einpegangen werden: 1) auf die
Sonderuug des äulsereu Keimblattes in zwei Bezirke: in das verdünnte
Hornblatt (i^) und in die dickere, median gelegene Nerven- oder
Medullarplatte (w;>); 2) auf die Umwandlung der letzteren zur
Medullarrinne , indem die Ränder der Platte sir^li zu den Rücken-
wülsten erheben, und endlich 3) auf die Uiiibiiaung der Rinne zum
Nervenrohr durch Verwachsung der MedullarwOlste an ihren Randern.
Als eine einheitliche Anlage erhält sich das Nervenrohr nur beim
Amphioxus lanceolatus. bei allen übrigen Wirbeltieren dagegen sondeit
es sich in Bückenmark und Gehirn.
1. Die EntwieUmig des Bftekeiui»rkB.
Der sich zum Rückenmark umbildende Teil des Nervenrohrs
zeigt auf dem Querschnitt eine ovale Form (Fig. 131). Von Anfang
an läfst er eine Sonderunp in eine linke htm? eine rf>rlitp Tl.Ufte er-
kennen (Fig. 2«j7). Deuu seine beiden ^jeiteuwandunguu sind stark
verdickt und bestehen aus mehreren Lagen langer, cylindrisclier
Zellen, während oben und unten seine Wand Iftngs eines schmalen
Streifens dünn bleil t und als vordere und hintere Commissur
oder als Boden- uud Deckplatte (tip und 6p) (His) unterschieden
werden.
So bleibt in der Zusammensetzung des Nervenrohrs aus zwei
gröfseren dirken und zwei schmalen dünnereu Streifen, welche An-
ordnung ebenso auf den Bau des fertigen Organes übergeht, seine
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266 Elftes K«piteL
paarige Eotstebniig aus zwei läDgsvf rlaofenden Nervenplatten, welche
einstmals den spaltfOnnigen . läDgsgestreckten Umiuod begrenzten,
auf (las deutlichste erhalten. Die Boden-
platte oder vordere Commissur, in deren
Bereich die Ausbildung nm GaDglleDzellen
unterbleibt und die EpithelzeUen aeh nur in
epitheliale StOrzsuhstanz umwandeln . ent-
spricht der Yerwacbsungslinie der Uruiuud-
rlnder: die Deckplatte oder hintere Commissur
dagegen ist die sj ätt r entstehende Nahtlinie,
welche sich hei dt' r Umwandlung der Nerren-
riime zum Kohr ausbildet.
I -'67. 8ohenw> lu den beiden verdickten Seitenbftlftoi
tischer Durchschnitt {Y'ig. 2i)7) kommt es nachträglich noch zu
durch die _f "iaae einer weiteren Sonderung in eine doi-sale (fp)
Herrwirohrtiur Unter- , 4. i » = ^ , ^ ^ x »1
Scheidung einzelnerRe- und ventrale Längszone {(jj)), welchen His
gionen. Kinteiiune naih auch die Namen FlUgelpIatte und Grund-
Hm. Schema nac h p KuHiKP. platte gegeben hat. Sie werden dnreh eine
1> ^ lJtt***^°^'*"rniB^ allerdings nur wenig ausgeprägte Rinne: die
pkue^ /•/ »Flüg^puie, ff/- (irenzfurche von His (^r/), voneinander ge-
Grenzfurche. trennt Ihre Sonderung hängt mit der ge-
trennten Ausbildung sensibler und motorischer
Ganglienlager zusinmien. Demnach sind sowohl am embryonalen als
anch am ausgehildeten lUickenmark folgende Bezirke zu unterscheiden:
1) die linke Medullarplatte ;
2) die rechte Medullarplatte, jede wieder zusammengesetzt aus:
a) einer dorsalen sensibloi,
b) einer ventralen motorischen Längszone;
3) die vordere ConiiiMVsiir (h1 er Bodenplatte, welche der Kahtlinie
der rrmundrauder eutspricht;
4) die hintere Commissur oder iieckplatte, welche die hintere
Nahtlinie des Nervenrohrs darstellt
Die weitere Entwicklung erfolgt in der Weise, dafe linke und
rechte Medullarplatte sich sehr frühzeitig aufserordentlich stark ver-
dicken (Kig. Bei der lebhaften Vermehrung ihrer Zellen ist
leicht die interessante Tatsache festzustellen, dal's alle Kernteilungs-
figuren immer dicht an der inneren, dem Zentralkanal zugewandten
Fläche des Nerveurohrs, zuweilen in überraschender Menge, liegen,
eine Erscheinung, die auch hei der Entwicklung der Hirnblasen wieder-
kehrt. Nervenrohr und Epidermis haben also infolge der verschiedeneu
Bedingungen, unter welehe sie beim Entwicklungsprozers geraten,
verschie<ien orientierte Zuwaehsflftcben zur Vermehrung ihrer Elementar-
teile erhalten.
Die Zellen des Nervenrohrs sondern sich frühzeitig in zwei ver-
schiedene histologische Gruppen: 1) in Elemente, welche das Stütz-
gerüst liefern: das den Centralkanal (Fig. 2(i8 ck) umhüllende Epithel
und die Sjjongio^a (Spongioblasten von Iiis), und 2) in Elemente,
welche sich in (iauglieuzellen und in Nervenfasern umwandeln (Neuro-
blasten, His). Bei dem letzteren Prozefs kommt es noeh zu einer
neuen Sonderung. Die an Zahl immer mehr zunehmenden Nerven-
fasern lagern sich niinilich der Zellenninsse von aufsen auf; sie sind
bei ihrem ersten Auftreten mark los (l'ig. 2(>{s tvs u. Fig. 293) und um-
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Die Organe des äurseren Keimblattes.
2G7
ck
9*
geben sich erst nachträglich teils früher, teils später mit einer Mark-
hülle. Auf diese Weise entsteht eine central gelegene, die Ganglien-
zellen enthaltende, graue Substanz {gs) und eine ihr oberflächlich wie
ein Mantel aufgelagerte, weifse Substanz (»ts), an welcher dann wieder
eine Kinteilung in vordere, seitliche und hintere Kttckenmarkstränge
vorzunehmen ist.
Da an der mächtigen Volunisentfaltung die Boden- und Deck-
platte nicht beteiligt ist, wie sie auch keine (langlienzellen bildet,
so kommt sie immer mehr in die Tiefe, an den Grund einer vor-
deren und einer hinteren Längsfurche (Fig. 2r(8) zu liegen.
Schliefslich setzt sich das ausgebildete Rückenmark aus zwei mäch-
tigen Seitenhillften zusammen, die durch eine vordere und eine hintere,
tiefe Lilngsspalte voneinander
getrennt und nur in der
Tiefe durch eine dünne Quer-
brücke verbunden werden.
Da letztere sich von der im
Wachstum zurückgebliebenen
Deck- und Schlufsplatte ab-
leitet, birgt sie in ihrer Mitte
den el>enfalls klein gebliebe-
nen Gen tralk anal.
Anfangs nimmt das
Rückenmark die ganze Länge
des Rumpfes ein, beim Men-
schen bis zum vierten Monat
der embryonalen Entwick-
lung. Es reicht daher zu
der Zeit, wo sich das Achsen-
skelett in einzelne Wirbel-
abschnitte gegliedert hat, von
«lem ersten Ilals- bis zum letz-
ten Steilsbein Wirbel herab.
Das Ende des Rückenmarks
beginnt aber keine Ganglien-
zellen und Nervenfasern zu
bilden, sondern bleibt zeitlebens als ein dünnes, epitheliales Rohr
erhalten. Es setzt sich von dem grölsereu, vorderen Abschnitt, der
Nervenfasern und Ganglienzellen entwickelt hat, durch eine konisch
verjüngte Stelle ab, die in der deskriptiven Anatomie als Conus
niedullaris beschrieben wird.
Solange das Rückenmark in seinem Wachstum mit der Wirbel-
säule gleichen Schritt hält, treten die aus ihm entspringenden Nerven-
paare unter rechtem Winkel direkt zu den Zwischenwirbellöchern
hin, um den Wirbelkanal zu verlassen. Die Anordnung ändert sich
beim Menschen vom vierten Monat an; von du ab bleibt das Rücken-
mark in seinem Wachstum hinter dem Wachstunj der Wirbelsäule
zurück und kann daher den Wirbelkanal nicht mehr ganz ausfüllen.
Da es nun oben an der Medulla oblongata befestigt ist, und da diese
mit dem Hirn in der Schädelkapsel festgehalten wird, so mufs es in
dem Wirbelkanal von unten nach oben emporsteigen. Im sechsten
Monat findet sich der Conus medullaris im Anfang des Sakralkanals,
bei der Geburt in der Gegend des dritten Lendeuwirliels und einige
Fig. 268. Quersohnitt daroh Bücken-
mark und knorplige Wirbelsäule eines
menschlichen Embryo.
tk Centraikanal, //s graue Substanz, ir«
weiTse Substanz des llückenniark», g S^)inal-
ganglion mit hinterer Wurzel, ick Wjrbel-
körper mit Ckordarest, vcb Wirbelbogen.
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268
Elftes Kapitel.
Jahre später am uiitereü Rande des ersten Lendenwirbels, wo er auch
beim Erwachsenen endet.
Bei (lein Heraufsteigen (dem Ascensus medullae spinalis) wird
das letzte Kiide des Hückeumarks: das dünne epitludiale Itohr, welches
am Steifsbein festgeheftet ist, in einen langen, düuueu Faden aus-
gezogen, der auch noch beim Erwachsenen alsFilum terminale
intern um und externum hcstehen Ideibt. Der Faden zeigt am
Anfang eine kleine Höhlung, die von flimmernden Cylinderzellen um-
geben wird und eine Fortsetzung vom Gentraikanal des Rückenmarks
iBt. Weiter nach abwärts setzt er sich dann in Form eines Binde-
gewebsstrangs bis zum Steifsbein fort.
Eine zweite Folge des Emporsteigens des Rückenmarks ist eine
Änderung in der Verlauf s weise der Anfäuge der peri-
pheren Mervenstftmme. Da ihre Ursprange zugleich mit dem
Rückenmark im Wirbelkanal immer mehr kopfwärts zu liegen kommen,
die Stellen aber, wo sio dnrrh die Z^vi' rl:f^nwir])ellucber nn^tvffen.
sich nicht veräuderu, so müssen sie aus der queren in eiue immer
schrägere Verlaufsrichtung übergehen, um so mehr, je weiter unten
sie den Wirfaelkanal verlassen. In der Halsgegend ist ihr Verlauf
noch ein querer, in der Brustgegend beginnt er mehr und mehr
schräg zu werden und winl endlich in der Lendengegend und noch
mehr in der Kreuzbeiugegeud ein steil nach abwärts gerichteter.
Hierdurch kommen die vom letzten Teil des Rückenmarks ansgehen-
den Nervenstämme eine grofse Stiecke weit in den Wirbelkanal zu
lie^'^'n , ehe sie zu den zum Durclitritt dienenden Kreuzheinlöchern
gelaiigeu; sie umfassen dabei den Conus medullaris und das Filuin
terminale und stellen die als Pferdeschweif oder Gauda equina be-
kannte Bildung dar.
Kndlitdi » rfsUirt das Rückenmark auch noch in seiner Form einige
Veräuderuugeu. Schon vom dritten und vierten Monat an wachsen
die Stellen , an denen die peripheren Nerven zur vorderen und xur
hlDteren Extremität abgehen, und welche dem Hals- und Lendenmark
angehören, stärker, indem in ihnen Oanglienzellen reichlicher zur
Ausbildung kommen; sie werden als H als- und Lendenaaschw el-
lung (Intumeseentia eervicalis und lumbalis) unterschieden.
2. Die Entwleklniip des Oehlrns.
Wie für das Rückenmark, ist auch für das Gehirn die Ausgaugs-
form ein einfaches Rohr. Frühzeitig, jedoch noch ehe es überall ge-
sclilossen ist . erfährt es schon durch gröfserf s Wachstum einzelner
Stre( ken und geringeres Wachstum anderer rmt (ilicderung; durch
zwei Einschnürungen au seinen Seiteuwauduuj;i.u zerfällt es in die
drei pjimftren Htrnblasen (Fig. 271 P., Jlf., B.), die durch
weite Öffnungen mit» inander in Verbindung bleiben und als Vorder-,
Mittel- und Ilinterhirnbläschen (Prosencephalon, ^fo'^fmi p]>halou.
Rhombencephaion) bezeichnet werden. Au ihnen treten bald weitere
Veränderungen ein, am frühzeitigsten am Vorderhimblftsehen. Seine
seitlichen Wandungen wachsen rascher und stüljien sich nach auTseo
zu den beiden Augenblasen bervf>r iVr^ 2*>9 au), die UiiHi »dniger
Zeit sich von ihrem Mutterboden bis aul dünne, hohle Verbiudungs-
stiele (Fig. 270 ati) abzuschnüren beginnen. Die Stiele bleiben, da
die Abscbnttrung hauptsachlich von oben nach unten erfolgt ist, mit
uiLjiiizuü Dy Google
Die Organe des äurseren Keimblattes.
209
tler Basis des Vorderhirubläschens in Zusammenhang. Dann fangt
auch die vordere Wand des Bläschens an, sich nach voru auszubuchten
und sich durch eine seitliche Furche, die von oben -hinten schräg
nach unten - vorn verliluft, abzugrenzen (Fig. 270). Auf diese Weise
wird das primäre Vorderhirni)läschen (Prosencephalon) noch in zwei
weitere Abteilungen zerlegt: in die Anlagen für das Grofshirn ifjh)
(Telencephalon, Endhim) und für das Zwischenhirn izh) (Diencephalon,
Thalamencephalon), mit dessen Basis die beiden Sehnerven verbunden
bleiben.
Die Grolshirnanlage beginnt bald durch ein sehr rasches Wachs-
tum alle übrigen Teile des Gehirns an Gröfse zu überflügeln. Dabei
wird es noch in eine linke und eine rechte Hälfte zerlegt. Es wächst
nämlich von dem das Nervenrohr einhüllenden Bindegewebe ein Fort-
satz : die spätere grofse Hirnsichel (Falx cerebri), in der Medianel)ene
hirn und Nachhini, au Augenblase, gf) (ichurbläschen,
Fig. 269. tr Trichter (Infundibulum), rf Hautenfeld, nb Nacken-
beuge, l'b Kopfbeuge.
Fig. 269. Kopf eines 68 Stunden hindurch bebrüteten Hühnchens in
der Rückenlage bei durchfallendem Licht. 40fach vergröfsert. Nacb Mi-
UALKOVIC8.
X Vordere Wand des |)riniären Vorderhirnbläschens, welche sich später zum
(irofshirn ausstülpt, prh primäres Vorderhirnbläschen, au Äugenblase, mh Mittel-
hirnbläschen, kh Kleinhirnanlage, nh Nachhiru, h llerz, ro Vena omphalo-mes-
enterica, rm RQckenmark, »<» Ürsegment.
von vorn und oben der Grofshirnanlage entgegen und stülpt ihre obere
Wand nach abwärts tief ein. Die beiden so entstandenen, an der
Basis verbundenen Hälften ( Fig. 273 äws) , welche eine mehr flache
mediane und eine konvexe äufsere Fläche zeigen, hcifsen die beiden
H em is phä ren bl äsch en . da sie die (irundlage für die beiden
Grorshirnhemisphären abgeben. Am dritten llirnblilschen , welches
auf frühen Embryonalstadien den längsten Abschnitt des ganzen
Himrohrs darstellt und. allmählich sich verjüngend, in das Rücken-
niarksrohr übergeht, erfährt die obere Wand in grofser Ausdehnung
eine erhebliche Verdünnung (Fig. 27o ;•/') mit Ausnahme eines kleinen
Bezirks (kh) unmittelbar hinter der Einschnürung, durch welche es
270
Elftes Kapitel.
vom Mittelhirubläschen (Mesencephalon) (mh) abgegrenzt wird. Da-
durch ist es möglich, auch hier schon die Anlagen für zwei
später scharf gesonderte Himabschnitte zu unterscheiden: 1) die An-
lage für das Kleinhirn (Metencephalon . Hinterhirn) (Fig. 27o ^ä),
und 2) die Anlage ftlr das verlängerte Mark (Myelencephalou, Nach-
hirn) m/j.
Über die Sonderungen des embryonalen Hirnrohrs der Wirbel-
tiere in drei und darauf in fünf Abschnitte hat Kupffer im Hand-
buch der vergleichenden und experimentellen Entwicklungslehre zwei
lehrreiche Schemata gegeben (Fig. 271 u. 272), an welchen man sich
über die oben be-
MS:^ -I^:^^! sprochenen Verhält-
nisse sowie über die
gleich zu beschrei-
benden K rümmungeD
des Hirnrohrs noch
weiter unterrichten
möge.
Die einzelnen
durch Einschnürung
und Ausstülpung so-
wie durch ungleiche
Verdickung der Wan-
dungen hervorge-
rufenen Abschnitte
des Hirnrohrs setzen
sich in der Folgezeit
noch scharfer von-
einander ab, indem
sie ihre Lage ver-
ändern. Anfangs lagern die durch die ersten Einschnürungen ent-
standenen drei HirnblRschen in einer geraden Linie hintereinander
(Fig. 128) über der Chorda dorsalis, welche aber nur bis zum vorderen
Ende des Mittelhirnbläschens reicht, wo sie zugespitzt aufhört. Aber
Fig. 271. Schema von der Dreigliederung des
Nervenrohrs. Nach Kupkkkr.
J'. Proaencephalon, M. Mesencephalon, R. Rhomben-
cephalon, pn. rrocessus ueuroporicus , lt. Laniina ter-
minalis, ro. Recessiis opticus, ./. Infiindibulum, tp. Tuher-
culuiii posterius, jir. l'lica encephali ventralis, ]»r Plica
rhumbu-meHencephalica, Ms. Medulla spinalis, r. un-
paare Hiechplacode.
Fig. 272. Schema
von dem fünf-
gliederigen Bta.
dium des Nerven*
rohrs. Nach
T.Telencephalon.
D. Diencephalon.
M. Mesencephalon.
itfif. Metencephalon,
MI. Myelencepha-
lon, Parmphystft,
r Epiphysis, c Ctn-
belium , sf. Sulcus
intraencephaliru.s
posterior, di Com-
missura babeoula-
ris, cj> Comraissiira
ri8, cj> iyomraissiira
fOBterior, er. (.'ommissura cerebellaris, aa. Grenze zwischen Telencephalon und
>ienc<;i»hal«»n, »/</. (irenze zwischen Dioncephalon und Mesencephalon, ff. Grenze
zwischen .Mesencephalon und Metencephalon.
in Fig. 271.
Die übrigen Bezeichnungen wie
Die Orgaoe des iulkereii Keimblattes.
271
schou vou dem Augenblick au, wu sich die Augenblaseu abzuschnüren
beginnoD, verstellen sie sich in der Weise, dafe die sie Terbindende
Längsachse starke, charakteristische Krümmungen erfährt, welche als
Kopf-, Brücken- und Nacken beuge unterschieden werden
(Fig. 270 kb, nb, Fig. 272). Die Ursache für die Entstehung der
Krümmungen, die far die Himanatomie gleichfalls von grundlegender
Bedeutung sind, ist wohl in erster Linie in einem stärkeren Längen-
wachstum zu sutMien, durch welches sich das Hirnrohr namentlich in
seiner dorsalen Wand vor den umgebenden Teilen auszeichnet. Wie
Hi8 dureh Messungen festgestellt hat, nimmt die Gehiraanlaffs um
mehr als das Doppelte an Länge zu, während das Rflekenmark sich
nur um den sechsten Teil seiner Länge vergröfsert.
Die Kopfbeuge (Fig. 270 A/>, Fig. 271, 272) entwickelt sich
am frühzeitigsten. Der Vorderhiruboden senkt sich ein wenig nach
abwärts, um das voiilere Ende der Chorda dorsalis (Fig. 177 ch)
herum und bildet zuerst einen rechten, später sogar einen spitxen
Fiir. 273. Fig. 274.
Fig. 27:i. Qetairxi eines sieben Woohan alten mainaebliohen JBmbcTO,
vom Scheitel betrachtet. Nach Mihalkuvios.
mKp Mantelsnalte. in deren (irmnl man die cnihryonale Schlufsplatte siebt,
Anw linke Itemisphare, sh Zwischenhirn, mit Mittflliini, hh Hintrr iina Niuhliirit.
Fig. 274. Qehirn einea 16 nun langen Kanineben -£!mbryo in der
Unken Beitet^alotat Sie iullBere Wand des linken OrofUdnunantela ist
entfiernt. Nach Miualkovics.
$H Sehnerv, ML Moimogches i^och, agf Adergetlechtsialte, am/; Ammoaäialte,
jih Zwischenhim, mh Mittelhim (ScheitelbeageX Im Kleinhirn. Dp Deckplatte des
vierten VentrUids, M BrOckenbenge, mo Medolla oblongata.
Winkel ( I'ig. 270 u. 28:{) mit dem dahinter gelegenen Teil der Hirn-
hasis. Infolgedessen kommt jetzt das Mittelhirnbläschen (Fig. 270 mh,
272 M u. 274 mh) am höchsten zu liegen und bildet den an der Ober-
fläche des Embryo weit hervorragenden Seheitelhöeker (Fig. l^^l s;).
Weniger bedeutend ist die N a c k e n he uge . welche sich an der
Grenze zwischen Nackiiirn und Kuckeumark einstellt (Vig. 270 nb).
Sie ruft auch eine nach auflwn hervortretende Krümmung, den soge-
nannten Nackenhöcker, bei den Embryonen der höheren Wirbeltiere
hervor (Fig. 1<»I). Sehr hochgradig ist wieder die dritte Krümmung,
welche vou Küllikeh als die Brucken beuge (Fig. 274 66) be-
zeidmet worden ist, weil sie in der Gegend der spftteren Varolsbrttclse
entsteht Sie unterscheidet sich auch von den beiden zuerst be-
schriebenen Krümmungen dadurch, dafs ihre Konvexität nicht nach
dem Kuckeu des Embryo, sondern nach der veutraleu Seite zu ge-
richtet ist. Sie hüdet sieh swisdien dem Boden der Kleinhiroaolai^
und des verlängerten Marks aus und stellt einen ventralwftrts weit
Digitlzed by Google
272
Elftes KapiteL
hervorragenden Wulst dar, an welehem sich spater die queren Fasern
der VarolsbriV-k«' anlofren.
Die Gröltoi' der Krümmungen ist bei den verschiedenen Klassen
der Wirbeltiere eine sehr verschiedene. So ist die Kopfbeuge bei
niederen Wirbeltieren (Fischen, Amphibien) sehr wenig ausgesprochen,
viel stärker dafroizrn lioi den Rojjtilien, Vögeln und Säugetieren;
namentlich aber sind lieiiii Menschen, welcher das voluminöseste Ge-
hirn liesitzt, alle Krümmungen in sehr hohem Grade ausgeprägt.
Die drei Hiiiiblasen geben die Grundlage fQr eine naturgemftfte
Einteilunj; des rif liirns ab; denn wie das Studium der weiteren Ent-
wirkliin^ lehrt, entstehen aus »lern Nachhirnbläschen die MeduUa ob-
lüuguta, der Wurm, die Kleiuhu nhemisphären und die Varolsbrücke ;
ans dem MittelhimUSscIien die Himsehenkel und Vierhttgel; aus
dem primären Yorderhirnblrisclien endlich das Zwischenhim mit dem
Trichter, der Zirbel, den Sehhikgelu sowie die beiden Grofshim-
hemisph&ren.
Die Hohlrftnme des primfiren Himrohrs werden zu den Ventrikeln
des Gehirns. Aus dem Hohlräume des dritten Bläschens leitet sieh
der vierte Ventrikel nd* i die I^autengrube ab, aus dem Hohlräume
des Mittelhirnbläscheus der Aquaeductus Sjlvii, aus dem Hohl-
räume des VorderhimblftscheDS der dritte Ventrikel und die beiden
Seitenventrikel, die auch als etster und zweiter Ventrikel bezeichnet
werden.
Bei allen Umwandlungen de» Hirnrohrs greifen histolugisehe und
morphologische Sonderungen auf das mannigfaltigste ineinander. In
histologischer Hinsicht ist zu erwähnen, dafs ursprQnglieh die
Wände der Bläschen in ^^leicher Weise wie das MeduUarrohr aus
dicht fjedränjrteii. spindeltdrinifren Zellen bestehen, die sich nach und
nach in zwei Riciituiigeu differenzieren. An einigen Stellen behalten
die Zellen ihren epithelialen Charakter bei und liefern: 1) an
der Decke des Zwischen- und Nachhirns den epitlielialen Überzug
der Adergedechte . 2) das die Ventrikel <!* s Hirns auskleidende
Ependym, 'S) foUikelartige Gebilde, wie die Zirbel (Fig. 2ÖUj. Am
gröf^ten Teil der Wandung vermehren sieh die Zellen in anflser*
ordentlichem Mafse und wandeln sich zu kleineren und gröfseien
Lagern von Ganfrlienzellen und Nervenfasern um. Die Verteilung
der so entstehenden grauen und weifsen Substanz zeigt an den üim-
blasen nieht mehr das gleichförmige Verhalten wie am Rflckenmark.
Eine Übereinstimmung gibt sich nur darin kund, dafs sich in jedem
Himteil frraup Kerne finden, die, wie die vorderen und die liinteren
grauen KUckenmarkssäulenf von einem Mantel weiiser Substanz um-
hallt werden. Dazu gesellen sich an den zwei zur grOfeten ^t«
faltung gdangten Gehinteilen graue, ganglienzellenhaltige Schichten,
die einen Überzug, die graue Kinde des Grofs- und Klf inhirn«.
liefern. Hierdurch wird an einzelnen Hirnparlien die weilse Sub-
stanz zum Markkern, die graue zur Rinde, ein Verhältnis, in welchem
sich dem Aufbau des Rückenmarks gegenüber ein wichtiger Unter-
schied ausspricht.
l)it' morpb ol og i sehe So n d e 111 II fr des Gehirns beruht
auf dem sehr ungleichen Wachstum sowohl der ein-
zelnen drei Blasen als auch verschiedener Strecken
ili I f t Wand ung: z. B. bleiben hinter der (übermächtigen Entfultuii?
der hemisphärenbläscheo , die zum Grofshirn werden, die Übrigeu
Die Organe des äufseren Keimblattes.
273
Abschnitte weit zurück und uiachen im Vergleich zu iliueii nur einen
kleinen Bruchteil der gesamten Hirnmasse aus (Fig. 27ö u. 277). Sie
werden als Hirnstamn» zusi\nimeng«'fafst , im (Jegensatz zu den
Hemisphärenbläschen, die, ins Grofshirn sich umbildend, gleichsam
einen Mantel liefern, welcher die anderen Bläschen von ol)en und von
der Seite ganz bedeckt und nur die Hirnbasis freiläfst.
Das ungleiche W a c h s t u n) der H i r n w a n d u n g e n äufsert
sich ferner in dem Auftreten verdickter und verdünnter Stellen, in
der Ausbildung besonderer Nervenstränge (Pedunculi cerebri, cere-
belli etc.), in der Ausbildung gröfserer und kleinerer Lager von
Ganglienzellen (Thalamus opticus. Corpus striatum). Hierbei zeigt
sich auch das im fünften Kapitel ausführlich besprochene Prinzip
der Fal ten bi 1 d u n g in eigenartigerweise durchgeführt, und zwar
an den GroCshirn- und Kleinhirnheniisphären mit Einschluls des Wurms,
also an den beiden Hirnteilen, die an ihrer Oberfläche mit grauer
Rinde überzogen sind. Wie man aus einer grofsen Reihe von Kr-
scheinungen schliefst, hängt die Leistungsfähigkeit des Grofs- und
Kleinhirns mit der Aus-
dehnung der grauen i i
Rinde und der in ihr
regelmäfsig angeord- »c)m.l
neten (ianglienzellen /
zusammen. Hieraus er- # _ \
klärt sich die sehr l)e- ä^^^^ \
deutende ül>ertlächen- .Sy.rj \^ ß^r \
vergröfserung, welche r«— — jr W
am Grofs- und Klein- «<^'«'/ ^^.^ - ^
him des Menschen durch
verschiedenartige Fal-
tenbilduug herbeige-
führt wird. Am Grofs-
hirn erheben sich vom
Marklager der Hemi-
sphären (Centrum se-
miovale) breite Leisten
(Gyri), welche, in mä-
. a n d r i s c h e n Win-
dungen verlaufend,
das charakteristische Relief der Obertlftche erzeugen (Fig. 280). Am
Kleinhirn sind die zahlreichen, vom Markkern ausgehenden Leisten
schmal, parallel zueinander angeordnet und mit kleineren
Nebenleisten zweiter und dritter Ordnung besetzt, so dafs ihr
Querschnitt baumförmige Figuren ergibt (Arbor vitae).
Wenn wir nach diesen Vorbemerkungen die Umbildungen der
drei Bläschen in das Auge fassen, so wollen wir an jeden», wie es
MiHALKOvics in seiner Monographie der Gehirnentwickluug durch-
geführt hat, vier Abschnitte als Boden, Decke und Seitenteile
unterscheiden und mit dem letzten Bläschen beginnen, da es sich in
seinem Bau am meisten an das Rückenmark anschliefst. Behufs
genauerer Abgrenzungen kann man noch aufserdem an den Seiten-
wandungen in derselben W'eise wie am Rückenmark eine dorsale und
eine ventrale Längszone (His, S. Minot) unterscheiden.
O. il«rtwig, Die Elemente «Ivr Kntwicklungslehrv. .'. Aufl. 18
Fig. 275. Seitliche Ansicht vom Oehirn
eines menschlichen Embryo aus der ersten
Hälfte des fünften Monats. NatUrl. (irurse. Nach
MlHALKOVIC».
sü Stirnlappeu, svhei.l SclieilJ'llaitnen, h\ Ilinter-
liauptslappen. »vh\.\ Schlat'cnlanpen, cy.g SYLvisclie
(Jrulie, r»j Hiechnerv, Uh Kli'innirn. Itr Brücke, m»h
McduUa oblongata.
274
Elftes Kapitel.
1. Umwandlung des priniiTenHinterhirnblia(diena(Bhombencephalon).
D:is Hint erhirnMäsclieii zeij-'t am Anfang' seiner FntwickluDg
(beim Iliihnclioii am zwcitfii und dritten Taue) sehr regelmalsige und
reciit charakteristische Einialtungeü seiner Seiteuwandungeu uud wird
durch sie vorQbergehend in mehrere kleiDera. hintereinander gelegene
AbteiluDgen geschieden, in welchen manche Forscher eine Segmen-
tierung des Hirnrohrs erblicken, die zum Austritt gewisser
Hiruuerveu in Be/ichuug stehe und für
die Frage nach der Segmentierung des
gesamten Kopfabschnittes wichtig sei. Auf-
ifallond ist allerdings die grofse Regel-
mälsigkeit, mit welcher solche Falten, wie
es scheint, auf einer bestimmten Periode
der Himentwicklung in allen Klassen der
Wirbeltiere gebildet werden. Schön au'i-
geprilgt sind sie in Fig. 270, einem Frontal-
schnitt durch das Hinterhirnbläschen von
einem HOhnercmbryo. über auch eines sehr
jungen menschlichen Kinl)ryo (Fig. 30(5) zu
sehen. Die nach dem vierten Ventrikel
gekehrte innere Kontur der Hirnwand
zeigt ffinf Ausbuchtungen, die kleine Ab-
C'\ JL \ schnitte einer Kreislinie darstellen und
1 ' »ü^^l durch scharf vorspringende Kämme (A-
fi V Mt\~Jr'^^' g^S^neinander abgesetzt sind. Der /.wischt'U
(i J W V>/ Kämmen gelegene Abschnitt der Hirn-
wand wird jetzt gewöhnlich mit einem
von Orh eingeführten Namen als Neu-
romer Itezeichnet.
An der äufteren Oberflftche sind die
Neuromeren nur wenig gegeneinander
abgegrenzt durch seichte Furchen (f) in
der Gegend, wo sich uach innen die Kämme
erheben. Auch in der Himwand selbst
macht sich eine Abgrenzung bemerkbar
in der Form von feinen, hellen Linien,
die, von den äufseren Furchen ausgebend,
sich oft bis in die Nfthe der inneren
Kanten verfolgen lassen und wohl dadurch
hervorgerufen sind, dafs hivv die ovalen,
dicht gedrängten und überhaupt in jedem
Segment regelmäfsig angeordneten Kerne
fehlen. Die Segmentierung (Neuromerie)
ist auf die Seitenwandunffen beschrAnkt.
an der Decke und dem linden fehlt sie.
Aus dem primären Hinterhirnbläscheo
sondern sich im Laufe der Entwicklung
das v e r 1 n n g e r t e M a r k und das Klein*
hirn mit der Brücke.
Das verlängerte Mark (Myelencephalon) (Fig. 272 3//) entwickelt
sich aus dem hinteren, längereu Al)schuitt des Hiuterhirnbläscheu«..
Frtthzeitig treten hier Boden und Seitenwandungen in einen Gegen-
Fig
durch
276. FrontalBohnitt
den hinteren Teil
des Uirnrohrs eines jungen
Hühner-Embryo.
mh Ilohlraiim di-s MitteU
hiinblasrlu'iis . Iili vordertT
engerer Abschniit diT Höhlung
deB UinterhirnbUiichens, das
in seinem dahinter gelefrenen
wcitoren Absrlmitf die Nciiro-
nierie /eij;!, /. Kaiitr, iliinli
welche ein Neuronier vom an-
dern an der innem Obertlache
abgeirrenzt wfrd, f Grenzfnrche
der Noiironici-cii an der An^cii-
flätbe und davon ausgebende
helle Linie, hh llörbruscben.
bl Blutgefafse, c Übergang des
▼ierten Ventrikels in den ( Vn-
tralkanal des Rückenmarks.
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I)ie Or);aiiL' des äufaeren Ki'iiiiblatte>.
275
satz zur Decke (Fij;. 277 u. 278), denn sie verHicken sich l>etrÄcht-
lich durch Anhilduiig von NervensubsUinz und sondern sich (heim
Menschen im dritten his sechsten Monat) jederseits in Hufserlich
erkennbare, weil durch Furchen geschiedene Stränge, welche mit
gewissen Modifikationen die Fortsetzung der bekannten drei Stränge
des Rückenmarks sind. Die Decke des Bläschens i Fig. 27«» rf u. 27'.» Dp)
erzeugt dagegen keine Nervensubstanz, behält ihre epitlieliale Struktur
bei. verdünnt sich noch mehr und stellt beim Erwachsenen eine ein-
fache Lage ])latter Zellen dar. Diese bildet den einfachen Verschlufs
des von ol>en nach unten plattgedrückten Hohlraums des Nachhiru-
bläschens , des vierten Ventrikels oder der Uautrngrube. Sie legt
sich an die untere Fläche der weichen Hirnhaut fest an und erzeugt
mit ihr das hintere Adergeflecht (Tela chorioidea inferior). Der
Name Adergetlecht ist gewählt worden, weil die weiche Hirnhaut in
dieser (iegend sehr blutgefäfsreich wird und mit zwei IJeihen ver-
ästelter Zotten in den Hohl-
raun» des Nachhirnbläschens
hint'inwuchert , innner die
dünne Kpitheldecke vor sich
hertreibend und einfaltend.
Seitlich geht die Deckplatte
oder das Epithel des Ader-
getlechts in die zu Nerven-
massen umgewandelten Teile
der Hirubläschen über. Der
Übergang wird durch dünne
Lamellen weifser Nerven-
substanz vermittelt, welche
den Kand der Rautengrube
als Obex , Taeaia , hinteres
Marksegel und Flockenstiel
umsäumen. Wenn man mit
der weichen Hirnhaut auch
das hintere Adergetlecht von
»lern verlängerten Mark ab-
zieht, so wird natürlich die
daran haftende Epitheldecke
des vierten Ventrikels mit
entfernt . und es entsteht
der hintere Hirnschlitz
illterer Autoren, durch wel-
chen man in das Hohlraumsvsteni
Fig. 277. Qehim eines menschlichen
Embryo auB der ersten Hälfte des fünften
Monats in der Medianebene halbiert. An-
sicht der rechten Innenhültte. N'atUrl. Urof'^e.
Nach MiHALKOVICS.
rn Riechnerv, tr Trichter des Zwisthcn-
hirns, cmn Commissura anterior. 3fL Mokxo-
sches Loch, /Vx Komix, (iewulbe, spt Septnm
pellucidum, durchsichtige Scheidewand, bal
Kalken (('orpus callosunii, welcher nach ah-
wikrts am lialkenknie in die embryonale Schlufs-
platte Ubergeht, cm<i Sulcus calloso-niarginalis,
fn Kissura occipitalis, zir Zwickel (Cnnens).
/■(• Kissura calcarina. z Zirbel, i'h Vierhiigel.
A7i Kleinhirn.
von Hirn und Rückenmark ein-
dringen kann.
Das Kleinhirn (Metencephalon) sondert sich aus dem kleineren
vordersten Abschnitt des Hinterhirnbläschens (Fig. 27«» kh, 272 Mt).
Es erfahren hier die Seitenwandungen eine ganz aulserordentliche
Verdickung ; dabei rücken sie dorsal und ventral dicht zusammen und
verdrängen die Boden- und die Deckplatte vollständig. Sie liefern
so einen aus Nervenelementen gebildeten dicken Substanzring, welcher
einen kleinen Hohlraum umschliefst. der zum vorderen Teil der Rauten-
grube wird (Fig. 278, 27i>). Das Kleinhirn entwickelt sich denmach
(Schaper) aus einer bilateral symmetrischen Anlage. Der Boden des
Sul>8tanzringes liefert die Brücke (Fig. 27t» deren Querfaserung
18*
276
Elftes Kapitel
im vierten Monat deutlich wird. Namentlich aber wuchert
die obere Hälfte desBlnges in ganz aurserordentliehem
Mafse und verleiht dem Kleinhirn sein eigenartiges
Geprflge. Zuerst stellt sie einen dicken, q u c r frei a j;er t en
Wulst dar (Fifi. 278, 27i» A7<), der nach hinten die verdünnte Decke
des verlängerten Marks Uberragt. Im dritten Monat erhält der mitt-
lere Teil des Wulstes durch Einsenkuog der Gefftfohaut vier tiefe
Querfurchen (Fig. 27 R) und setzt sich so als Wurm gegen die noch
glatt erscheinenden Seitenteile (A7/) ab. Diese eilen von jetzt ab im
Wachstum dem Mittelteil voraus, wölben sicli als zwei iialbkugelu
ZU beiden Seiten hervor und werden, indem sie vom vierten Monat
an Querfurchen erhalten, zu den voluminösen KleinhirnhemisphAren.
Wo Wurm und Hemisphären in die Deckenteile des verlängerten
Marks und des Mittelhirnbläschens übergehen, wird nur wenig Merven-
sttbstanz ausgebildet, und so entstehen dOnne Markblftttchen, welche
I'ip. 2Tf^. Gehirn eines menschlichon Embryo aus der zweiten Hälfte
des dritten Monats, von hinten betrachtet. Natürl. Grörsc. Nach Miualkuvics.
msp Mantelspalte. vh Vierhüfjel. vma Velum medulläre anterius. kh Kleio-
himhcmispbärt'i), r* vierter Veiitrikrl (Hantenprubel, mo Medulla ohlongatn.
Fig. 279. Qehlrn eines 5 om langen Hinda-Srnbryo in seitUoher An*
■tobt. Die seitliclie Wand des Hemisphftrenmantels ist abgetragen. Yei^rAfse-
ning •/*. Nach Miiialkovk »
ext Strcifenhugel , ML MoKRosches Loch, agf Adergetlechtsfalte (I'lexii«
chorioideus lateralis), amf Ammonsfalte, kh Kleinhirn, ])p Deckplatte des vierten
Ventrikels, 6fr Brfickenbeuge, mo Medulla oblongata, mh MitteUiirn (Scheitelbeuge).
einerseits zum hmteren Adergeflecht, andererseits zur Vierhfigelplatte
den r!)ergang vermitteln, das hintere und das vordere
Marksegel.
2. Umwandlung des Mittelhirnbläschens (Mesenoephalon).
Das M i 1 1 e 1 b i r n b 1 ä s c h e n (Fig. 27 1 , 212 M, 27u tuh, 27;> uih,
277, 278 vh) ist der konservativste Abschnitt des embryo-
nalen Nervenrohrs, der sich am wenigsten verändert; es lAfst
beim MtMisrhen nur einen kleinen Hirnteil aus sieb bervnrgeben.
Seine Waiidungen verdicken sich ziemlich gleichmäfsig um den Hohl-
raum, der eng und zur Syl vischen Wasserleitung wird. Der
Boden mit der unteren Hftlfte der Seitenwandung (Grundplatte von
Bis) liefert die Hirnstiele und die Substantia perforata posterior.
Die Def'ki>latte nebst der oberen Hälfte der Seitenwandnngen (Flütrel-
platte von Hhs) (Fig. 278 t"A) wird zu den Vierbügeln; im dritten
Monat erscheint eine Medianfurche und im fQnften eine sie recht-
i
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Die Organe des äuberen KeimblAttes.
277
winklig kreuzende Querfurehe. — Wahrend am Beginn der Ent-
wieklung das Nfittelhirublftscheu (Fig. 27«) u. 279 mh) infolge der
Krüminuiifren des Nervt'iirohrs die lioclistc Stelle einniniint und am
Kopt den Sclieitelliöcker (Fig. 181 hervorruft, wird es spsiter
von oben her von den anderen voluminöser werdenden Hirnteileu,
wie Kleinhirn und Grorshim, überwachsen und in die Tiefe an die
Basis des Gehirns gedrängt. (Vg]. Fig. 270 mh mit Fig. 277 vk,)
8. Umwandlung des primären Vorderhirnbläsobena (ProMHoaphalon ).
Infolge von Metiimorphosen . dit* sclion früh einsetzen und auf
S. 2<is bereits ihre Darstellung gefunden haben, sondert sich das
priinilre Vorderhimbläsehen in die JLugenblasen, deren Entwicklung
in einem l)esonderen Abschnitt spAter verfolgt werden wird, und in
die Anlagen für das Zwischenhirn und das Grofshirn.
Diis Zwisfhenhirn (Dipncephalon) (Fig. 272 D) entwickelt sich
aus dem Abschnitt des Vorderhirnbläschens, aus dessen Seiteu-
wandungen sich die Augenblasen ausgestolpt haben. Wie das Mittel-
hirnbläschen wird es nur zu einem verhältnismftteig kleinen Himteil,
geht aller eine l^ ihe interessanter Vcründeningen ein, da zwei An-
hänge von rätselhafter Bedeutung, die Zirbeldrtlse oder Kpiphyse und
die Hypophyse, an ihm znr Entwicklung kommen. (Wegen der
l'araphvse vergleiche man Hertwigs Lehrbuch d. Entwicklungsgesch.,
VII. Aull. S. 4<i7.)
Am Zwischenhirn wird ebenfalls eine beträchtliche Menge von
Kervensubstanz nur an den Seitenwandungen gebildet, die sich dadurch
zu den Sehhngeln mit ihren Ganglienlagern verdicken. Zwischen
ihnen erliält -^i Ii der Hohlraum dos Bläschens als enjie , senkrechte
Spalte, bf kniint als dritter Ventrikel, er ist mit der Rauteu-
grube durcii die Sylvische Wasserleitung verbunden. Der Bodenteil
bleibt dann und wird frQhzeitig nach unten ausgestülpt ; er gewinnt
so die Form eines kurzen Trichters (Infundihuluni) (V\ii. 272 J, 27ü
u 277 ^r), mit dessen Spitze sich die gleich näher zu beschreibende
Hypophyse verbindet.
Die Decke zeigt in ihrer Umbildung (Fig. 277) mit dem..ent*
sprechenden Teile des Hinterhirnbläschens eine auffiUlige Über-
einstimmung. Sie erhält sich als eine einfache, dünne FipithclsrdHcht.
verbindet sich mit der gefäfsreicheu , weichen Hirnbaut, die wieder
zottenförmige Wucherungen mit Gefftrsschlingen in den dritten Ven-
trikel hineinsendet, und stellt mit ihr zusammen das vordere
A de r f 1 ec h t (Tela chnrioidea an terinr oder superior)
dar. Wenn man beim Abziehen der weichen Hirnhaut auch das
Adergeflecht entfernt, wird der dritte Ventrikel eröffnet; es entsteht
der vordere grofsc Hirnschlitz, durch welchen man, wie durch
die gleichnamige Bildung «am verlängerten Mark, in die Hohlrilume
des Gehirns eindringen kann. Die Übereinstimmung mit dem ver-
laiigeiteu Mark spricht sich noch in einem weitereu Punkte aus.
Wie an diesem sich die Ränder der Deckplatte zu dünnen Mark'
streifen entwickeln, durch deren Vcrniittlinifi der Ansatz an der
Seite der Hauteugrube erfolgt, so befestigt sich auch hier das K|iithel
des Adergetiechts auf der überdache der Sehhügel vermittelst dünner,
«OB marknaltigen Nervenfasern bestehender Streifen (Taeniae thalami
optid).
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278
lülftes Kapitel.
Aus dem hinteraten Teil der Deckplatte des ZwiHehenhirn*
bläschens uimint endlich sehr frQhzeitig, heim Menschen im Laufe des
zweiten Monats, die Zirbeldrüse (Glandula pinealis s. Conarium)
ihren Ursprung, ein eigentümliches Gebilde, das bei keinem Wirbel-
tiere, den Amphioxns lanceolatus ausgenomnien, vermifst wird; am
Übergang in die Decke des Mittelhirns (Lamina (luadripemina) ent-
steht eine Ausstülpung (Fig. 272 277 r). welche die Form eines
Handscbuhhngers besitzt, der Trocessus pinealis oder Zirbelfort-
satz, dessen Spitze anÄlnglich nach voru, spllter nach hinten ge-
richtet ist. In seinen weiteren Umbildungen zeigen sich, soweit
unsere heutigen Kenntnisse reiciieu. nicht unerhebliche Verschieden-
heiten. Bei den N ögeln und Säugetieren geht der Zirhel-
fortsatz Umwandlungen ein. welche ein Organ von drüsiger,
folliknlilrer Struktur entstehen lassen. Bei den Vögeln treibt
er an seiner OberHiiclie in einem bestimmten Stadium in das um-
gebende, mit HlutgefiUsen reich verseliene Bindegewebe mehrere
EpithelsträDge hinein, die sich weiter durch Sprossung vermehrt n
und schliefslich in zahlreiche, kleine Follikel zerfallen (Flg. 28u f ).
Diese bestehen aus mehreren Lagen
von Zellen, zu äuCserst aus kleinen,
rundlichen, zu inuerst aus cyliu-
driscben, flimmernden Zellen. Der
Anfangsteil des Zirbelfortsatzes wird
von der follikulären Umbildung
nicht mit l)etroö'eu und erbfilt sich
als eine trichterförmige Aussackung
an der Decke des Zwischenhirns;
mit seinem oberen Ende sind die
einzelnen, vom Mutterbodeu abge-
schnürten , foUiktttiren Bläschen
durch Bindegewebe verbunden. Bei
den Saugetieren findet die Kiit-
wicklung in ähnlicher Wei>e wie
beim HOhnchen statt; es entstehen
auch Follikel, die zuerst eine kleine
Höhlung einschliefsen. spitter aber solid werden. Sie sind dann ganz
von kugeligen Zellen ausgefüllt, welche eine gewisse Ähnlichkeit mit
Lympbkörperchen besitzen. Beim Erwachsenen kommt es im luueru
der einzelnen Follikel zur Abscheidung von Konkrementen, dem Hirn-
sand (Acervulus cerebri).
Zu einem aulVernnlentlicli merkwürdigen Orgiin hat sich der
Processus pinealis bei mehreren Arten von lieptilieu entwickelt; schon
bei seiner ersten Anlage ist er zu einem Sciilaueh von bedeutender
Länge (Fig. 281). ausgewachsen , welcher durch eine im Scheitelbein
(srlif>) gelegene Öffnung, dem Foramen parietale, durch die Schädel-
decke nach aul'seu tritt und sich mit seinem blasenartig erweiterten
Ende (hl) weitab vom Zwischenhim unter die Epidermis einbettet.
Hier Iftfst sich seine Lage am Kopf des lebenden Tieres leicht daran
erkennen, dafs die Hornschup] en (./) <>ine Isesondere P'orm zeigen und
vor allen Inn gen pigmentfrei und durchsichtig sind. — Bei den
meisten Reptilien bleibt die Zirbel ein kleines, von flimmernden
Cylinderzellen ausgekleidetes Bläschen, das durcii einen langen, hohleu
Stiel mit der Decke des Zwischenhirns verbunden ist; in andei-en
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f
b
Fig. 280. Schnitt durch dia
Zirbel des Truthahns. ISOiiMh Ter>
gröfsert. Nach Mihalkovics.
f Follikel der Zirbel mit ihren
Hoiilungrn, 6 Bindegewebe mit Blut-
gefu&eu.
Die Orguiie des äu&eren Keimblattes.
279
Fällen aber, bei Hatteria, Monitor, bei der Hlindschlt^iche und tler
Eidechse, geht dir hlasenartiße Eiidteil der Zirbel «ine auffallende
Umbildunfz; ein. durch welche er mit dem Au^e mancher wirbellosen
Tiere eine gewisse Ähnlichkeit erhält. Ik'i Hatteria (Fig. 2S2) z. Ii.
ist derjenige Abschnitt der Blasenwand, welcher der Körperohertläche
am nächsten liegt, zu einem linsenartigen Körper (/). der gegentlber
betindliche, in den faserigen Strang {st) tibergehende W'andteil dagegen
zu einer retinaähnlichen Bildung {> ) umgestaltet worden. Die Linse
(/) ist dadurch entstanden, dafs sich an der vorderen Wand der Blase
die Epithelzellen zu Cylinderzellen und einkernigen Fasern verlängert
und dabei einen mit konvexer Fläche in di«' Höhle der Blase vor-
springenden Hügel hervorgerufen haben. Am hinteren Abschnitt
Fig Sohe-
matiscber
Längsschnitt
durch das Ge-
hirn von Cha-
maeleo vulgaris
mit der Zirbel,
die In drei Ab-
schnitte . einen
blasenartigen,
strangartigen
und schlauch-
artigen, geson-
dert ist. Nach
HaLDWIM SrKKCKR.
»chb Scheitel-
liein mit dem Ko-
lamen parietale,
/' Pigment der
Haut, strang-
artiger, mittlerer
Abschnitt der Zir-
bel, hl blasenarti-
ger Endabsrhnitt
der Zirbel, j*
durchsichtige
Stelle der Haut,
ftrh Gro&birn, sh
Sehhflgel, r' dritter Ventrikel, der sich naeh oben in den schlauchartigon
teil {A) der Zirbel fortsetzt.
ah
grh
\nfangs-
sind die Epithelzellen in verschiedene Schichten gesondert, von denen
sich die innerste durch reichlichen Gehalt an IMgment auszeichnet.
Zwischen die pigm»^ntieit€n Zellen sind andere eingebettet, die sich
den Stäbchen der Sehzellen des paarigen Auges bei Wirbeltieren ver-
gleichen lassen und nach abwärts mit Nervenfasern in Zusammen-
hang zu stehen scheinen.
Viele Forscher sind der Ansicht, dal's wir die Zirl)el in
diesen Fällen als ein unpaares Parietalauge bezeichnen
müssen. Denn dal's das Organ für die Wahrnehmung von Licht
eingerichtet ist, erscheint nicht unwahrscheinlich, wenn man in Be-
tracht zieht, dafs an der Stelle des Schädels, wo das Foramen
parietale liegt, infolge der Durchsichtigkeit der Hornschüppchen
Lichtstrahlen durch die Haut hindurchzudringen vermögen. Auch
spricht hierfür die Anwesenheit des linsenförmigen Körpers und des
280
Elftes Kapitel.
Pigments. Ob aber das Organ zum Sehen dient, oder nur dazu.
WiUmceindrücke zu vermitteln, ob es also mehr ein Wärmeorgan
als ein Auge ist, mufs augenblicklich wohl dahingestellt bleiben.
Noch mehr aber ist es eine offene Frage, ob das Wärmeorgan eine
Bildung ist , die sich als eine besondere Einrichtung nur an dem
Zirljelfortsatz einiger Reptilien, wie z. B. das Hörbläsehen am Schwanz
von Mysis, einer Crustacee, entwickelt hat, oder ob es eine ursprüng-
lich allen Wirbeltieren gemeinsame Einrichtung darstellt. In diesem
Falle müfsten weit verbreitete Hückbildungsprozesse angenommen
werden. Denn bis jetzt ist
in den höheren Wirl>el-
tierklassen etwas Ähn-
liches, wie bei den Rej»-
tilien, nicht aufgefunden
worden.
Ein ebenso merk-
würdiges Organ, wie die
Zirbel an der Decke
des Zwischenhirns, ist
der Hirnanhang oder
die Hypophysis, wel-
che mit dem Boden des
Zwischenhirns und zwar
mit der Spitze seines
Trichterfortsatzes ver-
bunden ist. Die Hypo-
physe hat einen doppel-
ten Ursprung , welcher
sich später auch noch in
ihrem ganzen Aufbau zu
erkennen gibt, da sie
sich aus einem gröfscren,
vorderen und aus einem
kleineren hinteren Lap-
pen zusammensetzt, die
beide in ihren histo-
logischen Eigenschaften
grundverschieden sind.
Um ihre erste Anlage
zu beobachten, ist es
notwendig, auf ein sehr
frühes Stadium (Fig. 177)
zurückzugehen , in wel-
chem die Mundbucht eben
erst entstanden und durch
die Rachenhaut (rh) von
der Kopfdarrahöhle noch getrennt ist. In dieser Zeit ist an den Hirn-
bläschen bereits die Kopfkrümmung eingetreten, die Chorda dorsalis
(ch) endet mit ihrer vorderen Spitze unmittelbar an dem Ansatz der
Rachenhaut. Vor ihr liegt nun die wichtige Stelle, an welcher
sich der Hirnauhaiig entwickelt, als ein Produkt des äufseren
Keimblattes und nicht, wie früher immer angegeben wurde, als
ein Erzeugnis der Kopfdarmhöhle.
Fig. 2H2. Längsschnitt durch die Binde-
gewebskapsel mit dem Pinealauge von Hat-
teria punctata. Scliwacli vcrKiofsert. Nach
B\uDwi.N Sprnckr. I>er vordere Teil der Kapsel
füllt das Scheitellorh (Forameii parietale) aus.
K bindegewebige Kapsel, / Linse, h mit Flüssig-
keit gefüllte Hohle des Aiig(!s, r retinauhnlicher
Teil der Augenblase, M Molekularschicht der Re-
tina, g Blutgefäfse, x /eilen im Stiel des l'ineal-
auges, St dem Sehnerv vergleichbarer Stiel des
Tinealaugcs.
Die Organe des Au&erea KeiuibUttes.
281
Die ersten einleitenden Schritte zur Bildung der Hyiiophyse ge-
schehen bald nach dem DurchreilkMi der Rnchenliaut (Fig. '2s:i lu
2S4 ////), vo!i welcher noch einige unbedeutende Reste an der Schädt l-
basis als die sogenanntMi primitiven Gaumeusegel vurübergeheud
erhalten bleiben. Nach Tom von diesen entwickelt sich nun (beim
Hühnchen am vierten Tage der Bebrütung« heim Menschen in der
vierten Woche, His) eine kleine Ausatfilpung, die der Basis des
SB
Fig. 288. Medianer 8a-
gittalechnitt durch den
Kopf eines 4'i Tag be-
brüteten HfiliTieli«n«i Nach
MlHAUMVICS.
SB Seheiteihftcker; n Sei-
lenventrikel; r" dritter Ven-
trikel; c* vierter Ventrikel;
Sir Sylviäcbe Wasserleitung;
^ Orobhimbiftschen; M Zwi-
BcheDhirn; mh Mittelhtrn; kh
Kleinhirn; -f ZirbelfortHatz;
Ji tf iiy pophysentasche (K atukk-
sche Taache), Chorda; fi«
Basiiararterie.
»V
Sv
ha
hu
Zwischenhims (<r) entgegen wächst, die RATBKESche Tasche oder
die Hypophysentasche (/<//). Sie vertieft sich darauf, beginnt
sich von ihrem Mutterboden abzuschnüren und in ein Siickclien um-
zugestalten, dessen Wand aus uiehrereo Lagen von Cylinderzellen
zusammengesetst ist (Fig. 285).
Das H y ]) 0 p h y se n s ä c k c h e n
{Inj) bleibt noch lanjjere Zeit
mit der Mundhühle durch einen
engen Gang {ktfg) in Verbindung.
Auf späteren Stadien aber wird
die Verbindung bei den höheren
\\ir bei tiereu gelöst, indem das
embryonale Bindegewebe, wel-
ches die Grundlage für die Ent-
wicklung des Kopfskeletts her-
gibt, sich verdickt und das
Sftckehen von der Mundhöhle
weiter abdrängt (Fig. 285 u. 286).
"SVenn dann in (leni F^inde-
gewebe der Verkuorpeluugs-
prozefs erfolgt, durch welchen
die knorpelige Schädelbasis
[üclil) angelegt wird, kommt
das Hypopliysensäckchen (////)
nach oben von ihr au die un-
tere FlAche des Zwischenhims
(Ir) zu liegen. Damit ist
hy
Fig. 284. Medianer Sagittalsähnltt
durch die Hypophysis eines 12 mm
langen Kaninchen- Embryo. öOlach ver-
gröfsert. Narh Miualkovics.
tr Boden des Zwischenhims mit Trichter,
Boden des Nachhirns, ch Chorda, Ayliypo-
pbysentascbe.
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282
Elftes KapiteL
sl
ch
auch der Zeitpunkt gekommen, in welchem der Hypuphysengang
der mittlerweile sein Lumen verloren hat. zu schrumpfeu
und sich rttckziihildeii beginnt (Fig. -'85, 280); hei vielen W'irhel-
tiereu iudesseu, wie bei den Selachiern, erhiUt er sich zeitlebeus uud
stellt einen hohlen Kanal dar, der die knorpelige Schädelbasis durch»
bohrt und sich mit dem Epithel der Mundschleimhaut verbindet. In
aufseronlentlirh seltenen Fillleii tindet sich' aiieh \mm Menschen ein
Kanal im Keilbeiukörper erhalten, der von der Sattelgrube zur
Schädelbasis führt und
eine Verlängerung der
Hypophyse aufninimt
(SüCHANNKCK). Denillyiu»-
physensäckcheu ist früh-
zeitig vom ZwiseheDhim
(Fig. 28} bis 2S0) her
eine Ausstülpung, der
Trichter {ir) geuanul,
entgegengewachsen und
hat sich seiner hinteren
Wand angelegt und sie
nach der vorderen, ent-
gegen gesetzten Wand xu
eingestülpt.
An dieses erste Sta-
dium schliefst sich dann
das zweite in, in wel-
chem sich das Stekdien
und das anliegende
Trichterende zu den bei-
den, oben erwähnten
Lappen des fertigen
Organes umbilden. Das
Säckcben beginnt (beim
Menschen in der zweiten Hälfte des zweiten Monats, iiis) au seiuer
Oberfläche hohle Schläuche zu treiben. Die Hypophysenschläuche
(Fig. 285, 28() hij) lösen sich dann von der Säckchenwandung ab. indem
sie ringsum von blutgefäfsreichem Bindegewebe eingeschlossen werden.
StA 6 hyt/ schh
Fig. 2«5. Sagittalsohnitt durch die Hyjpo-
physiB eines 20 mm langen Kaninohen-Em*
bryo. ödfAch versröftert. Nach Mihaleovic».
tr Boden des l^wischenhinis mit Trlrhter, /"/
llypophysi«:, ht/ Teil der Hypophvsi>. :in wplrheni
die Birdiing der DrüsenscUiacIie beginnt, hvg
Hyj^o i^ |sengang, tchb Schadelbasis, dk Chorda,
schb
em
tr
— dt
Fig. 28K. Sagittal-
schnitt durch dieHypo-
pbyaia eines 80 nun
lADjien Kaninehen-Bm-
bryo. 40 lach vprfrrr>r>»ert.
Nach MiHALKoVKS.
Ir Hoden des Zwischen»
birns mit Trichter, hm ur-
sprünglicher, taschen-
artiger Teil dt-r H\i«.-
pbysis, hjf' die au» der
Hjrpophysentasche ber*
vorgespro&ten Drüsen-
>chläuchp, il Saitellehne,
rÄ ( li'u da, Sl )i>i kn<)rpelige
bchadelba&is. tm Kpitbel
der Mundhöhle.
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Die Orgaae des Aufeereo Keimbiattes.
283
So gleicht der Entwid^lungsgang im grorsen uod ganzen dem der
SchiTddrfise, nur dafs hier die Stelle der kugeligen Follikel durch
schlauchartige Bildungen ersetzt wird. Das drtlsenförmige , lappifzo
Gebilde legt sich hierauf dem unteren Knde des Trichters innig an,
mit welchem es durch Bindegewebe vierbnnden wird. Das Trichter-
rade selbst gestaltet sich bei niederen Wirbeltieren zu einem kleinen
Hirnla])pen um, in welchem sich auch (ianplienzellen iiinl Nerven-
fasern nachweisen lassen. Bei den höhereu Wirbeltieren dagegen ist
keine Spur von solchen Gewebsteilen im hinteren Lappen der Hypo-
physe au&ufinden; vielmehr besteht er hier aus dicht nebeneinander
gelagerten, spindeligeii Zellen, ^v()(hlrc'h er eine grofse Ähnlichkeit
mit einem Spindelzellensarkom gewinnt.
Die Orofshiru- Anlage (Teleucephalon) (Fig. 272 T) erfährt die
bedeutendsten VerftnderuDgen, deren Verstilndnis sum Teil mit erheb-
lichen Schwierigkeiten verbunden ist. Schon bald nach ihrer ersten
Absonderung vom primären Vorderhirnbläschen (siehe (Fig. 27:3)
zerfällt sie in eine linke und eine rechte Abteilung dadurch, dafs
von vom und von oben her ihre
Wandung durch einen senkrechten '
Fortsatz der bindegewebigen Um-
hüllung des Gehirns, durch die
primitive Sichel, nach unten ein-
gestttlpt wird. Die beiden Abteilun-
gen oder die Hcmisphären-
b 1 ä s c h e ii (hms) stofsen mit ihren
medialen Flächen dicht aneinander,
nur getrennt durch die von der
Sichel ausgefüllte, schmale Mantel-
sjjalte (nisp): sie platten sich gegen-
seitig ab, während ihre seitlichen
und unteren Flächen konvex sind.
Plane und konvexe Flllche gehen
an der scharfen M a n t e 1 k a n t e
ineinander Uber. Die Hemisphären-
blasen haben zuerst dfinne, von
mehreren Lagen spindeliger Zellen
gebildete Wandungen (Fig. 287 1)
und schliefsen weite Hohlräume,
die Seitenventrikel, ein, die sich aus dem Centralkanal des
Nervenrohrs herleiten und in den ersten Monaten durch eine weite
( )ffnun g, das primitive M o N k o s c h e L o c h ( Fig. 274 ML n. 288 ML)^
jederseits mit dem dritten Ventrikel in Verbindung stehen.
Vor «Icni MoNRosclien Loch liegt der Teil der Wandung des Grofs-
liirnblaäcliens, welcher durch die Eutötehuug der Mantelspalte nach innen
eingestülpt worden ist; er vermittelt einerseits die voidere Verbindung
der beiden Hemisphärenblüschen , andererseits schliefst er den dritten
Ventrikel nach vom ab und heifst daher die vordere Vcrsdilursplatto (I-a-
mina termiualis;. Nach abwärts geht diese in die vordere Wand vuiu
Trichter des Zwischenhims Ober.
In der weiteren Entwicklung jedes Hemisphärenbläschens greifen
vier Proxesse ineinander: 1) ein aulserordentliches Wachstum und
eine dadurch herbeigeführte, nach allen Richtungen erfolgende Ver*
Fi>. 287. Gehirn eines drei-
monatlichen menschlichen Em-
bryo in natörUoher Qrölse. ^'ach
KflLUKBS.
1. Von oben mit nbgetrapi'iien
Honiisjtliaren nud gedtlnetem Mittel-
liiin. Dasselbe von unten. /' voi-
ilt'ter Teil des abgeachnittenen Raud-
liogens de« Groftbims, f* hinterer Teil
des Randbfipens i Ainmonshorn). tho
Sehhügel, (.fl .Strciieiihugel, to Tractus
oi)ticu$, cm Corpora manmillaria, p
Varolbbracke.
284
ElfteB Kapitel
p:rftrserun'^ . 2) oine EintViltuuu der Blascnwand, so fiaf^ aufserlich
riefe J>palten (die Totalfiirciicii oder Fissuren) und im Iimeru der
Blase Vorsprüiige iu die Seitenventrikel zustande kommen, 3) die
Entstehung eines Gommissurensysteros, durch welches rechte und linke
Heniispliftre in engrre V«?rbindunK' <ieV)raclit werden (Balken und (ie-
wölbe). {) tV]v Bililung von Furchen, welche mehr oder minder weit
von auiseü iu die Grofshiruriude einschneiden, aber keine entsprechenden
Hervorragungen an der Innenwand der Ventrikel veranlassen.
Was das embryonale Wachstum der HeniisphAi'enbläschen im
allgemeinon anlangt, so macht es sich besonders in einer Vergröfserung
nach rückwärts geltend. Im dritten Monat tiberlagert der hintei-e
Lappen den Sehbfigel (Fig. 278), im fünften Monat beginnt er sieh
über die Vierlittgel auszudehnen (Fig. 277), die er im sechsten Monat
ganz zudeckt» Von hier schiebt er sich aber das Kleinhirn herüber
(Fig. 281»).
Eine grOfsere Gliederung erfahren die HemisphErenblasen durch
Kinfaltuugen ihrer dünnen, einen weiten Hohlraum einschliefsen-
d<'n Wandungen (heim Menschen im Laufe dos zweiten und dritrt»»
Munats). Dadurch ent>iteiien aul der Äulseutiäche tiefe Furchen,
welche gröfsere Bezirke voneinander abgrenzen, die Total furchen
oder Fissuren (His). Den an der Oberfläche sichtbaren Furchen
entsprechen mehr oder minder bedeutende \ orsjirünge an der Innen-
fläche der Seitenventrikel, welche dadurcli em^'cen^t und verkleinert
werden. Die Totallurclieu der (irorshiruhemisphären sind die Silvi-
sche Grube (Fossa Sylvii), die Bogen- oder Ammonsfarche (Fissura
hippocampi), die Fissura chorioidea, die Fissura calcarina und die
Fissura parieto-occipitalis. Die durch sie bedingten Vorsprünge heüseu
der Streifenhügel (Corpus striatum), Gewölbe (Fornix) und Ammons-
hom (Pes hippocampi), Tela chorioidea, die Vogelklaue (Calcar avis).
Ein Vorsprung, welcher beim Embryo der Fissura parieto-occipitalis
cntsi>richt, wird beim Erwachsenen durch eine bedeutendere Ver-
dickung der Uirnwanduug wieder ausgeglichen, so dafs keine bleil)eu(ie
Bildung aus ihm hervoi^feht.
Am frühzeitigsten legt sich die SYLVische (irube an (Fig.275
Sy.g). Sie erscheint als ein flacher P'indruck an der konvexen aufseren
Fläche, etwa in der Mitte der unteren Kante jeder Hemisphäre. Der
hierdurch in die Tiefe gerückte Wandteil verdickt sieb bedeutend
(Fig. 279 u. 287 est) und bildet einen am Boden des Grofshims jeder-
scits nach innen vorspringenden Hügel fdas Corpus striatum), in
welchem mehrere Kerne grauer Substanz (der Nucleus caudatus.
N. lentiformis und das Claustrum) zur Entwicklung kommen. Da der
Hügel au der Basis des Hirns liegt und die unmittelbare Fortsetzung
der Sehhügel nach vorn und nacli der Seite zu bildet, vrir ! nr noch
mit zum ilirnstanim hinzugerechnet und als Stammt eil der
(j r o i s iii r u h e m i sp h H r e u dem übrigen als dem Mantelteil ent-
gegengestellt Die ftuftere Oberfläche des Stammteils, welche eine
Zeitlang beim Embryo, so lange die Svr.vische Grube noch flach ist,
von aufsen zu sehen ist (Fig. 275 Sy.ff), dann aber bei fortschreitender
Vertiefung der Grube von deren Rändern ganz umwachsen und ver-
deckt wird, erhftit sp&ter mehrere Rindenfurchen und wird zur Reil-
sehen Insel (Insula Reilii) oder dem Stammlappen.
Cm die Insel breitet sich, p'leichsam wie um einen festen Punkt,
der Mantelteil l)ei seiner Vergröfserung aus und umgibt sie iu
uiLjiiizuü Dy Google
Die Organe des aufiteren Keimblattes.
285
Forui eines nach unten geöffneten Halbrings (Fig. 275"*; er hat des-
halb auch den Namen des Ringlappens erhalten. An ihn» lassen sich
jetzt auch schon recht gut die allerdings noch nicht s^charf abge-
grenzten Bezirke der vier Hauptlappen unterscheiden, in welche man
spilter die konvexe Oberflüche jeder Hemisphäre einteilt. Das nach
vorn gerichtete und über der SYLVischen Grube (Sjf.g) gelegene Ende
des Halbrings ist der Stirnlappen (st.l) (Lobus frontalis), das entgegen-
gesetzte, die Grube von unten und hinten umfassende Knde ist der
Schläfenlappen {f^chj), die nach oben gerichtete Übergangsstelle beider
ist der Scheitellapiien {schei.l). Ein Höcker, der sich vom Ringlappen
aus nach hinten entwickelt, wird zum Hinterhauptslappen (/<./).
Der äufseren Form jeder Hemisjjhilre entsprechend, hat sich äuch
der Seitenventrikel verändert (P'ig. 279). Auch er stellt einen Halb-
ring dar, welcher den Streifenkörper {est), den durch die SYLVische
(»rube nach innen ge-
drängten Wandteil der
Blase, von oben umfalst.
Später, wenn die ein-
zelnen Lappen der
Hemisphären schärfer
voneinander gesondert
sind, erfährt auch der
Seitenventrikel eine den
Lappen entsprechende
Gliederung. An seinen
beiden Enden weitet er
sich ein wenig kolbcn-
artig aus. nach vom zu
<lem im Stirnlappen
gelegenen Vorderhorn,
nach hinten und unten
zum Unterhorn, welches
zum Schläfenlappen ge-
hört. Vom Halbring
entwickelt sich endlich
noch nach rtickwärts
eine kleine Ausstülpung,
die in den Hinterhaupts-
lappen eindringt, das
Hinterhom. Die zwischen den Hörnern befindliche Strecke verengt
sich und wird zur Cella media.
Die aufser der SYLVischen Grube l)ereits oben aufgezählten Total-
furchen kommen alle an der planen Fläche der Hemisphärenblase
zur Entwicklung. Sehr frühzeitig (beim Menschen in der fünften
Woche. His) entstehen an ihr zwei mit der Mantelkante beinahe
parallel verlaufende Furchen, die Ammonsfurche oder Bogen-
furche und die Adergeflechtsfurche (Fissura hipjmcampi und
Fissura chorioidea) ; beide schliefsen sich in ihrem Verlauf dem Ring-
la])pen auf das genaueste an und umfassen gleich ihm von oben her
halbmondförmig den Stammteil des Grol'shirns, den Streifenhügel.
Sie beginnen am MoNRoschen Loch und reichen von da bis zur Spitze
des Schläfenlappens. Sie umgrenzen einen Bezirk, der an der medianen
Oberfläche der Hemisphäre als ein Wulst hervortritt, als Rand bogen
Vig. 28^. Querschnitt durch das Qehirn
eines 3,8 cm langen Kaninchen-Embryo. Verßr.' i.
Nach MiHALKovics. Der Schnitt geht durch die
Mo.sHoschen Löcher.
hf groTse Hirnsichol, welche die Mantelspalten
ausfüllt, h\ h* plan»* Innenwand, konvex«- .\ufsen-
wand der (irorshirnheniisphare, a^/ .Vdergetlechtsfaite,
«»«/' Ammonsfalte , /' (icwölbe (Fornix), «p Seiten-
ventrikel. 3IJj MojiBosches Loch, r' dritter Ventrikel,
ch ('hiasuia (Sehnervenkreuzungl. frx' absteigende
Wurzel des Gewölbes.
Eirtei Kapitel.
tHUseichnet wird und bei der Entwicklung des Coniiuissurensystenis
eine Rotte apiett. Die dureli die Ftrooren bedingteii Einstttlpungen
der medianen Yeutrikelwand . die Ammonsfatte und die seitliclie
Aderpeflechtsfalte »rkmut man nni besten, wenn man hei einem
Embryo die seitliehe Uemisphäreuwand abträgt und ao die mediale
Fläche des noch anrBerordentiich weiten, ringförmig gestalteten
Seitenvcntrikt'ls liberschauen kann (Fig. 279). Mau sieht dann die
Höhle zum Teil ausgefüllt durch einr rötliche, gckr-iusclte F;tlte
{offß, welche, halluiiondförmig gekrümmt, von oben her dem i>treifen-
hügel {est) aufli. gi. Im Bereich der Falte erfAhrt die Himwand
fthnliehe Veränderungen (Fig. 288 n/;/ ). wie an der Decke des ver-
längerten Marks und des Zwischenfiirnhlilschpns. Sin verdünnt sich,
anstatt sich zu verdicken und Nervensubstuux zu »tit wickeln, und
geht in eine einfache Lage platter Epithelzellen Uiter, welche sich
mit der weichen Himhant fest verbinden. Diese wird dann liogs
der uaiizen Falto sehr blutgefÄfsreich und wuchert mit Zottrn in den
St'itenvciitrikel hinein, das Epithel vor sich ausstttlf)end entsteht
das seitliche A dergeflecht (Plexus chorioideus iateraiisj (^Fig.288
agf)y das spAter heim Erwaclisenen einen Teil der Getla media nnd
des Unterhorns ausfüllt. Am MoNKoschen Loche (Fig. 270 ML) lie-
ginnend , hänjjt es hier mit dem vorderen . unpaaren AderpeH» cht
zusammen, welches sich an der Decke des Zwischeohimbläschens
entwickelt hat. Wenn man aus der Adergefieditsfurclie die weicbe,
btatgefiirsreiche Hirnhaut herauszieht. zerstOrt man gleicbzeiti<z die
zu einem Epithel verdünnte Hirnwand und erzengt nn der medialen
Flftche der Hemisphäre die zeitliche Hirn- oder die grolse
Heroisphflrens palte (Fissura cerehri transversa), welche vom
MoNROschen Loche bis zur Spitze ies Schlftfenlappens reicht und in
den Seitenventrikel von aufsen hineinführt.
Parallel zum Adergetlecht nnd in geringer Entfernung von iliui
sieht man bei der oben angegeUenen l'riiparationsweise die Ammons-
falte, welche (Fig. 271» und 288 amf) beim ausgebildeten Gehirn di»
Ammonshorn (Cornu Anniionis oder Pes hippocanipi) liefert.
Da sich der Hinterliauptslappen mit seiner HOlile als eine Aus-
stülpung des Uiuglappcus anlegt, so wird auch die ihm angehörende
Fissura ealearina etwas spftter entwickelt als die Bogenfurche
(Fig. 277 fr). Sie erscheint als eine Zweigfurche der letzteren am
Ende des dritten Monats und verläuft in horizontaler Richtung bis
uahe zur Spitze des Hintcrhauptslappeus. Sie stülpt seine mediale
Wand ein nnd erzeugt die Vogelklaue (Galear avis), welche in
dersell>en Weise, wie das Ammonshorn das Unterhorn, so das Hinter-
horn einengt. Am Anfang des vierten Monats gesellt sich dann noch
zu ihr die Fissura occipitalis (Fig. 211 fo). Sie steigt vom
vorderen Anfang der Fissura catearina in vertikaler Rielititng xnr
Mantelkante empor und grenzt Hinterhaupts • und Scheitellappen
scharf voneinander ab.
Ein dritter Faktor von gniiser Bedeutung in der Entwicklung
des Grofshirns ist die Bildung eines Comtnissurensysteros,
welches sich /u der ursprünglich nur durch die embryonale SchluA-
jdatfe hergestellten Verbindnnjz beider IIeniis|iliii renblasen noch hinzu-
gc-^elll. Diejenigen Forsi her. web'he sich mit diesen schwierigen
Verhältnissen beschäftigt haljen, geben an, dals im dritten embryo-
nalen Monat Verwachsungen zwischen den einander zogekefarten
uiLjiiizuü Dy Google
Die Orgtae des Anberen Keimblaltes.
287
lueiiialcD Wänden der Hemisphäreu erfolgen. Die Verschmelzung
beginnt vor dem Momioseben Loch innerhalb eines dreiseitigen Ge-
]>ietes. Indein sie hier nur in der Peripherie erfolgt . in der Mitte
aber iinttM l»leibt, entstehen drei Hirateile des Erwachsenen, nach vorn
das Balkeuknie, nach hinten die Säulen des Gewölbes und zwischen
ihnen das Septnm pellncidum mit seinem Ventrikel, in dessen Bereich
die aneinander grenzenden, hier stark verdünnten Hemisphftrenwände
voneinander getrennt gebjiehcn sind D<m \ e n t ri c ii 1 u s septi
pellucidi darf mit den übrigen liohUaumeu des Gehirns nicht auf
eine Stufe gestellt werden: denn wAbrend diese auf den Centraikanal
des embryonalen Nervenrohrs zurückzuführen sind, ist jener eine
Neubildung, entstanden durch Abkiip-cluntz eines Teils der aufser-
halb des Geiiirus zwischen den beiden üenusphareublasen gelegenen
Mantel spalte.
Eine weitere Vergröfserung des Comuiissurensystems vollzieht
sich im fünften und ee( hsten Monat. Die Verwachsung schreitet jetzt
von vorn nach hinten weiter fort und ergreift das (Gebiet der
Heraisphäreninneiiwaud, welches, zwischen Bogenfurche und seitlicher
Adergetlechtsfurche gelegen, schon als Handbogen besehrieben wunle.
Durcli Verschmelzung des vorderen Altsehnittes der beiderseitij^M'n
Randbögen, welche bis zur hinteren (irenze des Zwischenhirns er-
folgt, entstehen Balkenkörper und Balken wuist, sowie das unter
ihnen gelegene Gewölbe. Die den Balken von oben her begrenzende
Furche (Sulcus corporis callosi) ist daher der vordere Abschnitt der
Bogenfurche, während der hintere Abschnitt am Schläfen läppen später
Als Ammonsspalte (Fissura hippocampi) bezeichnet wird.
Seiner Vollendung wird der Aufbau des Grofishims endlieh ent-
gegengefahrt durch das Auftreten zahlreicher KindeU'
furchen. Diese nehmen den schon beschriebenen Total furchen
gegenüber eine besondere Stellung ein, weil sie, nur auf die Uira-
oberdäche besehrftnkt, auf der VentrikelinnenflAehe keine entsprechen-
den Hervorrag ungen verunliissen. Ihre Entwicklung beginnt, sowie
<iie Hirnwand durch Entstehuiiti weifser Marksubstanz vom fünftem
Monat sich in höherem Mafse verdickt; sie wird dadurch veranlafst,
dals die graue Rinde mit ihren Ganglienzellen sich rascher in die
Flüche ansl)reitet als die weifse Substanz und sich daher in Falten,
<lie Hirnwindungen oder Gyri . erhebt, in welche nur scliniale Fort-
sTU/e weifser Substanz eindrin^'en. Anfangs sind denn auch die
i' urclieu ganz seicht und werden in demselben Mafse tiefer, als sich
4ie Hemisphftre verdickt und die Rindenfatten mehr nach autsen
hervorspringen.
Von den zalilreiciien Furchen, welche das ausgebildete Gehirn
darbietet, erscheinen wahrend der Entwicklung einige früher, andere
spAter und gewinnen hierdurch einen verseniedenen Wert fttr die
Architektur der Gehirnobertläche. Denn „je früher eine Furche
Auftritt, um so tiefer w i rd sie, je später, um so seichter
erscheint sie" (Pansch). Die ersteren sind daher die be-
deutungsvolleren und konstanteren und sind passender-
weise als Haupt- oder Prim&rfurchen von den spftter
entwickelten und mehr variierenden, s e k n n d il r e n und
tertiären Furchen zu unterscheiden. Sie beginnen vom
Anfkng des sechsten Monats an aufzutreten. Unter ihnen erscheint
•am frühesten und ist eine der wichtigsten die Centraifurche
Digitized by Google
288
Elftes Kapitel.
(Fig. 289 cf), da sie Stirn- und Scheitellapi)en voneinander abgrenzt.
„Im neunten Monat sind alle Hauptfurchen und Windungen ausgebildet,
und da zu dieser Zeit die Nei)enfurchen noch fehlen, bo gibt ein
Gehirn aus dem neunten Monat ein ty])isches liild der Furchen und
Windungen.*' (Mihalkovics.)
Bei der Entwicklung des Grofshirns ist zum Schlufs noch eines
Anhangsorgans desselben, des Riechnerven, zu gedenken. .*>einer
ganzen Entstehung nach unterscheidet sich der Riechnerv ebenso wie
der Sehnerv von den peripheren Nerven und niuls als ein besonders
modifizierter Abschnitt der Wand des Grofsbirnblaschens aufgefulst
werden. Die ältere Bezeichnung Nerv wird daher jetzt öfters auch
durch den zutreffenderen Namen Riechlappen (Lobus olfactorius.
Rhinencephalou) ersetzt. Schon sehr frühzeitig (beim Hühnchen am
Fig. 2^9. Ki«. 290.
Fi|;. 289. Ghehirn eines menBchlichen Embryo aus dem Anfang des
achten Monats. Vcrffrorserung "4. Nach Mihalkovics.
cf ( cnlralfurciie, vcu; htir vordere und hintere Centraiwindung, fo Fissura
occipitalia.
Fig. 290. Qehirn von Oaleus canis in situ, Dorsalansicht. Nach Rouos.
J/ul l.obiis oHaitoriiLs, Tio Tractus nervi olfacturii. VH Vorderhirn, bei f'n
mit einem Foramen iiutritiinii ((iefäfsloch) versehen, ZH Zwischeobim, 3/// Mittel-
hirn, ffH Ilinterhirii, A'// Narhhim, H Hiukenniark, U N. opticus. IJJ N. oculo-
motorius, IV N. trochlearis. V Trigeminus. L.Trig LobuH trigeniini, C.rest C'ori>us
restifornie. IX Glo<^^opharyllgeus, A Vagni». E.t Eminentiae teretes.
siebenten Tage der BebrUtung, beim Menschen in der fünften Woche,
His) bildet sich am Boden und am Vorderende eines jeden Stim-
lappens eine kleine, nach vorn gerichtete Ausstülpung (Fig. 275.
277 m). Sie nimmt allmählich die Form eines Kolbens an , desst*n
erweiterten, der Siebjdatte des Siebbeins aufliegenden Teil man als
Bulbus olfactorius, dagegen den Stiel als Tractus olfactorius be-
zeichnet. Der Kolben schliefst im Innern eine Höhle ein. die mit
dem Seitenventrikel in Zusamnirnhang steht.
In den ersten Monatrn der Entwicklung ist der Riechlapi)en auch
beim Menschen relativ grofs und mit einer centralen Höhlung ver-
sehen. Später beginnt er, wie denn auch der Geruchssinn beim
Di6 Organe des uufseren Keimblatte^i.
289
Menschen nur wenig entwickelt ist, gewisserniafsen zu verkümmern;
er l)lcibt im Wachstum stdien. \vol»ei :uich seine HiWile verM-hwiiulet.
I'ei den meisten Sflugetieron dagegen, deren Genu-hssiun ja bekannt-
lich viel schärfer als beim Menschen ist, erreicht der Riechlappeu
heim erwachsenen Tier eine bedeutendere Gröfse und Iftfst uns noch
viel deutlicher die Charaktere eines Hirnteils erkennen: denn er
schliefst dauernd im Bulbus eine Höhle ein. die Otters sogar (Pterd)
durch einen engen Kanal im Tractus olfactorius mit dem Vorderhun
in Verbindung steht.
Eine ganz aufserordentliche Entfaltung (F'ig. 20t») gewinnt der
Uiechlai)pen ( Lol \ Tro) bei den Haien, bei denen er an (Irölse das
Zwischen- {ZH) und Mittelhirn {,MH) übertrittt. Hier gehen vum
▼orderen Ende des wenig entwickelten Orofohims zwei lange, hohle
Fortafttze ans (Tractus onaetorias, Tro) und enden in ziendicher Ent-
fernung vom Vorderhim in zwei grofsen, zuweilen mit Furchen ver-
sehenen, gleichfalls hohlen Lappen {^Lol),
B. Die Entwickhnifij des peripliereu Nervensystems.
60 leicht die Kntstehung von Gehirn und Rückenmark zu ver-
folgen ist, so grofs sind die Schwierigkeiten, welche das periphere
Nervensystem den auf seinen Ursprung gerichteten Untersuchungen
entgegensetzt. Handelt es sich doch um bistologisclir Vortiaiiize
feinster Art. um das erste Auftreten markloser Nerventibnllen und
ihre Kudigungsweise in zarten, aus mehr oder minder unditlereuzierten
Zellen zusammengesetzten Embryonen. Wer nun weii^, wie schwierig
Fig. 291. Durch-
schnitt durch einen
Hulmer-Hmbryo
aaeh 98 Standen Be-
brütunff. Nach 60 lo-
WI.NK.
J>er Srhiiitt hat die
Gegend des dritlen Ur*
Segment!: getroffen.
qn (iangli('nl('i>tH . ms
Ilückeniiiark, iu.nwr-
dOnnter Teil, ne.fv ver-
dickter Teil des HU&e-
ren Keinililattes.
es schon ist, bei einem ausuewacbsenen Tiere marklose Nerven-
tibrillen in Epithellagen oiier im glatten Muskelgewebe zu verfolgen
und Qber ihre Endigungsweise ins reine zu kommen, wird es ver-
stAndlieh finden , dars hinsichtlich der Entwicklung der ]>eripheren
Nerven manche und gerade die interessantesten Fragen nicht si»rurh-
reif sind, weil die zu llinM Beantwortung notwendigen Beobachtungen
noch fehlen. Nur in einem Punkt herrscht Klarheit. Er betritit die
Entwicklung der Spinalknoten.
Bei vielen Wirbeltieren (Htlhnchen. Mensch etc.) ist ihre Anlage
schon zu einer Zeit zu erkennen, wo die Medullarplatte sich eben zu
einer Uinne einzufallen begonnen hat. Mau kann dann an der Stelle,
an welcher die Medullarplatte in das Hornblatt umbiegt, Gruppen
von Zellen bemerken, die sieh durch ihre mehr rundliche Beschatlen-
heit auszeichnen und von Anfang an segmental angeordnet sind.
U. iJertwig, Die El«nt«nt« der Kntwicklungalehr«. i. Aull. 19
Dlgitlzed by Google
290
Elftes KapiteL
Wenn im weiteren Verlauf die Meduliarfalten sich in der Median-
ebene zum Verschlufs zusammenlejjeu. kommen die beiden „Gancrlien-
streilen" an die Firsten der Falten zu liegen. Hier verscliuielzeu
fiie vorabergehend zu einem einheitlichen Strang (LbnhossAk) und
l(>sen sich mit dem Nerveurohr von dem Hornblatt ab. In diesem
Zustand zeigt uns Fig. 2*.U, ein Durchschnitt durch einen 29 Stunden
bei)rüteten Hühner-Embryo, die Gauglieuaulage. Sie schiebt sich wie
ein Keil in die dorsale VerschlnflBStelle des Nervenrohrs hinein.
,,AUein diese Lage ist keine definitive; bald veranlafst ihre lebhafte
Vorniohrung. unterstützt durch das Bestreben der sie einfassenden
Medullari»latten nach gegenseitiger Vereinigung, ein successives Her-
auswandern ihrer Elemente, wodurch die ursprünglich bilaterale An-
ordnung wieder zum Vorschein kommt" (Lenhoss^k). Es wächst jetzt
niUnlich eine dünne, ein bis zwfi
Lagen dicke Zellenleiste, wie (^)uer-
Schnittsserien lehren, zu beuieu
Seiten der Verwachsnnpnaht aus
dem Nervenroll r heraus und schiebt
sich zwischen ihm und dem dicht
anliegenden Hornblatt nach abwärts
(Fig. 292 spg). Sie erreicht bald
die dorsale Kante der zu dieser
Zeit gut ausgebihleteu UrseLrmente.
Während des Herabwachseus son-
dert sich die Nerven- oder die
GanglienleisXe immer deut-
lidier in einzelne, hintereinander
gelegene Abschnitte. £s bleiben
nftmlicb immer die zwischen zwei
Ursegmenten gelegenen Strecken
im Wachstum zurück, wahrend die
in der Mitte der Segmente ge-
legenen Teile stärker wuchern, sich
verdicken und gleichzeitig noch wei-
ter zwischen Trsegmenten und
iiervenrohr ventral wärt s sordringen.
Von den .spinalknoten des
Rumpfes unterscheiden sich die im
Hereich des Kopfes gelegenen Gang-
lien in mehreren Einzelheiten
ihrer Entwicklung. Der wesent-
lichste Unterschied besteht darin,
dals schon zur Zeit, wo sich die Hirnanlage noch nicht zum Rohr
geschlossen hat. die (ianglienanlaj-en am l'mschlagsrande der Medullar-
lallen in eine stärkere Wucherung geraten, sich von ihrem Mutter-
boden abtrennen und zwischen Himwand und Epidermis nach ab-
wärts zu wachsen lieginnen. Wahrscheinlich wird diese frühzeitigere
Entwicklung durcii die hetiächtlicliere Grdf^e einzelner Ganglien-
anlagen im ßereich des Kopfes bedingt.
Über die weiteren Veränderungen . welche an den Anlagen der
Spinalganglien eintreten, bestehen verschiedene Ansichten : Nach His.
Saukmkhf. niid Lkniiossi-'k sollen sich die einzelnen Ganglienanlagen
vom Nerveurohr vollständig ablösen und zu seiner Seite ohne jeg-
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Fig. 20:.'. Querschnitt durch
einen Bmbryo von PrlstinruB. Nach
Habl.
Dio I'rsegnii'iito liiitigeii mich mit
dem übrigen Teil des uättleren Keim-
blattes zusammen. An der Übergangs-
stelk' sit'lit man eine A nslnu-iitune sk.
von well bei au.s sit Ii <iiis skelettogene
Oowebi' entwickelt, di Chorda, spg
Spinaiknotea, mp Muskelulatte des
Uraegmenta, mA snbchordaler Strang,
ao Aorta. '7." innere^ Keimblatt, jiuih.
vtiiit |>urit'taleä, viscerales Mitteiblutt.
Die Organe des äufsercu Keimblattes.
291
htP
liehen Zusammen hang mit ihm eine Zeitlang liegen bleiben. Kine
Verbindung soll erst sekundär wieder durch Entwicklung der hinteren
Nervenwui"zeln hergestellt werden in der Weise, dals Nerventibrillen
entweder vom RQckenraark in das Ganglion oder vom (langlion in
das Rückenmark hineinwachsen oder in beiden Richtungen entstehen.
.\ndere Forscher lassen die (ianglionanlage, während sie sich verdickt
und spindelig wird (Fig. '2Mg), mit dem Rückcnmaik dauernd ver-
bunden sein durch einen dUnnen Faserstrang, der sich zur hinteren
Wurzel umbildet.
Die Verschiedenheit in diesen Angaben hängt mit den ver-
schiedenen Auffassungen zusammen, welche über die Entwicklung der
peripheren Nerven
tti>erhaupt l)estehon.
Zwei HauptgegtMi-
sätze machen sich in
der Literatur gel-
tend, wenn man die
verschiedenen An-
sichten durchgeht,
welche über die Ent-
wicklung der peri-
pheren Nerven auf-
gestellt worden sind.
l>ie Majorität der
P'orscher nimmt an,
dafs das periphere
Nervensystem sich
aus dem centralen
entwickelt, dafs die
Nerven aus d e m
Gehirn, dem
Rückenmark und
den ( i a n g 1 i e n
h e r V 0 r w a c h s e n
und ununter-
brochen bis in
die Peripherie
dringen, wo sie
erst nn t ihren
si)ezi fischen
E n fl 0 r g a n e n in
Verbindung tre-
ten. In den her-
vorsprossenden
Nerven fase rn
erblickt man nur
die A u s 1 i\ u f e r der
nr
r<l
tr
rr
Fig. 293. Querschnitt durch die Rüokengegend
der Brustregion eines menschlichen Embryo.
Man sii'iit das lUickcniiiarii mit dorsalen Wurzeln
und Spinnlknoten (/?), mit ventralen Wurzeln (nr) und
der Teilung der Spinalnerven in Kamus dursalis (rd).
Kanius ventralis (rr) und Kamus visceralis mit sym-
1)athis<-liem (ian<;lion («tf-O • Ferner erkennt man den
inorpligeu N\ irlielkorper (tr) mit Chorda^e^t und den
noch häutigen Wirbelbogen (lur). Unten findet sich im
Mesenterium oder Mediastinum eingebettet der Oe^o-
iihugiis (uf) und links und rechts die Lungenanluge mit
Lungenblasihen (Ib).
im C e n t r a 1 o r g a n gelegenen Ganglien-
zellen, die zu kolossaler Länge auswachsen müssen, damit sie ihren
Endajiparat erreichen. An ihnen finden sich zunächst keine Kerne und
keine Zellen vor. Diese sollen erst in zweiter Linie von dem um-
gebenden Bindegewebe geliefert werden. Aus dem Mesenchym sollen
zellige Elemente zu den Bündeln von Nervenfäserchen herantreten,
sie umhüllen, dann zuerst spärlich, später immer reichlicher in das
19*
202
Elftes Kapitel.
Innere der Nervenstänime hereindringen und um die Aehsencylinder
die ScnwANNScht'ii Sclioiden bilden.
Dapfegen sollen nach einer zweiten entgegengesetzten Ansiilit
an der EntwickluDg der peripheren Nerven aucli Zellen beteiligt
sein, die in Reihen oder Ketten zwisehen den nervösen Centml- und
Endorganen angeordnet sind. In diesem Sinne benierkt Kupffer
(18P1): „Keiner meiner Beobachtungen (am Ammocoetes) widerstreitet
die Anschauung, uUe.s deutet vielmehr darauf hin, dals die Fibrillen
als Ausläufer von Zellen entstehen, aber nicht allein von Zellen der
Ganglien und des Centralorgans« sondern auch von denjenigen
Zellen, die, in Ketten aneinandergereiht, die ersten
Anlagen peripherer Nerven bilden. Dieses angenommen,
erscheint es mir weiter am wahrscheinlichsten, da& das Waehstma
der Fibrillen an den dorsalen Nerven in beiden Richtungen sirli \ oll-
zieht, ccTitriiietal sowohl wie centi ifu^ial. Denn wenn die Anliiiren
die Ausbildung erreicht haben, dals sie neben den Zellen auih
Fibrillen aufweisen, erscheinen die Zellen auseinandergerückt und an
beiden Enden, dem centralen wie dem peripheren, in feine FUden
auslaufend etc. Eins glaube icli mit Bestimmtheit aussprechen zu
dürfen, dafs die Anlagen der dorsalen Nerven sowohl in
der frühesten l'hase der Zellenketteu wie auch später,
wenn bereits Fibrillen erschienen sind, stets den Zu-
sammenhang mit dem Centraiorgan bewahren."
Bei dem jetzigen Stande der l'ntersuchungen ist die Entwicklung
des peripheren Nervensystems für eine kurze Darstellung in den
.Elementen der Entwicklungslehre" noch nicht geeignet und mufs.
bis das Gebiet erst mehr durchgearbeitet ist, am besten ganz über-
gangen werden. Im übrigen sei auf das ausführlichere Lehrbuch des
Verfassers, Vll. Auti. (S. 482—497) verwiesen.
C. IHe Entwieklnng des Sjmpiithieiis«
Wie die meisten Forscher, die sich mit dem schwierigen Gegen-
stand 1m scliaftigt haben, angeben (und wie am besten bei den Fischen
zu betihacliteii ist), stammen die sympathischen Ganglien (Fig.
sy.g) direkt von den spinalen (^) ab. Die Spinalganglien wuchern an
ihrem ventralen Ende. Die gewucherte Partie löst sich ab und rQckt
als Anlage eines sympathischen Ganglions mehr ventralwftrts. Die
Anlagen der einzelnen Segmente sind anfangs voneinander is(diert.
Der Grenzstrang ist demnach ein sekundäres I'rodukt, dadurch ent-
standen, dals die einzelnen Ganglien einander entgegenwachsen und
sich verbinden. Von ihm leiten sich dann ferner die sympathischen
Ganglien und Getlechte der Brust- und Leibeshöhle ali. Wenn diese
Angaben richtig sind, so ist auch das sympathische Nervensystem
wie das cerebrospinale in letzter Instanz vom äufsereu Keimblatt
abzuleiten.
U. Die Entwicklung der Sinnesorgane.
Qeruchsorgan.
Auge, Gehör- und
Wie fiir das Centralnerveusystem , so bildet diis ftufsere Keim-
blatt auch den Mutterboden fttr die höheren Sinnesorgane: fftr das
Auge, für das Gehör- und das Geruchsorgan. Zwar liefert es nur
das 8iunesepithel. einen Restandteil, der im Vergleich zu den abrigeu
Digltlzed by Google
l)ie Organe des uurscren Keimblattes. 2i'3
Teileil . die vom Meseiichyni al>staininen . an Volumen sehr zurttrk-
tritt; dafür ist aber der epitheliale Bestandteil sowohl in funktioneller
als in nmrphologischer Hinsicht weitaus der wichtigste. Denn oh ein
Sinnesorgan zum Sehen, Hören, lUechen o«ler Schmecken geeignet ist.
hängt in erster Linie vom Charakter des Sinnesepithels, d. h. davon
ah. oh es aus Seh-, Hör-, Riech- oder (ieschraackszellen zusannnen-
gesetzt ist. Aher auch in morphologischer Hinsicht steht der epi-
theliale Teil im Vordergrund, indem er vorzugsweise die Grund-
form der Sinnesorgane l>estinimt und den festen Mittelpunkt
abgibt, um welchen sich die übrigen, mehr accessorischen Bestand-
teile herum anordnen. Am deutlichsten läfst sich der genetische
Zusammenhang mit dem äufseren Keimblatt bei manchen Wirbellosen
erkennen, insofern hier noch dauernd die Sinnesorgane in der Epi-
dermis gelegen sind, während sie sich bei den Wirbeltieren bekannt-
lich zum Schutze in tiefere Gewebsschichten einbetten. Ich beginne
mit dem Auge und wende mich dann zum Gehör- und Geruchsorgau.
A. Die Entwicklung des Anges.
Wie l)€reits bei der Beschreibung des Gehirns hervorgehoben
wurde, wachsen aus der Seitenwand des primären Vorderhirns
(Fig. 270. 204, 295) die Angenblasen (au) hervor und bleiben später,
indem sie sich mehr und mehr abschnüren, nur noch durch einen
Fig. 294. Querschnitt durch
das vordere Kopfende des am
Anfang der vierton Woche
stehenden menschlichen Em-
bryo, der in Fig. 160 abgebildet
ist. Der Schnitt geht durch das
primäre Vorderhirnbläsrhen , ans
dt'ssen Seitenwandungen sich die
1>riinuren Augenhlasen ausgestiilpt
iahen.
nii.l laterale Wand der .Augen-
blase, 8t ihre untere Wand, welche
in den Selistiel (s^j übergeht, //* Lin-
senplatte, r' Hohlraum im Vorder-
hirnhläschen (dritter Ventrikel), der
sich in den Hohlraum des Augen-
stiels (>0 und der .\ugenhlase lort-
fietzt, tr Buden des Vorderhirnhlaschens, der. zwischen den beiden Sehstielen ge-
legen, sich später nach unten zum Trichter ausstülpt. Da in dieser Gegend kein
Mesenchym entwickelt ist, liegt dem Hirnboden das äufsere Keimblatt dicht an
and liefert später die KATiiKssche Tasche.
engen Stiel in Verbindung (Fig. 294 u. 205 .«?/). Sie besitzen im
Innern eine Höhle, die durch (ien engen Kanal des Augenblasenstiels
nnt dem Ventrikelsystera des Gehirns im Zusammenhang st€ht. Mit
ihrer lateralen Fläche legen sie sich an das Hornblatt, die spätere
Epidermis des Kopfes, bei ihrer Hervorst ülpung entweder unmittel-
bar an, wie beim Hühnchen, oder werden, wie l>ei den Säugetieren,
von ihm nur durch eine sehr dünne Zwischenschicht getrennt. Bald
darauf wird die primäre Augenblase durch Einstülpung in einen
Becher in ähnlicher Weise umgewandelt wie die Keiinblase des
Araphioxus in die Gastrula. Die Einstülpung findet an zwei Stellen
statt, einmal an ihrer lateralen, dem Hornblatt anliegenden Wand,
294
Elftes Kapitel.
und zweitens an ihrer unteren Fläche, welche mit der Basis der
Hiniblasen in einer Flucht liegt. Die eine Einstülpung hängt
mit der Entwicklung der Linse, die andere mit der Ent-
wicklung des Glaskörpers zusammen.
Die erste Anlage der Linse erfolgt beim Hühnchen schon
am zweiten Tage der Behrütung, beim Kaninchen etwa zehn Tage
nach der Befruchtung des Eies, beim Menschen am Anfang der
vierten Woche (Fig. 294). An der Stelle, wo das Hornblatt über
die Oberriilche der primären Augenblase hinzieht , verdickt es sich
ein wenig und liefert die Linseujdatte Up), welche sich bald darauf
zu einer kleinen Grube einstülpt (Fig. 295 /r/). Indem die Liusen-
grubc sich vertieft, wobei ihre Ränder sich entgegenwachsen und
sich endlich berühren, wandelt sie sich in das Linsen sä ckchen
(Fig. 290/.^) um, welches noch eine Zeitlang durch einen soliden
Epithelstrang {ht) den Zusammenhang mit dem Mutterboden . dem
Hornblatt, bewahrt. Bei seiner Abschnürung treibt natürlich das
Fig. 295 u. '296. Zwei Schemata zur
Entwicklung des Auges- Fig. 297.
Fig. '295. Die primäre Augenblasc au, durch einen hohlen Stiel st mit dem
Zwischenhirn zh verounden, wird infolge der Entwicklung der Linsengrube /a ein-
gestülpt.
Flg. 296. Die Linsengrube hat sich zum Linsensäckchen (/«) abgeschnürt.
.\us der Augenblase ist der Augenbecher mit doppelten Wandungen, einer inntren
ib und einer äu&eren ab, entstanden. Ist Linsenstiel, gl Glaskörper.
^"ifi. 297. Plastische Darstellung eines Augenbechers mit Linse und
Glaskörper.
ab äufsere Wand des Bechers, ib innere Wand desselben, h Hohlraum
zwischen beiden Wänden, welcher snäter ganz verschwindet, Sn .\nlage des !>eb-
nerven (.\ugenblasenstiel mit Kinnenuihluug an seiner unteren PMäche), au» .\ugen-
spalte, gl Glaskörper, / Linse.
Säckchen die ihm dicht anliegende, laterale Wand der Augenbiase
vor sich her und stülpt sie gegen die mediale Wand zu ein.
Gleichzeitig mit der Linsenentwicklung wird die primäre Augen-
blase auch von unten her eingestülpt längs einer Linie, die von der
Gegend der Linsenplatte (Fig. 294 Ip) zum Augenblasenstiel (st) reicht
und sich auf diesen selbst eine Strecke weit noch fortsetzt. Es
wuchert hier vom einhüllenden embryonalen Bindegewebe eine Blut-
gcfäfsschlinge, in weiche, gallertige Substanz eingebettet, gegen die
untere Fläche der primären Augenblase und ihres Stieles vor und
drängt sie nach oben und medianwärts vor sich her (Fig. 297 nus).
Infolge beider Einstülpungen (Fig. 29t) u. 297) gewinnt die
Augenblase die Form eines Bechers oder einer Schale, zu welcher
ihr Stiel (Sn) gleichsam den Fufs abgibt. Der Augenbecher, wie
wir von jetzt ab die Bildung bezeichnen können, zeigt aber zwei
Die Organe des aur''eren Keimblattes.
295
Fipentftmlichkeiton, Einmal besitzt er an seiner unteren Wand noch
einen Defekt (Fig. 21>7 aus)\ denn es verläuft hier eine Spalte {aus)
vom Rande der weiten, die Linse (/) umfassenden ÖflfnunK bis zum
Ansatz des Stiels (Sw). Sie wird durch Entwicklung des Glaskörpers
(///) bedingt und führt den Namen der fötalen Augen spalte.
Anfänglich ist sie ziemlich weit, verengert sich dann aber mehr,
indem die Ränder der Spalte zusammenrücken . und schliefst sich
endlich vollständig. Zweitens ist der Augenbecher, ähnlich dem als
Spielzeug gebräuchlichen Vexirbecher. mit doppelten Wandungen ver-
sehen, die längs der vorderen (jffnung und der unteren Spalte in-
einander übergehen. Sie sollen im folgenden als inneres (Fig. 20t>
u. 297 ib) und äufseres Blatt
(ah) unterschieden werden;
ersteres ist der eingestülpte,
letzteres der nicht einge-
stülpte Teil der Augenblase.
Beim Beginn der Einstül-
pung (Fig. 297) sind beide
Blätter {ab u. ih) noch durch
einen Zwischenraum (A) ge-
trennt, der durch den Augen-
blasenstiel (Sn) in den drit-
ten Ventrikel führt, in der
Folgezeit aber in demsell>en
Mafse enger wird, als sich
im Innern der Glaskörper
(gl) vergröfsert. Auch auf
dem Durchschnitt durch das
Auge eines menschlichen
Embryo (Fig. 298) ist noch
ein kleiner Zwischenraum
zwischen den doppelten
Wandungen des Bechers zu
sehen. Schliefslich kommen
äufseres und inneres Blatt
dicht aufeinander zu liegen.
Den Inhalt des Auges bilden
dann die Anlagen der Linse
(/e u. //') und des Glaskörpers
((fl). Letzterer füllt den
(irund, die Linse die Öff-
nung des Bechers aus.
Bei dem Einstülpungs-
prozefs hat auch der Augen-
Fig. 298. Durchschnitt durch das Auge
eines mensoblichen Embryo aus dem zwei-
ten Monat.
pi rigmentcpithel = äursere Lamelle des
Aiigenbechers, r Retina = innere Lamelle des
Augenbechers: zwischen beiden Lamellen des
Hechers ist noch ein schmaler Hohlraum vor-
handen, gl Anlage des (ilaskörpers mit Gefafsen,
<7i Mesenchym, .\nlage derChorioidoaund Sciera,
tr Tunica vasculosa lentis, //" hintere verdickte
Wand des Linsensäckchens, deren Zellen zu den
Linsenfasern ausgewachsen sind, le dünnere,
vordere Wand, Linsenepithel, h Anlage der
Flornhaut, Ii Augenlider.
blasenstiel seine Form ver-
ändert. Ursprünglich ist er ein enges Rohr mit epithelialer Wandung,
geht dann al)er in einen mit dop|)elter Epithelwand versehenen Halb-
kanal über, indem seine untere Fläche durch die Bindegewebswuche-
rung, welche nach vorn den (ilaskörper liefert, auch mit eingestülpt
wird. Später legen sich die Ränder des Halbkanals zusammen und
verwachsen untereinander. Hierdurch wird der Bindegewebsstrang mit
«ler in ihm verlaufenden Arteria centralis retinae in das Innere des
Stiels, der nun eine ganz kompakte Bildung darstellt, aufgenommen.
296
Elftes K«pitel.
An der Kiitwickluug des Auges nimmt endlich das Mesenciiym.
abgesehen davon, dafs es den Glaskörper liefert, auch noch dadurch
Anteil, dafs seine an den Au^enbecher angrenzende Schicht rieh zur
BlutirefUfsliaut und zur I'aserliaut des Auges differenziert.
Die liK'i-
des Auges i>t
in aller Kürze ^a'^'eltene Skizze von der Kiitwiikluug
jetzt im einzelnen noch weiter zu vervollständigen.
Flüssigkeit erfüllten Hohlraum ein. Nach
1. IMe Bntwlokluiig rtm IiIdm and Olaskdrper.
Das vom Hornblatt vollständig ubgeschnurte Li nseusäck che u
(Fig. 2f)6 Js) besitzt eine dicke Wandung, die von zwei bis drei Lagen
von Eiiitlielzellen zusammengesetzt wild» und schliefst einen von
aulsen wird es dunli
eine dünne Membran,
welche sich sptter zur
L i n s (Ml k a p s e 1 (Cap-
sula lentis) verdickt,
schärfer abgegrenzt
Bald treten in der Au8>
bildung seiner vordereo
und hinteren Wund er-
hebliche Ditlerenzen auf
(Fig. 298). Im Bereich
der vorderen Wand
flacht sich das Kjtithel
mehr und mehr al>
und wandelt sich in eine
einfache Lage kubischer
Elemente um , die in
der Linse des Erwa» h-
seuen das sogeuanule
Linsenepithel bilden(H
An der hinteren Wand
dagegen nehmen die
Zellen au Läuge sehr
bedeutend zu und wach-
sen zu langen Fasern
aus. die einen hügel-
artigen Vorspruug in
die Höhle des S&ckchens
iH'dingen (Fig. 298). Die
I stellen <tM!l{) .■■•llt
auf der hinteren Waml
und werden nach dem
Linsen-Ä(iuator (Fig.
299 l') zu kürzer und
schliefslich zu gewöhn-
lichen Cylinderzelleu.
und diese gehen wieder,
indem sie noch nied-
riger werden . in die
kubischen Zellen des
Linsenepithels Ober, so
die
9 r
Fig. 299. TeU etnas
Aograanlago eine«
r- X tf tr k if h he
SurchBOhnitta duroh
Nach
Man sieht einen Teil der l^inse, den Hand des
Aiiconbechers . die Hornhaut und Aug»Mik:iinmer.
I» ritriiii iid piilirl .Ifs AiiL'f-;, r Retina, r- liatiiixone
doH A iitrt'iiliri lifis, // (ii'lafsf des ( ilaskorpcrs in der
(i<'taf>Ka|isi'l der Linse, tr Tunii ;i Mi^culosa lentis^
Zusaniuivnhuni; der Aderhaut dt'> AllCO^ mit dcr
Tiinitii vaMulo>a lentis, I' I'berKanf? des IJnsen-
«•)iitlu I- in die I.in-pnfasern, k I,insenei>ithel. Angvn-
kammer, d DuscsiiicTsihe Membran, n Hornbautf lie
Hornhatttepitfael.
L/iyij^uü by Google
I>ie Organe. des äiirseren Kfiinlilnttes.
21»7
da Ts zwischen letzterem und den Linsenfaseni eine am Äquator ge-
legene Chergaugszone zustande kommt.
Das weitere L i n s e n w a c h s t u m ist ein a p p o s i t i o n e 1 1 e s.
Viu die zuerst entstandeneu Faseru. die, weiter in die Länge wachsend,
bald den ursprünglichen Hohlraum des Säckchens ganz ausfüllen und
den Linsenkern liefern, lagern sich immer neue Fasern herum. Ihre
Neubildung findet im Linsen - Acjuator in der oben beschriebenen
Übergangszone statt, wo sich die kubischen Zellen des Linsenepithels
durch Teilung längere Zeit vermehren und zu Cylinderzellen werden,
die ihrerseits wiecler zu langen Fasern auswachsen und sich zwischen
Linsenkeru und Linsenepithel dazwischenschieben. Parallel zueinander
angeordnet verbinden sich die neu entstehenden Fasern zu Blättern,
die in Schichten übereinanderliegen und sich an macerierten Linsen
wie die Schalen einer Zwiebel aldösen lassen. Alle Fasern (Fig. 3no
7/ ', //■") reichen von der vorderen
bis zu der hinteren Fläche und
treffen an ihnen mit ihren vorderen
resp. hinteren F.nden in regelmäfsi-
gen Linien zusammen, welche beim
Embryo und beim Neugeborenen
zwei dreistrahlige Figuren, die so-
genannten Linsensterne (Fig.
;{«M) ist u h.tt) darstellen. Diese
zeigen die Kigentttmlichkeit. dafs
ihre Strahlen an der vorderen und
an der hinteren LinsenHikdie alter-
nierend gestellt sind, derart, dafs
die drei Strahlen des einen Sterns
die Zwischenräume der drei Strahlen
des anderen Sterns halbieren. Beim
Erwachsenen wird die Figur eine
kompliziertere, indem an jedem der
drei Hauptstrahlen noch seitliche
Strahlen entstehen.
Beim Erwachsenen bestehen be-
kanntlich keine besonderen Ernäh-
rung s v o r r i c h t u n g e n für die
Linse, welche sich nach erlangter (Iröfse nur wenig verändert und
je<lenfalls nur einen geringen StotTwechsel besitzt. Anders liegt die
Sache beim Embryo. Hier besteht zur Zeit des lebhafteren Wachstums
auch ein besonderer Emährungsapparat; die Linse ist mit einer be-
sonderen Gefäfshaut (Tunica vasculosa lentis) versehen (Fig. 2i»8 /r.
2i»0(7). Darunter versteht man eine an Blutgefäfsen reiche Bindegrwebs-
niembran. welche, nach aufsen von der Liusenkapsel gelegen, sie all-
seitig einschliefst. Beim Menschen ist sie im zweiten Monat der Ent-
wicklung l)ereits deutlich vorhanden. Hire (iefäfse stanmien von den
Glaskörpergefäfsen ab. Sie sind daher an der hinteren Wand stärkere
Stämmchen, die, in zahlreichere, feinere Zweige aufgelöst, sich um
den Linsen - Äquator herumbiegen und nach der Mitte der vorderen
Fläche verlaufen , wo sie mit Endschlingen aufhören und auch Ver-
bindungen mit Gefäfsen der mittleren Augenhaut eingehen (Fig201>r).
Ihre gröfste Ausbildung erreicht die Gefäfshaut im si<'benteii Monat,
von welcher Zeit au sie sich zurückzubilden beginnt, (iewöhnlich ist
Fig. 300. Schema zur Anordnung
der Iiinsenfasem.
Man sieht tli«' entgegengesetzte Lage
(|p> vonleren tvst) und des hinteren
Linsenstcrnes« (hst), If Verlaul' der
MnKentasern an der vorderen Linsen-
Häche und Ende an» vorderen liinsen-
stern, //*' Fortsetzung derselben Fasern
zum hinteren Linsenstern an der hin-
teren Fläche.
298
Elftes KapiteL
sie vor rler Geburt vollstäudig verschwunden: nur in Ausnahniefiilleu
. bleibt der Teil bestehen, welcher, aul der vordereu Lius>eudätiie ge-
legen, das Sehloch ausfüllt und als Membrana pnpülaris unterschieden
worden ist. Seine Erhaltung beim Neuficborencn bezeichnet man als
Atresia pupillae congenita. Gegen Ende Hos H!!!l)r)'onalen L('l>ens
hat übrigens auch die Linse selbst ihr iiauptwachstum beendet.
Denn nach Wftgungen, die vom Anatomen Huschke angestellt worden
sind, hat sie beim Neugeborenen ein Gewicht von 123 mg, beim Er-
wachsenen 100 mg. ?o diifs die gesamte Zininhme, die das Organ
wahrend des Lebens erfährt, nur Ü7 mg beträgt.
Die Entwicklung des Glaskörpers ist ein augenblicklich viel
untersuchtes Thema« über welches indessen die Meinungen noch
sehr auseinandergehen; es ist fraglich geworden, ob. wi»« tnnt: früher
lehrte, nur das durch die fötale Augeuspalte in den Becher hinein-
gewachsene Oallertgewebe (siehe 8. 294) sich zum Glaskörper um-
wandelt. Von mancher Seite wird eine Beteiligung des Linsen-
silckchens und auch des Augenbechers bei seiner Bildung ange-
nommen.
Der beim Erwachsenen ganz blutgeföfsleere Glaskörper ist beim
Embryo mit Blutgeftfsen reichlich versehen. Der in die Achse des
Sehnerven eingebettete Ast der Arteria ophthalmica, die Arteria
centralis retinae, verlängert sich von der Papille des Sehnerven
an in einen Ast, welcher als Arteria 1 yaloidea bezeichnet wird.
Dieser verlftuft, in mehrere Zweige aufKeiost, nach vom durch dea
Glaskörper zu der hinteren Flilche der Linse, wo sich seine zahl-
reichen Eudäste in der Tunica vasculosa ausbreiten und am Äquator
auf die vordere Linsentläcbe übergeben. In dem letzten Monat des
Embryonallebens bilden sich auch die GefUiBe des Glaskörpers mit
der Ernährungshaut der Linse zurück bis auf ein Rudiment des
Hauptstammes, welcher von der Eintrittsstelle des Sehnei\>»ii nach
vom zur hinteren Fläche der Linse verläuft und bei der Bückbildung
sich in einen mit Flttssigkeit erfailten Hohlkanal, den Canalis
hyaloidens, umwandelt
8. Bto BiitwioUniis der Ang«iihiate wad des SeluMmii.
Der Augenbecher wird gleichzeitig mit der ihn umhüllenden
Mesenchymscbi' lit , weicht- sich in die mittlere und in die äufsei*
Augenhaut suudert, weittM- nm^^ebildet, so dafs eine gemeinsame IV-
sprechung beider geboten erscheint. Zum Ausgang diene das in
Fig. 298 dargestellte. Stadium , auf welchem der Augenbecher mit
einer noch weiten Öffnunj? das Linsensflckchen umfalst. Zwischen
letzteres und das Horalilatt, von dem es sich abgeschnürt hat, ist
bei den Säugetieren und beim Menschen schon gleich während der
Abschnttrnng eine dflnne Mesenehymschieht dazwischengetreten. Sie
verdickt sich bei ihnen jetzt rasch, indem Zellen aus der Umgebung
in sie einwandern, und sondert sich dabei in zwei verschiedene Lagen.
Die eine wird gefälshaltig, liegt der vorderen Linseuüäche unmitteU
bar auf und stellt den vorderen Abschnitt der frtther erwähnten Ge-
fUrshaut der Linse dar, und zwar jenen Bezirk, der die Öfl'nung des
Augenberhcrs als Membrana pnpillaris verschliefst. Die andere Laire
ist gefäfslos, grenzt an das Hornblatt au und stellt die Anläse flir
die Homhant des Auges dar. Bald werden beide Schichten schärfer
uiLjiiizuü Dy Google
Die Organe des ftofteran Keimblattes.
299
voneinander abgegrenzt dadurch, dafs sich zwischen ihnen ein schmaler,
mit Flüssigkeit erfüllter Spaltraum ausbildet, welcher nichts anderes
als die mit Hmnor aqueus erfüllte Angenkammer ist.
Währenddem hat auch der epitheliale Angenhecher selbst seine
BeschatTenheit verändert. Seine Äufsere und seine innere Lamelle
werden immer verschiedenartiger voneinander. Die erstere (Fig. Jt'S
u. 2ii9 pi) bleibt dünn und sU^Ut eine emtache
r jh' m Lage kubischer Epith^lzellen dar. In ihnen
lagern sich schwarze Pigmentkörnchen in
immer reicherem Mafse ah. bis schlielslich
die ganze Lamelle auf dem Durchschnittii als
ein schwarzer Streifen erscheint Die innere
dt l,»,S,1p$<kD h he
Fig. aoi.
Fig. WS.
Fig. 301. Durehaehnltt daroh den Randteil
des AttgenbeojMis tob. efnem Smbryo der Biog-
droiMl (Tarda* mtietoaaX Nach Knctsa.
rRi'tin:!, pi I'ifriiiontfipithel der lU-tina (äufsere
Lamelle des Augenbechers), bi biiulefjewebiKe üm-
hülluag des Augenbechen (Chorioidcu und SderaL
* Ora serrata (Grenze twischen Randzone and
Grund des Augenbechers), ck Ciliarkörper, 7. 3.
Iris, 1. u. äufsere und innere Lamelle der Pars
iridis retinae, 3. Hinde^ewebsnlatte der Iris, Ip Li-
gamentum pectinatum indis, sch ScHLKuiischer Kanalt
T) Des« KMKTsche Membran, h Hornhaut, k§ Horn-
hautepithel.
Fig. :m. Quersähnitt dnroh den OUiarteil
des Au^es von einem Katsen-SmbKyo tron
10 cm liänge. Nach Kk^leb.
Man siebt drei durch Einfaltun« des Augen-
betliers entstandene Ciliarfortsät/e (I'rnccssus cili-
ares), fn bindegewebiger Teil des Ciliarkörpers, ib
inneres Hlati, ah aufseres pignieniieites Rlatt des
Aogenbechers, bi' Binde^ewebsbiatt, das in die
EpFtbelfillte eingedrungen ist .
Schicht (r) dagegen bleibt mit Ausnahme eines Teils der Rnndzone ganx
frei von Pigment; sie verdickt sich bedeutend, indem die Zellen, wie
in der Wand der Himblaseu, mehrfach Ubereiuauderliegeu, sich strecken
und spindelige Formen annehmen. Femer treten Beehergrnnd
und Becherrand in einen Gegensatz ineinander und eilen ver-
schiedenen Bestimmungen entgegen; denn der eine wandelt sich zur
Netzhaut um, der andere ist in hervorragendem Mal'se an der
Bildung des Ciliarkörpers und der Iris beteiligt.
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300
Elftes Kapitel.
\}er BecliPrrn II tl (Kifr. 2i»9 rz, H(H u. ^^02) verdüuut sich stark,
iiulem sich die Zelloii seines inneren Blattes in einfacher Schicht an-
ordnen, eine Zeitlang noch eylindrisch sind, dann eine kuhinche Form
annehmen. Mit seiner Vt r(!ünnuii?: ^cht frleiclizeitip; eine Ausdehnung
in der FlRche einher. Iniolgedessen wfti hst jetzt der Kand de<
Bechers in die oben bescliriehene, mittlerweile nocli grölser gewordene
Augenkammer zwischen Hornhaut und vordere Linsenflftcne hinein,
bis er nahezu die Mitte derselben erreicht hat. Er umgrenzt dann
schliefslich nur noch eine Öffnung, die in die Höhle des Augenbechers
hineinfuhrt, das Sehloch oder die Pupille. Von dem liandbezirk
des Bechers leitet sich die Pigmentschicht der Iris her (Fig.Stil
1 u. J2) Wie in der äuiseren. lagern sieb jetzt auch in der inneren
Epitliellamelle Pigmentkörnchen ab, so dais schliefslich beide nicht
mehr als getrennte Lagen zu unterscheiden sind. Mit der Flächen-
ausbreitung des Becherrandes hält die ihm von aufsen anliegende
Mesenchyndiülle gleichen Schritt. Sie verdickt sich und liefert das
mit GrfiUsrn reich versehene Strnma der Iris (Fi^. :W1 3). !>i''«t^s
geht bei ^Säugetieren (Fig. 299 j:) eine Zeitlaug in die Tunica vascuiusa
lentis (tv) über, infolge<lessen das Sehloch bei den Embryonen durch
eine feine, blutgefäfsftthrende Bindegewebshaut verschlossen ist, wie
schon fri^lier (S. 297) erwähnt wurde.
Eine interessante Veranderiint: erfährt der an die Pif^meutschicht
der Iris angrenzende und den Äquator der Linse uuigel>ende Teil
des Augenbeehers, der ebenfalls noch mit zur verdOnnten Randione
hinzugehört (Fi^i. ^'Ol rJ:). Fr ])ildet sich gemein^^ani mit der an-
grenzenden Mesencliyniscliiclit /u dem Ciliarkörper des Auges
um. Der Prozels beginnt beim Hühnchen am neunten oder zehnten
Tage der BebrQtung (KkssitSR), beim Menschen am Ende des zweiten
oder Anfang des dritten Monats (Köllikf.r). Die verdünnte, epitheliale
Doppellamelle des Bechers le^rt sich infolge eines besonders inteu-
äiveu Flächenwacbstums in zahlreiche kurze Falten, die, parallel zu-
einanderges teilt, in radiärer Richtung den Linsenftqoator umgeben.
Am Wucheningsprozefs beteiligt sich die angrenzende Mesenchym-
schieht , wie an der Iris, so anch hier und. dringt mit feinen Fort-
sätzen zwischen «lie Faltenblatter hinein. Über ihre ursprüngliche
Form bei Säugetieren gil)t ein Querschnitt durch den eingefalteten
Teil des Augenbechers von einem 10 cm langen Katzen-Embryo
(Fig. i302) Aiifschhifs. Fr /.eiLrt, da!V die einzelnen Falten sehr srhninl
sind und in ihrem Innern nur eine sehr geringfügige Menge embryo-
nalen Bindegewebes {hi) mit feinen Capillaren einschliefsen, dafs von
den beiden Epithellagen im Unterschied zum Pigmentepithel der Iris
nur die äuCsere pigmentiert i^t während sich die innere (ih)
auch später unpigmentiert erhält und aus kurzen, cylindris( lien Zellen
zusammensetzt. Später nehmen die Ciliarfortsätze durch ^ ermehrung
des an Blutgefäfsen sehr reichen Bindegewebsgerüstes an Dicke be>
deutend zu und gehen eine festere Verbindung mit der Linsenkapsel
durch Ausbildung derZonnla Zinnii ein. Diese entsteht nach den
Angaben Köllikkks lieim Menschen im vierten Monat durch einen Vor-
gang, der hier wie bei anderen ^ugetieren noch wenig aufgeklärt ist —
Kacli neueren Untersuchungen nehmen von den in die Iris und den
Ciliarki^rper einirebetteten Muskelfasern der M. s))hineter iridis und der
M. dilatator pupillae von dem äulsereu Epithelblatt des sekundären
Augenbechers, die Ciliarmuskeln aus Mesenehjmzellen ihren Ursprung.
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Die Organe den uuräeren KeimblatUiü.
aoi
Der ürund des Bechers (Fig. 298, 2111», 301) liefert den
wichtipten Teil des Auges: die Netzhaut. Seine innere Lamelle
(r) verdickt sich hier io sehr hohem Grade uud gewiaut, indem ihre
ZeHen za langen Spindeln werden und sich in mehreren Lagen in-
einanderschieben, ein ähnliches Aussehen wie die embryonale Hirn-
wand. Gegen den verdünnten Teil des Au^ienliecliers. welcher die
Ciliarfalten bildet, setzt die Metzhaut sich spater mit einer ge-
zackten Linie, der Ora serrata. ab (in Fig. 301 an der mit einem
Kreuz bezeichneten Stelle). Frühzeitig gewinnt sie auch an ihren
beiden Flächen eine schärfere Bejrrenzunp durch Ausscheidung zweier
feiner Häutrben: gegen die Anlage des Glaskörpers zu tnenzt sie
sich durch die Membrana JimiLans interna, gegen die äulseie Lamelle,
die zum Pigmentepithel wird, durch die Membrana limitans externa ab.
Im Fortgang der Entwicklung: differenzieren si( Ii ihre gleich-
artigen Zellen in sehr vers^chiedener Weise, wodurch die hekanuteu,
von Max bCHULizE unterschiedenen Schichten zustaujie ktuumen. ihre
Geftfte erhalten sie dadurch, dafo von der in den Augenblasenstiel
eingeschlossenen Art. centralis retinae Gefälsschlingen in sie hinein-
wachsen, eingehüllt von aufserordentlich dUnnen, bindegewebigen
Scheiden.
Von den einzelnen Schichten der Ketzhaut entwickelt sich am
spAtesten die so bemerkenswerte Stäbchen- und Zapfenschicht.
Rolanpre sie noch fehlt, ist hei allen Wirbeltieren da? innere Blatt
des Augenbechers gegen daf äuisere durch einen vuilkummen glatten
Contonr abg^renzt, der von der Membrana limitans externa her-
rührt. Dann erscheinen auf dieser zahlreiche, kleine, glänzende
Höcker, die von den perijdieren Enden der äufseren Kölner oder
<Ier Sehzellen ausgeschie<ien worden sind. Die Höcker, welche aus
einer protoplasmatischen Substanz bestehen und sich in Karmin rot
färben, strecken sich in die Länge und erhalten die Form des Innen-
gliedes. Zuletzt setzen sie an ihrer Oberfläche das .Aufsenglied an,
welches Max SciirmK und W. Mt-LLEK wegen seiner laniellösen
Struktur einer (juticularbildung vergleichen. Indem die StÄbchen
und Zapfen der Sehzellen in dieser Weise Aber die Membrana limitans
externa bervorwachsen, drinpien sie in die dicht anliejiendc. änfsere
Lamelle des Augenhechers hinein, welche zum Pigmeutepitliel der
iietiua (Fig. 301 pij wird; sie kommen mit ihren Aufsengliedern in
kleine Nischen der grofsen, hexagonalen Pigmentzellen zu liegen, so
dafs die einzelnen Elemente ringsum durch pigmentierte Seheide-
wände isoliert werden.
Noch einige Worte Uber die bindegewebige L'mhüllung, die dem
Cirunde des Augenbechers zugeteilt ist. Sie gewinnt hier ebenso wie
am Ciliarkörper und an der Iris ein besonderes, fflr diesen Abschnitt
charakteristisches Gepräge. Sie sondert sieh m Gefafs- und Faser-
haut, die beim Menschen in der sechsten Woche (Kölukkk) unter-
schfiidbar werden. Die «rstere zeichnet sich früh durch ihren Ge-
ftl^reicbtum aus und entwickelt nach dem Augenbecher zu eine be-
sondere, mit engen Mn^chen capillarer Gefäfse au-L" stattete Schicht,
die Cboriocapillaris, die zur F.rnährung der Pigment-. Stäbchen- und
Zapfenschicht des Auges dient, da diese eigener Blutgefäfse ent-
behren. Eine weitere \ ers( hiedenheit im Vergleich zum Ciliar-
körper besteht noch darin, dals am Grunde des Augenbechers die
Aderhaut von den angrenzenden Uäuteu des Auges leicht trennbar
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Elftes Kapitel.
ist, während am Giliarkürper zwischen allen ein fester Zusammen-
hang stattHndot,
Wenn wir jetzt noch aut die zuletzt besprocbeuen Eutwicklimgs-
prozesse einen Rttekbliek werfen» so wird uns aus der kurzen Skizze
das eine klar hervortreten, dafs für die Entstehung der einzetaiett
Augenahschnitte die Formverftnderungeu des sekundJlrcn Augen-
becherä von hervorrageuder Bedeutung siud. Durch verschiedenartige
Wacbstumsprozesse, die im fünften Kapitel eine allgemeine Be-
sprechung gefunden haben, sondern sich an ihm drei verschiedene
Allschnitte. Durch Wachstum in die Dicke und vcri^ Iii. lenartige
DitVerenzierung der mehrfachen Zellenlagen wird die Netzhaut . da-
gegen durch Ausdehnung in die Fläche ein vorderer, verdünnter
Teil gebildet, welcher das Sehloch umgrenzt und durch FaltenbilduDg
in der Umgebung der Linse eine neue Sonderun g in zwei Abscliiiitte
einsieht. Aus dem eingefalteten, an der Ora serrata von der Netz-
haut Sich abgrenzenden Abschnitt entwickelt sich der innere Epithel-
ftberzug des Cili&rkörpers, aus dem glatt bleibenden, verdünnten, das
Sehloch umgebenden Abschnitt das rifznientepithel (Uvea) der Iri-
An dem sekundären Augenbecher hat man mithin jetzt drei Bezirke
als Retina-, Ciliar- und Iristeil zu unterscheiden. Jedem Bezirk
pafst sich das angrenzende Bindegewebe und namentlich der Teil,
der zur mittleren Augenhaut wini, in eigenartiger Weise an und
liefert hier die Bindegewebsplatte der Iris mit ihrer ghitten Mus-
kulatur, dort das Bindegewebsgerüst des Ciliarkorpors mit dem Ciliar-
muskel, dort die blutgefiirsreiche Chorioidea mit der Ghoriocapillaris
und Lamina fusca.
Am Augenbecher war bei seiner Entwicklung »'hh' Spalte an
seiner unteren Wand entstanden (Fig. 2U7 «ms;. Sie bezeichnete die
Stelle, an welcher die Anlage des Glaskörpers in das Innere hinein-
gewachsen war. Was ist schliiMich ihr Schicksal? Die Spalte,
welche in der Literatur meist als C Ii o r i o i d e a 1 s p alte antVefiihrT
wird, ist eine Zeitlang leicht kenntlich, wenn sich in der aulsenn
Lamellt' iles Augenbechers Pigment abgelagert hat. Dann nämlich
erscheint sie an der unteren, inneren Seite des Augapfels als ein
heller iin[»igmentierter Streifen, welcher von der Eintrittsstelle des
Seliuerven nach vom bis zum Pupillarraude reicht. Später j^eht der
helle Streifen verloren. Die Augenspalte schliefst sich, iiulem ihre
Rftnder verwachsen und in der Naht sich Pigment ablagert Beim
Hühnchen geschieht dies am neunten Tage, beim Menschen in der
sechsten bis siebenten Woche.
Zuweilen wird beim Menschen der normale Entwicklungsprozeis
gehemmt, so dafo die Ränder der Augenspalte offen bleiben. Pies
hat dann meist auch eine mangelhafte Ausbildung <ler Gefäfshaut des
Auges an der entsprechenden Stelle tut Folire, ein Zeichen, wie sehr
die Entwicklung der bindegewebigen L mhuliung — was schon früher
betont wurde — von den Bildungsprosessen der beiden Epithelbl&tter
abhängig ist. Es fehlt daher längs eines vom Sehnerven l>eginnenden
Streifens sowohl das Retina- als auch das Chorioidealpi^iment . so
dafs nach innen die weifse Faserhaut des Auges durchschimmert
und bei der Untersuchung mit dem Augenspiegel wahrgenommes
werden kann. Wenn der Defekt sieh gauK bis nn< Ii \mn zum Rande
der I*npiHe er<troc1<t. kommt es zu einer Spaltftildun;.! in der Iris,
welche bei äuiserlicher Besichtigung des Auges leicht auffällt Die
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Die Organe dcä äuCseren Keimblattes.
303
beiden Hemmungsbilduugen werden als Chorioideal- und Iris-
spalte (Coloboma chorioidea« und Coloboma Iridis) voneinander
unterschieden.
Die Entwicklung üe.s Sehnerven. Dadurch, dafä die priuiftre
Augenblaae durch die Anlage des Glaskörpers von unten her ein-
gestülpt worden ist, steht der A ugenblasen stiel (Fig. 207), der
die Ver]»iiidung mit dem Z\vis( lienhiru vermittelt, mit beiden Rliltteru
des Bechers in direktem Zusammenhang. In das änfsere IMatt oder
diis Pigmentepithel der Retina geht seine dorsule Wand Ulm, in das
innere Blatt, welches zur Netzhaut wird, verlängert sich seine ventrale
Wand. So hat die Kntwirklung einer unteren Augen-
si>alte. abjie sehen von der AnInge des Glaskörpers,
auch uoeh eine Bedeutung dafür, dats Retina und Seh-
nerv in direkter Verbindung bleiben. Denn wenn wir uns
die Augenblase allein an ihrer vorderen Fläche durch die Linse ein-
gestülpt denken, so würde die Wandung des Sehnerven sich nur
in das äul'sere, nicht eingestülpie Blatt fortsetzen, dagegen mit der
Retina selbst oder dem eingestuliiten Teil ohne direkten Zusammen-
hang sefn.
Ursprünglich stellt der Selinerv eine nühre mit enger ITrdilung
dar. welehe den Hohlraum der Augenblase mit dem dritten N'entrikel
verbindet (Fig. 204). Allmählich geht er in einen soliden Strang
Ober. Bei den meisten Wirbeltieren geschieht dies einfach in der
Weise, dafs die Wandungen des Stiels durch Wucherung der Zellen
sich verdicken . bis der Hohlraum zum Schwund gebraeht ist. Bei
den Säugetieren wird in dieser Art nur der gröfsere, an da.s Gehirn
grenzende Abschnitt umgeändert, der kleinere, an die Augeublase
sich ansetzende Teil wird eingestülpt, indem sich die Augenspalte
noch eine Strecke weit nach rückwiirts verlängert und die ventrale
gegen die dorsale Wand eindrückt Hier nimmt demnach der Seh-
nerv die Form einer Rinne an, in welche sieh ein bindegewebiger
Strang einbettet mit einem Blutgefäfs, das zur Arteria centralis
retinae wird. Das Gefäfs wird später durch Verwachsung der Rinnen-
ränder ganz in das Innere aufgenommen.
Eine Zeitlang besteht der Sehnerv einzig und allein aus spin-
deligen, geschichteten, radiär gestellten Zellen und gleicht in seinem
feineren Aufbau der Wandung des Gehirns und der Augenblase.
Über wi iteren Umwandhingen und vor allen Dingen tlber die
F-ntstehuug der I<iervenfasern in ihm machen sich ähnliche ver-
schiedene Ansichten wie über die Entstehung der peripheren Nerven-
fasern geltend. Indessen geht die Meinung der meisten Forscher
dahin, dafs die Nervenfasern als AchseiiL\linderfortsätzo der Ganj^lien-
zellen der Retina entsteht'n und im Sehstiel, den sie gewissermaisen
als Leitbahu benutzen, und dessen Zeilen nur ein Gliagerüst liefern
sollen, nach dem Gehirn zu aus wachsen.
Nach aufsen wird der embryonale Sehnerv von einer Bindegewebs-
hülle umgeben, die sich wie am (Jehirn und sekundären Augenbecher
in eine innere weiche, blutgcfäfsreiche und in eine aufsere derh-
faserige Schicht sondert. Die erstere oder die Piaischeide verbindet
die weiche Hirnhaut und die Aderhaut des Auges, die letztere oder
die Duralsciicide ist eine Fortsetzung der Dura mater und geht am
Augapfel in die Sclera Uber. Später gewinnt der Sehnerv eine noch
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804
Elftes Kapitel.
küiupliziertere Struktur dadurch, dafs die l'ialsclipide mit gefals-
haltigen Fortsätzen iu das Innere hineinwächst und die Kervenbtiiidel
;UDd die ihnen zugeteilten, epithelialen StQtzzellen mit bindegewebiges
UmhQl langen versorgt.
8. Die Bntwiokltmg der Hilfiiorgaiie des Anges»
Mit dem Augajifol treten Ililfsapparate in Verbindung, die in
verschiodrner Weise zum Schutz der Horiiliaut dienen: die Augen-
lider mit den MEUBUMscbeu DrUseu uud den Wimpern, die Tränen-
(IrQse und der Trftnenkanal.
Frühzeitig entwickeln sich das obere und das untere Augenlid
indem die Haut in eini'/er Entfernung vom Homhautniude zwei üher
die Obertiäche hervorragende Falten bildet. Die Falten wachsen von
olien und unten Ober die Hornhaut herüber, bis sie sich mit ihren
Rftndern bertthren, und erzeugen so vor dem Augapfd den durch
(lie I.id^^palte geöffneten Con junrti valsack. Bei manctien Saiiu'e-
tieren und ebenso beim Menschen kommt es wählend des embryoualen
I^ebens zu einem vorübergehenden Verschlufs desselben.
Die Lidränder vereinigen sich in ganzer Ausdehnung und verwachsen
mit ihrem EpithelUberzug. Beim Menschen beginnt die Verwacli'^nug
im dritten Monat und bildet sieh meist kurze Zeit vor der Geliurt
wieder zurück, welchen Vorgang man als die Lösung der Augen-
lider l)ez<'i( linet. — Während der Verwachsung entwickeln sich an
ihrem Rande l>eini Men>clien die MKniOMSchon Drüsen. Die Zellen
des Kete Malpighii fangen an zu wuchern und in die mittlere, liitide-
gewebige Platte der Augenlider solide Zapfen zu treiben, die sich
etwas spftter mit seitlichen Knospen bedecken. Eine Höhlung er-
halten die anfangs vollständig soliden Drtisen dadurch, dafs die
central gelegenen Zellen verfetten und sich auflösen. Zur irleichen
Zeit etwa erfolgt auch die Anlage der Augenwimpern, welche mit
der Entwicklung der gewöhnlichen Haare übereinstimmt und daher
bei diesen in einem späteren Kapitel besprochen werden wird.
Bei den meisten Wirbeltieren gesellt sich zu dem oberen und
dem unteren Augenlid noch ein diittes hinzu: die Nick haut oder
Membrana nictitans, welche sich an der inneren Seite des Auges als
eine senkrechte Falte der Bindehaut (Conjunctiva) anlegt. Beim
MpTt^' hen ist sie nur in verkümmertem Zustand als rlica semihrnaris
vorhanden. Eine Anzahl kleiner Drüsen, die sich in ihr entwickeln,
bedingt ein kleines, rötliches Knötchen (die Caruncula lacrimalis).
Ein weiteres Hilfsorgan des Auges, weiches dazu bestimmt ist,
<len Conjunctivalsack ieuclit und die vordere Fläche der Hornhaut
rein zu erhalten, ist die Tränendrüse. Sie entwickelt sii Ii beim
Menschen im dritten Monat durch Sprossenbildung des Epithels des
Gonjunctivalsackfl an der Aufsenseite des Auges an der Stelle, wo die
Bindehaut des oberen Augenlides in die Bindehaut des Augapfels
übergeht. Die Sprossen verzweigen sich vielfach sind zunächst, wie
itie MEiBüMschen Drüsen, solid und höhlen i>icü uuch und nach vom
HauptausfOhrgang nach den feineren Zweigen zu aus.
Um das im Conjunctivalsack sich ansammelnde Sekret der ver-
schiedenen Drüsen, vornehmlich aber die Trflnentlttssigkeit . zu ent-
fernen, hat sich ein besonderer Tränen ausführapparat ent-
wickelt, der von dem inneren Augenwinkel in die Nasenhöhle führt
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Die Organe des äufseren Keimblattes. 305
und von den Amphibien an in alltMi Wirheltierklassen vorgefunden wird.
Bei den Vögeln, den lSäU}j;etieren und dem Menschen (Fig. 3<i3) ist
die Stelle, an welcher sich der Tränenkanal anlegt, schon äulserlich
frühzeitig gekennzeichnet durch eine
Furche, welche vom inneren Augen-
winkel zur Nasenhöhle führt. Durch
sie werden zwei Wülste schärfer ab-
gegrenzt, welche als Oberkieferfort-
satz und als äufserer Nasenfortsatz
bei der Bildung des Gesichts eine
B(dle spielen, wo sie uns später noch
weiter beschäftigen werden. \m
Grund der Furche entsteht hierauf
<lurch Wucherung der Epidermis eine
K])ithelleiste , die sich ablöst und
später zu einem Kanal aushöhlt. Von
den beiden Tränenröhrchen soll das
obere auf das Aufaugsstück der
Epithelleiste zurückzuführen sein, wäh-
rend das untere aus dem oberen nach-
träglich hervorsprofst. (Bükn, Leoal.)
Ii. Die Eiitwirkliin^ des («elioror^ans«
Die drei Hauptabschnitte, in welche mau bei der anatomischen
Beschreibung das Gehörorgan zerlegt, werden zweckmäisigerweise
auch bei der Darstellung seiner Entwicklungsgeschichte zur Ein-
teilung benutzt. Wir besprechen daher die Entwicklung 1) d«'8
inneren Ohres, 2) des Mittelohres (Paukenhöhle und Ohrtrompete)
und 3) des äul'seren Ohres.
1. Die Entwicklung des inneren Ohres.
Das innere Ohr nimmt frühzeitig seinen Ursprung aus dem
äul'seren Keimblatt , also aus demselben Mutterboden , von welchem
auch die Anlage des Centrainervensystems und das Sinnesepithel
Fig. 304. Kopf eines menschlichen
Embryo (7,6 mm Naokenlänge). Aus
Hl». Menschliche Kmbryoneri.
Oberhalb der ersten Schlundä))alte liegt
das Ohrbläschen. In der Umgebung der
Schlundspalte sieht man sechs mit Ziffern
bezeichnete Höcker, aus denen sich dlis
äuTsere Ohr entwickelt.
von allen übrigen Sinnesorganen abstammen. So grofs beim ¥a'-
wachsenen seine Komplikation ist, welche ihm auch den Namen
Labyrinth eingetragen hat , so einfach verhält sich seine früheste
Anlage. Sie entsteht an der Uückentiäche des Embryo inder(iegend
des Nachhirns (Fig. 'lH)gh), oberhalb der ersten Schlundspalte und
des Ansatzes des zweiten Schlundbogens (Fig. 3«>4 oberhalb der
Ziffer 3). Hier verdickt sich das äulsere Keimblatt in einem kreis-
O. Ilertwig, Dio Klfinent«> <lvr KntwickliinKMiohr«. J. Aull. 20
Fig. 303. Modell dea Vordor-
koprs eines menschlichen Em-
bryo von 10,6mmljäng:o. \2J>>^..
Nach 1'ktkr.
•IR ,1 Acoiisoxsohe Hinne; anf,
itif äiifst'rer und innerer Nasenfort-
satz, oA-, Iii Ober- und Untrrkiel'er-
foitüatz, jnj l'ro«essus globularis.
300
Elftes Kapitel.
förmigen Bezirk und senkt sich alsbald zu einem Hörgrübchen
ein (Fig. 305). Es liifst sich dieser Vorgang bei Hühner-Embryonen
vom Ende des zweiten Brüttages au und liei 15 Tage alten Kaninchen-
af hn vm hg
Fig. 30.5. Querschnitt durch die Horgrübchen eines Hühner-Embryo
am B weiten Tage der Bebrütung.
hg Hörgrülichen, rm verlängertes Mark, hn Anlage des Hörnerven und Gang-
lion acustimm zwischen Ilorprübchen und verlängertem Mark, a dii; primitiven
Aorten, d Kopfdarnihohle, ec Kndothelhäutchen des Herzens (Endokard i. mc An-
lage der Muskelwand des Herzens, c Keimblaseni oelom, ge fiefäfse in der W and
des Dottersackcs, af Amnionfalte. / äufseres Keimblatt, 2 Hautfaserblatt, 3 Dann-
faserblatt, 4 Harmdrüsenblatt.
Embryonen auf das leichtt^ste verfolgen. Das Hörgrübchen liegt der
Wand des verlängerten Markes fast unmittelbar an und ist an seinem
Grund mit ihr durch einen kurzen, faserigen Strang, welcher auch
viele Zellen einschliefst , verbunden. Der Strang {hn) ist die schon
auf diesem frühen Stadiuni deut-
lich ausgeprägte Anlage des
Hörnerven mit dem (langlion
acusticum.
Nach kurzem Bestand wan-
delt sich das Epithelgrübchen zu
einem Hörbläschen um, indem
seine Einstülpungsränder ein-
ander entgegenwachsen und ver-
schmelzen (Fig. 27(> hh). Ein
solches (Fig. 30(3 hh) zeigt auch
der vierwöchige menschliche
Embrj'o. mit dessen Augenanlage
wir schon früher durch Fig. 2!>4
bekannt geworden sind.
In seiner ersten An-
lage gleicht das Gehör-
organ der Wirbeltiere im
höchsten Grade den Ein-
richtungen, welche beiden
meisten Wirl)ellosen als
Kip. IlOT). Prontalsehnitt durch die
Gegend des verlängerten Markes
und durch die Hörbläschen des in
Fig. 160 abgebildeten menschlichen
£mbryo, dessen Augenanlage in
Fig. 204 dargestellt ist.
u verlängertes Mark mit gut ausge-
prägten Neuromeren, hn Htiriierv, hb Hör-
Dlaschen, r; Vena jugulari^«.
Die Orgauc des äiirseren Keimblattes.
307
Gehörorgane gedeutet werden. Es sind dies unter der Haut
gelegene, mit Endolymphe gefüllte Bläschen, welche ihre Entwicklung
ebenfalls von der Ei)idermis nehmen. Sie sind im Innern von Epithel
ausgekleidet, welches aus zwei verschiedenen Arten von Zellen l)esteht :
erstens aus niedrigen, platten Elementen, die gewöhnlich flimmern
und dadurch die Flüssigkeit im Innern des Bläschens in Bewegung
setzen, und zweitens aus längeren, cylindrischen oder fadenförmigen
Hörzellen mit steifen Haaren, die in die Endolymphe hineinragen
und. meistens zu Gruppen vereint, eine Macula oder Crista acustica
herstellen. Zu allen Hörhläschen der Wirbeltiere tritt ferner ein
Nerv heran, welcher an den Sioneszellen mit feinen Fäserchen endet.
Endlich Hndet sich noch als eine charakteristische Bildung ein fester,
Kig. :107. Fig. HOS.
Fig. 807. HäutigeB Labyrinth der linken Seite eines Schweine-
JBmbryo. Narh einem Wachsinodell von H. Kkau»k.
rl Recpssus labyriiithi , de Ductus i-ochlearis (häutiger Schnockcngang), hb
Tas«he, aus der sich der horizontale Bogengang entwickelt, am* Erweiterung der
Tasrhe. die zur Ampulle des horizontalen Ho>;eiiganges wird, am{rh) rb' * gemein-
same Tasche, aus der sich die beiden vertikalen Bogengänge bilden, am (rh) Kr-
weiterung der gemeinsamen Ta.si he, aun der die Ampulle des vorderen vertikalen
Bogenganges entsteht. In der Tasche ist die Öffnung (ö) entstanden, durch die
man Jen Kecessus labyrintlii hindurch erblickt. • Strecke der Tasche, die zum
gemeinsamen pjnmündungsschenkel (Sinus superior) wird, rti' Teil der gemein-
samen Tasche, der ilen hinteren vertikalen Bogengang liefert.
Kig. 30S. Senkrechter Durchschnitt durch die Labyrinthblase eines
Schaf-Embryo von 1,3 cm Länge. .SOfach \ crgrnf>ert. Nach HKTicuiiK.
«/( Wand d»'s N'achhirns. rl Kecessus labyrintlii, Ib l.abyriiilhblaschen , de
Ganglion cochleare, welches einem Teil des l.abyrintliblaschens (De) anliegt, der
zum Schneckengang auswächst.
kristallinischer Körjjer vor. der Hörstein oder Otolith, der mitten in
der Endolymphe schwebt und durcii den Schlag der Fiimmerhaare
gewöhnlich in eine vibrierende Bewegung versetzt wird. Er besteht
aus Kristallen von phosphor- oder kohlensaurem Kalk.
Bei den Wirbeltieren wandelt sich das Hörbläseben , das in der
ersten Anlage, wie wir gesehen haben, mit dem Gehörorgan der
Wirbellosen übereinstimmt, durch Metamorphosen, bei denen Falten-
bildungen und Abs ch n ür un gen die Hauptrolle spielen, in ein
sehr kompliziertes Gebilde, das häutige Labyrinth, um. dessen Ent-
20*
308
Elftes Kapitel.
Stehung ich für die Säugetiere näher beschreihen werde. Bah! nach
seiner Abschnürung von der Epidernns erhält es eine nach oben ge-
richtete kleine Hervorragung, den Labyrinthanhang (Recessus
labyrinthi oder Ductus endolymphaticus [Fig. 8(>8W]); auch l)eginDt
es jetzt mehr in die Länge zu wachsen und noch etwas später sich
nach abwärts in einen kegelförmigen Fortsatz (de), die erste An-
lage des Schnecken ganges (Ductus cochlearis), zu verlängern.
Derselbe ist nach dem Gehirn zu (Fig. -iOi» nh) ein wenig einge-
krümmt und liegt mit seiner konkaven Seite dem schon oben er-
wähnten Hörnerven dicht an, der mittlerweile sich auch weiter ent-
wickelt hat und an dieser Stelle eine gangliöse Anschwellung (<7c) zeigt.
Zur besseren Übersicht der folgenden Darstellung wird es dienen,
wenn wir jetzt eine obere und eine untere Abteilung am
Fig. :{09. Querschnitt durch den Kopf eines 1.6 om langen Schaf-
Embryo in der Gogend der Labyrinthblase. Auf der rcchton Seit»- ist ein
mitten durch die iiUlivrinthblase geriibrt4.'r Schnitt gezeichnet, links ein etwa>
mehr nach vorn fallender. Nach Höttcher.
hti Hörnerv, vif vertikaler Bogengang, (/r (ianglioii cochlcare (spiraleX ffc Dm tos
cochlearis, /' einspringende p'alte, wodurch die LabyrintJiblase in Utriculus und
>^acculus zerlegt wird, i7 Recessuu labyrinthi, yih Nachhirn.
Labyrinth unterscheiden. Zwar sind die8ell)en noch nicht deutlich
voneinander abgegrenzt, werden aber auf späteren Stadien durch eine
nach innen vorspringende Falte (Fig. 309, 310, .311 / ) immer schärfer
gesondert.
Die obere Abteilung (pars superior) liefert den
Utriculus mit den halbkreisförmigen Kanälen. Von
diesen entstehen am frühesten die beiden senkrecht gestellten Kaniile.
während der horizontal liegende eine etwas spätere Bildung ist. Wie
an den verschiedenen Durchschnitten (Fig. 3o!» u. 310), noch besser
aber an dem durch Rekonstruktion gewonnenen Modell (Fig. 3o7) zu
erkennen ist. entwickeln sich die halbkreisförmigen Kanäle dadurch,
dals von fler Blasenwand mehrere Ausstülpungen hervorgetriehen
Die Organe des äufseren Keimblattes.
werden, welche die Fomi von dünnen Taschen oder Scheihen rh)
und einen halbkreisförmigen Umriis besitzen. An jeder derartigen
Ausstülpung weitet sich nun der Handteil in bedeutenderem Malse
aus. wahrend im übrigen Bezirke die beiden Epithelblätter sich fest
aufeinanderlegen und zu verkleben beginnen. Infolge dieses ein-
fachen Vt»rganges erhillt man einen lialbkreisförniigen Kanal, der au
zwei Stellen mit dem ursprünglichen Hohlraum des Bläschens kom-
muniziert und sich an einer der Mündungen frühzeitig zur Ampulle
ausweitet (Fig. 307 ont u. atn'\ Bald verschwindet der mittlere Teil,
in welchem die Verklebung stattgefunden hat, indem das Epithel-
hautchen durch Wucherung des Bindegewebes durchbrochen wird
(Fig. 307 «). Zwischen der
Entwicklung des horizon-
tabMi und der l)eiden verti-
kalen Bogengänge besteht
eine interessante, von
R. Krause entdeckte Ver-
schiedenheit. Während näm-
lich «1er horizontale Bogen-
gaug für sicli als eine kleine
Tasche angelegt wird (Fig.
3i»7 /<6). neh men die bei-
den vertikalen (iänge
aus einer einzigen
grufseren, taschen-
förmigen Anlage (Fig.
;iM7 am [rh] * vh') gemein-
sam ihren Ursprung.
An der grofscn Tasche legen
sich an zwei verschiedenen
Stelleu die Wandungen auf-
einander und verschmelzen.
An einer dieser Stellen hat
sich an dem Präparat, nach
welchem das Modell (Fig. 3« >7)
rekonstruiei;t worden ist,
schon eine Öffnung (ö) in der
Tasche durch Resorption der
verlöteten Epithelstrecke ge-
bildet, während an der zwei-
ten Stelle (vb') die Epithelmeinbran noch erhalten ist. Zwischen den
verklebten Teilen der Tasche bleibt eine mittlere Strecke, <iie mit
einem Stern im Modell bezeichnet ist, offen und wird zum gemein-
samen Ausmüudungsschenkel (Sinus superior) der beiden vertikalen
Bogengänge. Was von der oberen Abteilung des Hörbläschens übrig
bleibt, nachdem aus seiner Wandung die drei hall)kreisförmigen Kanäle
hervorgewuchert sind, nennen wir den Utriculus (Fig. 311) — 312 ü).
Währenddem gehen nicht minder bedeutungsvolle und eingreifende
Veränderungen auch an dem unteren Teile der Laby-
rinth!» läse vor sich und führen zur Entstehung des Sacculus
und der Schnecke. Die untere Abteilung (Fig. 311 S) grenzt sich
durch eine immer tiefer werdende Einschnürung (/') gegen den Utriculus
(U) ab und bleibt schlielslich mit ihm nur noch durch ein sehr
rl
rb
U
f
hb
Gc
2)c
Fig. 310. Querschnitt durch eine Kopf-
hälfte eines Schaftbotus von 2 cm Länge
in der Qegend des Labyrinths. .SOfarh
vergröfsert. Nach IJöitchkr.
rl Keccssns labyrinthi, rh, hb vertikalor,
horizontaler Uogengang, f/" Utriculus . f vin-
springende Kalte, durch welche die Labyrinth-
bla.se in Utriculu8 und Sacculus zerlegt wird,
De Ductus coclilearis, (rc (iunglion cochleare.
310
Elftes KapiteL
euges Röhrchen (Caualis utriculo-s;icciiIaris) in Verbindung (Fig. 312
Ji). Da die Einschnürung gerade die Stelle des Labyrinthbläscbeus
trifft, Ton welcher der LafeTnntliaDhaiig entspringt, so kommt später
die Einmündun;: des
r** V letzteren in den B^-
\ \\ • reich des Caoaliä Uli i-
eulo^eealsris. etwa
in seine Mitte, zu
liegen (Fij:. ;12 /♦').
Es entsteht aul die:^
Weise ein Bild, als ob
der Labyrinthanhang
an seinem Trsprung
sich in zwei feine
TtOhrehen spaltet. Ton
denen das eine in den
SaiTulus. das andere
in den U triculus führt.
Durch eine zweite,
tiefe Einschnürung
(Fi^:. ;i 1 M J) sondert
i-ich der Succulus ( S)
von dem noch in Ent-
wicklung begriffenen
Schneckengaup; (D cK
und auch hier erhalf
sich uuch ein Zusam-
menhang nur durch
ein sehr dünnes Ver-
bindungskanülchen
{er) , den Caualis
renniens (Hknsbi).
Der Schiieckengaug
seihst w;h list bedeu-
tend in die Länge und
beginnt sich dabei in
dem weichen Gallertgewebe in Spiraltouren aufzurollen, und zwar so,
dafs er beim Menschen 2Va Windungen beschreibt (Fig. 'M-2 ('). In-
dem die erste Windung die
gröfste ist und die nächsten
immer enger werden, gewinnt
ei' ÄlmlirbkiMt mit dem (ian?
eines Schiieckengehiiuses. Eine
l)la.>ti>('!ir \ ni>tellung vom heu-
tigen L ihyi Mitli , das schlief«-
lieh nus(Ieii rmwandlungen des
eiiila» iieii llorbiilschens hervor-
gegangen ist, gibt da^ iuFig.'lI-l
abgebildete, von stürti] 10 em
langen Schweine-Embryo ange»
fertitite Wachsmodell.
Mit den äui'seren Fornivcr-
ftnderungen des Blftsehens gehen
Fig. Uli. Nach iwei Darohsohnitten daroh
das Labyrinth «inet S,6 om laufen Sehaf-Bmbryo.
Nach BöTTCHKB.
rl Keccssus labyrinthi, rl* ainpullenartigf Er-
weiterung desselben, rO, Uh vertikaler, horizontaler
Bogengang, ü Utriculus, S Sacculat, / Falte« durch
weiche das Labyrinth in Saccolus und Utricnlas zer-
legt wird, <r Canalis rciiiiifiis, De DactttS COddeilriB,
kk Knorpelkapsel der Schnecke.
0 —
Kig. iU'J. Schema zur Erlau terunfi
dea ausgebildeten häutigen Labyrinths.
ü l triculus, S Saccuhis, Cr Canalis
renniens. R I{eoos8us labvrintbi, l.abyiiuth-
auhans, Schnecke, A Kuppelblind^ack,
V Vorhofsblindsack des Schneckenkaoals.
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Die Organe des ivAeven KeimbUtte«.
311
auch VerÄnderungen in der Beschaffenheit seiues Epithels einher. Es
sondert sich in die indifferenten, nur als Überzug dienenden Epithel-
Zellen und in die eigentlichen Hörzellen. Die ersteren platten sidi '
ab, wevdtMi kubisch (hUt schtti)j)ch('nartig und überziclicn den gröfsten
Teil der Obertiächo des Labyrinths. Die Hörzellen dagejien ver-
längern sich, werden cyliudriscii uud spiudelförniig und erhalten auf
der freien Oberflftebe Haare, die in die Endolymphe hineinragen.
Dadurch, dafs das Bläschen sich in die verschiedenen Abteilungen
sondert, wird auch das Hörepitliel in ebenso viele einzelne Flecke
zerlegt, zu denen sich dann der iioruerv begibt; es zerfällt in je
eine Macula acustiea im Saeculus und Utriculus, in je eine Crista
acustica in den Ampullen
und in eine besonders kom-
pliziert gestaltete Eudigung
im Schnecken gang. Hier
wachst es zu einem langen,
s]»iraligen Bande aus. das
unter dem Namen des
CORTischen Organes bekannt
ist. Ebenso wird der ur^
sprünglicli fiiifaclK' II(>rnerv
mit der Sonderung des Hür-
epithels in Maculae, Cristae
und Coimsches Organ in
einzelne Äste aufgelöst, in
den N. vestibuli. der
wieder in verschiedenen
Zweigen zn den Maculae
und Cristae tritt, und den
N. Cochleae. Auch das
zum Hörnerv gehörige, ur-
sprünglich ein&che Gang-
lion acusticum wird in zwei
Abschnitte getrennt. Der
dem N. vestibuli zugeteilte
Abschnitt Hegt bei Er-
wachsenen vom Endgebiet
weiter entfernt . als Intumescentia gangliiformis Scarpae im inneren
Gehörgang; der zum N. Cochleae geliörige Teil dagegen ist beim
Embryo der Anlage des Schnecken ganges eng verbunden (Fig. 309,
HIO (jte) md wüchst in demselbeu Mafse, wie sich dieselbe vergröftort,
zu einem dt\nnen Bande aus. welches unter dem Namen des GaQg-
lion Spirale bekannt ist (Fig. AU'y Gsp).
Um die Bildungsgeschichte des inneren Ohres zu vollenden,
bleibt uns jetzt noch zu verfolgen , in welcher Weise sich aus dem
Gallertgewebc. das die aus dem Hörbläschen entstandenen epithelialen
Teile ringsum t iiisr hlielst , das knöcherne Labyrinth und die peri-
lyuiphatischen Käume eutwickelu. Es hudet hier Ähnliches statt
wie bei der Entwicklung des Nervenrohrs und des Auges, bei denen
sich auch im Anschlufs an die epithelialen Teile die bindegewebige
l'nigebung in besonderer Weise umgestaltet. Die Vergleichung läfst
sich bis in Einzelheiten durchführen. Wie das Nerveurohr und der
epitheliale Augenbecher, so werden auch die vom primitiven HOr-
Fig. Modell ▼om Itabyrlnth eines
Schwelne-£mbr.vo von oa. 100 mm N.St. Ii.
Mediulansicbt nach R. Krausk.
88 Sinus superior, ru Itorpssus ntricnli, oe
tlufscre Ampulle, an n. np vordere und hintere
AmuuUc, de Ductus enüul} uiphaticus, vb u. hb
vorderer nnd liiiiterer fiogengeog, « Secoulus.
uiyiii^uO Ly Google
312
Elftes Kapitel.
blüsclien herrülirendeu Ahsclmitte zunächst von einer weichen . blul-
gefäirsfüliien<len Bindegewehsschicht umhüllt. Der Pia mater des
Gehirns entspricht die Ciefäfshaut des Auges und die weiche Ohr-
kapsel oder die l»indcgewol)ige Wand des häutigen Labyrinths. Um
alle drei Organe hat sich dann eine feste Hülle nach aufsen zuiu
Schutze entwickelt : ani Gehirn die Dura mater mit der Schädel-
kapsel , am Auge die Faserhaut (Sclera), am Gehör das knöcherne
Labyrinth mit seinem Periost. Dazu gesellt sich nocli eine dritte
beachtenswerte Übereinstimmung. In allen drei Fällen sind die
weichen und festen Umhüllungen durch mehr oder minder weite
Spalträume getrennt, welche zum Lymphsystem hinzuzurechnen sind.
Am Nervenrohr begegnen wir dem Subdural- und Subarachnoideal-
raum. am Auge dem Periehorioidealspalt. am Gehörorgan den ptri-
lymphatischen Räumen, die an der Sciinecke den besonderen Nameu
der Treppen (Scalae) (Fig. 31(1 ST u. SV) erhalten haben.
De C De CDc Kk
Kl: x Csj, Nr Nv Gs Xs S
Fig. 'Mi. Durchschnitt durch die Schnecke eines 7 cm langen Schaf-
Embryo. :{Ofach ver>?röfscrt. Nach Höttchkr.
Kk Knorpelkapsol der SchniTke, .V Sacculus mit dem hinzutretenden Nenen
(Nn), da das mit dem St hneckennerven (AV) in Verbindung stehende (Jan^lion,
aus welchem Nervenfasern (Ns) für den Sacculus entspringen, Oxp (ianglion spiralo.
l>r Ductus coclilearis, (' CoRxisches Organ desselben, ff Gallertgewehe in der l ni-
gebung des Ductus cochlearis, x dichtere Bindegewebsschichten.
Im einzelnen vollzieht sich die Bildung der Hüllen in folgender
Weise: Bald nach seiner Abschnürung vom Hornblatt breitet sich um
das Hörbläschen ringsum ein zellenreiches Mesenchym , die häutige
Ohrkai)sel. aus. Allmählich sondert sie sich in zwei Lagen (Fig. :>11
u. 314). In der L'mgebung der ei)ith('lialen Kanäle nimmt die weiche
Zwischensubstanz zwischen den Z<'llen zu. die teils sternförmig, teils
spindelig werden und im ersten Fall längere Ausläufer nach ver-
schiedenen Richtungen entsenden. Es entsteht hier die als Schlei ni-
eder Gallertgewebe (Fig. 314 u. 31»; 7) bekannte Modifikation
der Bindesnbstaiiz . in der auch einzelne Blutgefafse ihren Weg
nehmen. Nach aufsen davon bleiln'u die Zellen kleiner und dichter
zusammengedrängt und sind dunli dünne Scheidewände einer
festeren Zwischensubstanz voneinander getrennt. Indem diese zu-
Die OtpoM de« Anbeien KdmhlAttes.
313
uiiuiut , ^'cwiunt das Gewebe bald den Charakter des embryonalen
Kuorjielö {Kk).
Die weiteren Veränderungen sind für die Bogengänge, den
rtiiculus und Sacculus und (Ten Schneckenkanal (gesondert zu ver-
fdl'^u'n. Die epithelialen lialbkieisfönnipen KaiiiUe lioticn nicht p:oii!iu
in (ier Mitte der von Gallertgewebo ausgefüllten Huhlraume, sundein
80, daf^ sie mit ihrem konvexen Rande an den Knorpel fast unmittel-
bar anstofsen. an der konkaven Seite dafiepen von ihm durch eine
dickere Gallertschicht getrennt werden (Fiji. Dicsi- soiidiMt
sich in drei Lagen: in eine mittlere, in welcher die gallerti^ie
Zwischensubstanz erheblich zunimmt und dabei mehr und mehr Hüssig
wird, und in zwei dflnne Grenzlagen, die sieh in tibrilliires ßinde-
f/owelio minvaiidelii. Von diesen verbindet sicli die eine innig mit
denj Kpithelrohr , zu dessen Ernilhrung sie dient, imiein si( Ii in ihr
ein dichtes Blutgefäfsnetz ausbreitet, die andere liegt der Inuentlache
der knorfieligen Umhüllung an, zu deren
Perichondriiini sie wird. Das (iallort-
p wehe der mittleren Lage ist nur von
kurzem Bestaud. Bald zeigt es Merk-
male einer beginnenden ROekbildnng.
Die sternförmigen Zellen werden mit
Fettkornclien in der rniuebung ihrer
Kerne und iu ihren laugen Ausläufern
erfQllt und zerfallen spater. In der
gallertigen Grundsubstanz bilden sich
durch eine immer mehr zunehmende Er-
weichung kleine, mit Flüssigkeit erfüllte
RAunie; sie vergröftem sich und vw-
sclinielzen darauf untereinander, bis
schliefslicli /wischen der liindt'tiewebi^fen
Hülle und dem Ferichoudriuni ein grolser,
mit Perilymphe erfüllter Raum
entstanden ist. Hier und da gehen
hiudegewebige Strilnjre von einer Biude-
gewebsschicht zur anderen und dienen
als Brücke den Nerven und Blutgefarsen, welche sich zum häutigen
Bogengang begeben. Eine letzte Veränderung tritt endlich noch an
<ler knnriieligen Umhüllung ein, indem sie durdi endocliondrale Ver-
knöcherung in Knochensubstanz übergeführt wird. Somit sind nun
die häutigen iu die kuücherueu Bugeugäuge eingeschlossen, welche
das vergrOfberte Abbild der ersteren sind.
Entsprechende Veränderungen vollziehen sich in der Umgebung
von Utriculus und Sacculus und führen 1) zur Entstehung eines
perilyuiphatischen Hohlraumes, der mit den perilymphatischea Hohl-
rilumen der Bogengänge in Verbindung steht, und 2) zur Entstehung
einer knöchernen Umhüllung, welche den Vorraum oder das Vesti-
bül um begrenzt und den mittleren Abschnitt des .knöchernen Laby-
rinths darstellt.
In komplizierterer Weise verändert sich die UmhOlInng des
epithelialen Schneckengangs, welche zur knöchernen Schnecke mit
ihren Tre])pen wird. Sie ist zur Zeit, wo (b^r (lang (Fig. Ml De)
nur eine halbe Spiralwindung beschreibt, schon iu eine innere, weiche
und in eine äul'sere, festere Schicht, die zum Knorpel {kk) wird, ge-
\"\«. 315. Schnitt durch
den Bogenicang eines Hunde*
Embryo. Xarh H. Kkaisk.
bff Ho>ieni:ari{(, ;(rperil\ miiUii-
tischer Üaiiiii, (1er noch mit
GftUertgewebe ausgefällt isU
Digitizeo Ly s^oQgle
314 Elftes Kapitel.
V'ig. 310. Teil eines Durchsohnitts durch die Schnecke eines 9 cm
langen Katzen-Embryo. Nach Uuttciikk.
Kk Kiu>rp('lkai»t*l . in wrlrlier dor Schne<'k».'nf?anR sich in Spiraltonren auf-
uewuniien hat, De nurtus corhlearis, (' die beiden Kpithelwulste der tympanal<'n
Wand, von welclier der breitere die Meniiirana tectoriu absonilert, der kleinere,
von der 8chneckenaeh>e weiter abgelegene Wulst >it h in das CoBTi.sehe Organ
umwandelt. i.aniina vestibniaris, x auf>ere Wand de^ häutigen Schneckengang»
mit Ligamentum Spirale, iST Scala vcstibuli, Vorhofhtrei>pe, ^T, ST Sc&li tym-
pani, l'aukentreppe, fl Gallertgewebe, welches noch die letzte Windung der Scala
vestibuli («»■'i ausfüllt, t/' Uest des noch nicht verflüssigten (lallertgewebes, M
t'e>teres Bindegewebe in der rmgcbung des Schneckennerven (Nc), Gsp (ianglinn
Spirale, iV zunj CoRTischen Organ in der späteren Lamina s])iralis ossea heran-
tretender Nerv, y dichtere Bindegewebsschicht, die verknöchert und den knöchernen
Schneckengang begrenzen hilft, 1* Perichondrium.
Di« OrgAO« de» ftuberen Keimblattes. BIß
sondert. Die Knorpelkapsel {Vva. M4 Kl) ilie mit der knorpeligen
Masse der übrigen Teile de» Labyrinthe xusauiiueubiuigt und mit
ihnen einen Teil der Anlage des Felsenbeins ausmacht schlierst sp&ter
eine linsen fönn ige Höhle ein und besitzt eine weite ÖlTniin^ für den
Schneckenuerv (Fig. :n J Nc). Eine Ähnlichkeit mit einem Itiu rken-
gehäuse ist noch nicht zu erkennen. Sie tritt erst iilimahiicli ein
und wird durch zwei Momente hervorgerufen, durch Auswachsen des
epithelialen Ganges und ihin-h Sonderung des ihn umhttllenden Ge-
webes in tlüssige und in fester werdende Teilr.
Beim Auswachsen beschreibt der epitheliale Schneckengang in
seiner Kapsel die schon früher erwilhnten, in Fig. 316 auf dem
Querschnitt getroffenen Spinilwlndungen (De), wobei er immer der
Innentlililie der Kn]i -iM th'i) zicinlich dicht angesrhmirfit Moibt. In
der Mitte seiner \Viiiduu;j;en, mithin in der Achse der Kapsel, steigt
der Schneckennerv von der Eintrittsöffnung aus gerade in die
Höhe, gibt zahlreiche seitliche Äste ab zur konkaven Seite des
Schneckenganps (De), wo sie» zum (langlion (Gsj)) :)iisrhwelleu. weU li' ^;
jetzt plfichfalls zu einem Spiralen Bande mit uu> {gewachsen ist. Dem
Verlaul der Nerven haben sich aucli die ernährenden Blutgefal'se
angeschlossen. Wenn die Entwicklung so weit fortgeschritten ist,
bedarf es nur norh einrr histologischen Sondoninp: im woirhen
Mesencliyni. lies die Knorpolkapsel ausfüllt, um die nocli fehlen-
den Teile des ausgebildeten Schneckengehäuses, die Schncckeuachse
(Modiolus), die Lamina spiralis ossea, den knöchernen Schneckengang,
die Vorhofs- und die Paukentreppe, zum Vorschein zu bringen (Fig.i^lti).
Wie in der Umgebung der Bogenfjftnge. des Utriculus und des Sarcuhis,
sondert sich das Meseuchym in festere, faserig werdende Bindesubstauz
und in ein immer weicher werdendes Gallertgewebe (g). Faserige
Bindesubstanz entwickelt sich erstens in der Umgebung der in die
Knorpelkapsel eintretenden Nervon- (Xr) und BlutgefUfsstämme und
liefert die Grundlage der späteren, knöchernen Schoeckeoachse (if);
zweitens liefert sie eine Urahtklluug der von der Achse zum epithelialen
Schiicckengang hinziehenden Nervenfasern (N), Ganglienzellen (/;5/>)
un<l Hlutgefüfse und stellt eine Bindegewebsplatte dar, die später
zur Lamina spiralis ossea verknöchert. Drittens überzieht sie in
dünner Schicht den epithelialen Schneckeugang . an welchem sie zur
Ausbreitung der Blutgefäfte dient, und wird mit ihm als häutiger
SrhnerkenfX.mfr 7U5;ammrngpfa(Vt. Viertons kleidet sie die Innent^fiche
der Knorpelkapsel als Perichondrium {P) aus. Fünftens endlich bildet
sich eine Bindegewebsplatte (!') zwischen der Spiralen Knorpel leiste,
die, wie oben besehrieben, von der Kapsel nach innen vorspringt,
und der bindeutMvebigen Schneckenachse (3/). Sie spannt sich zwischen
den einzelneu WiTuInngen des häutigen Schneckongangs aus, so dafs
der letztere nunmehr in einen weiteren Kanal, dessen Wandung teils
knorpelig, teils häutig ist, zu liegen kommt. Der Kanal ist die Grund-
läge des knöchernen Schneckengangs.
Der nicht in fibrilläres Bindegewebe umgewandelte Rest des
Mesenchyms wird Gallertgewebe ig u. g'). £$ bildet zwischen den
eben amgezfthlten Teilen zwei Spirale Streifen, von denen der eine
oberhalb des häutigen Schueckengangs und der häutigen Lamina
i^pirnlis, der aiidero unterhalb vnn ihnen gelegen ist. Die Streifen
neiinien daher die Stelle der Vorhofstreppe (SV) und der Paukeu-
treppe {ST) ein. Die Treppen entstehen, noch ehe der Verknöcherungs-
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316
£lft«s Kapitel.
prozefs beginnt, genau in dersellien Weise, wie sie für die peri-
lyuiphatischen Räume in der Umgehung der Bogengänge und des
Vestibulum auf S. beschriel>eu wurde. Die Fig. «Hi zeigt um
ein Stiidiuni. in welchem an der Schneckeiiiiasis die perilymphatiscbeii
Räume <SV u. ST) angelegt und nur luu'h ^'eringe Reste Gallert-
gewel)C (//') vorhanden sind, während au der Schneckenspitze der
Verflttssigungsprozers des ( jallertgewebes (^f) noch nicht erfolgt ist —
Seiner Vollendung wird der verwickelte Aufbau der Schnecke schliefs-
lii'h mit Killtrift des Verknöcherungsjjrozess^e'^ enr^e^^cTigcfflbi t. Dir-^er
vollzielit sich in eiuer zweifachen Weise. iMunjai wird die ivuurpel-
kapsel auf endoehondralem Wege, wie das ganze knorpelige Felsenbein,
von dem sie einen kleinen Teil ausmacht, in eine spongiöse Knochen-
substanz umgewandelt. Zweitens verknöchern auf direktPtü W .
die oben angeführten, faserigen Bindegewebslagen, die Sclu uiewande
der Schneckenkan&le, die bindegewebige Achse oder der Modiolus
und die Lamina spiralis Ci leichzeitig werden kompakte Knoehen-
lampllen ^ '»n inii^^n her auf tlas sjmngiöse, aus der Knorpelkapsel ent-
standene Oevvcbe vom ursprttuglichen Perichondrium, das zum Periost
wird, abgeschieden. Infolgedessen lAfst sich auch die knöcherne
Schneckenkapsel in jimueien Lebensjahren leicht aus dem lockeren
Knochengewebe endocbondralen Ursprungs herausschAlen.
2. Die Entwiokliing des Mittelohrs.
Die l'aukenliöhle und Eustachische Röhre, Trommelfell und (le
hörknöcht Ichen . welche in der Reihe der Wirbeltiere nur bei Am-
phibien, Ueptilieu, Vögeln und Säugetieren vorgefunden werden,
nehmen bei ihnen in der Hegion der schon frlmer besprochenen
Schlundspalten und Schlundbogen ihren Ursprung. Wiihrend die
letzteren Gebilde bei den wasserbewohiieuden Wirbeltieren . den
Fischen, sich ansehnlicii entfalten, der kiemeoatmung dienen und
dauernd bestehen bleiben, verkümmern sie frtthseitig bei den höheren
Wirbeltieren und dem Menschen , wobei Teile von ihnen in anderer
Form eine Verwendung im Orpranisinus finden. So tritt namentlich
die erste Schlundspalte mit ihrer Umgebung in den Dienst des Gehör-
organs. Eine Beziehung zwischen beiden ist ja schon dadurch ange-
lialmt, dafs das (iehörbläschen sich, wie schon früher bemerkt wurde,
oberhalb der ersten Sclilumispalte und des Ansatzes des zNvt'itfMi
Schluudbogens von der Epidermis abschnürt und dann auch wahrend
seiner Umwandlung zum häutigen Labyrinth in ihrer nftctasten Nach-
barschaft liegen bleibt. Bald nach ihrer Anlage schliefst sich die
ry<ti' ^i'liiund.spalte durch Verwachsung ihrer l^iiiider. (Vergl. S. ISdj
i tei \ < r>cliluls wird noch dadurch ein festerer und vollkommenerer,
dais auch eine Bindegewebsschicht zwischen innere und äufsere Epithel-
platte hineinwächst. Zu beiden Seiten derselben erhalten sich Reste
der ersten Srlilundspaltr als mehr oder minder tiefe Buchten, eine
innere, nach der Raclienhöhie zu gele^'ene und eine äufsere, die von
Wülsten des ersten und zweiten Schlundbogeus umfafst wird.
Die innere Bucht, die als Ganalis oder Sulcus tubo>tympanicus
(pharvngo-tympanicus) bezeichnet wird, ist wie das Spritzloeh zwisclien
N. trigeminus und N. acustico-facialis gelagert. Sie wird zum Mittel-
ahr; sie vergröfscrt sich durch eine nach oben, auf&en und hinten
gerichtete Aussackung. Diese schiebt sich zwischen Labyrinth und
uiLjiiizuü Dy Google
Die Organe des au^^eren Keimblattes.
317
Vorsclilursstelle der ersten Sehlundspalte hmein und stellt einen seit-
Ii. h plattgedrückten Hohlraum dar, welcher jetzt als Paukenhöhle
von dem röhrenförmigen Rest des 8ulcus tyrapaniru«! oder der
Eustachischen Ohitrompete zu unterscheiden ist. Die raukeuhöhle
ist, namentlich bei ftlteren Embryonen von Mensch und Säugetieren,
eine sehr enge : laterale und mediale Wand liegen daher fast unmittel-
bar aneinaiitier. Ks rührt dies hauptsächlich daher, dafs unter der
Epithelauskleiduug des Miitelohrs sich ein reichlich entwickeltes
Gallertgewebe vorfindet In ihm sind zn dieser Zeit auch noch Ge-
bilde eingeschlossen, welche in dem Schlundbogen ihren Frsprung
genommen liaben . die Gehörkniichelchen und die Chorda tympani,
mit deren Entwicklungsgeschichte wir uns später beim Skelett noch
beschäftigen werden.
Auch das Trommelfell ist zuerst dem spAteren Zustand sehr
unflhnlich. Seine Bildungsgesrliichf e ist keine so einfache, wie man
früher glaubte. Denn es leitet sich nicht nur aus der schmalen Ver-
schlufsstelle der ersten Schlundspalte her, vielmehr lieteiligen sich
auch noch angrenzende Teile des ersten und des zweiten häutigen
Schluudbogens. Das embryonale Trommelfell ist daher anfangs eine
dicke, bindegewebige Platte und schliefst an seinen Rändern die
Gehörknöchelchen, den Tensor tympani und die Chorda tympani iu
sich ein. Spät erst erfolgt die Verdünnun^i des Trommelfells, gleich-
zeitig mit einiM /nuehniendeu Erweitennii: iWv Paukenholile. Beides
wird herbeigeführt (lurcli Schrumpfung des (iailertgewebes und durch
eine damit Hand iu Haud gehende Wucheiuug der die Paukenhöhle
auskleidenden Schleimhant. Diese schiebt sich an den Stellen, wo
das Gallertgewebe schwindet, zwischen die Gehörknöchelchen und die
Chorda hinein, welche so scheinbar frei in die Paukenhöhle zu liegen
kommen. In Wirklichkeit aber liegen sie aul'serhalb derselben. Denn
sie werden noch allseitig von der gewucherten Schleimhaut ttberzogeu
und durch Schleimhautfalten (Hammer-, AmboCsfalten et» .) mit der
Wand der Paukenhöhle in Verbindung gesetzt in gleiche) Weise, wie
die iu die Leibeshöhle hineingewachsenen Unterleibsorgane vom Bauch-
fell ttberzogen und durch Baochfellfalten an den Wandungen fest-
t:e)nilten werden. Mit der Verdünnung des Trommelfells geht eine
Verdickung seiner bindegewebigen Substanz einher, wodurch es zn
seiner spätereu Aufgabe als schwingende Membran befähigt wird.
3. Die Entwicklung des äufseren Ohrs.
Das j^iifsere Ohr entsteht, wie sclion bemerkt, aus einer Bucht
an der Aulseuseite der Verschluisstelle der ersten Scliluudspalte.
Wie die seitliche Ansicht eines sehr jungen menschlichen Embryo
(Fig. 304) lehrt, wird die (M-tr Schlundspalte von wulstigen Rändern
umgeben . die dem ersten und dem zweiten Schluudbogen angehören
und sich frühzeitig in sechs mit Ziffern bezeichnete Höcker gliedern.
Von ihnen leitet sich die Ohrmuschel ab, welche demnach ein ziem-
lich umfangreiches Gebiet des embryonalen Kopfes (die Pars auricu-
laris) für sich in Anspruch nimmt. Die Tasche zwischen den Wttlsten,
au deren Grund man auf die Trommelfellanlage stöl'st, wird zum
ättfiseren Gehörgang. Sie wird dadurch immer tiefer, daßi sich die
umgehende Geaichtawand in hohem Mai'se ventiekt; s( hliessli( h ist
sie zu einem längeren Kanal mit teils knöchernen, teils knorpeligen
£lftes Kapitel.
Wandungen ausgewachsen. Die sechs oben erwfthnten Höcker, welche
die Öffnung des ftursercn (ieliörgangs mnsaumen, bilden zusammen
einen plumpen liinfi;. I ber iiire Umwandlung zum äufseren Ohr giht
die folgende Abbildung (Fig. 317) genügenden Aufschluls. Sie zeigt,
dars sich ans den mit Nr. 1 und 5 bezeichneten Höckern der Tragus
und Antitragus. aus 2 und S der Helix und aus 4 der Anthelix ent-
wickeln. Das Ohrläppchen bleibt lange Zeit klein und wird erst im
fünften Monat deutlicher. Es bildet sich aus dem mit der Zahl 0 ver-
gebenen Httgel. Am Schlaft des sweiten Monats
sind alle wesentlichen Teile des Ohrs leicht er-
kennbar; vom dritten Monat au wächst der hin-
tere und der obere Teil der Ohrmuschel mehr
aus der Kopftläche heraus und gewinnt eine
gröfsere Festigkeit mit der Differenzierung des
Ohrknorpels, die schon am Schlufs des zweiten
Monate begonnen hat.
V\\i. 817. Ohranlag* u ebxsm mmdilichm
Xmbryo. Nach His.
Der mit 1. bezciclinete Hdeker liefert den Trai.'us,
5. den .Antitragus. Die Höcker Jf. tl. S. liefern den Helix,
Hücker 4. den Anthelix. Aus dem Streifen 6. wird da&
Ohrlippcheii} K Unterkiefar.
C. Die Entwieklang des OeraehsorgaiiB.
Das Gerachsorgan ist ebenfalls wie Auge und Ohr eine Bildung
des äufseren Keimblattes, aus welchem es sich ein wenig später als
die beiden höheren Sinnesoru'aiie entwickelt. — Es macht sich zuerst
zu beiden Seiten des schon frülier beschriebeneu , breiten Stirnfori-
satses (Fig. 304) bemerkbar als eine VenUckang des fluftoren Keim-
blattes, welches His bei menschlichen Embryonen als Nasenfeld
bezeichnet hat. Die beiden Anlagen werden bald deutlicher, indem
der Boden eines jeden Nasenfeldes muldenartig einsinkt und seine
Bftnder sich faltenartig nach au(!wn erheben (Fig. 180). Zum ver-
dickten Epithel einer jeden Anlage tritt der Riechlapjien heran, der
<lurch Ausstülpung aus dem Hemisphärenbläschen mittlerweile ent-
standen ist, und endet daselbst mit seinen Nerventibrillen. Die weitere
Entwicklung des Gerachsorgans, die wir allein bei den Amnioten
weiter verfolgen wollen, wird vor allen Dingen dadurch charakterisiert,
diifs die (Irtibchen zur Minidliohlc in liezieliung treten. Es ges«-hieht
dies durch Umwaudluugeu, die zwei Moditikatioueu erkeuneu las.sen.
von denen die eine bei den Sauropsiden (Ueptilien und Vögeln), die
andere bei den Säugetieren und dem Menschen beobachtet wird.
Hei den Sauropsiden. fOr welche <las Hühnchen als Heisj)iel ge-
wählt ist. verlängert sich jede.s ( rrübchcn nach abwärts in eine l^innc.
die bald den obereu Mundrand erreicht und, indem sie auch diesen
durchschneidet, an der Decke der Mundhöhle zur AusmQndung ge-
langt (Fig. :M8 u. 810). Nasen grübe und Nasen furche werden
hierauf bei filteren Embryonen tiefer, indem ihre Händer nach
aufsen wuistartig vorspringen und die sogenannten inneren und
Aufseren Nasenfortsfttze darstellen. Die beiden inneren Nasen-
fortsätze bilden zusammen eine breite, später schmäler werdende
Scheidewand zwischen beiden Geruchsgruben und begrenzen die
Digitlzed by Google
Die C^rgane des äurseren Keimblattes.
310
Mitte der Mundhöhle von oben. Die äufseren Nasen fortsätze (von
His auch die seitlichen Stirnfortsätze genannt) treten jederseits als
W'ulst zwischen Auge und Geruchsorgan hervor und liefern das
Bildungsorgan für die seitliche Nasenwand und die Nasenflügel. Mit
ihrem unteren Rand treffen sie auf die vorderen Enden der quer-
gestellten Oberkieferfortsätze, von denen sie äufserlich durch die
schon früher (S. 305) l)e8prochene , vom Auge in schräger Richtung
herkommende Tränenrinne abgegrenzt werden. — Das nächste Stadium,
etwa nach vier- bis sechstägiger Bebrütung, zeigt uns das Geruchs-
organ in zwei Kanäle umgewandelt, welche durch Verwachsung der
Ränder der beiden Rinnen, besonders des stärker nach aufsen hervor-
tretenden inneren Nasenfortsatzes mit dem medial sich vorschiel)enden
Oberkieferfortsatz entstanden sind. Die beiden Kanäle besitzen
zwei Öffnungen, das äul'sere und das innere Nasenloch. Die
beiden äufseren Nasenlöcher liegen nur wenig oberhalb des Mund-
Fig. 318. Kopf eines Hühner -Embryo von 130 Stunden. Nach
Keiukl. 10 : 1.
Fig. 319. Schnitt durch die Riechgrube eines Hühner - Embryo von
6,6 mm Kopflänge. Nach Cohn.
y Grenze zwiM-hen .Sinnen- und uurüeruni Epithel, J JAKOBsuKSches Organ.
nach vorn gelagert , anfangs rundlich , verlängern sie sich später
und stellen einen von vorn nach hinten verlauf«Mi(len Spalt dar.
In etwas modifizierter Weise geht die Entwicklung des Geruchs-
organs bei den Säugetieren und beim Menschen (Fig. 303) vor
sich. Die Abweichung besteht hier, kurz gesagt, darin, dafs sich
zwischen den auf dem Stirnfortsatz gelegenen Riechgrübchen und der
Mundörtuung keine otlene Nasenrinne auslnldet in der Weise, wie es
beim Huhn beobachtet wurde. An ihrer Statt entsteht eine in das Mes-
enchym einschneidende Epithelleiste, welche den inneren von dem äufseren
Nasenfortsatz und dem Oberkieferforts;itz trennt. Späteriiin höhlt
sich die Epithellamelle in ihrer Tiefe, vom Riechsäckcheu beginnend,
aus, so dafs letzteres zu einem tiefen Blindsack wird, welcher mit
seinem Grund bis nahe an das Epithel des Mundhöhlendaches reicht
und von ihm längere Zeit durch eine erst dickere, zuletzt sich sehr ver-
J
randes, die inneren an der
Decke der primitiven Mund-
höhle, daher sie auch primitive
Gaumenspalten oder Choanen
genannt werden; sie sind weit
9
Fig. :n9.
Fig. 318.
Elftes Kapitel.
«lüiinende, epitheluik» Verschlufsplatto (HorHSTtnTF.RS Membrana Imcco-
iiasalis) (Kig.:VJ<J getrennt bleibt. Nach dem Mundrand zu bleibt die
an Stelle der Nasenrinne getretene Ei)itbelleiste immer geschlossen, in-
folgedessen innerer Nasen- und 01)erkieferfortsatz (Fig. jederzeit
in unmittelbarer Berührung miteinander gefunden werden, während in
der Tiefe hinter ihnen der Blindsack des Gcruchsorgans bis zur Decke
der Mundhöhle herabreicht. Zwischen beiden Fortsätzen kommt es
schlielslich zu einer festen Verwachsung dadurch, dals das angrenzende
Mesenchym die Kpithelleiste durchbricht und auflöst. Durch Kiu-
reifsen der Membrana bucco-nasalis wird der Nasenblindsack zum
Kanal umgewandelt. Wir erhalten dann einen Befund, wie ihn «las
von Pktkk angefertigte Modell (Fig. :i21) vom Vorderkopf eines
njenschlichen Kmbryo darbietet. Dicht über dem oberen Mundrand,
an welchem noch jede Andeutung von Lippenbildung fehlt , liegen
die ilufseren Nasenlöcher (ar) , weit vom an der Decke der Mund-
Fig. .{20. Fj>r. :^21.
Fig. 3'JO. Schnitt durch das ovale Ende des NasenblindsackeB eines
Bwei Monate alten menBchlichen Embryo. Nach l'tcTüu.
flu Au^e, ft (Jehini, n Naspiihohlt', nihn Mcmbranii bucco-na»alih, okf. ttkf
Ober- und l iitorkifterfortsat/..
Kig. H21. Modell des Vorderkopfs eines menschlichen Embryo von
15 mm Länge. Nai-h rKTKB.
ne .\ufseres Nasenloch, ch primitive Choane, o Auge, anf, oA/ üu&erer Nasen-
und Oberkieferfortsatz. V}> I'rocessus palatinus.
höhle die primitiven Choanen (cA), durch einen breiten Zwischenraum
getrennt. Die Gegend zwischen^^und vor ihnen wird als primitiver
(iaumen bezeichnet.
Indem sich das Geruchsorgau bei allen durch Lungen atmenden
Wirbeltieren zu einem in die Mundhöhle führenden Kanal umbildet,
hat es noch eine zweite Funktion übernommen ; denn es dient
jetzt auch noch dazu, den Luftstrom in die Mund- und Rachenhöhle
und in die Lungen aus- und einzuleiten. Es ist zu einer Art
respiratorischer Vorkammer für den Atmungsap]iarat
geworden. Die Uliernahme dieser Nebenleistung drückt den S]»j1teren
Kntwicklungsstadien des Geruchsorgans ein bestimmtes Gepräge auf
und ist die Ursache, dafs sich fortan die Oberfläche der (ieruchs-
höhlen in einem bedeutenden Mafse zu vergröfsern beginnt. Die
()i)erflftchenvergrörserung betrifft nun aber nicht das Sinnes-
epithel, zu welchem der Riechnerv ausstrahlt, sondern die gewöhnliche,
Die Organe des äulseren Keimblattes.
921
mit Flimmerzellen verselieue Schleimhaut Sie hängt daher auch
mit einer Verbessern im des Geruchssinnes weniger zusammen als mit
der JJel)euleistung beim Atmungsprozefs. Durch Vergröfseniiif,' der
weichen, mit Blutgefäfsen reichlich versehenen SchleimhauiHilchen
soll die au ihnen vorbeistreicheDde Luft erwftnnt und Ton Stauh-
teilen, die an den feuchten Flilchen hängen bleiben, gereinigt werden.
Man hat daher von jetzt ab am Geruchsorgan eine Regio olfac-
toria und eine Regio respiratoria zu unterscheiden. Erstere,
welche sich von dem Sinnesepithel des ursprünglichen Gerucha-
grübchens ableitet, bleibt verhiUtnismäfsig klein und ist beim Menschen
auf die Gegend der oberen Muschel und auf einen Teil der Nasen-
scheidewand beschränkt. Die Regio respiratoria dagegen bedingt die
gewaltigen Dimensionen, welche das Geruchsorgan bei den höheren
Wirbeltieren erlangt.
Die Vergrofserung der Olierfliiche der Nasenhöhle
wird durch zwei verschiedene Vorgänge herbeigeführt: 1) durch die
Bildung des harten und des
weichen Gaumens, 2) durch
die Entwicklung der Mu-
schelu, 3) durch das Auf-
treten der Nebenhohlen der
Nase.
Der erste Prozels beginnt
beim Menschen gegen das
Ende des zweiten Monats.
Es bildet sich dann an der
InnenHilche der Oberkiefer-
fortsätze (Fig. eine
Leiste, welche in die weite,
primitive Mundhöhle vor-
springt und in bori/ontalrr
Kiclitung zu einer Platte
auswachst. Linke und rechte
OaameBplatte fassen anfangs
eine weite Spalte zwischen sich, durch welche man die ursj)rüngliche
Decke dvr Mundhöhle und an dieser die mehr und mehr schlitzfitrmig
werdeudeu, inneren Naseuötiuungeu erblickt, beide getrennt durch eine
Substanjd>rtke1ce, die Nasenscheidewand, welche aus dem mittleren
Stirnfortsatz hervorg^^ai^^ ist. Im dritten Monat verengt sich die
embryonale Gaumenspalte mehr und mehr. Die liorizontalen
Gaumeufortsätze der Oberkiefer vergrui'sem sich und tretlen schlieis-
lich mit ihren freien 1t Andern in der Medianebene auf den unteren
Rand der noch imnit i breiten Nasenscheldewand, welche noch weiter
nach abwiirts in dir MundliöhU' hineingewachsen ist. r>ann beginnen
die genannten Teile von vorn nach hinten untereinander zu ver-
schmelzen. Stadien dieses Vorgangs werden durch die Fig. 323 bis
325 veranschaulicht Fig. 323 zeigt uns das Stadium , auf welchem
vom 01)erkieferfortsatz die Gaumenplatten {Pp) schon unter den
unteren Kand der Nasenscheidewand vorgedrungen sind. Mund- und
Nasenhöhlen hängen nur noch durch eine sehr enge Gaumenspalte
zusammen. In Fig. 324 hat die Verschmelzung begonnen. Die sich
berührenden KpithelHächen sind in einer Naht ((jn) verwachsen, welche
auf dem Querschnitt die Form eines Y oder T hat. Ganz beendet
Vifi. 322 Mundhöhlendecko eines
menaohliohen Embryo mit Anlage der
GhtuBMafbitaitm. lOfach Tergröbert. Nach
Hii.
U. Hertwig, I>ie Klvmonte iJvi Kntwickluii|j«lohr«;. J. Aull.
21
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322
Elftes Kapitel.
ist die Verwachsung erst in der Fig. 32'), in welcher die epitheliale
NahtHäche spurlos verschwunden und durch das angrenzende Mesenchyn»
gewissermafseu resorbiert worden ist.
Auf diese Weise ist die primitive Mundhöhle in zwei übereinander
gelegene Etagen getrennt worden. Die obere Abteilung gesellt sich
zum (Jeruchsorgan hinzu, zu dessen Vergröfserung sie beitrügt; sie
wird von dem Raum, der aus dem ursprünglichen Geruehsgrübcheu
entstanden ist, von dem Geruchslabyrinth, als N a s e nra ch en ga nj:
unterschieden. Dieser mündet nach hinten durch die Choanen in die
Rachenhöhle. Die untere Abteilung wird zur sekundären Mundhöhle.
Die Scheidewand, die sich von den Oberkieferfortsätzen aus gebildet
hat, ist der Gaumen, der später, wenn sich die Kopfknochen ent-
wickeln, sich in den harten
Fig. 32M. Schnitt darch das Qeruchsorgan eines menschlichen Em-
bryo von 28 mm Länge. Nach 1'ktkh.
./(> .lAcoBsosschi's Organ, Jk .1 Aconsu.ssclH'r Knor|tel, nini Meatus narium inf.,
Mt Maxilla turbinuk'. Processus palatiniis.
Kig. :V24. Querschnitt durch den Kopf eines Schweine-Embryo, an
dem die epitheliale Qaumennaht gut ausgeprägt ist. Nach lltKTwiu.
gn (iaiiiiiennaht, Zahnleiste.
von vorn nach hinten durchsetzt und Mund- und Nasenhöhle ver-
bindet (Kig. 32:i), erhält sich l»ei den meisten Säugetieren ein kleiner
Teil offen und stellt den Nasengauniengang oder den Stknson-
schen Gang dar. Durch ihn kann man mit einer Sonde aus der
Nasenhöhle in die Mundiiidile gelangen. Beim Menschen schliefst
sich der STKN.^oxsche Gang noch während des embryonalen Lebens,
doch erhält sich im Gaumenfortsatz des knöchernen Oberkiefers an
der entsprechenden Stelle eine von Bindegewel>e, (iefäfsen und Nerven
ausgefüllte Lücke, der C a n a 1 i s i n c i s i v u s.
Wo STEN.soNsche Gänge vorhanden sind, finden sich in ihrer Nähe
die J.ACOBSON sehen Organe. sind Bildungen, welche bei den
?',mbryonen aller Amnioten frühzeitig angelegt werden, und zwar als
kleine Ausstülpungen an der medianen Wand des Riechsäckchens
Die Organe des äufsoren Keimblattes.
323
«Fig. Beim Menschen (Fig. Jo) wandeln sie sich in einen
feinen Schlauch um, der etwas oberhalb des Canalis incisivus „dicht
an der knor])eligen Nasenscheidewand in gerader Richtung nach hinten
und ein wenig nach aufwärts zieht, um blind geschlossen zu enden"
(Scbwalbe). Bei Säugetieren ist das Organ viel besser entwickelt
(Fig. ^i25 J)\ es wird von einer besonderen Knorpelkapsel (Jacobson-
scher Knorpel j/r) eingehüllt und empfängt einen besonderen Ast des
Riechnerven, der in einem Sinnesepithel endet, welches mit dem der
Regio olfactoria übereinstimmt. Häutig mündet es (z.B. bei Wieder-
käuern) in den Anfang des STENsoNschen Kanals ein, der sich hier
als Verbindung von Nasen- und Mundhohle offen erhält. Auch bei
menschlichen Kmhrvonen finden sich .lACOBSONsche Knorpel entwickelt,
liegen aber hier in einiger Entfernung von dem gleichnamigen
ru(limeuti\ren Organ (Röse). Reste von ihnen kommen sogar noch
im knorpeligen Nasengerüst des Erwachsenen vor (Spukgat),
Als zweites Mittel, um die InnenHäche des Oeruchsorgans zu
vergröfsiTn, führte ich die Bildung von Falten auf. Die Falten ent-
wickeln sich bei den
Säugetieren (Fig. 'V2^y m)
und beim Menschen an
der Seitenwand der
Nasenhöhlen . verlaufen
parallel zueinander von
vorn nach hinten, wachsen
mit ihrem freien Rande
nach abwärts und werden
der Form wegen, welche
sie annehmen, als die
drei Nasenmu schein
sowie die Hohlräume
zwischen ihneYi als
oberer, mittlerer
und unterer Nasen-
gang bezeichnet. Von
der knori)eligen Schädel-
kapsel erhalten sie beim
Menschen schon im zwei-
ten Monat eine Stütze,
welche später verknö-
chert. Bei manchen Säugetieren gewinnen die Muscheln eine kompli-
zierte Gestalt, indem sich auf der ersten Falte noch zahlreiche
sekundäre und tertiäre, kleinere Falten anlegen, welche sich in
eigentümlicher Weise zusammenkrümmen und einrollen. Wegen dieser
komplizierteren, durch die Muschelbildung hervorgerufenen (lestaltung
hat das Riechsäckchen denn auch den Namen des Geruchslaby-
rinths erhalten.
Drittens endlich vergröfsert sich die Nasenschleimhaut dadurch,
dafs sie Aussackungen bildet, welche teils in die knorpelige Ethmoidal-
region der Schädelkapsel, teils in eine Anzahl von Belegknochen hin-
einwachsen. Auf diese Weise entstehen die zahlreichen , kleinen
S i e b b e i n z e 1 1 e n im knorpelig vorgebildeten Siebbein. Etwas später
(beim Menschen im sechsten Monat) entwickelt sich eine Ausstülpung
im Oberkiefer zur H igh mors höh le. Nach der Geburt endlich
21*
Fig. 'i2ö. Queraclinitt durch den Kopf
eines Schweine -Embryo von 5 cm Stelfs-
Soheltellänge.
k knorpelige Nasenscheidewand , m Nasen-
muschel, J jAconso.Nsches Organ mit jk Jacobso.n-
schem Knorpel, W Zaiinleiste, bl Belegknochen.
$24
Elftei Kapitel.
(IiiDgcu Aussackungen noch in den Keilbeinkön)er und in das Sürn*
bein ein und erzeugen die Sinus sphenoidales und Sinus
frontales, welche aber erst ihre volle Gröfse zur Zeit der Ge-
whlechtsreife erlangen. Bei mtncfaen Säugetieren findet die Ver-
grörserung der Nasenhöhle sogar uoch weiter nndb rOckw&rts bis in
den Körper iles Iliuterliauptbeins statt fSinus occ i ]) i t a les).
Dadurch, dals die Nebenhöhlen der Na^e Kuochensubstanz verdrängen,
tragen sie natfirlieh auch zur Verringerung des Gewiclits des Kopf-
skeletts bei.
Bei Besprechung drr Geruchsorpane wflro jrtzt auch noch der
Kntstehung der auiseren Nase mit weuigeu Worten zu
deuken. I)iese]l)e entwickelt sich aus dem Stirnfnrtsatz und den al»
Nasenfortsätzen unterschiedenen ihn (Fig. 180, 3<>3, 321) dadurch«
dafs diese sich aus diMn \iv, nu ihn r t ingebung immer mehr er-
heben. Anfangs breit und plump, wird die Nase später dttnner und
I&nger und gewinnt charakteristische Formen. Die Nasenlöcher, die
hei ihrer Anlage weit auseinandersteben, rücken in der Medianebene
zusammen. "Wilhrend ihr Abstand, wie His durch Messungen gezeigt
hat, bei einem fünf Wochen alten Knibryo 1,7 mm betragt, verringert
er sich bei einem sieben Wochen alten £mbryo auf 1,2 mm und bei
einem noch etwas filteren auf 0,8 mm. Dementsprechend vetdfinnt
sich der mittlere Stimfortsatz und liefert die Nasenscheidewand.
III. Die Bntwicklunc der Haut und ihrer Nebenorsane.
Die Oberhaut des Menschen ist nach den Angaben KOllikers
in den zwei ersten Monaten der Entwickhin'j: <^f'hr domi niul besteht
nur aus zwei einfachen Lagen von Epithel/eilen. \oii (lie.sen zeigt
die obeilBächUcheLage abgeplattete, «lurchsichtige, hexagonale Elemente,
die tiefe Lage dagegen kleinere Zellen, so dafs hierin schon eine
Sonderung in eiur II im und eine Keimschicht (Rete Malpighii) an-
gedeutet ist. Hei iiiam hen Säugetieren löst sich die oberHni hlieliste
verhornte Schicht im Zusammenhang ab und stellt dann um den
ganzen Embryo eine Zeitlang eine Art von Hülle dar, welche die
ervorsprossenden Haare hedeckt und daher p i t r i c h i u m heifst.
Von <l'*r Mitte des eiulirynnah'ii Lebens an werden beide Lagen
der OberiiauL dicker, und eutluilt die äulserste von ihnen Hom-
schuppchen, deren Kerne sich rückgebildet haben. Eine Abschuppung
findet von jetzt an in reicherem Mafse an der Oberfläche statt,
während der Verlust durch Teilungsprozesse in der Kcinisrliicht und
Umwandlung der Teilprodukte in verhornte Zellen wieder ersetzt
wird. Infolgedessen bedeckt sich die Oberfläche des Embryo bis zur
Geburt immer mehr mit einer weifsgelblichen , schmierigen Masse,
der Fruchtschmiere (Smegma rmbryonum oder Vernix casonfsa).
Sie besteht aus einem Gemenge von abgelösten Epidermisschüppchen
und TOD Hauttalg, der von den mittlerweile entstandenen Talgdrüsen
abgeschieden worden ist. Sie bildet namentlich an der Beugeseite
der (ielenke. an Fufssolile. Handteller und am Kopf einen dickeren
tiber/.ug. Abgelöste Partieu hiervon geraten in das Fruchtwasser
und trüben es. Endlich können sie vom P^mbryo ebenso wie ein-
zelne abgelöste Wollhaaie mit dem Fruchtwasser verschluckt und
so zu einem Bestandteil des im Darmkanal augeh&aften Kind^peches
werden.
uiLjiiizuü Dy Google
Die Organe des ftoCteren Keiniblettes.
325
Die Epidermis macht nur eiiuMi Bestandteil der Haut des Er-
wachsenen oder des Integunients aus; den anderen, au Masse Ober-
wiegenden Teil, die Lederhaut oder das Corium, liefert das Zwischen'
Watt oder Mesenrliym. Ks findet liier die gleiche Krsrlieiiiun^ wie
an anderen Hauten und Organen des Körpers statt. Die von den
primären Keimblättern abstammenden Epithellagen
treten in nfthere Beziehung zu dem Mesenchym, indem
sie von ihm eine zur Stütze und KrnAhrung dienende, bindegewebige
Grundlage erhalten. Wie sich das in?iere Keimblatt mit dem Zwischen-
blatt zur Darnischleimhaut, das epiilieiiale Hdrbläschen mit der an-
grenzenden Statzsubstanz zum häutigen Labyrinth, und die epitheliale
Augeiildase mit der Chorioidea und Sclera zum Augapfel vereint, so
verbindet sieb auch hier die EpidermiB mit demCorium zur äufseren
Haut.
In den ersten Monaten bildet das Ck>rium beim Menseben eine
Schiebt dicht zusammenliegender, spindelförmiger Zellen und ist
durch eine zartf^. strukturlose Gren2meln^I (nasalineiiibran) mit
glatter Fläche, wie es bei niederen Wirbeltieren dauernd der Fall ist,
gegen die Oberbaut abgesetzt. Im dritten Monat sondert es sich in
die eigentliche Lederhaut und in das locker werdende Unterhautbinde-
gewebe, in welchem sich bald auch einige T' tttrluibrhen entwickeln.
Letztere nehmen von der Mitte der Schwaugcrschaft au Zahl so zu,
dals bald das Unterbautbindegewebe zu einer den ganzen Körper
bedeckenden Fettschicht wird. Zu dieser Zeit geht auch die glatte
Kontur zwischen Olier- und Lederhaiit verloren. Die Lederhaut
entwickelt an ihrer Oberflaclie kleine l'apillen. welche in die Keim-
schiclit hineui wachsen und den P a p i II a r k ö r p e r d e r H a u t (Corpus
papilläre) erzeugen.
Eine höhere Ausbildung erlangt die Haut der Wirbeltiere infolge
ähnlicher Prozesse, wie sie vom Darmkanal beschrieben worden sind.
DieEpidermis vergröfsert ihre Uberfläche nach aufseo
durch Paltenbildungen, nach innen durch Einstfllpungen.
Indem die aus- und eingestülpten Teile dabei auch ihre histologischen
Eigenschaften in mannifrfaltig^r Weise verändern, entstellt eine ^rolse
Anzahl verschiedenartiger Organe, welche in den einzelnen Wirbeltier-
klassen in ungleicher Weise entwickelt sind und so in erster Linie
ihr äufseres Aussehen liestimmen. Als Foitsatzbil düngen nach aufsen
entstehen die Hautzähne und Schuppen, die Federn. Haare und
Nägel, als Einstülpungen dagegen die Schweifs-, Talg- und Milch-
drüsen. Wir werden uns hier nur mit der Entwicklung der Haare,
Nftgel und Drüsen beschäftigen.
1) Die Haare. Die Anlage der Haare l)efiinut beim Menschen
am Ende dpf? dritten embryonalen Monats an einzelnen Stellen (zuerst
in der Gegend der Stirn und der Augenbrauen); aus der Keim-
scbicht der Epidermis bilden sich kleine, solide Zapfen, die Haar-
keime, welche sich in die unterliegende Lederhaut hineinsenken
iV'v;:. :V2fi hl). Indem diese sich weiterhin noch verhingern un! ;\n
ihrem biuuieu iinde verdicken, nehmen sie Flascheiiiorm an. Hierauf
gerftt am Grunde des Epithelzapfens die angrenzende Lederhaut in
Wucherung und liefert ein zellenreiches Knötchen ipa), das in das
Epithelgewebe hineinwilchst nnd die Anlage der bindeficwehigen und
schon früh mit einer Blutgefäfsschlinge verseheneu HaarpapiUe
isL Um den ganzen in die Tiefe gesenkten Haarkeim ordnen sich
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326
Elftes Kapitel.
Fig. 32G.
ho
später die umgehenden Teile der Lederhaut zu besonderen, teils
longitudinal, teils zirkulär verlaufenden Faserzilgen an, die man als
den Haar balg unterscheidet (Fig. 327, 328 hh). Auf den sich an-
schlielsenden Stadien l)eginnen die Epithelzellen, welche die Pajiillen
überziehen, zu wuchern und sich in zwei Teile (Fig. 327) zu sondern,
erstens in Zellen, die von der Papille weiter entfernt sind, eine
spindelige Gestalt annehmen, sich zu einem kleinen Kegel vereinen
und durch Verhornung das erste Haarsjjitzchen (Jm) liefern, und
zweitens in Zellen, welche die Papille überziehen, protoplasmatisch
bleiben und das Muttergewebe, die Haarzwiebel (hz). darstellen, durch
deren Vermittlung das Weiterwachsen der Haare ge.schieht. Die
Zellen der Haarzwiebel,
ho die sich durch Teilung ver-
schl niehren , setzen sich von
unten an den zuei-st ge-
bildeten Teil des Haares
an und tragen, indem sie
verhornen, zu seiner Ver-
gröfserung l»ei.
Das auf der Papille sich
entwickelnde Haar liegt
"schl Jiiifangs ganz in der Haut
verborgen und wird rings-
um von den Pipithelzellen
des Zapfens umhüllt , au
dessen Grund die erste An-
lage vor sich gegangen ist.
Aus dieser Umhüllung
leiten sich die äufsere
und die innere Wur-
zelscheide her (Fig.
327. 328 aw hr). Von
ihnen besteht die äufsere
(au ) aus kleinen , proto-
plasiuatischen Zellen und
gellt nach aufsen in die
Keimschicht der Epidermis
[ftchl) und am entgegen-
gesetzten Ende in die
Haarzwiebel (hz) kon-
tinuierlich über. In der
inneren Wurzelscheide (»r)
nehmen die Zellen eine abgejdattete Form an und verhornen. Infolge
des von der Zwiebel ausgehenden Wachstums werden die jungen
Haare allmählich nach der Oberfläche der Epidermis zu empor-
geschobeu und beginnen beim Menschen am Ende des fünften Monats
nach aufsen hervorzubrechen (Fig. 328 ha). Sie treten schon beim
pjnbryo immer mehr über die Hautobertläche nach aufsen hervor
und rufen an manchen Stellen der Haut, wie namentlich am Kopf,
einen ziemlich dichten Überzug hervor. Wegen ihrer geringeren
(iröfse und ihrer Feinheit, und da sie nach der Geburt bald ausfallen,
werden sie als W oll haar oder Lanugo bezeichnet.
Jedes Haar ist eine vergängliche Bildung von kurz
der
V\fr. 327.
Fig. 826— ,"^28. Drei verschiedene Stadien
Entwicklung des Haares bei mensch-
lichen Embryonen.
ho Hornsfhicht der Epidermis, sihl Keini-
srhicht, pn llaarpapille, hk lluarkoim, hz Ilaar-
zwieb«'!, /ja jiingfs Haar, /lo' die aus der Haartasihe
herausrageiide Siiitze.aH- äufsere, w innere Wurzel-
scheide dos Maares, hb Haarbalg, td Talgdrüse.
Dogle
Die Organe des Anfimren KeimblatlM.
327
zugemessener Lebensdauer. Es fällt nach einiger Zeit aus und
wii3 dureh ein neues ersetzt. Sebon wfthrend des embryonalen Lebens
beginnt dieser Prozels. Die ausfallenden Haare geraten dann in das
Arnnionwasser, und indem sie mit dit seiii vom Emhryo verschluckt
werden, machen sie einen Bestandteil des im Darmkanal sich an-
sammelnden Kindspeches aus. Ein stärkerer Wechsel findet beim
Menschen gleich nach der Geburt statt mit dem Ausfall der Woll-
haare, die an munclien Stollen des Körpers durch vhw kräftigen' Be-
haarung ersetzt werden. Bei den Silugetiereu zeigt das Auslallen
und die Neubildun«? der Haiire eine gewisse Periodizität, welche von
der wärmeien und der k<eren Jahle^zeit abhAngig ist. So ent-
wickelt sich ht'i ilinrn ein Sommer- und ein Winterpelz. Auch heim
Menschen wird der H a a r wech se I , wenn auch in einer minder auf-
fälligen Wei.se, von den .Jahreszeiten beeiutlulst. Das Auslallen eines
Haares wird durch Veränderungen des auf der Papille aufBitzenden,
als Zwiebel bezeichneten Teiles ein^a^leitet. Der Vermehrunprsprozers
der Zellen, durch welcheu die Anbilduufz neuer Ilomsubstanz ge-
i-chieht, hört auf; das ausfallende Haar lüst sich von seinem Mutter-
boden ab und sieht am unteren Ende wie zerfasert aus. daher es
jetzt als Kolben haar bezeichnet wird; im Haarbalg wird es aber
noch durch die fest anschliefsenden Wurzelscheiden so lange zurück-
gehalten, bis es gewaltsam lierausgerissen oder durcii das au seine
Stelle tretende Ersatzhaar nach auften herausgedrängt wild. Über
die Entwicklungs weise der Ersatzhaare vergleiche man die Lehr-
bQcher der Ilistolofrie.
2) Die ^'ägel. Ein zweites, durch Verhorn ung der Oberhaut ent-
stehendes Organ ist der Nagel, welcher in vergleicbend-anfttomischer
Hinsicht den Krallen- und Hufbildungen anderer Sjiugrtiere eit»
spricht. Sch'tn hei siehen W ( tien alten menschlichen Embryonen
treten Wucheruni^en der Epidermis au den Enden der Finger auf,
die sich durch Kürze und Dicke auszeichnen, ebenso an den Enden
der Zehen, die in ihrer Plntwicklung immer hinter den Fingern etwas
zurück sind. Int'nl^'^r der Wucherungen entstehen aus locken n Epi-
dermiszellen zusammengesetzte, krallenartige Ansiltze, die von Hensen
als Vorlaufer der Nagel oder als Urnügel beschrieben
worden sind.
An etwas illtoren Embryonen der neunten bis zwölften Woche
(ZaM'Fi; ist die Kpiderniiswucherung durch eine ringförmige Ein-
senkuug gegen ihre Umgebung aljgegrenzt. Sie besteht nach dei
Lederhaut zu ans einer einfachen Lage grofskemiger Gytinderzellen.
welche dem Rete Malpighii entspricht, aus einer zwei- bis dreifachen
Lage y olygonnler Starhelzellen und einer Hornschicht. Den so durch
eine Einsenkung und durch eine veränderte Beschaffenheit der Zellen
markierten Bezirk nennt Zander den primären Nagelgrund und
Iftfst ihn am Endglied einen gröl^eren Teil des Rückens, aber auch
eine kleinere, ventrale Fläche einnehmen. Was nun die näheren Vor-
gänge der Entwicklung der Nagelplatte iietritft, so legt Minot, ge-
stfitzt auf Untersuchungen von Bowkn, ein besonderes Gewicht darauf,
dafs der Nagel einen moditizierten Teil des Stratum lucidum darstellt,
der durch Verlust des darüberliegenden Epitrichium hlofsgele-jt worden
ist. Schon am Anfang des vierten Monats traten in den uherdilch-
lichsten Zellen der Keinischicht Körnchen von Eleidio oder Keratohyaliji
nnf und ersteugen das hekAnnte Stratum granulosum. Aus ihm ent>
Dlgitizeo Ly v^ü0gle
328
Elftes Kapitel.
wickelt sich eiu „Stratum lucidum, welches zuerst im distalen Teil
des Nagelfeldes ersclieint. sich von hier aus proximalwärts ausbreitet
und zu allerletzt an der Nagelwurzel auftritt; auch hier geht der
Bildung des Stratum lucidum eine Ablagerung von Körnchen in den
beteiligten Zellen voraus. Etwa in der Mitte des vierten Monats
besitzt der ganze Nagel ein Stratum lucidum" (S. Minot). Die so
entstandene Nagelplatte verdickt sich laugsam durch neuen Zuwachs
von ihrer unteren Fläche aus, wo sich neue Zellen unter Bildung
von Eleidinkörnchen in Hornsubstanz umwandeln. Bei ihrer ersten
Anlage ist die Nagelplatte noch von einem Eponychium, welches deiu
Epitrichium der übrigen Haut entspricht, bedeckt. Das Eponychium
geht erst am Ende des fünften Monats verloren. Doch sind schon
einige Wochen vorher die Nägel, trotz ihres Überzuges, an ihixT
weiisen Farbe gegenüber der rötlichen oder dunkelroten Farbe der
umgebenden Haut leicht erkennbar. Nach Schwund des Eponychiums
wird die stärker wachsende Nageli)latte von hinten nach vorn über
das Nagelbett vorgeschoben und beginnt über dasselbe vom siebeuten
Monat an mit freiem Kande hervorzuragen. Bei Neugeborenen besitzt
sie einen über die Fingerbeere weit vorsjjringenden Rand, welcher,
weil embryonal früher angelegt, sowohl viel dünner als auch schmäler
als der später gebildete, Jiuf dem Nagelbett ruhende Teil ist. Der
Randteil wird dalier nach der Geburt bald abgestolsen,
3) Die DrÜNeii der Haut. Die sich durch Einstülpung an-
legenden . drüsigen Bildungen des Hornblattes sind beim Menschen
dreifacher Art: Talgdrüsen. Schweifs-
drüsen und Milchdrüsen. Sie alle
entstehen durch Wucherungen der
Keimschicht, welche sich als solide
Zai»fen in die Lederhaut einsenken
und dann sich entweder -nach dem
tubulösen oder dem alveolären Typus
weiter entwickeln. Nach dem tubu-
lösen Typus legen sich die Schweifs-
und die Oh renschmalz drtisen
an. Sie beginnen vom fünften Monat
an von der Keimschicht aus in die
Lederhaut einzudringen, im siebenten
Monaterhalten sieeinekleine Höhlung
im Innern, winden sich infolge ver-
mehrten Längenwachstums und krüm-
men sich namentlich an ihrem Ende
ein , womit die erste Anlage des
Knäuels gegeben ist. Die Talg-
drüsen gehören dem alveo-
lären Typus an. Sie entwickeln sich entweder direkt von der
Epidermis aus, wie z. B. am roten Lippenrand, an der Vorhaut und
an der Eichel des Penis, oder sie stehen in engem Zusammenhanp
mit den Haaren, was das gewöhnliche Verliältnis ist. In diesem Fall
legen sie sich als solide Verdickungen der äufseren Wurzelscheide
nahe am Ausgang der Haartasche an. noch ehe die Haare vollständig
ausgebildet sind (Fig. 327 u. 32H/f/); zuerst besitzen sie eine Flaschen-
form, dann tn'iben sie einzelne seitliche Sj>rosseu, die sich an ihren
Enden kolbenartig erweitern. Eine Höhlung erhält die Drüse dadurch.
I
i
Fip. 329. Durchschnitt durch
die Anlage der Milchdrüse eines
weiblichen menschlichen Em-
bryo von 10 cm Länge. Nach Htas.
<lf Aiilajjf des Drüseiifeldcs. g
kleine (irulie auf deinseUnm.
Die Organe des äufseren Keimblattes.
320
dafs die im Innern der Kanäle gelegenen Zellen verfetten, zerfallen
und als Sekret nach aulsen entleert werden.
Von gröfserem Interesse ist die Entwicklung der Milch-
drüsen, welche umfangreichere und mit einer wichtigen Funktion
betraute, der Klasse der Silugetiere eigentümliche Organe sind. Au
die Spitze der Betrachtung stelle ich gleich den für die weitere
Beurteilung der Befunde wichtigen Satz, dafs jede Milchdrüse beim
Menschen nicht ein einfaches Organ . etwa wie eine Ohr- oder eine
Unterkieferspeicheldrüse mit einem einfachen Ausführgang, sondeni
ein gröfserer D r ü se n kom p 1 e x ist. Ihre erste Anlage ist beim
menschlichen Embryo am Ende des zweiten Monats als eine auf der
linken und der rechten Brustseite erscheinende, erhebliche Verdickung
der Epidermis (Fig. 329) beobachtet worden. Entstanden ist sie be-
sonders durch eine Wucherung der Keinjschicht , welche sich als
halbkugeliger Höcker (r// ) in die Lederhaut eingesenkt hat. Aber
auch in der Hornschicht
gehen später Verände-
rungen vor sich , indem
sich dieselbe verdickt
und als Horn|ifropf in
die Wucherung der Keim-
schicht hineinragt, (je-
wöhnlich findet sich auf
der Mitte der ganzen
Epithelanlage eine kleine
Grube (g). Auf diese
Weise wird frühzeitig
eine Hautstrecke abge-
grenzt, welche sich später
zum Warzenhof und zur
Papille umgestaltet, und
aus deren lioden erst die
einzelnen, Milch liefern-
den Drüsen hervor-
sprossen.
Bei älteren Embry-
onen hat sich die als linsenförmige Verdickung erscheinende Wuche-
rung der Epidermis nach der Peripherie vergröfsert und dal)ei ab-
geflacht (Fiu. :V.H\ (if). Nach au Isen wird sie zugleich schärfer ab-
gegrenzt dadurch, dals sich die Lederhaut verdickt und sich zu einem
Wall (Cutiswall du), nach aul'sen erhoben hat.
Der ganzen Anlage, welche jetzt eine flache Einsenkung (df)
der Haut darstellt, ist der Name Drüse nfeld gegeben worden.
Es wachsen nämlich frühzeitig aus dem liefe Malpighii des Drüsen-
feldes solide Sprossen {dg) in die Lederhaut hinein , in ähnlicher
Weise, wie an anderen Stellen aus der E|)idermis die Talg- und
Schweifsdrüsen entstehen. Im siebenten M<mat sind sie schon sehr
deutlich entwickelt und strahlen von der grubenförniigen Vertiefung
nach unten und seitlich aus. Bis zur Geburt nimmt ihre Zahl zu,
und bedecken sich die gröfseren von ihnen mit soliden , seitlichen
Knospen {dh). Jeder Sprols ist die Anlage einer Milch bereitenden
Drüse, die sich mit einer besonderen Mün<lung auf dem Drüsenfeld
(r//) öffnet.
Viff. 'iiiiO. DurohBohnitt durch die Anlage
der Milchdrüse von einem menBchliohen weib-
lichen Embryo von 32 cm Länge. Nach Uvss.
(if Drüsenfeld. <iir Prüsenwaill . dg Drüsen-
aiisfübrgang, <lb DrQsenbläschen.
S30
Elftes Kapitel.
Der Naine DrOsenfeld ii>t ein recht passend gewählter, weil
er an die ursprOnglieheo Verhältnisse der Monotremen eine An-
knüpfung bietet. Bei diesen Tieren nämlich findet man nicht . wie
hoi tlen hoher entwickelt»'!! S ;)u<i('t leren , einen schärfer j;esonderten,
einheitliciien Milchdrüsenkouiplex, sondern anstatt dessen eine etwas
vertiefte, sogar mit kleinen Haaren versehene Hautstrecke, auf welcher
einzelne kleine Drosen verteilt sind, deren Sekret von den sein un-
reif pehort'Tif'ü Jun^ien mit der Zunfre nnfjieleckt wird. Bei den
ül)rigen iSäugetieren dagegen werden die vereinzelt auf dem Drüsen-
feld ausmündenden Drüsen zu einem einheitlichen Apparat verbunden;
es entwickelt sich eine Einrichtung, die /um besseren SAucen der
.Tundren dient, nftinlich eine Papille oder Zitze, welche alle Drdseu-
ausluhrgJln|]!:e in sich eiiiscliliefst und vom Mund de? gesSugt werden-
dcü Times uuiiai^t wird. Beim Menschen beginnt ihre Entwicklung
schon vor der Geburt (Oskar Schültze). Das vom Cutiswall um-
sÄunitc Drüsenfeld, welches längere Zeit zu einer Grube vertieft war,
flacht sich zuerst ah, bis es in einem Niveau mit der benachbarten
Haut liegt. Von dieser ist es infolge grülseren Blutgefälsreichtuuis
und wegen der donneren Beschaffenheit seiner Epidermis durch eine
mehr rötliche Färbung unterschieden. Dann erbebt sich während
der ersten Lebensjahre die Mitte des Drüsenfeldes mit den il;i«elh?t
dicht beieinander zur Ausmüudung gelangenden Ausluiirgäugen (Ductus
lactiferi) mehr in die Hohe und wird, indem sieh noch glatte Muidrel-
fasern in gröf^^erer Menge in der Lederhaut anlegen, zur Saugwarae;
die nmgeliende Hautstrei ke. soweit sich an ihr keine Haarkeime anlegen,
wird zum Warzenhof (Areola mammae). Im weiblichen Geschlecht gehen
diese Umbildungen etwas frOhzeitiger als im männlichen vor sich.
Bald nach der Geburt kommt es zu Veränderungen in dem noch
8pÄr)ir!i ;m^i:eliil(leten Drt^ sengewebe. Ks tritt eine vornberseliemlf
mit grulscrem Blutandrang verbundene Anschwellung der Brustdnist u
ein, aus welchen sich jetzt durch Druck eine geringe Quantität niilch-
artiger Flüssigkeit, di*' souenannte Hexen milch, auspressen läfst.
Nach Köi.LiKKii hängt ihre Bildung dannt zusammen, dafs die ur-
sprünglich solid angelegten Drüsengänge um diese Zeit eine Ihdilunü
gewinnen, indem die central gelegenen Zellen verfetten, sich auflösen
und in einer Flfissigkeit suspendiert nach aufsen entleert werden.
Nach Untersuchungen von Bakfikth dagegen wäre die sogenannte
Hexenmilch Neugeborener das Produkt einer echten, vorübergehenden
Sekretion und uacli iliren morphologischen wie chemischen Bestand-
teilen der eigentlichen Frauenmilch gleichartig.
Nach der Gebnrt bilden sich zwischen beiden Geschlechtern in
der BeschatTenheit der Milchdrüse grofse Unterschiede aus. Wrihrend
beim Manne das Drüsenparenchym in seiner Entwicklung stehen
bleibt, beginnt es beim Weibe, besonders zur Zeit der Geecbleditareife
und mehr noch nach Eintritt einer Schwangerschaft« zu wuchern.
Aus den znerst angelegten Drosenausführgängen sprossen zahlreiche,
bohle Seitenzweige hervor, die sich mit hohlen, von einem einschich-
tigen Cylinderepithel ausgekleideten Drüsenblflschen (Alveoli) bedecken.
Gleichzeitig entwid^rln sich in dem Bindegewebe zwischen den einzelnen
Drüsenl;l])|icheii reichliche Instdn von Fettz- lhMt. Iiifolt;edcssen schwillt
die Gegend, an welcher sich der Milchdrüseukomplex angelegt hat,
zu einem mehr oder minder weit nach aulsen hervortretenden Hügel
(der Mamma) an.
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Die Organe des ftofterw Keimblattes»
3dl
Bepetitoriam wxl KavIMl ZZ.
I. SntwieUniig des reiitraliieTTeiii^StemN. 1) Das CeDtral-
nerveusystem entwickelt si('!i nns dem zur Medullai platte verdickten
B*viik des nufseren Keimblattes, der sich zum ÄleduUarrohr zu-
buimueufaltet (iMiulullaifalte, Medullarrinne).
2) Am Medullarrohr verdiclcen sich die Seitenwände, wllhrend
ventrale und dorsale Wand dünn bleiben, in die Tiefe der vorderen
und hint« rc!) Liingsspaiten rücken und zu dea Kommissureu der
RückeuiuarksiuUften werden.
3) Ursprtinglich füllt das Rflekenmark den ganzen Wirbelkanal
aus, wächst aber langsamer als dieser und endet daher später am
zweiten Lendenwirbel. ( Schräger Verlauf der Lenden- und Saeralnerven.)
4) Der Teil des Nerveurohrs, welcher zum Gehirn wird, gliedert
sieh in die drei primAren Himblasen (primftres YorderhimblAschen
[Prosenc-eplialon] . Mittelhirnbläscben [Mesencephalon] , Hinterbirn-
bläscheu [ Khombencepli al nn ] ) .
5) Das primäre VurderhiinhUischeu, aus dessen iSeitenwandungen
sieb die Angenblasen ausstülpen, sondert sieh weiter in die Anlage
des Grofshirns (Telencephalon) und des Zwischenhirns (Diencephalou).
6) Das HiTiteiiiiriiMi^stliPit zerfällt durch Einschnürung in die
Anlage von Kleiuiiiru (Epeucephalouj und verlängertem Mark (Myelen-
cephalon).
7) Die gerade Achse, welche die drei primAren Himbläschen
untereinander ursprünglich verbindet, erfahrt spflter an einzelnen
Stellen starke KrOmnningen, in deren Folge die Bläschen sich gegen-
einander verschieben (Kopfbeuge, Brückenbeuge, Nackeubeuge). Der
Kopf- und Nackenbeuge entsprechen an der Oberfläche der Embryonen
der Kopf- oder Scheitelhucker und der Nackenhöcker.
8) Bei der Umwandlung der Bläs( hen finden folgende Prozesse
statt: a) Einzelne Stellen der Wandungen verdicken sich iu mehr
oder minder bobem Grade, wfthrend andere Stellen eine Verdflnnung
erfahren und keine Nervensubstanz entwickeln (Deckplatte des dritten
und vierten Ventrikels); b) die Bläschen wandunpcn falten sich ein;
c) einzelne Bläschen (erstes und viertes) uberHügeln in hohem Grade
in ibrem Wachstum die ftbrigen (Zwischen-, Mittel-, Naehbim).
9) Von den Hohlräumen der Bläschen leiten sich die vier Him-
kammern und die SvLVische Wasserleitung her.
10) Von den drei Bläschen erfahrt das Mittelliirnbiäschen, welches
die Vierhügel liefert, die geringfügigsten Umwandlungen.
11) Primäres \ order- und Hinterhinibläschen zeigen eine ähn-
liche Veränderung:, indem ein grftfserer Abschnitt ihrer oberen Wand
sich zu einer einfachen Lage von Epithelzelleu verdünnt und in Ver-
bindung mit der wuchernden, weichen Hirnhaut die Adergetlechte
erzeugt (vorderes, seitliches, hinteres AdergeÜecht; vorderer und
hinterer Hirnschlitz).
12) Die Anlage des Grofshirns zerfällt unter Kiitwicklunj; der
Mantelspaite und der grolsen Hirnsichel in xwei .seitliche liilüteu, die
beiden Uemisphärenblftschen.
1?.) Die Heniisphärenbläsrben tthertreffen schliffslich beim Men-
schen an Masse alle übrigen Hirn teile und wachsen von oben und
von der Seite als Hirnmantel Uber den anderen Abschnitt des Him-
rohrs oder den Himstnmm herOber.
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332
Elftei Kapitel.
14) Bei der Falteobildung der Hemisphären unterscheidet man
Flssttren und Suld.
15) Die Fissuren (Fossa Sylvit, Fissnra hfppoeampi, Fissnra
chorioidea, Fissura ca]( arina . Fissura occipitalis) sind totale Ein-
fnltiingen der Hirnwand, durch welche an der Oberfläche tiefe Ein-
schnitte und nach den Seitenventrikeln zu entsprechende Vorsprünge
bedingt werden (Corpus striatum, Ammonshom [Cornu ammonis],
Adergeflechtsfalte, Calcar avis).
1(1) Die Sulri sind Einschnitte, welche auf die Hirnrinde be-
schränkt nnii je nacli der Zeit ihrer Entstehung tiefer oder seichter
sind tpninare. sekundäre, tertiäre Sulci).
17) Die Fissuren treten im allgemeinen früher als die Sulci auf.
18) Der Riechnerv ist nicht einem peripheren Nervenstamni gleich-
wertig, sondern, wie die Augenblasen und der Sehnerv, ein besonderer,
durch Aiisstül])nnf: aus dem Stirnlappen der Grofshiruhenii>iiharen
entstandener Hiriiteii (Kiechlappen, Lohns olfactorius mit Bulbus und
Tractos olfactorius). (Mächtige Entwicklung des Riechlappens bei
niederen Wirbeltieren [Haien], Verkammerang beim Menschen.)
n. Entwieklnnf den perlplieren und sympallilwhen Ner?en*
8yKteni§. 1) Die Spiualknoten ent wi keln sich aus einer Nervenleiste,
welche ans der Verscblulsstelle des Nervenrohrs jederseits zwischen
ihm und dem Hurnblatt nach abwürts wächst und sich in der Mitte
jedes Ursegments zu einem Ganglion verdickt.
2) Die Spinalknoten stammen daher, wie daa Nervenrobr selbst,
vom äufseren KeiniMatt ab.
3) Die sympathischen Ganglien des Grenzstrangs sind wahr-
scheinlich abgeschnürte Teile der Spinalknotcn.
4) Über die Entwicklung der peripheren Nervenfasern bestehen
zwei verschiedene Hypothesen: 1) Die peripheren Nervenfasern
wachsen ans dem Centralnervensystein he rvor und verbinden sich erst
sekundär mit ihrem peripheren Kndapparat. 2) Die Anlagen des
peripheren Endapparats (Muskeln, Sinnesorgane) und das centrate
Nervensystem hängen von frühen Stadien der Entwicklung an durch
Verbindungsfäden und durch Zellen die zu Ketten aneinandergereiht
sind, zusammen. Aus den Verbindungen entstehen die Nervenfasern
(Hensew).
III. Entwicklung des Au^es. 1) Die seitlichen Wandungen der
primilren Vorderhimblasen stülpen sich zn den Augenblasen aus.
2) Mit dem Teil der priniären Vorderhirnblase, der zum Zwischen-
hirn wird, lileihen die Augenblaseu durch einen Stiel, den spAteren
Sehnerven, verbunden.
:\) Die Augenblase wandelt sich in den Angenbecher um. Indem
ihre laterale und ihre untere Wand durch die Anlage der Linse nnd
des GlaskOri^ers einfjestülpt werden.
4) An der Stelle, wo die primäre Augeublase mit ihrer Seiten-
wand an das äufsere Keimblatt anstöfst, verdickt sich dieses, senkt
sich zur LinseDgruhe * iii und schnürt sich zum Linsensftckeli* n al).
r>) An der hinteren Wand des Linsensfickehens wachsen die Zellen
zu Linsenfasern aus. vorn werden sie zum Linsenepithel.
0) Die Linseuanlage wird /.ur Zeit ihres Wachstums von der Tunica
vasculosa lentis, die sich später rfickbildet, eingehüllt.
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Die Orgaae des toisereii KeimbUttas.
7) Die Membrana pupillftris ist der vordere, hinter der Pupille
gelegene Teil der Tuoica vasculosa lentis.
8) Die Entwicklung des Glaskörpers veranlafst die Aupenspaltc.
9) Der Augeubecher bat doppelte VVaQcluugen: ein äulseres und
ein inneres Epithelblatt, die an der Öffhung des Bechers, welche die
Linse umfaTst, und an der Attgenspalte ineinander übergehen.
10) Zwischen die Linse und das dicht anliegende Hornblatt
wachsen Mesenchymzelleu aus der Umgebung hinein und bilden Horn-
haut und DKscEMETSche Membran, von denen sich die letztere durch
einen Spaltraum, die Augenkammer , gegen die Tunica vasculosa
lentis absetzt.
11) Der Augenbecher sonflert sich in einen hintfron Abschnitt,
in dessen Bereich sich sein luneres lllatt verdickt uuil zur Netzhaut
wird, und in einen vorderen Abschnitt, der an der Ora sc r rata be-
ginnt, sich stark venltlnnt, sich Uber die vordere Linsenfliif In -rhieht
und in die Augenkammer hineinwächst, bis sich die ui {irünglich
weite Bechcröflfnung auf den Umfang der Pupille verengt hat.
12) Der vordere verdflnnte Abschnitt des Bechers zerf&llt noch*
mals in zwei Zonen, indem er sich in der Umgebung des Linsen-
Äquators zu den Ciliarfortsfttzen einfaltet, nach vorn davon aber filatt
bleibt Somit sind jetzt am gesamten Augenbeciier drei Teile als
Retina, als Pars ciliaris und als Pars iridis retinae zn unterscheiden.
13) Den drei Abschnitten des Augenbechers entsprechend nimmt
auch die anprrenzende . bindegewebige Hülle eine verschiedene Be-
schaffenheit an und liefert die eigentliche Chorioidca, das Binde-
gewebe des CiliarkOi-pers und der Iris.
14) In der Umgebung der Hornhaut faltet sich die Haut zum
oberen und zum unteren Augenlid und zur Nickliuut ein, welche
letztere beim Menschen rudimentär ist und nur als Tlica semiluuaris
fortbesteht.
15) Die Händer der Augenlider verwachsen in den letzten Monaten
der Entwicklung mit ihrem Epithel, um sich vor der Geburt wieder
zu lösen.
10) Vom inneren Augenwinkel fülirt bei den Säugetieren die
Trftnenrinne zwischen Oberkiefer- und ftufserem Nasenfortsatz zur
Nasenhöhle.
17) Indem eine Epithelleiste vom (iruude der Tränenrinne in die
Tiefe dringt, sich abschnürt und aiuniiohit, entsteht der Träuenkanal.
18) Dadurch, dafs am Augenwinkel die Epithelleiste sich teilt,
entwickeln sich die beiden TrftnenrOhrchen.
IT. Entwicklung des Gehörorgans. 1) Das häutige La])yrinth
entwickelt sich zur Seite ih'< Nriflihinis ohcrhall» der ersten Schlund-
Spalte aus eiuer grubenföruugen Vertiefung des äuiseren Keimblattes.
2) Das Hörgrübchen schliefst sich zum HörWascheu ab, rückt
mehr in die Tiete und wird in embryonale Bindesulistanz eingebettet,
aus welcher sich später die Schädelkapsel enfuitkelt.
3) Das H<\rhjäscheu nimmt durch verschiedenartige Ausstülpunjien
seiner Wand die komplizierte Gestalt des häutigen Labyrinthes an
und sondert sich in den Utriculus mit den drei halbkreisförmigen
Bogengängen, in den Sacculus mit dem Canalis reuniens und der
Schnecke sowie in den Labyrinthauhauji (Kecessus vestibuli). durch
welchen Sacculus und Utriculus noch untereinauder in Verbindung
bleiben.
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Elftes Kapitel.
4) Der Hönierv und das Hörepithel, irelehe ursprünglich einfach
8iu(l. zerfallen, so wie sich das Bläschen in mehrere Abschnitte sondert,
in mehrere Nervenzweige (X. vestibuli, N. Cochleae) und in mehrere
Jierveneudstelleu (Cristae acusticae der drei Ampullen, eine Macula
acnstiea des Utricolus und des Sacculus und das Goitnsche Organ).
5) Das embryonale Bindegewebe, in welches das epitheliale Hör-
bläschen iiiul seine [TinwarHllungsprorlukte eingeschlossen werden,
sondert sich in drei verschiedene Teile: a) in eine dünne Biude-
gewebsschicht , weiche sich den epithelialen Wandungen anschmiegt
und mit ihnen zusammen das häutige Labyrinth darstellt; b) in ein
Gallertgewebe, welches während des embryonalen Lebens verflüssigt
wird und die perilyniiihatisrhen RRnme liefert (nn der Schnecke die
Paukentreppe und die Vuriiotstreiipe); c) in eine Knorpclkapsel, aus
welcher durch YericnOcherung das knOcheme Labyrinth entsteht.
6) Mittleres und ftu(^res Ohr sind von dem oberen Teil der
ersten Schhindspalte (Spritzloch der Selachierl abzuleiten.
7) Aus der Verschlufsplatte der ersten Schlundsiialte uebst an-
grenzenden Teilen der Schimuil>ogeu entwickelt sich das Trommelfell,
welches ursprQngKch dick ist und sich erst später verdQnnt.
8) Aus einer Bucht an der Innenseite des Trommelfells (Sulcus
tubotympanicus) und aus einer nach oben, aufsen und hinten <ze'
richteten Aussackung davon entstellen Paukenhöhle und Eustachische
Rohre.
9) Die Paukenhöhle ist ursprOuLrlich aufserordentlich eng. indem
in der sie einhüllenden Schleimhaut das Bindegewebe ;;allertip; ist.
10) Gehörknüchelcheu und Chorda tympani liegen anfangs im
Gallertgewebe eingebettet aufserhalb der Paukenhöhle; erst durch
Sehl uni[)fun^' der Gallerte kommen sie in Schleimhaut&Iten zu liegen,
welche i n (i gei -i inniger werdende Paukenhöhle Torspringen (Ambofs-
und Huuimer falte).
11) Der äufsere Gehörgang entwickelt sich aus der Umrandung
der nach aufsen vom Trommelfell gelegenen Biiclit ; die Ohrmuschel
entsteht aus sechs Höckern, die sich zum Tragus, AntitragttS, Helix,
Anthelix und zu dem Ohrläppchen umgestalten.
V. Entwicklung des Geruchsorgans. 1 1 Dns Geruchsorjran
entwickelt sich aus zwei grubenförmigen \ ertietuugen des äulVeren
Keimblattes, welche sich in einem grölsercn Abstand voneinander
auf dem Stirufortsatz bilden.
-M Die beiden Gernchs^rübchen verbinden sich auf einem weiteren
Stadium mit den Winkeln der Mundhöhle durcli die lsasenrinn<'n.
Ü) Die inneren und die äufseren Rander der Geruchsgrübcbeu
und der Nasenrinnen treten als Wülste nach aufsen hervor und stellen
die inneren und die äufsereu Nasenfortsätze dar.
4) Durch Verwachsung der Nasenrinnen wird das Gernchsnr'jau
in zwei Nasengänge umgewandelt, die mit dem äufsereu Nasenloch
am Stirnfortsatz und mit dem inneren Nasenloch an der Decke der
Mundhöhle nach einwärts von der Oberlii)pe ausmünden.
5) Die inneren Nasenlöcher werflen spi^ter spaUfönnis und nn-ken
näher aneinander, indem sich die Nasenscheide wand verdünnt und zu-
gleich etwas nach abwärts in die primitive Mundhöhle hineinwächst.
6) Der obere Teil der primitiven Mundhöhle wird zum Geruchs-
organ hinzugezogen zur Vergröfserung seiner Begio respiratoria, io«
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Di« Organe des äulkerea Keiuiblatte«.
dem von den Oberkieferfortsätzen die liorizontalen Gaumenfortsfttze
dem unteren Bau l der Nasenscheidewand entgegenwachsen^ mit ihm
verschmelzen und den harten und flon weichen (iaumen erzeujien.
7) Das Geruchsorgan erführt eine weitere Vergiöl'serung seiner
fOr respiratorische Zweclce dienenden Biunenrftume i\) durch Falten-
bildung seiner Schleimhaut, durch welche die X; nmuscheln ent-
stehen, b) durch Ausstülpung seiner Schleiniha'it in li»^ angrenzenden
Teile des knorpeligen und des knöchernen Kopl.skeletts (Bildung der
Siebbeinzelleu, der Stirn-. Keilbein- und iiighmorshöiileii).
8) Am GeruchsgrQbchen bildet sich frühzeitig eine besondere
Vertiefung des .'Uifseren Keimblattes als Anlage des jACoasOKsehen
Organs mit einem besonderen Ast des Rieehnerven.
9) Das jACUB.suNsche Organ kommt entfernt von der Regio olfac-
toria an den Grund der Nasenscheidewand zu liegen.
10) Als Rest der Gaumenspalte, der ursprünglichen Verbindung
zwischen Nasenhöhle und Mundhöhle, erhalten sich die STESsoNschen
Gänge vieler SlUigetiere. die Canales incisivi des Menschen.
Tl. Entwicklung der Haut mit Nebenorgaueu. 1) Die Ent-
wicklung der Haare wird bei menschlichen Embryonen dadurch ein-
geleitet, dals sich Fortsätze von der Keimschieht der Oberhaut, die
Haarkeime, in die Tiefe senken.
2) Am Grund der HÄarkeime legi sich durch Wucherung des
Bindegewebes die blutgefälsführende Haarpapille an.
3) . Der epitheliale Haarkeim sondert sich: a) durch Verhornung
eines Teils der Zellen in ein junges Haar, b) in eine lebhaft wuchernde,
/vvi<i hen dem üaarschaft uml der Papille gelegene Zellschicht, in die
Haarzwiebel, welche das Material zum Wachstum des Haares liefert,
c) in die ftufüere und die innei'e Wurzelschei'le.
4) Um den epithelialen Teil der Haaranlage bildet sich der
Haarhalg aus dem umgebenden Bindegewebe.
ö) Die Niigel des Meuschen entwickeln sich aus eiuem zum uri-
mftren Kagelgrund modifizierten Bezirk der Epidermis durch Um-
wandlung des Stratum lucidum.
G) Die zuerst gebildete, dftnne Nagelplatte wird eine Zeitlang
noch von einer Schicht verhornter Zelleu, dem Eponychium, über-
zogen, das im fünften Monat beim Menschen abgestofsen wird.
7) Die Milchdrüse ist ein Komplex alveolärer Drt\sen.
8) Zuerst entsteht eine Verdickung der Keimsehirht der Ober-
haut uuü wandelt sicli in das später durch einen Wall von der Um-
gebung abgesetzte und etwas vertiefte DrOsenfeld um.
9) Vom Grund des Drüsenfeldes wachsen die Anlagen alveol&rer
IhUsen in i,M öfserer Anzahl hervor.
lU) >^i);iter erhebt sich das die DrüsenansführjJiange enthaltende
Drüsenfeld ü\m' die Hautobertläche und wird zur Ürustwarze.
11) Nach der Geburt wird vorübergebend eine geringe Menge
milehartiger Flüssigkeit, die Hezenmilch, abgesondert.
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Zwölftes Kapitel.
Die Organe des Zwisehenblattes oder MeB^chyms.
Schou im ersteu Teil dos T^olirliuclis (S. »»1) siinl die Gründe an-
gegeben worden, weiche es notwendig erbchciiien lassen, aulser den
vier epithelialen Keimblättern noch ein besonderes Zwischenblatt oder
Meseu( liyui zu unterscheiden. Die Unterscheidung rechtfertigt sieh
auch durch den weiteren Fortgang der Entwicklung. Denn alle die
verschiedenen Gewebe und Organe, welche sicli von dem Zwi^chenblatt
ableiten, lassen auch später noch in vieilacher Weise ihre enge
Zasammengehörigkeit erkennen. In histologischer Hinsicht faftt man
ja schon lange die verschiedenen Arten der Bindesubstanzen als eine
Gewebsfauiilie auf.
Ursprünglich ist die Aufgabe des Zwischeublattes, was namentlich
bei niederen Tierstftmmen, wie bei den Coelenteraten, auf das deut-
liebste hervortritt, eine Füll- und Stützniasse zwiRchen den Epithel*
blättern zu bilden. Daher steht es auch in seiner Ausbreitung m
diesen in enger Abhängigkeit. Wenn die Keimblätter sich nach aul'sen
in Falten erheben, dringt es zwischen die Faltenbifttter als StOtz-
lamelle mit ein; wenn die Keimbifttter nach innen sich einfalten,
nimmt es die sieh sondernden Teile auf, wie bei den Wirbeltieren
das Nerveurolu, die quergestreiften Muskelmassen, das sekretorische
Drflsenparenchym , Augenbecher und HArblflschen, und liefert ihnen
eine besondere, sich ihnen anpassende UnthOllung (Hirnhäute, i'eri-
mysiuni, Bindesubstanz der Drüsen) TTifolgLilessen gestaltet sich auch
das Zwischeublatt zu eiuem aurserordentlich konijili/ierten Gerüste
in demselben ISIafse um, als die Keimblätter durch Aus- und £in-
faltung und Abschnflrung einzelner Teile in reicherer Weise gegliedert
und in die verschiedensten Organe zerlegt werden. Aufserdem aher
gewinnt das Zwischenblatt, be.sonders bei den Wirbeltiert-n. noch durch
seine eigene grolse Umbildungsfähigkeit einen verwickelten Bau,
nämlich auf dem Wege histologischer Sonderung oder
durch Ge websme tarn orp hose; es gibt so einer grols-en Reibe
verschiedener Organe, den knorpeligen und knöchernen Skeletteileu.
den Fascien, Aponeurosen und Sehnen, den Blutgefulsen und Lymph-
drosen etc. den Ursprung. Daher wird es hier am Platze sein, etwas
näher auf das Prinzip d er histo! ogisehen Differenzierung
einzugehen und namentlich zu untersuchen, in welcher Weise es bei
der Entstellung gesonderter Orgaue im Mesenchyiu beteiligt ist.
Die ursprünglichste und einfachste Form des Mesenchyms ist das
Gallertgewebe. Nicht nur lierrscht es bei niederen Tierstämmea
allein Tor, sondern es entwickelt sich auch bei allen Wirbeltieren
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Die (Irgtne das Zwiacheablftttn odor Maie&diyiDfl.
337
zuerst aus den embryonalen Zellen des Zwisciiniltlattes und ist hier
der Vorläufer und die Grundlage für alle übrigen Formen der Stütz-
sutetanz. Es bleibt bei niederen Wirbeltieren, ancb wenn sie ans-
gewarh?en sind, an manchen Orten hestehen; bei den Säugetieren
und dem Menschen dage^^en schwindet es frühzeitig und wandelt sich
iu zwei höhere Furmeu der 8tütz8ubstanz, entweder in fibrilläres
Bindegewebe oder in Knorpel ge webe um. Das erstfenannte
Gewebe entsteht, indem in die gallertige Grundsubst^nz von ihren
Zellen, die bald zerstreut, bald dichter liegen, Bindegewebsfasern, die
aus Collagen bestehen und beim Kochen Leim geben, ausgeschieden
werden. Anfangs spärlich vorbanden, nehmen die leimgebenden Fasern
an Ifasse bei älteren Tieren immer mehr zu. So fOhren vom Gallert-
gewebe die Ühergangsfonnen des fötalen oder unreifen Bindegewebes
cum reifen, fast ausschheislich aus Fasern und ihren Bildungszellen
bestehenden Bindegewebe hinüber. Dieses ist einer sehr mannig-
faltigen Verwendung im Organismus fähig, je nachdem seine Fasern
sie}] in verschiedenen Richtungen regellos durchtiechten oder parallel
zueinander gelagert und zu besonderen Strängen und Zügen ange-
ordnet sind. Dadurch iältit es in Verbindung mit anderen aus den
Keimbl&ttem hervorgegangenen Teilen sehr verschiedenartige Organe
zustande kommen. Hier bildet es eine nruriiliLn' für flächenartig
ausgebreitete Epitbellagen und erzeugt mit ihnen das aus Epidermis.
Lederhuui und subkutanem Bindegewebe zusammengesetzte Integument,
die verschiedenen Schleimhftnte und die serOsen Häute. Dort ver-
bindet es sich mit quergestreiften Muskehnassen . ordnet sich unter
ihrem Zug in parallel antreordnete. strafl'e Fn-prbündel um und liefert
Sehnen und Apoueurusen. Wieder au anderen Orten gestaltet es
sieh zu festen, bindegewebigen Blättern, die zur Trennung oder Um-
hollung von Muskelmassen dienen« zu den ZwiscfaenmuskellAndeni
und Muskelbinden.
Das zweite Umwandlungsprodukt des primären Mesenchyms, der
Knorpel, eotwiekett sieh in der Weise, dafls an einzelnen Stellen
das embryonale Gallertgewebe durch Wucherung' zellenreicher wird,
und (Infs die Zellen Chondrin oder Knorpelgrundsubstanz zwischen
bich ausscheiden. Die durch den Verknorpelungsprozefs entstandenen
Teile obertreffen an Festigkeit die übrigen Arten der StQtzsubetanz,
das gallertige und das leimgebende Zwischengewebe, in erheblicher
Weise: sie sondern sich von ihrer weicheren Umgebung s( harfer ab
und werden vermöge ihrer besonderen physikalischen Eigenschaften
zur Übernahme besonderer Funktionen geeignet. Teils dienen die
Knorpel zum Offenhalten von Kanälen (Knorpel des Kehlkopfes und
Bronchialbaums), teils /um Schutze lehenswichtiger Organe, um
welche sie eine feste Hülle bilden (knorpelige Schädelkapsel, Labyrinth-
kapsel, Wirbeikanal etc.), teils zur Stütze von Furtsatzbildungeu der
KOrperoberfläehe (Eztremitätenknorpel , Kiemenstrahlen etc.). Zu-
gleich bieten sie feste Angriffspunkte für die in das Mescnchym ein-
gebetteten Muskelmassen, von denen benachbarte Teile mit ihnen in
festere Verbindung treten. Auf diese Weise ist durch histologische
Metamorphose ein gesonderter $kelettap]>arat entstanden, der in dem-
selben MaAe an Komplikation zunimmt, als er mannigfachere Be-
ziebungefi zur Muskr;l;itm- '..'<'winnt.
Knorpel- und Bindegewebe endlich sind abermals einer histo-
logischen Metamorphose fähig, indem sich aus ihnen unter Abseheidung
O. Hartwig, Die Kl«m*Bt« d*r RntwlcMwiiKalaliM. 2. AaS. 28
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338
Zwölftes KapiteL
YUQ Kalksalzeu die letzte l'orm der Sttktzsubstanz , das Kuuclien-
gewebe, entwickelt. Es gibt also Knochen, die aus einer
knorpeligen, und andere, die aus einer In ml ege weh igen
Grundlage entstanden sind. Mit ihrem Auftreten wird der Skelett-
apparat bei den Wirbeltiereu seiner höchsten Vollendung entgegen-
gefflhrt.
Wenn schon das Mesenchym durcli solche Vorgänge einen aufser-
ordentlich hohen Grad von f iliederung und eine grofse Vielgestalti^rkeit
erfahren bat, so sind hiermit die histologischen Sonderungsprozesse,
die sich in ihm abspielen, gleichwohl noch nicht erschöpft. Um beim
Stoffwechsel des Organismus die Vermittlerrolle zu spielen und sowohl
den einzelnen Organen die Nahrungssüftt' zuzuführen als am Ii die bei
den chemischen Prozessen in den Geweben unbrauchbar gewordenen
Stoffe, sowie die ttberschossigen Sftfte wieder wegzuleiten, sind in der
gallertigen oder bindegewebigen Grundsubstanz Kanäle und Lücken
entstanden, in welchen sich Blut und T,ymphe fortbewriicTi Aus diesen
ersten Anfängen ist ein sehr zusammengesetzter Apparat von Organen
hervorgegangen. Es stellen die gröt^eren Hohlrftume Arterien und
Venen dar und haben eigenartig gebaute, mit glatten Mu^^kelzellen
uuf^ rlnsti^f hf^n Fasern ausgestattete, dickere WanduiiL't n erhalten, an
denen sk Ii lirei verschiedene Schicliten als Tunica intnua, media und
adventitia unterscheiden lassen. Ein kleiner Teil der Blutbahn, durch
Reichtum an Muskelzellen besonders ausgezeichnet, ist zu einem Forl^
bewegungsaiiparat der Flttssifjkeit . dem Herzen, geworden. Die in
dem Flttssif^keitsstroin des Körpers kreisenden Elementarteile, Bhit-
luid Lymphzellen, bedürfen, je komplizierter der Stoffwechsel wird,
um so mehr der Erneuerung. Dies fahrt mir Entstehung besonderer,
als Brutstätte für Lympbkörperchen dienender Organe. Im Verlauf
der Lymphgefflfse und Lymphspalten finden an einzelnen Stellen im
Bindegewet:^ besonders intensive Zellenwucherungen statt. Die binde-
gewebige Gerflstsubstanz nimmt hier die besondere Modifikation des
retikulären oder adenoiden Gewebes an. Der sich bildende Üher-
schufs rrn Zellen tritt in die vorbeifliersende Lymphbahn über. Je
nachdem die lymphoiden Organe einen einfacheren oder zusammen-
gesetzteren Bau aufweisen, werden sie als soütäre und aggregierte
Follikel, als Lymphknoten und Milz \inti i schieden. Endlich bildet
sich an sehr vielen Stellen des Zwischenl hittcs . wie namentlich im
ganzen Verlauf des Darmkauais, glattes Muskelgewebe aus.
Nach diesem kurzen Überblick Über die Differenzierungsprozesse
im Zwischenhlatt gehen wir zur speziellen Entwicklungsgeschichte
der aus ihm hervorgeln nden OrgansiyBteme, besonders des BlutgefiLd»-
und des bkelettsystems, über.
I. Die Entwicklung: des Bluts^efftfssystems.
Das Gefftfssyst«'ni d<'r Wirbeltiere läfst sich auf eine sein ein-
fache Grundform zurückführen, nämlich auf zwei Blutgefäls^taiume,
▼on denen der eine oberhalb, der andere unterhalb des Darms in der
Längsrichtung des Körpers verläuft. Der dorsale Läugsstannn, die
Aorta, lierrf in dem Ansatz des dorsalen Mesenteriums, durch welches
der Darm an der Wirbelsäule befestigt ist, der andere Stamm da-
gegen ist in das ventrale Mesenterium eingebettet, soweit überhaupt
ein solches bei den Wirbeltieren noch zur Anlage kommt; er wandelt
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Die Organe des Zwiscbenblattes oder Meseucbyms.
339
sich fast ganz zum Herzen um. Das Herz ist daher nichts anderes als
ein eigenartig entwickelter, mit besonders starken Muskelwandungen
versehener Teil eines Hauptblutgefäfses.
A. Die Entwicklung des Herzens, des Herzbeutels und Zwerchfells.
1) Die erste Anlage des Herzens. Hier sind zwei verschiedene
Typen zu unterscheiden, von denen sich der eine bei den Selachiern,
Ganoiden, Amphibien und Cyklostomeu , der andere bei den höheren
Wirbeltieren, den Reptilien. Vögeln und SiUigetieren, vorfindet.
Bei den Amphibien, deren Verhältnisse wir der Beschreibung des
ersten Typus zugrunde legen wollen, entsteht das Herz sehr weit
vorn am embryonalen Körper, unterhalb des Schlunddarmes oder der
Kopfdarmhöhle (Fig. 331). Bis in diese Gegend dehnt sich die
emi)ryonale Leibeshöhle (/ä) aus und erscheint auf dem Querschnitt
zu beiden Seiten der Medianebene als ein enger Spalt. Beide Hälften
der Leibeshöhle werden durch ein ventrales Gekröse (vlig) voneinander-
Kig. 381. Querschnitt durch die Herzgegend von einem Embryo von
Salamandra maculosa, bei welchem der vierte Schlundbogen angedeutet
ist. Nach Rarl.
d Darmepithel, vm visoerales MittelMatt, ep Kpideriiiis, Ih vorderer Teil der
Leibeshöhle (Herzbeutelbrusthöhle), eml Endoiiard, p Perikard, vhg vorderes Herz-
gekrüae (Mesucardium antorius).
getrennt, durch welches die untere Fläche des Schlunddarmes mit
der Rumpfwand verbunden ist. In der Mitte des Gekröses sind seine
beiden Blätter, aus denen es sich entwickelt hat, etwas auseinander-
gewichen und lassen einen kleinen Hohlraum, die primitive Herz-
höhle, hervortreten. Diese wird von einer einfachen Zellenlage um-
geben, welche sich si)äter zum inneren Herzhäutchen oder zum Endo-
kard (end) entwickelt. Nach aulsen davon sind die angrenzenden
Zellen des mittleren Keimblattes verdickt; sie liefern das Material,
aus welchem die Herzniuskulatur (das Myokard) und die obertiäch-
liche Herzhaut (p) (l'ericardium viscerale) entsteht. Oben und unten
wird die Herzanlagc einerseits an dem Schlunddarm (d), anderseits
an der Rumpfwand durch den Rest des Gekröses befestigt, der sich
als ein dünnes Häutchen erhält. Wir bezeichnen diese beiden Partien
als die Aufhängebänder des Herzens, als hinteres und vorderes Herz-
gekröse (Mesocardiuni posterius und anterius) {vh(j). Von einem
Herzbeutel ist zu dieser Zeit noch nichts zu sehen, wenn wir nicht
22*
340
Fig.382. iklkmlflhdf di
d n
als sdlcliou den vonleren Abschnitt der Leibeshöhle bezeichnen wollen,
aus welchem sich, wie der weitere Verlauf lehren wird, haupts&chlicb
der Herzbeutel herleitet.
Beim zweiten Typus nimmt das Herz aus zwei getrennten,
weit voneinander abstehenden Hälften seine Entstehung, wie die Be-
funde l>eim HUhncheu uud Kaninchen aufs deutlichste lehren. Beim
mk* dm n Fiir :?'V_'-.m. DrelSchemmt»,
um die Bildung des Herseni
beim Hühncham aa erläutern.
M Nervenrohr I m MeaenchjB
des Kopfes, ifDftrmhfthle, dfF^iSlf
der I)!irni|ilatte. in denen sich ili«'
Endüthelsdcki bell des Her/.<ns
anlegen, h Kndotbelsäckcben de«
Heneii8,efcChordA,aijeibe8böbie,
ak, «I infteres, inn«m Kmmlilttt,
mk^ parietales MittcIMaft, mir* ris-
cerales Mitt*lblatt, aus dessen m-
dirkter Stelle sielt die Herzmns-
kulatar entwickelt, dn Darmnaht,
in welcher die beiden Darmfalten
verschnii»lz('ii simi , ilh 'I\m1 des
Darmdrüsenblattes, der sich vom
Epitiiel der Kopfdarmhöhle in der
Darmnaht ab|G:etreniit hat und dea
Dotter aiifliejjt. f dorsales Meso-
cardiiim oder Ik-rzgekrftM, • »«•
trales Uerzgekröse.
Fig. 832. Das jQngste Stadial
seigtdieEinfalttinKdorDarmplattCk
infolge deren sieb die Kopfdaim*
höhle bildet. In den Firsten der
Darmfaiten haben sich zwiscbea
innerem Keimblatt nnd Tisceralea
Mittelblatt ilie beiden Endothel-
sftckcben des Herzens angelefU
Fig. .'-Ö3. Etwas älteres Stadium.
Die beiden Darmfalten (Fig.S32d/)
sind in der Dartnnaht {dn) n-
sammenget roflen , so daT- beide
Endotbelsackeben des Herzens ia
der Medianebene unterhalb der
Koptdarmhdlile dicht lataamen*
liegen.
h'ifi. -VM. Ältestes Stinliura.
Der die Kopfdarmhöhle (<i) aus-
Ideidende l^il des Darmdrfksea-
blattes bat sieb in der Darmnabt
(Fig. dfi) vom übrigen Teil des
Darmdnist'nblattes, der dem Dotter
Fig. 834. hdbhmk*ih «»fli«gt abgetrennt, so daft
" beide Endothelsiekeben des
Ilcr/.ens aneinanderstofscn nnd etwa!5 später vrrscliriicl/pn. Sie liegen in einem
von den visceralen Mittelblättern gebildeten Herzgekrot-e , Mesocardium, an
welchem man einen oberen und unteren Teil (Mesocardium superius f und Mesi^
cardium inferias *} unterscheiden kann. Durch das Herzgekröse wird die priai*
tive l^ibeshöhle vorübergehend in iwei Abtrilungen getrennt
Hühnchen lassen sich die ersten Spuren seiner Anlage schon bet
Embryonen mit 4— t) Ursepmonten zu einer Zeit nachweisen, wo die
Keimblätter noch tlächeuartig ausgebreitet sind, und wo die Kopf-
dannhOhle in der ersten Entwicklung begriffen ist. Letstere entsteht,
Digitlzed by Google
Die OrgUA des Zwiaehenblattes oder Hesenchyau.
341
wie schon früher (S. 131) hervorgeho]>en wurde, dadurch, dafs sich
die Darmplatteu zusamueulegen und einander eutgegeuwachseu. Unter*
sucht 1I18D DHU die Firsten der eben in KMmng begriffenen Darm-
falten nüher (Fig. 332 dp, so bemerkt man, daÜi an ihnen das viscerale
Mittelhlatt etwas verdickt ist, sich aus gröfseren Zellen zusammen-
setzt und von dem DarmdrUsenblatt durch einen wohl mit gallertiger
Gmndsnbstanz gefällten Zwisehenranm getrennt wird. In letzterem
liegen einige isolierte Zellen, die später eine kleine Höhle, die primi-
tive Herzhöhle (h), umgrenzen. Hierbei iiehiiien die Zellen eine mehr
endotheliale Beschatl'euheit an. Während die Darnifalten einander
eutgegenwachsen, vergröfsem sich die beiden Endothelschläuche und
treiben den verdickten Teil des visceralen Mittelblattes vor sich her,
so dafs er einen flachen, wulstartijjen Vorsprung in die primitive
Leibeshöhle bildet. Diese dehnt sich auch bei den Kmbryonen der
Fig. 3:i') u. 336. Querschnitt daMb den Xqpf elXMe XUlilloheiis von
gleichem Alter wie in f ig. 139. Aus Külloom,
Flg. SM ist ein Teil von Fig. 935 in starkeier Verffrölsennig.
rf JUirkenfurcht', mp MeduUarplatte, rtr Uiu kenwulst, h iuifsert'^ Ki'imblatt,
thi inneres Keimblatt, dd' Chordaverdickuufi; de!>sellK'u, 8p ungeteiltes .Mittelblatt,
hp parietales, dfp viieermles Mittelblatt, ph Perikardialtdl der Leib^höhle, ahh
Muskelwand des Herzens, «Mk Endolbelschicht des üersens» ma seitliehest un-
geteiltes Mittelblatt, bw Daimfiilte, aus der sieh die Tentmle Sdiloiidwiad bildet
höheren Wirl)eltiere nach vorn in der embryonalen Anlage, gleicliwie
l>ei den Aniphiltieii , bis zum letzten Schlundlm^eu aus und hat hier
den besonderen >iauien der iialbhölile oder Tarietalhohle erhalten.
Bei ftiteren Embryonen (Fig. 333) haben sieh die beiden Dann-
falten in der Medianebene mit ihren Firsten getroffen, wol)ei natürlich
auch die beiden Herzschläuche nahe aneinander gertlckt sind. Es
tritt dann ein Verse hmelzungsprozeis zwischen den entsprechenden
Teilen der beiden Darmfalten ein. Zuerst verschmelzen die Darm-
drOsenblätter untereinander. Auf diese Weise entsteht (Fig. 3:33)
unter der Chorda dorsalis (ch) die Kopfdarmhöhle (d): sie löst sich
darauf vom übrigen Teile des DarmdrUsenblattes (Fig. 334 db) ab,
welcher dem Dotter aufliegen bleibt und zum Dottersadt wird. Unter
342
ZwAlftet Kapitel.
der Küpidarmhöhle sind die beiden Herzschläuche nahe zusammen-
gerflckt, 80 daft ihre beiden Hohlrftiune nur noch durch ihre eigene
Endothelwand voneinander getrennt werden. Durch Einreifsen der-
selben geht bald aus ihnen ein einfacher ITerzschlauch (A) hervor Fr
wird nach der Leibeshöhle zu vom visceralen Mittelblatt (mk^) über-
zogen, dessen Zellen sieh im Bereich der Herzanlage durch grOl^re
Länge auszeichnen und das Material ftir die Herzmuskulatur liefern.
Wälirond das innere, cnrlotlielialc Häutchen nur zum Endokard wird.
Die ganze Heizanlage liegt, wie bei den Amphibien, in einem
Tentraleu Mesenterium, dessen oberer Teil, der vom Herzen zur Kopf-
darmhöhle reicht (Fig. 834 t), &ueh hier als dorsales Hei z<:ekröse oder
Mesocardium posterius, und dessen unterer ventraler Teil (*) als
Mesocardiuin anterius bezeichnet vrerden kann. Das letztere bildet
sich bei den Hühner-Embryonen, sowie sich der Herzschlauch zu ver-
Iftngern und S-förmig zu krflromen beginnt , sehr frühzeitig znrQck.
Älinliclie Befundf liefern Durclisclinitte durtb acht und neun Tage
alte K a n i n c h e n - K in b r y o n e n , bei denen die paari iren Anlagen des
Herzeus (Fig. ii^ö u. ÖiJO) sich sogar noch früher als beim Hühnchen,
schon zu einer Zeit entwiekeln, wo das flftchenartig ausgebreitete
Darmdrüsenblatt sich noch nicht einzufalton begonnen hat. (Man ver-
gleiche auch die Erklärung der beiden Figuren 335 u. YMi.)
Bei den eben skizzierten Entwicklungsprozessen läfst sich die
Ftage aufwerfen, in welchem Verhältnis die paarige und die unpaare
Anlage des Herzens zueinander stehen. Hierauf ist zu erwidern, dafs
die unpaare Anlage des Herzens, welche sich bei den niederen Wirbel-
tieren vorhndet, auch als die ursprüngliche zu betrachten ist. Auf sie
IftTst sich die doppelte Herzbildung, so abweichend sie auch auf den
ersten Blick zu sein scheint, doch in ungezwungener Weise zurück-
führen. Ein einfacher Herzschlaucli kann sich bei den höheren Wirbel-
tieren deswegen nicht entwickeln, weil zur Zeit, wo seine Bikluog
erfolgt, ein Kopfdarm noch gar nicht existiert, sondern nur die An-
lage dazu in dem tiiiehcnhiift ausgebreiteten Darnidrüsenblatt gegeben
ist. Es sind die Teile, welche (Vir vinttrale Wand des Kopfdarmes
später ausmachen, und in welchen sich das Herz entwickelt, noch in
zwei Bezirke getrennt; sie liegen noch links und rechts in einiger
Entfernung von der Medianebene. Wenn daher zu dieser Zeit schon
die Herzliildung vor sieh j^ehen soll , so mufs sie in den getrennten
Bezirken erfol^'en, welelie sich beim Einfaltungsprozefs zum einfachen,
ventralen Bezirk verbinden. Es müssen also zwei Gefäfshälftcn ent-
stehen, die gleich den beiden Darmfalten nachtrAglich verschmelzen.
2) Die UmwandlnujüT des HerzNchlanch» in ein gekammertes
Herz. In der ersten Zeit der embryonalen EntwickliuiL /eiehiiet sich
das Herz, <ias als gerader Schlauch in das Mesocardiuni eingelwjttel
ist (Fig. 331), durch ein sehr bedeutendes, namentlich in »ler Längs-
richtung vor sich gehendes Wachstum aus; es wird daher bald ge-
zwungen, sicli in der Halshöhle zu einer S-f örni i j^M-n Schlinge
zusanimt^nzukrümmen (Fig. 2til>). Es nimmt dann am Hals eine der-
artige Stellung ein, dafs die Krümmung des S, welche die Dotter-
irenen empfängt, oder sagen wir kurz, der venOse Abschnitt nach
hinten und links, die andere Krümmung oder der arterielle Ab-
schnitt, wclrlicr die Aortenbogen ahgil>t, nach vorn und rechts zu
liegen kommt (Fig. 337). Bald aber ändert sich die Ausgangsstellung
(Fig. 337 u. 345), indem die beiden Krümmungen des S eine ändere
uiLjiiizuü Dy Google
Die Organe des Zwiscbenblattes oder Mesenchyms.
343
Lage zueinander einnehmen. Der venöse Abschnitt bewegt sich kopf-
wärts, der arterielle dagegen mehr nach entgegengesetzter Richtung,
bis beide nahezu in derselben Querschnittsebene liegen. Dabei drehen
Ta
vh
ho
Ta
ok
Iho
rho
Ta
Fig. 387. ■ Fig. 338.
Fig. H87. Herz eioes menBchliohen Embryo von 2,15 mm Körperlänge
(Embryo Lg). Nach His.
K Kammer, Ta Trunrus nrteriosus, F venöses Ende des S-formig gekrümmten
Ilerzschlauchs.
Fig. :3;i>'. Herz eines menBOhliohen Embryo von 4,8 mm Nl. (Em-
bryo Bl). Nach Hiö.
k Kammer, Ta TruniMis arteriosus, ok Ohrkanal (Canali.s auricularis), vh Vor-
hof mit den Herzohren ho (Auriculae cordis).
sie sich auch um die Langsachse des P'mbryo. und zwar rückt die
venöse Schleife mehr dorsalwärts, die arterielle dagegen veutralwRrts.
Von vorn gesellen, decken sich beide, nur hei seitlicher Ansicht ist
die S-förmige Krümmung des
Herzschlaucbs deutlich zu er-
kennen. Durch den sich ver-
gröfsernden Herzschlauch wird
der vorderste Abschnitt der
Leibeshöhle schon jetzt und
noch mehr auf späteren Stadien
stark ausgedehnt und erzeugt
einen weit nach aufsen vor-
springenden, sehr dünnwandigen
Höcker (Fig. 34(;). Da das Herz
den Höcker vollständig ausfüllt,
nur von der dünnen , durch-
scheinenden und eng anliegen-
den Rumpfliaut, der Membrana
reuniens inferior von Rathkk,
überzogen, sieht es aus, als ob
es zu dieser Zeit ganz aulser-
halb des embryonalen Körpers
gelegen sei.
Nach Ablauf der Drehungen
vollzieht sich am S-förmig gekrümmten Schlauch auch eine Sonderimg
in mehrere hintereinandergelegene Abteilungen (Fig. 338 u. 340). Es
setzen sich der weiter gewordene venöse und der arterielle Teil durch
st
rk
Ik
Fig. .339. Herz eines mensohliolien
Embryo der fünften Woohe. Nach His.
rk, Ik rechte, linkt* Kammer, ni Sulcus
interventrii-iilaris, Ta Truncus arteriosus,
ttio, rho linkes, rechtes Ilerzohr.
844
ZwUflta« Kapitel.
eine tiefe Eiuschnttriing (oJc) frogeneinander ah und können nun als
Vorhol (Atrium) (vh) und Kauimer (k) (Ventriculus), sowie die
verengte Stelle zwischen beiden nach einer von Haller eingeführteu
Bezeichnung als Ohrkanal (ok) unterschieden werden. Der Vorhof
gewinnt dabei eine aulfälli^^t* Gestalt, indem seine beiden Sciten-
wände weite Aussackungen, die Heizohren {ho) (Aurieulae cordis).
entwickeln; letztere wenden sich mit ihrem Ireien Rande, der bald
auch einige Kinkerbungen erhält, nach vom und legen sieh spater
immer nudir um den arteriellen Teil des Herzens, um den Trunens
arterinsiis i 7Vr) und einen Teil der KMiiini'^rotnnHiu he herum.
Der Ohrkanal (Fig. i540) ist eine bei Lmhrvonen ;iut untrrscliiedfne,
engere Stelle des Herzschlauchs. Indem sich sein Eudothelrohr iu
sagittaler liichtung stark abplattet, bis seine Wandscbichten beinahe
zur I'crijhrunt,' kommen, wird die Verbindung' /wiselien Vorhof und
Kammer zu einer eniien queren Spalte. Hier entwickeln sich später
die A t r i 0 V e n t r i k u 1 a r 1 a |> p e n.
Die Kammeranlage stellt vorübergehend einen gekrümmten
Schlauch dar (Fig. -^-^7 u. 338 k), welcher aber bald seine Form vcf-
Ändert. Denn srhfui frfili/oitig macht sich an seiner vorderen und
hinteren !• hiclie eine .seielite, von oben naeh unten verlaufende Furche
bemerkbar, der Sulcus interventricularis (Fig. 339 .<ff), und
läl'st äufserlicb eine linke und eine rechte Kammerhftlfte unterscheiden.
Die letztere ist die engere und setzt sich nach oben in den Truncus
arteriüsus i 'Ju) fort, dessen Anfang etwa^ erweitei t ist und als Bulbus
bezeichnet wird. Zwischen Bulbus und Kammer liegt eine nur wenig
verengte Stelle, das Fretum HalJeri, an welchem sich sp&ler die
Semilunarklappen anlegen.
Während der äufserlich sichtbaren Formvprjtnderung gehen auch
in der feineren Struktur der Herzwftnde, die zuerst aus zwei inein-
audergesteckten Schlauchen bestehen, die durch einen mit Gallerte ge-
fllllten Zwischenraum getrennt sind, einige Veränderungen vor sieb. Das
innere oder e ti d o t h e 1 i a 1 e R o b r stellt im allgemeinen ein ziemlich
naturgetreues Abbild des Muskelscblauches dar, doch so, da Ts an ihm
die engeren und die weiteren Absclinitte schärfer voneinander abgesetzt
sind; »es verh< sich seiner Form nach zum Gesamtherxen, als ob es
ein stark geschrumpfter, innerer Ausgufs dessellwn wäre" (His). Das
äufsere Rohr wird zum Muskel sc hl auch und läfst schon zu der
Zeit, wo die S-förmige Krümmung eingetreten ist, deutliche Zi^ge von
Mnskelfibrillen erkennen. Auf späteren Stadien machen sich in der
Entwicklung Unterschiede zwischen Vorhof und Kammer bemerkbar«
Am \"orhot" verdickt sich die Muskehvand gleicliniiirsig zu einer kom-
pakten Platte, welcher sich das Eudothelrohr unmittelbar von innen
anlegt. An der Kammer dagegen findet gleichsam eine Auflockernng
der Muskelwand statt. Ks bilden sich zahlreiche, kleine Balken von
Musk( l/cllen . welche in (b ii m1 (mi erwähnten 7v:i<i'!ieii);inm zwischen
den beiden Sciiluucheu vorsprmgen und sich untereinander zu einem
grofsmaschigen Netzwerk vereinigen. Bald legt sich das Eudothel-
rohr des Herzens, indem es nach aulsen Aussackungen treibt, den
Muskelbalki 11 innig an und umgibt jeden einzelnen mit einer be-
sonderen Hülle (His). So entstehen in der schwammfönnig ge-
wonlenen Wand der Kammer zahlreiche von Endothel ausgekleidete
Spaltrftume, welche nach der Oberflftche des Herfens abgeschlossen
uiLjiiizuü Dy Google
I
Die Organe des Zwischenblattes oder Meaencbyms.
345
nndy aber mit dem zentralen Binnenraum kommuniziereD und wie
dieser den Blatstrom in sich aufnebmeiu
Das embryonale Herz des Menschen und der s;hi2otiere gleicht
in seiner ersten BeschatTenheit, wie sie bisher l>eschnobeu worden ist,
den Hersen der niedrigsten Wirbeltiere: der Fische. Hier wie dort
besteht 68 aus einer das Venenblut aus dem Körper aufnehmenden
Abteilung, dem Vorhof, und aus einem dns Blut in die arteriellen
Gefälse hineintreibenden Abschnitt . der Kammer. Demeiiti^prechend
ist auch der Blutkreislauf noch ein einfacher, ein ein-
heitlicher. Dies ändert sich im Tierreich wie im embryonalen
Leben mit der E n tw i ck 1 u n der Lungen, mit deren Auf-
treten oinp Verdoy)i)elunfi des Herzens und des Blut-
kreis 1 u u 1 s u ü g e h a Ini t wird. Die Veränderung erklart sich aus
dem LageTerhältniR der beiden Lungen zu dem Herzen.
Die Lunp:en nilnilich entstehen in nilchster Nähe des Herzens durch
Ausstdipung aus dem Vnrderdarm (Fig. 340 /jr). Sie empfangen daher
auch ihr Blut aus einem dem Herzen ganz nahegelegenen Arterienstamm,
aus dem letzten, vom Truncus arteriosus sieh abzweigenden Aorten-
bogen; desgleichen geben sie das liUngenvenenblut direkt wieder
dem Herzen zurück, und zwar durch kurze Stamme, die Lungenvenen,
welche Units von den grofseu Veuenstämmen, ursprünglich zu einem
einzigen SammelgeiUfs vereint (Born, ROsb), in den Vorhof einmfinden.
Somit gelangt das unmittelbar aus dem Herzen in die
Lungen strömende Blut auch unmittelbar wieder zum
Herzen zurück. Hierin ist die Vorbedingung für einen
doppelten Kreislauf gegeben. Er wird in die Erschei-
nung- treten, wenn sich der Lungen- und der Körper-
blutstrom auf der Icut/en Strecke der Gefafsbahn,
welche beide gemeinsam durchlaufen (Vorbof, Kammer und
Truncus arteriosus), durch Scheidewände voneinander ab-
setzen.
Der Trennungsprozefs beginnt im Wirltelti« rstnuim bei den
Dipneusten und Amphibien, bei welchen die Luiin natniung zum
ersten Male eintritt und die Kiemenatmung verdrängt; bei den
amnioten Wirbeltieren vollzieht er sieh während ihrer embryonalen
Entwicklung, indem sich Scheidewände bilden, welche Vorhof und
Kammer in getrennte linke und rechte Abteilungen und den Truncus
arteriusus in Arteria pulmonalis und Aorta zerlegen.
Die Scheidewände entstehen in jeder der d^ei genannten Ab-
teilungen des Herzens getrennt für sich. Am Vorhof, der eine Zeitr
lanfr den weitesten Abschnitt des Herzschlauchs darstellt (Fig. H4ü),
macht sich beim Menschen schon iu der vierten Woche eine Souderung
in eine linke und eine rechte Hälfte (/t- u. rv) bemerkbar, indem an
seiner hinteren und oberen Wand sich ein Vorsprung in senkrechter
Richtun;^ bildet: die erste Andeutung der Vtirliofsscheidewand
oder das Septura atriorum. Beide Hälften unler&cheiden sich schon
jetzt dadurch, dafs sie verschiedene Venenstilmme aufnehmen. In die
rechte Abteilung ergiefsen die Dotter- und Nabelyenen sowie die
erst spAter zu besprechenden CuviEvt-^i-lif ii r,.tn^'(' ilir Blut, alier nicht
direkt und durcli einzelne besondere OilnunjJieu, sondern nachdem sie
sich zuvor in der Nähe iles Herzens untereinander zu einem grofseu
venösen Sinus (sr) (dem Sinus venosus oder Sinus reuniens) verbunden
haben. Derselbe liegt dem Vorhof unmittelbar an und kommuniziert
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Zwölftes Kapitel.
mit ihm durch eine in der hinteren Wand gelegene, weite Öflfnung,
die links und rechts von je einer grofsen Venenklappe (*) begrenzt
wird. In die linke Abteilung mündet nahe der Vorhofsscheidewand
nur ein kleines Gefflfs, das in schräger Richtung die Herznmskulatur
durchsetzt; es ist die oben erwähnte unpaare Lungenvene, die gleich
aufserhalb des Vorhofs aus vier Ästen entsteht, von denen je zwei von
einem der in Anlage begriffenen LungenHtigel herkommen.
Im weiteren Verlauf der Entwicklung wächst nun die Vorhofs-
scheidewand allmilhlich von oben nach unten herab, bis sie die Mitte
des Ohrkanals trifft (Fig. 341 si). Auf diese Weise würden schon
früh zwei völlig abgetrennte Vorhöfe zustande kommen, wenn sich
nicht im oberen Teil der Scheidewand, noch während sie nach unten
herabwächst, eine Öffnung gebildet hätte, das spätere Foramen ovale,
welches bis zur Zeit der Geburt zwischen beiden Abteilungen eine
Fig. IMO. Fig. :341.
Fig. 340. Hers eines mensohllchen Embryo von 10 mm Nl., hintere
Hälfte des geöffneten Herzens. Nach His.
As Kui)iiiier!M'lieiÜL>waii(l , Ik, rk linke, reihte Kammer, 6k Ohrkanal, Ir, rv
linker, rechter Vorhof, »r Einmündung des Sinus reuniens, rs Vurhofsscheidewand
[Vorhofssichel (Mi»), Septum primuin (Höh«),] • Eustachische Klappe, P.« Septum
Spurium.
Fig. Hintere Hälfte eines geofiftaeten Herzens eines menschlichen
Embryo der fünften Woche. Nach His.
Aw Kammersrheidewand, Ik, rk linke, rechte Kammer, si unterer Teil der
Vorh<»fsschcidewand | Septum intermediuin (Iiis)], Iv, rv linker, rechter Vorhof,
sr Einmündung des Sinu.s reuniens, vs Vorhofsscheidewand [Vorhofssichel (lhs\
Septiun secundum (Bokn)], Ps Septum spurium, * Eustachische Klappe.
Verbindung herstellt (Fig. :U1). Die Öffnung ist entweder dadurch
entstanden, dafs sich das Sejttum atriorum in einem Bezirk verdünnt
hat oder eingerissen ist, oder dadurch, dafs es an dieser Stelle von
Anfang an überhaui)t unvollständig gewesen ist, wie es denn beim
Hühnchen z. l\. von mehreren kleinen Löchern durchbohrt ist. Später
weitet sich dann das Foramen ovale noch mehr aus, indem es sich
den jeweiligen Zirkulationsbedingungen aupatst.
Das Herabwachsen der Vorhofsscheidewand hat noch zur unmittel-
baren Folge die Trennung des Ohrkanals in die linke und die rechte
Die Organe des Zwischenblattes oder Meeeuchyms.
347
Atrioventrikularöffnung (vergl. Fig. 340 olc u. 341). Die Öffnung des
Ohrkanals in die Kammer oder das Foramen atrioventriculare commune
(Fig. 342 F.av.c) stellt nämlich einen von links nach rechts verlaufenden
Spalt dar, der beiderseits von zwei wulstigen Lippen {o.eh u. u.ek)
(den Atrioventrikularlippen Lindes oder den Kndothelkissen Schmidts)
begrenzt wird. Die Wülste sind aus einer Wutrherung des Endokards
hervorgegangen und bestehen aus einer gallertigen Bindesubstanz und
einem Endothelüberzug. Mit ihnen verschmilzt alsbald die Vorhofs-
scheidewand, wenn sie bis zum Ohrkanal herabgewachsen ist, längs
ihres freien, unteren Randes (Fig. 341 s/); dadurch wird der Ohr-
kanal in eine linke und rechte Atrioventrikularöffnung (Ostium atrio-
ventriculare sinistrum und dextrum) (Fig. 343 F.av.d u. F.av.s) zer-
Pii 8 Ao Pu » Ao Oi
Fiß. 342. Fig. m.
Fig. 342 u. 343. Zwei Schemata (nach Bosm), um die liageverBohiebuiigen
des Ostium atrioventriculare zum Ostium interventrioulare , sowie die
Trennung der Ventrikel und g^ofsen Arterien au verdeutlichen. Die Ven-
trikel sind halbiert gedarbt; man sieht in die hintere Hälfte, in welcher übrigens
zur Vereinfachung des Bildes die Ilerzbalken etc. weggelassen sind.
Fig. :142. Hers von Kaninchen-Smbryonen von 3,6 — 5,8 mm Kopfl.
Die Kammer ist durch die Kammerscheidewand (ks) bis auf das Ostium inter-
ventriculare {Oi) in eine linke und rechte Ilulfte zerlegt. Das Foramen atrio-
Tentriculare commune (F.nvc) reicht mit seinem rechten Ende in den rechten
Ventrikel hinein: die Endokardkissen sind ausgebildet.
Fig. :U:3. Hera von Kaninchen -Embryonen von 7,5 mm Kopfl. Die
Endokardkissen des Furamen atrioventriculare commune sind verschmolzen, und
dadurch ist das F. atrioventr. com. Jetzt getrennt in ein For. atrioventr. dextrum
(F.av.d) und sinistrum (F.ae.s). Die Kammerscheidewand {ks) ist mit den Endokard-
kissen ebenfalls verschmolzen und noch bis zur Scheidewand (s) des Truncus
arteriosus hinaufgewachsen. Der Kest des Ostium interventriculare iOi) bildet
durch seinen Verschlufs das Septum mcmbianaceum.
rk, Ik rechte und linke Kammer, kn Kammerscheidewand, Pn Art. j)ulmonalis,
Ao Aorta, « Scheidewand des Truncus arteriosus, Oi Ostium interventriculare,
F.av.c Foramen atrioventriculare commune, F.ao.d und Fac.s Foramen atrio-
ventriculare dextrum und sinistrum, o.ek, u.ek oberes und unteres Endothel- oder
Endokardkissen.
legt, und gleichzeitig wird der die Öffnung ursprtlnglich begrenzende,
dorsale und ventrale Endokardwulst ein jeder in seiner Mitte halbiert
(o.ek und u.ek). Die dorsalen Teilstücke verschmelzen alsdann mit
den entsprechenden Stücken der entgegengesetzten Seite und erzeugen
so an dem unteren Rande der Vorhofsscheidewand (Fig. 341 si) zwei
neue Wülste, vou denen der eine in die linke, der andere in die rechte
348
Zwölftel KapiteL
Atrioventrikularörtnuiig vorspringt und die Grundlage fttr je eine
mediale Zipfelklappe abgibt.
Kieht viel spftter als der Vorhof beginnt aueh die Kanuner ihre
Selieidewaiid zu erhalten. Am Eiule des ersten Monats hat sich ihre
Muskulatur erheblich verdickt. Muskelbalken sind entstanden, die in
das Innere der Kammer weit vorspringen und sich untereinander zu
dnem schwammigen Gewebe verbinden, dessen zahlreiche Spalten mit
der eng gewordenen Herzhöhle zusammenhängen und gleichfalls den
Bhitstrom hindurciipassieren lassen. An einer Stelle ist die Muskulatur
besonders verdickt und bildet eine nach innen vorspringende, halb-
mondförmige Falte: die Anlage der Kammerscbeidewand
(8eptum ventriculorum) (Fig. 840—343 ha). Die Falte nimmt von
der unteren und liinteren Wand der Kammer ihren Urspr«n<r in der
Gegend, welche durch den schon früher erwähnten Sulcus inter-
ventricularis (Fig. 339 si) nul'serlich gekennzeichnet ist Ihren
freien Rand hat sie nach oben gerichtet und wächst mit ihm dem
Arterienbulbus und der AtrioventrikularöfTnung entgegen. Letztere
liegt ursprünglich mehr in der linken Hälfte der Kammer (Fig. 342
F.av.c), erst allmählich rückt sie mehr nach rechts herüber und nimmt
schtiefslich eine solche Stellung ein, dafs die Kammerscheidewand bei
ihrem Emporwachsen sie gerade in <lt i Mitte trifft und der Ansatz-
stelle der Vorhofsscheidewand gegenüber mit ihr verschmilzt (Fif;. :U1
u. 343). Die Trennung der Kammer ist beim Menschen schon in der
siebenten Woche eine vollständige. Aus dem Vorhof, dessen beide
Abteilungen durch das ovale Fenster verbunden sind, wird jetzt das
Blut durch ein linkes und rechtes Üstiuni atrioventriculare in eine linke
und in eine rechte vollständig getrennte Kammer übergeleitet.
Die beiden AtrioventrikularOfihungen sind bei ihrer Entstehung
eng; sie werden teils von den oben erwähnten, an der Scheidewand
vorspringenden Endokardwiilsten umsäumt, teils von cTitsprechendeu
Wucherungen des Endokards au ihrer lateralen Girkumlerenz. Die
membran(isen Voispi iinge lassen sich primitiven Taschenklappen, wie
sie auch im Arterienbulbus zur Anlage kommen, vergleichen (Gegen-
bai it): sie )iild< n den Ausgangspunkt fttr die Entwicklung der mäch-
tigen Atrioventrikularklappen.
Ks bleibt uns jetzt noch die Zweiteilung des Truncus arteriosus
und die definitive Umgestaltung des Yorhols zu untersuchen übrig.
Etwa zur Zeit, wo die Scheidewandbildung in der Kammer erfolpt,
plattet sich der aus ihr entspringende Truncus arteriosus etwas ab
und erhält eine spaltförniige Höhle. An dun platten Seiten treten
zwei leistenförmige Verdickungen auf (Fig. 342 u. 343 s). wachsen
einander entgejien und zerlegen die Höhlung, indem sie verschmelzen,
in zwei auf dem Quersclinitt dreieckip: erscheinende Gänge. Jetzt
markiert sich auch üufserlich der Eintritt der im Innern geschehenen
Trennung durch zwei Lilngsfurehen in Ähnlicher Weise, wie an der
Kammer die Schcidewandbildung durch den Sulcus interventricularis
an^xedentet wird Die beiden durch Teilung entstandenen Kanäle
sind die Aorta und die Pulmonalis {Ao und Pu). Eine Zeitlaug sind
sie noch mit einer gemeinsamen Adventitia umgeben, dann weichen
sie weiter auseinander und werden auch äufserlich getrennt. Der
ganze Trennnngsprozefs im Truncus arteriosus verläuft unabhängig
von der Entwicklung einer Scheidewand in der Kammer, wie er denn
oben zuerst beginnt und von da aus nach abwftrts fortschreitet. Gans
Die Organe dee ZwiachenblatteB odef MeMachjmt.
349
zuletzt tritt das Aorteoseptum auch in den Kammerraum selbst ein
(Fig. 343 $ 9, 1a), aetst sieh mit der dort selbstSBdig entwickelten
Kammerscheidewand in Verbindung, liefert den als Pars membranacea
hrkannten Teil (Oi) und vollendet so die Sonderung der Abflufs-
babueu aus dem Herzen ; die Aorta wird der liukeu , die Pulmonalis
der racliten Kammer zugeteilt.
Die Pars membranacea bezeiebnet also am ausgebildeten Herzen
die Stelle, an welcher die Trennung zwischen linkem und roi'htom
Herzen zuletzt zustande gekommen ist (Fig. 343 Oi). «Sie ist gleich-
sam der Schlofesteiu in der d^nitiven Scheidung des iirimitiTen
einfachen Herzschlauches in die vier sekundären HerzrSume, wie wir
sie bei den Vö^jeln und Säugetieren finden." (Röse.) In vergleichend-
aoatomischer Beziehung bietet diese Stelle noch dadurch ein be-
sonderes Interesse dar, dafs bei den Reptilien an ihr eine Öffnung
zwischen beiden Kammern, das Foramen Paniisae, dauernd bestehen
bleibt.
Schon vor der Trennung des Truncus arteriosus haben sich auch
die Seniiluuarklappeu als vier Wülste, die aus Gallert-
gewebe mit einem Überzug vom Endo-
thel bestehen, an der als Fretum
H all eri bezeichneten, verengten Stolle
angelegt Zwei von ihnen wenicu bei
der Scheidung des Trnneus in Aorta und
Pulmonalis halbiert. Auf jedes Gefäfs
kommen daher jetzt drei Wülste, die
durch Schrumpfung des Gallertgewebes
die Form von Taschen annehmen. Ihre
Anordnung wird aus der Entwicklung
verständlich, wie das nebenstehende
Schema (Fig. 344) zeigt. „Indem der
ursprünglich einheitliche Bulbus arte*
riosus {A) sich in zwei Kanäle (B)
scheidet, verteilen sich die knötrh iiformi jcn Anlagen von ursprüng-
lich vier Klappen derart, dafs eine vordere und die vorderen Hälften
der beiden seitlichen auf den vorderen Arterienstamm (die Pulmonalis),
eine hintere und die hinteren Hälften der beiden seitlichen auf den
hinteren Arterienstamm (Aorta) treffen." (GK«:FNR\rK.)
W^as schlielslich noch den Vorhof betiifft fo frfaliren hier der
schon auf S. 345 erwähnte Venensinus, die t.inuiuüduug der Lungen-
venen und das ovale Loch wichtige VerAnderungen. Der Venen-
sinus geht als selbstilndige Bildung zugrunde, indem er allmählich
in die Wand de« \'orli(»fs mit aufgenommen wird. Die grofsen Venen-
stämme, die ursprünglich ihr Blut in ihn ergossen haben, und die sich
mittlerweile in die obere und die untere Hohlvene und in den Sinus
coronarius umgebildet haben, wovon der Abschnitt D das Nähere
bringt, münden infolgedessen direkt in die rechte Hälfte des Vorhofs
ein und rücken hier nach und nach weiter auseinander. Von den
beiden Klappen, welche, wie froher erwfthnt wurde, den Eingang des
Venensinus ums&umten, verkümmert die linke (Fig. 340 u. 341), die
rechte (*) dagegen erh;11t sirh an der Einmündung der unteren Ilohl-
vene und des Sinus coronarius und sondert sich diesen entsprechend
in einen gröfseren und kleineren Abschnitt; der erstere wird zur
Yalvttla Eustaehii, der letztere zur Valvula Thebesii.
A B
9
Fig. S44. Selwm» sar An-
ordnvng der Art«rl«iiklappen.
Ans n K(. i:?<DAi'R.
Ä ( iigeteilUjr Truncus arterio-
>us mit vier Klappcnanlagen. B
Teilung in Pulmonalis (p) und Aorta
(aX deren jede drei Klappen besitzt
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350
Zwölftes Kapitel.
Die vier Lungen venen vereinigen sich eine Zeitlang zu
einem gemeinsamen, kurzen Stamm, der in die linke Hälfte des Vor-
hofs einmündet. Später weitet sich das gemeinsame Endstück be-
trächtlich aus und wird in ähnlicher Weise wie der Venensinus in
die Herzwand mit aufgenommen. Infolgedessen öffnen sich dann die
vier Lungenvenen getrennt und direkt in den Vorhof.
Das ovale Loch, dessen Entstehung früher geschildert wurde,
unterhält während des ganzen embryonalen Lebens eine weite Ver-
bindung zwischen den beiderseitigen Vorhöfen. Es wird von hinten
und unten begrenzt durch die Vorhofsscheidewand, eine bindegewebige
Membran, die später den Nanjen der Valvula foraminis ovalis erhält
(Fig. 341). Auch von oben und vorn bildet sich eine schärfere L^m-
grenzung aus, indem eine Muskelleiste von der Vorhofswaud nach
innen vorspringt, die vordere Vorhofssichel oder der Linibus Vieussenii
(vs). Im dritten Monat sind alle diese Teile schon sehr deutlich ent-
wickelt; es reicht die Valvula foraminis ovalis schon bis nahe zum ver-
dickten Hand der vorderen muskulösen Sichel heran, weicht aber
mehr schräg in den linken Vorhofsteil hinein, so dafs ein weiter Spalt
offenbleibt und dem Blute der unteren Hohlvene den Eintritt in den
linken Vorhofsteil gestattet. Nach der Geburt legen sich vordere und
hintere Falte mit ihren Rändern aneinander und verschmelzen mit
nicht seltenen .\usuahmen vollständig. Die hintere Falte liefert den
häutigen Verschlufs des Foramen ovale, die vordere erzeugt mit ihrem
verdickten, muskulösen Rand oben und vorn den Limbus Vieussenii.
Hiermit hat das Herz seine bleilK?nde
Ausbildung erlangt.
Während der Herzschlauch die
komplizierten Sonderungen erfährt,
verändert er seine Lage im embiyo-
nalen Körper und erliält frühzeitig
eine besondere Lmhüllung durch den
Herzbeutel. Im Zusammenhang damit
bildet sich das Zwerchfell als Scheide-
wand zwischen Brust- und Bauch-
höhle aus.
Die Entmicklung des Herz-
beutels nnd Zwerchfells. Die Son-
derling der primären fjelbeshöhle
in Herzbeutel-, Brust- uud Bauch-
höhle. Ursprünglich besitzt die Leibes-
höhle eine sehr weite Ausdehnung im
onibrvoualen Körper, denn sie läl'st
sicli bei den niederen Wirbeltieren bis
in die Ko]>fanlage hinein verfolgen,
wo sie die Schlundbogenhöhlen liefert.
Nachdem sich diese geschlossen haben,
wobei aus den Zellen ihrer Wandungen
Muskeln den Urs|>rung nehmen, reicht
die Leibeshöhle nach vorn bis an den
letzten Schlundbogen heran und stellt
einen weiten Raum (Fig. Mi)) dar, in
welchem sich das Herz im Mesocardium
entwickelt, und welchen wir daher als
Fig. JMS. Menschlicher Em-
bryo (/>'/, Iiis) von 2,15 mm
Nackenlänge. Konstruktionsbild
narh His (Menschliche Enibi-yonen).
Vergr. 40facli.
Mh Miiiulhndit , Ab Aorten-
bulbus, Vm Vcntrikelmittelteil, Vv
Vena cava snperior oder Ductus
Cuvieri, Sr Sinus rcunions. Vu
Vena umbilicalis. 1/ linker Teil
des V«'ntril<<'U , Ifo llerzohr, D
Diaphragma, V.om Vena omphalo-
mesentorica, Lh solitb- l-cberanlagc,
Lbg Lebergan^.
Die Organe des Zwischenblattes oder Mcsenchyms.
351
primitiven Herzbeutel (cavit^ p^ricanlique primitive von Brächet) be-
nennen wollen. Ältere Bezeichnungen für ihn sind Halshöhle
(Remak), Parietalhöhle (His) oder Herzbeutelbrusthöhle.
Der i)rimitive Herzbeutel wird um so mehr ausgedehnt, je mehr sich
der Herzschlauch bei seinem starken Wachstum in Windungen legt,
und namentlich wird seine ventrale Wand bruchsackartig zwischen
Kopf und Nabel des Embryo nach aufsen hervorgetrieben (Fig. 346).
Ferner beginnt sich schon frühzeitig eine Abgrenzung gegen die
spätere Bauchhöhle zu bilden durch eine Querfalte, das Septum
transversum (Fig. 345 u. 340 z + 1), welches von der vorderen und seit-
lichen Rumpfwand seinen Ausgang nimmt und dorsal- und medianwörts
(Fig. 346 g + l) mit freiem Rand in die primitive Leibeshöhle vorspringt.
Es bezeichnet den Weg, welchen das Endstück der Vena omphalo-
mesenterica nimmt, um zum Herzen zu gelangen. Später finden sich
Fig. 'm. Sagittal-
konstruktion eines
menschlichen £in-
bryo von 5 mm
Nackenlänge (Em-
bryo R, His i, um. die
Entwicklungsge-
schichte des Herz-
beutels und des
Zwerchfells su er-
läutern. Nach His.
ab AortiMibulbus, ab
brh Brusthöhle (Re-
ccssus parietali8,IIi«|,
hh Ilerzbeittelhöhle,
de Ductus ("uvieri, dv
Dottervenc, nv Nabel-
vene, reo Kardinal-
vene, tj' Jupularvene,
Iq Lunge, ^ + / Anlafze
des Zwerchfells und
der Leber, %*k Unter-
kiefer.
im Septum sämtliche Venenstämme eingebettet, welche
in den Vorhofssinus des Herzens einmünden (Fig. 345 u.
346), die Dotter- und die Nabelvenen und die CuviF.Rschen Gänge (de),
welche das Blut aus den Ruinpfwandungen sammeln. Mit der Ent-
wicklung derVeneu steht also die Ausbildung derQuer-
falte im engsten Zusammenhang, die sich zwischen den Venen-
sinus des Herzens und den Magen einschiebt und mit beiden, sowie
mit dem ventralen Mesenterium zusammenhängt. Das Sejjtum enthält
(Fig. 346 z + l) kaudalwärts reichliches, mit Blutgefäfsen versehenes
Bindegewebe, in welches während der Entwicklung der Leber das
Netzwerk der Lebercylindcr hineinwächst. In demselben Mafse. als
dies geschieht, nimmt es au Dicke zu (Fig. 345 Lh + Ijhg) und sciilieist
jetzt zwei verschiedene Anlagen ein, kopfwärts eine Substanzplatte,
in welcher die CuviERSchen (iänge und andere Venen zum Herzen
verlaufen, das primäre Zwerchfell, kaudalwärts die beiden LelHJr-
läppen, welche in die Leil)eshöhle als Wülste vorspringen.
Durch das Septum transversum wird allmählich der primitive
Herzbeutel von der Bauchhöhle fast vollständig geschieden bis auf
352
Zwölftes Kapitel.
zwei enge Kanäle (Fig. 34(5 brh) (BrustfortsÄtze der Rumpfbühle, His,
Ductus pleuropericardiaci. Brächet), welche zu beiden Seiten des an
der Wirbelsäule befestigten Darmrohrs eine Verbindung nach hinten
herstellen. Die beiden Kanäle {brh) nehmen die beiden Lungen-
anlagen (lg) auf, wenn sie aus der vorderen Wand des Darnirohrs
hervorwacbsen. Sie werden später zu den beiden Brust- oder Pleura-
höhlen (brh). während der mit ihnen kommunizierende, gröfsere Kaum
(ÄÄ), in welchem sich das Herz entwickelt hat, zur definitiven Herz-
beutelhühle wird. Letztere nimmt die ganze Bauchseite des Embryo
ein, die Brusthöhleu dagegen liegen ganz dorsalwärts an der hinteren
Rum])fwand, ♦
Die drei ursprünglich zusammenhängenden Räume trennen sieb
später voneinander; zuerst wird der Herzbeutel selbständig. Den
Anstofs dazu geben die CuviKKschen Gänge (Fig. 346 de). Ein Stück
von ihnen verläuft vom Rücken her, wo es aus dem Zusammentiufs
der Jugular- und Kardinalvenen entsteht, an der Seitenwand des
Rumpfes nach abwärts zum Sep
tum transversum (Fig. 34() de), in
dessen dorsalen , freien Rand sie
eingeschlossen sind; es drängt dabei
das Brustfell in die Herzbeutel-
höhle hinein und erzeugt auf diese
Weise die Pleuroi)erikard ial-
oder Herzbeutelfalte. Indem
die Falte immer weiter nach innen
vorgeschoben wird , verengt sie
mehr und mehr die Kommuni-
kation zwischen Herzbeutel höhle
{hh) und den beiden Brusthöhlen
{brh). schlielslich hebt sie dieselbe
ganz auf, wenn sie mit ihrem freien
Rande bis zu dem Mediastinum
posterius, in welchem die Speise-
röhre liegt, vorgewachsen ist und mit ihm verschmilzt. Durch diese
Wanderung der CuviKKschen Gänge erklärt sich auch die Lage der
später von oben in den Herzhof mündenden, oberen Hohlvene, die
sich vom CuviERSchen Gange herleitet. Ursprünglich in der Seiten-
wand des Rumpfes gelegen, ist sie mit ihrem Endabschnitt später in
das Mediastinum eingeschlossen.
Nach Abschlufs des Herzbeutels hängen die engen, röhrenförmigen
Brusthöhlen (Fig. 34() brh) noch eine Zeitlang nach hinten mit der
Bauchhöhle zusammen. Die Lungenanlagen (lg) wachsen währenddem
weiter in sie hinein und tretten schlielslich mit ihren Spitzen auf die
obere Fläche der gröfser gewordenen Leber. An diesen Stellen kommt
es dann auch zum Verschlufs. Von der seitlichen und hinteren Rumpf-
wand springen Falten vor (die Pfeiler üskows, Membranes pleuroj)eri-
toneales von Bkachet und Swaen), verschmelzen mit dem Septum
transversum und bilden so den Dorsalteil des Zwerchfells:
das Septum pleuroperitoneale. Am Zwerchfell kann man da-
her einen ventralen, älteren und einen dorsalen, jünge-
ren Abschnitt unterscheiden. Wenn, was zuweilen geschieht,
die Verschmelzung unterbleibt, so ist die Folge davon eine Zwerch-
' - " shernie, d. h. eine dauernde Verbindung der Bauch- und Brust-
Fig. 847. Querschnitt durch die
Brustregion eines Kaninchen-Em-
bryo ▼om 16. Tage. Nach IIochstbttkr.
Mp Membrana nleuropericardiara,
Pch Perikardialhöhle,i'/.7i Pleurahöhle.
Die Organe des Zwischenblattes oder Mesenchyms.
353
höhle vermittels einer Bruchpforte, durch welche Darmschlingen in
die Brusthöhle eintreten können.
Wenn sich der Abschlufs der vier grofsen. serösen Höhlen des
Körpers gegeneinander vollzogen hat, müssen die einzelnen Organe
noch weitgehende Lageveräuderungen erfahren, damit der fertige
Zustand erreicht wird. Nimmt doch der Herzbeutel anfangs die ganze
ventrale Seite der Brust ein und hängt in grofser Ausdehnung mit
der vorderen Brustwand und mit der oberen Fläche des Zwerchfells
zusammen. Ferner ist das Zwerchfell an seiner ganzen unteren Fläche
mit der Leber verbunden. Die Lungen liegen versteckt in engen
Röhren am Rücken des Embryo (Fig. 347).
Bei den Lageveränderungen kommen zwei Faktoren in Betracht
(Fig. 348). Mit der Ausdehnung der Lungen {Ig) breiten sich die
Brusthöhlen (plp) immer mehr ventral wärts aus und spalten dabei
die Wand des Herz-
beutels (pc) oder das
Perikard einerseits von
der seitlichen und vor-
deren Brustwand , an-
derseits auch von der
Oberrtäche des Zwerch-
fells ab. So wird das
Herz (ht) mit seinem
Beutel Schritt für Schritt
nach der Medianebene
verdrängt, wo es zusam-
men mit den grofsen
Gefäfsen (an), mit der
Speiseröhre («/) und der
Luftröhre eine Scheide-
wand, das Mediastinum,
zwischen der stark ver-
grölserten linken und
rechten Brusthöhle bilden
hilft. Der Herzbeutel
grenzt dann nur noch in Kaninchen-Embryo, um die Umwachsung der
einem kleinen Bezirk nach Perlkardialhöhle duroh die Pleurahöhlen bu
vorn an die Brustwand aeigen Aus Uaifuub.
nni-li iintpn an rf«« /" H<'"z'»e»te1 oder Perlkardialhöhle,
ZwerChiell an. rolir, ao Kückenaorta, ch Chorda, rp Kippt', st Brust-
Der zweite Fak- Win, spc Kutkenmark.
tor ist die Isolie-
rung der Leber vom primären Zwerchfell, mit welchem
sie zum Septum transversum vereint war. Sie geschieht
dadurch, dafs am Rand der Leber das Bauchfell, welches anfangs
nur ihre untere Flüche überzieht, auch auf die obere Fläche sich
schlägt und sie vom primären Zwerchfell bis auf zwei Bander, die
sich zwisc^ien beiden ausspannen, ablöst. Ein Zusammenhang erhält
sich erstens in dem schon früher (S. 207) besprochenen Ligamentum
Suspensorium hepatis und zweitens nahe der hinteren Huinpfwand in
dem Kranz band (Lig. coronariun» hepatis), welches in dem Ab-
schnitt, der über den Bandapi)arat der Leber gehandelt hat (S. 207).
unberücksichtigt bleiben mulste.
ü. Hartwig, Klenienti- >l««r Ktitwickhing-^lfliro. Aull. 23
Zw<»lfkes Kapitel.
Das Zwei« hfell orlialt sehlieislich noch seine lileibende Beschaffen-
heit, indem von der Humpfwand Muskeln, die Abkömiulinge zweier
Halsmyotome (Koluiann), in die Bindegewebslamelle bioeiDvaehaeo
und sie in zwei Blätter B|Mtlteii, in die Pleura diaplnagmatica und in
den Baucbfelliiberzug.
B. Die eniten Kuiwicklungsztuitäude dei* gruiWu Geiai'se.
Dotterkreislanf, Allantvie- mid Plaienterkrcislanf.
Zur Zeit, wo das Herz noch ein einfacher Schlauch ist. setzt er
aicli an beiden £nden in Blutgefftrsstämme fort, die sich gleichzeitig
mit ihm angelegt haben Das vordere oder arterielle Ende des Hen-
schlauch? vrrlängert si<li in ein nnpaai-es rieft!'; den Truncits
arteriüüus. der noch uuierhalb der Kopfdarmholilc nach vorn ver-
läuft. Der Truncus teilt sich in der Gegend des ersten Schlund-
bogens in zwei Schenkel, welche von links und dm hts lu i die Kopf-
darmhöhlo uTiif:i>sf'n und zur ItückeiiHacfu' des Kiiibrv()> im Bogen
empoi*steigen. Hier biegen sie um und verlaufen dann in der Län?«-
achse des embryonalen Körpers bis zum Schwanzende nach rückwai(>.
Die beiden Geftfse sind dieprimitivenAorten (Fig. 131 u, 137 <io) :
sie nehmen oberhalb des Darmdrüsenblnttes. zu beiden Seiten der
Chorda dorsali?. ihren Weg unter <ien Ursegmenten. Sie geben seit-
liche Äste ab, unter denen sich bei den Amnioteu die Arteriae
omphalo-mesentericae durch bedeutendere Grörse auszeichnen.
Diesf Ix f^elu ii >ii Ii zum Dottersack und ftthren zum gröfsten Teil
das lihit aus den beiden primitiven Anrten in den Gef&lshof hinein,
wo es deu Dotterkreislauf durchmacht.
Beim Hühnchen, dessen Verhältnisse ich der Darstellung zugrunde
legen will (Fig. 349). verlassen die beiden Dotterarterien 12. Of..4, L.of.A
die Aorten in einiL'ei Entfernuiv.' vnn ihrem Schwänzende und treten
zwischen Darnidi üsenblatt und visceralem Mittelblatt seitwftrtb aus
der embryonalen Anlage in den hellen Fruchthof hinein, durdisetzen
ihn und verteilen sich im Gefäishof. Sie lösen sich hier in ein enges
Netz von Ofi\rsrft)iri'n auf, die, wie ein Durchsclmitt fFi^'. 1:^.7) zeiiit,
zwischen dem Darmdrüsenblatt und visceralen Mitteiblatt im Mesenchym
liegen und nach aulsen gegen den Dotterhof durch ein gröfseres
RandgefRfs (Fi^^ 54'» ST), den Sinus terminalis. scharf abgegrenzt
sind. Letzterer bildet einen ül)erall geBchlossenen Ring mit Ausnahme
einer kleinen Stelle, die nach vorn und da gelegen ist, wo sich die
vordere Amnionscheide entwickelt hat. Aus dem Gefäfshof sammelt
sieb das Blut in mehrere gröfsere Venenstamme, durch die es zum
enil»ryonalon Herzen zurückgeftihrt wird, indieVenae vitellinae
anteriores, laterales und posteriores. Sie alle vereinigen
sich in der Mitte des embryonalen Körpers jede rseits zu einem unpaareu.
starken Stamm, der Vena ompbalo-mesenteriea {B,Of vl, L.of).
die in das hintere Ende des Herzens (if) eintritt.
In dem (u-fäfsnetz beginnt beim Hühnrhen Irereits am zweiten
Bruttage die Blutbewegung sichtbar zu werden. Zu dieser Zeit
ist das Blut noch eine helle FlQssigkeit, die nur wenig geformte Be-
standteile besitzt. Denn die meisten Blutkdrperchen liegen jetzt noch
haufenweise an den Wandungen der Röhren, wo sie die schon früher
erwähnten B 1 u t i n s e l u (.Fig. I.i5 i) bilden, welche das rot gesprenkelte
Aussehen des Geftrsbofs veranlassen. Die Herzkontraktionen.
uiLjiiizuü Dy Google
■
Di« Organe des Zwisehenblattet oder MeienchyiBt. 355
durch welche das Blut in Bewegung gesetzt wird , sind am Beginn
erst langsam, werden dann rascher und rascher. Ihr Mittel beträgt
dann nach Prktbr 180^150 Schläge in der Minute. Anch ist die
Frequenz von ilufseren Einflössen sehr abhängig; sie steigt hei Er-
höhung der BebrlUungsteniperatur und sinkt bei jeder Abkühlung,
also auch, wenn das £i zur Beobachtung geötfnet wird. Zur Zeit, wo
das Herz zu pulsieren beginnt, sind in dem Myokard noch Iceine Muslcel-
fibrillen nachzuweisen; es ergibt sich hieraus die interessante Tat-
sache, dals protoplasniatische, noch nicht differenzierte Zellen rhyth-
mische, kräftige Kontraktionen auszuiühren imstande sind.
Fig. 349. Sohmna dee CMftfksyvteiDB des Dottersaoks ▼om HiUmolMii
am Ende des dritten Brüttages. Nach Bai.i'ol-r.
Die ganze Keimhaut ist vom Ei abgelöst und in der Ansicht von unten dar-
festellt. J)ahcr erscheint rechts, was eigentlich links ist, und umgekehrt. Der
'eil des dunkeln Fruchthofes, in welchem sich das dichte (letafsnetz gebildet hat,
ist nach aufsen durch den Sinus terminnlis scharf abgejfrenzt und stellt den
Gefäfshof her; nach iiufstMi von ihm liegt «Icr Dottcrhot'. Die l'mgebung des Em-
bryos ist frei von einem Gefibnetz und wird nach wie vor als heller Fruchthof
vntersrhieden.
// Herz, -l.'l Anrtfnlingpn, An Uiickenaorta , L.of.a linke, R.Of.A rechte
Dotterarterie, .s 7' Sinns terniinalis, L.Of linke. 7f.O/' rechte Dotterveue, 6'. K binas
▼enosus, D.C I)nitu> Cmieri, S.CaV. obere. V.Ca unte« KardinftWene. Die
Yenen sind hell gelassen, die Arterien schwarz schattiert.
Der Dotterkreislauf hat eine doppelte Aufgabe.
Einmal dient er dazu, das Blut mit SauerstotT zu versorgen, wozu
Gelefienheit geboten ist. da sich das jjan/e Gefiirsnetz obertlilehlich
ausbreitet. Zweitens dient er dazu, dem Embryo ernährende Sub-
stanzen zuzuliihren. Unter dem Üarmdrüsenblatt werden die Dotter-
2S*
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356
Zwölftes Ka|iit«L
eleuieute verflüssigt uüd in die Blutgefai'be aufgenommen, durch welche
sie den in Teilung begriffenen Zellen zur Vabrnng zugefDtart werden.
Mit dem Dottergefäfssystem des Httbncbens stimmt das der
Säugetiere im allfjemeinen überein und unterscheidet sifh von ihm
nur in einigen uebensüchlicben PuiikteD, weiche nicht besprochen zu
werden verdienen. Doch drängt sich wohl die Frage auf: Welche
Bedeutung bat ein Dotterkreislauf bei den Saugetieren (Fig. 149 dsX
bei (!»'H( !i f1;ts Ki nur mit wenig Dottermaterial ausgest;ittt t ist ^
liier ii>t zweierlei im Auge zu behalten, erstens, dals ursprüng-
lich wohl die Eier der Säugetiere mit einem rdeheren Dottermaterial
gleich den Eiern der Reptilien aut^gestattet waren (vergl. S. 141), und
zweitens, dals die nach dem Furchungsprozols entstehende Keimblase
sich sehr ausdehnt, und dal's sie in ihrem Innern mit einer eiweifs-
reichen Flassigkeit erfollt ist, die von den Wandungen der GelÄr-
mutter geliefert wird. Aus ihr werden die Dottergefnfse wohl eben-
falls Nahrungsstofle aufnehmen und dem Embryo zufahren, bis für
eine andere ergiebigere Ernährung durch den Mutterkuchen gesorgt ist
Aufser den Dottergefäfsen entsteht bei den höheren "Wirbeltieren
noch ein zweites (icfiifssystem, welches sich aufserhalb
des Embryo in den Eihäuten .uisbreitet und eine Zeitlang
die übrigen Gefflfse des Koijieis durcli seine Mrichfigkeit übertrifft.
Es dient dem A 11 au t o is k r c i s I au f der \ u^cl und Reptilien, dem
Plazentarkreislauf der Säugetiere.
Wenn sich heim Hühnchen der Harnsack (Fit:. 144 u. 14.") al) an
der vorderen Wandung der BerkeiHhiimhöhle hervorstüipt und als
eine immer gröl'ser werdende Blase bald aus der Leibeshöhle heraus
durch den Hmitnahel in das Keimblasencoelom swischen die seröee
Hülle und den Dottersack hineiuwäclist. dann treten auch in seiner
Wand zwei Blutpefülse auf, die vom Ende der beiden primitiven
Aorten bervorwachsen : die NabelgefäTse (Arteriae umbili-
cales). Aus dem dirhten Kspillarnetz, in welches sie sich aofgeldst
haben, sammelt sich das Blut wieder in den beiden Nabel venen
(Venae umbilicales) . die, arn Nabel angelanpt . sich zu den beiden
CuYiERScheu Gängen (siehe 8. ^JOl) begehen und ihr Blut in dieselben
nahe an ihrer Einmftnduug in den Venensinus ergielten. Bald ver-
kfimroert das Endstück der rechten Vene, während die linke ihre
Seitenäste aufnimmt und sich in demselben Mafse zu einem ansehn-
licheren Stamm entwickelt. Sie verliert jetzt auch ihre ursprüngliche
EinmQnduiig in den CuviEm^chen Gang, da sie mit der linken Leher-
vene (Vena luiKitica revehens) eine Anastomose eingebt, die immer
stHrKer wird und M'hlielslich den ganzen Blntstrnni .uifnimnit. Mit
der linken Lehirveue zusammen mündet dann die hnke Umhilicalvene
am hinteren Leherrand direkt in den Venensinus em (Hocbstbtrr).
Kabel- und Dottervene ändern während der Entwicklung ihren
Durchmesser in entgegengesetzter Richtung: während der Dotterkreis-
lauf gut ausgebildet ist, sind die Nabelveuen unscheinbare Stftmmchen:
später aber vergröfsem sie sich mit der Zunahme des Ham»ickes,
während die Venae oiiiphalo - ni( senti-ricae sich in demselben Mafse
Zurückhilden i' rler !)iitter>;ick durch Aufsaugung des Dotters kleiner
wird und an iiedeutuug verliert.
Was den Zweck des Umbilicalkreislaufes angeht, so
dient er bei den Beptilien und den Vögeln dem Athmungsproaefs.
£s schmiegt sich nilmlich der Harnsack, wenn er gröfser geworden
Die Org»ne des Zwischenblattes oder Mesenchyms.
357
ist, z. B. beim HOhocbeD, dicht der serOsen Holle an, breitet sieh
nahe der Luftkammer und unter der Schale aus, so dafs das in ihm
zirkulienMulf Bhit mit der atmosphärischen Luft in ("lasaustausch
treten kann, öeine Bedeutung für die Athmung im £i verliert er
erst von dem Augenblick, wo das HObneben mit dem Sehnabel die
Eihüllen durchstöfst und nun die Luft aus der Luftkammer direkt
einathiiK't. Denn jetzt andern sich die Zirkuhitionsverhältnisse im
ganzen Körper, da mit dem Eintritt des Athmungsprozesses die
Lunge ein gröiseres Blutquantum aufzunehmen imstande ist, was eine
Verktkmmerung der Naht Igefiifse zur Folge hat. (Vergl. S, l:}7. 138.)
Eine noch wichtigere Rolle spielt der rmbilical- oder Pla-
zentarkreislauf bei den Säugetieren. Denn hier leiten die
beiden Nabelarterien das Blut zu der Placenta oder dem Mutter-
kuchen. Nachdem sich in diesem Organ das Blut mit Sauerstoff
und ernährenden Substanzen beladen hat, tliefst es anfangs durch
zwei, später durch eiue Nal)elvene zum Uerzen wieder zurück.
Die Umwandlungen im Bereich des Arteriensystems.
Die grolVen Gefälsc. die am Anfatig der Entwicklung angelegt
werden, sind von denen des ausgebildeten Tieres oft sehr verschieden ;
Fig. SSO. fUbmmm tfBat dl« Aortonbogmi d«r SlnfettaM. Nack Hooh»
A.B. Aortenbogen, Cx Carotis ext., Ct Carotis int., Tr.a TruacuB arleriotiis,
Art. «ubelaTia.
Fig. :i51. Schema der Arterien, welche eich bei den Saugetieren aus
den Aortenbogen und den Aortenwurseln entwickeln. Nach Hocubtkttkr.
J).B Ductus Hotalli, A.B Aortenbogen, P.B Pulmonalbo|(en, A.s Art. sub-
clavia* CB Karotidenbogen, C.c Carotis communis, Ce o. Ct Carotis ext. und
C. ist
sie haben mannigfache Umwandlungen durchzumachen, von welchen
diejenigen besonderes Interesse beanspruchen, welche sich an deu
grofben Arterienstftmmen in der N&he des Herzens, an den Aorten-
bögen, abspielen. Bei allen Wirbeltieren nämlich entstehen zur Seit«
des Halses, wo sich die Kiemenspalten und Visceralbögen gebildet
haben, im Verlaufe der letzteren auch grölsere Gefäfse, deren Zahl
sich nach neueren Untersuchungen auf sechs belänft (Fig. 350 A.B
1—6), Ihren Ursprung nehmen sie von dem unterhalb des Schlund-
darms verlautenrltM! Tnincus arteriosus (Fig. ;{.')0), zirhen dann den
öchlundbogeu entlaug zur Kückeutiäche des Embryo empor und ver-
Cr Ci
1 r^'*
Fig. 850.
Fig. 851.
358
Zwölftes Kapitel.
binden »eh hier auf beiden Seiten der Wirbelsftule .zu LangsgefUTsen,
den beiden primitiven Aorten (Fig. 137 ao). Sie werden daher aadi
als die Aortenbogen, besser nhor wohl als die Schlundbogen-
gefä4'8e bezeichnet. Bei den durch Kiemen athmenden Wirbel-
tieren gewinnen sie eine Bedeatun|; fUr den AthmnngB*
prozefs und verlieren frühzeitig ihre einfache BeschafTenluif. Aus
ihrem ventralen Anfangsstück nehmen zahlreiche Seitenästchen ihren
Ursprung und begeben sich zu den Kiemen Mättchen, welche aus dem
SehfeimluintQberzug des Scblundbogens in grofser Anzahl entstanden
sind; hier lösen sie sich in dichte Kapillaruetze auf. Aus diesen
sammelt sich dai^ Blut wieder in VeiicristnnimclK'n . (lie in das dbere
Emie des Schlundbogengefäfses einmünden. Je stärker die ventralen
und dorsalen Settenftste werden, um so mehr wird das Schlundbogen-
gefftfs in seinem mittlert ii TvW unscheinbar. Dann bat es sich auf-
gelöst in ein Anfangsstück, die K imiena rterie, die sich in zahl-
reichen Ästen zu den KiumenbliUtclieu begibt und in ein Kapillametz
übergeht, und in ein oberes Stück, die Kiemenvene, welche das
Blut wieder aufnimmt.
Da sich nun lu i <Wu Ainnioten keine Kienieuhl Htrlien entwickeln,
kommt es hei ihnen aucli nicht zur Bildung von Kienunarterien und
Venen, sondern es belmlten die Schlundbogeugelalbe ihre ursprünglich
einfache Beschaffenheit. Sie sind aber zum Teil nur von kurzem
Bestand; bald erleiden sie dadurch, dafs gröfsere Strecken vollstnndig
. zurückgebildet werden, tielgreileude Metamorphosen, die sich bei den
Reptilien, Vögeln und Säugetieren in etwas verschiedener Weise voU-
zienen. Hier soll nur eine Darstellung vom Menschen gegeben werden.
Schon bei menschlichen Knihryonen. die weni«:e Millimeter lang
sind, teilt sich der aus dem einfachen Herzschlauch hervorgehende
Truucus arteriosus in der Nähe des ersten Visceralbogeus in einen
linken und einen rechten Ast, welche den Schlunddarm umfassen und
oben in die beiden primitiven Aorten übergehen. Es ist das erste
Paar der Schlundbogen jreffifse. An nur wenig älteren Embryonen
nimmt ihre Anzahl rut>ch zu dadurcii, dafs neue Verbindungen
zwischen dem ^'entralen Truncus arterio&us und den dorsalen primi-
tiven Aorten entstehen. Bald kommt noch ein zweites, ein drittes,
ein viertes und schliefslich ein fünftes und sechstes Paar zum Vor-
schein (Fig. 350 A,JB 1—6) in derselben Reihenfolge » in der auch
beim Menschen wie bei den flbrigen Vertebraten die Scfalundbogen
hintereinander ii il: 1 werden. Die fünf (resp. sechs) Paar Gefftfs-
bogen gehen schon Irülizeitig an die benachbarten Organe Seitfn.-i^t»'
ab| unter welchen mehrere eine gröfsere Bedeutung gewinnen und
zur Carotis externa und interna, zur Vertebralis und Subclavia sowie
zur Pulmonalis werden. Die Carotis externa (Fig. 3.50 C.e) entspringt
aus dem Anfang (l(>s erJ^ten Schlundbogengefäfses und wendet sich
zur Ober- und Onterkiefergegend. Die Carotis interna (Fig. 350 CS)
entsteht ebenfalls aus ihm, aber weiter dorsalwftrts dort, wo die Um«
biegung in die Aortenwurzeln erfolgt ; sie leitet das Blut zum em-
bryonalen Gehirn und dem sicli entwickelnden Aui:;i]if('l fArteria
ophthalmica). Vom letzten bogen endlich sprossen kleine Zweige zu
den sich entwickelnden Lungen hervor (Fig. 350).
Wie die kurze Skizze zeigt, ist die Anlage der aus dem Herzen
entspringen<len Arterienstümmr ursprünglich eine streng symme-
trische. Frühzeitig aber treten Verkümmerungen einzelner Gei^
Die (»igunc des Zwischaiiblattes oder Mesenchyms.
359
strecken bis zum vollständigen Schwund ein, wodurch die symme-
trische in eine asymmetrische Anlage unijje wandelt
wird. Zur Vet auschaulichung dienen die Schemata (Fig. 351 u. 352),
auf welchen die sich rOckbildenden Strecken der Gef&fsbahn hell ge-
lassen, die weiter funktionierenden aber entweder dnreh eine schwarze
Linie oder durch quere Striche markiert sind.
Zuerst verschwindet, schon mit dem Eintritt der Nackenbeuge,
der erste und zweite Gefiirsbogen, die VerbiDdongsstreeke aus-
genoniinen, durcli welche das Blut zur Carotis externa (Fig. 352 b)
strömt. Der dritte Bogen (c) Itlciht » rlialfen. verliert aber seinen
Zusammenhang mit dem dorsalen Ende des vierten und leitet daher
jetzt alles Blut nur nach dem Kopf in die Carotis interna (a) hinein,
zu deren Anfan^sstück er nunmehr geworden
ist. Die Hauptrollen hei der Metamorphose
Übernehmen der vierte und der letzte (ur-
sprünglich sechste) Bogen. Sie ttbertretTen
bald alle anderen Gefäfse an GrOfse. und da
sie dem Herzen am ii:l< listen liefen, werden
sie zu seinen beiden Hauptarterien, zum
Aortenbogen und zur Pulmonulis.
Eine wichtige Verftnderun^' vollzieht sich an
ihrem Ursprung aus dein Truncus arteriosus,
wenn er durch die schon früher erwähnte
Entwicklung einer Scheidewand seiner Lange
nach geteilt wird. Dann bleibt der vierte
Bo^en (Fig. 352 e) mit dem aus der linken
Kammer entsprin-^enden Stamm {d) in Ver-
bindung und erhalt nur von der linken Kam-
mer das Blut zugefohrt (Fig. 351 A.B), Der
letzte Bogen (Fig. .S52 n) tlagegen bildet die
Fo^tsetzuIl^^ der aus der rechten Kanmier
hervorgehenden Hälfte (m) des Truncus arte-
riosus. Somit hat sieh die im Herzen an>
gebahnte Scheidung in zwei getrennte Blut-
strftme auch noch auf die uächstgelegenen
Gefl^rse fortgeifetzt , doch nur eine kleine
Strecke weit; denn das vierte und letzte
Paar der Gefäfshogen ergieften ihr Blut noch
gemeinsam in die Aorta communis, mit Ausnahme eines gewissen
Quantums, das durch Nebeuaste teils zum Kopf (c, c) und zur Oher-
eztremität, teils zu den noch kleinen Lungen strOmt. Später in-
dessen setzt sich der schon angebahnte Sonderungs-
pro z e fs im peripheren ( i e f il Ts g e b i e t n o c !i weiter fort
und führt schlielslich zur Entstehung eines vullstilndig
getrennten, groTsen und kleinen Blutkreislaufes. Das
Ziel wird erreicht durch Verk ummerung einzelner Ge-
fÄfsstreeken und Zunahme anderer.
Bald macht sich ein Übergewicht der linksseitigen über die rechts-
seitigen Gefäfsbogeu bemerkbar (Fig. 852), die immer unscheinbarer
werden, schliefslich streckenweise volIstAndig verkOmmem und sich
blofs insoweit erhalten, als sie das I51ut in Seitenäste führen, welche
zum Ko])f, zu den oberen Extremitäten und den Lungen gehen. Vom
rechten Aortenbogen bleibt mithin blofs die Strecke erhalten, welche
Fig.85'2. Sohematisohe
DarsteUunR der Um-
wandlung der Soblund-
bogengefllh« beim
Säugetier. Nacfi IUthkk.
a Caruti» inturria, 6 Ca-
rotis externa, c Carotis
eomiDDoiSt d Körperaorta,
f Tierter Bofren der linken
Sfito. /■ Kill kcnaorta, tf
linke, k recht*' Verttbrai
arterie, h linke, i rechte
Subclavia (vierter Bogen
der rechten Seite), 1 Fort-
^elzullg der iri liii u Sub-
clavia, iH Luuguuarterie, n
Ductus Botalu denelben.
360
Zw51fle8 Kapitel.
diR rechte Garotis commuDis (c) und die rechte Sul)clavi:i (/ -i- /) ab-
gibt. Wir bezeichnen sein AnfiinpsstOck als die Altena unuuyma
brachioceplialica. Somit wäre jetzt das bleibende Verhältnis her-
gestellt. Der Rest des rechten vierten GefftfVbogens eri«cheint nur noch
als ein Seitenast der Aoit.i (r), die nnf der linken Körperhftlfte einen
Bogen bildet und hier als weitere Seitenäste die Carotis communis
bin. ic) und Subclavia sin. (/<) entsendet. Vom letzten (sechsten) Ge-
fftfsbbgen bildet sieb der rechte Teil ebenfalls surQck bis auf die
Strecke, welche das Blut zum rechten Lungenfllliiel ftlhrt. Auf der
Unken Körperseite dagegen erhält sieh der Pulmona ibojzen noch hingen-
Zeit und IMa-t hier einei-seits das Blut zum linken LuugeuHügel.
anderseits durch den Ductus arteriosus Botalli (n) in die Aorta
strömen. Nach der Geburt bildet sich der Bota Lüsche Gang gleich-
falls zurück im Zusammenhang mit der Lungenatmung. Denn wenn
sich die Lungen mit den ersten Atemzügen ausweiten ^ sind sie im-
stande, eine grttt^re Quantität Btut in sich aufzunehmen. Die Folge
ist, dafs in den Ductus Botalli kein Blut mehr einströmt, und dafs
er sieh in einen Bindegewebe^trincr Timw;uulelt. welcher eine Ver-
bindung zwischen Aorta und rulmoualis herstellt. (Vergleiche auch
Fig. 351 DJ?.)
Aufser den namhaft gemaehten ROckbildungen vollrieheu sich
L'loirhzeitig noch Lageverflnderungen an den grofsen. vom Herzen
entspringenden GefärbStämmen Sie iUcken zugleich mit dem Herzen
aus der Baisgegend in die Brusthöhle binab. Hieraus erklnrt sieb der
eigentOmlicbe Verlauf des Nervus laryngeus inf. oder rer urrens. Zur
Zeit, wo der vierte Gefftfsbogen noch vorn in seinem llildungsgebiet
am vierten Visceralbogen gelegen ist. gibt der Vagus an den Kehl-
kopf ein kleines Ästchen ab, welches, um zu seinem Endbezirk zu
gelangen, von unten her den Gefftisbogen umfafst. Wenn nun dieser
nach abwärts wandert, so niufs durcli üin ler Nervus laryngeus bis
in die Brusi hohle mit herabgezogen werden und eine Schlinge bilden,
deren einer Schenkel sich beim ?',intritt in die Brustliöhle vom Stamm
des Vagus abtrennt, auf der linken Seite um den Aortenbogen . auf
der rechten Seite um die Suliclavia sich lu i ninsrhlaf^t und in den
zweiten Schenkel über^zebt. welcher eine rückliiuhge Bewegung nach
oben bis zu seinem liaiervationsgebiet durchmacht-
Was andere gröfsere Arterien anbetrifft, so gibt die Aorta frfib-
zeitig als Seiten.'lste die unpaare A. niescntcrica su]) und ni( senterica
inferior /.um Oarnikanal ab, ferner iiabe ihrem b.interem Knde die
beiden ansehnlichen Nabelgefälse (Aiteriae umbilicabs). Diese ver-
laufen von der hinteren Wand des Rumpfes an der Seite der Becken-
hohle nach vorn zur Allantois. die sich später in Harnblase und
Uraehus sond<'rt, biegen hier nm und ziehen zu beiden Seiten der
Allantois in der Baucliwand zum Nabel, treten in die Nabelschnur ein
und lösen sich in der Placenta in ein KnpillametK auf, aus welchem
sich das Blut wieder in der Nabelvene (Vena umbilicalis) sammelt.
Während ihrt s Verlaufes in der Beckenhöhle gehen die Nabelarterien
anfangs un.^cheinbare Seitenäste ab: die lliacae internae zu deu Becken-
eingeweiden, die lliacae extemae zu den als kleine Höcker am Rumpfe
hervorsproBSevden ExtremitAten. Je mehr diese bei Alteren Embryonen
an Gröf e zunehmen, um so ansehnlichere Gefäfse werden die lliacae
extemae und die ihre Fort^tzung bildenden Femorales.
Nach Abgabe der beiden Nabelarterien ist dje Aorta sebwflcber
Die Organe des Zwischenblattes oder Mesenchyms.
361
geworden und erstreckt sieh nun noch als ein unscheinbares Gefftfe,
als Aorta caudalis oder Sacralis media, bis zum Kiuif der Wiiiielsftule.
Mit der Gehurt tritt auch in diesem Abschnitt des Arteriensystems
noch eine wichtige Yerftuderung ein. Mit der Ablösung der Nabel-
schnur können die Nabelarterien kein Blut mehr in sich aufnehmen,
sie veröden daher mit Ausnahme ihres Anfangsstuckes, welches die
Arteriii iliacu interna und externa nls Seitenzweige abgejieben hat und
nun als A. iliaca communis l>ezeichnet wird. Aus den sieh rUckbilden-
den Gefafsbahnen aber gehen zwei Biodegewebsstrflnge hervor: die
seitlichen Blasennahelbänder (Ligamenta vesico-umbilicalia lateralia,
welche links und rechts von der Blase zum Kabel ziehen.
1). Umwandlunie: im Bereiche des Yeuensy Stents.
Wie die grofsen Arterien, werden ursprünglich auch alle
Hauptstämme des Venen Systems, mit Ausnahme der
unteren Hohlveiie, paarig und symmetrisch angelegt.
Dies gilt sowohl fQr die Stümine, welche das Blut aus den Kumpf-
wandungen und vom Kopfe aufnehmen . al> auch für die Venen des
Dannrohrs und der aus ihm entstnndeiien eniliryonalen Anhj^npe.
Was zunächst die Humpfvenen betriHI, so i^ammelt sich das venöse
Blut am Kopfe in den beiden Jugularvenen (Fig. 346 vj und
Fig. je, ji). welche dorsal von den Schlundspalten nach ab^vi'irts
ziehen und sich in der Gegend des Herzens mit den Kardi nai-
veneu verbinden (Fig. 341) vca und Fig. 353 ca). Diese steigen in
entgegengesetzter Richtung von unten nach oben in der hinteren
Rumpfwand empor und nehmen das Blut besonders aus den Urnieren
in sich auf. Aus dem Zusammenfluls heider Venen entstehen die
CuviEKschen Gange (Fig. 34t), 3oa (/c), aus denen sich später die
beiden oberen Hohlvenen entwickeln. Eine derartige symmetrische
Anordnung zeigt das Uumpfvenensystem zeitlebens bei den Fischen.
Die CuviKKschen (liinge liegen suif den frühesten Stadien f'inf ^trcrkc
weit in der Seiteuwaud des pnniitiveu Herzbeutels, wo sie vom iiücken
zur Vorderwaud des Rumpfes herabziehen (Fig. 34«)); von hier treten
sie in das Sejjtum transversnm ein, welciies einen Sammelpunkt für
alle in das Herz einmündenden Venenstftmme darstellt. In ihm ge-
sellen sich zu den Cuvi£B8chen Gängen auch noch die Eingeweide-
veuen hinzu (Fig. 345 V.om u. Vu und Fig. 346 u. nv\ die paarigen
Dotter- und Nnbelvenen, und verbinden sich untereinander zu dem
gemeinsamen Venensinus, der schon l)ei der Kntwicklung des Herzens
(ä. 345) erwähnt wurde und unmittelbar zwischen Vorhof und iSeptum
transversum gelegen ist.
Die beiden Dottervenen (V. omphalomesentericae) führen das Blut
aus dem Dottei>ack zurück; sie sind die beiden ältesten und stärksten
Venenstämme des Körpers, werden aber in demselben Mal'se unschein-
barer, als der Dotter^ack zum Nabelbläschen einschrumpft. Sie laufen
nahe beieinander am Dnrmrohr entlang und konnnen seitlich von
Duodenum und Magen zu liegen, wo sie schon frühzeitig durch quere
Anastnniosen verlninfb»n werden. Auch die Nabelvenen (V. umbili-
calesi siud ursprüuglich doppelt. Anfangs sehr klein, werden sie später
im Gegensatz zu den Dottervenen immer ansehnlicher, je bedeutender
sieli die Pla( enta entwickelt, aus welcher sie das Blut zum Embryo
zurttckleiteo. Im embryonalen Körper tiuden sich die Nabelvenen am
Digiii^uu by G(.)0^1c
362
Zwölftes Kapitel.
Beginn ihres Auftretens in die Beitliche Bauchwftnd (Fig. 345 Tu) ein*
gebettet, in welcher sie obonfalls zu dem Septum traoBverBum und
dem Venensinus (.sr) hinziehen.
Später als alle paarigen Stäiume wird die untere Uohlvene au-
gelegt (Fig. 354 ci). Sie tritt von Anfang an als ein unscheinbares,
unpaares Gefäfs rerlitrrscits von der Aorta im Gewebe zwischen beiden
Urnieren auf und verbindet sich kaiulalwarts mit den K;mliiialvenen
durch Anastomosen Am Herzen mündet sie in den \ em nsinus.
Au der kurz t)e!ichriebenen Urform des Venensystems (Fig.
vollziehen sich sp&ter beim Menschen besonders drei Umwandlungen:
1) Die Venen mtiuden statt in den Vrncnsiinis direkt in den Herz-
vorhüf. '2) Die syninietrisrhc Anordnung im Gebiet der CuviERschen
Gänge, der Juguhir- und Kaidiuulvenen, macht einer asymmetrischen
Anordnung Fhitz unter Verkümmerung einiger Hauptstftmme. 3) Mit
der Entwicklung der Leber bildet sich ein Pfortaderkreislauf aus.
Die erstgenannte Umwandlung preht so vor sich, dafs der Venen-
sinus selbst in den Vorhof mit autV^enommen wird; er liefert dann
den glatten Bezirk der Vorhofswaud , welcher der Muskeln entbehrt
(His). In ihm finden sich die getrennten Mttndungen der Gd\ier*
schon n.lnfzo . der späteren oberen Ilohlvenen und eine besondere
Mündung lür die von unten kommenden Eingeweidevenen (fftr die
spätere V, cava inferior).
Die Umwandlungen im Gebiet der CoviERschen Gänge beginnen
mit einer Veränderung ihrer Lage. Ihr Verlauf von u]m\ nach unten
wird ein steilerer. Dabei treten sie ebenso wie der ^■enen8inus aus
dem Niveau des Septum transversum und der seitlichen Rumpfwand
nach innen hervor und heben die sie überziehende, seröse Membran
als eine Biehelformige Falte hervor, die zur Bildung des Hersbeutels
beitragt und schon früher als Pleuroperikardinlfalte beschrieben wurde.
Indem diese mit dorn Mediastinum verwJtclist. geraten die CrviKU-
sciieii Gange aus der Kuuipiwand in das Mediastinum hinein und
kommen in der Medianebene näher aneinander tu liegen. Unter
ihren Zuflufsbahnen gewinnen die .Tngularvenen immer mehr die Ober-
hanil über die Kardinalvenen aus einer dieifaciien Ursache (Fig. ;i'>4).
Einmal eilt der obere Korperabseliuitt und namentlich das Gehirn im
Wachstum dem unteren Kdrperabschnitt weit voraus, und zweitens
erwachst in diesem den Cardinalvenen eine Konkurrenz in der unteren
Hohlvene, welrhe an ilivcr Stelle die Ableitung des Blutes übernimmt.
Drittens münden, wenn sich die vorderen Gliedmal'sen anlegen, noch
die V. subelaviae (s) in die V. jugulares ein. Infolgedessen er-
scheint jetzt ihr unterer Abschnitt von der Einmündung der V. sub-
clavia an als die unmittelbare Fortsetzung des CuviEKschen Ganges
und wird mit ihm zusammen als obere Hohlvenc bezeichnet (Fig 3ö4 csdu
Zwischen linker und rechter Seite besteht in der Verlaufsrichtung der
oberen Hohlvenen ein Unterschied, welcher für die sich beim Menschen
ausbildende Asymmetrie die Veranlassung wird. Während die rechte
obere Hohlveue (Fig. 364 csd) mehr gerade von oben nach unten zum
Herzen herabsteigt, mul^ die linke (css) einen etwas Iftngeren Weg
beschreiben. Mit ihrem Endabschnitt krümmt Sie sich von links nach
rechts um die hintere Wand des Vorhofs, wo sie in die Kranzfurche
eingebettet wird und noch das Blut aus den Kranzvenen (cc) de.'«
Herzens aufnimmt.
Die Organe des ZwischeublaUes oder Meseitch}ni!>.
Bei deu Reptilien, Vögeln und vielen Säugetieren erbillt sich ein
deüirtigps Stadium mit zwei oberen Hohlvenen daiiornd, Wim Menschen
besteht es nur in den ersten Monaten. Dann komnit es zu einer
teilweiaen Rückbildung der linken oberen Hohlvene. Eingeleitet wird
die RQekbildung dadurch, dafs ^ich zwischen dem linken und rechten
j^tamme eine quere Anastomose (Fip;. ausbildet. Diese fulirt
das Blut von der linken auf die rechte iSeite herüber, wo die Be-
dingungen f(\r den ROcktiufs des Blutes zum Herzen gtlnstigere sind.
Infolgedessen wird der Emiabschnitt der rechten Hohlvene bedeutend
stärker, der Endabschnitt äev liiikrn dagegen in demselben Grade
schwächer. Srhli(>rslich tritt hier eine voll^taiidit,'e Verödung der
Blutbahu ein (l'ig. 355 css) bis auf den iu dei Kranzfurche einge-
schlossenen Teil {ce). Letzterer erhält sich offen, da ihm die Herz-
venen Blut zufahren, und wird jetzt als Sinus coronarius unter-
schieden.
Ft«. m Pif. S54. Fig. 3$5.
Fi<r. r^.*»:! -3.55. Sohems aur Entwicklung des KorpervenenByatems.
de Ductus Cuvieri, j>, ji Vena jugularis externa, interna, s V. »ubclavia,
vh V. hepatit-a revehcns, U V. unhiticalis, ei («•) V. cava inferior, r« (ta «^)
V* cardinalis, ikd, ik$ \. iiiaca commanis dextra und sinistra, ad, as V. anonyma
brachio - cephalica dextra und sinistra. es V. cava unperior, cint TerkQmmertes
Stück tlt-r V. ( uvii siijHM ior sinistra, er \. coronai iii i ordis, az V. a/vgo8, hz {hs*)
V. hemiazygos, iU V. itiaca externa, iU V. iliaca interua, r Y. renalis.
Ein in mancher Beziehung Ähnlicher Vorgang wiederholt sich bei
den Kardinal ven cn (Fip. :?'.:! r<i). Die.selben sannneln das Blut
ans deu ürnieren und der hintereu Humpfwand. aus der Beckenhöhle
uud aus den hinteren Extremitäten. Aus der Beckenhöhle nehmen
sie die V. hypogastricae (fit) und von den Extremitftten die V. iliacae
extemae (ilr) und ihre Fortsetzung, die V. ( rurales, auf. Auf diese
"Weifse sind die Kardinalvenen ursprünglich, wie bei den Fischen, die
Hauptsammeistämme der unteren Rumpfbälftc. In der Folgezeit aber
verlieren sie an Bedeutung, indem an ihrer Stelle die untere Hohl-
vene zum Hauptsammeistamm wird. An dieser hat man zwei Strecken
zu unterscheiden, welche ihrem Trsprunf? nach verschieden sind: eine
kflrzere. vordere, und eine längere, hintere. Erstere tritt, wie schon
Digiii^cu by Google
364
Zwölftes K«pit«i.
erwähnt, als ein unsebeinbares Gefftfs reehterseits von der Aorta im
Gewebe zwischen beiden Umieren auf (Fig. 353, 354 ci), letztere da-
peRen entwickelt sich spater aus dem iiiiitfron A!tsf hnitt der rechten
Karclinalvene (Fig. Üö4 a^). Es verbindet sicli näuilich der vorn selb-
ständig entstftndene Teil der unteren Hohlvene bald nach seiner An-
lage in der Gegend der Vena renalis (r) durch Queräste mit den
heidfMi Kanünalvenen. Infolge dieses vergröfserten Zuflufsgehietes
nimmt er bald an Weite bedeutend zu, und da er günstigere Be-
dingungen ffir die Ableitung des Blutes aus der unteren Körperhälfte
als der obere Abschnitt der Kardinalvenen darbietet, wird er endlieh
die Haupt h,ihn.
Wenn das bis jetzt beschriebene Stadium zum bleibenden Zustand
wtlrde (Fig. 354), so würden wir eine untere Hohlvene erhalten, die
in der Gegend der Nierenvenen (r) sich in zwei Parallelstämine gabelt«
die zu lieiden Seiten der Anrta zum Becken li^mbsteigen. Wie be-
kannt, finden sich solche Fälle unter den Varietäten des Venensystems ;
sie lassen sich von dem eben beschriebenen Kutwicklungsstadiuiu als
Hemmongsbildüngen herleiten. Sie kommen aber nur selten zur Be-
obachtung ; denn beim normalen Verlauf dor Entwicklung liililrt sich
frühzeitig eine Asymmetrie zwischen den unteren Abscinutien der
beiden Kardinalvenen aus, von dem Augenblick, wo diese sich mit der
Anfangsbahn der unteren Hoblvene durch Anastomosen verbunden
haben. Per rechte Abschnitt erhitlt nAmlich das Übergewicht, er-
weitert sich und bleibt schliefslich allein bestehen (Fig. 354 u. 355);
während der huke im Wachstum zurückbleibt und eingeht. £s er-
klärt sich dies ans zwei Verhältnissen. Einmal liegt die rechte Kardinal*
vene (ci^) mehr in der direkten Verlängerung der unteren Hohlvene,
als es hei der linken der Fall ist, und findet sich auf diese Weise unter
günstigeren Bedingungen; zweitens bildet sich in der Beckengegend
zwischen beiden Kardinalvenen eine Anastomose aus (Ües), welche das
Blut der linken V. hypogastrica und der linken V. iliaca externa und
cniralis auf die rechte Seite überleitet. Durch diese Anastomose,
weiche zur Vena iliaca communis siuistra wird, wird das zwischen
Nierenvene und Becken gelegene Stfldc der Hnkeii Kardinalvene
(Fig. 355 ca^) Rutbßr Funktion gesetzt und verftllt mit der Rück-
bildung der Urniere gleichfalls dem Untprgang. Die rechte Cardiual-
vene ist nun eine Strecke weit zur direkten Fortsetzung der unteren
Hohlvene geworden, und zwar liefert sie den Abschnitt derselben,
welcher zwischen der Nierenvene und der Teilung in die Venae iliacae
conimnnes »elegen ist (Fig. :Vt4 u. 355 ci').
Während der Bauchteil der linken Kardinalvene (Fig. 355 ca^)
eingeht und der entsprechende Abschnitt von der rechten Kardinal-
vene das untere Stück der unteren Hohlvene (eP) liefert, bleiben Ihre
Brustteile in reduziertor Form bestehen; denn sie iii!n!ien ans
den Interkostalräumen das Blut auf (P'ig. 354 ai). Hier ist jet/t noch
eine letzte Metamorphose nachzutragen, durch welche ebenfalls eine
Asymmetrie zwischen beiden KörperbUlften herbeigeführt wird. Im
Prustteil des Köri>ers werden die urs|)rt^nglichcn Zirkulatinnsvrrbnlf-
nisst' durch die Rückbildung der linken, oberen Hohlveuc verändert
(Fig 355 ess) Der direkte AbHuls der linken Kardinalvene zum Vor-
hof wird erschwert und hört schlierslich unter Rückhihlung der als
ff- lic/i'ichneten Wegstrecke ganz auf. \Vnhrentldeni nimmt eine
Anastomose (/u'j, die sich in querer Richtung vor der Wirbelsäule
Die OrgßM d«« Ziriicli<iiM»tte« oder Hetenchyn».
365
und hioter der Aorta zwischen den entsprecbendeD , beiderseitigen
Geftflwn gebildet bat, daa Blut der ÜBkoB Körperbfttne auf und leitet
es auf die rechte Ober. Auf diese Weise wird der Hrustteil der
linken Kardinalvene und ihre Annstnmosc zur linkon V. hemiazyj^os
(hjs u. hz^X die rechte an Stärke überwiegende Kurdiualvene wird zur
V. azygos (az). Somit ist nach vielen Umwegen der bleibende Znetand
im Bereich des Runipfveneusystems mit seiner Asymmetrie und seinem
Übergewicht der Venenstiiuime iu der rechten Körperhülftf- erreiclit.
Kine dritte Keilie vou Lmwandluugcn, die wir jetzt uuch in das
Auge zu fassen )i»heu, betrifit die Entwicklung eines Leberkreis-
laufs. Dersell < i rhftlt sein Blut auf verschiedenen Stadien der
Embryoualentwicklunfi uns wechselnden Quellen, eine, Zeitlang aus den
Dottervene« , wahrend einer zweiten Periode aus der Nabelvene und
nach der (iebui t endlich wieder aus den Darmvenen, aus der Pfortader.
Dieser dreifache Wechsel findet seine Erklärung in
den Wae h stuni Verhältnissen der Leber, des üotter-
Siicks und der Placenta. Solanue die Leber klein ist. jienüfxt
daä vom Dutter&ack kommende liiuL zu ihrer ErniUuuug. Weuu bie
sieb dann aber in sehr betrftehtlicher Weise vergrOfsert. während der
Dottersack im Gegenteil verkOnmiert . mtlssen andere Blutbahnen,
jetzt die N thelvenen, Ersatz scliat^VMi Wenn schliefslich der Plazentar-
kreislaut mit der Geburt auiliort, kuunen die Veuenstämme des Darm-
kanals, die mittlerweile sehr ansehnlich geworden sind, den Bedarf
decken.
Wenn die Lebergänge aus dem Duodenum in «las ventrale Darm-
gekröse und Septum traasversum hiueinwachsen und iSprosseu treiben,
umfassen sie die beiden am Darm verlaufenden Dottenrenen, die an
dieser Stelle durch zwei ringförmige, das Duodenum umgebende Quer-
anastomosen (Sinus anuularis, His) zusainmeuhnufien (Fig. -iJH dv).
An diesen beiden venösen Kiugeu schwindet vou dem nach hinten
Seiegenen der rechte Schenkel, von dem dicht davor gelegenen Ring
er linke Schenkel, wie ebenfalls His zuerst bei menschlichen Em-
bryoiifM! nachgewiesen hat, und wie die beiden für Kaninchen-
euibryuueu von Hocbstetteu entworfenen Schemata (l'ig. »i^ü und
357) klar erkennen lassen. Infolgedessen ist jetzt aus den paarigen
Gefäfscn ein einfaches Kudstück der Vwiaomphalcniescnterica entstanden,
das in spiralcm Verlauf den Darm umgreilt. Ks ninnut in der Gegend
des Pankreas die V. mesenterica auf. Von der V. omphalumesenterica
werden Seitenzweige frQbzeitig an die Leberanlage abgegeben; sie
werden, je mehr sich die Leber vergröfsert, um so ansehnlicher (V.
Iiejjatieae advehente.s) und \(»vn sieh (Fig. 207) z\visfli(>n dem Netz-
weik der Leberzylinder (/<) iu ein Kapillarnetz {(j) auf, aus welchem
.sich am dorsalen Hände der Leber wieder stärkere, ableitende Ge-
{&he (V. hepaticae revehentes) sammeln und das Blut in das am
Vurliof einmtlndende Endstück der Dottervene zururkftihren. Infulu* -
dehsen wird die zwischen den V. hepaticae adveiientes und reveheutes
gelet:ene Bahn der Dottervene immer unscheinbarer und verödet
schlieiVlich ganz, indem alles Blut vom Dottersaek für den Leber-
kreislauf verwendet wird P's vollzieht sich hier im jirofsen derselbe
Prozefs wie 1« i den kieinenatinenden W irbeltieren an den (iefal^en
der Schluudi»ogeu, die auch mit der Kntstehuiig der kieuieiibiättchen
in Kiemenarterien, Kiemenvenen und ein dazwischen geschaltetes
Kapillametz aufgelöst werden.
366
ZwölÜM Ktpilel.
Scüou fnilizeitig iiehmcu die zwei Niibelveueu um Leberki-eislauf
teil. Sie verlaufen ursprünglich von der Nabelschnur an in der
vorderen Bauch wand (Fig. 345 I m), aus welcher sie Seitenzweige
beziehen, und treten dann ül)er der Le heran läge in den Venen-
sinus (Sr), Sie schlaffen somit einen ganz anderen Weg ein als
später, wo sich das Endstflek der Nabelvene unter der Leber
vorfindet Narh His findet die Verlegung ihrer Bahn in folgender
Weise statt: Die rechte Nahelvene verkümmert teilweise (wie auch
beim Ilillinehen, S. und wird, soweit sie erhalten Itleibt . zu
einer Bauchdeckenvene. Die linke Nabel veue dagegen gibt am Septuui
transversum Anastomosen zu benachbarten Venen ab, von welchen
eine Ficli unter der Leber zum Ringsinus der Dottervenen begibt
und dadurch einen Teil des Plazentarblutes in den Leberkreislauf
überleitet. Da bei ihrem ruscheu Wachstum die Leber einer grofsen
Blutmfubr bedarf, wird
bald die Anastomose zur
Hauptbahn und nimmt
schlielslich unter Verküm-
merung der ursprOngliehen
Strecke alles Nabelvenen-
blut auf. Dieses zirkuliert,
mit dem Blut des Dotter-
saeks gemischt, in den von
den Dottervenen ans ent-
wickelten Bahnen . in den
V. hepaticae advehentes und
revehentes durch die Leber;
es fliefst darauf in den
Vorhof (lurrli das Endstück
der Dottervene. Letzteres
nimmt auch die untere
Hohlvene, welche zu dir-er
Zeit noch unscheinbar ist.
in sich auf und kann daher
schon jetzt, im Hinblick auf
die fertigen Zustünde, als
Herzende der unteren llohl-
vene bezeichnet wriden.
Während einer kur-
zen Periode mufs alles
Plazentarblut, um
zum Her/t'u zu gelangen, erst den L e h e r k r e i > 1 a u f
durchmache n. K in direkter A b f 1 u Ts zu r u n t e r e u H o h I -
vene durch den Ductus venosus Arantii existiert noch
nicht. Ein solcher aber wird von dem Moment an notwendig
werden, wo durch das Wachstum des Embryo und der Placenta das
Nabtdveneublut au Menge so zugenommen hat, dals der Leberkreis-
lauf es nicht zu fassen vermag. Dann entwickelt sich aus Anasto-
mosen eine direktere Zweigbahn, der Ductus venosus Arantii (Fig.
.'i'.'^ (I.A) zwischen Nabel- (n.v) und unterer Hohlvene (c t"') an der
unteren Fläche der Leber. Es tritt so das Verhältnis ein, welches
bis zur Geburt bestehen bleibt: an der Leberpforte teilt sich das
Plazentarblut (n.v) in zwei Ströme. Der eine Strom geht direkt
Fig. 356. Fig. 357.
Fig. 356. Verlialton dm Venao om-
phalomeMiit«rioM und V. nmbUiealM m
Darm und Leber bei einem Kaninchen-
Smbryo vom Beginn des 12. Tages. Schema
nach HüoiifiTKTTKB.
D.r.Ä Ductus yenosus Arantii, y.ca n.V.vi»
Vena cardiualis aut. u. post., V.u V. umbilicalis,
V/tM V. onphalomeaenterica.
Fiß. ::t57. Schema der Entwicklung des
Lebervenensystems der Säuger. Nach Hocii-
STBTTEB.
Die sttgrunde gegangenen Abscliniue der
V. omphalonesenteiicae und V. nmbilirales sind
licht gehalten. Bezeichnungen wie in Fig. 366.
Die Organe des Zwischenlilatt*>s oder Mesenchyms.
durch den Ductus venosus Arantii (d.A) in die untere Holilvene (cj"),
der andere Strom macht den Umweg durch die V. hepaticae adve-
hentes (ha.s u. ha.d) in die Lt'ber; er vermischt sich liier mit dem
der Leber durch die Dottervene (pfM) zuf^eführton Blut des Dotter-
sacks und des inzwischen vergröf^erten Darmkanals und gehingt
scblierslicl» durch die V. hepaticae revehentes (Ä.r) gleichfalls in die
uoter«' Hohlvene {cj').
Üher die Entwicklung der Pfortader ist jetzt noch einiges
nachzutragen. Sie ist in der Fig. :ir»S als ein unpaares Gefilfs (pf.a)
zu sehen. Sie mündet in die rechte zuführende Lehervene ein, be-
zieht ihre Ursprungswurzeln aus dem Gebiet des Darmkanals und
führt von ihm das Venenblut in den rechten Leberlappen hinein.
Ihre Entstehung leitet sich von den beiden primitiven Dottervenen her.
Nach der Darstellung von His verschmelzen die beiden Dotter-
venen auf der Strecke, wo sie dicht nebeneinander am Darmkanal
hinlaufen; auf der Strecke dagegen, wo sie zur Leber treten und
durch zwei ringförmige, das
Duodenum umgreifende
Anastomosen zusammen-
hängen , entsteht der un-
paare Stamm in der schon
auf Seite 'M)'t beschriebenen
Weise. Die Pfortader lauft
daher erst links um das
Duodenum nach hinten
herum und kommt dann
an seiner rechten Seite
hervor. Sie bezieht ihr
Blut teils von dem Dotter-
sack, teils von dem Darm-
kanal durch die V. mes-
enterica. Die erste Quelle
versiegt später mit der
Rückbildung des Dotter-
sacks, die andere al)er wird
immer ergiebiger mit der Vergröfserung des Darms, des Pankreas
und der Milz und führt in den letzten Monaten der Schwangerschaft
einen starken Strom der Leber zu.
Die Veränderungen, welche zur Zeit der Geburt noch eintreten,
sind leicht zu verstehen (Fig. :i58). Mit der Ablösung der Nach-
geburt hört der Plazentarkreislauf auf. Die Nabelvene (w.r) führt
kein Blut mehr der Leber zu. Ihre Strecke vom Nabel bis zur
Leberpforte verödet und geht in ein faseriges Band (das Ligamentum
hepato-umbilicale (»der L. tercs hepatis) über. Desgleichen liefert
der Ductus Arantii {(LA) das bekannte, in der linken Sagittalfurche
eingeschlossene Band (Ligamentum veuosum). Die linke und rechte
Vena hepatica advehens {ha.s u. lia.d) erhalten nun wieder ihr Blut,
wie es am ersten Anfang der Entwicklung der Fall war, vom Darm-
kanal durch die Pfortader ipf.o).
Nachdem wir mit den morphologischen Vorgüngen im einzelnen
bekannt geworden sind, schlielse ich den Abschnitt über das Gefilfs-
system mit einer kurzen Skizze des emhrycnialen Blutkreis-
laufs vor der Geburt. Für ihn ist charakteristisch, dafs noch
f]' Fip. ;i58. Leber eines achtmonatlichen
menschlichen Embryo, von der unteren
Fläche gesehen. .Ans (ikoknbadr.
l.le linker I.eberhippen. r.le rechter Leber-
lafipcn, n.r Niiliolvene, <I.A Ductus venosus
.\rantii, pf a I'fortader, h'j.s, ha.d Vena hcpatira
advehens sinistra und dcxtru, h.r Vena hepatica
revehens, r.i' Cava inferior, c.i" EndstUrk der
Cava inferior, weh-hes die Venae hepaticae
revehentes {hr) aufnimmt.
368
Zwölftes Kapitel.
keine Scheidung in zwei gesonderte Kreisläufe, iu den grolsen oder
Körperkreislauf und in den kleinen oder Kuu^^eakreislauf, erfolgt ist,
dals femer in den meisten GefAFsen weder rein arterielles noch r» in
veuö^es, sondern gemischtes Blut zirkuliert. Rein arterielles Blut
enthält nur die von der Placenta herkommende Nabel veiie, von der
aus wir (ien Kreislauf verfolgen wollen.
An der LelM r nnj^elangt, teilt ii h drr Strom der Nahelvene in
zwei Arme. Vau Strum geht direkt dmcii den Ductus Araiitii in die
untere Hohlveue und mischt sich hier mit dem venösen Blut, welches
von den hinteren Extremitäten und den Nieren zum Hersen zurOek'
fliefst. Der andere Strom geht durch die Leber, wo sich ihm (!<is
venöse, vuni Darm herrührende Blut der Pfortader zugesellt, und
gelaii{j;t auf diesem Umweg durth die Yenae hepaticae revehentes
gleichfalls in die untere Hohlvene. Aus ihr fliefst das gemischte Blut
in den rechten Vorhof. wird nher infnl^'e der Stellung der Eustachi-
schen Klappe, und da das ovale Locli noch offen ist, durch dieses in
den linken Vorhof zum grölsten Teil übergeleitet. Der andere, kleinere
Teil vermischt sieb wieder mit dem venösen Blut, welches die obere
Hohlvene vom Kopf, von den oberen Flxtremiläten und durch die
V. az>gos von den Rumpfwandungen gesammelt hat, und wird in die
rechte Kammer, vou hier in die Pulmonalis getrieben. Diese gibt
einen Teil ihres stark venOsen Blutes an die Lungen, den anderen
Teil durch den Ductus Botalli au die Aorta ab, wo er i<icli dem aos der
linken Kammer kommenden Strom, der mehr arteriell ist. liinzugesellt.
Das Blut der linken Kammer rührt besonders aus der unteren
Hohlvene her, zum kleineren Teil aus den Lungen, welche ihr BluU
das zu dieser Zeit venös ibt, in den linken Vorhof ergirfsen. Ks wird
in den Aortenbogen getrieben und teils durch s^'ine Seitenibte au
den Kopt und die oberen Gliedmafseu (Carotis communis, Subclavia)
abgegeben, teils nach abwftrts in die Aorta descendens weitergeleitet,
wo sich mit ihm der venösere Blutatrom aus dem BoTALUschen Gang
von der rechten Herzkammer vereinigt. Das gcmisclite Blut wird an
den Darmkanal und die unteren Gliedmalsen verteilt , hauptsächlich
aber gelangt es durch die beiden Nabelarterien in die I'lac^nta, wo
ts wieder arteriell gemacht wirii.
Wie die Ski/ze gezeigt hat. tindet überall eine Vermischung ver-
schiedener Blutarten statt; sie ist freilich in den einzelnen Monaten
des embryonalen Lebens keine gleich mäfsige, da ja die eiuzelueu
Organe ihre Gröfse in ungleicher Weise verilndern, und da nament-
lich die Lungen spilter mehr Blut aulzuneliimn imstande sind, da
ferner das ovale Loch und der BoT.MJ,i>cht' daii«; in den letzten
Monaten enger werden. Infolge dieser Mumeute gelangt schon vor
der (leburt weniger Blut aus der unteren Hohlveue in den linken
Voiliof und ebenso weniger Blut aus der rulmonalnrteric in die al)-
steigende Aorta, als es in Iriilieren Monaten der Fall war. So wird
allmöhlich gegen das Ende der Schwangerschalt enie Scheidung in
ein linkes und ein rechtes Herz mit ihren getrennten Blutbahoeo
eingeleitet (Hasse). Vollständig aber Wird sie fast mit einem Schlag
erst infolge der Geburt.
Grolse Veränderungen werden jetzt herbeigeführt durch den Ein-
tritt der Lungenathmung und durch den Wegfall des Plazentarkreis-
laufs. Beide Momente wirken zusammen dahin, dals der Blutdruck
im linkeu Herzen erhöht, im rechten Herzen herabgesetzt wird.
Die Organe des Zwischeublattes oder Mesenchyms.
Herabgesetzt wird der Blutdruck, da ans der NabeWene kein Bint
mehr in den rechten Vorhof einströmt und da die rechte Kammer
an die sich ausweitende Lunj^e mehr Blut abgel)en mufs. Infolge-
dessen schliei'st sich der BoiALUsche Gang (Fig. '6b2 n) und wird
dann zum gleichnamigen Band (Ugamentnm Botalli) nmgewandelt.
Da ferner aus der Lunge mehr Blut jetzt in den linken Vorhof
strömt, steigt in diesem der Druck, und da er im rechten Vorhof
gleichzeitig sinkt, kommt es infolge der besonderen Klappeuvorrich-
tnngen zum Versehlnft des ovalen Locbes. Es legt sieh nftmlieh die
Valvula foraminis ovalis mit ihren Rändern an den Limbus Vieussenii
fest an und verwiu hst mit ihm. Hierdurch und durch den YerschluCs
des BoTALUschen Ganges ist die vor der
Geburt schon angebahnte Scheidung in
einen grofseD Körperkreislauf und einen
kleinen Lungenkreidanf vollendet
Am Schlufs des Abschnittes über die
Entwicklung des Blutgefäfssystems sei
noch mit wenigen Worten eines Organs
gedacht, weknes in der deskriptiven
Anatomie meist bei den Organen des
Kreislaufs besprochen zu werden ptlegt, —
d e r M i 1 z. £ntwickluugsgeschichtlicb ist
Uber sie nur wenig zu berichten. Bei
raenflcUichen Embryonen von 7 mm
Länge wurde ihre erste Anlage schon
im Mesogastrium, in der Kähe des
Magens, von His aufgefunden. Einen
Fig. 359. Quersohnitt duroh
die MUsanlage und den Ma-
gill «Umb 27 Tage alten
menaaliltolien XmbryoB. Niu h
IlnCHSTBTTBB.
Mi Milz, Mg Magen, Muj^
HesogMtfciiim.
(Querschnitt durch die Milzanlage und
den Magen eines 27.Tage alten menschlichen Ein])ryos zeigt Fig. 8.")9
nach HocHSTETFER. Über die Abstammung des die Milzanlage bilden-
den Zellmaterials geben die Angaben der einzelneu Forscher noch
auseinander.
U. Die Entwickluns dca Skeletts.
Mit Ausnahme der Chorda dorsalis, welche ihren Ursprung vom
inneren Keimblatt herleitet, ist das Skelett der Wirheltiere ein Pio-
dukt des Zwischeublattes, entstaudeu aus einer Keihe geweblicher
Metamorphosen, ober welche schon früher (S. 336) im allgemeinen ein
Cberhlick gegeben worden ist. Man unterscheidet an ihm zwei Haupt-
teile: 1) (Ins Achsenskelett, welches wieder in dasjenige des Rumpfes
und des Kopfes zerfällt, und 2) das ExtremitÄtenskelett. Das erstere
ist das fitere und ursprQnglichere, wie es denn allen Wirbeltieren
zukommt; das letztere ist erst später entwickelt und wird in den
niederen Abteilungen noch ganz vermifst (Amphiozus, Cyklostomen).
A. Da.s Achsenskelett.
1. Entwicklung der Wirbelsftule nebst Bippen und Brustbein.
Die ursprl^ngliche Grundlage für das A< hseiiskelett alk r Wirhel-
tiere ist die Kückensaite oder Chorda dorsalis, ein biegsames, stab^
0. Hcrtwlf , DI« Bcmrate der Eatwieklnngatolun». 2. Aull. 24
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370 Zwölftes Kapitel.
fönniges Gebilde, das, in der Achse des Körpers unter dem Nerven-
rohr und oberhalli des Darnies und der Aorta gelegen, vom Vordei-
eode der Mittelhirubasis bis y.mn Ende des Schwanzes reicht. Indem
hiDsichtlich ihrer ersten Anlage auf frQhere Abschnitte des Lehr«
buebs (S. C»? etc.) verwiesen wird, sei hier auf die weitere Unibildung
noch niiher eingejriUi{Ten. X'on vornherein sei gleich hervoi gehoben,
dals die Ciiorda sich zu einem wirklich tunktioniereudeu, zur Stütze
tauglichen Organ nur bei den niederen Wirbeltieren, bei dem Am«
phioxus, den Cyklostomen, Ganoiden, Selachiern und den .Tugend-
fornien der Teleostier nn(t Amphibien entwickelt. Bei ihnen «^reri/t
sieh der Streifen embryonaler Chordazellen, wenn er sich vom Darm-
drftsenblatt abgeschnürt hat, nach aufsen dureh Absonderung einer
festen, homogenen Hülle, der Chordascheide, schärfer ab (Fig. 3tj0 es).
Die Zellen verfzröfsern siel», indem sie Flüssigkeit in ihr Protoplasma
aufnehmen, umhüllea sich mit derben Membranen und gewinoeu so
ganz das Aussehen von Pflanzenzellen. Nor
unter der Chordascheide selbst (Fig. 3lM))
bleiben die Zellen klein und protoplasmatisch
und bilden eine besondere Schicht, das Chorda-
epithel, welches durch Vermehrung nnd Um-
wandlung seiner Elemente eine Zunahme der
Chordasubstanz herbeiführt. Bei allen höheren
Wirbeltieren (Reptilien, Vögeln, Säugern) l)e-
ginnt die Chorda schon gleich nach ihrer
ei-sten Anlage in einzelnen Abscbnitteu radi«*
nientär und überhau])t als Sttttzgebilde ganz
unbrauchbar zu werden.
Eine noch bedeutsamere Rolle in der
Entwicklung des Achsenskeletts als die Chorda
spielt das Mesencbym in ihrer Unijiebnnfi.
Wie ebenfalls schon früher dargestellt wurde
(S. 117), bildet sich aus einem Teil der I r-
segmente. dem Sklerotom (Fig. 133 sk, 225 TT),
ein (lullertgewebe, welches sich zwischen den
Keimblättern und den aus ihnen sich anlegen-
den Organen ausbreitet. Es wächst um die
Chorda herum und liefert ihr eine besondere
Hülle, die sk e I e tt ogen e Chordascheide; vf»n
hier breitet es sich nach oben um das Nerven-
rohr aus und erzeugt eine Schicht, die sogenannten häutigen Wirbel-
bOgen. Auch seitlich dehnt sich bei den Embryonen das Mesenehym
aus. dringt in die Lücken zwischen die einzelnen Ursegmente hinein
und wandelt sich in dünne Binde^'ewobsplatten, die Zwischenniuskel-
bänder (Fig. 222, 224 //) (Ligamenta intermuscularia) , um, durch
welche die Rnmpfmuskulatur in einzelne Muskelsegmente (ms) (Myo-
meren) zerlegt wird. An der vorderen und an der hinteren Flftche
dieser Blatten tinden die Muskelfasern einen Ansatz und Stutzpunkt
(vergleiche Fig. 224 und den Text auf S. 222).
Das hier in seiner Ausbreitung l)eschriebene MesenchymgerQst
bildet die Grundlage, auf welcher sich die Wirbelsäule nebst ihren
Anhaii'.:^gel»ilden entwickelt; daher es denn auch in passen»ler Weise
alb Skelett bildende Schicht oder mit einem uoch älteren JNameu
als ,hflutige Wirbelsflule*^ bezeichnet wird. Es erfilhrt sehr
Fig. 3(.' i Querschnitt
duroh die Wirbelsäule
eines Jungmi "LmehMam.
Nach Gkoknu^ük.
c$ Chordasclipide. k
Neiiralboßcn. /' llanuil-
bosen, m Kuckeatuark,
aRttckenftorU,« Kardinal-
venen.
Die Organe des -Zwüchenblattes oder Alesenchyms.
371
verschiedenartige Modifikationen in den einzelnen Klassen der Wirbel-
tiere und ruft so die verschiedenartigsten FornieD des Achseiiskeletts
hervor. Ober welche die Lehrbücher der ver^'Ieichonden Anatomie,
auf welche hiermit verwieüeu wird, nähere Auskunft geben. Wir
beschränken ans Hier anf den Mensehen und auf die Sangetiere. Wenn
man bei diesen die Entwicklung des ursprünglich heutigen Gewebes
in der Umgt^buni^ der Chorda und des Nervenrohrs weiter vorfolgt,
so sieht mau, dal's es nacheinander zwei histologische Meta-
morphosen erfährt, dafs es zunächst teilweise verknorpelt, und dafs
später die knorpeligen Stücke in Knochengewebe umgewandelt werden,
öflei- mit anderen Worten: die zuerst angelegte, hftutige
Wirbelsäule geht bald in eine knorpelige über, und
diese wird wieder durch eine knöcherne ersetzt. Im ein-
zelnen vollzieht sich der Hergang in folgender Weise:
Beim Mensch(Mi beginnt der Verknorpelungsprozefs am Anfang
<les zweiten Monats. An einzelücii Stellen der die (Jhorda umhüileu-
deu (iewebsmasse scheiden die Zeilen eine
knorpelige GmndsubBtanz zwischen sich aus
und rücken weiter auseinander, wahrend auf
anderen dazwischen gelegenen, kleinereu
Strecken das Gewebe seinen Charakter nicht
verändert (Fig. 268, 293 n. 861). Anf diese
Weise sondert sich die skelettbildende Schicht
in zahlreiche . auf dem Liingsdurchsclmitt
heller aussehende Wirbelkörper (Fig. 3ül v)
and in ^ie sie trennenden ZwiKhenwirbel-
«cheiben (Ligamenta intervertebralia) (Ii).
Mit dem .Auftreten einer gegliederten
^Wirbelsäule hat die Chorda ihre iiolle eines
stQtzenden Skelettstabes eingebofot. Sie ist
ilalier auflh von jetzt ab einem allmählichen
Ihitergang verfallen. Die in den Wirbelkörper
eingeschlossenen Teile werden in ihrem Wachs-
tum gehemmt, während die kleineren, in den
weichen Zwischen Wirbel Scheiben gelegenen
strecken zu wuchern fortfahren (Fig. '/').
Dadurch gewinnt jetzt die Chorda, wie man
zu sagen pHegt, ein perlschnurartiges Aussehen; verdickte, kugelige
Abschnitte hängen durch dünne Verbindungsfäden untereinander zu«
sanimen. S|)nter schwindet die riioida in den Wirbelkitrpern ganz,
zumal wenn diese zu verknöchern beginnen; nur iutervertel»ral erhält
sie sich, wenn auch von ihrer Umgebung undeutlich abgegrenzt, und
liefert durch Wucherung ihrer Zellen die Gallertkeme der Zwischen-
wirbelscheibe n.
Kurz nach dem F.rsclieinen <ler Wirbelkörper sind ancli die .An-
lagen der dazu gehörigen Bogen zu bemerkeu; sie entstehen als kleine
selbständige Knorpelstückchen in der das Rfickenmark umhüllenden
Membran in nächster NUlie der W^irbelkörper. mit denen sie bald ver-
schmelzen (I ii: liiXirli). Ilir Wachstum ist ein ziemlich langsames In
der achten Woche erscheinen sie beim Menschen nocii als kurze Fort-
' Sätze der WirbelkArper, so dars das Rtkckenmark dorsal wärts von der
häutigen Membran bedeckt wird. Im dritten Monat wachsen sie ein-
ander am Rücken entgegen, doch kommt es erst im folgenden Monat
24»
Fig. 3f)l. LängBBclmitt
durch, die Wirbelsäule
•Ine« «oiht Woeheii
alten menschlichen
Embryo in der BruBt-
gegend. Nach Köi-likkii.
r knorpeliger Wirbel-
kiirper, Ii Intervertebral*
ligament, ck ChordA.
872
zu einer ToUstAndigen Verschmelzung und zur Entstelnin^^ knoqtplit-'er
Wirbeldorne. Der zwischen den knorpeligen Bogen gelegene Teil
iler Membran liefert den Bandapparat.
Beim Verknorpelungsprozefs nehmen die entstehendeo Wirbelkörper
eine bestimmte, pesetzmäfsise Stellung zu den TJr- oder Muskcl-
segmentCT ein, in der Weise, dafs sie jederseits an zwei derselheu
angreuzeu, zur Hälfte au ein Vorhergeheudes, zur Hälfte an ein nach-
folgendes. Oder in anderen Worten: Wirbelkörper und M u^^keU
s 0 s TU e n t e decken sich nicht, sondern alternieren in ihrer
Stellung miteinander. Die Notwendit'keit einer deraitiiien
Einrichtung ergibt sich von selbst aus der Autgabe, welciie Wirbel-
säule und Muskulatur zusammen zu erfttUen haben. Die Skelettaehse
niufs zwei entgegengesetzte Eigenschaften vereint zeigen; sie lunfs
fest, aber aucli biegsam sein, fest, um als Stütze des Kumpfes /u
dienen, biegsam, um seinen Bewegungeu nicht hinderlich zu sein. Du
ein einheltUeher Knorpelstab nicht genug Biegsamkeit besitzen würde,
kann der Verknorpelungsprozefs nicht in ganzer Ausdehnung der
skelettbildenden Schicht erfolgen, sondern es ratlssen dehnbare Strecken
zurückbleiben, welche eine Verschiebung der Kuorpelstücke aneinander
gestatten. Eine Verschiebung der 'Knorpelstocke aber ist selbstver»
Ständlicherweise nicht inQ^jUck, wenn sie so liegen wQrden, dafs die
Muskelfasern an einem und demselben Wirbelstück Ursprung und
Ansatz hndeu wurden. Damit die Fasern eines Muskelsegmentes auf
zwei Wirbel einidrken kOnnen, mdssen Muskel- und Wirbelsegmente
in ihrer Lage alternieren.
Noch ehe die knorpelige SVirbelsftule ganz angelegt ist, tritt sie
bei dem Menschen und deu Säugetieren auch schon in das Stadium
der Verknficherung ein, welches beim Menschen am Ende des zweiten
Monats beginnt. Die Verkndcherung eines jeden Knorpels erfolgt
im grofsen und ganzen in einer ilbereinstimmenden, tyi>iscbeu Weise.
Von der übeiHäche her wucheru Blutgefäfse an einer oder mehreren
Stellen in das Innere hinein, lOsen die Knorpelgrundsubstanz in einem
beschränkten Bezirk auf, so dafs ein kleiner mit Gefäfskapillaren und
Markzellen erftUlter Baum entsteht. In seiner Umgebung lagern sich
Kalksalze im Knorpel ab Von einem Teil der gewucherteu Mark-
zellen, die zu Osteoblusteu werdeu, wird alsdann Knochensubstanz
ausgeschieden. Auf diese Weise ist inmitten des Knorpelgewebes ein
sogenannter KnochenkernodercinVerknöcherungszentrum
entstanden, in dessen Umkreis die Zerstörung des Knorpels und der
Ersatz durch Knochengewebe immer weiter fortschreitet.
Die Stellen, an welchen sich die einzelnen Knochen-
kerne bilden, und nicht minder ihre Anzahl sind für
die einzelnen Knorpel ziemlich geset zm S fsi g. Ks erfolgt
im allgemeinen die Verknociierung eines jeden Wirbels von diei
Punkten aus. Zuerst legt sich je ein Knochenkem in der Basis einer
jeden Bogenhnlffe an. wozu etwas spilter noch ein dritter Kern in der
Mitte des W'irbeikörjiers hinzutritt. Im ft^nften Monat ist die Ver-
knöcheruug bis an die Ubertiiiclie des Knorpels vorgedrungen. Jeder
Wirbel ist jetzt deutlich aus drei KnochenstQcken zusammengesetzt,
welche durch KnorpetbrOcken au der Basis jeder Bogenhälfte und an
ihrer Vereinigung zn den W'irbeldornen no' h längere Zeit unterein~
ander verbunden werden. Die letzten Kuorpeheste verknöchern erst
nach der Geburt. Im ersten Leben^ahr versehmeltan die beiden
Die Organ« des Zwisehenblattes oder MeKeiieh3rm8.
373
Bogenhälften untereinander unter F.ntwickhinj; eiuoR knöchernen Dorn-
fortsatzes. Jeder Wirhel lAfst sich dann nach Zerstörung der Weich teile
iu zwei Stöcke, in den Körper und in den Bogen, zerlegen. Diese
Tereinigen sich erst zwischen dem dritten und achten Jahre.
Zur Vervollständigung des Achsenskeletts tragen knorpelige Skelett-
teilo bei. welche der lateralen und der ventralen Wand des Rumpfes
2ur Stütze dienen, die Rippen nnd das Brustbein.
Die Kippen entwickeln sich unabhängig von der Wirbelsäule
<beim Mensehisn im zweiten Monat), indem zwischen den einzelen
Muskelsegmenten Gewebsstreifen der Zwischenmuskelbäuder (Fig. 224 Ii)
<leni VerknoriH lungsprozefs unterliegen. Sie werden zuerst als kleine
Spangen in nächster Mähe der Wirbelkörper sichtbar, von hier ver-
grdftem sie sieh rasch ventralwftrts. Auf frQhen Entwicklungsstadien
werden Rippen vom ersten bis zum letzten Segment der Wirl»elsÄule
(beim Menschen das Steifsbeiii ausgenommen) angelegt, bilden sich
alter nur bei niederen Wirbeltieren (Fificheu, vielen Amphibien,
Reptilien) in einer mehr gleichartigen Weise Überall zu grOfseren, die
Rumpfwand stützenden Spangen aus, während sie bei den Säugetieren
und beiüi Mensclicn in den einzelnen Regionen der Wirbelsäule ein
verschiedenes Verhalten zeigen. Am Hals-, Lenden- und Kreuzbeiu-
abschnitt treten sie von Anfang an nur in verkfimmertem Zustand
auf und erfahren später noch zu besprechende Metamorphosm. Nur
an der Brust Wirbelsäule erreichen sie ansehnliche Dimensionen und
lassen hier zugleich einen neuen Skeletteil, das Brustbein, entstehen.
Das Brustbein, welches den Fischen und Dipneusten noch
fehlt, bei den Amphibien, Reptilien, Vögeln und Säugetieren aber
vorkommt, ist ein Bildungsprodttkt der Brustrippen und
legt sich ursprünglich, wie zuerst Rathke entdeckt hat, als
«ine paarige Bildung an, die frühzeitig zu einem uu-
paaren Skelettstflck ▼erschmilzt PQr den Menschen hat
man gefunden, dafs bei 3 cm langen Embryonen die fünf bis sieben
ersten Bmstripiion '^if'lt l)is in die ventrale Fläche der Brust verlängert
haben uud jeder.seits iu eiuiger Entfernung von der Medianebene zu
«iner Knorpel leiste durch Verbreiterung ihrer Enden verbunden sind,
während die folgenden Rippen in gröi'serer Entfernung von der
Medianebene frei enden. Die beiden ni s tbe i n le i s t e n werden
<lurch häutiges Gewebe voneinauder getrennt, später nähern sie sich
iu der Medianebene und heginnen untereinander von vorn nach hinten
zu einem unpaaren Stück zu verschmelzen« von welchem sich spftter
<lie einzelnen Rippen, die ihm den Ursprung gegeben haben, durch
üelenkbihlun^ absetzen.
Der paarige Ursprung des Brustbeins kann zui* Erklärung einiger
Abnormitäten dienen So beobachtet man zuweilen beim Erwachsenen
«ine Spalte, die, durch Bindegewebe verschlossen, durch das ganze
Brustbein liindnrih'ji bt (Fissura sterniK oder man findet einzelne
kleinere otier grölsere Lücken im Korper uud Schwertfortsatz des
Brustbeins. Alle diese abnormen Falle erklaren sich durch voll-
ständifres oder teilweises Ausbleiben der sonst im embryonalen Leben
«rfcd^'enden Verwachsung der beiden Brustheinleisten.
nippen und Brustbein verknöchern teilweise unter Entwickhni^
besonderer Knochenkerne , die ersteren schon vom zweiten Monat,
letzteres erst ziemlich spflt vom sechsten Fdtalmonat an (Fig. :3(>2).
, Digiii^uu by C(.)0^1c
374
Zwölftes KapiteL
Durch ungleiche Ausliilduii-i der einzelnen Wirbel- uml Kip])en-
anlagen und durch hier und da eiutreteude Versciiiuelzungeu komiueu
die verschiedenen Abschnitte des Rompfskeletts zustande: die Hals»,
Brust- und Lendeuwirbelsftule, das Kreuz- und Steifsbein. Ein rich-
tijies Verständnis dieser Skeletteile ist nur an der Hand der Ent-
wicklungsgeschichte zu gewinnen.
An den Halswirbeln verwachsen die rudimentären Rippen-
anlagen gleich bei ihrem ersten Auftreten an ihrem einen Ende mit
dem Wirbelkorper. an ihrem anderen Ende mjt einem Auswuchs den
Wirbelbogens und uuischlielseu mit ihm eine Öffnung, durch welche
die Yertebralarterie hindurchzieht, das Foramen transversarium. Der
soRcnaunte Querfortsatz der Halswirbel ist mithin eine zusammen-
«zesetzte Hildunpr und sollte besser als S e i t en f o r t s a t z bezeichnet
werden: denn die dorsal vom Foramen transversarium gelegene
Knochenspange ist vom Wirbel durch Auswaehaen gebildet und ent-
spricht aliein dem Qnerfortsatz eines Brustwirbels; die ventrale Spange
daliegen ist ein I^ipi)enrudiment . wie sie
denn auch einen eigenen Knocbenkeru
besitzt. Am siebenten Halswirbel ent*
wickelt sich zuweilen die Rippenanlage
bedeutender coht keine VorwaclisunR mit
dem Wirbel ein , der iulolgedessen auch
kein Foramen transversarium besitit und
wird unter den Abnorniitriten des Skeletts
als freie Halsrii»])e beschrieben.
Auch der u e r f o r t s a t z der Len-
denwirbel ist besser als Seitenfortsatz
zu bezeichnen, da er ein Rippenrudiment
einschlirfst. Hieraus erklärt sich das
zuweilen iieim Menschen beobachtete Vor-
kommen einer Kippe oder einer kleinen
Lendenrippe.
Am meisten umgewandelt ist die K reu z-
beingetiend. Indem hier in pröfserer
Anzahl Wirbel mit dem Beckengürtel in
feste Verbindung getreten sind, haben sie
ihre Beweglichkeit aneinander verloren
und sind zu einem jjrofsen Knochen . dem Kreuzbein . verschniol/.en.
Dieses liesteht bei menschlichen Embryonen aus fünf getrennten,
knorpeligen Wirbeln, von denen sich namentlich die drei ersten durch
sehr breite, wohl entwickelte Seitenfortsätze auszeichnen. Ich sage
Seitenfortsätze, da verfileichend-anatoniische Gründe und entwicklungs-
gescbichtliche Momente dafür sprechen, dafs in ihnen rudimentäre
Sacralrippen, wie sie bei niederen Wirbeltieren selbstSmlig auf-
treten , mit enthalten sind. In entwicklungsgeschichtlicher Hinsicht
sj)richt hierfür die Art der Verkni»cherun{j. Denn jeder Kreuzbein-
wirbel verknöchert von fünf Kernen aus. Zu den drei typischen
Kernen des Körpers und des Wirbelbogens gesellen sieh noch in den
Seitenfortsfttzen firofse Knochenkerne hinzu, welche den Knochenkemen
einer Riiipe vergleichbar sind. Sie lief<'rn die bekiinnten Seitenmassen
des Kreuzbeins (Massae laterales), welche die üelenktiächen zur Ver-
bindung mit den Darni1)einen tragen. Die Verschmelzung der fünf
durch Knorpelstreifen getrennten, knöchernen Stocke eines Kreuz-
Fig. 362, Knorpeliges
Brasebetii mit Bippen-
anaatzen eines aweljähri-
gen Kindts mit mehreren
Knochen kernen kk.
k Knorpel, kk Kuochenkerue,
8€h Schwertfortsfttz.
Die Organe des ZwiichenUftlteB oder Mecmehym«.
375
hein^irhrls erfolgt später als in anderen Teilen der Wirbelsäule,
näiülKh ei.st im zweiten bis sechsten Lebensjahre. Lange Zeit erhalten
sidi die fünf Kreuzbein wirbel durch dQone Zwischenwirbelscheiben
petrennt, welche vom 18. Jahre an zu verknfxhern begiDoen. ein
Prozefs, der im 25. Jahre seinen Abschlufs gefunden hat.
An das Kreuzbein schliei'^en bich nach hinten noch vier bis fünf
rudimentilre Steifewirbel an, welche dem Scbwanzskelett der Säugetiere
entsprechen und sehr 5;pi\t erst ihre Knncbcii]<erne erhalten. Vom
80. Lebensjahre an können sie untereinander und zuweilen auch mit
dem Kreuzbein verschmelzen.
Besondere Erwfthnung verdienen jetzt noch Atlas und £ p i s t r o -
pheus. llire abweicliende Gestalt gewinnen diese WirbeL dadurch,
dafs frühzeitig der knorpelige Körper des
Atlas (Fig. 3ü3 a) mit dem Epistropheus (e)
verschmilzt und seinen Zahnfortsats darstellt
Der eine enthält daher weniger, der andere
mehr als ein normal entwickelter Wirbel.
Dal's der Zabnfortsatz der eigentliche Körper
des Atlas ist, Iftfst 'sieh auch später hoch ah ^"^g- 363. Median-
zwd Punkten erkennen. Postens wird - er, «oiMiitt durch den Kor-
. j , „r- w. 11 » 1 por des Epistropheus
wie jeder andere Wirhelkörper, solange er zahnfortsatz
knorpelig ist, von der Chorda durchsetzt, im Kuorpel sind zwei
welche an seiner Spitze ins Ligamentum sus- Knochenkenie t nsd •
pensorium und von diesem in die Schfldelbasis sehen,
eintritt. Z^vcitpns erliillt er im fünften Monat
der Entwicklung einen eigenen Knochenkeru (Fig. Bf>:i a), der erst
im siebenten Lebensjahre mit. dem Körper des Epistropheus voll-
stlndig verschmolzen ist.
Die FelbstsUidi«? <ieMieb(MiPTi l^og^Miliiilften des Atlas v( rbimlen
sich veutralwHrts von dem ZaUulortsatz untereinander durch einen
Gewebsstreifen , in welchem ein selbständiges Knorpelstück gebildet
wird (hypochordale Knorpelspange. Fkokiep), eine Bildung, welche
nach Früriep bei den Vögeln jedem Wirbel zukommt Das Knnr])el-
stfn k entwickelt im ersten Jahre einen Knochenkern, vpr rl iu 1/t im
fünften bis sechsten Jahre mit den Seitenhälften uud bildet den
vorderen Bogen.
S. Das KopflikAlett.
Von der Wirbelsäule unterscheidet sich der vorderste Abschnitt
des Arbsenskelt'tts , der dem Kopf doi Wirbeltiere zur Stütze dient,
in sehr wesentlichen Zügen. Ks ( rkliirt sich dies, wie aufser der Ent-
wicklungsgeschichte namcutlicii auch die vergleichende Anatomie lelirt,
ans dem Umstand, dafs der Kopf, mit zahlreichen, nur ihm eigen-
tümlichen Organen ausg<^rü>tet. im Bauplan der WirVieltiere eine be-
vorzugte Stellung einnimmt. Das Nervenrobr ist hier zu dem volu-
minösen und in ungleiche Abschnitte abgeteilten (Jeliirn differenziert,
in dessen unmittelbarer Kaehbarscbaft wieder hoch zusammengesetzte
Sinnesorgane, wie Nase, Auge und Ohr, entstanden sind. Auch der
im Kopf eingescbloFsenn Abschnitt des Verdauunpsrolirs zoi-jt in mehr-
facher Hinsicht ein eigenartiges Gepräge, indem er die Mundoffnung
mit den Organen zur Aufnahme und Zerkleinerung der Nahrung ent-
hält und sofern er aufserdem noch von den der Atmung dienenden
Digiii^uu by G(.)0^1c
370
Zwölftes Kapitel.
Schlundspalten durchbrochen ist Dies aHes wirkt bestimmend auf die
Form des Skeletts ein, welches sich 4em Gdiirn; den Sinnesorganen
und den Aufgahon des Kf*]fffi:inns auf das genaueste anpafst und da-
durch, zumal bei den hüheiea Wirbeltieren, zu einem sehr komplizierten
Apparat wird. Denselben teilt man bekanntlich in den Lehrbüchern
der deskriptiven und ebenso der vergleichenden Anatomie in zwei Ab-
schnitte ein : 1) in die Schädelkapsel, welche das Gehirn und die höheren
Sinnesorgane einschlierst, und 2) in das Viscoralskolett, welches sich
ursprünglich zur Stütze in der Wand der Kopfdarmhülile ausgebildet
hat. An beiden unterscheidet man wie an der Wirbelsäule des
Menschen und der Sflugetiere drei verschiedene Stadien ihrer Ent-
wickhing, die durch die histologische Beschaffenlieit dvr Stfltzsubstanz
gekennzeichnet werden, ein häutiges, ein knorpeliges und ein knöchernes
Stadium. Wir besprechen dieselben nacheinander und zwar getrennt
für die Schftdelkapsel und für das Visceralskelett.
a) Die h&utige und knorpelige Schiidelkapsel
oder das Primordialcrauium.
Auch im Bereich des Kopfes dient zur Grundlage des Skeletts
die Chorda, welche sich unter den hirublasea nach vom bis zum
Zwisehenhim erstreckt. Um ihr vorderes Ende erfolgt l)ei den Am-
nioten die Kopfbeuge, vermöge deren die Achse der ersten Hirnblase
mit den zwei folgenden einen spitzen Winkel beschreibt (Fig. 283).
Um die Chorda wächst auch hier frühzeitig das Mesenchym herum
ud umgibt sie mit einer skelettbildenden Scbidit; Ton hier breitet
es sieb seitwärts und nach oben aus, die fünf Hirnblasen einhüllend,
und sondert sich spllter in die Hirnhilute und eine Gewebstschicht,
welche zur Grundlage der Schädelkapsel wird und den Namen des
hAutigen Prtmordialeranium erhalten hat
So weit herrscht in der Entwicklung der Wirbelsäule und des
Sch-ldcis eine l^tiorpinstimmung. Fiirenirtiger gestalten sich die
VerUültnisse mit »tem Eintritt des Verkuurpelungsprozesses. Während
im Bereich des Rückenmarks die skelettbildende Schicht eine regel-
miilsige Sondeninii in knorpelige und in bindegewebige Teile, in
Wirbel und in Wiiltellülnder erfilhrt und dadurch in hintereinander
gelegene, verschiebbare Ai)schnitte gegliedert wird, unterbleibt am
Kopf eine derartige Gliederung. Die als häutiges Primordialcrauium
bezeichnete Gewebsschicht vt rlaiorpelt im ganzen zu einer unbeweg-
lichen Ka))sel . welche die Ilirnhlasen t inliüllt. Gehen wir auch die
ganze lU'ilie der Wirbeltiere his zum niedersten durch, bei keinem
einzigen tiudet sich eine Souderuug in bewegliche, Wirlieln ent-
sprechende Segmente. Somit schlageu frfthzeitig der vorderste und
der übrige Abschnitt des Acbaeuskeletts verschiedene Entwicklungs-
richtungen ein.
Der Gegensatz begreift sich aus den verschiedeneu Aufgaben, die
hier und dort zu lösen sind, und namentlich aus d(»n verschiedenen
Einflufs. welchen hierbei die Muskelwirkung auf die Gestaltung des
Skeletts ausübt. Die Uunipfüiuskulatur ist hei den im Wasser lebenden
Tiereu das wichtigste Lokumotionsorgan, indem sie den Rumpf bald
nach dieser, bald nach jener Richtung einbiegt und dadurch im Wasser
vorwärts treibt. Wäre dagegen der Kopfabschnitt ebenso biegsam und
beweglich, so würde daraus für die Vorwärtsbewegung ein Nachteil
Die Organe des Zwitdumblsttes oder Mesenehyns. 377
erwachsen, da ein unbeweglicher Teil wie ein Wasserbrechor wirkt.
Ferner überninuut die am Kopf entwickelte Muskulatur eine anders
geartete Aufgabe, indem sie bei der Ergreifung der Nahrung und bei
dem Atmungsprozefs , der mit Erweiterung und Verengerung des
Kieniendarms einhorgelit, ventral gelegene Skeletteile der Skelettaclise
bald nähert, bald entfernt. Auch hier ist es günstiger, wenn die
Skelettachse den Muskeln einen festen Ansatzpunkt darbietet. Die
voluminöse Entfaltung des Gehirns und der oöheren SinnesorgRine
endlich ist ebenfalls ein MonnMit. welches mitwirkt, den zu ihrer Auf-
nahme dienenden Teil des lvo])fes zu einem unhewcplichen Abschnitt
zu machen. In Auljetrucht dieser verschiedenen, m gleichem Sinne
wirkenden Faktoren wird es YerstftndUch aein, warum am Kopf
eine Segmentiisrnng des Aehgenakeletts von Tornlierein
ausbleibt.
Fig. 864 u. Anlage des knorpeligen Primordialcranium. Aus
'WlBOBHSUKIM.
Fig. 364 erstes und Fig. 365 zweites Stadium, r Chuida. i'A' Para-
chordalKnorpel, Tr RATiiKKSche Schädelhalken. VR Durclitritt.sstellt' tVir die Hypo-
Klivsis, iV. A, O .Naseiignibf. Augfii- und ( »lu lihiM-, /.' Itasilarplattf, 1 Si hadt-I-
aiken, welche sich uuch vorn /ur Na.st'HM heidewaud S und zur Kthinoidalpiatte
vereinigt haben, Ct, AF Furtsütze der Kthmoidahdatte zur l'msi liliersuag des
Geruchsorgans, Ol ForamiBa olfactoria, FF PostoroitaLfortsati, NK Nasengrube.
Im übrigen herrscht in der Art und Weise, wie sich am häutigen
Primordialcranium die Umwandlung in Knorpelgewebe vollzieht, eme
grnfsr Übereinstimmung mit der Wirbelsäule. Bei l)eiden tritt die
Verknorpelung zuerst in der Tnigebung der Cbordn dorsalis rin
(Fig. 3(34), zu deren Seiten als Grundlage der Schädelbasis zwei l'aar
Iftngsgestreekter Knorpel entstehen, nach hinten die beiden Para-
c h 0 r d a 1 k n 0 r p el ( PL), nach vom die beiden R ATHKEschen Schädel-
]i a 1 k en (Tr), welche an der Chonlnspitzf hcfiinnen und von da unter
dem Zwischen- und Vordt ihiru verlaufen. Bald verschmelzen die
vier Stileke untereinander ( Fig. Die beiden Parachordalia wachsen
zuerst unten, dann am-h «dien um die Chorda herum, hüllen sie ein
und erzeugen so die Basilarplatte (7?). Ihr vorderer Hand springt
naeh oben in den Biegungswiukel zwischen Mittel- und Zwischenhiru
weit vor und entspricht der späteren Sattellehne. Die nach vom
Fig. 864.
Digiii^ioü by Cookie
378
Zwölftes Kapitel.
ausstrahlenden RATHKESchen Schäd elbalken (T) verbreitern sich
an ihren vorderen Enden und verschmelzen an diesen zu der Kthmoidal-
platte (S), der Grundlage für den vorderen Schädelabschnitt, der
durch Aufnahme des Geruchsorganes sein eigenes Gepräge erhält.
In ihrer Mitte bleiben sie lange Zeit getrennt und umschlielsen
eine ()ffnung, welche der Sattelgrube entspricht und dadurch l>edingt
ist, dafs von der Muudbucht her die Hypophysentasche entstanden
und durch die häutige Schädelbasis hindurch dem Hirntrichter eut-
gegenge wachsen ist. Ziemlich spät bildet sich auch als Boden der
Sattelgrube unter der Hypophyse eine dünne Knori)elplatte aus,
welche nur von den Löchern für die inneren Carotiden durch-
brochen wird.
Nachdem die Schädelbasis entwickelt ist, ergreift der Verknorpe-
lungsprozels die Seitenwand und zuletzt die Decke des häutigen
N Au Tr IjiFaOcGlVa rh rb rfi ri
«• Ik O U zb zb Kb
F'iff. 366.- Sohematisohe DarstellunK dea knorpeligen Kopf- und Vis-
ceralskeletts und der Uirnnerven eines Selaohiers.
N Nasenkapsel, Au Auponhohle (Orbitalrcgion), Jai Labyrinthregion . Oc
Occipitalregion des Sibüdolti, O I'alatni|ua<hatiim, t/ rnterkiefer, M" Lippen knorpel.
*/> Zungenbeinbogen , kh 1. bis 5. Kienienbopen , Tr Trigeniiniis, /"Vi Facialis, fit
(flossopbaryngeiis, IVi Vagus, rl Hamiis lateralis des Vagiip, rb Itanii branrhinles
des Vagus.
Primordialcraniuni, geradeso wie aus dem Wirhelkörper nach oben die
Hogenhälften hcrvorwachscii und schlielslich dorsalwärts im knorpeligen
Wirbeldorn ihren Abschlufs erhalten.
Auf diese Weise entwickelt sich bei den niederen Wirbeltieren,
bei denen das Achsenskelett zeitlebens im knorpeligen Zustande ver-
harrt (Fig. :WJ«;). nni das Gehirn eine geschlossene, ziemlich dick-
wandige Kapsel, das knorpelige Primordialcraniuni. An ihm
unterscheidet man zur besseren Orientierung verschiedene Regionen,
wobei man zwei verschiedene Einteilungsprinzipien benutzen kann.
Nach dem Verhalten der Chorda dorsal is kann man das
Primordialcraniuni in einen hinteren und einen vorderen Abschnitt zer-
legen. Der hintere Abschnitt reicht bis zur Sattelleline und schliefst
j Google
Die Orgftne dei Zwiaehenblattes oder Mesencbym».
379
in seiner Ba^is die Clionla ein, welche beim Menschen vom Zahnfortsatz
durch das Ligaiueutum Suspensorium dentis in sie eintritt. Der vordere
Abschnitt entwickelt sich vor dem zugespitzten Ende der Chorda aus
den RATHKEschen Schftdelbalken. Gp.cenbm'k unterscheidet beide
als vertebrale und evertehrale Region (wofür Kölliker die
Bezeichnung chordal und prilchordal gebraucht). Die zweite
Kinteilung geht von dem verschiedenen Aussehen aus, welches
einzelne Strecken des Primordialcranium durch ihre Beziehungen
zu den S i n n 0 s n r p n n 0 Ti frewinnrn. Das vonlere Km\v dvi Knnrpel-
kap>el iViii. 'Mf'*) nimmt ilie ( ieruclisorgane auf. ein folgender Ab-
schnitt erhalt Grubtu für die Augäpfel, in einem dritten sind die
häutigen Gehör-Labyrinthe eingebettet, ein vierter endlich vermittelt
die Verl)indung mit der W'irbels.lule. Auf diese Weise kann man eine
Etil !tH> i (i :i 1 . eine Orbital-, eine Labyrinth- und eine Pcci-
p i t u i - K e g i u n unterscheiden.
Bei den hdheren ^Wirbeltieren . bei welchen spftter In mehr
oder minder hohem Grade Verknik'lieMnigsprozesse eingreifen, erreicht
d.fs Prininrdialrranium eine weniger vollkonnnene Ausbildung; seine
W unde bleiben dünner und ei halten an einzelneu Stellen sogar Öff-
niuigen , die durch Bindegewebsmembmnen verschlossen werden.
Besonders bei den Säugetieren und beim Menschen (Fig. :kl7 und 368)
wird das knorpelige Primordialcranium nur in unvollkommener Weise
angelegt; seine Decke verknorpelt nur in der Umgebung des Hinter-
hauptlochs , wfthrend sie in der Gegend , wo spftter die Stirn- und
Scheitelbeine liegen, häutig bleibt. Eine «röisere Dicke erreicht der
Knorpel an der Schädelbasis und in der l'mizehuup des Geriichsorgans
und des häutigen LabyriuUis, wo er die Nasen- und Ohrkap^eln er-
zeugt. Einen vortrefflichen Eiobtlek in die Beschaffenheit des knorpe-
ligen menschlichen Primordialcranium geben die Fig. Mu und 368,
welche nach l'hntoLrrnphien eines Wachsmodells vom Kopfskelctt eines
Embryo aus dem dritten Monat angefertigt worden sind. Fig. 307
gibt eine Ansicht des knorpeligen Schädelgnindes bei Betrachtung von
oben, Fig. 308 dagegen eine Ansicht halb von der Seite und von unten.
Alle Teile des Skelt tts wflrhe aus hyalineni Knorpel be>telien. haben,
um eine bessere Unterscheidung zu ermögiiclien , einen blauen Farb-
ton erhalten, während mehrere kleine Knochenplättchen , auf welche
spftter noch «genauer eingegangen werden wird, teils 'in grauer, teils
in gelber Farbe ausgefülut sind.
Wie man auf den er&teji lilick sieht, felilt !>eim Menschen in der
ganzen oberen Hiilfte des Schädels jede iSpur vuu Knorpelgewebe;
hier findet sich nur eine dünne, bindegewebige Schicht, welche schon
auf früheren Stadien die Hirnblasen einhüllt und als häutiges Prim-
ordialcranium «nterschietlen wird. Sie giiit den Mutterboden für ver-
schiedene Belegkuocheu ab, die in der Figur niclit mit abgebildet
sind. Dagegen ist die ganze Schädelbasis mit einem angrensenden
Teil der Seitenwand in Ilyalinknorpel unifiewandelt. In der Nasal-
und Ethmoidalr< <.'i(in des Kopfskeletts sieht man nicht nur tlie Nasen-
scheidewand (t ig. .j<J8 30), sondern auch die seitliche Begrenzung {29)
und die Decke der Riechhöhlen durch dftnne Lamellen von Knorpel-
gewebe gestützt. An der Nasenscheidewand finden sich die Jacobson-
schen Knorpel (rjntilfi'jines paraseptales. Spuhcat) (Fig. 3r>8 31); „es
sind stets zwei vorhanden, au jeder Seite ein grölseres und ein
kleineres** (Mihalkovics); sie erhalten sich beim Menschen, obwohl
Digiii^cu by Google
Zw()lftes Kapitel.
l'ig. .StiS,
Digitized by Google
Die Organe des Zwischenblatu:.-« oder Mesenchyius.
381
Fig. 'M~ II. Zwei Ansichten vom Kopfeltelett eines meiiHC'hlirhen
Sknbryo von 8 cm Bteils - Bcheitellänge aus dem dritten Monat der
Btiiwaagersohaft.
An«; einer Sprit- von Querschnitten wurde das knorpelipc l'rimonlialcranium
nebst den priniaroii und sekundären Knochen von dem Beamten iles Üerliner
anatomisch - liioloijischen Instituts Jl. Spitz unter meiner Kontrolle nach dem
BoBNScbeu l'lattenniodelliervertabren rekonstruiert und im /iKOLaaschen Atelier
als Unterricbtsmodell ausgeführt. Die beiden Zinkographien sind nach pboto«
prai)lii>cliei Anfnalime des Modells angefertigt. Das knorpelige Primordialcranium
und tiie knori»elii:eu Teile der ersten Halswirbel haben einen blauen Farbton er-
halten; die jinnuiren, aus knorpeliger Anlage entstandenen Knochen und die
sekundären oder Belegknochen sind durch heilgcaue und durch gelbe Farbe von«
tinaoder anterschieden. Das Kopfakelett ivt etwa um das Viernirhe verffrAftert.
Fig. 807. Ansicht dea Kopfakeletta Venoben, naclulem die üele^'knuthen
der Decke (Stirn- und Scheitelbein) beideraeits ond linkerseits alle Belegknochen
entfernt sind. Rechts sind das Nasenbein das Jochbein {14% die Schuppe des
Schläfenbeins (lU] nebst Pr()ces>nv ^vjomitifus (//i), der knöcherne Unterkiefer
(i6^ uiul der Aiiuulus tynipunicus [itt) nui (iargestdU. Durch das aul^erordentlich
weite Hinterbauptshu h (12) sieht man auch noch die drei ersten Halswirbel.
Fij;. Ansicht dea Kopfakeletta halb von der Seite und von unten.
Auf der linken lldlftc des Schädels sind alle IJelepknochen entfernt, mit Aus-
nahme cles 'I ränenbeins (a's), des Ptlugscharbeins und lies ( launienbeins
J>as Visceralskelett, bestehend aus Ambos (21), Hümmer (20), Steigbügel, Mkokkit
Schern Knorpel (17), Processus styloideus (39), Zungenbein (43 u. 44), Kehlkopf
(4Sn.46), ist mit tlarpestcllt. An da^ Hinterhauptsbein schliefsen sidi die oberen
vier HalswirW'l an. Auf der rtchttu Hälfte des Schädels, von der man eiuzelne
Teile noch überblii kt, sind die Belegknochen nicht entfernt worden. Man sieht
daher den Zwischenkiefer (34)* den Oberkiefer (ßS) nnd das liaumenbein der
rechten Seite (ohne Nuninert; »mer den knllcberBen ÜBteritielbr (16), ma daisen
Innenfläche der dazu gehörige« ihm dichl anliegende Mncnauche Knorpel {IT*)
seinen Weg »imiui.
fTnbercuIum ephippii. Ifi Knöcherner Unterkiefer. 57 JAcoasoirscher Knorpel.
2 Sattelgrube. 17 MKCKxLscher Knorpel. ^2 Vomer.
3 Sattellehne. 18 .\nnulu8 tympanicus. SJ l'alatinum.
4 Clivus Blumenbavhii. i'i Si^uama temporum* 34 Zwischenkiefer*
5 Ata orbitaiis. JIO Hammer. 35 Oberkiefer.
'<» Foramen opticnm. j92 Amhos. 39 Knorpelige Schidelbasis
7 .Via temporalis. 32 Pars petrosa. fOieipiio-sphenoidalis).
8 Canalis hypoglossL 23 Meatus auditorius inter- 37 Knurpelige Pars uiu&to-
9 Knochenkern der Pars nua. idea.
condyloidea. ' ^4 Foramen insulare oder ^ Processus styloideus.
Knöcherner Teil der lacerum posterius. • 39AÜa».
Hinterbauptschnppe. r«-*.«», A..r Wnm« *0 KnodienkemimWirbel-
U Os nasale auf der knor- ^^^ff' , u?f>lult
peligen Pars nasalis. . m Eniltropheus.
/^Crista galli und knocütutun. ^jJHinterhaaptBloch.
13 Foramina cribosa in Kegio petrosa. 41^ Kftrper des Znngcn-
der knorpeligen rar> Regio occipitaiis. heins.
ethmoidalis des Pri- ^ Iscriniale. 44 (irofse» Horn des Zun-
mordialcraninm. ^Seitlulie Wand der genbeins.
14 Os zygomatieuni. Nasenkapsel. i^cbildkuorpel.
15 Processus zygomaticus 30 Knor{>elige Nasen- 46 Ringknorpel.
der Sqnoma temporum. Scheidewand.
rie nickt mehr die aelion froher fctr Säugetiere befN^hrlebeiie Be-
ziehung zum jACoii.soNscheii Oi j^an haben, bis in das ]H)stfütaie Leben
(E. Schmidt). Auch au der kiinr])olip'en Seiteuwand der Nase springt
in der Gegend, wo sich das Träuenbein (Fig. lUiH JiS) entwickelt, ein
kurzer runder Knorpelstab vor und umgreift den Trflnennaseitgaug von
der Seite. „Er verhält siclr, wie Mihai.kovics bemerkt, „zum Ober-
kieferfortsatz ähnlich \\\r (]rv Mkckki.scIic Kiioriu-l zum riiteikif>fVr-
fortsatz; an der laterak'U ."^eile beider entwickelt t^icU Knochengewebe;
und der Knorpelfortsatz atrophiert im sechsten bis siebenten Monat."
382
Zwölftes Kapitel.
Der Rocken der äufeeren Nase ist knorpelig und setzt sieh nach
hiliten kontinuierlich in die gleichfalls knorpelige Decke des Geruchs-
labyrinths fort, welche von zahlreichen ()ffniinp;en für Asto dor Riech-
iierveii durchbührt (Fig. 307 13) und in ihrer Mitte ruit einer weit
vorspringenden Crista galli (J^) versehen ist. Seitwärts geht die
Cartilago cribrosa in zwei düuue Knorpelplatten fther, welche die
Gegend der Pars orbitalis <les Stirnheins einnehmen, die Aui/onbühlcn
von oben decken und sich nach hinten und seitwärts in iiügeiiurmig
beschaffene Knorpel {5) fortsetzen, welche den kleinen Keilbeinfiflgeln
entsprechen und eine sehr weite Öffnung für den Durchtritt des
Sehnerven enthalten (Canalis opticus) (Fig. -Vu und :'>i'>^ '^«). Der
vordere, zur Seite der Cartilago cribrosa gelegene Teil dieser hori-
zontalen Knorpelplatte mufs später rUckgebildet werden, während der
hintere, seitwärts mehr vorspringende Abschnitt £tt den Alae orbitales
verknöchert.
In der Mitte der Schiideibasis ist die Keilheingegeod schou im
knorpeligen Zustand in ihrer charakteristischen Form vorgebildet: die
Sattelgrube (Fig. 367 Ji\ <ias davor gelegene Tuberculum ephippii {1)
und ilie weit vorspringende Sattellehne (.9). Seitwärts von der Sattel-
grulte gellt das Knorpel ?e\vehe kontinuierlich in zwei tiügelartige
Knocheufurtsatze über, lu die Alae temporales {?) des Keilbeios,
welche auf einem noch jQugeren Stadium ebenfalls aus Knorpel be>
Standen (siehe hierüber auch S.
Die ganze hintere Hälfte der Schädelbasis, welcher die Labvriuth-
und üccipitalregion angehöreu, stellt einen dicken, nach vorn mit dem
Keilbeinkörper kontinuierlich zusammenhängenden Ring von Knorpel*
gewebe dar, welcher das bei jungen Embryonen aufserordentlicli weite
Hinterhauptsloch (43) einschliefst. Nach den Kanälen, die den Knoriiel
durchsetzen, und nach der Modellierung der Oberfiäche sind iu der
Labyrinth- und Oecipitalregion deutlieh folgende Teile zu uoter-
scheiden: der von der Sattellehne zum Hinterhauptsloch schräg ab-
fallende Clivus Blumeubaehii (4), die Pars condyloiden mit dem Canalis
hypüglossi {ö), die l'ars petrosa (22) mit dem Meatus auditorius in-
ternus (23). Pars eondyloidea (8) und Pars petrosa (22) gehen teils
mit ihrem Knorpelgewebe kontinuierlich ineinander und in den knor-
peligen Kftrper des Keil- und Hinterhauptbeins (5 u. /) über, teils
siud sie durch das Foramen lacerum posterius {24) schUrfer vonein-
ander geschieden. Erwähnenswert an der Pars petrosa ist auch ein
kleiner Forts^itz (25), welcher sich von oben her Uber Hammer (20)
und Amliofs f^^i) hinüberlegt. Nach hinten geht die knorpelige Pars
petrosa ohne Abgrenzung iu die Pars mastoidea (3?) und diese
in die knorpelige Hinterhauptiädiuppe (27) Ober. Nur an xwei Stellen
sind auch im hinteren Teil des. knorpeligen Primordialeraniums Ver-
kn5cherungen .luf'it'treten , welche erst spjlter zu besprechen sind,
nämlich in den Partes coudyloidcae {U) und in der Mitte <ler
Schuppe (JO).
b) Das häutige und das knorpelige Viseeralakelett.
Aufser dem knorpeligen I'rimordialcranium entwickeln sich am
Kopfe noch zahlreiche Kuorpelstücke (Fig. ätiO). welche den Wandungen
der Kopfdarnil lile zur Stütze dienen, in ähnlicher, wenn auch nicht
direkt vergleichbarer Weise, wie im Bereich der Wirbelsäule die iu
Die Organe des Zvischenblattes oder Mesenchyms.
den Rumpfwandungen entstandenen Rippen. Sie bilden zusammen
einen Skelettapparat, der in der IJeihe der ^Virl)eltiere sehr tief-
greifende, interessante Metamorplioseu erfährt. Während er bei den
niederen Wirbeltieren eine mllchtige Entfaltung erreicht, verkttmmert
er zum Teil l)ei den Reptilien , Vögeln und Säugetieren; mit dem
Teil al>er, welcher bestehen bleilit , gil>t er die «Jrundlag'' für den
(i esich tsscliädel ab. Ich beginne mit einer kurzen Skizze der
urspranglichen VerlAltDiBse niederer Wirlieltiere, besonders der
Seiach ier.
Wie sdion in einem früheren Kapitel (S. li^'M lieschriehen worden
ist, werden die Seitenwäude der Kopfdannhöhle von den Schlundspalten
durchsetzt. Die Substanzstreifen zwisclien ihnen heifsen die hftiitigen
Schlund- oder V isceralbogen. Sie bestehen aus einer binde-
gewebigen (iniiullage . die nach aufsen von Kpithel überzogen wird,
aus quer gestreiften Muskelfasern und aus den Schlundbogengefärsen
(s. S. :^57). Sie werden, da sie verschiedene Aufgaben zn erfüllen
haben und demgeinftfB auch eine
verschiedene Form gewinnen, als
K i e f «' r - . Zungenbein- und
K i e m e n b 0 g e u unterschieden.
Der vorderste von ihnen ist der
Kieferbogen; er dient zur Be-
grenzung der Mundhöhle. Ilnu
folgt, nur durch eine rudimentäre
Schlundspalte, das Spritzloch, ge-
trennt, der Zungenbeinbogen, wel-
cher zum Ursprung der Zunge in
Beziehung steht. An ihn schliefseu
sich gewöhnlich fttnf Kiemen-
bogen an.
Zur Zeit, wo das b&utige Pri-
luordialcranium verknorpelt, tiuden
auch Verknorpeluiigsprozesse im
Bindegewebe der häutigen
Scbinndbogen statt und lassen
die knorpeligen Schlundbogen
(Fig. 369) entstehen. Diese zeigen eine regelmftfsige Gliederung in
IUI hl vre abereinandergelegene« durch Bindegewebe beweglich ver-
bundene Sttlcke.
Der Kieferbogen zerfällt, wie das Skelett des ausgebildeten Tieres
zeigt (Fig. 3üGj, auf leder Seite in ein knorpeliges Palatoquadratum
{<)) und in einen Fnterkiefer (U) (Mandibulare). Dieselben tragen
in dvv sie überziehenden SchleimliMUt die Kief»'i-z;ihne. Die beiden
I nterkiffer werden in der Mediauebene durch eine stratte Binde-
gewebsmasse untereinander verbunden. Die folgenden Schlundbogen
haben dagegen das Genieinsame, dafs ihre beiden, in mehrere Stücke
gegliederten Seifenhälften ventralwärts durch ein uniuiares \ t rbin-
dungsstück. die Copula. in ähnlicher Weise wie die ventralen Uippen-
enden durch das Brustbein zusammenhängen. Die Stlicke des Zungen-
beinbogens bezeichnet man in der Reihenfolge von oben nach unten
als Hyomandibulare und Hyoid und die Co[)ula als Os entoglossuin.
Bei den Siuiijetieren und dem Menschen (Fig. UMK 17S. 17'.>)
werden im häutigen Zustand ähnliche (iebilde wie bei den Selachiern
¥ig. 369. Kopf eines Haifsoh-
Xmbryo von elf Linien Länge. .\us
Park KB.
Tr RATHKESfhcr Schädelbalken, P/.i't
Palato-Qiuuiratutn, Mu Mandibular»
knorpel. Hy Ilyoidbogen, Jir* erster
Kidiienbufien, Sp Sprititlnrh. (7' ente
Kiemenepalte , Lch linuw unter dem
Auge, iva Nascnaolage, J£ Ausapf«i, Au
Ohrblase, C. 1, 2, 8 Uebimbbsen, Hm
Hemisphären» f.n,p Stirnnasenfortsate.
384
Zwdlftes Kapitel
angelegt, gehen aber in der Folirzrit nur zum kleinen Teil in knor-
pelige Stücke über, die aucli ihrerseits niemals eine ansehnlichere
EutfaltUDg erlangen und zugleich ihre ursprüngliche Funktion eiu>
geborgt haben. Sie helfen den Gesiehtsteil des Kopfakeletts bilden,
^um Teil haben sie uns schon in früheren Kapiteln, bei BesprechliDg
des Kopfdnrnis und des Geruchsorjians beschäftigt.
Wie schon auf Seite 179 hervorgehoben ist, wird bei sehr jungen,
mensehUchen und Saugetier -Embryonen die Mund(iffnung von der
Seite und von unten durch die paarigen Oberkiefer- und T^nterkiefer-
fortsiUze begrenzt (Fig. 178). Die ersteren stehen in der Mediau-
ebene weit auseinander, iudem sich von oben her der unpaare Stiru-
fortBatz sunftchst als ein breiter, hOgeliger Vorsprung zwiseben sie
hinelnscbiebt Später wird der Rtirnfortsatz gegliedert, indem sich
auf seiner gewölbten Fläche die beiden Gerurli^nrnlchen mit den zum
oberen Mundrand führenden Nasenriunen entwickeln (vergl. S. 318);
er zerfilllt dann in die iufteren und die inneren Kaaenforts&tze. Die
äufseren NasenfortsAtze werden vom Oberkieferfortaatz dttieh eine
Rinne g'trfnnt. \velche vom Auge zur Kasenfurehe fftbrt und die
erste Anlage des Tranenkanals ist.
Auf den ersten Bchlundbogen folgt nach hinten der Zungenbein-
bogen (Fig. 178. 181, 87.'^ zb), getrennt durch eine kleine Schlund-
Spalte, welclip zur P;nikfMihölil(' und (Mn-tronipetc wird. An ihn
achliefsen sich noch drei weitere Schluudbogeu mit drei Schlundfurcheu
(resp. Spalten), welche nur von kurzem Bestand sind.
Auf einem sp&teren Stadium finden Verschmelzungen zwischen
den (Vu' Mundöffnung umgebenden Fortsätzen statt (Fig. 322). Indem
die Oherkieferfortsätze sich weiter nach innen vorschieben, treffen
sie auf die inneren Nasenfortsiitze , verwachsen mit ihnen und er-
zeugen einen zusammenhängenden oberen Mundrand. Dabei wird
jedes (;eru(iisgrübch( Ii mit der Na-i-nrinne in (Miion Kanal umge-
wandelt, der mit einer inneren uhriimg dicht hinter dem Oberkiefor-
raud in die Muudhohle fülirt. Auch verlieren der häutige Ober- uu«l
Unterkieferrand ihre oberflftchliche Lage, indem die sie aberziehenda
Haut sich in Falten na( b aufscn erhebt und die Lippen bildet, welche
von jetzt ah die Begrenzung der Mundöffnung ubeniclimen.
Ein drittes Stadium führt mit <ler Entwicklung des Gau-
mens die Anlage des Gesiehts im wesentliehen ihrer Vollendung
entgegen (vergl. S. 321, 322). Vom häutigen Oberkiefer nehmen
zwei nach innen in die Mundhöhle vorspringende Leisten ihre Ent-
stehujig (Fig. 322, 323) und vergröfsern sich zu den in horizontaler
Richtung sich ausbreitenden Gaumenplatten. In der Median-
ebene treten dieselben zusammen und verschmelzen untereinander
und mit dem mittleren Teil des Stirnfortsatzes, der sich mittlerweile
unter Vergiorserung des Geruciisorgans zur Nasenscbeidewand ver-
dttnnt hat (Fig. 325). Bo ist von der primären Mundhöfale ein oberer
Kaum abgetrennt worden, ^veldier zur Yergröfserung der Nasenhöhlen
heiträut und sich durch die Clioanen in die Rachenhöhle Öffnet;
gleichzeitig ist eine neue Decke der Mundhöhle eutstandeo, der
Gaumen, der sich weiter in harten und in weichen Gaumen sondert.
An dem jeüt im häutigen Zustand ausgebildeten Gesicht führt
der Verknorpolungsprozefs eine weitere Sonderung herbei. Indessen
läfst er bei den Säugetieren im Vergleich zu den »Selachiem nur
kleine und unbedeutende Skeletteile entstehen, welche teils wieder
Die Organe des Zwischenblattes oder Mesencbyms.
385
12 3 5 7 6 8
rückgehildet werden (MECKELscher Knorpel), teils als Gehörknöchelchen
im Dienste des Gehörs Verwendung finden, teils sich zur Anlage des
Zungenbeins und Schildknorpels umwandeln.
Wie die Verhältnisse im einzelnen sich gestalten, soll nach Prä-
paraten menschlicher Embryonen noch genauer beschrieben werden.
Das schon oben besprochene Wachsmodell des menschlichen Ko])f-
skeletts zeigt uns bei seitlicher Ansicht (Fig. 'MH) der Labyrinth-
region von aufsen dicht anliegend ein kleines Knorpelchen, welches
sich nach seiner Form leicht als Ambofs (<2i) erkennen läfst. Mit
ihm artikuliert der Hammer (20), welcher mit seinem langen Fort-
satz kontinuierlich in den MECKELschen Knorpel (17) übergeht. Dieser
reicht ventralwärts bis zur Mittellinie herab und vereinigt sich mit
dem gleichen Sttick der
anderen Seite durch Binde-
gewel)e zu einer Art Sym-
physe. Noch deutlicher
sind die genannten Teile
in Fig. 370 zu sehen, in
welcher die Labyrinth region
des in Fig. 3<)8 abgebildeten
Modells für sich allein
starker vergrörsert ist.
Sehr lehrreich für die
Entwicklung des Visceral-
skeletts ist auch die Figur
371, welche den Kopf und
Hals eines schon älteren
menschlichen Embryo aus
dem fünften Monat darstellt.
Hier sind die kleinen Knor-
pelchen des Visceralskeletts
nach Abtragung der Haut
durch Prftparation frei-
gelegt: der Ambofs («wi),
der Hammer {ha) und der
mit ihm zusanmienhimgende
MECKELsche Knorpel (MK).
Nach hinten vom ersten
Visceralbogen folgt in
einiger Entfernung der
zweite oder der Zungeu-
beinbogen , welcher auch
der REicHEKTsche Knorpel genannt wird, er ist in drei Abschnitte
gesondert. Der oberste Al)schnitt ist mit der Labyrinthregion, dem
noch knorpeligen Felsenbein, verschmolzen und stellt die Anlage des
Griflfelfortsatzes (Proc. styloideus) dar (Fig. 3»i8 38, 370 371 grf);
der mittlere ist beim Menschen bindegewebig geworden und bildet
ein festes Band, das Ligamentum styloliyoideum (I'ig. 371 Isth), wäh-
rend er bei vielen Säugetieren zu einem ansehnlichen Knorju'l wird;
der dritte untere Absclinitt liefert das kleine Horn des Zungenbeins
(Fig. 371 kh). Letzteres kann zuweilen, indem die untere Strecke des
Ligamentum stylohyoideum verknorpelt, zu ansehnliclierLänge entwickelt
sein und bis dicht zum unteren Ende des Griflelfortsatzes hinaufreichen.
i 1 I
4 .79
V'ig. 370. Labyrinthreg^on eines mensch-
lichen Embryo nach dem Modell Fig. 368,
stärker vergröfsert.
1 SteinltQgel, a Aiiil)()r>, 3 Ifainnier, 4 Maiiii-
brium mailei, *> Langer llamuierfurtsatz, der
sich in den MKCKKLSi-bcn Knorpel fortsetzt,
6 i)s angiilare, / Anniiliis tytnpanicus, 8 Meckkl-
scber Knorj»el, 9 Ciriffelfortsatz.
<>, H«rtwig, Die Elemente üer EntwickIuni;slt-hro. -J. Aufl.
25
38G Zwölftes Kapitel.
Im dritten Schlundhogen tritt nur in der ventralen Strecke ein
Verknorpeluugsprozefs ein und läfst auf jeder Seite des Halses die
grofsen Zungenheinliörncr (Fig. 3«>8 44 u. 'Sil gh) hervortreten, (iroise
und kleine Hörner setzen sich an ein unpaares, median gelegenes
Kuorpelstück an. welches einer Copula des Visceralskeletts der Sela-
chier entspricht und /.inn Körper des Zungeul)eins wird (Fig. ;WH r/51.
Auf Verknorpelungen endlich, die in der Gegend des ursprQnglii h
vierten und fünften, häutigen Schlundhogeus entstehen, läfst sich der
Ursprung des Schildkuori)els nach den ITutersuchungen von
DuBOis und Gegenbaur zurückführen (Fig. 45).
Nach neueren Untersuchungen (Baumgarten, Jacoby, Zondek)
scheint mir der Steigbügel (Fig. 370 1) ein einheitliches Skelettstück
zu sein, das sich im oberston Teil des häutigen Zungenbeinbogens in
unmittelbarer Nähe der knorpeligen Ohrkapsel anlegt. Seine ring-
förmige Beschaffenheit rührt daher, dafs sein Bildungsgewebe von
einem kleinen Ast der Caro-
tis interna, der Arteria
mandibularis oder perforans
Stapedia, durchbohrt wird.
Diese bildet sich später bei
dem Menschen und einigen
Säugetieren vollständig
zurück , während sie bei
anderen (Nagern, Insekten-
fressern etc.) als ziemlich
ansehnliches Gefäfs er-
halten bleibt.
Für die hier vertretene
Ansicht, dafs der Steig-
bügel dem zweiten, Hammer
und Ambofs dem ersten
Schlundbogen angehören,
spricht auch das wichtige
Verhältnis der Nervenver-
teilung am Musculus sta-
pedius und am Tensor tyni-
pani, wie kürzlich in zu-
treffender Weise von Rabl
hervorgehoben worden ist.
Der Muskel des Steigbügels
wird von dem Nerv des
zweiten Schlundbogens, dem
Facialis, versorgt; er bildet
eine zusammengehörige
Gruppe mit dem M. sty-
lohyoideus und dem hinteren Bauch des Biventer: der Muskel des
Hammers enipfängt einen Ast des Trigeminus, welcher der Nerv des
Kieferbogens ist.
Ursprünglich befinden sich alle Gehörknöchelchen, in weiches
Gallertgewebe eingebettet, aufserhalb der Paukenhöhle, die noch als
eine enge Spalte erscheint. Erst nach der Geburt ändert sich dieses
Verhältnis. Unter Aufnahme von Luft weitet sich die Paukenhöhle
aus, ihre Schleimhaut stülpt sich zwischen die Gehörknöchelchen aus.
(frf Isth gh
Fig. 371. Kopf und Hals eines menaoh-
lichen Embryo von 18 Wochen mit frei-
gelegtem Viaceralskelett. Vergrorsert. Kai-li
KöLLIKKR.
Dor ünterltiefer ist etwas abgehoben, um
den MscKKLSchen Knorpel zu zeigen, der zum
Hammer führt. Das Trommelfell ist entfernt
und der Pankenring (.\nnulus tyni|)anicus) sicht-
bar, ha Hammer, der noch ohne l'nterbrechunK
in den MKCKKLschen Knorpel MK überj^eht,
uk knöcherner Unterkiefer (Dentale) mit seinem
am Srhlat'enbein artikulierenden (iclcnkiortsaty.,
am .\mbofs, at SteigbUnel, pr l'aukenring (Annu-
lus tympanicus), (frf Grifl'elfortsatz, hth Liga-
mentum stylohvoiileum , kh kleines Horn des
Zungenbeins, .7)1 grofses Horn des Zungenbeins.
j Google
Die Organe des ZwischenblaUes oder Mescochyms.
387
w»)bei das ebeu erwähnte (jianrrtgpw(^l«^ cinom Schrumpfuii«jspro3^pfs
anheiuifilUt. Gehörknöchelchen und Chorda tynipani kommen so
scheinbar frei in die Paukenhöhle zu liegen; genau betrachtet aber
sind sie nur in dieselbe vorgeschoben, da sie auch ht im Krwachsenen
noch in Schleiinliaiitfalten ciiifreschlossen sind und dadur 1. mit der
Wand der Paukenliohle ihren ursprUugUchen und genetisch begrdudetea
Zusammenhang bewahren.
c) Die Entwicklung des kndchernen Kopfskeletts.
Bis jetzt ist im grolbeu und gauz-tn der Auf hau des Kopfskeletts
noch ein einfacher. Dagegen erreicht er auf dem dritten Ent-
wirkUinps'stadinm mit dem Kintritt des Verknöcherungsprozesses in
kurzer Zeit oine sehr liohe Kom]ilikation. Die Komplikation wird
namentlich dadurch herbeigeluiiri , dais sich zwei vollständig ver-
schiedene Knoehenarten entwickeln, von denen man die eine als
primordiale, die andere als Deck- oder Belegknochen bezeichnet hat.
iM imordiaie Knochen sind solche, die sich aus dem
knorpeligen Primordialskelett selbst entwickeln. Ent-
weder entstehen hierbei, wie es bei der Verknöcherung der Wirbel-
silule, der Rippen und des Brustbeins beschrieben wurde, Knochen-
kerne im Innern des Knorpels nach Krweirhung und Auflösung
seiner Grundsubstanz, oder es ändert die Kuorpeloberhaut (das Peri-
chondrinm) ihre bildende Tätigkeit und scheidet anstatt Knorpel-
schichten Knochengewebe auf den bereits vorhandenen Knorpel aus.
Im ersten Fall kann man von einer entochondralen, im zweiten Fall
von einer perichondralen Verknöcherung reden. Auf beide Weisen
kann das knorpelige Primordialskelett verdr&ngt und durdi dn
knöchernes ersetzt werden, wobei in d^ einzelnen Wirbeltierklassen
Knorpelreste in bald gröfserem, bald geringerem Umfang erhalten
bleiben.
Am Kopfskelett menschlicher Embrjonen beginnen schon einzelne
primordiale Knochen im dritten Monat aufzutreten; sie sind in den
Fii:. ''iT u. :?<'.s' Icirlit nn dem hellLM-auen Ton von dem blau gefÄrbten
Knorpel zu unterscheiden: die grolsen Keilheintiügel (7), die Knochen-
kerne (.9) in den knorpeligen Partes condyloideae (ö) und ein Knochen-
kern (10) in der Hinterhauptsschuppe.
Die Deck- oder Rele^knochen dagepon npliiiicn anfser-
halb des Pr i m o r d i a 1 s( hil del s in dem ihn einhüllenden
Bindegewebe ihre n Ursprung entweder in der seine
Oberfläche bedeckenden Haut oder in der die Kopf-
darnihühle auskleidenden Schleimhaut. Sie sind daher
Verknöcheruugeu , welche am ganzen tihriizcn Achsenskelett nirht
vorkommen und welche auch dem Kopfskeleit ursprünglich fremd
sind. Daher kann man sie auf frflheren Entwicklungsstadien und in
manchen Wirbeltierklassen selbst beim erwachsenen Tier abprftparieren.
ohne den Primordialschädel in irgend einer Weise 711 iM M-hädigen.
Anders lie^t es bei den primären Knochen, deren Knileruung immer
eine teilweise Zerstörung des Knorpelskeletts bedingt.
Wenn die Belegknochen dem Kopfsk<Mett, wie oben
gesagt wurde, ursprünglich fremd sind, so erwachst
daraus die Frage nach ihrer Herkunft. Zu ihrer Beant-
wortung mnlh ich etwas weiter ausholen. Bei niederen Wirbeltieren
25*
Digitizea by Google
388
Zwölftes Kapitel.
entwickelt sich aufser dein inneren, knorpeligen Achsenskelett noch
ein äufseres oder Hautskelett, welches zum Schutz <ler Körper-
oberHache dient, sich aber am Mund auch noch eine Strecke weit in
die Kopfdarmhöhle fortsetzt und hier als Schleimhautskelett bezeichnet
werden kann. Im einfachsten Zustand besteht es, wie der Schuppeu-
panzer der Selachier, aus kleinen, dicht beieinander gelegenen Zähu-
chen, den I'lacoidschuppen, die durch Verknöcherung von Haut- und
Schleimhautpapillen hervor^'egangen sind (siehe S. 191). In anderen
Abteilungen der Fische setzt sich der Hautpanzer aus gröfseren oder
kleineren Knochenplatten zusammen, die an ihrer freien Flüche zahl-
reiche Zähnchen oder einfachere Stacheln tragen. Sie werden als
Schuppen, Schilder, Tafeln, Hautknochen je nach ihrer Form und
Grölse beschrieben ; sie lassen sich aus dem Placoidschuppenpanzer
der Selachier in sehr einfacher Weise ableiten dadurch, dafs gröl'sere
oder kleinere Gruppen von Zähnchen an ihrer Basis verschmolzen
sind und so gröfsere oder kleinere Skelettstücke erzeugt haben.
Gröfsere Knochenstücke entstehen meist im Bereich des Kopfskeletts
und l)esonders an solchen Stellen, wo
knorpelige Teile der Schädelkapsel oder
der Schlundbogen dicht an die Ober-
fläche herantreten. So findet man bei
vielen Ganoiden und Teleostiern das Ge-
hini von einer doppelten Kapsel
eingehüllt, von einer inneren, rein knor-
peligen oder mit Knochenkernen ver-
sehenen Kapsel und von einem ihr un-
mittelbar aufliegenden, knöchernen Pan-
zer. Bei den höheren Wirbel-
tieren wird das Hautskelett
meist vollständig rUckgebildet.
am Kopf aber bleibt es zum
grofseuTeil erhalten und liefert
die oben erwähnten Deck- und
Belegknochen, die zur Ergän-
zung und Vervollständigung des
inneren Skeletts beitragen.
In die ursprüngliche Entwicklung der Deckknochen kann man
bei vielen Amphibien noch interessante Einblicke tun (Fig. M'l).
Pflugschar- und Gaumenheine z. B., welche Belegknochen sind, ent-
stehen bei sehr jungen Tritonlarven in der Weise, dals sich in der
Schleimhaut der Mundhöhle kleine Zähnchen (/) bilden, und dals
diese dann an ihrer Basis zu kleinen, zahntragenden Knocheuplatten
(r, z) verschmelzen. Die Knocheuplatten vergrölseru sich eine Zeit-
lang, indem in der benachbarten Schleimhaut weitere Zahnspitzeu
angelegt werden und sich an ihren Rand neu ansetzen; später ver-
lieren sie häutig den Besatz der Zähnchen, welche resorbiert und
zerstört werden. Der hier geschilderte, ursprüngliche Entwicklungs-
Cs der Deckknochen ist bei den meisten Amphibien, man kann
bgekürzt. Bei ihnen werden an den Stellen der Schleimbaut,
Pflugschar- und (iaumenlwin einnehmen, Zahnspitzen über-
icht mehr angelegt , sondern es findet in der Gewebsschicht.
Der sonst die Basen iler Zähnchen verschmolzen sein würden,
knöcherungsprozels direkt statt. In derselben abgekürzten
Pflugsch arbein
langen
Kig. :{72,
(Vomer) einer 1,3 cm
Axolotllarve
Durch Verschmelzung von
/ahnen z, e ist eine zahntragonde
Knochenplatte in der Schieim-
liaiit entstanden. z* in Knt-
wickliing liegriifene Zahnspitz-
chen, die sich später an den
Hand der Knochenpiatie un-
Hetzen und zu ihrem Wachstum
lieitragen.
j Google
Die Org&ue des Zwiaclienblattea oder Metenchym».
389
Weise nehmen dann auch die Deckknoehen bei allen Reptilien,
Vögeln und Säugetieren ihren Ursprung.
Hei den linficrfn Wirbeltieren, iinrl namentlich l»ei den Säugetieren,
sind das Priiuordiulcranium, die primären Verknöcherungen und die
Belegknochen, die hei den Fisdien und Amphibien auch beim er-
wachsenen Tiere leicht voneinander zu unterscheiden sind, nur auf
sehr frühen Ent\vi' l;hnic:^^tadieD als gesonderte Teile zu eikemien
Leicht ist ihre Uutei scheu! ung auch noch an dem Kopfskelett des
menschlichen Embryo aus dem dritten Monat, wie aus den Fig. 367
und /u ersehen ist. Hier sind die Belegknochen durch einen
gel heu Farbton f?ut kenntlich ^^emaeht: in Fig. :?(!^^ das Nasale (Ji),
das Zygomaticum (14). die Schuppe des Schläfenbeins (19) mit Pro-
cessus zygomaticus (15), der Annulus tympanicus (18), der knöcherne
Unterkiefer (10). Auf der linken Seite des Modells sind sie abgetrennt,
damit die einzelnen 'H ile des knorpeligen Primordialfranium für sirh
leichter zu Uberschauen sind. Bei der in Fig. dargestellten
seitlichen Ansicht nimmt mau von Belcgknocheu noch das Trauen-
bein (38)^ Pflu|S8chaT^ und Gaumenbein (32 u. 33), endlich den Zahn-
fortsatz und die Gaumenplatte Tom Zwischen- und Oberkiefer (34 und
55) wahr.
Später wird am Kopfskelett des Menschen, wie Uberhaupt aller
höheren Tiere, die Erkennung des verschiedenartigen Ursprungs der
Skeletteile immer schwieriger, zuletzt unmöglich. Es hangt dies von
\f>r<rhipfienen Faktoreu ab. Kitnnnl wird das knorpelige Priraordial-
craumm von Anfang au in einem teilweise verkümmerten Zustande
angelegt; ein gro(tor Teil seiner Decke fehlt; die so entstandene
Öflfuung wird durch eine Bindegewebsmembran verschlossen. Zweitens
schwindet das knorpelige Priniordialcranium spater teils durch Auf-
lösung, teils durch Umwandlung in primordiale Knochen fast voll-
stftndig bis auf geringe Reste, welche sieh allein in der
knorpeligen Nasenscheidewand und den damit verbun-
denen Knorpeln der äufseren Nase erhalten haben.
Dritteus ist am ausgebildeten Schädel eine Unterscheidung der prim-
ordialeii Kacdien und der Deckknochen nicht mehr mißlich, wdl
letztere ihre oberflächliche Lage verlieren, sich innig mit den aus dem
Primordifilschfldel entstandenen Knochen verbinden und mit ihnen,
die Ltickeu ausfallend, ein festes, geschlossenes Knochengehäuse ge-
mischten Ursprungs bilden. Viertens vorschmelzen beim er-
wachsenen Tiere vielfach Knochen, die beim Embryo getrennt angelegt
wonbMi und sieb bei niederen Wirbeltieren auch getrennt erhalten.
Ks vcrschmelzeu nicht nur Knochen desselben Ursprungs, sondern
auch Beleg- und primordiale Knochen, wodurch die Möglichkeit ihrer
Unterscheidung später vollständig aufgehoben wird. VieleKnochen
des menschlichen Schädels stellen somit K n o c b e n k n m -
plexe dar. Im allgemeinen kann als Regel gelten, dal's
die Verknöcherungen an der Basis und Seitenwand des
Schädels primordiale sind, dafs dagegen an der Decke
und im (lesicbt Pelegknorben auftreten.
Im einzelnen gehören zu den primordialen Fh'uienten
folgende Teile des menschlichen Schädels: l) das llmurhauptsheiu
mit Ausnahme des oberen Teiles der Schuppe, 2> das Keilbein mit
Ausnahme der inneren Lamelle des Flügelforts. itzes. 3) das Siebbein
uud die Muscheln, 4) die Pyramide und der Warzenfortsatz des
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390
Zwölftes Kapitel.
Schläfenbeins, 5) die Gehörknöchelchen: Hammer, Ambofs, SteigbOgeK
6) der Körper des Zungenbeins mit grofsem und kleinem Horn.
Dagegen sind Belegknocheo: 1) der obere Teil der Schuppe
des Hinterhauptsl)eins, 2) das Scheitelbein, 3) das Stirnbein, 4) die
Schuppe des Schlafenbeins, 5) die innere Lamelle des Flügel fortsetze»
vom Keilbein, 6) der Annulus tympanicus 7) das Gaumenbein, Priut;-
scharbein, 0) Naseabein, 10) Träoenbeiu, ii; Jochbein, 12) Uberltieter,
13) Unterkiefer.
Nach dieser Übersicht lasse ich einige genauere Details Ober die
Entwicklung der oben aufgezfthlten Kopfknochen folgen.
a) Knochen der Sciiädelkapsel.
1) Das Hinterhauptsbein stellt zuerst einen das Hinterhaupts-
loch umgebenden knorpeligen King dar, der am Anfang des dritten
Monats von drei (Fig. 3(57), dann vier Punkten aus zu verknöchem
beginnt. Ein Knochenkern bildet sich nach vom, ein anderer nach
hinten vom Hinterhauptsloch (Fig. HC.? JO) , zwei weitere zu seinen
Seiten (Fig. 3<>7 und :<(I8 .'/>. Auf diese Weise entstehen vier Knochen,
die je nach dem Grad ihrer Entwicklung durch breitere, später
sebmftlere Knorpelstreifen zusammenbftngen. Bei niederen Wirbel-
tieren, Fischen, AmphibieD erhalten sie sich in diesem Zustand ge-
trennt und werden als Occipitale basilare, supehus and laterale
unterschieden.
Zu ihnen gesellt sieb bei den Säugetieren und beim Menschen
noch ein Deckknochen, der weit oberhalb des Hinterhauptslochs mit
zwei getrennten Verknöcherungszentren im Bindegewebe seinen Ur-
sprung nimmt, das In terparietale. Es beginnt schon im dritten
Fötalmonat mit dem Occipitale superius zu ▼erschmelzen und mit ihm
zusammen eine Schuppe zu bilden, doch so, daf% bis zur Geburt eine
von links und rechts einspringende Furche die Grenze der beiden
geueLiscü verschiedenen Teile andeutet.
Beim Neugeborenen sind Schuppe. Occipitalia lateralia und O.
basilare noch durch schmale Knorpelreste voneinander getrennt. Im
ersten .lahre verschmilzt darauf die Schuppe mit den Seitenteilen
(Partes condyloideae) , und zuletzt verbindet sich mit diesen noch im
dritten bis vierten Jahre der Grundteil (Pars basilaris). Das Hinterhaupts-
bein ist also ein aus fünf getrennten Knochen entstandener Komplex.
2) Das Keilhein entsteht «,'lei( hfnlls aus zahlreichen, in der
Basis des Priniordialcraniuni auftretenden Knochenkernen, die liei
niederen Wirbeltierklassen getrennt bleibende Teile der Scbädelkapsel
darstellen. In der Verlängerung der Pars basilaris des Hinterhaupts-
beins nach vorn erscheinen in der (legend der Satteigruhe ein hinteres
und ein vorderes Paar von Knochenkernen und hilden die Anlage iles
vorderen und des hinteren Keilbeinkürpers. Zur Seite derselben ent-
wickeln sieh besondere Knochenkeme für die kleinen und für die
grofsen Flügel. Peiui Menschen treten die Knochenkeme di s letzteren
in der knorpeligen Anlage des Keilbeins am frühzeitigsten auf (Fig. 3ü7
und 3(38 7).
Bei den meisten Säugetieren verschmelzen die kleinen Fifigel
mit dem vorderen, die grolsen Flügel mit dem hinteren Körper Ks
entstehen daher zwei durch einen dimnen Knorpelstreifen getrennte
Keilbeine, ein vorderes und ein hinteres, welches sich nach vorn au
Die Orguie des ZwUcheublattea oder Mesenchyms.
391
das Hinterhauptsbein anschliefst. Beim Menschen vereinigen sich
schlielslich noch beide Anrch Verknöcherung des oben erwähnten
Knon>el8treifeü zum uD^iaareu, einlachen, mit mehreren Fortsätzen
versehenen Keilbein. Die Verschmelzung der zahlreichen Knochen-
kerne geht hier in der Reihenfolge vor sich, dafs im sechsten fötalen
Monat die kleinen Keilbeintlügel mit dem vorderen Körper verwachsen,
kurz vor der Geburl dieser mit dem hinteren Körper verschmilzt
und im ersten Lebemjahre sieh noch die grofeen Flügel hinzugesellen.
Von diesen wachsen nach abwärts die ättl^eren Lamellen der Flttgel-
fortsätze hervor, während die inneren als Do r k k ti oc ]i en an-
gelegt werden. Im Bindegewebe der äeitenwand cutwickelt sich ein
besonderer Verkndcheningsberd und liefert ein dflnnesKnochenplftttchen,
das sich bei vielen Säugetieren als ein besonderes, dem Fltlgelfortsat«
des Keilhoins anliegendes Skelettstück (Os pter}>'oi(!f'uin) erhält. Beim
Menschen verschmilzt es frühzeitig mit dem Keilbeiu, obwohl es einen
von ihm ganz verschiedenartigen Ursprung hat.
3) Das Schläfenbein ist ein Komplex verschiedener Knochen,
die noch heim Neugeborenen zum gröfsten Teil getrennt sind. Pi''
Felsenbein mit dem Warzenfortsatz entwickelt sich mit mehrereu
Knochenkernen aus dem Teil des Primordialschädels, welcher das
Gehörorgan einschliefst und daher aueh als knorpelige Ohrkapsel be-
zeichnet worden ist. Mit ihm voreinigt sich nach der Gehurt der
Griffelfortsatz, der l>eim Embryo ein Knorpelstück ist, das ans dem
oberen Ende des zweiten Schluiidbogeus hervorgeht und dui t Ii einen
eigenen Knochenkem selbständig verknöchert.
Zu den primordialen gesellen sich heim Menschen noch zwei Deck-
knochen, Schuppe und Pa uken t e i 1 . welche dem Primordialcraniuni
ebenso fremd sind wie die Scheitel- oder Stirnbeine. Von ihnen ist
der Paukenteil (Fig. 370 7, 371 pr) anftoglich ein schmaler Ring,
welcher zur Einrahmung des Trommelfells dient. Kr entwickelt sich
im Bindegeweh«' !kh !i aulsen von den Gehf'nkiiiu'helehen , besonders
nach aufsen vom Hammer {ha) und des mit ilim verlmndenen Meckkl-
sehen Knorpels (MK). So erklärt sich die Lage des langen Fortsatzes
des Hammers in der Fissura petrotympanica , wenn bald nach der
Geburt die primordialen und die Deckknoehen untereinander ver-
schmelzen. Der Paukenriug nämlich verbreitert sich allmählich zu
einer Knoehenplatte, welche dem ftniteren Gehörgang zur Stutze dient:
die Platte verwächst dann mit dem Felsenbein bis auf eine enge S])alte,
die Fissura petrotympanica oder Glaseri, welche offen bleibt, weil
hier die Chorda tympaui und der lange Fortsatz des Hammers beim
Embryo zwischen die Knochen, als sie noch getrennt waren, ein-
geschoben waren.
Dei niederen Wirbeltieren, aber auch bei vielen Säugern, bleiben
die uugetüiirten Stücke getrennt und werden in der vergleichenden
Anatomie als Os petrosum, Os tympanicum und Os squamoflum unter-
schieden.
4) Das Siebbeiii und die X.isenniuseliclii sind primordiale
Knochen, die sich aus dem hinter» n 1 eil der knorpeligen Isaseukapsei
entwickeln, während ihr vorderer Teil bestehen bleibt und die knor-
pelige Nasenscheidewand und die äufseren Nasi nknori)!'! liefert.
Von den Deckknochen des Primordialcranium, di< Imi Mll j^cnicinen
am Anfange des dritten Monats zu verknöchern beginnen, erhalten
sich getrennt: das Scheitelbein, das Stirnbein, Nasenbein, Tränenbein
Digiii^cu by Google
3d2
Zwölftes Kapitel.
uud Ptlujj;s( haii)(nn. Von flipspn ist das Stinibeiu ursprünglich eben-
falh eine paarige Bildung und besteht als solcbe noch bis iui> zweite
Lebensjahr hinein, in welchem die Verschmelzung in der Stimnaht
beginnt. Nasen- und Triincnboino sind Belegknochen der kuorpclijzen
Kasenkapsel (Fig. HfJT JJ u. :hi;s .vn). Das Pflugscharhein pntstelit
zu beiden Seiten der kuurpeligeo Isaseuscbeidewaud im dritten Monat
als paarige Bildung (Fig 368 3Ji). Die beiden Lamellen versebmelaen
später unter Schwund des zwischen ihnen gelegenen Knorpels.
ß) Knochen des Visceralskeletts.
Die übrigen Kopfknochen, welche bisher nicht erwähnt wunlen,
g« ]i()r(M) dem Visceralskelett an, teils als primordiale, teils als Be-
legkuocheu.
Primordiale Teile sind das Zungenbein und die Gehörknöchelchen,
Ambofs, Hammer und Steigbügel, Sie zeichnen sich durch sehr ge-
ringe Dimensionen aus und treten gegenüber den mächtig entwirkeltoii
Belegknochen sehr in den Hintergruud. Das Zungenbein beginnt
gegen Ende des embryonalen Lebens von mehreren Punkten aus zu
verknöchern. Die Gehörknorpel enthalten schon im vierten Monat
vom Periost aus einen knöchernen t Vrrzujj innprhalb dessen hier und
da Knorpelreste auch beim Erwaciiseuen l)estehon bleilieu. Nach
neueren Untersuchungen erweist sich der Hammer als ein zu-
sammengesetztes Skelettst ü ck. Der lange Fortsatz nämlich
entwickelt sich als ein BüloiU'kuochen (Fig. 37<) <1) auf dem Teil des
MECKELSchen Knorpels (S). dei- zwischen Felsenbein und J'aukeuriug
hindurchtritt. Während der Knorpel sich rückbildet, verschmilzt der
Belegknocheu mit dem gröfteren primordialen Teil des Hammers.
Wahrscheinlich entspriclit er dem Os .mgulare niederer Wirbeltiere.
Die Belegknocheu des Visceralskeletts, Oberkiefer.
Gaumenbein, Flügelbein, Jochbein und Unterkiefer entwickeln sich iu
der Umgebung der Hundöflfnung im Bindegewebe des häutigen Ober-
kiefer- und ünterkieferfortsatzes.
Die Oberkiefer (Fig. 308 35) sind ein Komplex von zwei Paar
Knochen, die sich bei den meisten Wirbeltieren auch getrennt er-
halten. Ein Paar entwickelt sich aus den beiden Oberkieterfortsätzen
lateral von der knorpeligen Nasenkapsol. Das andere Paar erscheint
in der achten bis neunten Woche , wie Th. Köluker genau verfolgt
bat, auf dem zwischen beiden Nasenlöchern gelegenen Teil Stirn-
fortsatzes. Es entspricht einem wirklichen paarigen Zwisehea-
kiefer (Intermaxillare, Praemaxillare) und schliefst später die
Anlagen der vier Schneidezähne in sich ein (Fig. 368 .?/).
Die zwei Zwischenkiefer verschmelzen beim Meusclien frühzeitig
mit den Anlagen der zwei Oberkiefer, nachdem sich zuvor die zw«
häutigen Oberkieferfortsätze mit den inneren Nasenfortsätzen ver-
bunden haben. An juixendlichon Schädeln bezeichnet noch eine vom
Forameu iucisivum quer nach aufsen ziehende, uahtartige stelle (die
Sutura incisiva), welche znweflen auch beim Erwachsenen erhalten ist,
die Grenze zwischen Maxillare und Intermaxillare.
Von den zwei 01i(Mkifft-ni wachsen früli/eiti.^ horizontale Lamellen
in die Gaumenfortsätze liinein und erzeugen mit entsprecheuden Fort-
sätzen der beiden Gaumeubeiue den harteu oder knöchernen Gaumen
(Fig. 368).
Die Organe des Zwiscbeablattes oder Mesencbyms.
393
OaumeDbeine (Fig. 308 33) und Flügelbeine entwickeln sirli iu
•der D^•fl^'e imd St'itt'nivnrid der Mundhöhle; sie siiirJ Häher Schleim-
hautkuücheu. Die Hügelbeiue legen sich, wie schon auf 8. 3^1 er-
wähnt wurde, den knorpeligen, nach vorn gerichteten Auswüchsen
der grofeen KeilbeioflOgel an. Bei vielen Säugetieren erhalten sie sich
zeitlebens getrennt vom Keilbein, \mm Menschen aber verwachsen sie
mit ihm und werden nun als innere Lamelle des Flügelfortsatzes von
der äufseren Lamelle unterschieden, welche durch Verknöcherung des
Knorpels ihren Ursprung nimmt.
Die VorjiSnpfp bei der b-ntwicklung des Viscn alskeletts . welche
hier und in früheren Abschnitten (S. 180, 3;iij besprochen worden
sind, gehen die Grundlage ab fttr das Verständnis von Mirsbildongen,
welche beim Menschen zienilicli häutig in der Oberkiefer- untl (Jauracn-
gegend beobachtet werden. Ich meine die Lippen-, Kiefer- und
G a u me u spa 1 1 e u , welche nichts anderes als Hemmungsmifsbildungeu
sind. Sie entstehen, wenn die einzelnen Anlagen, von welchen die
Oberlippe, der Olierkiefer und der Gaumen gebildet werden, nicht lur
normalen \ereinigung gelangen (Fig. 303, 322 — 325).
Die UemmuDgsmii'sbildung kann sehr verschiedene Variationen
' darbieten , je nadbdem die Verwachsung gftnzlich oder nur teilweise
-auf beiden Seiten des Gesichts oder nur einseitig unterblieben ist.
Bei totaler Hemmung, bei dopi^el^eitiger daumen-, Kiefer-,
Lippenspalte stehen beide Nasenhöhlen mit der Mundhöhle durch
eine von vorn nach hinten durchgehende, linke und rechte Spalte in
weitem Zusammenhang. Von oben ragt die Nasenseheidewand frei in
die Mundhöhle hinein . nach vorn verbreitert sie sich und trägt hier
den mangelhaft ausgebildeten Zwiscbeokiefer mit den verkOmmerten
Schneidezühnen. Vor ihm liegt ein kleiner Hautwulst, die Anlage
des MittelstQcks der Oberlippe. Seitwärts von den Spalten und den
Nasenlöchern, die nach unten keinen Alisclilufs eihalten haben, liegen
die beiden geirennten Oberkieferforts^ttze mit den knöchernen Ober-
kiefern und den Anlagen der Eck- und Backzähne. Von ihnen
springen die horizontalen Gau nun platten nur eine kleine Strecke
weit als T eistni in die Mundhöhle vor und haben den AnschlnlV an
«lie Nascuscheuiewand nicht erreicht. Eine derartige Mifsbilduug ist
sehr lehrreich auch fttr das Verständnis der früher beschriebenen
normalen Entwicklungsprozesse.
Wenn die Hemmung nur eine teilweise ist. so kann die Ver-
schmelzung entweder nur an den Oherkieferfortsätzen oder nur an
den Gaumeuplatteu auf einer oder auf beiden Seiten unterbleil)eu.
Im ersten Fall entsteht die Kieferlippenspalte oder sogar nur
eine Lippenspalte f H a s e n s c h a r t e) . während harter u iid weiclier
Gaumen normal gebildet sind. Im anderen Kalle ist der ( )l)erki»'t\'v
gut entwickelt und ilul'serlich von einer Mili^hilduug nichts wahizu-
nehmen, während ein einseitiger oder doppelseitiger Spalt durch den
weichen Gaumen oder gleichzeitig auch noch durch den harten Gaumen
hindurchgeht (Wolfsrachen).
Mit eingreifenden Metamorphosen ist die Entwieklungs-
geschichte des Unterkiefers verbunden. Wie schon früher
dargestellt wurde wird hfi den jOng-ttni Kmlnyoucn die Mundhöhle
von unten her durcli die häutigen Unterkieferlortsalze begrenzt. In
Digiii^cu by G(.)0^1c
894
Zwmta Kapitel.
ihnen entwicliflt sich dann der ^^I:cKKLsch(^ Knorpel (Fig. 308 17.
1570 5 u. 371 ]\IK). der mit seinem Scliiuielende dio Anlage dos Hanniicrs
{^0 u. ha) liefert uutl dadurch wieder mit dem Ambols (J^l u. am)
in Gelenkverbindung steht (vergl. S. 385). An seinem ventralen Ende
verbindet er sich in der Mittellinie bei den SiUigetieren mit den»
entsprechenden Teil (h^r anderen Seite, während beim Menschen eiu
kleiner Zwischenraum zwischen ihnen bleibt.
Da die oben genannten kleinen Knorpelchen Im ersten hilatigen
Schlnndl'Ogen entstanden sind, entsjirechon sie in ihrer Lage, nicht
minder auch in ihrer gegenseitigen Verbindung und in manchen anderen
Beziehungen den grofseu Knorpelstücken, die wir oben bei denSelacbieru
(Fig. 366) aU Palatoquadratum (0) und Mandibular« (17) kennen ge-
lernt haben. Bei den Selachiern dienen Palatoquadratum und Mandi-
bulare als e( Itter Kitferapparat, indem sie auf ihren Hiindern die nur
in der Schleimhaut befestigten Zahne tragen und indem sich an ihre
Oberfläche die Kaumuskeln ansetzen.
Bei den Säugetieren und beim Menschen ist die Aufgalie der im
ersten Schlundbogen entstandenen Knorpel eine wesentlicii andere
geworden; sie sind in den Dienst des Gehörapparats getreten; eine
tiefgreifende, in ihrem Endergebnis wunderbare und bOchst bedeutungs-
volle Metamorphose hat sieb hier vollzogen. Um dieselbe zu ver-
stehen, mufs ich ein paar veigleichend-anatomische Tatsachen kurs
berühren.
Mit dem Auftreten von Yerknöcheningen verliert der primäre
Unterkiefer bei den Knochenfischen, Amphibien und Reptilien seine
einfache Ik^chaflFenheit und wandelt sich zu einem oft sehr zusammen-
gesetzten Ajiparat um. Die Verknöcheruugeu sind wieder in derselben
Weise, wie es im Bereich des übrigen Kopfskeletts der Fall ist, von
zweierlei verschiedener Art, priwüre und sekundäre. Primär ist ein
Knochen, der im r,rfpnkteil des Knorpels auftritt und das Os artirnlnn«
liefert. Dazu gesellen sich mehrere, im umgebenden Bindegewebe
entstehende Belegknochen, von denen zweien, dem Angulare und dem
Dentale, eine allgemeinere Bedeutung zukommt. Beide legen sich an
der Aulsenseite des Knorpelstabes an, das Angulare nahe am (ielenk.
das Dentale nach vorn von ihm bis zur Symphyse. Das F^entale wiid
ein wichtiges Skclettstück , das eine beträchthclje Gröfse erreicht, iu
seinem oberen Rande die Zftbne aufnimmt und den MzcEELsehen
Knorpel derart nnnvächst. dafs er fast allseitig in einen knöchernen
Cylinder eingeschlossen wird. Der ganze komplizierte Apjiarat.
zusammengesetzt aut> mehreren Knochen und aus dem von ihnen
eingeschlossenen, urfiprfinglichen Knorpel, bewegt sich im primftren
Kiefergelenk zwischen Palatoquadratum und Os articulare.
Denselben Anlagen begegnen wir auch bei den Säugetieren und
beim M entgehen wieder. Im Gelenkteil des ünterkieferknorpcls, der
die Form des Hammers angenommen hat (Fig. 368 20, 870 du. 371 ka)^
bildet sich ein besonderer Knochenkeni , der dem Articulare anderer
Wirbeltiere entspricht. In seiner Nähe erscheint als Belegknnchen
ein aurserordeiitlich kleines Angulare (Fig. 370 6), das später mit
ihm verschmilzt und den langen Fortsatz des Hammers liefert. Der
zweite Belegknochen oder das Dentale (Fig. 3<)8 16 n. 371 vJc) erreicht
djifjefren eine hetr.lchtliclie riröfse und wird allein zum spiiter funktio-
nierenden Unterkiefer, während die übrigen Teile, welche bei den
Knochenfischen, Amphibien « Reptilien und Vögeln im zusammen-
Die Ch^ne des Zwischeikbt^tes oder Mesenchynii.
395
gesetzten Kieferapparat beim Kaugeschäft mitwirken (Palntoquadra-
tum resp. Quadratum, Articulare, Anpfulare und MECKELScher Knori)el),
ihre ursprüngliche Funktion verlieren und eine anderweite Ver-
wendung finden.
Die wichtigste Veranlassung zu diesrr tiefgreifenden Umge-
staltung ist wohl hauiitsächlich darin zu suchen, dal's bei den Säuge-
tieren und beim Menschen sich an Stelle des primären Kiefer-
gelenks ein neues sekund&res Kiefergelenk entwickelt
Das primäre Kiefeigelenk, in welchem das zahntragende Dentale be-
wegt wird, liegt, wie wir oben gesehen haben, zwischen Palato-
quadratum und Articulare.
Da nun bei den Säugetieren das Palatoquadratum und das
j^rticnlare dem Ambofs und dem Hammer entsprechen, so ist im
Hammer- A mbofsgelenk das pri m äre K iefergelen k nie-
derer Wirbeltiere zu suchen. Vermittelst desselben wird bei den
Sängetieien und dem Mensehen das Dentale nicht mehr bewegt, weil
dieses selbst mit der Schädelkapsel eine direktere Gelenkverbindung
eingeht. Es sendet nämlich einen Knochenfortsatz, den Processus
cond^loideus (Fig. 371) nach oben empor und verbindet sich hierdurch
mit der Schuppe des Schlftfenbeins in einiger Entfernung vor dem
piimären Gelenk zum sekundären Kiefergelenk, an welchem
nur Belegknochen teilnehmen.
Die naturgemäfge Folge von der neuen Gelenkbildung ist, daA
der primäre Uoterkieferapparat fflr den Kauakt oberflossig geworden
ist und in seiner Entwicklung gehemmt wird. Ambofs, Hammer und
<ias dem letzteren verbundene Angulp.re werden in Teile des Gehör-
organs umgewandelt (siehe S. 385). Der übrige Teil des Mkckel-
schen Knorpels (Fig. 3U8 17 u. 371 MK) beginnt beim Menschen vom
sechsten Monat an zu verkQmmem. Kin(^ Strecke, welche vom langen
Fortsatz des Hammers an oder von der Fissura petrotympanic a bis
zur Eintrittsstelle in den knftchernen l'nterkiefer am I'orameu alveo-
lare reicht, wandelt sich in einen Bindegewebsstreifen , das Liga-
mentum laterale internum maxillae inferioris, um. Eine kleine Strecke
nahe am vorrlrren Ende erhält schon frtlh einen besonderen Knochen-
kern und verschmilzt mit dem Bclegknochen. Was sonst noeh vom
MECKELSchen Knorpel im ivaual des L'uterkiefers vom Forauieu alveo-
lare an eingeschlossen ist, wird allmählich zerstört and aufweitet,
doch werden Reste des Knorpels noch beim Neugeborenen in der
Symphyse aufgefunden.
Ursprünglich ist der kuOchenie Unterkiefer eine paarige Bildung,
bestehend aus zwei zahntragenden Hftlften. Diese erhalten sich bei
vielen Säugetieren aurli getrennt und werden durrh Bindegewebe zu
einer Symphyse verbunden. Beim Menschen vereiTnir»n sie sich im
ersten Lebensjahr durch Verknöcherung des Zwisciiengewebes zu
einem unpaaren Stack.
8. fihtft die BteUung des Kopftkeletta sum Bumpftkelett.
Schon in verschiedenen Abschnitten diesps Lehrbuchs, bei Be-
sprechung der Ursegmente, des Nervensystems, besonders aber jetzt
bei Besprechung des Achsenskeletts wurde auf vielfache ( berein-
»tinimungen hingewiesen, welche zwischen Einrichtungen des ivoptes
und des Bumpfes wahrgenommen werden. Auf die Übereinstimmungen
Digiii^uu by G(.)0^1c
396
Zwölftes KapiteL
und Verschiedeulieitcii, ^^eIclle zwischen beiden Regionen des Körpen
im Laufe ihrer Entwicklung hervortreten« sei hier im Zusammenbang
noch einmal kurz hingewiesen.
Die Gliederung des Wirbeltierkorpers nimmt ihren Au>i^auj; von
den 'Wandungen der priniilren Leibessäelte , deren dorsaler an die
Chorda und das Nervenrohr angrenzender Abscliiiitt diircli Falten-
bilduug in hintereinaudergelegene SiUikchen, die ürsegmeute, zerfällt
(Fig. 129 u. 130).
Da sieh ans der Wand der Ursegmente die willkfirliehe Mus-
kulatur entwickelt, so stellt sie das am frtlhzeitijrsten segmentierte
Orgaiisystem der Wirbeltiere dar. Die „Myomerie" ist nun wohl
die direkte Ursache einer segmentalen Anordnung der peripheren
Nervenbahnen, indem die ku einem Segment gehörenden Bewegungs-
nerven sich zu einer vorderen Wurzel an ihrem Austritt aus dem
Rückenmark vereinigen und ebenso die Emptindungsnerven , die von
einer entsprechenden Uautstrecke herkommen, zusammen eine sensible
Wuriel darstellen.
Zur Zeit, wo sich die Segmentierung der Muskulatur und der
peripheren Nervenbahnen schon ausgebildet hat, ist das Skelett noch
ungegliedert ; denn es wird nur dargestellt durch die Chorda dorsalis.
Das weiche Heaenchym, welches die Chorda und das Kerrenrohr
einhüllt und zum Mutterboden für das später in die Erseheinuiig
tretende, geczliederte Aehseaskelett wird, ist noch eine zosaminen-
hängende Füllniasbe.
In dieser Zeit ist die Sonderung von Kopf und Rumpf schon
erfolgt. Sie wird erstens dadurch herbeigeführt, dafii sieh am vor-
dcrst'ii Abschnitt des Körpers die höheren Sinnesorgane anlf^iren.
zweitens dadurch, dais sich das Nerveurohr zu den anbehulichen
Himblasen ausweitet, drittens dadurch, dafs die Wandungen des
Kopfdarms von regelmäfsigen Schlundspalten durchbohrt werden und
SO ebenfalls eine Art von Segment ierunp; (die Branchiomerie) erfahren.
Der sich in dieser Weise zum Kopf umwandelnde
Abschnitt des Körpers ist von Anfang an gegliedert
und baut sich aus Segmenten auf, deren Zahl noch
strittig ist.
Die Entwicklung von Schlundspalten hat noch \veitere \'er-
schiedeuheiten zwischen Kopf und Kumpf zur Folge, Der vorderste
Teil der Leibeshöhle wird durch das Auftreten der Schlundspalten
in mehrere, hintereinandergelegene Kopfhöhlen gegliedert, indem
diese ihren Hohlraum verlieren, hat sich am Kopfe eine der Brust-
uud Bauchhöhle entsprechende Einrichtung zurückgebildet. Ferner
entwickeln sich aus den Wandzellen der Kopf hohlen ansehnliche,
quergestreifte Muskelmassen zur Bcwe<iung und Verengerung der
einzelnen Abschnitte des Kiementhirms, wahrend am I{nn!|>f die will-
kürliche Muskulatur nur von den L'rsegmenten abstammt. Diese
breiten sieh am Rumpf sowohl dorsal w&rts über das Nervenrohr, als
auch ventral in die Brust- und Bauchwand aus, während sie am
Kopf auf einen kleinen Kaum beschränkt bleiben und keine reichere
Entwicklung erfahren.
Nachdem so Kopf und Rumpf schon in hohem Grade
verschiedenartig geworden sind, beginnt sich erst das
knorpelige A r h s e n s k e 1 e 1 1 anzulegen. Es ist mithin eine
Einrichtung von verhallnismaisig jungem Ursprung, wie sie denn
Digiii^cu by Gdo^Ic
Di« OrgAse des Zwiscbeabtatte« oder Mei«nchymi.
397
auch nur dem Stannii der Wirbeltiere eigentümlich ist und hier selbst
ihrem einfachsten Vertreter, dem Amphioxus laiiceolatus, noch fehlt.
Das knorpelige Acbsenskelett eotwickelt sich von vornherein in
den beiden Hauptabschnitten des KOrpen zum Teil in gleichartiger,
zum Teil in ungleichartiger Weise.
(lleicharti ist die Entwicklung, insofern der Verknorpelungs-
prozefs am Kopf und Rumpf im perichordalen Bindegewebe beginnt,
sich dann von oben und unten um die Chorda erstredtt und sie ein*
scheidet und schliefslich sich noch auf die Bindegewebsschicht fort-
setzt, welche das Nervenrohr umhüllt
Die U n g 1 e i c h a r t i p k e i t dagegen spricht sirh in der
eintretenden oder ausbleibenden Segmentierung aus.
Am Rumpf entsteht unter dem Einfiuft der Muskulatur eine Gliederung
des knorpeligen Achsenskeletts, indem feste Wirbelsttlcko mit binde-
gewebig bleibenden Zwischenwirbelbändem abwechseln. Am Kopf
entwickelt sich gleich eine zusammenhängend e Knorpelkapsel um die
Himblasen. Die Gliederung, welche sich hier in anderen Organ-
systemen, in dem Auftreten der Ursegmente und in der Anordnung
der Hirnnerven ausprägt, hat keine niiederung des zu ihnen ge-
hörigen Achsenskeletts zur Folge, iiei keinem Wirbeltier ist im
Laufe seiner Entwicklung eine wechselnde Folge von Knorpelstfieken
und von bindegewebifien Zwischenscheiben als erste Anlage des Pri-
mordialcranium beobachtet worden. Eine solche aber als ur^prOiitr-
licheren Zustand vorauszusetzen, scheint keine Veranlassung vur-
zuliegen. Lassen sieh doch in der geringen Entwicklung der aus den
Ursegmenten des Kopfes henorgehenden Muskeln, in der voluminösen
Kntfaltung des Gehirns und der Sinnesorgane Faktoren erblicken,
weiche den Kopf schon früh zu einem minder beweglichen Abschnitt
als den Rumpf gemacht haben. Damit aber kommt fOr den Kopf
die Ursache, welche am Iiumiif die Segmentierung des Achsenskeletts
notwendig gemacht hat, in Wegfall.
In den letzten Jahren ist von inelirpren Seiten (Rosenberg, Stöhk,
Fkürief) die Ansicht ausgesprochen wurden, dafs in einigen Wirbel-
tierklassen die Occipitalregion des Primordialcranium einen Zuwachs
durch Verschmelzung mit Wirbelanlagen der Halsregion erfahre und
so gleichsam „in stetem kaudalen Vorrücken hcgrifTcn sei".
Aufser der Gliederung in Wirbel spricht sich eine Segmentierung
des Achsenskeletts noch in dem Auftreten von unteren Bogen aus,
welche sich von vom nach hinten in regelmftfisiger Folge wiederholen.
Sie werden am Kopf als Schlundbogen, am Rumpf als Rippen be-
zeichnet. Auch die Lage dieser Skeletteile steht in Abhängigkeit zu
den ersten Segmentierungen, von welchen der Organismus der Wirbel-
tiere betrofren wurde. Denn die Ripi)en entwickeln sich zwischen
den Muskelsegmenten durch Verknorpelungsprozesse iu den sie
trennenden Bindefrewehsblflttern , den Zwischeumuskelbändern; die
Scblundbogeu aber stehen in Abhängigkeit zu den Schlundspalten,
durch welche die ventrale Kopfgegend in eine Summe aufeinander-
folgender Segmente zerlegt worden ist. Aus dem Bestehen von
Ripi)eTi und von ^chlundboHcn \lH\t sich nicht folgern, dafs die dazu
genörige Skeletiachse gleichlails segmentiert gewesen sein müsse. Sie
sind nur ein Zeichen flkr die Segmentierung der K6rperregion , zu
welcher sie hinzugehören.
Zwölftes KftpiteL
Dals hei den ausgebihk toii Wirbeltieren die embryonal vorhanriene
Segmentierung des Koj)fes mehr oder minder verloren geht . liangl
besonders von zwei Momenten ab. Erstens entwickeln sich die Ur«
segiii iiTc nur wenig, liefern unbedeutende Muskehi. liilden sich zum
Teil ganz zurück, zweitens wird das Visceralskelett von tief ein-
greifenden Metamorphosen betroffen. Namentlich bei den höheren
^'irbeltieren erflkhit es solche Rflck- und Umbildungen, dafs scfalierslich
nichts mehr von der ursprünglich segmentalen Anordnung seiner Teile
(Kiefeigaumeuajiparat, Gehörknöchelchen, Zungenbein) zutage tritt.
Ii. Die Entwicklung des £xtremitätenHkelett<.
Die Gliedmafsen setzen sich bei den Wirbeltieren vorn und hinten
tut Seite des Rumpfes als kleine, flossenartige Auswachse au (Fig.
160, 221, 373). Dafs sie hier mehr der ventralen als der dorsalen
Fl&che des Körpers angehören, geht daraus hervor, dafs sie von den
ventralen Ästen der Rückenmarksuervcn innerviert werden.
Ferner scheinen die Gliedmai'seu zu einer gröfseren
Anzahl von Rumpfsegmenten zu gehören. Es Iftfst sieb
dies sowohl aus der Art der Nerven Verteilung, als aueb
auH der Abstammung ihrer Muskulatur erschl iefsen.
Denn die vorderen und die hinteren Gliedmafsen beziehen ihre
Nerven immer von einer grö Aperen Anzahl von Spinalnerven. Die
Muskeln aber stammen aus derselben Quelle wie die ganze Rumpf-
muskuliitnr lutndich von den Ursegmenten ab. Verhaltnisse, die bei
Selaebier- Embryonen leicht festzustellen sind. Bei ihnen wachsen,
wie Untersuchungen von Dohrn gelehrt haben, von einer gröfseren
Anzahl von Ursegi u nton je zwei Knospen in das Gallertgewebe der
Flossenanlage hinein, lösen sich daTin von ihrem Mutterboden ab
und teilen sich in eine dorsale untl eine ventrale Hälfte, die Anlage
der Streck- und der iieugemuskulatur. Jede Flosse enthält mithin
eine Reihe hintereinandergelegener, segmental entstandener Muskel«
anlafjen, eine Tatsache, welche noch bei manchen anderen Fragen,
weiche den Ursprunc: d'^r (iliedmafsen betreffen, ins (iewicht fhWt.
Beim Menschen nimiuL die Anlage der Glieduialseu in der fünften
Woche schon eine bestimmtere Gestalt an. Der Hücker hat sich ver-
gröfsert und in zwei Sttlcke geglindort , von denen das distale zu
Hand und Fuls wird (Fijr. IHl). Auch beginnt an der vor^leren Ex-
tremität bereits die Hund au ihrem vorderen Hand Einkerbungen zu
erhalten, durch welche sich die ersten Rudimente der Finger mar-
kieren. In der sechsten Woclie sind die drei Hauptabschnitte der
Gliedmafsen zu erkennen, indem sich noch das pn»ximale Sttick durch
eine Querfurche in Ober- und Unterarm, Ober- und Unterschenkel
gesondert hat. Auch sind jetzt am Fnib die Zehen durch Ein-
schnQrungen, aber weniger deutlich als an der Hand angedeutet. In
der siebenten Woche benjerkt man an den Spitzen der Finirer krallen-
artige, aus Epidermiszellen bestehende Ansätze, die üruägel. „An der
Hand fällt aui diesem Stadium*, wie Bensen bemerkt, „die Ähnlichkeit
mit der von der Sohle aus betrachteten Vorderextremität eines Kar-
nivoren auf : die Polster sind bei zebenartiger Karze und Dicke der
Fiuger stark eutwickelU**
Bei ihrer Vergrößerung legen sich die Qliedmalhen der Bauch-
fläche des Embryo an und sind dabei schräg von vom nach hinten
Die Organe des Zwisclieiiblatte» oder Mesenchyiiis.
390
au
ng
gerichtet, und zwar die vorderen (iliedmafsen mehr als die hinteren.
Bei beiden liegt ursprünglich die spätere Streckseite dorsal , die
Beugeseito ventral. Sowohl der radiale wie der tibiale Hand mit
dem Daumen und der grofsen Zehe sind koi)fwärts und der fünfte
Finger und die fünfte Zehe sind schwänz wilrts gewandt. Hieraus,
sowie aus der Annahme, dal's die Gliedmalsen mehreren Rumpf-
segmenten angehören, erklären sich einige Verhältnisse in der Ver-
teilung der Nerven der oberen Extremität. Es wird näm-
lich am Arm „die radiale Seite von Nerven versorgt (Axillaris,
Musculocutaneus), deren Fasern auf den fünften bis siebenten Cervical-
nerven zurückzuführen sind. An der Ulnarseite finden wir dagegen
Nerven (Nervus cutaneus medialis, medius und ulnaris), deren Ent-
stehung aus dem un-
teren, sekundären
Stamme des Plexus
ihre Abstammung aus
dem achten Hals- und
ersten Dorsalnerven
unschwer erkennen
läfst." (Schwalbe.)
Im weiteren Fort-
gang der Entwicklung
verändern die beiden
Gliedmafsen ihre Aus-
gangsstellung, und
zwar die vordere in
höherem Grade als
die hintere, indem sie
sich um ihre Längs-
achse in entgegen-
gesetzter Richtung
drehen ; auf diese
WeisekommtamOl)er-
arm die Streckseite
nach hinten, am Ober-
schenkel nach vorn zu
liegen ; Radius und
Daumen sind jetzt la-
toralwärts, Tibia und
grofse Zehe median-
wärts gelagert. Diese
Lageveränderungen
durch Drehung sind
bei Bestimmung der Homologien von vorderer und hinterer Extremität
naturgemäls in Rechnung zu bringen, so dafs Radius und Tibia, lllna
und Fibula einander entsprechen.
In der ursprünglich gleichmäfsigen Zellenmasse setzen sich all-
njählich Skelett- und Muskelanlagen schärfer voneinander ab, indem
die Zellen einen bestimmteren , histologischen Charakter gewinnen.
HierJ)ei ist folgende Erscheinung zu beobachten: Die Teile des Ex-
tremitätenskeletts werden nicht alle gleichzeitig angelegt, sondern
halten eine l)estimmte Reihenfolge ein. etwa in der Weise, wie bei
der Entwicklung des Achsenskeletts der Gliederungsprozels vorn be-
H8
oe
ue
FiR. 873. Sehr jun«er menschlicher Embryo
aus der vierten Woche von 4 mm Naokenstelfs-
länge, der Oebärmutter einer Selbstmörderin
acht Stunden nach ihrem Tode entnommen.
Natb I{aiil.
au Aupe, ng Nasen(;rube, uk l'nterkicfer, eb
Zungenheinbogen, «* dritter, vierter Schlundbogen,
h durch die Entwicklung des ller/ens verursachte
Auftreiltung der Ituinpfwand , us (Jrcnze zweier L'r-
segmente, oe, ue obere, untere Extremität.
400
ZwaUkes KAp{t«L
ginnt und nach nukwSrts fortschreitet. So bilden sich an den Glied-
niarsen die proximal, d. h. dem Rumpfe näher geiegeoeu Skelettstttcke
froher aus, als die distal oder entfernter gelegenen. Am auffftlligsten
tritt dies au den Fingern und Zehen hervor. Während die erste
Phalanx sich schon vom iimcrehenden Gewehe bei Embryonen der
fünften und sechsten Woche abgesetzt hat, ist die zweite und dritte
noch nicht zu erkennen; das Ende der Finger' und Zehenanlagen
wird noch von einer kleinzelligen, in Wucherung begrifibnen Masse
darpeJ'tellt. In dieser sondert sich hierauf (W*' zweite, znletzt die
dritte Phalanx. Ferner eilen die vorderen Gliedmalsen den hintereu
in ihrer Ansbildung etwas voraus.
Bei der Entstehung des Extremitatenskeletts sind
ebenfalls wie bei der Wirbelsäule und dem l^chftdel
drei verscli iedene Stadien zu unterscheiden, ein Sta-
dium der häutigen, der knorpeligen und der knöchernen
Anlage.
1) Sehulfor- vniä Beekeugfirtel. IMe Extremitlltengttrtel be-
stehen bei ihrer Anlage aus je einem Paar von gebogenen Ku()ri)e]-
sttlcken, die unter der Haut in die Rumiifmuskeln eingebettet sind
und etwa in ihrer Mitte eine GeieukHäche zur Aufnahme des Skeletts
der freien Extreroitftt tragen. Hierdurch zerfällt jeder "Knonel in
eine dorsale, der Wirbelsäule genäherte, und in eine ventrale Hülfte.
Die erstere ist bei den Säu^'etieren und dem Menschen zu einem
breiten, schaufeiförmigen Stück umgestaltet, die ventrale Hälfte da-
gegen, welche entweder nahe oder bis zur Medianebene heranreicht,
ist in zwei auseinanderweichende Fortsätze, einen vorderen und einen
hinteren, gesondert. Die so unterscheidbaren Knoipelstücke ver-
knöchern von besoTuleren Knochenkernen aus und gewinnen hierdurch
noch einen höheren Grad von Selbätäudigkeit.
Das Schulterblatt des Menschen ist anfangs ein Knorpel
von Ähnlicher Gestalt wie beim Erwachsenen, nur dafs die Basis
scapnl;ie wfnit'or entwickelt ist. im iliitten Monat !>ef^innt die Ver-
knöclieruiig vom Collum scapulae aus. Doch blfibt-n lange Zeit die
Ränder, die Schultergräte und das Acromion knorpelig, was Sie zum
Teil auch noch beim Neugeborenen sind. In ihnen entstehen hier
und da noch accessorische Kerne im Kindesalter.
Vom Gelcnkteil des Schulterblattes geht ventralwärts ein knor-
peliger Fortsatz aus, der beim Menschen kurz, bei anderen Wirbel-
tieren aber von beträchtlicher GrOfse ist und dann bis zum Brust*
bcdn heranreicht. Er entspricht der hinteren der oben erw&hnten
Spangen, in welche sich der ventiale Teil des Knorpelbogens ge-
sondert bat, und ist als Pars coracoidea in der vergleichendeD
Anatomie bekannt. Beim Menschen ist er nur kümmerlich entwickelt.
Seine grOfsere Selbständigkeit gibt sich aber noch darin zu erkennen,
dafs er im ersten Lebensjalire einen eigenen Kuoilienkern erliält. Aus
diesem entsteht allmählich ein Knochenstückchen (üs coracoideum),
welches bis zum 17. Jahre durch einen Knorpelslreifen mit dem
Schulterblatt verbunden ist und sich daher ablAsen läfst. S])äter ver-
einijit es sich mit ihm durcli Knochenmassr und stellt den Raben-
schujibelfortsatz dar. Noch später erfolgt die Verschmelzung der
oben erwähnten Nebenkernc, welchen eine gröfsere, morphologische
Bedeutung nicht beizulegen ist.
Die Orgftn« de» Zwisehenblattes oder Meflenchyn«.
401
Ühvv die ^^tt'lluiig , welche das Schlüsselbein am Schulter-
gttrtel eiDiuiumt, gelieu die Ansichten nach zwei Richtungen auweia-
aoder. Nach GOtte und Hoffmann etc. gehört es zu den primordialen
knorpelig vorgebildeten Skel -t teilen und entspricht der vorderai
ventralen Spange, welche die Urform des Schulterpürtels besessen
hat. Nach Gboenbauh isf es ein Belegknochen, der mit dem knor-
peligen Skelett iu ähnlicher Weise wie am Schädel die Helegkuocben
mit dem Priraordialerftnium in Verbindung getreten ist. Zu der
verscliiedenen Auffassung hat die eigentOmliche Entwicklungsweise
des Schlüsselbeins die Veranlassunji; gepehen. Es ist der erste Knochen,
der beim Menschen, und zwar schon iu dei siebeuten VVuche, gebildet
wird. Wie Gioenbadr zuerst gefunden hat, entwickelt er sich am
Anfang aus einem völlig indifferenten Gewebe. Dann setzen sich an
seinen beiden Enden Kuorpehnassen an, die weicher und mit weniger
Zwischensubstanz verseben sind als die gewöhnlichen embryonalen
Knorpel. Sie dienen, wie bei den anderen knorpelig voi^bildeten
Knochen, dem Längenwachstum des Schlüsselbeins nach l)eiden Enden
hin. Auch entwickelt sich im sternalcu Ende, wie Kölliker erwähnt,
eine Art Epiphysenkern zwischen dem 15. und 20. Lebensjahre und
ven'Chmilzt bis zum 25. Jahre mit dem HauptstOck.
Der Becke ngürtel läfst auch beim Menschen und l)ei den
Säugetieren die ursprünglichen Verhältnisse noch am getreuesten
erkennen. Er besteht in seiner ersten Anlage aus einem linken und
einem rechten Hoftbeinknorpel , die ventralwftrts in der Symphyse
durch Bindegewel)e vereinigt werden und in ihrer Mitte die Gelenk-
pfanne tragen. .Teder Iltlftbeinknorpel läfst einen dorsal von der
Planne gelegenen, verbreiterten Teil, welcher sich mit dem Sakral-
abfichnitt der Wirbels&ule verbindet, den Darmbeinknorpel, unter-
scheiden sowie zwei ventrale, in der Symphyse zusammen st ofseiide
Knorpelspaneren , Scham- und Sitzl)ein, welche das Hütt! . inlorh
(loramen obturatorium) umschliefsen. Vom Schambeinkuorpel be-
richtet RosRNBRRG. daHs er zuerst selbständig angelegt werde, aber
sehr bald mit den anderen Knorpeln in der Pfanne verschmelze.
Die Verknöcherung beginnt am Kn ie des dritten Monats von
drei Stelleu aus, und so bildet sich ein knöchernes Darm-, Scham-
und Sitzbein auf Kosten des Knorpels, der aber noch zur Zeit
der (lel)urt in ansehnlichen Resten vorhanden ist. Denn noch ist
knorpelig der ganze Darmbeinkamm, der Hand und ( irund der Pfanne,
die ganze Strecke vom Sitzbeinhöcker zum Schambeinhöcker.
Nach der Geburt schreitet das Wachstum der drei Knochensttlcke
nach der Pfanne vor. wo sie untereinander zusammentretTen , aber
noch bis zur l'nbertüt diiich KiiorpelsTreifen, welche eine dreistrahlige
Figur zusaimuen bilden, getrennt !>leiben. Im achten Lebensjahre
etwa verschmeUeu Scham- und Sitzbein mit iiiremab- und aufsleigeuden
Ast untereinander, so dafs jetzt jedes Htlftbeiii aus zwei durch
Knorpelgewehe in der Pfanne vereinijiten Stücken, dem Darmbein
und einem Schamsitzbein, besteht. Die^e vert inigen sich zu einem
Stück erst zur Zeit der Pubertät. Wie am Schulter-, kommen auch
am BeckengQrtel Nebenkerne vor, von denen einer, der zuweilen im
Knorpel der Pfanne iinftrift . der wichtigste ist und als Os acetabiili
beschrieben wird. Andere entslehen im knorpeligen Darmheinkamm
und iu den Spinae und Tubercula und im Tuber ischii. Sie gesellen
sich zum Hauptknochen erst am £nde der Wachstumsperiode hinzu.
O. Hartwig, DI» BlanMüt* der EntwfekliiB^lahr». 2. AnS. 26
402
2) Skelett der freien Extremität. Alle Sk^letteile voo Haml.
Ober- uüd Liiterarm. ehen&o vou bui». Ober- uiui L uterscheokel biud
urtpiUBglich solide, hyaline KBorpelstfteke , weklie im grofben und
ganzen ziemlich frühzeitig die riuf>enn Fonueii dir später au ihre
Stelle tretenden Knorlien pewinuen. Gegen ilirr I 'i!Jii> lni!)ii '•ithI sie
durch eine fa$>eiige liiudcgewebsschicbt, die kuurptiuberbaut uder das
Ptorieboiidriiiin, abgegrenzt
Vom Anfang des dritten Monats beginnt an den gröfseien Skelett-
slückeii der Verknöcherimpsprozefs, bei welchem i?» .ilmlicher "Weise
wie iiii,der Wirbelsäule das Knorpelgewebe zerstört uud durch Knochen-
gewebe ersetit wird. Hierbei treten mehrere, allgemein gesetsroarsige
Erscheinungen hervor, auf welche ich noch näher eingehen will, ohne
indessen dabei die kninpllzierten. histologischen Vorgänge zu berück-
sichtigen, Uber welche Lehrlȟcher der Oe webelehre Auskunft geben.
Der VerkoAeherungsprozefs gestaltet sich ftafserlich etwas ver-
schieden, je nachdem die Knorpel klein und in den Terschiedenen
Dimensionen mchi- gleichmäffsig entwickelt sind wie an der HuDd-
und der Fulswurzel oder sich mehr in die Länge gestreckt
haben.
Im ersten Kalle ist der Hergang ein einfacherer. Von der Knorpel-
oberhaut her wachsen hindegewebi^rf 7r!lpnt»'if ht' Fortsätze mit Ge-
fäfsen in den Knorpel hinein, lösen die Orundsubstanz auf uud ver-
einigen sich in dem Zeotrnm untereinander. Es entsteht ein Netsweric
von Maikiäunieu, in deren Umgebung es zu einer AUftgerung tob
Kiillv^ il/i 11 (einer proviVonsrhcn Verkalkung) kommt. Die M ^k räume
dcliuen sich mehr uud mein durch Zerstörung von Knorpeli^ubstanz
aus. Dann werden von den oberflächlich gelegenen Markzellen Knochen-
lamellen, die sich nach und nach verdicken, abgeschieden. Der so
entstandene Knochenkem vergröfsert sich langsam, bis »^rbHerslirh
der Knorpel last ganz vcnlräiigt und von ihm nur noch eine dUnue
Schicht als Überzug au der Oberfläche übrig geblieben ist. Die
Verknöcherung der Hand- und Ful'swurzelknochen ist somit eine rein
enchondrale nii<l !j;eht gewöhnlich von ciDem. zuweilen auch von
zwei Kiinchenkeruen aus. Sie beL-innt erst sehr spfit , in den ersten
Jalueii nach der Geburt Eine Aui>uahme niacheu nur am Fufs der
Calcaneus und Talus, welche im sechsten und siebenten Monat einen
Knochenkern erhalten, und das Cahnid, das kurz vor der cbnrt /u
ossifizieren l>eginnt. Bei den ülnijieu findet die Verknöclicrung uach
der Geburt, wie KOlukek angibt, iu folgender Reihenfolge statt.
I. An der Hand: 1) Capitatum und Hamatum (1. Jabr). 2) Tri-
qnrtrura i'X Jahr). Multangulum majus und Lunatum Jahr).
4) Navi<-ulare und Multangulum minus (<i— 8. Jahr). 5) Pisiforme
(12. Jahr).
IL Am Fulb: 1) Naviculare (I. Jahr). Cuneiforme I und II
(3. Jahr). :\) Cuneiforme III (4. Jahr).
In einer komplizierteren Weise vollzieht sich der V^erknöcherungs-
prozels an den langen Knorpeln, au denen er auch viel früher, meist
schon vom dritten embryonalen Monat an, beginnt. Der Hergang ist
«in ziemlich typischer. Zuerst findet eino perichondrale Verknöcheruug
in der Mitte der einzelnen Knorpel. de> Hnnierus und des Femnr,
der Tibia uud der Fibula, des Radius und der L Ina, sUtt. \ on der
Kuorpeloberbaut wird anstatt knorpeliger GrundsubsUnt Knochen-
gewebe auf den bereits vorhandenen Knorpel aufgelagert, so dafs er
Dia Organe des Zviaehenblattm od«r Mesenehyma.
403
in seiner Mitte von einem imBier dicker werdonden Knoehencylioder
©ingescheidet wird.
Das Weiter Wachstum dos so aus zwei Gewcbeu zusammeugesetzteü
SkelettstQcks geht in einer doppelten Wei»e vor sich: erstens durch
Wucherung' des Knorpels und zweitens diii rli Vermehrung der Knociien-
substanz. Das Knorpelf?ewel)e veriuehit sich an den beiden Enden
des Skelcttstücks und (rügt zu seiner Verlängerung uud Verdickung
bei. In der Mitte dagegen, wo es von einem Knocheneylinder ein-
gehüllt ist, bleil)t es im Waclistum stellen. Iiier findet fortwahrend
eine Auflap:erun^' neuer Knoclirnhunellen auf die bereits gel>ildeten
von der ursprünglichen Knurpulliaut oder, wie man jetzt riclitiger
sagt, von der Knoctienoberksut aus statt. Hierbei dehnen sich die
spftter abgelagerten Lamellen immer weiter nach den beiden Enden
des ^^kelettstücks aus: es werden immer neue Knorpelbezirke vom
Knochen eingescheidet und in ihrem Wachstum gehemmt. Die
periostale Knocbenscheide aber nimmt infolgedessen die Form zweier
mit ihren Spitzen verbundener Trichter an.
Der den Trichter ausftlllende Knoi erführt frühzeitig eine all-
mähliciie üm- uud E&ckbildung. Vou der knöchernen Scheide aus
wachsen Biodegewebszflge mit Blut^fkfsen in ihn hinein, UVaen die
Grundsubstanz auf und « r/eu^^'n gröfsere und kleinere Markräume.
Indem dann an der ( »' erHiu he derselben nuph Knochen^rewehe auf die
stebengebliebeneu Knoipelreste ausgeschieden wird, entwickelt sich
eine spongiöse, knöcherne Substanz, welche die trichterfbrmigen Hohlen
des peri<)>tal entstandenen, kompakten Knochenmantels ausfüllt. Der
spongiöse Knochen ist übrigens iinr eine vergängliche Bildung. Nach
und nach wird er von der Mitte des Skelettstüfks aus wieder auf-
gelöst, wobei an seine Stelle weiches, mit Blutgefäfsen reichlich ver-
sehenes Mark tritt. Auf diese Weise entsteht in der ursprünglich
ganz kompakten Knorpelaolage die grofse Markhöhle der Röhren-
kuochen.
Während dieser Vorgänge bleiben die beiden Enden immer noch
knorpelig und dienen noch lange Zeit durch ihre Wucherung zum
Längenwachstum des Skelettstüeks. Sie werden als die beiden
Kpiplivsen bezeichnet, im Gegensatz zu dem zuerst verknöcherten
Miltelstuck, welches den Namen der D i a p hy se erhalten hat. Letztere
vergröl^ert sich auf Kosten des Epiphysenknorpels, indem sich der
enchondrale Verknöcherungsprn/efs mit ein r ^i. h deutlich markierenden
Verknöcherungslinie nach beiden Enden tortsetzt.
Eine neue Komplikation tritt in der Entwicklung der iiöhren-
knoehen entweder kurze Zeit vor der Geburt oder in den ersten
Lebensjahren ein. Es bilden sich dann nilmlidi in der Mitte jeder
Epiphyse besondere Verknöcherungscentren , die sogenannten
Epipbysenkerne, aus, indem in der schon früher beschriebenen
Weise blutgefilfsfnhrende Kanftle durch Auflösung der Knorpelsubstanz
entstehen und sich zu gröfseren Markr[\umen verbinden . an deren
Obertliiche dann Knochengewebe ausgesehieden wird. Durch langsam
fortschreitende, auf Jahre sich erstreckende Vergröl'serung der Knochen-
kerne wird der Epiphysenknorpel nach und nach in eine spongiöse
Knochen Scheibe umgewandelt und sehliefslich bis auf geringe
Üestp zerstört. Einmal erhält sich eine nur wenige Millimeter dicke
Schicht als Überzug an der freien OberHäche und stellt den „Geleuk-
knorpel* dar. Zweitens bleibt eine dttnne Knorpelschicht lange
26«
Digiii^cu by Google
404
Zwölftes KaptoL
Zeit zwischen dem zuerst eutstaudenen , knöclierneu Mittelsttick und
den kuücheinen .»-cheibenlörmigen Epiphysen bestehen und dient deiu
Längenwachstum des Skelettstfieks. Der Knorpel nämlich ▼ermehrt
sich durch Wucherung seiner Zellen in energischer Weise und wird
in «leniselben Mafse immer wipfU"! neu ersetzt, wie er an seinen
beiden Endflächen durch enchoudrale Verknöcherung aufgelöst wird;
denn auf seine Kosten wachst sowohl die knöcherne Epiphyse als auch,
und zwar in viel bedeutenderem Marto, die sich rascher Tergröftemde
Diaphyse.
So kommt es, dals muu Köhrenkuocheu , deren Wachstum noch
nicht abgcbchlossen ist, in drei Knochenstucke zerlegen kann, wenn
man die organischen Teile durch Fftulnis entfernt. Eine Verschmelzung
zu einem einzigen KnocluMistüc]< erfol^'t erst, wenn zur Zeit der
Geschlechtsreife das LÄngenwaclistuni des Körpers beendet ist. Dann
werden die dünnen Knorpellamellen zwischen der Diaphyse und ihren
beiden Epiphysen zerstört und noch in Knochensubstanz umgewandelt.
Von (Hest I Zeit an ist eine weitere VeigröfeeruDg des Knochens in
der Länf2;e nicht mehr möglich.
Aulser den drei eben beschriebenen, typischen und hauptsäclilic-hen
Centreu, von denen die Verknöcheruiig der knorpeligen Anlage eines
Röhrenknochens ausgeht, legen sich in vielen Fftllen noch kleinere
Verknöcherungscentren von einer mehr untergeordneten Bedeutung
an, welche man als accessorische Knochenkerne oder als
Neben kerne bezeichnet. Sie entstehen immer erst in späteren
Jahren, wenn die Epiphysen weit entwickelt und zuweilen schon mit
der Diai)liyse in Versfhmelzunfi begriffen sind. Sie treten dann an
solclien Stellen auf, an denen <i!H knorpelige Anlage Höcker und Vor-
Sprünge besitzt, wie in den lubercula des 01)erarms, in den Truch-
anteren des Femur, den Epicondyli etc. Sie dienen zur Umwandlung
derselben in Kuochenmasse und verschmelzen gewöhnlich am spfttesten
mit dem Hauptkuocben.
Angaben über don Beginn der VerknScberung in den etnselnen
Skelettstückon. Das Oberarmbein verknöchert in der Diaphyse in der
achten Woche. Epiph.vsenkeme bilden sich erst nach der Geburt aoi An-
fang des ersten od«r am Anftog dea zweiten Lebensjahres. Im zweiten
Jahre treten Nebenkrrno im Tuberculum majus und minus, vom fünften
.Tahrp an in den EpicoiulN len auf. — Radius und Ulna vorknöcheni in der
i>iapiiyse ebenfalls vou der achten Woche an, Epiphysenkerne erscheinen
erst vom zweiten bis fünften Lebensjahre an. Nebenkeme werden ziemlieh
spät in den Griifclfortsätzen beobachtet. — • Die Metacarpalia verknöchern
Von dor neunten Woche an, doch so, dafs nur eine knorpelige Epiphyse,
und zwar (mit Ausnahroe des Metacarpale des Daumens) am distalen Ende,
entsteht. Diese erhalt im dritten Lebensjahre einen eigenen Knochenkem. —
Die Verknöcherong in dt ii Phalangen beginnt zu derselben Zeit wie in den
Metarari<alia. — Das Uberschinkt lliein verknöchert von der siebenten W^ochc
au. tieriiigc Zeit vor der Geburt legt sich in der distalen Epiphyse ein
Knochenkem an, welcher mit zu den Zeichen, dafs ein Kind ausgetragen
ist, gehört und daher für forensische Zwecke eine gewisse Bedeutung besitzt.
Nach der Geburt tritt bald oin Kpiiihyscnkorn im Kopf dos Femur auf.
Mebenkerue bilden sich im tünlieu Lebensjahre im Trochanter maior, im
13. bis 14. im Trochanter minor. — Tibia nnd Fibnla erhalten ihre £pi-
physenkerae nach der Gebart »nerst am proximalen, dann am distalen Ende
Die Organe de« ZvisehenbUtte» oder Mesenchyms. 405
iin erbten und dritten Lebensjahre, und zwar so, duls die Verknoclierungeii
In der Fibola etwa um ein Jahr später als in der Tibia erfolgen. Obobk-
BAHR sieht hierin nine T'ntcrortlnunjz der funktionellen TJedcutung der Fibula
im Vergleiche zur Tilna aus^'odrllrkt. — Die Kniescheilic verknöchert vom
dritten Jahre an. — Für die Metaiar^aiia. uad die Zeheuphalaugeu gilt im
aUgemeinen das fttr die entepreehendea Teile der Hand Gesagte.
8) Eiitwicklnng der Gelenke. Dii sich die einzelueu Knorpel-
»tOcke des Körpers in den Bindegewebssebictaten durch histologische
Metamorphose iiiilefiPTi , sn werden sie ursprün^^lieh untereinander
durch Reste des Muttergewehus verbunden. Dieses iiiinnit pewölinlich
eine mehr derbfaserige liäschaffenheit an und gestaltet sich so zu
einem besonderen Bande. Eine derartige Vereinigung der eim^lnen
Skeletteile ist bei niederen Wirbeltieren, wie bei den Haien, die
vorherrscliende Bei den höheren Wirbeitieren und dem Menschen
erhält sie sicli uur an manchen Orten, wie au der Wirbelsäule, iu
welcher die einzelnen WirbelkOrper durch bindegewebige Zwischen-
scheiben ztisaniinenhangeu. An solchen Stellen dagegen , an welchen
die aufeinanderstofseuden Skeletteile einen höheren (irad von Be-
weglichkeit zueinander gewinnen, tritt an Stelle der einfacheren,
bindegewebigen Vereinigung die kompliziertere Gelenkverbindung.
Bei der Entwicklung der Gelenke sind folgende allgemeine Er-,
scbeinungen zu beobachten:
Junge Knorpelanlagen, wie z. B. vom Ober- und Untersciienkel.
sind auf frühen Stadien au den Stellen, wo sich später die Geienk-
höhle ausbildet, durch ein sehr zellenreiches Zwischengewebe getrennt
(Zwischenscheibe von Henke und Brihkk). Das Zwischengewebe
verliei t ; ])ater an Ausdehnung, inrii ni ;uif seine Kosten die Knorpel
an ihreu Enden wachsen. In vicJeu Fillleu schwindet es vollständig,
SO dafs dann die Endflächen der betreflfendeu Skeletteile sich un-
mittelbar eine Strecke weit berühren.
Jetzt hat sich jun Ii schon die spezifische Krümmung der Gclenk-
Hächen mehr oder minder gut ausgebildet. Es ist dies zu einer Zeil
geschehen, wo eine Gelenkhöhle noch nicht vorhanden ist, und wo
auch Bewegungen der Skeletteile nicht ausgeführt werden können,
da die Muskeln nicht funktionsfaliig in l Hieraus folgt, dafs wilhrend
des eml>rvonalen Trebens die (ielenktiiirhen ihre speziti'^'-ho Fnrtn nicht
unter dem Kiuiiuls der Muskeltäligkeit gewinnen kunuru, uuii dafs
sie sich nicht gleichsam durch Abschleifung und Anpassung aneinander
infolge bestimmter, wiederkehrender Verschiebungen auf einfach
mechanischem Wege bilden, wie von manchen Seiten angenommen
worden ist. Die frühzeitig eintreteude, typische Gestaltung der Gelenke
erscheint daher als eine ererbte (Bebnats). Nur fttr Verftnderungen
auf späteren Stadien kann die Muskeltätigkeit in Frage kommen, und
wird sie auf <iie weitere Ausbildung und Formung der Geleuklläcbeu
nicht ohne EiuHuls sein.
Wenn nach Schwund des Zwischen ge wehes die Endflächen der
sich entwickelnden Knori>el in unmittelbare Berührung kommen, tritt
zwischen ihnen ein schmaler Spalt auf als erste Anlage der Gelenk-
höhle. Er wird unmittelbar vom hyalinen Gelenkknorpel begrenzt,
der in seinem Bereich keine besondere Knorpeloberhaut besitzt. Gegen
das umgebende Bindegewehe findet hierauf allm&hlich eine schärfere
Abgrenzung der Gelenkhdhle statt, indem sich von einem Knorpel zum
Digiii^uu by G(.)0^1c
40(i Zwdlftes KftpiteL
anderen ( im' ff--teie Biiidefiewebsschiclit entwickelt und zum Kapsel-
band w!i I uiui andere Faserzüge sieb zu einzelnen straffen Geleuk-
oiiudeiu iurmen.
Etwas abweichend gestaltet sieh der Entwicklungsprozefs . wenn
die Gelenkfläclien niclit aufeinandcr[)assen. In ditsen Falleu können
sich die Knd< ii der Knorpel nicht in der eben beschriebenen Weise
unmittelbar berühren; sie bleiben jetzt durch mehr oder minder be-
deutende Reste des zellenreiehen Zwischeogewebes getrennt, welches
alsdann immer mehr eine derbfaserige Bei^chaflenheit annimmt.
Wenn das Zwischengevrebe in ganzer Ausdehnung erhalten bleibt,
entsteht eine feinknorpelige Zwischengelenkscheibe (Zwischeuknorpel),
welche sich als ein elastisches Polster zwischen die SkelettstQcke
hineinschiebt. Hier bildet sich je eine Gelenksj)alfe zwischen der
Bandscheibe und den beiden Endflflchen der Gelenkknor|ieI aus, oder,
mit anderen Worten: es .entwickelt sich eine Gclenkhöhle, welche durch
eine Zwischenscheibe in zwei Rftume getrennt ist.
Endlich fcomint noch eine besondere Modifikation der Gelenke
zustande, wenn Bich die Knorpel teilweise berühren, teilweise durch
Zwischen ge webe getrennt bleiben. In diesem Falle erscheint an der
Bertthrungsstelle eine einfache Gelenkspalte; seitwärts aber vergrAftert
sich dieselbe dadurch, dafs sich die nicht kongruenten Teile der
Knorpeltlrichen von dem sie trennenden Zwischenpewcbe ahs|ialten.
So entsteht zwar emu einheitliche Gelenkhöhle, doch schieben sich in
sie von der Gelenkkapsel her die Umbildungsprodukte des Zwischen-
Sewebes hinein und stellen die sogenannten nalhmondfftrmigen Faser«
norpel oder Menisci, wio nin Kniegelenk, dar.
Wie schon früher bei der Entwicklung der Extreinitiltunknochen
beschrieben wurde, erhält sich ein aufserordentlich geringer Rest der
Knorpelanlage audi nach Ahsclilufs des VerknOcherun^'sprozesses und
bildet einen nur wenige Millimeter dicken Knnr|ielnber7u? an den
Gelenktlächen. P'-inen solchen besitzen die Gelenktiächen aller Knochen,
welche fich aus einer knorpeligen Anlage entwickeln.
Anders liegen die Verhältnisse, wenn Knochen, die im Binde-
gewebe direkt entstanden sind, wie die Belejjknochen. in eine wirkliche
Gelenkverbindung miteinander treten. Kineo derartigen Fall bietet
uns bei den Säugetieren das Kiefcrgelenk dar. An iiim wird der
Gelenkfortsatz des Unterkiefers sowie die Gelenkgrube an der Schuppe
des Schl.tfenl)eins von einer diVnnen. nicht vorknöfherten Gewebsschicht
überzo}.'en. Sie sielit bei Hüchtitieni Anblick wie Knor]>el aus und
wird auch gewoiiulicb als solcher beschrieben. Bei mikroskopischer
Untersuchung aber zeigt sich, dafs sie sich nur aus Lagen von Binde«
gewebsfasern zusammensetzt Wie es knorpelig und bindefiewebig
prüfoi'mierte Knochen gibt, so hat man auch zu unterscheiden zwischen
Gelenken mit einem Überzug von hyalinem Knorpel und Gelenken
mit einem Überzug von faseriger Bindesubstanz.
Bepotitotlam au Kapitel ZZL
L EntwifUnng des Herzens. 1) In der ersten Anlage de«
Herzens sind zv,ri \ r>chiedene Typen bei den Wirbeltieren zu anter-
'^flifiden: a) Bei Cyklostonien, Selachiern, Ganoiden, Amphibien ent-
wickelt sich das Herz von Anfang an unpaar an der unteren Fläche
der Kopfdarmhöhle fan ventralen DarmgekrOse, wekbes dadnrdi in ein
Die Organe des Zwischenblattes oder Meseacbyms.
407
Mesocardinm anterius und posterius zerlegt wird, b) Bei Vögeln und
Säugetieren entwickelt sich das Herz ans zwei getrennten Hälfton,
welche nachträglich untereinander zu einem einfachen und dann wie
beim ersteu Typus geliigerteu Schlauch verschmelzen.
2) Der zweite Typus ist von dem ersten abzuleiten und aus An-
passung an den Dottergehalt des Eies zu erklären, indem sich djis
Herz zu einer Zeit anlegt . wo die Darmplatte noch auf dem Dotter
ausgebreitet uud uoch niciit zur Kopfdarmböhle zusammengefaltet ist.
3) Das Herz legt sich bei allen Wirbeltieren zuerst in der Kopf«
halsgegend hinter dem letzten Schlundbogen an.
4) Das hiütere, venöse Ende des Hcrzschiauchs nimmt das Blut
aus dem Kürper durch die Veoae omphalo-meseutericae auf, das
vordere, arteneile Ende gibt es dureb den Truncus arteriosus an den
KOrper ab.
5) Der einfache Herzsclilaucb geht bei Amnioten: a) durch
Krümmungen, Einschnürungen und Lagevcrauderuugeu und b) durch
Bildung von Scbeidewftnden im Innern in das aus zwei Kammern und
zwei Vorhöfen zusammengesetzte Herz über.
♦») Der gerade Schlauch nimmt die Form eines S an.
7) Der venöse Abschnitt des S kommt mehr dorsal, der arterielle
mehr ventral zu liegen ; beide setzen sieh durch eine enge Stelle, den
Obrkanal. als Vorbof und Kammer gegeneinander ab.
8) Der Vorhof treibt seitliche Aus^tfilpunpen , die IlerzohreUt
welche sich von hinten um den Truucuü arteriosus herumlegeu.
9) Die Sebeidewandbildung , durch welche Vorbof, Kammer und
Truncus arteriosus in eine linke und eine fechte Hftlfte abgeteilt
werden, fiepinnt von drei verFchii'iienen Stellen ans.
a) Zuerst zerfällt der Vorbof durch die Vorhofsscheidewand in
eine linke und eine rechte Hälfte; die Trennung wird aber wieder
eine unvollständige dadurch, dafs in der Scheidewand eine Durch-
brechung entsteht, das Foran^Mi <n ale, das Iiis zur Geburt offen bleibt.
b) indem die Vorhofsschcidewaud nach abwärts wächst (Septum
intermedium, His), trifft sie den Ohrkaual uud zerlegt ihn in das
linke und das rechte Ostium atrioventriculare.
c) Die Kammer zerfällt flurrh das von der Herzspitze aus ent-
stehende Septum ventriculi iu itne durch den Sulcus interventricularis
auch äufserlicb gesonderten Hälften.
d) Der Truncus arteriosus teilt sich in Pulmonalarterie und
Aorta dnri Ii Entwicklung einer besonderen Scheidewand, welche zuerst
oben be^uuit. nach abwärts wachst und sich mit der Kammerscheide-
wand vereinigt.
e) Die vollständige Trennung im Vorbof erfolgt ent nach der
Geburt durch dauernden Verscliluls des Foramen ovale.
10) Am Ostium atrioventriculare und amOstinm nrteriosum bilden
sich die ersten Anlagen der Klappen als uach luueu vorspringende
Verdickungen des Endokards (Enootbelkissen).
n. EntwieUung der grolhen Arterien dea Menseheii. 1) Aus
dem Truncus arteriosus entspringen sechs Paar Schlundbogengefäfse
(Aortenbogen), welche an den Schhindbofjen verlaufen, die Kopfdarm-
höhle umfassen und sich dorsal zu den beiden primitiven Aorten ver-
einigen.
2) Die beiden primitiven Aorten verschmelzen frühzeitig zu der
unftaaren. unter der Wirbelsäule gelegenen Aorta.
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408
Zwölftes Kapitel.
3) Von den sechs Paar Schlundbogcngefäfsen bildet sich das erste,
/weite und fünfte Paar zurück, das dritte liefert das Anfan^HstOck
der Karotis interna, der vierte Bogen wird auf der linken Seite zunoi
Aortenbogen, auf der rechten Seite zur Arteria anonyma braebio-
cephalica und zum Anfangsstück <kr Subclavia; der letzte Bogen gibt
Äste zur Lunge ab und wird zur ruhnnnalarterie. bleibt aber liTik»M-
»eits bis zur Geburt durch den Ductus Botaüi mit dem Aorteut>ügen
in offener Verbindung, wfthrend er auf der rechten Seite verkammert.
4) Nach der Geburt seblieDst sich der Ductus Botalli und liefert
das gleichnamige Band.
Von fler Aorta gehen zwei Paar Arterienstamme zu den em-
bryonalen Anhaugsorganeu, die Arteriac oniphalo-niesentericae zu dem
Dottersack, die Nabelarterien zum Hamsack und zum Mutterkuchen.
6) Die Arteriae omphalo-mesentericae dienen dem Dotterkreislauf
und verkümmern später uiit der Tlttckbildung des Nabelbläscbens.
7) Die Nabelarterien, welche mit der EntwiLklun^ des Mutter-
kucliens nnsehulicher werden, entspringen vom Lendenteil der Aorta,
ziehen m der seitlichen Btckenwaiid uaeh vuru. dann zur Seite der
Blase an der Innenfläche des Bauches zum Nabel und Nabelstrang.
8) Die Nabelarterien geben die A. iliaca interna zur BeckenhOhle,
die A. iliaca externa zur unteren Extremität ab.
9) Nach der Geburt verkümmern die Nabelarterien ztini seit-
lichen Blasennabeiband (Ligamentum vesico-umbilicale laterale), bis
auf ihr Anfangsstfick, das als A. iliaca communis bestehen bleibt.
III. Entwicklung der grofseu Yenen. 1) Mit Ausnahme der
unteren Hohlvene werden alle Venenstftrame paarig angelegt
2) Die beiden Venne jugulares sammeln das Blut vom Kopf, die
beiden Kardinal venen vom Bnmpf. besonders aber von den IJrnieren.
8) Jugular- und Kardinalveneu verbinden si( Ii jedpvseit> /m den
CuviEBScheu Gängen, die in querer RichLung von der seitlichen Kumpl-
wand zum hinteren Ende des Herzens ziehen, in eine Querfalte der
vorderen Runipfwniid. das Septum transversnm. eingebettet.
4) Die beiden Dottervenen siunnieln das Blut ans dem Dnttersack
und verlaufen vom Nabel au in dem ventralen Darmgekröse gleich-
falls zum Septum transversum.
5) Die beiden Nabelvenen sammeln das Bhit aus dem Mutter*
kuclien und verlanf ii von der Insertion der Nabelschnur anfangs in
der Bauchwand zum Septum transversum.
6) Im Septum transversum vereinigen sieb Cuviznsche Gftnge,
Dotter- und Nabelvenen zum Sinus reunicns, welcher später als selb-
ständiges (icliilde schwindet und in den Ilerzvorliot' einsezo^en wird.
7) Die Kardinalveneu verlieren an Bedeutung a) infolge der Kück-
bildung der Uruiere und b) dadurch, dal^ die untere Hohlvene das
Blut aus der unteren Körperhftlfte zum Herzen zurückleitet.
S) Die untere Ihdilvene entsteht mit ihrem oberen Teil als ein
unpaares Ciefäfs zwischen bei«leu Kardinalveuen und verbindet sich
darauf an der Kiumündungsstelle der Niereuvene mit der rechten
Kardinalvene, die sich so zum unteren Abschnitt der unteren Hohl-
vene umbildet.
0) Die CuviKKsclien (iänge mit dem Anfang der Jugularveaen
werden als obere Hohlveneu bezeichnet.
Digiii^cu by Lj
Die Organe des Zwischenblattes oder Mesenchymü.
409
10) Eine Agyminetrie der paarig aD gelegten YenenBtllinine wird
dadurch luM vorfjenift n . dafs sich die beiden oberen Hohlvenen und
die beiden KardiTnihenen in ihrer Mitte durch Queratämnie verbinden.
11) Da durch die Queranastonioseu das Blut aus den Stämmen
der linken Kftrperhftlfte in diejenigen der rechten Hälfte mehr und
mehr übergeleitet wird, bildet sich das Endstück der oberen linken
Hohlvene zurück bis auf einen kleinen, in der Kranzfurche des
Herzens gelegenen Teil, der die Herzveneu aufnimmt und zum Sinus
coronariiis cordis wird. Ebenso schwindet das Herzende der linken
Kardinalvene.
12) Aus patiripen Anlagon gehen so die un]vaare oberr Hohlvene,
der Sinus coronarius cordis, die V. azygos und hemiazygos hervor.
13) Die Dottervenen, die sfiäter nnpaar werden, eneugen, wenn
sich die Leber entwickelt, den Pfortaderkreislauf (V. hepaticse ad-
vehentes und rovrhciites).
14) Die Isabelvenen, von denen die rechte früh verkümmert,
gehen ursprünglich in der Rauchwand über der Leber zum Sinus
reuniens, dann bildet die linke eine Anastomose mit der Dottervene
II n t e r der Leber, wodurch ihr Blutstrom sich am Pfortaderkreislauf
beteiligt.
15) Aus einer Anastomose zwischen der Nabel vene und dem
Herzende der unteren Hohlvene entstellt an der unteren Fl&che der
Leber der Ductus venosus Arantii. was eine Teilung des Nabelvenen*
blutes in zwei Strombahnen zur Fol^o hat.
10) Nach der Geburt verküinmert die Nabelvene zum LimuneiUuui
teres hepatis, der Ductus venosus Arantii obliteriert; die Venae he-
paticao advrhentes erhalten ihr Blut nur noch vom Endstück der
Dottervene, der späteren Pfortader, welche das Blut vom Darmkanal
sammelt.
17) Das Septum transversum, in welchem die zum Herzen treten-
den Venenstömmo veilatifon. bildet don Aus^an? für die Entwicklung
dfs Zwerchfells und dos Herzbeutels uud .stellt zuerst eine unvoll-
ständige Scheidewand zwischen Bauchhöhle uud Herzbeutel brusthöhle
dar, welche jederseits von der Wirbelsäule noch untereinander zu-
sammenhllngen.
18) Zuerst sondert sich der Herzbeutel von der Brusthöhle a) da-
durch, dals die CuviEKschen Gänge (die oberen Holilven« n) anstatt
quer, immer mehr schWlg von oben nach unten verlaufen, sich vom
Septum transversum loslösen und das Brustfell zu der von oben nach
unten verlaufenden . nach innen vorspringenden Herzbeutelfalte er-
heben, b) dadurch, dals die Herzbeutelfalte mit dem Mediastinum
posterius verschmilzt, in welchem Speiseröhre und Aorta einge-
schlossen sind, wohei die oberon Hohlvenen in das Mediastinum mit
überwanden!.
lUj Die Brusthöhlen stellen eine Zeitlung <iorsal vom Herziieutel
links und rechts von der Wirbelsäule gelegene, rdhrenfömiige Hohl-
räume dar, welche die sich entwickeloden Lungen aufnehmen und
kaudalwärts no( Ii mit der Bauchhöhle zusammenbflnfipn.
20) Die beiden Brusthöhlen treuueu sich von der Bauchhöhle,
indem der dorsale Rand des Septum transversum mit Bauehfellfalten
der hinteren Rumpfwand (den Pfeilern UsKOWS) verschmilzt.
21) Das Zwerchfell setzt sich ans einem ventialen Teil, dem
Septum transversum, uud einem dorsalen Teil, den Pfeilern, zusammen.
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410
Zwölites Kapitel.
22) In dits Sdptum traiMversum sowie in das mit ihm zusammeD-
häDgende Mesopastrium anterius wächst die hehiT Ihm ihrer ersten
Anhit'p hinein, löst sich aber später von ihm ah und hh iht nur uoeh
durch inreu BHUchfellüberzug, das Kranzhand uud eiiien Teil des
Ligamentiini Ruspensorittm mit dem Zwerchfell verbnndeii.
Eiitwielüiaiig des Skelette«
A. Die Wlrbelflftole. 1) Man unterscheidet drei verschiedene
Eotwicklungsstufeü : a) die häutige Wirbelsäule mit Chorda dorsalis
(Kücken Saite); h) die knnrpelifie und c) die knöcherne Wirbelsäule.
2) Die Chonia entwickelt sich aus einein unterhalb des Kerven-
rohrs gelegenen Zellenstreifen des inneren KeiraUattes (Chorda-
entoblast, Chordaanlage) und trennt sich von ihm durch Absclinfining
(Chordafalteu).
3> Die Chorda bildet einen aus blasigen Zellen zusauiuien-
gOMtzten, von einer festen Scheide abgegrenzten Stab, der unterhalb
des MittelhirnMiischens (in der Gegend des Späteren Türkenaattels
der Schiidelbasis) beginnt und bis ins Schwanzende reicht.
4) Als bleibende Skelettaulage findet sich die Chorda nur bei
AmphioiQS nnd den Gyklofttomen.
5) Eine knorpelige Wirbelsäule bleibt nur bei Selachiem und
einigen Ganoiden bestellen l ei den übrigen Wirbeltieren spielt sie
nur als Vorläufer der Kiiodieiueu Wirbelsäule eine Bolle.
(i) Die knorpelige Wirbelsftnle entwickelt f^ieh durch histologische
Metamorphose nus embryonalem Bindegewebe, das a) als skelettogene
Chordasciieide die Clinrda f^inschliefst, b) um das Kervenrohr eine
Hülle (häutige Wirbelbo^en) herstellt, c) zwischen die Myomeren die
Ligamenta intermuscularia entsendet.
7) Der Verknorpelungsprozefs beginnt zu beiden Seiten der Chorda
und bildet um sie einen knorpelring, den Wirbdkörper. von welchem
der N t'rknorpeluugsprozels sieh in der hiUitigen Hülle des Nerven-
rohrs ausbreitet, die Wirbeibügcii liefert uud mit der Entstehung des
Wirbeldorns seineu Abschlufs findet.
8) V.r-t diireli die Verknorpelung der Rkelettbildendcn Chorda-
scheide erluiirt das Achsenskelett eine (iliedernng in einzelne Wirbel-
abschuitte dadurch, dai's Reste <les MuUt>r{;e\vel>es nicht verkuorpeln
und zwischen den Wirbelkörpem zu den Zwischenwirbelscheiben,
zwischt n den Bogen zu den Ligamenta intorcruralia etc. werden.
9) Die Segmentierung der Wirbelsäule i.st in Abhängigkeit von
der Segmentierung der Muskulatur entstanden in der Weise, dal's
Sk^ett- nnd Muskelsegmente miteinander alternieren, und dafs die
neben dem Arhsenskelett gelegenen Li\n<ismuskelfjisern sieh mit ihren
Enden an zwei Wirbel ansetzen uud sie gegeneinander zu bewegen
imstande sind.
10) Die von den knorpeligen Wirbelkftrpem eingeschlossene
Chorda wird in ihrem Wachstum gehemmt und bei den einzelnen
Klassen der Wirbeltiere in verschiedener Weise rückgebildet : bei den
Säugetieren verkümmert ihr Abschnitt im Wirbelkörper vollständig,
während sich in der Zwischenwirbelscheibe ein Rest alsGallertkem erhält.
11) Die knorpelige Wirbelsäule wandelt sich bei den meisten
Wirbeltierklassen in eine knöeliHiiu' um dadurch, dafs das Knorpel-
gewebe zerstört und durch Knocheugcwel>e ersetzt wird.
Die Organe des ZwiscbenbUttes oder Mesenchymi.
411
12) Jede knorpelige Wirbelanlage verknöchert beim Mensehen
von drei Kernen aus, von einem Kern in dem Körper und von je
einem Kern iü «Icn Bogen. (Später noch accessorische KnochtMikcrnc.)
13) Zu uUeiu Wirbelsegment gesellt sich ein Paar Kippen hinzu,
welche dural einen Verknorpelungsprozefls in den Ligamenta inter*
muscularia ihren Ursprung nehmen.
14) Beim Menschen bilden sich die verschiedenen Abschnitte der
W irbels&ule durch Metamorphose der Wirbel- und Rippenanlagen.
a) An der Brustwirbelsilttle gelangen die Bippen zu voller Avs-
bildung, verbreitern sich zum Teil mit ihren ventralen Enden nnd
vereinigen sieh zu den beiden Sterualleisten, aus deren VerFchmelzung
das unpaare Brustbein hervorgeht (Fissura sterni).
b) An der Hals- und LendeuwirhelsAule bleiben die Rippenanlagen
klein und venehnielzen mit Auswflchsm der Wirbel, mit den Quer-
fortsi\t7en. ZU den Seitenfortsatzen. Hierbei erliiilt sieh am Hals
zwischen dem Querfortsatz und dem Hippenrudiment das Foramen
transversarium für die Vertebralarterio.
c) Atlas und Epist.ropheus nehmen eine besondere Gestalt dadurch
an, dafs sich der Körper des Atlas von seiner Bogenanlage getrennt
erbRlt . dagegen sich mit dem Kftrper des Fynstrophens vereinigt
und seinen Zahnfortsatz (iarsfellt (Kuochenkeru im Zahufort^atz).
d) Da« Kreuzbein geht aus der Verschmelzung von fünf Wirbeln
und von den zu ihnen gehörigen Sakralrippen liervor» welche durch
ihre Versf hmelzunpr die Massae laterales erzeugen.
R. Das KopfKkelett. 1) Per Sehadel durchläuft wie die Wirbel-
säule drei Furmzustände : a)hnutiges, b) knorpeliges Primordialcranium,
c) knucherne Schildelkapsel.
2) Das hflutige Primordialcraniura besteht: a) aus dem vordersten
Ende der Chorda , welche bis zum vorderen Rand des Mittelhirn-
blüschens reicht, und h) aus einer Bindegewebsschicht . wclehf als
skelettogene Schiclit die Ghordu umgibt und nach oben eine iiuuLige
UmhttUung um die fanf Hirnblasen liefert.
3) Durch gewebliche Metamorphose des hftutigen Primordialeranium
nimmt das knorpelifre seinen ürsprunp.
a) Zu beiden Seiten der Chorda legen sich zuerst zwei kuor[)elige
Parachordalia an, welche alsbald von oben nach unten die Chorda um-
wachsen und sich zu einer Knorpelplatte verbinden.
b) Nach vorn von den Parachordalia treten die KATUKKsehen
Schädelbalken auf, vereinigen bich bald an ihren hinteren Enden mit
den Parachordalknorpeln , verbreitern sich an ihren vorderen Enden
und verschmelze zur Ethmoidalplatte ; in ihrer Mitte bleiben sie
lungere Zeit getrennt und umfassen die Hypophysis (Gegend der
Sattel grübe).
c) Von der so eutstaudeuen knorpeligen Schädelbasis aus greift
der Verknorpelungsprozefs wie bei der Fntwicklunn der Wirbelsäule
zuerst auf die Seitenwand, zuletzt auf die Decke des häutigen Prim-
ordialeranium über und nimmt hierbei zum Teil die höheren Sinnes-
organe in sich aul.
4) Bei den Selachiem stellt das knorpelige Priraordiolenmium
eine bleibende Bildung dar mit dicken Wandungen ; bei den Säuge-
tieren und lu ini ^fervchen dafjepcn dient es zur Grundlapie für die
an seine Stelle treteude knöcherne Schädclkapsel ; es ist daher auch
Digiii^uu by G(.)0^1c
412
Zwölftes Kapitel.
weniger als bei den Se1a4;hiern entwickelt, indem nur Basis und
Seitenteile knorpelig sinri. wilhieiid die Decke fprftÜ^ere, durch häutige
Meuihranon vpischlossene Lücken aufweist.
b) Aiii kuorpeligea Primordialcranium unterscheidet man: a) nach
seinem Verhalten zur Chorda einen vertebralen (ehordalen) und einen
rvrrte1)raleii (prächordalcn) Abschnitt; h) nach ReziehuiippD zu den
Siniusorgauea eine Ethiuoidal-, Orbital-« Labyrinth- und Occipital-
regiuu.
0) Wie sich die Rippen als untere Bogenbihiungen zu der Wirbel-
säule hinzugesollen, so verbindet sich am Kopf das Visceraldielett mit
dem Primordialcranium.
7) Das Visceralskelett setzt sich aus gegliederten Knorpelspangeu
zusammen, die durch Verknorpelungsprozesse in den h&utigcn Schlund*
bogen zwischen den Schlund- oder Kieraenspalten entstehen.
8) Die knorpeligen Schlundhoijen oder VisroTalbnL'»>ii sind nur hei
niederen Wirbeltieren (dauernd bei den beiaciiicru; wohl entwickelt
und werden nach ihrer Lage and Gestalt als Kieferbogen, Zungenbein-
bogen'und Kicmenhogen, deren Zalil schwankt, unterschieden.
0) Der Kieferbogen zerfällt in den knorpeligen Oberkiefer (Talato-
quadraturii) und den knorpeligen Unterkiefer (Mandibulare); der
Zungenbeinhopen in das Hyomandibulare, das Hyoid und die unpaare
Copula.
10) Bei den Säugetieren inui hritn Mcn'^chen wird ein knor])e1iL'»'-<
Yisceralskclett nur sehr verkümmert angelegt und wandelt sich in die
Gehörknöchelchen und das Zungenbein um.
11) Im häutigen Kieferbofzen entsteht: a) der Ambofs, welcher
dem Palatoquadratum ni' ipr Wirbeltiere entspricht; b) der Hammer,
der Repräsentant des Gelenkteils des knorpeligen Mandibulare; c) der
MECKKLSche Knorpel, der dem übrigen Abschnitt des Mandibulare
entspricht, sich aber später vollständig zurQckbildet.
12) Df r häutige Zungenbeinbogen liefert: a) in seinem nherstcn
Teil den bteigbtlgel , b) den Grit^elfortsatz . c) da? Ligamentum
stylohoideum, <l) das kleine Horn und den Zuugeubeiukörper.
13) Der dritte häutige Schlundbogen verknorpelt nur in seinem
untersten Abschnitt zum grofsen Horn des Zungenbeins.
14) Das rrimordialcraniuni /ciijt auf keinem Stadiuni seiner Ent-
wicklung; eine Zusammensetzung aus Segmenten wie die Wirltelsäule.
15) Die ursprOnglicbe Segmentierung des Kopfes spricht sich
allein aus in dem Auftreten mehrerer T^rsegniente (Muskelabschnitte),
in der Anordnung der Ilirunerveu und in der Anlage des Visceral*
Skeletts.
Id) Das Primordialcranium ist also eine unsegmentierte Skelett-
anläge in einem anderweitig segmentierten Körperabschnitt.
17) Die ^'erknöcherung des Kopfskelctts ist ein viel komplizierterer
Prozefs als die Verkuöcherung der W irbelsäule.
18) Während sieh an der Wirbelsäule nur Knochen einer Art
durch Substitution des Knorpelgewebes entwickeln, sind bei der Ver^
knöcheriing des Kopfskeletts zwei verschiedene Arten von Knochen,
primäre und sekundäre, zu unterscheiden.
19) Die primären Kopfknochen entstehen aus knorpeliger Grund-
lage, wie die Knochenkerne in der knorpeligen Wirbelsäule.
2*1) Die sekundären Knochen, Beleg- oder Deckknochen, entstehen
auiVerbalb des primordialen Koitfskeletts aus bindegewebiger Grund-
Digiii^uu by G(.)0^1c
Die Organe de« Zwischenblattes oder Me>eiicli7iDi.
413
läge als Haut- und Schleiniliautverknöchcninp'on und sind bei niederen
Wirbeltieren Teile eioeB aber den ganzen Körper verbreiteten Haat-
skeletts.
21) Die Belegknochen entwickeln sieh id eiozeluen Fällen, die
man als die ursprQn glichen auffassen kann, durch Vorschmelzung
der Basis zahlreicher, in der Uaut und Schleimhaut entstehender
Zäbocben.
22) Primftre nnd sekundäre Knochen erhalten sich auf spftterra
Statlit'u teils p trennt, teils verschmelzen sie untereinander saKnoehen-
koinplexen. wie das SchlAfenbein und das Keithein.
23) Vom Primordialcranium bleiben nur unbedeutende Reste als
knorpelige Nasenscheidewand und als Kasenknorpel erhalten.
C. Das Extremit&tenskelett. 1) Das Skelett der GltedmafKen
legt sich mit Ausnahme des Schtttsselbeins, dess> :i l iitwicklung manche
EigentOmlicJik« itf'Ti zeigt, in knorpeligem Zustand an (knorpeliger
Schultergürlei, knorpeliger Beckengttrtel, Knorpel von Arm und Bein).
2) Die VerknOcherunff erfolgt in derselben Weise wie an der
Wirlielsftule and am Primordialcranium von Knochenkerneu aus unter
Zerstdrun^ nnd Ersatz n^-^ Knori)elpewelK s duicli Knnehenfieweh»'.
3) Die kleinen Knorpel der Fuls- und Handwurzel verknöchern
zum grftferen Teil von einem Kuocbenkern aus, die gröfseren platten
Knorpel des Schulter- und Beckengbrtels von mehreren Zentren aus.
1) Die knorpeligen Anlagen d<n- TNilireiilctM^chen verknöchern
zuerst in der Diaphyse, wahrend ihre beiden Enden, die Kpiphyaen,
lange Zeit knorpelig bleibend, das Längenwachstum vermtttelu.
5) Die knorpeligen Kpipbysen beginnen beim Menschen teils
im letzten Monat vor der Geburt, teils erst nachher von eigenen
Centren aus (Epiphysenkemen) zu verknöcliern.
(I) Die Verschmelzung der knucherneu Diaphyse und der knöchernen
Epiphyseu erfolgt mit Beendigung des Längenwachstums des Skeletts
unter VerdranfiunK des trennenden Knorpelf^cwebes.
7) Vor beendetem Wachstum lassen sich die Röhrenknochen in
ein Mittelstück und zwei knöcherne Kpiphy>enscbeibeu zerlegen.
8) Von der Knorpelanlage eines Röhrenknochens erh< sieh nur
ein geringer Rest als Überzug der Gelenkenden (Gelenkknorpcl).
9) Die Markhöhle der Röhrenknochen entwickelt sich durch
Resorption der im Knorpel zuerst gebildeten, spongiöscn Kuochen-
substanz.
10) Wahrend die Gelenkenden der knorjielig angelegten Knochen
von hyalinem Knorpel überzogen sind, zeigen die Gelenktlilchen der
Knochen biudegewcbigen Ursprungs (Belegknocheu) einen Überzug
faseriger Bindesuhstanz (Kiefergelenk).
Digiii^uu by C(.)0^1c
Register.
Abortiveier 2L
Acervulus cerebri 23iL
Achscn-^kolctt SfiiL
AdtTj^etlfCht, hintere^ 275.
AdergeHecht, Tord»rcx 22L
Adergetlecbt, Mitlicb«» SäiL
Advrgeflechtsfalte 2M.
Adergt'flechtsturche 205.
Afteranlape 175, I78j 257.
Aftergrube 17li.
Aftennembran 177, 179, 253.
Albuinen dm HtthnereJ«« 11,
IM.
Alecitbale Eier !L
Allantois der KfptiltM und
Allantois 4m- SAagotier«. dra
M. n.i t., n 140. 155, 254.
Allantuiskreislauf 354, liZifi.
Ainbos IkJS. »
Amtnonsfalte
Ammonsfurcbe l'H4. 2jiÄ.
Antmonshoru 284. 2äfi>
Amnion dfr Ue|>tilicn nnd
vftgM laij 135.
Amnion d«r siairet(»r# 140.
Amnion dt» Menschen 155,
157.
.Vmnionfalte l.'tM.
Amnionscheidu der N*b«l-
■ehanr 15«j 162i
Amniontiere (AiDniot«n) 171.
Amnion waüscr i^* Menschen
1.57.
.\ltlpulle dor kMlbkr«-i.fAn»)K<on
Kanäle
Ananuiia (AmnionloM') 170.
AnimalculiKten HL
.Animaler Eipol L
Aniniale Zellen d<«« Keim«^ ÜL
Aorta candali.'^ 3<il.
Aorta, i.rimlliTf •'V>4. 359.
Aorta, bleib*nilii Mb, 'MS.
Aortenbogen .{-"»tf. 3.'>9.
A i| uaeduct US S v Iv ii 272, 276.
Arbeitsteilung tili.
Area cmbryonalis RL
Area npaea Sii»
Area pellucida äfi.
Area vasculosa 119-
Arca vitellina 122.
.\rteria carotis :{ü8.
.\rteria centralis retinae
295. 298. '.m.
Arteria hyaloidea 298.
Arteria iliara .'^fiO.
.Arteria ompbalo -mesen-
terica 354^
Arteria perforans stapedis
Arteria pulmonalis 345.
348. 359.
Arteria sarralis media .381.
.\rteria spcrmatica 244.
Alteria subclavia ^i5H.
Arteria umbilicalis 169, .356.
Arteria vertebralis 3^
.Arteriensystem 357.
Ascensus inedullae spinalis
Atlas m
Atresia pupillae congenita
298.
Atrioventricularklappe 'U4.
Atrium bursae omeulalis
2as.
Auge 223.
-Augenbecber 294.
Augf'nhiase 293. ,
Augeubltiftcnäticl 2äL
Augenhäute 222.
Augenlid 3fi4.
.\ugenkamiucr 299.
.Augenspalte 295.
.Aurii ulae cordis .344.
I Aurserc tJeschleebtsteile
.\ufseics Keimblatt ßiL
Orgare d«-M9lben 2('>.'i.
Balpdrüsen der Zunge 199.
Haiken 'ML
Ltasnl]ilatte Pla<>>nt« at«rina
lt>r,.
Bauchspeicheldruse 2ÖS.
Baucbstiel »«ntchlic^cr Km-
br]roo«n 154. 171.
Beckendannhfthlp 13L
BeckengQrtel 401.
Befruchtungsprozels 2L
Belegknochen iiSl.
Anfkiblnng demelben 328.
Bildungsdotter iL
Bindegewebe, fibrillAr«« 337.
Bindesubstanz 117, 121.
Biogenesis
Blaatula 35, 2iL
Blinddarm m
Blutbildung US.
Blutgefil&system 338.
Blutinseln, Blutpunkte 121^
35».
Blutkörperchen , «mbryonftl«»
12L
Blutkreislauf, einhchn 345.
Blutkreislauf, dopp#lt«r 345.
359.
Branchiomerie 394».
Brück« 225.
Brückenbeuge 271.
Brustbein 323.
liiustbeinleisten .373.
Brusthohle 352.
Bursa omentalis 187.
Colcar avis ^ m
Canalis auriciihiris 344.
Canalis hyaloideus 2*.»'^.
Canalis incisivus 322.
Canalis neurentericus im
Amphioxas 62; in AniphrbiM
79, 17ti; der Vöjri. Rep-
tilton f^te, 101, 104; der a^ngr-
tiero 1(13; doc MeuKshen 104.
Canalis reunicns 31iL
(Janali K utriculo-saccularis
311L
Cardinal venen siehe Kar-
dinalvenen.
Caruncula lacrimalis 'VA.
Cauda equina 268.
Cavuin tynipani 316.
j - -
Register.
415
Centralkanal «le« RtekeBmarkn
2fiL
Centralfarche de* Oroikhtni«
287.
Centrolecithale Eier 12.
Centrosoma 2L
Cbalazen IL
Chorda m
Chordaanlage 6T lüL
Chonlakunal 1^ liß.
Chordarinne im Amphiosna
fid; der Ampkibl«« 7t).
Chordascbeide, «knietofeB«
m
Chorda tjmpani 817^ iJÖL
Cboriorapillaris iiD2.
Chorioidea 302.
Chorioidealspalte 302.
Chorion der Sia^etkerf lAiL
Chorion dn« Moaxhen 15.S,
Cborionepithel 165.
Chorionzotten 14<i.
Chromatin dM Ker» HL
Chromosomen 2i
Cicatricuia iL
Ciliarfottsät7!e,Ciliarkön)pr
■SQQ.
Clitoris siehe Klitoris.
Cloakc, Cloakenmembran
siehe Kloake.
Coelenteron 65.
Coloboina chorioidcae 803.
Colobuina iridis 'WS.
Conarium 'Jüh,
Conus medullaris 2fiL
Corium 325.
Corona radiata d<w Eies L
Corpus luteum 240.
Corpus papilläre 825.
Corpus striatum 2M.
Cortisches Organ Hll.
Cotyledonen siehe Kotyle-
donen.
Crista acustica SOT, 31L
Cuti.splatte IIS.
Cuviersche (iänge ;S51, 352,
3^>1.
Damm 257.
l)arml»ein 401.
Darmilottersack 132»
Dariiidrüsenblatt gg.
Dannt'ollikcl 2IL
Hann leibeshohle 65.
Dannnabel 133.
Daniipforte IM»
Darmplatte 122.
Dann rinne IIÜ.
Darmrohr 125.
Darmschleife 185, IM
Darmstiel 1112.
Decidua 148; df» Meniehrn
153, 158; retlexa 153.161;
serotina 153, 161; vera
1 :>:'.■
Deciduazellen 160.
Deckknochen 887.
Dentale SM.
Descensustesticulorum 2ÜL
Descensus ovariorum 25'J.
Deutoplasma 3.
Diaphyse (Dwpkywnkm)
403.
Diencephalon 269, 222.
Differenzierung, biNtoioginche
62j 33S.
Di^yodont 194.
Discut« proligeruR ^ 239.
Diverticulum Nuckii 252.
Doppelbildungen 5&
Dotter (DotterplUI«beB) 3.
Dotterblatt 88.
Dottergang 182^
Dotterhaut iL
Dotterhof
Dotterkerne iL
Dotterkreislanf 354.
Doiterpfropf 70j 1Ö5,
Dottersack 1287132,
Duttersack dm MeiiMken 157.
Dottersvncytium 41.
Ductus' Botalli Ä 308.
Ductus corhlearis 308.
Ductus Cuvieri 351, .S52.
im
Ductus cndolvmphaticus
308.
Ductus lingtialis 2ÜL
Ductus pleuropericardia-
rus 352.
Ductus .Santorini 208.
Ductus venosus Arantii
366.
Ductus vitello- intestinalis
132.
Ductus Wirsungianus 209.
Du raischeide itm f^YLnrnm
303.
Durchbruch dw Z&kn<> 19ti.
Ei 3; dor Anpbllit»!) 8^ 35; j
der Echinoderroea 3j de« .
Monnrhen 7^ ron Aecari« 21 ; 1
der .*«i4n|it»tier» x; d«r V*gel 8.
Eidotter 3. ,
Eierstock 235. I
Eihäute ^2. '
Eihäute, hinfiiiiKo 153.
Eihügel 232.
Elhüllen der Reptilien und
V«Kel Liß. 133; dfr S«n(Miet»
140; de- MeiuieheB 150.
Eiki'rn 2iL
Eileiter dw Hnhns IL
Eileiter de» Menscboo 1^5 1 .
Eiiicster 237.
Eiweifssack beim Hühnerei
Eizelle 3; bolobla-üschp 34; .
Di>Tobluti!-ehe iM.: kli'Citbale
6j eentrolMitbal« 12l Mo*
UcithAle 2.
Ejaculat 15.
Ektoblast 65.
Ektoderni 65»
Embryonalbezirk 12S.
Embryonalfleck tlL
Embryonalschild äL
EmnfangnishUgel 2iL
Enilocard 3:^U.
Endolymphe de» Geböroryma«
307. '
Entwicklungsprinzipien 5L
Entoblast (>5j Entoaerm ß5»
Enterocol 22.
Epidermis 22A.
Epididymis 244.
Epigenese 2.
Epiphyse (Epipbr*enkern)
Epistropbeus 375.
Epithelmuskelzellen 21fi.
Epitrichinm 324.
Eponychium 3^
Epoophoron Ü50.
Ersatzhaar 327.
Ersatzzähne 194; de« M«ii-
Hcben 197.
Ethmoidalregion dr« s«bideb
379.
Eustachische Röhre 3LL
Evolutionstheorie 2.
Extremitäten, Skelett .398;
Mtbkeln 398; Herren 3Sä.
Faltenbildung 5g^
Faltungsprozefe 58.
FeiMur 4114.
Fibrin, kan»li«iert«« der PIs-
Cent« l<i,5.
Fibula MiL
Fissuren de« Oebira* ^i.
Fissura cerebri transversa
286.
Fissura calcarina 284. 28fi.
Fissura chorioidea •J84. 205.
Fissura hippocampi 284,
285.
F'issura (ilaseri ,391.
Fissura petrotympanica
391.
Fissura parieto-occipitalis
284.
Fissura stemi 373.
Filum terminale 2R8.
Flügelbein 393. ÜSL
Follikelbildung dm EierKt«ek<i
23L
Follikelzcllen 23fi.
Foramen coecuni 201.
Foramen ovale 346, 3.'»ö, 3fi8,
Fitramen parietale 2IiL
Koramen incisivum iU12.
Foramen Panizzae 349.
F«)ramen Monroi 28;<.
Foniix '284.
4h)
Register.
KoHKS Svivii '^h4.
Krcttim 'Ualli-ri M4, m
Fru( hthol MlL
Krurhlm-Iuniere H24.
FriH'hlwiiHHer <1m lli-n<(b*ii
157.
Ktiniciiiiis umbilicalis 158,
FurchungHh<ihle
FurrliuiiKskcrn 2L
Fiir(-h(ing!>|)ro7.erN Ul ; liqaai^r
dUeoidaUr HH: parti«lter, «upiT-
FlirchiinKKscIu'ina
FurHwurzclknocIu'ii 402
OallenRung 2u;L
(iallonblasü 'Ml
(iallertgewebe 'XUi.
(iallürtkcrn d«r Krbinodi>rm«ii-
(tullertkcrn der Zwixhcnwirbel-
MChribvn 871.
GaiiKlioii Bpiralü !U 1.
(innKlioii Aciistii iiiii H06.
(iai tllc^^cht> Kanäle 2^
(iaütrilla d«* Amphioxa* VA\
der Amphlbiao 70; d)>r 8t>U-
cdlxr H3 ; d»w ||(thnchi<D» HO'.
drr in«'roblaiti^ch»n Eier 8ij;
der K»|iUlira Hi>^ dM •S4aca-
(iainncii .'{'J'^, 'tH4.
(lUiiineiibcin .'M:». :iflO.
<iniinioii|)lutt4> :^S4
(faillllL'IlSfgel, pr.miiiTf 179.
'28 1.
(iaumenspHlto 821.
(icliikriiiiiltcr •-'■'") 1 .
(;t'likf>bildung LÜL
(n'tiifs»'n»l(»tbfl USL
(irlursliaut a-r Llni><> '^1.
liotafshol lüL
(iftarnklliUiel d«r Umiorv 2-'t0.
(lOlufsklllllU'l dt^ Vomirr.« 2'.'<).
(M'hirn
(teh>»i km<i'bt'li'btMi317, :t,S'>.
(ii'boiorgan :<Ort.
(iokio-«t' 1S4.
Ui'lbor I»ottor Iii
UrlbiM- Körper d»* Eirrttock.
(loh iikbiMung 40,'i.
(ioU-iikknoriH'l 40;t.
(u'iiHaKlraiip 244.
(iiTUt h>ci ub« bt'u •'^IS.
lu'nub>UI>yrinth
l.rrii»bst>ri;aii •U'-'.
(M'srbU'ol»t>I;>lton 'J-'»".
»M ,>blfv btsboi kt-r •-'■'»•'>-
(iocbltM blMTiiaui' 2J4.
(m'x lil> « ht^i mno •->■"»."»-
(n'^i lllt i hl>>lt;lH;:i' der l r-
(iCschlcchtSteii d«r Cmicto
244. 24iL
(ie(.chlecbti>tpile, iofa«« 2ää.
Cm'»( blechtawulst 257.
üesicbtKi>cbäael 38:^-
Glandula pinealis 278.
(iiandulae utrinilares l/tfl.
Glaskörper 294. 2011
Gliedniar»trn iiiiäx
(ilomeniltlH der Draiar«
(ilomeruluK dar Vomirr«
22ü
Graat:>cbe U]ät>chen dar
Grenzrinne 129.
Griflfclturtsat/ «W5.
GrofMbirn 2H:l
(iubernaculutii Hunteri
24Ü
Gvri 213.
Huftrl)alR M2(i
llaare :{2.').
Ilaarkciin i{25.
Ilaarpapillc 32iL
Haarw«-cb»el 321
Haarzwiebel M26.
llaftwurzeln d<« Chorion 16H.
Hugelbchnüre LL
llabneniritt 9.
Ilalbkreii>t<>rniige Kanäle,
b-iuti^ tH)8; kD6cfaorai' tUlL
Halsbuibt
IlabHsteln IM.
Malxhöhle :j41^ 3aL
Halsrippe 3LL
Halswirbel 374,
Hammer 385, 390. m
Handwur/elknochen 402.
Harnblase 2."i.'>.
Harnleiter im. 2bL
Harnorgane 1^24.
Ilarnroure 'J^S.
Harnsaik der RepUlipn nnd
V«(<>l 13r>: drt .Siagrliora 140:
dm M<>s>icb«n 1 55.
Hasenst barte 3'J.3.
Hassallsebe Kor]»ercben
dar Thyma« 200.
Haut 321
Hautdottersatk 132.
Hautiiie Obrkapsel
Hauinabel 133,
Hautskelett HS'^.
Hautstiel 132.
Hiini>pbarenblaschcn 269,
Henufipbarenspalte 2>6.
HeniuiuMv:smir>bilduußen
2ü 2iS. 259. 302,
373. .-vVS.
HensenM her Knoten l^L
H «' rill a p bi > ' I i 1 1 1 > ni II s --'v^
Hei/ ük 1^
ller/lit uttl ■ w >0.
Herzbeutelbrusthöble 351.
Herzbeutelfalte 352.
Herzkontraktionen 3.'>4.
Her/.endothel (Ab*uminw«)i
121.
Her/gekröse 204. 'iSd.
Herzohren M4.
Hfxentnilch 3:t0.
HighiMoi>huhU' 3l'3.
Hinterbaupttibeiii 390.
liinterhauptsUppea 2ää.
HinterbirnbläscheD 274.
Hiriiiinbant: 2r^0.
Hiinlilahi'u 2'»s.
Hirnblasen, t<r*t* 277; iweit«
27f); dritte 274.
Hirnmantel 273.
Hirn>aiid 2Iä.
Hirnschlitz 222»
Hirnntamm 223.
Hoden 2iL
Hodensark 2^
Hörbläseben der Wirbeltier«
30r» : dar WirbelloMü 307.
Höriieck, Horleisle ML
Hörgrübchen 30H.
Hörner da« SaiWnTrDtrik«-!«
Hörstein 307.
Hohlvene, unUr«- 'i»)2; ober»
3li2.
Holoblastij^che Kier Ms
Hornblatt 2li^
Hornhaut
Howtihipscbe Grübchen
198.
Hüllbildungen de8Hodaiu2i^
Humerus 404.
HunterseheK Leitband 24ii.
Hydatide da« X»banbftd«ia« 24fi :
d#« Eilaiterw 1 .
Hydramnion 1")7.
Hyoid m
Hvomandib-jlare 3^
: Hypuphysis 200.
Hypophysensäckchen 281.
Hypophysemasche 281.
Hypospadie 25ä.
Jaeobßonscher Knorpel
323. .379.
Jacobsonsches (trgan 322.
Idioplusma AI.
Implantation d#> nuB^cbUek*«
v.l.* 1 .'>•-'■
Inlundibuluni 277.
ln:>el ilnsula Heiiii)
Insertio ceniraliii, margi-
nalis. velamento&a dar
m^atcblt bau !fabrVicki«r lfi8.
IntervilKtse Käume dar Pi«-
<»eta 167.
Intraplarentar^ Häume 1^7.
lntun)e<centia cervicalis u4
liinib.ili!; 26^.
Register.
417
ltitnine!<centiagaugliifoniiis
Scarpae 811.
.Jochbein aö£L
Iris ML
Irisspalte 2ü2.
.Jiigularvenen 3<il.
Kamnierscheidewand m8.
Kardinalveneii 361^ 8(i8.
Karunkel i^-* uunxii^hlviAt»
Kehlkopf 2(12.
Keilhein
Keimbliischen 4, IH.
Keimblase HSj 38. 4a, 142.
Keimblasencueloni 132.
Keimblätter 02; d«s Am-
pbioxn« 64; d«r Anpbibien 69^
der \(ig<>\ and K^ptilien 80: d<>r
Fi»ebo aX ; der S4iigotior«i SiiL.
Kelmepithel 2.'{5.
Keimtieck ä,
Keimhaut M<
Keimhoble IM.
Keimkeru 2L
Keimscheihe 9j .ISS. I
Kernsegment 23.
Kieferbogen -tSi^.
Kiefergelenk, prinuircH 394; ,
wknadare« 394.
Kieter^palle 393.
Kienienartcrien 3.'>8. :
KiemenblattL-hen IHI I
Kiemenbogen 181. 'Miü.
KieniendeckelfortHatz 1H.3.
Kiemenlurchcn IHI.
Kiemens palten
Kiemen VfUüu 3.'>8.
Kindspeth 208^ \
Kleinhirn '^'7.'>- ,
Kleinhirnaulagi- 275.
Klitoris 2.')7. '
Kloake 203.
Kluakenineiiibran 2.">^t.
Kniescheibe 40,*).
Knofhengt'webe 3:iH.
Kno«'hfnkern :H7'i.
Knörhernes Labyrinth 312.
Knorjielgewebe •{37.
Kolbenhaar
Konjunktivalsatk ;ffl4.
Konkresceuz liß.
Kopfln-uge '271.
Kopfdaruihöhle
Kopffaltc. Kopfhöcker 129.
Kopffortsatz d.>« Primiti»-
strott'pTi» 9K.
KopMiopker 122.
Kopfhohkn 39ri.
Kopfseheide li^^.
Kopf>egmente lü :I90.
Kopfskelett 37.').
Körperform , Kntstchung
Ldfi.
Kotyledon der Eihaot« d*r
WuMlfrkiiucr \4^.
<• II. itwiL;, Kl.-iiienti
Kotyledon der ia<>R!<c)ilich(>n Linsen Wachstum 297.
PWnU 163, m
Kranxband dnr Leb«r 3ö:^.
Kreuzbein 374.
Kryptorchismus 24H.
Lippeiispalte 39.3.
Liquor amnii K-t.*).
Lifjuor folliculi 239.
Lobus frontalis, teniporalis
285.
Labia maioran. minora2.57. i Lobus parif tali^, nct ip.285.
Labyrinth , bintig«» , 307 : [ Lobus ollactorius '2HH.
knöchern«« 312.
Labyrinthanhang 308. I
Labynnthregion de« Schidoh
m 382.
Lamina spiralis ossea 31.'i.
Laniina fusca 302.
Laraina terminalis 28:^
Lanugo '32SL
Lappen des Grofshirns 285.
Luftkanuner dwi HAhMr«i«s
Luftröhre 2Ü2.
Lunge. Lungenanlage 202,
m —
Lung«!iiulveolen, Luftzellen
Lungenblaischen 203.
2^ Latcbra des Hühnereies HL Macula acustica 307. 311
Leber 2äL
Lebercyliuder 2tifi.
Leberkreislauf .'{fi.'V.
Lecifhophor SK.
Lederhaut 32ö.
Leibeshohle 69: .-luffMsrembryo-
n*i« 132.
Macula germinativa 3^ 5.
Magen 184.
Magensaftdrüse 210.
Mamma -M^tO.
.Manimalia deciduata 149;
indecidiiata 149; achoria.
choriata 171.
Leistenhi'nd d« iJmiw 243, Mandibulare 38: {.
m
Leistenkanal 24S.
Lendenwirbel 374.
Liebet kühnsche Drüsen
210.
Ligamentum Arantii 367.
Ligamentum Hotalli 369.
Ligamentum coroniirium
hepatis 3.''>:t.
Ligamentum hepato-gustri-
« um 207.
Ligamentum hepato-duo-
denale 2ÖL
Ligamentum hepato-umhili-
cale -'tiM.
Liguiitcittum iiitcrniiiscu-
lare 223. 370. 37.3.
Ligamentum interverie-
l»rale 371
Ligamentum lut(>rale infer-
num maxillae inf. t\9^.
Ligamentum ovarii 2.'t2.
Ligamentum phrenico-lie-
nale m
Ligamentum >tylo-hyoi-
deum •'S.').
Ligamentum susjiensorium
hepatis 21lL Hüii
Mantelspalte 20^.
Marksegel 27(>.
Markstränge d»< Eifwtoek«
241.
Maulbeerkugel dp^ kim ilä-
Meckelscher Knorpel 3Sä
etc.
Meconium 20)S.
Mediastinum ^^.'i:!.
Medulla oblongata 274.
.Medullarfaiten , Medullär-
platte 6<2, 2ß4.
Mchrfachbilduugen b!L
Meibomsche Drusen 304.
Membrana adaraantina 195.
Membrana chorii Iftt.
.Membrana eboris 192, 195.
Membrana granulosa 239.
.Membrana limitans .301.
Membrana reuniens su-
perior 117
Membrana reuniens in-
ferior .'U.3.
Membrana nictitans 304.
Membrana pupillaris 298.
Membrana vitellina 3^ 5.
Meroblastische Eier 34.
Merocyten IL
Ligamentum teres hepatis Mesencephalon 270, 276.
207. 367.
Ligamentum teres uteri 24^1.
202.
I iigamentum vesico-umbili-
cale medium 2.''i.^.
Lig.iinentum vesico-umbili-
cale laterale .•<fil-
Limbus Vieussenii .369.
Linse 294. 21iÖ-
Linsensackcheii 294, 29().
Linseiisferne 297
ili-r Km wii-fclnnii-lfhr«'. J. Aull
Mesenchym ijl^ 117: Orfso.«
d*»iN*lboii 3:U).
Mesenterium 184^ 189^ 204.
Mesoblast «UL 73,
Meso4-ardium anterius und
posterius 204^ 'ML
.Mesocolon \W7
Mesodermsackchen 94.
Mesogastrium 184, 3ti9.
Mesorchium 24^1
Mesovarium 24:^
22
418
Register.
Metencephalon 270. 225.
Milchdrüsen iSjiä^
Milch/ähne, Milchzahnge-
bife 12L
Milz m
MittflhirnMä9chen 'J70.27(».
Mittt'lohr ÜIL
Mittelplatte 222.
Mittleres Keimblatt siebe
Me8oblast.
Modiolu!« 'Mh.
Monrosches Loch 9.)<^.
Mnrgagiiisrhe Hvdatide
2^
Morula dw Ki«
Mosaiktheorie
Müllerscht r Gang 244,
245. '2ML
Muud, Entwicklung bi«l-
bfnden Mond<'«
Muskulatur, winknrrn^be 21«>.
Muskulatur d«r Extr«iniUt«n
Musculus creuiaster 248.
Musculus obliquus uhdoni.
int. 24il
Muskelblalter 217i 213.
Mu8kelkä>tchen 217i 21JL
Muskelplatte LHL
Mu>kelpnmitivhündel 217,
222.
Mutterhander 2.52.
Mutterkuclien : siehe l'la-
centa.
Mvelencephalon 220. 211.
Myocard m
Myoniercn '-j'^rt.
M\«tfoni UT^ 22L
Nabelhlaschen de-. MpD-«ch«>n
157.
Nabfipetafsc IM.
Nabelstruiig. N'alielschnur
1.5H. Iß8.
Nabelvene :{fifi.
Nachfurchung 4_L
Na<bgcburt ÜÜL
Nackcnbeiige 271.
Nackenhocker 271.
Nagel, Nagelplatte K^'ü.
Nahrungvdotter 8j 12tL
Nase M24.
Nasenhein •M9 1 .
Nasenteld MH.
Nasenlort>.at/e . inn«re und
»nf.ern m><, :;s4.
Nasenturche jiK aSi4.
Nnseiigauinengang H22.
Nasenlücil, inneri>f<. HorMTp«
m
Nasenmust helu :t21 , -i'S^.
Nasenrachengang :<22.
Ncl>eneiersto< k 2'>().
Nel)enhodon 244
Neben knocheiikerne 4(14.
' Nebenniere 259.
Nephrostom 2M(>.
Nej)hpitOMi 229
Nerven 289.
Ner^enleiste 290.
: Nervenplatte, Nervenrohr
siehe Medullarplatte.
i Nervensystem 265.
Nervenwurzeln 2S1.
Nervus acusticus >tll-
Nervus Cochleae 311.
Nervus laryngeus inf. 'MiO.
Nervus opticus 'M^i.
Nervus vagus 187.
Nervus vestihuli 31 1.
Netzbeutel, ffrorwr liiX: kleiner
207.
I Netzhaut .JüL
I Neuroblasteu 2*>6.
I Neuromer, Neuromerie 274.
' Nickhaut UM.
Niere 2liL
i Nicrentrichter 230.
)
I Oberarm liein 404.
Oberhaut 324.
Oberkieler im.
. Oberkielerlortsalz l?*0,3i^ !
, Oberschenkel 4f>4.
Occipitulregion d«- sch-idcU
379.
Odontoblasten 191.
Ohr, iurser,-- 317 : innore-. 30<''> ; ,
raltller»« 3 1 (>■ I
Ohrenschmalzdrüsen 32W
Ohrkanal m
Ohrmuschel 318
Omentum malus IN7: minus
207.
Ooskoj» von l'reyer 13.'>.
Orbitalregiuu d<>-< Sch;tdel^ ;
379
Os acetabuli 401. ;
; Os angulare 392^ aJM. I
i Os articulare 394. i
Os coracoidi-um 4<)<>.
! Os dentale lilli.
: Os entoglo>suni j^^.
i ()s inlerniaxillare 392.
O.s inlernarietale 3tH).
Os maxillare 3112.
■ Os petrosuiii 391. i
Os praemaxillare •'<92 I
Os ptcrygoideum 391.
Os st|uamosum -^91
Os lympanicum 391.
Osto'klasten 198.
Ostium abdominale tubae
23i
Otolith aüi. I
Ovisteii LL
Pul»tiM|uadratum :
l'anderscher Kern liL
Pankreas 20"<. |
Papille il. 1 Milchdnu.. Ji'tO.
I'apillarkörner dpr luat 325 .
Parachordalknorpel 377.
Paradenn 88.
Paradidymis 2iiL
l'arapl.i^ina 3.
I'aric'tähiuge 279.
ParietJilhohle 341^ :tM-
Paroophoron 2.'i0
Parovarium 2.50.
Pars mcmbranacea df-
Harzen« ••M9.
Partlienogenetische Hier
13, 2L 29j 5a
PaukenhoTITe 316.
Paukeiltreppe 315.
Penis 258,
Periblast IL
Perikard im
Pcrilymi)hatische Kauine
312. aiiL
Ptlugscharbein .JÄL ifa2.
Ptiügersche Schauche 2;u;-
Pfortader 3!iL
Pt'ortaderkrcislauf 3H5. 3ö2.
3*i7.
Piaischeide de«s<«hii«iT»n
Placenta de- v«>nsch<>n 162:
Avr .Siuet'tlerp 14<'>.
Placenta praevia liLL
Placenta toetalis 14r., üü
Placenta uterina 146. 16.5.
Placenta zonaria 149.
Placenta discoidea 149-
Placenta vera 149.
Placentarkreislaut 35»j, •t-'U.
Pleuroperikardialfalte y>2.
3r.2
Plexus chorioideus: siehe
Tela »horioidea.
Plica semilunari,> :W4.
Pol Atr^ Kip^, knimalcr, trgpta-
Polare IMft'erenzierung d»-
Kif» I»
Po).' landiges Dotteruiate-
rial 12.
Poivphvodont IM.
Polzellen 20. 2JL
Postaiialer Darm 177
Postbranchiale Korpercheu
2Ü2.
PrätVirmatinnstbeorie 2.
Primitivurgane Üä.
Primitivplatte . Primitiv-
knoten 87. 2L
Primitivrinn«- . Primitiv-
streilen ÜIL 105.
Priniordialcranium , ^nU^
brali^, «vvrt^bril»«, cbordml«>.
lirüchordaliK. hiotiKv», knor|<^
lilTM 376.
]*rimordialo Knochen 387;
Anfuthlniig drrw>lh4>Q 1^89.
Prin/i|) d»<r or]ranl>iId>>nd*n k<- m
bnirkn ^lL
Proamnion i:i3.
Register.
419
Processus vaginalis peri-
tonei 247^ 252.
Processus styloideus ^^5.
Prorhorion 142.
Pronufifus 2ös
Proseiu ephalon 269. 221
Prostata 258.
Pulmonalarterie 345. ääSL
Pupille IML
Rabensrhnabell'ortsatj:400.
Hachenhaut UiL
Radius m.
Handbogen 2th.
Randkerbe der ä«Uchi«r
Randsinus d»r Plawnt« l(i7.
Randveiie (-sinus) des (Je-
läfshots 122,
Randwulst ütL
Kand/one di>a Krim« üS<
Ratbkesche Schudelbulken
877.
Rathkosihe Tasche 2a 1.
Raubersi'he Schicht ÜL
RccesBUh iabyrinthi 808.
Reductionsteilung
Regio oltuctoria. respiru-
toria :t'^l.
Rfifeerscheinungen d*« Eie."
liL
Reservestott'e ie> Eiw IL
Rete testis 2i2.
Retina LtüL
Rhinencephalon 288.
]{honibeiici plialon 274.
Rifhtuiigskorper 2iL
Riechlappon 'Av^-
Ritrhnerv
Riesenwellen der Piaeentu
lfi7.
Rindeniunben 281
Rippen M '- i .
Rückenmark 2ß^
Runiptplatte 1^
Rundes Mutterband
Ruscunischer Dotterplropt'
21L
Sacculus sog,
i>acralrippen 874.
.Sanienani])ullen 241.
bauienkaiialchen 2i2.
Sanionbildung 'IL
Samenfaden
Sauienkern 2L
Samenki^rper d«r Xematodrii
Samenleiter 2^
Samenuiiillerzellen 2L
Samen/eilen 2L
Scalaei Scala tvwpani, vesti-
buli) m aiiL
Scapula ÜHL
Schädel m
Schiidelbalken 321
Schafhautchen
Schale d«» llahnereiM IL
Schulenhaut de« Hfihn«roie>i LL
Schambein 401.
Schamlippen 2^
Scheide 2.'"il.
Scheident'nrtsatz d«^. Bkncb-
felU 247, 2ä2-
Scheidenvorhof 2^">8.
Scheitelbein 3äL
Scheitelh«4cker 22L 221
Scheitellappen 28ä.
Schilddruse lÜiL
Scbildknorpel !-}H<?.
Schhifenbein 891.
SchliUenlappen 285.
Schlüsselbein 4üL
Schlund bogen IHI.
Schlundbogengeta.ise 358.
Schlundfurchen 181.
Schlundspalten m Jüfi.
Schliifsitlalte d«r PlaccnU
I lül
I Schmel/keim IM.
I Schmelzniembran 191. ISIL
SchnielTiorgan 1^4.
Schmel/piilpa liiS.
Schnecke 'ML
I Schneckengang, hiatigcrSOS:
! kn'ichi'rnt'r 8 1 h.
Schulterblatt ML
Schultergürtel 400.
Schwanzdarm 177.
Schwanzfalte, Schwanz-
höcker 180.
Schwanzknospe 17fi.
Schwanzscheidc 188.
Scbweifsdrttsen 8'2S.
Sehnerv 298. m
Seitenfalten d«»» Kampfe" l.HO.
Seitenfortsatz dnr Wirbel
Seitenplatten 1 14.
Seitenventrikel 2^3.
Semiliinarklappen 34ä.
Semiplacenta 149.
Si'pta |ilacentiie IfiB-
Septum atriornm 84.'i.
Septum )ielluciduni 2S7.
Septuni transversum 20r>.
Septuni ventriculoruiii 848.
Seröse Hlille 13fi.
Siebbein ÜliL
Siebbeinzellen 828.
Sinnesorgane 2112.
Sinus cervicalis (praecervi-
calis) IM
Sinus coronarius 849. 3fiJL
Sinus ethmoidales 828.
Sinus frontales 824.
Sinus occipitale^ 824.
Sinus sphenoidales ■<'^-'
Sinus genitalis 2^
Sinus prostaticus 246. 258.
251.
Sinus reuniens 345.
Sinus silperior der rertikalen
Bogengänge 809.
Sinus terniinalis 122.
Sinus urogenitalis 2.V).
Sitzbein 4ÜL
Skelett m
Skeletogenes Gewebe 117-
Sklerotom LH 22L
Smegnia fmbryonum !t24.
Speicheldrüsen 200.
Sj)ermacentrum 21
Sperinakristalle liL
Sperniatide 2L
Spermatozoeii LL
Spina bitida 8L
Spinalknoten 28d.
Spongioblaslen 'ififi.
Spritzloch d«r Selachirr •iSÜ.
Stammteil d«r Gror-himbcmi-
«phnren 2H4.
Steigbügel 8^ 832.
Steifsbein 87.'>.
Stensonscher (iang 322.
Stirnbein 891.
Stirnfortsatz 179^ 3M.
Stirnlappen 'iS.'i
Sticifenhngel 284.
Subxtanzinseln 120.
Sulcus centralis 287.
Suicus interventricularis
844, m
Sulcus tubo - tympanicus
81fi.
Sutiira incisiva 392.
Svlvische Wasserleitung
97fi
Syinpalhicus 2S2.
Talgdrüsen 328.
Teilungsebeneii dt-e Ei«w 33.
Tela chorioidca inf. 9.1h
Tela cborioidea sup. 277.
Telencephalon 269, 203,
Telolecithale Hier 1
Tensor lympani 811 386.
Testa LL
i halamcnceidialon 269.
Thera folli. uli 231».
Thvniu> 20fi.
Tiliia 4M.
Tonsille LJIL
Totalfurcben Gebim« 284.
9x1
Tränenaiistiihrungsapparat
804.
Tränenbein 891.
Tränendrüse iW4.
Tränenrohrcbon 305.
Trommelfell 817.
Truncus arteriosus 344. liAiL
8.>4, '^^•t'l.
TuTia Eustachii 311
Tubuli recti de« Ilodtn« 2i2.
•_'7*
420
Register.
Tiibnli seminiferi 2^2.
Tiinica vaginalis communis
248.
Tunica vnginalis propria
testis 2^
Tunicii vasciilosa lentis 297.
Ulna iM.
ümwacbsnngsrand der Koim-
UntHrkiefer 39iL
Unterkieferfortsatz ISOiSMi
Unterkii'feruelenk .S94.
Urat hus 137, 255.
L'idarm M.
l'reier 2115-
Ureter SäL 243.
Urmnnd 64, 65i t)ö.
Urmundst hlufs 65i
Urniundspalle JüJ.
UrnäKel ^21 3^^
Urniere 22iL
Urniorenl)lasteni 222.
Urnicrenkunitlchen 229.
ürnierenganp 2'2S, 244, 249.
Urnierenstrüngt' LL:ilL
UroKenitalsvstem 224.
Ursamenzellen 23ö. 241
Uroefimente 69, 1 KL 1 LL ^
Urspgmente der. Kopf<>« 117.
896.
irrsegmentplatten 114.
Urwirbel: siehe (,'rsegment.
Uterindrühcn l.'i9.
Uterinmilch d«r Wi*>.icTkaiuer
14M.
Uterus 2.'>I. '
Uterus masculinus 246, 251.
25ä. i
UtricuhlS d«« Ubyrinth'i -tOM. .
Uvea der Irin üüiL
Vagina 25L '
Valvula Eustachii ^ '
Valvula foraminis ovalis '
350, im
Valvula Thebe8ii :{49. i
Vas deferens 244 i
Vegetativer Eipol L
Vegetative Zellen
Velum medulläre ant. und
post. '-^6
Vena azygos 365.
Vena cardinaiis HfUS.
Vena tava super. 862; int er.
362. m
Vena coronaria 3ü2.
Vena hemiaz3'gos 3fi.'>-
Vena liepaiica :^^6. :ifi5
Vena jugularis 361.
Vena omphalomesent. 206,
354, .Mf>l.
Vena terminaiis 122, 3.">4.
Vena umbilicalis .H56. 361.
atifi.
Vena vitellina 3.'>4.
Venensinws de* Honcn^ .^9.
Venensystem '^1.
Ventrales Mesenterium 204.
Ventriculus septi pellucidi
2S7.
Ventrikel di« Hirn« 222
Vererlningstlieorie 4fi.
Verknoi-berung, <>ntochondral«>
3£2 ; p<>riehondra1« '-^l.
Vernix caseosa 324
Vesicula geiminativa H
Vesicula blastodeimica 2Ü
Vesicula umbilicalis 157.
Vestibulnm vjiginae 2.'>8.
Vicrergrnppe d*w Kirns 2£i.
Vierhügel 276.
Visceralbogen 181. ;^3.
Visceralskelett 382.
Vitellus 3. formutivus, nii-
tritivus iL
Vogelklaue 284.
Vorderbirnblüsrhen
2IL
Vorimf iicnMi" :t44
Vorhofsscbeidewund
350.
Vorbofstreppe ^^^•'>
Vorkern 2Q.
Vorniere 224.
Vornierengang 224.
Vornierenglomerulus
Vornierenkammer :i2L
Vornierentrichter 2'J5.
Vorstelierdi Ilse 2-58.
262.
Wachstum, Priuip dw an«
gleichen 57.
Warzenhof m
Weifser Dotter lü.
Whartonsche Sulze 168.
Winslowsches Loch 208.
Wirbelanlage 371.
Wirbelkör]»er 502.
Wirbelsftule , häutig« . k»or-
Hw« üTQ. 3IL
Wirbelverknöcherung 372.
Wölfischer (iang 227, 22l<.
Wolffscher Korper 228.
Wolfsrachen m
Wollhaar 32fi.
Wurmfortsatz 188.
Wurzelscheide des ftaarc^
326.
Zahnanlage 121; d»r i^^»-
chifr 191 ; d«» Meni<hen 194.
Zahnfurcbe liLl
Zahnleistc IM ÜiL
Zabnpapille 12L IM.
Zahnsackchen 19.5.
Zahnwcchsel dw Um 194 ;
di<r .S.<ugi'tierp and dP" NrcMhcn
194. m
Zirbeldrüse •*78.
Zirbelfortsatz 278.
Zona pellucida L
Zonula Zinuii 300.
Zottenepithel IM.
Zottens) ncytium 164.
Zungenanlage 1*>8
Zungenbein 386, oi>2.
Zungenbeinbogen 3s3. 385.
Zwerchfell 3äL
Zwercbfellsband dw rrnlpf
243.
Zwerchfellshernie 3-V2.
Zwiscbenblatt ÜL 336.
Zwischenhini 277.
Zwischenkiefer v''.)J.
346,! 243,
Zwischenknorpel d*r o«lenkc
40(?.
Zwischenmuskelbänder 223,
370. 373.
Zwitterbildung 258.
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